Der gewillkürte Squeeze-out in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht [1 ed.] 9783428588411, 9783428188413

Die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung des Squeeze-out eines Minderheitsgesellschafters ist für die Praxis aufgrund

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Der gewillkürte Squeeze-out in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht [1 ed.]
 9783428588411, 9783428188413

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 216

Der gewillkürte Squeeze-out in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht Von

Robert Pfeiffer

Duncker & Humblot · Berlin

ROBERT PFEIFFER

Der gewillkürte Squeeze-out in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 216

Der gewillkürte Squeeze-out in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht Von

Robert Pfeiffer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahr 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18841-3 (Print) ISBN 9978-3-428-58841-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit lag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Wintersemester 2022/2023 als Dissertation vor. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Ingo Saenger, der mir jederzeit bei auftretenden Fragen als wertvoller Gesprächspartner zur Verfügung stand, die Untersuchung mit hilfreichen Anregungen und Ratschlägen begleitete und mir die notwendigen Freiräume ließ. Herrn Prof. Dr. Johann Kindl danke ich sehr für die Übernahme und zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ (AGK) danke ich den Herausgebern, Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler, Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt sowie Herrn Prof. Dr. Holger Fleischer. Ein großer Dank gilt der Konrad-Adenauer-Stiftung für die großzügige finanzielle und ideelle, interdisziplinäre Förderung im Rahmen des zweijährigen Promotionsstipendiums, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Dem Arbeitskreis Wirtschaft und Recht im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft danke ich für die Aufnahme als Stipendiat in der ideellen Förderung. Mein ganz besonderer Dank gebührt meiner Freundin und meiner Familie, die mich über die letzten Jahre unterstützt haben. Besonders hervorheben will ich meinen Bruder, mit dem ich meine gesamte Studienzeit durchlaufen habe und der mir in den Jahren der Anfertigung dieser Arbeit stets bedingungslos zur Seite stand. Münster, Oktober 2022

Robert Pfeiffer

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Einleitung 23 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Kapitel 2

Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht 31

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out kraft gesetzlicher Regelung 31 B. Andere Ausschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 C. Ausschluss in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 D. Ausschluss im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Kapitel 3

Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen 102

A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Vertragsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 C. Rechtsprechungsleitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Kapitel 4

Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung 175

A. Definition der Kleinstbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Kleinstbeteiligung als wichtiger oder sachlicher Grund bzw. festes Tatbestandsmerkmal? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung . . . . . 179

8

Inhaltsübersicht

D. Ausstrahlungswirkung – Sittenwidrigkeitsverdikt trotz gesetzlicher Legitimation? . . 184 E. Indizielle Wirkung der Verknüpfung von Formwechseln und aktienrechtlichem Squeeze-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln aus dem Private-Equity- und Venture-CapitalBereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 G. Verfassungsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 H. Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

Kapitel 5

Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und ihre Realisationsmöglichkeiten 254

A. Gesellschaftermehrheit als Ausschlussberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 B. Stimmrechtslose Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 D. Einstimmigkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 E. Sperrminorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 F. Squeeze-out-Klauseln in der Gründungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 G. Nachträgliche Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 H. Familiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Kapitel 6

Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  282

A. Ausgewählte Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 B. Zulässigkeit abweichender Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

Kapitel 7

Kompensatorische Vertragsgestaltungen 301

A. Zeitliche Begrenzung des Squeeze-out-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 B. Sell-out-Klauseln in Form eines Austritts- oder Andienungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 302 C. Abfindung zum Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

Inhaltsübersicht

9

Kapitel 8

Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 313

A. Sicherungsmechanismen zugunsten des Kleinstbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C. Behandlung von Options- und Wandelrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 D. Wege in die Rechtsberatungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Kapitel 9

Abschließende Thesen 352

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung 23 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Kapitel 2

Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht 31

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out kraft gesetzlicher Regelung 31 I. Verfassungsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Schutzwürdige Interessen des Minderheitsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Schutzwürdige Interessen des Hauptaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Vermeidung kostspieligen Formalaufwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Unternehmerische Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 c) Fehlende Kenntnis von Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Gemeinwohlinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Aktienrechtlicher Squeeze-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Hauptaktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Verlangen des Hauptaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4. Gewährleistungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5. Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 6. Übertragungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 7. Dinglicher Übergang der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 8. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 III. Übernahmerechtlicher Squeeze-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 IV. Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 V. Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

12

Inhaltsverzeichnis VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

B. Andere Ausschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Mehrheitseingliederung, § 320 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 II. Übertragende Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 C. Ausschluss in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Einziehung des Geschäftsanteils gem. § 34 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. Ausschluss aus wichtigem Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Ausschluss gem. § 9a Abs. 3 WStBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 D. Ausschluss im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Definition und Voraussetzungen einer Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Analoge Anwendung der §§ 327a ff. AktG auf die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Stellung des Minderheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Gesellschafterstruktur in der AG und der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Unternehmerische Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 d) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 e) Geringerer Formalaufwand und Kenntnis von Gesellschaftern . . . . . . . . . 84 f) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Ablehnung weiterer Analogiekonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Ausgewählte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Mehrheitsbeschaffende Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out . . . . . . . 92 a) Argumente für einen Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3. Gestaltungen um den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out . . . . . . . . . . . 96 a) Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Errichtung einer Zwischenholding-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Mehrheitsbeschaffende Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Inhaltsverzeichnis

13

Kapitel 3

Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen 102

A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Vertragsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 C. Rechtsprechungsleitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Vom Postulat der Vertragsfreiheit zum Sittenwidrigkeitsverdikt . . . . . . . . . . . . . 107 II. Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung von freien Ausschlussklauseln . . . . . 110 1. Treuhandähnliches Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Gesellschafter auf Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Gesellschafterstellung als Annex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) „Kooperationsvertrag“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Manager- und Mitarbeitermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Managermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Mitarbeitermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 cc) Jüngere Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Oberlandesgericht München, Urteil vom 05. 10. 2016 – 7 U 3036/15 117 (2) Landgericht Stuttgart, Urteil vom 10. 10. 2018 – 40 O 26/18 KfH 118 (3) Oberlandesgericht München, Schlussurteil vom 13. 5. 2020 – 7 U 1844/19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Von einer testamentarischen Anordnung erfasste Gesellschaftsanteile . . . . . . 122 5. Eigener Wunsch des Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 6. Russian-Roulette-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 III. Kritische Würdigung und Festlegung der Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . 125 1. Sachlicher Grund, festes Tatbestandsmerkmal und sachliche Rechtfertigung 126 a) Inhaltliche Merkmale des sachlichen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) „Festes Tatbestandsmerkmal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 c) Sachlicher Grund = „Festes Tatbestandsmerkmal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Sittenwidrigkeitsverdikt gem. § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Vertrags- und Gestaltungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . 130 aa) Schutzrechtliche Dimension der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (1) Kritische Literaturstimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (3) Einordnung der Kritik an der Hinauskündigungsrechtsprechung . . 134 (4) Einordnung der Hinauskündigungsrechtsprechung in die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Schutzbedürftigkeit des ausschlussbedrohten Gesellschafters . . . . . . 136 (1) Strukturelles Übergewicht des Ausschlussberechtigten . . . . . . . . 136

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Inhaltsverzeichnis (2) Einschränkung der Entscheidungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (3) Andere Bewertung aufgrund der Anerkennung von Stimmbindungsverträgen und stimmrechtslosen Anteilen? . . . . . . . . . . . . . 142 (4) Andere Bewertung aufgrund der Anerkennung befristeter Gesellschafterstellungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (5) Andere Bewertung in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Gesellschaftsrechtliches Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Ungleiches Hinauskündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Gleiches Hinauskündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als tragfähiges Argument? . . . . . . . . 151 d) Regel-Ausnahme-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 e) Öffnungstendenz bei der Fallgruppenbildung sachlicher Rechtfertigungen? 156 aa) Abstrahierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (1) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (2) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) BGH, Urteil vom 19. 03. 2007 – II ZR 300/05 als Einzelfallentscheidung oder Einleitung einer Rechtsprechungswende? . . . . . . . . . . . . . 160 f) Insuffizienz der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 163 g) Insuffizienz der geltungserhaltenden Reduktion analog § 139 BGB . . . . . 168 h) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Eigener Lösungsvorschlag: Zwei-Stufen-Prüfung als Gesamtlösung . . . . . . . 171 a) Erste Stufe: Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . 172 b) Zweite Stufe: Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

Kapitel 4

Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung 175

A. Definition der Kleinstbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Kleinstbeteiligung als wichtiger oder sachlicher Grund bzw. festes Tatbestandsmerkmal? 178 C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung . . . . . 179 I. Manager- und Mitarbeitermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Russian-Roulette-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 D. Ausstrahlungswirkung – Sittenwidrigkeitsverdikt trotz gesetzlicher Legitimation? . . 184 I. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 II. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis

15

1. Komplementärstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Unbeschränkte persönliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . 192 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Kleinstkommanditbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Einstimmigkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Gesellschaftsvertragliches Mehrheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Minderheitsrechte des kleinstbeteiligten Kommanditisten . . . . . . . . . 195 (1) Individualschutz gegenüber Mehrheitsbeschlüssen . . . . . . . . . . . 195 (2) Entbehrlichkeit eines Quorums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (3) Informationsrecht, § 166 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Schutzwürdige Interessen des Hauptgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . 202 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Kleinstkommanditbeteiligung in der Publikums-(Investment-)KG . . . . . . . . 205 a) Charakteristika der Publikums-(Investment-)KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Praktisches Bedürfnis für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln . . . . . . . . . . 207 c) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Keine AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Erhöhtes Schutzbedürfnis der Publikumskommanditisten . . . . . . . . . 210 cc) Unangemessene Verteilung von Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . 210 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4. Personengleiche Kapitalgesellschaft & Co. KG und Einheitsgesellschaft . . . 213 III. GbR und OHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 IV. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 E. Indizielle Wirkung der Verknüpfung von Formwechseln und aktienrechtlichem Squeeze-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln aus dem Private-Equity- und Venture-CapitalBereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. Shoot-out-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Weitere Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Blockadesituation als (konkludente) Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB? . . 223 II. Drag-Along-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 III. Gründer- und Managementbindung durch Leaver- oder Vesting-Regelungen . . . 232 IV. Minderheitsbeteiligung eines Finanzinvestors an einem Familienunternehmen . 237 V. Verwässerungsschutzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

16

Inhaltsverzeichnis

G. Verfassungsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 I. Eigentumsfreiheit, Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 II. Vertrags- und Gestaltungsfreiheit, Art.  9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . 244 H. Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I. Squeeze-out-Klausel als gleiches Hinauskündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 II. Squeeze-out-Klausel als ungleiches Hinauskündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Zwei-Stufen-Prüfung . . . . . . . . . . . 248 IV. Teilausschluss bei mehreren Kleinstbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 I. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Kapitel 5

Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und ihre Realisationsmöglichkeiten 254

A. Gesellschaftermehrheit als Ausschlussberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 B. Stimmrechtslose Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Teilweise Anteilsveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 II. Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2. Faktischer Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 3. Schuldrechtlich antizipierter Verzicht auf konkreten Bezugsanspruch . . . . . . 263 III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 IV. Treuwidrigkeit des konkreten Ausschlusses auf der zweiten Stufe . . . . . . . . . . . 264 D. Einstimmigkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 E. Sperrminorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 F. Squeeze-out-Klauseln in der Gründungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 G. Nachträgliche Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 H. Familiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Familiäre Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Einteilung in Familienstämme und Poolverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Körperschaftliche Gesellschaftsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4. Beschränkung der Kündigungsrechte und Abfindungsansprüche . . . . . . . . . . 274 II. Squeeze-out-Klausel zulasten von Nicht-Familienmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . 275

Inhaltsverzeichnis

17

III. Squeeze-out-Klausel zulasten von Familienmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 1. Personalistische Ausrichtung durch familiäre Verbundenheit? . . . . . . . . . . . . 276 2. Interessen der ausschlussberechtigten Familienmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . 277 3. Stärkung der familiären Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 4. Familiengesellschaftsspezifische Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 5. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 IV. Unvereinbarkeit von Squeeze-out und Selbstfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Kapitel 6

Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  282

A. Ausgewählte Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 I. Kapitalanteil von 5 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 II. Kapitalanteil von 10 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Aktienrechtliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 2. Übertragung auf die GmbH und KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3. Verknüpfung von Formwechsel und verschmelzungsrechtlichem Squeeze-out 288 4. Squeeze-out gem. § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 5. Managermodell in der Gestaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 6. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 III. Kapitalanteil von mehr als 25 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 IV. Kapitalanteil zwischen 20 % und 25 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 V. Kapitalanteil zwischen 10 % und 19,99 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 B. Zulässigkeit abweichender Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 I. Stimmrechtslose Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 III. Familiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Kapitel 7

Kompensatorische Vertragsgestaltungen 301

A. Zeitliche Begrenzung des Squeeze-out-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 B. Sell-out-Klauseln in Form eines Austritts- oder Andienungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 302

18

Inhaltsverzeichnis

C. Abfindung zum Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 I. Trennung zwischen Ausschluss und Abfindung durch den Bundesgerichtshof . . 306 II. Unvereinbarkeit von Trennungsprinzip und Legitimationsgedanken . . . . . . . . . . 306 III. Willkürgefahr trotz vollwertiger Abfindung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 IV. Geringeres Schutzbedürfnis der Willensentschließungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 309 V. Exkurs: Abfindung unterhalb des Verkehrswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Kapitel 8

Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 313

A. Sicherungsmechanismen zugunsten des Kleinstbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 II. Gewährleistungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 III. Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 I. Isolierter Ausschlussbeschluss der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . 317 1. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 3. Integration der Sicherungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 4. Sinnhaftigkeit des Beschlusserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 a) Kritik am Beschlusserfordernis beim aktienrechtlichen Squeeze-out . . . . 327 b) Auswirkungen auf das Beschlusserfordernis in der GmbH und KG . . . . . 329 c) Unmöglichkeit der Anteilsübertragung durch Gerichtsbeschluss . . . . . . . 330 d) Insuffizienz der Anteilsübertragung durch Schiedsgerichtsbeschluss . . . . 330 II. Zwangseinziehung in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 III. Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 1. Abtretungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 2. Aufschiebend bedingte Anteilsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 3. Abtretungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 C. Behandlung von Options- und Wandelrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 D. Wege in die Rechtsberatungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 I. Erkenntnis des praktischen Bedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

Inhaltsverzeichnis

19

II. Anregungsvorschrift und dispositive Gesetzesregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 III. Gesetzlicher Regelungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 I. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 2. Familiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 a) Modifizierung des Abs. 1 S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 b) Modifizierung des Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 3. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 II. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 2. Familiengesellschaft – Modifizierung des Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

Kapitel 9

Abschließende Thesen 352

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Abkürzungsverzeichnis a. A. anderer Auffassung a. F. alte Fassung Abl. Amtsblatt Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis (Jahr und Seite) AG Die Aktiengesellschaft (Jahr und Seite) Art. Artikel BAG Bundesarbeitsgericht BayOBLG Bayerisches Oberlandesgericht BB Betriebs-Berater (Jahr und Seite) Bd. Band BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Jahr und Seite) Bsp. Beispiel bspw. beispielsweise Drucksachen des Bundesrates BR-Drs. BT-Drs. Drucksachen des Bundestages BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (Jahr und Seite) bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise d. h. das heißt DB Der Betrieb (Jahr und Seite) ders. derselbe Diss. Dissertation DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift (Jahr und Seite) DStR Deutsches Steuerrecht (Jahr und Seite) ECFR European Company and Financial Law Review (Jahr und Seite) Einl. Einleitung et cetera etc. Europäische Union EU Europäischer Gerichtshof EuGH EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite) folgende, fortfolgende f., ff. Fn. Fußnote gem. gemäß ggf. gegebenenfalls GmbHR GmbH-Rundschau (Jahr und Seite) Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite) GWR

Abkürzungsverzeichnis

21

h. M. Herrschende Meinung Habil. Habilitation Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz i. S. d. im Sinne des i. V. m. in Verbindung mit JuS Juristische Schulung (Jahr und Seite) JZ Juristen Zeitung (Jahr und Seite) mit weiteren Nachweisen m. w. N. MDR Monatsschrift für deutsches Recht (Jahr und Seite) MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkasse Bayern (Jahr und Seite) MittRhNotK Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (Jahr und Seite) neue Fassung n. F. Neue Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) NJW NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Jahr und Seite) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahr und Seite) NZG RefE Referentenentwurf RG Reichsgericht RGZ Entscheidungen des Reichsgerichtes Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift (Jahr und Seite) S. Seite sog. sogenannte str. strittig u. a. unter anderem umstr. umstritten unstr. unstrittig Urt. Urteil v. von / vom Var. Variante vgl. vergleiche VO Verordnung Vor. Vorbemerkung Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Jahr und Seite) WM World Wide Web www zum Beispiel z. B. Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr und Seite) ZBB Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft (Jahr und Seite) ZfPW ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr und Seite) Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht(Jahr und Seite) ZHR ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite) zit. zitiert

Kapitel 1

Einleitung A. Einführung Gegenstand dieser Dissertation ist die Rechtmäßigkeit einer vorsorglichen Vereinbarung eines gewillkürten Squeeze-Out aufgrund einer Minderheitsbeteiligung in dem Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Kommanditgesellschaft (KG). Der Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern aus einer Gesellschaft aufgrund ihrer Minderheitsbeteiligung ist dem deutschen Kapitalgesellschaftsrecht nicht fremd. Im Jahr 2002 ermöglichte der deutsche Gesetzgeber mit der Einführung der §§ 327a ff. Aktiengesetz (AktG) einem Aktionär mit einer Kapitalbeteiligung von mindestens 95 %, Minderheitsaktionäre ohne ein sachliches Rechtfertigungserfordernis infolge eines Hauptversammlungsbeschlusses aus der Aktiengesellschaft (AG) auszuschließen. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses schwerwiegenden Eingriffs in die Rechtsposition des Minderheitsaktionärs wurde angeführt, dass die effektive Unternehmensführung infolge des hinfällig werdenden – mitunter kostspieligen – Formalaufwands aufgrund des ausgeprägten Minderheitsschutzes im Aktienrecht erleichtert werden könnte.1 Ferner sollten der Missbrauch von Minderheitsrechten durch „räuberische Kleinstaktionäre“ verhindert und Umstrukturierungen beschleunigt werden.2 Auch wenn die Neuregelung des § 327a AktG von Habersack als „weit über das Ziel hinausschießende Regelung“ kritisiert wurde,3 hat das Bundesverfassungsgericht deren Verfassungsmäßigkeit im Jahr 2007 ausdrücklich bestätigt.4 Das Ausschlussverfahren diente in der Praxis unmittelbar nach der Einführung des § 327a AktG der Bereinigung von Konzernstrukturen.5 Eine dem § 327a  AktG vergleichbare Vorschrift findet sich in § 39a Wertpapierübernahmegesetz (WpÜG) und in dem der Umsetzung der EU-Gesellschaftsrechtsrichtlinie6 dienenden § 62 Abs. 5 Umwandlungsgesetz (UmwG), der entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben eine Mehrheitsbeteiligung von 90 % für den Ausschluss der restlichen Minderheitsaktionäre genügen lässt. 1

BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31 f. BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31 f. 3 Habersack, ZIP 2001, 1230, 1234. 4 BVerfG, NJW 2007, 3268. 5 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 1; Grunewald, in: MüKoAktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 16. 6 Art. 113 i. V. m. Art. 114 der Richtlinie EU 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 14. 6. 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. EU 2017 L 169/94. 2

24

Kap. 1: Einleitung

Im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und in den gesetzlichen Regelungen zur Personengesellschaft hat der Gesetzgeber eine vergleichbare Vorschrift nicht vorgesehen. Die Übertragung der gesetzlichen Wertungen der §§ 327a ff.  AktG auf die GmbH und Personengesellschaften im Wege der Analogie werden unter Hinweis auf den Charakter eines „gesellschaftsrechtlichen Fremdkörpers“ überwiegend abgelehnt.7 Es bestünde keine planwidrige Regelungslücke, da der Gesetzgeber durch die ausschließliche Aufnahme des Ausschlussrechts im AktG, nicht aber im GmbHG eine bewusste Entscheidung getroffen habe.8 In diesem Zusammenhang ist auch die Beurteilung der Zulässigkeit vertrag­licher Gestaltungen zur Herbeiführung der Voraussetzungen des gesetzlich normierten Squeeze-out bedeutsam. Obwohl vertragliche Konstruktionen zur Erzielung des Schwellenwerts von 95 % der Kapitalbeteiligung teilweise als rechtsmissbräuchlich qualifiziert wurden,9 beurteilte der Bundesgerichtshof im Jahr 2009 die Beschaffung der für den Squeeze-out gem. § 327a  Abs. 1  S. 1  AktG erforderlichen Kapitalmehrheit von 95 % auf dem Wege eines Wertpapierdarlehens i. S. v. § 607 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht als einen zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses führenden Rechtsmissbrauch.10 An dieses Urteil anknüpfend befand das Oberlandesgericht Hamburg den zur Vorbereitung der Verschmelzung und des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out gem. § 62 Abs. 5 UmwG durchgeführten Formwechsel des Mehrheitsaktionärs von der GmbH in eine AG ebenfalls nicht als rechtsmissbräuchlich.11 Die Auswirkungen dieser gerichtlichen Wertungen auf die Frage, ob die Gesellschafter einer GmbH oder einer Personengesellschaft im Rahmen ihrer Privatautonomie einen den Vorschriften der §§ 327a AktG, 39a WpÜG, 62 Abs. 5 UmwG nachgebildeten Squeezeout von Minderheitsgesellschaftern vertraglich vereinbaren können, harren noch einer grundlegenden wissenschaftlichen Aufarbeitung. Diese Fragestellung eröffnet das Spannungsfeld zwischen der dem GmbH- und Personengesellschaftsrecht zugänglichen Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen und den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB sowie der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB als immanente Grenzen der Vertragsfreiheit. Seit seinem Rechtsprechungswandel im Jahre 1977 hält der Bundesgerichtshof „in den Personengesellschaften und der GmbH gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen („Hinauskündigungsklauseln“), grundsätzlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138  Abs. 1  BGB 7

Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 1; dafür v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558 ff. 8 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5. 9 Fleischer, ZGR 2002, 757, 778; dafür Vetter, AG 2002, 176, 185. 10 BGHZ 180, 154. 11 OLG Hamburg, NZG 2012, 944; ablehnend Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 679.

A. Einführung

25

[für] nichtig“.12 Diesen Grundsatz schränkt er dahingehend ein, dass eine „an keine Voraussetzungen geknüpfte Hinauskündigungsklausel oder eine vergleichbare schuldrechtliche Regelung […] wirksam [ist], wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist“.13 Als solche der Sittenwidrigkeit der Ausschlussklausel entgegenstehende sachliche Rechtfertigungsgründe erkannte der Bundesgerichtshof unter anderem „Managerbeteiligungen“14 und eine „Gesellschafterstellung auf Probe“15 an. Es ist ungewiss, ob die „Kleinstbeteiligung“ unter Berücksichtigung der Gründe für die Einführung des § 327a  AktG und der Rechtsprechung, die den vertraglichen Gestaltungen zur Herbeiführung der Voraussetzungen des gesetzlichen Squeeze-out in den vorgenannten Fällen wohlwollend gegenübersteht, eine sachliche Rechtfertigung darstellen kann. Priester ist jedenfalls der Auffassung, dass die „Erwägungen, die damals zur Aufnahme der entsprechenden Regelung im Aktiengesetz geführt haben, durchaus auch im GmbH-Recht relevant sind“.16 Priester zufolge erscheint [es] deshalb angezeigt, „diesen unerledigten Rechtsposten erneut zu behandeln“.17 Diesem Appell möchte diese Ausarbeitung Folge leisten. Es soll geprüft werden, inwiefern die grundsätzliche Annahme der Sittenwidrigkeit von Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen in verfassungsrechtlicher und dogmatischer Hinsicht zu legitimieren ist und ob die Kleinstbeteiligung eine der Sittenwidrigkeit entgegenstehende sachliche Rechtfertigung sein kann. Diese dogmatischen Fragestellungen sind nicht nur von wissenschaftlicher Relevanz, sondern auch in ihren praktischen Auswirkungen von besonderer Bedeutung. Das Auftreten von Minderheitsgesellschaftern ist nicht ein ausschließlich auf die AG und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) beschränktes Phänomen. Vielmehr stellt sich die Problematik auch für die Gesellschaftsformen der GmbH und GmbH & Co. KG, denen im Wirtschaftsleben aufgrund der höheren Flexibilität gegenüber der der Satzungsstrenge gem. § 23 Abs. 5 AktG unterliegenden AG eine überragende Bedeutung zukommt.18 Auch in zunächst personalistisch strukturierten Gesellschaften erwachsen aus den ursprünglichen Gesellschaftsanteilen durch Erbschaften in der ersten und zweiten Generation vielfach auf die jeweiligen Erben verteilte Splitter- oder Kleinstbeteiligungen, insbesondere in Familiengesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG19 und mittelstän 12

BGHZ 164, 98, 101 unter Verweis auf BGHZ 68, 212, 215; 81, 263, 266 ff.; 112, 103, 108. Beispielhaft BGHZ 164, 98, 102. 14 BGHZ 164, 98, 102. 15 BGH, NJW 2004, 2013, 2014; NJW-RR 2007, 1256, 1258. 16 Priester, GmbHR 2019, 749, 750. 17 Priester, GmbHR 2019, 749, 750. 18 H. P. Westermann / Wicke, in: Scholz, GmbHG, Einl. Rn. 24; Kornblum, GmbHR 2017, 739, 740; noch kritisch Zöllner / Noack, ZGR 1989, 525, 533 („untypischer und seltener Ausnahmefall“). 19 Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 11; Ulmer, ZIP 2010, 549, 552 (nicht selten dreistellige Zahl an Familiengesellschaftern); Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404; Heckschen /  Weitbrecht, NZG 2021, 709. 13

26

Kap. 1: Einleitung

dischen Unternehmen.20 Die Interessen der Unternehmensführung am Erhalt des Unternehmens kollidieren nicht selten mit den ausschließlich monetären Interessen der Minderheitsgesellschafter. Das praktische Bedürfnis eines zwangsweisen Ausschlusses der Minderheitsgesellschafter besteht auch in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht: Zwar kann der bei der AG durch die Minderheitsschutzvorschriften für die Durchführung einer Hauptversammlung anfallende kostspielige Formalaufwand mangels vergleichbarer Vorschriften für die GmbH und die Personengesellschaften nicht als Begründung dienen.21 Allerdings kann auch der Minderheitsgesellschafter in der Personengesellschaft aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips und in der GmbH durch die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen, auf die das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht der §§ 241 ff. AktG mit Ausnahme des die effektive Unternehmensführung stärkenden § 246a AktG22 analoge Anwendung findet,23 erforderliche Unternehmensentscheidungen und Umstrukturierungen verzögern oder sogar verhindern.24 Die daraus resultierenden Blockadesituationen können zu schweren wirtschaftlichen Schäden für das Unternehmen und zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen.25 Daher ist es dringend angezeigt, praxisnahe Lösungen für derartige Blockadesituationen zu erarbeiten. Auch in den in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland zunehmend relevant werdenden VentureCapital-26 und Private-Equity27-Bereichen,28 in denen die Rechtsform der GmbH vorherrschend ist,29 treten in der Regel neben den am Unternehmenserfolg interessierten Gründern und den an einem zeitlich absehbaren Exit interessierten Investoren30 als Hauptgesellschaftern auch Investoren mit Kleinstbeteiligungen auf. 20

Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317 f. Priester, GmbHR 2019, 749, 751; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 673. 22 Für die analoge Anwendung des § 246a AktG: Altmeppen, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 64; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 88; Harbarth, GmbHR 2005, 966, 968 ff.; Bayer / Lieder, NZG 2011, 1170; a. A. KG, NZG 2011, 1068; Wertenbruch, in: MüKo­ GmbHG, Anh. § 47 Rn. 281; K.  Schmidt / Bochmann, in: Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 137; ­Fleischer, DB 2011, 2132, 2135 ff. 23 BGHZ 11, 231, 235; 51, 209, 210 f.; 104, 66, 69 ff.; BGH, NZG 2008, 317, 318; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, Anh. § 47 Rn. 1; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 1. 24 Riedel, FS Spiegelberger 2009, 899 f. 25 Stefanink / Punte, GWR 2018, 425, 428. 26 Venture-Capital bezeichnet Wagnis- oder Risikokapital in der Frühphase der Unternehmensfinanzierung, vgl. Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil A Rn. 1; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 62. 27 Private-Equity bezeichnet die Eigenkapitalfinanzierung reiferer Unternehmen mit geringerem Risikopotential, vgl. Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil A Rn. 2; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 62 f. 28 Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 61. 29 Mailänder, in: Weitnauer VC-HdB, Teil D Rn. 271. 30 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 20. 21

B. Forschungsstand

27

Diese Kleinstbeteiligungen können in früheren Stadien bei der Gesellschaftsgründung oder ersten Finanzierungsrunden gegen Einzahlung verhältnismäßig geringer Geldbeträge durch den Familien- oder Freundeskreis oder Business Angels als private Investoren31 erlangt worden sein. Interessenkollisionen und Meinungsverschiedenheiten der vorgenannten Gesellschaftergruppen werden hinsichtlich richtungsweisender Entscheidungen für die jungen Unternehmen kaum zu vermeiden sein. Im Venture-Capital- und Private-Equity-Bereich, aber auch für die in ihren jeweiligen Bereichen als Weltmarktführer auftretenden (Familien-)Unternehmen des deutschen Mittelstands nehmen rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb eine wesentliche Rolle ein.32 Von ähnlicher Bedeutung ist es, die Verwirklichung optimaler Unternehmensstrukturen, die schnelle Reaktion auf Marktveränderungen sowie die vollständige Gesellschaftsübernahme durch ausländische Investoren zu ermöglichen.33 Im Lichte dieser virulenten praktischen Problemstellung ist es die Zielsetzung dieser Arbeit, die Rechtsprechungsleitlinien des Bundesgerichtshofs zu gesellschaftsvertraglichen Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Die Rechtsprechungsleitlinien sollen praxisgerecht und dogmatisch widerspruchsfrei in Einklang mit der Kleinstbeteiligung gebracht werden, die als sachliche Rechtfertigung der Sittenwidrigkeit der Klausel entgegenstehen kann. Die auf der Basis der gewonnen Erkenntnisse erarbeiteten Schwellenwerte sollen nicht nur ein Denkanstoß für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung sein, sondern auch als Vorlage für in der Praxis verwendbare individualvertragliche Klauseln dienen.

B. Forschungsstand Die Literatur und Rechtsprechung haben sich mit der Zulässigkeit gesellschaftsvertraglicher Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen bereits auseinandergesetzt. Prägend für die Entwicklungslinien der Rechtsprechung dürfte Schilling gewesen sein, der die Möglichkeit des jederzeitigen Ausschlussrechts ohne sachliche Rechtfertigung als „Damoklesschwert“ bezeichnete, das eine „Willkürherrschaft“ der zur Kündigung berechtigten Gesellschafter begründe.34 Demgegenüber vertrat Flume die Lehre von dem „Gesellschafter minderen Rechts“, dessen Gesellschafterstellung vom Willen der anderen Gesellschafter abhängig gemacht werden könne.35 Anknüpfend an diese aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Ge 31

Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 10 („informelles Risikokapital“). Grundlegend ohne konkreten Bezug zum Venture-Capital-Bereich oder zu Familienunternehmen Vetter, AG 2002, 176, 184. 33 Grundlegend ohne konkreten Bezug zum Venture-Capital-Bereich oder zu Familienunternehmen Vetter, AG 2002, 176, 184. 34 Schilling, ZGR 1979, 419, 426. 35 Flume, NJW 1979, 902, 903 f.; ders., DB 1986, 629, 633. 32

28

Kap. 1: Einleitung

sellschaftsrecht umstrittenen Lehre36 differenziert auch Karsten Schmidt, indem er dafür plädiert, vinkulierte Mitgliedschaften als „entziehbare Mitgliedschaften“ ausgestalten zu können, die im Hinblick auf einen Ausschluss nach freiem Ermessen nicht schutzwürdig sind.37 Die Dissertationen von Hey38, Bross39, Becker40, Wackerbeck41, Gärtner42, Fröhlich43 und Hornung44 haben diese Fragestellung im Spannungsfeld der gesellschaftsrechtlichen Vertragsfreiheit und ihren Grenzen monographisch aufgearbeitet. Der dieser Arbeit schwerpunktmäßig zugrundeliegenden Forschungsfrage der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung wurde jedoch nicht umfassend nachgegangen. Die Erkenntnisse aus der vertieften Auseinandersetzung mit dem Normzweck des gesetzlich normierten Squeeze-out und der dazugehörigen Rechtsprechung sollen in diesem Zusammenhang mit den Ergebnissen zur Bewertung freier Hinauskündigungsklauseln verzahnt werden.

C. Gang der Untersuchung Einführend wird ein Überblick über den Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht gewährt. Ausgehend von den Erscheinungsformen des Squeeze-out kraft gesetzlicher Regelung werden die Ausschlussmöglichkeiten von Minderheitsgesellschaftern in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht dargestellt, um anschließend zu untersuchen, ob die aktienrechtlichen Vorschriften mit ihren Wertungen auf die GmbH und Personengesellschaften übertragbar sind. Anschließend wird in Vorbereitung der Frage, ob gesellschaftsvertragliche Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen im Fall der Kleinstbeteiligung zulässig sind, beleuchtet, inwieweit bei vertraglichen Gestaltungen zur Herbeiführung des gesetzlich normierten Squeeze-out ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist (Kapitel 2). Im Folgenden wird die Zulässigkeit gewillkürter Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen im Allgemeinen thematisiert. Ausgehend von der Definition gewillkürter Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen und ihrer vertraglichen Ausgestaltung werden die Rechtsprechungsleitlinien zu ihrer Zulässigkeit dargestellt. Der Schwerpunkt ist die Ausarbeitung der Öffnungstendenz der Rechtsprechung. Diese soll als fundierte Basis für die These dienen, dass die Kleinstbeteiligung eine der Sittenwidrigkeit entgegenstehende sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln sein kann. Das Sittenwidrigkeitsverdikt der Rechtsprechung wird 36

Zum Streitstand Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 50 ff. K. Schmidt, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 103. 38 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken. 39 Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters. 40 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln. 41 Wackerbeck, Die Grenzen der Zulässigkeit des Gesellschafterausschlusses unter besonderer Berücksichtigung freier Hinauskündigungsklauseln. 42 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung. 43 Fröhlich, Ausscheiden von Personengesellschaftern. 44 Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln. 37

C. Gang der Untersuchung

29

am Maßstab der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit und des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes untersucht. Die Wirksamkeitskontrolle des Bundesgerichtshofs gem. § 138 Abs. 1 BGB soll der Ausübungskontrolle des konkreten Ausschlusses gem. § 242 BGB und der Lösung über eine geltungserhaltende Reduktion analog § 139  BGB gegenübergestellt werden. Auf dieser Grundlage wird ein eigener Lösungsvorschlag in Form einer Zwei-Stufen-Prüfung unterbreitet (Kapitel 3). Im Anschluss soll eruiert werden, ob die Kleinstbeteiligung mit den Rechtsprechungsleitlinien in einer Form harmonisiert werden kann, die in der Praxis den betroffenen Gesellschaften rechtssichere Vertragsgestaltungen zum jederzeit freien Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters ermöglicht. Dieser Forschungsfrage wird zunächst eine Definition der Kleinstbeteiligung vorangestellt, um sie in einem zweiten Schritt in die Dogmatik des Bundesgerichtshofs einzuordnen, die zwischen einem wichtigen Grund, sachlichen Grund bzw. „festen Tatbestandsmerkmal“ und einer freien Ausschlussklausel differenziert. Für die Frage, ob die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung dienen kann, sollen die erarbeiteten Aspekte zueinander in Bezug gesetzt und in Einklang gebracht werden. Zu diesen Aspekten gehören insbesondere der Grundgedanke des gesetzlich normierten Squeeze-out, die beschränkte Einflussnahme von Minderheitsgesellschaftern auf die Unternehmensführung, die Zulässigkeit vertraglicher Gestaltungen zur Herbeiführung der Voraussetzungen des gesetzlichen Squeezeout sowie die Möglichkeit der Ausübungskontrolle im Einzelfall. Auf die von einzelnen Stimmen in der Literatur45 befürwortete Differenzierung zwischen personalistisch und kapitalistisch strukturierten Gesellschaften, nach der lediglich für kapitalistisch strukturierte Gesellschaften eine dem aktienrechtlichen Squeeze-out nachgebildete Satzungsklausel wirksam sein soll, wird vertieft einzugehen sein. Eine weitere Herausforderung wird es sein, die zwischen der GmbH und den Personengesellschaften bestehenden Unterschiede zu skizzieren und zu prüfen, ob diese Unterschiede eine andere Bewertung bezüglich der Kleinstbeteiligung – zu denken wäre hier an den ausgeprägten Individualschutz und das Einstimmigkeitsprinzip im Personengesellschaftsrecht – rechtfertigen (Kapitel 4). Da die Dissertation nicht bei der Feststellung, dass die Kleinstbeteiligung eine sachliche Rechtfertigung darstellen kann, verharrt, werden unterschiedliche Fallgruppen und Ausschlussszenarien für die Praxis erarbeitet (Kapitel 5). Nachfolgend werden konkrete Schwellenwerte für die Kleinstbeteiligung untersucht. Als Grundlage werden die gesetzlichen Anknüpfungspunkte im deutschen Recht herangezogen. Abgerundet werden soll die Betrachtung durch die Untersuchung, ob die entworfenen unterschiedlichen Fallgruppen und Ausschlussszenarien unterschiedlich hohe Schwellenwerte rechtfertigen können (Kapitel 6).

45

Einhaus / Selter, GmbHR 2015, 676, 686; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 670.

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Kap. 1: Einleitung

In Kapitel 7 werden kompensatorische Vertragsgestaltungen in den Blick genommen, die eine gerichtliche Anerkennung gewillkürter Squeeze-out-Regelungen erleichtern sollen. Besonderes Augenmerk ist auf die Möglichkeiten der zeitlichen Begrenzung des Ausschlussrechts, die Vereinbarung von Sell-out-Klauseln in Form eines Austritts- oder Andienungsrechts sowie die Vereinbarung einer Abfindung zum Verkehrswert zu legen. Die Ausarbeitung schließt mit der Erarbeitung der Ausgestaltung des Squeezeout in den Gesellschaftsverträgen. Als Ergebnis der gewonnen Erkenntnisse werden individualvertragliche Ausschlussklauseln für die unterschiedlichen Fallgruppen und Ausschlussszenarien entworfen (Kapitel 8).

Kapitel 2

Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht Für den unfreiwilligen Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht kommen sowohl ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehene als auch alternative Ausschlusstechniken in Betracht. Die alternativen Ausschlusstechniken werden mithilfe gesetzlicher Instrumentarien umgesetzt, die originär eine andere Zielsetzung als den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern vorsahen. In einem ersten Schritt wird sich an die Thematik über die Erscheinungsformen des Squeeze-out kraft gesetzlicher Regelung angenähert. In einem zweiten Schritt können vor diesem Hintergrund die alternativen Ausschlussverfahren nicht nur dargestellt, sondern auch ihre tatsächliche Existenzberechtigung neben den gesetzlichen Regelungen untersucht werden. Nach einem Überblick über die Ausschlussmöglichkeiten von Minderheitsgesellschaftern in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht wird die Analogiefähigkeit der aktienrechtlichen Vorschriften untersucht. Abschließend soll den vertraglichen Gestaltungen zur Herbeiführung des gesetzlich normierten Squeeze-out unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ein besonderes Augenmerk gewidmet werden.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out kraft gesetzlicher Regelung In Deutschland bestehen vier gesetzlich geregelte Squeeze-out Verfahren: Der aktienrechtliche Squeeze-out gem. §§ 327a ff.  AktG, der übernahmerechtliche Squeeze-out gem. § 39a WpÜG, der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out gem. § 62 Abs. 5 UmwG und der Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (WStBG).

I. Verfassungsrechtliche Aspekte Trotz der unterschiedlichen Ausgestaltung der gesetzlichen Squeeze-out-Ver­ fahren liegen dem Ausschluss des Minderheitsaktionärs gegen seinen Willen aufgrund seiner geringen Beteiligung allgemeine verfassungsrechtliche und rechtspolitische Erwägungen zugrunde.1 Es ist angezeigt, diese gemeinen Aspekte zu 1

Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 1 ff.; ausführliche Darstellung in den Vorbetrachtungen zum aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Squeeze-out bei Stange,

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

erfassen, bevor die Besonderheiten der einzelnen Squeeze-out-Regelungen herausgestellt werden. Der primäre2 verfassungsrechtliche Prüfmaßstab für den unfreiwilligen Ausschluss eines Minderheitsaktionärs aus der AG ist Art. 14 Abs. 1 GG, der die Eigentumsfreiheit garantiert.3 Vom Schutzbereich der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG als normgeprägtes Grundrecht ist jedes vom Gesetzgeber konkret eingeräumte Vermögensrecht erfasst.4 Das in einer Aktie verkörperte Anteilseigentum stellt ein derartiges konkret eingeräumtes Vermögensrecht dar.5 Geschützt ist die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs, die sowohl unternehmerische Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt.6 Die gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren, an deren Ende der Entzug des von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Anteilseigentums steht, sind aber nicht als eine hoheitliche, konkret individuelle Enteignung des Minderheitsaktionärs i. S. v. Art. 14 Abs. 3 GG, sondern als eine generell-abstrakte Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu qualifizieren.7 Bei der Normierung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG muss der Gesetzgeber die kollidierenden privaten Interessen der Beteiligten im Wege der praktischen Konkordanz sachgerecht abwägen und in einen angemessenen Ausgleich bringen.8 Für die gesetzlichen Squeeze-out Verfahren sind die schutzwürdigen Interessen des Hauptaktionärs am Ausschluss des Minderheitsaktionärs mit dem schutzwürdigen gegenläufigen Interesse des Minderheitsaktionärs am Verbleib in der Gesellschaft abzuwägen.9 Darüber hinaus sind die Interessen der Allgemeinheit zu berücksichtigen.10 Das Bundesverfassungsgericht hat diese gesetzgeberische Interessenabwägung für den aktienrechtlichen Squeeze-out gem. §§ 327a ff. AktG ausdrücklich als sachgerecht und verhältnismäßig anerkannt.11 Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 27 ff.; vgl. zu den Zielsetzungen des aktienrechtlichen Squeeze-out Habersack, ZIP 2001, 1230, 1231; Vetter, AG 2002, 176, 177 ff.; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 672 ff. 2 Weitere betroffene Grundrechte des Minderheitsgesellschafters, insbesondere die von Art. 2 Abs. 1 GG garantierte Willensbildungsfreiheit, sollen an dieser Stelle noch nicht erörtert werden, werden aber eingehend unten in Kapitel 3 C. III. 2. a) besprochen. 3 BVerfG, NJW 2001, 279 („Moto-Meter-Beschluss“); BVerfG, NJW 2007, 3268. 4 Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 5. 5 BVerfG, NJW 2001, 279 („Moto-Meter-Beschluss“); BVerfG, NJW 2007, 3268, 3269. 6 BVerfG, NJW 2001, 279 („Moto-Meter-Beschluss“); BVerfG, NJW 2007, 3268, 3269; Vetter, AG 2002, 176, 177 mit der Differenzierung zwischen „Verbandsmitglied“ und „Kapitalanleger“. 7 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“); BVerfG, NJW 2007, 3268, 3269; OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120 ff. 8 Papier / Shirvani, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 14 Rn. 424; Sellmann, WM 2003, 1545, 1547. 9 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 7. 10 Im Einzelnen BVerfGE 14, 263, 282; Rühland, WM 2000, 1884, 1888; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1818; ders., AG 2002, 176, 177 f.; ders., AG 2008, 177, 179 f.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 779; Hanau, NZG 2002, 1040, 1046; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 124; Assmann, AG 2008, 208, 210; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 62. 11 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3269 ff.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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Die korporative Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG könne mit dem unfreiwilligen Ausschluss des Minderheitsaktionärs in Einklang stehen, wenn der Minderheitsaktionär vermögensrechtlich für den Verlust der Aktionärsstellung vollständig entschädigt wird und die geleistete Kompensation gerichtlich überprüfbar ist.12 1. Schutzwürdige Interessen des Minderheitsaktionärs Die wesentliche Begründungslinie liefert dem Bundesverfassungsgericht auf Seiten des Minderheitsaktionärs die skizzierte Aufteilung des Aktieneigentums in unternehmerische Leitungsbefugnisse und vermögensrechtliche Ansprüche. Es läge in der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, die unternehmerische vollständig hinter der vermögensrechtlichen Komponente des Anteilseigentums zurücktreten zu lassen, wenn der Anteil des Aktionärs an der Gesellschaft derart gering ausfällt, dass er regelmäßig keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen könne.13 Da in diesem Fall das Anteilseigentum als Kapitalanlage, nicht hingegen als unternehmerische Beteiligung zu qualifizieren sei, bestünde die Schutzbedürftigkeit des Minderheitsaktionärs auch lediglich hinsichtlich der vermögensrechtlichen Komponente.14 Die Kapitalanlage gewährleiste eine „Sphäre individueller Freiheit in finanzieller Hinsicht“.15 „In der Barabfindung setz[e] sich quasi der Vermögenswert der Aktie fort“.16 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass ein Aktionär selbst bei einem unterstellten unternehmerischen Interesse vor dem unfreiwilligen Verlust seines Anteilseigentums nicht zwingend geschützt ist.17 Dies verdeutlicht ein Blick auf die Vorschrift des § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Demnach steht es einer Kapitalmehrheit von 75 % des Grundkapitals ohne das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung frei, die Auflösung der AG zu beschließen. Das Anteilseigentum des widersprechenden Minderheitsaktionärs ist in diesem Fall ebenfalls nur vermögensrechtlich durch die Beteiligung am Verwertungserlös geschützt.18 Der Beschluss über den Minderheitsausschluss bedarf keiner sachlichen Rechtferti 12

BVerfG, NJW 2001, 279, 279 f. („Moto-Meter-Beschluss“); Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 7. 13 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; zuletzt OLG München, NZG 2021, 1594, 1597; Kilian, WM 2006, 1567, 1573. 14 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270 unter Verweis auf BVerGE 14, 263, 283 („FeldmühleUrteil“); Vetter, AG 2002, 176, 182; Schiessl, AG 1999, 442, 446; a. A. Lutter, AcP 180 (1980), 84, 85 ff.; Hanau, NZG 2002, 1040, 1041 ff.; vgl. auch ÖVfGH, G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018 zum österreichischen Gesellschafter-Ausschlussgesetz (ÖGesAusG) vom 24. 05. 2006 (ÖBGBl. I 2006/75) mit der Differenzierung nach dem im Wert der Beteiligung ausgedrückten „Vermögensinteresse“ und dem „Bestandsinteresse“ am Erhalt der Beteiligung. 15 BVerfGE 100, 289, 305. 16 OLG München, WM 2011, 2048, 2057. 17 Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199. 18 Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

gung.19 Der grundrechtliche Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG soll die Minderheitsaktionäre lediglich vor einem Missbrauch wirtschaftlicher Macht durch den Hauptaktionär schützen.20 Die pauschalisierende Annahme des nur vermögensrechtlich schützenswerten Anteilseigentums bis zu einer Mindestbeteiligungsschwelle von 5 % des Grundkapitals sei im Falle des aktienrechtlichen Squeeze-out vom Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt.21 Der Schutz des Minderheitsaktionärs werde durch die vollwertige vermögensrechtliche Kompensation in Form der angemessenen Barabfindung gem. § 327b  Abs. 1  AktG und deren verfahrensrechtliche Sicherstellung – insbesondere durch die Bankgarantie und die Angemessenheitsprüfung der Abfindung durch einen neutralen Prüfer gem. §§ 327b Abs. 3, 327c Abs. 2 AktG – gewährleistet.22 Mit der Abfindung erhalte der Minderheitsaktionär unter der Voraussetzung eines funktionierenden Kapitalmarkts die Möglichkeit, sein Kapital alternativ in einem Unternehmen vergleichbarer Ausrichtung anzulegen.23 Der Kritik, dass die bewusste perspektivische Anlageentscheidung des Minderheitsaktionärs zugunsten einer bestimmten AG „unter dem Aspekt des Freiheitsschutzes […] eine besondere Dignität genießen [müsse]“, die durch den Squeeze-out vollständig entwertet werde,24 ist im Hinblick auf die Interessenabwägung im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG entgegenzuhalten, dass zukünftige, im aktuellen Anteilswert noch nicht berücksichtigte Gewinnerwartungen nicht vom Schutzbereich der Eigentumsfreiheit erfasst sind.25 2. Schutzwürdige Interessen des Hauptaktionärs Auf Seiten des Hauptaktionärs spricht für eine verhältnismäßige Interessenabwägung bei der Normierung der gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren sein wirtschaftliches Rationalisierungsinteresse sowie sein Interesse an der größtmöglichen unternehmerischen Flexibilität.26 Diese (indirekt) vom Bundesverfassungsgericht 19

BVerfGE 14, 263, 283 („Feldmühle-Urteil“); 100, 289, 303. BVerfGE 14, 263, 283 („Feldmühle-Urteil“); 100, 289, 303. 21 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 131; für eine höhere Mindestbeteiligungsschwelle Forum europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 737 f.; Kallmeyer, AG 2000, 59 f.; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1202. 22 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270 f.; Sellmann, WM 2003, 1545, 1548 f. 23 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“); Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 7; Sellmann, WM 2003, 1545, 1546, der die alternative Kapitalanlage als „annähernd gleichwertigen anderen Eigentumsgegenstand“ qualifiziert, sodass die „finanzielle Entschädigung […] mittelbar zu einer partiellen Wiederherstellung des Freiheitsraums des Betroffenen im vermögensrechtlichen Bereich [führe]“. 24 Hanau, NZG 2002, 1040, 1043. 25 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“); OLG München, WM 2011, 2048, 2057; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 19. 26 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 7; Vetter, AG 2002, 176, 177 f.; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199; kritisch Habersack, ZIP 2001, 1230, 1233 ff. 20

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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anerkannten Interessen fußen im Einzelnen auch auf den sachlichen Gründen, die zur Einführung des ersten Squeeze-out-Verfahrens in Deutschland im Jahr 2002 führten.27 a) Vermeidung kostspieligen Formalaufwands Der Hauptaktionär ist im Falle der Beteiligung eines Minderheitsaktionärs – sei dessen Beteiligung auch noch so gering – verpflichtet, die umfassenden minderheitsschützenden Vorschriften des zwingenden Aktienrechts einzuhalten.28 Der daraus resultierende kostspielige Formalaufwand steht regelmäßig in keinem angemessenen Verhältnis zum finanzierenden oder unternehmerischen Beitrag eines Minderheitsaktionärs.29 Erhebliche Kosten verursachen die Vorbereitung, Planung und Durchführung der Hauptversammlung.30 Mit dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre können diese Kosten unter Berücksichtigung der vereinfachten Voraussetzungen für das Abhalten einer Vollversammlung i. S. v. § 121 Abs. 6 AktG im Falle der Einmann-AG i. S. v. § 42 AktG stark reduziert werden.31 Auch bedeutende Strukturmaßnahmen können erheblich erleichtert und im Kostenumfang reduziert werden, wenn keine Gegenstimmen von Minderheitsaktionären zu erwarten sind.32 Verwiesen sei insbesondere auf die Kostenersparnisse bei der Verschmelzung aufgrund des Verzichts aller Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf die Erstattung eines Verschmelzungsberichts und einer Verschmelzungsprüfung gem. §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3, 36 UmwG.33 Weitere Kostenvorteile bietet die Möglichkeit der Eingliederung gem. § 319  AktG, das Entfallen der Berichtspflicht gem. § 293a Abs. 3 AktG sowie das Entfallen der Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs gem. § 304 Abs. 1 S. 3 AktG bei Unternehmensverträgen.34 Das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses nach der „Holzmüller“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs35 für grundlegende Strukturveränderungen der AG entfiele.36 Zudem führt ein Squeeze-out regelmäßig zu einem Rückzug einer bör 27 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“); 2007, 3268, 3270; BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31; Grunewald, in: MüKoAktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 2. 28 Explizit genannt seien hier das Auskunftsrecht eines Aktionärs im Rahmen der Hauptversammlung gem. § 131 AktG und die aktienrechtlichen Berichtspflichten, zustimmend Vetter, ZIP 2000, 1817; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 123 f. 29 Lochner, in: NK-AktR Heidel, AktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 5; Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 1999, 850; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199; Drygala, AG 2001, 291, 298; G ­ ärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 274; Lutter / Drygala, FS Kropff 1997, 191, 211. 30 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 45. 31 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 45. 32 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“). 33 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“). 34 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“). 35 BGHZ 83, 122, 130 ff. („Holzmüller“); Konkretisierung durch BGHZ 159, 30, 36 ff. („Gelatine“). 36 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“).

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

sennotierten Gesellschaft (public company) von der Börse durch Überführung in eine nicht börsennotierte Gesellschaft (private company) – mitunter als Delisting (Going Private) bezeichnet –, da der Börsenhandel bei der Einmann-AG ausgeschlossen sein wird, sodass die mit der Börsennotierung der AG kostenintensiven Zulassungsfolgepflichten entfallen.37 Überdies steigen die Kosten der AG mit der Abnahme der Beteiligungsgröße eines Minderheitsanteils überproportional je Minderheitsaktionär.38 b) Unternehmerische Flexibilität Grundlegende unternehmerische Entscheidungen kann der Hauptaktionär gegen den Willen der Minderheitsaktionäre nur unter erschwerten Bedingungen und erheblichen zeitlichen Verzögerungen umsetzen.39 Beispielhaft genannt seien riskante Investitionsentscheidungen, die der Vorstand der AG im Falle der Existenz von Minderheitsaktionären aus der Furcht vor möglichen Schadensersatzansprüchen nicht tätigen will, oder die Vornahme von Umschuldungsmaßnahmen durch Aufnahme billigen Fremdkapitals.40 Das im Aktienrecht geltende Prinzip der einfachen Stimmenmehrheit gem. § 133 Abs. 1 AktG, nach dem der Hauptaktionär die Entscheidungen in der Hauptversammlung zu seinen Gunsten entscheiden kann, rechtfertigt keine andere Bewertung.41 Dieser These steht auch nicht entgegen, dass der Hauptaktionär gegen den Willen der Minderheitsaktionäre eine Satzungsänderung gem. § 179 AktG, die eine qualifizierte Mehrheit in Form der einfachen Stimmenmehrheit gem. § 133 Abs. 1 AktG und der Kapitalmehrheit von drei Vierteln des Grundkapitals erfordert, herbeiführen kann.42 Denn es bleibt dem Minderheitsaktionär unabhängig von der Geringfügigkeit seiner Kapitalquote unbenommen, gegen Hauptversammlungsbeschlüsse die Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gem. §§ 241, 244 AktG zu erheben. So wurde im Jahr 2000 in der Praxis häufig eine missbräuchliche Geltendmachung von Minderheitsrechten, die auf die Behinderung der Unternehmensführung gerichtet war, festgestellt.43 Ziel der 37

Land / Hasselbach, DB 2000, 557 f.; Angerer, BKR 2002, 260, 261; Schockenhoff / Lumpp, ZIP 2013, 749, 751. 38 Angerer, BKR 2002, 260, 261; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 44. 39 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 672; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199. 40 Kossmann, NZG 1999, 1198, 1199. 41 Vgl. zum Prinzip der einfachen Stimmenmehrheit Herrler, in: Grigoleit AktG, § 133 Rn. 1. 42 Vgl. zur qualifizierten Kapitalmehrheit Stein, in: MüKoAktG, § 179 Rn. 81 ff. 43 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31; BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; Vetter, AG 2008, 177, 178 f.; Baums / Vogel / Tacheva, ZIP 2000, 1649, 1650; vgl. zur ansteigenden Entwicklung der Beschlussmängelklagen trotz der Änderungen des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), Baums / Keinath / Gajek, ZIP 2007, 1629, 1633 ff.; vgl. zur rückläufigen Entwicklung nach dem ARUG, Bayer / Hoffmann / Sawada, ZIP 2012, 897, 899 ff.; Bayer / Möller, NZG 2018, 801, 803.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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Minderheitsaktionäre war regelmäßig nicht die angemessene Interessenwahrung in Form der Rechtmäßigkeitskontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses, sondern eine finanzielle Leistung des Hauptaktionärs gegen die Rücknahme ihrer Anfechtungsklagen.44 Dieses als „Abkaufen des Lästigkeitswerts“ bezeichnete Phänomen war bisweilen von beträchtlichem Erfolg gekrönt, da die finanzielle Leistung an den Minderheitsaktionär für die AG oder den Hauptaktionär im Verhältnis zu den aus der Anfechtungsklage resultierenden Unsicherheiten und zeitlichen Verzögerungen das geringe Übel darstellte.45 Hervorgehobene Relevanz erfuhren die Behinderungen und zeitlichen Verzögerungen im Rahmen bedeutsamer Strategieentscheidungen wie Kapitalerhöhungen und Strukturmaßnahmen.46 Solche können auch in ihrer zeitlichen Umsetzung für die künftige Ausrichtung eines Unternehmens zur Schicksalsfrage werden. Kapitalerhöhungs- und Umwandlungsbeschlüsse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Eintragung in das Handelsregister, deren Anmeldung bei Umwandlungsmaßnahmen eine Negativerklärung des Vorstands im Hinblick auf anhängige Anfechtungsklagen erfordert, vgl. §§ 16 Abs. 2, 198 Abs. 3 UmwG. Auch die Einführung der Freigabeverfahren gem. § 246a AktG und § 16 Abs. 3 UmwG, die dem Missbrauch von Klagerechten durch „räuberische (Berufs-)Kläger“ entgegenwirken sollte, konnte dieser Drohkulisse für den Hauptaktionär, der auf die zeitnahe Umsetzung des Beschlusses angewiesen ist, nicht vollständig Abhilfe leisten.47 Dies liegt daran, dass auch ein Freigabebeschluss erst drei Monate nach Antragstellung ergehen kann.48 Auch kann das angerufene Gericht die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Beschluss gem. § 246a Abs. 2 AktG oder § 16 Abs. 3 S. 3 UmwG nicht als gegeben erachten.49 Ferner erfordern Strukturmaßnahmen wie die Verschmelzung oder die Vermögensübertragung bei der Beteiligung von Minderheitsaktionären kostspielige Unternehmensbewertungen zur Ermittlung der Umtauschverhältnisse und Abfindungsansprüche.50

44

Vgl. zu diesem Modell BGHZ 107, 296, 312; BGH, NJW 1992, 2821, 2822. Henze, ZIP 2002, 97, 100 f.; Kühn, BB 1992, 291; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 47. 46 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 32. 47 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 47; vgl. zur ansteigenden Entwicklung der Beschlussmängelklagen trotz der Änderungen des UMAG, Baums / Keinath / Gajek, ZIP 2007, 1629, 1633 ff.; vgl. aber zur rückläufigen Entwicklung nach dem ARUG, Bayer / Hoffmann / Sawada, ZIP 2012, 897, 899 ff.; Bayer / Möller, NZG 2018, 801, 803. 48 Vgl. §§ 246a Abs. 3 S. 5 AktG, 16 Abs. 3 S. 5 UmwG. 49 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 47; vgl. Erwägungen zum Vorabverfahren Schiessl, AG 1999, 442, 445; unter Hinweis auf die erheblichen zeitlichen Verzögerungen Vetter, ZIP 2000, 1817, 1818. 50 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 1. 45

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

c) Fehlende Kenntnis von Aktionären Aufgrund der gesetzlich konzipierten Anonymität der Aktionäre kann es dem Hauptaktionär im Einzelfall verwehrt sein, die Minderheitsanteile unbekannter und nicht zu ermittelnder Aktionäre zu erwerben.51 Dieses Phänomen ist vorrangig anzutreffen, wenn Aktienanteile vererbt werden und der Erbe keine Kenntnis von den ererbten Aktien hat.52 In diesen Fällen fällt die Interessenabwägung zugunsten des Hauptaktionärs, der die angemessene Barabfindung für eine gewisse Zeit bei Gericht zu hinterlegen hat,53 gegenüber den unbeteiligten Minderheitsaktionären eindeutig aus. Derjenige, der seine Gesellschafterrechte nicht ausübt – sei es aus Unkenntnis, sei es aus Desinteresse – ist nur im Hinblick auf die vermögensrechtliche Komponente schutzwürdig.54 d) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen Ohne die mit dem Squeeze-out wegfallenden Auskunfts- und Einsichtsrechte der Minderheitsaktionäre gem. § 131 AktG ist die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen wesentlich erleichtert.55 Dies kann zu einer Steigerung des Unternehmenswerts führen.56 Die Steigerung des Unternehmenswerts kann auch für die auszuschließenden Minderheitsaktionäre von Vorteil sein, wenn die erwartete Steigerung des Unternehmenswerts konkret beziffert und in der Höhe der angemessenen Barabfindung abgebildet werden kann. 3. Gemeinwohlinteressen Die Interessen der Allgemeinheit können zum Teil für, zum Teil gegen die Einführung des gesetzlichen Squeeze-out-Verfahrens angeführt werden. Für das Squeeze-out-Verfahren spricht, dass die Gefahr missbräuchlicher Anfechtungsklagen als Beeinträchtigung der Attraktivität des Unternehmensstandorts Deutschland einzuordnen ist.57 Dieser Gefahr kann durch den Squeeze-out der Minderheitsak-

51 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 32; Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 1999, 850, 851; Fleischer, ZGR 2002, 757, 761; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 673. 52 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 673. 53 Im Ansatz auch Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 52 unter Hinweis auf Rühland, Ausschluss von Minderheitsaktionären aus der Aktiengesellschaft, S. 139 f. 54 I. E. wie hier Fleischer, ZGR 2002, 757, 761 mit dem Hinweis auf ein „praktisches Bedürfnis […], Splitterbesitz einzusammeln, dessen Besitzer sich nicht aufspüren lassen“. 55 Fleischer, ZGR 2002, 757, 761; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschaft­er­ stellung, S. 276. 56 Fleischer, ZGR 2002, 757, 761; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschaft­er­ stellung, S. 276. 57 Assmann, AG 2008, 208, 210; Vetter, AG 2008, 177, 179 f.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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tionäre mittelbar entgegengewirkt werden, da die Minderheitsaktionäre besonders anfechtungsgeneigt sind.58 Auch hat es eine abschreckende Wirkung für (ausländische) Investoren, zur Übernahme eines überwiegenden Anteils der Aktien infolge eines Pflichtangebots gem. §§ 35 Abs. 2, 29 Abs. 2 WpÜG verpflichtet zu sein, aber dennoch aufgrund einiger unbedeutender Aktienanteile, die in der Hand der verkaufsunwilligen Altaktionäre verbleiben, auf sämtliche aktienrechtliche Schutzvorschriften Rücksicht nehmen zu müssen.59 Der Squeeze-out hat daher für (ausländische) Investoren eine erhebliche Anreizwirkung, zumal die Mehrheitseingliederung einer ausländischen Gesellschaft nicht zur Verfügung steht.60 Zudem führt die effektivere und umwandlungsfreundlichere Unternehmensführung nach einem durchgeführten Squeeze-out im internationalen Vergleich zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und fördert die „Interessen der Allgemeinheit an der freien Entfaltung der unternehmerischen Initiative im Konzern“.61 Gegen das gesetzliche Squeeze-out-Verfahren kann das öffentliche Interesse an der bestmöglichen Allokation des Kapitals hervorgebracht werden.62 Nach der Allokationsfunktion des Kapitals sollen die knappen finanziellen Ressourcen dorthin gelenkt werden, wo der größte Investitionsbedarf besteht und die höchsten Renditen erzielt werden.63 Die Einschränkung der mitgliedschaftlichen Stellung des Minderheitsaktionärs durch die Gefahr des Squeeze-out wirkt sich negativ auf die Anlagebereitschaft der privaten Kapitalanleger und auf das öffentliche Allokationsinteresse aus.64 Überdies lässt der Squeeze-out für das öffentliche Inte­resse an einem funktionierenden Kapitalmarkt und einem stabilen Börsenumfeld befürchten, dass der Hauptaktionär aufgrund seines überlegenen Wissens einen Ausschluss primär bei einer Unterbewertung der AG am Kapitalmarkt vornimmt, da in diesem Fall die Abfindungszahlung entsprechend gering ausfällt.65

58 Nach Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 124 könne in „bestimmten Fällen der erheb­ liche Standortnachteil des deutschen Rechtssystems“ durch den Squeeze-out vermieden werden. 59 Vetter, ZIP 2000, 1817, 1818. 60 Vetter, ZIP 2000, 1817, 1818; Hanau, NZG 2002, 1040, 1046; vgl. unten Kapitel 2 B. I. 61 Diese Wendung bei BVerfGE 14, 263, 282; Vetter, AG 2002, 176, 177 f. unter Hinweis auf BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 32, in der ausdrücklich auf „die angestrebte Stärkung der unternehmerischen Flexibilität“ verwiesen wird; vgl. auch ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018, zum ÖGesAusG („Bereinigung der Kapitalstruktur und effiziente Unternehmensstrukturen im öffentlichen Interesse“). 62 Wenger / Kaserer / Hecker, ZBB 2001, 317, 331; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 62. 63 Kumpan, in: Schwark / Zimmer, Einl. BörsG Rn. 4. 64 Wenger / Kaserer / Hecker, ZBB 2001, 317, 331; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 62; ähnl. unter Hinweis auf tatsächlich unangemessen niedrige Abfindungszahlungen Rühland, WM 2000, 1884, 1888. 65 Fleischer, ZGR 2002, 757, 779 unter Hervorhebung „der Probleme asymmetrischer Information“; Ruthardt, NZG 2015, 1387, 1389; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 62.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Daraus folgt, dass unterbewertete Aktiengesellschaften sich vom Kapitalmarkt durch ein Delisting (going private) entfernen, wohingegen überbewertete Aktiengesellschaften mit unverändertem Mitgliederbestand am Kapitalmarkt bestehen bleiben.66 4. Fazit Das Institut des gesetzlichen Minderheitsausschlusses mag auf den ersten Blick als „gesellschaftsrechtlicher Fremdkörper“ anmuten.67 Ihm liegt nicht das Bild von gleichberechtigten Gesellschaftern zugrunde, die in persönlicher Verbundenheit die Geschicke der Gesellschaft leiten. In Abgrenzung zu einer derart personalistischen Struktur findet der Squeeze-out seine Berechtigung in ökonomischer Hinsicht. Ausgehend von einer kapitalistischen Gesellschaftsstruktur trägt der Squeeze-out den berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Hauptaktionärs Rechnung. Der Minderheitsaktionär ist eher als Kapitalanleger, nicht hingegen als unternehmerischer Aktionär zu betrachten. In diesem Lichte haben die Argumente der Meinungsströmungen, die den Squeeze-out nur auf börsennotierte Aktiengesellschaften angewendet wissen wollen,68 durchaus ihre Berechtigung.69 Der Squeeze-out vollzieht die vollständige Verschiebung des verbandsrechtlichen Machtgefüges zwischen dem ohnehin aufgrund seiner Stimmen- und Kapitalmehrheit die wesentlichen Unternehmensentscheidungen dominierenden Hauptaktionär und dem rein kapitalorientierten Minderheitsaktionär zugunsten des Hauptaktionärs. Im Moment des Squeeze-out wird der Minderheitsaktionär auf seine Funktion als Kapitalgeber reduziert. Folgerichtig erhält er für den Verlust dieser Stellung eine vollwertige vermögensrechtliche Kompensation. Gleichzeitig besteht eine weitgehende Interessenkongruenz zwischen den Interessen des Hauptaktionärs und denen der Allgemeinheit. Die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit und Flexibilität eines Hauptaktionärs als Unternehmer bei gleichzeitigen Kostenersparnissen stärkt die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts und Finanzmarktplatzes Deutschland im internationalen Vergleich.

66 Als „lemon market-Effekte“ bezeichnet von Fleischer, ZGR 2002, 757, 779; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 62; ein diesem Effekt entgegensteuerndes Sell-­out-Recht in Form eines Andienungs- oder Austrittsrechts wird unten in Kapitel 7 B. erörtert. 67 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Lochner, in: NK-AktRHeidel, AktG, § 327a Rn. 1; ähnl. Hanau, NZG 2002, 1040, demzufolge die Squeeze-out-Regelung mit „fundamentalen gesellschaftsrechtlichen Prinzipien [breche]“. 68 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Drygala, AG 2001, 291, 297 f.; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1232 ff.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 ff.; Merkt, AG 2003, 126, 133; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 91 ff. 69 Ausführlich unten Kapitel 2 E. II. 2. a).

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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Daher ist es von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers umfasst, die Interessenabwägung bei der Normierung der gesetzlichen Squeeze-out Verfahrens als Inhalts-und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, mit der er die Eigentumsfreiheit als normgeprägtes Grundrecht erst definiert, in der Weise vorzunehmen, dass der Minderheitsaktionär zwar gegen seinen Willen aus seiner Beteiligung hinausgedrängt werden kann, dafür aber eine vollwertige vermögensrechtliche Kompensation erhält.

II. Aktienrechtlicher Squeeze-out Der im Jahr 2002 eingeführte aktienrechtliche Squeeze-out ermöglicht es der Hauptversammlung einer AG oder einer KGaA, auf Verlangen des Hauptaktionärs die Übertragung der Anteile der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung zu beschließen, § 327a Abs.1 S. 1 AktG.70 Gleiches gilt für die Societas Europaea (SE) mit Sitz im Inland, Art. 9 Abs. 1 c) ii, 10 SE-VO.71 Trotz der Forderungen gewichtiger Literaturstimmen setzt der aktienrechtliche Squeeze-out nicht die Börsennotierung der AG i. S. v. § 3 Abs. 2 AktG voraus.72 Auch hat sich der Gesetzgeber nicht den Literaturstimmen angeschlossen, die das Squeeze-out-Verfahren auf den Erwerb der erforderlichen Kapitalmehrheit im Wege eines Pflichtangebots gem. §§ 35 Abs. 2 i. V. m. 29 Abs. 2 WpÜG beschränken wollten.73 In der Praxis erfreute sich der aktienrechtliche Squeeze-out unmittelbar nach seiner Einführung zur Bereinigung von Konzernstrukturen einer großen Beliebtheit.74 Insgesamt wurden 509 Squeezeout Beschlüsse bis Anfang 2017 gefasst, von denen 316 auf die Zeit bis zum Jahresende 2007 entfielen und sich ungefähr 70 % auf börsennotierte Gesellschaften

70 Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen v. 20. 12. 2001, BGBl. 2001 I S. 3822, 3838. 71 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rats vom 08. 10. 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG 2001 L 294/1. 72 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 32; Koch, AktG, § 327a Rn. 7 mit der Differenzierung zwischen geschlossenen und „nicht mehr börsennotierten“ Gesellschaften; Schiessl, AG 1999, 442, 451; Krieger, BB 2002, 53, 55; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 121 f., 131 f.; Markwardt, BB 2004, 277, 281; a. A. Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Drygala, AG 2001, 291, 297 f.; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1232 ff.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 ff.; Merkt, AG 2003, 126, 133; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 91 ff. trotz des Hinweises auf das praktische Bedürfnis bei kapitalmarktfernen Aktiengesellschaften unter Auswertung der Rechtstatsachen. 73 Zustimmend Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 1999, 850, 851; Schiessl, AG 1999, 442, 451; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 392; Krieger, BB 2002, 53, 55; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1212; für eine Beschränkung Habersack, in: ­Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; ders., ZIP 2001, 1230, 1235; Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 97. 74 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 1; Grunewald, in: MüKoAktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 16.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

erstreckten.75 Nunmehr hat sich die jährliche Anzahl von Squeeze-out-Beschlüssen bei einer niedrigen zweistelligen Zahl eingependelt.76 1. Hauptaktionär Als Hauptaktionär i. S. v. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG kommt jede natürliche und juristische Person sowie jede rechtsfähige Personengesellschaft unabhängig von ihrer Ansässigkeit im Inland oder im Ausland in Betracht.77 Erbengemeinschaften können als Gesamthandgemeinschaften ebenfalls als Hauptaktionär i. S. v. §§ 327a ff. AktG auftreten.78 Nach der gesetzlichen Konzeption kann der Hauptaktionär nur ein Mitglied der AG sein, sodass ein von mehreren Aktionären im Zusammenschluss geplanter Squeeze-out eines Minderheitsaktionärs nur durch vorherige Übertragung der Aktienanteile auf einen Aktionär oder eine die Aktien als Teil ihres Gesamthandvermögens haltende Außengesellschaft zu realisieren ist.79 Bloße Stimmbindungsvereinbarungen oder die Bildung von Stimmrechtskonsortien als Innengesellschaften können allerdings nicht die Stellung des Hauptaktionärs begründen.80 Die in § 327a Abs. 1 S. 1 AktG normierte, für die Hauptaktionärseigenschaft erforderliche Beteiligungsschwelle von 95 % des Grundkapitals wählten bei rechtsvergleichender Betrachtung auch andere europäische Staaten in ihren Squeezeout-Regelungen.81 Die vor der Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out normierte Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss ist ebenso ab einer Kapitalmehrheit von 95 % möglich, § 320 AktG.82 Überdies knüpft das AktG die Wahrnehmung von einigen Minderheitsrechten an eine Kapitalschwelle von 5 % des Grundkapitals an, vgl. §§ 122 Abs. 2 S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG.83 Ob die gesetzgeberische, pauschalisierte Annahme einer ausschlussfähigen Min 75

Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 6; Grunewald, in: MüKoAktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 16. 76 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, Vor. § 327a Rn. 6; Grunewald, in: MüKoAktG, Vor. §§ 327a ff. Rn. 16; Austmann, NZG 2011, 684. 77 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 20. 78 Koch, AktG, § 327a Rn. 10; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 10 ff.; a. A. ­L ochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 3. 79 Lochner, in: NK-AktRHeidel, AktG, § 327a Rn. 9; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 5; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 20; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 35; Vossius, ZIP 2002, 511; Krieger, BB 2002, 53, 62; Halasz / Kloster DB 2002, 1253, 1254; Maslo, NZG 2004, 163, 164 f.; kritisch für Zusammenschlüsse auf bestimmte Zeit Bolte, DB 2001, 2587, 2589 f.; vgl. ausführlich unten Kapitel 2 F. 80 Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 35; Lochner, in: NK-AktRHeidel, AktG, § 327a Rn. 3; Maslo, NZG 2004, 163, 165; Markwardt, BB 2004, 277, 279 f.; a. A. Mertens, AG 2002, 377, 379 ff. 81 Vgl. Sieger / Hasselbach, NZG 2001, 926, 927 ff. 82 Vgl. ausführlich unten Kapitel 2 B. I. 83 Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 129.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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derheitsbeteiligung ab einer Beteiligungshöhe von 5 % die optimale Lösung darstellt, soll an dieser Stelle nicht abschließend erörtert werden.84 Jedenfalls würde eine geringere Mindestbeteiligungsschwelle den Squeeze-out in seinem praktischen Anwendungsbereich deutlich reduzieren. Bei einer höheren Mindestbeteiligungsschwelle wäre der reine Kapitalanlagecharakter des Mindestanteils, der einen maßgeblichen Faktor für die Verfassungsmäßigkeit der Squeeze-out Regelung darstellt,85 zunehmend schwieriger zu begründen.86 Daher ist die 5 % Beteiligungsschwelle vom gesetzgeberischen Ermessensspielraum gedeckt.87 Dem Hauptaktionär „gehören“ die Aktien i. S. v. § 16 Abs. 1, 2 AktG, wenn sie in seinem zivilrechtlichen Eigentum stehen.88 Für die Feststellung der erforderlichen Kapitalmehrheit von 95 % des Grundkapitals verweist § 327a Abs. 2 AktG auf die Vorschrift des § 16 Abs. 2–4 AktG. Die Kapitalmehrheit wird entsprechend § 16 Abs. 2 AktG bei Nennbetragsaktien i. S. v. § 8 Abs. 2 AktG nach dem Verhältnis des Gesamtnennbetrags der dem Hauptaktionär gehörenden Anteile zum Nennkapital, bei Gesellschaften mit Stückaktien i. S. v. § 8 Abs. 3 AktG nach der Zahl der Aktien bestimmt. Das im Handelsregister eingetragene Grundkapital der AG dient jeweils als Bezugspunkt, wobei weder Bezugs- oder Optionsrechte89 auf Aktien noch genehmigtes und bedingtes Kapital berücksichtigt werden.90 Volle Berücksichtigung finden hingegen stimmrechtslose Vorzugsaktien i. S. v. §§ 12 Abs. 1, 139 Abs. 1 AktG.91 Zu berücksichtigen ist, dass der Hauptaktionär nicht sämtliche Anteile in eigener Hand halten muss, sondern auch eine vollständige – nicht nur eine verhältnismäßige – Zurechnung der Aktien erfolgt, die im Eigentum eines von ihm abhängigen Unternehmen stehen, §§ 327a Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG.92 Diese Zu 84 Der Frage angemessener Schwellenwerte wird für den gewillkürten Squeeze-out vertiefend unten in Kapitel 6. nachgegangen. 85 Vgl. zu diesem Aspekt oben Kapitel 2 A. I. 1. 86 Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 131. 87 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; für eine höhere Mindestbeteiligungsschwelle gleichwohl Kallmeyer, AG 2000, 59 f.; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1202; Forum europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 737. 88 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 6; auf dem Anteil lastende Pfandrechte sind ebenso wie schuldrechtliche Vereinbarungen ohne Belang, OLG München, NZG 2009, 506. 89 Vgl. allgemein zur Option Bork, in: Staudinger, BGB, Vor. §§ 145 ff. Rn. 69 ff. 90 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 6; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 17; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 21; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1122; Fleischer, ZGR 2002, 757, 776; Gesmann-Nuissl, WM 2002, 1205, 1206; Grunewald, ZIP 2002, 18; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 138; Süßmann, AG 2013, 158, 159; a. A. LG Düsseldorf, NZG 2004, 1168, 1170. 91 Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 136. 92 Für das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung in der Person des Hauptaktionärs unter Berufung auf den Wortlaut („auf Verlangen des Hauptaktionärs“) Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 17; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 7; ­Markwardt, BB 2004, 277, 278; a. A. unter Berufung auf die Gesetzesbegründung BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 72, nach der das „Umhängen von Beteiligungen“ durch die Zurechnungsnormen verhindert werden soll, OLG Köln, ZIP 2004, 760, 763; OLG Stuttgart, AG 2009, 204, 207; Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a AktG Rn. 50; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 51 f.; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 134.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

rechnung kann innerhalb von mehrgliedrigen Konzernstrukturen dazu führen, dass mehrere Gesellschaften als Hauptaktionärinnen i. S. v. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG in Betracht kommen.93 Die Kapitalmehrheit muss zwingend im Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses über den Squeeze-out vorliegen.94 2. Verlangen des Hauptaktionärs Das Verlangen des Hauptaktionärs ist zeitlich nicht an den Erwerb der erforderlichen Kapitalmehrheit geknüpft.95 Eine Wartefrist, innerhalb derer der Hauptaktionär die Kapitalmehrheit halten muss, ist ebenso wenig vorgesehen.96 Das Verlangen ist als korporationsrechtliche einseitige Willenserklärung formlos an den Vorstand zu richten.97 Der Vorstand ist infolge des Verlangens verpflichtet, das Vorliegen der formalen Voraussetzungen der §§ 327a ff. AktG, insbesondere der Kapitalmehrheit von 95 % zu prüfen und bejahendenfalls eine Hauptversammlung mit dem entsprechenden Tagesordnungspunkt einzuberufen.98 3. Barabfindung Nach überwiegender Auffassung muss das Verlangen des Hauptaktionärs die Höhe der von ihm einseitig festgelegten Barabfindung i. S. v. § 327b Abs. 1 S. 1 AktG bereits beinhalten.99 Die Barabfindung muss gem. § 327b Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AktG die Verhältnisse der Gesellschaft und somit den wirtschaftlichen Wert der Minder 93 Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a  AktG Rn. 50; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 17; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a AktG Rn. 57; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 134 f. 94 Die umstrittenen Fragen, ob die Kapitalmehrheit vor der Beschlussfassung zu den (unterschiedlichen) Zeitpunkten des Verlangens des Hauptaktionärs an den Vorstand und der Einberufung der Hauptversammlung durch den Vorstand vorliegen oder nach der Beschlussfassung bis zur Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses im Handelsregister fortdauern muss, bedürfen hier keiner tiefergehenden Erörterung. Vgl. zum Streitstand m. w. N. Singhof, in: Beck­OGK AktG, § 327a Rn. 23; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 115 ff. 95 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 24; für eine Ausübungsfrist Fleischer, in: GroßkommAktG, Vor. §§ 327a–f Rn. 13; ders., ZGR 2002, 757, 769 f.; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 97. 96 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 11. 97 Statt aller Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 25. 98 Drinkuth, in: Marsch-Barner / Schäfer, Hdb Börsennotierte AG, Rn. 64.33, 64.35. 99 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 5 unter Verweis auf § 327c Abs. 1 Nr. 2 AktG; Lochner, in: NK-AktRHeidel, AktG, § 327a Rn. 11; Schüppen / Tretter, in: Haarmann / ­Schüppen, WpÜG, § 327a AktG Rn. 25; nach a. A. muss das durch das Barabfindungsangebot konkretisierte Übertragungsverlangen erst kurz vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erfolgen, vgl. Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327a Rn. 16, § 327b Rn. 9; Singhof, in: Beck­ OGK AktG, § 327b Rn. 4; Drinkuth, in: Marsch-Barner / Schäfer, Hdb Börsennotierte AG, Rn. 64.29.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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heitsbeteiligung im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses der Hauptversammlung berücksichtigen.100 Als Grundlage für die angemessene Barabfindung wird der Hauptaktionär regelmäßig bereits im Vorfeld des Übertragungsverlangens das Unternehmen der Gesellschaft bewerten (lassen) und zur Verfahrensbeschleunigung den gem. § 327c Abs. 2 S. 2, 3 AktG erforderlichen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines sachverständigen Prüfers unmittelbar nach dem Übertragungsverlangen stellen.101 Eine zu der laufenden Unternehmensbewertung und vor der Berichterstattung des Hauptaktionärs parallel stattfindende Prüfung des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist zulässig.102 Neben dieser präventiven Prüfung unterliegt die Barabfindung auch der Nachprüfung und Anpassung im Spruchverfahren, § 327f AktG.103 4. Gewährleistungserklärung Zur Sicherung der im Übertragungsverlangen festgelegten Barabfindung hat der Hauptaktionär vor der Einberufung der Hauptversammlung dem Vorstand eine Gewährleistungserklärung eines inländischen Kreditinstituts in Bezug auf die Barabfindung zu übermitteln, § 327b Abs. 3 AktG. Hierdurch muss ein unmittelbarer Zahlungsanspruch der Minderheitsaktionäre gegen das ausstellende Kreditinstitut begründet werden.104 Diese Gewährleistung muss nur den vom Hauptaktionär festgelegten, im Übertragungsbeschluss genannten Barabfindungsbetrag umfassen, nicht hingegen etwaige Erhöhungen der Abfindungen im Spruchverfahren oder die Zinsen gem. § 327b Abs. 2 AktG.105 Dies mag auf den ersten Blick unter Berücksichtigung der ratio legis des § 327b Abs. 3 AktG und einer nicht unerheblichen Missbrauchsgefahr durch einen bewusst zu niedrig angesetzten Abfindungsbetrag seitens des Hauptaktionärs problematisch erscheinen, da der eigentumsrechtliche Schutz des Minderheitsaktionärs vorrangig durch eine vollwertige vermögensrechtliche Kompensation und deren verfahrensrechtliche Sicherstellung gewährleistet sein soll.106 Wenig hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Argumentation des Bundesgerichtshofs, das Insolvenzrisiko eines Zahlungspflichtigen sei ein allgemeines Gläubigerrisiko, vor dem ein Aktionär bei anderen Strukturmaß 100

Eine ausführliche Darstellung zum Inhalt und der Höhe des Abfindungsanspruchs findet sich bei Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 145 ff.; vgl. zur Bedeutung der festen Ausgleichszahlung gem. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG als Bewertungsmaßstab neben dem Ertragswert und dem Börsenkurs jüngst BGHZ 227, 137; ausführliche Besprechung von Krengel / Küllmer / Kern, AG 2021, 661. 101 Drinkuth, in: Marsch-Barner / Schäfer, Hdb Börsennotierte AG, Rn. 64.36. 102 BGH, NJW-RR 2007, 99, 100. 103 Vgl. zur Nachprüfung der Angemessenheit der Barabfindung im Spruchverfahren BGHZ 208, 265; grundlegend zu Bewertungsmethoden Fleischer, AG 2016, 185, 191 ff. 104 Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327b Rn. 18. 105 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; BGH, NZG 2006, 117 f.; Müller-Michaels, in: Hölters /  Weber, AktG, § 327b Rn. 20; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327b Rn. 18. 106 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1.; mit Zweifeln auch Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 151.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

nahmen sogar überhaupt nicht geschützt werde.107 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Minderheitsaktionär infolge des Squeeze-out unfreiwillig in seine Gläubigerrolle im gesetzlichen Schuldverhältnis zum Hauptaktionär gedrängt wird. Sofern der Minderheitsaktionär nach einem Squeeze-out in konsequenter Weiterführung der Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs das abstrakte Insolvenzrisiko des Hauptaktionärs tragen müsste, hätte der Gesetzgeber die Interessenabwägung in Bezug auf den Squeeze-out als Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG nicht verhältnismäßig vorgenommen. Die Beschränkung der Gewährleistung ist dennoch sachgerecht, da der Gesetzgeber die Vollwertigkeit der vermögensrechtlichen Kompensation durch die präventive Angemessenheitsprüfung eines Sachverständigen i. S. v. § 327c Abs. 2 S. 2 AktG – mithin die objektive Feststellung des Beteiligungswerts – frühzeitig sichergesellt hat und sich regelmäßig keine erheblichen Mehrbeträge im Spruchverfahren ergeben.108 Für die interessengerechte Abwägung sprechen auch Praktikabilitätserwägungen, weil Banken keine Bankgarantien in unbestimmter Höhe ausgeben werden.109 5. Berichtspflichten Als weiterer gesetzlicher Sicherungsmechanismus zugunsten der Minderheitsaktionäre dient deren Information über das Vorliegen der Voraussetzungen des Squeeze-out und der Angemessenheit der Barabfindung durch die Berichtspflichten gem. § 327c  Abs. 2–4  AktG.110 In dem Bericht des Hauptaktionärs, der der Hauptversammlung vor dem Übertragungsbeschluss zu erstatten und vorher auszulegen ist, müssen die Kapitalbeteiligung und deren Berechnungsgrundlage sowie die Höhe der Barabfindung und die angewandte Bewertungsmethode nachvollziehbar dargelegt werden.111 Der Sachverständige hat einen Prüfungsbericht vorzulegen, der eine Schlusserklärung über die Angemessenheit der Barabfindung (Testat) sowie die angewandten Berechnungsmethoden beinhaltet, §§ 327c Abs. 2 S. 4, 293e Abs. 1 AktG.112

107

BGH, NZG 2006, 117; zustimmend Meilicke, AG 2007, 261, 262 f. BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270 f. 109 BGH, NZG 2006, 117, 118; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a AktG Rn. 51. 110 Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 151. 111 Es bedarf in Abgrenzung zu §§ 293a Abs. 1, 319 Abs. 3 Nr. 3, 320 Abs. 4 S. 2 AktG keines umfassenden Berichts, sondern lediglich einer nachvollziehbaren Darlegung, die eine Plausibilitätskontrolle ermöglicht, BGH, NJW-RR 2007, 99, 100; OLG Düsseldorf, AG 2010, 711, 713 f.; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327c Rn. 6 ff. 112 Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327c AktG Rn. 33 ff. 108

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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6. Übertragungsbeschluss Der in der auf das Übertragungsverlangen folgenden Hauptversammlung zu treffende Übertragungsbeschluss führt selbst noch nicht zu der dinglichen Übertragung der Anteile, sondern bildet die rechtsgeschäftliche Grundlage für den gesetzlichen Erwerbstatbestand in Form der konstitutiven Eintragung des Beschlusses im Handelsregister, § 327e Abs. 3 S. 1 AktG.113 Mangels anderslautender Regelung bedarf der Übertragungsbeschluss nicht einer Kapitalmehrheit von 95 % des Grundkapitals, sondern lediglich einer einfachen Stimmenmehrheit gem. § 133 Abs. 1 AktG.114 Praktische Relevanz erfährt diese Klarstellung lediglich in den Fällen von stimmrechtslos ausgestalteten Aktien115 und von in der Satzung verankerten Höchststimmrechten116.117 7. Dinglicher Übergang der Aktien Der Vorstand hat den Übertragungsbeschluss zur Eintragung in das Handels­ register anzumelden, § 327e Abs. 1 AktG. Erst mit der Eintragung im Handels­ register werden die Aktien der Minderheitsaktionäre dinglich auf den Hauptaktionär übertragen, § 327e Abs. 3 S. 1 AktG. Der dingliche Erwerb vollzieht sich unabhängig von einem besonderen Übertragungsakt kraft Gesetzes.118 Sollte der Vorstand die gem. §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 5 AktG erforderliche Negativerklärung, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist, nicht abgeben können, kann diese in einem vom Vorstand angestrebten Freigabeverfahren durch Gerichtsbeschluss ersetzt werden, §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG. Die Prüfungskompetenz des Registergerichts erstreckt sich auf die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Beschlusses, insbesondere auf das Beteiligungserfordernis, das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Barabfindungsgebots mit den entsprechenden Prüfberichten und auf die ausreichende Deckung der Bankgarantie.119 113

Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 25; vgl. zur rechtspolitischen Kritik am Beschlusserfordernis Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 32; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1820 f.; Vetter, DB 2001, 743, 744 ff.; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1236 ff.; ders., in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 21; Bühler, BB 2018, 2886, 2887; ausführlich unten Kapitel 8 B. I. 4. a). 114 OLG Düsseldorf, AG 2005, 293, 297; Koch, AktG, § 327a Rn. 14; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 67. 115 Vgl. §§ 12 Abs. 1, 139 Abs. 1 AktG. 116 Vgl. § 134 Abs. 1 S. 2 AktG. 117 Vgl. auch Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 142 f. 118 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 11; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327e Rn. 8. 119 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 83; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327e Rn. 4.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

8. Rechtsschutz Gegen den Übertragungsbeschluss können die Minderheitsaktionäre die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gem. § 241 ff.  AktG erheben.120 Der Übertragungsbeschluss ist gem. § 241 Nr. 3 AktG nichtig, wenn der Hauptaktionär zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht die erforderliche Kapitalmehrheit in Höhe von 95 % des Grundkapitals hält.121 Die Anfechtbarkeit des Beschlusses gem. § 243 Abs. 1 AktG wird gem. § 327f S. 1 AktG eingeschränkt, indem die Klage weder auf die gem. § 243 Abs. 2 AktG unzulässige Erlangung von Sondervorteilen noch auf die Unangemessenheit der vom Hauptaktionär festgelegten Barabfindung gestützt werden kann. Für die Überprüfung der angemessenen Barabfindung ist den Minderheitsaktionären das Spruchverfahren gem. § 327f  S. 2  AktG i. V. m. § 1 Nr. 3 Spruchverfahrensgesetz (SpruchG) eröffnet. Der Übertragungsbeschluss bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, da er aufgrund der vom Gesetzgeber bereits vorgenommen Interessenabwägung seine Rechtfertigung in sich trägt.122 Eine materielle Beschlusskontrolle findet nicht statt, sondern lediglich eine auf außergewöhnliche Fallgestaltungen beschränkte Rechtsmissbrauchskontrolle.123 Als Anfechtungsgründe kommen hauptsächlich Verfahrensmängel, Informationsmängel  – soweit es sich nicht um bewertungsbezogene Informationsmängel handelt, §§ 327f  S. 2, 243  Abs. 4  S. 2  AktG  –, das Fehlen der Gewährleistungserklärung eines inländischen Kreditinstituts, des Prüfberichts gem. § 327c Abs. 2 S. AktG oder das Fehlen eines Barabfindungsangebots in Betracht.124 Trotz dieser Einschränkungen des Anfechtungsrechts wurde eine beträchtliche Anzahl der 316 bis Ende 2007 gefassten Squeeze-out-Beschlüsse gem. §§ 243 ff. AktG angefochten.125 Begründet wird diese Klageflut mit der durch die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage eintretenden Registersperre126, die trotz des Freigabeverfahrens zu einer erheblich längeren Verfahrensdauer und einem beachtlichen Verhandlungspotential für Vergleichsverhandlungen zugunsten der Minderheitsaktionäre führt.127

120

Auch nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister, vgl. BGHZ 189, 32, 34; BVerfG, NZG 2010, 902, 904. 121 Vgl. zu diesem Aspekt oben Kapitel 2 A. II. 1.; BGHZ 189, 32, 44 i. E. offengelassen; OLG München, NZG 2004, 781, 782; Koch, AktG, § 327a Rn. 19; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1212; a. A. Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 16 (bloße Anfechtbarkeit). 122 Statt aller Wilsing / Paul, in: Henssler / Strohn, AktG, § 327a Rn. 5. 123 Statt aller Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 21; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 16. 124 BGHZ 180, 154, 169 f.; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327f Rn. 3; Grzimek, in: Angerer /  Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327f AktG Rn. 5 f.; Koch, AktG, § 327a Rn. 19. 125 Insgesamt 107, vgl. Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 248. 126 Vgl. §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 5 S. 2 AktG. 127 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 248 ff.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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III. Übernahmerechtlicher Squeeze-out Der übernahmerechtliche Squeeze-out gem. §§ 39a–c WpÜG wurde zur Umsetzung der Art. 15, 16 EU-Übernahmerichtlinie128 im Jahr 2006 eingeführt.129 Gem. § 39a Abs. 1 WpÜG kann der Bieter nach einem Übernahme- oder Pflichtangebot i. S. v. §§ 35 Abs. 2, 29 Abs. 2 WpÜG die Übertragung der Aktien gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung durch Gerichtsbeschluss beantragen. Dieser Antrag ist im Gegensatz zum aktienrechtlichen Squeeze-out fristgebunden und muss innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Annahmefrist gestellt werden, § 39a Abs. 4 S. 1 WpÜG. Entgegen der Forderung aus der Literatur, die Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie durch eine Neufassung der §§ 327a ff.  AktG zu realisieren,130 entschied sich der Gesetzgeber für eine Aufnahme des übernahmerechtlichen Squeeze-out im WpÜG. Dies ist im Hinblick auf den eigenständigen Charakter des übernahmerechtlichen Squeeze-out systemgerecht, da sich sein Anwendungsbereich im Gegensatz zum aktienrechtlichen Squeeze-out nur auf börsennotierte Gesellschaften erstreckt und ausschließlich bei einem vorangegangenen Übernahme- oder Pflichtangebot eröffnet ist.131 Der übernahmerechtliche Squeeze-out stellt primär das Gegenstück zum Pflichtangebot gem. §§ 35 Abs. 2 i. V. m. 29 Abs. 2 WpÜG dar und soll den Bieter für die durch die Übernahme verursachten Kosten kompensieren.132 Der Hauptaktionär verfügt über ein Wahlrecht zwischen dem übernahmerechtlichen und dem aktienrechtlichen Squeeze-out, ohne die Verfahren gleichzeitig betreiben zu können.133 Das einmal gewählte übernahmerechtliche Squeeze-out-Verfahren schließt bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss die Durchführung eines aktienrechtlichen Squeeze-out aus, § 39 Abs. 6 WpÜG. Im umgekehrten Fall kann der Bieter auch noch nach Initiierung eines aktienrechtlichen Squeeze-out auf das übernahmerechtliche Verfahren umschwenken, wodurch der aktienrechtliche Squeeze-out von Gesetzes wegen beendet wird.134 128

Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG 2004 L 142/12. 129 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG v. 8. 7. 2006, BGBl. 2006 I S. 1426. 130 Lochner, in: NK-AktR Heidel, WpÜG, § 39a Rn. 6; Schüppen, BB 2006, 165, 168; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 263; im Hinblick auf eine allgemeine gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung des Andienungsrechts auch Hasselbach, ZGR 2005, 387, 398. 131 Süßmann, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 1; Austmann / Mennicke, NZG 2004, 846, 847, 855; Krause, BB 2004, 113, 118; Seibt / Heiser, ZGR 2005, 200, 239 f.; dies., AG 2006, 301, 317 unter Hervorhebung der dogmatischen Unterschiede des kapitalmarktrechtlichen Squeeze-out nach dem übernahmerechtlichen Konzept und des verbandsrechtlichen aktienrechtlichen Ausschlussinstitut. 132 Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1123; Seibt / Heiser, ZIP 2002, 2193, 2200; dies., ZGR 2005, 200, 239 f.; dies., AG 2006, 301, 317. 133 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 12; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 8a; Seibt / Heiser, AG 2006, 301, 317; kritisch Austmann / Mennicke, NZG 2004, 846, 855. 134 Süßmann, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 28 f.; Ott, WM 2008, 384, 385; Seibt / Heiser, AG 2006, 301, 317, wohl auch Assmann / Buck-Heeb, in: Assmann / Schütze / Buck-

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

In seiner Umsetzung sollte gegenüber den §§ 327a ff. AktG ein zügigeres und einfacheres Ausschlussverfahren konzipiert werden, das die Möglichkeit der Obstruktion durch Anfechtungsklagen gegen einen etwaigen Übertragungsbeschluss ausschließt.135 Daher entschied sich der Gesetzgeber für eine Übertragung der Anteile durch Beschluss des ausschließlich zuständigen Landgerichts Frankfurt a. M., § 39b Abs. 5 S. 3 WpÜG.136 Unter den Voraussetzungen des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG wird die im Rahmen des Übernahme- oder Pflichtangebots gewährte Gegenleistung als angemessene Barabfindung fingiert, sodass eine kosten- und zeitintensive Unternehmensbewertung obsolet wird.137 Dennoch hat der übernahmerechtliche Squeeze-out in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung erlangt.138 Begründet wird dies zum einen mit der Tatsache, dass der Bieter die erforderliche Schwelle von 95 % des Grundkapitals regelmäßig nicht in den engen zeitlichen Grenzen nach seinem Übernahme- oder Pflichtangebot erreicht.139 Zum anderen wird auf die in der Praxis enorm hohen Hürden des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG für die Angemessenheitsvermutung der Barabfindung verwiesen.140 Gem. § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG greift die Angemessenheitsvermutung nur, wenn der Bieter auf Grund des Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90 % des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat.141 Der Bieter erreicht in der Praxis diese Erwerbsschwelle im Regelfall nicht.142 In diesem Fall hat das Gericht die angemessene Barabfindung vor dem Übertragungsbeschluss im übernahmerechtlichen Squeeze-out-Verfahren

Heeb, KapAnlR-Hdb, § 1 Rn. 37a (Vorrangverhältnis); differenzierend Noack / Z etsche, in: Schwark / Zimmer, WpÜG, § 39a Rn. 45 ff.; a. A. Lochner, in: NK-AktR Heidel, WpÜG, § 39a Rn. 79 (Sperrwirkung des initiierten aktienrechtlichen Squeeze-out); Seiler, in: Assmann /  Pötsch / Schneider, WpÜG, § 39a Rn. 142 (Eintragungs- und Vollzugshindernis oder Aussetzung des Gerichtsverfahrens); kritisch auch Schüppen, BB 2006, 165, 168. 135 BegrRegE, BT-Drs. 16/1003, S. 14; Süßmann, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 1; Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 39a WpÜG, Rn. 1; nach Austmann /  Mennicke, NZG 2004, 846, 855 liegt der „Kardinalfehler“ des aktienrechtlichen Squeeze-out in dem Beschlusserfordernis der Hauptversammlung; zur prognostizierten hohen praktischen Relevanz Rühland, NZG 2006, 401, 402; kritisch Schüppen, BB 2006, 165, 168; Schüppen /  Tretter, in: Haarmann / Schüppen, WpÜG, Vor. § 39a Rn. 23. 136 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 39a  WpÜG, Rn. 1; Seiler, in: Assmann /  Pötsch / Schneider, WpÜG, § 39a Rn. 5; Ott, WM 2008, 384, 390. 137 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 39a  WpÜG, Rn. 1; Seiler, in: Assmann /  Pötsch / Schneider, WpÜG, § 39a Rn. 5; Ott, WM 2008, 384, 390. 138 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 39a WpÜG, Rn. 3; Süßmann, in: Angerer /  Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 4; Austmann, NZG 2011, 684, 685 bezeichnete § 39a WpÜG sogar als „toten Gesetzesbuchstaben“; ders., ZGR 2009, 277, 303; Hentzen / Rieckers, DB 2013, 1159 f. 139 Cascante / Tyrolt, AG 2012, 97, 113; Mayer, NZG 2012, 561, 562; nach BGH, NZG 2013, 223, 224 sind zum Erreichen der Beteiligungsschwelle Aktienerwerbe nur bis zum Ablauf der erweiterten Annahmefrist zu berücksichtigen. 140 Austmann, NZG 2011, 684, 685; Mayer, NZG 2012, 561, 562. 141 Vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Angemessenheitsvermutung BVerfG, NZG 2012, 907, 910 f. 142 Ott, WM 2008, 384, 390; Cascante / Tyrolt, AG 2012, 97, 113.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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nach den üblichen Bewertungskriterien zu ermitteln.143 Diesbezüglich birgt der übernahmerechtliche Ausschluss entgegen der angestrebten Zielsetzung gegenüber dem aktienrechtlichen Squeeze-out, bei dem die bisweilen über Jahre andauernde gerichtliche Nachprüfung der Abfindungsbewertung auf das Spruchverfahren gem. § 327f AktG ausgelagert ist, erhebliche Verzögerungs- und Kostenrisiken, die den übernahmerechtlichen Squeeze-out für die Praxis untauglich werden lassen.144 Der vom Gesetzgeber trotz vorheriger Anregung145 unterlassene Verweis auf das SpruchG entpuppte sich nachträglich als der größte Konzeptionsfehler des übernahmerechtlichen Squeeze-out.146 Eine übernahmerechtliche Besonderheit stellt das den Art. 16  EU-Übernahmerichtlinie umsetzende Andienungsrecht gem. § 39c  WpÜG dar.147 Demnach können die Aktionäre, die das Angebot nicht innerhalb der Annahmefrist gem. § 16 Abs. 1 WpÜG angenommen und auch nicht von der „Zaunkönigregelung“148 des § 16 Abs. 2 WpÜG Gebrauch gemacht haben, das Angebot innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Annahmefrist annehmen, sofern der Bieter zu einem Squeeze-out nach § 39a WpÜG berechtigt ist. Dieses auch als Sell-out-Recht bezeichnete Austrittsrecht soll den Minderheitsaktionär vor dem Verbleib in einer Gesellschaft mit einem über eine erdrückende Mehrheit verfügenden Hauptaktionär bewahren und gleichzeitig den Verkaufsdruck der Aktionäre im Rahmen eines Übernahme- oder Pflichtangebots mindern.149 Dieser Schutz sei überdies nach der Erlangung der Schwelle von 95 % des stimmberechtigten oder des gesamten Grundkapitals durch den Bieter infolge einer Übernahme geboten, da hiermit regelmäßig ein Delisting einhergehe und ein funktionsfähiger Markt für die Aktien nicht mehr bestünde.150 Die Gegenleistung des Bieters ist im Grundsatz deckungsgleich mit dem Übernahmeangebot, insbesondere ist der Bieter nicht analog § 39a Abs. 3 S. 2 WpÜG alternativ zu seinem Tauschangebot zu einer Geldleistung verpflichtet.151 143 Für eine Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren Ott, WM 2008, 384, 390; Austmann, NZG 2011, 684, 685; a. A. LG Frankfurt a. M., NZG 2008, 665, 669, das sich für die Zurückweisung des § 39a WpÜG-Antrags mit dem Hinweis ausspricht, dass über den Unternehmenswert der Zielgesellschaft nicht Beweis erhoben werden könne, da diese als am Verfahren Unbeteiligte zum Gegenstand der Beweiserhebung gemacht werden würde. 144 Ott, WM 2008, 384, 391; Austmann, NZG 2011, 684, 685. 145 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 16/ 1342, S. 4, 7; Austmann / Mennicke, NZG 2004, 846, 851 ff.; Johannsen-Roth / Illert, ZIP 2006, 2157, 2159. 146 Wohl auch Süßmann, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 22; Ott, WM 2008, 384, 391; Austmann, NZG 2011, 684, 685; mit Reformvorschlägen Cascante / Tyrolt, AG 2012, 97, 113; zur Nichtanwendung des Spruchverfahrens OLG Stuttgart, AG 2009, 707, 708 ff. 147 Vgl. zur Bedeutung des Andienungsrechts als kompensatorische Vertragsgestaltung zum gewillkürten Squeeze-out unten Kapitel 7 B. 148 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 16 Rn. 5. 149 Grunewald, in: MüKoAktG, § 39c WpÜG Rn. 2 f.; Süßmann, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39c Rn. 1. 150 Grunewald, in: MüKoAktG, § 39c WpÜG Rn. 2. 151 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 39c WpÜG, Rn. 6; Süßmann, in: Angerer /  Geibel / Süßmann, WpÜG, § 39c Rn. 10 f.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Dies liegt daran, dass die Minderheitsaktionäre mit der Geltendmachung ihres Austrittsrechts eine freiwillige Desinvestitionsentscheidung treffen und die Bestimmung einer Geldleistung eine aufwändige Unternehmensbewertung voraussetzen würde.152 Hinsichtlich der Übertragbarkeit eines derartigen Sell-out-Rechts als kompensatorische Vertragsgestaltung für den gewillkürten Squeeze-out ist ein Rechtfertigungsansatz der Literatur von besonderem Interesse, nach dem das Andienungsrecht unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit einen angemessenen Ausgleich zum Squeeze-out-Recht des Hauptaktionärs und somit als „ein Element der Verhältnismäßigkeit der ‚Squeeze-out‘-Lösung zu betrachten“ sei.153 Aufgrund zahlreicher offener Fragen und seiner ungeklärten Umsetzung wurde allerdings in der Praxis vom Andienungsrecht gem. § 39c WpÜG kaum Gebrauch gemacht.154 Aufgrund der praktischen Bedeutungslosigkeit des übernahmerechtlichen Squeeze-out wird auf die Regelungen der §§ 39a ff.  WpÜG im Einzelnen nicht weiter eingegangen,155 sondern der praktisch bedeutsamere verschmelzungsrechtliche Squeeze-out gem. § 62 Abs. 5 UmwG beleuchtet,156 der auch von Bietern nach öffentlichen Übernahmen als „wertvolles Gestaltungsinstrument“157 gegenüber dem übernahmerechtlichen Squeeze-out präferiert wird.

IV. Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out gem. § 62 Abs. 5 UmwG ist im Zuge des Dritten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes158, das die durch Art. 2  Nr.  11 der EU-Änderungsrichtlinie159 für die Mitgliedstaaten verbindlich 152

Grunewald, in: MüKoAktG, § 39c  WpÜG Rn. 18; Austmann, NZG 2004, 846, 855; Hopt / Mülbert / Kumpan, AG 2005, 109, 118; kritisch Schüppen, BB 2006, 165, 169 mit dem Hinweis, dass der Angebotspreis nicht zwingend den angemessenen Preis darstelle. 153 Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten, Brüssel, 10. 01. 2002 (Winter-Bericht), S. 73, https://docplayer.org/11212739-Bericht-der-hochrangigen-gruppe-von-experten-auf-dem-gebietdes-gesellschaftsrechts-ueber-die-abwicklung-von-uebernahmeangeboten.html [abgerufen am 26. 10. 2022]; Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 39c WpÜG Rn. 2; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 390 f., 398 f.; kritisch Grunewald, in: MüKoAktG, § 39c WpÜG Rn. 4; vgl. unten Kapitel 7 B. 154 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 39c  WpÜG Rn. 2; Grunewald, in: MüKoAktG, § 39c WpÜG Rn. 7; vgl. aber BGH, NZG 2013, 223. 155 Vgl. ausführlich Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gem. §§ 39a, 39b WpÜG, S. 19 ff. 156 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 6; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, Vor. §§ 327a–327f Rn. 34; Freytag, BB 2010, 1611, 1617; Heckschen, NZG 2010, 1041, 1044; ders., NJW 2011, 2390, 2392. 157 Seiler, in: Assmann / Pötsch / Schneider, WpÜG, § 39a Rn. 6. 158 BGBl. 2011 I S. 1338. 159 Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. 09. 2009 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891/EWG des Rats sowie der Richtlinie 2005/56/EWG hinsichtlich der Bericht- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und Spaltungen, ABl. EU 2009 L 259/14.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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gewordenen Art. 27 f. der Verschmelzungsrichtlinie160 umsetzte, im Jahr 2011 eingeführt worden.161 Primäre Zielsetzung der EU-Änderungsrichtlinie ist es, Kostenersparnisse bei Umwandlungsmaßnahmen im Unternehmen zu ermöglichen.162 Im Hinblick auf das singuläre Ereignis der Verschmelzung sollen Aufwand und Kosten vermieden werden.163 Der als „Herzstück“164 des Änderungsgesetzes bezeichnete verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, der zeitlich und sachlich an eine Konzernverschmelzung in Form eines up-stream-mergers von einer Tochterauf eine Mutteraktiengesellschaft angeknüpft ist, ermöglicht den Ausschluss von Minderheitsaktionären im Gegensatz zu den vorstehend skizzierten Ausschlussverfahren bereits ab einer Kapitalmehrheit von 90 % der übernehmenden Muttergesellschaft an der übertragenden Tochtergesellschaft.165 Diese Norm dient im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Umstrukturierung dem legitimen Interesse der Muttergesellschaft, die Konzernstruktur zu ordnen und zu vereinfachen sowie die Unternehmensleitung zu vereinheitlichen.166 Aufgrund der zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 28 Abs. 2 der EU-Verschmelzungsrichtlinie konnte der Gesetzgeber keine andere (höhere) Beteiligungsschwelle festlegen.167 Der Gesetzgeber entschied sich aber gegen eine generelle Herabsetzung der Beteiligungsschwelle auf 90 % und betonte bei der Normierung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out im UmwG dessen eigenständigen Charakter als „verschmelzungsrechtliche Sonderlösung“.168 Dies wird vereinzelt mit der Sorge des Gesetzgebers vor der Verfassungswidrigkeit einer generellen Beteiligungsschwelle von 90 % im Aktienrecht begründet.169 Das Bundesverfassungsgericht hatte bisher lediglich die Beteiligung von 95 % für den aktienrechtlichen Squeeze-out als verfassungsgemäß anerkannt.170 Die unionsrechtlich vorgegebene ausreichende Kapitalmehrheit von 90 % für den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out unterliegt hingegen nicht der Kontrolle des Bundesver-

160

Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 05. 04. 2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. EU 2011 L 110/1. 161 Heckschen, NJW 2011, 2390; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525; Packi, ZGR 2011, 776, 778. 162 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 30; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525; Mayer, NZG 2012, 561; vgl. auch BegrRegE, BT-Drs. 17/3122, S. 2. 163 BegrRegE, BT-Drs. 17/3122, S. 2; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 678. 164 Mayer, NZG 2012, 561. 165 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 15 f.; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545. 166 BegrRegE, BT-Drs. 17/3122, S. 13 unter Hinweis auf BVerfGE 14, 263 („FeldmühleUrteil“); BVerfGE 100, 289 (DAT / Altana). 167 Begr. RegE, BT-Drs. 17/3122, S. 12; Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 960; Goldenberg, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 231 f. 168 BegrRegE, BT-Drs. 17/3122, S. 13; so auch Neye / Jäckel, AG 2010, 237, 240; Schröder /  Wirsch, ZGR 2012, 660, 678; Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 32 („rein kapitalmarktrechtliche Rechtsfigur“). 169 Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2549; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2392 („politische Hintergründe“); Stephanblome, AG 2012, 814, 819. 170 BVerfG, NJW 2007, 3268, 3269 ff.; vgl. zu diesem Aspekt oben Kapitel 2 A. I.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

fassungsgerichts.171 Aufgrund dieses Prüfungsvorbehalts und der Rechtfertigung der geringeren Mindestkapitalschwelle bei der Konzernverschmelzung ergibt sich nicht zwingend die Verfassungsmäßigkeit der allgemeinen Herabsetzung der Kapitalschwelle auf 90 % für den aktien- und übernahmerechtlichen Squeeze-out.172 Der Ausdehnung des Anwendungsbereichs der §§ 327a ff. AktG durch die verschmelzungsrechtliche Absenkung der Mindestbeteiligungsschwelle steht die tatbestandliche Einschränkung des § 62 Abs. 5 UmwG gegenüber, nach der lediglich Aktiengesellschaften unter Einschluss der KGaA und der SE beteiligt sein können und die übernehmende Gesellschaft als Hauptaktionärin die Anteile an der übertragenden Gesellschaft im Gegensatz zur Zurechnung gem. § 16 Abs. 4 AktG beim aktienrechtlichen Squeeze-out unmittelbar halten muss.173 Der von der EU-Änderungsrichtlinie angestrebte Kostenvorteil der Konzernverschmelzung liegt darin, dass weder bei der übertragenden noch bei der übernehmenden AG – vorbehaltlich eines Einberufungsverlangens gem. § 62 Abs. 2 UmwG – ein Verschmelzungsbeschluss erforderlich ist, § 62 Abs. 1, 4 S. 2 UmwG.174 Überdies entfallen wie bei einer originären Kapitalbeteiligung von 100 % nach richtiger Auffassung kostenintensive Berichts- und Prüfpflichten sowie Pflichtangaben zu Umtauschverhältnissen,175 die aufwändige Unternehmensbewertungen erfordern.176 Wenn die übernehmende Mutteraktiengesellschaft mindestens 90 % des 171

BVerfGE 73, 339 („Solange II“); Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 31; Austmann, NZG 2011, 684, 688 f.; für die Verfassungsmäßigkeit der 90 %-Beteiligungsschwelle OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945. 172 Für eine Herabsetzung der Beteiligungsschwelle Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 961 mit dem Hinweis, dass Art. 15 Abs. 2 der EU-Übernahmerichtlinie als Regelfall die Beteiligungsschwelle von 90 % vorsieht; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2547 ff.; Freytag, BB 2010, 1611, 1617; ders., BB 2010, 2839, 2841; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2391; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; Stephanblome, AG 2012, 814, 822; Goldenberg, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 235; wohl auch Goslar / Mense, GWR 2011, 275, 276; Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2010, 271, 272; vgl. zur Frage angemessener Schwellenwerte für den gewillkürten Squeeze-out unten Kapitel 6. 173 Rose, in: Maulbetsch / K lumpp / Rose, UmwG, § 62 Rn. 37; Junker, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 62 Rn. 4, 20 (Verweis in § 62 Abs. 5 S. 1 UmwG auf § 65 Abs. 1 UmwG vorrangig vor Verweis in § 62 Abs. 5 S. 8 UmwG auf §§ 327a Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG); Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2547; Austmann, NZG 2011, 684, 689; Bühler, BB 2018, 2886, 2887; Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 49 ff. 174 Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 15; Junker, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 62 Rn. 22; kritisch wegen der bloßen Verlagerung des Anfechtungsrisikos vom (entfallenden) Verschmelzungsbeschluss auf den Squeeze-out-Beschluss Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2546. 175 Vgl. §§ 5 Abs. 2, 8 Abs. 3, 9 Abs. 2, 12 Abs. 3 UmwG. 176 BegrRegE, BT-Drs. 17/3122, S. 13; Junker, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 62 Rn. 22; Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 43; Göthel, ZIP 2011, 1541, 1546; Mayer, NZG 2012, 561, 573; wegen des Wortlauts von § 62 Abs. 5 S. 8 UmwG in Ablehnung einer sequentiellen Abfolge der Wirksamkeit des Squeeze-out- und des Verschmelzungsbeschlusses Heckschen, NJW 2011, 2390, 2392; Hofmeister, NZG 2012, 688, 689; a. A. Neye / Kraft, NZG 2011, 681, 683.

A. Überblick über die Erscheinungsformen des Squeeze-out 

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Grundkapitals der übertragenden Tochteraktiengesellschaft hält, kann die Hauptversammlung der Tochtergesellschaft gem. § 62 Abs. 5 UmwG innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags einen Squeeze-out ihrer Minderheitsaktionäre gem. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG beschließen. Mit dem Übertragungsbeschluss gehen alle Anteile der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft über, die eine vereinfachte Verschmelzung mit fingierter 100 % Beteiligung umsetzen kann, obwohl die Wirksamkeit des Squeeze-out erst mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister eintritt, § 62 Abs. 5 S. 7 UmwG.177 Das mehraktige Verfahren gliedert sich in den Abschluss eines notariellen Verschmelzungsvertrages nach den üblichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 UmwG mit der zusätzlichen Angabe gem. § 62 Abs. 5 S. 2 UmwG, dass im Zusammenhang mit der Verschmelzung ein Ausschluss der Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft erfolgen soll, die Durchführung des Übertragungsbeschlusses gem. § 327a  Abs. 1  S. 1  AktG, der innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags getroffen werden muss, und die weitere Durchführung der Verschmelzung, deren Eintragung Wirksamkeitsvoraussetzung für den mit einem entsprechenden Vermerk versehenden Übertragungsbeschluss ist, § 62 Abs. 5 S. 7 UmwG.178 Im Übrigen verweist § 62 Abs. 5 S. 8 UmwG für das Verfahren auf die Vorschriften des aktienrechtlichen Squeeze-out, sodass dieser im Wesentlichen für den Fall der Konzernverschmelzung nur dahingehend modifiziert wird, dass eine Kapitalmehrheit von 90 % für den Fall eines engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit einem up-stream-merger für den Ausschluss der Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft ausreichend ist.179 Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out gewinnt gegenüber dem aktienrechtlichen Squeeze-out aufgrund der niedrigeren Beteiligungsschwelle zunehmend an Bedeutung.180 Die niedrigere Beteiligungsschwelle erklärt auch das in der Praxis auftretende Phänomen, dass Mehrheitsgesellschafter gezielt die Voraussetzungen des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out herbeiführen, um sich ihrer Minderheitsgesellschafter zu entledigen.181 Einer ausführlichen Besprechung dieser Problematik in Kapitel 2 F. II. 3. vorangestellt wird die unstreitige Feststellung, dass der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out grundsätzlich keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf, die über das Konzernbereinigungsinteresse hinausgeht.182 177

Junker, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 62 Rn. 18. Marsch-Barner / Oppenhoff, in: Kallmeyer, UmwG, § 62 Rn. 38 ff.; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2392; im Einzelnen Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 123 ff. 179 Hörtnagl / Ollech, in: Schmitt / Hörtnagl, UmwG, UmwStG, § 65 UmwG Rn. 19; D ­ iekmann, in: Semler / Stengel / Leonard, UmwG, § 62 Rn.  32d. 180 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, Vor. § 327a Rn. 6, 11a; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 6; so prognostiziert von Heckschen, NJW 2011, 2390, 2392; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; Schockenhoff / Lumpp, ZIP 2013, 749. 181 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 43; Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1663. 182 OLG München, NZG 2021, 1594, 1601; Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, Vor. § 327a Rn. 11a. 178

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

V. Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG Der Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG sieht als Sonderregelung vor, dass die Mindestbeteiligung für einen vom Finanzmarktstabilisierungs- oder Wirtschaftsstabilisierungsfonds durchgeführten aktien- und übernahmerechtlichen Squeeze-out eine Kapitalmehrheit von 90 % voraussetzt.183 In der als Reaktion auf die Finanzmarktkrise im Jahr 2008 eingeführten Vorgängerfassung des § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 FMStBG war ein erleichterter Squeeze-out in Finanzunternehmen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilisierung vorgesehen.184 Mithilfe dieser Sonderregelung wurde die Hypo Real Estate Holding AG nach zunächst durchgeführter Kapitalerhöhung zwecks Erlangung der erforderlichen Beteiligungsschwelle im Oktober 2009 verstaatlicht.185 Als Reaktion auf die unerwarteten Herausforderungen der Covid-19-Pandemie zielen die neuen Regelungen im WStBG nicht mehr nur auf die Stabilisierung der Finanz-, sondern auch der Realwirtschaft.186 Damit kann der Squeeze-out mit abgesenkter Kapitalquote durch den Stabilisierungsfonds auch in Unternehmen der Realwirtschaft durchgeführt werden.187 Bei dem Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG handelt es sich aufgrund des Erfordernisses der Kontrollübernahme durch den Bund bzw. den staatlichen Fonds um eine Ausnahmeregelung. Daher wird auf die detaillierte Darstellung verzichtet.188 Für die weiteren Untersuchungen ist festzuhalten, dass sich der deutsche Gesetzgeber unabhängig von unionsrechtlichen Vorgaben in diesen krisenbedingten Ausnahmefällen für eine Mindestbeteiligungsschwelle von 90 % entschieden hat. Zur Rechtfertigung dieser partiellen Herabsetzung fiel die Bedeutung eines stabilen Finanzmarkts für ein funktionsfähiges Wirtschaftssystem in der für die Inhalts- und Schrankenbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG vorzunehmenden Gesamtabwägung zusätzlich zu den in Kapitel 2 A. I. aufgeführten Interessen besonders ins Gewicht.189 Aus der Perspektive der Minderheitsaktionäre wird es hingegen kaum einen großen Unterschied machen, ob sie von einem staatlich aufgesetzten Fonds oder von einem privaten Akteur aus der AG gedrängt werden.

183

Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 6; zur Verfassungsmäßigkeit OLG München, WM 2011, 2048, 2051 ff.; Götz, NZG 2010, 412, 413 f.; zu den Einzelheiten Dresenkamp, Squeeze-out durch den Staat, S. 195 ff. 184 Reichenberger / Pospiech, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 14 Rn. 26. 185 Götz, NZG 2010, 412. 186 Becker / Heyder / Paudtke, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, Vorwort; Reichenberger /  Pospiech, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 14 Rn. 26. 187 Reichenberger / Pospiech, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 14 Rn. 26. 188 Vgl. ausführlich Reichenberger / Pospiech, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 14 Rn. 26 ff. 189 OLG München, WM 2011, 2048, 2051; Gurlit, NZG 2009, 601, 604 ff.

B. Andere Ausschlussverfahren

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VI. Fazit Die gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren knüpfen primär an die Rechtsform der AG an. Sie stehen in ihrem originären Anwendungsbereich weder der GmbH noch den Personengesellschaften zur Verfügung. Lediglich beim aktienrecht­ lichen Squeeze-out können in der Person des Hauptaktionärs sowohl die GmbH als auch die rechtsfähigen Personengesellschaften Verfahrensbeteiligte sein. Es eröffnen sich im Lichte des aktien- und des verschmelzungsrechtlichen Squeezeout für die Mehrheitsgesellschafter der GmbH Gestaltungsmöglichkeiten, um den Ausschluss von unliebsamen Minderheitsgesellschaftern zu ermöglichen. Das Potential, aber auch die Schranken dieser Gestaltungsspielräume werden einer ausführlichen Untersuchung unterzogen.190 Der Gesetzgeber hat sich grundsätzlich für eine Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % als Voraussetzung für einen Squeeze-out entschieden. Die Herabsetzung des Mindestquorums auf 90 % beruht beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out auf zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben, bei der Sonderregelung des § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG auf überragenden Gemeinwohlinteressen. Der auf börsennotierte Aktiengesellschaften beschränkte übernahmerechtliche Squeeze-out ist aufgrund seiner Anknüpfung an ein öffentliches Übernahme- oder Pflichtangebot in seiner Zielsetzung und Ausgestaltung nicht mit der Interessenlage in der GmbH oder in Personengesellschaften vergleichbar. Ob ein dem übernahmerechtlichen Andienungsrecht i. S. v. § 39c WpÜG vertraglich nachgezeichnetes Sell-out-Recht als Kompensation zum vertraglichen Squeeze-out die Wahrscheinlichkeit von dessen gerichtlicher Anerkennung erhöhen kann, wird in Kapitel 7 B. erörtert.

B. Andere Ausschlussverfahren Neben den gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren stehen dem Mehrheitsgesellschafter alternative Möglichkeiten des unfreiwilligen Ausschlusses von Minderheitsgesellschaftern offen.

I. Mehrheitseingliederung, § 320 AktG Bereits vor der Normierung der gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren konnte die Hauptversammlung einer AG gem. § 320  Abs. 1  S. 1  AktG die Eingliederung der Gesellschaft in eine andere inländische AG beschließen, wenn sich eine Mehrheit von 95 % ihres Grundkapitals bereits in der Hand der zukünftigen Hauptgesellschaft befindet.191 Der Eingliederungsbeschluss bedarf gleich den ge 190

Vgl. unten Kapitel 2 F. § 320  AktG erfuhr eine wesentliche Umgestaltung durch Art. 6  Nr.  11,  12 Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts v. 28. 10. 1994, BGBl. 1994 I S. 3210, 3263; zur Verfassungsmäßigkeit BVerfGE 100, 289, 290. 191

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

setzlichen Squeeze-out-Beschlüssen keiner sachlichen Rechtfertigung.192 Die der Mehrheitseingliederung zugrundeliegenden Verfahrensvorschriften der §§ 320 ff. AktG dienten dem Gesetzgeber weitgehend als Vorbild für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des aktienrechtlichen Squeeze-out.193 Vor diesem Hintergrund wird lediglich auf die wesentlichen Unterschiede zwischen der Mehrheitseingliederung und dem aktienrechtlichen Squeeze-out, die das praktische Bedürfnis für die Einführung der §§ 327a ff.  AktG begründen,194 hingewiesen. Den Minderheitsaktionären der einzugliedernden AG ist im Regelfall keine Barabfindung, sondern eine Abfindung in Form von Aktien der Hauptgesellschaft zu leisten, § 320b Abs. 1 S. 2, 3 AktG. Der angestrebte endgültige Ausschluss der Minderheitsaktionäre kann nicht erreicht werden.195 Die sich aus der Existenz von Minderheitsaktionären ergebende Problematik für eine effektive Unternehmensführung des Konzerns verlagert sich lediglich auf die höhere Konzernebene der Hauptgesellschaft.196 Außerdem erfordert die Ermittlung der angemessenen Verschmelzungswertrelation im Rahmen der Mehrheitseingliederung nicht nur eine im Spruchverfahren gem. § 320b Abs. 2 S. 2 AktG überprüfbare aufwändige Unternehmensbewertung der einzugliedernden Gesellschaft, sondern auch der Hauptgesellschaft.197 Auch steht die Mehrheitseingliederung ausweislich des § 320 Abs. 1 S. 1 AktG als Hauptgesellschaft nur einer AG mit Sitz im Inland zur Verfügung, wodurch der Anwendungsbereich weder internationalen Konzernen mit inländischem Mehrheitsgesellschafter anderer Rechtsform noch Mehrheitsgesellschaftern mit Sitz im Ausland eröffnet ist.198 Diese Einschränkung kann sich zulasten des öffentlichen Interesses an der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Vergleich auswirken.199 Von hervorgehobener Relevanz ist das Fehlen einer dem § 327a Abs. 2 AktG vergleichbaren Verweisungsnorm auf die Zurechnungsvorschrift des § 16 Abs. 4 AktG für mittelbare Beteiligungen in den §§ 320 ff. AktG. Die Durchführung einer Mehrheitseingliederung erfordert infol-

192

Grunewald, in: MüKoAktG, § 320 Rn. 10; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 320b Rn. 21; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, S. 142 f.; Lutter, ZGR 1981, 171, 180; a. A. Rodloff, Ungeschriebene sachliche Voraussetzungen der aktienrechtlichen Mehrheitseingliederung, S. 44 ff. 193 Bolte, DB 2001, 2587, 2588; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 122. 194 Vgl. zum Minderheitenschutz als „Strukturproblem der Aktiengesellschaft“ nach damaliger Rechtslage Kühn, BB 1992, 291 ff.; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 124. 195 Kühn, BB 1992, 291, 297. 196 Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 124; Vetter, AG 2002, 176, 179. 197 LG Dortmund, NZG 2004, 723, 724; Ziemons, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 320b Rn. 13 unter Verweis auf Stephan, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 305 Rn. 113; der Börsenkurs wird als Bewertungsgrundlage aufgrund der regelmäßig in der Situation des § 320 AktG vorliegenden Marktenge zweifelhaft sein, Koch, AktG, § 320b Rn. 2. 198 Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 124. 199 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 3.

B. Andere Ausschlussverfahren

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gedessen das kosten- und zeitintensive „Umhängen“200 von Beteiligungen innerhalb des Konzerns.201 Der originäre Anwendungsbereich der Mehrheitseingliederung ist beschränkter als der des aktienrechtlichen Squeeze-out. Für die Zulässigkeit und Ausgestaltung gewillkürter Squeeze-out-Regelungen in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht können daher nur mittelbare Schlüsse gezogen werden, die sich aus den nachteiligen Auswirkungen einer fehlenden Zurechnungsvorschrift für mittelbare Beteiligungen und der Beschränkung der Möglichkeit des Squeeze-out auf Gesellschaften mit Sitz im Inland ergeben.202 Das Bundesverfassungsgericht hielt in seinem „Feldmühle-Urteil“, das sich mit der Verfassungsmäßigkeit der der Mehrheitsumwandlung gem. § 15 UmwG a. F. auseinandersetzte, die damalige gesetzgeberische Entscheidung, dem Mehrheitsaktionär mit einer Mindestkapitalbeteiligung von 75 % den unfreiwilligen Ausschluss eines Minderheitsaktionärs zu ermöglichen, für „gerade noch innerhalb der Grenzen des Zulässigen“.203 Diese Bewertung geht weit über den im Jahr 2007 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß beurteilten Schwellenwert von 95 % hinaus.204 Es wird zu untersuchen sein, ob die vom Bundesverfassungsgericht vor nunmehr fast sechs Jahrzehnten getroffene Entscheidung für die Verfassungskonformität einer erheblich niedrigeren als der vom Gesetzgeber für den Minderheitsausschluss grundsätzlich vorgesehenen Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % bei der Bewertung vertraglicher Squeeze-out-Klauseln in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht weiterhin Geltung beanspruchen kann.205

II. Übertragende Auflösung Daneben besteht für den Hauptaktionär die Möglichkeit, mit einer Kapitalmehrheit von 75 % die Auflösung der AG gem. § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG und vorher oder im Rahmen der Liquidation die Übertragung des gesamten Vermögens der AG auf sich gem. § 179a AktG durch die Hauptversammlung zu beschließen.206

200 Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Fleischer, ZGR 2002, 757, 774; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 130. 201 Insbesondere im Hinblick auf eine anfallende Grunderwerbsteuer bei der Übertragung von Immobilieneigentum Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Fleischer, ZGR 2002, 757, 774; Sieger /  Hasselbach, ZGR 2002, 120, 130. 202 Vgl. zur Umsetzung unten Kapitel 6; Kapitel 8. 203 BVerfGE 14, 263, 283 („Feldmühle-Urteil“). 204 BVerfG, NJW 2007, 3268. 205 BVerfGE 100, 289, 303 mit dem Hinweis, dass sich seit dem „Feldmühle-Urteil“ das unternehmerische Interesse an Konzernierungs- und Strukturmaßnahmen infolge veränderter Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen sogar verstärkt habe; vgl. unten Kapitel 6 A. III. 206 Kühn, BB 1992, 291, 296; für eine an die §§ 327a ff. AktG angepasste höhere Kapitalmehrheit von 95 % Rühland, WM 2002, 1957, 1961 ff.; v. Morgen, WM 2003, 1553, 1554.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Dieses als „übertragende Auflösung“207 bezeichnete und in § 179a  Abs. 3  AktG erwähnte Phänomen war vor der Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out der einzige Weg zum Ausschluss eines unliebsamen Minderheitsgesellschafters gegen seinen Willen.208 Unter Berufung auf dieselben Gründe, die für einen Squeeze-out streiten,209 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem „Moto-Meter-Beschluss“ die Durchführung einer „übertragenden Auflösung“ durch den Hauptaktionär mit dem einzigen Ziel, die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft auszuschließen, als grundsätzlich berechtigt anerkannt.210 Es besteht eine vergleichbare Interessenlage zwischen dem Squeeze-out und der „übertragenden Auflösung“. Daher greift die Kritik, dass die Auflösungsmöglichkeit ausschließlich der Desinvestitionsfreiheit als Ausdruck der negativen Vertragsfreiheit211 der Mehrheitsgesellschafter diene und nur bei einem tatsächlichen Desinvestitionswillen der Mehrheit zulässig durchgeführt werden könne,212 zu kurz. Das Bundesverfassungsgericht hält bei der „übertragenden Auflösung“ – insoweit kongruent zu seinen Vorgaben zur Anerkennung des aktienrechtlichen Squeeze-out –213 eine wirtschaftlich „volle“ Entschädigung des Minderheitsaktionärs mit den entsprechenden Sicherungsmechanismen für erforderlich.214 Die Minderheitsaktionäre werden über die Verteilung des Liquidationserlöses gem. § 271 Abs. 2 AktG abgefunden, der regelmäßig dem gezahlten Kaufpreis entspricht.215 Dem Minderheitsaktionär muss es möglich sein, diese Entschädigung zu überprüfen – sei es in umstrittener analoger Anwendung des Spruchverfahrens nach § 306 AktG, sei es im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Übertragungsbeschluss gem. § 179a Abs. 1 AktG.216 Ebenso muss ihm der Erwerb des Gesellschaftsvermögens in gleichem Maße wie dem Hauptaktionär offenstehen, wohingegen vorherige Absprachen zwischen dem Hauptaktionär und dem Vorstand der AG unter Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zur Anfechtbarkeit des Übertragungs- und Auflösungsbeschlusses gem. § 243 Abs. 2 AktG führen.217 Für die GmbH hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1980 die „übertragende Auflösung“ gebilligt, sofern alle Gesellschafter die hypothetische Chance erhielten, 207

Im Anschluss an Lutter / Drygala, FS Kropff 1997, 191, 193. v. Morgen, WM 2003, 1553, 1554. 209 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 210 BVerfG, NJW 2001, 279, 279 f. („Moto-Meter-Beschluss“); a. A. Schwab, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 243 Rn. 17; Lutter / Drygala, FS Kropff 1997, 191, 195 ff.; Wiedemann, ZGR 1999, 857, 870; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 175. 211 Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 21 („negative Vereinigungsfreiheit“). 212 Schwab, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 243 Rn. 17; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 175. 213 BVerfG, NJW 2007, 3268. 214 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 („Moto-Meter-Beschluss“). 215 v. Morgen, WM 2003, 1553, 1554. 216 BVerfG, NJW 2001, 279, 280 f. („Moto-Meter-Beschluss“). 217 BGHZ 103, 184, 193; v. Morgen, WM 2003, 1553, 1554. 208

B. Andere Ausschlussverfahren

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das Gesellschaftsvermögen oder einen erheblichen Teil desselben gegen eine angemessene Gegenleistung zu erwerben.218 Für die Übertragung des gesamten Vermögens der GmbH findet nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 179a Abs. 1 AktG keine analoge Anwendung,219 sodass die Geschäftsführer die GmbH im Außenverhältnis wirksam verpflichten können. Der Auflösungs­ beschluss gem. § 60  Abs. 1  Nr.  2  GmbHG bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, sondern trägt seine Rechtfertigung in sich selbst.220 Nichtsdestotrotz wird der Auflösungsbeschluss in der Literatur unter Verweis auf die „stärkere Verbundenheit der Gesellschafter untereinander“221 bei einer von dem Hauptgesellschafter aus eigensüchtigen Motiven betriebenen „übertragenden Auflösung“ mit Ausschließungseffekten als treuwidrig erachtet.222 Dies birgt im Hinblick auf das im Jahr 1980 für die GmbH ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs und einen möglichen künftigen Rechtsprechungswandel nicht unerhebliche Anfechtungsrisiken. Für Personenhandelsgesellschaften kommt eine „übertragende Auflösung“ mit Squeeze-out-Effekten vorbehaltlich individueller Satzungsregelungen nicht in Betracht, da der Auflösungsbeschluss gem. § 131 Abs. 1 Nr. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) Einstimmigkeit voraussetzt.223 Sollte im Gesellschaftsvertrag für die Auflösung eine Mehrheitsentscheidung vorgesehen sein, § 119 Abs. 2 HGB, gebieten die aufgrund der personalistischen Struktur verdichteten Treuepflichten erhebliche Zweifel, ob die Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit einer übertragenden Auflösung mit dem Ziel des Minderheitenausschlusses anerkennen würde.224 Obwohl die „übertragende Auflösung“ trotz Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out dem Hauptgesellschafter einer AG und einer GmbH weiterhin als Gestaltungsoption zur Verfügung steht,225 bietet sie sich unter wirtschaftlichen und steuerlichen226 Gesichtspunkten nicht als zielgerechte Lösung an:227 Sowohl der Auflösungs- als auch der Übertragungsbeschluss sind mit den üblichen Anfechtungsrisiken behaftet, insbesondere auch hinsichtlich der Angemessenheit des Kaufpreises.228 Mit der Übertragung des gesamten Vermögens im Wege der 218

BGHZ 76, 352, 354; kritisch Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 684. Der Geschäftsführer soll aber im Innenverhältnis verpflichtet sein, einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss auch ohne Zustimmungsvorbehalt im Gesellschaftsvertrag einzuholen, vgl. BGHZ 220, 354, 370 ff. mit ausführlichen Nachweisen der bisherigen abweichenden herrschenden Literaturauffassung. 220 BGHZ 76, 352, 353. 221 Berner, in: MüKoGmbHG, § 60 Rn. 99. 222 Scheller, in: Scholz, GmbHG, § 60 Rn. 28; Berner, in: MüKoGmbHG, § 60 Rn. 97 ff.; Altmeppen, GmbHG, § 60 Rn. 19; Schwab, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 243 Rn. 17. 223 Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 12. 224 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 20; Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 23. 225 Wolf, ZIP 2002, 153, 154; Fleischer, ZGR 2002, 757, 788 f.; a. A. Schwab, in: Schmidt, K. /  Lutter, AktG, § 243 Rn. 17; einschränkend v. Morgen, WM 2003, 1553, 1555, der eine Anpassung des Mehrheitserfordernisses auf 95 % befürwortet. 226 Ähnl. Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121 f. 227 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 11. 228 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 11. 219

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Singularsukzession sind die stillen Reserven mit der entsprechenden Steuerbelastung aufzudecken.229 Außerdem beansprucht die Liquidation im Hinblick auf das Sperrjahr gem. §§ 272 Abs. 1 AktG, 73 Abs. 1 GmbHG eine längere Dauer.230 Folglich erweist sich die „übertragende Auflösung“ für die GmbH und erst recht für die KG aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten und der wirtschaftlichen Negativeffekte als wenig praxistauglich und stellt für den Mehrheitsgesellschafter allenfalls die ultima ratio dar.

C. Ausschluss in der GmbH Als Grundlage für die Beurteilung der Wirksamkeit von Vertragsklauseln, die zum Ausschluss eines Gesellschafters aufgrund seiner Minderheitsbeteiligung berechtigen, erfolgt ein kurzer Überblick über die Mitgliedschaft und die Ausschlussmöglichkeiten in der GmbH. Die Mitgliedschaft in der GmbH wird als Inbegriff der Rechte und Pflichten eines Gesellschafters in dem Geschäftsanteil verkörpert.231 Gem. § 15 Abs. 1 GmbHG sind Geschäftsanteile veräußerlich und vererblich.232 Ein unfreiwilliger Gesellschafterausschluss im Wege der Veräußerung des Geschäftsanteils kann dergestalt realisiert werden, dass ein Gesellschafter einem anderen Gesellschafter oder einem Dritten die Abtretung seines Geschäftsanteils dinglich und unwiderruflich anbietet, sodass zu seinem Ausschluss nur die Annahme des Angebotsempfängers erforderlich ist.233 Diese Ausgestaltung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Abtretung durch den Gesellschaftsvertrag nicht an weitere Voraussetzungen gem. § 15 Abs. 5 GmbHG geknüpft ist oder die Veräußerung des Geschäftsanteils nicht gänzlich ausgeschlossen ist.234 Eine dem Personengesellschaftsrecht235 vergleichbare, generelle Kündigungsoder Austrittsmöglichkeit ist gesetzlich ebenso wenig vorgesehen wie eine Ausschlussmöglichkeit zugunsten der anderen Gesellschafter.236 Diese Konzeption ist 229

Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 11. Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 11. 231 Altmeppen, GmbHG, § 5 Rn. 5. 232 Vgl. zu den faktischen Hindernissen aufgrund des engen Marktes für GmbH-Anteile, der Erforderlichkeit einer kostenintensiven notariellen Beurkundung gem. § 15 Abs. 3, 4 GmbHG, der in der Praxis häufig gewählten Vinkulierung gem. § 15 Abs. 5 GmbHG und der ungeschriebenen Möglichkeit des Ausschlusses der Veräußerung Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 53 ff. 233 Mülsch / Penzel, ZIP 2004, 1987 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 38, 44; vgl. unten Kapitel 3 B. 234 RGZ 80, 175, 179; Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 110; Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 15 Rn. 38; Ebbing, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 15 Rn.  138; Binz / Mayer, NZG 2012, 201, 202; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 54. 235 Vgl. §§ 131 Abs. 3, 132 ff., 140 HGB. 236 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 2; Reichert / Weller, in: MüKoGmbHG, § 15 Rn. 5; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 113 ff.; Bösert, GmbHR 1994, 293; Battke, GmbHR 2008, 850; Blath, GmbHR 2012, 657; Stefanink / Punte, GWR 2018, 403. 230

C. Ausschluss in der GmbH

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mit dem Willen des Gesetzgebers zu erklären, durch einen beständigen Gesellschafterkreis zugunsten der Kapitalerhaltung der GmbH zu verhindern, dass die Gesellschaft wegen hoher Abfindungszahlungen in eine existenzbedrohende finanzielle Krisensituation gerät.237 Die Austrittsmöglichkeiten des Minderheitsgesellschafters durch das Recht zum Abandon gem. § 27 GmbHG und die Auflösungsklage gem. § 61 GmbHG sollen in dieser Abhandlung außer Betracht bleiben,238 da sie eng umgrenzte Ausnahmekonstellationen erfassen und keine Rückschlüsse auf die Zulässigkeit des gewillkürten Squeeze-out als Ausschlussoption des Hauptgesellschafters in der GmbH zulassen. Auch die Möglichkeit der Kaduzierung gem. §§ 21 ff.  GmbHG bedarf für die Zwecke des Untersuchungsgegenstands keiner näheren Ausführungen, da sie den Mehrheitsgesellschaftern als Ausschlussmöglichkeit lediglich für den Fall, dass der Minderheitsgesellschafter seinen Einlageverpflichtungen nicht nachkommt, zur Verfügung steht.

I. Einziehung des Geschäftsanteils gem. § 34 GmbHG Die Einziehung gem. § 34 GmbHG kann zum einen als Verfahrensart der Verwertung eines Geschäftsanteils bei einer vorangehenden isolierten Trennung vom Gesellschafter und zum anderen als satzungsmäßig geregeltes, „eigenständiges Rechtsinstitut“239 dienen.240 Dogmatisch richtet sich die Einziehung gegen den Geschäftsanteil, dessen Vernichtung sie infolge eines einseitigen Rechtsgeschäfts bei Fortbestand der übrigen Geschäftsanteile herbeiführt und gleichzeitig die Mitgliedschaft des Gesellschafters beendet.241 Damit unterscheidet sich die Einziehung vom isolierten Ausschluss oder Austritt eines Gesellschafters, der an die Person des Gesellschafters anknüpft, den Bestand des Geschäftsanteils aber unberührt lässt und zu seiner Umsetzung der Abtretung gem. §§ 398 ff. BGB oder der Einziehung als zusätzlichen Akt bedarf.242 Die Einziehung stellt in der Ausgestaltung eines Ausschlusses ein probates Mittel dar, wenn der eingezogene Anteil den übrigen Gesellschaftern anteilig anfallen soll.243 237

Wellhöfer, GmbHR 1994, 212, 213; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 53. Zum Abandon und der Auflösungsklage ausführlich Wellhöfer, GmbHR 1994, 212, 215 ff.; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 74 f., 83 ff. 239 Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 77. 240 Bacher / v.  Blumenthal, NZG 2008, 406, 407 ff.; dies., GmbHR 2009, 246, 247 f.; zur „Doppelfunktion“ Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 77; a. A. Blath, GmbHR 2012, 657, 658; Dittert / Regelsberger, DStR 2021, 672, 673 (Einziehung nur als Verwertungsakt). 241 BGH, NJW 1977, 2316; Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 1; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 3; Blath, GmbHR 2012, 657, 659; Rose, NZG 2018, 1247. 242 BGHZ 9, 157, 167 f.; BGH, NJW 1977, 2316; BGH, NZG 2020, 1067, 1068; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn.  2; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 3; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 272; Battke, GmbHR 2008, 850, 851; Weller, ZGR 2012, 386, 408. 243 Wellhöfer, GmbHR 1994, 212, 213; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 77. 238

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Zu differenzieren ist zwischen der freiwilligen Einziehung mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters gem. § 34 Abs. 1 GmbHG und der Zwangseinziehung gegen oder ohne dessen Willen gem. § 34 Abs. 2 GmbHG.244 Selbst die freiwillige Einziehung gem. § 34 Abs. 1 GmbHG muss zum Schutz der in der GmbH verbleibenden Mitgesellschafter vor veränderten Stimmverhältnissen oder einer eventuell erhöhten Subsidiärhaftung im Gesellschaftsvertrag statuiert sein.245 Bei der Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG sind ihre Voraussetzungen und Gründe im Gesellschaftsvertrag hinreichend bestimmt festzusetzen.246 Das Bestimmtheitserfordernis trägt dem Schutzzweck des § 34 GmbHG Rechnung, nach dem ein Gesellschafter nur mit einem unfreiwilligen Ausschluss als „schärfster Sanktion“247 konfrontiert werden darf, wenn die Voraussetzungen bei seinem Eintritt in die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig erkennbar waren.248 Demzufolge müssen die Einziehungsgründe dergestalt konkretisiert sein, dass sie einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind.249 Ein prominentes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Zwangseinziehung bei Vorliegen eines wichtigen Grunds in der Person des betroffenen Gesellschafters.250 Der wichtige Grund hält nach einhelliger Meinung die Grenzen des Bestimmtheitsgebots ein, da er aufgrund der vielfältigen Sachverhalte zwar nicht näher konkretisiert werden kann, aber durch die ausgeprägte Kasuistik der Rechtsprechung hinreichend gerichtlich überprüfbar ist.251 Es ist aber erforderlich, dass der sachliche Grund das Gewicht eines wichtigen Grunds im Sinne eines Fehlverhaltens erreicht.252 Anerkannt sind das Entfallen bestimmter persönlicher Eigenschaften, das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze oder das Ende der Mitarbeit in einer personalistisch ausgerichteten, auf die Mitarbeit aller Gesellschafter angelegten GmbH.253 Auf die Mindestanforderungen, die an einen sachlichen Grund zu stellen sind, wird im Zusammenhang mit der Hinauskündigungsrechtsprechung gesondert 244

Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 1. Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 30; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 5; H.  P. Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 7. 246 BGH, NZG 2013, 1344, 1345; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 342; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  35. 247 Dittert / Regelsberger, DStR 2021, 672, 673. 248 BGH, NJW 1977, 2316; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 6, 35; Ulmer / Habersack, in: Habersack / Casper / Löbbe, GmbHG, § 34 Rn. 3; Niemeier, Einziehung, S. 198 f. 249 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  35; Rose, NZG 2018, 1247, 1248. 250 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 44. 251 BGH, NJW 1977, 2316; 1995, 1358, 1359; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 49; Stefanink / Punte, GWR 2018, 403, 404. 252 OLG Jena, GmbHR 2020, 433, 435 f.; Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 43; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn.  9a; Bayer, GmbHR 2017, 665 f.; Rose, NZG 2018, 1247, 1248; vgl. zum wichtigen Grund unten Kapitel 2 C. II. 253 BGH, NJW 1983, 2880, 2881; OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473; Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 43. 245

C. Ausschluss in der GmbH

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eingegangen.254 Die nachträgliche Statuierung in Form einer Satzungsänderung kommt für beide Arten der Einziehung in Betracht.255 Für die Zwangseinziehung bedarf die Satzungsänderung aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters eines einstimmigen Beschlusses analog § 53 Abs. 3 GmbHG.256 Die umstrittene Frage, ob für die freiwillige Einziehung nur die für eine Satzungsänderung gem. § 53 Abs. 2 GmbHG erforderliche Dreiviertelmehrheit oder ebenfalls Einstimmigkeit erforderlich ist,257 kann für die Forschungsfrage dieser Abhandlung dahinstehen, da es sich bei einer vertraglichen Squeeze-out-Regelung um einen zwangsweisen Ausschluss ohne Zustimmung des Minderheitsgesellschafters handelt. Für den neben der Satzungsregelung erforderlichen Einziehungsbeschluss ist die Gesellschafterversammlung zuständig, § 46 Nr. 4 GmbHG. Der Einziehungsbeschluss kann vorbehaltlich einer anderslautenden Satzungsregelung mit einfacher Mehrheit gefasst werden, § 47 Abs. 1 GmbHG.258 Der betroffene Gesellschafter hat grundsätzlich ein Stimmrecht.259 Die Einziehung wird nach dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss mit dem Zugang der einseitigen empfangsbedürftigen Einziehungserklärung gegenüber dem betroffenen Gesellschafter wirksam.260 Die Wirksamkeit der Einziehungserklärung setzt die Wirksamkeit des entsprechenden Einziehungsbeschlusses voraus.261 Die Erklärung bedarf keiner besonderen Form.262 Bei einer Teilnahme des betroffenen Gesellschafters an der Versammlung geht sie ihm mit der Bekanntgabe des Einziehungsbeschlusses durch den Versammlungsleiter zu, ansonsten erfolgt sie im Zweifel durch den Geschäftsführer der GmbH.263 Anders als der Vollzug des aktienrechtlichen Squeeze-out, vgl. § 327e Abs. 3 S. 1 AktG, bedarf die Einziehung zu ihrer Wirksamkeit nicht der 254

Schindler, in: BeckOK GmbHG, § 34 Rn. 30 ff.; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 9a; H.  P. Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 25; vgl. unten Kapitel  3  C. III. 1. a). 255 Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 9. 256 BGHZ 9, 157, 160; BGH, NJW 1977, 2316; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 9; H.  P. Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 16; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 14 f.; Bacher / v. Blumenthal, NZG 2008, 406, 407. 257 Zum Streitstand Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 14 f. 258 Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 11; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 18. 259 Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 47 Rn. 50; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 14; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 138; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 19; vgl. aber zum Stimmrechtsausschluss bei der Einziehung aus wichtigem Grund unten Kapitel  2  C. II.; a. A. Fleischer, in: Henssler / Strohn, GmbHG, § 34 Rn. 8; Ulmer /  Habersack, in: Habersack / Casper / Löbbe, GmbHG, § 34 Rn. 51; differenzierend Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  109. 260 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  116. 261 Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 34 Rn. 43; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 90. 262 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  116; Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 34 Rn. 43; Wicke, GmbHG, § 34 Rn. 13. 263 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  118 f.; Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 34 Rn. 43; Wicke, GmbHG, § 34 Rn. 13.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Eintragung im Handelsregister.264 Die Einziehung kann wirksam unter einer aufschiebenden Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB erklärt werden, beispielsweise unter die Bedingung der Zahlung der ersten Abfindungsrate.265 Ein fehlerhafter Einziehungsbeschluss ist wirksam, aber innerhalb der einmonatigen Frist analog § 246 Abs. 1 AktG anfechtbar.266 Der Einziehungsbeschluss ist nichtig, wenn die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Voraussetzungen der Einziehung nicht vorliegen.267 Im Falle einer unangemessenen Abfindung ist die auf Zahlung einer angemessenen Abfindung gerichtete Leistungsklage vorrangig.268 Hinsichtlich des Kapitalschutzes ist zu beachten, dass der einzuziehende Geschäftsanteil voll eingezahlt ist, weil andernfalls ein Verstoß gegen das Verbot des Erlasses von Einlageverpflichtungen gem. § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG vorliegt, der zur Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses führt.269 Die Abfindungsleistung muss aus dem ungebundenen Vermögen erfolgen, mithin dem die Stammkapitalziffer übersteigenden Vermögen, vgl. §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG.270 Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Einziehungsbeschluss unabhängig von einer Abfindungszahlung wirksam.271 Nichtig ist der Einziehungsbeschluss nur, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass die Abfindungszahlung nicht aus dem freien Vermögen erbracht werden kann und entgegen den §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG eine Unterbilanz herbeiführt oder vertieft.272 Kann die Abfindungszahlung aufgrund später eintretender Umstände nicht aus dem freien Vermögen geleistet werden, trifft die verbleibenden Gesellschafter

264

Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  116. BGHZ 210, 186, 190 ff.; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 117; a. A. Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 34 Rn. 43 (grundsätzliche Bedingungsfeindlichkeit der Einziehungserklärung). 266 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 90. 267 H. P. Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 48; Niemeier, ZGR 1990, 314, 331 f.; „Unwirksamkeit“ nach BGH, NJW 1999, 3779; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 91. 268 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J.  Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  54; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 97; H.  P.  Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 48; ­Niemeier, ZGR 1990, 314, 333. 269 BGHZ 203, 303, 310 f.; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 18; Einhaus /  Selter, GmbHR 2015, 679, 682; vgl. für einen Verstoß gegen § 34 Abs. 3 GmbHG BGH, DStR 2001, 1898; a. A. OLG Celle, GmbHR 1998, 240, 241 (Anfechtbarkeit); vgl. aber zur Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses ohne gleichzeitigen Verwertungsbeschluss bei nicht voll eingezahlter, fällig gestellter Einlage BGH, NZG 2020, 1067, 1068 f.; zustimmend Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615. 270 Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 19; Einhaus / Selter, GmbHR 2015, 679, 682. 271 BGHZ 32, 17, 23; 192, 236, 239 ff.; 210, 186, 193; BGH, NZG 2003, 871, 872 („kein Bedingungs- oder sonstiger Zusammenhang zwischen Ausscheiden und Abfindungszahlung“); 2020, 1067, 1069; Einhaus / Selter, GmbHR 2015, 679, 681; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615 („Entkopplung von Ausschluss und Abfindung“); Conradi, NZG 2021, 1546, 1547. 272 BGHZ 192, 236, 238; BGH, NZG 2018, 1069, 1070. 265

C. Ausschluss in der GmbH

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gegenüber dem ausgeschlossenen Gesellschafter eine persönliche anteilige Haftung, wenn sie für die Leistung aus dem freien Vermögen keine Sorge tragen oder die Gesellschaft nicht auflösen.273 Diese persönliche Haftung soll aber erst „in dem Zeitpunkt [entstehen], ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist“.274 Die skizzierten Aspekte werden von grundlegender Bedeutung für die Frage sein, wie die erforderlichen Sicherungsmechanismen zum Zwecke einer vollständigen wirtschaftlichen Kompensation des Minderheitsgesellschafters im Rahmen eines Squeeze-out in der GmbH effektiv ausgestaltet werden können.275 Das Stammkapital verändert sich infolge der Einziehung nicht, sodass es nach der Einziehung an der gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG erforderlichen Konvergenz zwischen der Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile und dem Stammkapital fehlt.276 Die in der Literatur höchst streitigen Rechtsfolgen hat der Bundesgerichtshof dahingehend entschieden, dass die Divergenz hinzunehmen sei und der Einziehungsbeschluss weder anfechtbar noch nichtig ist.277 Diese Entscheidung ist nicht nur aufgrund ihrer positiven Auswirkungen für die Rechtspraxis zu befürworten, sondern auch unter dem Gesichtspunkt, dass weder die Gläubigerinteressen noch eine systematische Auslegung des Gesetzes eine jederzeitige Konvergenz erfordern.278 Dennoch sollte eine längere Divergenz zwischen der Nennbetragssumme und der Stammkapitalziffer vermieden werden, da der Bundesgerichtshof die Frage, ob das Registergericht einen Eintragungsantrag bis zur Auflösung der Divergenz verweigern darf, offengelassen hat.279

II. Ausschluss aus wichtigem Grund Daneben besteht als Ausprägung des allgemeinen Verbandsrechts und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung das Ausschlussrecht der Gesellschaft aufgrund eines in der Person des betroffe-

273

BGHZ 192, 236, 244; 210, 186, 193. BGHZ 210, 186, 193. 275 Vgl. unten Kapitel 8 A., B. I., II. 276 Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 57. 277 BGHZ 203, 303, 306 ff. mit ausführlicher Darstellung des Streitstands. 278 Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 58; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius /  Haas, GmbHG, § 46 Rn. 33a. 279 Mit Zweifeln Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 58 („faktische Registersperre“); Wachter, BB 2015, 785; mit Empfehlung zur gleichzeitigen Anpassung des Stammkapitals aus Vorsichtsgründen Werner, GmbHR 2019, 753, 754; für eine Anpassungspflicht wohl Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 46 Rn. 33a unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), BT-Drs. 16/6140, S. 31. 274

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

nen Gesellschafters liegenden „wichtigen Grunds“.280 Dieser ist gegeben, wenn die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem auszuschließenden Gesellschafter den Gesellschaftszweck erheblich gefährdet und für seine Mitgesellschafter unter Berücksichtigung des erforderlichen gegenseitigen Vertrauens unzumutbar geworden ist.281 Für die Beurteilung kann auf die umfangreiche Kasuistik zu den Ausschlussgründen der §§ 723 Abs. 1 S. 2, 737 BGB und §§ 133, 140 HGB zurückgegriffen werden.282 Als verhaltensbedingte Ausschlussgründe kommen schwerwiegende Pflichtverletzungen, insbesondere Straftaten zulasten der Gesellschaft und als personenbedingte Ausschussgründe eine andauernde schwere Erkrankung bei erforderlicher Mitarbeit oder der Verlust der Berufszugehörigkeit in Betracht.283 Je personalistischer eine GmbH geprägt ist, desto eher ist ein wichtiger Grund anzunehmen.284 Eine personalistisch geprägte Gesellschaft zeichnet sich hierbei typischerweise durch eine geringe Gesellschafteranzahl, die Vinkulierung der Geschäftsanteile, die Gleichrangigkeit der Gesellschafterrechte und das Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters aus.285 Dem „personalistischen Realtypus“ liegt ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis der Gesellschafter zugrunde.286 Die Gesellschafter bekleiden Ämter in den Führungsgremien der Gesellschaft.287 Aufgrund der tiefgreifenden Einschnitte in die Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters kann der Ausschluss aus wichtigem Grund nur als ultima ratio in Betracht kommen.288

280

RGZ 169, 330, 333 f.; BGHZ 9, 157, 161 ff. unter Hinweis auf die Treuepflicht; BGH, NJW 1999, 3779; Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 29; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 119; Gehrlein, WM 2019, 4; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 46 ff.; Soufleros, Ausschließung und Abfindung eines GmbH-Gesellschafters, S. 12 ff.; Gehrlein, Ausschluss und Abfindung von GmbH-Gesellschaftern, S. 9; für die AG OLG München, NZG 2015, 1027, 1028; Scholz, in: MünchHdb GesR IV, § 63 Rn. 56; a. A. noch BGHZ 9, 157, 163; 18, 350, 361. 281 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 111; Gehrlein, WM 2019, 1. 282 BGH, NJW 1977, 2316; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 134; ausführliche Kasuistik bei Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 20 ff. 283 BGHZ 80, 346, 349 f.; OLG Frankfurt a. M., NJW 1947/48, 429; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 543, 546; Differenzierung nach Winkler, GmbHR 2017, 334 f.; Stefanink / Punte, GWR 2018, 403, 405. 284 OLG Stuttgart, NZG 2013, 1146, 1149 f.; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 136; Ulmer / Habersack, in: Habersack / Casper / Löbbe, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 14; für die AG Punte / Klemens, BB 2019, 647, 648. 285 Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 18; J. Schmidt, in: Michalski / Heidinger / Leible /  J. Schmidt, GmbHG, Syst. Darst. 1, Rn. 29; Grziwotz, in: MünchHdb GesR III, § 1 Rn. 31 ff.; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 670; Timm, FS Fleck 1988, 369, 372; Limbach, Theorie und Wirklichkeit der GmbH, S. 87. 286 Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 18; J. Schmidt, in: Michalski / Heidinger / Leible /  J. Schmidt, GmbHG, Syst. Darst. 1, Rn. 29; Zöllner / Noack, ZGR 1989, 525, 533. 287 Timm, FS Fleck 1988, 369, 372; Friedewald, Die personalistische Aktiengesellschaft, S. 10. 288 BGHZ 16, 317, 322; BGH, NZG 2014, 541, 542; OLG Stuttgart, NZG 2013, 1146, 1150; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 120, 148.

C. Ausschluss in der GmbH

69

Der Ausschluss aus wichtigem Grund wird in einem zweistufigen Verfahren durchgeführt.289 Die Gesellschafterversammlung trifft zunächst einen Beschluss über die Erhebung der Ausschließungsklage, der vorbehaltlich einer konkretisierenden Satzungsregelung in Anlehnung an § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG einer Dreiviertelmehrheit bedarf.290 In einem zweiten Schritt wird von der Gesellschaft die Ausschließungsklage erhoben, sodass der Ausschluss durch ein Gestaltungsurteil herbeigeführt wird.291 Der Gesellschaftsvertrag kann hiervon abweichend festlegen, dass der Ausschluss ohne Klageverfahren bereits mit dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss unmittelbar rechtsgestaltend vollzogen wird.292 Der betroffene Gesellschaft ist im Rahmen der Beschlussfassung von seinem Stimmrecht analog § 47  Abs. 4  S. 2  GmbHG ausgeschlossen.293 Der Geschäftsanteil bleibt trotz des gerichtlichen Ausschlussurteils oder Gesellschafterbeschlusses bestehen.294 Seine Verwertung kann die Gesellschaft mangels abweichender Satzungsregelung wahlweise durch Einziehung295 oder Übertragung auf einen Gesellschafter oder Dritten betreiben.296 Die Auswahlentscheidung trifft vorbehalt 289

BGHZ 153, 285, 288; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 156; Mayer / Elfring, GmbHR 2004, 869, 875. 290 BGHZ 9, 157, 177; 153, 285, 288 f.; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 121; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 9; a. A. einfache Mehrheit, Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 39; K. Schmidt, GesR, § 35 IV 2.c), S. 1062; Mayer / Elfring, GmbHR 2004, 869, 877; Soufleros, Ausschließung und Abfindung eines GmbH-Gesellschafters, S. 58 ff. 291 BGHZ 9, 157, 165 f.; BGH, NZG 2000, 35; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 156; ­Mayer / Elfring, GmbHR 2004, 869, 878. 292 BGHZ 32, 17, 22; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 156; Mayer / Elfring, GmbHR 2004, 869, 879; Blath, GmbHR 2012, 657; Bayer, GmbHR 2017, 665, 667; Werner, GmbHR 2019, 753, 756; Conradi, NZG 2021, 1546, 1547. 293 BGHZ 9, 157, 178; für die Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG aus wichtigem Grund BGH, NJW 2010, 3027, 3028; OLG Celle, GmbHR 1998, 140, 141; Klingsch, in: ­Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 12; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 138; für die Pflicht einer vorherigen Anhörung des betroffenen Gesellschafters Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 20; Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 34 Rn. 30; zur umstrittenen Frage, ob der wichtige Grund für den Stimmrechtsausschluss substantiiert behauptet oder tatsächlich vorliegen muss, vgl. Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 72; ders., GmbHR 2021, 345, 350 ff.; Bayer, GmbHR 2017, 665, 668 f. 294 BGHZ 9, 157, 167 f.; 32, 17, 23; BGH, NZG 2000, 35; 2020, 1067, 1068; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  10; Werner, GmbHR 2019, 753, 757; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614. 295 In ihrer Funktion als Verfahrensart der Verwertung eines Geschäftsanteils, vgl. zur „Doppelfunktion“ der Einziehung oben Kapitel 2 C. I.; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 77. 296 BGH, NZG 2020, 1067, 1068; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 10; Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 52; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  40; Bacher / v. Blumenthal, NZG 2008, 406, 407; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1371; vgl. zur umstrittenen Frage der Auswirkung der ausstehenden Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters nach Rechtskraft des Ausschließungsurteils – „Bedingungstheorie vs. Haftungstheorie“ –, Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 15a, b.

70

Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

lich einer abweichenden Satzungsregelung die Gesellschafterversammlung analog § 46 Nr. 4 GmbHG.297

III. Ausschluss gem. § 9a Abs. 3 WStBG Gem. § 9a Abs. 3 S. 1 WStBG kann ein Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss mit einer Mehrheit von 75 % der anwesenden Stimmen gegen Abfindung aus der GmbH ausgeschlossen werden, „wenn dies für den Erfolg der Stabilisierungsmaßnahme notwendig ist“. Die Untergrenze der Abfindung stellt gem. § 9a Abs. 3 S. 2 WStBG der anhand eines Sachverständigengutachtens ermittelte Unternehmenswert dar. Der Ausschluss wird unabhängig von der Abfindungszahlung und einer Satzungsbestimmung i. S. v. § 34 GmbHG wirksam.298 Dieser als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie eingeführte Ausschluss zur flexiblen Sanierung eines als GmbH verfassten Unternehmens ist vorbildlos.299 Er wird als Ausschluss aus wichtigem Grund300 zu qualifizieren sein, sodass der Stimmrechtsausschluss analog § 47 Abs. 4 GmbHG zulasten des betroffenen Gesellschafters greift.301 Eine nähere Konkretisierung des Ausschlussgrunds nimmt der Gesetzgeber nicht vor.302 Ziel ist es, die Obstruktion notwendiger Kapitalisierungsmaßnahmen in notleidenden Gesellschaften durch einzelne Minderheitsgesellschafter zu verhindern.303 Damit dieser unbestimmte Ausschlussgrund nicht einzelnen Gesellschafter als willkürliches Machtinstrument Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, wird nicht nur eine ablehnende Haltung des auszuschließenden Gesellschafters, sondern die Behinderung der Maßnahme durch eine unangemessene Geltendmachung von Minderheitsrechten erforderlich sein.304 Nur eine solche Auslegung wird auch dem ultima ratio-Charakter des Ausschlusses aus wichtigem Grund gerecht.305 Einem der Kapitalisierungsmaßnahme zustimmenden Beschluss der Minderheit bei vorherigem Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters, der diesbezüglich von seinem Stimmrecht ausgeschlossen wäre, dürfte allerdings das gesetzgeberische Mehrheitserfordernis für eine Stabilisierungsmaßnahme gem. § 9a Abs. 1 WStBG entgegenstehen.306 297

Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 52; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible /  J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 40. 298 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 37; Noack, in: Schmidt, Covid-19, § 10 Rn. 132; Wicke, GmbHG, Einl. Rn. 27t; ders., NZG 2020, 501, 504. 299 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 36 mit verfassungsrechtlichen Bedenken; Noack, in: Schmidt, Covid-19, § 10 Rn. 135 („ohne Vorbild, ohne Begründung und ohne evidente Notwendigkeit geschaffene spezielle Squeeze-Out-Vorschrift“). 300 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 301 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 39, 41; Noack, in: Schmidt, Covid-19, § 10 Rn. 133; Wicke, GmbHG, Einl. Rn. 27t; ders., NZG 2020, 501, 504. 302 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 40; Noack, in: Schmidt, Covid-19, § 10 Rn. 131. 303 Noack, in: Schmidt, Covid-19, § 10 Rn. 131. 304 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 41. 305 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 41. 306 Heyder, in: Becker / Heyder / Paudtke, WStGB, § 9a Rn. 42.

D. Ausschluss im Personengesellschaftsrecht

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D. Ausschluss im Personengesellschaftsrecht Im Personengesellschaftsrecht ist die Möglichkeit des unfreiwilligen Ausschlusses eines Gesellschafters in § 737  BGB und § 140  HGB ausdrücklich normiert. Trotz des missverständlichen Wortlauts eröffnet § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 HGB der Gesellschaftermehrheit nicht das Recht, einen Gesellschafter nach freiem Belieben aus der Gesellschaft auszuschließen.307 Hierfür bedarf es vielmehr in Anlehnung an § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB308 einer Ausschlussklausel im Gesellschaftsvertrag, die den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz und den in Anforderungen an einen sachlichen Grund entspricht.309 Da dies bereits vor ihrer Einführung anerkannt war, kommt der Vorschrift des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 HGB nur insoweit eine klarstellende Funktion zu, als dass die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft von § 140 HGB in formeller und materieller Hinsicht abweichende Ausschließungsklauseln vereinbaren können.310 Sie können materiell die qualitativen Anforderungen an den Ausschließungsgrund311 absenken und formell die Gestaltungsklage312 durch einen Gesellschafterbeschluss ersetzen.313 Der Gesellschafter scheidet zu dem Zeitpunkt aus der Gesellschaft aus, in dem ihm der Gesellschafterbeschluss zugeht.314 Ambivalent wird diskutiert, ob der geringe Kapitalanteil eines Gesellschafters eine Relevanz für die Beurteilung eines wichtigen Grunds aufweist.315 Einerseits wird im Rahmen verhaltensbezogener Ausschlussgründe verlangt, höhere Anforderungen an den Ausschluss eines geringfügig beteiligten Gesellschafters zu stellen, da seine geringe Anteilsgröße mit dem damit einhergehenden geringen

307

Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 26; Haas, in: Röhricht / Graf v. Westphalen / Haas, HGB, § 131 Rn. 36. 308 § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 HGB wird demnach nicht als „eigenständige[r] Ausschlussgrund“, sondern als „überflüssig[e]“ Variante des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB qualifiziert, Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn.  54; K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 87; K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166. 309 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 87; K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166; restriktiver unter Hinweis auf das Erfordernis eines wichtigen Grunds i. S. v. § 140 HGB Haas, in: Röhricht / Graf v. Westphalen / Haas, HGB, § 131 Rn. 36; vgl. zu den Anforderungen an einen sachlichen Grund unten Kapitel 3 C. III. 1. 310 Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 105; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 54; K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166. 311 Ohne gesellschaftsvertragliche Ausschlussklausel ermöglichen die Normen der §§ 723 Abs. 1 S. 2, 737 BGB und §§ 133, 140 HGB lediglich einen Ausschluss aus wichtigem Grund. 312 Der Ausschluss gem. § 140 HGB wird grundsätzlich durch ein Gestaltungsurteil vollzogen, Lehmann-Richter, in: BeckOK HGB, § 140 Rn. 29, 45; Haas, in: Röhricht / Graf v. Westphalen / Haas, HGB, § 131 Rn. 16; K. Schmidt, GesR, § 50 III 2.a), S. 1469. 313 Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 105; K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 91, § 140 Rn. 91. 314 BGHZ 31, 295, 301; K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 92, § 140 Rn. 91. 315 K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 33; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 19.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Einfluss eine Störung des Gesellschaftszwecks nicht befürchten lässt.316 Andererseits wurde ein besonders geringer Kapitalanteil als Argument für den Ausschluss angeführt, weil die Ausschlusswirkung bei einem geringfügig beteiligten Gesellschafter weniger einschneidend als bei einem Gesellschafter mit größerem Kapitalanteil sei.317 Unstrittig soll in der Gesamtabwägung stets die Gesellschaftsstruktur eine erhebliche Rolle spielen.318 Ein Ausschluss aus einem verhaltensbezogenen Grund ist bei einer engen persönlichen Zusammenarbeit der Gesellschafter eher in Erwägung zu ziehen als bei einem rein kapitalorientierten Gesellschafter.319 Der Ausschluss wird nach dem Gesellschafterbeschluss320 mit der entsprechenden Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter wirksam.321 Der betroffene Gesellschafter kann gegen seinen Ausschluss mit einer (negativen) Feststellungsklage vorgehen, damit der Fortbestand seiner Gesellschafterstellung gerichtlich festgestellt wird.322 Die Feststellungsklage ist gegen die den Ausschluss betreibenden Gesellschafter zu richten, soweit gesellschaftsvertraglich keine gegen die Gesellschaft zu richtende, fristgebundene Anfechtungsklage für Beschlussmängelstreitigkeiten vorgesehen ist.323 Die Möglichkeit des Ausscheidens eines Gesellschafters aufgrund einer einstimmigen Vertragsänderung324 sowie die anderen in § 131 Abs. 3 HGB benannten Ausschlussgründe sind zu vernachlässigen, da die einstimmige Vertragsänderung die freiwillige Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters voraussetzt und die weiteren Ausschlussgründe in § 131 Abs. 3 HGB vom Willen der Gesellschaftermehrheit oder des Hauptgesellschafters unabhängig und somit als freies Ausschlussinstrument ungeeignet sind.

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen Mangels gesetzlicher Regelungen zum Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern aufgrund ihrer geringen Kapitalbeteiligung in der GmbH und im Personengesellschaftsrecht ist zu untersuchen, ob die gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen 316

Lehmann-Richter, in: BeckOK HGB, § 140 Rn. 12; vgl. zum in seinem Einfluss eingeschränkten Kommanditisten BGH, NJW 1998, 146, 147. 317 BGHZ 6, 113, 117; Schäfer, in: Staub, HGB, § 140 Rn. 13. 318 Schäfer, in: Staub, HGB, § 140 Rn. 13; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 19; LehmannRichter, in: BeckOK HGB, § 140 Rn. 11. 319 Schäfer, in: Staub, HGB, § 140 Rn. 13; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 19; LehmannRichter, in: BeckOK HGB, § 140 Rn. 11. 320 Im Rahmen von § 140 HGB unter der Voraussetzung des gesellschaftsvertraglichen Verzichts auf die Ausschließungsklage. 321 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 92. 322 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 92. 323 Fleischer, in: MüKoHGB, § 105 Rn. 264; K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 92. 324 Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 106.

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

73

einer Analogie zugänglich sind. Sollte dies der Fall sein, bestünde bereits kein praktisches Bedürfnis für vertragliche Squeeze-out-Klauseln.

I. Definition und Voraussetzungen einer Analogie Im Rahmen einer Analogie wird eine tatbestandlich nicht einschlägige Gesetzesvorschrift auf einen ähnlichen, gesetzlich ungeregelten Sachverhalt angewandt.325 Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage voraus.326 Eine planwidrige Regelungslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber einen konkreten Sachverhalt unbewusst nicht geregelt hat, obwohl nach dem Sinn und Zweck der kodifizierten Rechtsnorm eine derartige Regelung erforderlich gewesen wäre.327 Eine vergleichbare Interessenlage erfordert, dass sich der gesetzlich geregelte und der ungeregelte Sachverhalt bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ziels und des systematischen Zusammenhangs in den wesentlichen Merkmalen gleichen.328

II. Analoge Anwendung der §§ 327a ff. AktG auf die GmbH Die nahezu einhellige Meinung lehnt die analoge Anwendung der §§ 327a ff. AktG auf die GmbH ab.329 Die monographische Aufarbeitung dieser ablehnenden Haltung soll allerdings ein grundlegendes Verständnis für diejenigen Literaturstimmen330 vermitteln, die in den aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften eine

325

Bork, BGB AT, Rn. 143; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 948; Danwerth, ZfPW 2017, 230, 232. 326 BGHZ 149, 165, 174; 170, 187, 191; Bork, BGB AT, Rn. 143 ff.; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 949; Danwerth, ZfPW 2017, 230, 232 f. 327 Bork, BGB AT, Rn. 144; Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 191 ff.; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 950 f.; Danwerth, ZfPW 2017, 230, 235. 328 Bork, BGB AT, Rn. 145; Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 202; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 952 f. 329 Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 8; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a  AktG Rn  37; ­L ochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 1; Schüppen / Tretter, in: Haarmann / Schüppen, WpÜG, § 327a AktG Rn. 4; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 8; Werner, WM 2006, 213, 215 f.; Austmann, NZG 2011, 684, 687; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 750; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 273; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86; a. A. v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558 ff.; mit Zweifeln Angerer, BKR 2002, 260, 267. 330 Harrer, FS Sonnenberger 2004, 235, 245 ff.; Kilian, WM 2006, 1567, 1573; Heusel /  Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 752; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 271 ff.; ablehnend Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 f.; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 95; vgl. zu diesem Aspekt ausführlich unten Kapitel 4 D.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Wertentscheidung des Gesetzgebers und eine Ausstrahlungswirkung für gewillkürte Squeeze-out-Regelungen in der GmbH oder KG erblicken. 1. Planwidrige Regelungslücke Der deutsche Gesetzgeber hat sich bewusst nicht dem ursprünglichen Vorschlag des Forum Europaeum Konzernrecht, eine Squeeze-out-Regelung für sämtliche Kapitalgesellschaften zu normieren,331 angeschlossen.332 Aufgrund der bewussten Beschränkung des Squeeze-out auf die AG bleibt für eine planwidrige Regelungslücke, die die unbewusste Nichtregelung eines Sachverhalts voraussetzt, kein Raum.333 Ebenfalls berechtigt ist der Einwand, ein derart intensiver Eingriff in das gem. Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anteilseigentum könne nicht im Wege einer Analogie herbeigeführt werden, sondern bedürfe einer klaren gesetzlichen Regelung.334 2. Vergleichbare Interessenlage Dennoch lohnt sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit der vergleichbaren Interessenlage zwischen dem Squeeze-out-Sachverhalt in der GmbH und der AG. Sollte sich die Vergleichbarkeit dieser Sachverhalte in den wesentlichen Merkmalen geradezu aufdrängen, wäre in einem nächsten Schritt die Zweckmäßigkeit einer Squeeze-out-Regelung für die GmbH de lege ferenda zu diskutieren.335 Der Vorschlag des Forum Europaeum Konzernrecht sah eine Erstreckung des gesetzlichen Squeeze-out auf sämtliche Kapitalgesellschaften vor.336 Das österreichische Gesellschafter-Ausschlussgesetz (ÖGesAusG) vom 24. 05. 2006 folgt diesem Vorschlag, indem es den Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters aus der AG und der GmbH ermöglicht.337 Besonders hervorzuheben ist, dass der österreichische Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, den Squeeze-out auch für die Rechtsform der GmbH zu normieren, wesentlich von den deutschen aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften abwich, obwohl er den deutschen aktienrecht 331

Forum europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 738. Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a AktG Rn. 37; Lochner, in: NKAktRHeidel, § 327a Rn. 1; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 14; Austmann, NZG 2011, 684, 687; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86; a. A. v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558 ff. 333 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 1; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 14; Heusel /  Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86. 334 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319. 335 Die Analogie ist mangels planwidriger Regelungslücke abzulehnen. 336 Forum europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 738. 337 Kalss, in: MüKoAktG, Vor. GesAusG Rn. 8; Althuber / Krüger, AG 2007, 194, 196; Sieger /  Hasselbach, NZG 2001, 926, 928. 332

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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lichen Squeeze-out als Vorlage für sein ÖGesAusG nutzte.338 Dies erlaubt den Rückschluss, dass der österreichische Gesetzgeber eine vergleichbare, regelungsbedürftige Interessenlage zwischen dem Squeeze-out-Sachverhalt in der GmbH und dem in der AG annahm. Dies wird im Folgenden überprüft. a) Stellung des Minderheitsgesellschafters Der Einfluss des Minderheitsgesellschafters einer GmbH mit einem Kapitalanteil von 5 % auf die Unternehmensentscheidungen ist ähnlich beschränkt wie der des Minderheitsaktionärs einer AG.339 Zwar ist die GmbH-Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung gem. § 37 Abs. 1 GmbHG umfassend weisungsbefugt, wohingegen die Zuständigkeit der AG-Hauptversammlung gem. § 119 AktG nur wenige grundlegende Entscheidungen umfasst und der Vorstand die AG eigenverantwortlich leitet, § 76  Abs. 1  AktG.340 Der Minderheitsgesellschafter kann die Geschicke der GmbH aber in der Gesellschafterversammlung mit seiner Minderheitsbeteiligung aufgrund des in § 47 Abs. 1 GmbHG normierten Mehrheitsprinzips bis auf wenige Ausnahmekonstellationen, in denen der Minderheitsgesellschafter aufgrund der konkreten Gesellschafterstruktur das „Zünglein an der Waage“341 darstellt, nicht beeinflussen.342 Bei der GmbH ist die Ausübung bestimmter Minderheitsrechte sogar beschränkter als in der AG, da sie an ein gegenüber dem Aktienrecht höheres Quorum von 10 % geknüpft ist.343 Im GmbHG sind weniger Minderheitsrechte normiert als im AktG.344 Genauso wie der Minderheitsaktionär ist der Minderheitsgesellschafter einer GmbH selbst bei einem unterstellten unternehmerischen Interesse vor dem unfreiwilligen Verlust seines Anteilseigentums nicht zwingend geschützt, da die Kapitalmehrheit von 75 % ohne das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung die Auflösung der GmbH beschließen kann, § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG.345 Der Ge 338

Kalss, in: MüKoAktG, Vor. GesAusG Rn. 8. Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. 340 Altmeppen, GmbHG, § 37 Rn. 3; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1984; Schmolke, ZIP 2014, 897, 902 f. 341 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1318 unter Hinweis auf eine dreigliedrige Gesellschafterstruktur von zwei Gesellschaftern mit jeweils 49,9 % und einem Minderheitsgesellschafter mit 0,2 % der Stimmanteile. 342 BGHZ 164, 98, 103; Kilian, WM 2006, 1567, 1573. 343 Vgl. §§ 50  Abs. 1,  2, 61  Abs. 2, 66  Abs. 2  GmbHG gegenüber §§ 122  Abs. 2  S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG; ähnl. Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 282. 344 Die GmbH-Gesellschafter können die Minderheitsrechte aber im Gesellschaftsvertrag durch Senkung des erforderlichen Quorums stärken oder zusätzliche Minderheitsrechte bestimmen, Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 45 Rn. 12. 345 BGHZ 76, 352, 353; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 60 Rn. 6; Nerlich, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 60 Rn.  46; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 173. 339

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

schäftsanteil ist nach dem Auflösungsbeschluss – wie bei der AG – nur in seiner vermögensrechtlichen Dimension dahingehend geschützt, dass der betroffene Gesellschafter am Liquidationserlös gem. § 72 S. 1 GmbHG beteiligt wird. Es drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass auch bei der GmbH – vorbehaltlich besonderer Konstellationen wie der Einräumung bestimmter Sonderrechte – die unternehmerische vollständig hinter der vermögensrechtlichen Komponente des Anteilseigentums des Minderheitsgesellschafters zurücktritt. In diesem Fall wäre auch in der GmbH das Anteilseigentum eher als Kapitalanlage, nicht hingegen als unternehmerische Beteiligung zu qualifizieren.346 Diese Qualifikation könnte insbesondere in dem zukunftsorientierten Start-up-Bereich Geltung beanspruchen, in dem sich dritte Kapitalgeber in den frühen Phasen der jungen Gesellschaften mit Risikokapital beteiligen, ohne mit den Gründern der GmbH in persönlicher Verbundenheit zusammenzuarbeiten. Der reine Kapitalanlagecharakter des GmbH-Anteils zeigt sich nicht zuletzt in dem von den Finanzinvestoren angestrebten Exit nach einer Haltedauer des Geschäftsanteils von in der Regel drei bis sieben Jahren.347 Der Einordnung des GmbH-Kleinstbeteiligten als Kapitalanleger widerspricht vehement die Ansicht, die den Squeeze-out als „Radikallösung des Kapitalmarktrechts“348 auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt wissen will.349 Dasselbe gilt für die Verfechter der Forderung, das Squeeze-out-Verfahren in seinem Anwendungsbereich auf die Fälle eines vorangegangenen Übernahmeangebots zu beschränken.350 Diese Auffassungen sind abzulehnen. Bereits die ihnen zugrundeliegende Prämisse, der Squeeze-out sei als „gesellschaftsrechtlich[er] […] Fremdkörper“351 ein rein kapitalmarktrechtliches Instrument, überzeugt nicht. Der Gesetzgeber hat sich mit der Implementierung des aktienrechtlichen Squeeze-out als „neues Rechtsinstitut [des Gesellschaftsrechts]“352 – wohlgemerkt nicht des Kapitalmarktrechts – bewusst dafür entschieden, den Anwendungsbereich auch auf kapitalmarktferne Aktiengesellschaften zu erstrecken.353 346 Wie hier für die keinen unternehmerischen Einfluss vermittelnde Beteiligung in einer kapitalistisch strukturierten GmbH, Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 695; Einhaus / Selter, GmbHR 2015, 679, 686. 347 Vgl. zur Renditeorientierung und zeitlichen Begrenzung Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 79 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 20 f. 348 Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 95. 349 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 14; Drygala, AG 2001, 291, 297 f.; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1232 ff.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 ff.; Merkt, AG 2003, 126, 133; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86, 91 ff. 350 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; ders., ZIP 2001, 1230, 1235; Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 97. 351 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; ders., ZIP 2001, 1230, 1235. 352 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31. 353 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 31 f.; Koch, AktG, § 327a Rn. 7; Schiessl, AG 1999, 442, 451; Krieger, BB 2002, 53, 55; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 121 f., 131 f.; v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558 ff.; vgl. auch ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018, zum ÖGes­ AusG.

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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Einer genaueren Untersuchung bedarf die These, der Minderheitsgesellschafter einer GmbH könne im Gegensatz zum Minderheitsaktionär einer kapitalmarktfernen AG nicht typisierend als Kapitalanleger angesehen werden, da er „deutlich enger an die Geschicke der Gesellschaft und Geschäftsführung gebunden sei“.354 Nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die Ausfallhaftung gem. §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG,355 die in der aktienrechtlichen Regelung des § 62 AktG nicht vorgesehen ist.356 Eine analoge Anwendung des Kleinstbeteiligungsprivilegs des § 39 Abs. 5 InsO im Rahmen dieser Ausfallhaftung, der als Begründungsansatz die fehlende Finanzierungs- und Mitunternehmerverantwortung des Kleinstbeteiligten dient, ist zugunsten der gläubigerschützenden Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung abzulehnen und kann den vorstehenden Hinweis nicht entkräften.357 Allerdings trifft die Ausfallhaftung gem. §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG die übrigen Gesellschafter nur anteilig.358 Die Haftung ist auf die Stammkapitalziffer der Gesellschaft beschränkt.359 Der Bundesgerichtshof lässt die Ausfallhaftung bei der Bewertung der Zulässigkeit einer Vertragsklausel nach dem „Managermodell“ vollständig außer Acht, indem er das wirtschaftliche Risiko eines mit einer Minderheitsbeteiligung zum Nennwert ausgestatteten Geschäftsführers als gering einschätzt und auf den zu zahlenden Nennwert des Anteils begrenzt.360 Diese Wertung erlaubt den Rückschluss, dass die gegen den Kapitalanlagecharakter angeführte Ausfallhaftung für die Rechtswirklichkeit keine maßgebliche Rolle spielt. Mangels praktischer Relevanz kann die Ausfallhaftung des GmbH-Gesellschafters nicht dem reinen Kapitalanlagecharakter der Kleinstbeteiligung entgegenstehen. Im Wesentlichen liegt im Hinblick auf die beschränkten Gestaltungsmöglichkeiten und die Mitgliedschaftsrechte des Minderheitsgesellschafters eine vergleichbare Interessenlage in der GmbH und AG vor. b) Gesellschafterstruktur in der AG und der GmbH Der Anteil des GmbH-Minderheitsgesellschafters ist wie die Aktie des Minderheitsaktionärs als reine Kapitalanlage zu qualifizieren, wenn die realtypischen Strukturunterschiede zwischen GmbH und AG keine andere Bewertung gebieten.

354

Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 90. Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 90. 356 Schmolke, in: BeckOK GmbHG, § 31 Rn. 5. 357 Wie hier Altmeppen, GmbHG, § 24 Rn. 18; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 24 Rn. 11; OLG Hamm, GmbHR 2011, 588, 590; a. A. nur für den Fall der Kapitalerhöhung, der der in Anspruch genommene Schuldner widersprochen hat, Grunewald, FS Lutter 2000, 413, 417 ff.; Gaiser, GmbHR 1999, 210, 212 ff. 358 Altmeppen, GmbHG, § 24 Rn. 21. 359 BGHZ 150, 61, 63; Diehrs, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 31 Rn. 55. 360 BGHZ 164, 98, 103; zustimmend Hinderer, RNotZ 2005, 416, 420. 355

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Bei der GmbH handelt es sich wie bei der AG um eine Kapitalgesellschaft, die als juristische Person des Privatrechts rechtsfähig ist, § 13 Abs. 1 GmbHG. Ursprünglich sah der historische Gesetzgeber für die GmbH eine „Mittelstellung“ zwischen der individualistischen Gesellschaftsform der offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der kapitalistisch geprägten AG vor.361 Ausgehend von der Vorstellung eines Gesellschafterkreises, der über die geringe Gesellschafteranzahl der OHG hinausgehen sollte, präferierte der historische Gesetzgeber in Anlehnung an die aktienrechtlichen Vorschriften die körperschaftlichen Elemente des Mehrheitsprinzips, der Fremdorganschaft, der begrenzten Haftung sowie der grundsätzlich freien Übertragbarkeit der Anteile.362 Aufgrund dieser Konzeption des GmbHG wurde die GmbH teilweise als „kleine Schwester der […] AG“363 bezeichnet. Die typische Realstruktur der GmbH entwickelte sich entgegen der gesetzgeberischen Konzeption zu einer personalistisch geprägten Gesellschaft mit kleinerem Gesellschafterkreis.364 Der weit überwiegende Anteil der Gesellschaften mit beschränkter Haftung setzt sich aus maximal drei Gesellschaftern zusammen.365 Anders als nach dem Grundmodell des Aktienrechts fungieren die Gesellschafter der GmbH regelmäßig nicht als ständig wechselnde anonyme Eigenkapitalgeber, sondern verfolgen in persönlicher Verbundenheit einen gemeinsamen Gesellschaftszweck.366 Auch die als Ausnahmevorschrift konzipierte Regelung des § 15 Abs. 5 GmbHG,367 die es mithilfe von Vinkulierungsklauseln im Gesellschaftsvertrag dem bestehenden Gesellschafterkreis erlaubt, das Eindringen Dritter in die Gesellschaft zu verhindern und somit Einfluss auf die künftige Gesellschafterstruktur zu nehmen, erfreut sich in der Praxis einer hohen Beliebtheit.368 So sind in der überwiegenden Zahl der GmbH-Gesellschaftsverträge gesellschaftsvertragliche Abtretungsbeschränkungen festgelegt.369 Gepaart mit der durch das Formerfordernis der notariellen Beurkundung gem. § 15  Abs. 3,  4  GmbHG erschwerten Übertragbarkeit von GmbH-Anteilen spricht dieser rege Gebrauch von 361

Fleischer, GmbHR 2008, 673. Kallrath, MittRhNotK 1999, 325 f.; Fleischer, GmbHR 2008, 673, 674. 363 M. w. N. Fleischer, GmbHR 2008, 673, 674. 364 Fleischer, in: MüKoGmbHG, Einl. Rn. 207; ders., GmbHR 2008, 673, 674; ders., GmbHR 2013, 1289, 1291; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 18; Geßler, GmbHR 1966, 102, 104; Winter, GmbHR 1969, 145; Kallrath, MittRhNotK 1999, 325, 326; Kornblum / Hampf / Naß, GmbHR 2000, 1240, 1245, 1249 f.; Bayer / Hoffmann, GmbHR 2014, 12, 13; Limbach, Theorie und Wirklichkeit der GmbH, S. 87 f. („personengesellschaftlich aufgebaute GmbH“). 365 Grziwotz, in: MünchHdb GesR III, § 1 Rn. 31 ff.; Ulmer / Habersack, in: Habersack / Casper /  Löbbe, GmbHG, Einl. A. 110; Bayer / Hoffmann, GmbHR 2014, 12, 13. 366 Fleischer, GmbHR 2008, 673, 675. 367 Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 54. 368 Reichert / Weller, in: MüKoGmbHG, § 15 Rn. 361; Pfisterer, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 71; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 55. 369 Reichert / Weller, in: MüKoGmbHG, § 15 Rn. 361; Bayer / Hoffmann / Schmidt, GmbHR 2007, 953, 955; Reichert, GmbHR 2012, 713; Reichert / Winter, FS 100 Jahre GmbHG, 209, 211 f.; Limbach, Theorie und Wirklichkeit der GmbH, S. 70 ff. 362

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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Vinkulierungsklauseln für die personalistische Ausprägung der GmbH.370 Flume ging sogar einen Schritt weiter, indem er die GmbH bei materieller Betrachtung als Personengesellschaft qualifizierte.371 Diese rechtstatsächliche Diversität der Gesellschafterstrukturen von GmbH und AG372 dürfte einer vergleichbaren Inte­ ressenlage entgegenstehen.373 Eine andere Wertung könnte sich nur für die GmbH-Gesellschafterstrukturen ergeben, die eine zunehmende Zersplitterung der Beteiligungen erwarten lassen und daher für die Forschungsfrage dieser Abhandlung besonders relevant sind, also insbesondere für die Gesellschaftsstrukturen im Start-up- und Venture-CapitalBereich. Die zahlreichen Finanzierungsrunden in den frühen Unternehmensphasen sind geeignet, die Gesellschafterkreise in den dort vorherrschenden Gesellschaften mbH immer weiter aufzufächern und Kleinstbeteiligungen entstehen zu lassen. Die GmbH verdrängt in diesem wachstumsorientierten Bereich – auch aufgrund der Gestaltungsfreiheit gem. § 45 Abs. 1 GmbHG und den niederschwelligen Gründungsvoraussetzungen – die AG als Investitionsvehikel und tritt neben der GmbH & Co. KG als bevorzugtes Zielunternehmen eines Unternehmenskaufs auf.374 Eine Vergrößerung des Gesellschafterkreises lässt sich auch in Familiengesellschaften und mittelständischen Unternehmen, die überwiegend in der GmbH oder GmbH & Co. KG375 organisiert sind, infolge von Erbschaften beobachten.376 Obwohl sich die GmbH-Gesellschafterstrukturen in den letztgenannten Fallgruppen aufgrund einer zunehmenden Beteiligungszersplitterung dem typisch kapitalistischen Gepräge einer AG annähern, bilden sie nicht den Realtypus der überwiegend personalistisch geprägten GmbH-Gesellschaftsstrukturen ab. Eine vergleichbare Interessenlage kann nicht allgemein, sondern allenfalls für die ka 370

Reichert / Winter, FS 100 Jahre GmbHG, 209, 211 f.; vgl. zum erheblichen Interesse an Vinkulierungsklauseln bei personalistisch geprägter Gesellschaftsstruktur Pfisterer, in: ­Saenger / Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 71; Ebbing, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 15 Rn. 130. 371 Flume, BGB AT I/2, § 2 VII, S. 62; zustimmend Altmeppen, NJW 2015, 2065, 2069; ders., GmbHR 2021, 345, 349. 372 Anschaulich BGHZ 9, 157, 163: „Bei der Aktiengesellschaft liegen die Dinge anders; bei ihr ist die gesellschaftliche Bindung kapitalbedingter als bei der GmbH, die Aktie ist leichter verwertbar als der Geschäftsanteil, die Persönlichkeit der Gesellschafter spielt eine geringere Rolle und das gesellschaftliche Verhältnis erfordert kein solches Vertrauensverhältnis wie dies vielfach bei der GmbH der Fall ist.“ 373 Zustimmend im Zusammenhang mit der analogen Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf die GmbH Timm, FS Fleck 1988, 369, 372 f.; Zöllner / Noack, ZGR 1989, 525, 533; a. A. Schröder, GmbHR 1994, 532, 535. 374 v. Morgen, WM 2003, 1553. 375 Zur GmbH & Co. KG als häufig „optimale“ Rechtsform für Familienunternehmen Binz / Sorg, GmbHR 2011, 281; zuletzt Fleischer, NZG 2017, 1201, 1204; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 407 Fn. 97. 376 J. Schmidt, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Syst. Darst. 1, Rn. 30; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317 f.; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 5.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

pitalistisch strukturierten Gesellschaften mit beschränkter Haftung angenommen werden. Mangels eindeutiger Differenzierungskriterien ist die Abgrenzung von personalistischer und kapitalistischer Prägung der GmbH im Einzelfall mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.377 Teilweise wird unter Hinweis auf diese Rechtsunsicherheiten, die aus einer „Zweiteilung des Rechts der GmbH“ resultieren, die realtypisch „strukturelle Diversität“ von AG und GmbH als Argument gegen die analoge Anwendung der aktienrechtlichen Beschlussmängelvorschriften abgelehnt.378 Dies mag im Kontext der aktienrechtlichen Beschlussmängelvorschriften überzeugen, da das Interesse der Gesellschafter einer personalistisch geprägten GmbH an der Rechtssicherheit gefasster Beschlüsse dem kapitalis­tischer Gesellschafter vergleichbar ist, ohne dass es auf die realtypische Struktur der Gesellschaft ankäme.379 Beim aktienrechtlichen Squeeze-out liegt hingegen die maßgebliche Rechtfertigung für den Eingriff in die Eigentumsfreiheit des Minderheitsaktionärs in dem Kapitalanlagecharakter der Minderheitsbeteiligung.380 Da der für die Verfassungsmäßigkeit des aktienrechtlichen Squeeze-out entscheidende Kapitalanlagecharakter der Aktie nicht mit dem personalistischen Charakter der GmbH-­ Beteiligung vereinbar ist,381 kann die realtypisch strukturelle Diversität von AG und GmbH nicht unberücksichtigt bleiben. Vielmehr spricht sie gegen die pauschale Übertragbarkeit der §§ 327a ff. AktG auf die GmbH.382 Selbst der österreichische Verfassungsgerichtshof, der die österreichische gesetzliche Squeeze-out-Regelung zulasten eines GmbH-Minderheitsgesellschafters mit einem Kapitalanteil unterhalb von 10 % für verfassungsgemäß hält, räumt ein, dass „bei einer Durchschnittsbetrachtung“ das Bestandsinteresse bei GmbH-Gesellschaftern häufig höher ist als bei Aktionären.383 Auch wenn die wesentlichen Merkmale einer personalistischen Gesellschaft, namentlich eine geringe Gesellschafteranzahl und das Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters,384 die von §§ 327a ff. AktG vorausgesetzte Existenz eines Haupt- und eines Minderheitsgesellschafters im Zeitpunkt des Ausschlusses ausschließen, verliert ein GmbH-Anteil nicht automatisch mit dem Unterschreiten der Beteiligungs 377

Henze, ZGR 1988, 542, 547; Schröder, GmbHR 1994, 532, 535. Henze, ZGR 1988, 542, 547; Schröder, GmbHR 1994, 532, 535. 379 Henze, ZGR 1988, 542, 548; Schröder, GmbHR 1994, 532, 535. 380 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1. 381 Ähnl. Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 14; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86. 382 Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 8; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 5; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a  AktG Rn. 37; Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 1; Schüppen / Tretter, in: Haarmann / Schüppen, WpÜG, § 327a AktG Rn. 4; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 8; Werner, WM 2006, 213, 215; Priester, GmbHR 2019, 749, 750; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 86; kritisch Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 273. 383 ÖVfGH, G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. 384 Vgl. zur Definition der personalistischen Gesellschaft oben Kapitel 2 C. II. 378

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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schwelle von 5 % seinen realtypisch personalistischen Charakter.385 Beispielsweise ist nicht auszuschließen, dass das (ursprüngliche) wechselseitige Vertrauensverhältnis zwischen Haupt- und Minderheitsgesellschafter derart ausgeprägt ist, dass trotz des den Beteiligungsverhältnissen immanenten Machtgefälles eine personalistische Struktur anzunehmen ist. Die pauschale analoge Anwendung der §§ 327a ff.  AktG auf die GmbH würde solche Sachverhaltskonstellationen nicht hinreichend würdigen. Ohne einen entsprechend dokumentierten Willen der GmbH-Gesellschafter kann aufgrund der strukturellen Diversität zwischen AG und GmbH keine vergleichbare Interessenlage angenommen werden. Eine gänzlich widerspruchsfreie Argumentation mit den unterschiedlichen Gesellschafterstrukturen der AG und der GmbH für die Zwecke des Squeeze-out ist jedoch nicht möglich. Die vorstehenden Ausführungen bezogen sich lediglich auf die Realtypik der Gesellschafterstrukturen. Indessen existieren neben dem der gesetzlichen Konzeption entsprechenden kapitalistisch geprägten Grundmodell der AG personalistisch geprägte Aktiengesellschaften386 sowie geschlossene (Familien-)Aktiengesellschaften, die potentiellen dritten Kapitalgebern vor dem Hintergrund des Überfremdungsschutzes nicht als Investitionsmöglichkeit offenstehen.387 Der Gesetzgeber hat den Squeeze-out auch für diese personalistisch geprägten und familiär verbundenen Aktiengesellschaften normiert.388 Der Überlegung, im Hinblick auf geschlossene (Familien-)Aktiengesellschaften den aktienrechtlichen Squeeze-out de lege ferenda satzungsdisponibel auszugestalten,389 ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Im Gegensatz zum § 1 Abs. 4 ÖGesAusG, der die Zulässigkeit des Gesellschafterausschlusses zur Disposition der Gesellschafter stellt,390 können personalistische Aktiengesellschaften de lege lata von der Squeeze-out-Regelung der §§ 327a ff. AktG aufgrund des Grundsatzes der Satzungsstrenge391 nicht abweichen. c) Unternehmerische Flexibilität Ein GmbH-Minderheitsgesellschafter kann grundlegende Strukturmaßnahmen sowie eine effektive Unternehmensführung zeitlich verzögern oder sogar vereiteln.392 Die gem. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 GmbHG erforderlichen Beschluss 385

Ähnl. Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 14. Drinkuth, NJW 2006, 410, 412. 387 Sickinger, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 11 Rn. 45; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 190. 388 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 25. 389 Körber, ZGR 2002, 790, 791; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 96. 390 Kalss, in: MüKoAktG, § 1 GesAusG Rn. 38; Althuber / Krüger, AG 2007, 194, 200. 391 Vgl. § 23 Abs. 5 AktG. 392 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1318; Priester, GmbHR 2019, 749, 751; Riedel, FS Spiegelberger 2009, 899 f. 386

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

mehrheiten kann der GmbH-Kleinstgesellschafter ebenso wenig verhindern wie der Kleinstaktionär. Sein Blockadepotential liegt vielmehr in der Beschlussanfechtung und in der unverhältnismäßigen Geltendmachung von Minderheitsrechten.393 Das GmbHG enthält keine Regelungen zum Beschlussmängelrecht. Die aktienrechtlichen Beschlussmängelvorschriften der §§ 241 ff.  AktG finden analoge Anwendung auf die GmbH, sofern ein Beschlussergebnis förmlich festgestellt worden ist.394 Auch wenn ein bloß anfechtbarer Gesellschafterbeschluss der GmbH bis zu seiner Nichtigerklärung durch richterliches Gestaltungsurteil analog § 241 Nr. 5 AktG wirksam ist,395 kann ein Minderheitsgesellschafter mithilfe von – im Ergebnis auch erfolglosen – Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen ein nicht unerhebliches (Haftungs-)Risiko für die Geschäftsführung oder die Mehrheitsgesellschafter hervorrufen, das diese unter Umständen bis zur rechtskräftigen Entscheidung von der Umsetzung der beschlossenen Maßnahme abhält.396 Selbst wenn mit einer derartigen Drohkulisse nur zeitliche Verzögerungen wichtiger Strukturmaßnahmen oder existenzieller Kapitalaufnahmen einhergehen, können die Negativeffekte dieser Verzögerungen gerade für junge Unternehmen, die verstärkt auf das Vertrauen ihrer Kapitalgeber in die Professionalität der Geschäftsführung und der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft angewiesen sind, existenzvernichtend sein. Die Illiquidität der Gesellschaft wegen des Verlusts eines sicher geglaubten Investments kann in dieser frühen Unternehmensphase zum (ungewollten) Abgang leitenden Personals und nicht zuletzt zum vollständigen Scheitern des Gesellschaftszwecks führen. Jedoch tritt das Phänomen des „räuberischen Kleinstaktionärs“ in der GmbH in beschränkterem Umfang auf, da die GmbH-Geschäftsanteile nicht anonym sind und durch Vinkulierungsklauseln verstärkt Einfluss auf die Gesellschafterstruktur genommen wird.397 Anonymen Berufsklägern mit geringen Beteiligungen, die mit ihrem Eintritt in die Gesellschaft primär den Zweck verfolgen, sich den „Lästigkeitswert“ ihrer Beschlussmängelklagen „abkaufen“ zu lassen, wird der Eintritt in

393

v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. BGHZ 11, 231, 235; 51, 209, 210 f.; 104, 66; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, Anh. § 47 Rn. 1; Fleischer, GmbHR 2008, 673 ff.; ders., GmbHR 2013, 1289 ff.; Priester, GmbHR 2019, 749, 751; im Fall des Fehlens einer förmlichen Beschlussfeststellung kann die Wirksamkeit durch eine fristungebundene Beschlussfeststellungsklage gem. § 256 ZPO festgestellt werden, BGH, NZG 2016, 552, 554; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, Anh. § 47 Rn. 227; Altmeppen, GmbHR 2021, 345, 347. 395 Altmeppen, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 61. 396 Harbarth, GmbHR 2005, 966, 969; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 675; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. 397 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 674 f.; kein „gewerbsmäßiger Missbrauch“ der Gesellschafterrechte in der GmbH nach Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 90; vgl. zur praktischen Bedeutung von Vinkulierungsklauseln Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 55. 394

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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die GmbH regelmäßig verwehrt bleiben.398 Gänzlich auszuschließen ist das Phänomen aber auch bei der GmbH nicht.399 Im Hinblick auf konstitutive Eintragungen im Handelsregister besteht für Umwandlungsmaßnahmen nach dem UmwG eine vergleichbare Interessenlage wie bei der AG400, da das Freigabeverfahren gem. §§ 16 Abs. 3, 198 Abs. 3 UmwG direkte Anwendung auf die GmbH findet. Trotz des Freigabeverfahrens kann der Minderheitsgesellschafter einer GmbH aufgrund der mit diesem Verfahren einhergehenden zeitlichen Verzögerung und dem Prozessrisiko ein erhebliches Drohpotential für den Fortbestand der Gesellschaft darstellen. Hinsichtlich anderer gem. § 54 Abs. 3 GmbHG konstitutiv einzutragender Gesellschafterbeschlüsse401 ist das Bedürfnis nach einem Squeeze-out von Minderheitsgesellschaftern, die ihr Klagerecht missbräuchlich einsetzen, in der GmbH sogar größer als in der AG, da die analoge Anwendung des Freigabeverfahrens nach § 246a AktG auf GmbH-Sachverhalte umstritten ist und noch keine höchstrichterliche Klärung erfahren hat.402 Auch wenn gesetzlich keine Registersperre vorgesehen ist, entspricht es der Praxis der Registergerichte, die Strukturmaßnahmen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Anfechtungsprozesses nicht einzutragen.403 Mithin kann ein GmbH-Minderheitsgesellschafter (missbräuchliche) Blockadesituationen herbeiführen und die Gesellschaftermehrheit in Anbetracht womöglich existenzbedrohender Verzögerungen und Unsicherheiten zu (unverhältnismäßigen) finanziellen Zugeständnissen zwingen. Die Möglichkeiten des GmbH-Kleinstbeteiligten, negativen Einfluss auf die unternehmerische Flexibilität und eine effektive Unternehmensführung zu nehmen, sind vergleichbar stark ausgestaltet wie die des Minderheitsaktionärs. Eine stark anwachsende Gesellschafterzahl kann daher zu einer Einschränkung der Aktionsfähigkeit der Gesellschaft führen, die ein berechtigtes Interesse an der Verkleinerung der Gesellschaft begründet.404 Unabhängig von dem Missbrauchspotential einer Kleinstbeteiligung ist auch bei der GmbH das Bedürfnis des Mehrheitsgesellschafters, Umwandlungsmaßnahmen ohne Kleinstbeteiligten beschleunigt und kostenreduzierend durchführen zu kön 398

Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, 587, 600; Harbarth, GmbHR 2005, 966, 969; Schröder /  Wirsch, ZGR 2012, 660, 674 f. 399 Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, 587, 605; Harbarth, GmbHR 2005, 966, 969; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 17 („Lästigkeitswert als psychologische Kriegsführung“). 400 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 2. b). 401 Als Beschlussinhalte seien Unternehmensverträge und Kapitalmaßnahmen genannt. 402 Für die analoge Anwendung des § 246a AktG: Altmeppen, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 64; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 88; Harbarth, GmbHR 2005, 966, 968 ff.; Bayer / Lieder, NZG 2011, 1170; ablehnend KG, NZG 2011, 1068; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, Anh. § 47 Rn. 281; K. Schmidt / Bochmann, in: Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 137; Fleischer, DB 2011, 2132, 2135 ff. 403 Harbarth, GmbHR 2005, 966, 967. 404 Eiselt, FS v. Lübtow 1980, 643, 655; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 81.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

nen,405 anzuerkennen.406 Strukturmaßnahmen in der GmbH wie die Verschmelzung erfordern kostspielige Unternehmensbewertungen zur Ermittlung der Umtauschverhältnisse und Abfindungsansprüche bei der Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern. Soweit eine Kohärenz zwischen dem Interesse des Hauptgesellschafters an einer effektiven Unternehmensführung und dem öffentlichen Interesse bejaht wurde,407 besteht das öffentliche Interesse an effizienten Unternehmensstrukturen infolge der Bereinigung der Kapitalstruktur auch bei einer GmbH.408 Im Hinblick auf die unternehmerische Flexibilität, die effektive Unternehmensführung und die beschleunigte, kostenschonende Umsetzung von Strukturmaßnahmen besteht eine vergleichbare Interessenlage zwischen der GmbH und der AG. d) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen Wie bei der AG kann der Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern in der GmbH die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen erleichtern.409 Da das Auskunftsrecht gem. § 51a GmbHG über das Auskunftsrecht des Aktionärs gem. § 131 AktG hinausgeht,410 kann es in der GmbH trotz Einschränkung des § 51a Abs. 2 GmbHG sogar schwieriger sein, Geschäftsgeheimnisse vor Minderheitsgesellschaftern zu wahren. In dieser Hinsicht besteht ein stärkeres Bedürfnis für einen Squeeze-out in der GmbH als in der AG. Eine vergleichbare Interessenlage liegt vor. e) Geringerer Formalaufwand und Kenntnis von Gesellschaftern Die fehlende Kenntnis von Gesellschaftern dürfte in der GmbH aufgrund der gem. § 40 GmbHG beim Handelsregister einsehbaren Gesellschafterliste, aus der die Inhaberschaft eines GmbH-Geschäftsanteils transparent hervorgeht und deren Relevanz im Rahmen der Neufassung des § 16 GmbHG411 erheblich gestärkt wurde,412 kein ernsthaftes Problem darstellen.413 Eine mit der AG vergleichbare Interessenlage besteht nicht.414 Der durch Minderheitsgesellschafter verursachte 405 Beispielsweise durch den Verzicht auf erforderliche Verschmelzungsberichte und -prüfungen, vgl. §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3, 12 Abs. 3 UmwG. 406 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 675. 407 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 3. 408 Wie hier ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. 409 Harrer, FS Sonnenberger 2004, 235, 246. 410 BGHZ 135, 48, 54. 411 Gemeint ist die Neufassung durch das MoMiG. 412 Pfisterer, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 16 Rn. 1; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 1. 413 Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 8; v. Morgen, WM 2003, 1553, 1559; Schröder /  Wirsch, ZGR 2012, 660, 675; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 90. 414 Vgl. zur AG oben Kapitel 2 A. I. 2. c).

E. Analogiefähigkeit der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen

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Formalaufwand fällt in der GmbH geringer aus als in der AG.415 Es wird nicht verkannt, dass auch in der GmbH mit einer Vergrößerung des Gesellschafterkreises der administrative Aufwand zur Vorbereitung und Durchführung der Gesellschafterversammlung zunimmt und das Auskunftsrecht gem. § 51a GmbHG nicht unerhebliche Kosten verursachen kann.416 Im Gegensatz zur AG bestehen aber in der GmbH keine den aufwändigen Einberufungs- und Durchführungsvorschriften der §§ 121 ff. AktG vergleichbaren Vorschriften.417 Die Kosten im Zusammenhang mit der Einberufung und Durchführung der GmbH-Gesellschafterversammlung dienen nicht als primäre Begründung für das einen Squeeze-out rechtfertigende Rationalisierungsinteresse.418 f) Zwischenfazit Eine vergleichbare Interessenlage zwischen dem gesetzlich geregelten Squeezeout in der AG und dem ungeregelten Ausschlusssachverhalt in der GmbH besteht nicht in jeder Hinsicht. Das Argument des kostspieligen Formalaufwands trägt für die GmbH nur bedingt. Der Aspekt der Unkenntnis von Minderheitsaktionären ist auf die GmbH nicht übertragbar, dürfte aber als in der Gesetzesbegründung letztgenannter und auf wenige Fälle beschränkter Aspekt419 für die Normierung des aktienrechtlichen Squeeze-out nur von untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Vorrangig scheidet eine Vergleichbarkeit der Squeeze-out-Sachverhalte aufgrund der realtypischen Strukturunterschiede zwischen der AG und der GmbH aus. Die Fallgruppen, in denen eine Zersplitterung der GmbH-Beteiligungen und eine kapitalistische Prägung der GmbH in Betracht kommt, sind nicht repräsentativ für den personalistischen Realtypus der Gesellschafterstruktur der GmbH. Eine vergleichbare Interessenlage liegt nicht vor. Die aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 327a ff.  AktG sind mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Interessenlage nicht analog auf die GmbH anwendbar.

III. Ablehnung weiterer Analogiekonstellationen Der übernahmerechtliche Squeeze-out ist einer analogen Anwendung auf die GmbH nicht zugänglich, da er in seinem persönlichen Anwendungsbereich auf börsennotierte Gesellschaften und in seinem sachlichen Anwendungsbereich auf ein vorangegangenes Übernahme- oder Pflichtangebot i. S. v. §§ 35 Abs. 2 i. V. m. 415 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 675; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 89 f. 416 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 674; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1318. 417 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 673. 418 v. Morgen, WM 2003, 1553, 1558; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. 419 BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 32.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

29 Abs. 2 WpÜG beschränkt ist.420 Da die Rechtsform der GmbH üblicherweise nicht als börsennotierte Gesellschaft auftritt und für potentielle Anteilserwerber kein Pflichtangebot erforderlich wird, fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die analoge Anwendung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out wird jedenfalls an der planwidrigen Regelungslücke scheitern. Der Gesetzgeber betonte im Gesetzgebungsprozess den eigenständigen Charakter der „verschmelzungsrechtlichen Sonderlösung“421 gegenüber dem aktienrechtlichen Squeeze out. Im Wege eines Erst-Recht-Schlusses scheidet die analoge Anwendung auf die GmbH aus. Da eine analoge Anwendung der gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen auf die GmbH als neben der AG gängige Kapitalgesellschaft ausscheidet, muss dies erst recht für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), OHG und KG als gegenüber der GmbH stärker personalistisch geprägten Personengesellschaftsformen gelten.422

IV. Fazit Die gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen sind nicht analogiefähig. Es fehlt aufgrund der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers für ihren beschränkten Anwendungsbereich an der planwidrigen Regelungslücke. Daneben ist die Vergleichbarkeit der Ausschlusssachverhalte zwischen der AG und der GmbH nicht in allen wesentlichen Merkmalen gegeben. Sie drängt sich mitnichten derart auf, dass eine Squeeze-out-Regelung für die GmbH de lege ferenda zweckmäßig ist. Ein gesetzlicher Regelungsbedarf besteht nicht. In Abweichung von diesen für die realtypisch personalistische Grundstruktur der GmbH getroffenen Ergebnissen liegt die Annahme einer vergleichbaren Interessenlage für die in dieser Arbeit primär zu untersuchenden GmbH-Gesellschafterstrukturen, die sich infolge einer (potentiell) zunehmenden Beteiligungszersplitterung dem typisch kapitalistischen Gepräge einer AG annähern, erheblich näher. Für eine derartig kapitalistisch geprägte GmbH oder KG besteht das starke praktische Bedürfnis nach vertraglichen Squeeze-out-Klauseln.423

420

Vgl. oben Kapitel 2 A. III. Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 422 Vgl. aber zur im Einzelfall kapitalistisch geprägten KG unten Kapitel 4 D. II. 2.–4. 423 Vgl. zur Ausstrahlungswirkung der gesetzgeberischen Wertentscheidung in den aktienrechtlichen Vorschriften auf die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln in der GmbH oder KG unten Kapitel 4 D. 421

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch? In Vorbereitung der These, dass gesellschaftsvertragliche Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen im Fall der Kleinstbeteiligung zulässig sind, ist der Frage nachzugehen, inwieweit vertragliche Gestaltungen zur Herbeiführung der Voraussetzungen des gesetzlich normierten Squeeze-out rechtsmissbräuchlich sind. Der Anerkennung derartiger gestalterischer Vorfeldmaßnahmen unter Ablehnung eines Rechtsmissbrauchs wäre eine indizielle Wirkung für die Zulässigkeit vertraglicher Squeeze-out-Klauseln zu entnehmen.424 Die Problematik des Rechtsmissbrauchs wurde bereits nach Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out schwerpunktmäßig hinsichtlich der „künstlichen“ Beschaffung der erforderlichen Beteiligungsschwelle und des den Squeeze-out vorbereitenden Formwechsels von der GmbH in die AG sowie hinsichtlich des Grundsatzes venire contra factum proprium diskutiert.425 Wahrhaftig lebte die Diskussion um die Grenzen der Gestaltungsfreiheit mit der Einführung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out auf.426 Vorrangig Hedge-Fonds bauten als Reaktion auf die in §§ 327a  AktG, 39a  WpÜG normierte Beteiligungsschwelle von 95 % für den Erhalt ihres Blockadepotentials Beteiligungen über 5 % des Grundkapitals auf.427 Infolge der niedrigeren Beteiligungsschwelle des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out von 90 % war daher vermehrt das Phänomen zu beobachten, dass Mehrheitsgesellschafter gezielt die Voraussetzungen des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out herbeiführen, um sich ihrer Minderheitsgesellschafter zu entledigen.428

424

Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 685 ziehen den Umkehrschluss, demzufolge „im Rahmen der Verknüpfung von Formwechsel und Squeeze-out das durch die allgemeinen Grundsätze des GmbH-Rechts geschützte Vertrauen auf den Fortbestand der Mitgliedschaft bei einer personalistischen GmbH als gewichtiges Argument für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs angeführt werden kann“. 425 Darstellung der Fallgruppen bei Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 18 ff.; Koch, AktG, § 327a Rn. 20 ff.; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 30 ff. 426 Vgl. nur OLG Hamburg, NZG 2012, 944; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2392 ff.; A ­ ustmann, NZG 2011, 684, 690 ff.; Goslar / Mense, GWR 2011, 275; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 533 ff.; Neye / Kraft, NZG 2011, 681, 683; Packi, ZGR 2011, 776, 781 ff.; Mayer, NZG 2012, 561, 563 ff.; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660; Stephanblome, AG 2012, 814; Schockenhoff / Lumpp, ZIP 2013, 749, 750 f.; Widmann, AG 2014, 189; Florstedt, NZG 2015, 1212; Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 198 ff. 427 Austmann, NZG 2011, 684, 685; ders., ZGR 2009, 277, 303 f. 428 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 43; Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1663.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

I. Beurteilungsmaßstab Die gesetzlichen Squeeze-out-Beschlüsse unterliegen keiner materiellen Inhaltskontrolle, sondern tragen aufgrund der vom Gesetzgeber vorgenommenen Interessenabwägung ihre Rechtfertigung in sich selbst.429 Der als milderes Mittel erwägenswerte Entzug bestimmter Minderheitsrechte, beispielhaft des Anfechtungsrechts von Hauptversammlungsbeschlüssen, ist unzulässig.430 Die alternativen Minderheitsausschlüsse durch eine „übertragende Auflösung“ oder die Mehrheitseingliederung bedürfen ebenfalls keiner materiellen Beschlusskontrolle.431 Dementsprechend ist die Frage des Rechtsmissbrauchs nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht allein anhand der Absichten des Hauptaktionärs, sondern auch im Verhältnis zur Zielsetzung des Gesetzgebers, im Interesse wirtschaftlicher Rationalisierung und unternehmerischer Flexibilität einen Minderheitsausschluss zu gestatten, zu beurteilen.432 Eine unzulässige Rechtsausübung als Unterfall des allgemeinen Gebots von Treu und Glauben gem. § 242 BGB liegt vor, wenn zwar alle Tatbestandsmerkmale einer Gesetzesregelung erfüllt sind, die Ausübung des Rechts aber im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der eintretenden Rechtsfolgen als missbräuchlich zu qualifizieren ist.433 Im Interesse der Rechtssicherheit der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme und der Vertragsfreiheit sind hohe Anforderungen an eine derartige Qualifikation zu stellen.434 Missbräuchlich kann eine Rechtsausübung nur sein, wenn sich ihre Rechtsfolgen nach umfassender Abwägung der betroffenen Interessen als untragbar darstellen.435 Eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Gebots von Treu und Glauben stellt im Verhältnis der GmbH oder KG zu ihren Gesellschaftern, aber auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander,436 die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht dar.437 429

Vgl. oben Kapitel 2 A.; ausführliche Besprechung bei Bühler, BB 2018, 2886, 2887 ff. Bühler, BB 2018, 2886, 2889; für die GmbH Blath, RNotZ 2017, 218, 220; vgl. unten Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3); für die KG unten Kapitel  4  D. II. 2. b) aa) (1). 431 Vgl. oben Kapitel 2 B. 432 BGHZ 180, 154, 160; OLG München, NZG 2021, 1594, 1601; Fröde, NZG 2007, 729, 732. 433 Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 2; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 668; vgl. zur Differenzierung von „individuellem“ und „institutionellem“ Rechtsmissbrauch Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1663. 434 Kähler, in: BeckOGK BGB, § 242 Rn. 967; Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 121; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 668. 435 Schubert, in: MüKoBGB, § 242 Rn. 220 ff.; Looschelders / Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 219. 436 BGHZ 65, 15, 18 f.; 103, 184, 194; 129, 136, 142; Fastrich, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 20; Schäfer, in: Staub, HGB, § 105 Rn. 236; Holler, BB 2012, 719, 720; Holler /  Mann, NZG 2021, 402, 403. 437 BGHZ 9, 157, 163; 98, 276, 279; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 29; Fastrich, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 20; Lieder, in: Michalski / Heidinger /  Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 13 Rn. 135; Merkt, in: MüKoGmbHG, § 13 Rn. 100; für die AG Rieder, ZGR 2009, 981, 986; Packi, ZGR 2011, 776, 798; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 403; 430

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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Diese gesellschaftsrechtliche Treuepflicht erfordert eine schonende Ausübung von Gesellschafterrechten.438 Sie gewährleistet sowohl einen Schutz der Minderheit vor der Mehrheit als auch der Mehrheit vor der Minderheit.439 Der Inhalt und die Intensität der Treuepflicht richten sich nach der Rechtsform und der Realstruktur der Gesellschaft.440 Es bestehen intensive Treuebindungen in personalistisch geprägten Gesellschaften.441 Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertentscheidung für den Squeeze-out sind diese allgemeinen, durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht modifizierten Grundsätze zur unzulässigen Rechtsausübung restriktiv zu behandeln. Die Annahme missbräuchlicher Gestaltungen muss auf außergewöhnliche Ausnahmefälle beschränkt werden.442 In der Praxis ist bisher kein Fall eines rechtsmissbräuchlichen Squeeze-out ausgeurteilt worden.443 Nach Grunewald liegt ein solcher vor, wenn „der vom Gesetzgeber angenommene Zweck einer Beschlussmöglichkeit entfremdet und stattdessen ein anderweitig aufgestelltes Verbot unterlaufen wird, oder [wenn] die beabsichtigte Maßnahme in ihrer Benachteiligung der Minderheit über das vom Gesetz vorgesehene Maß hinausgeht“.444

II. Ausgewählte Fallgruppen Im Folgenden sollen nur diejenigen Fallgruppen auf eine unzulässige Rechtsausübung hin untersucht werden,445 die von hervorgehobener Relevanz für die Wirksamkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln sein können. als weitere Grundlagen für die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht werden die gesellschaftsrechtliche Förderpflicht gem. § 705 BGB, das Sittengebot gem. § 138 Abs. 1 BGB und die Natur des Verhältnisses der mitgliedschaftlichen Gemeinschaft genannt, Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 225 ff.; Grisar, GmbHR 2020, 1161, 1165. 438 Fastrich, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 26a f. 439 BGHZ 183, 1, 8; Holler, BB 2012, 719, 720; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 403. 440 Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 29; Lieder, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 13 Rn.  135; Holler, BB 2012, 719, 720; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 669; Fleischer, GmbHR 2021, 113, 118; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404. 441 Lieder, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 13 Rn.  135, 156; Schröder /  Wirsch, ZGR 2012, 660, 670; Grisar, GmbHR 2020, 1161, 1165; für die Zweipersonengesellschaft Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 29; Raiser, in: Habersack / Casper /  Löbbe, GmbHG, § 14 Rn. 78. 442 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 18; Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 121. 443 Annahme eines Rechtsmissbrauchs bei einer Instrumentalisierung eines umwandlungsrechtlichen Squeeze-out zur Vereitelung der Inanspruchnahme durch einen besonderen Vertreter wohl durch OLG Köln, NZG 2018, 459, 462 ff., der allerdings aufgrund von Zusagen der Hauptaktionärin im Freigabeverfahren nicht entscheidungserheblich war; a. A. OLG München, NZG 2021, 1594, 1601. 444 Grunewald, ZIP 2002, 18, 21; dies., in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 50; zitiert in OLG Köln, NZG 2018, 459, 462; ähnl. Bolte, DB 2001, 2587, 2589; Bühler, BB 2018, 2886, 2892 (fehlendes schutzwürdiges Eigeninteresse des Hauptaktionärs bei Verfolgung eines sachfremden Zwecks). 445 Die Feststellung einer unzulässigen Rechtsausübung erfordert eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls, sodass eine Kategorisierung mit Vorsicht zu genießen ist, Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 121.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

1. Mehrheitsbeschaffende Gestaltungen Die Beurteilung der Zulässigkeit mehrheitsbeschaffender Gestaltungen mit dem ausschließlichen Ziel des Squeeze-out könnte eine Ausstrahlungswirkung auf die Frage entfalten, ob im Rahmen eines vertraglichen Squeeze-out nicht nur einem Hauptgesellschafter, sondern auch der entsprechenden Gesellschaftermehrheit das Squeeze-out-Recht eingeräumt werden kann. Der Bundesgerichtshof hielt in seiner „Lindner-Entscheidung“ aus dem Jahr 2009 den Fall, in dem sich der Hauptaktionär vorübergehend die erforderliche Kapitalmehrheit i. S. v. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG im Wege eines Wertpapierdarlehens beschaffte, für zulässig.446 Er qualifizierte das Wertpapierdarlehen als Sachdarlehen i. S. v. § 607 BGB,447 sodass der Darlehensnehmer vollwertiges Eigentum an den übertragenen Aktien erlangt.448 Für § 327a Abs. 1 AktG sei bei einer formalen Betrachtungsweise allein das sachenrechtliche Aktieneigentum entscheidend.449 Das Gesetz stelle keine weiteren Anforderungen an den Erwerb und den Fortbestand der Beteiligung.450 Die gestaltende Mehrheitsbeschaffung sei aufgrund der gesetzlichen Zurechnungsregeln gem. §§ 327a Abs. 2, 16 Abs. 1, 4 AktG vom Gesetzgeber legitimiert.451 Das hiermit verfolgte Ziel des Gesetzgebers, ein kostspieliges „Umhängen von Beteiligungen“ zu verhindern,452 verdeutlicht, dass der Gesetzgeber vom Sinn und Zweck der Regelung auch einen Ausschluss erfasst sieht, in dessen Folge neben dem Hauptaktionär noch andere Aktionäre an der AG beteiligt sind.453 Ziel der §§ 327a ff. AktG sei es nicht, dem Hauptaktionär dauerhaft eine Stellung als Alleinaktionär zu sichern,454 sondern vielmehr den Squeeze-out der Minderheit im Interesse einer effizienten Unternehmensführung zu ermöglichen.455 In diesem Zusammenhang kann es ein vom Gesetzeszweck erfasstes 446

BGHZ 180, 154; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 28; ­Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 31; Kort, AG 2006, 557, 559; Pluskat, NZG 2007, 725, 729; R ­ ieder, ZGR 2009, 981, 991 f.; a. A. vorinstanzlich OLG München, ZIP 2006, 2370, 2372 f.; ­Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 21; Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 17; Baums, WM 2001, 1843, 1845 f.; ders., Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 145; ­Fleischer, ZGR 2002, 757, 778. 447 BGHZ 180, 154, 158; Schmid / Mühlhäuser, BB 2001, 2609; zuvor Baums, WM 2001, 1843, 1846. 448 BGHZ 180, 154, 158; Kort, AG 2006, 557, 563 (kein „Aktieneigentum zweiter Klasse“). 449 BGHZ 180, 154, 158; Kumpan / Mittermeier, ZIP 2009, 404, 406. 450 BGHZ 180, 154, 158; Koch, AktG, § 327a Rn. 10; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 31; Kort, AG 2006, 557; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 5. 451 BGHZ 180, 154, 158; Widmann, AG 2014, 189, 192; Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1665. 452 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 1.; Kapitel 2 B. I. 453 Widmann, AG 2014, 189, 192; a. A. Baums, WM 2001, 1843, 1845. 454 BGHZ 180, 154, 158; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 31; Fleischer, ZGR 2002, 757, 778; Krieger, BB 2002, 53, 62; Markwardt, BB 2004, 277, 285 f.; Kort, AG 2006, 557, 560; Pluskat, NZG 2007, 725, 727; Rieder, ZGR 2009, 981, 991; a. A. Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 16; Baums, WM 2001, 1843, 1845. 455 BGHZ 180, 154, 159; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 31; Rieder, ZGR 2009, 981, 991.

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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Ziel des Hauptaktionärs sein, mit dem Squeeze-out Gesellschafterstrukturen zu bereinigen, um einen strategischen Investor zu beteiligen.456 Diese gesetzgeberische Zielsetzung muss die Grenze für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung sein.457 Die Aufnahme neuer Investoren nach Verdrängung der Altaktionäre ist demnach zulässig.458 Der Bundesgerichtshof hat mit dieser sehr formalen Betrachtungsweise der Rechtssicherheit und der Gestaltungsfreiheit im Spannungsfeld zum Minderheitenschutz den Vorrang eingeräumt.459 Die Minderheit genießt entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung einen hinreichenden Vermögens-, nicht hingegen einen Bestandsschutz.460 Die zielgerichtete Herbeiführung der tatbestandlichen Voraussetzungen des aktienrechtlichen Squeeze-out kann als Ausdruck effizienterer Gestaltung der Unternehmensführung sowie unternehmerischer Flexibilität gewertet werden.461 Dieser Gedanke ist auf die Zulässigkeit der Gründung einer Holding- oder Zweckgesellschaft, in der die Aktien für die Zwecke eines Squeeze-out gebündelt werden, zu übertragen.462 Erforderlich ist lediglich, dass die Zweckgesellschaft rechtsfähig ist und die Aktien ihr tatsächlich dinglich übertragen werden.463 Es kann keinen Unterschied machen, ob die Hauptaktionärseigenschaft im Wege eines vorübergehenden Wertpapierdarlehens auf einen Aktionär oder auf eine eigens dafür errichtete Zweckgesellschaft begründet wird.464 Zulässig ist angesichts der „Lindner-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs entgegen der Ansicht, die in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen Treu und Glauben unter Hinweis auf den Grundsatz venire contra factum proprium annimmt,465 auch die Aufnahme neuer Aktionäre sowie die Wiederaufnahme einzelner Minderheitsaktionäre nach Durchführung des Squeeze-out.466 456

Riehmer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 44 Rn. 39. BGHZ 180, 154, 160; Fröde, NZG 2007, 729, 732. 458 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 28; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 30; Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 327a Rn. 25; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, Vor. §§ 327a–327f Rn. 28; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1214; Vetter, AG 2002, 176, 186; Rieder, ZGR 2009, 981, 1000 f.; a. A. Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 459 Rieder, ZGR 2009, 981, 989. 460 BGHZ 180, 154, 159; Rieder, ZGR 2009, 981, 989. 461 Fröde, NZG 2007, 729, 732. 462 Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a AktG Rn. 58; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 29; Goslar, in: BeckHdB-AG, § 15 Rn. 49; Wittuhn / Giermann, MDR 2003, 372, 373; Pluskat, NZG 2007, 725, 727; Goslar / v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1991; Rieder, ZGR 2009, 981, 994 f.; kritisch bei unternehmerischen Beteiligungen und personalistischen Aktiengesellschaften Riehmer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 44 Rn. 37; a. A. Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 20; dies., ZIP 2002, 18, 19; Baums, WM 2001, 1843, 1845; Bolte, DB 2001, 2587, 2589 f.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 778; GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1211. 463 Wittuhn / Giermann, MDR 2003, 372; Goslar / v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1991. 464 Wie hier Rieder, ZGR 2009, 981, 995. 465 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 16; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 466 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 28; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a AktG Rn. 90; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327f Rn. 18; Rieder, ZGR 2009, 981, 1000 f.; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 181. 457

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Folglich stellen mehrheitsbeschaffende Gestaltungen mit dem ausschließ­lichen Ziel des Squeeze-out nicht per se eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Hauptaktionärseigenschaft kann sowohl durch eine vorübergehende Übertragung der Aktien auf einen Aktionär als auch durch die Gründung einer Holding- oder Zweckgesellschaft begründet werden.467 2. Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out Die Frage der Zulässigkeit der zielgerichteten Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out als „rechtsformbezogene“468 Gestaltung könnte eine indizielle Wirkung für die Zulässigkeit einer Squeeze-out Klausel in der GmbH und in der KG entfalten.469 Der Formwechsel in eine AG gem. §§ 190 ff. UmwG bietet sich sowohl für den aktienrechtlichen- als auch den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out als vorbereitende Umwandlungsmaßnahme an. In der GmbH kann er mit einer Kapitalmehrheit von 75 % gegen den Willen der Minderheitsgesellschafter durchgeführt werden, § 240 Abs. 1 UmwG. In der KG bedarf der Formwechsel der Zustimmung eines jeden Gesellschafters, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Mehrheitsentscheidung vorsieht, § 217 Abs. 1 UmwG. Der Gesetzgeber hat in der konkreten Ausgestaltung des Formwechsels das Erfordernis einer materiellen Beschlusskontrolle durch ein ausdifferenziertes Rechtsschutzsystem ersetzt, vor allem durch die umfassende Information der Gesellschafter und die Möglichkeit des Ausscheidens gegen Barabfindung gem. § 207 UmwG.470 a) Argumente für einen Rechtsmissbrauch In der Literatur wird ein Rechtsmissbrauch befürwortet, wenn der Squeeze-out den einzigen Beweggrund für den zuvor durchgeführten Formwechsel in die AG darstellt.471 Der Hauptgesellschafter einer GmbH instrumentalisiere den Form 467 Vgl. zur Ausstrahlungswirkung auf vertragliche Squeeze-out-Klauseln zugunsten der Gesellschaftermehrheit unten Kapitel 5 A. 468 Differenzierung zwischen „rechtsformbezogenen“ und „mehrheitsbeschaffenden“ Gestaltungen bei Florstedt, NZG 2015, 1212, 1213. 469 Vgl. unten Kapitel 4 E. 470 BegrRegE, BT-Drs. 12/6699, S. 86, 139; OLG Düsseldorf, NZG 2002, 191, 193; Drinhausen / Keinath, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 193 Rn. 11; Hoger, in: Lutter, UmwG, § 193 Rn. 9; Krieger, BB 2002, 53, 61; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 664. 471 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24; dies., ZIP 2002, 18, 22; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 78; ders., ZGR 2002, 757, 787; Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 18; Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 327a Rn. 23; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 32; Gesmann-Nuissl, WM 2002, 1205, 1210 f.; Krieger, BB 2002, 53, 61; einschränkend Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 29.

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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wechsel für den Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters, obwohl der Gesetzgeber den Squeeze-out nicht für die GmbH vorgesehen hat.472 Besonders deutlich wird der Rechtsmissbrauch nach dieser Auffassung in dem Fall, in dem der Hauptgesellschafter nach dem Squeeze-out wieder einen Formwechsel in die originäre Rechtsform der GmbH anstrenge.473 Indiziert sei der Rechtsmissbrauch bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Formwechsel und Squeeze-out und der Absicht der Rückumwandlung.474 Es soll bereits der Umwandlungsbeschluss wegen Missbrauchs anfechtbar sein.475 Auch der Squeeze-out-Beschluss soll der Anfechtung unterliegen können, wenn die Minderheitsgesellschafter beim Formwechselbeschluss mangels Kenntnis von dem geplanten Ausschluss ihre Rechte nicht effektiv wahren konnten.476 Zum Teil wird aufgrund der restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der „Lindner-Entscheidung“477 ein Rechtsmissbrauch nur für die gezielte Instrumentalisierung des Formwechsels in personalistischen Gesellschaften angenommen.478 Dies ergebe sich aus der intensiveren Treuepflichtbindung und den erhöhten Rücksichtnahmepflichten in der personalistischen Gesellschaft.479 Vereinzelt wird der Rechtsmissbrauch mit der „Linotype-Entscheidung“ zur „übertragenden Auflösung“ begründet,480 in deren Rahmen der Bundesgerichtshof einen Auflösungsbeschluss als treuwidrig qualifizierte, da die Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschafter vor dem Auflösungsbeschluss den Erwerb des wesentlichen Gesellschaftsvermögens durch den Mehrheitsgesellschafter vereinbart hatten.481

472

Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a AktG Rn. 57; Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 327a Rn. 23; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 32; GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1210; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1234 f.; Krieger, BB 2002, 53, 61. 473 Müller-Michaels, in: Hölters / Weber, AktG, § 327a Rn. 23; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 32. 474 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 32; Fleischer, ZGR 2002, 757, 787; Krieger, BB 2002, 53, 61; kritisch hinsichtlich der Indizierung bei engem zeitlichen Zusammenhang Koch, AktG, § 327a Rn. 21; Habersack, in: ­Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 29; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 676 ff. 475 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24. 476 Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a AktG Rn. 57; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24; Fleischer, ZGR 2002, 757, 787; Gesmann-Nuissl, WM 2002, 1205, 1210; Krieger, BB 2002, 53, 62. 477 BGHZ 180, 154; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1. 478 Koch, AktG, § 327a Rn. 21; ähnl. bei einer unternehmerischen Beteiligung Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 29. 479 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24; Koch, AktG, § 327a Rn. 21; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 671. 480 Krieger, BB 2002, 53, 61 f. 481 BGHZ 103, 184, 193.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

b) Stellungnahme Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist abzulehnen.482 Die entscheidenden Argumente sind die gesetzgeberische Wertentscheidung und die Rechtssicherheit.483 Es verbietet sich eine isolierte Betrachtung des GmbH-Rechts.484 Der Gesetzgeber hat durch das Umwandlungsrecht der entsprechenden Kapitalmehrheit einer Gesellschaft die Möglichkeit eröffnet, gezielt eine andere Rechtsform und ein anderes Rechtsregime auszuwählen.485 Der Formwechsel einer GmbH in eine AG bringt für die Minderheitsgesellschafter neben rechtsformabhängigen Vorteilen auch Nachteile486 mit sich, zu denen die Gefahr eines jederzeitigen Squeeze-out gehört.487 Da sich der Gesetzgeber dessen bei der Normierung des Formwechsels bewusst gewesen ist, hat er in einem formalisierten Umwandlungsverfahren einen hinreichenden Minderheitsschutz normiert.488 In Kenntnis der Gestaltungsmöglichkeit des Formwechsels ist bewusst auf weitergehende Anforderungen an die Bestandsdauer und Entstehung der dem Squeeze-out zugänglichen AG verzichtet worden.489 Die Minderheitsgesellschafter der GmbH490 genießen auch unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht keinen Vertrauensschutz hinsichtlich des dauerhaften Erhalts ihrer originären Gesellschaftsform.491 Zu berücksichtigen ist, dass der Normzweck des aktienrechtlichen Squeezeout auf eine  – infolge zunehmender Beteiligungszersplitterung  – kapitalistisch geprägte GmbH übertragbar ist.492 Wenn bereits der Normzweck des aktienrechtlichen Squeeze-out auf die ursprüngliche Gesellschaftsform in ihrer individuellen Realstruktur übertragbar ist, kann kein Verstoß gegen Treu und Glauben vorlie 482

Wie hier OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945 f.; Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 123 f.; Goslar, in: BeckHdB-AG, § 15 Rn. 49; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2.  Auflage, § 327a AktG Rn. 84 f.; Riehmer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 44 Rn. 38; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327f Rn. 18; Angerer, BKR 2002, 260, 267; Markwardt, BB 2004, 277, 283; Pluskat, NZG 2007, 725, 726; Goslar / v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1993; Rieder, ZGR 2009, 981, 995 f.; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6; Austmann, NZG 2011, 684, 690; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 174 (Anfechtbarkeit bei beabsichtigter Rückumwandlung). 483 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 121; Markwardt, BB 2004, 277, 283; Rieder, ZGR 2009, 981, 996; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 484 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 123; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 485 Pluskat, NZG 2007, 725, 726; Rieder, ZGR 2009, 981, 996; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 486 Beispielhaft genannt sei das eingeschränktere Informationsrecht, vgl. BGHZ 135, 48, 54. 487 Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 123; Markwardt, BB 2004, 277, 283; Goslar /  v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1993. 488 Markwardt, BB 2004, 277, 283; Goslar / v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1993; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 489 Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327f Rn. 18. 490 Anders nach der gesetzlichen Konzeption bei der GmbH & Co. KG, vgl. § 217 Abs. 1 S. 1 UmwG. 491 Pluskat, NZG 2007, 725, 726; Rieder, ZGR 2009, 981, 995; Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. 492 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b); im Ansatz Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6.

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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gen, wenn der Hauptgesellschafter das dem Normzweck entsprechende Ergebnis durch die finale Verknüpfung von Formwechsel und Squeeze-out herbeiführt. Vielmehr bedient er sich der vom Gesetzgeber bereitgestellten umwandlungs- und gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien und nutzt die ihm gesetzlich zugebilligte Gestaltungsfreiheit.493 Eine etwaige Rückumwandlung in die ursprüngliche Gesellschaftsform ist ebenfalls von dieser Gestaltungsfreiheit gedeckt und kann kein rechtsmissbräuchliches Verhalten indizieren.494 Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, die die gesetzgeberischen Zielsetzungen konterkariert.495 Nicht anders sind die jüngsten ober- und höchstgerichtlichen Entscheidungen zu interpretieren, die sich auf die formale Rechtslage konzen­ trieren und den gesetzgeberischen Zielen Vorrang vor den Absichten des Hauptgesellschafters einräumen.496 Das Oberlandesgericht Hamburg konstatiert, der Bundesgerichtshof habe mit seiner „Lindner-Entscheidung“497 die in der Literatur gebildeten Fallgruppen zum Rechtsmissbrauch im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-out „obsolet“ werden lassen.498 Ferner kann der Zeitraum, in dem ein Rechtsmissbrauch indiziert sein soll, selbst von seinen Befürwortern nicht klar bestimmt werden,499 sodass für die betroffenen Unternehmen in der Praxis eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstünde.500 Der Annahme eines Rechtsmissbrauchs in personalistischen Gesellschaften kann entgegengehalten werden, dass auch der vom Gesetzgeber für zulässig erachtete Squeeze-out in personalistisch strukturierten Aktiengesellschaften keinen Rechtsmissbrauch begründet.501 Zudem ist zweifelhaft, wann eine derartige finale Verknüpfung von Formwechsel und Squeeze-out bei einer personalistischen Gesellschaft überhaupt in Betracht kommt. Nach der Definition502 sind die wesentlichen Merkmale einer personalistischen Gesellschaft eine geringe Anzahl von Gesellschaftern und das Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters. Diese beiden Merkmale schließen regelmäßig die Existenz eines Kleinstbeteiligten aus. 493

Riehmer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 44 Rn. 38; Schnorbus, in: Schmidt, K. /  Lutter, AktG, § 327f Rn. 18. 494 I. E. wie hier Rieder, ZGR 2009, 981, 996 f. 495 Im Ansatz Goslar / v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1993. 496 BGHZ 180, 154; OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945 f. 497 BGHZ 180, 154; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1. 498 OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945. 499 Vorgeschlagen wird ein Zeitraum von ein bis zwei Jahren, Krieger, BB 2002, 53, 62; kritisch Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 24. 500 Riehmer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 44 Rn. 39; Markwardt, BB 2004, 277, 283; Pluskat, NZG 2007, 725, 726; wenig überzeugend ist hingegen die Argumentation, der Mehrheitsgesellschafter fände unabhängig vom Squeeze-out in der Praxis regelmäßig gute Gründe für einen Formwechsel, mit denen er die Indizierung eines Rechtsmissbrauchs widerlegen könnte, so Angerer, BKR 2002, 260, 267; Markwardt, BB 2004, 277, 283. 501 Angerer, BKR 2002, 260, 267. 502 Vgl. oben Kapitel 2 C. II.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Der Verweis auf die „Linotype-Entscheidung“ überzeugt nicht, da der Bundesgerichtshof die Treuwidrigkeit aufgrund der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots feststellte, nach dem allen Gesellschaftern in der Abwicklung des Gesellschaftsvermögens die gleichen Erwerbschancen einzuräumen sind.503 Dies kann nicht auf den Squeeze-out übertragen werden, da die Erwerbschance im Rahmen des Squeeze-out kraft Gesetzes nur dem Hauptaktionär zusteht.504 Zusammenfassend ist die finale Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out nicht per se rechtsmissbräuchlich. Dies gilt uneingeschränkt für die GmbH und für die KG für die Fälle, in denen der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung i. S. v. § 217 Abs. 1 S. 2 UmwG normiert. 3. Gestaltungen um den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out Sollten Gestaltungen wie ein vorbereitender Formwechsel der beteiligten Rechtsträger, die Einschaltung einer Zwischenholding-AG sowie mehrheitsbeschaffende Gestaltungen in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out als zulässig erachtet werden, könnte diese Beurteilung eine Ausstrahlungswirkung für die Wirksamkeit der Absenkung der Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % auf 90 % der Kapitalmehrheit in Squeeze-out-Klauseln entfalten.505 Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs könnte sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Normierung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out eine „verschmelzungsrechtliche Sonderlösung“506 verfolgen wollte und eine „faktische“ Herabsetzung der Mindestbeteiligungsschwelle auf 90 % durch gezielte Umwandlungsmaßnahmen der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufen könnte.507 Zum Teil wird unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielsetzung, hinsichtlich des singulären Ereignisses der Konzernverschmelzung Aufwand und Kosten zu vermeiden,508 ein Rechtsmissbrauch in den Fällen angenommen, in denen vorbereitende Umwandlungsmaßnahmen nur dem Zwecke des Minderheitsausschlusses dienen, eine Konzernvereinfachung sowie Kostenreduzierung hingegen ausgeschlossen sei.509 Ein Rechtsmissbrauch liegt nach dieser Ansicht nicht vor, wenn das Vorgehen auf anderen unternehmerischen Gründen beruht.510 503

BGHZ 103, 184, 193 f. Wie hier Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 121; Markwardt, BB 2004, 277, 283; Pluskat, NZG 2007, 725, 726. 505 Vgl. unten Kapitel 6 A. II. 3. 506 Vgl. m. w. N. oben Kapitel 2 A. IV. 507 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 678 f.; Florstedt, NZG 2015, 1212, 1215; ders., ZIP 2018, 1661, 1666. 508 Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 509 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 678 f.; auf absolute Ausnahmefälle beschränkend ­Wagner, DStR 2010, 1629, 1634; Packi, ZGR 2011, 776, 800 f.; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 534. 510 Marsch-Barner / Oppenhoff, in: Kallmeyer, UmwG, § 62 Rn. 36; Wagner, DStR 2010, 1629, 1634. 504

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out keiner sachlichen Rechtfertigung, auf die es bei den geforderten unternehmerischen Gründen hinausliefe, bedarf, sondern der Gesetzgeber die Interessenabwägung bereits vorgenommen hat.511 Obwohl sich der Gesetzgeber etwaiger Gestaltungsmöglichkeiten hinreichend bewusst war, hat er sehenden Auges keine über die formellen Voraussetzungen des § 62 Abs. 5 UmwG hinausgehenden Anforderungen gestellt.512 Dies mag aufgrund seiner Intention, den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out als „Sonderlösung“ auszugestalten, verwundern. Es kann aber auch darauf hindeuten, dass der in der Gesetzesbegründung bekundete Wille zur „Sonderlösung“ nicht mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis zu werten ist und der Gesetzgeber Umgehungsmöglichkeiten bewusst in Kauf genommen hat. Bei gleichzeitiger Berücksichtigung der formalen Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofs in der „Lindner-Entscheidung“513 wird nicht automatisch von einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung auszugehen sein.514 a) Formwechsel Für den vorbereitenden Formwechsel ist zu differenzieren zwischen einem Formwechsel der übertragenden Tochtergesellschaft und dem der übernehmenden Muttergesellschaft. Das Oberlandesgericht Hamburg hat einen Formwechsel der übernehmenden Muttergesellschaft von einer GmbH in eine AG in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out als zulässige Rechtsausübung bewertet.515 Diese Ansicht verdient uneingeschränkte Zustimmung, da die vom Ausschluss betroffenen Gesellschafter der übertragenden Tochtergesellschaft von Anfang an Minderheitsaktionäre einer AG sind, die dem Squeeze-out auch ohne vorbereitende Maßnahmen zugänglich ist.516 Die Minderheitsaktionäre können die Rechtsform ihres Hauptaktionärs ohnehin nicht beeinflussen.517 Zudem hat der Gesetzgeber bewusst in § 62 Abs. 5 UmwG keine Mindestfrist für die Existenz der Muttergesellschaft in der Rechtsform der AG bestimmt.518 In diesem Fall kann auch der intendierte 511

Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945 f.; Göthel, ZIP 2011, 1541, 1549; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393; Packi, ZGR 2011, 776, 799 f. 513 BGHZ 180, 154; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1. 514 Kritisch hinsichtlich der Übertragbarkeit der Wertungen Florstedt, NZG 2015, 1212, 1215; ausführliche Prüfung durch Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 228 ff. 515 OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 946; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2550; Wagner, DStR 2010, 1629, 1634; Göthel, ZIP 2011, 1541, 1549; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 534; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; Mayer, NZG 2012, 561, 563; Schockenhoff / Lumpp, ZIP 2013, 749, 750. 516 OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 946; Drinhausen, BB 2012, 2077. 517 Stephanblome, AG 2012, 814, 816. 518 Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2550; Mayer, NZG 2012, 561, 563; Schockenhoff /  Lumpp, ZIP 2013, 749, 751. 512

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

Gesetzeszweck der Konzernvereinfachung vollumfänglich erreicht werden. Zutreffend hat das Oberlandesgericht Hamburg daher die formale Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofs aus der „Lindner-Entscheidung“519 bestätigt.520 Für die Frage, ob die übertragende Tochtergesellschaft mit der Stimmenmehrheit des Hauptgesellschafters in eine AG umgewandelt werden kann, um anschließend einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out durchzuführen, kann im Wesent­ lichen auf die vorstehende Argumentation zur Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out verwiesen werden.521 Der Ausschluss von Minderheitsaktionären führt auch hier zur Minimierung des Verwaltungsaufwands.522 Dem Einwand, dass der durch den vorbereitenden Formwechsel verursachte Kostenaufwand derart hoch sei, dass die mit § 62 Abs. 5 UmwG vom Gesetzgeber intendierte Kosten- und Aufwandsersparnis nicht erreicht werden könne,523 ist entgegenzuhalten, dass die betroffenen Gesellschafter regelmäßig den entstehenden Formalaufwand selbst am besten beurteilen können.524 Die Gesellschaften handeln im Rahmen des ihnen vom Gesetzgeber bewusst vorgegebenen Spielraums.525 Mithin ist ein Formwechsel in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out nicht treuwidrig. b) Errichtung einer Zwischenholding-AG Alternativ zum Formwechsel des übernehmenden Rechtsträgers kommt die Errichtung einer Zwischenholding-AG in Betracht, der die Muttergesellschaft ihre Anteile an der Tochter-AG überträgt, um im Folgenden die konzernrechtliche Verschmelzung auf die Zwischenholding durchzuführen.526 Einige Literaturstimmen nehmen für diese Gestaltung ein Rechtsmissbrauch an, da die gesetzgeberische Zielsetzung der Konzernvereinfachung und Kostenreduzierung verfehlt 519

BGHZ 180, 154; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1. Wie hier Stephanblome, AG 2012, 814, 816. 521 Wie hier Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 50; Habighorst, in: Böttcher / Habighorst / Schulte, UmwG, § 62 Rn. 56; Rieger, in: Widmann / Mayer, UmwG, § 62 Rn. 102; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; Mayer, NZG 2012, 561, 563 f.; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 2.; a. A. Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 18; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 678 f.; Florstedt, NZG 2015, 1212, 1218; ders., ZIP 2018, 1661, 1666 unter Berufung auf das unionrechtliche Rechtsmissbrauchsverbot; aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393; Klie / Wind / Rödter, DStR 2011, 1668, 1672; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; insgesamt kritisch hinsichtlich der Argumentation mit dem Unionsrecht aufgrund der unklaren unionsrechtlichen Vorgaben Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 50. 522 Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, Vor. §§ 327a–327f Rn. 35. 523 Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 678 f. 524 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 50. 525 Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393. 526 Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322. 520

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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werde.527 Es werde durch die Errichtung der Zwischenholding eine neue Konzernebene geschaffen, die im zweiten Schritt durch die Verschmelzung wieder nivelliert werde, sodass im Ergebnis die ursprüngliche zweistufige Konzernebene, lediglich ohne Minderheitsgesellschafter in der Tochtergesellschaft vorliege.528 Anders läge der Fall, wenn eine bereits bestehende operative Konzerngesellschaft als Zwischenholding eingesetzt werde, um mit der Verschmelzung Synergieeffekte oder andere unternehmerische Gründe zu verwirklichen.529 Eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung ist aber insgesamt abzulehnen.530 Denn neben der formalen Betrachtungsweise der Rechtsprechung hat der Gesetzgeber keine weiteren formellen Anforderungen an den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out, insbesondere auch nicht das Erfordernis einer Strukturvereinfachung, gestellt.531 Ferner ist durch den Ausschluss der Minderheitsaktionäre auf der Ebene der Zwischenholding als Tochtergesellschaft eine 100 %-Beteiligung der Muttergesellschaft erzielt worden, die weitere Umwandlungsmaßnahmen im Konzern durch Vermeidung von Berichts-, Prüfungs- und Beschlusserfordernissen erleichtert und zu der Reduzierung von Verwaltungs- und Kostenaufwand in der Tochtergesellschaft führt.532 Folglich stellt die Errichtung einer Zwischenholding-AG in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out keinen Rechtsmissbrauch dar. c) Mehrheitsbeschaffende Gestaltungen Für mehrheitsbeschaffende Gestaltungen ist im Hinblick auf den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out zu berücksichtigen, dass die Rückübertragung von Aktien „gleicher Art und Güte“ i. S. v. § 607 Abs. 1 S. 2 BGB an der übertragenden Tochtergesellschaft nach dem Squeeze-out nicht mehr möglich ist.533 Die Tochtergesellschaft ist infolge der Verschmelzung erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG. Technisch vereinbaren die Parteien daher kein Sachdarlehen i. S. v. § 607 BGB,

527

Wagner, DStR 2010, 1629, 1634; Austmann, NZG 2011, 684, 690; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 535; Packi, ZGR 2011, 776, 804; Schröder / Wirsch, ZGR 2012, 660, 679 f. 528 Austmann, NZG 2011, 684, 690; Packi, ZGR 2011, 776, 804; in diesem konkreten Fall aufgrund der Umgehung der Kapitalmehrheit von 95 % gem. § 327a AktG für einen Rechtsmissbrauch Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 52. 529 Austmann, NZG 2011, 684, 690; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 535. 530 Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, Vor. §§ 327a–327f Rn. 35; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2549 f.; Goslar / Mense, GWR 2011, 275, 277; Göthel, ZIP 2011, 1541, 1549; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393; Klie / Wind / Rödter, DStR 2011, 1668, 1672; Simon / Merkelbach, DB 2011, 1317, 1322; Mayer, NZG 2012, 561, 564; Schockenhoff, ZIP 2013, 749, 751. 531 Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, Vor. §§ 327a–327f Rn. 35; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2549 f.; Göthel, ZIP 2011, 1541, 1549; Heckschen, NJW 2011, 2390, 2393. 532 Wie hier im Hinblick auf den Verwaltungs- und Kostenaufwand Göthel, ZIP 2011, 1541, 1549. 533 Austmann, NZG 2011, 684, 690; Widmann, AG 2014, 189.

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Kap. 2: Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters im deutschen Recht

sondern bestimmen bei Übertragung der Aktien an der Tochtergesellschaft das Umtauschverhältnis, zu dem den übertragenden Aktionären nunmehr Aktien an der Muttergesellschaft nach dem Squeeze-out gewährt werden.534 Dies erfordert unter Umständen eine Unternehmensbewertung beider Gesellschaften,535 die eine derartige Gestaltung bei zwei effektiv agierenden Gesellschaften aufgrund der damit verbundenen Kosten und Schwierigkeiten unattraktiv werden lässt. Ein weiteres Problem sehen einige Literaturstimmen darin, dass der Gesetzgeber mehrheitsbeschaffende Gestaltungen anders als beim aktienrechtlichen Squeeze-out nicht legitimiert habe, da die Zurechnungsnorm des § 16 Abs. 4 AktG keine Anwendung findet.536 Dem ist entgegenzuhalten, dass die Zurechnungsnorm des § 16 Abs. 4 AktG zwar eine die Rechtmäßigkeit des Squeeze-out mithilfe des Wertpapierdarlehens tragende Überlegung des Bundesgerichtshofs in der „Linder-Entscheidung“ darstellte, nicht jedoch die einzige.537 Da der Gesetzgeber für den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out keine besonderen Anforderungen an den unmittelbaren Erwerb der 90 %-Schwelle gestellt hat,538 muss auch für diese Gestaltungsvariante eine formale Betrachtungsweise gelten.539 Mehrheitsbeschaffende Gestaltungen im Rahmen des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out sind nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen.540

III. Fazit Es ist nicht an sich rechtsmissbräuchlich, die tatbestandlichen Voraussetzungen des gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren mittels gezielter rechtsgestaltender Maßnahmen herbeizuführen. Der Gesetzgeber hat für sämtliche Squeeze-outVerfahren die erforderliche Interessenabwägung bereits vorgenommen. Weder die Squeeze-out-Beschlüsse noch die gestaltenden Umstrukturierungsmaßnahmen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung oder unternehmerischen Begründung. Der Gesetzgeber hat sehenden Auges keine tatbestandlichen Voraussetzungen geschaffen, die missbräuchlichen Gestaltungen entgegenwirken. Die Rechtsprechung entschied sich im Interesse der Rechtssicherheit für eine sehr formale Be 534 Austmann, NZG 2011, 684, 690; Widmann, AG 2014, 189 („Andienung eigener Aktien an Erfüllungs statt“). 535 Austmann, NZG 2011, 684, 690. 536 Widmann, AG 2014, 189, 192; Florstedt, NZG 2015, 1212, 1215; ders., ZIP 2018, 1661, 1665; Fisch, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 49 ff.; vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 537 BGHZ 180, 154; vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1. 538 Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2550; Heckschen, NZG 2010, 1041, 1045; Leuering /  Rubner, NJW-Spezial 2010, 271, 272; Austmann, NZG 2011, 684, 690; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 535; Mayer, NZG 2012, 561, 564. 539 OLG München, NZG 2021, 1594, 1602; Heckschen, NZG 2010, 1041, 1045. 540 Wie hier Heckschen, NZG 2010, 1041, 1045; Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2010, 271, 272; Austmann, NZG 2011, 684, 690; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 535; Widmann, AG 2014, 189, 192 ff.; a. A. Florstedt, NZG 2015, 1212, 1218; ders., ZIP 2018, 1661, 1666 f.

F. Gestalterische Vorfeldmaßnahmen als Rechtsmissbrauch?

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trachtungsweise. Maßgeblich ist das bloße Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen unabhängig von der Art des Erwerbs und dem Fortbestand der erforderlichen Mindestbeteiligungsschwelle. Die Rechtsanwender können diejenigen Gestaltungsspielräume nutzen, die ihnen der Gesetzgeber zugebilligt hat. Aufgrund der Möglichkeit strategischer Strukturierungen hat die Einführung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out zu einer „faktischen Herabsetzung“ der aktienrechtlichen 95 %-Schwelle auf eine 90 %-Schwelle geführt.541

541

Wie hier Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2010, 271, 272; Freytag / Müller-Etienne, BB 2011, 1731, 1734; Goldenberg, Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out, S. 235; wohl auch Diekmann, in: Semler / Stengel / Leonard, UmwG, § 62 Rn. 32d, 32f; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2551; kritisch Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1663.

Kapitel 3

Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen Um die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln beurteilen zu können, ist die grundsätzliche Zulässigkeit gewillkürter Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen in den Gesellschaftsverträgen der GmbH und der KG zu untersuchen.

A. Definition Als Grundlage der nachstehenden Ausführungen sind gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen zu definieren. Der Ausschluss stellt eine Zwangsmaßnahme der Mitgesellschafter des auszuschließenden Gesellschafters dar.1 Eine vertragliche Regelung ist als gewillkürte Ausschlussklausel nach freiem Ermessen zu qualifizieren, wenn sie einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumt, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen.2 Eine derartige Vereinbarung wird auch als „Hinauskündigungsklausel“ bezeichnet.3 Der Ausschluss eines Gesellschafters muss zwingend im freien Belieben eines anderen Gesellschafters oder der Gesellschaftermehrheit stehen.4 Die Ausschlussmöglichkeit darf für den vom Ausschluss bedrohten Gesellschafter nicht vorhersehbar sein und muss zeitlich unbeschränkt gelten.5 Das einer freien Ausschlussklausel entgegenstehende Kriterium des sachlichen Grunds hat den vorrangigen Zweck, dass unter die freien Ausschlussklauseln nur solche Klauseln fallen, die willkürliche Entscheidungen ermöglichen.6

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Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 144. BGHZ 105, 213, 218; 164, 98, 101; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 53; Behr, ZGR 1990, 370, 372; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 277. 3 BGHZ 105, 213, 218; 164, 98, 101; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 277; Schöne, Gesellschafterausschluss, S. 37; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 29. 4 Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 24; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 29. 5 Schöne, Gesellschafterausschluss, S. 38; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 29. 6 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 58; Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97 f. 2

B. Vertragsgestaltungen

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B. Vertragsgestaltungen Vor dem Hintergrund dieser Definition stellt sich die Frage, welche Vertragsgestaltungen als gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen qualifiziert werden können. Das Ausschlussrecht kann als statuarisches Recht im Gesellschaftsvertrag oder im Rahmen einer außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffenen Nebenabrede in Form von Optionsrechten oder Anteilsrückübertragungsverpflichtungen vereinbart werden.7 Statuarische Ausschlussrechte treten in Form von als solchen bezeichneten Kündigungs- oder Ausschlussrechten in den Gesellschaftsverträgen auf. Diese Gestaltung erfordert in der GmbH in einem zweiten Schritt die Verwertung des Geschäftsanteils des ausgeschlossenen Gesellschafters im Wege der Einziehung gem. § 34  GmbHG oder Abtretung des Geschäftsanteils, §§ 398 ff.  BGB, 15  Abs. 3  GmbHG.8 Daher wird die Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln vermehrt im Zusammenhang mit ihrer direkten Integration in Zwangseinziehungsklauseln i. S. v. § 34  Abs. 2  GmbHG oder in korporationsrechtlichen Abtretungsverpflichtungen diskutiert, in denen die Einziehung oder Abtretung eines Geschäftsanteils nicht an einen sachlichen Grund gebunden ist, sondern in das freie Ermessen eines Gesellschafters oder der Gesellschaftermehrheit gestellt wird.9 Außerhalb vom Gesellschaftsvertrag getroffene Nebenabreden sind regelmäßig derart ausgestaltet, dass der betroffene Gesellschafter zeitgleich ein schuldrechtliches und dingliches (unwiderrufliches) Angebot auf die Rückübertragung seines Gesellschaftsanteils abgibt, dessen Annahme ohne zeitliche Bindung in das freie Ermessen eines anderen Gesellschafters oder eines Dritten gestellt ist.10 Alternativ besteht die Möglichkeit, die Gesellschafterstellung unter eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB oder die (Rück-)Übertragung des Gesellschaftsanteils unter eine aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB zu stellen.11 Dies hat den Vorteil, dass im Gegensatz zur Angebots- und Annahmegestaltung keine notariell beurkundungspflichtige Annahmeerklärung12 erforderlich ist und das Risiko der nicht fristgerechten Annahme oder des schlichten Verges 7

BGHZ 112, 103, 111; 164, 98, 102; 164, 107, 111; kritisch hinsichtlich der „apodiktische[n] Gleichsetzung“ von statuarischen Hinauskündigungsklauseln und schuldrechtlichen Vereinbarungen neben dem Gesellschaftsvertrag Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715. 8 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 9 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 10 Mülsch / Penzel, ZIP 2004, 1987, 1988; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 38. 11 Vgl. zur auflösenden Bedingung Bütter / Tonner, BB 2003, 2417, 2418 f.; Müller-Bonanni /  Link, Der Konzern 2006, 159, 162; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 48 f.; vgl. zur aufschiebenden Bedingung Bütter / Tonner, BB 2005, 283, 284; dies., MDR 2006, 61, 62. 12 Vgl. § 15 Abs. 3, 4 GmbHG.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

sens der Ausübung der Annahmeerklärung vermieden wird.13 Eine einer Ausschlussklausel nach freiem Ermessen vergleichbare Konstellation liegt nur vor, wenn der Eintritt der Bedingung im freien Ermessen des ausschließungsberechtigten Organs steht. Die Schenkung eines Gesellschaftsanteils unter freiem Widerrufsvorbehalt ist als eine freie Ausschlussklausel zu bewerten. Der im Anschluss an das sog. „Benteler-Urteil“ des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 199014 zum Teil vertretene Trennungsgrundsatz15 von Gesellschaftsrecht und Schenkungsrecht steht dieser Bewertung nicht entgegen. In dem Urteil, das verkürzt die schenkweise Übertragung einer Kommanditbeteiligung und die spätere Rückforderung wegen groben Undanks gem. § 530 Abs. 1 BGB zum Gegenstand hatte, differenzierte der Bundesgerichtshof strikt zwischen Schenkungs- und Gesellschaftsrecht. Sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen des gesellschaftsrechtlichen Ausschlusses unterschieden sich erheblich von der Pflicht zur Rückübertragung gem. §§ 531  Abs. 2, 812 ff.  BGB.16 Der gesellschaftsrechtliche Ausschluss erfordere einen wichtigen Grund und führe zu einem Abfindungsanspruch, wohingegen die schenkungsrechtliche Rückübertragungspflicht nur gegenüber dem Schenker und ohne Entschädigung bestehe.17 Trotz dieser Unterschiede stünden die beiden Institute nicht in einem Exklusivitätsverhältnis.18 Aufgrund des groben Undanks des Beschenkten hielt der Bundesgerichtshof den Widerruf der Schenkung für wirksam, was eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung in Form der Rückübertragung des Kommanditanteils ohne Abfindungszahlung zur Folge hatte.19 Dieser Bewertung entnahmen einige Autoren einen Trennungsgrundsatz, den sie auf die Schenkung eines Gesellschaftsanteils unter freiem Widerrufsvorbehalt anwenden wollten.20 Dem ist entgegenzuhalten, dass sich das schenkungsrechtliche Rückforderungsrecht in der „Benteler-Entscheidung“ bereits aus dem Gesetz ergab und dort entschädigungslos vorgesehen ist, §§ 530 f. BGB.21 Der gesetzliche Widerrufsgrund

13 Müller-Bonanni / Link, Der Konzern 2006, 159, 162; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 48 f. 14 BGHZ 112, 40. 15 K. Schmidt, BB 1990, 1992, 1997; Jülicher, ZGR 1996, 82, 99; Spiegelberger, MittBayNot 2000, 1, 4 f.; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 30. 16 BGHZ 112, 40, 47. 17 BGHZ 112, 40, 47. 18 BGHZ 112, 40, 47. 19 BGHZ 112, 40, 49 ff. 20 K. Schmidt, BB 1990, 1992, 1996 f.; Jülicher, ZGR 1996, 82, 99; Spiegelberger, MittBayNot 2000, 1, 4 f.; dogmatisch für eine konsequente Trennung zwischen Gesellschafts- und Anstellungsrecht in Manager- und Mitarbeitermodellen Bütter / Tonner, BB 2003, 2417, 2420; dies., BB 2005, 283, 285 f.; dies., MDR 2006, 61, 62. 21 Wälzholz, GmbHR 2007, 1177, 1181; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 31.

B. Vertragsgestaltungen

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des groben Undanks ist an hohe Voraussetzungen geknüpft.22 Die im „BentelerUrteil“ vorgenommene Trennung kann nicht auf vertragliche, im freien Ermessen des Schenkers stehende Widerrufsrechte übertragen werden.23 Problematisch ist vor diesem Hintergrund die vom Oberlandesgericht Karlsruhe im Jahr 2007 als wirksam anerkannte scheidungsbedingte Rückforderung eines geschenkten Kommanditanteils,24 da ein Scheidungsantrag jederzeit aus freien Stücken gestellt werden kann.25 Der Bundesgerichtshof hat dem Trennungsgrundsatz implizit eine Absage erteilt, indem er in seinen jüngeren Urteilen stets betont hat, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Hinauskündigungsklausel gesellschaftsvertraglich oder in Form von schuldrechtlichen Nebenabreden ausgestaltet sei.26 Aus der nicht korporationsrechtlichen Ausgestaltung des Ankaufs- und Optionsrechts oder der Bedingungslösung allein kann nicht deren Unwirksamkeit folgen, da der Gesetzgeber den Vertragsparteien ein Gestaltungswahlrecht zwischen einer korporationsrechtlichen Regelung, die einer präventiven Inhaltskontrolle durch das Registergericht27 und der Registerpublizität28 unterliegen, und der nicht korporationsrechtlichen Ausgestaltung29 eingeräumt hat.30 Ebenfalls von untergeordneter Relevanz ist die im jeweiligen Vertrag gewählte Bezeichnung der Klausel. Entscheidend ist, ob die Auslegung der Vereinbarungen nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB eindeutig ein Ausschlussrecht nach freiem Ermessen ergibt.31 Im Venture-Capital-Bereich treten Optionsrechte regelmäßig unter der Bezeichnung Call- oder Put-Option auf, die allerdings regelmäßig an bestimmte, zeitlich eng umgrenzte „Meilensteine“32 in der Unternehmensentwicklung gebunden sind.33 Bei einer derartigen Koppelung ist für den konkreten Einzelfall im Wege der Auslegung zu überprüfen, ob die „Meilensteine“ einen sachlichen Grund im Sinne der vorstehenden Definition darstellen, der das freie Ermessen im Rahmen der Ausschlussmöglichkeit entfallen lässt.

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Koch, in: MüKoBGB, § 530 Rn. 2. Wie hier Heinemann, ZHR 155 (1991), 447, 460 f.; Kollhosser, AcP 194 (1994), 231, 241 ff.; Binz / Sorg, GmbHR 2005, 893, 895. 24 OLG Karlsruhe, NZG 2007, 423. 25 Ebenfalls kritisch Wälzholz, GmbHR 2007, 1177, 1178. 26 BGHZ 112, 103, 111; 164, 98, 102; 164, 107, 111. 27 Vgl. §§ 3, 7, 53, 54 Abs. 3 GmbHG. 28 Vgl. §§ 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG, 9 HGB. 29 Vgl. §§ 433, 145, 146, 158 BGB, 15 ff. GmbHG. 30 OLG Düsseldorf, ZIP 2004, 1804, 1805; Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1439; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 41 f. 31 BGHZ 68, 212, 215; Huber, ZGR 1980, 177, 187 ff.; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 404; Mülsch / Penzel, ZIP 2004, 1987, 1988; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 216. 32 Zum Begriff der Meilensteine Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 63; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 37 f. 33 Mülsch / Penzel, ZIP 2004, 1987, 1988; vgl. unten Kapitel 4 F. 23

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Die dogmatische Einordnung einer freien Ausschlussklausel weist nach überwiegender Auffassung keine praktische Relevanz auf.34 Lediglich Becker, der die Vereinbarung einer jeden Hinauskündigungsklausel als ein auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrags gerichtetes Angebot und ihre spätere Ausübung als dessen Annahme qualifiziert,35 vertritt die These, dass der Vertragsschluss selbst den „legitimen Zweck“ für das freie Ausschlussrecht darstelle und daher eine Hinauskündigungsklausel nicht sittenwidrig sein könne.36 Dies überzeugt nicht. Logische Konsequenz dieser These müsste sein, dass eine vertragliche Regelung niemals sittenwidrig sein könnte, da ihre Vereinbarung selbst den legitimen Zweck darstelle.

C. Rechtsprechungsleitlinien Die Leitlinien der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Hinauskündigungsklauseln nach freiem Ermessen unterlagen einem stetigen Wandel. Es wurden im Laufe der Zeit freie Ausschlussklauseln im Gesellschaftsvertrag der GmbH und der Personengesellschaften einerseits unter Berufung auf die Vertragsfreiheit für uneingeschränkt zulässig, anderseits für unwirksam gehalten.37

34 Umstritten ist, ob eine gesellschaftsvertragliche oder schuldrechtliche freie Ausschlussregelung unabhängig von der gewählten Vertragsbezeichnung als ein einseitiges Gestaltungsrecht in Form des Ausschlusses oder der Kündigung, als ein Optionsrecht in seinen verschiedenen Facetten oder als ein Aufhebungsvertrag einzuordnen ist. Vgl. zum einseitigen Gestaltungsrecht BGHZ 68, 212, 215; zum Optionsrecht mit Differenzierungen zwischen Festofferte, Angebots- oder Optionsvertrag und Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt Mülsch / Penzel, ZIP 2004, 1987, 1987 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 36 ff.; zum Aufhebungsvertrag Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 116 f. Eine vertiefte Auseinandersetzung ist für die Zwecke dieser Abhandlung nicht angezeigt, da sich aus den unterschiedlichen dogmatischen Einordnungen der freien Ausschlussklauseln keine abweichenden Ergebnisse für die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln ergeben. So konstatiert auch Gärtner, der sich detailliert mit den unterschiedlichen Modellen hinsichtlich der Optionen bei Manager- und Mitarbeiterbeteiligungsmodellen auseinandersetzt, dass die unterschiedlichen Gestaltungsmodelle „nicht voneinander zu trennende dogmatische Erklärungsversuche einer einheitlichen rechtlichen Erscheinung“ darstellen, Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 35. 35 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 116 f. 36 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 116 f. 37 Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1440; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 55.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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I. Vom Postulat der Vertragsfreiheit zum Sittenwidrigkeitsverdikt Da die Rechtsprechungsentwicklung vielfach dargestellt worden ist,38 wird diese unter Verzicht auf eine repetitive ausführliche Darstellung nur überblicksartig skizziert. Das Reichsoberhandelsgericht beurteilte im Jahr 1876 eine dem § 140  HGB entsprechende Regelung als zwingend und abschließend.39 Abweichende, weitergehende gesellschafsvertragliche Regelungen seien unwirksam.40 Den ersten Rechtsprechungswandel vollzog das Reichsgericht im Jahr 1938, indem es unter Hervorhebung der Vertragsfreiheit eine Ausschlussklausel nach freiem Ermessen explizit für zulässig erachtete, sofern eine gerichtliche Überprüfung des Ausschlussbeschlusses sichergestellt sei.41 Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Argumentation lange Zeit angeschlossen. Er beurteilte im Jahr 1962 eine gesellschaftsvertragliche Gestaltung als wirksam, die dem Komplementär einer KG die Option einräumte, die Kommanditistin, die ihren Kommanditanteil unentgeltlich erhalten hatte, gegen Zahlung eines aus der Steuerbilanz errechneten Kaufpreises nach freiem Ermessen auszuschließen.42 Die Ausübung der Option qualifizierte der Bundesgerichtshof trotz annähernd vierzigjähriger Mitarbeit der betroffenen Kommanditistin weder als Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht noch als unzulässige Rechtsausübung, da die Klausel gerade darauf gerichtet sei, das Ausschlussrecht ohne Rücksichtnahme auszuüben.43 Diese Wertung bestätigte der Bundesgerichtshof zwei Jahre später für ein gewillkürtes Ausschlussrecht nach freiem Ermessen des Komplementärs einer KG gegenüber einem Kommanditisten, allerdings unter Verweis auf § 138 Abs. 1 BGB mit der Einschränkung, dass die auf den Buchwert bestimmte Abfindung unter Berücksichtigung der stillen Reserven berechnet werden sollte.44 Seine bisherige Rechtsprechung zur KG erstreckte der Bundesgerichtshof im Jahr 1967 auf die GmbH.45 Weitergehend wurde die Herabstufung eines Komplementärs zum 38 Vgl. zur ausführlichen Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung Huber, ZGR 1980, 177, 180 ff.; Bunte, ZIP 1983, 8, 9 ff.; Behr, ZGR 1985, 475, 480 ff.; Kulka, Gleichzeitige Ausschließung mehrerer Gesellschafter, S. 49 ff.; Schöne, Gesellschafterausschluss, S. 38 ff.; ­Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 31 ff. 39 ROHGE 21, 84, 85 f.; für die gesetzlich zwingende verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Ausschlusses durch gerichtliche Entscheidung, RGZ 38, 119, 121. 40 ROHGE 21, 84, 85 f.; RGZ 38, 119, 121. 41 RG, ZAkDR 1938, 818 f.; kritisch hinsichtlich des Rechtsprechungswandels Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 33, da sich das Reichsgericht zuvor nur explizit zur Verfahrensgestaltung, nicht zur Zulässigkeit von freien Ausschlussklauseln positioniert habe. 42 BGHZ 34, 80, 82 f. 43 BGHZ 34, 80, 82 f. 44 BGH, WM 1962, 462, 463 f.; ähnl. BGH, NJW 1973, 1606 f. 45 BGH, WM 1967, 950 f.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Kommanditisten durch Mehrheitsbeschluss nach freiem Ermessen für zulässig erachtet.46 Ebenso hielt der Bundesgerichtshof den freien Ausschluss eines Kommanditisten, der seinen Kommanditanteil sogar entgeltlich erlangt hatte, für zulässig, da der Kommanditist nur kapitalmäßig beteiligt und sein Ausschluss für das friedliche Miteinander in der Gesellschaft nicht von hervorgehobener Bedeutung sei.47 Eine etwaige sittenwidrige Disziplinierungswirkung freier Ausschlussklauseln wurde nicht im Ansatz diskutiert.48 Eine weitere, bis heute richtungsweisende Rechtsprechungswende vollzog der Bundesgerichtsgerichtshof im Jahr 1981, indem er die Nichtigkeit eines gewillkürten freien Ausschlussrechts des Komplementärs gegenüber dem Kommanditisten einer KG annahm.49 Dieser „radikale Kurswechsel“50 deutete sich in einem obiter dictum wenige Jahre zuvor an, als ein nicht an einen wichtigen Grund gebundenes Ausschlussrecht in einer KG als „rechtlich bedenklich“ eingestuft wurde.51 Eine solche Vertragsgestaltung treffe die Gesellschafter im Kernbereich, gefährde die gesellschaftstreue Mitarbeit und eröffne die Möglichkeit einer Willkürherrschaft des Komplementärs.52 Dadurch seien die Kommanditisten unzulässig in ihrer freien Willensbildung eingeschränkt.53 Die gerichtliche Kontrolle des Ausschließungsbeschlusses oder der Kündigungserklärung biete keinen hinreichenden Schutz, da die Ausschlussklausel sich auch bei ihrem Nichtgebrauch aufgrund des „Damoklesschwerts der Hinauskündigung“54 negativ auswirke.55 Da die Gesellschaft besonders auf dem Vertrauen der Gesellschafter untereinander basiere und Treuepflichten begründe, nahm der Bundesgerichtshof in einer derartigen Klausel einen Verstoß gegen die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts an.56 Dieser Verstoß könne nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgeschlossen werden.57 Besonders bemerkenswert an dieser Rechtsprechungswende ist ihre Einordnung durch den nahezu identisch besetzten zweiten Senat des Bundesgerichtshofs.58 Dieser bezeichnete die Rechtsprechungswende in seinem zweiten Leitsatz des Urteils vom 20. 01. 1977 lediglich als „Ergänzung“59 seines im Jahr 1973 ergangenen Urteils60. Obwohl der Bundesgerichtshof in der Urteilsbegründung 46

BGH, NJW 1973, 651 f. BGH, NJW 1973, 1606 f. 48 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 713. 49 BGHZ 81, 263 ff. 50 Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1970; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 713 („radikaler Wandel“). 51 BGHZ 68, 212, 215. 52 BGHZ 81, 263, 266 f. 53 BGHZ 81, 263, 268. 54 Diese Formulierung prägte Schilling, ZGR 1979, 419, 426. 55 BGHZ 81, 263, 268. 56 BGHZ 81, 263, 266. 57 BGHZ 81, 263, 269. 58 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 713. 59 BGHZ, 68, 212. 60 BGH, NJW 1973, 1606 ff. 47

C. Rechtsprechungsleitlinien

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vom 07. 05. 1973 außergewöhnliche persönliche oder sonstige Verhältnisse nicht im Ansatz zur Rechtfertigung der freien Ausschlussklausel herangezogen hatte, warf er dem Berufungsgericht vier Jahre später vor, nicht solch außergewöhnliche Umstände für die Rechtfertigung der Klausel erörtert zu haben.61 Die Sittenwidrigkeit des freien Ausschlussrechts zulasten eines Komplementärs, der über seine unbeschränkte Haftung hinaus der KG seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung stellte, begründete der Bundesgerichtshof im Jahr 1985 nicht nur mit einem Verstoß gegen die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts, sondern auch mit einem Sittenverstoß gem. § 138 Abs. 1 BGB.62 Der Komplementär habe sich, indem er seine Arbeits- und Lebensgrundlage zur Disposition gestellt und seine Willensbildungsfreiheit erheblich eingeschränkt habe, in eine unzumutbare wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit gebracht.63 In ähnlich gelagerten Folgeentscheidungen berief sich der Bundesgerichtshof auch unabhängig von einer wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit nicht mehr auf die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts als Prüfungsmaßstab, sondern „inkorporierte“64 die Erwägungen in § 138 Abs. 1 BGB.65 Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1990 auch auf die GmbH und schuldrechtliche Abreden außerhalb des Gesellschaftsvertrags übertragen.66 Der Bundesgerichtshof verneinte im Jahr 1988 allerdings das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausschlussklausel nach freiem Ermessen in dem Fall, in dem einem Gesellschafter mit dem Tod eines anderen Gesellschafters die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Kommanditisten aus der Gesellschaft auszuschließen.67 Der Tod des einen Gesellschafters stelle ein „festes Tatbestandsmerkmal“ dar, sofern das Hinauskündigungsrecht kurze Zeit nach dem Tod auszuüben ist.68 Der willkürliche Einsatz als Machtinstrument sei ausgeschlossen.69 Das im entschiedenen Fall nach Verwirklichung des „festen Tatbestandsmerkmals“ unbefristet ausgestaltete und damit gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtige Kündigungsrecht rettete der Bundesgerichtshof in analoger Anwendung des § 139 BGB, indem er das Hinauskündigungsrecht auf einen kurzen Zeitraum unmittelbar nach dem Tod beschränkte.70 61

BGHZ, 68, 212, 215; ausführlich zu dieser Diskrepanz Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 713, 716 („plötzlicher und nicht nachvollziehbarer Wandel“); Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 42. 62 BGH, NJW 1985, 2421, 2422. 63 BGH, NJW 1985, 2421, 2422. 64 Behr, ZGR 1990, 370, 376 („Inkorporation der Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts in § 138 Abs. 1 BGB“). 65 BGHZ 105, 213, 217 ff.; 107, 351, 353; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 25; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 64. 66 BGHZ 112, 103, 111. 67 BGHZ 105, 213, 219. 68 BGHZ 105, 213, 218 f. 69 BGHZ 105, 213, 219. 70 BGHZ 105, 213, 220 ff.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

In sämtlichen Entscheidungen hob der Bundesgerichtshof hervor, dass der grundsätzlich bei freien Hinauskündigungsklauseln nach § 138 Abs. 1 BGB anzunehmende Sittenverstoß nicht vorliege, wenn außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigten.71

II. Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung von freien Ausschlussklauseln Seit dem Jahr 1990 sprach sich der Bundesgerichtshof in der Mehrzahl der entschiedenen Fälle für einen Ausnahmefall der sachlichen Rechtfertigung der Hinauskündigungsklauseln nach freiem Ermessen aus.72 Für eine der maßgeblichen Forschungsfragen dieser Abhandlung, ob die Kleinstbeteiligung eine eigenständige Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung darstellen kann, soll den vom Bundesgerichtshof gebildeten Ausnahmefällen und einer möglichen Öffnungstendenz ein besonderes Augenmerk gewidmet werden. Sollte der Bundesgerichtshof mit seiner Annahme, nach der aufgrund der vielfältigen Sachverhaltsgestaltungen nicht abschließend geklärt werden könne, unter welchen Voraussetzungen eine sachliche Rechtfertigung vorliegt,73 Recht behalten, wird zumindest der Versuch einer Annäherung über die höchstrichterlich anerkannten Fallgruppen unternommen. Diese Fallgruppen sind auf wiederkehrende Motive zu untersuchen, die einen Schluss auf abstrakte Kriterien zulassen.74 Der konkrete Bezug zur Kleinstbeteiligung ist für die Gewichtung der Fallgruppenbesprechung das maßgebliche Kriterium.75 1. Treuhandähnliches Verhältnis Erstmalig nahm der Bundesgerichtshof eine sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln in einer Sachverhaltskonstellation an, in der die Geschäftsführerin und Gesellschafterin einer GmbH das Stammkapital ihres Gesellschaftsanteils nicht selbst aufbrachte, sondern mithilfe eines Darlehens finanzierte, das ihr von ihrem Mitgesellschafter und Lebensgefährten eingeräumt und in der Folgezeit ihrerseits nie getilgt wurde.76 Gleichzeitig mit der GmbH-Gründung bot 71

BGHZ 68, 212, 215; 81, 263, 269; 105, 213, 217; 107, 351, 353; 112, 103, 108. Beispielhaft BGHZ 112, 103, 108 ff.; 164, 98, 102 ff.; 164, 107, 111 ff.; BGH, NJW 2004, 2013; BGH, NZG 2005, 479; BGH, NJW-RR 2007, 913 ff. 73 BGHZ 112, 103, 108. 74 Vgl. zur Bewertung unten Kapitel 3 C. III. 2. e) aa); ähnl. Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1015 ff.; Miesen, RNotZ 2006, 522, 526 ff.; Grunewald, FS Priester 2007, 123, 126 ff.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 131 ff. 75 Vgl. zu den Rückschlüssen Kapitel 4 C. 76 BGHZ 112, 103, 110. 72

C. Rechtsprechungsleitlinien

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sie ihrem Mitgesellschafter ihren Geschäftsanteil mit notarieller Urkunde unbefristet zum Kauf und zur dinglichen Übertragung an.77 Als Vertragsgestaltung lag eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffene Nebenabrede in Form eines (unwiderruflichen) schuldrechtlichen und dinglichen Angebots auf die Übertragung des Gesellschaftsanteils vor. In Übereinstimmung mit den Ausführungen in Kapitel 3 B. legte der Bundesgerichtshof dieses bindende Angebot als freie Hinauskündigungsklausel aus.78 Die sachliche Rechtfertigung dieser freien Ausschlussklausel begründete er mit der einer Treuhänderin ähnlichen Stellung der ausschlussbedrohten Gesellschafterin. Ihr sei die Gesellschafterstellung und die Geschäftsführerposition ausschließlich aufgrund ihrer persönlichen Beziehung zum ausschlussberechtigten Gesellschafter und nur für den Zeitraum, in dem das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen anhielt, eingeräumt worden.79 Die Vertragsklausel sei die einzige Möglichkeit für den ausschlussberechtigten Gesellschafter gewesen, die Kontrolle über die Gesellschaft zurückzuerlangen.80 Ähnlich wie der Treuhänder das Treugut nach Beendigung des Treuhandverhältnisses zurückzugeben habe, sei die jederzeitige Übertragungsverpflichtung des unentgeltlich eingeräumten Gesellschaftsanteils sachlich gerechtfertigt.81 Aufgegriffen wurde die treuhänderähnliche Stellung als sachliche Rechtfertigung auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Managermodell82, auf die im Folgenden gesondert eingegangen wird. 2. Gesellschafter auf Probe Der Bundesgerichtshof nahm für eine freie Ausschlussklausel zulasten eines Gesellschafters, der ohne Leistung einer Einlage neu in eine seit langer Zeit bestehende Freiberuflersozietät eintrat, ebenfalls eine sachliche Rechtfertigung an.83 Nichts anderes gelte für den Fall, dass eine Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR erst durch die Aufnahme eines Arztes in eine bestehende Einzelpraxis entsteht.84 Begründet wird dieses als „Gesellschafter auf Probe“85 bezeichnete Phänomen mit der Überlegung, dass die ausschlussberechtigten Altgesellschafter durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Ansehen der Gesellschaft ihre Prägung verliehen hätten und daher eine ihnen eingeräumte Frist zur Prüfung, ob dem neu aufgenommenen Gesellschafter das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame 77

BGHZ 112, 103, 104. BGHZ 112, 103, 107. 79 BGHZ 112, 103, 111. 80 BGHZ 112, 103, 110. 81 BGHZ 112, 103, 111. 82 BGHZ 164, 98, 103. 83 BGH, NJW 2004, 2013, 2015. 84 BGH, NZG 2007, 583, 585. 85 Kilian, WM 2006, 1567, 1572; Miesen, RNotZ 2006, 522, 525 f.; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1316. 78

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

harmonische Zusammenarbeit entgegengebracht werden könne, sachlich gerechtfertigt sei.86 In den entschiedenen Fällen zu einer Gemeinschaftspraxis von Laborärzten87 und Fachärzten für Innere Medizin / Nephrologie88 sei diese Überlegung zudem dadurch legitimiert, dass Ärzte regelmäßig auf ihre Zulassung als Kassenärzte angewiesen seien und besonderen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich der Gestaltung ihrer beruflichen Zusammenarbeit unterlägen.89 Für die Bestimmung der Prüfungsfrist ist sowohl der Zeitraum des gemeinsamen Kennenlernens zur Vertrauensbildung als auch der Zeitraum zur Ausräumung etwaiger Differenzen zu berücksichtigen.90 Für ärztliche Gemeinschaftspraxen wurde ein Zeitraum von drei Jahren für zulässig erachtet.91 Dies ist aber nicht ohne weiteres auf andere Berufsgruppen übertragbar, da diese lange Zeitspanne mit den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen im vertragsärztlichen Bereich und den daraus resultierenden gewichtigen wirtschaftlichen Folgen des Ausscheidens eines Vertragsarztes begründet wurde.92 Ob die Fallgruppe des „Gesellschafters auf Probe“ auf das Stadium der Gesellschaftsgründung im Zusammenhang mit einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel übertragen werden kann, wird in Kapitel 5 F. erörtert. 3. Gesellschafterstellung als Annex Eine sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln soll ebenfalls vorliegen, wenn die Gesellschafterstellung lediglich ein Annex zu einem anderen Vertragsverhältnis darstellt.93 a) „Kooperationsvertrag“ Das erste in diesem Zusammenhang ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs betraf eine GmbH, deren Gegenstand die Organisation einer internationalen Kooperation nationaler Paketdienste war.94 Die Einräumung der Gesellschafterstellung beschränkte sich ausschließlich auf die nationalen Partner, mit denen die GmbH Kooperationsverträge abschloss. Die Kooperationsverträge waren ordentlich mit einer Frist von zwölf Monaten kündbar. Zeitgleich wurde im Gesellschaftsvertrag als Einziehungsgrund der Fall bestimmt, dass ein Gesellschafter nicht mehr zu den nationalen Partnern gehört. Die GmbH-Geschäftsführung sprach gegenüber 86

BGH, NJW 2004, 2013, 2015; BGH, NZG 2007, 583, 585. BGH, NJW 2004, 2013. 88 BGH, NZG 2007, 583. 89 BGH, NJW 2004, 2013, 2015. 90 BGH, NZG 2007, 583, 585. 91 BGH, NZG 2007, 583, 585. 92 BGH, NZG 2007, 583, 585. 93 BGH, NZG 2005, 479, 480; BGHZ 164, 98, 104. 94 BGH, NZG 2005, 479. 87

C. Rechtsprechungsleitlinien

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einem Gesellschafter infolge eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung die ordentliche Kündigung des Kooperationsvertrags aus, die Grundlage für die spätere Einziehung des Gesellschaftsanteils war. Die gegen die Kündigung gerichtete Klage hielt der Bundesgerichtshof für unbegründet. Beachtenswert ist die Feststellung des Bundesgerichtshofs, dass in der konkreten Konstellation keine freie Hinauskündigungsklausel vorliege, da das Kündigungsrecht nicht einem Gesellschafter, sondern der Mehrheit der als Gesellschafter auftretenden nationalen Partner eingeräumt war.95 Der daraus resultierenden Frage, ob ein Beschluss der Gesellschaftermehrheit bei einer Gesellschaft aus mehreren, gleichberechtigten Partnern für sich gesehen einer Willkürentscheidung entgegensteht,96 wird in Kapitel 5 A. vertieft nachgegangen. Der Bundesgerichtshof erteilte dieser naheliegenden Vermutung in zwei nachfolgenden Urteilen eine Absage, indem er einen grundsätzlichen Sittenverstoß auch bei einem einer Gesellschaftermehrheit eingeräumten freien Hinauskündigungsrecht annahm.97 Sachlich gerechtfertigt sei die Klausel selbst bei Annahme eines freien Hinauskündigungsrechts, da die Gesellschafterstellung, aus der die Gesellschafter keine nennenswerten Gewinne bezögen, gegenüber dem Kooperationsvertrag ein bloßer Annex sei: Die Einordnung als Annex ergäbe sich daraus, dass die Beteiligung dem Gesellschafter keine Chancen eröffne, die sich nicht bereits aus dem Kooperationsvertrag ergäben.98 Die durch die Beteiligung vermittelten Gesellschafterrechte ermöglichten lediglich eine Einflussnahme auf die Gestaltung des internationalen Paketnetzdienstes, die wiederum nur sinnvoll durch einen mit der Gesellschaft durch den Kooperationsvertrag verbundenen Gesellschafter ausgeübt werden könne.99 Die Gesellschaft hingegen hätte ein erhebliches Interesse, den anstelle des gekündigten Gesellschafters neu gewonnenen Kooperationspartner in den Gesellschafterkreis aufzunehmen.100 b) Manager- und Mitarbeitermodelle Die in der Gestaltungspraxis bedeutsamste und in der Literatur101 am prominentesten diskutierte Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung ist die der Manager- und Mitarbeitermodelle. Im Rahmen dieser Beteiligungsmodelle wird den 95

BGH, NZG 2005, 479, 480. Kritisch Werner, GmbHR 2005, 623 f.; ablehnend Kilian, WM 2006, 1567, 1571. 97 BGHZ 164, 98, 101; 164, 107, 110. 98 BGH, NZG 2005, 479, 480. 99 BGH, NZG 2005, 479, 480. 100 BGH, NZG 2005, 479, 480. 101 Vgl. nur Bütter / Tonner, BB 2003, 2417; dies., BB 2005, 283; dies., MDR 2006, 61; Schäfer / Hillesheim, DStR 2003, 2122; Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438; Benecke, ZIP 2005, 1437; Böttcher, NZG 2005, 992; Binz / Sorg, GmbHR 2005, 893; Habersack / Verse, ZGR 2005, 451; Hinderer, RNotZ 2005, 416; Hohaus / Weber, NZG 2005, 961; ­Schockenhoff, 96

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Führungskräften und Geschäftsführern eine Gesellschaftsbeteiligung für die (begrenzte) Zeit ihres Anstellungsverhältnisses oder ihrer Organstellung eingeräumt.102 Diese Anteilsübertragung erfolgt in der Regel gegen ein am Nennwert des Gesellschaftsanteils orientiertes, geringes Entgelt oder unentgeltlich.103 Die Beteiligungsquote fällt derartig gering aus, dass eine entscheidende Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft unmöglich ist.104 Ziel der Beteiligungen ist es, die Führungskräfte durch die Gesellschafterbeteiligung an das Unternehmen zu binden, indem Leistungsanreize durch die am Gewinn des Unternehmens orientierten Renditen geschaffen und die Motivation sowie Reputation der Führungskräfte gesteigert werden.105 Wenn eine Führungskraft eigenes Vermögen für den Erwerb des Gesellschaftsanteils aufbringt, schafft dies aufgrund des Risikos des Vermögensverlusts eine höhere Identifizierung mit dem Unternehmen und dessen langfristigem Erfolg.106 In Betracht kommen die Manager- und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle auch beim Generationenwechsel in Familiengesellschaften, sofern kein geeigneter Kandidat aus dem Familienkreis zur Verfügung steht.107 Ebenso dienen sie bei Private-Equity-Transaktionen als Gestaltungsmittel zur Herstellung einer Interessenkongruenz von (übernehmenden) Finanzinvestoren und dem Management der Zielgesellschaft.108 Die Gesellschafterstellung wird als Annex zum übergeordneten organschaftlichen oder dienstrechtlichen Vertragsverhältnis eingeordnet.109 Mit dem Ende des Organ- oder Anstellungsverhältnisses der Führungskraft entfällt das motivationsgeleitete Interesse an ihrer Gesellschaftsbeteiligung seitens der Mitgesellschafter.110 Daher wird die Rückübertragung des Gesellschaftsanteils zum Nennwert oder Erwerbspreis für diesen Fall vorgesehen.111

ZIP 2005, 1009; ders., NZG 2018, 201; Sosnitza, DStR 2005, 72; ders., DStR 2006, 99; Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225; Lieder, DZWIR 2006, 63; Werner, WM 2006, 213; Zimmermann, GmbHR 2006, 231; Stenzel, DStR 2018, 82; ders., DStR 2018, 139; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung. 102 Schockenhoff, ZIP 2005, 1009. 103 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225; anders bei Sweet-Equity-Strukturen, vgl. unten Kapitel 4 F. III. 104 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225. 105 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225; zu den steuerlichen Aspekten BFH, ZIP 2017, 609; Peetz, GmbHR 2005, 532; Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 234 ff.; Stenzel, DStR 2018, 82, 85 f. 106 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289 f.; Schockenhoff, ZIP 2005, 1009. 107 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116; Flume, DB 1986, 629, 633; Schockenhoff, ZIP 2005, 1009; Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225. 108 Vgl. unten Kapitel 4 F. III. 109 BGHZ 164, 98, 104. 110 Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1439; Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225. 111 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225 f.

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aa) Managermodell Der Bundesgerichtshof hat ein außerhalb des Gesellschaftsvertrags vereinbartes Kauf- und Abtretungsangebot des Gesellschafter-Geschäftsführers mit einem Kapitalanteil von 10 % im Fall seiner Abberufung und / oder der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags in seinem Urteil vom 19. 09. 2005 zunächst als freie Hinauskündigungsklausel qualifiziert.112 Diese Einordnung verdient im Hinblick auf die vorstehende Definition uneingeschränkte Zustimmung. Die Abberufung des Geschäftsführers als organschaftlicher Akt kann jederzeit durch die Gesellschaftermehrheit ohne sachlichen Grund beschlossen werden, § 38  Abs. 1  GmbHG.113 Es steht im freien Belieben der Gesellschaftermehrheit oder eines Mehrheitsgesellschafters, die Bedingung für die Geltendmachung des Ausschlussrechts zulasten des Geschäftsführers herbeizuführen.114 Es handelt sich um eine reine Potestativbedingung.115 Aufgrund der dargestellten besonderen Motivationslage, die für eine Managerbeteiligung streitet, sei diese freie Hinauskündigungsklausel sachlich gerechtfertigt.116 Der Bundesgerichtshof geht dezidiert auf die Funktionen der Managerbeteiligung  – stärkere Unternehmensbindung, Motivationssteigerung, Aufwertung der Stellung als geschäftsführender Gesellschafter im Betrieb und nach außen sowie die wirtschaftliche Teilhabe am vollständig auszuschüttenden und von dem Geschick bei der Unternehmensführung abhängigen Gewinn – ein.117 Entscheidendes Druckmittel bei der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte sei nicht der Ausschluss aus der Gesellschaft, sondern die kraft Gesetzes jederzeit ohne sachlichen Grund mögliche Abberufung als Geschäftsführer.118 Für die Zwecke dieser Abhandlung von hervorgehobener Relevanz ist die primäre Begründungslinie des Bundesgerichtshofs, nach der es dem GesellschafterGeschäftsführer wegen seiner geringen Beteiligungsquote nicht möglich sei, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellungen gegen den Willen des Mehrheitsgesellschafters durchzusetzen.119 Dieser Aspekt deckt sich mit der Interessenlage

112 BGHZ 164, 98, 101; bestätigt durch OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473; a. A. Kästle /  Heuterkes, NZG 2005, 289, 292 unter dem Hinweis, dass die Abberufung eine Handlung von großer Tragweite für die Gesellschaft sei, die der Mehrheitsgesellschafter aus ihrerseits sachlich gerechtfertigtem Grund treffe; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 761 f. (Vertrauensverlust in der Person des Gesellschafter-Geschäftsführers als sachlicher Grund); Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 63 f. 113 BGHZ 164, 98, 102; Altmeppen, GmbHG, § 38 Rn. 2. 114 BGHZ 164, 98, 102. 115 Eine Potestativbedingung liegt vor, wenn das Rechtsgeschäft von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen Eintritt von dem Willen einer Vertragspartei abhängt, H. P. Westermann, in: MüKoBGB, § 158 Rn. 19. 116 BGHZ 164, 98, 102 ff. 117 BGHZ 164, 98, 103. 118 BGHZ 164, 98, 103 f.; Habersack / Verse, ZGR 2005, 451, 464. 119 BGHZ 164, 98, 103.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

des Kleinstgesellschafters.120 Die Argumentation des Bundesgerichtshofs kann auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung übertragen werden.121 Im Zusammenspiel mit dem geringen finanziellen Risiko des Geschäftsführers, der für den Anteilserwerb nur dessen Nennwert zu zahlen verpflichtet war,122 erlange der Geschäftsführer „im Ergebnis“ lediglich eine „treuhänderähnliche Stellung“.123 Mit Beendigung des organschaftlichen und dienstvertraglichen Verhältnisses verliere die Beteiligung ihren rechtfertigenden Sinn.124 Nur die Rückübertragung stelle sicher, dass der Mehrheitsgesellschafter künftige Leistungsträger über das Managermodell an die Gesellschaft binden könne.125 Ein Verstoß gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht vor, da ausschließlich der Geschäftsführer, nicht hingegen der kapitalgebende Mehrheitsgesellschafter als Adressat der Managerbeteiligung in Betracht komme.126 Eine Gleichbehandlung von dem Geschäftsführer und dem kapitalgebenden Mehrheitsgesellschafter wäre sachwidrig.127 Zu konstatieren ist, dass der Bundesgerichtshof zur Begründung der sachlichen Rechtfertigung der freien Ausschlussklausel äußerst detailliert auf die konkrete Fallgestaltung der Managerbeteiligung und deren Funktionen eingegangen ist. Dieser erhebliche Begründungsaufwand verdeutlicht, dass der Bundesgerichtshof das postulierte Regel-Ausnahme-Verhältnis von Sittenwidrigkeit und sachlicher Rechtfertigung in der Bewertung der konkreten Fallgestaltung ernst nimmt. bb) Mitarbeitermodell Im Rahmen des Mitarbeitermodells verneinte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom gleichen Tag zutreffend das Vorliegen einer freien Hinauskündigungsklausel.128 Der entscheidende Unterschied zum Managermodell lag in dem Umstand, dass die Rückübertragungsangebote der Arbeitnehmerin hinsichtlich der Gesellschaftsanteile, die ihr gegen Zahlung des Nennwerts gewährt wurden, unter der aufschiebenden Bedingung des Ausscheidens aus den Diensten der GmbH standen. Anders als die jederzeit mögliche Abberufung eines Geschäftsführers unterlag allerdings die einseitige Kündigung der Arbeitnehmerin durch die GmbH dem Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).129 Daher konnte der 120

Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1. Vgl. unten Kapitel 4 C. I. 122 Das oben in Kapitel 2 E. II. 2. a) dargestellte Risiko der Ausfallhaftung wird mit keinem Wort erwähnt. 123 BGHZ 164, 98, 103; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 1. 124 BGHZ 164, 98, 103. 125 BGHZ 164, 98, 103. 126 BGHZ 164, 98, 104. 127 BGHZ 164, 98, 104. 128 BGHZ 164, 107, 112. 129 Der Anwendungsbereich des KSchG war aufgrund der 24 Mitarbeiter im Unternehmen eröffnet, BGHZ 164, 107, 112. 121

C. Rechtsprechungsleitlinien

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Mehrheitsgesellschafter – durch entsprechende Anweisung an den Geschäftsführer mithilfe eines Gesellschafterbeschlusses – die Kündigung der Arbeitnehmerin nicht nach freiem Belieben veranlassen, sondern war an die sachlichen Voraussetzungen des KSchG, insbesondere das Vorliegen eines Kündigungsgrunds i. S. v. § 1 KSchG, gebunden.130 Die Gefahr einer willkürlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die eine willkürliche Beendigung der Gesellschafterstellung zur Folge hätte, lag nicht vor. Mangels freier Ausschlussklausel stellte sich die Frage ihrer sachlichen Rechtfertigung nicht. Beachtlich ist, dass der Bundesgerichtshof für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des KSchG auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt.131 Damit setzt er sich (ungewollt) in Widerspruch zu seinem bisherigen Prüfungsmaßstab, der die Zulässigkeit freier Ausschlussklauseln anhand von § 138 Abs. 1 BGB bemisst und an den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung, nicht hingegen den des konkreten Ausschlusses anknüpft.132 cc) Jüngere Rechtsprechung (1) Oberlandesgericht München, Urteil vom 05. 10. 2016 – 7 U 3036/15 Das Oberlandesgericht München hat im Jahr 2016 die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgegriffen und bestätigt.133 Die Einziehung des Gesellschaftsanteils war im Gesellschaftsvertrag an die Beendigung eines „Anstellungsvertrags, Beratervertrags oder sonstigen Vertrags, nach dem der Gesellschafter den Status eines Partners“ in der Konzerngruppe der beklagten GmbH erhalten hat, geknüpft.134 Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Fiktionsklausel, nach der bei Streitigkeiten über die Beendigung das Vertragsverhältnis „für die Zwecke dieser Satzung als beendet gilt, solange nicht eine gegenteilige gerichtliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist“.135 Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zutreffend die Einziehungsklausel für zulässig, die Fiktionsklausel hingegen als nichtig gem. § 138 Abs. 1 BGB qualifiziert.136

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BGHZ 164, 107, 112. „Die Klägerin hatte zuletzt 24 Mitarbeiter, fällt also in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes“, BGHZ 164, 107, 112. 132 Wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 303 f.; vgl. zu dem für die Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts BGHZ 20, 71, 75; 100, 353, 359 f.; 125, 206, 209; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 133; Reymann, DNotZ 2006, 106, 119; Ulmer, ZIP 2010, 805, 811; kritische Würdigung unten in Kapitel 3 C. III. 2. f). 133 OLG München, ZIP 2016, 2472. 134 OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473. 135 OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473. 136 OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473 f. 131

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

In seiner Begründung ließ das Oberlandesgericht aber die erforderliche Trennschärfe zwischen der Einordnung der Einziehungsklausel im Sinne des Managermodells oder des Mitarbeitermodells vermissen. Beide Modelle wurden zunächst unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs als Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung benannt,137 obwohl es sich beim Mitarbeitermodell bereits nicht um eine freie Hinauskündigungsklausel handelt, sofern ein entsprechender Kündigungsschutz besteht. Im vorliegenden Fall bestand ein entsprechender Kündigungsschutz der Arbeitnehmer-Gesellschafterin nach französischem Recht. Da die Klausel die Gesellschafterstellung mit der partnerschaftlichen Mitarbeit konnex verknüpfte und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach franzö­ sischem Recht einen „ernsthaften“ Grund erforderte, qualifizierte das Oberlandesgericht die Klausel implizit in Anlehnung an das Mitarbeitermodell-Urteil des Bundesgerichtshofs nicht als freie Hinauskündigungsklausel.138 Unter Berücksichtigung der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die die Möglichkeit willkürlicher Einziehungsentscheidungen vermeiden will, sah das Oberlandesgericht in der Fiktionsklausel jedoch einen Sittenverstoß i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB, da die Fiktion der wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses auch bei einer willkürlichen Kündigung greife und insofern der Gesellschaftermehrheit ein willkürliches Disziplinierungsmittel an die Hand gebe.139 Obwohl die Fiktion zeitlich nicht unbegrenzt gilt, ist dieser Beurteilung zuzustimmen, da der Ausschluss aus der Gesellschaft für den mitunter erheblichen Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung des arbeitsrechtlichen Kündigungsprozesses Wirksamkeit entfalten würde. Als Quintessenz ist diesem Urteil zu entnehmen, dass jede vertragliche Ausschlussgestaltung primär anhand der Zielsetzung des Bundesgerichtshofs, willkürliche Entscheidungen zu vermeiden, zu überprüfen ist. Es wird deutlich, dass eine dogmatisch trennscharfe Differenzierung zwischen einem Ausschluss aus sachlichem Grund, der das Vorliegen einer freien Hinauskündigungsklausel von vornherein ausschließt, und einer sachlichen Rechtfertigung im Falle des Vorliegens einer freien Hinauskündigungsklausel nicht vorgenommen wird.140 (2) Landgericht Stuttgart, Urteil vom 10. 10. 2018 – 40 O 26/18 KfH Das Landgericht Stuttgart hat im Jahr 2019 das Managermodell in Form einer Rückübertragungsverpflichtung des Gesellschaftsanteils eines Gesellschafter-­

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OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473. OLG München, ZIP 2016, 2472, 2474. 139 OLG München, ZIP 2016, 2472, 2474. 140 Vgl. zur Differenzierung zwischen sachlichem Grund und sachlicher Rechtfertigung unten Kapitel 3 C. III. 1. 138

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Geschäftsführers bei Verlust der Organstellung auch in einer Familiengesellschaft bei einem Anteilserwerb zum Verkehrswert für wirksam befunden.141 In tatsächlicher Hinsicht wies der Fall des Landgerichts Stuttgart erhebliche Unterschiede zum Managermodell-Fall des Bundesgerichtshofs auf. Der Bundesgerichtshof hatte ein konzernweit, seriell angelegtes Managermodell zu beurteilen, das den Geschäftsführern sämtlicher „Vor-Ort-Gesellschaft[en]“ des Konzerns ermöglichen sollte, Geschäftsanteile während ihrer Organstellung zu erhalten und an ihrem Ende an die neuen Geschäftsführer weiterzugeben.142 Demgegenüber wurde im Fall des Landgerichts Stuttgart die Managerbeteiligung in einer Familien-KG nur für den konkreten Einzelfall des Alleingeschäftsführers der Komplementärin vereinbart.143 Der Geschäftsführer erwarb die Anteile zum Verkehrswert und sollte bei seinem Ausscheiden eine nach derselben Formel berechneten, am Verkehrswert orientierten Abfindung erhalten,144 wohingegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Erwerb und die Rückübertragung der Anteile zu ihrem Nennwert zugrunde lag. Im Fall des Bundesgerichtshofs wurden die Gewinne voll ausgeschüttet, im Fall des Landgerichts Stuttgart zu 30 % zur Finanzierung des Familienunternehmens thesauriert. Primär ging es im Fall des Landgerichts Stuttgart damit nicht um eine tantiemeähnliche Beteiligung mit voller Gewinnausschüttung, sondern um die für eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung unternehmerischer Art charakteristische Erhöhung des Verkehrswerts der Anteile.145 Trotz dieser Unterschiede nahmen die Parteien in der Präambel der Beteiligungsvereinbarung ausdrücklich die Beweggründe auf, die der Bundesgerichtshof als Motive für das Managermodell benannt hatte.146 Das Landgericht Stuttgart maß diesen Beweggründen besonderes Gewicht bei und bewertete die Sachverhaltsfeststellungen in der Managermodell-Entscheidung nicht als zwingende Wirksamkeitsvoraussetzungen, sondern legte die vom Bundesgerichtshof anerkannte sachliche Rechtfertigung im Rahmen des Managermodells weit aus.147 Aus dem Anteilserwerb sowie der Rückübertragung zum Verkehrswert und dem damit einhergehenden unternehmerischen Risiko des Geschäftsführers folge nicht die Sittenwidrigkeit der Rückübertragungsverpflichtung.148 Entgegen der Auffassung einiger Literaturstimmen149 sei der geringe Kapitaleinsatz des Ge-

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LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116. BGHZ 164, 98, 103. 143 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 120. 144 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 117. 145 Der Anstellungsvertrag des Alleingesellschafters enthielt bereits eine Tantiemeregelung, LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119. 146 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119. 147 Höfer, GmbHR 2019, 120, 121. 148 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; zustimmend Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962 („bedingt verallgemeinerungsfähige[r] Nebenaspekt“). 149 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 51; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 204 f. 142

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

schäftsführers und die treuhandähnliche Stellung nicht die tragende Erwägung des Bundesgerichtshofs für die Wirksamkeit des Managermodells gewesen.150 Die unternehmerische Beteiligung stehe auch nicht der Bewertung der Beteiligung als dem Anstellungsvertrag untergeordneter Annex entgegen.151 Maßgeblich für die Begründung der Sittenwidrigkeit sei die Frage, ob die freie Hinauskündigungsklausel vom betroffenen Gesellschafter als Disziplinierungsmittel empfunden werden kann, das ihn an einer freien Entscheidung und Ausübung seiner Gesellschafterrechte hindert.152 Die mit dem Fall des Bundesgerichtshofs identische geringe Beteiligungshöhe von 10 % sei entscheidend.153 Durch die Beteiligung zum Verkehrswert sei der Druck auf den betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht wesentlich erhöht.154 Genauso entspreche die vorgesehene Thesaurierung der unternehmerischen Beteiligung des Alleingeschäftsführers, lasse aber keinen Rückschluss auf eine erhöhte Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters zu.155 Ein seriell angelegtes dauerhaftes Managermodell mit Weitergabe der Beteiligungen an künftige Geschäftsführer sei ebenfalls keine zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Managermodells, da das Interesse eines Familienunternehmens an einer einmaligen Bindung des Geschäftsführers als Gesellschafter genauso schützenswert sein könne und einen deutlichen Vertrauensvorschuss beinhalte.156 Das Urteil ist nicht nur eine Bestätigung der Managermodell-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, sondern dehnt den Anwendungsbereich der sachlichen Rechtfertigung für das Managermodell erheblich aus.157 Die wesentlichen Argumentationslinien können für die These, dass auch die Kleinstbeteiligung als Bereichsausnahme des Sittenwidrigkeitsverdikts freier Ausschlussklauseln anzuerkennen ist, herangezogen werden.158 (3) Oberlandesgericht München, Schlussurteil vom 13. 5. 2020 – 7 U 1844/19 Das Oberlandesgericht München hielt in dem (noch) nicht in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 13. 5. 2020 eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags geschlossene schuldrechtliche Abrede (CEO-Bestimmung) für sittenwidrig, die in 150

LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119. Höfer, GmbHR 2019, 120, 122; a. A. OLG München, NZG 2020, 903, 905; mit Zweifeln Schockenhoff, NZG 2018, 201, 204 f. 152 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119 unter Hinweis auf BGHZ 164, 98, 101. 153 Höfer, GmbHR 2019, 120, 122. 154 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119. 155 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119 f. 156 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119 f. 157 Wie hier Höfer, GmbHR 2019, 120, 121. 158 Vgl. unten Kapitel 4 C. I. 151

C. Rechtsprechungsleitlinien

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ihrer Wirkung einer freien Hinauskündigungsklausel zulasten des GesellschafterGeschäftsführers entsprach.159 Unter Bezugnahme der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Managermodell lehnte das Oberlandesgericht eine sachliche Rechtfertigung ab. Entscheidend für die unterschiedliche Bewertung war, dass der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter-Geschäftsführer einen Kapitalanteil von 25 % an der GmbH neben 16 weiteren Gesellschaftern hielt.160 Aufgrund dieser vielgliedrigen Gesellschafterstruktur konnte der Gesellschafter-Geschäftsführer – anders als bei der vom Bundesgerichtshof entschiedenen 10 %-Beteiligung – seinen Willen in der Gesellschafterversammlung durchsetzen, sodass die Gesellschafterstellung nicht als reiner Annex zur Geschäftsführertätigkeit angesehen werden konnte.161 Diese Beurteilung deckt sich noch mit den rechtlichen Erwägungen des Landgerichts Stuttgart. Deutlich wird einmal mehr, dass die regelmäßig geringe Beteiligungsquote der Geschäftsführer-Gesellschafter das ausschlaggebende Kriterium für die Anerkennung des Managermodells als sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln darstellt.162 Beachtenswert ist, dass das Oberlandesgericht München andeutet, dass auch eine über 10 % hinausgehende Managerbeteiligung sachlich gerechtfertigt sein kann, sofern es im Einzelfall aufgrund der Gesellschafterstruktur dem GesellschafterGeschäftsführer unmöglich ist, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen.163 Diese Andeutung wird für die Bestimmung der zulässigen Schwellenwerte gewillkürter Squeeze-out-Klauseln Relevanz aufweisen.164 Anders als das Landgericht Stuttgart beurteilte das Oberlandesgericht München den Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ein erhebliches wirtschaftliches Risiko durch die Zahlung einer weit über den Nennwert der Anteile hinausgehenden „Einlage in die Rücklage“ bei Anteilserwerb einging.165 Entscheidend für die Zulässigkeit des Managermodells sei neben der geringen Kapitalbeteiligung, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer kein über das bloße Insolvenzrisiko der Gesellschaft hinausgehendes wirtschaftliches Risiko übernehme.166 Diese Wertung steht im diametralen Gegensatz zur Ansicht des Landgerichts Stuttgart, nach der das unternehmerische Risiko des Geschäftsführers nicht zur Sittenwidrigkeit der freien Ausschlussklausel führen könne.167 Als Begründungsansatz für diese Diskrepanz wird angeführt, dass im Fall des Oberlandesgerichts München weder aus der Gesellschaftervereinbarung noch aus dem Gesellschaftsvertrag erkennbar war, 159

OLG München, NZG 2020, 903. OLG München, NZG 2020, 903, 905. 161 OLG München, NZG 2020, 903, 905. 162 Vgl. zu den Schlussfolgerungen für die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung unten Kapitel 4 C. I. 163 Wie hier Dietlein / Schubert, GWR 2020, 381. 164 Vgl. unten Kapitel 6 A. III. 165 Auf eine Stammkapitaleinlage von 6250 Euro wurde eine „Einlage in die Rücklage“ i. H. v. 293.750 Euro geleistet, OLG München, NZG 2020, 903. 166 OLG München, NZG 2020, 903, 905; wohl auch Schockenhoff, NZG 2018, 201, 204 f. 167 Wie hier Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 760. 160

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

dass eine Managerbeteiligung beabsichtigt war, sondern die Gesellschaftervereinbarung die Gesellschafter einheitlich als „Investoren“ bezeichnete.168 Zudem fehlte nach Ansicht des Oberlandesgerichts München der dem Managermodell inhärente Anreiz- und Belohnungscharakter, da gemäß der Gesellschaftervereinbarung die Gewinne zu thesaurieren waren und die Beteiligung mangels Vergütungsfunktion keinen Annex zur Geschäftsführerstellung darstellte.169 Dem ist entgegenzuhalten, dass auch die Partizipation an der Wertsteigerung des Unternehmens ohne laufende Ausschüttungen einen erheblichen Anreiz entfalten kann.170 Die für die Gestaltungspraxis rechtssichere Klärung dieser Fallgestaltung durch den Bundesgerichtshof bleibt abzuwarten.171 Das Oberlandesgericht München hat das Managermodell-Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt, allerdings die Bereichsausnahme des Managermodells – anders als das Landgericht Stuttgart – restriktiv ausgelegt.172 4. Von einer testamentarischen Anordnung erfasste Gesellschaftsanteile Der Bundesgerichtshof nahm im Jahr 2007 eine neue Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung an.173 Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Erblasser führte ein einzelkaufmännisches Unternehmen und hatte seine Ehefrau als Vorerbin und seine zwei Kinder zu gleichen Teilen als Nacherben eingesetzt. Nach seinem Ableben gründeten die Vorerbin und die beiden Nacherben eine KG, mit der das Unternehmen des Erblassers fortgeführt wurde. Ungefähr 25 Jahre später trat mit dem Tod der Vorerbin der Nacherbfall ein. Daraufhin fassten der Sohn als Komplementär und die Tochter als Kommanditistin den Gesellschaftsvertrag entsprechend der für den Nacherbfall vorgesehenen testamentarischen Anordnung des Erblassers neu. Es wurde ein beidseitiges ordentliches Kündigungsrecht nach Ablauf einer Übergangsfrist von 10 Jahren vereinbart. Im Falle der Kündigung sollte der Sohn das Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung fortführen dürfen, und zwar auch für den Fall, dass er selbst gekündigt hat.174 Der Bundesgerichtshof qualifizierte das gesellschaftsvertraglich auch bei eigener Kündigung eingeräumte Übernahmerecht des Sohnes als eine auf den freien Ausschluss seiner Mitgesellschafterin gerichtete Hinauskündigungsklausel.175 Diese 168

Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2020, 433. OLG München, MittBayNot 2021, 58, 63. 170 Leuchten / Swalve, NZG 2020, 1179, 1181. 171 Die Revision wird beim BGH unter dem Az. II ZR 107/20 geführt. 172 Ähnl. Wachter, EWiR 2020, 617, 618 (Geltung nur für „echte Manager“). 173 BGH, NJW-RR 2007, 913. 174 BGH, NJW-RR 2007, 913. 175 BGH, NJW-RR 2007, 913, 914; a. A. Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 66 f. 169

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sei sachlich gerechtfertigt, da die den Sohn begünstigende Vertragsklausel sowie die Zuweisung der schwächeren Gesellschafterstellung der Schwester auf der testamentarischen Anordnung des Erblasser beruhe, der den Erhalt des Unternehmens im Interesse seiner Familie sichern wollte.176 Da der Erblasser seine Tochter durch testamentarische Verfügung auch gänzlich von der Unternehmensnachfolge hätte ausschließen können, finde die Zuwendung der mit einem freien Hinauskündigungsrecht belasteten Gesellschafterstellung in der Testierfreiheit des Erblassers ihre sachliche Rechtfertigung.177 Die Interessen der Tochter seien durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für den Zeitraum der Vorerbschaft und der sich an den Nacherbfall anschließenden Übergangsfrist von 10 Jahren – im konkreten Fall ein Gesamtzeitraum von 35 Jahren – hinreichend geschützt.178 Diese Entscheidung nimmt eine Sonderstellung in der Historie der Hinauskündigungsrechtsprechung ein, da sie mit den bisherigen Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zu freien Hinauskündigungsklauseln kaum in Einklang zu bringen ist.179 Die Aussagen dieses Urteils und ihre bisher kaum überschaubaren Auswirkungen auf die Hinauskündigungsrechtsprechung werden ausführlich unter dem Gesichtspunkt der Öffnungstendenz der Rechtsprechung hinsichtlich sachlicher Rechtfertigungen besprochen.180 5. Eigener Wunsch des Betroffenen Das Oberlandesgericht Hamm begründete im Jahr 2011 eine neue Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung in den Fällen, in denen die Aufnahme der freien Ausschlussklausel ausdrücklich von der ausschlussbedrohten Gesellschafterin gewünscht war, um eine steuerliche Belastung zu vermeiden, die mit dem eigentlich sofort gewollten Praxisverkauf einhergegangen wäre.181 Der Wunsch eines Gesellschafters, ein freies Hinauskündigungsrecht zu seinen Lasten zu vereinbaren, wird die absolute Ausnahme bleiben. Dieser Entscheidung sind keine allgemeinen Wertungen für die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung zu entnehmen.

176

BGH, NJW-RR 2007, 913, 914. BGH, NJW-RR 2007, 913, 914. 178 BGH, NJW-RR 2007, 913, 914. 179 Verse, DStR 2007, 1822, 1824; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 301. 180 Vgl. unten Kapitel  3  C. III. 2. e) bb). 181 Die steuerliche Vergünstigung in § 34 Abs. 3 EStG setzt die Vollendung des 55. Lebensjahrs voraus, OLG Hamm, BeckRS 2011, 25503. 177

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

6. Russian-Roulette-Klausel Das Oberlandesgericht Nürnberg erkannte die jüngste sachliche Rechtfertigung im Falle einer Russian-Roulette-Klausel182 im Jahr 2013 an.183 Zu beurteilen war eine auch als Chinesische Klausel bezeichnete gesellschaftsvertragliche Regelung einer zweigliedrigen GmbH & Co. KG, nach der jeder der zu gleichen Anteilen beteiligten Gründungsgesellschafter berechtigt ist, dem anderen Gesellschafter seine Anteile unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten. Für den Fall, dass der Angebotsempfänger dieses Angebot nicht (rechtzeitig) annimmt, ist der Angebotsempfänger seinerseits verpflichtet, seine Anteile an den Anbietenden unverzüglich zum gleichen Kaufpreis zu verkaufen und abzutreten.184 Zutreffend qualifizierte das Oberlandesgericht Nürnberg diese Klausel als eine freie Hinauskündigungsklausel: In Konstellationen, in denen die Vertragspartner über unterschiedliche finanzielle Mittel verfügen, eröffne sie dem wirtschaftlich potenteren Gesellschafter Missbrauchsmöglichkeiten, indem er einen strategischen Preis aufrufen könne, den der wirtschaftlich unterlegene Vertragspartner nicht leisten kann.185 Ähnlich verhalte es sich, wenn für einen Gesellschafter ein Kauf oder Verkauf aus unternehmensstrategischen oder steuerlichen Gründen nicht sinnvoll ist und der andere Gesellschafter ihn in Kenntnis davon zu einem günstigeren Preis gegen seinen Willen aus der Gesellschaft hinausdrängen kann.186 Die Russian-Roulette-Klausel sei als freie Ausschlussklausel187 aber aufgrund ihrer Zielsetzung, die Möglichkeit einer Selbstblockade der Gesellschaft durch ihre zwei mit gleichen Anteilen ausgestatteten Gesellschafter aufzulösen, sachlich gerechtfertigt.188 Eine Sittenwidrigkeit wäre nur anzunehmen, wenn ein Gesellschafter von Anfang an den Erwerbspreis nicht finanzieren könne und sich einseitig dem 182

Vgl. ausführlich Schulte / Sieger, NZG 2005, 24 ff. OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418. 184 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 419. 185 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2714 f.; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1251; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181 f.; mit Zweifeln aufgrund der Diversität der Interessen und Machtverhältnisse Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1350 f.; Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 129 (Sittenwidrigkeitsverdikt des § 138 Abs. 1 BGB als „Sicherheitsnetz für besonders krasse Fälle“); a. A. Schroeder /  Welpot, NZG 2014, 609, 615 unter Hinweis auf das gleiche Recht der Parteien zur Einleitung des Verfahrens, dessen offenen Ausgang und das fehlende Machtungleichgewicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. 186 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2715; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1251; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181 f. 187 A. A. Schaper, DB 2014, 821, 824; Schmolke, ZIP 2014, 897, 901 f.; Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1351 (hinreichender Schutz durch nachträgliche Ausübungskontrolle); Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 230 f. 188 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 64; Schulte /  Sieger, NZG 2005, 24, 27 ff.; Schaper, DB 2014, 821, 822; Weidmann, DStR 2014, 1500, 1504; Werner, GmbHR 2014, 315, 316 f.; Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 614; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 137, 142 f. 183

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Willen des anderen Gesellschafters beugen müsste, um einen Ausschluss infolge des Shoot-out-Verfahrens zu vermeiden.189 Für die Frage der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung sind zwei weitere Aspekte der Urteilsbegründung bemerkenswert: Zum einen ist das Oberlandesgericht der Auffassung, das Missbrauchsrisiko rechtfertige das Sittenwidrigkeitsverdikt nicht, da sich eine Partei, die sich nicht dem Risiko des Russian-­ Roulette-Verfahrens aussetzen möchte, nicht auf eine entsprechende Klausel einlassen dürfe.190 Zum anderen verzichtete das Oberlandesgericht Nürnberg darauf, die unüberwindbare Blockadesituation, deren Auflösung die RussianRoulette-Klausel bezwecken soll, als eine Art aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB oder Vorbedingung für die Initiierung des konkreten Verfahrens in die Klausel im Wege ergänzender Vertragsauslegung hineinzulesen.191 Es konnte wirksam ein frei auslösbarer Ausschlussmechanismus vereinbart werden.192

III. Kritische Würdigung und Festlegung der Tatbestandsmerkmale Der Bundesgerichtshof stellt nunmehr in ständiger Rechtsprechung seiner Subsumtion im Einzelfall folgendes Regel-Ausnahme-Modell voran: 1. „[…] sind nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Senats in den Personengesellschaften und der GmbH gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen (‚Hinauskündigungsklauseln‘), grundsätzlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 I BGB nichtig […]. Das gleiche gilt für eine […] neben dem Gesellschaftsvertrag getroffene schuldrechtliche Vereinbarung, die zu demselben Ergebnis führen soll. […]“193

189

OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2718. OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Schmolke, ZIP 2014, 897, 901 f.; Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1351; vgl. Rückschluss auf die Kleinstbeteiligung unten Kapitel 4 C. II. 191 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418; Weidmann, DStR 2014, 1500, 1504; Busch, RNotZ 2020, 249, 273; a. A. Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 180 (sachlicher Grund); lediglich mit Empfehlungen Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 26 („Abkühlungsphase“); Elfring, NZG 2012, 895, 896; Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 616 (Anknüpfung an „triggering events“ als „reine Vorsichtsmaßnahme“); Heeg, BB 2014, 470 (Anknüpfung an „Auslösetatbestände“ und institutionelle Absicherung durch „Checks and Balances“); vgl. Rückschluss auf die Kleinstbeteiligung unten Kapitel 4 C. II.; Kapitel 4 F. I. 2. 192 Heeg, BB 2014, 470. 193 Beispielhaft BGHZ 164, 98, 101 unter Hinweis auf BGHZ 81, 263, 266 ff.; 105, 213, 216 f.; 112, 103, 107 f.; BGH, NJW 2004, 2013; BGH, NZG 2005, 479. 190

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

2. „Eine an keine Voraussetzungen geknüpfte Hinauskündigungsklausel oder eine vergleichbare schuldrechtliche Regelung ist wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist.“194 1. Sachlicher Grund, festes Tatbestandsmerkmal und sachliche Rechtfertigung Aus diesen Leitsätzen ergibt sich die klare Differenzierung zwischen der sachlichen Rechtfertigung der freien Ausschlussklausel und dem Ausschluss aus sachlichem Grund. Ist der Ausschluss an einen sachlichen Grund gebunden, liegt per definitionem keine freie Ausschlussklausel vor, sodass es keiner sachlichen Rechtfertigung der Ausschlussklausel bedarf.195 Die sachliche Rechtfertigung ist in Abgrenzung zum sachlichen Grund struktureller Art und unabhängig vom Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses zu bewerten.196 Sowohl in der Literatur197 als auch in der Rechtsprechung198 wird diese dogmatisch saubere Trennung vielfach missachtet, indem die Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung einer freien Ausschlussklausel unzutreffend als sachliche Gründe bezeichnet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil aus dem Jahr 1988199 eine – scheinbar – dritte Kategorie in Form des „festen Tatbestandsmerkmals“ geschaffen hat, die ähnlich wie der sachliche Grund dem Vorliegen einer freien Ausschlussklausel entgegenstehen soll. Teilweise wird der sachliche Grund vom „festen Tatbestandsmerkmal“ dergestalt abgegrenzt, dass das feste Tatbestandsmerkmal als zusätzliche Voraussetzung eine zeitlich begrenzte Ausübungsfrist erfordert, um nicht als freie Ausschlussklausel eingeordnet zu werden.200 Zum Teil wird vertreten, dass an ein „festes Tatbestandsmerkmal“ im Gegensatz zum sachlichen Grund keine inhaltlichen Anforderungen zu stellen seien.201

194

Beispielhaft BGHZ 164, 98, 102 unter Bezugnahme auf BGHZ 112, 103, 108; BGH, NJW 2004, 2013; BGH, NZG 2005, 479. 195 BGHZ 164, 107, 112; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 53 ff.; Miesen, RNotZ 2006, 522, 529; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97. 196 Reymann, DNotZ 2006, 106, 113. 197 Beispielhaft Altmeppen, GmbHG, § 34  Rn.  49; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 9a; Schulte / Hushahn, in: MünchHdb GesR I, § 74 Rn. 69. 198 Beispielhaft OLG München, ZIP 2016, 2472, 2473 für das „Mitarbeitermodell“; dogmatisch trennscharf hingegen BGHZ 164, 107, 112. 199 BGHZ 105, 213; vgl. oben Kapitel 3 C. I. 200 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 61. 201 Schulte / Hushahn, in: MünchHdb GesR I, § 74 Rn. 70.

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a) Inhaltliche Merkmale des sachlichen Grundes Dies wirft die Frage auf, welche inhaltlichen Merkmale einen sachlichen Grund charakterisieren. Als Orientierungshilfe können die Anforderungen an einen sachlichen Grund dienen, die im Rahmen der Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG dargestellt wurden.202 Demnach ist nicht das Gewicht eines wichtigen Grunds im Sinne eines Fehlverhaltens erforderlich, sondern es genügt beispielhaft das Entfallen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze. In der in diesem Zusammenhang nicht immer einheitlichen Terminologie des Bundesgerichtshofs wurde einmalig auf „sachlich (gewichtige)“ Gründe Bezug genommen,203 die eine wertungsbezogene Prüfung nahelegen.204 Allerdings sind die von der Rechtsprechung zwischen einem sachlichen und einem wichtigen Grund gezogenen Trennlinien unklar.205 Führt man sich vor Augen, dass die Rechtsprechung von ihrem grundsätzlichen Sittenwidrigkeitsverdikt für freie Hinauskündigungsklauseln nur solche Regelungen erfassen will, die eine Willkürherrschaft des ausschlussberechtigten Organs begründen, ist allein maßgeblich, dass die Herbeiführung des sachlichen Grunds nicht im alleinigen Einflussbereich des ausschließungsberechtigten Organs steht.206 Durch den sachlichen Grund muss nur gewährleistet werden, dass der Eintritt seiner Voraussetzungen nicht allein vom Willen des Ausschließungsberechtigten abhängt und keine Willkürentscheidung zulasten des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters möglich ist.207 Weitergehende inhaltliche Anforderungen sind an den sach­ lichen Grund nicht zu stellen.208 Eindrucksvoll bestätigt wird dies durch die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Differenzierung zwischen dem Manager- und dem Mitarbeitermodell, in dem nur beim Mitarbeitermodell ein sachlicher Grund in der dem Kündigungsschutz des KSchG unterliegenden Kündigung des Mitarbeiters angenommen wurde. Die Abberufung des Geschäftsführers als dem Ausschluss vorgeschalteter Akt steht gem. § 38 Abs. 1 GmbHG hingegen im freien Ermessen der Gesellschaftermehrheit und kann als Potestativbedingung keinen sachlichen Grund darstellen. Dass nicht das Ausschlussrecht selbst, sondern die Abberufung des Geschäftsführers als ein dem Ausschlussrecht vorgeschalteter Akt im freien Belieben des Mehrheitsgesellschafters oder der Gesellschaftermehrheit steht, rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung.

202

Vgl. oben Kapitel 2 C. I. BGH, NJW 1985, 2421, 2422. 204 Miesen, RNotZ 2006, 522, 530. 205 Bütter / Tonner, BB 2005, 283, 284. 206 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225, 230. 207 Bütter / Tonner, BB 2005, 283, 285; Miesen, RNotZ 2006, 522, 530. 208 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 91. 203

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

b) „Festes Tatbestandsmerkmal“ Auch das „feste Tatbestandsmerkmal“ dient dem einzigen Zweck, den willkürlichen Einsatz der Ausschlussklausel als Machtinstrument auszuschließen.209 Ein inhaltlicher Unterschied zwischen sachlichem Grund und „festen Tatbestandsmerkmal“ besteht nicht.210 Insbesondere sind an den sachlichen Grund keine höheren inhaltlichen Anforderungen zu stellen als an ein „festes Tatbestandsmerkmal“. Entscheidend ist allein, dass es sich um ein objektives Ereignis handelt, dessen Eintritt nicht ausschließlich durch das ausschließungsberechtigte Organ herbeigeführt werden kann. Nicht zielführend ist die Definition Beckers, der bei jedem vorgeschalteten Akt unabhängig von der Frage, ob dieser allein durch das ausschließungsberechtigte Organ herbeigeführt werden kann, ein Ausschlussrecht nach freiem Ermessen verneint.211 Aufgrund seiner Definition beurteilt Becker die Vertragsgestaltungen in den Entscheidungen zum Kooperationsvertrag und Managermodell nicht als freie Hinauskündigungsklauseln, da die vorgeschalteten Akte der Kündigung des Kooperationsvertrags und der Abberufung des Geschäftsführers „feste Tatbestandsmerkmale“ seien.212 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Es wäre ein Leichtes, die Zielsetzung der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs mithilfe einfacher Vertragsgestaltungen in Form von Potestativbedingungen vollständig leerlaufen zu lassen. Ob eine freie Ausschlussklausel vorliegt, hinge nicht von der Auslegung des tatsächlich erzielten Ergebnisses ab, sondern lediglich von der entsprechenden Vertragsgestaltung. Im Hinblick auf das zweite vorgeschlagene Abgrenzungskriterium der zeitlich begrenzten Ausübungsfrist stellt sich die Frage, ob die zeitlich begrenzte Ausübungsfrist ebenfalls für ein Ausschlussrecht bei sachlichem Grund sachgerecht ist. Da kein inhaltlicher Unterschied zwischen sachlichem Grund und „festem Tatbestandsmerkmal“ besteht, liegt auch eine gleiche Interessenlage nach Verwirklichung des sachlichen Grunds bzw. „festen Tatbestandsmerkmals“ vor.213 So ist das Ausschlussrecht an keine weiteren Voraussetzungen gebunden, sondern unterliegt jeweils der Willkür des Ausschließungsberechtigten. Daher muss nicht nur nach Verwirklichung eines „festen Tatbestandsmerkmals“, sondern auch eines sachlichen Grunds einer zeitlich unbegrenzten freien Ermessensentscheidung durch die Vereinbarung einer angemessenen Ausübungsfrist entgegengewirkt werden.214 209

BGHZ 105, 213, 219. Wie hier Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97. 211 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 31. 212 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 60, 63 f. 213 Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97 f. 214 Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 98. 210

C. Rechtsprechungsleitlinien

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Für die Angemessenheit der Frist wird ein Zeitraum zwischen einem und sechs Monaten vorgeschlagen,215 wobei der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung von 1988 eine Frist von einem Jahr diskutierte, letztlich aber offenließ.216 Die Pro­ blematik des zeitlich begrenzten Ausschlussrechts wird umgangen, wenn die Gesellschaftsbeteiligung unter eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB oder die (Rück-)Übertragung des Anteils unter eine aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB gestellt wird.217 In diesem Fall ist das Entfallen der Gesellschafterstellung bei Verwirklichung des sachlichen Grunds bzw. „festen Tatbestandsmerkmals“ ein Automatismus, der keinerlei Raum für willkürliche Entscheidungen eröffnet. c) Sachlicher Grund = „Festes Tatbestandsmerkmal“ Folglich ist eine Differenzierung zwischen einem sachlichen Grund und einem „festen Tatbestandsmerkmal“ nicht möglich.218 Der sachliche Grund ist dem „festen Tatbestandsmerkmal“ gleichzustellen. Konsequenterweise ist die zeitliche Ausübungsbegrenzung des Ausschlussrechts auch bei einem sachlichen Grund zu verlangen.219 2. Sittenwidrigkeitsverdikt gem. § 138 Abs. 1 BGB Sofern mangels sachlichen Grunds bzw. „festen Tatbestandsmerkmals“ eine freie Hinauskündigungsklausel vorliegt, wird diese vom Bundesgerichtshof am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB gemessen. Gem. § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Ein Sittenverstoß liegt vor, wenn der Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung seines Inhalts, Motivs und Zwecks mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist.220 Bei einer objektiven Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts ist weder eine verwerfliche Gesinnung noch das Bewusstsein hinsichtlich der Sittenwidrigkeit einer Vertragspartei erforderlich.221

215

Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; K. Schmidt, GesR, § 50 III 3.a), S. 1472 (dreimonatig). BGHZ 205, 213, 222. 217 Vgl. oben Kapitel 3 B. 218 Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97. 219 Miesen, RNotZ 2006, 522, 529 ff.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 97. 220 BGH, NJW 1988, 2047; NJW 2019, 3635, 3637; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 1, 27 ff. 221 BGH NJW 1988, 1373, 1374; 1993, 1587, 1588; 1994, 187, 188; aber Berücksichtigung der verwerflichen Gesinnung im Rahmen der Gesamtwürdigung, Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 253 f. 216

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Das im Zusammenhang mit freien Ausschlussklauseln vom Bundesgerichtshof postulierte Sittenwidrigkeitsverdikt ist in der Literatur teilweise starker Kritik ausgesetzt.222 Deren Fokus liegt auf dem unterstellten Regel-Ausnahme-Verhältnis von Sittenwidrigkeit und sachlicher Rechtfertigung. Dieses Verhältnis sei nicht nur rechtsdogmatisch problematisch, sondern liefe der durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Privatautonomie in ihrer Ausprägung der Vertragsfreiheit zuwider.223 Überdies wird der zeitliche Bezugspunkt der Prüfung in Form des Vertragsschlusses als wenig flexibel bemängelt.224 Als vorzugswürdige Alternative wird für die Rückkehr zur Ausübungskontrolle gem. § 242  BGB plädiert.225 Da das Spannungsverhältnis zwischen der Vertragsfreiheit und der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB als ihr immanenten Grenze bisher überwiegend von Befürwortern der Ausübungskontrolle226 monographisch dargestellt worden ist,227 soll es in seinen Grundzügen aufgearbeitet und die vorgetragenen Einwände einer eingehenden Prüfung unterzogen werden. a) Vertrags- und Gestaltungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 GG Die Privatautonomie als zivilrechtliche Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit ist ein elementarer Bestandteil der freien Persönlichkeitsentfaltung und gem. Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt.228 Teil dieses umfassenden Schutzes ist die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und in ihrem Rahmen die Vertragsfreiheit.229 Gleiche Bürger sollen ihre Rechtsverhältnisse frei von staatlicher Einmischung und Bevormundung gestalten und bestimmen, wie ihre mitunter gegenläufigen Interessen in einen aus ihrer subjektiven Betrachtung angemessenen Ausgleich zu bringen sind.230 Die Vertragsfreiheit gewährleistet die Abschluss- und Gestaltungsfreiheit, mithin das Recht, frei im Rahmen der zivilrechtlichen Ordnung Verträge zu gestalten, abzuschließen und aufzulösen.231 222 Exemplarisch Loritz, JZ 1986, 1073, 1075, nach dem statt des „Damoklesschwerts der Hinauskündigung“ nunmehr das „Fallbeil der Unwirksamkeit“ der Kündigungsklausel über der Gesellschaft aufgebaut sei. 223 Verse, DStR 2007, 1822, 1825. 224 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 145; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 247, 313. 225 Verse, DStR 2007, 1822, 1825. 226 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 105 ff., 204 ff.; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 80 ff.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 151 ff.; Fröhlich, Ausscheiden von Personengesellschaftern, S. 164 ff. 227 Wie hier Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1971, nach dessen Einschätzung die „meinungsbildende Kommentarliteratur“ die Hinauskündigungsrechtsprechung befürwortet, in der „Aufsatzliteratur“ hingegen die kritischen Stimmen überwiegen. 228 BVerfGE 6, 32, 36 f.; 8, 274, 328. 229 BVerfGE 8, 274, 328; 95, 267, 303; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 26. 230 BVerfGE 81, 242, 254; 89, 214, 231 f.; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 101. 231 BVerfGE 8, 274, 328; 88, 384, 403; 95, 267, 303 f.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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Art. 2 Abs. 1 GG wird als subsidiäre Vorschrift im Rahmen der freien Ausgestaltung von Gesellschaftsverträgen von dem speziellen Art. 9 Abs. 1 GG verdrängt.232 Die aus der Privatautonomie abgeleitete Satzungsautonomie gewährleistet den Gesellschaftern eine umfassende inhaltliche Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Satzung und der Ausgestaltung der Gesellschafterrechte.233 Die normative Ausgestaltung der Privatrechtsordnung stellt einen unmittelbaren Akt öffentlicher Gewalt i. S. v. Art. 1 Abs. 3 GG dar, sodass Gesetzgebungsakte, die auf die Einschränkung oder nachträgliche Korrektur der privatrechtlichen Willensfreiheit gerichtet sind, an Art. 9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG in ihrer Funktion als klassische Abwehrrechte zu messen sind.234 aa) Schutzrechtliche Dimension der Vertragsfreiheit Um die freie Selbstbestimmung des Einzelnen im wirtschaftlichen Bereich zu gewährleisten, erlegt die Vertragsfreiheit nach stark umstrittener235 Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dem Staat neben der abwehrrechtlichen Dimension auch die grundrechtliche Schutzpflicht auf, in den Fällen eines gestörten Kräftegleichgewichts eine Fremdbestimmung der schwächeren Vertragspartei durch die stärkere Vertragspartei zu verhindern.236 Die Vertragsfreiheit dürfe nicht einseitig dem Recht des Stärkeren Geltung verschaffen, sondern müsse einem Machtmissbrauch des Stärkeren vorbeugen.237 Im Wege der praktischen Konkordanz seien die kollidierenden Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu betrachten und in einen schonenden Ausgleich zu bringen.238 Grundsätzlich ergebe sich der angemessene Interessenausgleich aus dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien.239 Im Interesse der Rechtssicherheit und der individuellen Entscheidungsfreiheit könne nicht jede gestörte Vertragsparität nachträglich korrigiert werden.240 Ungleiche Verhandlungspositionen stellen in der freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung den Regelfall dar.241 Korrigiert werden dürfe nur in den Aus 232 Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9 Rn. 103; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art.  2 Rn. 103. 233 Altmeppen, GmbHG, § 3 Rn. 17; Wicke, in: MüKoGmbHG, § 3 Rn. 1; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 710. 234 Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 106; Paulus / Z enker, JuS 2001, 1, 4 f. 235 Adomeit, NJW 1994, 2467 ff.; Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1080 f.; Germel­ mann, NZA 1997, 236, 237 ff.; Zöllner, AcP 196 (1996), 1 ff. 236 BVerfGE 81, 242, 255 f.; 89, 214, 232; BVerfG, NJW 2001, 957, 958; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art.  2 Rn.  107, 115; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Rn. 63; offengelassen bei Lang, in: BeckOK GG, Art. 2 Rn. 61 („Relativierungen [der zivilrechtlichen Privatautonomie] durch Schutzpflichten“); Nasall, NZG 2008, 851, 854. 237 BVerfGE 89, 214, 232. 238 BVerfGE 89, 214, 232. 239 BVerfGE 103, 89, 100. 240 BVerfGE 89, 214, 232. 241 Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, § 138 Rn. 15; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 712.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

nahmefällen einer Fremdbestimmung, also wenn ein Vertragspartner ein derartig ausgeprägtes strukturelles Übergewicht hat, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann und die Vertragsfolgen für den anderen Vertragsteil „ungewöhnlich“ belastend sind.242 Eine solche „strukturelle“ Asymmetrie nahm das Bundesverfassungsgericht in Fällen privater Vereinbarungen über Bürgschaften und Unterhaltsverpflichtungen an.243 Die Korrekturen der vertraglichen Vereinbarungen seien aufgrund der kollidierenden Grundrechtspositionen, aber auch aufgrund der im Begriff der „verfassungsmäßigen Ordnung“ in Art. 2 Abs. 1 GG enthaltenen Gemeinwohlorientierung sowie aufgrund des in Art. 20  Abs. 1, 28  Abs. 1  GG verankerten Sozialstaatsprinzips gerechtfertigt.244 Die staatlichen Gerichte seien gehalten, den Schutz vor einer Fremdbestimmung bei der Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewährleisten.245 Insbesondere die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB, über die die Grundrechte ihre mittelbare Wirkung entfalten, verpflichteten die Gerichte im Falle gestörter Vertragsparität zu einer grundrechtskonformen Inhaltskontrolle.246 Der angemessene Interessenausgleich zwischen den aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden kollidierenden Prinzipien der Vertragsfreiheit in der klassisch abwehrrechtlichen Dimension und des Schutzes vor Fremdbestimmung in der schutzrechtlichen Dimension sei auf Rechtsanwendungsebene herzustellen.247 (1) Kritische Literaturstimmen Die kritischen Stimmen halten der den Zivilgerichten auferlegten Pflicht einer grundrechtskonformen Inhaltskontrolle im Falle gestörter Vertragsparität entgegen, dass diese zu einer Aushöhlung des Grundsatzes der Privatautonomie und des Prinzips der Selbstverantwortung mündiger Bürger führe.248 Die Inhaltskontrolle liefe auf eine staatliche Bevormundung hinaus, vor der Art. 2  Abs. 1  GG schützen solle.249 Ihr sei die Gefahr einer willkürlichen Aushebelung von Vertragsbindungen immanent.250 Das allgemeine Sittengebot gem. § 138 Abs. 1 BGB stelle als zwingendes Korrektiv einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Privat 242

BVerfGE 89, 214, 232; 103, 89, 100. BVerfGE 89, 214, 233 f.; 103, 89, 100; anders BGH, NJW 1989, 1605, 1606, der die Bürgschaftserklärung aufgrund der auch ohne besondere Erfahrung im Geschäftsverkehr bekannten Haftungsrisiken als wirksam erachtete. 244 BVerfGE 8, 274, 328 f.; 21, 87, 90 f.; 60, 329, 339 f.; 81, 242, 255 f.; 89, 214, 232; BVerfG, NJW 2001, 1709, 1711; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 104. 245 BVerfGE 81, 242, 256; 103, 89, 100; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art.  2 Rn. 107; Paulus / Z enker, JuS 2001, 1, 5. 246 BVerfGE 7, 198, 206; 81, 242, 256; 89, 214, 233 f.; BVerfG, NJW 2001, 957, 958. 247 Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 108. 248 Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1081; Germelmann, NZA 1997, 236, 239. 249 Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1080; Zöllner, AcP 196 (1996), 1, 3. 250 Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1081; Germelmann, NZA 1997, 236, 239. 243

C. Rechtsprechungsleitlinien

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autonomie dar, könne aber nicht als „freiheitssichernd“ qualifiziert werden.251 Im Gegensatz zu den sonstigen anerkannten Schutzpflichten werde das Grundrecht der Vertragsfreiheit „gegen sich selbst ins Feld geführt […]“.252 Die kritischen Literaturstimmen berücksichtigen das Sozialstaatsprinzip auf der Ebene der Rechtfertigung eines Eingriffs in die Vertragsfreiheit, indem sie die schutzbedürftigen Interessen des „schwächeren“ Vertragspartners im Rahmen des Korrektivs der objektiven Werteordnung über die Generalklauseln der §§ 138 Abs. 1, 242 BGB einbeziehen.253 (2) Stellungnahme Die Kritik an der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts überzeugt nicht. Der von einer liberalen Grundhaltung geprägte Ansatz misst der Vertragsfreiheit, und zwar ausschließlich in ihrer abwehrrechtlichen Dimension, eine überragende Bedeutung zu. Eine auf sozialen Erwägungen beruhende Schutzpflicht des Staates könne in freien Vereinbarungen Privater keine Berücksichtigung finden. Der mündige Bürger müsste sich im Rahmen seiner vertraglichen Bindungen in freier Selbstverantwortung schützen. Auf der Ebene der Vertragsfreiheit verkannt wird die materiale Entscheidung der Verfassung für den Sozialstaat.254 Auch wenn das Grundgesetz keine Wirtschaftsordnung vorgibt, gebietet es das in Art. 20 Abs. 1, 28  Abs. 1  GG verankerte Sozialstaatsprinzip, dass die Wirtschaftsordnung in Deutschland nicht rein liberal ausgestaltet ist, sondern sich am Leitbild der sozialen Marktwirtschaft ausrichtet.255 Welche schutzwürdigen Interessen des schwächeren Vertragsteils sind es aber nach der Literaturansicht, die über die Generalklauseln als objektive Werteordnung in das Privatrecht ausstrahlen? Dies sind diejenigen Grundrechte, die das Bundesverfassungsgericht „freiheitssichernd“ im Wege der praktischen Konkordanz in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem durch Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG garantierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums256 zu. Die Vertragsfreiheit des „schwächeren“ Vertragsteils darf nach den kritischen Literaturstimmen nicht berücksichtigt werden, da sich diese Vertragsfreiheit in der vertraglichen Vereinbarung verwirkliche und keine schutzrechtliche Komponente aufweise. Demnach könnte die Einschränkung der Willensbildungsfreiheit des schwächeren Vertragsteils und die mitunter daraus resultierende erhebliche Druck-

251

Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 138 Rn. 1. Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1081. 253 Eschenbach / Niebaum, NVwZ 1994, 1079, 1080. 254 Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 115. 255 Kotzur, in: v. Münch / Kunig, GG, Art. 20 Rn. 75 ff. 256 BVerfGE 40, 121, 133; 45, 187, 228 f.; 82, 60, 85; 123, 267, 362 f. 252

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

situation nicht auf Ebene des § 138 Abs. 1 BGB bei vertraglichen Vereinbarungen berücksichtigt werden.257 Damit wäre auch der primären Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs zur Begründung der Sittenwidrigkeit freier Hinauskündigungsklauseln, die auf die freie Ausschlussmöglichkeit als Disziplinierungsmittel und Einschränkung der freien Willensbildungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters abstellt, der Boden entzogen. Es offenbart sich die Schwäche des rein liberalen Ansatzes der Privatautonomie: Diejenige Vertragspartei, die in vermeintlich freier Selbstbestimmung eine vertragliche Vereinbarung abschließt, die sie zukünftig für einen erheblichen Zeitraum der Willkür des anderen Vertragsteils und damit einer erheblichen Drucksituation aussetzt, wäre schutzlos gestellt. Weil der rein liberale Ansatz für diesen konkreten Fall, in dem eine vertragliche Regelung zu einer andauernden Fremdbestimmung der einen Vertragspartei führt, keine befriedigende Lösung bereithält, ist dem Lösungsansatz des Bundesverfassungsgerichts der Vorzug zu gewähren. Da aber auch das Bundesverfassungsgericht der schutzrechtlichen Dimension der Vertragsfreiheit gegenüber ihrer abwehrrechtlichen Dimension im Wege der praktischen Konkordanz nur in den absoluten Ausnahmefällen der Fremdbestimmung eines Vertragsteils den Vorrang einräumt,258 gilt folgendes Regel-AusnahmeVerhältnis: Die Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension bildet die Regel, ihre schutzrechtliche Dimension die Ausnahme. (3) Einordnung der Kritik an der Hinauskündigungsrechtsprechung In Bezug auf die konkrete Frage der Zulässigkeit freier Hinauskündigungsklauseln wird unter Hervorhebung des hohen Gutes der Vertragsfreiheit argumentiert, deren Sittenwidrigkeit scheitere bereits daran, dass die Beteiligten die entsprechende Klausel sehenden Auges abschließen.259 Der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter sei nur hinsichtlich unangemessener Vermögensnachteile schutzwürdig, da er im Rahmen der Vertragsverhandlungen seine Interessen nicht wahrgenommen oder nicht durchgesetzt habe.260 Diese Argumentation überzeugt ebenso

257

In diese Richtung ist wohl auch die Ansicht zu verstehen, nach der § 138 Abs. 1 BGB nur Schutz vor einseitigen unangemessenen Vermögensnachteilen gewähre und im Rahmen freier Hinauskündigungsklauseln nur für die Abfindung relevant werde, Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51. 258 Vgl. zum Ausnahmecharakter des verfassungsrechtlichen Schutzgebots Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art.  2 Rn.  115. 259 Drinkuth, NJW 2006, 410, 412; Kübler, FS Sigle 2000, 183, 191 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 185, 193; Grunewald, ZIP 2021, 433, 437 hält einen Ausschluss nach freiem Ermessen jedenfalls bei Leistung einer angemessenen Abfindung für „stets hinnehmbar“; mit Bedenken Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 42. 260 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 47.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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wenig wie die Ansicht, die die sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln in dem Vertragsschluss selbst begründet sieht,261 da sich – ihre Richtigkeit unterstellt – jeder Vorwurf der Sittenwidrigkeit einer Vertragsklausel entkräften ließe. § 138 Abs. 1 BGB hätte keinen Anwendungsbereich. Die Privatautonomie ermöglicht zwar jedem Einzelnen den Abschluss nachteiliger Geschäfte, hindert aber nicht daran, eine den Vertragspartner unangemessen bindende Freiheits­ beschränkung als sittenwidrig einzustufen.262 Zudem sei das Schutzbedürfnis des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters eingeschränkt, da er die freie Hinauskündigungsklausel vereinbare, um sich im Folgenden auf ihre Unwirksamkeit zu berufen, und damit einen „Dispens vom gegebenen Wort“ durch eine richterliche Korrektur fordere.263 Dieser an den Rechtsmissbrauchsgedanken angelehnte Einwand unterliegt einem Zirkelschluss. Das „gegebene Wort“, das sinnbildlich für die Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension steht, muss in Ausnahmefällen eine Korrektur aufgrund des in der Verfassung garantierten Sozialstaatsprinzips erfahren.264 Ein besonderes Schutzbedürfnis der einen Vertragspartei, das eine nachträgliche richterliche Korrektur der Vereinbarung erfordert, läge jedoch nie vor, wenn es mit dem Argument eingeschränkt werden könnte, die Geltendmachung des Schutzbedürfnisses stelle einen „Dispens vom gegebenen Wort“ dar. Hinzu kommt, dass die Rechtsordnung in anderen Teilbereichen die Berufung auf die Nichtigkeit einzelner Klauseln zulässt, obwohl diese in Widerspruch zu dem bei Vertragsschluss „gegebenen Wort“ steht.265 In besonderen Ausnahmefällen erhöhter Schutzwürdigkeit ermöglicht die Rechtsordnung sogar ein notwehrähnliches Recht zur Lüge.266

261

Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 116 f.; vgl. oben Kapitel 3 B. Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 13, 68 ff.; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 59. 263 Flume, DB 1986, 629, 632 („Vertragsbruch“); Drinkuth, NJW 2006, 410, 412; Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 85, 116; ders., AcP 196 (1996), 1, 31 f. („April-April-Syndrom“); Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 193 ff.; Fröhlich, Ausscheiden von Personengesellschaftern, S. 157. 264 BVerfGE 8, 274, 328 f.; 21, 87, 90 f.; 60, 329, 339 f.; 81, 242, 255 f.; 89, 214, 232; BVerfG, NJW 2001, 1709, 1711; Di Fabio, in: Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2 Rn. 104; Kotzur, in: v. Münch / Kunig, GG, Art. 20 Rn. 75. 265 Als prägnantes Beispiel dient die Vereinbarung von Schwarzarbeit bei einem Arbeitsvertrag i. S. v. § 611a  BGB, die nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags, sondern nur zur Nichtigkeit der Schwarzgeldabrede und zur Fiktion der Nettoarbeitsentgeltabrede führt, § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV, vgl. Maties, in: BeckOGK BGB, § 612 Rn. 147. Die Berufung des Arbeitnehmers auf die Nettoarbeitsentgeltabrede stellt zwar einen „Dispens vom gegebenen Wort“ dar, schränkt seine Schutzbedürftigkeit aber nicht ein. 266 Hervorgehoben sei das Recht zur Lüge bei unzulässigen Fragen zur Schwangerschaft oder einschränkungslosen Fragen zu Vorstrafen im Bewerbungsgespräch, vgl. BAG, NJW 1958, 516 f.; 2013, 1115, 1116; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 123 Rn. 10. 262

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

(4) Einordnung der Hinauskündigungsrechtsprechung in die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts Die Annahme der Sittenwidrigkeit einer freien Ausschlussklausel ausschließlich als Eingriff in die Vertragsfreiheit zu qualifizieren, könnte nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts eine Verkennung der kollidierenden Prinzipien der Vertragsfreiheit darstellen, die über die mittelbare Drittwirkung in der Generalklausel des § 138 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen sind. Richtig ist, dass die Vertragsfreiheit des Ausschlussberechtigten in der klassisch abwehrrechtlichen Dimension durch die Annahme der Nichtigkeit der Klausel gem. § 138 Abs. 1 BGB beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung könnte aber für einen schonenden Ausgleich mit der kollidierenden Vertragsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters, der vor einer Fremdbestimmung geschützt werden soll, erforderlich sein. Mit der Annahme der Sittenwidrigkeit freier Hinauskündigungsklauseln räumt der Bundesgerichtshof auf Rechtsanwendungsebene der Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension zugunsten des ausschlussbedrohten Gesellschafters den Vorrang vor der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension ein. Dieser Vorrang ist nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt, wenn der Ausschlussberechtigte ein derart starkes „strukturelles“ Übergewicht hat, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann und die Vertragsfolgen für den Ausschlussbedrohten „ungewöhnlich“ belastend sind. bb) Schutzbedürftigkeit des ausschlussbedrohten Gesellschafters Fraglich ist, ob der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter derart schutzwürdig ist, dass die Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die vorstehenden Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen ausnahmsweise der Vertragsfreiheit der einen Partei in ihrer schutzrechtlichen Dimension der Vorrang vor der Vertragsfreiheit der anderen Partei in ihrer abwehrrechtlichen Dimension eingeräumt werden könne, gestützt werden kann. (1) Strukturelles Übergewicht des Ausschlussberechtigten Zwischen den Vertragsparteien müsste im Zeitpunkt der Vereinbarung einer freien Ausschlussklausel ein „strukturelles“ Ungleichgewicht vorliegen. Einem „strukturellen“ Übergewicht des Ausschlussberechtigten wird entgegengehalten, die Beteiligten seien bei der Gründung von Gesellschaften oder einer späteren Beteiligung regelmäßig anwaltlich vertreten und wiesen ein gewisses Maß an Geschäftserfahrung auf.267 Eine im Rahmen von § 138 Abs. 1 BGB berücksichtigungs 267

Bunte, ZIP 1983, 8, 14; Drinkuth, NJW 2006, 410, 412; Verse, DStR 2007, 1822, 1825; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 712, 715 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 193 f.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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fähige intellektuelle oder wirtschaftliche Übermacht des ausschlussberechtigten Gesellschafters sei zu bezweifeln.268 Es ist zweifelhaft, ob sich tatsächlich alle Gesellschafter in dem frühen Stadium der Gesellschaftsgründung oder auch bei einer geringen Beteiligung an einer Gesellschaft anwaltlich beraten lassen. Dem Gesellschafter an sich pauschal ein gewisses Maß an Geschäftserfahrung zu unterstellen, ist ebenfalls fragwürdig. Vor dem Hintergrund der „Gründungseuphorie“ junger, unerfahrener Unternehmer, die im Anfangsstadium den kostenintensiven Beratungsaufwand scheuen,269 bilden diese Annahmen die Realität nicht vollumfänglich ab. Richtig ist, dass die Vereinbarung einer freien Ausschlussklausel zwischen zwei Gesellschaftern nicht mit dem „strukturellen“ Ungleichgewicht der Vertragspartner in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen privater Bürgschaftserklärungen oder Unterhaltsverzichtserklärungen vergleichbar ist: In den seltensten Fällen wird die freie Hinauskündigung zu vergleichbaren wirtschaftlich existenziellen Notlagen führen wie für die junge Mutter, die auf ihre nachehelichen Unterhaltsansprüche verzichtet und gleichzeitig den zukünftigen Ehemann weitgehend von seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem gemeinsamen Kind freistellt,270 oder wie für die mittellose Tochter ohne Berufsausbildung, die zugunsten einer Bank für deren Forderungen gegen ihren Vater eine Bürgschaftserklärung mit einem sechsstelligen Betrag abgibt.271 Die vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Fälle der Fremdbestimmung waren mit einseitigen unverhältnismäßigen Vermögensnachteilen und potentiellen wirtschaftlichen Notlagen verbunden. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in diesen Fällen die Vertragsfreiheit in schutzrechtlicher Dimension in den Vordergrund gestellt hat,272 ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in der Bewertung eine entscheidende Rolle gespielt hat.273 Übertragen auf die Bewertung freier Ausschlussklauseln könnte das Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem erstmals deren Unzulässigkeit nicht mehr mit den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts, sondern mit einem Sittenverstoß gem. § 138 Abs. 1 BGB begründet wurde, in eine ähnliche Richtung zu interpretieren sein: Der ausschlussbedrohte Komplementär hatte sich in eine nicht mehr hinzunehmende wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit gebracht, da er seine 268

Verse, DStR 2007, 1822, 1825. Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 4 f., 281. 270 BVerfGE 103, 89, 94. 271 BVerfGE 89, 214, 218. 272 BVerfGE 89, 214, 231; 103, 89, 100 (Recht aus Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 4 GG auf „Schutz vor unangemessener Benachteiligung durch den Ehevertrag“). 273 In BVerfGE 89, 214, 220 ff. wird die Argumentation der Beschwerdeführerin mit der aus Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht zur Verhinderung materieller Not des Einzelnen aufgegriffen; in BVerfGE 103, 89, 104 ff. wird die ökonomische Situation der Mutter ausführlich dargestellt. 269

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Arbeits- und Lebensgrundlage zur Disposition gestellt und seine Willensbildungsfreiheit erheblich eingeschränkt hatte.274 Da der Bundesgerichtshof in den Folgeurteilen die Sittenwidrigkeit freier Ausschlussklauseln jedoch auch ohne wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit annahm, drängt sich folgende Frage auf: Kann die Vereinbarung eines freien Hinauskündigungsrechts das vom Bundesverfassungsgericht für den Vorrang der Vertragsfreiheit in seiner schutzrechtlichen Dimension erforderliche „strukturelle“ Ungleichgewicht der Vertragsparteien bei Vertragsschluss indizieren? Dafür könnte die Kontrollüberlegung sprechen, dass sich ein geschäftserfahrener und anwaltlich vertretener Beteiligter nicht freiwillig der abstrakten Gefahr der jederzeitigen willkürlichen Hinauskündigung unterwerfen würde, wenn er nicht dem ausschlussberechtigten Gesellschafter in Bezug auf die Gesellschaftsverhältnisse in gewisser Weise unterlegen wäre. Geltung kann diese Überlegung allerdings nur für „ungleiche“275 Hinauskündigungsrechte beanspruchen, die einseitig einem oder einzelnen Gesellschaftern als Individualrecht zulasten eines oder einzelner Mitgesellschafter eingeräumt werden.276 Kann die Ausschlussklausel in Form eines „gleichen“277 Hinauskündigungsrechts hingegen zulasten eines jeden gleichberechtigten Gesellschafters durch die Mitgesellschafter ausgeübt werden, scheidet ein „strukturelles“ Ungleichgewicht von vornherein aus. Aber selbst in Fällen „ungleicher“ Hinauskündigungsrechte ist es zweifelhaft, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein „strukturelles“ Ungleichgewicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt. Regelmäßig wollen die Beteiligten, die sich bei Gesellschaftsgründung oder -eintritt einer freien Ausschlussklausel unterwerfen, wirtschaftliche Chancen wahrnehmen. In deren Genuss kämen sie nicht, wenn sie in den Vertragsverhandlungen auf der Streichung der freien Hinauskündigungsklausel beharrten, da ihnen der andere Vertragsteil in diesem Fall eine Gesellschaftsbeteiligung voraussichtlich nicht einräumen würde. Auch wenn dies für ein „strukturelles“ Ungleichgewicht der Vertragsparteien spricht, befindet sich der „unterlegene“ Vertragspartner in der Regel nicht in einer psychischen oder wirtschaftlichen Notlage, aufgrund derer die Gesellschaftsbeteiligung für ihn zur Aufrechterhaltung eines engen persönlichen Verhältnisses oder zur Sicherung seines Existenzminimums zwingend erforderlich ist. Verwiesen 274

BGH, NJW 1985, 2421, 2422. Prägnante Bezeichnung bei Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 121; inhaltsgleiche Bezeichnung als „Ausschlussrecht nach freiem Ermessen gegenüber sog. minderberechtigten Gesellschaftern“ bei Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 355. 276 Beispielhaft BGHZ 81, 263, 264; 84, 11; 105, 213, 214; 112, 103, 104; BGH, NJW 1985, 2421, 2422; vgl. zur Figur des „Gesellschafters minderen Rechts“ unten Kapitel 3 C. III. 2. b) aa). 277 Prägnante Bezeichnung bei Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 91; inhaltsgleiche Bezeichnung als „Ausschlussrecht nach freiem Ermessen gegenüber sog. gleichberechtigten Gesellschaftern“ bei Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 356. 275

C. Rechtsprechungsleitlinien

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sei insbesondere auf die vom Bundesgerichtshof als unwirksam erachteten freien Ausschlussklauseln, in denen keine Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche oder psychische Notlage der sich der Klausel unterwerfenden Gesellschafter ersichtlich waren.278 Umso mehr gilt dies in den als sachliche Rechtfertigung anerkannten Fällen, in denen über Manager- und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle279 für die vermeintlich „unterlegenen“ Führungskräfte wirtschaftliche und steuerliche Anreize geschaffen werden oder ein Arzt in eine langjährig bestehende Gemeinschaftspraxis eintritt, um von deren Reputation zu profitieren.280 Im Regelfall wird ein in der Intensität den verfassungsgerichtlich entschiedenen Fällen vergleichbares „strukturelles“ Übergewicht des Ausschlussberechtigten bei Vereinbarung der Hinauskündigungsklausel fehlen.281 (2) Einschränkung der Entscheidungsfreiheit Es stellt sich die Frage, ob ein „strukturelles“ Ungleichgewicht vor der Vereinbarung der Klausel für die Annahme der Sittenwidrigkeit zwingend erforderlich ist. Die freie Ausschlussklausel könnte über das vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Erfordernis des „strukturellen“ Ungleichgewichts hinaus bei Vertragsschluss sittenwidrig sein, wenn im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens ein Übergewicht des Ausschlussberechtigten dergestalt entsteht, dass es zu einer unzumutbaren Drucksituation für den Ausschlussbedrohten führt. Der Bundesgerichtshof folgt mit seiner Hinauskündigungsrechtsprechung dieser Annahme. In dem den Rechtsprechungswandel vollziehenden Urteil aus dem Jahr 1981 erwähnt der Bundesgerichtshof mit keinem Wort die Machtverhältnisse der Gesellschafter im Zeitpunkt der Vereinbarung der den Komplementären eingeräumten freien Hinauskündigungsklausel zulasten der Kommanditisten. Es wird in der Sachverhaltsdarstellung lediglich darauf hingewiesen, dass der vom Ausschluss betroffene Kommanditist seine Gesellschafterstellung von seinem Vater geerbt hatte.282 Vielmehr wird direkt vertieft auf die abstrakten Gefahren für die Willensentschließungsfreiheit durch die Vereinbarung freier Hinauskündigungsklauseln eingegangen. Die nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Entscheidungen sollen auch nach „allgemeinen sittlichen Grundsätzen“ Ausfluss einer freien Willensbildung sein, die durch die freie Ausschlussklausel unzulässig beeinträchtigt 278

BGHZ 81, 263; 107, 351. Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b). 280 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 2. 281 In Erwägung zu ziehen ist ein „strukturelles“ Ungleichgewicht hingegen bei Beteiligungen privater Anleger an einer Publikums-KG. Da der Bundesgerichtshof die Gesellschaftsverträge solcher vom gesetzlichen Leitbild der KG abweichenden Gesellschaften in Anlehnung an die AGB-Kontrolle einer Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB und damit einem anderen Prüfungsmaßstab unterzieht, werden diese gesondert erörtert, vgl. unten Kapitel 4 D. II. 3. 282 BGHZ 81, 263, 264. 279

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

werde.283 Auch wenn der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang die „allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung (§ 138 BGB)“ und die „Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts“ zu den „der Vertragsfreiheit immanenten Grenzen“ zählt,284 führt er neben der „Funktionsfähigkeit“ der Gesellschaft285 die durch die Hinauskündigungsklausel als Disziplinierungsmittel entstehende Willkürherrschaft als Begründung für die Unzulässigkeit der Klausel an.286 In den Folgeentscheidungen stellte der Bundesgerichtshof primär auf die Schutzbedürftigkeit der Entscheidungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters ab.287 Wenn der Gesellschafter aufgrund des „Damoklesschwerts“ der Hinauskündigung seine Gesellschafterrechte, insbesondere seine Kontrollrechte bei nicht hinreichend integren oder kompetenten Geschäftsführern nicht wirksam wahrnehme,288 kann sich dies nicht nur zulasten der Gesellschaft, sondern mittelbar auch zu seinen (wirtschaftlichen) Lasten auswirken. Eine sachlich kritische Meinungsäußerung und ein entsprechendes Abstimmungsverhalten des Gesellschafters, der vom Wohlwollen seiner Mitgesellschafter abhängig ist, kann nicht erwartet werden.289 Folglich nimmt der Bundesgerichtshof – in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, jedoch ohne dessen dogmatische Begründung – für die gem. Art. 2  Abs. 1  GG garantierte Vertragsfreiheit eine Schutzpflicht des Staates an, die über die allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung gem. § 138 Abs. 1 BGB zu einer richterlichen Korrektur freier Vereinbarungen führen kann.290 Da es auch nicht auf die Integrität und Vertrauenswürdigkeit der Ausschlussberechtigten im Einzelfall ankäme, sondern die abstrakte Gefahr des Machtmissbrauchs für eine negative Auswirkung auf die Entscheidungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters genüge, beurteilt der Bundesgerichtshof freie Ausschlussklauseln grundsätzlich als sittenwidrig.291 In den Worten des Bundesverfassungsgerichts räumt der Bundesgerichtshof der Vertragsfreiheit des ausschlussbedrohten gegenüber der Vertragsfreiheit des Ausschlussberechtigten den Vorrang ein, um jenen vor einer unzumutbaren Fremdbestimmung zu schützen. Die Gegenargumente entsprechen der Kritik an den verfassungsgerichtlichen Entscheidungen. Moniert wird die Aushöhlung des Prinzips der Privatautonomie und der Selbstverantwortung mündiger Bürger, konkret die Missachtung der 283

BGHZ 81, 263, 267. BGHZ 81, 263, 266. 285 Vgl. unten Kapitel 3 C. III. 2. c). 286 BGHZ 81, 263, 266 ff. 287 BGHZ 164, 98, 101; 164, 107, 111; BGH, NJW 2004, 2013, 2014; BGH, NJW-RR 2007, 913 f.; zur Tendenz Hinderer, GmbHR 2005, 1564, 1565; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 162, vgl. unten Kapitel 3 C. III. 2. c). 288 BGHZ 81, 263, 268; kritisch Kübler, FS Sigle 2000, 183, 193. 289 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 59. 290 Wie hier Nasall, NZG 2008, 851, 854. 291 BGHZ 81, 263, 268. 284

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freien Entscheidung des der „Mehrheitswillkür“ ausgesetzten Gesellschafters, eine von Anfang an abhängige Gesellschafterstellung übernehmen zu wollen.292 Das verfassungsrechtlich verankerte Sozialstaatsprinzip kann die Rechtfertigung der Hinauskündigungsrechtsprechung nicht vollumfänglich tragen, da das vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzte „strukturelle“ Ungleichgewicht in den Hinauskündigungsfällen regelmäßig nicht vorliegt. Mangels „strukturellen“ Ungleichgewichts wiegen die Zweifel an der präventiven Inhaltskontrolle und der grundsätzlichen Annahme der Sittenwidrigkeit freier Ausschlussklauseln unter dem Gesichtspunkt der Privatautonomie schwerer.293 Der Bundesgerichtshof entzieht den Gesellschaftern grundsätzlich die Möglichkeit, privatautonom ein Gesellschaftsmodell zu vereinbaren, das den jederzeitigen Ausschluss eines Gesellschafters und entsprechende Kompensationsleistungen vorsieht.294 Aus der Satzungsautonomie folge das berechtigte Interesse, die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises bei der Gründung und im Folgezeitraum effektiv zu steuern.295 Nicht von der Hand zu weisen ist das Bedürfnis, in bestimmten Fallkonstellationen ein freies Ausschlussrecht zu vereinbaren.296 Kübler zufolge seien die Gesellschafter durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beim Aushandeln ihres Gesellschaftsvertrags auf ein vorgegebenes „Strukturmodell“ beschränkt.297 Unter der Voraussetzung einer angemessenen Abfindungsleistung, die einseitige unangemessene Vermögensnachteile verhindert, könne es prinzipiell der freien Entscheidung der Gesellschafter überlassen werden, wie ihre Gesellschaftszugehörigkeit ausgestaltet ist.298 Unter dem Blickwinkel der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht könne eine Kontrolle des konkreten Ausschlusses vor Willkürmaßnahmen ausreichen.299

292

Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51; Eiselt, FS v. Lübtow 1980, 643, 665; Flume, DB 1986, 629, 632 („Richterwillkür“). 293 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 66; Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751 f.; Benecke, ZIP 2005, 1437, 1441 f.; Drinkuth, NJW 2006, 410, 412; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 281 f.; Sosnitza, DStR 2006, 99, 103; Verse, DStR 2007, 1822, 1827 f.; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 214 ff.; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 82 ff.; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 46 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 311 ff.; Kesselmeier, Ausschließungsund Nachfolgeregelung in der GmbH-Satzung, S. 101 ff.; Cöster, Minderheitenrechte in der Publikumspersonengesellschaft, S. 54 ff. 294 Unter der Prämisse, dass sich der angemessene Interessenausgleich aus dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien ergibt. 295 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 712. 296 Vgl. die Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung oben in Kapitel 3 C. II. 297 Kübler, FS Sigle 2000, 183, 191; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 42. 298 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 42; bei vollwertiger Abfindung Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; dies., FS Priester 2007, 123, 131; wohl auch Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 712, 715 („herausragende Rolle“ des wirtschaftlichen Werts der Beteiligung). 299 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  42.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Indessen leistet die Ausschlusskontrolle der aus einer freien Hinauskündigungsklausel resultierenden Drucksituation keine Abhilfe. Aufgrund der permanenten Drucksituation kann eine treupflichtwidrige Beeinflussung durch die Ausschlussberechtigten subtil und im Rahmen einer Ausschlusskontrolle schwer nachweislich erfolgen, ihren Zweck aufgrund der Ausschlussmöglichkeit als Disziplinierungsmittel aber gleichwirksam erreichen.300 Auch ohne dass der betroffene Gesellschafter jemals ausgeschlossen wird, entfaltet die Klausel dauerhaft ihre negative Wirkung. Ein vernünftiger Interessenausgleich ist nur durch eine auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Klausel vorgelagerte Kontrolle zu erreichen, die den Gesellschaftern ein gewisses Maß an Entscheidungsfreiheit für sachlich gerechtfertigte, freie Ausschlussrechte in der Satzung lässt.301 Die Rechtsprechung ermöglicht eine derartige Kontrolle, indem sie dem Bedürfnis nach freien Ausschlussklauseln im Einzelfall über das Ausnahmekonstrukt der sachlichen Rechtfertigung Rechnung trägt. Die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit durch freie Hinauskündigungsklauseln wiegt derartig schwer, dass ihr Sittenwidrigkeitsverdikt in Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension gerechtfertigt ist. Die Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension überwiegt. (3) Andere Bewertung aufgrund der Anerkennung von Stimmbindungsverträgen und stimmrechtslosen Anteilen? Teilweise wird der Schutz der Willensfreiheit als tragendes Argument für die Hinauskündigungsrechtsprechung unter Hinweis auf die weitgehend anerkannte Wirksamkeit der stimmrechtslosen Ausgestaltung von Anteilen im Gesellschaftsvertrag und von Stimmbindungsverträgen in Zweifel gezogen.302 Die „Fremdbestimmung“ der Gesellschafter aufgrund von Stimmbindungsvereinbarungen sei ein „aus der Privatautonomie resultierender Ausdruck eines komplexen Gesellschaftsrechts“.303 Nach Zöllner steht die in diesen Fällen zulässige, erhebliche Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte in einem unlösbaren Widerspruch zur Hinauskündigungsrechtsprechung.304

300

Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  42. Wie hier Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  42 („vorgelagerte Ausschlusskontrolle“). 302 Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 85, 111; Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1014; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 184 f. 303 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715. 304 Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 85, 111; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 185. 301

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Das Stimmrecht kann als „relativ unentziehbares“ Mitgliedschaftsrecht305 mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters statuarisch entzogen oder eingeschränkt werden.306 In der Praxis wird von dieser Gestaltungsmöglichkeit selten Gebrauch gemacht.307 Als sinnvoll erweist sie sich in Familiengesellschaften, in denen die nachfolgende Generation an das Unternehmen herangeführt, der unternehmerische Einfluss allerdings in der Hand des Familienoberhaupts verleiben und gleichzeitig die künftige Erbschaftssteuerlast reduziert werden soll.308 Auch wenn die stimmrechtslose Ausgestaltung von Anteilen den Umfang der Mitgliedschaftsrechte erheblich beschränkt,309 ist die Interessenlage nicht mit dem Ausschlussrecht nach freiem Ermessen vergleichbar. Im Ansatz ist der These Zöllners insoweit zuzustimmen, als dass der Inhaber eines stimmrechtslosen Anteils naturgemäß keine Willensentschließungsfreiheit hinsichtlich des Großteils der Gesellschafterbeschlüsse genießt, da er über kein Stimmrecht verfügt.310 Allerdings bedürfen Entscheidungen, durch die stimmrechtslose gegenüber stimmberechtigten Anteilen benachteiligt werden, stets der Zustimmung der nachteilig Betroffenen.311 Dies trifft auch auf Beschlüsse zu, die ihrerseits in „relativ unentziehbare“ Gesellschafterrechte eingreifen.312 Zudem können den stimmrechtlosen Gesellschaftern 305 BGH, NJW 1985, 974; BGHZ 170, 283, 288 differenziert zwischen zustimmungsfähigen „relativ unentziehbaren“ und „schlechthin unverzichtbaren“ Gesellschafterrechten. Zu den „relativ unentziehbaren“ Mitgliedschaftsrechten gehören das Gewinnrecht und der Anspruch auf einen anteiligen Liquidationserlös oder eine Abfindung bei Ausscheiden aus der Gesellschaft, vgl. Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 53 Rn. 47; Blath, RNotZ 2017, 218, 220; vgl. zur „Kernbereichslehre“, zum „Bestimmtheitsgrundsatz“ und „Belastungsverbot“ unten Kapitel  4  D. II. 2. b) aa) (1). 306 Für die GmbH BGHZ 14, 264, 269 ff.; Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 36; Bayer, in: Lutter /  Hommelhoff, GmbHG, § 47 Rn. 5; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 11; Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn.  33; Schäfer, Der stimmrechtslose GmbH-Geschäftsanteil, S. 117 ff.; ders., GmbHR 1998, 113, 115 ff.; Blath, RNotZ 2017, 218, 228; für die KG BGHZ 20, 363, 369 f.; Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 75; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 13; a. A. für den persönlich haftenden Gesellschafter Wiedemann, GesR I, § 7 II 1a), S. 368; kritisch Comes, DB 1974, 2189, 2190. 307 Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 69. 308 Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 69; Reichert, GmbHR 1999, 433, 434. 309 BGHZ 70, 117, 122 (Stimmrecht als „wichtigste[s] mitgliedschaftliche[s] Verwaltungsrecht“); vgl. Schlussfolgerungen für den Squeeze-out stimmrechtsloser Gesellschafter unten Kapitel 5 B.; Kapitel 6 B. I. 310 Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 85, 111. 311 Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 53 Rn. 92; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 35; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 33; Schäfer, GmbHR 1998, 168, 169 ff.; Blath, RNotZ 2017, 218, 228. 312 Nach BGHZ 20, 363, 368 f. sollte ein Eingriff in ein „unentziehbares“ Mitgliedschaftsrecht nur ein ungeschmälertes Stimmrecht des Kommanditisten zur Folge haben. In Folgeentscheidungen schloss sich der Bundesgerichtshof der Kritik aus der Literatur an und hält nunmehr die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters für erforderlich, vgl. BGH, NJW 1985, 974; BGH, NJW-RR 2007, 757, 758; BGHZ 203, 77, 88 ff. Nach BGH, NJW-RR 2007, 757, 758 soll die fehlende Zustimmung nunmehr zur „relativen Unwirksamkeit“ des Beschlusses gegenüber dem widersprechenden Gesellschafter führen. Kritik zur Rechtsfigur „relativ unwirksamer Gesellschafterbeschlüsse“ bei Altmeppen, ZIP 2015, 2065, 2070; Ulmer, ZIP 2015, 657, 660 ff.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

ihre „unverzichtbaren“ Gesellschafterrechte, zu denen das Informations-, Teilnahme- und Anfechtungsrecht gehören, nicht genommen werden.313 Der Entzug der Mitgliedschaft ist, auch wenn sie selbst nicht zu den „unentziehbaren“ Rechten zählt, als „schärfste Sanktion“314 für den Gesellschafter ohne dessen Zustimmung grundsätzlich nur aus einem sachlichen oder wichtigen Grund zulässig.315 Er kann ohne Angst vor einer jederzeitigen Hinauskündigung von seinen verbliebenen Gesellschafterrechten, insbesondere seinen Zustimmungs-, Kontroll- und Anfechtungsrechten, Gebrauch machen. Seine Willensfreiheit ist hinsichtlich seiner unverzichtbaren Rechte nicht eingeschränkt. Da sich die Hinauskündigungsrechtsprechung in ihrer Schutzwirkung auf diese verbliebene Willensentschließungsfreiheit erstreckt, steht sie nicht in einem unlösbaren Widerspruch zur Zulässigkeit stimmrechtsloser Anteile. Die Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen316 steht ebenso wenig in einem unlösbaren Widerspruch zur Hinauskündigungsrechtsprechung. Eine etwaige Stimmbindung ist nicht mit dem Risiko eines jederzeitigen Verlusts der Gesellschafterstellung verknüpft. Die Willensfreiheit bleibt im Hinblick auf die Geltendmachung der „unverzichtbaren“ Gesellschafterrechte von einer etwaigen Stimmbindungsvereinbarung unberührt.317 Zu berücksichtigen ist, dass auch Stimmbindungen unter dem Vorbehalt einer stark einzelfallabhängigen Sittenwidrigkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB stehen.318 Die Sittenwidrigkeit kann sich insbesondere aus einer unzumutbaren Machthäufung oder einer unerträglichen Bindungswirkung in Form von einer Knebelung oder der Beeinträchtigung von Gesellschafterinteressen ergeben.319 Sollte eine Stimmbindungsvereinbarung die berechtigte Geltendmachung der verbleibenden Gesellschafterrechte verhindern, zu einem Treuepflichtverstoß verpflichten oder zu einer unzumutbaren Druck­ situation des verpflichteten Gesellschafters führen, ist sie in Anlehnung an die tragenden Erwägungen der Hinauskündigungsrechtsprechung als sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB zu qualifizieren.

313

BGHZ 14, 264, 271; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 70; Blath, RNotZ 2017, 218, 220. 314 Dittert / Regelsberger, DStR 2021, 672, 673. 315 Schäfer, GmbHR 1998, 168, 169; ders., Der stimmrechtslose GmbH-Anteil, S. 185 ff. 316 BGHZ 48, 163, 166 ff.; 179, 13, 18 f.; BGH, NJW 1987, 1890, 1892; Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 70 f.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 39; ders., ZIP 2009, 737, 741; Reichert, in: BeckHdB-AG, § 5 Rn. 212; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 170; Baums, WM 2001, 1843, 1846; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1403 f.; Grisar, GmbHR 2020, 1161, 1162; Priester, FS Werner 1984, 657 ff. 317 Auch in Poolvereinbarungen besteht regelmäßig nur eine Bindung hinsichtlich des Stimmrechts, wohingegen die Poolmitglieder ihre Verwaltungs-, Auskunfts-, Einsichts-, sowie Antrags- und Klagerechte frei in der Gesellschaft ausüben können, Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1404. 318 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 44. 319 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 44; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 113; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1406.

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Mithin können die Argumentationslinien der Hinauskündigungsrechtsprechung nicht mit der Wirksamkeit der stimmrechtslosen Ausgestaltung von Anteilen oder von Stimmbindungsverträgen widerlegt werden. (4) Andere Bewertung aufgrund der Anerkennung befristeter Gesellschafterstellungen? Einige Literaten halten die von der Rechtsprechung angesetzte Schutzbedürftigkeit des ausschlussbedrohten Gesellschafters unter Hinweis auf die anerkannte Möglichkeit der Befristung einer Anteilsübertragung i. S. v. § 163 BGB320 für überzogen.321 Ein Minderheitsgesellschafter, der eine befristete Gesellschafterstellung innehat, müsse sich gleichfalls überlegen, ob er seine Gesellschafterrechte entgegen den Interessen seiner Mitgesellschafter ausübt, da er „mangels Stimmgewichts und befristeter Gesellschafterstellung nichts zu gewinnen und den Frieden in der Gesellschaft zu verlieren“ habe.322 Diese Konstellation unterscheide sich unwesentlich von der Situation, in der ein Gesellschafter von vornherein einen mit einem freien Ausschlussrecht belasteten Gesellschaftsanteil erwerbe.323 Der angestrengte Vergleich von einer befristeten Gesellschafterstellung und einer jederzeitigen, freien Hinauskündigungsmöglichkeit überzeugt nicht. Das Ende der Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters liegt im Falle einer befristeten Anteilsübertragung nicht im Ermessen der Mitgesellschafter. Die Befristung der Gesellschafterstellung eröffnet den Mitgesellschaftern keinen Spielraum für willkürliche Entscheidungen. Der betroffene Gesellschafter ist sich des klar definierten Endzeitpunkts seiner Mitgliedschaft bewusst und muss nicht befürchten, aufgrund einer unliebsamen Wahrnehmung von Kontroll- oder Stimmrechten vorzeitig von seinen Mitgesellschaftern ausgeschlossen zu werden. Das klar definierte Fristende ist als ein „festes Tatbestandsmerkmal“ bzw. sachlicher Grund einzuordnen. Daher ist keine andere Bewertung der Schutzbedürftigkeit des ausschlussbedrohten Gesellschafters aufgrund des Vergleichs mit der anerkannten befristeten Gesellschafterstellung geboten. (5) Andere Bewertung in der AG Die Übertragung der maßgeblichen Erwägungen der Hinauskündigungsrechtsprechung auf die AG wäre unabhängig von der gesetzlichen Regelung in den

320

Vgl. zur Zulässigkeit Ebbing, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 15 Rn. 4, 118; Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 15 Rn. 24. 321 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715 f. 322 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715. 323 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715 f.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

§§ 327a ff. AktG systemwidrig.324 Der Strukturtypus der AG ist nicht personalistisch ausgestaltet, sondern auf eine Vielzahl von ständig wechselnden anonymen Eigenkapitalgebern ausgelegt.325 Die Aktionäre sind hinsichtlich der Geltend­ machung ihrer Auskunfts-, Anfechtungs- oder Stimmrechte auf die Hauptversammlung beschränkt.326 Im Gegensatz zur weitgehend weisungsbefugten GmbH-­ Gesellschafterversammlung umfasst die Zuständigkeit der AG-Hauptversammlung gem. § 119 AktG nur wenige grundlegende Entscheidungen, wohingegen der Vorstand die AG eigenverantwortlich leitet, § 76 Abs. 1 AktG.327 Der eingeschränkte Einfluss der Aktionäre beschränkt die potentielle Einschüchterungswirkung einer Hinauskündigungsklausel.328 Auch die gegenseitigen Gesellschafterrechte und -pflichten spielen in der AG nur eine untergeordnete Rolle, sodass der Minderheitsaktionär mit seiner Gesellschaftsbeteiligung in erster Linie Anlegerinteressen wahrnimmt.329 Das Schutzbedürfnis der Entscheidungsfreiheit des realtypisch kapitalistischen Aktionärs ist geringer als das Schutzbedürfnis eines Gesellschafters einer realtypisch personalistischen GmbH.330 b) Gesellschaftsrechtliches Gleichbehandlungsgebot Freie Ausschlussklauseln könnten gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen. Der Bundesgerichtshof berücksichtigt das Gleichbehandlungsgebot lediglich im Managermodell-Urteil.331 In diesem lehnte der Bundesgerichtshof einen Verstoß ab, da die Managerbeteiligung nur den Geschäftsführer und nicht den kapitalgebenden Mehrheitsgesellschafter adressiere, sodass eine Gleichbehandlung sachwidrig wäre.332 Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter ist anders als in § 53a AktG weder im GmbHG noch in den personengesellschaftsrechtlichen Vorschriften der §§ 705 ff. BGB, 105 ff. HGB normiert. Er gehört aber zum Kernbereich des Gesellschaftsrechts und ist sowohl in der GmbH als auch im Personengesellschaftsrecht anerkannt.333 Das Gleichbehandlungsgebot wird zum Teil als 324

Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1984. Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 326 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 327 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1984; Schmolke, ZIP 2014, 897, 902 f.; vgl. oben Kapitel  2  E. II. 2. a). 328 Schmolke, ZIP 2014, 897, 903. 329 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1984. 330 A. A. Drinkuth, NJW 2006, 410, 412 unter Verweis auf zahlreiche Aktiengesellschaften mit überschaubarem Mitgliederkreis. 331 BGHZ 164, 98; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa). 332 BGHZ 164, 98, 104. 333 BGHZ 111, 224, 227; 116, 359, 373; BGH, NJW 1985, 1901, 1902; Altmeppen, GmbHG, § 13 Rn. 61 ff.; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 46 ff.; Fastrich, in: Noack /  Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 31 ff.; Gesell, in: BeckHdB-PersG, § 4 Rn. 182; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 52. 325

C. Rechtsprechungsleitlinien

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spezieller Anwendungsfall der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht,334 zum Teil als Ausprägung des Minderheitenschutzes335 qualifiziert.336 Es findet allerdings nur subsidiäre Anwendung gegenüber der vorrangigen Vertragsfreiheit, wenn der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung bestimmt.337 Der Gesellschaftsvertrag kann den Gesellschaftern eine „ungleiche“ Rechtsstellung zuweisen, indem er bei der Regelung von Rechten und Pflichten einzelne Gesellschafter benachteiligt oder bevorzugt.338 Verwiesen sei beispielsweise auf die Zulässigkeit der stimmrechtslosen Ausgestaltung von Anteilen.339 Die Grenze der differenzierenden Zuweisung von Gesellschafterrechten bilden zwingende gesetzliche Vorschriften und die §§ 134, 138 BGB.340 Sofern sein Anwendungsbereich eröffnet ist, beinhaltet der Gleichbehandlungsgrundsatz das Verbot einer willkürlichen, sachlich ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Gesellschafter.341 aa) Ungleiches Hinauskündigungsrecht Die Verfechter der von Flume begründeten Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“342 argumentieren, freie „ungleiche“ Hinauskündigungsklauseln seien nicht am Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen, da die Gesellschafter ihre Beteiligungsrechte im Wege der Privatautonomie von vornherein „ungleich“ ausgestaltet hätten.343 Dem „Gesellschafter minderen Rechts“ sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, in dem er sich der Herrschaftsmacht unterwirft, seine Schlechterstellung und der Umfang seiner Rechtsbeeinträchtigung bewusst.344 Dieser These ist zuzustimmen, da das subsidiäre Gleichbehandlungsgebot zugunsten des ausschlussbedrohten Gesellschafters keine Anwendung findet, wenn der ausschlussbedrohte Gesellschafter nach dem vorrangigen Gesellschaftsvertrag 334

Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 46; Gesell, in: BeckHdB-PersG, § 4 Rn. 182 (enge Verbindung zur Treuepflicht); Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 52; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 122 f. („Rücksichtspflicht“). 335 Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 46 (aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht folgendes „Minderheitenschutzrecht“); Fastrich, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 31. 336 Ausführlich Partikel, Gesellschafter minderen Rechts, S. 125 f. 337 Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 47; Gesell, in: BeckHdB-PersG, § 4 Rn. 182 (Vorrang des Konsensprinzip[s]); Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 53. 338 Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 51. 339 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 340 Gesell, in: BeckHdB-PersG, § 4 Rn. 182. 341 Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 56. 342 Flume, BGB AT I/1, § 10  III, S. 137 ff.; ders., BGB AT I/2, § 8  II, S. 273; ders., NJW 1979, 902, 903; ders., DB 1986, 629, 633; ähnl. K. Schmidt, GesR, § 50 III 3. a), S. 1473 f.; K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 103; ablehnend BGH, NJW 1989, 2685, 2686; BGHZ 112, 40, 48. 343 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51. 344 Partikel, Gesellschafter minderen Rechts, S. 128.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

lediglich eine minderberechtigte Gesellschafterstellung erlangt hat. Da die Rechte und Pflichten einzelner Gesellschafter „ungleich“ ausgestaltet werden können, läuft das Gleichbehandlungsgebot der Vereinbarung einer minderberechtigten Gesellschafterstellung nicht zuwider.345 Unzutreffend ist jedoch die Prämisse, nach der durch die freie Hinauskündigungsklausel wirksam eine minderberechtigte Gesellschafterstellung vereinbart worden sei. Die Anhänger der Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“ sind dem Meinungsstrom zuzuordnen, der der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension eine überragende Bedeutung beimisst.346 Als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension sind freie Ausschlussklauseln sittenwidrig. Die minderberechtigte Gesellschafterstellung ist nicht wirksam begründet worden. Mangels Wirksamkeit der minderberechtigten Gesellschafterstellung ist ihre Bewertung am Maßstab des Gleichbehandlungs­ gebots nicht erforderlich. Im umgekehrten Fall der wirksamen Begründung der minderberechtigten Gesellschafterstellung aufgrund einer sachlichen Rechtfertigung der freien Hinauskündigungsklausel findet das subsidiäre Gleichbehandlungsgebot keine Anwendung, da die Gesellschafter im Wege ihrer Vertragsfreiheit eine vorrangige Regelung im Gesellschaftsvertrag getroffen haben. In diesem Zusammenhang sind die Bewertungen des Bundesgerichtshofs im Managermodell-Urteil347, die dem kapitalgebenden Gesellschafter im Verhältnis zum Geschäftsführer-Gesellschafter eine übergeordnete Stellung zuweisen, als eine Annäherung an die Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“ zu verstehen,348 auch wenn der Bundesgerichtshof diese Lehre in der Vergangenheit ablehnte.349 Die Feststellung des Bundesgerichtshofs, die als wirksam qualifizierte Managerklausel verstoße nicht gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt sei,350 war aber nicht erforderlich.351 Das subsidiäre Gleichbehandlungsgebot findet aufgrund der wirksamen, vorrangigen vertraglichen Regelung keine Anwendung und hätte nicht geprüft werden müssen.352 345

Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 265. Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51; Flume, BGB AT I/1, § 10 III, S. 137 ff.; ders., BGB AT I/2, § 8 II, S. 273; ders., NJW 1979, 902, 904; ders., DB 1986, 629, 632 f.; Eiselt, FS v. Lübtow 1980, 643, 665. 347 BGHZ 164, 98; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa). 348 Gehrlein, BB 2005, 2433, 2434; Sikora, MittBayNot 2006, 292, 295; Sosnitza, DStR 2006, 99, 100. 349 BGH, NJW 1989, 2685, 2686; BGHZ 112, 40, 48. 350 BGHZ 164, 98, 104 f. 351 Battke / Grünberg, GmbHR 2006, 225, 228; Miesen, RNotZ 2006, 522, 531 f. 352 Dieser Argumentation könnte formal entgegengehalten werden, dass im Managermodell-Urteil keine vorrangige gesellschaftsvertragliche, sondern eine Regelung außerhalb des Gesellschaftsvertrags vorlag, vgl. BGHZ 164, 98, 99. 346

C. Rechtsprechungsleitlinien

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bb) Gleiches Hinauskündigungsrecht Ein Verstoß gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nach der Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“ vor, wenn es sich um eine „gleiche“ Hinauskündigungsklausel handelt, die zulasten eines jeden Gesellschafters durch Mehrheitsbeschluss der gleichberechtigten Gesellschafter ausgeübt werden kann.353 Das der Gesellschaftermehrheit eingeräumte Ausschlussrecht behandelt zum Zeitpunkt seiner Vereinbarung alle Gesellschafter gleich, da alle Gesellschafter gleichermaßen zukünftig vom Ausschluss betroffen sein können. Der gleichberechtigte Gesellschafter sei durch die Möglichkeit der Hinauskündigung der Willkür seiner Mitgesellschafter ausgesetzt, die den Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot begründet.354 Zutreffend ist, dass die der Mehrheit gleichberechtigter Gesellschafter eingeräumte Ausschlussmöglichkeit ein körperschaftliches Sozialrecht darstellt, dessen Ausübung sich am Gleichbehandlungsgrundsatz auszurichten hat.355 Nach Flume soll ein etwaiger zukünftiger Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zum Zeitpunkt des Ausschlusses aber auch zur Nichtigkeit der Ausschlussklausel führen.356 Diese Schlussfolgerung ließe sich mit dem Argument begründen, dass der Ausschluss nie zulasten aller Gesellschafter ausgeübt werden kann und denknotwendig eine Ungleichbehandlung beinhaltet.357 Flume verkennt, dass eine Ungleichbehandlung nicht zwingend zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots führt, sondern sachlich gerechtfertigt sein kann.358 Das Gleichbehandlungsgebot stellt dogmatisch eine Schranke der Ausübung des Sozialrechts, nicht aber eine Schranke der Privatautonomie bei Abfassung des gesellschaftsvertraglichen Ausschlussrechts dar.359 Die Unwirksamkeit der „gleichen“ Hinauskündigungsklausel mit einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zu begründen, überzeugt nicht.360 Unter Berücksichtigung der Hinauskündigungsrechtsprechung ist entscheidend, dass die Drucksituation für den betroffenen gleichberechtigten Gesellschafter 353

Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 52; Flume, BGB AT I/1, § 10 III, S. 138 f.; ders., NJW 1979, 902, 903; ders., DB 1986, 629, 633. 354 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 52; Flume, BGB AT I/1, § 10 III, S. 138 f.; ders., DB 1986, 629, 633. 355 Flume, BGB AT I/1, § 10 III, S. 138 f.; allgemein für Mehrheitsbeschlüsse K. Schmidt, GesR, § 16 II 4. b), S. 462 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 357. 356 Flume, BGB AT I/1, § 10 III, S. 137 ff.; ders., BGB AT I/2, § 8 II, S. 273; ders., NJW 1979, 902, 903; ders., DB 1986, 629, 633. 357 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 358, 364. 358 BGHZ 116, 359, 373; 164, 98, 104; 164, 107, 113; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 252 ff. 359 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 3 ff., 207 ff.; Partikel, Gesellschafter minderen Rechts, S. 128. 360 I. E. auch Huber, ZGR 1980, 177, 199.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

ebenso belastend sein kann wie ein „ungleiches“ Kündigungsrecht.361 Weiß er die Mehrheit der gleichberechtigten Gesellschafter gegen sich, kann ihn das „gleiche“ Hinauskündigungsrecht gleichermaßen von einer freien Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte abhalten. Nach dem Idealbild einer mehrgliedrigen Gesellschaft sollte dem Ausschlussbeschluss eine Anhörung des betroffenen Gesellschafters und eine sachgerechte, einer Willkürentscheidung entgegenwirkende Abwägung aller Argumente vorangehen.362 Teilweise wird insoweit dem für die Gesellschaftermehrheit erforderlichen Konsens vor der Hinauskündigung eine gewisse, wenn auch schwache Schutzfunktion zugunsten des betroffenen Gesellschafters zuerkannt.363 Eine Garantie für eine sachlich willkürfreie Ausschlussentscheidung beinhaltet die Mehrheitsentscheidung gleichberechtigter Gesellschafter allerdings nicht.364 Faktisch kann trotz formaler Gleichberechtigung der Ausschluss von der Willkür eines Gesellschafters oder einer Gesellschaftergruppe abhängen. Beispielhaft kann eine formale Gleichberechtigung über eine Koordination des Abstimmungsverhaltens oder Strohmannbeteiligungen konstruiert werden.365 Daher kann auch ein „gleiches“ Hinauskündigungsrecht als ein die Entscheidungsfreiheit einschränkendes Disziplinierungsmittel wahrgenommen werden und primär an § 138 Abs. 1 BGB scheitern.366 Wenn aber die freie „gleiche“ Hinauskündigungsklausel im Einzelfall sachlich gerechtfertigt ist, stellt ihre spätere Ausübung keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Die denknotwendige Ungleichbehandlung ist in diesem Fall sachlich gerechtfertigt. Bereits im Jahr 1973 hielt der Bundesgerichtshof einen Ausschluss ohne wichtigen Grund „auch dann [für] möglich, wenn es sich […] um grundsätzlich gleichberechtigte Gesellschafter handelt, bei denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiß ist, wen von ihnen eine spätere Ausschließung trifft“.367 In diesen Kontext ist auch das „Kooperationsvertrag-Urteil“368 einzuordnen. Gleichberechtigte nationale Partner konnten im Wege einer Mehrheitsentschei 361 Huber, ZGR 1980, 177, 199; Behr, ZGR 1990, 370, 378; Habersack / Verse, ZGR 2005, 451, 458; Werner, GmbHR 2005, 623, 624; ders., WM 2006, 213, 215; Kilian, WM 2006, 1567, 1571; Miesen, RNotZ 2006, 522, 533. 362 Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 222; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 227. 363 Werner, GmbHR 2005, 623, 624; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 222 ff. 364 Wie hier Wiedemann, ZGR 1980, 147, 152 (lediglich geringere Wahrscheinlichkeit eines Willkürakts). 365 Werner, GmbHR 2005, 623, 624; ders., WM 2006, 213, 215; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 225 f. 366 A. A. Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 226 ff. („Ausübungskontrolle“). 367 BGH, NJW 1973, 1606. 368 BGH, NZG 2005, 479; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. a).

C. Rechtsprechungsleitlinien

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dung die Kündigung des zwischen der GmbH und den jeweiligen nationalen Partnern geschlossenen Kooperationsvertrags beschließen, die wiederum Einziehungsgrund für den jeweiligen Geschäftsanteil an der GmbH war. Es handelte sich um ein „gleiches“ Hinauskündigungsrecht. Der Bundesgerichtshof erteilte der zweiten Fallgruppe der Lehre Flumes eine Absage, indem er die freie gleiche Ausschlussklausel aufgrund ihrer sachlichen Rechtfertigung in Form der Gesellschafterstellung als bloßer Annex369 als wirksam erachtete, ohne mit einem Wort den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu erwähnen. Die in diesem Fall vorgenommene und für das Gesellschaftsrecht elementare Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls370 unterstreicht die größere Flexibilität der vom Bundesgerichtshof angewandten Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB gegenüber der Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“.371 Vereinzelt wird vorgeschlagen, die Problematik einer künftigen Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung durch die Konstruktion eines konkludenten Verzichts auf die künftige Gleichbehandlung aufzulösen.372 Dies hätte zur Folge, dass jede vertragliche Vereinbarung, die eine künftige Ungleichbehandlung zulässt, und die entsprechende Ungleichbehandlung selbst rechtmäßig wären. Dahinter steht wiederum der liberale Ansatz, der der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension eine überragende Bedeutung beimisst. Eine Bewertung am Maßstab des Gleichbehandlungsgebots und etwaiger Treuepflichten wäre hinfällig. Einen derartigen Eingriff in das gesellschaftliche Gleichgewicht durch einen konkludenten Verzicht anzunehmen, ist nicht sachgerecht.373 c) Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als tragfähiges Argument? Zu prüfen ist, inwieweit die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft für die Begründung der Sittenwidrigkeit einer Ausschlussklausel nach freiem Ermessen herangezogen werden kann. Der Bundesgerichtshof stützte sein Sittenwidrigkeitsverdikt zunächst auf die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts, insbesondere auf die Gefährdung der „nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche[n] Zusammenarbeit der Gesellschafter im Kern“.374 Aus dieser Feststellung wurde der Schluss gezogen, dass „in der Person jeden einzelnen Gesellschafters dessen gesellschaftsrechtliche Funktionsfähigkeit um der Gesellschaft willen ge 369

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. a). Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 218; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 359. 371 Wie hier Kilian, WM 2006, 1567, 1571. 372 Verse, DStR 2007, 1822, 1829; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 363 f. 373 Wie hier Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19. 374 BGHZ 81, 263, 266; 105, 213, 217. 370

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

sichert werden muss“.375 Vergleichbar ist der Ansatz, der einen Sittenverstoß mit der Begründung annimmt, der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter stünde als faktischer Weisungsempfänger seiner Mitgesellschafter in einem unlösbaren Widerspruch zum gesetzlichen Leitbild des GmbH-Gesellschafters.376 Eine GmbH mit derartig gebundenen Gesellschaftern widerspreche dem gesetzlichen Leitbild der GmbH.377 Die Rechtsprechung konkretisierte die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nicht. In jüngeren Entscheidungen wurde das grundsätzliche Sittenwidrigkeitsverdikt freier Hinauskündigungsklauseln primär mit der Schutzbedürftigkeit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters begründet.378 Die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft findet sich nur noch versteckt in der Formulierung, die freie Ausschlussmöglichkeit hindere den Gesellschafter daran, „seine Mitgliedschaftspflichten zu erfüllen“.379 Diese allgemeine Formulierung ist als Ausgangspunkt dahingehend zu untersuchen, inwiefern die „nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zusammenarbeit der Gesellschafter im Kern und die Erfüllung von Mitgliedschaftspflichten“ im Hinblick auf die abstrakte Gefahr der Hinauskündigung überhaupt tangiert werden. Wenn sich der ausschlussbedrohte Gesellschafter hinsichtlich wesentlicher Gesellschaftsentscheidungen und Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Ausübung seines Stimmrechts dem Willen seiner Mitgesellschafter beugt, kann dies abhängig von der Sinnhaftigkeit der jeweiligen Entscheidung für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft vorteil-, aber auch nachteilhaft sein. Eine in jedem Fall nachteilhafte Auswirkung für die Gesellschaft ist zu verneinen. Etwas anderes kann für die ungehemmte Wahrnehmung von Kontrollrechten gelten. Das Auskunfts-, Teilnahme- und Anfechtungsrecht eines jeden Gesellschafters erhöht den Druck auf die Geschäftsführung und Mitgesellschafter, rechtmäßig und nicht ausschließlich im eigenen Interesse, sondern im Gesellschaftsinteresse zu handeln.380 Die Kon­ trollrechte können daher eine gesellschaftsinterne Kontrollfunktion mit positiven Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft erfüllen.

375

Behr, ZGR 1990, 370, 377, 380 f.; ders., ZGR 1985, 475, 493 („Absicherung der status­ typischen Funktionsfähigkeit der Gesellschafter“); Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19; Kübler, FS Sigle 2000, 183, 191; Miesen, RNotZ 2006, 522, 524, 527. 376 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 59. 377 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 59. 378 BGHZ 164, 98, 101; 164, 107, 111; BGH, NJW 2004, 2013, 2014; BGH, NJW-RR 2007, 913 f.; Gehrlein, WM 2019, 1, 2; zur Tendenz Hinderer, GmbHR 2005, 1564, 1565; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 162. 379 BGHZ 164, 98, 101; kritisch Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 714. 380 In eine ähnliche Richtung ist der Hinweis des Bundesgerichtshofs in BGHZ 81, 263, 268 auf die wegen des Damoklesschwerts der Hinauskündigung begründete Gefahr der eingeschränkt wirksamen Wahrnehmung der Kontrollrechte bei unzureichend integren oder kompetenten Geschäftsführern zu interpretieren.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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Trotzdem ist zweifelhaft, ob dieser Beitrag der Kontrollrechte zur Funktionsfähigkeit der Gesellschaft allein einen derartigen Eingriff in die Privatautonomie ihrer Gesellschafter – in abwehrrechtlicher Dimension – rechtfertigen kann. Der Bundesgerichtshof selbst hat das Argument der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft durch die Anerkennung einer freien Hinauskündigungsklausel für von einer testamentarischen Anordnung erfasste Gesellschaftsanteile381 vollständig entkräftet, da die Art der Erlangung der Gesellschaftsanteile für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft keine Relevanz aufweist.382 Gleiches gilt für die weiteren anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung. Beispielhaft kann der Gesellschafter-Geschäftsführer trotz der Anreiz- und Belohnungsfunktion des Managermodells aufgrund der Drohkulisse der Kündigung an der ungehemmten Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte gehindert sein. Warum der „Gesellschafter auf Probe“ ungehemmt seine Kontrollrechte ausüben können soll, solange er der Gefahr der jederzeitigen Hinauskündigung ausgesetzt ist, erschließt sich ebenfalls nicht. Die „nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zusammenarbeit der Gesellschafter im Kern“ und die „Erfüllung von Mitgliedschaftspflichten“ sind kein Selbstzweck. Zu berücksichtigen ist der berechtigte Einwand, dass der schnelle Ausschluss eines Gesellschafters aufgrund einer freien Ausschlussklausel sogar die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft stärken kann, indem die Klausel eine langwierige Lähmung der Gesellschaft infolge von Streitigkeiten über Ausschlussgründe verhindert.383 Dem Bundesgerichtshof geht es vielmehr darum, die Interessen des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters zu schützen. Die aus der Einschränkung der Willensentschließungsfreiheit folgenden Nachteile für die Gesellschaft sind primär vor dem Hintergrund ihrer Auswirkungen auf die Gesellschafterstellung des ausschließungsbedrohten Gesellschafters zu bewerten.384 Der entscheidende Aspekt für das Sittenwidrigkeitsverdikt freier Ausschlussklauseln bleibt die Einschränkung der Willensentschließungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters. Ebenso verhält es sich mit dem von Strohn herangezogenen gesetzlichen Leitbild eines GmbH-Gesellschafters. Aufgrund der weitgehenden Disponibilität der Vorschriften des GmbHG385 ist die Bedeutung des gesetzlichen Leitbilds ohnehin geschmälert. Überdies erfüllt das gesetzliche Leitbild keinen Selbstzweck und kann keinen derartigen Eingriff in die Privatautonomie der Gesellschafter rechtfertigen.

381

BGH, NJW-RR 2007, 913. Verse, DStR 2007, 1822, 1826; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 163. 383 Verse, DStR 2007, 1822, 1826; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 163. 384 Wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 162. 385 Vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG. 382

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft weist nur eine untergeordnete Relevanz auf,386 da der Individualschutz des betroffenen Gesellschafters die tragende Erwägung für das Sittenwidrigkeitsurteil ist. d) Regel-Ausnahme-Verhältnis Gegen das Regel-Ausnahme-Verhältnis wird angeführt, dass der Bundesgerichtshof seit seinem Rechtsprechungswandel 1977 in der Mehrzahl der entschiedenen Fälle eine sachliche Rechtfertigung als zuvor herausgestellte Ausnahme unter besonderen Umständen bejaht hat.387 Der aufgestellte Grundsatz habe in der Rechtspraxis eher zu Ausnahmen als Regelfällen geführt. Dies verdeutliche, dass der Grundsatz selbst zu weit geraten und eine Umkehrung des Regel-AusnahmeVerhältnisses angezeigt sei.388 Verfassungsrechtlich könne unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts der Vertragsfreiheit eine Sittenwidrigkeit nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände angenommen werden.389 Diesen Grundsatz stelle der Bundesgerichtshof mit seinem grundsätzlichen Sittenwidrigkeitsverdikt auf den Kopf.390 Dogmatisch wird zudem eine (vermeintliche) Aufspaltung in Form der Verwirklichung des Tatbestands des § 138 Abs. 1 BGB durch die Vereinbarung einer freien Hinauskündigungsklausel auf erster Stufe und einer Heilung durch die sachliche Rechtfertigung auf zweiter Stufe kritisiert.391 Beim Sittenwidrigkeitsverstoß handle es sich um „etwas Absolutes“, sodass ein Verstoß nicht durch eine Ausnahme gerechtfertigt werden könne.392 Die dogmatischen Einwände der Literatur an der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs überzeugen nicht. Die Rechtsprechung spaltet die Frage der grundsätzlichen Sittenwidrigkeit der Ausschlussklausel nach freiem Ermessen nicht von der Frage der sachlichen Rechtfertigung der Klausel unter besonderen Umständen ab. Den kritischen Literaturstimmen ist insoweit zuzustimmen, als dass es sich nach der Dogmatik des § 138 Abs. 1 BGB verbietet, eine Klausel auf

386

Ähnl. Miesen, RNotZ 2006, 522, 533 („Fernziel“). Benecke, ZIP 2005, 1437, 1439; Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1010; Sosnitza, DStR 2005, 72, 73 f.; ders., DStR 2006, 99, 100; Grunewald, ZIP 2021, 433, 437; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 299. 388 Benecke, ZIP 2005, 1437, 1439; Peltzer, ZGR 2006, 702, 713; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 302. 389 Eiselt, FS v. Lübtow 1980, 643, 665; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 302. 390 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 51; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 715; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 216; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 302. 391 Krämer, NJW 1981, 2553, 2555; Bunte, ZIP 1983, 8, 15; Kreutz, ZGR 1983, 109, 113; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 117; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 155. 392 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 81. 387

C. Rechtsprechungsleitlinien

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erster Stufe als sittenwidrig zu qualifizieren und auf zweiter Stufe durch eine sachliche Rechtfertigung zu heilen. Die Sittenwidrigkeitskriterien sind bewegliche Elemente, bei deren Würdigung sich der Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung von Inhalt, Motiv und Zweck als sittenwidrig erweisen kann.393 Die Kritiker verkennen aber, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung die Frage der sachlichen Rechtfertigung auf Tatbestandsebene des § 138 Abs. 1 BGB im Rahmen der erforderlichen umfassenden Abwägung der materiellen Interessen ansiedelt.394 Dafür spricht die inhaltsgleich zur sachlichen Rechtfertigung verwandte Formulierung der Rechtsprechung, dass „außergewöhnliche Umstände eine andere Beurteilung der Sittenwidrigkeit rechtfertigen“.395 Mitnichten nimmt die Rechtsprechung auf Tatbestandsebene einen Sittenwidrigkeitsverstoß an, um diesen auf einer Rechtfertigungsebene zu heilen. Die Kritik orientiert sich wohl an dem strafrechtlichen Deliktsaufbau. Vielmehr würdigt die Rechtsprechung im Rahmen der Abwägung der materiellen Interessen396 die Gesamtumstände auf Tatbestandsebene, wobei die Frage der sachlichen Rechtfertigung wertungsabhängig ist.397 Ohne sachliche Rechtfertigung liegt ein „absoluter“ Sittenwidrigkeitsverstoß vor. Bei sachlicher Rechtfertigung ist ein Sittenwidrigkeitsverstoß hingegen tatbestandlich abzulehnen.398 Zuzustimmen ist den kritischen Literaturstimmen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, dass ausgehend vom Grundsatz der Vertragsfreiheit – in seiner abwehrrechtlichen Dimension – die Sittenwidrigkeit einer vertraglichen Abrede gem. § 138 Abs. 1 BGB die Ausnahme darstellen muss.399 Das verfassungsrecht­ liche Übermaßverbot gebietet die Auslegung einer Klausel dergestalt, dass von ihr in zulässigem Maß Gebrauch gemacht wird.400 Dem steht aber nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in den speziellen Fällen der Ausschlussklausel nach freiem Ermessen das Pendel im Rahmen der Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zulasten des Ausschlussberechtigten als Ausnahme von diesem Grundsatz ausschlagen sieht. Der vermeintlichen Verkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in der Rechtspraxis ist entgegenzuhalten, dass die anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung auf besondere Sachverhaltskonstellationen zugeschnitten

393

BGH, NJW 1988, 2047; 2019, 3635, 3637; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 27 ff. Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1441 unter Hinweis auf den offenen Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB; Hinderer, RNotZ 2005, 416, 419; Miesen, RNotZ 2006, 522, 524. 395 BGHZ 105, 213, 217. 396 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 117. 397 Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1441. 398 Miesen, RNotZ 2006, 522, 524. 399 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 110, 206. 400 Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 85, 110; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 317; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 298. 394

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

und mit einem erheblichen Begründungsaufwand verbunden waren. Aus der vorstehenden Analyse401 ergeben sich sechs, bei ebenfalls möglicher Aufteilung der Gesellschafterstellung als Annex in zwei eigenständige Fallgruppen – Kooperationsvertrag und Managermodell – maximal sieben anerkannte Ausnahmekonstellationen. Dass allein aus dieser verhältnismäßig geringen, einstelligen Anzahl an (Rück-)Ausnahmekonstellationen eine Abkehr vom Sittenwidrigkeitsverdikt freier Hinauskündigungsklauseln folgen soll, überzeugt nicht. e) Öffnungstendenz bei der Fallgruppenbildung sachlicher Rechtfertigungen? Den Umstand, dass der Bundesgerichtshof sich in der Mehrzahl der seit seiner Rechtsprechungswende entschiedenen Fälle für eine sachliche Rechtfertigung402 aussprach, nehmen einige Literaturstimmen zum Anlass, der Hinauskündigungsrechtsprechung eine „großzügigere“ Tendenz zu entnehmen.403 Die weitergehende Schlussfolgerung, nach der es nur ein „kleiner Schritt zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln mit einer Ausübungskontrolle“ sei,404 wurde aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl an anerkannten (Rück-)Ausnahmekonstellationen abgelehnt.405 Die anerkannten sachlichen Rechtfertigungen legen in ihrer Gesamtschau allerdings für die Frage der Anerkennung einer sachlichen Rechtfertigung eine liberalere Haltung der Rechtsprechung nahe. Dieser liberaleren Haltung soll zum einen unter dem Gesichtspunkt gemeinsamer abstrakter Kriterien, zum anderen im Hinblick auf die Sonderstellung der Entscheidung zu von einer testamentarischen Anordnung erfassten Gesellschaftsanteilen nachgegangen werden. aa) Abstrahierungsansätze Es ist zu untersuchen, ob die anerkannten Fallgruppen gemeinsamen abstrakten Kriterien zugänglich sind.

401

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 403 Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 9a; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 66; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J.  Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  43; ders., DStR 2005, 72, 75; Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751 f.; Hohaus / Weber, NZG 2005, 961 f.; ­Habersack / Verse, ZGR 2005, 451, 479; Verse, DStR 2007, 1822, 1823 f.; Kirchdörfer /  Lorz, FS Hennerkes 2009, 343, 352 f.; zurückhaltend Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19; Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1440 f.; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1316. 404 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  43. 405 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. d). 402

C. Rechtsprechungsleitlinien

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(1) Rechtsprechung Im Rahmen der ausführlichen Besprechung der anerkannten Fallgruppen406 wurden vereinzelt vom Bundesgerichtshof anerkannte wiederkehrende Motive und Gemeinsamkeiten aufgezeigt. Der Rechtfertigungsgedanke des übergeordneten Vertragsverhältnisses, der sowohl im Managermodell als auch im Kooperationsvertrag herangezogen wurde, ist durch deren Einordnung in die gemeinsame Fallgruppe der Gesellschafterstellung als Annex berücksichtigt worden. Der Bundesgerichtshof wies im Managermodell-Urteil dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine treuhänderähnliche Stellung zu, um das Managermodell unter Verweis auf die bereits anerkannte Fallgruppe des treuhandähnlichen Verhältnisses zu legitimieren. Die treuhandähnliche Stellung folgerte der Bundesgerichtshof aus dem Zusammenspiel von dem geringen wirtschaftlichen Risiko und der fehlenden Möglichkeit zur Einflussnahme des Managers, die sich aus dessen geringer Kapitalquote ergab.407 In diesem Zusammenhang sieht sich der Bundesgerichtshof der berechtigten Kritik ausgesetzt, er verkenne den Charakter der Treuhand, wenn er die Treuhandähnlichkeit der Konstellation bei steigender Beteiligungshöhe des Managers eher ablehnt als bei einer geringen Kapitalquote.408 Das typisierende Merkmal der Treuhand ist das Auseinanderfallen von rechtlicher und wirtschaftlicher Zuordnung des Vermögensrechts.409 Dem Treuhänder steht im Außenverhältnis die volle Rechtsmacht über das Vermögensrecht zu, das bei rechtlicher Bindung im Innenverhältnis nach Maßgabe der Treuhandabrede wirtschaftlich dem Treugeber zuzuordnen ist.410 Mit steigender Kapitalquote erhöht sich die Rechtsmacht des Managers hinsichtlich des Anteils im Außenverhältnis.411 Eine steigende Beteiligungsquote und die damit zunehmende Möglichkeit der Einflussnahme des Managers spricht für die Treuhandähnlichkeit der Konstellation.412 Richtigerweise kann lediglich das geringe wirtschaftliche Beteiligungsrisiko des Managers, nicht hingegen seine geringe Beteiligungshöhe als Begründung für die Treuhandähnlichkeit des Gesellschaftsanteils herangezogen werden.413 Mithin kann der singuläre Versuch des Bundesgerichtshofs zur Vereinheitlichung der Ausnahmefallgruppen mithilfe der Treuhandähnlichkeit des Anteils nicht vollends überzeugen.

406

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. BGHZ 164, 98, 103; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa). 408 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 760 f. 409 Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 227. 410 Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 227; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 761. 411 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 761. 412 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 761 mit Verweis auf die insofern stimmige Sachverhaltskonstellation in BGHZ 112, 103, vgl. oben Kapitel 3 C. II. 1. 413 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 760 f. 407

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

(2) Literatur Einige Literaten entwickelten im Interesse einer rechtsicheren Gestaltungspraxis individuelle Abstrahierungsansätze. Schockenhoff sieht eine Übereinstimmung aller Entscheidungen in der Frage, ob die Klausel die Möglichkeit einer „dysfunktional[en]“ Ausübung durch den kündigungsberechtigten Gesellschafter eröffnet.414 Unwirksam sei die Klausel, wenn sie es dem Ausschlussberechtigten ermöglicht, die „bei Begründung des Gesellschaftsverhältnisses vereinbarte Verteilung der Aufgaben, Chancen und Risiken in einer Weise abzuändern, mit der die betroffenen Gesellschafter nicht rechnen mussten“, und somit die „Risiken auf die Mitgesellschafter abzuwälzen und die Vorteile auf sich überzuleiten“.415 Da die Sittenwidrigkeit einer freien Ausschlussklausel primär mit der Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters begründet wird, ist die aus einer „dysfunktionalen“ Ausübung folgende unangemessene Risikoverteilung als abstraktes Kriterium für die sachliche Rechtfertigung ungeeignet. Überdies ist für die Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB allein der Zeitpunkt der Vereinbarung der Klausel maßgebend. In diesem Zeitpunkt besteht stets die Möglichkeit einer „dysfunktionalen“ Ausübung des Kündigungsrechts.416 Der Ansatz Schockenhoffs dient nicht einer Abstrahierung der Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung, sondern läuft vielmehr auf eine Ausübungskontrolle hinaus. So will sich Schockenhoff wohl auch verstanden wissen, wenn er sich für die Ausübungskontrolle auf der Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ausspricht.417 Nach Miesen ist eine freie Ausschlussklausel sachlich gerechtfertigt, wenn kumulativ ein „Anlass für deren Vereinbarung“ sowie ein „plausibel begründbare[s] Bedürfnis“ für deren Ausübung vorliegen und der Gesellschaftsvertrag dem ausschließungsbedrohten Gesellschafter keine „schützenswerte[n] Chancen“ eröffnet.418 Diese vermeintlich die sachliche Rechtfertigung konkretisierenden Begrifflichkeiten sind ihrerseits dermaßen unbestimmt und auslegungsbedürftig – beispielsweise soll der Anlass vorliegen, „wenn die Umstände ergeben, dass die Beteiligung nicht ohne die Hinauskündigungsklausel eingeräumt worden wäre“419 –, dass sie als wenig konturenscharfe Abgrenzungskriterien nicht die für die Gestaltungspraxis gewünschte Rechtssicherheit herbeiführen.420

414

Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1015. Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1015. 416 Benecke, ZIP 2005, 1437, 1439 Fn. 25; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 136 f.; vgl. zur Ausübungskontrolle unten Kapitel 3 C. III. 2. f). 417 Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1016. 418 Miesen, RNotZ 2006, 522, 527. 419 Miesen, RNotZ 2006, 522, 526. 420 Wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 141. 415

C. Rechtsprechungsleitlinien

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Grunewald konzentriert sich in ihrem Abstrahierungsansatz auf die Entscheidungen, in denen neben dem gesellschaftsvertraglichen Rechtsverhältnis noch ein weiteres Vertragsverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft bestand.421 Erfasst sind die Urteile zum Kooperationsvertrag und den Manager- und Mitarbeitermodellen.422 Grunewald verweist in diesem Zusammenhang auch auf die vom Bundesgerichtshof als zulässig erachtete Regelung in dem Gesellschaftsvertrag einer die Eigentumswohnungen einer Ferienanlage bewirtschaftenden KG, nach der ein Gesellschafter aus der KG ausschied, wenn er nicht mehr Eigentümer einer Wohneinheit der Ferienanlage war.423 Dieser Verweis ist jedoch verfehlt. Das Ausscheiden des Eigentümer-Gesellschafters aus der KG hängt nicht vom Willen der Mitgesellschafter ab, sondern beruht entweder auf seinem Willen im Falle der freiwilligen Veräußerung der Eigentumswohnung oder einem in seiner Person liegenden sachlichen Grund, beispielsweise der Zwangsversteigerung infolge einer Insolvenz oder der Einzelvollstreckung. Die Problematik der freien Hinauskündigung stellt sich nicht.424 Mithin kann dieser Fall nicht für den Abstrahierungsansatz der sachlichen Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln fruchtbar gemacht werden. In der Sache konstatiert Grunewald, der Bundesgerichtshof habe in den vorstehend genannten Entscheidungen akzeptiert, dass die Beendigung des „nebenher laufenden“ Vertragsverhältnisses auch zum Ende der Gesellschafterstellung führe.425 Das weitere Vertragsverhältnis schlage auf das Gesellschaftsverhältnis durch, wenn der Schwerpunkt der Rechtsverhältnisse nicht in den originär gesellschaftsrechtlichen Pflichten der Erbringung der Einlage oder der Auszahlung der Dividende liege, sondern in dem weiteren Vertragsverhältnis.426 Für die Bestimmung des Schwerpunktes soll es maßgeblich auf die wertmäßige Gewichtung der Leistungen desjenigen ankommen, der nicht nur Geld schuldet.427 Ihr Abstrahierungsansatz läuft damit auf den Versuch hinaus, abstrakte Kriterien für die vorstehend gebildete Fallgruppe der Gesellschafterstellung als Annex herauszuarbeiten. Dieser Ansatz deckt damit nur eine Fallgruppe ab. Für die Frage, ob die Kleinstbeteiligung eine sachliche Rechtfertigung darstellen kann, weist er mangels neben 421

Grunewald, FS Priester 2007, 123, 126 ff. („nebenher laufende[s] Vertragsverhältnis“). Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. 423 BGH, NJW 2003, 1729; Grunewald, FS Priester 2007, 123, 126. 424 Richtigerweise findet die Hinauskündigungsproblematik im Urteil BGH, NJW 2003, 1729 keine Erwähnung. Dies trifft auch auf den Fall BGH, NJW 2010, 65 („Sanieren und Ausscheiden“) zu, in dem die sanierungsunwilligen Gesellschafter einer zahlungsunfähigen und überschuldeten KG aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Zustimmung eines Beschlusses, nach dem sie eine neue Beitragspflicht im Rahmen einer Kapitalerhöhung eingehen oder aus der Gesellschaft ausscheiden, verpflichtet sind. Der insofern unfreiwillige Ausschluss beruhte nicht auf einer Willkürentscheidung der Mitgesellschafter, sondern war sachlich in der drohenden Insolvenz der KG begründet. 425 Grunewald, FS Priester 2007, 123, 126. 426 Grunewald, FS Priester 2007, 123, 127 unter Verweis auf Gehrlein, BB 2005, 2433, 2434; Kilian, WM 2006, 1567, 1573; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 273 f. 427 Grunewald, FS Priester 2007, 123, 127. 422

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

dem Gesellschaftsverhältnis bestehenden Vertragsverhältnisses428 keine Relevanz auf.429 Auf die Ungereimtheiten hinsichtlich der Entscheidungen zum „Gesellschafter auf Probe“ und die Schwierigkeiten bei der Aufstellung abstrakter Kriterien zur Ermittlung des Schwerpunkts wird daher nicht vertiefend eingegangen.430 Festzuhalten ist, dass dieser Ansatz für die von ihm behandelte Fallgruppe keine klaren Kriterien aufstellen kann, wann das Gesellschaftsverhältnis lediglich als Annex zu dem „nebenher laufenden“ Vertragsverhältnis qualifiziert werden kann. Keiner der Abstrahierungsansätze kann überzeugen. Mangels konturenscharfer Abgrenzungskriterien kann die gewünschte Rechtssicherheit für die Gestaltungspraxis nicht herbeigeführt werden. Der bereits im Jahr 1991 aufgestellten These des Bundesgerichtshofs, nach der aufgrund der vielfältigen Sachverhaltsgestaltungen nicht abschließend geklärt werden könne, unter welchen Voraussetzungen eine sachliche Rechtfertigung vorliegt,431 ist auch im Jahr 2022 uneingeschränkt zuzustimmen. Die entschiedenen Fälle sind zu heterogen, als dass sich einheit­ liche abstrakte Kriterien herausarbeiten ließen.432 Bis zur Anerkennung einer neuen Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung durch den Gesetzgeber oder die höchstrichterliche Rechtsprechung sind einzelfallabhängige, mitunter sich widersprechende Urteile durch die Instanzgerichte zu erwarten und in Kauf zu nehmen.433 Ob aus dieser Bestandsaufnahme die Vorzugswürdigkeit der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB folgt, mag bereits an dieser Stelle bezweifelt werden, da die Ausübungskontrolle neue Abgrenzungsschwierigkeiten eröffnet.434 Das Für und Wider der Ausübungskontrolle wird ausführlich im unmittelbaren Anschluss an die Öffnungstendenz besprochen.435 bb) BGH, Urteil vom 19. 03. 2007 – II ZR 300/05 als Einzelfallentscheidung oder Einleitung einer Rechtsprechungswende? Das Urteil des Bundesgerichtshofs hinsichtlich von einer testamentarischen Anordnung erfasster Gesellschaftsanteile436 könnte eine Rechtsprechungswende hin zur generellen Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln einleiten. Die Kernaussage ist, dass die Testierfreiheit eines Erblassers eine freie Hinauskün 428

Das Gesellschaftsverhältnis besteht ausschließlich in dem Halten der Kleinstbeteiligung. Vgl. unten Kapitel 4 C. 430 Vgl. zu den Ungereimtheiten Grunewald, FS Priester 2007, 123, 129 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 144 f. 431 BGHZ 112, 103, 108. 432 Wie hier Peltzer, ZGR 2006, 702, 713; Verse, DStR 2007, 1822, 1825; Heckschen /  Weitbrecht, NZG 2021, 709, 712, 716; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 146 f. 433 Verse, DStR 2007, 1822, 1825. 434 A. A. Verse, DStR 2007, 1822, 1825 trotz Hinweises auf Abgrenzungsschwierigkeiten. 435 Vgl. unten Kapitel 3 C. III. 2. f). 436 BGH, NJW-RR 2007, 913, 914; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 4. 429

C. Rechtsprechungsleitlinien

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digungsklausel in einer durch seine Nacherben entsprechend seinen testamentarischen Anordnungen errichteten KG rechtfertigen kann. Diese Entscheidung ist bemerkenswert, da sie in mehrfacher Hinsicht mit den bisherigen Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zu freien Hinauskündigungsklauseln bricht.437 Soweit der Bundesgerichtshof ausführt, es habe dem Erblasser aufgrund seiner Testierfreiheit auch zugestanden, der betroffenen Gesellschafterin keinen Gesellschaftsanteil zuzuwenden,438 ist dem noch zuzustimmen. Die Schlussfolgerung, dass die Zuwendung des Gesellschaftsanteils mit der Möglichkeit des jederzeitigen Ausschlusses sachlich durch die Testierfreiheit gerechtfertigt sei, ist hingegen abzulehnen.439 Für die abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung der Willensbildungsfreiheit der ausschlussbedrohten Gesellschafterin wegen der freien Hinauskündigungsklausel als Disziplinierungsmittel kann es nicht darauf ankommen, wie die Beteiligung – entgeltlich, unentgeltlich oder im Erbgang – erlangt worden ist.440 Das die Sittenwidrigkeit begründende „Damoklesschwert“-Argument des Bundesgerichtshofs wird durch die testamentarische Anordnung des Erblassers nicht entkräftet. Auch der Bundesgerichtshof stellt klar, dass ein im Erbgang erlangter Gesellschaftsanteil eine freie Hinauskündigung des neu eintretenden Gesellschafters nicht sachlich rechtfertigen kann.441 Es überzeugt nicht, das auf der testamentarischen Anordnung beruhende Kündigungsrecht anders zu bewerten. Es stellt sich zudem die Frage, warum die Testierfreiheit eines Dritten in ihrem Gewicht höher anzusiedeln ist als die Vertragsfreiheit der Parteien, die eine freie Ausschlussklausel für ihr Vertragsverhältnis vereinbaren: Ein Dritter soll einem Gesellschafter im Wege einer testamentarischen Anordnung eine schwächere Gesellschafterstellung zuweisen können, eine gleichartige Vereinbarung der Gesellschafter selbst soll hingegen einen Sittenverstoß begründen. Ein diese unterschiedliche Bewertung rechtfertigender qualitativer Unterschied zwischen Testier- und Vertragsfreiheit erschließt sich nicht.442 Zum Teil werden folgerichtig die Wertungen des Bundesgerichtshofs zur Testierfreiheit zum Anlass genommen, weitere Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung unter Hinweis auf die Vertragsfreiheit – in ihrer abwehrrechtlichen Dimension – anzuerkennen.443 Beispielsweise hätte es nach der Logik des Bundesgerichtshofs der Beschenkte, der im Rahmen der Schenkung unter Widerrufsvorbehalt eine mit einem Ausschlussrecht belastete Gesell 437

Verse, DStR 2007, 1822, 1824; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 301. 438 BGH, NJW-RR 2007, 913, 914. 439 A. A. Gehrlein, WM 2019, 1, 2; sogar für eine vollständige Abkehr vom Sittenwidrigkeitsverdikt Verse, DStR 2007, 1822, 1829. 440 Verse, DStR 2007, 1822, 1825; a. A. wohl Huber, ZGR 1980, 177, 201 f. 441 BGH, NJW-RR 2007, 913, 914 unter Hinweis auf BGHZ 81, 263, 269 f. 442 Verse, DStR 2007, 1822, 1824, 1829; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 301. 443 Verse, DStR 2007, 1822, 1824; a. A. Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

schafterstellung erlangt habe, auch akzeptieren müssen, wenn ihm der Schenker keine Zuwendung erbracht hätte.444 Gleiches müsse für den entgelt­lichen Anteilserwerb gelten, da der Neugesellschafter es auch hinzunehmen habe, wenn er ohne Hinauskündigungsklausel nicht an der Gesellschaft beteiligt werde, wobei das gezahlte Entgelt im Rahmen einer angemessenen Abfindung berücksichtigt werden könnte.445 Diese für sich betrachtet widerspruchsfreien Schlussfolgerungen zeigen schonungslos auf, dass die dem Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Prämisse, nach der die Testierfreiheit eine freie Hinauskündigungsklausel sachlich rechtfertigen könne, nicht richtig sein kann. Der Schutz vor der abstrakten Gefahr der Beeinträchtigung der Willensfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters wird weder im entschiedenen Fall noch in sämtlichen Folgeszenarien gewährleistet. Auch das Argument, die Belange der Gesellschafterin seien aufgrund des Kündigungsausschlusses für einen erheblichen Zeitraum hinreichend geschützt gewesen, vermag nicht zu überzeugen. Logische Konsequenz wäre, dass freie Hinauskündigungsklauseln nach Ablauf einer bestimmten Haltedauer zulässig wären, da der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter während dieses Zeitraums von der Gesellschafterstellung profitieren konnte und seine schützenswerten Belange hinreichend Berücksichtigung gefunden hätten. Verkannt wird, dass in dem Zeitraum unmittelbar vor, spätestens aber nach Ablauf der Kündigungsausschlussfrist der ausschlussbedrohte Gesellschafter einer erheblichen Drucksituation infolge des Disziplinierungsmittels der freien Hinauskündigungsmöglichkeit ausgesetzt ist. Es ist zweifelhaft, ob im konkreten Fall überhaupt eine freie Hinauskündigungsklausel vorlag. Vielmehr ist ein objektiv bestimmbarer Zeitpunkt – zehn Jahre nach Eintritt des Nacherbfalls – festgelegt worden, ab dem die Kündigung der Gesellschaft durch den ausschlussberechtigten Gesellschafter erst möglich wurde. Insofern ist der Sachverhalt durchaus mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. 09. 1988446 vergleichbar, in der eine freie Ausschlussklausel aufgrund des Todes eines Gesellschafters als „festes Tatbestandsmerkmal“ abgelehnt wurde.447 Die betroffene Kommanditistin konnte sich somit auf den Ausschluss zu einem klar definierten Zeitpunkt einstellen. Da der Komplementär sein Kündigungsrecht in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dem objektiv bestimmbaren Zeitpunkt ausübte, blieb für eine dauerhafte Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Kommanditistin kein Raum. Nichtig wäre lediglich die zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der ordentlichen Kündigung als dauerhaftes Disziplinierungsmittel, das in analoger Anwendung des § 139 BGB auf einen kurzen Zeitraum unmittelbar nach Ablauf der zehn Jahre nach Eintritt des Nacherbfalls hätte beschränkt werden können. Die Annahme der Vereinbarung eines „festen Tatbestandsmerkmals“ stellt

444

Verse, DStR 2007, 1822, 1824. Verse, DStR 2007, 1822, 1824 f. 446 BGHZ 105, 213. 447 Wie hier Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 66 f. 445

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den einzigen Weg dar, die Klausel in Einklang mit den bisherigen Grundsätzen der Hinauskündigungsrechtsprechung als zulässig zu erachten. Mangels zeitlich nachfolgender Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil den Startschuss für eine neue Rechtsprechungswende zugunsten der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension darstellt. Aufgrund der Widersprüche zu den überzeugenden Leitlinien der Hinauskündigungsrechtsprechung ist das Urteil eher in der Kategorie Einzelfallentscheidung zu verorten. Weitreichende Schlussfolgerungen für die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung sind mit Vorsicht zu genießen. f) Insuffizienz der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB Aus der Kritik am Regel-Ausnahme-Verhältnis mehren sich bei gleichzeitiger Berufung auf die hohe Bedeutung der Vertragsfreiheit die Stimmen, die anstelle der Wirksamkeitskontrolle der Klausel bei Vertragsschluss eine Ausübungskon­ trolle des konkreten Ausschlusses gem. § 242 BGB vorziehen.448 Die Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB setzt – im Gegensatz zu der an dem Prüfungsmaßstab des § 138  Abs. 1  BGB ausgerichteten  – nicht im frühestmög­ lichen Zeitpunkt der Vereinbarung der Ausschlussklausel, sondern erst bei der konkreten Ausübung des Ausschlussrechts an.449 Dies mache die Ausübungskon­ trolle hinsichtlich nach Vertragsschluss eintretender Umstände zu einem flexibleren Instrument.450 Nachträglich eintretende Umstände könnten die freie Hinaus­ kündigung im Zeitpunkt des konkreten Ausschlusses legitimieren, wohingegen die Rechtsprechung starr eine Sittenwidrigkeit ab Vertragsschluss annähme.451 Ungewollte Unterstützung erhielt diese Meinung im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt durch den Bundesgerichtshof in seinem Urteil zum Mitarbeitermodell, in dem er die für den Anwendungsbereich des KSchG relevante Mitarbeiterzahl nicht in Einklang mit seinem Prüfungsmaßstab im Zeitpunkt der Vereinbarung der Rückübertragungsangebote, sondern im Zeitpunkt des konkreten Ausschlusses als maßgeblich erachtete.452 Dieses Urteil wird zu Recht angeführt,

448

Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 66; Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751 f.; Benecke, ZIP 2005, 1437, 1441 f.; Drinkuth, NJW 2006, 410, 412; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 281 f.; Sosnitza, DStR 2006, 99, 103; Verse, DStR 2007, 1822, 1827 f.; Teichmann, RNotZ 2013, 346, 353; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 214 ff.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 311 ff.; Fröhlich, Ausscheiden von Personengesellschaftern, S. 164 ff.; Kesselmeier, Ausschließungs- und Nachfolgeregelung in der GmbH-Satzung, S. 22, 101. 449 Drinkuth, NJW 2006, 410, 412. 450 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 306; Fröhlich, Ausscheiden von Personengesellschaftern, S. 167. 451 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 306. 452 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) bb).

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

um auf Unstimmigkeiten der Hinauskündigungsrechtsprechung am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB hinzuweisen.453 Überdies wird die Ausübungskontrolle im Vergleich zur Inhaltskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB für das verhältnismäßigere Instrument gehalten.454 Sie ermögliche unter Anerkennung der freien gesellschaftsvertraglichen Gestaltung eine einzelfallbezogene Prüfung der Ausübung des Rechts, beseitige hingegen nicht vollständig die privatautonom eingeräumte Rechtsposition.455 Daher zeichne sich die Ausübungskontrolle durch eine besondere Beweglichkeit in der Rechtsanwendung aus.456 Als weiteres Argument für die Ausübungskontrolle wird der systematische Vergleich der Zwangseinziehung von Aktien gem. § 237 AktG und der Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG ins Feld geführt.457 Im Rahmen der Einziehungsgestattung gem. § 237 Abs. 1 S. 2 Var. 2, S. 2 AktG entspricht es der herrschenden Literaturauffassung, dass die Satzung eine Einziehung durch einen in das Ermessen der Hauptversammlung gestellten Beschluss ohne Nennung von Einziehungsgründen vorsehen kann.458 In der GmbH ist eine solche Bestimmung aufgrund des Bestimmtheitserfordernisses des § 34 Abs. 2 GmbHG nicht möglich.459 Allerdings soll die konkrete Ausübung der Einziehungsgestattung in der AG durch die Hauptversammlung einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen.460 Der Hauptversammlungsbeschluss als schwerwiegender Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte müsse über eine bloße Missbrauchskontrolle und die Wahrung des Gleichbehandlungsgebots gem. § 53a AktG hinaus in Anlehnung an die für den Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen aufgestellten Grundsätze der ma 453

Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 298, der darüber hinaus die Formulierung des Bundesgerichtshofs im „Kooperationsvertrag-Urteil“, nach der es „nicht als sittenwidrig anzusehen sei, wenn die Beklagte von den ihr in dem Kooperationsvertrag eingeräumten Befugnissen Gebrauch macht“, BGH, NZG 2005, 479, 480, als Unstimmigkeit ausmacht; ähnl. kritisch bereits zeitlich vor den zitierten Urteilen Kübler, FS Sigle 2000, 183, 188. 454 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 218 f. 455 Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 106 f., 144. 456 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 66; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen und ihre Schranken, S. 147. 457 Drinkuth, NJW 2006, 410, 412. 458 Marsch-Barner / Maul, in: BeckOGK AktG, § 237 Rn. 15; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 237 Rn. 20; Koch, AktG, § 237 Rn. 15; Scholz, in: MünchHdb GesR IV, § 63 Rn. 12; kritisch Oechsler, in: MüKoAktG, § 237 Rn. 42; a. A. Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 232 f.; Friedewald, Die personalistische Aktiengesellschaft, S. 54, 57 unter Hervorhebung der großen Relevanz von Zwangseinziehungen in personalistischen Aktiengesellschaften. 459 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 460 OLG München, AG 2017, 441, 444; Koch, AktG, § 237 Rn. 16; Oechsler, in: MüKoAktG, § 237 Rn. 45; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 232 f.; Reinisch, Ausschluss von Aktionären, S. 23 (jedenfalls bei Ungleichbehandlung einzelner Aktionäre); ablehnend Scholz, in: MünchHdb GesR IV, § 63 Rn. 14.

C. Rechtsprechungsleitlinien

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teriellen Beschlusskontrolle461 hinsichtlich des Gesellschaftsinteresses geeignet, erforderlich und angemessen sein.462 Faktisch läuft dies auf das Erfordernis eines sachlichen Grunds hinaus, sodass der Ausschluss nicht in das freie Ermessen der Gesellschaft gestellt wird.463 Da die Parteien das Erfordernis eines sachlichen Grunds durch die Aufnahme einer freien Ausschlussklausel zur Vermeidung langwieriger Streitigkeiten umgehen wollen, kann der systematische Vergleich mit der Zwangseinziehung von Aktien die vermeintliche Vorzugswürdigkeit der Ausübungskontrolle nicht begründen. Uneinigkeit besteht zwischen den Verfechtern der Ausübungskontrolle im Hinblick auf deren Kontrollintensität. Aus dieser Uneinigkeit folgt für sich genommen eine Rechtsunsicherheit, die bis zu einer höchstrichterlichen Klärung zu divergierenden Entscheidungen der Instanzgerichte und damit weiterer Rechtsunsicherheit für die Gestaltungspraxis führen würde. Zum Teil wird die aus § 242 BGB abgeleitete Schranke der missbräuchlichen Rechtsausübung464 sowie das Verbot widersprüchlichen Verhaltens bemüht.465 Ein Ausschluss wäre rechtsmissbräuchlich, wenn das „Ausschlussrecht zu einem Zweck genutzt wird, der mit den in den Vertrag eingegangenen Zielvorstellungen der Beteiligten unvereinbar ist“.466 Der Einsatz des Ausschlussrechts als Disziplinierungsmittel wird beispielhaft genannt.467 Dies wirft die Frage auf, wie diejenigen Fälle über die bloße Ausübungskontrolle zu lösen sind, in denen bereits die für das freie Ausschlussrecht eingegangenen Zielvorstellungen sittenwidrig sind. In strenger Anwendung der genannten Definition würden diese Fälle keine missbräuchliche Rechtsausübung darstellen. Ein Ausschluss soll nur bei Vorliegen „evident unsachliche[r] Gründe“ unzulässig sein.468 Ein ähnlicher Maßstab ergibt sich unter zusätzlicher Heranziehung der Norm des § 162 Abs. 2 BGB, wenn die Beendigung der Gesellschafterstellung unter eine aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB – beispielsweise die Beendigung eines übergeordneten Vertragsverhältnisses oder der Organstellung – gestellt ist.469 Ein Verstoß gegen Treu und Glauben i. S. v. § 162 Abs. 2 BGB ist ge 461

BGHZ 71, 40, 44 ff. („Kali & Salz“); 83, 319, 321 („Holzmann“); 120, 141, 145 f. („Bremer Bankverein“); 125, 239, 244 („Deutsche Bank“). 462 Koch, AktG, § 237 Rn. 16; Oechsler, in: MüKoAktG, § 237 Rn. 45; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 232 f.; Reinisch, Ausschluss von Aktionären, S. 23; ablehnend Scholz, in: MünchHdb GesR IV, § 63 Rn. 14. 463 Habersack / Verse, ZGR 2005, 451 459; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 232 f. 464 Vgl. zur missbräuchlichen Rechtsausübung oben Kapitel 2 F. I. 465 Verse, DStR 2007, 1822, 1828. 466 Kübler, FS Sigle 2000, 183, 199. 467 Verse, DStR 2007, 1822, 1828. 468 Verse, DStR 2007, 1822, 1828. 469 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116; Habersack / Verse, ZGR 2005, 451, 471 f.; Drinkuth, NJW 2006, 410, 412.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

geben, wenn das übergeordnete Rechtsverhältnis funktionswidrig ausschließlich zu dem Zweck des Hinausdrängens aus der Gesellschafterstellung beendet wird.470 Dieser Maßstab müsste für Hinauskündigungsklauseln wiederum erst durch eine umfassende Rechtsprechungskasuistik konkretisiert werden. Die von der Praxis gewünschte Rechtssicherheit wird über diese Definitionen nicht erzielt. Teilweise wird unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ein Ausschluss für unzulässig gehalten, wenn ihr kein „personen- oder gesellschaftsbezogen[er] Sachgrund“ zugrunde liegt, der einer umfassenden Abwägung mit den Interessen des auszuschließenden Gesellschafters standhält.471 Diese Ansicht führt ähnlich wie der noch zu erörternde Ansatz Gehrleins einer geltungserhaltenden Reduktion der freien Hinauskündigungsklausel472 zum Erfordernis eines sachlichen Grunds, das die Parteien durch die freie Ausschlussklausel vermeiden wollten. Die Kehrseite der vermeintlichen Flexibilität der Ausübungskontrolle hinsichtlich nach Vertragsschluss eintretender Umstände legt Grunewald schonungslos offen: „Kann es wirklich sein, dass eine Hinauskündigungsklausel, die ursprünglich – da ein Managergesellschafter betroffen war – wirksam war, unwirksam wird, nur weil Mitgesellschafter ihre Beteiligung splitten und dadurch der Einfluss des Managergesellschafters so groß wird, dass er nun als Unternehmergesellschafter einzustufen ist? Kann ein Managergesellschafter durch Zukauf von Gesellschaftsanteilen seine Hinauskündigung wirklich verhindern?473“ Die Mitgesellschafter könnten im Umkehrschluss die Wirksamkeit eines auf eine freie Hinauskündigungsklausel gestützten Ausschlusses unabhängig vom Einfluss des ausschlussbedrohten Gesellschafters mithilfe von Änderungen in der Beteiligungsstruktur nachträglich herbeiführen. Es entstünde ein weiteres Einfallstor für Rechtsunsicherheiten und Missbrauchseinwände. Die erforderliche Rechtsicherheit wird nur durch die Wirksamkeitskontrolle zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Hinauskündigungsklausel erreicht.474 Zudem ermöglicht es die Ausübungskontrolle, den ursprünglichen Sittenverstoß aufgrund der vermeintlichen Flexibilität zu heilen. Grundsätzlich tritt allerdings an die Stelle einer sittenwidrigen Vereinbarung dispositives Gesetzesrecht,475 das keine freie Ausschlussmöglichkeit vorsieht. Die Heilung durch eine bloße Ausübungskontrolle im Falle nach Vertragsschluss eintretender Umstände steht im 470

Reymann, in: BeckOGK BGB, § 162 Rn. 16; Habersack / Verse, ZGR 2005, 451, 472. Benecke, ZIP 2005, 1437, 1441 f.; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 282 f. 472 Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1972; vgl. unten Kapitel 3 C. III. 2. g). 473 Grunewald, ZIP 2021, 433, 437. 474 Wohl auch Grunewald, ZIP 2021, 433, 437. 475 BGHZ 68, 204, 207; OLG Celle, NJW 1959, 1971, 1972; hinsichtlich zivilrechtlicher Abfindungsbeschränkungen Ulmer, ZIP 2010, 805, 811 f. 471

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Widerspruch zum Präventionszweck des § 138 Abs. 1 BGB, den sittenwidrig Handelnden einen Vorteil gegenüber dem dispositiven Gesetzesrecht zu verwehren.476 Maßgeblich gegen die Ausübungskontrolle spricht, dass sie keinen hinreichenden Schutz für den vom Ausschluss bedrohten Gesellschafter im Zeitraum zwischen Vertragsschluss und dem möglicherweise nie stattfindenden Ausschluss gewährleisten kann. Insbesondere die Fälle, in denen es nicht zu einem konkreten Ausschluss kommt, bestätigen die Prämisse der Rechtsprechung, dass der ausschlussbedrohte Gesellschafter die freie Hinauskündigungsmöglichkeit als Disziplinierungsmittel empfindet und seine Gesellschafterrechte in vorauseilendem Gehorsam nicht in der Weise ausübt, wie er sie ohne die freie Ausschlussklausel ausüben würde. Folge man der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB, könnte der in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigte Gesellschafter die Wirksamkeit der Klausel bis zu seinem konkreten Ausschluss nicht gerichtlich überprüfen lassen. Er wäre für einen nicht unerheblichen Zeitraum rechtlos gestellt und müsste es auf seinen Ausschluss ankommen lassen.477 Die durch die Disziplinierungsmöglichkeit verursachte – wenn auch nur abstrakte – Gefahr der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters muss bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einer Wirksamkeitskontrolle unterzogen werden. Die Ausübungskontrolle des konkreten Ausschlusses nach § 242 BGB kann die Wirksamkeitskontrolle der Klausel daher nicht ersetzen. Die Ausübungskontrolle kann auch nicht als verhältnismäßigeres Instrument bezeichnet werden, da sie bereits auf Ebene der Erforderlichkeit keine der Wirksamkeitskontrolle gleich wirksame Maßnahme darstellt. Erschwerend hinzu kommt die praktisch bedeutsame Beweislastumkehr.478 Nicht die ausschlussberechtigten Gesellschafter müssten zum Zeitpunkt der Vereinbarung der freien Hinauskündigungsklausel das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung als (Rück-)Ausnahme beweisen. Vielmehr wäre der ausgeschlossene Gesellschafter gezwungen, eine unverhältnismäßige Geltendmachung des Ausschlussrechts durch die anderen Gesellschafter zu beweisen.479 Dies wird zwar von den Verfechtern der Ausübungskontrolle als praktischer Vorzug und aufgrund der Vereinbarung der freien Ausschlussklausel im Lichte der Vertragsfreiheit als sachgerecht eingeordnet.480 Der Schutzbedürftigkeit des vom Ausschluss betrof 476

BGHZ 68, 204, 207; OLG Celle, NJW 1959, 1971, 1972; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 160; hinsichtlich zivilrechtlicher Abfindungsbeschränkungen Ulmer, ZIP 2010, 805, 811 f.; in diesem Zusammenhang ist die Rettung des sittenwidrigen unbefristeten Kündigungsrechts durch seine zeitliche Beschränkung in analoger Anwendung des § 139 BGB in BGHZ 105, 213, 220 ff. zweifelhaft, vgl. oben Kapitel 3 C. I., III. 2. g). 477 Ähnl. Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19. 478 Verse, DStR 2007, 1822, 1827; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 250; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 326. 479 Verse, DStR 2007, 1822, 1827; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 326 f. 480 Verse, DStR 2007, 1822, 1827; Teichmann, RNotZ 2013, 346, 353; Grunewald, Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 250; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 327.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

fenen Gesellschafters wird dies aber nicht gerecht. Bei vergleichsweise geschicktem Vorgehen der Ausschlussberechtigten kann eine unsachliche Beeinflussung unter Hinweis auf die Ausschlussmöglichkeit schwerlich nachgewiesen werden.481 Folglich gewährleistet die Ausübungskontrolle nicht den erforderlichen Schutz des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters und ist abzulehnen. g) Insuffizienz der geltungserhaltenden Reduktion analog § 139 BGB Vereinzelt wird vorgeschlagen, interessengerechte Lösungen über eine geltungserhaltende Reduktion freier Ausschlussklauseln in analoger482 Anwendung des § 139  BGB herbeizuführen.483 Prämisse ist, dass die freie Hinauskündigungsklausel als nichtig i. S. v. § 138  Abs. 1  BGB qualifiziert wird. Ansonsten käme § 139 BGB nicht zur Anwendung. Grundgedanke dieses Lösungsansatzes ist folgender: Der Gesellschafter, der zu seinen Lasten ein freies Hinauskündigungsrecht vereinbart hat, soll nicht besser stehen als der Gesellschafter, dessen Ausschluss an sachliche Gründe gebunden ist.484 Daher müsse die Klausel geltungserhaltend dahingehend ausgelegt werden, dass ein Ausschluss des Gesellschafters nur aus sachlichem Grund möglich ist.485 Gestützt wird diese Auslegung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1988, in dem ein nach Verwirklichung eines „festen Tatbestandsmerkmals“ unbefristet ausgestaltetes Kündigungsrecht in entsprechender Anwendung des § 139 BGB zeitlich begrenzt ausgelegt und als wirksam erachtet wurde.486 Andere befürworten, die Klausel dergestalt aufrechtzuerhalten, dass ein Ausschluss aus wichtigem Grund zulässig ist.487 Da ein Ausschluss aus wichtigem Grund auch ohne Satzungsregelung möglich ist,488 beschränkt sich die praktische Relevanz der Hinauskündigungsklausel nach dem letzten Ansatz darauf, dass es der ohne Satzungsregelung erforderlichen Ausschließungsklage nicht bedarf.489

481

Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  42. Direkt ist § 139 BGB nur anwendbar, wenn trotz Teilnichtigkeit des Rechtsgeschäfts die Wirksamkeit des Restbestands anzunehmen ist, wohingegen die analoge Anwendung sich auf Fälle erstreckt, in denen die Parteien „anstelle der vereinbarten nichtigen Regelung eine andere, auf das noch zulässige Maß reduzierte Regelung vereinbart hätten“, BGHZ 105, 213, 221; Reymann, DNotZ 2006, 106, 114 f. 483 Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1972. 484 Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1972. 485 Gehrlein, NJW 2005, 1969, 1972 f.; zur Möglichkeit der Aufrechterhaltung eines Rechtsgeschäfts nach seiner Befreiung vom sittenwidrigen Übermaß im Falle der quantitativen Teilbarkeit der Hauptleistung BGH, NJW 1992, 2145, 2146; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 160. 486 BGHZ 105, 213, 220 ff.; vgl. oben Kapitel 3 C. I. 487 BGHZ 107, 351, 355 ff.; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 152. 488 Vgl. oben Kapitel 2 C. II., D. 489 BGHZ 107, 351, 355 ff.; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 48. 482

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Die vorgeschlagenen geltungserhaltenden Reduktionen liefen auf eine Ausübungskontrolle hinaus, die höhere Anforderungen an den Ausschluss in Form eines sachlichen oder wichtigen Grunds stellt als die vorstehend besprochene Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB.490 Sie erfüllen auch nicht die für die analoge Anwendung des § 139 BGB aufgestellten Voraussetzungen des Bundesgerichtshofs. Demnach ist erforderlich, dass sich der „Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen lässt“, wohingegen eine Analogie ausscheidet, wenn „an die Stelle der nichtigen Bestimmung eine von mehreren denkbaren wirksamen Regelungen gesetzt werden müsste“.491 Dass einige Literaten einen Ausschluss aus wichtigem, andere Literaten aus sachlichem Grund als geltungserhaltende Reduktion vorschlagen, offenbart das Vorliegen mehrerer denkbarer wirksamer Regelungen anstelle der nichtigen Regelung. Dies schließt die Möglichkeit einer Analogie nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs aus. Darüber hinaus stünde die Möglichkeit eines Ausschlusses aus einem nicht im Gesellschaftsvertrag festgelegten sachlichen Grund der Norm des § 34 Abs. 2 GmbHG entgegen. Deren Ziel, den Gesellschafter bei Eintritt in die Gesellschaft die potentiellen Gründe seines Ausscheidens klar vor Augen zu führen,492 würde durch die vorgeschlagene geltungserhaltende Reduktion konterkariert. Überdies wollten die Beteiligten mit der Vereinbarung einer freien Hinauskündigungsklausel den Ausschluss nicht von einem derartigen sachlichen oder wichtigen Grund abhängig machen,493 um langwierige Streitigkeiten um das Ausscheiden zu verhindern. Die geltungserhaltende Reduktion wird regelmäßig nicht dem Willen der Parteien gerecht. Sie ist abzulehnen. h) Fazit Die Vertragsfreiheit steht der Annahme der Sittenwidrigkeit freier Hinauskündigungsklauseln nicht entgegen. Aufgrund der primär abwehrrechtlichen Funktion der Vertragsfreiheit sind privatautonome Regelungen grundsätzlich wirksam und aufgrund des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots dergestalt auszulegen, dass von ihnen in zulässiger Weise Gebrauch gemacht wird. In Ausnahmefällen, in denen sich die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt, kann die Vertragsfreiheit eine Schutzpflicht des Staates begründen. In diesen Fällen entfal 490

Wie hier Peltzer, ZGR 2006, 702, 715; Verse, DStR 2007, 1822, 1829; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 331. 491 BGHZ 107, 351, 356. 492 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 493 Vgl. weitere Einwände, insbesondere die Entkräftung der Präventionswirkung des § 138 Abs. 1  BGB und der dogmatische Umweg über §§ 138, 139  BGB in Abgrenzung zur Ausübungskontrolle bei Verse, DStR 2007, 1822, 1829; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 333 f.; zur Präventionswirkung des § 138 Abs. 1 BGB Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 160.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

ten die Grundrechte über die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB eine mittelbare Drittwirkung, die auf Rechtsanwendungsebene die Bewertung einer Vertragsklausel als sittenwidrig erfordert. Bei der Vereinbarung freier Hinauskündigungsklauseln besteht zwischen den Vertragspartnern regelmäßig kein „strukturelles“ Übergewicht, das wirtschaftlich oder psychologisch existenzielle Notlagen begründet. Dennoch wiegt die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit aufgrund freier Hinauskündigungsklauseln derartig schwer, dass ihr Sittenwidrigkeitsverdikt in Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension gerechtfertigt ist. Weder die Anerkennung von Stimmbindungsverträgen noch die Schaffung stimmrechtsloser Anteile gebietet eine andere Bewertung, da sie nicht mit der abstrakten Gefahr des Verlusts der Gesellschafterstellung einhergehen. Sie halten nicht von der Wahrnehmung des Teilnahme-, Informations- oder des Anfechtungsrechts als unentziehbare Gesellschafterrechte ab. Eine der Hinauskündigungsklausel vergleichbare Drucksituation liegt nicht vor. Das Schutzbedürfnis der Entscheidungsfreiheit des realtypisch kapitalistischen Aktionärs ist geringer als das Schutzbedürfnis eines Gesellschafters einer realtypisch personalistischen GmbH. Das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot steht weder „ungleichen“ noch „gleichen“ Hinauskündigungsrechten entgegen. Abzulehnen ist die Figur des „Gesellschafters minderen Rechts“ in ihrer zweiten Fallgruppe, die stets die Nichtigkeit einer Klausel bei freien Hinauskündigungsrechten gegenüber gleichberechtigten Gesellschaftern annehmen will. Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang die Wirkung der Hinauskündigungsklausel als Disziplinierungsmittel, sodass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Falle einer sachlichen Rechtfertigung nicht in Betracht kommt. Da der Individualschutz des betroffenen Gesellschafters die tragende Erwägung für das Sittenwidrigkeitsurteil freier Hinauskündigungsklauseln ist, weist die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nur eine untergeordnete Relevanz für die Begründung der Sittenwidrigkeit auf. Die Rechtsprechung behandelt die Frage der sachlichen Rechtfertigung einer freien Ausschlussklausel auf Tatbestandsebene des § 138 Abs. 1 BGB im Rahmen einer allumfassenden Abwägung der materiellen Interessen. Der Bundesgerichtshof verkennt das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension und der Sittenwidrigkeit als ihr immanenten Schranke nicht. Mit der verhältnismäßig geringen Anzahl an anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung allein kann eine Abkehr vom Sittenwidrigkeitsverdikt freier Hinauskündigungsklauseln nicht begründet werden. Dennoch kann aus ihrer Gesamtschau eine liberalere Haltung der Rechtsprechung gefolgert werden. Die anerkannten Fallgruppen sind allerdings zu heterogen, als dass sich einheitliche abstrakte Kriterien herausarbeiten ließen. Für die Frage, ob die Kleinstbeteiligung

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eine sachliche Rechtfertigung darstellen kann, kann lediglich auf singuläre Argumente in den einzelnen Fallgruppen zurückzugegriffen werden. Das Urteil des Bundesgerichtshofs hinsichtlich von einer testamentarischen Anordnung erfasster Gesellschaftsanteile könnte eine weitere Öffnungstendenz für die Anerkennung einer sachlichen Rechtfertigung erkennen lassen, gar als Einleitung einer weiteren Rechtsprechungswende hin zur generellen Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln gewertet werden. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche zu den bisherigen Rechtsprechungsleitlinien ist diese Bewertung allerdings mit Vorsicht zu genießen. Es ist zu erwarten, dass sich das Urteil zukünftig als Einzelfallentscheidung entpuppen wird. Eine in dem konkreten Einzelfall die Zulässigkeit der Klausel tragende, mit den bisherigen Grundsätzen widerspruchsfreie Lösung liegt darin, die Voraussetzungen des testamentarisch angeordneten Hinauskündigungsrechts als „festes Tatbestandsmerkmal“ einzuordnen. Der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB kann trotz ihrer zeitlichen Flexibilität und Einzelfallbezogenheit nicht der Vorzug gegenüber der Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB gewährt werden. Die vermeintliche Flexibilität stellt im Falle nachträglicher Änderungen der Beteiligungsstruktur ein weiteres Einfallstor für Rechtsunsicherheiten und Missbrauchseinwände dar. Die Ausübungskontrolle bietet keinen hinreichenden Schutz für den vom Ausschluss bedrohten Gesellschafter im Zeitraum zwischen Vertragsschluss und dem möglicherweise nie stattfindendem Ausschluss. Zudem führt sie zulasten des ausgeschlossenen Gesellschafters zu einer nicht sachgerechten Beweislastumkehr. Die vorgeschlagene Lösung einer geltungserhaltenden Reduktion der freien Ausschlussklausel in Form des Erfordernisses eines sachlichen oder wichtigen Grunds zum Zeitpunkt des konkreten Ausschlusses in analoger Anwendung des § 139 BGB ist abzulehnen. Sie verstößt nicht nur gegen die Anforderungen des Bundesgerichtshofs für eine analoge Anwendung des § 139 BGB und den Bestimmtheitsgrundsatz des § 34 Abs. 2 GmbHG, sondern wird auch nicht dem Parteiwillen gerecht, den Ausschluss nicht vom Vorliegen eines sachlichen Grunds abhängig zu machen. 3. Eigener Lösungsvorschlag: Zwei-Stufen-Prüfung als Gesamtlösung Dem Grundgedanken der Hinauskündigungsrechtsprechung ist zuzustimmen.494 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist zur Bewertung eines Ausschlusses aufgrund einer freien Hinauskündigungsklausel eine Zwei-Stufen 494

Wie hier Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 83; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 9a; Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 19; Schindler, in: BeckOK GmbHG, § 34 Rn. 31; Sprau, in: Palandt, BGB, § 737 Rn. 5; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 59, 152; Binz / Sorg, GmbHR 2005, 893, 896; Miesen, RNotZ 2006, 522, 523 f.; Nasall, NZG 2008, 851, 854.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

Prüfung sachgerecht. Dieser Ansatz orientiert sich an der anerkannten Zwei-Stufen-Prüfung eines Ehevertrags495. Hält ein Ehevertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einer Wirksamkeitskontrolle gem. § 138  Abs. 1  BGB stand, hat auf zweiter Stufe eine richterliche Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB zu erfolgen.496 Gem. § 242 BGB ist zu überprüfen, inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe verwehrt ist, sich auf den vertraglichen Ausschluss von Scheidungsfolgen zu berufen, obwohl sich in diesem Zeitpunkt infolge einer von den Vorstellungen der Ehepartner bei Abschluss der Vereinbarung abweichenden Entwicklung eine evident einseitige Lastenverteilung zulasten des anderen Ehegatten ergibt.497 Dies gilt insbesondere, wenn die abweichende Entwicklung auf einer außerhalb der Einflusssphäre der Ehegatten liegenden Veränderung tatsächlicher Umstände beruht.498 Eine Übertragung dieser anerkannten Grundsätze auf die Prüfung freier Hinauskündigungsklauseln könnte wie folgt aussehen: a) Erste Stufe: Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB Auf der ersten Stufe ist in Anlehnung an die Hinauskündigungsrechtsprechung eine Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB vorzunehmen. Die Prüfung stellt auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Willensentschließungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters durch das Disziplinierungsmittel der freien Hinauskündigung ist eine freie Ausschlussklausel gem. § 138 Abs. 1 BGB als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension unwirksam, es sei denn, es liegt eine sachliche Rechtfertigung als Rückausnahme vor. Der ausschlussbedrohte Gesellschafter trägt die Beweislast dafür, dass eine abstrakte Gefahr für die Ausübung seiner Minderheitenrechte durch die Existenz einer freien Ausschlussklausel besteht. Ist dies der Fall, muss der Ausschlussberechtigte als Rückausnahme im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB darlegen und beweisen, dass die freie Hinauskündigungsklausel sachlich gerechtfertigt ist.

495

BGH, NJW 2015, 52, 53; 2018, 2871, 2872. BGH, NJW 2015, 52, 53; 2018, 2871, 2872; OLG Celle, BeckRS 2021, 7858 Rn. 57. 497 BGH, NJW 2018, 2871, 2872; 2015, 52, 53; OLG Celle, BeckRS 2021, 7858 Rn. 57. 498 BGH, NJW 2012, 1209, 1210; 2018, 2871, 2872; Münch, NJW 2015, 288, 289. 496

C. Rechtsprechungsleitlinien

173

b) Zweite Stufe: Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB Auf einer zweiten Stufe ist der konkrete Ausschluss einer Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB zu unterziehen.499 Rechtsmissbräuchlich ist der konkrete Ausschluss nicht bereits dann, wenn der Ausschlussberechtigte keinen sachlichen Grund oder kein schützenswertes Interesse am Ausschluss darlegen kann.500 Nur evident missbräuchliches Verhalten ist unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht von § 242  BGB erfasst.501 Für ein evident missbräuchliches Verhalten trägt der ausgeschlossene Gesellschafter die Beweislast. Eine Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB kommt vorrangig bei einer nachträglich veränderten Sachverhaltslage in Betracht.502 Sollte eine freie Hinauskündigungsklausel wegen ihrer sachlichen Rechtfertigung keinen Sittenverstoß gem. § 138 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstellen, ist bei späterem Wegfall der sachlichen Rechtfertigung infolge einer Änderung der tatsächlichen Umstände zu prüfen, ob die konkrete Ausübung der durch die freie Hinauskündigungsklausel eingeräumten Rechtsmacht einen Rechtsmissbrauch darstellt.503 c) Fazit Mit der durch die Prüfung auf erster Stufe vollzogenen Änderung der Terminologie könnte der Bundesgerichtshof der Kritik, das verfassungsrechtlich gebotene Regel-Ausnahme-Verhältnis von Vertragsfreiheit und Sittenwidrigkeit zu verkennen, den Wind aus den Segeln nehmen, indem er nicht von einer „grundsätzlichen“ Sittenwidrigkeit freier Ausschlussklauseln und einer sachlichen Rechtfertigung in „besonderen Ausnahmefällen“ spräche, sondern richtigerweise die Annahme der Sittenwidrigkeit der freien Ausschlussklausel als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in seiner abwehrrechtlichen Dimension und die Möglichkeit der sachlichen Rechtfertigung als Rückausnahme zur Ausnahme bezeichnen würde. Der ausschlussbedrohte Gesellschafter kann die Ausschlussklausel von Anfang an einer gerichtlichen Prüfung unterziehen. Die ausschlussberechtigten Gesellschafter können nicht durch nachträgliche Änderungen in der Beteiligungsstruktur eine nichtige Ausschlussklausel heilen. Die Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB auf erster Stufe schafft Rechtssicherheit und gewährleistet einen umfassenden Schutz der Willensentschließungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters. Es ist in Kauf zu nehmen, dass sich aus den bisherigen Fallgruppen keine abstrakten Kriterien für die sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklau 499 Ähnlicher Maßstab für die Bewertung der Zulässigkeit zivilrechtlicher Abfindungsbeschränkungen bei Ulmer, ZIP 2010, 805, 812. 500 So aber Benecke, ZIP 2005, 1437, 1441 f.; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 282 f. 501 Ähnl. Nasall, NZG 2008, 851, 853. 502 Wie hier Reymann, DNotZ 2006, 106, 118. 503 In diese Richtung BGH, NJW 2004, 2013, 2015; Reymann, DNotZ 2006, 106, 119.

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Kap. 3: Gewillkürte Ausschlussklauseln nach freiem Ermessen

seln herausgebildet haben. Die alternative Lösung über eine Ausübungskon­trolle gem. § 242 BGB ließe eine vergleichbare Rechtsprechungskasuistik erwarten. Die eingeschränkte Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB auf zweiter Stufe stellt sicher, dass der konkrete Ausschluss nicht evident missbräuchlich ist. Im Gegensatz zur zum Teil präferierten Ausübungskontrolle muss der ausschlussberechtigte Gesellschafter keinen sachlichen Grund oder ein schützenswertes Interesse am Ausschluss nachweisen. Mit der Vereinbarung einer freien Ausschlussklausel wollen die Gesellschafter langwierige Streitigkeiten über ein schützenswertes Interesse zum Zeitpunkt des Ausschlusses vermeiden. Da die Ausübungskontrolle auf zweiter Stufe lediglich evident missbräuchliches Verhalten erfasst, entsteht in den seltensten Fällen ein Schwebezustand, der zu einer Lähmung der Gesellschaft führt. Die Zwei-Stufen-Prüfung ist die optimale Gesamtlösung zur Kontrolle einer freien Ausschlussklausel und dem konkreten Ausschluss auf der Grundlage der Klausel.

Kapitel 4

Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung Im Folgenden wird untersucht, ob eine Kleinstbeteiligung die freie Ausschlussmöglichkeit zulasten des Kleinstbeteiligten sachlich rechtfertigen kann. Sollte dies der Fall sein, steht der Zulässigkeit eines den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten vertraglichen Squeeze-out nichts entgegen. Im Kern geht es um die Frage, ob ein im Gesellschaftsvertrag einer GmbH oder einer Personengesellschaft vereinbarter gewillkürter Squeeze-out in Einklang mit der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebracht werden kann.

A. Definition der Kleinstbeteiligung Als Grundlage der nachstehenden Erwägungen bedarf es einer Definition des Begriffs der Kleinstbeteiligung. Die Kleinstbeteiligung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Der Gesetzgeber hat die Kleinstbeteiligung in den normierten Squeeze-out-Regelungen mithilfe eines prozentualen Anteils am Gesellschaftskapital bestimmt. Für den aktienund übernahmerechtlichen Squeeze-out legte er in §§ 327a  Abs. 1  S. 1  AktG, 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG eine Obergrenze von 5 % des Grundkapitals der AG, für den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out eine Obergrenze von 10 % fest.1 Das Bundesverfassungsgericht konkretisierte den unbestimmten Rechtsbegriff der Kleinstbeteiligung mit den ihrerseits unbestimmten Rechtsbegriffen der „reinen Kapitalanlage“ in Abgrenzung zur „unternehmerischen Beteiligung, die Einfluss auf die unternehmerischen“ Entscheidungen der Gesellschaft gewähre.2 In Anlehnung an die gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften definiert Priester die Kleinstbeteiligung für einen Squeeze-out in einer GmbH-Satzung mit höchstens 5 % des Kapitals.3 Heusel und Goette hingegen halten die Bestimmung der Kleinstbeteiligung anhand prozentualer oder absoluter Beteiligungsverhältnisse für willkürlich.4 Eine derartige Festlegung stünde im Widerspruch zur für Hinauskündigungsklauseln

1 Für den Squeeze-out gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG gilt die gleiche Obergrenze; vgl. ausführlich oben Kapitel 2 A. II. 1., III.–V. 2 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1. 3 Priester, GmbHR 2019, 649, 751; ähnl. Schäfer, in: MüKoBGB, § 737 Rn. 20. 4 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317.

176

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

erforderlichen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles.5 Abzustellen sei auf das Kriterium der „wirtschaftlichen“ und „sachlichen“ Bedeutungslosigkeit der Gesellschafterbeteiligung, die lediglich die Qualifikation als „Splitterbeteiligung“ zuließe.6 Dies sei anhand einer „einzelfallabhängigen Interessenabwägung zu ermitteln, bei der insbesondere die Struktur der Gesellschaft, die Art der Gesellschafterbeteiligung und die durch sie vermittelten Rechte zu berücksichtigen“ seien.7 Zur Orientierung sei unter Rekurs auf § 327a Abs. 1 AktG eine unverbindliche Obergrenze von 5 % des Gesamtkapitals anzusetzen, wobei diese Schwelle im Einzelfall auch höher sein könne.8 Der Grundgedanke hinter den Überlegungen von Heusel und Goette ist durchaus berechtigt. Die Bestimmung der Kleinstbeteiligung anhand einer pauschalen Obergrenze kann die Machtverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft nicht in jedem Fall richtig abbilden. In diesem Zusammenhang sei beispielhaft auf die einem Minderheitsgesellschafter eingeräumte Sperrminorität verwiesen.9 Auch die von Heusel und Goette als besonderes Differenzierungskriterium genannte Struktur der Gesellschaft wurde im Rahmen der Analogiefähigkeit der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften auf die GmbH, die aufgrund der realtypisch personalistischen Ausrichtung der GmbH verneint wurde, thematisiert.10 Gewisse Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Berücksichtigung der konkreten Gesellschaftsstruktur durch Heusel und Goette bestehen allerdings insofern, als dass sie ihren Thesen ausschließlich realtypisch personalistisch geprägte Gesellschaften zugrunde legen.11 Dass die realtypisch personalistisch strukturierte GmbH oder KG im Einzelfall kapitalistisch geprägt sein kann, findet keine Erwähnung. Obwohl eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Gesellschafterstrukturen einen gewissen Charme hat, vermittelt das Kriterium der „wirtschaftlichen“ und „sachlichen“ Bedeutungslosigkeit der Gesellschafterbeteiligung, die lediglich die Qualifikation als „Splitterbeteiligung“ zuließe, nicht die für die Rechtspraxis erforderliche Trennschärfe. Die unbestimmten Rechtsbegriffe der Bedeutungslosigkeit und der „Splitterbeteiligung“ müssten zunächst durch eine umfassende Rechtsprechungskasuistik konkretisiert werden. Aufgrund der als maßgeblich erachteten einzelfallabhängigen Interessenabwägung wäre eine divergierende, sich mitunter widersprechende Beurteilung der Instanzgerichte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Auch nicht ersichtlich ist, aus welcher Perspektive die Bedeutsamkeit der Gesellschafterbeteiligung beurteilt 5

Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. 7 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. 8 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. 9 Vgl. unten Kapitel 5 E. 10 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 11 Dies ergibt sich bereits aus dem Titel des Aufsatzes „Die Kleinstbeteiligung als sachlicher Grund der Hinauskündigung von Minderheitsgesellschaftern in personalistisch geprägten Gesellschaften“, Heusel / Goette, DStR 2015, 1315. 6

A. Definition der Kleinstbeteiligung

177

werden soll. Besonders auffällig wird diese Bewertung in dem auch von Heusel und Goette diskutierten Beispielsfall einer dreigliedrigen Gesellschaft mit Beteiligungsanteilen von 0,2 %, 49,9 % und 49,9 %. Die Gesellschafterbeteiligung von 0,2 % kann in diesem Beispielsfall sachlich und wirtschaftlich für den Minderheitsbeteiligten keinen bedeutsamen Wert darstellen. Für die beiden Mitgesellschafter hingegen ist die Beteiligung von 0,2 % bei Meinungsverschiedenheiten entscheidend für eine Mehrheitsbildung in der Gesellschafterversammlung. Aus Sicht des Kleinstbeteiligten wird die wirtschaftliche Bedeutung einer Gesellschaftsbeteiligung von seinen privaten Vermögens- und Einkommensverhältnissen abhängen. Diese unterliegen einer stetigen Veränderung und stehen außerhalb des Einflussbereichs der Gesellschaft und der Mitgesellschafter. Der Begriff der Kleinstbeteiligung kann mithin nur sinnvoll aus der Perspektive der Gesellschaft definiert werden. Zudem ist die geforderte einzelfallabhängige Interessenabwägung wenig geeignet, rechtssichere Lösungen im Falle von Veränderungen im Gesellschafterbestand oder hinsichtlich einzelner Gesellschafterrechte – beispielhaft genannt seien die stimmrechtslose Ausgestaltung eines Anteils und die Einräumung einer Sperrminorität – zu gewährleisten. Bezogen auf den oben genannten Beispielsfall würde die Übertragung von nur 0,11 % der Anteile von einem 49,9 %-Gesellschafter auf den anderen 49,9 %-Gesellschafter ausreichen, um aus der 0,2 %-Beteiligung als „Zünglein an der Waage“12 eine unbedeutende Splitterbeteiligung zu machen. Die Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel im Gesellschaftsvertrag soll den komplikationslosen Ausschluss des Minderheitsgesellschafters ermöglichen. Wenn aber die Gesellschaftsstruktur und die Art der Beteiligung einzelfallabhängig eine unterschiedliche Obergrenze der Kleinstbeteiligung rechtfertigt, müsste bei jeder relevanten Änderung der Beteiligungsverhältnisse oder der Gesellschafterrechte die Obergrenze im Wege einer Satzungsänderung neu definiert werden. Andernfalls entstünden erhebliche Rechtsunsicherheiten, ob der Ausschluss im Wege der originären, auf die ursprüngliche Gesellschaftsstruktur zugeschnittenen Squeezeout-Klausel wirksam ist. Eine praxistaugliche Definition der Kleinstbeteiligung kann nur durch die verbindliche Festlegung einer prozentualen Obergrenze des Anteils am Gesellschaftskapital erreicht werden. Diese Bewertung scheinen im Ergebnis auch Heusel und Goette zu teilen, da sie im Anschluss an ihre Annäherung über eine einzelfallbezogene Interessenabwägung – nicht ganz widerspruchsfrei zu ihrer vorherigen Kritik an der Festlegung von prozentualen Obergrenzen als willkürlich – eine unverbindliche Obergrenze von 5 % als „Orientierungsgröße“ vorschlagen.13 Aufgrund der Vertragsgestaltungsfreiheit ist die für den gesetzlichen Squeezeout in § 327a AktG normierte Obergrenze von 5 % für vertragliche Gestaltungen 12 13

Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1318. Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

nicht verbindlich.14 Zuzustimmen ist der Bewertung Priesters, nach der die Beteiligungsschwelle von 5 % auch in der GmbH wirtschaftlich und sachlich unbedeutend ist.15 Ausführlich wurde dies bereits im Rahmen vergleichbaren Interessenlage zwischen der AG und der GmbH unter dem Gesichtspunkt der Stellung des Minderheitsgesellschafters besprochen.16 Besonders hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die gegenüber dem Aktienrecht infolge des höheren Quorums von 10 % beschränktere Ausübung von Minderheitsrechten in der GmbH.17 Im Ausgangspunkt soll die Kleinstbeteiligung also als eine Beteiligung bis zu einer Obergrenze von 5 % des Gesellschaftskapitals definiert werden. Davon abweichende Schwellenwerte werden ausführlich unter Berücksichtigung abstrakter Gestaltungsszenarien in Kapitel 6 thematisiert.

B. Kleinstbeteiligung als wichtiger oder sachlicher Grund bzw. festes Tatbestandsmerkmal? Nach der Annäherung an eine Definition der Kleinstbeteiligung ist die Überlegung anzustellen, ob die Kleinstbeteiligung nicht bereits in die Kategorien des wichtigen oder sachlichen Grunds bzw. „festen Tatbestandsmerkmals“ eingeordnet werden kann. Das Halten einer Kleinstbeteiligung ist nicht als ein zum Ausschluss berechtigender wichtiger Grund18 zu qualifizieren. Die Kleinstbeteiligung knüpft weder an die Person noch an das Verhalten des Geschäftsanteilsinhabers an, sondern wird primär durch die Kapitalverhältnisse in der Gesellschaft bestimmt. Auch ein noch so geringer Kapitalanteil ist nicht geeignet, den Gesellschaftszweck zu gefährden oder das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter dergestalt zu zerrütten, dass ein Fortbestehen des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Minderheitsgesellschafter für die übrigen Gesellschafter unzumutbar wird. Eine Beteiligung unter einer bestimmten Kapitalschwelle kann auch nicht als sachlicher Grund bzw. „festes Tatbestandsmerkmal“ angesehen werden, wenn sie bereits bei Vertragsschluss oder Beteiligungsübertragung bestand. In diesem Fall ist der Minderheitsgesellschafter in zeitlich unbegrenztem Umfang dem unvorhersehbaren Risiko einer jederzeitigen Hinauskündigung ausgesetzt – wohlgemerkt unter dem Vorbehalt, dass er seinen Kapitalanteil nicht über die festgelegte Schwelle anhebt. Einer Willkürentscheidung kann nicht entgegengewirkt werden.

14

Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. Priester, GmbHR 2019, 649, 751. 16 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 17 Vgl. §§ 50 Abs. 1, 61 Abs. 2, 66 Abs. 2 GmbHG gegenüber §§ 122 Abs. 2 S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG. 18 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 15

C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen 

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Eine den §§ 327a ff. AktG nachgebildete vertragliche Squeeze-out-Klausel ist als eine Ausschlussklausel nach freiem Ermessen zu qualifizieren. Das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalanteilsschwelle könnte hingegen als objektives Ereignis einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ im Sinne der Rechtsprechung darstellen. Da es sich bei dieser Anknüpfung um ein von der gängigen Squeeze-out-Situation abweichendes Gestaltungsszenario handelt, wird das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle gesondert erörtert.19

C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung Obwohl die anerkannten Fallgruppen der Rechtsprechung sich durch eine außerordentliche Heterogenität auszeichnen und keinen abstrakten Kriterien zugänglich sind,20 könnten sich aus den singulären Begründungslinien Rückschlüsse auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln ergeben. Der Bundesgerichtshof hat sich noch nicht zur Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung für eine Ausschlussklausel nach freiem Ermessen positioniert.21 Eine ausdrückliche Ablehnung kann den diesbezüglich von einigen Literaten22 zitierten Entscheidungen23 nicht entnommen werden. In dem angeführten Urteil aus dem Jahr 1981 verneinte der Bundesgerichtshof das Bestreben, einer übermäßigen Ausweitung des Gesellschafterkreises entgegenzuwirken, als sachliche Rechtfertigung nur scheinbar, da er wegen seiner Sachverhaltssubsumtion schon zu dem Ergebnis kam, dass – auch ohne freie Ausschlussklausel – keine übermäßige Ausweitung des Gesellschafterkreises eingetreten sei.24 In der zweiten zitierten Entscheidung nahm der Bundesgerichtshof ebenso wenig Stellung zur geringen Kapitalbeteiligung, sondern hielt eine freie Ausschlussklausel für sittenwidrig, die ihre Wirkung auch zulasten von Komplementären einer KG entfaltete, die auf der Grundlage ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafter ihren Beruf ausübten und ihre Existenzgrundlage sicherten.25 Die ausdrückliche Ablehnung der geringen Kapitalbeteiligung als sachliche Rechtfertigung kann auch nicht der 19

Vgl. unten Kapitel 5 C. Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. e) aa). 21 Wie hier Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 63; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. 22 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 103; Roth, in: Hopt, HGB, § 140 Rn. 31; Schäfer, in: Staub, HGB, § 140 Rn. 64; Schulte / Hushahn, in: MünchHdb GesR I, § 74 Rn. 69; Kilian, in: Henssler / Strohn, BGB, § 737 Rn. 15 mit relativierendem Hinweis auf BGHZ 164, 98; ders., WM 2006, 1567, 1573. 23 BGHZ 81, 263, 270; BGH, NJW 1985, 2421; 2004, 2013. 24 BGHZ 81, 263, 270. 25 BGH, NJW 1985, 2421, 2422; ausführlich besprochen bei Flume, DB 1986, 629, 631 f. 20

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum „Gesellschafter auf Probe“26 entnommen werden. Die geringe Kapitalbeteiligung wird in diesem Urteil mit keinem Wort erwähnt.27 Vielmehr stellte der Bundesgerichtshof 1978 in einem obiter dictum in Aussicht, dass der Gesichtspunkt, „einer personellen Ausuferung des Gesellschafterkreises entgegenzuwirken und wieder ein Zusammenrücken von Gesellschaftskapital und alleiniger Geschäftsführung zu ermöglichen“, zur Rechtfertigung einer gesellschaftsvertraglichen freien Hinauskündigungsklausel geeignet sei.28 Ob der Bundesgerichtshof in Anlehnung an dieses obiter dictum die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln im Jahr 2022 anerkennen würde, ist ungewiss. Um zur Beantwortung dieser Frage eine aussagekräftige Prognose aufstellen zu können, ist zu untersuchen, aus welchen einzelnen Begründungslinien innerhalb der anerkannten sachlichen Rechtfertigungen Rückschlüsse für die Kleinstbeteiligung als neue Fallgruppe gezogen werden können. Aus der Fallgruppe des treuhandähnlichen Verhältnisses29 sind solche Rückschlüsse mangels Vergleichbarkeit abzulehnen. Kleinstbeteiligte erlangen außerhalb des Manager- und Mitarbeitermodells30 keine treuhandähnliche Gesellschafterstellung, da sie ihre Kleinstbeteiligungen in der Regel zum Verkehrswert erwerben und bei einer den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Squeeze-out Klausel infolge des Ausschlusses zum Verkehrswert abgefunden werden. Der Grundgedanke des „Gesellschafters auf Probe“31, den Altgesellschaftern eine Frist zur Prüfung einzuräumen, ob der Neugesellschafter das erforderliche Vertrauen für eine harmonische Zusammenarbeit verdient, kann nicht auf eine reine Kapitalbeteiligung übertragen werden. Neben der geringen Kapitalbeteiligung müsste der Kleinstbeteiligte in eine bestehende Gesellschaft, deren Erfolg auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Gesellschafter basiert, eintreten und aktiv mitwirken. Eine solche Konstellation mag in konkreten Einzelfällen vorliegen,32

26

BGH, NJW 2004, 2013. Der Bundesgerichtshof unterstreicht in BGH, NJW 2004, 2013, 2015 lediglich seine Überlegung, dass die ausschlussberechtigten Altgesellschafter durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Ansehen der Gesellschaft ihre Prägung verliehen hätten und eine ihnen eingeräumte Frist zur Prüfung, ob dem neu aufgenommenen Gesellschafter das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame harmonische Zusammenarbeit entgegengebracht werden könne, sachlich gerechtfertigt sei. Er merkte in diesem Zusammenhang an, dass die Altgesellschafter auch Träger des Gesellschaftsvermögens seien und der Neugesellschafter ohne Einlageleistung aufgenommen worden sei. 28 BGH, NJW 1979, 104; kritisch Huber, ZGR 1980, 177, 203. 29 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 1. 30 Vgl. zur nicht vollends überzeugenden Einordnung des Gesellschaftsanteils des Managers als treuhandähnliche Beteiligung in BGHZ 164, 98, 103 oben Kapitel 3 C. III. 2. e) aa) (1). 31 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 2. 32 Vgl. zur Übertragbarkeit dieses Rechtsgedankens auf Gründungsgesellschafter unten Kapitel 5 F. 27

C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen 

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lässt aber abstrakt keine Rückschlüsse auf die reine Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung zu. Auch die Gesellschafterstellung als Annex, namentlich die „Kooperationsvertrag-Entscheidung“33, weist keine Parallelen zur Kleinstbeteiligung auf: Die reine Kleinstbeteiligung ist kein Annex zu einem übergeordneten Vertragsverhältnis. Aus ihr selbst resultieren die für den Kleinstbeteiligten maßgeblichen Gewinnchancen.

I. Manager- und Mitarbeitermodell Für die Bewertung der Kleinstbeteiligung interessanter sind die Entscheidungen zum Manager- und Mitarbeitermodell. Die für die Zulässigkeit des Managermodells maßgebliche Erwägung, dass die geringe Kapitalbeteiligung der Geschäftsführer i. H. v. 10 % ohnehin keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zulasse und die jederzeitige Ausschlussmöglichkeit nicht als Disziplinierungsmittel wahrgenommen werden könne,34 ist unterschiedslos auf die Kleinstbeteiligung übertragbar. Die Kleinstbeteiligung ist dem Managermodell als Voraussetzung immanent. Die entscheidende Frage ist, ob die weiteren tatsäch­ lichen Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof in seiner Managermodell-Entscheidung aufgestellt hat,35 erforderlich sind, um das Managermodell als sachliche Rechtfertigung anzuerkennen, oder ob die sachliche Rechtfertigung bereits aus der geringen Kapitalbeteiligung folgt. Das Landgericht Stuttgart sieht die Rechtfertigung des Managermodells vorrangig in der geringen Kapitalbeteiligung und befürwortet eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Managermodells.36 Die gerichtliche Feststellung, dass die treuhandähnliche Stellung keine tragende Erwägung für die Zulässigkeit des Managermodells darstellt,37 ist für die Frage der Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln positiv zu bewerten, da eine treuhandähnliche Stellung bei Kleinstbeteiligungen nicht vorliegt. Die weitere Urteilsfeststellung, dass das Managermodell nicht nur im Falle eines breit angelegten seriellen Geschäftskonzepts, sondern auch im Einzelfall in Familiengesellschaften zulässig sein könne,38 spricht für eine großzügigere Haltung, die eine Ausstrahlungswirkung auf neue Bereichsausnahmen wie die Kleinstbeteiligung entfalten kann. Ebenso verhält es 33

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. a). BGHZ 164, 98, 103; LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; OLG München, NZG 2020, 903, 905; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa). 35 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa). 36 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) cc) (2). 37 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119 unabhängig von den oben in Kapitel 3 C. III. 2. e) aa) (1) diskutierten grundsätzlichen Zweifeln an der Einordnung der Managerbeteiligung als treuhandähnlich. 38 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119 f. 34

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

sich mit der Bewertung, nach der aus dem Anteilserwerb sowie der Rückübertragung zum Verkehrswert und dem damit einhergehenden unternehmerischen Risiko des Geschäftsführers nicht die Sittenwidrigkeit der Rückübertragungsverpflichtung folge.39 In diesem Zusammenhang sei auf die Managementbeteiligungen im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen hingewiesen.40 Deren Risikostruktur weicht wesentlich vom Managermodell des Bundesgerichtshofs ab, da sie mit einem erheblichen unternehmerischen Risiko des Managers verbunden sind.41 Die weitgehende Anerkennung und Verbreitung dieser Beteiligungsmodelle in der Praxis kann als Bestätigung der Argumentation des Landgerichts Stuttgart gewertet werden, nach der ein unternehmerisches Risiko des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters nicht zwingend zur Nichtigkeit der Rückübertragungsverpflichtung führt.42 Außerdem ist zweifelhaft, warum ein unternehmerisches Risiko die Willensbildungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters beschränken soll. Möglicherweise tendiert sogar der Gesellschafter, der ein wirtschaftliches Risiko übernimmt, eher zu einer konfliktträchtigen Ausübung seiner Gesellschafterrechte als ein Gesellschafter ohne ein nennenswertes wirtschaftliches Risiko.43 Die Drohkulisse der freien Hinauskündigung hätte für jenen demnach ein geringeres Gewicht.44 Dies gilt auch für den Kleinstbeteiligten, der ein wirtschaftliches Risiko in Form seines ursprünglich geleisteten Anteilskaufpreises trägt. Die Schutz­ bedürftigkeit seiner Willensentschließungsfreiheit bezieht sich im Wesentlichen auf die ungehemmte Wahrnehmung seiner Kontrollrechte. Da eine legal handelnde Geschäftsführung für den Wert der Kleinstbeteiligung als Kapitalanlage virulent ist, wird ihn die abstrakte Gefahr seines Ausschlusses bei vollständiger vermögensrechtlicher Kompensation nicht von der konfliktträchtigen Wahrnehmung seiner Kontrollrechte abhalten. Mithin überzeugt die großzügigere Haltung des Landgerichts Stuttgart. Eine freie Ausschlussklausel zulasten eines Managers ist auch dann sachlich gerechtfertigt, wenn der Manager ein wirtschaftliches Risiko eingeht und es sich nicht um ein breit angelegtes serielle Geschäftskonzept handelt. Diese Bewertung trifft jedoch nicht auf uneingeschränkten Zuspruch. Das Oberlandesgericht München interpretierte das Managermodell-Urteil dergestalt, dass sämtliche vom Bundesgerichtshof in die Gesamtabwägung einbezogenen Kriterien stets Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Managermodells seien.45 Es führte 39 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; für Management-Beteiligungen in Private-EquityTransaktionen Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962. 40 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b); ähnl. Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 762. 41 Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962; dies., BB 2006, 2089 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 123. 42 Vgl. unten Kapitel 4 F. 43 Grunewald, ZIP 2021, 433, 436. 44 Grunewald, ZIP 2021, 433, 436. 45 OLG München, NZG 2020, 903, 905; kritisch Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 761 f. („starre Voraussetzungen statt flexible[r] Gesamtabwägung“).

C. Rückschlüsse aus den anerkannten Fallgruppen 

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als Argument für die Sittenwidrigkeit der in Streit stehenden freien Ausschlussklausel an, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ein über die Zahlung des Nennwerts hinausgehendes Risiko übernommen habe.46 Auch wenn zudem die Bezeichnung des Geschäftsführers als „Investor“ und seine Kapitalbeteiligung von 25 % gegen das Vorliegen eines Managermodells sprachen, bleibt die Bewertung des Bundesgerichtshofs für eine abschließende Würdigung, ob die Bereichsausnahme des Managermodells weit auszulegen ist, abzuwarten.47 Für Rückschlüsse auf die Kleinstbeteiligung ist Vorsicht geboten. Es ist jedoch festzustellen, dass die aufgrund der geringen Kapitalbeteiligung faktisch unmögliche Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen die tragende Erwägung für die Zulässigkeit des Managermodells ist.48 Diese Argumentation ist isoliert betrachtet auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung geradezu zugeschnitten und für deren Anerkennung von besonderer Bedeutung.

II. Russian-Roulette-Klausel Die Argumentation des Oberlandesgerichts Nürnberg, das Missbrauchsrisiko einer Russian-Shoot-Out-Klausel rechtfertige nicht das Sittenwidrigkeitsverdikt, da eine Vertragspartei, die sich nicht einem solchen Risiko aussetzen will, sich nicht auf eine derartige Klausel einlassen dürfte,49 könnte auf den Kleinstgesellschafter zu übertragen sein. Der Kleinstbeteiligte bedürfte genauso wenig des Schutzes durch das Sittenwidrigkeitsurteil, da er von einer Beteiligung an einer Gesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag eine gewillkürte Squeeze-out-Klausel enthält und das Risiko seines jederzeitigen Ausschlusses begründet, absehen könnte. Eine derartige Argumentation hätte aber zur Konsequenz, dass eine vertragliche Klausel niemals sittenwidrig sein könnte, da die benachteiligte Partei sie nicht hätte abschließen müssen. Ihr liegt ein ähnlicher Gedanke wie den abgelehnten Auffassungen zugrunde, die die Sittenwidrigkeit einer freien Ausschlussklausel daran scheitern lassen wollen, dass sich die Gesellschafter sehenden Auges auf sie einlassen oder der Vertragsschluss selbst ihr legitimer Zweck sei.50 Die Argumentation des Oberlandesgerichts Nürnberg überzeugt nicht.51 46

OLG München, NZG 2020, 903, 905. Die Revision wird beim BGH unter dem Az. II ZR 107/20 geführt. 48 BGHZ 164, 98, 103; LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; OLG München, NZG 2020, 903, 905; Grunewald, ZIP 2021, 433, 435. 49 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 6. 50 Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 116 f.; vgl. oben Kapitel 3 B., C. III. 2. a) aa). 51 Vgl. zum Verzicht des Oberlandesgerichts Nürnberg auf eine konkludent als Bedingung i. S. v. § 158  Abs. 1  BGB vereinbarte Blockadesituation für die Wirksamkeit der Russian-­ Roulette-Klausel und dessen Auswirkungen auf eine vertragliche Squeeze-out-Klausel unten in Kapitel 4 F. I. 2. 47

184

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

III. Fazit Die für das Managermodell maßgebliche Begründungslinie, nach der aufgrund der geringen Kapitalbeteiligung des Managers eine Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft faktisch unmöglich ist, lässt sich ohne Einschränkungen auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung übertragen. Die Kleinstbeteiligung ist dem Managermodell, das in der Rechtspraxis die relevanteste Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung darstellt, als Voraussetzung immanent. Diese Immanenz entfaltet eine erhebliche Aussagekraft für die Anerkennung der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln.

D. Ausstrahlungswirkung – Sittenwidrigkeitsverdikt trotz gesetzlicher Legitimation? Vor dem Hintergrund der sachlichen Nähe52 zwischen dem aktienrechtlichen Squeeze-out und dem Ausschluss eines Kleinstgesellschafters in einer kapitalistisch geprägten GmbH stellt sich die dogmatische Frage, inwieweit ein Sittenwidrigkeitsverdikt in bestimmten Bereichen des Gesellschaftsrechts aufrechterhalten werden kann, wenn der Gesetzgeber das den Sittenwidrigkeitsvorwurf begründende Verhalten in Form des freien Ausschlusses des Minderheitsgesellschafters im Aktienrecht legitimiert hat. Diese Frage wird auch unter dem Gesichtspunkt der Ausstrahlungswirkung der gesetzgeberischen Wertung auf vertragliche Squeezeout-Klauseln diskutiert.53 Dieser Überlegung vorangestellt sei die Feststellung, dass der Squeeze-out keinen „gesellschaftsrechtlichen Fremdkörper“ darstellt, da der Gesetzgeber diese Regelung bewusst als „neues Institut des Gesellschaftsrechts“ auch auf kapitalmarktferne Aktiengesellschaften erstreckt hat.54 Als Ausgangspunkt für die Untersuchung der aufgeworfenen Frage dient die These Huecks, dass „eine Gestaltung oder Konstellation, die für eine Gesellschaftsform die Regel bildet, bei einem anderen Gesellschaftstyp nicht sittenwidrig sein kann“.55 Für die Plausibilisierung dieser These in ihrer konkreten Anwendung auf eine

52

Vgl. oben Kapitel 2 E. Harrer, FS Sonnenberger 2004, 235, 245 ff.; Kilian, WM 2006, 1567, 1573; Verse, DStR 2007, 1822, 1825 Fn. 40; Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 752; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 271 ff.; a. A. Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 f.; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 95; kritisch zu einer Aufwertung der Ausstrahlungswirkung als einer eigenen „methodologischen Figur“ Fleischer, GmbHR 2008, 673, 678. 54 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 55 Hueck, Recht der OHG, S. 177; aufgenommen von Immenga, ZGR 1974, 385, 390; Sigle, FS Nirk 1992, 971, 980; Harrer, FS Sonnenberger 2004, 235, 245; Priester, GmbHR 2019, 749, 752. 53

D. Ausstrahlungswirkung 

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den §§ 327a ff. AktG nachgebildete Squeeze-out-Klausel ist zwischen den Gesellschaftsformen der GmbH und der KG zu differenzieren.

I. GmbH Je eher die Squeeze-out-Konstellationen in den Kapitalgesellschaftsformen der AG und der GmbH vergleichbar sind, desto stärkere Geltung kann der vorstehende Legitimationsgedanke beanspruchen. Im Rahmen der Prüfung der Analogievoraussetzungen der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften bestand weitgehend eine vergleichbare Interessenlage zwischen AG und GmbH.56 Die wesentlichen Kernaussagen der erarbeiteten Gemeinsamkeiten lauten: Der Kleinstbeteiligte in der GmbH kann ebenso wenig wie der Minderheitsaktionär aufgrund des Mehrheitsprinzips einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der GmbH nehmen. Die Ausübung seiner Minderheitsrechte ist sogar eingeschränkter als in der AG. Ein absoluter Schutz vor dem unfreiwilligen Verlust der Beteiligung besteht vor dem Hintergrund der Möglichkeit einer „übertragenden Auflösung“ nicht. Die Kleinstbeteiligung ist als reine Kapitalanlage, nicht als unternehmerische Beteiligung zu qualifizieren. Der Kleinstbeteiligte in der GmbH kann eine effektive Unternehmensführung durch (missbräuchliche) Beschlussanfechtungen und eine unverhältnismäßige Geltendmachung von Minderheitsrechten zeitlich verzögern, bisweilen gänzlich vereiteln. Der Hauptgesellschafter einer GmbH kann wie der Hauptaktionär Umwandlungsmaßnahmen ohne Kleinstbeteiligten beschleunigt und kostenreduzierend durchführen. Eine hohe Gesellschafterzahl kann die Aktionsfähigkeit der GmbH einschränken. Wegen des gegenüber § 131 AktG umfassenderen Auskunftsrechts in § 51a GmbHG besteht ein stärkeres Bedürfnis nach dem Squeeze-out eines Kleinstbeteiligten, um Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Ein wesentlicher Unterschied zur AG besteht allerdings in dem personalis­tischen Realtypus der GmbH.57 Für die infolge einer (potentiell) zunehmenden Beteiligungszersplitterung abweichende kapitalistisch geprägte GmbH konnte eine hinreichende Ähnlichkeit der Squeeze-out-Sachverhalte angenommen werden.58 Für die Ausstrahlungswirkung der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften drängt sich die Frage auf, wann eine potentielle Zersplitterung der Beteiligungen in der GmbH zu erwarten ist, die Rückschlüsse auf eine kapitalistische Struktur zulässt. Nach der Definition59 scheidet eine personalistische Struktur der GmbH aus, wenn ein Mehrheitsgesellschafter vorhanden ist und / oder die Gesellschafterrechte nicht gleichrangig ausgestaltet sind. 56

Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 58 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. f). 59 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 57

186

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Der Squeeze-out nach aktienrechtlichem Vorbild setzt im Zeitpunkt seiner Umsetzung einen Hauptgesellschafter und mindestens einen Minderheitsgesellschafter voraus. Im Zeitpunkt des Ausschlusses indiziert die für den Squeeze-out erforder­liche Gesellschafterstruktur somit eine kapitalistische Prägung der Gesellschaft. Im Zeitpunkt der Vereinbarung der Squeeze-out-Klausel sind derartige Beteiligungsverhältnisse nicht zwingend. Vielmehr können auch gleichberechtigte, mit ähnlich großen Beteiligungen ausgestattete Gesellschafter eine Squeeze-outKlausel vereinbaren. Auch wenn die Squeeze-out-Klausel alle Gesellschafter durch eine künftige Veränderung der Beteiligungsverhältnisse potentiell gleichermaßen treffen kann, gestalten die Gesellschafter mit der Klauselvereinbarung ihre Rechte für den Fall, dass ein Gesellschafter eine Kleinstbeteiligung hält oder die festgelegte Kapitalschwelle unterschreitet, nicht gleichrangig aus.60 Da der Legitimationsgedanke als Argument für die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln dienen soll, liegt es nahe, den Legitimationsgedanken auf den für die Hinauskündigungsrechtsprechung maßgeblichen Zeitpunkt anzuwenden. Maßgeblich für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Squeeze-out-Klauseln ist nach allgemeinen Grundsätzen der Zeitpunkt ihrer Vereinbarung.61 In diesem Zeitpunkt kann zwar eine kapitalistische Prägung der Gesellschaft vorliegen, sie ist aber nicht zwingend. Lediglich die nicht gleichrangige Ausgestaltung der Gesellschafterrechte für den (zukünftigen) Fall des Haltens einer Kleinstbeteiligung durch einen Gesellschafter indiziert eine kapitalistische Ausgestaltung der GmbH im Zeitpunkt der Vereinbarung der Squeeze-out-Klausel. Einem Zirkelschluss unterliegt in diesem Zusammenhang Gärtner, der für die Heranziehung der Ratio der §§ 327a ff.  AktG die Schaffung der „notwendigen realstrukturellen Bedingungen“ in der GmbH voraussetzt, gleichzeitig aber die Aufnahme einer den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Squeeze-out-Klausel für die „Hinwendung im Recht der GmbH“62 zu einer „vermögensrechtlichen Konzeption“63 – und damit die Schaffung der „notwendigen realstrukturellen Bedingungen“ – ausreichen lässt.64 In anderen Worten: Die realstrukturellen Bedingungen einer vermögensrechtlichen Konzeption werden durch die Vereinbarung eines den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Squeeze-out geschaffen und sollen gleichzeitig Voraussetzung für dessen Wirksamkeit sein. Richtig ist jedoch, dass die Gesellschafter einer GmbH – sei die GmbH in ihrer ursprünglichen Gesellschafterstruktur auch ganz und gar personalistisch geprägt – mit der Vereinbarung einer Squeeze-out-Klausel im Gesellschaftsvertrag ihren Willen zum Ausdruck bringen, dass sie für den Fall des Entstehens einer Kleinst 60

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) aa). BGHZ 20, 71, 75; 100, 353, 359 f.; 125, 206, 209; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 133; Reymann, DNotZ 2006, 106, 119; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) bb). 62 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 283. 63 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 284. 64 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 280 ff. 61

D. Ausstrahlungswirkung 

187

beteiligung die unternehmerische hinter der vermögensrechtlichen Dimension der Beteiligung zurücktreten lassen wollen. Trotz einer im Zeitpunkt der Squeeze-outVereinbarung personalistischen Gesellschafterstruktur räumen die Gesellschafter dem zukünftigen wirtschaftlichen Rationalisierungsinteresse der Gesellschaftermehrheit den Vorrang vor dem Bestandsinteresse des zukünftigen Minderheitsgesellschafters ein. Entgegen der Ansicht Gärtners werden die „realstrukturellen“ Bedingungen durch Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel nicht geschaffen. Vielmehr ist die Schaffung der „realstrukturellen Bedingungen“ für die Heranziehung der Ratio der §§ 327a ff. AktG nicht erforderlich. Zusammenfassend kann es vor dem Hintergrund der im Übrigen vergleichbaren Interessenlage zwischen den Ausschlusssachverhalten in der GmbH und der AG den Gesellschaftern einer GmbH nicht verwehrt sein, ihre Mitgliedschaft durch die Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel im Falle einer Kleinstbeteiligung kapitalistisch auszugestalten. Eine im Status quo bestehende personalistische Struktur, die sich jederzeit verändern kann, darf nicht höher wiegen als die verfassungsrechtlich geschützte Vertragsgestaltungsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension.65 Für die GmbH lautet die Konkretisierung der These Huecks für die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln daher: Der Squeeze-out als gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut, das für die AG gesetzlich normiert ist, kann für die GmbH als andere gängige Kapitalgesellschaft bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung nicht sittenwidrig sein.66 Das einer AG als gesetzliche Regel zur Verfügung stehende Rechtsinstitut muss den Gesellschaftern einer GmbH als Gestaltungsmittel im Rahmen ihrer Privatautonomie offenstehen.67

II. KG Der Legitimationsgedanke der aktienrechtlichen Vorschriften könnte auf einen gewillkürten Squeeze-out in der KG übertragen werden. Auch wenn Hueck in seiner These lediglich von einer „anderen Gesellschaftsform“ oder einem „anderen Gesellschaftstyp“ spricht, liegt auf der Hand, dass der Legitimationsgedanke vorrangig Geltung in wesensverwandten Gesellschaftsformen beanspruchen kann. Der originär für die Kapitalgesellschaftsform der AG vorgesehene Squeeze-out 65

Vgl. zur Abwägung mit der Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension unten Kapitel 4 G. II. 66 I. E. wie hier Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Harrer, FS Sonnenberger 2004, 235, 245 ff.; Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1442; Kilian, WM 2006, 1567, 1573; Heusel /  Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 752; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 47; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 271 ff.; etwas zurückhaltender Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 63 („gute Gründe“); a. A. Fleischer, ZGR 2002, 757, 770 f.; Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären, S. 95. 67 I. E. wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 273.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

entfaltet primär eine Ausstrahlungswirkung auf die andere Kapitalgesellschaftsform der GmbH. In seinem die Rechtsprechungswende vollziehenden Urteil aus dem Jahr 1981 betonte der Bundesgerichtshof, dass bei einer KG, die „dem gesetzlichen Regeltyp entspricht“, freie Ausschlussklauseln grundsätzlich sittenwidrig sind.68 Voraussetzung für den „gesetzlichen Regeltyp“ sei, dass die Kommanditisten „das gemeinsame Unternehmen mittragende […] Gesellschafter“ sind, wobei im Einzelnen das Widerspruchsrecht gem. § 164 S. 1 HGB und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Geschäftsführer hervorgehoben wurden.69 Die Erstreckung des Legitimationsgedankens auf die KG als Personengesellschaft erfordert einen höheren Begründungsaufwand. Es ist eine annähernde Vergleichbarkeit zwischen einer Kleinstbeteiligung in einer KG und einer AG erforderlich. Wesensmerkmal der KG ist in Abgrenzung zur OHG, dass nach der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung bei einem Teil der Gesellschafter, den Kommanditisten, die Haftung auf ihre Einlage beschränkt ist, wohingegen bei der OHG alle Gesellschafter unbeschränkt haften, vgl. §§ 161 Abs. 1, 105 Abs. 1 HGB. Eine Kapitalbeteiligung von unter 5 % kann sowohl in der Person des Kommanditisten als auch des unbeschränkt haftenden Komplementärs vorliegen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist auch eine Gesellschaftsbeteiligung ohne Kapitalanteil am Gesellschaftsvermögen zulässig.70 In der GmbH & Co. KG ist es sogar häufige und von der Rechtsprechung anerkannte Praxis, dass die Komplementär-GmbH keine Einlage erbringt, sondern ihre Förderpflicht auf die persönliche Haftung und die Übernahme der Geschäftsführung gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung beschränkt.71 Dies gilt insbesondere für die verbreiteten Gestaltungen der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG72 und der Einheits-GmbH & Co. KG73.74 Da die Kommanditisten in diesen Gestaltungen als Geldgeber die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten sind, wird auch von einer „kapitalistisch organisierte[n]“ KG gesprochen.75 Der Forderung nach einer Reform des Haftungsregimes der KG, 68

BGHZ 81, 263, 266. BGHZ 81, 263, 266. 70 BGH, NZG 2015, 321; Ihrig, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 20 Rn. 8; Priester, in: MüKo­HGB, § 120 Rn. 93; Roth, in: Hopt, HGB, § 120 Rn. 23. 71 BGH, NZG 2015, 321; Ihrig, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 20 Rn. 8 f.; Wachter, in: MAH GmbH-Recht, § 4 Rn. 125; K. Schmidt, JZ 2008, 425, 430. 72 Bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG sind Kommanditisten und GmbH-Gesellschafter mit dem gleichen Beteiligungsverhältnis personenidentisch und verfügen somit über den gleichen Einfluss in den beiden Gesellschaften, Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 2. 73 Bei der sogenannten Einheitsgesellschaft ist die KG die alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH. Vgl. zur Vertretung in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH BGH, NZG 2007, 751; OLG Celle, NZG 2016, 1147; KG, NZG 2019, 180; allgemeiner Überblick bei v. Bonin, RNotZ 2017, 1 ff. 74 Ihrig, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 20 Rn. 8. 75 BFHE 144, 357, 359; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, S. 230 ff. 69

D. Ausstrahlungswirkung 

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die unter Berufung auf das rechtsethische Prinzip der Vereinigung von Risikobeherrschung und Haftung auf die unbeschränkte Haftung des herrschenden Kommanditisten abzielt,76 hat sich weder der Gesetzgeber noch die Rechtsprechung angeschlossen. Es bleibt festzuhalten, dass die Komplementär-GmbH regelmäßig nicht einmal eine Kleinstbeteiligung, sondern gar keine Kapitalbeteiligung hält. Die Frage der vergleichbaren Interessenlage zu den aktienrechtlichen Squeeze-outVorschriften der §§ 327a ff. AktG wurde in Kapitel 2 E. primär für die Kapitalgesellschaftsform der GmbH diskutiert und abgelehnt. Für die Personengesellschaftsformen der GbR, OHG und KG wurde in aller Kürze eine analoge Anwendung im Wege eines Erst-Recht-Schlusses verworfen.77 Für die Bewertung der Ausstrahlungswirkung der §§ 327a ff. AktG auf privatautonom vereinbarte Squeeze-out-Klauseln im KG-Vertrag soll der Stellung des Komplementärs und dem als gesetzlichen Regelfall vorgesehenen Einstimmigkeitserfordernis, § 119  Abs. 1  HGB, ein besonderes Augenmerk gewidmet werden, bevor weitere Unterschiede der Kleinstkommanditbeteiligung zur Kleinstbeteiligung in der AG auf ihre Relevanz für die Ausstrahlungswirkung der §§ 327a ff. AktG beleuchtet werden. 1. Komplementärstellung Für die Zwecke dieser Abhandlung wird die Abgrenzung der Gesellschafterstellung des Komplementärs zur Mitgliedschaft in einer GmbH auf die wesentlichen Aspekte, die unbeschränkte persönliche Haftung und die von Gesetzes wegen vorgesehene organschaftliche Vertretungsmacht des Komplementärs, beschränkt. a) Unbeschränkte persönliche Haftung Die Komplementäre haften wie die Gesellschafter einer OHG gem. §§ 161 Abs. 2, 128  S. 1  HGB unbeschränkt, gesamtschuldnerisch und persönlich. Der Ausschluss des Komplementärs führt nicht zu seiner sofortigen Enthaftung. Diese tritt erst nach fünf Jahren ein, vgl. §§ 161  Abs. 2, 160  HGB. Unabhängig vom Legitimationsgedanken stellt sich die Frage, ob die unbeschränkte persönliche Haftung eines ausschlussbedrohten Komplementärs in der im Rahmen der Prüfung freier Hinauskündigungsklauseln vorzunehmenden Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB Berücksichtigung finden kann. Es mutet auf den ersten Blick befremdlich an, wenn ein Gesellschafter auf der einen Seite für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mit seinem gesamten Privatvermögen haftet, auf der anderen Seite jederzeit ohne sachlichen Grund von seinen Mitgesellschaftern ausgeschlossen 76

Ausführliche Darstellung der Begründungsansätze, i. E. aber a. A. Fleischer / Hahn, NZG 2018, 1281, 1283 ff. 77 Vgl. oben Kapitel 2 E. III.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

werden kann. Bestätigung erfährt dieses befremdliche Empfinden durch die Minderansicht, die einen gesellschaftsvertraglichen Stimmrechtsausschluss zulasten des Komplementärs aufgrund seiner persönlichen Haftung für unzulässig hält.78 Anders bewertet dies die herrschende Literaturauffassung, die die Wirksamkeit des Stimmrechtsausschlusses eines persönlich haftenden Gesellschafters anerkennt79 und nicht zur Validierung dieses vermeintlichen Widerspruchs herangezogen werden kann. Auch der Bundesgerichtshof ließ in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1985, in der er die Sittenwidrigkeit einer freien Hinauskündigungsklausel zulasten eines mit 5 % am Gesellschaftskapital beteiligten Komplementärs feststellte,80 die unbeschränkte persönliche Haftung des vom Ausschluss bedrohten Komplementärs unerwähnt. Er verwies zur Begründung der Sittenwidrigkeit auf die im konkreten Einzelfall unzumutbare wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit des Komplementärs, der nicht nur seine berufliche Tätigkeit und Lebensgrundlage zur freien Disposition eines Dritten gestellt habe, sondern auch in seiner Entschließungs- und Entscheidungsfreiheit erheblich beeinträchtigt sei.81 Diese konkreten Feststellungen wären nicht erforderlich gewesen, wenn der Bundesgerichthof die Sittenwidrigkeit der freien Ausschlussklausel zulasten des Komplementärs abstrakt mit dessen unbeschränkter persönlicher Haftung begründet hätte. Ebenso zeigt die anerkannte sachliche Rechtfertigungsgruppe des „Gesellschafters auf Probe“82, der als persönlich haftender Gesellschafter in eine GbR aufgenommen wurde, dass eine freie Hinauskündigungsklausel wirksam zulasten eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters vereinbart werden kann, sofern sie einer sachlichen Rechtfertigung zugänglich ist. Mithin führt die unbeschränkte persönliche Haftung des Ausschließungsbedrohten nicht zwingend zur Sittenwidrigkeit einer freien Ausschlussklausel. Für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln könnte sich eine andere Bewertung aus dem reinen Kapitalanlagecharakter der Kleinstbeteiligung ergeben, der die auf Seiten des Minderheitsgesellschafters maßgebliche Rechtfertigung für die Verfassungsmäßigkeit der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften darstellt.83 Wollte man diesen Grundgedanken auf die KG übertragen, gilt es zu prüfen, ob die unbeschränkte persönliche Haftung des Komplementärs für sich genommen dem reinen Kapitalanlagecharakter einer Kleinstbeteiligung entgegensteht. Das Bundesverfassungsgericht grenzt die Qualifikation des Anteilseigentums als Kapitalanlage im Wesentlichen negativ von der unternehmerischen Beteiligung ab: Der Kapi-

78 Wiedemann, GesR I, § 7 II 1a), S. 368; Comes, DB 1974, 2189, 2237; vgl. zum Stimmrechtsausschluss oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (3); unten Kapitel 5 B.; Kapitel 6 B. I. 79 Ausgenommen sind die Beschlüsse hinsichtlich der „relativ unentziehbaren“ und „unverzichtbaren“ Mitgliedschaftsrechte, vgl. Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 75. 80 BGH, NJW 1985, 2421, 2422. 81 BGH, NJW 1985, 2421, 2422. 82 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 2. 83 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1.

D. Ausstrahlungswirkung 

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talanlagecharakter sei gegeben, wenn der Gesellschafter regelmäßig keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen könne.84 Ausgehend von dieser Negativabgrenzung weist die unbeschränkte persönliche Haftung keine Relevanz auf, da sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Möglichkeit der Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen steht. Dieser Zusammenhang kann auch nicht den handelsrechtlichen Vorschriften entnommen werden, die für den Komplementär gleichzeitig eine unbeschränkte persönliche Haftung und eine umfassende organschaftliche Vertretungsmacht vorsehen, vgl. §§ 161 Abs. 2, 125, 128 S. 1 HGB. Es soll aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Aktionäre und GmbH-­ Gesellschafter zwar für ihre Einlageverpflichtung mit ihrem privaten Vermögen haften, ihr Haftungsrisiko aber grundsätzlich auf die Leistung ihrer Einlage begrenzt ist, §§ 54 AktG, 19 GmbHG.85 In den Kapitalgesellschaftsformen der AG und GmbH, in denen Kleinstbeteiligungen als reine Kapitalanlage qualifiziert werden, haften die Gesellschafter nicht unbegrenzt für etwaige Gesellschaftsschulden. Auch bei anderweitigen Investments wie zum Beispiel einer Fondsgesellschaftsbeteiligung haftet ein Anleger in der Regel lediglich für die Finanzierung der Kapitalanlage mit seinem persönlichen Vermögen unmittelbar, wobei er sich im Rahmen von Darlehensverträgen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Eine derartige Kapitalanlage führt ebenso wenig wie die Kleinstbeteiligung an einer AG oder GmbH zu einer unbeschränkten persönlichen Einstandspflicht für die Gesellschaftsschulden. Die unbeschränkte persönliche Haftung ist nicht mit dem reinen Kapitalanlagecharakter einer Kleinstbeteiligung in der GmbH oder AG vereinbar. Als Bestätigung dieser These können die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in einem Urteil aus dem Jahr 2005 zur Verpflichtung von Kapitalanlage-GbRGesellschaftern zur Vollstreckungsunterwerfung verstanden werden. Demnach gäbe es ohne die Beschränkung der grundsätzlich unbeschränkten Gesellschafterhaftung für die Darlehensschuld der Fonds-GbR in Millionenhöhe auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß keine Fondsbeteiligungen in dieser Art, da sich „kein rational handelnder Anleger einem unüberschaubaren und ihn finanziell weit überfordernden Haftungsrisiko aussetzt“.86 Die unüberschaubare unbeschränkte Haftung eines Gesellschafters für sämtliche Gesellschaftsverbindlichkeiten ist folglich nicht mit der Eigenschaft als reiner Kapitalanleger in Einklang zu bringen. Diese Bewertung entspricht auch dem Verständnis des juristischen Laien von der Kapitalanlage. Mithin führt die unbeschränkte persönliche Haftung eines ausschließungs­ bedrohten Komplementärs zwar nicht zwingend zur Sittenwidrigkeit freier Hinaus 84

BVerfG, NJW 2007, 3268, 3270; vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1. Vgl. zur Ausnahme der Ausfallhaftung in der GmbH oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 86 BGH, NZG 2006, 107, 109; BGHZ 150, 1 unter Hinweis auf die Eigenart derartiger Immobilienfonds als reine Kapitalanlagegesellschaften. 85

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

kündigungsklauseln, steht aber dem reinen Kapitalanlagecharakter seiner etwaigen Kleinstbeteiligung entgegen. b) Organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis Wegen des für die KG geltenden Prinzips der Selbstorganschaft ist der Komplementär der Träger der organschaftlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, wohingegen Kommanditisten zwingend von der Vertretung ausgeschlossen sind, § 170  HGB.87 Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gehören zu den ureigenen Sonderrechten des Komplementärs, §§ 161 Abs. 2, 115 ff., 125 Abs. 1 HGB.88 Da es sich zwar nicht um absolut, aber „relativ unentziehbare“ Mitgliedschaftsrechte handelt, bedürfen ihr Entzug und die Möglichkeit des Entzugs durch Satzungsklausel der Zustimmung des betroffenen Komplementärs.89 Selbst wenn der einzige Komplementär der KG im Innenverhältnis hinsichtlich bestimmter Maßnahmen der Geschäftsführung an die Zustimmung anderer Gesellschaftsorgane, beispielsweise eines Beirats, gebunden ist, kann ihm allenfalls die Geschäftsführungsbefugnis, nicht hingegen die Vertretung der KG im Außenverhältnis entzogen werden.90 Der Komplementär kann im gesetzlichen Regelfall als vertretungsberechtigter Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und den täglichen Geschäftsbetrieb der KG nehmen. Die Gesellschafterstellung des Komplementärs beinhaltet von Gesetzes wegen eine starke unternehmerische Komponente. Diese kann ausgehend von der Negativ­ abgrenzung des Bundesverfassungsgerichts nicht hinter der vermögensrechtlichen Komponente des Anteilseigentums zurückstehen. Erst recht muss dies gelten, wenn eine Gesellschaftsbeteiligung ohne Kapitalanteil am Gesellschaftsvermögen vereinbart wird. Mithin kann die Kleinstbeteiligung eines Komplementärs auch aufgrund der ihm gesetzlich eingeräumten Vertretungsmacht in der KG nicht als reine Kapitalanlage qualifiziert werden. c) Fazit Die den aktienrechtlichen Squeeze-out tragenden Argumente sind aufgrund der starken handelsrechtlichen Stellung des Komplementärs nicht auf seinen Ausschluss übertragbar. Die Qualifikation der Kleinstbeteiligung als Kapitalanlage ist weder mit der unbeschränkten persönlichen Haftung für Gesellschaftsschul 87

Weipert, in: E / B/J / S, HGB, § 161 Rn. 7 f. Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 72; Neumann, ZIP 2017, 1141, 1145. 89 Neumann, ZIP 2017, 1141, 1145; diese Zustimmung kann grundsätzlich schon antizipiert im Gesellschaftsvertrag erteilt werden, vgl. Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 36; Schäfer, in: MüKoBGB, § 709 Rn. 93; a. A. unter Hervorhebung des Selbstschutzgedankens Immenga, ZGR 1974, 385, 425. 90 BGHZ 51, 198, 199 f. 88

D. Ausstrahlungswirkung 

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den noch mit der organschaftlichen Vertretungsmacht des Komplementärs vereinbar. Trotz einer geringfügen oder gar nicht bestehenden Kapitalbeteiligung eines Komplementärs können die aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften daher die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln zu seinen Lasten im KG-Gesellschaftsvertrag nicht legitimieren. Es könnte sich die Schlussfolgerung aufdrängen, dass die fehlende Legitimationswirkung der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften für den Ausschluss des Komplementärs der These Huecks entgegensteht. Diese Wertung steht aber nur auf den ersten Blick im Widerspruch zu seiner These, da der Ausschluss der Komplementäre einer KGaA gem. § 327a AktG ebenfalls nicht möglich ist.91 Der Gesetzgeber wollte die Stellung des Komplementärs vom aktienrecht­lichen Squeezeout unberührt lassen.92 Der Gesetzgeber hat die Anwendung des Squeeze-out auf die KGaA, allerdings nicht den Ausschluss des Komplementärs der KGaA legitimiert. Die These Huecks steht der Annahme der Sittenwidrigkeit einer Squeezeout-Klausel zulasten des Komplementärs folglich nicht entgegen. 2. Kleinstkommanditbeteiligung Eine andere Frage ist, ob der kleinstbeteiligte Kommanditist dem Minderheitsaktionär derartig vergleichbar ist, dass den aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften der Legitimationsgedanke Huecks für die Zulässigkeit eines vertrag­lichen Squeeze-out zulasten des kleinstbeteiligten Kommanditisten zu entnehmen ist. Ausgangspunkt dieser Überlegung soll die These sein, dass die „kapitalmäßige Beteiligung des Kommanditisten [in der KG] im Vordergrund [stehe], nach dem gesetzlichen Leitbild […] der Kommanditist sogar auf seine Rolle als Kapital­geber beschränkt [sei]“.93 a) Einstimmigkeitserfordernis Dieser These könnte das gesetzlich als Regelfall vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip entgegenstehen. Vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Kommanditgesellschaftsvertrag bedarf es zur Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses über außerordentliche Geschäftsführungsmaßnahmen i. S. v. § 116  Abs. 2  HGB, 91

Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 30; Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a  AktG Rn. 53; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 13; ­Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 72. 92 Dies ergibt sich aus der lediglich klarstellenden Funktion, die dem § 327a Abs. 1 S. 2 AktG, der das Erfordernis der Zustimmung des Komplementärs gem. § 285 Abs. 2 S. 1 AktG entfallen lässt, in der Gesetzesbegründung beigemessen worden ist, vgl. BegrRegE, BT-Drs. 14/7034, S. 72; Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 13. 93 Casper, in: Staub, HGB, § 163 Rn. 10.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Gesellschaftsvertragsänderungen und Grundlagengeschäfte der Zustimmung aller Gesellschafter, vgl. §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 1 HGB. Die Zustimmungspflicht gewährleistet einen weitreichenden Minderheitenschutz.94 Das Einstimmigkeitsprinzip vollzieht die klassische Gleichstellung der Gesellschafter einer Personengesellschaft95 und verleiht der KG zumindest nach der gesetzgeberischen Konzeption ihr personalistisches Gepräge. Jeder Gesellschafter kann – sei seine Kommanditbeteiligung auch noch so gering – sämtliche außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen und Grundlagengeschäfte verhindern.96 Der Kleinstbeteiligte kann wesentlichen unternehmerischen Einfluss auf die Geschicke der KG nehmen. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu der kapitalistisch geprägten AG. Anders als die AG kann die KG vorbehaltlich einer abweichenden Regelung nur infolge des Einstimmigkeitserfordernisses mit der Zustimmung des kleinstbeteiligten Kommanditisten aufgelöst werden, §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB,97 sodass eine „übertragende Auflösung“98 mit einer Kapitalmehrheit von 75 % ausscheidet. Obwohl das Haftungsrisiko des Kommanditisten wegen der Haftungsbegrenzung auf die Einlage gem. § 171  Abs. 1  HGB dem Haftungsrisiko eines Aktionärs vergleichbar ist, kann die unternehmerische nicht hinter der vermögensrechtlichen Komponente des Anteilseigentums zurückstehen. Die Kleinstkommanditbeteiligung ist bei geltendem Einstimmigkeitsprinzip nicht einer Kleinstbeteiligung in der AG vergleichbar.99 Ein Legitimationsgedanke kann den aktienrechtlichen Vorschriften für diese Konstellation nicht entnommen werden. b) Gesellschaftsvertragliches Mehrheitsprinzip Legt der KG-Gesellschaftsvertrag hingegen gem. §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 2 HGB das Mehrheitsprinzip fest,100 kann der mit einer geringen Kapitalbeteiligung ausgestattete Kommanditist keinen maßgeblichen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis der Gesellschafterbeschlüsse nehmen und ist einem Kleinstaktionär vergleichbar.101 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Stimmenmehrheit nach den 94

Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 61; Heckschen / Bachmann, NZG 2015, 531. Heckschen / Bachmann, NZG 2015, 531. 96 Häublein, in: BeckOK HGB, § 164 Rn. 27. 97 Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 12. 98 Vgl. oben Kapitel 2 B. II. 99 Vgl. Schlussfolgerungen für das abstrakte Gestaltungsszenario eines statuarischen Einstimmigkeitserfordernisses im Zusammenspiel mit einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel unten Kapitel 5 D. 100 Dies ist jedenfalls für die GmbH & Co. KG in der Praxis der Regelfall, vgl. Gregoritza, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, Praxishdb GesR, § 5 Rn.  658. 101 Ähnl. BGHZ 20, 363, 364; ausführlich zur Rechtsstellung des Kommanditisten bei Mehrheitsentscheidungen Immenga, ZGR 1974, 385, 417 ff. 95

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Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags abweichend von § 119 Abs. 2 HGB nicht nach Köpfen, sondern nach den Kapitalanteilen der Gesellschafter zu berechnen ist.102 Teilweise wird im Hinblick auf die kapitalistische Prägung der Kommanditbeteiligung sogar vertreten, dass auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung die in den festen Kapitalkonten zum Ausdruck kommende Beteiligungshöhe entscheidend und entgegen § 119 Abs. 2 HGB von einer Abstimmung nach Kapitalanteilen auszugehen sei.103 Zu berücksichtigen ist, dass in der KG anders als im Kapitalgesellschaftsrecht vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen selbst für grundlegende Entscheidungen wie Vertragsänderungen kein qualifiziertes Beschlussquorum erforderlich ist.104 Die unternehmerische Komponente der Kommanditbeteiligung rückt bei einer an den Kapitalanteilen ausgerichteten Mehrheitsberechnung in den Hintergrund. aa) Minderheitsrechte des kleinstbeteiligten Kommanditisten Die sich durch das Mehrheitsprinzip aufdrängende Vergleichbarkeit zwischen Aktie und Kommanditbeteiligung besteht, wenn die Minderheitsrechte des Kommanditisten ähnlich eingeschränkt sind wie die eines Aktionärs. Profitiert der Kleinstkommanditist hingegen von einem erhöhten Schutzniveau, kann dies der Legitimationswirkung der §§ 327a ff. AktG entgegenstehen. (1) Individualschutz gegenüber Mehrheitsbeschlüssen Der Individualschutz des Kleinstbeteiligten könnte gegenüber Mehrheitsbeschlüssen in der KG vergleichbar stark ausgestaltet sein wie im Kapitalgesellschaftsrecht. Die Prüfung von Mehrheitsbeschlüssen in der KG erfolgt auf zwei Stufen.105 Auf der ersten Stufe wird die formelle Ermächtigung überprüft, ob die Gesellschafter auf das Erfordernis der Einstimmigkeit verzichtet haben.106 Unter Aufgabe 102 Die vom Gesetzgeber in § 119 Abs. 2 HGB vorgesehene Berechnung nach Köpfen entspricht wiederum dem personalistischen Einschlag der OHG und KG, vgl. Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 5; zur Zulässigkeit der Berechnung nach Kapitalanteilen BGHZ 179, 13, 19 f.; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 31; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 41. 103 Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 34; wohl auch Gregoritza, in: Saenger / Aderhold /  Lenkaitis / Speckmann, Praxishdb GesR, § 5 Rn. 658; vorsichtig für die GmbH & Co. KG bei Verweis des KG-Vertrags auf das GmbHG K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 23; a. A. Casper, in: Staub, HGB, § 163 Rn. 10. 104 Schäfer, ZGR 2013, 237, 238; Altmeppen, NJW 2015, 2065, 2069. 105 BGHZ 203, 77, 82 ff.; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 37; Goette / Goette, DStR 2016, 74, 77 f.; Wicke, MittBayNot 2017, 125; kritisch K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 738 f. 106 BGH, NZG 2013, 63, 64; 2014, 302, 304; BGHZ 203, 77, 85.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

des früher in ständiger Rechtsprechung vertretenen „Bestimmtheitsgrundsatzes“ muss die Vertragsregelung nach jüngerer Rechtsprechung nur noch im Wege der Auslegung eindeutig sein.107 Die Auflistung der einzelnen Beschlussgegenstände ist auch bei ungewöhnlichen Vertragsänderungen nicht mehr erforderlich.108 Für die auf der zweiten Stufe vorzunehmende inhaltliche Wirksamkeitsprüfung109 sind die allgemeinen Schranken der §§ 134, 138  BGB, das Verbot von „Kernbereichseingriffen“ und das „Belastungsverbot“110 von hervorgehobener Relevanz.111 Nach der „Kernbereichslehre“ bedürfen Gesellschafterbeschlüsse, die in den Kernbereich der Mitgliedschaft eingreifen, der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters.112 Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner jüngsten Rechtsprechung von der strikten „Kernbereichslehre“ distanziert, da sich ohne Berücksichtigung der konkreten Gesellschaftsstruktur und der besonderen Stellung des betroffenen Gesellschafters nicht abstrakt klären ließe, welche Rechte zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehörten.113 Potentielle Eingriffe in Mitgliedschaftsrechte seien im Rahmen einer Interessenabwägung im Einzelfall anhand der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu messen.114 Indessen wird zu Recht bezweifelt, ob der Bundesgerichtshof nicht im Rahmen seiner an der Treuepflicht zu messenden Interessenabwägung an den Kategorien der „relativ unentziehbaren“ und „schlechthin unverzichtbaren“ Gesellschafterrechte festhalten wird.115 Dies unterstellt gelten als sichere Bestandteile der „relativ unentziehbaren“ Rechte das Gewinn-, Kapitalbeteiligungs-, und Stimmrecht, wohingegen zu den „schlechthin unverzichtbaren“ Rechten das Teilnahme-, An 107

BGH, NZG 2013, 63, 64; 2014, 302, 304; BGHZ 203, 77, 85. BGH, NZG 2013, 63, 64; 2014, 302, 304; kritisch Altmeppen, NJW 2015, 2065, 2070, da „aus Sicht der Privatautonomie aber sehr wohl die „Bestimmtheit“ zu verlangen sei, welche Statusänderung von der Mehrheitsklausel jeweils erfasst sein soll, weil das in der Klausel definierte Rechtsgeschäft der Statusänderung dessen essentialia negotii erkennen lassen muss“. 109 BGHZ 170, 283, 287; 203, 77, 83; K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 739 kritisch unter Hinweis auf eine Zweiteilung des Individualschutzes im Wege qualifizierter Bestimmtheits- und Zustimmungserfordernisse auf der einen Seite und nur teilweiser echter Inhaltskontrolle des gefassten Beschlussergebnisses auf der anderen Seite. 110 Der Begriff wurde begründet von Wiedemann, ZGR 1977, 690, 692 f. 111 Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 35 ff.; K.  Schmidt, ZGR 2008, 1, 16 f.; Priester, DStR 2008, 1386, 1388 f.; Neumann, ZIP 2017, 1141, 1148. 112 BGH, NJW 1985, 974; BGHZ 170, 283, 286 f.; Schäfer, ZGR 2013, 237, 251; Altmeppen, ZIP 2015, 2065, 2068 ff.; Priester, NZG 2015, 529 f. 113 BGH, NJW 1995, 194, 195; BGHZ 203, 77, 90; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 36; kritisch Schäfer, in: MüKoBGB, § 709 Rn. 93; ders., ZGR 2013, 237, 249; ders., ZIP 2015, 1313, 1315; Priester, NZG 2015, 529 f.; Ulmer, ZIP 2015, 657, 659. 114 BGHZ 203, 77, 90; BGH, NZG 2020, 1343, 1345; Schäfer, in: MüKoBGB, § 709 Rn. 93; kritisch Priester, NZG 2015, 529 f.; Schäfer, ZGR 2013, 237, 249; ders., ZIP 2015, 1313, 1315; Ulmer, ZIP 2015, 657, 659; Wicke, MittBayNot 2017, 125, 126. 115 Schäfer, in: MüKoBGB, § 709 Rn. 93; Kleindiek, GmbHR 2017, 674, 678 f.; Wicke, MittBayNot 2017, 125, 126; dementsprechende Einordnung der Entscheidung BGH, NZG 2020, 1343 auch bei Lieder / Felzen, NZG 2021, 6, 11 f. 108

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fechtungs- und Informationsrecht sowie das Recht zum Austritt aus wichtigem Grund zählen.116 Als „Belastungsverbot“ wird das Verbot bezeichnet, einem Gesellschafter gegen seinen Willen weitere Pflichten, insbesondere ungewollte Beitragserhöhungen aufzuerlegen.117 Gesetzlich in § 707 BGB für die GbR normiert stellt das „Belastungsverbot“ einen dem Individualschutz dienenden Grundsatz des gesamten Gesellschaftsrechts dar.118 Die Gesellschafter sollen vor wirtschaftlichen Belastungen geschützt werden, die sie bei Gesellschaftseintritt nicht vorhersehen konnten.119 Für die grundsätzlich auch antizipiert mögliche Zustimmung120 des betroffenen Gesellschafters zu einer (nachträglichen) Beitragserhöhung oder einem Eingriff in seine „relativ unentziehbaren“ Gesellschaftsrechte sind wiederum qualifizierte Bestimmtheitsanforderungen zu erfüllen.121 Die gesellschaftsvertragliche Regelung muss Ausmaß und Umfang des Eingriffs erkennen lassen.122 Eine Vergleichbarkeit zwischen Kleinstkommanditbeteiligung und Aktie ist anzunehmen, wenn sich aus diesen Grundsätzen keine wesentlichen Unterschiede zum Kapitalgesellschaftsrecht ergeben. Sowohl im Aktien- als auch im GmbHRecht sind vergleichbare „unverzichtbare“ und „relativ unentziehbare“ Mitgliedschaftsrechte anerkannt.123 Beispielhaft können weder das Anfechtungsrecht noch das Einberufungs- und Ankündigungsrecht gem. § 50 Abs. 1, 2 GmbHG durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt werden.124 Die Unverzichtbarkeit auf das Auskunfts- und Einsichtsrecht ist sogar gesetzlich in § 51a Abs. 3 GmbHG normiert. Der Verzicht auf das Stimmrecht als „relativ unentziehbares“ Mitgliedschaftsrecht ist für die Gattung der Vorzugsaktien in §§ 12 Abs. 1 S. 2, 139 AktG ausdrücklich vorgesehen. Die aktienrechtliche Konzeption der Vorzugsaktie gewährt dem 116

BGH, NJW 1995, 194, 195; BGHZ 132, 263, 273 f.; Schäfer, in: MüKoBGB, § 709 Rn. 95; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 18 f.; teils werden die „schlechthin unverzichtbaren“ Rechte bereits nicht dem Kernbereich zugeordnet, vgl. Schäfer, ZGR 2013, 237, 258 f.; Priester, NZG 2015, 529, 530; Wicke, MittBayNot 2017, 125, 126. 117 BGH, NJW-RR 2007, 757, 758 („mitgliedschaftliches Grundrecht“); BGHZ 203, 77, 88; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 19; ders., ZIP 2009, 737, 740; Priester, DStR 2008, 1386, 1389; Wiedemann, GesR I, § 7 II 1a), S. 393 f. 118 Schöne, in: BeckOK BGB, § 707 Rn. 1. 119 Schöne, in: BeckOK BGB, § 707 Rn. 1. 120 Gemeint ist eine Zustimmung gem. § 182  BGB als selbständiges Rechtsgeschäft, vgl. Schäfer, ZGR 2013, 237, 252; Altmeppen, NJW 2015, 2065, 2070; Ulmer, ZIP 2015, 657, 659. 121 Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind diese qualifizierten Bestimmtheitsanforderungen strikt zu trennen von dem früher für die formelle Legitimation des Beschlusses geltenden Bestimmtheitsgrundsatz, BGHZ 203, 77, 89. 122 Für nachträgliche Beitragserhöhungen BGHZ 203, 77, 89; Wicke, MittBayNot 2017, 125, 128; übertragen auf die „Kernbereichslehre“ Schäfer, ZGR 2013, 237, 253. 123 Für die GmbH Kallrath, MittRhNotK 1999, 325, 332 f.; Blath, RNotZ 2017, 218, 220 f.; für die AG Koch, AktG, § 241 Rn. 17; oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (3). 124 OLG Stuttgart, NJW 1974, 1566, 1568; Bergjan, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 50 Rn. 3; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 76; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 50 Rn. 6; Dendorfer / Krebs, MittBayNot 2008, 85, 91; Blath, RNotZ 2017, 218, 220; a. A. bezüglich § 50 GmbHG noch RGZ 68, 210, 212 f.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

stimmrechtlosen Gesellschafter im Gegensatz zur vertraglichen Ausgestaltung in der KG überdies zwingend eine Kompensation durch höhere Gewinnbezugsrechte.125 Durch diesen vermögensrechtlichen Ausgleich ist gesetzlich ein höherer Individualschutz des stimmrechtslosen Aktionärs sichergestellt. Das „Belastungsverbot“ ist in den kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften der §§ 180 Abs. 1 AktG, 53 Abs. 3 GmbHG verankert.126 Anders als vom Bundesgerichtshof für die GmbH & Co. KG entschieden,127 führt die fehlende Zustimmung des Gesellschafters128 gem. §§ 180 Abs. 1 AktG, 53 Abs. 3 GmbHG nicht zur relativen Unwirksamkeit des Beschlusses, sondern zur schwebenden Unwirksamkeit und im Falle der Verweigerung zur endgültigen, absoluten Unwirksamkeit des Beschlusses.129 Gleichsam bedürfen Abweichungen vom Gleichbehandlungsgebot gem. § 53a AktG der Zustimmung der betroffenen Gesellschafter.130 Darüber hinaus erweitert das qualifizierte Beschlussquorum für grundlegende Entscheidungen gem. §§ 53 Abs. 2 GmbHG, 179 Abs. 2 GmbHG abstrakt den Minderheitenschutz in der AG und GmbH. Altmeppen begründet den personengesellschaftsrechtlichen Verzicht auf ein zwingendes qualifiziertes Beschlussquorum mit der gegenüber dem Kapitalgesellschaftsrecht „größere[n] Vertragsfreiheit“ in der Personengesellschaft, in deren Rahmen die Gesellschafter die Entscheidung über Statusänderungen in Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip ausdrücklich der einfachen Mehrheit übertragen können.131 Da der Kleinstbeteiligte ohne einen Zusammenschluss mit weiteren Gesellschaftern auch die Sperrminorität von 25 % der Stimmanteile als Gegenstück zum qualifizierten Beschlussquorum nicht erreichen wird, dürfte der durch das qualifizierte Beschlussquorum im Kapitalgesellschaftsrecht erweiterte Minderheitenschutz für die vorliegende Untersuchung nur von untergeordneter Bedeutung sein. Im Übrigen ist die Mehrheitsentscheidung in der KG am Gleichbehandlungsgrundsatz132 und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht133 zu messen.134 Dies trifft auch auf die Gesellschafterbeschlüsse der GmbH und AG zu, wobei Inhalt und Intensität der Treuepflicht im Wesentlichen von der konkreten Gesellschaftsstruktur abhängig sind.135 125

Vatter, in: BeckOGK AktG, § 12 Rn. 10 f.; anders in der GmbH-Satzung, vgl. BGHZ 14, 264, 269 ff.; Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 36; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 33, 69 f. 126 K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 20. 127 BGH, NJW-RR 2007, 757, 758; kritisch Altmeppen, ZIP 2015, 2065, 2070; Ulmer, ZIP 2015, 657, 660 ff. 128 § 53  Abs. 3  GmbHG gilt auch für den stimmrechtslosen Gesellschafter, Altmeppen, GmbHG, § 53 Rn. 45; Inhester, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 53 Rn. 40. 129 Altmeppen, GmbHG, § 53 Rn. 45; Inhester, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 53 Rn. 39. 130 Koch, AktG, § 180 Rn. 1; Stein, in: MüKoAktG, § 53a Rn. 18, § 179 Rn. 66, 128, § 180 Rn. 1. 131 Altmeppen, NJW 2015, 2065, 2069. 132 Kleindiek, GmbHR 2017, 674, 675; Böttcher, NZG 2019, 61, 62. 133 BGHZ 203, 77, 84 ff.; BGH, NZG 2018, 1226, 1229; K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 741; Böttcher, NZG 2019, 61, 62. 134 Lieder / Felzen, NZG 2021, 6, 11. 135 Vgl. oben Kapitel 2 F. I.

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Folglich ergibt sich im Hinblick auf Mehrheitsbeschlüsse aus dem im Personengesellschaftsrecht vorgesehen Individualschutz für den Kleinstbeteiligten keine wesentliche Abweichung zum entsprechenden Individualschutz im Kapitalgesellschaftsrecht. Jedenfalls besteht keine erhöhte Schutzwürdigkeit des Kleinstkommanditisten, die dem Legitimationsgedanken der §§ 327a ff. AktG zuwiderliefe. (2) Entbehrlichkeit eines Quorums Die in der AG an ein Quorum von 5 %136 und in der GmbH an ein höheres Quorum von 10 % gebundenen Minderheitsrechte137 kann der Kommanditist ohne eine entsprechende Kapitalbeteiligung geltend machen.138 Ob sich aus den fehlenden Quoren weitreichendere Minderheitsrechte des Kommanditisten ergeben, ist für jedes Minderheitsrecht gesondert zu untersuchen. Der Anspruch des Kommanditisten auf Einberufung der Gesellschafterversammlung und Ergänzung der Tagesordnung ist anders als in den §§ 122 AktG, 50  GmbHG gesetzlich nicht geregelt.139 Beabsichtigen die Komplementäre eine über den gewöhnlichen Betrieb der KG hinausgehende Geschäftsführungsmaßnahme, folgt aus dem Zusammenspiel der §§ 164 S. 1, 116 Abs. 2 HGB die Erforderlichkeit eines Gesellschafterbeschlusses, mithin korrespondierend zur Verpflichtung der Komplementäre ein Anspruch der Kommanditisten auf Einberufung der Gesellschafterversammlung.140 Nur die Absicht der Komplementäre zur Vornahme einer außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahme rechtfertigt  – gewissermaßen als wichtiger Einberufungsgrund – daher einen Einberufungsanspruch der Kommanditisten.141 Ein Initiativrecht der Kommanditisten zur Einberufung der Gesellschafterversammlung besteht nicht. Im Gegensatz dazu bedarf es in der GmbH keines derartigen wichtigen Einberufungsgrundes.142 Dies ist aufgrund des umfassenden Weisungsrechts der GmbH-Gesellschafter gem. § 37 Abs. 1 GmbHG systemkonform, rechtfertigt aber auch das statuierte Mindestquorum von 10 %, um einer faktischen Verlagerung der Geschäftsführung auf die Gesellschafterver 136

Vgl. §§ 122 Abs. 2 S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG. Vgl. §§ 50 Abs. 1, 2, 61 Abs. 2, 66 Abs. 2 GmbHG; oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 138 Vgl. §§ 116 Abs. 2, 161 Abs. 2 i. V. m. 164 S. 1, 133, 143 ff., 161 Abs. 2 HGB. 139 Wertenbruch, NZG 2018, 1121. 140 Wertenbruch, NZG 2018, 1121, 1124. 141 Wertenbruch, NZG 2018, 1121, 1125 f.; grundsätzlich bei wichtigem Grund Gummert, in: MünchHdb GesR II, § 50 Rn. 94; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 32; Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 17 Rn. 93; a. A. Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 32 („unverzichtbares Recht“ des Kommanditisten zur Einberufung bei „Unzumutbarkeit“ des Zuwartens auf nächste reguläre Gesellschafterversammlung ohne Erfordernis eines wichtigen Grunds). 142 Das Einberufungsverlangen gem. § 50 Abs. 1 GmbHG muss lediglich den Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung sowie die Gründe für die Eilbedürftigkeit benennen, Zöllner /  Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 50 Rn. 6; gegen den Nachweis der Dringlichkeit Altmeppen, GmbHG, § 50 Rn. 9. 137

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

sammlung entgegenzusteuern.143 Mithin führt das fehlende Mindestquorum für das Einberufungsverlangen des Kommanditisten144 nicht zu einem weitreichenderen Minderheitsrecht als beim GmbH-Gesellschafter. In der AG sind Einberufungsverlangen, die auf die Beschlussfassung über Geschäftsführungsmaßnahmen abzielen, mangels umfassender Weisungsbefugnis der Hauptversammlung gegenüber dem eigenverantwortlich agierenden Vorstand145 unzulässig.146 Dennoch ist das Einberufungsverlangen in der AG ein wichtiges Kontrollrecht der Minderheit.147 Da die Kommanditisten ohne entsprechende Absicht der Komplementäre zur Vornahme einer außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahme über kein Initiativrecht zur Einberufung verfügen, führt das Mindestquorum von 5 % in der AG nicht zu der Bewertung, dass die Minderheitsrechte des Kommanditisten im Hinblick auf das Einberufungsverlangen weitreichender sind als die eines Minderheitsaktionärs. Die Auflösungsklage gem. § 133 HGB bedarf anders als die Auflösungsklage gem. § 61 Abs. 2 GmbHG nicht eines Mindestquorums von 10 % und kann auch vom Kommanditisten einer GmbH & Co. KG erhoben werden.148 Die Regelung des § 61 Abs. 2 GmbHG soll als eine Art Notrecht das „Aushungern“ oder „Einfrieren“ der Minderheit aufgrund der erschwerten Fungibilität der Anteile verhindern und etwaige Blockadesituationen lösen.149 Eine vergleichbare Regelung enthält das AktG nicht. Eine Analogie ist aufgrund des bewussten Verzichts des AktG, der sich mit der gegenüber § 15 Abs. 3, 4 GmbHG flexibleren Anteilsveräußerung erklären lässt, abzulehnen.150 Dementsprechend besteht die Auflösungsklage als Minderheitsrecht nur im Recht der KG und der GmbH, wobei die Anforderungen in der KG mangels Mindestquorums gegenüber denen in der GmbH abgesenkt sind.151

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Wertenbruch, NZG 2018, 1121, 1125. Wertenbruch, NZG 2018, 1121, 1125; gegen eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 1 GmbHG Gummert, in: MünchHdb GesR II, § 50 Rn. 94; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 32; für eine analoge Anwendung in der Publikums-KG Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 140. 145 Vgl. § 76 Abs. 1 AktG. 146 Rieckers, in: BeckOGK AktG, § 122 Rn. 24. 147 Beispielhaft genannt seien die praxisrelevanten Tagesordnungspunkte des Vertrauensentzugs von Vorstandsmitgliedern, § 84  Abs. 3  AktG, der Bestellung von Sonderprüfern, § 142 Abs. 1 AktG und der Geltendmachung von Ersatzansprüchen und Bestellung von besonderen Vertretern bei Vorhandensein eines Mehrheitsaktionärs, § 147 AktG, vgl. Rieckers, in: BeckOGK AktG, § 122 Rn. 6. 148 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 133 Rn. 47; Roth, in: Hopt, HGB, § 133 Rn. 13. 149 Altmeppen, GmbHG, § 61 Rn. 1; Frank, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 61 Rn. 1; ­Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 262 Rn. 66. 150 Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 262 Rn. 66 mit Sympathie für eine analoge Anwendung bei geschlossenen Gesellschaften, in denen die Fungibilität der Anteile ebenfalls beschränkt ist. 151 Ferner ist die Auflösungsklage gem. § 133  HGB gegen alle anderen, sich der Auflösung widersetzenden Gesellschafter zu richten, wohingegen Klagegegnerin gem. § 61 Abs. 2 S. 1 GmbHG die GmbH ist, Roth, in: Hopt, HGB, § 133 Rn. 13. 144

D. Ausstrahlungswirkung 

201

Ähnlich verhält es sich mit dem Minderheitsrecht, im Rahmen der Liquidation bei Vorliegen eines wichtigen Grunds die Bestellung eines Liquidators durch Gericht zu beantragen. Die §§ 66 Abs. 2 GmbHG, 265 Abs. 3 AktG erhöhen gegenüber § 146  Abs. 2  HGB die Anforderungen, indem sie Quoren festlegen. Die gesetz­ lichen Quoren dienen der Sicherung der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft und der Begrenzung der Handlungsoptionen querulatorischer Minderheitsgesellschafter.152 Auch wenn die Existenz querulatorischer Kommanditisten in der KG eine gewisse Relevanz aufweisen kann,153 hat dieses Phänomen den Gesetzgeber nicht zur Einführung eines Mindestquorums in der KG bewegt. Festzuhalten ist, dass das fehlende Mindestquorum für die Auflösungsklage und den Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Liquidators dem Kleinstkommanditisten Rechte verleiht, über die der Kleinstbeteiligte in der AG oder GmbH nicht verfügt. Andererseits erfordern diese Minderheitsrechte als Tatbestandsvoraussetzung einen wichtigen Grund, an den sehr hohe Anforderungen zu stellen sind.154 Daher stehen diese speziellen Minderheitsrechte dem Kleinstkommanditisten zwar offen, die praktischen Auswirkungen dieser erweiterten Rechtsstellung sind aber aufgrund der hohen tatbestandlichen Hürden für die Erfolgsaussichten ihrer Durchsetzung als gering einzustufen. (3) Informationsrecht, § 166 HGB Von erhöhter praktischer Relevanz ist das Informationsrecht des Kleinstbeteiligten. Das Einsichtsrecht des Kommanditisten ist abgesehen von dem außerordentlichen Antragsrecht gem. § 166 Abs. 3 HGB grundsätzlich auf die Überprüfung des Jahresabschlusses, mithin auf die abschlussrelevanten Unterlagen der KG beschränkt, § 166 Abs. 1 HGB.155 In zeitlicher Dimension dem auf die Hauptversammlung beschränkten Auskunftsanspruch des Aktionärs gem. § 133 Abs. 1 AktG156 vergleichbar ist das Einsichtsrecht auf maximal drei Monate nach Möglichkeit der Einsichtnahme des Jahresabschlusses begrenzt.157 In seinem Umfang geht der Auskunftsanspruch des Aktionärs weit über § 166  Abs. 1  HGB hinaus, da er vorbehaltlich des Verweigerungsrechts gem. § 131 Abs. 3 AktG alle Gesellschaftsangelegenheiten, insbesondere auch interne Angelegenheiten zur Geschäftspolitik umfasst.158 Noch weitreichender ist das 152

BT-Drs. 16/11642, S. 42; OLG Frankfurt a. M., ZIP 2010, 2500, 2502. Jedenfalls als Problematik in der Publikums-KG identifiziert von Grunewald, in: MüKo­ HGB, § 161 Rn. 140. 154 Roth, in: Hopt, HGB, § 133 Rn. 5 f.; Hillmann, in: E / B/J / S, HGB, § 146 Rn. 13 f.; Kamanabrou, in: Oetker, HGB, § 146 Rn. 14. 155 Grunewald, in: MüKoHGB, § 166 Rn. 2. 156 Kubis, in: MüKoAktG, § 131 Rn. 25. 157 Grunewald, in: MüKoHGB, § 166 Rn. 4; Casper, in: Staub, HGB, § 166 Rn. 11. 158 Kubis, in: MüKoAktG, § 131 Rn. 35 f. 153

202

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

jederzeitige umfassende Informationsrecht des § 51a GmbHG, das dem Informationsrecht des Komplementärs gem. §§ 161  Abs. 2, 118  HGB vergleichbar ist.159 Das eingeschränkte Einsichtsrecht des Kommanditisten wird damit gerechtfertigt, dass das primär vermögensbezogene Interesse eines Kommanditisten an der Kontrolle und der Vermeidung von außergewöhnlichen Geschäften durch sein Zustimmungsrecht gem. §§ 164 S.1, 116 Abs. 2 HGB gewährleistet werde.160 Mangels Anwendbarkeit des Wettbewerbsverbots auf den Kommanditisten161 sei es geboten, dem Kommanditisten nicht sämtliche Informationen der KG zugänglich zu machen.162 Mithin ist das praxisrelevante Informationsrecht des Kommanditisten eingeschränkter als des GmbH-Gesellschafters oder des Aktionärs. (4) Fazit Die Minderheitsrechte des Kommanditisten sind bei gesellschaftsvertraglich festgelegtem Mehrheitsprinzip ähnlich eingeschränkt wie die eines Minderheitsaktionärs. Die Möglichkeiten der unternehmerischen Einflussnahme auf die Geschicke der KG durch den kleinstbeteiligten Kommanditisten sind ebenfalls derartig begrenzt, dass die vermögensrechtliche Komponente den unternehmerischen Charakter der Beteiligung vollständig verdrängt. Dies gilt umso mehr, wenn die Gesellschafter einer KG durch die Vereinbarung einer Squeeze-out-Klausel zulasten eines kleinstbeteiligten Kommanditisten ihren Willen zum Ausdruck bringen, die Kommanditbeteiligung im Falle einer Kleinstbeteiligung rein kapitalistisch auszugestalten. bb) Schutzwürdige Interessen des Hauptgesellschafters Für die Erstreckung des Legitimationsgedankens der §§ 327a ff. AktG auf die KG ist neben der Einordnung der Kleinstkommanditbeteiligung als Kapitalanlage erforderlich, dass die den aktienrechtlichen Squeeze-out rechtfertigende Interessenlage des ausschlussberechtigten Hauptaktionärs der des Hauptgesellschafters der KG annähernd vergleichbar ist.163 Der kostspielige Formalaufwand wird ähnlich wie in der GmbH mangels gesetzlicher Vorschriften, die den aufwändigen Einberufungs- und Durchführungsvorschriften der §§ 121 ff. AktG vergleichbar sind, als Begründung für das einen Squeeze-out rechtfertigende Rationalisierungs 159

Gummert, in: MünchHdb GesR II, § 50 Rn. 83; Schlitt / Maier-Reinhardt, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 25 Rn. 3. 160 Weipert, in: E / B/J / S, HGB, § 166 Rn. 4. 161 Vgl. §§ 165, 112 HGB. 162 Weipert, in: E / B/J / S, HGB, § 166 Rn. 4. 163 Für die Interessenlage des Hauptgesellschafters der GmbH konnte im Rahmen der Ausstrahlungswirkung auf die Prüfung der Analogievoraussetzungen in Kapitel 2 E. II. 2. c)– e) verwiesen werden.

D. Ausstrahlungswirkung 

203

interesse zu vernachlässigen sein. Das Interesse des Hauptgesellschafters an der Bewahrung von Geschäftsgeheimnissen ist aufgrund des eingeschränkten Informationsrechts des Kommanditisten gem. § 166 Abs. 1 HGB ebenfalls nur bedingt schutzwürdig. Auch die Problematik der Unkenntnis von Kleinstkommanditisten besteht in der KG nicht. Grundsätzlich ist für den Beitritt eines Kommanditisten der Abschluss eines Aufnahmevertrags mit den Altgesellschaftern erforderlich.164 Außerdem bedarf es zur Haftungsbeschränkung des Kommanditisten gem. § 172 Abs. 1 HGB seiner Eintragung im Handelsregister.165 Der Aspekt der unternehmerischen Flexibilität des Hauptgesellschafters könnte als tragende Erwägung für den aktienrechtlichen Squeeze-out auf die KG übertragbar sein. Anders als im GmbH-Recht finden die Beschlussmängelvorschriften der §§ 241 ff. AktG auf die Personengesellschaften keine analoge Anwendung.166 Fehlerhafte Beschlüsse sind nicht nur anfechtbar, sondern nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre nichtig.167 Ein Verfahrensfehler führt nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn er kausal für das Beschlussergebnis geworden ist.168 Die Nichtigkeit kann der Kleinstkommanditist im Wege der Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO geltend machen.169 Dieses Klagerecht ist nicht fristgebunden, sondern unterliegt lediglich der Schranke der Verwirkung gem. § 242  BGB.170 Die Klage ist vorbehaltlich anderslautender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen diejenigen Gesellschafter zu richten, die den Beschluss für wirksam halten.171 Regelmäßig wird in Gesellschaftsverträgen von Personenhandelsgesellschaften, zumindest von größeren Gesellschaften, das Beschlussmängelrecht an den aktenrechtlichen Vorschriften ausgerichtet.172 Im Interesse der Rechtssicherheit wird eine Anfechtungsfrist – in Anlehnung an 164

BGH, NJW 2011, 1666; Neumann, ZIP 2017, 1141, 1146; aus Praktikabilitätsgründen wird in der Publikums-KG dem Komplementär oder der Publikums-KG selbst Vertretungsmacht i. S. v. § 164 BGB zum Abschluss von Beitrittsverträgen eingeräumt, Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 127. 165 Allerdings handelt es sich bei der Unkenntnis von Aktionären um einen Aspekt, der für die Rechtfertigung der §§ 327a ff. AktG lediglich von untergeordneter Bedeutung ist, vgl. oben Kapitel  2  E. II. 2. f). 166 Lieder, in: Oetker, HGB, § 119 Rn. 67 f.; allerdings sieht das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10. 08. 2021, BGBl. 2021 I S. 3436 ff., vor, dass das aktienrechtliche Anfechtungsmodell durch Neufassung der §§ 110 ff. HGB auch auf die Personenhandelsgesellschaften Anwendung findet, vgl. Claußen / Pieronczyk, NZG 2021, 620 f.; Heckschen, GWR 2021, 1, 2; sogar bei derzeitiger Rechtslage für eine analoge Anwendung Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 103; Freitag, in: E / B/J / S, HGB, § 119 Rn. 82; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 26 ff.; Schröder, GmbHR 1994, 532, 537; Scholz, WM 2006, 897, 900 ff. 167 Lieder, in: Oetker, HGB, § 119 Rn. 67. 168 Enzinger, in: MüKoHGB, § 119 Rn. 99. 169 BGH, NZG 2012, 625, 627; 2013, 664; anders hingegen, wenn die Nichtigkeit inzident im Rahmen einer vorrangigen Leistungsklage festgestellt wird, Lieder, in: Oetker, HGB, § 119 Rn. 73. 170 BGHZ 112, 339, 344; BGH, NJW 1999, 3113, 3114; OLG Nürnberg, NZG 2013, 256. 171 BGHZ 30, 195, 197; 85, 350, 353; BGH, NJW 2011, 2578, 2579. 172 Oetker, in: Oetker, HGB, § 119 Rn. 74.

204

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

§ 246 Abs. 1 AktG von mindestens einem Monat nach der Bekanntgabe des Beschlusses – und die Gesellschaft als Klagegegnerin bestimmt.173 Dieses in der Praxis verbreitete freiwillige Optieren offenbart, dass das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht trotz all seiner Unzulänglichkeiten aus Sicht der Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften eine höhere Rechtssicherheit gewährleistet als das vorstehend skizzierte Beschlussmängelrecht für Personengesellschaften. Dies legt den Schluss nahe, dass die Unsicherheiten, die durch das Anfechtungsrisiko eines Kleinstaktionärs entstehen, erst recht auch hinsichtlich der Feststellungsklagen eines Kleinstkommanditisten in der KG bestehen. Der Hauptgesellschafter einer KG ist wie der Hauptaktionär dem Risiko von Beschlussmängelklagen und potentiellen Schadensersatzansprüchen der Kleinstkommanditisten ausgesetzt. Wichtige Strukturmaßnahmen können zeitlich verzögert, im Falle dringend benötigter Investitionen, kurzfristiger Übernahmen anderer Unternehmen oder der Eröffnung neuer Geschäftszweige sogar gänzlich vereitelt werden. Auch in der KG besteht ein Blockaderisiko durch Beschlussanfechtungen „lästiger“ Gesellschafter,174 auch wenn das in der AG auftretende Phänomen des „räuberischen Berufsaktionärs“175 in der KG die Ausnahme ist. Für Umwandlungen nach dem UmwG beträgt die Klagefrist für die Anfechtung von Beschlüssen der Personenhandelsgesellschaften einen Monat, § 14 Abs. 1 UmwG.176 Hinsichtlich der konstitutiven Eintragungen im Handelsregister finden die Vorschriften über die Negativerklärung und das Freigabeverfahren direkte Anwendung auf die KG, §§ 16 Abs. 2, 3, 198 Abs. 3 UmwG. Trotz des Freigabeverfahrens kann der Kleinstkommanditist einer KG aufgrund der aus dem Freigabeverfahren resultierenden zeitlichen Verzögerung und dem Prozessrisiko ein erhebliches Drohpotential für den Fortbestand der Gesellschaft darstellen. Auch der Kleinstkommanditist kann also Blockadesituationen herbeiführen und die Gesellschaftermehrheit in Anbetracht mitunter existenzbedrohender Unsicherheiten zu unverhältnismäßigen finanziellen Zugeständnissen zwingen. Zudem kann in der KG das Bedürfnis des Mehrheitsgesellschafters bestehen, Umwandlungsmaßnahmen ohne Kleinstkommanditisten beschleunigt und kostenreduzierend durchzuführen. Diesbezüglich sei auf den infolge seines Ausschlusses nicht mehr erforderlichen Verzicht des Kleinstkommanditisten auf Verschmelzungsberichte und -prüfungen hingewiesen.177 Parallel zur AG und GmbH kann im Rahmen von Umwandlungsmaßnahmen der KG die Problematik kostspieliger Unternehmensbewertungen zur Ermittlung der Umtauschverhältnisse und Abfindungsansprüche bei der Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern auftreten. 173 Zur Zulässigkeit BGHZ 68, 212, 216; BGH, NJW 2006, 2854, 2855; BGH, NZG 2011, 1432, 1435. 174 Ulmer, ZIP 2010, 549, 553. 175 Vgl. oben Kapitel 1 A.; Kapitel 2 A. I. 2. b). 176 Winter, in: Schmitt / Hörtnagl, UmwG, UmwStG, § 14 UmwG Rn. 24. 177 Vgl. §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3, 12 Abs. 3, 36 UmwG.

D. Ausstrahlungswirkung 

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Auch wenn nicht alle den aktienrechtlichen Squeeze-out rechtfertigenden Aspekte auf den Hauptgesellschafter einer KG übertragen werden können, ist seine Interessenlage mit der des ausschlussberechtigten Hauptaktionärs vergleichbar. cc) Fazit Bei einem gesellschaftsvertraglich festgelegten, sich an den Kapitalanteilen der Gesellschafter orientierendem Mehrheitsprinzip ist die Kleinstkommanditbeteiligung mit der Kleinstbeteiligung in der AG mangels Möglichkeit der Einflussnahme auf die Willensbildung der Gesellschaft vergleichbar. Die Minderheitsrechte des Kleinstkommanditisten sind vergleichbar eingeschränkt wie die eines Minderheitsaktionärs. Die Gesellschafter bringen durch die Aufnahme einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel im KG-Vertrag ihren Willen zum Ausdruck, die Kommanditbeteiligung im Falle der Kleinstbeteiligung rein kapitalistisch auszugestalten. Auch die Interessenlage des Hauptgesellschafters einer KG gleicht der eines Hauptaktionärs, da er ebenfalls ein erhebliches wirtschaftliches Rationalisierungsinteresse, insbesondere das Bedürfnis nach einer effektiven Unternehmensführung und möglichst kostengünstigen und zügigen Umstrukturierungen, hat. Die These Huecks ist für die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln in der KG wie folgt zu konkretisieren: Der Squeeze-out ist als gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut für die AG gesetzlich normiert und findet in der KGaA nur zulasten der Kommanditaktionäre, nicht aber zulasten des Komplementärs Anwendung. Daher kann der Squeeze-out in der KG als Personengesellschaftsform, sofern sie durch ein gesellschaftsvertragliches, an den Kapitalanteilen orientiertes Mehrheitsprinzip eine kapitalistische Prägung erhält, bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, die ausschließlich den freien Ausschluss der Kleinstkommanditisten, nicht hingegen des Komplementärs vorsieht, nicht sittenwidrig sein. Das einer AG als gesetzliche Regel zur Verfügung stehende Rechtsinstitut muss den Gesellschaftern einer kapitalistisch geprägten KG als Gestaltungsmittel im Rahmen ihrer Privatautonomie offenstehen. 3. Kleinstkommanditbeteiligung in der Publikums-(Investment-)KG Eindrucksvoll wird die Einordnung der Kommanditbeteiligung als Kapitalanlage durch die Publikums-KG bestätigt, obwohl die Publikums-KG aufgrund ihrer erheblichen Abweichungen von den §§ 161 ff. HGB eigenständigen Rechtsgrundsätzen der Rechtsprechung unterliegt.178

178

Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 134.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

a) Charakteristika der Publikums-(Investment-)KG Eine Publikums-KG liegt vor, wenn die Gesellschaft bei Gründung abweichend von den gesetzgeberischen Grundannahmen zur KG nicht auf einen geschlossenen Gesellschafterkreis, sondern auf die Aufnahme einer unbestimmten Anzahl von Investoren ausgerichtet ist.179 Weitere Wesensmerkmale der Publikums-KG sind ihre vertraglich festgelegten körperschaftlichen Elemente, insbesondere das Mehrheitsprinzip und eine vom Mitgliederbestand unabhängige Organisationsstruktur.180 In den als „Idealtypus“ der Publikums-KG auftretenden Fondsgesellschaften wird zwischen Gründungs- und Anlagegesellschaftern unterschieden.181 Die Gründungsgesellschafter üben als Komplementäre oder Gesellschafter der Komplementär-GmbH den beherrschenden Einfluss aus, wohingegen die Rechte der Kapitalanleger stark eingeschränkt sind.182 Bei direkter Beteiligung der Kapitalanleger als Kommanditisten können diese Rechte regelmäßig nur durch einen Beirat oder Gruppenvertreter wahrgenommen werden (unechte Treuhand).183 Bei einer mittelbaren Beteiligung der Kapitalanleger über einen Treuhänder ist nur der Treuhänder Gesellschafter der KG (echte Treuhand).184 Teilweise wird im Hinblick auf das gesetzlich für die KG vorgesehene Einstimmigkeitserfordernis sogar vertreten, dass in der Publikumsgesellschaft Mehrheitsentscheidungen als Regelfall ex lege auch ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag möglich sein sollten, da das Mehrheitsprinzip aus dem Kapitalgesellschaftsrecht185 für die Publikums-(Investment-)KG aufgrund ihrer strukturellen Nähe zur Kapitalgesellschaft sachgerecht sei.186 Trotz ihrer formalen Einordnung als Personengesellschaft gleicht die Publikums-(Investment-)KG bei wirtschaftlicher Betrachtung einer Kapitalgesellschaft und erfüllt ähnlich wie eine AG die Funktion eines Kapitalsammelbeckens.187 Die Kommanditisten, die nicht in persönlicher Beziehung zueinander stehen und weder mitgestaltenden Einfluss bei der Gesellschaftsgründung noch auf ihre personelle Zusammensetzung haben, sind als rein kapitalistisch beteiligte Anlagegesellschafter zu qualifizieren.188 179

BGH, NJW 1978, 755; 1995, 1353, 1355; Häublein / Beyer, in: BeckOK HGB, § 161 Rn. 72. Häublein / Beyer, in: BeckOK HGB, § 161 Rn. 72; Holler, BB 2012, 719 („Kapitalsammelbecken“). 181 Häublein / Beyer, in: BeckOK HGB, § 161 Rn. 73.1. 182 Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 123; Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045. 183 Notz, in: E / B/J / S, HGB, Anh. 2 § 177a Rn. 11; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 123. 184 Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 124. 185 Vgl. §§ 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG. 186 Für Vertragsänderungen hingegen Dreiviertelmehrheit erforderlich, vgl. Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 142; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 146; Roth, in: Hopt, HGB, Anh. § 177a Rn. 69b; mit ähnlichem Ergebnis im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 12 f.; Priester, DStR 2008, 1386, 1388. 187 Notz, in: E / B/J / S, HGB, Anh. 2 § 177a Rn. 4; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 123; Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1052. 188 Notz, in: E / B/J / S, HGB, Anh. 2 § 177a Rn. 2; ähnl. Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982. 180

D. Ausstrahlungswirkung 

207

Ihre praktische Bedeutung verdankte die Publikums-KG originär ihrer steuerlichen Attraktivität als „Abschreibungsgesellschaft“, da vor der gesetzgeberischen Korrektur durch Einführung des § 15a EStG im Jahr 1980189 die Kommanditisten, die steuerrechtlich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als Mitunternehmer qualifiziert werden, nach dem Erwerb verhältnismäßig geringer Kommanditeinlagen über bisweilen erhebliche Verlustzuweisungen der negativen Kapitalanteile ihre Einkommensteuerlast reduzieren konnten.190 Mit Einführung des § 15a EStG, durch den die Möglichkeit der Verlustzuweisung auf die Höhe der Kommanditistenhaftung begrenzt ist, und des durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vermittelten Rechtsformzwangs zugunsten der Investment-KG, vgl. §§ 124 ff., 149 KAGB, ist die Zahl der Neugründungen klassischer Publikumskommanditgesellschaften rückläufig.191 Trotz dieser Entwicklung bestehen immer noch zahlreiche Publikumskommanditgesellschaften.192 Da sich zumindest in der geschlossenen Publikums-Investment-KG nunmehr ähnliche Gesellschafterstrukturen wiederfinden,193 entspricht die Kommanditbeteiligung in der geschlossenen Publikums-Investment-KG der einer Publikums-KG. b) Praktisches Bedürfnis für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln Die Vergleichbarkeit von Kleinstaktionär und Publikumskommanditist gibt trotz der verhältnismäßig geringen Fallzahlen der Publikumsgesellschaften194 Anlass zur Untersuchung, ob der Grundgedanke der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften auf die Vereinbarung eines den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Squeezeout im Publikums-(Investment-)KG-Vertrag zu übertragen ist. Bei einer Direktbeteiligung der Kapitalanleger als Kommanditisten ist die Kleinstbeteiligung die Regel. Bei der echten Treuhand ist die Beteiligung des Treuhänders, der den Kommanditanteil für eine Mehrzahl an Kapitalanlegern hält, zwar naturgemäß höher, als wenn die Anleger entsprechend ihrer Anteile an der Treuhandbeteiligung eine direkte Kommanditbeteiligung hielten. Dies schließt aber nicht aus, dass der Anteil des Treuhänders eine Kleinstbeteiligung darstellen kann. Das Anlagemodell der Publikums-(Investment-)KG, nach dem sich eine mindestens dreistellige Anzahl an Kapitalanlegern an der Gesellschaft beteiligen,195 steht 189 Gesetz zur Änderung des EStG, des KStG und anderer Gesetze v. 20. 08. 1980, BGBl. 1980 I S. 1545. 190 Notz, in: E / B/J / S, HGB, Anh. 2 § 177a Rn. 7. 191 Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 117 f.; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 125 f.; Roth, in: Hopt, HGB, Anh. § 177a Rn. 55. 192 Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 117. 193 Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 206. 194 Vgl. zum deutschlandweiten Vorkommen der in einer KG organisierten Fondsgesellschaften (ungefähr 1800 Registereinträge) und geschlossenen Investmentfondgesellschaften (mehr als 600 Registereinträge), Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1053. 195 Vgl. nur BGH, NJW 1976, 894 (mehr als 1.000 Kommanditisten); BGH, NZG 2006, 703 (mehrere hundert Kommanditisten); BGH, NZG 2011, 672 (ungefähr 200 Kommanditisten).

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

nicht der Existenz eines Hauptgesellschafters mit einem Kapitalanteil von mehr als 95 % entgegen. Beispielhaft genannt sei der einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006196 zugrunde liegende Sachverhalt, in dem nach einem Formwechsel von einer AG in eine GmbH & Co. KG an der Publikums-KG neben mehreren hundert Kommanditisten eine Mehrheitskommanditistin mit einem Kapitalanteil von 99,8 % beteiligt war, die gleichzeitig die Alleingesellschafterstellung in der Komplementär-GmbH innehatte. Ferner kommt die Beteiligungsstruktur von Hauptgesellschafter und Kleinstkommanditisten in Publikumsgesellschaften in Betracht, in denen sich ein Großteil der Kapitalanleger aufgrund einer finanziellen Schieflage der KG von dem Investment getrennt hat.197 In solchen Fällen kann der verbliebene Hauptgesellschafter – sei es einer der Initiatoren der Publikums-KG, sei es ein neuer Großinvestor – ein erhebliches Interesse an dem Ausschluss der verbliebenen Kleinstanleger haben, um das Unternehmen ohne Störfeuer, Rechtfertigungsdruck aufgrund von Informations- und Kontrollrechten und ohne an den § 121 Abs. 3 S. 2 AktG angelehnte Einberufungsvorschriften gem. § 150 Abs. 3 KAGB198 sowie Anfechtungsrisiken fortzuführen. Auch in dem Fall des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006199 hatte die Mehrheitskommanditistin und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH das Interesse, die Minderheitskommanditisten, die ihr keine unwiderrufliche Vollmacht für Handelsregisteranmeldungen der KG erteilten, aus der Gesellschaft auszuschließen. Es liegt nahe, dass die Erteilung der unwiderruflichen Vollmacht der effektiven Unternehmensführung der KG durch die Komplementär-GmbH dienen sollte. Mangels einer eindeutigen gesellschaftsvertraglichen Regelung oder gewillkürten Squeeze-out-Klausel war die von der KG den Minderheitskommanditisten erklärte Kündigung aus wichtigem Grund nichtig.200 Die praktische Relevanz freier Ausschlussklauseln in einer Publikums-KG zeigte sich auch in zwei älteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.201 Zum einen sah der Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG, an der die Anleger direkt als Kommanditisten beteiligt waren, eine freie Ausschlussklausel zulasten der Kommanditisten vor, die der Komplementär-GmbH, deren Geschäftsführer

196

BGH, NZG 2006, 703. Auch wenn das Recht zur ordentlichen Kündigung durch Gesellschaftsvertrag oder bei der geschlossenen Investment-KG gesetzlich gem. § 161 Abs. 1 KAGB ausgeschlossen ist, sei in diesem Zusammenhang an Konstellationen wie im Fall „Sanieren und Ausscheiden“, BGH, NJW 2010, 65 gedacht, in dem die sanierungsunwilligen Gesellschafter einer zahlungsunfähigen KG aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Zustimmung eines Beschlusses, nach dem sie eine neue Beitragspflicht im Rahmen einer Kapitalerhöhung eingehen oder aus der Gesellschaft ausscheiden, verpflichtet sind, und somit aus der Gesellschaft ausscheiden. 198 Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 172, 203. 199 BGH, NZG 2006, 703. 200 BGH, NZG 2006, 703, 704. 201 BGHZ 84, 11; 104, 50. 197

D. Ausstrahlungswirkung 

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und alleiniger Gesellschafter einer der Kommanditisten der KG war, eingeräumt wurde.202 In der zweiten Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof eine vergleichbare Klausel auch für die echte Treuhand zu beurteilen. Die Gesellschafter vereinbarten ein freies Ausschlussrecht der Komplementärin in Form eines in ihrem freien Ermessen stehenden Übernahmerechts der treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen.203 Mithin besteht ein praktisches Bedürfnis für einen gewillkürten Squeeze-out im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-(Investment-)KG. Auch wenn die Vorschriften des KAGB für die Publikums-Investment-KG grundsätzlich vorrangig und im Zweifel zwingend sind,204 stehen sie der privatautonomen Vereinbarung eines Squeeze-out im Gesellschaftsvertrag nicht entgegen. c) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat für die Publikums-KG vor dem Hintergrund ihrer speziellen Charakteristika ein Sonderrecht entwickelt.205 Freie Hinauskündigungsklauseln in Publikumsgesellschaftsverträgen unterzieht er einer Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB.206 Zur Anwendung der im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 BGB umfassenderen Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB verweist er auf die Abweichung der Publikums-KG von dem gesetzlichen Leitbild der KG: Bei der Publikums-KG gebe es eine Vielzahl von Kommanditisten, die sich nur kapitalistisch beteiligten, keine persönlichen Beziehungen untereinander hielten und weder mitgestaltenden Einfluss bei der Gründung der Gesellschaft noch auf ihre personelle Zusammensetzung hätten.207 Die Kommanditisten könnten den vorgelegten Gesellschaftsvertrag nicht modifizieren, sondern lediglich akzeptieren.208 aa) Keine AGB-Kontrolle Auch wenn die Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB eng an eine AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff.  BGB angelehnt ist,209 findet diese aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 310 Abs. 4 BGB bei Hinauskündigungsklauseln in Gesellschaftsverträgen der Publikums-KG keine Anwendung. Der Vorschrift des § 310 Abs. 4 BGB liegt der Gedanke zugrunde, Gesellschafter könnten ihre Interessen grundsätz 202

BGHZ 84, 11 f. BGHZ 104, 50, 51 f. 204 Paefgen, in: E / B/J / S, HGB, Anh. 3 § 177a Vor. KAGB Rn. 8, § 124 KAGB, Rn. 1. 205 Ulmer, ZIP 2010, 549, 555; Holler, BB 2012, 719. 206 BGHZ 84, 11, 13 ff.; 104, 50, 57 f. 207 BGHZ 84, 11, 13 f.; 104, 50, 57 f. 208 BGHZ 84, 11, 15. 209 BGH, NJW 2013, 2278, 2279. 203

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

lich selbst wahrnehmen.210 Da sich die Norm nur auf die korporationsrechtlichen Rechtsverhältnisse, mithin den Gesellschaftsvertrag und andere unmittelbare mitgliedschaftlich ausgestaltete Vertragsgestaltungen, bezieht, gilt dies für die den potentiellen Kommanditisten vorgelegten Gesellschaftsverträge.211 Hingegen findet die Ausnahmeregelung keine Anwendung, wenn der Kern der Regelung sich auf eine schuldrechtliche Austauschbeziehung richtet.212 bb) Erhöhtes Schutzbedürfnis der Publikumskommanditisten Die unabhängig von einer Anwendbarkeit des AGB-Rechts angestrengte Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen213 trägt dem Schutzbedürfnis der investierenden Kommanditisten Rechnung. Die Inhaltskontrolle wird vorrangig damit begründet, dass die Anleger, denen bei ihrem Beitritt ein vorgefertigtes Vertragswerk vorgelegt wird, erwarten dürfen, seitens der Gesellschaftsgründer im Rahmen der Erstellung des Vertragswerks nicht einseitig benachteiligt zu werden.214 Die Gesellschaftsgründer sollen nicht unter Umgehung der zwingenden gesetzlichen Regelungen für Massengeschäfte unter Ausnutzung der für andere – gemeint sind personalistische – Beteiligungsverhältnisse vorgesehenen Vertragsgestaltungsfreiheit ausschließlich selbstbegünstigende Vertragswerke schaffen, die gleichzeitig die Leitungsorgane einer wirksamen Kontrolle der Anleger entziehen.215 cc) Unangemessene Verteilung von Chancen und Risiken Inhaltlich argumentiert der Bundesgerichtshof, die jederzeitige im freien Ermessen des Komplementärs stehende Ausschlussmöglichkeit zulasten der Kommanditisten sei selbst gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufgrund der einseitigen Benachteiligung der Kapitalanleger unwirksam.216 Er argumentiert nicht 210 Grunewald, FS Semler 1993, 179; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 378. 211 Kollmann, in: Dauner-Lieb / Langen, BGB, § 310 Rn. 55. 212 Kollmann, in: Dauner-Lieb / Langen, BGB, § 310 Rn. 58; insbesondere in den StandardGesellschaftervereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags zur Absicherung des Investors im Venture-Capital-Bereich ist umstritten, ob diese als mitgliedschaftliche Nebenpflichten von § 310 Abs. 4 BGB erfasst sind oder der AGB-Kontrolle unterliegen, Kollmann, in: Dauner-Lieb / Langen, BGB, § 310 Rn. 54; Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1444. 213 BGHZ 64, 238, 241; BGH, NJW 2001, 1270, 1271; 2013, 2278, 2279. 214 BGHZ 104, 50, 57 f.; H. P. Westermann, FS Goerdeler 1987, 697, 706 ff.; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 132 ff. 215 BGHZ 104, 50, 57 f.; H. P. Westermann, FS Goerdeler 1987, 697, 706 ff.; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 132 ff. 216 BGHZ 84, 11, 15 f.; 104, 50, 57; zustimmend Casper, in: Staub, HGB, § 161 Rn. 227; ­Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 160.

D. Ausstrahlungswirkung 

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mit der „Damoklesthese“ und dem Schutzgut der Entscheidungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters, sondern mit der unangemessenen Verteilung von Risiken und Chancen aufgrund einer jederzeitigen Ausschlussmöglichkeit.217 Die Klauseln ermächtigten einen Gesellschafter, „die zwischen der Risikoübernahme einerseits und den gewonnenen Chancen andererseits bestehende Verbindung zu lösen und zu Lasten der Mitgesellschafter die mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Chancen für sich zu beanspruchen und das Risiko den Mitgesellschaftern zu belassen“.218 Bei erfolgreicher Gesellschaftstätigkeit und hohen Gewinnerwartungen würde die Gesellschafterstellung entzogen, bei Verlusterwartung und Bestandsgefährdung hingegen beim Kommanditisten belassen.219 d) Stellungnahme Der Bewertung einer unangemessenen Risikoverteilung ist zuzustimmen, sofern die Abfindung wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen auf den Nominalwert220 begrenzt ist. Zweifelhaft ist, ob der Bundesgerichtshof generell eine freie Ausschlussklausel in der Publikums-(Investment-)KG bei einer am Verkehrswert ausgerichteten Abfindung für unzulässig hielte. Die Verteilung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken, die sich vorrangig in der Abfindungshöhe widerspiegelt, führt grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Ausschlussklausel, sondern zu einer angemessenen Anpassung der Abfindungshöhe.221 Der Grundgedanke des Bundesgerichtshofs, dass die freie Ausschlussklausel dem Ausschlussberechtigten unangemessene wirtschaftliche Chancen auf Kosten der Publikumskommanditisten eröffne, ähnelt der abgelehnten These Schockenhoffs zur „dysfunktionalen“ Ausübung von Gesellschafterrechten.222 Die Publikumskommanditisten sind in der Regel Kleinstbeteiligte und in ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung dem Minderheitsaktionär i. S. v. § 327a  Abs. 1  S. 1  AktG vergleichbar. Bei einem den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Squeeze-out bemisst sich die Abfindung nach dem Verkehrswert des Anteils. Die vom Bundesgerichtshof angenommene Unwirksamkeit einer freien Ausschlussklausel trotz angemessener Abfindung ist einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Bemerkenswert ist, dass sämtliche der Argumentation des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Merkmale des Kommanditisten einer Publikums-KG auf den 217

BGHZ 84, 11, 15; 104, 50, 57 f. BGHZ 84, 11, 15; 104, 50, 58. 219 BGHZ 84, 11, 14; 104, 50, 58. 220 In BGHZ 84, 11 waren es 120 % des Nominalwerts der Kommanditeinlagen; in BGHZ 104, 50 lediglich ein Wert zwischen 60 % und 80 % der Kommanditeinlage. 221 Vgl. m. w. N. unten Kapitel 7 C. I. 222 Schockenhoff, ZIP 2005, 1009, 1015; vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. e) aa) (2). 218

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

typischen Aktionär einer AG zutreffen. Obwohl die AG und die Publikums-KG sich in ihrer Rechtsform und einigen wesentlichen Strukturmerkmalen unterscheiden, ist die Interessenlage des geringfügig beteiligten Kapitalanlegers, der weder Einfluss auf die übrige Gesellschafterstruktur und die grundlegenden Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann noch persönliche Beziehungen zu den anderen Gesellschaftern pflegt, in der realtypischen AG und der Publikums-KG durchaus vergleichbar. Der Bundesgerichtshof selbst spricht von „körperschaftlich strukturierten Publikumsgesellschaften“.223 Der im Jahr 2002 eingeführte aktienrechtliche Squeeze-out liefe in der Logik des Bundesgerichtshofs aber auf die für unzulässig erachtete Lösung der Verbindung zwischen Risikoübernahme und gewonnenen Chancen hinaus: Hält der Hauptaktionär die AG für unterbewertet und erwartet er zukünftig höhere Gewinnchancen, wird er bei einer isoliert wirtschaftlichen Betrachtungsweise den Minderheitsaktionär aus der AG ausschließen.224 Bei einer (vermeintlichen) Überbewertung der AG wird er hingegen von einem Squeeze-out Abstand nehmen und das Risiko der weiteren Wertentwicklung beim Minderheitsaktionär belassen. Trotz dieser Verteilung von Chancen und Risiken halten sowohl der Gesetzgeber als auch das Bundesverfassungsgericht die jederzeitige Ausschlussmöglichkeit zulasten eines Minderheitsaktionärs für verfassungsgemäß.225 Maßgeblich für die Verfassungsmäßigkeit der §§ 327a ff. AktG ist die vollständige vermögensrecht­ liche Kompensation des Minderheitsaktionärs in Form einer am Verkehrswert orientierten Abfindung. Diesbezüglich offenbart sich die Schwäche der Argumentation des Bundesgerichtshofs. Eine Lösung der Verbindung von Risikoübernahme und gewonnenen Chancen wird durch die vollständige vermögensrechtliche Kompensation des Minderheitsgesellschafters beim Ausschluss weitgehend verhindert. In die Bestimmung des Verkehrswerts, der nach Fortführungsgesichtspunkten ermittelt wird, fließen die zukünftigen Gewinnchancen der Beteiligung ein,226 sodass der Minderheitsgesellschafter im Zeitpunkt des Ausschlusses von ihnen profitiert. Es wird nicht verkannt, dass die Bewertung des Verkehrswerts von Gesellschaftsbeteiligungen eine höchst komplexe und streitanfällige Angelegenheit ist. Die mitunter bestehenden Informationsasymmetrien zwischen Haupt- und Minderheitsgesellschafter, die zu unterschiedlichen Bewertungen des Gesellschaftswerts führen können,227 hat der Gesetzgeber aber bei Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out sehenden Auges in Kauf genommen und durch die entsprechenden Sicherungsmechanismen228 zugunsten des Minderheitsgesellschafters abgefedert.

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BGHZ 104, 50, 53. Vgl. zu den Negativeffekten für das öffentliche Interesse oben Kapitel 2 A. I. 3. 225 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 226 Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 49; Sauter, in: BeckHdB-PersG, § 10 Rn. 133 ff. 227 Ruthardt, NZG 2015, 1387, 1389. 228 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 3.–7. 224

D. Ausstrahlungswirkung 

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Die in den Jahren 1982 und 1988 vorgenommene Bewertung des Bundesgerichtshofs von freien Ausschlussklauseln zulasten der Kommanditisten einer Publikums-KG als unzulässige Verteilung von Risiken und Chancen kann bei einer vollständigen vermögensrechtlichen Kompensation des Ausgeschlossenen nicht in Einklang mit den Wertungen des im Jahr 2002 eingeführten aktienrechtlichen Squeeze-out gebracht werden. Es überzeugt nicht, generell die Unzulässigkeit einer freien Hinauskündigungsklausel zulasten der rein kapitalistisch beteiligten Kommanditisten einer Publikums-KG aufgrund einer unangemessenen Risikoverteilung anzunehmen. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass der Bundesgerichtshof seine Beurteilung der unangemessenen Risikoverteilung unter dem Eindruck der am Nominalwert der Beteiligung orientierten, unangemessen niedrigen Abfindungen vorgenommen hat.229 Eine goldene Brücke könnte der seit mehr als dreißig Jahren nicht bestätigten Rechtsprechung dergestalt gebaut werden, dass sich der erkennende Senat bei der Urteilsbegründung die besonderen Beteiligungsverhältnisse nach dem Vorbild des aktienrechtlichen Squeeze-out, die gepaart mit der am Verkehrswert der Anteile bemessenen Abfindung zu dessen verfassungsrechtlicher Anerkennung führten, nicht vergegenwärtigte. Folglich kann der Legitimationsgedanke der §§ 327a ff. AktG auch für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG Geltung beanspruchen. 4. Personengleiche Kapitalgesellschaft & Co. KG und Einheitsgesellschaft Der Legitimationsgedanke der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften könnte auf die in der Praxis weit verbreitete personengleiche Kapitalgesellschaft & Co. KG230 sowie die Einheits-Kapitalgesellschaft & Co. KG231 übertragen werden.232 Bei der personengleichen GmbH & Co. KG sind sämtliche Kommanditisten auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH.233 Bei regelmäßig gleicher Beteiligungsquote wird von einer beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG gesprochen.234 Aufgrund der durch die Beteiligungsidentität verursachten faktischen Verzah 229 Trotz des ausdrücklichen Hinweises, dass die Bewertung auch im Falle einer angemessenen Abfindungsklausel gelte, BGHZ 84, 11, 15 f. 230 Beispielhaft im Registerbezirk Hamm (Stand 01. 05. 2021) mit einem Anteil von 57,2 %, überwiegend allerdings in Form von Einperson-Gesellschaften, vgl. Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1048 („rechtstatsächlicher Normalfall“); Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 2 („vorherrschende echte GmbH & Co. KG“). 231 Beispielhaft im Registerbezirk Hamm (Stand 01. 05. 2021) mit einem Anteil von 4,9 %, vgl. Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1048. 232 Vereinfachend wird im Folgenden anstelle der Kapitalgesellschaft die in der Praxis bei Weitem relevanteste Kapitalgesellschaftsform der GmbH genannt. 233 Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 2. 234 Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 2; Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1048.

214

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

nung der Gesellschaften bedarf es einer Harmonisierung der jeweiligen Gesellschaftsverträge, wobei auf die fortdauernde Identität der Beteiligungsverhältnisse zu achten ist.235 Besteht eine beteiligungsidentische Minderheitsbeteiligung in Komplementär-GmbH und KG, kann für die Heranziehung des Legitimationsgedankens des aktienrechtlichen Squeeze-out auf die jeweiligen Ausführungen für die Gesellschaftsformen der GmbH und der KG verwiesen werden. Aus einer Kombination der beiden Gesellschaftsformen ergeben sich keine Unterschiede für die Qualifikation der Minderheitsbeteiligung als Kapitalanlage oder das Rationalisierungsinteresse des Hauptgesellschafters, das vielmehr gleichzeitig in der Komplementär-GmbH und der KG besteht. Unbedingt zu beachten ist, dass in den Gesellschaftsverträgen beider Gesellschaften identische gewillkürte Squeeze-outKlauseln aufgenommen werden, um nach dem Squeeze-out eines Minderheitsgesellschafters die fortdauernde Identität der Beteiligungsverhältnisse zu erhalten. Wesensmerkmal der Einheits-GmbH & Co. KG ist, dass sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH von der KG gehalten werden.236 Dies hat gegenüber der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG den Vorteil, dass nur die Kommanditisten als wirtschaftliche Unternehmensinhaber bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelung die wesentlichen Entscheidungen treffen können.237 Aufgrund der wechselseitigen Beteiligungen der Gesellschaften ist eine Harmonisierung der Gesellschaftsverträge ebenso wenig erforderlich wie eine bisweilen kostenintensive Beurkundung für die Übertragung der für die Unternehmensinhaberschaft 235

Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 2 f. Ausdrückliche Anerkennung mit Einführung des § 172  Abs. 6  HGB im Jahr 1980, ­Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 99; Liebscher, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 8; Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1048. 237 In der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH wird die KG als alleinige Gesellschafterin grundsätzlich von ihrer Komplementär-GmbH, diese wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten. Ohne gesellschaftsvertragliche Regelung läuft dies darauf hinaus, dass in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH ausschließlich ihr eigener Geschäftsführer auftritt, vgl. BGH, NZG 2007, 751, 752; OLG Celle, NZG 2016, 1147; KG, NZG 2019, 180; nach a. A. Kommanditisten mit Vollmacht zur Stimmrechtsausübung der KG im Wege ergänzender Vertragsauslegung Casper, FS Stilz 2014, 111, 116 f.; Oetker, in: ­Oetker, HGB, § 161 Rn. 108; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 59; ders., ZIP 2007, 2193, 2196 f. Eine Kontrolle der Geschäftsführung und die Erteilung von Weisungen durch die wirtschaftlich an der KG Berechtigten, die Kommanditisten, wäre unmöglich. Zur Abhilfe dieser Problematik ist anerkannt, dass im GmbH-Gesellschaftsvertrag vereinbart werden kann, dass die Gesellschafterversammlung der GmbH aus den Kommanditisten besteht, vgl. ­Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 103; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 108; einschränkend wegen des Abspaltungsverbots Giehl, MittBayNot 2008, 268, 271; v. Bonin, RNotZ 2017, 1, 10; kritisch Werner, DStR 2006, 706, 707 f. Alternativ kann im Gesellschaftsvertrag der KG die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte bei der Komplementär-GmbH anders geregelt werden, vgl. OLG Celle, NZG 2016, 1147; Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 104; Oetker, in: Oetker, HGB, § 161 Rn. 108; Brosius / Frese, NZG 2016, 808, 810; v. Bonin, RNotZ 2017, 1, 10 f. Die ab dem 01. 01. 2024 gültige Neufassung des § 170  Abs. 2  HGB sieht eine entsprechende Regelung vor, Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10. 08. 2021, BGBl. 2021 I S. 3436 ff.; Häublein / Beyer, in: BeckOK HGB, § 170 Rn. 7a. 236

D. Ausstrahlungswirkung 

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maßgeblichen Anteile, da für die Übertragung von Kommanditanteilen keine dem § 15 Abs. 3, 4 GmbHG vergleichbare Vorschrift im HGB existiert.238 Auch wenn die Fallzahlen der Einheits-GmbH & Co. KG in der Praxis nicht annähernd mit denen der personengleichen GmbH & Co. KG vergleichbar sind, wird sie in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der dargestellten Vorzüge von Gesellschaftsgründern präferiert.239 Die Einheits-GmbH & Co. KG wird im Rahmen mitgliederstarker Kommanditgesellschaften gewählt.240 Das Auftreten von Minderheitsgesellschaftern ist wahrscheinlicher. Dies kann zu einem verstärkten Bedürfnis des Hauptgesellschafters nach einer Verkleinerung der Gesellschafteranzahl durch einen Squeeze-out von Minderheitsgesellschaftern führen. Auch in der Einheits-GmbH & Co. KG überwiegt der Kapitalanlagecharakter der Kleinstkommanditbeteiligung: Wird die Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH durch entsprechende Regelung im GmbH- oder im KG-Vertrag auf die Kommanditisten übertragen und bestimmt sich deren Entscheidungsfindung nach dem Mehrheitsprinzip,241 kann der Kleinstkommanditist keinen wesentlichen Einfluss auf die Geschicke der KG nehmen. Gleichzeitig kann er durch seine Kontrollrechte sowie Beschlussanfechtungen eine effektive Unternehmensführung verzögern und Umstrukturierungsmaßnahmen beispielsweise durch ein Beharren auf Umwandlungsbericht und -prüfung verzögern und / oder kostenintensiver gestalten. Mithin kann auf Seiten des Hauptkommanditisten ein Rationalisierungsinteresse vorliegen, das dem Rationalisierungsinteresse eines Hauptaktionärs vergleichbar ist. Aufgrund dieser Vergleichbarkeit können die §§ 327a ff. AktG auch auf gewillkürte Squeeze-out-Klauseln in der Einheits-GmbH & Co. KG eine Legitimationswirkung entfalten. Erforderlich ist nur eine Squeeze-out-Klausel im KG-Vertrag, nicht hingegen im Vertrag der Komplementär-GmbH, da deren Alleingesellschafterin die KG ist und bleiben soll.

238

Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 99; Werner, DStR 2006, 706; Binz / Rosenbauer, NZG 2015, 1136, 1142. 239 Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1049. 240 Im Gegensatz zur beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG mit typischerweise maximal zwei Gesellschaftern, vgl. Lieder / Hoffmann, NZG 2021, 1045, 1048 f., 1053. 241 Typischerweise wird festgelegt, dass die Kommanditisten die grundlegenden Entscheidungen der GmbH entsprechend dem Innenrecht ihres KG-Vertrags durch Mehrheitsbeschluss treffen, vgl. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 59; Werner, DStR 2006, 706, 708; v. Bonin, RNotZ 2017, 1, 10.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

III. GbR und OHG Eine Ausstrahlungswirkung der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften auf gewillkürte Klauseln im Gesellschaftsvertrag der GbR und der OHG ist abzulehnen. Das Einstimmigkeitserfordernis in der OHG und der GbR242 steht im Widerspruch zum Grundgedanken der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften, dass der Kleinstbeteiligte keinen wesentlichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann. Legt der Gesellschaftsvertrag eine Beschlussfassung durch Mehrheitsentscheidung fest,243 schließt die unbeschränkte persönliche Haftung eines jeden Gesellschafters244 den reinen Kapitalanlagecharakter der Kleinstbeteiligung aus. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zur Unwirksamkeit einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel zulasten des Komplementärs verwiesen.245 Ebenso läuft die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eines jeden Gesellschafters246 vorbehaltlich einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelung der Qualifikation der Kleinstbeteiligung in der GbR und OHG als reine Kapitalanlage zuwider.247

IV. Konsequenzen In konsequenter Weiterführung des Legitimationsgedankens ist es erforderlich, dass die privatautonome Gestaltung die Sicherungsmechanismen des aktienrechtlichen Squeeze-out-Verfahrens effektiv und minderheitsschützend nachbildet. Der Gesetzgeber und das Bundesverfassungsgericht haben den aktienrechtlichen Squeeze-out nur unter der Prämisse legitimiert, dass die vollständige wirtschaftliche Kompensation des Minderheitsgesellschafters effektiv sichergestellt wird.248 Der Legitimationsgedanke entfällt, wenn die Parteien im Rahmen ihrer Privatautonomie zwar eine Pflicht zur vollwertigen Kompensation vereinbaren, aber die Sicherungsmechanismen unter dem gesetzlichen Schutzniveau bleiben. Um die Frage des gleichen Schutzniveaus und die Wirksamkeit der Klausel nicht der Unsicherheit einer richterlichen Beurteilung im Einzelfall zu überlassen, sind für rechtssichere Vertragsgestaltungen eng an die §§ 327a ff. AktG angelehnte Schutzmechanismen249 festzulegen.250

242

Vgl. §§ 119 Abs. 1 HGB, 709 Abs. 1 BGB. Vgl. §§ 119 Abs. 2 HGB, 709 Abs. 2 BGB. 244 Vgl. § 128 S. 1 HGB (analog). 245 Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 1. a). 246 Vgl. §§ 709, 714 BGB, 115 ff., 125 Abs. 1 HGB. 247 Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 1. b). 248 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 249 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 3.–7. 250 Vgl. unten Kapitel 8 A. 243

E. Indizielle Wirkung der Verknüpfung von Formwechseln 

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E. Indizielle Wirkung der Verknüpfung von Formwechseln und aktienrechtlichem Squeeze-out Das Feststellung, dass vertragliche Gestaltungen zur Herbeiführung der Voraussetzungen des gesetzlich normierten Squeeze-out nicht per se rechtsmissbräuchlich sind,251 könnte eine indizielle Wirkung für die Zulässigkeit vertraglicher Squeezeout-Klauseln entfalten. Vorab seien die zwei maßgeblichen Erwägungen für die Ablehnung eines Rechtsmissbrauchs in Erinnerung gerufen: Erstens hat der Gesetzgeber die erforderliche Interessenabwägung für sämtliche Squeeze-out-Verfahren und die gestaltenden Umwandlungsmaßnahmen vorgenommen und sehenden Auges keine weitergehenden tatbestandlichen Voraussetzungen geschaffen, um rechtsmissbräuchlichen Gestaltungen durch eine Kombination von Umwandlungen und Squeeze-out entgegenzuwirken. Daher bedürfen die selbst in einem engen zeitlichen Zusammenhang gefassten Beschlüsse jeweils keiner sachlichen Rechtfertigung oder unternehmerischen Begründung. Zweitens lehnte die Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit in den Fällen der vorübergehenden Beschaffung der erforderlichen Kapitalmehrheit im Wege des Sachdarlehens und des einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out vorbereitenden Formwechsels einen Rechtsmissbrauch aufgrund einer formalis­ tischen Betrachtungsweise ab. Wenn die Gesellschafter die ihnen vom Gesetzgeber zugebilligten Gestaltungsmöglichkeiten frei ausschöpfen können, drängt sich die Frage auf, inwiefern es als Sittenverstoß i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB beurteilt werden kann, wenn die Gesellschafter das gleiche gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Ergebnis durch eine privat­autonome Squeeze-out-Klausel zu erzielen beabsichtigen. Die zulässige zielgerichtete Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out könnte die Zulässigkeit einer streng an den §§ 327a ff. AktG angelehnten Squeeze-out-Klausel indizieren.252 Mit dem auf eine Squeeze-out-Klausel im GmbH-Vertrag253 gestützten Ausschluss eines Kleinstgesellschafters könnte der Hauptgesellschafter in einem Schritt das Ergebnis herbeiführen, das er in stringenter Fortbildung der Logik der Rechtsprechung zulässigerweise durch eine mehrschrittige zielgerichtete Verknüpfung von einem Formwechsel einer GmbH in eine AG, dem Squeeze-out des Minderheitsaktionärs gem. §§ 327a ff. AktG und einer anschließenden Rückumwandlung in die GmbH erreicht. Der indiziellen Wirkung könnte entgegenstehen, dass die Zulässigkeit der zielgerichteten Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out 251

Vgl. oben Kapitel 2 F. III. ÖVfGH, G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018 mit ähnlichem Begründungsansatz für den gesetzlichen Squeeze-out in der GmbH nach dem ÖGesAusG. 253 Dies gilt auch für die KG, wenn deren Gesellschaftsvertrag für die Umwandlung eine Mehrheitsentscheidung vorsieht, § 217 Abs. 1 S. 2 UmwG. 252

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

unter anderem damit begründet wurde, dass der Formwechsel für den Kleinst­ beteiligten unterschiedliche rechtsformabhängige Vor- und Nachteile mit sich bringe und der Gesetzgeber durch das formalisierte Umwandlungsverfahren dem Minderheitenschutz hinreichend Rechnung getragen habe.254 Hinsichtlich der rechtsformabhängigen Vor- und Nachteile unterscheidet sich der Ausschluss aufgrund einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel von dem skizzierten Dreischritt, da der Kleinstgesellschafter von etwaigen Vorteilen, die sich aus dem vorübergehenden Formwechsel von der GmbH in die AG ergeben, nicht profitieren kann. Dies kann aber nur als schlagkräftiges Argument gewertet werden, wenn der Kleinstgesellschafter der GmbH aus der vorübergehenden Stellung als Minderheitsaktionär tatsächliche Vorteile ziehen kann. Abstrakt vorteilhaft sind für den Kleinstaktionär insbesondere die abgesenkten Mindestquoren von 10 % auf 5 %,255 die Erhöhung der Publizitätspflichten in der AG256 und das Entfallen der Ausfallhaftung gem. §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG. Allerdings verfügt der Kleinstgesellschafter in der konkreten Situation, in der sich der Squeeze-out gem. § 327a AktG direkt an den Formwechsel der GmbH in die AG anschließt, nur über einen Kapitalanteil unter 5 %, sodass er auch das aktienrechtliche Mindestquorum von 5 % nicht erreichen kann. Er profitiert nicht von den erhöhten Publizitätspflichten, da ihm die Kapitalanteilshöhe des Hauptgesellschafters aus der GmbH, jedenfalls aus dem Formwechselbeschluss bekannt ist. Auch das Entfallen der Ausfallhaftung wird ihm aufgrund seines ohnehin bevorstehenden Ausschlusses keinen maßgeblichen Vorteil einräumen. Folglich zieht der Kleinstgesellschafter in dieser konkreten Konstellation aus seiner vorübergehenden Stellung als Kleinstaktionär keine tatsächlichen Vorteile. Rechtsformabhängige Vor- und Nachteile können der indiziellen Wirkung der Zulässigkeit der Verknüpfung von Formwechseln und Squeeze-out auf die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln demnach nicht entgegenstehen. Der Minderheitenschutz wird in dem formalisierten Umwandlungsverfahren durch den Umwandlungsbericht gem. § 192 UmwG, den Anspruch auf bare Zuzahlung gem. § 196 UmwG und das obligatorische Barabfindungsangebot gegen Verlust der Gesellschafterstellung gem. § 207 UmwG sichergestellt. Dieser Minderheitenschutz ist primär auf die vollständige vermögensrechtliche Kompensation des Minderheitsgesellschafters in Form eines gleichwertigen Anteils am neuen Rechtsträger mit eventueller barer Zuzahlung oder in Form einer angemessenen Barabfindung gerichtet.257 Gänzlich verhindern kann der Kleinstbeteiligte weder

254

Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 2. Vgl. §§ 50 Abs. 1, 61 Abs. 2, 66 Abs. 2 GmbHG gegenüber §§ 122 Abs. 2 S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG. 256 Beispielhaft genannt seien die Mitteilungspflichten gem. §§ 20 f. AktG; vgl. auch Goslar /  v. d. Linden, BB 2009, 1986, 1993. 257 Drinhausen / Keinath, in: Henssler / Strohn, UmwG, § 207 Rn. 2; Winter, in: Schmitt /  Hörtnagl, UmwG, UmwStG, § 192 UmwG Rn. 1, § 196 UmwG Rn. 5. 255

E. Indizielle Wirkung der Verknüpfung von Formwechseln 

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den Formwechsel noch seinen sich unmittelbar anschließenden Squeeze-out.258 Da der in den §§ 327a ff. AktG normierte Minderheitenschutz des Kleinstaktionärs ebenfalls auf seine vollständige vermögensrechtliche Kompensation beschränkt ist, geht der Minderheitenschutz im Rahmen der zielgerichteten Verknüpfung von Formwechsel und Squeeze-out nicht über den Minderheitenschutz, der durch eine den §§ 327a ff.  AktG nachgebildete Squeeze-out-Klausel gewährt wird, hinaus. Der Minderheitenschutz im Umwandlungsverfahren schließt die indizielle Wirkung der Zulässigkeit der Verknüpfung von Formwechseln und Squeeze-out auf die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln nicht aus. Für die indizielle Wirkung streitet der aus der Annahme der Sittenwidrigkeit einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel resultierende logische Bruch, den Gesellschaftern die Vereinbarung einer Squeeze-out-Klausel zu verwehren, wenn es auch ohne eine solche Klausel in der Macht des Hauptgesellschafters steht, rechtmäßig den Minderheitsausschluss durch die skizzierte zielgerichtete Verbindung von Formwechseln und Squeeze-out herbeizuführen.259 Hinzu treten die wirtschaftlichen Vorzüge einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel: Der Hauptgesellschafter müsste nur einmalig ein den §§ 327a ff. AktG vertraglich nachgebildetes Squeezeout-Verfahren durchlaufen, wohingegen er bei der Verknüpfung von Formwechseln und aktienrechtlichem Squeeze-out zusätzlich zum Squeeze-out-Verfahren gem. §§ 327a ff. AktG zwei mitunter zeit- und kostenintensive Formwechsel – von der GmbH oder KG in die AG und die entsprechende Rückumwandlung – durchführen müsste. Die Squeeze-out-Klausel bietet eine erheblich zeit- und kostenschonendere Alternative. Der Hauptgesellschafter wäre nicht gezwungen, das Unternehmen vorübergehend für die Verwirklichung eines Minderheitsausschlusses in eine andere – womöglich weniger geeignete – Gesellschaftsform zu überführen. Der Umstand, dass die letztgenannten zwei Aspekte die Umsetzung eines Squeeze-out mithilfe zweier Formwechsel unattraktiver werden lassen, kann als wirtschaft­licher Aspekt die indizielle Wirkung nicht beeinträchtigen. Für den Minderheitsgesellschafter hätte die Squeeze-out-Klausel den Vorteil, dass er bereits bei Gesellschaftsgründung oder seinem Eintritt über die Möglichkeit eines Squeeze-out aufgeklärt wird und seine Risiken besser abschätzen kann. Andernfalls erfährt er erst nach erfolgtem Formwechsel in die AG mit der Ankündigung des Squeeze-out-Beschlusses von seinem eigenen (geplanten) Ausschluss. Zudem schmälern die Umwandlungsmaßnahmen vor dem Squeeze-out, soweit deren Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind,260 das Gesellschaftsvermögen und den künftigen Abfindungsanspruch des Minderheitsgesellschafters nach dem Squeeze-out. Mithin kann sich die 258 Der Formwechsel kann gegen die Stimmen des Kleinstbeteiligten mit einer Kapitalmehrheit von 75 % gem. § 240 Abs. 1 UmwG beschlossen werden, wohingegen eine zeitliche Verzögerung durch die Anfechtung des Beschlusses im Hinblick auf § 16 UmwG nicht auszuschließen ist. 259 Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 2. 260 Beispielhaft genannt seien die grundsätzlich von der Gesellschaft zu tragenden Kosten eines Formwechsels, vgl. Wolf, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 15. 10.2 § 6 (Anm. 18).

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Squeeze-out-Klausel auch für den Minderheitsgesellschafter wirtschaftlich als vorzugswürdig erweisen. Die Zulässigkeit der zielgerichteten Verknüpfung von Formwechseln und aktienrechtlichem Squeeze-out indiziert die Zulässigkeit einer streng an den §§ 327a ff. AktG ausgerichteten vertraglichen Squeeze-out-Klausel in der GmbH oder KG.261 Der Vergleich der beiden Gestaltungsmöglichkeiten unterstreicht das praktische Bedürfnis für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln in der GmbH und KG.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln aus dem Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich Sollten Squeeze-out-ähnliche Bestimmungen in gängigen Klauseln aus Beteiligungsverträgen im Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich anerkannt sein, spricht dies für die Legitimation vertraglicher Squeeze-out-Klauseln. Unstreitig ist, dass allein die Verbreitung rechtswidriger Praktiken keinesfalls zu ihrer künftigen rechtlichen Anerkennung führen kann. Nichtsdestotrotz liegen der Qualifikation der Sittenwidrigkeit gem. § 138  Abs. 1  BGB die moralischen Wertvorstellungen der Gesellschaft zugrunde, die einem stetigen Wandel unterliegen.262 Gerade im Venture-Capital- und Private-Equity-Bereich werden spezielle Vertragsgestaltungen, die sich in den USA als dem seit mehreren Jahrzehnten dominierenden Markt für Wagniskapital als Standards etabliert haben, in den deutschen Rechtsraum übernommen.263 Im Wesentlichen soll der Investor gegen die besonderen Risiken seiner Beteiligung abgesichert werden.264 Mit Übernahme dieser Vertragsklauseln wird die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des (Wagnis-)Kapitalmarkts Deutschland, insbesondere für Investitionen in junge Technologieunternehmen gestärkt. Die Förderung von Wagniskapital ist von erheblicher Relevanz für die digitale Transformation des gesamten Landes.265 Die Rechtsprechung wird bei der Bewertung von freien Ausschlussklauseln künftig das in jüngerer Vergangenheit verstärkte Interesse der Allgemeinheit an derartigen Vertragsgestaltungen berücksichtigen müssen. Die Annahme der Sittenwidrigkeit gängiger Klauseln hätte fatale Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft der Kapitalanleger.266 Die normative Kraft des Faktischen entfaltet 261

Für die KG unter der Voraussetzung, dass für Gesellschafterbeschlüsse das Mehrheitsprinzip bestimmt ist. 262 BGH, NJW 1983, 2692, 2693; BGHZ 92, 213, 219; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 38. 263 Otto, GmbHR 1996, 16, 22; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977; Fleischer / Schneider, ECFR 2012, 35, 45. 264 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977. 265 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 710. 266 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 710, 717 („verheerendes Signal“).

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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insoweit eine gewisse Bedeutung für die Bewertung des Sittenverstoßes gem. § 138 Abs. 1 BGB.

I. Shoot-out-Klauseln Ausstiegsklauseln werden für die Auflösung von Blockadesituationen in gesellschaftsrechtlichen Equity-Joint-Ventures relevant. Vereinfacht handelt es sich bei einem Equity-Joint-Venture um eine neu gegründete Gesellschaft gleichberechtigter Partner zur (zeitlich begrenzten) Verwirklichung eines Projekts oder sonstigen Kooperation, in der sich die Joint-Venture-Partner die Führungsverantwortung und die finanziellen Risiken teilen.267 Aufgrund der zunehmenden globalen Vernetzung der Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten haben Joint-Ventures erheblich an Bedeutung gewonnen.268 1. Weitere Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung Um vor dem Hintergrund der ohnehin zeitlich begrenzten gemeinsamen Unternehmung269 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten entstehende unüberwindbare Pattsituationen (Deadlocks)270 aufzulösen, enthalten die Gesellschaftsverträge vermehrt Ausstiegsklauseln in den Spielarten Russian Roulette, Texan oder Mexican-Shoot-out oder Deterrent Approach271 in Anlehnung an US-amerika­nische Vertragswerke.272 Neben dem Anwendungsbereich für Joint-Ventures können derartige allgemein als Shoot-out-clauses273 bezeichnete Klauseln bei vergleichbaren Beteiligungsstrukturen auch für Venture-Capital-Verträge und personalistische Gesellschaften sinnvoll sein.274 Sie verbinden in all ihren Spielarten Elemente der freiwilligen und erzwungenen Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Joint 267

Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 27 f.; vgl. zu weiteren Kategorisierungen von Joint-Ventures Busch, RNotZ 2020, 249, 250. 268 Busch, RNotZ 2020, 249, 250. 269 Schulte / Sieger, NZG 2005, 24; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 135. 270 Insbesondere bei paritätischen Joint-Ventures mit Stimmanteilen im Verhältnis 50:50, Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; dies., ECFR 2012, 35, 36; Holler / Frese, BB 2014, 1479; Robles y Zepf / Girnth / Stumm, BB 2016, 2947; aber auch im Übrigen aufgrund der in der Weise ausgestalteten Kontrollausübung, dass wichtige Entscheidungen nur im Zusammenwirken getroffen werden können, Busch, RNotZ 2020, 249, 270; Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 13 f. 271 Definition bei Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 22. 272 Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; dies., ECFR 2012, 35, 38 ff.; Holler / Frese, BB 2014, 1479, 1480; Robles y Zepf / Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2949 ff.; Busch, RNotZ 2020, 249, 272 f.; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 216 f. 273 Fleischer / Schneider, ECFR 2012, 35, 37. 274 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072; Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 26 f.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Venture-Gesellschaft.275 Auf die freiwillige Initiative eines Partners mit dem Ziel der Beendigung der gemeinsamen Unternehmung folgt ein zwingendes Verfahren, in dem die Anteile an der Joint-Venture-Gesellschaft eines Partners auf den anderen übertragen werden, sodass nach Verfahrensabschluss sämtliche Anteile ausschließlich von einem Partner gehalten werden.276 Shoot-out-Klauseln entsprechen in ihrer Wirkungsweise einer Call-(Erwerbs-) oder Put-Option (Andienungsrecht).277 Neben ihrer Funktion als schneller, gerechter und kostenschonender Preisfindungsmechanismus sowie als Instrument zur Auflösung des Deadlocks erfüllen die Shoot-out-Klauseln primär eine Steuerungsfunktion, indem sie einen faktischen Einigungsdruck erzeugen, ohne tatsächlich ausgeübt zu werden.278 Aufgrund des erheblichen Risikos, selbst aus der Gesellschaft auszuscheiden, bevorzugen die Gesellschafter regelmäßig eine einvernehmliche Konfliktlösung.279 Da die Existenz von Kleinstbeteiligungen in Joint-Ventures aufgrund der gleichberechtigten Beteiligungsstrukturen und unternehmerischen Entscheidungsmacht auf Augenhöhe im Regelfall auszuschließen ist, wird auf eine umfassende Darstellung der einzelnen Deadlock-Klauseln verzichtet.280 Stellvertretend kann auf die Funktionsweise der im Rahmen der Besprechung des Urteils des Oberlandesgerichts Nürnberg281 erörterten Russian-Roulette-Klausel als Grundmodell282 verwiesen werden.283 Das Oberlandesgericht qualifizierte diese Klausel als freie, aber im konkreten Einzelfall aufgrund ihres legitimen Zwecks der Vermeidung von Patt 275

Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 25; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 135. 276 Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 25. 277 Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 28; Weidmann, DStR 2014, 1500, 1501 f.; Robles y Zepf /  Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2951; einem Gesellschafter können auch einseitig Call- oder Put-Optionen im Falle des Eintritts konkret definierter Ereignisse (bspw. Nichterreichen bestimmter „milestones“), die regelmäßig einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung darstellen, eingeräumt werden, vgl. Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 206; für Joint-Venture-Verträge Friedl, in: FormB RS, Form A.12.00 § 13 (Anm. 33); allgemein zu Call- oder Put-Optionen Reichert /  Weller, in: MüKoGmbHG, § 15 Rn. 95 f. 278 Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.28. § 11 (Anm. 12); Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 611 f.; Weidmann, DStR 2014, 1500, 1502; Werner, GmbHR 2014, 315, 316; Willms /  Bicker, BB 2014, 1347, 1348 („Drohkulisse eines Shoot-out-Verfahrens“); Robles  y  Zepf /  Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2951; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181; Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 146 f. 279 Trotz häufiger Verwendung von Shoot-out-Klauseln im angloamerikanischen Rechtsraum wurden die Auflösungsrechte tatsächlich nur selten ausgeübt, vgl. Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2714 f.; Schmolke, ZIP 2014, 897, 899; Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 612. 280 Überblick bei Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2714; dies., ECFR 2012, 35, 38 ff.; Willms / Bicker, BB 2014, 1347 f.; Robles y Zepf / Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2949 f.; Busch, RNotZ 2020, 249, 272 f.; Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 19 ff. 281 OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418. 282 Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 25 ordnen die Texan-Shoot-Out-Klausel als Spielart der Russian-Roulette ein. 283 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 6.; Kapitel 4 C. II.; Pauli, GWR 2014, 86.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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Situationen sachlich gerechtfertigte Hinauskündigungsklausel.284 Die obergerichtliche Anerkennung dieser neuen Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung und der Umstand, dass Shoot-out-Klauseln vermehrt Eingang in deutsche Vertragswerke finden und von der herrschenden Literaturauffassung für zulässig gehalten werden,285 legen eine positive Ausstrahlungswirkung auf die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln nahe. Allerding stellt die Vermeidung von Patt-Situationen eine besondere, auf die Fallgruppe der Shoot-out-Klauseln zugeschnittene sachliche Rechtfertigung dar. Die Machtverhältnisse in der konkreten Deadlock-Situation in Joint-Venture-­ Gesellschaften – Beteiligungsstruktur mit unternehmerischen Gesellschaftern als Partnern auf Augenhöhe – könnten im Vergleich zur Squeeze-out-Situation mit zumindest einem kapitalistischen Kleinstgesellschafter nicht unterschied­licher sein. Daher kann den praktizierten und zum Teil obergerichtlich anerkannten Shoot-out-Klauseln lediglich eine moderate Ausstrahlungswirkung auf die Anerkennung der Kleinstbeteiligung als Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung zugesprochen werden. 2. Blockadesituation als (konkludente) Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB? Etwas anderes könnte für die Frage gelten, ob in den gängigen Vertragswerken darauf verzichtet wird, dass eine Blockadesituation konkludente Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB für die Ausübung von Shoot-out-Klauseln ist. Für den Squeeze-out vergleichbare Bedingungen wären die geplante Durchführung von Umwandlungsmaßnahmen oder eine Blockadesituation durch missbräuchliche Beschlussanfechtungen des Kleinstbeteiligten, die durch dessen Ausschluss weniger kostenintensiv erfolgen oder aufgelöst werden könnten. Ein Verzicht auf solche Bedingungen hätte zur Folge, dass Squeeze-out-Klauseln weder ausdrücklich noch konkludent an eine Blockade infolge missbräuchlicher Beschlussanfechtungen oder etwaige Kostenersparnisse im Rahmen bevorstehender Strukturmaßnahmen anknüpfen müssten. Einige Mustervertragsklauseln knüpfen die Ausübung der Shoot-out-Klausel an keine weiteren Voraussetzungen.286 Das Oberlandesgericht Nürnberg verzichtete 284

OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 6. Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 27 ff.; Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; Schmolke, ZIP 2014, 897, 900 ff.; Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1350 ff.; zur Übertragbarkeit der für die Russian-Roulette-Klausel vom OLG Nürnberg aufstellten Grundsätze auf die anderen Spielarten Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 616; Robles y Zepf / Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2950; trotz grundsätzlicher Zustimmung mahnt Busch, RNotZ 2020, 249, 272 f. zur Vorsicht, insbesondere für Regelungen mit Sanktionscharakter angesichts ungleicher finanzieller Voraussetzungen der Gesellschafter. 286 Beispielhaft Stummel, Standardvertragsmuster, Form III.10. Annex 1. 285

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

ebenfalls auf eine konkludent als Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB vereinbarte Blockadesituation für die Wirksamkeit der Russian-Roulette-Klausel.287 Vereinzelte Literaturstimmen fordern hingegen eine Blockadesituation für die Initiierung des Shoot-out-Verfahrens.288 Überwiegend werden lediglich klar definierte Gründe für die Einleitung eines Shoot-out-Verfahrens empfohlen, ohne sie zur Wirksamkeitsvoraussetzung zu erheben.289 Dementsprechend legen Mustervertragswerke den Shoot-out-Klauseln teilweise eine zweistufige Grundstruktur mit einem auslösenden Tatbestand und dem sich anschließenden Verfahren zugrunde.290 Übertragen auf den Squeeze-out müsste der wirksame Minderheitsausschluss durch eine Blockade infolge missbräuchlicher Beschlussanfechtungen oder unmittelbar bevorstehende Strukturmaßnahmen bedingt sein. Vor dem Hintergrund dieser Diskrepanz zwischen obergerichtlicher Bewertung und teilweise gelebter Vertragspraxis ist die Streifrage, ob die wirksame Ausübung von Shoot-out-Klauseln durch eine Blockadesituation bedingt ist, zu entscheiden. Es bietet sich zunächst die dogmatische Einordnung einer Blockadesituation in die Rechtsprechungsleitlinien zur Hinauskündigung an. Die ausdrücklich vereinbarte Blockadesituation als Auslösetatbestand des Shoot-out-Verfahrens könnte einen sachlichen Grund291 bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ darstellen, sodass die Shoot-out-Klausel nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren wäre. Dafür dürfte die Herbeiführung der Blockadesituation nicht im freien Ermessen eines Gesellschafters stehen.292 Ihre Wirksamkeit wäre am Bestimmtheitsgrundsatz des § 34 Abs. 2 GmbHG zu messen. Dementsprechend wird die genaue vertragliche Definition der Blockadesituation durch die Festlegung einer wirtschaftlichen Mindestwertgrenze der streitigen Angelegenheit, das Vorschalten mehrstufiger Eskalations- und Streitschlichtungsmechanismen sowie die zeitliche Befristung der Initiierung des Verfahrens empfohlen.293 287

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 6. Fett / Spiering, in: Hdb Joint Venture, § 7 Rn. 583, 599 ff.; Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 2. 3. (Anm. 3); Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 180 („sachlicher Grund“); Schockenhoff, NZG 2018, 201, 208. 289 Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 26 („Abkühlungsphase“); Elfring, NZG 2012, 895, 896; Heeg, BB 2014, 470 (Anknüpfung von Auslösetatbeständen und institutionelles Vorschalten von Checks and Balances); Schroeder / Welpot, NZG 2014, 609, 616 (Anknüpfung an „triggering events“ als „reine Vorsichtsmaßnahme“); Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1350. 290 Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.28. § 11 (Anm. 12); Thurn / Ziegenhain, in: BeckFB ZivilR, Form N 5. § 7 (Anm. 17); Englisch / von Schnurbein, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.2. § 20 (Anm. 39); Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 2. 3. 291 Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 180. 292 Ähnl. Busch, RNotZ 2020, 249, 272. 293 Beispielhaft durch Abhalten mehrerer Gesellschafterversammlungen mit einem hinreichenden zeitlichen Abstand vor der Feststellung einer Pattsituation oder durch ein Schlichtungsgespräch der Vorstände der jeweiligen Joint-Venture-Partner, vgl. Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.28. § 11 (Anm.  12); Thurn / Ziegenhain, in: BeckFB ZivilR, Form N 5. § 7 (Anm.  17); Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2718; Elfring, NZG 2012, 895, 896 ff.; 288

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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Der Vorschlag eines vorgeschalteten Eskalations- und Schlichtungsverfahrens wird einerseits der primären Steuerungsfunktion der Shoot-out-Klausel gerecht, indem es den faktischen Einigungszwang vor der Ausübung der Klausel als u­ ltima ratio verstärkt.294 Andererseits läuft es Gefahr, im Widerspruch zur Intention von Shoot-out-Klauseln zu stehen, auftretende Blockaden schnellstmöglich zu beseitigen.295 Unabhängig von der Sinnhaftigkeit eines vorgeschalteten Eskalations- und Schlichtungsverfahrens dürfte es bei entsprechender Ausgestaltung den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes gerecht werden. Problematischer ist die Frage der Möglichkeit einer einseitigen (missbräuchlichen) Herbeiführung einer Blockadesituation.296 Dieses Risiko wird auch von ihren Befürworten erkannt, die sich in den Fällen, in denen ein Gesellschafter durch sein Verhalten treuwidrig die Blockadesituation herbeigeführt hat, für den Nichteintritt der Bedingung für die Ausübung der Shoot-out-Klausel aussprechen, vgl. § 162 Abs. 2 BGB.297 Gleichzeitig schlagen sie präventiv die Festlegung einer Vertragsstrafe für die missbräuchliche Herbeiführung eines Deadlocks vor.298 Die Feststellung der Treuwidrigkeit wird sich aber im Einzelfall schwierig gestalten, da die maßgebliche Frage der Kompromissbereitschaft oder -fähigkeit eines Gesellschafters ein Internum darstellt, das einer gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt auf der Grundlage objektiver Indizien zugänglich ist. Die Treuepflicht kann einen Gesellschafter nicht zu unwirtschaftlichen Entscheidungen zwingen.299 Die Frage der „richtigen“ wirtschaftlichen Entscheidung unterliegt einer begrenzten gerichtlichen Überprüfung.300 Unter der Prämisse, dass ein Gesellschafter um jeden Preis den Ausschluss seines Partners mithilfe des Shoot-out erzwingen will, üben die vorgeschalteten Eskalationsmechanismen auch nicht den gewünschten faktischen Einigungszwang aus. Vielmehr wirkt sich die zeitliche Verzögerung infolge dieser Mechanismen negativ auf die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Gesellschaft und im Zweifel auch zulasten des künftig ausscheidenden Gesellschafters aus, da sich der Anteilskaufpreis aufgrund der Lähmung der Gesellschaft bis zur Initiierung des Shoot-out-Verfahrens mindert. Vor diesem Hintergrund ist die Sinnhaftigkeit der ausdrücklichen Vereinbarung eines Deadlocks zu bezweifeln. Gleichzeitig liegt in Anlehnung an die Argumentation des Bundesgerichtshofs in dem Managermodell­ eidmann, DStR 2014, 1500, 1504 ff. („externe Mechanismen“); Willms / Bicker, BB 2014, W 1347, 1350; Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181. 294 Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.28. § 11 (Anm. 12); Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181. 295 Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1350. 296 Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 114 ff. 297 Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181. 298 Heeg, BB 2014, 470 („Warnfunktion“). 299 Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181. 300 Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 181.

226

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Urteil301 kein sachlicher Grund vor, wenn die das Shoot-out-Verfahren einleitende Vertragspartei einseitig durch ihr Verhalten eine Blockadesituation herbeiführen kann. Die Shoot-out-Klausel wäre als freie Ausschlussklausel einzuordnen. Wenn bereits die ausdrückliche Vereinbarung eines Deadlocks als Bedingung für die Ausübung der Shoot-out-Klausel derartige Bewertungsschwierigkeiten auslöst, gilt dies erst recht für deren teilweise geforderte302 konkludente Vereinbarung. Ohne konkrete Definition mündet die konkludente Vereinbarung aufgrund der Komplexität gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungen bereits im objektiven Auslösetatbestand in eine mit erheblichen Beweisschwierigkeiten verbundene Einzelfallbewertung. Es ist vorzugswürdig, von vornherein weder ausdrücklich eine Blockadesituation als Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB zu vereinbaren noch eine solche in Form einer konkludenten Vereinbarung künstlich zu konstruieren. Die Shoot-outKlausel kann jederzeit durch einen Gesellschafter ausgeübt werden, ohne dass die Existenz einer Blockadesituation streitanfällig bewiesen werden müsste. Sie ist als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren, die auf der ersten Stufe im Rahmen der präferierten Zwei-Stufen-Prüfung303 einer Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB zu unterziehen ist. Unabhängig von ihrer Anknüpfung an eine Blockadesituation ist die Shoot-out-Klausel sachlich gerechtfertigt, da sie sich bereits in dem Zeitpunkt als sinnvoll erweisen kann, in dem sich eine Blockadesituation noch nicht verfestigt hat, sondern sich lediglich abzeichnet. Ihr legitimer Zweck liegt in der präventiven Verhinderung potentieller Blockadesituationen.304 Der Ausübung der Klausel liegt regelmäßig die Uneinigkeit der Gesellschafter oder ein schwelender Interessenkonflikt zugrunde. Auf der zweiten Stufe kann die konkrete Ausübung der Klausel im Rahmen der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB als evident treuwidrige Ausnutzung einer ansonsten legitimen Rechtsposition bewertet werden, wenn diese nur dem Ausschluss eines Gesellschafters zu einem unangemessen niedrigen Anteilskaufpreis305 dienen soll. Die Möglichkeit des Missbrauchseinwands im Einzelfall hat auch das 301

Die Ausschlussmöglichkeit zulasten des Gesellschafter-Geschäftsführers wurde als freie Hinauskündigungsklausel qualifiziert, da die Beendigung der Organstellung als reine Potestativbedingung im freien Ermessen der Gesellschaftermehrheit, § 38 Abs. 1 GmbHG, steht, vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa). 302 Valdini / Koch, GWR 2016, 179, 180 („ergänzende Vertragsauslegung“). 303 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. 304 Dies entspricht der Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg, da es den legitimen Zweck der Klausel in der „Auflösung der Möglichkeit einer Selbstblockade“ sieht und nicht auf die Auflösung einer tatsächlichen Selbstblockade beschränkt, OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; zustimmend Schmitt, Beendigungsmechanismen im Gesellschaftsrecht, S. 128 f. 305 Die Treuwidrigkeit setzt voraus, dass der betroffene Gesellschafter aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation im Zeitpunkt der Ausübung diesen Kaufpreis nicht finanzieren kann. Diese Problematik kann durch die Möglichkeit der Fremdfinanzierung abgeschwächt, aber nicht beseitigt werden, vgl. Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2715; Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 30; Werner, GmbHR 2014, 315, 316.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

227

Oberlandesgericht Nürnberg bejaht.306 Indiziert wird die Treuwidrigkeit nicht bereits bei einem angebotenen Kaufpreis unter Verkehrswert der Anteile, sondern nur im Falle eines groben Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert.307 Dem Verzicht des Oberlandesgerichts Nürnberg auf eine (konkludent) als Bedingung für die Ausübung von Shoot-out-Klauseln vereinbarte Blockadesituation ist zuzustimmen. Übertragen auf Squeeze-out-Klauseln kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese weder ausdrücklich noch konkludent an eine Blockade infolge missbräuchlicher Beschlussanfechtungen oder etwaige Kostenersparnisse im Rahmen bevorstehender Strukturmaßnahmen anknüpfen müssen. Dies entspricht auch der Intention des aktienrechtlichen Squeeze-out, der unabhängig von der Kleinstbeteiligung keine weiteren Voraussetzungen für die Ausübung des Ausschlussrechts normiert. Langwierige Auseinandersetzungen über die Existenz eines Ausschlussgrunds in der Person oder dem Verhalten des Kleinstbeteiligten sollen vermieden werden. Die Gefahr der unzureichenden finanziellen Kompensation des Kleinstbeteiligten besteht beim Squeeze-out aufgrund der erforderlichen Abfindung zum Verkehrswert im Gegensatz zu den Shoot-out-Klauseln nicht. Eine evident treuwidrige Ausnutzung der Squeeze-out-Klausel auf zweiter Stufe wird auf außergewöhnliche Ausnahmekonstellationen beschränkt sein.

II. Drag-Along-Klauseln Squeeze-out-ähnliche Beteiligungsverhältnisse mit einem dominanten Mehrheits- und einem oder mehreren Minderheitsgesellschaftern liegen den in der Venture-Capital-Vertragspraxis verbreiteten Tag-along- und Drag-Along-Klauseln zugrunde.308 Die Tag-along-Klausel gewährt dem Minderheitsgesellschafter im Falle einer Anteilsveräußerung des Mehrheitsgesellschafters an einen gesellschaftsfremden Dritten eine privatautonome Ausstiegsmöglichkeit, nach der er seine Beteiligung zu den gleichen Konditionen an den Dritten oder den bisherigen Mehrheitsgesellschafter veräußern kann.309 Sie dient dem Interesse des Minderheitsgesellschafters, an dem möglicherweise erhöhten Kaufpreis infolge der Veräußerung der An 306

OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 418, 420; Heeg, BB 2014, 470. Fleischer / Schneider, DB 2010, 2713, 2717; Willms / Bicker, BB 2014, 1347, 1351. 308 Vgl. Mustervertragsklauseln bei Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 2. 1.; Müller, in: BeckFB ZivilR, Form O.3 § 3 f. (Anm. 2 ff.); Rombach, in: BeckFB GmbHR, Form C.II.5.; v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 7 f. (Anm. 30 ff.); Otto, GmbHR 1996, 16, 21; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1739 f.; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709, 716 f. 309 Otto, GmbHR 1996, 16, 21; Fleischer / Schneider, DB 2012, 961, 963; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1251; üblich auch zugunsten des Venture-Capital-Investors für den Fall des zukünftigen Anteilsverkaufs durch die Gründer, vgl. Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1978; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 83; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 45 f. 307

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

teilsmehrheit zu partizipieren und nicht ungewollt nach der Anteilsveräußerung dem Einfluss eines bis dato unbekannten Mehrheitsgesellschafters ausgesetzt zu sein.310 Als Gegenstück verpflichtet die Drag-along-Klausel im Interesse des Mehrheitsgesellschafters den Minderheitsgesellschafter, seine Anteile im Falle der Anteilsveräußerung des Mehrheitsgesellschafters zu gleichen Konditionen an den dritten Erwerber zu veräußern.311 Eine Drag-Along-Klausel ist zweckmäßig, da potentielle Erwerber regelmäßig den Erwerb sämtlicher Anteile zur Voraussetzung ihres Übernahmeangebots erklären.312 Durch die die Veräußerung sämt­ licher Anteile kann ein erhöhter Kaufpreis aufgrund eines „Paketzuschlags“ – zugunsten aller Gesellschafter – erzielt und dem Mehrheitsgesellschafter der Exit erleichtert werden.313 Sowohl Mitveräußerungsrecht als auch -pflicht bieten den Venture-Capital-Investoren, zu deren Gunsten sie regelmäßig vereinbart werden,314 Planungssicherheit für den anvisierten Exit und erhöhen die Fungibilität der Gesellschaftsbeteiligung.315 An dieser Stelle wird nur die Drag-along-Klausel einer Wirksamkeitskontrolle gem. 138 Abs. 1 BGB unterzogen, da sie im Gegensatz zur Tag-along-Klausel einen unfreiwilligen Gesellschafterausschluss bewirken kann.316 Die Dragalong-Klausel unterscheidet sich von der üblichen freien Ausschlussklausel, da die Anteile nicht auf den ausschlussberechtigten Gesellschafter, sondern einen dritten Erwerber übertragen werden, und der ausschlussberechtigte Gesellschafter ebenfalls aus der Gesellschaft ausscheidet.317 Mithin besteht im Hinblick auf die Kaufpreishöhe ein gewisser Interessengleichlauf zwischen ausschlussberechtigtem und -bedrohtem Gesellschafter. Um diesen Interessengleichlauf zu wah 310

Otto, GmbHR 1996, 16, 21; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1251 f.; Brehm, Venture-­ Capital-Vertragswerk, S. 166. 311 Fleischer / Schneider, DB 2012, 961, 964; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 83; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 169; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 46. 312 v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 8 (Anm. 32); Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 83. 313 Weinheimer / Renner, in: Hölters, Hdb Unternehmenskauf, Kap. 14.120; Schmidt / Nachtwey, in: BeckHdB-GmbH, § 3 Rn. 163; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252; wesentlich bessere Verkaufschancen an einen strategischen Käufer bei einem Angebot von 100 % der Anteile durch den Venture-Capital-Investor, vgl. Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1978; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 168. 314 Regelmäßig erhalten auch Gründer und Manager ein Tag-along-Recht, wenn die Finanzinvestoren ein Drag-along-Recht zur Voraussetzung ihres Investments machen, v. Werder /  Li, BB 2013, 1736, 1739. 315 Otto, GmbHR 1996, 16, 22; Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765, 1766; Mayer, MittBayNot 2006, 281, 284; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252. 316 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; vgl. zur Ausstrahlungswirkung des Tag-alongRechts auf das Sell-out-Recht als kompensatorische Vertragsgestaltung unten Kapitel 7 B. 317 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 208; Grunewald, ZIP 2021, 433, 436; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 140.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

229

ren und einem missbräuchlich zu niedrig bemessenen Kaufpreis zwischen dem Mehrheitsgesellschafter und einem Dritten präventiv entgegenzuwirken, wird das Drag-Along-Recht regelmäßig mit einem Vorkaufsrecht des Minderheitsgesellschafters flankiert.318 Trotzdem wirkt die Klausel aus der Perspektive des ausschlussbedrohten Gesellschafters, dessen Schutzbedürftigkeit die tragende Erwägung für die Hinauskündigungsrechtsprechung darstellt, wie eine Hinauskündigung, da er gegen seinen Willen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann.319 Als freie Ausschlussklausel ist sie zu qualifizieren, wenn ihre Ausübung im freien Belieben des Investors steht.320 Unter Heranziehung der Argumentation des Bundesgerichtshofs in dem Managermodell-Urteil321 kann die Verkaufsentscheidung des Investors nicht als reine, in seinem Belieben stehende Potestativbedingung für die Ausübung der Drag-along-Klausel bewertet werden.322 Vielmehr ist sie weitgehend von Faktoren abhängig, die sich seiner Einflusssphäre entziehen. Beispielhaft genannt seien ein positives Marktumfeld, die Entwicklung des operativen Geschäfts, das konkrete Angebot zu einem profitablen Kaufpreis durch den Erwerber sowie der Vergleich von Verlustrisiko und Gewinnchancen bei Weiterführung.323 Ferner verfolgt die Drag-Along-Klausel den Zweck, dem Investor einen optimalen Exit zu ermöglichen, nicht hingegen die Mitgesellschafter mithilfe des Damoklesschwerts der Hinauskündigung zu disziplinieren.324 Ein rational denkender Investor wird keine unwirtschaftliche Desinvestitionsentscheidung treffen.325 Die Verkaufsentscheidung ist als sachlicher Grund bzw. „festes Tatbestandsmerkmal“ einzuordnen, sodass die Drag-Along-Klausel nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren ist.326

318 Seibt, in: MAH GmbH-Recht, § 2 Rn. 312, 315; Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 199; Otto, GmbHR 1996, 16, 21; Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252; alternativer Minderheitsschutz durch einen Mindestkaufpreis oder eine die Transaktionskosten und Steuern deckende Mindestbewertung, vgl. Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 202. 319 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 170. 320 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982. 321 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa). 322 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1740. 323 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1740. 324 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982; Grunewald, ZIP 2021, 433, 436; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 141; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 171; anders Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252, die der Drag-along-Klausel auch eine disziplinierende Wirkung im Interesse der Kompromissfindung zusprechen. 325 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982. 326 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1740; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 141; ggf. andere Bewertung in Einzelfällen, in denen bereits die Veräußerung eines minimalen Anteils des Mehrheitsgesellschafters oder das konzerninterne Umhängen der Mehrheitsbeteiligung die Mitveräußerungspflicht des Minderheitsgesellschafters auslöst, Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 233.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Aber selbst wenn man die Drag-Along-Klausel aufgrund der abstrakten Möglichkeit einer unwirtschaftlichen Desinvestitionsentscheidung des Investors als freie Hinauskündigungsklausel qualifizierte, liegt es nahe, dass die Rechtsprechung den Wagniskapitalcharakter der Beteiligung als eine neue Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung anerkennen wird.327 Dem Investor werden im Rahmen seiner Risikobeteiligungen in Start-ups keine Dividenden ausgeschüttet, sondern er ist auf einen profitablen Exit angewiesen.328 Ohne Drag-Along-Klausel könnte er den Exit nicht gegen den Willen der Gründungsgesellschafter durchsetzen. In Anbetracht des erheblichen Risikos, dass die Gründungsgesellschafter seine künftige Verkaufsentscheidung aufgrund ihrer emotionalen Verbundenheit zum Unternehmen nicht mittragen, wird der Investor ohne eine entsprechende Mitveräußerungspflicht regelmäßig von seinem Investment Abstand nehmen. Dringend benötigtes Kapital würde den jungen Start-ups nicht zufließen. Daher dient die Drag-along-Klausel nicht nur den berechtigten Interessen des Investors, sondern auch den Interessen der Gründungsgesellschafter. Auch in Familiengesellschaften können Drag-along-Klauseln sinnvolle Gestaltungsinstrumente für die externe Unternehmensnachfolge im Wege des Unternehmensverkaufs darstellen.329 Sollte ein geeigneter familieninterner Unternehmensnachfolger fehlen, kann der Unternehmensverkauf die wirtschaftlichste Option sein, die aber nicht selten einige Familiengesellschafter aus emotionalen Gründen kategorisch ausschließen.330 Diese Familiengesellschafter trifft eine eventuelle Verkaufsnotwendigkeit besonders unvorbereitet.331 Für den skizzierten Fall einer fehlenden internen Nachfolgeregelung332 kann bei gleichzeitigem Vorliegen des Angebots eines Dritten auf den Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile eine Mitveräußerungspflicht aller Gesellschafter vereinbart werden, sofern eine qualifizierte Gesellschaftermehrheit dem Angebot zustimmt.333 Dieser mit der privatautonom vereinbarten Drag-along-Klausel einhergehende formalisierte Prozess 327

Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1983; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 208; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 173, der jedoch nicht zwischen dem sachlichen Grund und der sachlichen Rechtfertigung differenziert. 328 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1983; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 135. 329 Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253; vgl. für Private-Equity-Investitionen in Familienunternehmen Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 57 f.; zur Tendenz der externen Nachfolge im Mittelstand mangels nachfolgewilliger und -fähiger Familienmitglieder Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 709 unter Hinweis auf eine Studie der KfW aus dem Jahr 2019, abrufbar unter: https://www.kfw.de/ PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/ Fokus-2018/Fokus-Nr.-197-Januar-2018-Generationenwechsel.pdf [abgerufen am 26. 10. 2022]. 330 Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253. 331 Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253. 332 Deren Feststellung ist sinnvollerweise einem Beirat aus Familienmitgliedern und neutralen, gesellschaftsfremden Experten zu überantworten, vgl. Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253. 333 Ohne Zustimmungserfordernis auch Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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zwingt die Gesellschafter, sich frühzeitig mit der Frage eines geeigneten internen Unternehmensnachfolgers, alternativ mit einem Unternehmensverkauf zu befassen.334 Die Drag-Along-Klausel dient damit nicht nur der emotionalen Vorbereitung einzelner Familiengesellschafter auf den Unternehmensverkauf, sondern beugt größeren familiären Streitigkeiten hinsichtlich der Fortführung des Familienunternehmens vor.335 Andererseits sollte die Vereinbarung einer Drag-along-Klausel wohl bedacht sein, wenn einzelne Familiengesellschafter an einer unternehmerischen Betätigung mit langfristigem, generationenübergreifendem Horizont interessiert sind, da die Drag-along-Klausel das Risiko des Verlusts der Gesellschafterstellung in sich trägt.336 Sie dient in den Fällen, in denen der Unternehmenskauf bei ihrer Vereinbarung nicht beabsichtigt ist, primär der Stärkung der Verhandlungsposition des Private-Equity-Gesellschafters beim Ausstieg.337 Ein erzwungener Unternehmensverkauf eines traditionellen Familienunternehmens gegen den Willen der Familiengesellschafter ist für den Private-Equity-Gesellschafter nicht nur wirtschaftlich komplex, sondern kann sich auch äußerst schädlich auf sein Image auswirken.338 Zusammenfassend sind Drag-Along-Klauseln entweder als Ausschluss aus sachlichem Grund oder als sachlich gerechtfertigte freie Ausschlussklauseln zulässig.339 In ihren Auswirkungen und ihrem Zweck handelt es sich bei der Dragalong-Klausel um eine konkrete, auf den Exit zugeschnittene Sonderkonstellation, die einer Squeeze-out-Situation, in deren Folge der ausschlussberechtigte Gesellschafter in der Gesellschaft verbleibt und von der neuen Gesellschafterstruktur profitiert, nicht vergleichbar ist. Dennoch wirkt sich die Anerkennung einer weiteren Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung auf die Anerkennung vertraglicher Squeeze-out-Klauseln positiv aus. Die Drag-along-Klausel offenbart hinsichtlich der Beteiligung von Venture-Capital-Investoren an jungen Start-ups und PrivateEquity-Investoren in Familiengesellschaften eine weitere praktische Notwendigkeit von Squeeze-out-Klauseln. Diese ermöglichen es den Gründungsgesellschaftern, diejenigen Kleinstbeteiligten, die sich nicht einer Drag-along-Klausel des Investors unterwerfen wollen und die gesamte Investorenrunde gefährden, vor der Beteiligung des Investors auszuschließen.

334

Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253. Vgl. zu den positiven Auswirkungen auf den Aufbau von „Family Equity“ durch „Harvesting“, Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253 f. 336 Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1252. 337 Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 59. 338 Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 58. 339 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 201; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982; Fleischer / Schneider, DB 2012, 961, 968; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 141 (ergänzend unter Hinweis auf die der Gesellschaftsauflösung und -liquidation vergleichbaren Rechtsfolgen); vorsichtig Lange / Sabel, NZG 2015, 1249, 1253. 335

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

III. Gründer- und Managementbindung durch Leaver- oder Vesting-Regelungen Leaver- oder Vesting-Regelungen bei Private-Equity-Transaktionen könnten eine legitimierende Wirkung für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln entfalten. Im Rahmen der praktischen Bedeutung der Manager- und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle wurde auf die Beteiligung des Managements340 der Zielgesellschaft durch (übernehmende) Private-Equity-Investoren als Gestaltungsmittel zur Herstellung einer Interessenkongruenz hingewiesen, um dem Principal-Agent-Konflikt vorzubeugen.341 Das Management wird üblicherweise nicht an der Zielgesellschaft, sondern mit einer Quote von bis zu 20 % an einer Erwerbsgesellschaft (NewCo) des Private-Equity-Investors beteiligt.342 Diese Beteiligung bietet einen erheblichen Anreiz durch die Chance eines überproportionalen Vermögenszuwachses im Falle der Beteiligungsveräußerung.343 Gleichzeitig vermittelt sie das Risiko eines für die persönlichen Verhältnisse des Managers bedeutenden Vermögensverlusts in Form des für die Beteiligung aufgebrachten Finanzierungsaufwands.344 Das wirtschaftliche Interesse des Managers wird durch die Beteiligung an das Interesse des Investors an einem wirtschaftlich lukrativen Exit angeglichen.345 Im Gegensatz zum vom Bundesgerichtshof beurteilten Managermodell346 erhält das Management keine jährlichen Gewinnausschüttungen, da sämtliche Mittel zur Tilgung der Verbindlichkeiten der NewCo benötigt werden.347 In der konkreten Ausgestaltung der Private-Equity-Transaktionen sind insbesondere in jungen Unternehmen mit einem großen Wachstumspotential, aber geringen finanziellen Ressourcen Leaver- und Vesting-Regelungen von erheblicher Relevanz, um die Gründer und Führungskräfte an das Unternehmen zu bin-

340

Das Management umfasst insbesondere die Gründer der Zielgesellschaft. Vgl. oben Kapitel  C. II. 3. b); Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289 f.; Stenzel, DStR 2018, 82; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 55; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 119; vgl. zur Relevanz bei Management-Buy-outs Kowalski / Bormann, GmbHR 2004, 1438, 1439; Schockenhoff, ZIP 2005, 1009; ders., NZG 2018, 201, 207; vgl. zur Principal-Agent-Theorie Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 27; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 63 ff. 342 Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765 (regelmäßige Beteiligungsquote in der Praxis bis zu 15 %); Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289 f.; Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; Hohaus / Weber, BB 2012, 23, 24; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 207; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shootout-Klauseln, S. 66; vertiefend zur gesellschaftsrechtlichen Struktur derartiger Beteiligungskonzepte v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1737. 343 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1737. 344 Regelmäßig beziffert sich der Finanzierungsaufwand des Managements auf ein bis zwei Jahresbruttogehälter, vgl. Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 67. 345 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1737. 346 Vgl. oben Kapitel  C. II. 3. b) aa). 347 Drinkuth, NJW 2006, 410, 413; Sosnitza, DStR 2006, 99, 102. 341

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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den.348 Sie werden regelmäßig in Beteiligungsvereinbarungen (Participation Agreements)349 getroffen.350 Vesting-Klauseln bestimmen, dass der Begünstigte seine Anteile am Ende seiner Geschäftsführungstätigkeit351 (teilweise)  behalten darf, wenn er über einen bestimmten Zeitraum (Vestingperiode), der üblicherweise zwischen drei und fünf Jahren beträgt, seine Gesellschafterleistungen erbringt und nicht aus dem Unternehmen ausscheidet.352 Im Falle der Vereinbarung eines abgestuften Vestings wachsen dem Begünstigten in klar definierten Zeitabständen gewisse Prozentsätze seiner Beteiligung an.353 Mit zunehmender Dauer seiner Tätigkeit erhält er eine verstärkte Gesellschafterstellung.354 Regelmäßig wird dem Begünstigten vor dem Hintergrund der steuerlich günstigen Anerkennung bereits am Anfang der Anteil, der ihm nach Ablauf der Vestingperiode zustünde, mit der Verpflichtung übertragen, diesen bei vorzeitiger Beendigung seiner Tätigkeit an die Gesellschaft (teilweise) zurückzugewähren (negatives Vesting).355 Die Frage des Verbleibs in der Gesellschaft wird in den negativen Vesting-Katalogen von dem Grund der Beendigung der zu vestenden356 Leistungen abhängig gemacht.357 Differenziert wird zwischen dem Good Leaver, der aufgrund bestimmter unverschuldeter Tatbestandsmerkmale358 seine Tätigkeit niederlegen muss und seine Beteiligung in Höhe des bereits angewachsenen Anteils behalten darf, und dem Bad Leaver, dessen Tätigkeit aus von 348

Müller, in: BeckFB ZivilR, Form O.3. § 21 (Anm. 23) („Investition in Köpfe“); Weitnauer /  Grob, GWR 2015, 353; Kawka / Vocke / L’habitant, BB 2017, 1694; Brehm, Venture-CapitalVertragswerk, S. 139. 349 Wahlweise auch Gesellschaftervereinbarung (Shareholder bzw. Investor Agreement) genannt, vgl. v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1738. 350 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 290. 351 Zudem können für ein Vesting relevante Gesellschafterleistungen sonstige Arbeits- und Dienstleistungen (in Form eines den chargeable hours zuzurechnenden Mindestumsatzes), die Zurverfügungstellung von Daten, IP-Rechten, IT-Know-How oder die Überlassung von Produktionsmitteln sein, vgl. Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 2. 4. (Anm. 2, 4). 352 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 220; Kawka / Vocke / L’habitant, BB 2017, 1694; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 141; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-­ Gebern und Start-ups, S. 42 f. 353 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 220 ff.; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353; alternativ wird das abgestufte Vesting lediglich im Rahmen der Abfindungszahlung berücksichtigt, indem nur hinsichtlich des angewachsenen Anteils eine Abfindung zum vollen Verkehrswert geleistet wird, v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 9 (Anm. 41). 354 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 224; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353. 355 Mayer, MittBayNot 2006, 281, 284; Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 233; zur Umsetzung des negativen Vestings wird auf die Ausführungen zu den Instrumenten der Einziehung und der schuldrechtlichen / dinglichen Call-Option zugunsten des Investors oben in Kapitel 3 B. verwiesen; vgl. zur steuerrechtlichen Anerkennung Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765, 1766 f. 356 Begrifflichkeit bei Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 2. 4. (Anm. 4). 357 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 220. 358 Beispielhaft genannt seien eine schwere Krankheit, Berufsunfähigkeit oder eine vom Geschäftsführer nicht zu vertretende Kündigung durch die Gesellschaft, vgl. v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 9 Abs. 4 (Anm. 38 ff.); Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 220.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

ihm verschuldeten Gründen359 beendet wird und der zur Rückübertragung seiner Beteiligung verpflichtet ist.360 Problematisch kann sich diese Differenzierung gestalten, wenn die Beendigung der Tätigkeit an bestimmte betriebswirtschaftliche Kennzahlen (milestones) wie den Cash-Flow oder das EBITDA gekoppelt ist.361 Für die Zwecke dieser Abhandlung kann diese Problematik unbeantwortet bleiben, da der Ausschluss insofern an objektiv nachprüfbare Geschäftszahlen anknüpft und nicht im freien Ermessen des Investors steht.362 Der an bestimmte unverschuldete Tatbestandsmerkmale anknüpfende Ausschluss des Good leavers beruht auf einem sachlichen Grund bzw. „festen Tatbestandsmerkmal“ im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung, sodass eine freie Ausschlussklausel nicht vorliegt.363 Ähnliches gilt für den Ausschluss des Bad leavers. Bei einer Eigenkündigung führt der Manager seinen Ausschluss aus der NewCo durch seine eigene Entscheidung herbei. Im Übrigen ist der Ausschluss entweder als Ausschluss aus wichtigem Grund bei verhaltensgebundener Kündigung364 oder als Ausschluss aus sachlichem Grund aufgrund der Anknüpfung an bestimmte Tatbestände wie die eigene Insolvenz365 zu bewerten. In Einzelfällen kann der Ausschluss des Managers aus der NewCo in den Leaver-Klauseln allerdings in das freie Ermessen des Investors gestellt sein.366 359

Beispielhaft genannt seien die Kündigung des Dienstvertrags aus wichtigem Grund durch die Gesellschaft, die Eigenkündigung oder die Insolvenz des Geschäftsführers, vgl. v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 9 Abs. 3 (Anm. 38 ff.). 360 Diese Differenzierung wird kumulativ oder alternativ üblicherweise auch für die Frage der Abfindung des Gesellschafters zum Verkehrswert (Good leaver) oder zum Buchwert (Bad Leaver) relevant, vgl. Müller, in: BeckFB ZivilR, Form O.3. § 21 (Anm. 23); v. Schorlemer, in: BeckFB GmbHR, Form C.III.3. § 9 (Anm. 38 ff.); Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 220; Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765, 1766; Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 290; Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1742 ff.; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 355; Kawka / Vocke / L’habitant, BB 2017, 1694; Bross, Ausscheiden eines GmbHGesellschafters, S. 55 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 119; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 142; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-outKlauseln, S. 109. 361 Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 233; vgl. zur Problematik der Grenzfälle Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 119. 362 Als freie Hinauskündigungsklausel wäre diese Anknüpfung nur zu bewerten, wenn die milestones derart überhöht angesetzt werden, dass mit ihrem Erreichen nicht gerechnet werden kann und der Ausschluss im freien Belieben des Mehrheitsgesellschafters steht, vgl. Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 233. 363 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292; Zimmermann, GmbHR 2006, 231, 233 f.; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 55. 364 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 365 Ebenfalls als Einziehungsgrund i. S. v. § 34 Abs. 2 GmbHG anerkannt, vgl. oben Kapitel 2 C. I. 366 Beispielhaft genannt sei die Good leaver-Klausel, die das Ende der Beteiligung in der NewCo mit dem Ende der Organstellung in einer GmbH als Zielgesellschaft, das jederzeit ohne sachlichen Grund gem. § 38 Abs. 1 GmbHG durch den Investor herbeigeführt werden kann, verknüpft, vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa); wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 122; a. A. Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292 („sachlicher Grund“).

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

235

Vor dem Hintergrund der abweichenden Beteiligungs- und Risikostruktur in Leaver- und Vesting-Klauseln stellt sich die Frage, ob die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur sachlichen Rechtfertigung des Managermodells auf die Private-Equity-Strukturen übertragbar sind.367 Das Management übt seine operative Tätigkeit in der Zielgesellschaft und damit nicht in der NewCo als der Gesellschaft aus, an der es seine Beteiligung hält.368 Regelmäßig ist die Beteiligung an der NewCo stimmrechtlos oder mit umfassenden Stimmrechtsvollmachten zugunsten der Finanzinvestoren ausgestaltet.369 In der NewCo soll das Management weder unternehmerische Entscheidungen treffen noch die grundlegenden Strukturelemente des Investments wie die gesellschaftsrechtliche Ordnung der NewCo beeinflussen.370 Die Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des Managements auf Gesellschafterebene der NewCo ist demnach ähnlich gering wie im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Managermodell einzustufen.371 Die zeitliche Beschränkung der Managementbeteiligung in der NewCo bis zum Exit des Investors spricht ebenfalls für ihre kapitalistische Ausgestaltung.372 Eine andere Bewertung ergibt sich möglicherweise aus der unterschiedlichen Risikostruktur. Im herkömmlichen Managermodell wird die Beteiligung zum Nennwert übertragen und entfaltet ihren wirtschaftlichen Reiz durch die jähr­ lichen Gewinnausschüttungen. Das geringe wirtschaftliche Risiko des Managers wird obergerichtlich teilweise als unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung des Managermodells gehalten.373 Der Private-Equity-Beteiligung ist hingegen ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko des Managers in Form des für die Beteiligung erforderlichen Finanzierungsaufwands immanent.374 Dieses über die herkömmliche Managerbeteiligung hinausgehende wirtschaftliche Risiko ist seinerseits einer sachlichen Rechtfertigung zugänglich, da es zur Herstellung des Interessengleichlaufs von Investor und Management zwingend erforderlich ist.375 Aus Managersicht stellt die Beteiligung an der NewCo die steuerlich günstigste

367

Anders Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 57, die die Beurteilung der Leaver-Klauseln am Maßstab der Hinauskündigungsrechtsprechung ablehnen. 368 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292. 369 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 57; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 127. 370 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 126 f. 371 Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292. 372 Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 57. 373 OLG München, NZG 2020, 903, 905; a. A. LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; ­Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962 („bedingt verallgemeinerungsfähige[r] Nebenaspekt“); vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) cc) (2)–(3). 374 Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 123. 375 Ohne dieses wirtschaftliche Risiko des Managers wären nur die Gewinnchancen, nicht hingegen die Verlustrisiken angepasst, ähnl. Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 293.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

und anreizorientierteste Vergütungsform dar.376 Das wirtschaftliche Risiko wird durch die überproportional hohe Gewinnchance des Managers ausgeglichen.377 Die reine Partizipationsmöglichkeit an der potentiellen Wertsteigerung des Investments weicht wesentlich von einer realtypisch personalistisch geprägten Gesellschaft ab,378 sodass der Manager als risikobewusster Kapitalanleger qualifiziert werden kann. Das wirtschaftliche Risiko des Managers steht der Anerkennung der Managerbeteiligung in Private-Equity-Transaktionen nicht entgegen: Entweder stellt es in Einklang mit der Beurteilung des Landgerichts Stuttgart379 nicht eine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung des Managermodells dar oder es ist als Abweichung vom herkömmlichen Managermodell gesondert sachlich gerechtfertigt. Da der wirtschaftliche Schwerpunkt aus Sicht des Managers in der Partizipation am potentiellen Anteilsveräußerungsgewinn, nicht hingegen in seinem Gehalt in der Zielgesellschaft liegt, erscheint die Einordnung der Beteiligung als Annex380 zur operativen Tätigkeit auf den ersten Blick zweifelhaft.381 Die wirtschaftliche Interessenlage des Managements kann aber nicht über den primären Beteiligungszweck hinwegtäuschen. Dieser liegt darin, das Management der Zielgesellschaft zu Höchstleistungen im operativen Geschäft bis zum Exit zu motivieren, und ist wie beim herkömmlichen Managermodell auf den Zeitraum der Zugehörigkeit zum Unternehmen begrenzt.382 Sobald der Manager aus dem Unternehmen ausscheidet, entfällt der wesentliche Grund für seine Beteiligung.383 Gleichzeitig ist der Investor auf die Rückübertragung des Anteils angewiesen, um mit dem Beteiligungskonzept künftige Leistungsträger binden zu können.384 Ohne eine Managementtätig 376 Regelmäßig werden Sweet-Equity-Strukturen aufgelegt, in denen Finanzinvestoren die Führungskräfte gegen Zahlung des gemeinen Werts des Anteils an der NewCo beteiligen – steuerlich vorteilhaft, da kein Arbeitslohn – und eine Hebelwirkung durch ihren disquotalen Mitteleinsatz (Eigenkapital und / oder Darlehen) erzeugen, vgl. Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765, 1767; Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289 f.; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1738; Grisar /  Zantopp, DStR 2020, 1768, 1769; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 67 ff.; allgemein zur anreizorientierten Vergütungsform Schneider / Wiechers, DB 2005, 2450, 2452; Hohaus / Weber, BB 2006, 2089, 2090; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 124. 377 Ähnl. Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962 (Kompensation der veränderten Risikoverteilung); Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 124 („anzuerkennendes Gegengewicht“). 378 Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 56. 379 LG Stuttgart, GmbHR 2019, 116, 119; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) cc) (2). 380 Vgl. zu dieser anerkannten sachlichen Rechtfertigungsgruppe oben Kapitel 3 C. II. 3. b). 381 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 125. 382 Sosnitza, DStR 2006, 99, 102 („We back jockeys, not horses“); Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 126; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 61. 383 Sosnitza, DStR 2006, 99, 102. 384 Drinkuth, NJW 2006, 410, 413; Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1742; insofern übereinstimmend zum Managermodell BGHZ 164, 98, 103; vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa).

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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keit in der Zielgesellschaft wird keine Beteiligung in der NewCo gewährt. Folglich kann die Beteiligung als Annex zur operativen Tätigkeit qualifiziert werden.385 Die Managementbeteiligungskonzepte sind im Private-Equity-Bereich als neue, das Managermodell modifizierende Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung wirksam.386 Für die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln ist die positive Ausstrahlungswirkung dieser praktizierten, (teilweise) freien Ausschlussklauseln zu betonen. Positiv zu bewerten ist, dass das erhebliche wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs der sachlichen Rechtfertigung der Managementbeteiligungskonzepte in Private-Equity-Transaktionen nicht entgegensteht. Anders als beim herkömm­ lichen Managermodell, in dem die geringe Beteiligungsquote von maximal 10 % eine wesentliche Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft ausschließt, kann bei Private-Equity-Beteiligungen nicht bereits aus den Beteiligungsquoten von bis zu 20 % auf eine beschränkte Schutzwürdigkeit der freien gesellschaftsrechtlichen Willensentscheidung des Managements in der NewCo geschlossen werden. Die begrenzte Schutzwürdigkeit ergibt sich vielmehr aus der stimmrechtslosen Ausgestaltung der Anteile oder der umfassenden Stimmrechtsvollmachten zugunsten des Investors. Im Gegensatz zum herkömmlichen Managermodell ist die geringe Beteiligungsquote der Anerkennung von Managementbeteiligungen im Private-Equity-Bereich nicht immanent. Eine direkte Schlussfolgerung für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln verbietet sich. Für die Höhe der Schwellenwerte kann allerdings die kompensierende Wirkung einer stimmrechtslosen Anteilsgestaltung und die Erteilung umfassender Stimmrechtsvollmachten Berücksichtigung finden.387

IV. Minderheitsbeteiligung eines Finanzinvestors an einem Familienunternehmen Eine weitere diskussionswürdige Ausschlussklausel sieht ein Vertragsformular des Beck’schen Formularbuchs Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, das allgemein den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von 30 % an einem Familienunternehmen durch einen Finanzinvestor regelt, in Form eines Ankaufsrechts zugunsten des Familien-Mehrheitsgesellschafters (A) nach einer Haltefrist des minderheitsbeteiligten Finanzinvestors (I) von drei Jahren vor:

385

Sosnitza, DStR 2006, 99, 102; Hohaus / Weber, NZG 2005, 961, 962; dies., BB 2006, 2089, 2090; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 126. 386 Schneider / Wiechers, DB 2005, 2450, 2452; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 146; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-out-Klauseln, S. 118 ff.; offen gelassen von v. Werder /  Li, BB 2013, 1736, 1744; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 57. 387 Vgl. unten Kapitel 5 B.; Kapitel 6 B. I.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

„(1) A hat das Recht, die gesamte von I gehaltene Beteiligung nach Maßgabe dieses § 10 zu erwerben (‚Erwerbsrecht‘). (2) A kann das Erwerbsrecht nur durch schriftliche Erklärung gegenüber I frühestens nach Ablauf der Haltefrist ausüben. Das Erwerbsrecht erlischt, wenn es nicht spätestens innerhalb von (12) Monaten nach seiner Entstehung ausgeübt worden ist.“388 Dieses Ankaufsrecht (Call-Option) wird in den Folgeabsätzen durch einen am Unternehmenswert orientierten, zur Kompensation des Minderheitsbeteiligten erhöhten Kaufpreis, einen Mindestkaufpreis und die Verpflichtung der Parteien, nach der Ausübung des Ankaufsrechts einen notariellen Anteilskauf- und Übertragungsvertrag abzuschließen, vervollständigt.389 Das Ankaufsrecht knüpft nicht an bestimmte objektive Tatbestände an. Seine Ausübung wird lediglich auf einen Zeitraum von einem Jahr390 zwischen dem dritten und vierten Jahr nach Vertragsschluss beschränkt. In Anlehnung an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1988391 wäre dieses Ankaufsrecht nicht als freie Ausschlussklausel, sondern eine an ein „festes Tatbestandsmerkmal“ anknüpfende Klausel zu qualifizieren,392 wenn die Ausübungsfrist von einem Jahr noch als angemessen bewertet würde. Der Bundesgerichtshof hat in vorgenannter Entscheidung die Frage der Angemessenheit einer einjährigen Ausübungsfrist offengelassen. In der Literatur wird ein engerer Zeitraum zwischen einem und sechs Monaten vorgeschlagen.393 Demnach wäre die vorliegende Musterklausel zumindest für den überschießenden Zeitraum von sechs Monaten als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren und an den Grundsätzen der Hinauskündigungsrechtsprechung zu messen. In den Anmerkungen zur Musterklausel erwähnt Meyer-Sparenberg jedoch mit keinem Wort die Problematik der freien Hinauskündigung, sondern geht ohne jeden Zweifel von der Wirksamkeit der Klausel aus.394 Diese offene Haltung ohne ein großes Problembewusstsein für die Hinauskündigungsrechtsprechung lässt vermuten, dass in der Praxis bereits liberalere freie Ausschlussklauseln gelebt werden, ohne einer höchstrichterlichen Überprüfung unterzogen worden zu sein. Dies entfaltet eine Ausstrahlungswirkung auf eine künftig liberalere Bewertung freier Ausschlussklauseln durch den Bundesgerichtshof, insbesondere hinsichtlich der Anerkennung weiterer sachlicher Rechtfertigungsgruppen. Bei genauerer Betrachtung streitet in der vorliegenden Konstellation das Interesse der Familiengesellschaft, dass der Finanzinvestor die Minderheitsbeteiligung 388

Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 10 (Anm. 23 f.). Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 10 (Anm. 23 f.). 390 Teilweise sogar Zeitraum von zwei Jahren, vgl. Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 59. 391 BGHZ 205, 213, 222. 392 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 1. 393 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 1. 394 Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 10 (Anm. 23 f.). 389

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am Ende des vereinbarten Mindestinvestitionszeitraums (Lock-up-Periode) zurück in die „Familienhand“ überträgt,395 für die sachliche Rechtfertigung des einjährigen freien Ausschlussrechts. Aufgrund ihrer emotionalen Bindung zum Familienunternehmen beabsichtigen die Familiengesellschafter vielfach nicht, mithilfe des Investors die Gesamtveräußerung vorzubereiten.396 Ihr vorrangiges Interesse ist auf die Aufnahme frischen Kapitals und die Professionalisierung von Leitungsstrukturen gerichtet.397 Ihr weitergehendes Interesse, zu einem späteren Zeitpunkt sämtliche Anteile an der Familiengesellschaft wieder in „Familienhand“ zu überführen, ist mit den berechtigten Interessen des Finanzinvestors abzuwägen.398 Das ausschließlich finanzielle Interesse des Finanzinvestors liegt in der Erzielung einer maximalen Rendite auf sein eingesetztes Kapital bei einem begrenzten Anlagehorizont.399 Entsprechend legt das Vertragsformular im Falle der Ausübung des zeitlich begrenzten Ankaufsrechts eine am EBITDA orientierte Kaufpreisformel, die auch zur Berechnung des Einstiegspreises herangezogen wurde, mit einem höheren Multiplikator sowie einen Mindestkaufpreis fest.400 Obwohl die Abfindungsleistung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich für die Frage der Wirksamkeit einer freien Hinauskündigungsklausel nicht zu berücksichtigen ist,401 garantiert die Vereinbarung des Mindestkaufpreises dem Finanzinvestor eine festgelegte sichere Rendite für sein ohnehin zeitlich begrenztes Investment.402 Die Call-Option bringt das Interesse der Familienunternehmer an einer gewissen Planungssicherheit in einen angemessenen Ausgleich mit dem Interesse des Finanzinvestors an einer festgelegten sicheren Rendite und der Liquidierbarkeit der Investition. Es liegt eine weitere der Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB entgegenstehende Fallgruppe der sachlichen Rechtfertigung vor. Das (emotionale) Interesse der Familiengesellschafter am dauerhaften Verbleib der Anteile am Familienunternehmen in „Familienhand“ überwiegt gegenüber dem Interesse des Finanzinves 395

Cichy / Jander-McAlister, BB 2012, 723, 724; Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 59. 396 Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 10 (Anm. 23). 397 Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 1 ff. (Anm. 1); Achleitner / Schraml /  Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 19 f. 398 Vgl. zu den widerstreitenden Interessen Cichy / Jander-McAlister, BB 2012, 723, 724 f.; Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 41. 399 Rudolph, ZGR 2008, 161, 163; Cichy / Jander-McAlister, BB 2012, 723, 724; vgl. zum begrenzten Anlagehorizont Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III. 25. § 9  Abs. 2 (Anm. 20); Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 11. 400 Meyer-Sparenberg, in: BeckFB BHW, Form III.25. § 10 (Anm. 24). 401 BGHZ 164, 98, 104; vgl. kritische Bewertung unten in Kapitel 7 C. 402 Oftmals wird dem Private-Equity-Investor nach Ablauf der Call-Option der Familiengesellschafter für einen begrenzten Zeitraum von ein bis zwei Jahren eine Put-Option zu einem zuvor definierten Ausübungspreis eingeräumt, vgl. Achleitner / Schraml / Tappeiner, PE in Familienunternehmen – Erfahrungen mit Minderheitsbeteiligungen, S. 59.

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Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

tors am Verbleib in der Gesellschaft, sofern das freie Ausschlussrecht zeitlich befristet ist und durch einen renditetragenden Mindestkaufpreis vergütet wird. Der Finanzinvestor kann trotz der Verfolgung ausschließlich finanzieller Ziele nicht als reiner Kapitalanleger qualifiziert werden, da ihm regelmäßig eine unternehmerische Beteiligung403 eingeräumt wird. Die für den Finanzinvestor gezogenen Schlussfolgerungen sind nicht auf den Kleinstbeteiligten im Rahmen der Bewertung gewillkürter Squeeze-out-Regelungen übertragbar.

V. Verwässerungsschutzklauseln Unter dem Gesichtspunkt des Hinauskündigungsverbots werden auch Verwässerungsschutzklauseln (anti dilution provisions) zugunsten von Venture-CapitalInvestoren diskutiert.404 Derartige Klauseln sollen das Risiko des Erstinvestors vor einer wirtschaftlichen Verwässerung seiner Anteile infolge einer weiteren Finanzierungsrunde absichern.405 Wenn der Folgeinvestor sich aufgrund einer gesunkenen Unternehmensbewertung lediglich zu einer niedrigeren Bewertung als der des Erstinvestors beteiligen will (down round), hat dies neben der Verminderung der prozentualen Beteiligungsquote des Erstinvestors eine wirtschaftliche Verwässerung seiner Beteiligung zur Folge.406 Zum Ausgleich vereinbaren die Gründungsgesellschafter und der Erstinvestor in der Regel schuldrechtlich im Shareholders Agreement eine Verwässerungsschutzklausel.407 Diese berechtigt den Erstinvestor, in der weiteren Finanzierungsrunde die Anzahl zusätzlicher Anteile zum geringsten Ausgabebetrag (Nominalwert) zu beziehen, die erforderlich ist, um die Gesamtbewertung des Erstinvestors auf das Niveau der Folgerunde abzusenken (full ratchet).408 Diese Kompensation erfolgt stets zum Nachteil der Gründungsgesellschafter, deren relative Anteile im Verhältnis zu denen der Erst- und Folgeinvestoren sinken und im Falle eines substantiellen Bewertungsabschlags wirtschaftlich erheblich 403

Die unternehmerische Beteiligung zeichnet sich durch die Möglichkeit der Einflussnahme des Finanzinvestors auf die Gesellschaft durch die Besetzung von Beirats- und Aufsichtsratsposten und mittelbar durch seine Gesellschafterstellung aus, wohingegen regelmäßig kein Interesse an der Führung des operativen Geschäfts besteht, vgl. Cichy / Jander-McAlister, BB 2012, 723, 724. 404 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1740 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 132 f. 405 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977; Spitz, GWR 2020, 316, 317; Brehm, Venture-CapitalVertragswerk, S. 130 f.; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 40 f. 406 v. Einem / Schmid / Meyer, BB 2004, 2702, 2703; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977. 407 v. Einem / Schmid / Meyer, BB 2004, 2702, 2703. 408 Alternativ kann der Umfang der jeweiligen Beteiligung Berücksichtigung finden (weighted average), v.  Einem / Schmid / Meyer, BB 2004, 2702, 2705 ff.; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977; Spitz, GWR 2020, 316, 317; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 130 f.; Röhr, Vertrag zwischen Venture-Capital-Gebern und Start-ups, S. 40 f.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

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verwässern.409 Obwohl die Verwässerungsschutzklauseln nicht zum Ausschluss der Gründungsgesellschafter führen, kann ihr Anteil wirtschaftlich auf einen unwesentlichen Bruchteil schrumpfen.410 Die Situation ist aus Sicht der Gründer mit einem Bezugsrechtsausschluss vergleichbar, der als schwerwiegender Eingriff in die Gesellschafterrechte einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.411 Im Rahmen von Verwässerungsschutzklauseln wird allerdings nicht das Bezugsrecht der Gründungsgesellschafter durch die Gesellschaft ausgeschlossen. Vielmehr verzichten412 die Gründungsgesellschafter zulässigerweise im Voraus auf den konkreten Bezugsanspruch aus einer Kapitalerhöhung, der eine niedrigere Unternehmensbewertung als derjenigen der ersten Investitionsrunde zugrunde liegt.413 Daher sind die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an einen wirksamen Bezugsrechtsausschluss nicht auf die Verwässerungsschutzklauseln übertragbar.414 Die Verwässerungsschutzklauseln könnten an den Grundsätzen der Hinauskündigungsrechtsprechung zu messen sein, da die wirtschaftliche Verwässerung der Gründerbeteiligungen infolge der weiteren Finanzierungsrunden in ihrer Wirkung einem Gesellschafterausschluss auf Raten gleichkommt.415 Als Voraussetzung müsste es jederzeit im freien Belieben des Erstinvestors stehen, die Verwässerung der Gründerbeteiligung zu realisieren. Die Verwässerung der Gründerbeteiligung setzt allerdings eine weitere Finanzierungsrunde mit einer niedrigeren Unternehmensbewertung voraus. Sofern sich ein Dritter, der in keinem engen Verhältnis zum Erstinvestor steht, an der Folgerunde beteiligt, liegt eine Kapitalerhöhung als down round nicht im Interesse des Erstinvestors.416 Für den Bewertungsabschlag werden gewichtige Gründe vorliegen, die der Erstinvestor nicht einseitig herbeizuführen vermag.417 Die Entscheidung über die down round ist – ähnlich wie die Verkaufsentscheidung im Rahmen von Drag-Along-Klauseln –418 als sach-

409

Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1978; Spitz, GWR 2020, 316, 319. Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981. 411 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; zur sachlichen Rechtfertigung des aktienrechtlichen Bezugsrechtsausschlusses BGHZ 71, 40, 44 ff.; 125, 239, 244; 136, 133, 135 ff.; Inhester, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 55 Rn. 35. 412 Rechtstechnisch kann der Verzicht durch einen Erlassvertrag i. S. v. § 397 BGB oder eine Vorausabtretung i. S. v. §§ 398 Abs. 1, 413 BGB realisiert werden, vgl. Schürnbrand / Verse, in: MüKoAktG, § 186 Rn. 64; Servatius, in: BeckOGK AktG, § 186 Rn. 32 f. 413 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 137 f.; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 132 f.; allgemein zur Übertragbarkeit konkreter Bezugsrechte vor der Beschlussfassung im Wege der Vorausabtretung Servatius, in: BeckOGK AktG, § 186 Rn. 28 f.; Nodoushani, WM 2011, 1, 2. 414 Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 137 f.; Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981. 415 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1741. 416 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981. 417 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981. 418 Vgl. oben Kapitel 4 F. II. 410

242

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

licher Grund bzw. „festes Tatbestandsmerkmal“ zu qualifizieren. Verwässerungsschutzklauseln entfalten keine dauerhafte Disziplinierungswirkung zulasten der Gründungsgesellschafter, die das Sittenwidrigkeitsverdikt gem. § 138 Abs. 1 BGB begründet.419 Selbst bei einer Einordnung als freie Hinauskündigungsklausel liegt die Annahme einer sachlichen Rechtfertigung nahe. Die Verwässerungsschutzklausel verhindert, dass der Erstinvestor einseitig das Risiko der Überbewertung trägt.420 Gleichzeitig wahrt sie auch das Interesse der Gründungsgesellschafter, die ansonsten im Rahmen der ersten Finanzierungsrunden gegenüber den Erstinvestoren lediglich geringere Unternehmensbewertungen durchsetzen könnten.421 Verwässerungsschutzklauseln sind entweder als Ausschluss aus sachlichem Grund oder als sachlich gerechtfertigte freie Ausschlussklauseln zulässig. Für den Squeeze-out werden diese Erwägungen neben der positiven Ausstrahlungswirkung einer weiteren zulässigen Gestaltungsmöglichkeit im Dunstkreis der Hinauskündigungsklauseln im Zusammenhang mit dem Gestaltungsszenario des „Unterschreitens einer bestimmten Kapitalschwelle“ relevant.422

VI. Fazit Im Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich entsprechen Shoot-out-, Dragalong-, Vesting- und Leaver-Klauseln der gängigen Vertragspraxis. Im Rahmen der Minderheitsbeteiligungen von Private-Equity-Gesellschaften an Familienunternehmen sind zeitlich begrenzte Call-Optionen der Familiengesellschafter nach einer Mindestinvestitionsperiode des Finanzinvestors geläufig. Sämtliche dieser Klauseln können in besonderen Ausformungen und Sachverhaltskonstellationen als freie Ausschlussklauseln qualifiziert werden. In jedem Fall gebietet die spezielle Interessenlage der Vertragspartner die Anerkennung der jeweiligen Klausel als neue Fallgruppe einer sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung. Die Klauseln dienen zum einen dem Interesse des Finanzinvestors an einer finanziellen Absicherung und einer sicheren Rendite. Sie stellen in der Regel eine zwingende Voraussetzung für sein Investment in junge Unternehmen oder ins Straucheln geratene mittelständische Familienunternehmen dar. Zum anderen fördern die Klauseln das Interesse der Familiengesellschafter an einer gewissen Planungssicherheit und das Interesse der Gründer oder des Managements an einem steuerlich günstigen und anreizorientierten Vergütungssystem.

419

Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; ähnl. für den Bezugsrechtsausschluss von Managern v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1741. 420 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, S. 133. 421 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1981. 422 Vgl. unten Kapitel 5 C.

F. Ausstrahlungswirkung von Klauseln 

243

Vor diesem Hintergrund hätte es eine verheerend abschreckende Wirkung für den Kapitalanlageplatz Deutschland im internationalen Wettbewerb, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung zukünftig einzelne Klauseln als sittenwidrig i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB qualifizieren sollte. Dringend benötigtes Kapital würde nicht in deutsche Unternehmen investiert. Innovative Leistungsträger könnten Deutschland aufgrund höherer Realisierungschancen ihrer Ideen und besserer persönlicher Gewinnerwartungen im Ausland den Rücken zukehren. Arbeitsplätze, Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen wären in ernsthafter Gefahr. Gleichzeitig stünde die Annahme eines Sittenverstoßes i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB im Widerspruch zu dem Wandel der moralischen Wertvorstellungen der Gesellschaft im Hinblick auf Venture-Capital- und Private-Equity-Transaktionen, der sich in der Popularität der vorgenannten Klauseln für die Vertragsgestaltung widerspiegelt. Die jeweiligen Interessenlagen, die das wirtschaftliche Bedürfnis für die vorgenannten Klauseln begründen, stellen besondere, auf die speziellen Fallgruppen zugeschnittene sachliche Rechtfertigungen dar. Die geringe Beteiligungsquote ist der Anerkennung von Managementbeteiligungen im Private-Equity-Bereich im Gegensatz zum herkömmlichen Managermodell auch nicht immanent. Ein direkter Schluss auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung scheidet aus. Trotzdem entfaltet die Anerkennungswürdigkeit der Klauseln als neue Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung eine positive Ausstrahlungswirkung auf die Zulässigkeit weiterer freier Ausschlussklauseln, die durch neue Gesellschafterstrukturen und das moderne Wirtschaftsleben erforderlich werden. Da aufgrund moderner GmbH- und KGGesellschafterstrukturen mit zunehmend kapitalistischer Prägung ein erhebliches praktisches Bedürfnis für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln besteht, erstreckt sich diese Ausstrahlungswirkung unter anderem auf gewillkürte Squeeze-out-Klauseln. Ein praktisches Bedürfnis für Squeeze-out-Klauseln offenbart sich im Zusammenspiel mit Drag-along-Klauseln zugunsten von Finanzinvestoren, da der Squeeze-out einzelner Minderheitsgesellschafter, die sich der Drag-along-Klausel nicht unterwerfen wollen, ein probates Mittel für die Altgesellschafter ist, die Gesellschafterstrukturen vor der neuen Investorenbeteiligung zu bereinigen. Auch wirkt es sich für vertragliche Squeeze-out-Klauseln positiv aus, dass das erhebliche wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs der sachlichen Rechtfertigung der Managementbeteiligungskonzepte in Private-Equity-Transaktionen nicht entgegensteht. Der Verzicht auf eine Blockadesituation als Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB für die Ausübung von Shoot-out-Klauseln kann auf Squeezeout-Klauseln übertragen werden. Der vertragliche Squeeze-out muss in Übereinstimmung mit den §§ 327a ff. AktG weder ausdrücklich noch konkludent unter die Bedingung einer Blockade durch missbräuchliche Beschlussanfechtungen oder etwaiger Kostenersparnisse im Rahmen bevorstehender Strukturmaßnahmen gestellt werden.

244

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

G. Verfassungsrechtliche Aspekte Es ist zu untersuchen, ob die vorstehenden Schlussfolgerungen zugunsten der Zulässigkeit vertraglicher Squeeze-out-Klauseln mit den Squeeze-out-relevanten Grundrechten in Einklang stehen.

I. Eigentumsfreiheit, Art. 14 Abs. 1 GG Das Bundesverfassungsgericht hält Art. 14 Abs. 1 GG für den primären verfassungsrechtlichen Prüfmaßstab im Rahmen des gesetzlichen Ausschlusses eines Minderheitsaktionärs.423 Auffällig ist, dass der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Hinauskündigungsrechtsprechung mit keinem Wort die Eigentumsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters gem. Art. 14 Abs. 1 GG erwähnt, sondern ausschließlich auf dessen Willensentschließungsfreiheit abstellt.424 Dies wird damit zu begründen sein, dass der Verlust des Anteilseigentums aufgrund einer freien Ausschlussklausel nicht auf einen Akt staatlicher Gewalt, sondern auf die privatautonome Vereinbarung der Gesellschafter zurückzuführen ist. Da das Bundesverfassungsgericht die Interessenabwägung des Gesetzgebers bei der Normierung der §§ 327a ff. AktG als Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG als sachgerecht und verhältnismäßig anerkannt hat, wird eine vertragliche Vereinbarung eines diesen Vorschriften nachgebildeten Squeezeout erst recht nicht die Eigentumsfreiheit verletzen. Unabdingbare Voraussetzung ist, dass der Minderheitsgesellschafter vermögensrechtlich für den Verlust seiner Beteiligung vollständig entschädigt wird. Die Eigentumsfreiheit des Kleinstgesellschafters steht der Wirksamkeit einer privatautonomen Squeeze-out-Regelung nicht entgegen.

II. Vertrags- und Gestaltungsfreiheit, Art.  9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG Einer eingehenderen Untersuchung bedarf die für die Hinauskündigungsrechtsprechung maßgebliche Vertragsfreiheit in Form der Willensentschließungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Kleinstbeteiligten. Die Vertragsfreiheit, die vor einer durch die freie Ausschlussklausel entstehenden Einschränkung der Willensentschließungsfreiheit schützen soll, wurde anhand der Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts als Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension eingeordnet.425 Der Vorrang der Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension gegenüber der Vertragsfreiheit in ihrer ab 423

BVerfG, NJW 2001, 279 („Moto-Meter-Beschluss“); 2007, 3268; vgl. oben Kapitel 2 A. I. Vgl. oben Kapitel  3  C. I., III. 2. a) bb) (2). 425 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. a). 424

G. Verfassungsrechtliche Aspekte

245

wehrrechtlichen Dimension ist nur in absoluten Ausnahmefällen anzunehmen, in denen sich die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt.426 Dies wurde für die Vereinbarung einer freien Hinauskündigungsklausel grundsätzlich bejaht.427 Daher ist eine gewillkürte Squeeze-out-Klausel im Lichte der Vertragsfreiheit unwirksam, wenn die Schutzbedürftigkeit der Entscheidungsfreiheit des Kleinstbeteiligten vergleichbar schwer wiegt wie die eines mit höherem Kapitalanteil ausgestatteten, vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters. Da der Kleinstbeteiligte aufgrund seiner geringen Beteiligung nicht imstande ist, einen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft zu nehmen, kann seine Entscheidungsfreiheit nur einen eingeschränkten Schutz genießen. Die eingeschränkte Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des Kleinstbeteiligten bezieht sich im Wesentlichen auf die ungehemmte Wahrnehmung seiner Kontrollrechte.428 Die davon erfassten Auskunfts-, Teilnahme- und Anfechtungsrechte sind diejenigen Rechte, die das wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse des Hauptgesellschafters an einem Squeeze-out begründen. Eine unternehmerische Initiative geht von ihnen nicht aus. Sie dienen primär der Rechtmäßigkeitskontrolle. Für den Wert der Kleinstbeteiligung als Kapitalanlage ist entscheidend, dass die Geschäfte der Gesellschaft ordnungsgemäß geführt und die Bilanzen regelkonform aufgestellt werden. Somit wird die abstrakte Gefahr eines Ausschlusses bei gleichzeitig vollständiger vermögensrechtlicher Kompensation den Kleinstbeteiligten regelmäßig nicht davon abhalten, konkreten Verdachtsmomenten hinsichtlich einer unrechtmäßigen Geschäftsführung oder Bilanzfälschungen mithilfe seiner Kontrollrechte nachzugehen. Stimmig wird der geringe Kapitalanteil teilweise für einen erleichterten Ausschluss aus wichtigem Grund angeführt, weil die Ausschlusswirkung für einen rein kapitalorientierten, geringfügig beteiligten Gesellschafter weniger einschneidend sei als für einen Gesellschafter mit größerem Kapitalanteil.429 Das Drohpotential eines künftigen Ausschlusses aufgrund einer freien Hinauskündigungsklausel ist bei einem geringen Kapitalanteil abgeschwächt. Karsten Schmidt führt diese Überlegung weiter, indem er die Ausgestaltung einer „entziehbaren“ Mitgliedschaft als zulässig erachtet, wenn der Kommanditist im Innenverhältnis ohne Unternehmerrisiko lediglich am Gewinn beteiligt ist.430 Der ausschlussbedrohte Gesellschafter verdiene keinen vollen mitgliedschaftlichen Schutz, insbesondere keinen Schutz durch ein Ausschließungsverbot.431

426

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) aa). Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (2). 428 Vgl. oben Kapitel 4 C. I. 429 Vgl. oben Kapitel 2 D. 430 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 103. 431 K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 103; vgl. zur vergleichbaren Argumentationsfigur des „Gesellschafters minderen Rechts“ unten Kapitel 3 C. III. 2. b) aa). 427

246

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

Die Vereinbarung einer gewillkürten Squeeze-out-Klausel ist nicht als ein Ausnahmefall im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, in dem sich die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt, zu bewerten. Anders als grundsätzlich für freie Hinauskündigungsklauseln angenommen432 überwiegt die Vertragsfreiheit der Gesellschafter in ihrer abwehrrechtlichen Dimension. Die Gesellschafter können frei von staatlicher Einmischung den Ausschluss des Kleinstbeteiligten aufgrund seiner Kleinstbeteiligung vereinbaren. Die Qualifikation der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln steht in Einklang mit der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.

H. Gleichbehandlungsgebot Ein besonderes Augenmerk ist der Bewertung der gewillkürten Squeeze-outKlausel im Hinblick auf das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot433 zu widmen. Aufgrund der Subsidiarität des Gleichbehandlungsgebots gegenüber der vorrangigen, gesellschaftsvertraglich „ungleichen“ Ausgestaltung der Gesellschafterrechte434 ist danach zu differenzieren, ob es sich bei einer abstrakt zulasten eines Kleinstbeteiligten vereinbarten Ausschlussklausel um ein „gleiches“ oder ein „ungleiches“ Hinauskündigungsrecht handelt.

I. Squeeze-out-Klausel als gleiches Hinauskündigungsrecht Abstrakt kann der gewillkürte Squeeze-out zum Zeitpunkt seiner Vereinbarung aufgrund von etwaigen zukünftigen Verschiebungen in den Beteiligungsverhältnissen jeden Gesellschafter gleichermaßen treffen. Erforderlich ist lediglich das Halten einer Kleinstbeteiligung im Zeitpunkt des Squeeze-out-Beschlusses. Da die Squeeze-out-Klausel bei ihrer Vereinbarung nicht nur konkret individualisierte Gesellschafter als minderberechtigte Gesellschafter erfasst, liegt es auf den ersten Blick nahe, sie als „gleiches“ Hinauskündigungsrecht435 zu bewerten. Diese Annahme dürfte eine verstärkte Geltung beanspruchen, wenn die Gesellschafter im Zeitpunkt der Vereinbarung über ähnlich hohe Kapitalanteile verfügen und das Squeeze-out-Recht nicht nur dem Hauptgesellschafter, sondern auch einer entsprechenden Gesellschaftermehrheit eingeräumt ist. In diesem Zusammenhang kann die bereits im Abstrakten und für den konkreten Fall des „Kooperationsvertrag-Urteils“ abgelehnte436 These Flumes, nach der 432

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb). Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. b). 434 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) aa). 435 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) bb). 436 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) bb). 433

H. Gleichbehandlungsgebot

247

eine „gleiche“ Hinauskündigungsklausel aufgrund der möglicherweise willkürlichen Ausschlussentscheidung durch die gleichberechtigten Mitgesellschafter stets einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot darstelle, anschaulich widerlegt werden. Sieht man den Gesellschafter im Zeitpunkt seines konkreten Ausschlusses, in dem er eine Kleinstbeteiligung hält, noch aufgrund der abstrakten, potentiell jeden Gesellschafter berührenden Squeeze-out-Klausel als gleichberechtigten Gesellschafter an, kann die Kleinstbeteiligung die mit seinem konkreten Ausschluss verbundene Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen. Die Kleinstbeteiligung stellt das maßgebliche Differenzierungskriterium dar. Da nur Gesellschafter mit einer Kleinstbeteiligung ausgeschlossen werden können, besteht die Gefahr einer willkürlichen Entscheidung durch die gleichberechtigten Mitgesellschafter mit einer höheren Beteiligung nicht.437

II. Squeeze-out-Klausel als ungleiches Hinauskündigungsrecht Ebenso denkbar ist es, den potentiellen Kleinstbeteiligten aufgrund der gewillkürten Squeeze-out-Klausel mit Vereinbarung der Klausel als minderberechtigten Gesellschafter anzusehen. Diese Bewertung würde den Fällen gerecht, in denen bei Vertragsschluss eine Beteiligungsstruktur von Mehrheits- und Kleinstgesellschaftern besteht und die Betroffenheit der Kleinstgesellschafter wahrscheinlicher ist als die des Mehrheitsgesellschafters. Die negativen Auswirkungen der freien Ausschlussklausel würden direkt die bei Vertragsschluss existierenden Kleinstbeteiligten adressieren. Ein Beispiel ist die Gesellschafterstruktur einer Publikums(Investment-)KG, in der die Kapitalanleger von Anfang an als Kleinstbeteiligte auftreten und mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig keine höhere Kapitalbeteiligung erlangen. In diesen Fällen könnte die Squeeze-out-Klausel auch als „ungleiches“ Hinauskündigungsrecht qualifiziert werden. Dies unterstellt wäre sie – zumindest diesbezüglich in Übereinstimmung mit der Lehre Flumes vom „Gesellschafter minderen Rechts“ – nicht am subsidiären Gleichbehandlungsgebot zu messen, da die Gesellschafter die Stellung der Kleinstbeteiligten im Wege einer vorrangigen gesellschaftsvertraglichen Regelung von vornherein „ungleich“438 ausgestaltet hätten. Die Schwierigkeiten der eindeutigen Qualifikation der Squeeze-out-Klausel als „gleiches“ oder „ungleiches“ Hinauskündigungsrecht offenbaren eine weitere maßgebliche Schwäche der Lehre vom „Gesellschafter minderen Rechts“, da nach Flume von dieser Qualifikation die Wirksamkeit der primär am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu messenden freien Ausschlussklausel abhängt. 437 Der weitergehenden Frage, ob im Falle der Existenz mehrerer Kleinstbeteiligungen der Ausschluss einzelner, aber nicht sämtlicher Kleinstgesellschafter einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet, wird unter dem Aspekt der Zulässigkeit eines Teilausschlusses nachgegangen, vgl. unten Kapitel 4 H. IV. 438 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) aa).

248

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

III. Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Zwei-Stufen-Prüfung Für die vorzugswürdige Bewertung eines Ausschlusses aufgrund einer Squeezeout-Klausel anhand der erarbeiteten Zwei-Stufen-Prüfung439 ist zu konstatieren, dass das Gleichbehandlungsgebot nur eingeschränkt Berücksichtigung findet. Die Zulässigkeit der Squeeze-out-Vereinbarung auf erster Stufe beurteilt sich vorrangig nach § 138  Abs. 1  BGB. Der subsidiäre Gleichbehandlungsgrundsatz ist ohne Relevanz, da er nur eine Schranke der Ausübung des Squeeze-out-Rechts darstellt, nicht hingegen die Privatautonomie bei der Vereinbarung vorrangiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen einschränken kann.440 Da die Squeezeout-Klausel auf erster Stufe aufgrund der Anerkennung der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung wirksam ist, wird der konkrete Ausschluss auf zweiter Stufe unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht am Maßstab des § 242 BGB geprüft. Sofern die Squeeze-out-Klausel als „gleiches“ Hinauskündigungsrecht eingeordnet werden sollte, wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz441 in die Bewertung auf der zweiten Stufe einzubeziehen. Der konkrete Ausschluss des Kleinstbeteiligten wäre nicht treuwidrig, da die Kleinstbeteiligung die mit dem Ausschluss einhergehende Ungleichbehandlung als taugliches Differenzierungskriterium sachlich rechtfertigen kann. Im Falle der Qualifikation der Squeeze-out-Klausel als „ungleiches“ Hinauskündigungsrecht fände das Gleichbehandlungsgebot auf der zweiten Stufe keine Berücksichtigung, da dem Kleinstbeteiligten von vornherein eine minderberechtigte Gesellschafterstellung im Wege der vorrangigen gesellschaftsvertraglichen Regelung eingeräumt worden wäre. In beiden Fällen verstößt die Squeeze-outKlausel nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot.

IV. Teilausschluss bei mehreren Kleinstbeteiligten Eine größere Relevanz hat das Gleichbehandlungsgebot möglicherweise für die Frage, ob im Falle der Existenz mehrerer Kleinstbeteiligungen der Ausschluss einzelner, aber nicht sämtlicher Kleinstgesellschafter auf der Grundlage einer abstrakten Squeeze-out-Klausel wirksam ist. Im Verhältnis mehrerer Kleinst­beteiligter zueinander entfällt das Differenzierungskriterium der Kleinstbeteiligung.

439

Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) bb). 441 Insofern stimmig zum Teil als spezieller Anwendungsfall der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht qualifiziert, vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. b). 440

H. Gleichbehandlungsgebot

249

Wenn beispielsweise der Hauptgesellschafter nur einen von zwei Kleinstbeteiligten, die jeweils einen Kapitalanteil von einem Prozent halten, aus der Gesellschaft ausschließt, drängt sich die Frage der Ungleichbehandlung in der Vergleichsgruppe der Gesellschafter mit Kleinstbeteiligung auf. In diesem Zusammenhang entspricht es der einhelligen Auffassung, dass sich der aktienrechtliche Squeeze-outBeschluss zwingend auf sämtliche Aktien der Minderheitsaktionäre bezieht und nicht auf einzelne Aktionäre beschränkt werden kann.442 Der auf einen Teil der Minderheitsaktionäre beschränkte Squeeze-out-Beschluss wäre aufgrund seiner Unvereinbarkeit mit dem Wesen des Squeeze-out nichtig.443 Dies mag vor dem Hintergrund, dass der Hauptgesellschafter mit einem derartigen Teilausschluss nicht allein das den gesetzlichen Squeeze-out legitimierende wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse vollständig befriedigen kann, plausibel erscheinen: Durch die in der Gesellschaft verbliebenen Kleinstbeteiligten bestünde weiterhin die Gefahr der unverhältnismäßigen Geltendmachung von Minderheitsrechten und für Umwandlungsmaßnahmen wären auch künftig die Verzichtserklärungen der verbliebenen Kleinstbeteiligten auf Umwandlungsberichte und -prüfungen sowie kostspielige Unternehmensbewertungen zur Ermittlung der Umtauschverhältnisse und Abfindungsansprüche erforderlich. Andererseits kann das den Squeeze-out legitimierende wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse auch vorliegen, wenn mehrere Aktionäre gemeinsam handeln.444 Spätestens mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Wertpapierleihe dürften keine weiteren Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der durch den Squeeze-out erreichten Gesellschafterstruktur zu stellen sein.445 Ebenso kann ein faktischer Teilausschluss durch die unmittelbar in Anschluss an den Squeeze-out durchgeführte Wiederaufnahme einzelner zuvor ausgeschlossener Minderheitsaktionäre erreicht werden.446 Diese im Rahmen der indiziellen Wirkung gestaltender Vorfeldmaßnahmen besprochenen Erwägungen447 können wie folgt auf die Vereinbarkeit eines Teilausschlusses mit dem Gleichbehandlungsgebot übertragen werden: Ein Teilausschluss kann ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgebots realisiert werden, indem der Kleinstbeteiligte, der in der Gesellschaft verbleiben soll, seinen Anteil kurz vor dem Squeeze-out-Beschluss auf den Hauptgesellschafter 442

Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 22; Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 27; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327a Rn. 21; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 27; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 159. 443 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 18; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1214. 444 Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1., III. 445 Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1., III. 446 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 28; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 31; Krieger, BB 2002, 53, 62; Kort, AG 2006, 557, 560; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1214; vgl. zur Zulässigkeit der Aufnahme neuer Investoren nach Verdrängung der Altaktionäre oben Kapitel  2  F. II. 1.; a. A. Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 327a Rn. 16. 447 Vgl. oben Kapitel  2  F. II. 1.; Kapitel  3  C. II. 3. a), III. 2. b) bb).

250

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

oder einen Mitgesellschafter mit höherem Kapitalanteil überträgt. Zum Zeitpunkt des Ausschlusses bestehen nur noch die Kleinstbeteiligungen, die vom Squeezeout erfasst werden sollen. Die Problematik einer Ungleichbehandlung zwischen den Kleinstbeteiligten stellt sich nicht. In dieser Konstellation verneinen sogar einige Literaturstimmen, die einen Rechtmissbrauch im Falle der Aufnahme von Neuaktionären nach dem Squeeze-out annehmen, ein missbräuchliches gleichheitswidriges Verhalten, da die am Squeeze-out auf Seiten des Hauptaktionärs beteiligten (Alt-)Aktionäre nach der Logik des § 327a Abs. 1 AktG nicht zur Minderheit gehörten.448 Alternativ können alle Kleinstbeteiligten in einem ersten Schritt im Wege des Squeeze-out aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Aufgrund der Gleichbehandlung sämtlicher Kleinstbeteiligter scheidet ein Verstoß gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz aus. In einem zweiten Schritt werden einzelne zuvor ausgeschlossene Kleinstbeteiligte wieder in die Gesellschaft aufgenommen. Weil das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot gegenüber den ausgeschlossenen Kleinstbeteiligten zum Zeitpunkt der Wiederaufnahmeentscheidung keine Anwendung mehr findet, ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot abzulehnen.449 Diese Bewertungen des Gleichbehandlungsgebots folgen einer sehr formalis­ tischen Betrachtungsweise, die aber im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und den gezogenen Schlussfolgerungen im Rahmen rechtsmissbräuchlicher Gestaltungen steht. Die beiden Zwei-Schritt-Lösungen legen den Schluss nahe, einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot abzulehnen, wenn der Squeeze-out-Beschluss direkt auf den Ausschluss einzelner, nicht aber sämtlicher Kleinstgesellschafter gerichtet ist.

I. Fazit Das maßgebliche Argument des Bundesgerichtshofs für die sachliche Rechtfertigung des Managermodells, dass der Manager wegen seiner geringen Kapitalbeteiligung die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft ohnehin nicht beeinflussen kann, ist unterschiedslos auf den Kleinstbeteiligten übertragbar. Der überzeugende Verzicht des Oberlandesgerichts Nürnberg auf eine Blockadesituation als Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB für die Ausübung von Shoot-out-Klauseln bedeutet übertragen auf vertragliche Squeeze-out-Klauseln, 448

Schäfer / Dette, NZG 2009, 1, 6. A. A. Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 28 (Gleichbehandlung der Altaktionäre aufgrund einer Nachwirkung des § 53a  AktG, allerdings Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt, wenn „[Alt-]Aktionäre der effektiven Unternehmensführung in unterschiedlichem Ausmaß im Wege standen“); Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327a Rn. 85; Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, 2. Auflage, § 327a AktG Rn. 90. 449

I. Fazit

251

dass diese in Übereinstimmung mit dem aktienrechtlichen Vorbild nicht unter die Bedingung einer Blockade infolge missbräuchlicher Beschlussanfechtungen oder etwaiger Kostenersparnisse im Rahmen bevorstehender Strukturmaßnahmen gestellt werden müssen. Vor dem Hintergrund der mit Ausnahme der kapitalistischen Prägung der AG vergleichbaren Interessenlage zwischen dem Ausschlusssachverhalt in der GmbH und der AG können die Gesellschafter einer GmbH ihre Mitgliedschaft durch die Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel kapitalistisch ausgestalten. In diesem Fall ist den Vorschriften der §§ 327a ff.  AktG folgender Legitimationsgedanke zu entnehmen: Der Squeeze-out kann als gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut, das für die AG gesetzlich normiert ist, für die GmbH als andere gängige Kapitalgesellschaft bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung nicht sittenwidrig sein. Die für den aktienrechtlichen Squeeze-out erforderliche Qualifikation der Kleinstbeteiligung als Kapitalanlage ist weder mit der unbeschränkten persönlichen Haftung für Gesellschaftsschulden noch mit der organschaftlichen Vertretungsmacht des Komplementärs vereinbar. Eine Squeeze-out-Klausel zu seinen Lasten ist unwirksam. Diese Bewertung steht im Einklang mit dem aktienrechtlichen Squeeze-out, da der Ausschluss der Komplementäre einer KGaA gem. § 327a  AktG ebenfalls nicht möglich ist. Die Legitimationswirkung der §§ 327a ff.  AktG greift allerdings für Squeeze-out-Klauseln, die zulasten der Kleinstkommanditisten bei gesellschaftsvertraglicher Festlegung eines an den Kapitalanteilen der Gesellschafter orientierten Mehrheitsprinzips vereinbart werden. Der Legitimationsgedanke der §§ 327a ff. AktG beansprucht auch für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG Geltung. Vor dem Hintergrund der Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out im Jahr 2002 ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 1982 und 1988, die freie Ausschlussklauseln zulasten der Publikumskommanditisten trotz angemessener Abfindung aufgrund der Lösung der Verbindung zwischen Risikoübernahme und gewonnenen Chancen für unzulässig hielt, überholt. Ein weiteres Argument für die Zulässigkeit gewillkürter Squeeze-out-Klauseln in der GmbH oder KG ist die Zulässigkeit gestalterischer Maßnahmen zur Herbeiführung der Voraussetzungen der gesetzlich normierten Squeeze-out-Verfahren. Diese indiziert die Zulässigkeit einer eng an die §§ 327a ff. AktG angelehnten Klausel. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist der direkte Ausschluss mithilfe einer Squeeze-out-Klausel der kosten- und zeitintensiven Verknüpfung von gestalterischen Vorfeldmaßnahmen und anschließendem Squeeze-out vorzuziehen. Einmal mehr wird das praktische Bedürfnis für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln deutlich. Die im Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich gängigen Shoot-out-, Drag-along-, Vesting- und Leaver-Klauseln können aufgrund ihrer Ausgestal-

252

Kap. 4: Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung

tung oder besonderen Sachverhaltskonstellationen freie Ausschlussklauseln darstellen. Ihre Anerkennung als weitere Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung ist für die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Kapitalanlage- und Wirtschaftsstandorts Deutschland von entscheidender Bedeutung, da sie den Abzug von Finanzinvestoren und innovativen Leistungsträgern ins Ausland verhindern und Arbeitsplätze sichern. Ihre Popularität in der Gestaltungspraxis spiegelt die gegenwärtigen gesellschaftlichen Wertvorstellungen im Rahmen von VentureCapital- und Private-Equity-Transaktionen wider. Ein Sittenwidrigkeitsverdikt gem. § 138 Abs. 1 BGB ist mit diesen Wertvorstellungen unvereinbar. Aufgrund der jeweiligen Sonderkonstellationen der vorgenannten Klauseln verbietet sich jedoch ein direkter Schluss auf die Zulässigkeit von Squeeze-out-Klauseln. Mittelbar wirkt sich ihre Anerkennungswürdigkeit als neue Fallgruppen der sach­ lichen Rechtfertigung grundsätzlich positiv auf die Bewertung weiterer freier Ausschlussklauseln aus, die durch neue Gesellschafterstrukturen und das moderne Wirtschaftsleben erforderlich werden. Von dieser positiven Ausstrahlungswirkung werden Squeeze-out-Klauseln erfasst, da sie angesichts moderner GmbH- und KGGesellschafterstrukturen mit zunehmend kapitalistischer Prägung einen wesentlichen Beitrag zur Funktionsfähigkeit der Gesellschaften und dem wirtschaftlichen Rationalisierungsinteresse der Gesellschaftermehrheit leisten. Die Anerkennung der Vesting- und Leaver-Klauseln löst den für das herkömmliche Managermodell nicht höchstrichterlich geklärten Konflikt dahingehend, dass ein im Zuge des Anteilserwerbs eingegangenes wirtschaftliches Risiko des Managers der sachlichen Rechtfertigung der Managementbeteiligungskonzepte in Private-Equity-Transaktionen nicht entgegensteht. Diese Bewertung erzeugt eine positive Wirkung für Squeeze-out-Klauseln, da der Kleinstbeteiligte mit seinem Anteilserwerb regelmäßig ein wirtschaftliches Risiko auf sich nimmt. Die Zulässigkeit vertraglicher Squeeze-out-Regelungen steht in Einklang mit der Eigentumsfreiheit des Kleinstgesellschafters gem. Art. 14 Abs. 1 GG, sofern dieser vermögensrechtlich vollständig kompensiert wird. Die Qualifikation der Kleinstbeteiligung ist als sachliche Rechtfertigung freier Hinauskündigungsklauseln mit der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG vereinbar. Das Gleichbehandlungsgebot findet im Rahmen der vorzugswürdigen ZweiStufen-Prüfung nur eingeschränkt Berücksichtigung. Auf der ersten Stufe ist die Squeeze-out-Klausel nicht am Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen, da der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Vereinbarung vorrangiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen subsidiär hinter der Vertragsfreiheit zurücktritt. Das Gleichbehandlungsgebot ist im Rahmen der Ausschlusskontrolle auf der zweiten Stufe nur zu berücksichtigen, sofern die Squeeze-out-Klausel als „gleiches“ Hinauskündigungsrecht qualifiziert wird. In diesem Fall rechtfertigt die Kleinstbeteiligung als taugliches Differenzierungskriterium die mit dem konkreten Ausschluss verbundene Ungleichbehandlung. Ein Teilausschluss einzelner Minderheitsbeteiligter kann vor dem Hintergrund der formalistischen Rechtsprechung, die grundsätzlich den Missbrauchseinwand bei gestalterischen Maßnahmen im Vorfeld

I. Fazit

253

eines Squeeze-out ablehnt, ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz realisiert werden. Zusammenfassend kann eine Kleinstbeteiligung in den Gesellschaftsformen der GmbH und KG eine sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln im Sinne der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs darstellen. Eine den §§ 327a ff. AktG nachgebildete Squeeze-out-Klausel im Gesellschaftsvertrag der GmbH und KG ist wirksam.

Kapitel 5

Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und ihre Realisationsmöglichkeiten Ausgehend von der Feststellung, dass vertragliche Squeeze-out-Klauseln grundsätzlich zulässig sind, werden Squeeze-out-relevante abstrakte Gestaltungsszenarien und Fallgruppen für die Praxis erarbeitet und ihre Realisationsmöglichkeiten beleuchtet.

A. Gesellschaftermehrheit als Ausschlussberechtigte Fraglich ist, ob die Gesellschafter in einer Squeeze-out-Klausel die Entscheidung über die Ausübung des Squeeze-out-Rechts nicht nur in Anlehnung an § 327a Abs. 1 AktG dem Hauptgesellschafter, sondern auch einer Gesellschaftermehrheit, die den für den Squeeze-out erforderlichen Kapitalanteil auf sich vereinigt, übertragen können. Es wurde herausgearbeitet, dass allein die Übertragung der Ausschlussberechtigung auf die Gesellschaftermehrheit aus Sicht des Kleinstgesellschafters einer Willkürentscheidung nicht entgegensteht.1 Der Kleinstgesellschafter kann das Hinauskündigungsrecht zugunsten der Gesellschaftermehrheit vor dem Hintergrund der Stimmrechtskoordination als ein seine Entscheidungsfreiheit einschränkendes Disziplinierungsmittel wahrnehmen, sodass es der vorzugswürdigen ZweiStufen-Prüfung2 zu unterziehen ist.3 Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob eine Squeeze-out-Regelung zugunsten der entsprechenden Gesellschaftermehrheit aufgrund der Kleinstbeteiligung in vergleichbarem Maße wie eine dem § 327a  Abs. 1  AktG strikt nachgebildete Squeeze-out-Klausel zugunsten eines Hauptgesellschafters sachlich gerechtfertigt ist. Es sind die Wertungen, die sich aus der Zulässigkeit mehrheitsbeschaffender Gestaltungen zur Durchführung eines aktienrechtlichen Squeeze-out ergeben,4 heranzuziehen. In diesem Zusammenhang ist folgende These zu untersuchen:

1

Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. a), III. 2. b) bb). Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. 3 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. a), III. 2. b) bb). 4 Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1., III. 2

A. Gesellschaftermehrheit als Ausschlussberechtigte

255

Wenn mehrere Aktionäre künstlich die Kapitalmehrheit des Hauptaktionärs durch zeitlich beschränkte Übertragung der Anteile im Wege des Wertpapierdarlehens oder durch Gründung einer Holding- oder Zweckgesellschaft5 herstellen können, muss es den Gesellschaftern einer GmbH oder KG unter Berücksichtigung ihrer Vertragsfreiheit auch möglich sein, direkt ein Ausschlussrecht zugunsten der Gesellschaftermehrheit zu vereinbaren. Diese These setzt voraus, dass die Anteile in der GmbH und der KG ohne Zustimmung des Kleinstbeteiligten auf einen anderen Gesellschafter oder eine Holdinggesellschaft übertragen werden können. In der GmbH ist dies grundsätzlich der Fall, § 15  Abs. 1  GmbHG.6 Ausnahmsweise bedarf es der Zustimmung des Kleinstbeteiligten, wenn durch die Vereinbarung einer sogenannten Individualvinkulierung zur Anteilsübertragung die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist.7 In der KG bedarf die Übertragung der Kommanditanteile hingegen der Zustimmung aller Gesellschafter, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht einen Mehrheitsbeschluss vorsieht.8 Der These ist nur zuzustimmen, wenn die künstlichen Gestaltungen zur Schaffung der erforderlichen Kapitalmehrheit des Hauptgesellschafters dem Kleinstbeteiligten nicht eine verstärkte Rechtsposition verleihen. Hintergrund dieser Kontrollüberlegung ist, dass der Bundesgerichtshof die künstliche Herstellung der erforderlichen Kapitalmehrheit möglicherweise nur als wirksam anerkannt hat, weil der Kleinstbeteiligte mit den Anteilsübertragungen als Gegengewicht zum gezielt herbeigeführten Squeeze-out-Recht des Hauptgesellschafters eine stärkere Rechtsposition erlangt hat. Für die GmbH wäre die künstliche Herstellung der erforderlichen Kapitalmehrheit des Hauptgesellschafters aufgrund des Erfordernisses der notariellen Beurkundung der Anteilsübertragungen gem. § 15 Abs. 3, 4 GmbHG vor und nach dem Squeeze-out mit erheblichen Kosten und zeitlichen Verzögerungen verbunden. Auch wenn diese Kosten und Verzögerungen die Gesellschaftermehrheit faktisch von einem Squeeze-out eines Kleinstbeteiligten abhalten könnten, zielt der Schutzzweck des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG auf eine Unterbindung des spekulativen Handelns mit GmbH-Anteilen und eine Beweiserleichterung im Hinblick auf die Änderung in den Beteiligungsverhältnissen,9 nicht aber auf eine Stärkung der Minderheits 5

Diese kann auch in der Rechtsform der GbR auftreten. Selbst im Fall einer gesellschaftsvertraglichen Vinkulierungsklausel gem. § 15  Abs. 5 GmbHG, die die Übertragung von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig macht, wäre aufgrund des Mehrheitsprinzips gem. § 47 Abs. 1 GmbHG die Zustimmung des Kleinstbeteiligten nicht erforderlich. 7 Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 107; Ehlke, DB 1995, 561 f.; Hinweis auf weite Verbreitung in Familiengesellschaften bei Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410. 8 Vgl. §§ 717, 719 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB; Roth, in: Hopt, HGB, § 161 Rn. 8, § 105 Rn. 70; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410. 9 BGHZ 13, 49, 51 f.; 127, 129, 135 f.; daneben nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung auch eine Beratungs- und Belehrungssicherung der Vertragsparteien durch den Notar, 6

256

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

rechte der Mitgesellschafter. Nach Übertragung der Anteile der Mitgesellschafter auf einen (Haupt-)Gesellschafter sind die Minderheitsrechte des Kleinstbeteiligten im Übrigen nicht gestärkt. In der KG kann die Übertragung der Kommanditanteile sogar formlos erfolgen, sodass negative Kosten- und Zeitaspekte hinsichtlich der Übertragung nur von untergeordneter Bedeutung sind. Die Minderheitsrechte des Kleinstkommanditisten werden mit der Übertragung der übrigen Anteile auf einen (Haupt-)Gesellschafter nicht aufgewertet. Folglich verleihen die künstlichen Gestaltungen zur Herstellung der erforderlichen Kapitalmehrheit dem Kleinstbeteiligten keine verstärkte Rechtsposition. Mangels verstärkter Rechtsposition muss es den Gesellschaftern möglich sein, auch ohne vorherige Anteilsübertragungen auf einen (Haupt-)Gesellschafter direkt ein Ausschlussrecht zugunsten der Gesellschaftermehrheit zu vereinbaren. Um diese These zu bestätigen, werden einige maßgebliche Begründungslinien für die Zulässigkeit mehrheitsbeschaffender Gestaltungen10 auf die Anerkennung der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung von Squeeze-out-Klauseln zugunsten der Gesellschaftermehrheit übertragen: Da der aktienrechtliche Squeezeout nicht das Ziel verfolgt, dem Hauptgesellschafter seine Alleinaktionärsstellung dauerhaft zu sichern, kann es keinen Sittenverstoß i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB begründen, wenn nach der Konzeption einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel unmittelbar nach dem Ausschluss nicht nur ein Hauptgesellschafter, sondern mehrere Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben. Die vom aktienrechtlichen Squeezeout geschützte Zielsetzung des Hauptaktionärs, die Gesellschaftsstrukturen vor einer Investorenbeteiligung im Wege des Squeeze-out zu bereinigen, kann auch von einem Zusammenschluss weniger Hauptgesellschafter verfolgt werden. Die Investoren setzen für ihre Beteiligung oftmals nicht zwingend voraus, dass nach der Bereinigung der Gesellschafterstrukturen ausschließlich ein Gesellschafter in der Gesellschaft verbleibt. Da nicht nur ein Hauptgesellschafter, sondern auch ein Zusammenschluss von mehreren Gesellschaftern ein berechtigtes Interesse an den primären Zielen11 des aktienrechtlichen Squeeze-out hat, muss es den Gesellschaftern freistehen, im Wege ihrer Privatautonomie ein direktes Ausschlussrecht zugunsten der Gesellschaftermehrheit zu vereinbaren. Auch wenn das Anfechtungs- und Behinderungsrisiko aufgrund der Mehrzahl der verbleibenden Gesellschafter zukünftig nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, verdeutlicht ihr vgl. Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 66; Ebbing, in: Michalski / Heidinger / Leible / J.  Schmidt, GmbHG, § 15 Rn. 55; Pfisterer, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 24; Wicke, GmbHG, § 34 Rn. 12; a. A. Reichert / Weller, in: MüKoGmbHG, § 15 Rn. 18; Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2003, 1230, 1232; dies., GmbHR 2004, 630, 631, 636 f.; Lieder / Villegas, GmbHR 2018, 169, 171 f. (durch § 17 BeurkG vermittelter Schutz als „bloßer Rechtsreflex“). 10 Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 1., III. 11 Genannt seien die Vermeidung der aus dem Anfechtungsrecht bestehenden Missbrauchsgefahren und die erleichterte Durchführung essentieller Umstrukturierungen.

A. Gesellschaftermehrheit als Ausschlussberechtigte

257

Zusammenschluss die Bereitschaft zu einem einvernehmlichen Zusammenwirken. Diese Bereitschaft reduziert das vorgenannte Anfechtungs- und Behinderungsrisiko erheblich. Die Anerkennung der gestalterischen Vorfeldmaßnahmen zur Begründung der für den Squeeze-out erforderlichen Hauptgesellschaftereigenschaft durch den Bundesgerichtshof hat ein Squeeze-out-Recht zugunsten der entsprechenden Gesellschaftermehrheit über Umwege legitimiert. Diese Legitimationswirkung muss sich im Lichte der Vertragsfreiheit auf vertragliche Squeeze-out-Klauseln zugunsten der Gesellschaftermehrheit erstrecken, die den für den Squeeze-out erforderlichen Kapitalanteil auf sich vereinigt. Gleichzeitig verdeutlicht die Übertragung der für die Zulässigkeit mehrheitsbeschaffender Gestaltungen streitenden Argumente auf Squeeze-out-Klauseln zugunsten einer entsprechenden Gesellschaftermehrheit, dass die Interessen der Gesellschaftermehrheit denen eines Hauptgesellschafters im Hinblick auf den Ausschluss eines Kleinstbeteiligten weitgehend vergleichbar sind. Die kosten- und zeitintensiven gestalterischen Vorfeldmaßnahmen zur Begründung der für den Squeeze-out erforderlichen Hauptgesellschaftereigenschaft unterstreichen das praktische Bedürfnis für eine Squeeze-out-Klausel zugunsten der entsprechenden Gesellschaftermehrheit. Eine solche Klausel ließe die Anteilsübertragung auf einen (Haupt-)Gesellschafter vor dem Squeeze-out und die entsprechende Rückübertragung obsolet werden. Die gegenteilige Bewertung würde zu dem wenig sachgerechten und unwirtschaftlichen Ergebnis führen, dass das Ausschlussrecht auch vertraglich nur dem Hauptgesellschafter eingeräumt werden dürfte, dieser sich aber zulässigerweise im Wege eines Sachdarlehens die übrigen Anteile vor dem Squeeze-out übertragen lassen und nach dem Squeeze-out zurückübertragen könnte. Eine Squeeze-out-Klausel zugunsten der Gesellschaftermehrheit kann zur Aufklärung des Kleinstbeteiligten beitragen. Ohne Kenntnis von der formalistischen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wertpapierleihe würde der Kleinstbeteiligte bei einer ausschließlich zugunsten des Hauptgesellschafters in Anlehnung an § 327a AktG vereinbarten Squeeze-out-Klausel und einer Gesellschafterstruktur ohne einen Hauptgesellschafter auf den Fortbestand seiner Mitgliedschaft vertrauen. Er wäre unvorbereitet mit dem Squeeze-out-Verlangen eines Hauptgesellschafters konfrontiert, der die erforderliche Kapitalmehrheit kurzzeitig für die Zwecke des Squeeze-out in Absprache mit den übrigen Gesellschaftern erhalten hat. Mithin sprechen für eine Squeeze-out-Klausel zugunsten der entsprechenden Gesellschaftermehrheit neben dem gewichtigen Legitimationsgedanken der Zulässigkeit mehrheitsbeschaffender Gestaltungen die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaftermehrheit und ihre Informationsfunktion für den Kleinstgesellschafter. Die Kleinstbeteiligung kann nicht nur Squeeze-out-Klauseln zugunsten eines Hauptgesellschafters, sondern auch zugunsten der entsprechenden Gesellschafter-

258

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

mehrheit sachlich rechtfertigen. Mithin können Squeeze-out-Klauseln zugunsten der Gesellschaftermehrheit wirksam vereinbart werden.

B. Stimmrechtslose Anteile Als weiteres Gestaltungsszenario ist ein Squeeze-out in Betracht zu ziehen, der ausschließlich zulasten stimmrechtsloser Kleinstbeteiligungen vereinbart wird. In dieser Abhandlung wurde die These widerlegt, nach der die anerkannte Wirksamkeit der stimmrechtslosen Ausgestaltung von Anteilen in einem unlösbaren Widerspruch zur Hinauskündigungsrechtsprechung stehe.12 Richtig ist, dass die stimmrechtslose Ausgestaltung zur Beschränkung des Umfangs der Mitgliedschaftsrechte führt. Der stimmrechtslose Gesellschafter verfügt hinsichtlich des entzogenen Stimmrechts über keine Willensentschließungsfreiheit.13 Es handelt sich um eine ungleiche Ausgestaltung der Mitgliedschaft.14 Die Willensentschließungsfreiheit bezüglich der verbliebenen Gesellschafterrechte ist hingegen nicht eingeschränkt, da diese den stimmrechtslosen Gesellschaftern nicht gegen ihren Willen entzogen werden können.15 Über die grundsätzlich befürwortete Wirksamkeit vertraglicher Squeeze-outKlauseln hinaus könnte für die Zulässigkeit eines Squeeze-out zulasten stimmrechtslos ausgestalteter Beteiligungen deren verstärkter Kapitalanlagecharakter streiten. Ohne sein Stimmrecht als „wichtigste[s] mitgliedschaftliche[s] Verwaltungsrecht“16 kann der Gesellschafter keinen wesentlichen unternehmerischen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen.17 Seine verbliebenen Gesellschafterrechte18 erfüllen primär eine Kontrollfunktion. Sofern die Kompensation durch höhere Gewinnbezugsrechte erfolgt,19 ist der stimmrechtslose Gesellschaftsanteil nicht als eine unternehmerische Beteiligung, sondern als Kapitalanlage zu qualifizieren.20 Durch die stimmrechtslose Ausgestaltung bringen 12

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 14 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) aa). 15 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 16 BGHZ 70, 117, 122. 17 Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 69; vgl. aber zu dem durch das Minderheitsrecht des § 50 Abs. 1 GmbHG vermittelten unternehmerischen Einfluss bezüglich dringend im Gesellschaftsinteresse gebotener Entscheidungen unten Kapitel 6 A. II. 2., B. I. 18 Beispielhaft genannt seien seine Informations-, Teilnahme- und Anfechtungsrechte als „unentziehbare“ Gesellschafterrechte, vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (3). 19 Anders als nach der aktienrechtlichen Konzeption der Vorzugsaktie gem. §§ 12 Abs. 1 S. 2, 139 AktG ist dies in der GmbH-Satzung nicht zwingend, BGHZ 14, 264, 269 ff.; Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 36; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 47 Rn. 33, 69 f. (Verringerung künftiger Erbschaftssteuerlasten als weitere mögliche Zielsetzung); Schäfer, Der stimmrechtslose GmbH-Geschäftsanteil, S. 144 ff. 20 Nach Schäfer, GmbHR 1998, 168, 172, „wird das Gewinnrecht […] für den stimmrechtlosen Gesellschafter typischerweise im Mittelpunkt des Interesses stehen“. 13

C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle

259

die Gesellschafter ihren Willen zum Ausdruck, die Beteiligung kapitalistisch auszugestalten. Die Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des stimmrechtslosen Gesellschafters ist im Hinblick auf die unternehmerischen Entscheidungen erheblich eingeschränkt.21 Diese Bewertung wird bestätigt durch das in Kapitel 4 F. III. gezogene Fazit, demzufolge die Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des Managements im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen trotz Beteiligungsquoten von bis zu 20 % infolge der stimmrechtslosen Anteilsgestaltung ähnlich gering einzustufen ist wie im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Managermodell. Der Wille zur kapitalistischen Ausgestaltung einzelner Gesellschaftsanteile wurde auch für den Fall der Vereinbarung einer Squeeze-out-Klausel herausgearbeitet.22 Setzt der Ausschluss kumulativ zur Kleinstbeteiligung ihre Stimmrechtslosigkeit voraus, steht das geringere Schutzbedürfnis der Willensentschließungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters auf einem zweischichtigen Begründungsfundament. Folglich besteht für vertragliche Squeeze-out-Klauseln zulasten stimmrechtsloser Kleinstbeteiligungen gegenüber ausschließlich an die Kleinstbeteiligung anknüpfenden Ausschlussklauseln eine verstärkte Legitimationsbasis.23

C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle Eine modifizierte Squeeze-out-Klausel, die nicht an das Halten einer Kleinstbeteiligung, sondern lediglich an das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalanteilsschwelle anknüpft, bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, wenn sie aufgrund eines sachlichen Grunds bzw. „festen Tatbestandsmerkmals“ nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren ist. Das primäre Ziel einer solchen modifizierten Squeeze-out-Klausel besteht darin, Kleinst- und Splitterbeteiligungen in einer Gesellschaft gar nicht erst entstehen zu lassen. Diese Gestaltung wäre nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren, wenn das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ darstellt.24 Es könnte gesellschaftsvertraglich oder außerhalb des Gesellschaftsvertrags vereinbart werden, dass mit dem Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle automatisch der Verlust der Gesellschafterstellung einhergeht. Das Unterschreiten der Kapitalschwelle wäre eine aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB für die Rückübertragung des Geschäftsanteils oder eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB für die Gesellschafterstellung. In den wenigsten Fällen wird ein solcher Automatismus gewünscht sein. Die Mitgesellschafter können trotz niedrigschwelligen Anteils am 21

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). Vgl. oben Kapitel 4 D. I. 23 Vgl. zur Auswirkung auf einen höheren Schwellenwert unten Kapitel 6 B. I. 24 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 1.; Kapitel 4 B. 22

260

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

Verbleib des ausschlussbedrohten Gesellschafters in der Gesellschaft interessiert sein. Die zwingend zu leistende Abfindungszahlung würde die Liquidität der Gesellschaft erheblich belasten. In einem frühen Entwicklungsstadium kann ein solcher Liquiditätsengpass existenzgefährdend sein. Um die nachteiligen Wirkungen eines Automatismus zu umgehen, kann alternativ dem Ausschlussberechtigten ein Recht zum Ausschluss des Kleinstbeteiligten innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Unterschreiten des Schwellenwerts eingeräumt werden. Diese alternative Ausschlussgestaltung ist in Anlehnung an das Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 198825, in dem eine Satzungsklausel, die einem Gesellschafter nach dem Tod eines anderen Gesellschafters ein Ausschlussrecht gegenüber einer dritten Gesellschafterin einräumte, als wirksam erachtet wurde, als zulässig anzusehen. Entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs müsste dieser Zeitraum derartig eng umgrenzt sein, dass eine Entscheidung über den im konkreten Einzelfall erforderlichen Überlegungszeitraum hinaus nicht möglich ist. Unabhängig vom konkreten Einzelfall ist eine maximale Überlegungsfrist von sechs Monaten anzusetzen.26 Beide Gestaltungen stehen auf den ersten Blick einer reinen Willkürentscheidung, die sich zulasten des Minderheitsgesellschafters auswirkt, entgegen. Der auf das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle bedingte Ausschluss knüpft an ein bestimmtes und klar definiertes objektives Ereignis in Form des Unterschreitens der Kapitalschwelle und ist für den vom Ausschluss bedrohten Gesellschafter vorhersehbar. Die letztgenannte Gestaltung verbindet dieses objektive Ereignis mit einem kurzen Zeitraum, in dem der Ausschlussberechtigte zu einer Entscheidung gezwungen ist, sodass eine unbegrenzte willkürliche Ausübung des Kündigungsrechts ausgeschlossen ist. Sollte der Ausschlussberechtigte das Unterschreiten einer bestimmten Beteiligungsschwelle durch den Minderheitsgesellschafter allerdings einseitig herbeiführen können, ist in Anlehnung an das Managermodell-Urteil27 von einer freien Hinauskündigungsklausel auszugehen. Die Gründe für das Unterschreiten der prozentualen Beteiligungsquote können vielfältig sein.

I. Teilweise Anteilsveräußerung Beruht das Absenken der Beteiligungsquote auf einer teilweisen Anteilsveräußerung, ist maßgeblich, ob diese Veräußerung auf eine freie Willensentscheidung des betroffenen Gesellschafters zurückzuführen ist. Steht sie hingegen im Belieben des Ausschlussberechtigten, müssen die gleichen Maßstäbe wie für den unfreiwil 25

BGHZ 105, 213, 222. Vgl. zur maximal zulässigen Ausübungsfrist BGHZ 105, 213, 222; Miesen, RNotZ 2006, 522, 531; K. Schmidt, GesR, § 50 III 3. a), S. 1472; oben Kapitel 3 C. III. 1. 27 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa). 26

C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle

261

ligen Gesellschafterausschluss aufgrund einer freien Ausschlussklausel gelten. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Ausschlussberechtigte gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters dessen prozentuale Beteiligungsquote im Wege einer teilweisen Anteilsveräußerung unter die ausschlussrelevante Schwelle senkt und anschließend dessen Ausschluss aufgrund des objektiven Bedingungseintritts herbeiführt oder ihn direkt aus der Gesellschaft ausschließt. Die modifizierte Squeeze-out-Klausel ist als freie Ausschlussklausel einzuordnen, wenn eine zum Unterschreiten der Kapitalschwelle führende Anteilsveräußerung des ausschlussbedrohten Gesellschafters im freien Ermessen des Ausschlussberechtigten liegt.

II. Kapitalerhöhung Als weiterer Grund für das unfreiwillige Absenken der Beteiligungsquote sind Kapitalerhöhungsbeschlüsse einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Nimmt ein Gesellschafter aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen nicht entsprechend seiner bisherigen Beteiligungsquote an einer Kapitalerhöhung teil, führt dies zu einer Verwässerung seiner Beteiligungsquote.28 In deren Rahmen kann die in der modifizierten Squeeze-out-Klausel bestimmte Beteiligungsschwelle unterschritten werden. 1. Bezugsrechtsausschluss Zu den rechtlichen Gründen zählt der Ausschluss des (ungeschriebenen) Bezugsrechts durch die Gesellschaft in analoger Anwendung des § 186 Abs. 1, 3 AktG.29 Über die formellen Anforderungen analog § 186 Abs. 3, 4 AktG30 hinaus ist ein Bezugsrechtsausschluss nach den für die AG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen nur zulässig, wenn ein legitimer Zweck vorliegt und der Ausschluss zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und angemessen ist.31 Das Interesse des Mehrheitsgesellschafters, die zum Squeeze-out berechtigende Kapitalschwelle zu erreichen, kann im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung keine Berücksichtigung finden.32 Teilweise wird unter Hinweis auf die realtypisch personalis­tische 28

Altmeppen, GmbHG, § 55 Rn. 27. Obwohl das GmbHG keine entsprechende Regelung enthält, ist ein (ungeschriebenes) Bezugsrecht sowie die begrenzte Möglichkeit seines Ausschlusses in analoger Anwendung des § 186 AktG anerkannt, vgl. Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rn. 19; Inhester, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 55 Rn. 28, 33 ff.; Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rn. 42 ff.; Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 55 Rn. 20; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 123; i. E. auch BGH, NZG 2005, 551, 552 f., der die rechtliche Konstruktion allerdings ausdrücklich offenlässt. 30 Lieder, in: MüKoGmbHG, § 55 Rn. 121 f. 31 Lieder, in: MüKoGmbHG, § 55 Rn. 125 ff.; für die AG BGHZ 125, 239, 244; 136, 133, 135 ff.; Rieder / Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 52 ff. 32 Baums, WM 2001, 1843, 1845. 29

262

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

Struktur der GmbH sogar eine „strenge […] Handhabung“ der von der Rechtsprechung für die AG entwickelten Grundsätze gefordert.33 Diese materiellen Schranken stellen sicher, dass eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss nicht im freien Belieben des ausschlussberechtigten Mehrheitsgesellschafters steht. Somit kann der Mehrheitsgesellschafter die Absenkung der Beteiligungsschwelle durch eine mit der Kapitalerhöhung verbundene Anteilsverwässerung der betroffenen Gesellschafter nicht einseitig realisieren. 2. Faktischer Bezugsrechtsausschluss Anders könnte es zu bewerten sein, wenn ein Gesellschafter ohne einen offenen Bezugsrechtsausschluss mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit von der Teilnahme an einer Kapitalerhöhung Abstand nimmt.34 Fehlende finanzielle Mittel fallen grundsätzlich in die Risikosphäre des Gesellschafters und begründen keinen faktischen oder verdeckten Bezugsrechtsausschluss, der einem rechtfertigungsbedürftigen offenen Bezugsrechtsausschluss gleichzustellen wäre.35 Diesen Gedanken auf die Hinauskündigungsrechtsprechung übertragen kann die prekäre finanzielle Situation eines Gesellschafters nicht herangezogen werden, um ein aus seiner Sicht unfreiwilliges und im freien Ermessen des Mehrheitsgesellschafters stehendes Absenken seiner Beteiligungsquote zu begründen. Nur in Ausnahmefällen einer evident missbräuchlichen Ausnutzung kann ein unzulässiger faktischer Bezugsrechtsausschluss vorliegen, der wegen der Verfolgung von Sonderinteressen zum Schaden eines Gesellschafters analog § 243 Abs. 2 AktG anfechtbar ist.36 Da ein solcher Erhöhungsbeschluss nach einer erfolgreichen Anfechtung keine Wirkung entfaltet, führt er nicht zum Absenken der Beteiligungsquote. Die Anteilsverwässerung im Wege einer Kapitalerhöhung steht nicht im freien Belieben des Mehrheitsgesellschafters. Unterschreitet ein Gesellschafter infolge einer Kapitalerhöhung die in der modifizierten Squeeze-out-Klausel bestimmte prozentuale Beteiligungsquote, stellt dies unabhängig von einem Bezugsrechtsausschluss einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ dar.

33

Lieder, in: MüKoGmbHG, § 55 Rn. 116. Für Managerbeteiligungen v. Werder / Li, BB 2013, 1736, 1740; insbesondere bei Festsetzung eines Aufgelds, das den Wert der Gesellschaftsanteile (erheblich) übersteigt, vgl. Lieder, in: MüKoGmbHG, § 55 Rn. 68, 118. 35 Lieder, in: MüKoGmbHG, § 55 Rn. 68, 118; Hermanns, ZIP 2003, 788, 790; Wagner, DB 2004, 293, 294; einschränkend bei bewusster Ausnutzung einer prekären finanziellen Lage eines Gesellschafters Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; a. A. bei einem unverhältnismäßig hohen Aufgeld ohne sachlichen Grund Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rn. 22; Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rn. 69; Gross, AG 1993, 449, 455 ff. (für die nicht börsennotierte AG); Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428 f. (für die personalistische Kapitalgesellschaft). 36 Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rn. 69; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442. 34

C. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle

263

Die modifizierte Squeeze-out-Klausel ist in diesem Zusammenhang nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren. 3. Schuldrechtlich antizipierter Verzicht auf konkreten Bezugsanspruch Die Qualifikation einer freien Ausschlussklausel drängt sich hingegen auf, wenn der vom Ausschluss bedrohte Gesellschafter in Kombination mit der modifizierten Squeeze-out-Klausel schuldrechtlich im Voraus gegenüber dem Ausschlussberechtigten auf seinen konkreten Bezugsanspruch verzichtet.37 In dieser Konstellation steht es im Ermessen des Mehrheitsgesellschafters, das Unterschreiten der bestimmten Beteiligungsschwelle infolge einer im Wege einer Kapitalerhöhung erzielten Anteilsverwässerung herbeizuführen. Um einer Willkürentscheidung entgegenzuwirken, darf sich der Vorausverzicht nur auf Kapitalerhöhungen erstrecken, deren Zustandekommen nicht einseitig vom Willen des Ausschlussberechtigten abhängig ist. Beispielhaft wird auf die für zulässig erachteten Verwässerungsschutzklauseln zugunsten von Venture-Capital-Investoren verwiesen.38 In deren Rahmen setzt der Verzicht der Gründungsgesellschafter auf ihr Bezugsrecht eine Kapitalerhöhung mit einer niedrigeren Unternehmensbewertung als derjenigen Bewertung, die der Investition des Erstinvestors zugrunde lag, voraus.39 Die Voraussetzung der niedrigen Bewertung in der nächsten Finanzierungsrunde ist nicht nur unabhängig vom Willen des berechtigten Erstinvestors, sondern liegt auch nicht in seinem Interesse.40

III. Zwischenfazit Die modifizierte Squeeze-out-Klausel knüpft an einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ an, wenn der Ausschlussberechtigte das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle nicht einseitig nach freiem Ermessen herbeiführen kann. Mangels Vorliegens einer freien Ausschlussklausel stellt sich die Frage der sachlichen Rechtfertigung im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB auf der ersten Stufe der vorzugswürdigen Zwei-Stufen-Prüfung41 nicht. Zusätzliche qualifizierte erbrechtliche Nachfolge- und Abtretungsklauseln, nach denen lediglich einer von mehreren Miterben den gesamten Gesellschaftsanteil des Erblassers erhält und die mittelbar

37

Vgl. zur Zulässigkeit des Vorausverzichts oben Kapitel 4 F. V. Vgl. oben Kapitel 4 F. V. 39 Vgl. oben Kapitel 4 F. V. 40 Vgl. oben Kapitel 4 F. V. 41 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. 38

264

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

einer Beteiligungszersplitterung aufgrund von Erbgängen entgegenwirken,42 bleiben in ihrer Wirksamkeit von der modifizierten Squeeze-out-Klausel unberührt.

IV. Treuwidrigkeit des konkreten Ausschlusses auf der zweiten Stufe Auf der zweiten Stufe ist die Ausübung der modifizierten Squeeze-out-Klausel zulasten neu im Wege der Kapitalerhöhung aufgenommener Gesellschafter in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu deren Aufnahme unzulässig. Dies ist auch der Fall, wenn die neuen Gesellschafter einen Anteil unterhalb der bestimmten Kapitalschwelle erlangen. Zum einen unterschreiten diese Gesellschafter nicht den Kapitalanteil, sondern halten von Anfang an einen geringeren Anteil. Zum anderen ist ein solcher Ausschluss unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes venire contra factum proprium gem. § 242 BGB treuwidrig.43 Anders ist es zu beurteilen, wenn ein Altgesellschafter einen Teil seiner Geschäftsanteile im Wege der Abtretung an einen Dritten überträgt und dadurch der Alt- und / oder der Neugesellschafter die festgelegte Kapitalanteilsschwelle unterschreiten. Sofern eine derartige Abtretung in Anbetracht etwaiger gesellschaftsvertraglicher Vinkulierungsklauseln44 oder gesetzlicher Zustimmungserfordernisse45 wirksam ist, muss zwischen Alt- und Neugesellschafter differenziert werden. Der Altgesellschafter unterschreitet aufgrund seiner freiwilligen teilweisen Anteilsveräußerung die festgelegte Kapitalschwelle und kann auf Grundlage der modifizierten Squeeze-out-Klausel innerhalb des vertraglich begrenzten Zeitraums ausgeschlossen werden. Der Neugesellschafter unterschreitet die Kapitalschwelle nicht, sondern erlangt von Anfang an nur einen geringeren Anteil. Zur Sicherung des mit der modifizierten Klausel verfolgten Ziels, Kleinst- und Splitterbeteiligungen in einer Gesellschaft gar nicht erst entstehen zu lassen, ist es sachgerecht, den derivativen Erwerb eines Anteils unterhalb der Kapitalschwelle durch einen Neugesellschafter dem Unterschreiten der Kapitalschwelle durch einen Altgesellschafter gleichzustellen. Indizielle Bestätigung erfährt diese Gleich 42

Für das Personengesellschaftsrecht BGHZ 68, 225, 237; Klein / Lindemeier, in: MünchHdb GesR II, § 41 Rn. 21 ff.; Krause, in: Scherer Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 19 („Gefahr der Zersplitterung der Beteiligung und damit auch einer Vervielfachung der Kontroll- und Verwaltungsrechte“); Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 139 Rn. 18; Schäfer, in: MüKoBGB, § 727 Rn. 34; Roth, in: Hopt, HGB, § 139 Rn. 17; für die GmbH BGHZ 92, 386, 390 ff.; Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 29, 37; Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 15 Rn. 13. 43 Vgl. für den aktienrechtlichen Squeeze-out neu aufgenommener Gesellschafter Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 30; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 22, 28; dies., ZIP 2002, 18, 22; Fleischer, ZGR 2002, 757, 785. 44 Vgl. zu Vinkulierungsklauseln oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 45 Vgl. zur grundsätzlich erforderlichen Zustimmung aller Gesellschafter im Personengesellschaftsrecht gem. §§ 717, 719 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht einen Mehrheitsbeschluss vorsieht, oben Kapitel 5 A.

D. Einstimmigkeitserfordernis

265

stellung durch die Anerkennung des Anteilserwerbs familienfremder Dritter als Ausschlussgrund in Familiengesellschaften.46 Die Frist zur Ausübung des Ausschlussrechts beginnt im Zeitpunkt des Anteilserwerbs. Eine Treuwidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium gem. § 242 BGB kommt wiederum in Betracht, wenn die den Ausschluss verlangenden Gesellschafter zuvor dem Anteilserwerb im Zusammenhang mit einer Vinkulierungsklausel gem. § 15 Abs. 5 GmbHG zugestimmt haben.

D. Einstimmigkeitserfordernis Eine vertragliche Squeeze-out-Klausel könnte mit einem gesellschaftsvertraglichen Einstimmigkeitserfordernis kollidieren. Im Falle des gesetzlichen Einstimmigkeitserfordernisses in der KG wurde die Vergleichbarkeit der Kleinstkommanditbeteiligung mit der Kleinstbeteiligung in der AG abgelehnt.47 Dies wurde damit begründet, dass jeder Kleinstkommanditist sämtliche außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen und Grundlagengeschäfte verhindern und wesentlichen unternehmerischen Einfluss auf die Geschicke der KG nehmen kann.48 Dies trifft auch auf ein statuarisches Einstimmigkeitserfordernis in der GmbH zu,49 mit dem die Gesellschafter ihren Willen zum Ausdruck bringen, dass bestimmte Entscheidungen der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen. Das gesellschaftsvertragliche Einstimmigkeitserfordernis verleiht sogar geringfügigen Kapitalbeteiligungen einen unternehmerischen Charakter,50 der mit dem Grundgedanken des Squeeze-out nicht in Einklang zu bringen ist. Indem die Gesellschafter jedem einzelnen von ihnen einen entscheidenden Einfluss auf die Unternehmensführung zubilligen, verleihen sie der Gesellschaft ein personalis­ tisches Gepräge. Mit dieser Entscheidung ist die gleichzeitige Aufnahme einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel unvereinbar. Zum einen stellt die Squeeze-out-Klausel als Disziplinierungsmittel eine abstrakte Gefahr für die Willensbildungsfreiheit des infolge des Einstimmigkeitsstatuts unternehmerischen Kleinstbeteiligten dar. Zum anderen statuieren die Gesellschafter mit Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel ihren Willen, ihre Mitgliedschaft im Falle einer Kleinstbeteiligung kapitalistisch 46

Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 13; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410; Müller / Sass, in: BeckFB ErbR, Form G. I.8.; vgl. zur Zulässigkeit eines satzungsrechtlichen Ausschlussgrunds bei Anteilserwerb durch familienfremden Dritten Strohn, in: MüKo­ GmbHG, § 34 Rn. 55. 47 Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 2. a). 48 Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 2. a). 49 Zur Zulässigkeit des statuarischen Einstimmigkeitserfordernisses in der GmbH OLG Frankfurt, ZIP 2010, 1033, 1034; OLG Hamm, ZIP 2016, 1481, 1482; Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 22; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 53 Rn. 63. 50 Grunewald, ZIP 2021, 433, 436.

266

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

auszugestalten. Die personalistische Ausrichtung durch das statuarische Einstimmigkeitserfordernis steht in einem unlösbaren Widerspruch zur kapitalistischen Ausgestaltung der Kleinstbeteiligung durch die Squeeze-out-Klausel. Die Gesellschafter können nicht wirksam neben dem statuarischen Einstimmigkeitserfordernis eine Squeeze-out-Klausel vereinbaren. Sollten dennoch beide Regelungen im Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden sein, ist im Wege der Auslegung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls51 zu ermitteln, ob die Gesellschafter dem eine personalistische Prägung indizierenden Einstimmigkeitserfordernis oder der Squeeze-out-Klausel den Vorrang einräumen wollten. Weist das Einstimmigkeitserfordernis nach dem Willen der Gesellschafter eine höhere Relevanz auf, ist die Squeeze-out-Klausel als sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB zu qualifizieren.

E. Sperrminorität Da das Einstimmigkeitserfordernis faktisch jedem Gesellschafter eine Sperrminorität einräumt,52 könnten die vorstehenden Erwägungen auf einen Gesellschafter mit individueller Sperrminorität übertragbar sein. Zum einen verfügt der Gesellschafter mit dem Stimmanteil, der aufgrund satzungsbedingter oder gesetzlicher Mehrheitserfordernisse zur Verhinderung von Satzungsänderungen und grundlegenden Entscheidungen erforderlich ist,53 über eine Sperrminorität. Diese Sperrminorität steht für sich dem Kapitalanlagecharakter einer Kleinstbeteiligung und damit der Wirksamkeit einer Squeeze-out-Klausel zu Lasten des entsprechenden Gesellschafters entgegen. Zum anderen kann eine Sperrminorität losgelöst von einer bestimmten Anteilshöhe gesellschaftsvertraglich festgelegt werden, indem die Wirksamkeit bestimmter Gesellschafterbeschlüsse die Zustimmung eines einzelnen Gesellschafters als selbständiges Rechtsgeschäft i. S. v. § 182 Abs. 1 BGB voraussetzt.54 Die Vereinbarung einer solchen statuarischen Sperrminorität ist in der AG unzulässig, da „Vetorechte“ zugunsten einzelner Gesellschafter im Aktienrecht Ausnahmecharakter55 haben und die Sperrminorität diese gesetzgeberische Wertung unterlie 51 Maßgebliche Auslegungskriterien sind die Gesellschafterstruktur, Gesellschaftszweck und weitere besondere Vertragsklauseln. 52 Wicke, MittBayNot 2017, 125 („Vetorecht“). 53 In der GmbH und AG bei einem über 25 % hinausgehenden Stimmanteil, §§ 53 Abs. 2 GmbHG, 179 Abs. 2 AktG, vgl. Altmeppen, GmbHG, § 53 Rn. 31; in der KG jeder Stimmanteil, sofern der Gesellschaftsvertrag keine vom Einstimmigkeitsprinzip abweichende Mehrheit vorsieht, §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 2 HGB. 54 OLG Hamm, ZIP 2016, 1481, 1482; DNotI-Report 2015, 92; die von Blath, RNotZ 2017, 218, 229 vorgenommene Abgrenzung zum („schwächere[n]“) Vetorecht im Rahmen der Beschlussfassung ist für die Zwecke dieser Abhandlung von untergeordneter Bedeutung. 55 Beispielhaft normiert in §§ 50 S. 1, 53 S. 1, 93 Abs. 4 S. 3, 116 S. 1, 285 Abs. 2 S. 1 AktG.

E. Sperrminorität

267

fe.56 Der Gesetzgeber musste sich infolgedessen bei der Normierung des aktienrechtlichen Squeeze-out nicht mit der Kollision von Squeeze-out und statuarischer Sperrminorität des Kleinstbeteiligten auseinandersetzen. Im GmbH-Vertrag hingegen kann einzelnen Gesellschaftern ein statuarisches Zustimmungserfordernis eingeräumt werden, das als Sonderrecht nicht durch eine von der qualifizierten Mehrheit beschlossene Satzungsänderung ohne Zustimmung des Sonderrechtsinhabers entzogen werden kann.57 Dies trifft auch auf KG-Gesellschaftsverträge zu,58 in denen oftmals Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Komplementäre festgelegt werden.59 Da der begünstigte Gesellschafter die vom Zustimmungserfordernis umfassten Satzungsänderungen und wesentlichen Beschlussgegenstände verhindern kann, ermöglicht ihm sein Sonderrecht eine wesentliche unternehmerische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft.60 Die Beteiligung kann aufgrund der Sperrminorität nicht als reine Kapitalanlage qualifiziert werden. Weil die Sperrminorität mit dem Grundgedanken des Squeeze-out unvereinbar ist, entfaltet die abstrakt für alle Gesellschafter geltende Squeeze-out-Klausel im Verhältnis zum Sonderrechtsinhaber keine Rechtswirkung. Die Klausel ist relativ unwirksam. Obwohl Sperrminoritäten von Minderheitsgesellschaftern wegen ihres Blockadepotentials in existenzbedrohende Krisen der Gesellschaft münden können,61 steht die einem Kleinstbeteiligten individuell eingeräumte Sperrminorität seinem Ausschluss aufgrund einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel entgegen. Vor dem Hintergrund, dass der Komplementär einer KGaA über ein individuelles „Vetorecht“ im Hinblick auf Satzungsänderungen, außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen und andere Grundlagengeschäfte verfügt,62 findet diese Schlussfolgerung Bestätigung im Zusammenhang mit dem in Kapitel 4 D. II. 1. gezogenen Fazit, nach dem ein Squeeze-out nicht wirksam zulasten eines Komplementärs vereinbart werden kann.63 Im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern bleibt die Wirksamkeit der Squeeze-out-Klausel unberührt. Dies ist damit zu begründen, dass statuarische Sperrminoritäten nachträglich aufgehoben oder neu begründet werden können. 56

Arnold, in: MüKoAktG, § 133 Rn. 68; Herrler, in: Grigoleit AktG, § 133 Rn. 20; Rieckers, in: BeckOGK AktG, § 133 Rn. 53. 57 OLG Hamm, ZIP 2016, 1481, 1482; Priester / Tebben, in: Scholz, GmbHG, § 53 Rn. 88; Zöllner / Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 53 Rn. 78; Blath, RNotZ 2017, 218, 229; Wicke, MittBayNot 2017, 125, 127. 58 Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 26, 35; Weipert, in: E / B/J / S, HGB, § 163 Rn. 42. 59 Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 26, 35. 60 Schockenhoff, NZG 2018, 201, 205; Grunewald, ZIP 2021, 433, 436. 61 Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 15. 62 Vgl. § 285 Abs. 2 S. 1 AktG; Wichert, in: NK-AktRHeidel, § 285 Rn. 6. 63 Jedenfalls kann der gesetzliche Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Komplementärs einer KGaA als weitere Begründung für die Unwirksamkeit einer Squeeze-out-Klausel zulasten des Komplementärs einer KG dienen.

268

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

Nach einer Aufhebung der statuarischen Sperrminorität soll ein späterer Ausschluss des entsprechenden Gesellschafters aufgrund seiner Kleinstbeteiligung wieder möglich sein. Die nachträgliche Begründung einer individuellen Sperrminorität soll nicht zu einer Unwirksamkeit der Squeeze-out Klausel in Bezug auf die anderen Gesellschafter führen. Ein Vorbehalt hinsichtlich der Kleinstbeteiligungen, denen individuell eine Sperrminorität eingeräumt wurde, hat zwar deklaratorischen Charakter, ist aber zur Klarstellung empfehlenswert.

F. Squeeze-out-Klauseln in der Gründungssatzung Die Vereinbarung einer Squeeze-out-Klausel zwischen den Gründungsgesellschaftern könnte gesondert zu bewerten sein. In der Regel erhalten Finanzinvestoren im Stadium der Gesellschaftsgründung keine Gesellschaftsanteile. Auch die Aufnahme von (Klein-)Investoren aus dem familiären Umfeld der Gründer findet in den seltensten Fällen schon in der Geburtsstunde der Gesellschaft statt. Da die Gründungsgesellschafter einer Start-up-Gesellschaft zusätzlich zu ihrer ausgeprägten Unternehmensidentifikation regelmäßig mit einer Managementfunktion und aufgrund ihres Stimmanteils mit einer Sperrminorität64 ausgestattet sind, wird zum Teil die Prägung der Start-up-Gesellschaften typisierend als personalistisch qualifiziert.65 Dem steht nicht entgegen, dass die Gründungsgesellschafter sich durch die Aufnahme einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel in der Gründungssatzung für eine kapitalistische Ausgestaltung ihrer Anteile im Falle des Entstehens einer Kleinstbeteiligung entscheiden.66 Bei gleichberechtigten Gründungsgesellschaftern handelt es sich um „gleiche“ Hinauskündigungsrechte67. Vereinzelt wird aus der anerkannten Fallgruppe des „Gesellschafters auf Probe“68 der Schluss gezogen, dass eine freie Ausschlussklausel unabhängig von einer Kleinstbeteiligung für eine gewisse Probezeit ab dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung sachlich gerechtfertigt sei.69 Die Interessenlage bei der Gesellschaftsgründung sei der Fallgruppe des „Gesellschafters auf Probe“ vergleichbar, da die Gründungsgesellschafter ebenfalls eine gewisse Zeit für die Prüfung benötigten, ob eine vertrauensvolle und harmonische Grundlage für die gemeinsame Zusammenarbeit bestehe.70 Auch wenn im Falle einer engen Zusammenarbeit zeitnah

64

Gemeint ist in diesem Zusammenhang nicht die individuelle, durch Zustimmungsvorbehalte i. S. v. § 182 BGB ausgestaltete statuarische Sperrminorität, vgl. zur Differenzierung oben Kapitel 5 E. 65 Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1982. 66 Vgl. oben Kapitel 4 D. I., II. 3. d). 67 Vgl. oben Kapitel 4 H. I. 68 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 2. 69 Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 206. 70 Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 206.

F. Squeeze-out-Klauseln in der Gründungssatzung

269

deutlich werden sollte, ob eine Basis für eine gedeihliche Zusammenarbeit gegeben ist, wird bei einem Probezeitraum von zwei bis drei Jahren von der Akzeptanz der Rechtsprechung ausgegangen.71 Die Annahme, nach der die Gründungsgesellschafter einen gewissen Zeitraum für die Prüfung benötigten, ob zwischen ihnen ein auf Vertrauen basierendes Fundament für eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit bestehe, verdient Zustimmung. Der wesentliche Unterschied zur Fallgruppe des „Gesellschafters auf Probe“ liegt jedoch darin, dass in den vom Bundesgerichtshof anerkannten Fällen ein bis zum Zeitpunkt seiner Gesellschaftsbeteiligung unbeteiligter Dritter in ein langjährig bestehendes Gesellschafts- oder Einzelunternehmen aufgenommen wurde. Das Ausschlussrecht konnte lediglich zulasten des Neugesellschafters ausgeübt werden, sodass es sich um ein „ungleiches“ Hinauskündigungsrecht72 handelte. Dieses hielt der Bundesgerichtshof am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB für sachlich gerechtfertigt, da der Neugesellschafter von dem durch den persönlichen Einsatz und das Ansehen der Altgesellschafter oder des bisherigen Einzelunternehmers erarbeiteten Goodwill73 profitierte.74 Der wesentliche Rechtfertigungsgrund für das einseitige Hinauskündigungsrecht zulasten des Neugesellschafters lag in seiner Partizipation an einem langjährig durch die Altgesellschafter oder des bisherigen Einzelunternehmers aufgebauten Goodwill. Dieser Gedanke ist nicht auf die Gründungsgesellschafter übertragbar, die gemeinsam durch ihren persönlichen Einsatz ein neues Unternehmen aufbauen. Es wird auch die Frage offen gelassen, zu wessen Lasten das freie Ausschlussrecht wirken soll. Bei gleichberechtigten Gründungsgesellschaftern einer Start-up-­ Gesellschaft wäre es nur konsequent, ein „gleiches“ Hinauskündigungsrecht75 zu vereinbaren, das zugunsten und zulasten aller Gesellschafter greift. Wenn einer von drei Gründungsgesellschaftern seine ganze Arbeitskraft bei verhältnismäßig geringem Arbeitslohn76 in den Unternehmensaufbau investiert, liegt die sach­liche Rechtfertigung einer freien Ausschlussklausel zugunsten seiner zwei Mitgesellschafter ferner als in dem Fall, in dem der ausschlussbedrohte Gesellschafter infolge seines Gesellschaftsbeitritts ohne nennenswerte Gegenleistung von dem Goodwill der Altgesellschafter profitiert. Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots liegt kein Differenzierungskriterium vor, das den konkreten Aus-

71

Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Schockenhoff, NZG 2018, 201, 206. Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) aa). 73 Vgl. ausführlich BGHZ 175, 207, 211; 188, 282, 285 f. 74 In BGH, NJW 2004, 2013, 2015, wurde der Neugesellschafter sogar ohne Einlageverpflichtung aufgenommen, vgl. oben Kapitel 3 C. II. 2. 75 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. b) bb). 76 In der Regel wird in den Anfangsjahren ein verhältnismäßig geringer Arbeitslohn vereinbart, um die anfänglich ohnehin geringe Liquidität der Gesellschaft nicht zu belasten. Im Gegenzug wollen die Gründungsgesellschafter von dem (überproportionalen) Anstieg des Unternehmenswerts profitieren. 72

270

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

schluss eines der drei Gründungsgesellschafter zu rechtfertigen vermag.77 Vielmehr eröffnet eine potentiell zulasten aller Gründungsgesellschafter wirkende, gleiche Hinauskündigungsklausel der Gesellschaftermehrheit einen erheblichen Spielraum für willkürliche Entscheidungen. Die uneingeschränkte Übertragung der Fallgruppe des „Gesellschafters auf Probe“ auf die Gesellschaftsgründung zum Aufbau eines neuen Unternehmens ist abzulehnen.

G. Nachträgliche Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel Das Gegenstück zu einer Squeeze-out-Klausel in der Gründungssatzung stellt die nachträgliche Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel im Wege der Satzungsänderung dar. Gesellschaftsvertragsänderungen in der GmbH bedürfen gem. § 53 Abs. 2 GmbHG einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen, in der KG gem. § 119  Abs. 1  HGB vorbehaltlich einer anderslautenden Regelung im KG-Vertrag78 der Einstimmigkeit. Andererseits ist für die nachträgliche gesellschaftsvertragliche Bestimmung der Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Mitgliedschaft des Inhabers des potentiell einzuziehenden Geschäftsanteils ein einstimmiger Beschluss analog § 53  Abs. 3  GmbHG erforderlich.79 Ebenso ist der einseitige Ausschluss eines stimmrechtslosen Gesellschafters ohne dessen Zustimmung nicht möglich.80 Die nachträgliche Einführung von Ausschließungs- und Einziehungsregelungen bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter.81 Nichts anderes darf für die nachträgliche Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel im Wege einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gelten, da diese Ausschlussregelung für einen (potentiellen) Kleinstbeteiligten die abstrakte Gefahr des Entzugs der Gesellschafterstellung begründet. Diese erfordert analog §§ 53 Abs. 3 GmbHG, 180 Abs. 1 AktG die Zustimmung aller Gesellschafter. Rechtsvergleichend wird dieses Ergebnis durch § 1 Abs. 4 S. 2 ÖGesAusG bestätigt, der die Aufhebung der statuarischen Abbedingung des dispositiven Squeeze-out von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig macht.

77 Anders bei der Einordnung der Squeeze-out-Klausel als „gleiches“ Hinauskündigungsrecht, in deren Rahmen die Kleinstbeteiligung als zulässiges Differenzierungskriterium die künftige, mit dem konkreten Ausschluss des Kleinstbeteiligten verbundene Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigt, vgl. oben Kapitel 4 H. I. 78 Bestimmt der KG-Vertrag hingegen gem. § 119 Abs. 2 HGB das Mehrheitsprinzip, wird im Personengesellschaftsrecht auf ein zwingendes, dem § 53  Abs. 2  GmbH vergleichbares qualifiziertes Beschlussquorum von 75 % verzichtet, vgl. oben Kapitel 4 D. II. 2. b) aa) (1). 79 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 80 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 81 Kallrath, MittRhNotK 1999, 325, 332 f. (Mitgliedschaft als „relativ unentziehbares“ Recht).

H. Familiengesellschaften

271

H. Familiengesellschaften Im Folgenden wird untersucht, ob sich vertragliche Squeeze-out-Klauseln als sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit in Familiengesellschaften erweisen können. An den verschiedensten Stellen dieser Arbeit fanden einzelne Besonderheiten und Interessenlagen in Familienunternehmen Erwähnung: Eingangs dienten die oftmals als GmbH oder GmbH & Co. KG auftretenden Familiengesellschaften infolge vieler Erbgänge auf die zweite und dritte Generation als Beispiel für die zunehmende Beteiligungszersplitterung in diesen Gesellschaftsformen.82 Im Rahmen der stimmrechtslosen Ausgestaltung von Anteilen wurde auf deren praktischen Vorzüge in Familiengesellschaften zur Verringerung künftiger Erbschaftssteuerlasten bei gleichzeitiger Meidung unternehmerischen Einflusses der Nachfolgegeneration hingewiesen.83 Drag-along-Klauseln wurden als Gestaltungsinstrument für die externe Unternehmensnachfolge im Wege des Familienunternehmensverkaufs erörtert. In diesem Zusammenhang wurde aufgrund des Interesses einzelner Familiengesellschafter an einer unternehmerischen Betätigung mit generationenübergreifendem Horizont zu einem vorsichtigen Umgang geraten.84 Zudem wurde festgestellt, dass in gängigen Vertragsklauseln zwischen einem Private-Equity-­ Investor und Familiengesellschaften das emotionale Interesse am dauerhaften Verbleib der Anteile am Familienunternehmen in „Familienhand“ gegenüber dem Bestandsinteresse des Finanzinvestors überwiegen kann, sofern das freie Ausschlussrecht zeitlich befristet ist und durch einen renditetragenden Mindestkaufpreis vergütet wird.85

I. Definition Eine allgemeingültige Definition der Familiengesellschaft existiert nicht.86 Vielmehr wird die Familiengesellschaft anhand typischer Merkmale charakterisiert.87

82

Vgl. oben Kapitel 1 A.; Kapitel 2 E. II. 2. b). Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 84 Vgl. oben Kapitel 4 F. II. 85 Vgl. oben Kapitel 4 F. IV. 86 Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 1; Ulmer, ZIP 2010, 549, 552 (für die „große Familiengesellschaft“); Cichy / Sander-McAlister, BB 2012, 723, 725; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 34. 87 Ulmer, ZIP 2010, 549, 552 (für die „große Familiengesellschaft“); Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404. 83

272

Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

1. Familiäre Prägung Hierunter fällt die „familiäre Prägung“ der Gesellschaft.88 Die „familiäre Prägung“ äußert sich durch einen maßgeblichen Einfluss der Familie auf Kontrollund / oder Managementorgane der Gesellschaft.89 Um im Interesse der Erhaltung des „familiären Charakters“ den Eintritt familienfremder Dritter zu verhindern, sind in Familiengesellschaften Vinkulierungsklauseln geläufig, die regelmäßig die Abtretung an die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter knüpft („Individualvinkulierung“) oder die Anteilsübertragung ausschließlich an Familienangehörige zulässt.90 Zum Teil werden im Rahmen des innergesellschaftlichen Anteilshandels Vorkaufsrechte der Gesellschafter des jeweiligen Stammes oder eine auf andere Abkömmlinge desselben Stamms beschränkte Anteilsübertragung vereinbart, um das Gleichgewicht zwischen den Familienstämmen zu wahren.91 2. Einteilung in Familienstämme und Poolverträge Neben diesen Anteilsverfügungsbeschränkungen sind Stimmrechtspoolverträge zwischen Familiengesellschaftern üblich, um etwaigen Blockaden durch familieninterne Querelen vorzubeugen, ohne potentielle Differenzen im Außenverhältnis offenbaren zu müssen, wobei der Beschlussfassung im Familienpool mitunter eine Entscheidungsfindung innerhalb einzelner Familienstämme vorhergehen kann.92 Die durch den Poolvertrag regelmäßig gegründete Innen-GbR i. S. v. §§ 705 ff. BGB ohne Gesamthandsvermögen93 fungiert als Präventionsmechanismus gegenüber

88

Ulmer, ZIP 2010, 549, 552 (für die „große Familiengesellschaft“); Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404. 89 Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 35 f. 90 Sickinger, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 11 Rn. 45 („Überfremdungsschutz“ durch sogenannte Schutzgemeinschaftsverträge); Schrötter, NJW 1979, 2592, 2593; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410; Binz / Mayer, NZG 2012, 201, 204; vgl. auch zur Zulässigkeit von Satzungsregelungen, die hinsichtlich des Anteils des Erblassers eine Abtretungsverpflichtung unerwünschter Erben an einen bestimmten Familienangehörigen, die GmbH oder einen anderen GmbH-Gesellschafter begründen, Servatius, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 13 Rn. 13; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2410; Müller / Sass, in: BeckFB ErbR, Form G. I.8.; vgl. zur Zulässigkeit eines satzungsrechtlichen Ausschlussgrunds bei Anteilserwerb durch familienfremden Dritten Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 55. 91 Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 61 f.; Ulmer, ZIP 2010, 549, 553; ähnl. in Poolverträgen, allerdings nur mit schuldrechtlicher Wirkung, § 137 BGB, Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1405. 92 Favoccia, in: Münchner Vertragshandbuch, Band 1, Formular V.105, Anm. 3; Reichert, in: BeckHdB-AG, § 5 Rn. 212; Sickinger, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 11 Rn. 45; ­Cichy / Sander-McAlister, BB 2012, 723, 724; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402. 93 BGHZ 126, 226, 234; 179, 13, 19; Drescher, in: MüKoGmbHG, § 47 Rn. 234; Römermann, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 47 Rn.  79 f.; Baums, WM 2001, 1843, 1846; Mayer, MittBayNot 2006, 281, 282; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402.

H. Familiengesellschaften

273

der Gefahr einer uneinheitlichen Stimmabgabe in der eigentlichen Gesellschafterversammlung.94 Die Gefahr einer uneinheitlichen Stimmabgabe kann durch sachliche und emotionale Differenzen zwischen einzelnen Familienmitgliedern über grundlegende unternehmerische Entscheidungen, Organbesetzungen sowie andersartige Ausschüttungserwartungen – insbesondere bei einem Generationenwechsel – begründet sein.95 Einzelne Familienstämme sichern sich mithilfe der Stimmbindungsverträge durch die vorgeschaltete Interessenbündelung ihren Einfluss in der Gesellschaft.96 Überwiegend sind Poolverträge auch erbschafts- und schenkungssteuerrechtlich motiviert.97 Gem. § 13b  Abs. 1  Nr.  3  S. 2  ErbStG liegt  – über die unmittelbare Beteiligung eines Gesellschafters mit einem Nennkapital von 25 % hinaus – erbschaftssteuerlich begünstigtes Vermögen bei einer Verpflichtung mehrerer Gesellschafter mit einem entsprechenden Kapitalanteil vor, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.98 Der Poolvertrag wird als GbR-Vertrag auf einen langfristigen Zeitraum abgeschlossen und ist vor dessen Ablauf nur aus wichtigem Grund kündbar.99 Aufgrund des durch § 138 Abs. 1 BGB, Art. 12 GG gebotenen Schutzes der persönlichen Freiheit vor überlangen Bindungen und der verbotenen Umgehung des § 723  Abs. 3  BGB darf das ordentliche Kündigungsrecht nicht für einen unangemessen langen Zeitraum ausgeschlossen werden.100 Die Angemessenheit der zeitlichen Bindung ist abhängig von der konkreten Gesellschafterstruktur, den gesellschaftsvertraglichen Pflichten und dem schützenswerten Interesse der Gesellschaft an einer möglichst langen Bindung, wobei als grobe Richtschnur eine

94

Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402; allerdings nur schuldrechtliche Bindung, da im Falle des Erscheinens des durch den Pool Bevollmächtigten und des einzelnen Gesellschafters in der eigentlichen Gesellschafterversammlung die höchstpersönliche Stimmabgabe vorrangig ist, vgl. BGHZ 3, 354, 357 ff. (Abspaltungsverbot); Koch, AktG, § 133 Rn. 26; Reichert, in: BeckHdB-AG, § 5 Rn. 212; Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 59; Weipert, in: MünchHdb GesR I, § 34 Rn. 54 f. 95 Binz / Mayer, NZG 2012, 201; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402; Holler, ZIP 2018, 553, 555 f.; ders., DStR 2019, 931, 940 mit Hinweis auf die zunehmende Entfremdung und Konfliktanfälligkeit infolge der Generationenwechsel, wobei spätestens ab der dritten Generation persönliche Interessen nicht mehr zurückgestellt werden. 96 Reichert, in: BeckHdB-AG, § 5 Rn. 212; Mayer, MittBayNot 2006, 281, 283; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2412; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402. 97 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402. 98 Rödiger, in: Schmid, Nachfolgebesteuerung, § 13b  ErbStG, Rn. 48, 51; Sickinger, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 11 Rn. 45. 99 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1402. 100 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 142 Rn. 25; Schäfer, in: MüKoBGB, § 723 Rn. 66; K. Schmidt /  Fleischer, in: MüKoHGB, § 132 Rn. 33; Ulmer, ZIP 2010, 805, 807; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1405; a. A. Holler, DStR 2019, 931, 942; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404 f. (teleologische Reduktion des § 723 Abs. 1, 3 BGB für generationsübergreifende Familiengesellschaften).

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Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

Maximaldauer von dreißig Jahren als angemessen erachtet wird.101 Gängige Vertragsklauseln enthalten nunmehr feste Laufzeiten von zehn bis dreißig Jahren.102 In Ansehung der gesellschaftsvertraglichen Vinkulierungen und der meist schuldrechtlichen Poolverträge kristallisiert sich als weiteres Charakteristikum von Familiengesellschaften ihre Einteilung in Familienstämme heraus.103 3. Körperschaftliche Gesellschaftsstruktur Die Gesellschaftsstruktur einer Familiengesellschaft zeichnet sich typischerweise durch vorrangig körperschaftliche Elemente aus, da die Unternehmensleitung der Geschäftsführung, einem (Gesellschafter-)Beirat mit umfangreichen Zustimmungs- und Kontrollkompetenzen und einer auf die grundlegenden Entscheidungen beschränkte Mitgliederversammlung obliegt.104 4. Beschränkung der Kündigungsrechte und Abfindungsansprüche Familiengesellschaften sind zur Bestandssicherung auf ihre Selbstfinanzierung angewiesen, da ihnen aufgrund des bewussten Verzichts auf die Aufnahme Dritter kein frisches Eigenkapital zufließt.105 Eine Gefahr für die Sicherung der Kapitalgrundlage stellen die grundsätzlich am Verkehrswert orientierten Abfindungszahlungen im Falle eines Gesellschafteraustritts dar.106 Das Interesse der Gesamtfamilie zielt regelmäßig auf eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts107 und der Abfindungsleistungen.108 Die Beschränkung des ordentlichen 101

BGH, WM 1967, 315, 316 (30 Jahre); Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 142 Rn. 25; Schäfer, in: MüKoBGB, § 723 Rn. 66; K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 132 Rn. 33; Ulmer, ZIP 2010, 805, 807; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401, 1405; aber unzulässige Kündigungsbeschränkung eines auf 30 Jahre fest eingegangenen Rechtsanwalts-Sozietätsvertrags, vgl. BGH, NJW 2007, 295, 296. 102 Ulmer, ZIP 2010, 805, 807; Grisar, GmbHR 2020, 1161, 1163. 103 Ulmer, ZIP 2010, 549, 552; Holler, BB 2012, 719; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405. 104 Lange, GmbHR 2006, 897, 899 ff.; Ulmer, ZIP 2010, 549, 552 f.; Holler, BB 2012, 719; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405. 105 Ulmer, ZIP 2010, 549, 551; Holler, DStR 2019, 931, 940 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404 f.; für die Zukunft kritisch Fleischer / Maas, AG 2021, 893 f. unter Hervorhebung der praktischen Vorzüge eines Börsengangs; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 451 ff. unter Hinweis auf die für Finanzinvestoren wenig transparente Struktur und unübersichtliche Renditechancen. 106 Ulmer, ZIP 2010, 549, 551; Holler, DStR 2019, 931, 940 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 404 f.; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 452. 107 Dieses Problem stellt sich lediglich in den Personengesellschaftsformen, vgl. §§ 723 BGB, 105 Abs. 2, 3, 161 Abs. 2 HGB, nicht hingegen bei der nach der gesetzlichen Konzeption auf Dauer errichteten GmbH, vgl. Binz / Sorg, GmbHR 2011, 281, 283. 108 Ulmer, ZIP 2010, 549, 553; ders., ZIP 2010, 805, 806 ff.; Wolf, MittBayNot 2013, 9, 12; Holler, DStR 2019, 931, 940 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 452.

H. Familiengesellschaften

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Kündigungsrechts wird durch die langfristige Vertragslaufzeit der Familien-KG umgesetzt.109 Die Abfindungsleistungen werden durch Festlegung weit unterhalb des Verkehrswerts liegender Werte beschränkt, die vor dem Hintergrund der umfangreichen Thesaurierungspraktiken in Familiengesellschaften anhand der nachhaltig zu erwartenden Gewinnausschüttung zu ermitteln sind.110 Der potentielle Konflikt mit dem austrittswilligen Gesellschafter läuft nicht auf eine für Personengesellschaften typische Interessenabwägung zwischen gleichberechtigten Gesellschaftern, sondern auf die Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des von einem Mehrheitswillen getragenen Familienverbands und dem Eigeninteresse der dissentierenden Minderheitsgesellschafter hinaus.111 Sofern in dem Gesellschaftsvertrag und in typischen Nebenvereinbarungen das Interesse aller Beteiligten am Erhalt und der Entwicklung des Familienunternehmens eindeutig zum Ausdruck kommt, ist ein gegenüber dem gesetzlichen Regelfall erweiterter Bestandsschutz der Familienmehrheit von der Minderheit zu respektieren.112

II. Squeeze-out-Klausel zulasten von Nicht-Familienmitgliedern Diese Grundsätze schließen die Zulässigkeit vertraglicher Squeeze-out-Klauseln nicht aus, sofern diese sich zulasten von Nicht-Familienmitgliedern auswirken. Bestätigung erfährt diese These durch die Beliebtheit von Managermodellen in Familiengesellschaften113 und die in Kapitel 4 F. IV. erörterte freie Ausschlussklausel zulasten eines in einer Familiengesellschaft minderheitsbeteiligten Finanzinvestors. In diesen Konstellationen fließt – zusätzlich zur grundsätzlichen Anerkennung der Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung freier Ausschlussklauseln –114 das berechtigte Überfremdungsschutzinteresse der Familiengesellschafter in die Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Wirksamkeit von zum Ausschluss familienfremder Gesellschafter berechtigenden Squeeze-out-Klauseln ein.115

109

Ulmer, ZIP 2010, 549, 553; ders., ZIP 2010, 805, 806 ff.; Holler, DStR 2019, 931, 940 f. 110 Ulmer, ZIP 2010, 549, 553; ders., ZIP 2010, 805, 808 ff.; Wolf, MittBayNot 2013, 9, 12; Holler, DStR 2019, 931, 940 f. 111 Ulmer, ZIP 2010, 549, 552; Holler, DStR 2019, 931, 939 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405. 112 Ulmer, ZIP 2010, 549, 554 unter Hinweis auf BGHZ 85, 350, 358 f.; ders., ZIP 2010, 805, 814; wohl auch Holler, BB 2012, 719, 720; ders., DStR 2019, 931, 939 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405 f. unter Hinweis auf die tendenziell wegen der Realstruktur der Familiengesellschaft verstärkte gesellschaftsrechtliche Treuepflicht; a. A. Priester, Rechtsfragen der Familiengesellschaften, 53, 59. 113 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b). 114 Vgl. oben Kapitel 4 I. 115 Vgl. zu Auswirkungen auf die Höhe der Mindestbeteiligungsschwelle unten Kapitel 6 B. III.

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Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

Der Squeeze-out stellt ein geeignetes Gestaltungsinstrument dar, um Streubesitzanteile, die trotz Vinkulierungs- und qualifizierter Nachfolgeklauseln in das Eigentum familienfremder Dritter gelangt sind, an die Familiengesellschafter zurückzuführen und die „familiäre Prägung“ der Gesellschaft zu stärken.

III. Squeeze-out-Klausel zulasten von Familienmitgliedern Auf den ersten Blick erscheint es zweifelhaft, ob die für Familiengesellschaften typischen Merkmale mit vertraglichen Squeeze-out-Klauseln, die (auch) zum Ausschluss von Familienmitgliedern berechtigen, in Einklang zu bringen sind. 1. Personalistische Ausrichtung durch familiäre Verbundenheit? Gegen die Zulässigkeit solcher Squeeze-out-Klauseln könnte die Identifikation der Familienmitglieder mit dem Unternehmen, ihre familiäre emotionale Verbundenheit untereinander und die „familiäre“ Gesellschaftsprägung sprechen. Diese Merkmale könnten eine personalistische Gesellschaftsprägung mit unternehmerischen Beteiligungen indizieren, die dem reinen Kapitalanlagecharakter der Kleinstbeteiligung entgegensteht.116 Vereinzelt wird zumindest im Ansatz von der „familiären“ Verbundenheit auf die personalistische Struktur von Familiengesellschaften geschlossen.117 Zur Verifizierung dieser Schlussfolgerung sei in Erinnerung gerufen, dass sich eine personalistisch geprägte Gesellschaft typischerweise durch eine geringe Gesellschafteranzahl, Anteilsvinkulierung, Gleichrangigkeit der Gesellschafterrechte, ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis der Gesellschafter und das Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters auszeichnet.118 In der ersten und zweiten Generation einer Familiengesellschaft mögen diese Kriterien überwiegend erfüllt sein: Der Unternehmensgründer bzw. die unternehmensgründenden Familienmitglieder werden aufgrund ihrer „familiären“ Bindung ein enges Vertrauensverhältnis aufweisen, die Gesellschafterrechte gleichrangig ausgestaltet und die Anteile vinkuliert sein. Die Gesellschafteranzahl wird sich auf die Gründungsmitglieder oder ihre direkten Abkömmlinge beschränken. Sollte das Unternehmen in erster Generation durch eine Person gegründet worden sein, wird es regelmäßig spätestens in der zweiten Generation nicht mehr von einem Mehrheitsgesellschafter beherrscht.

116 Der Kapitalanlagecharakter diente dem Bundesverfassungsgericht als wesentliche Begründung für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des aktienrechtlichen Squeeze-out, vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1. 117 Wohl Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 25; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 190. 118 Vgl. oben Kapitel 2 C. II.

H. Familiengesellschaften

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In der dritten und vierten Generation einer Familiengesellschaft hingegen verblassen diese Charakteristika zunehmend: Infolge der Erbschaften entwickelt sich die Gesellschafterzahl mitunter im dreistelligen Bereich. Das ursprünglich enge Vertrauensverhältnis zwischen den Kernfamilienmitgliedern der ersten und zweiten Generation schwächt aufgrund der Vielzahl und zum Teil im Ausland ansässigen Erben ab. Die gleichrangig ausgestalteten Gesellschafterrechte sind regelmäßig nur noch bei den jeweiligen Familienstämmen, nicht hingegen bei einzelnen Gesellschaftern zu verorten. Es ist für heutige Familiengesellschaften typisch, dass sich einzelne Familienmitglieder unternehmerisch betätigen, wohingegen die übrigen Familiengesellschafter lediglich einen Kapitalanteil halten.119 Gegen eine personalistische Struktur der Familiengesellschaft in dritter Generation spricht auch die typisch körperschaftliche Struktur der Unternehmensleitung, die den Einfluss des einzelnen Gesellschafters auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend beschränkt. Die einzelnen Familiengesellschafter üben ihr Stimmrecht angesichts der typischen Stimmrechtspoolvereinbarungen nicht in der Gesellschafterversammlung des Familienunternehmens aus, sondern können nur Einfluss auf die Entscheidung im Pool nehmen.120 Die Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des einzelnen Familiengesellschafters hinsichtlich der wesentlichen Unternehmensentscheidungen ist erheblich reduziert.121 Der Ausnahmefall des Vorrangs der Vertragsfreiheit des Kleinstbeteiligten in ihrer schutzrechtlichen Dimension ist schwerlich zu begründen.122 Das Argument einer emotionalen Verbundenheit zum Familienunternehmen stellt bei einem Erben in dritter Generation, der eine Kleinstbeteiligung hält und keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens nehmen kann, in den seltensten Fällen einen ausschlaggebenden Aspekt für die Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB dar. 2. Interessen der ausschlussberechtigten Familienmehrheit Auf Seiten der ausschlussberechtigten Familienmehrheit können die allgemein für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung eines Squeeze-out streitenden Argumente, insbesondere die effektive Unternehmensführung und die unternehmerische Flexibilität herangezogen werden. Die Stimmrechtspoolvereinbarungen hindern die Kleinstbeteiligten nicht an der Wahrnehmung ihrer „absolut unent-

119

Holler / Mann, NZG 2021, 402, 407; Sigle, FS Rowedder 1994, 459, 461. Sofern die Entscheidung weder auf eine Beitragserhöhung noch auf die Entziehung „relativ unentziehbarer“ Mitgliedschaftsrechte gerichtet ist, kann im Pool sogar eine einfache Mehrheit ausreichen, obwohl die Beschlussfassung in der Gesellschaft eine qualifizierte Mehrheit erfordert, vgl. BGHZ 170, 283, 288 f.; 179, 13, 19 f.; Reichert, in: BeckHdB-AG, § 5 Rn. 212; K. Schmidt, ZIP 2009, 737, 740 ff. 121 Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). 122 Ähnl. oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (3); Kapitel 5 B.; anders bei allgemeinen freien Ausschlussklauseln, vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (2). 120

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Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

ziehbaren“ Informations- und Beschlussanfechtungsrechte.123 Auch wenn die Gefahr obstruierender Familiengesellschafter vor dem Hintergrund der verdichteten gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht geringer als in sonstigen Gesellschaften ausfällt, kann sie nicht vollständig ausgeschlossen werden. Bei einer dreistelligen Anzahl an mitunter im Ausland ansässigen Gesellschaftern ist auch die Einholung der Verzichtserklärungen bezüglich des Umwandlungsberichts und der Umwandlungsprüfung124 bei kurzfristig umzusetzenden Umwandlungsmaßnahmen125 aus praktischen Gründen nur schwer zu realisieren. 3. Stärkung der familiären Prägung Eine Reduzierung der Gesellschafter auf die tatsächlich unternehmerisch an der Familiengesellschaft beteiligten Familienmitglieder infolge der Ausübung einer Squeeze-out-Klausel kann dazu führen, dass die zunehmend in Kleinstbeteiligungen zersplitterte Gesellschaft ihre originär in erster und zweiter Generation „familiäre“ und personalistische Prägung zurückerhält. Die Squeeze-out-Klausel steht der „familiären“ Prägung nicht zwingend entgegen, sondern kann sie vielmehr revitalisieren. Ein erhebliches (wirtschaftliches) Bedürfnis an einem Squeeze-out der kleinstbeteiligten Familiengesellschafter besteht auch in den Fällen, in denen ein Finanzinvestor sein Investment unter die Bedingung der Bereinigung der Gesellschafterstrukturen stellt.126 Ähnlich verhält es sich, wenn ein Neuinvestor seine Beteiligung von dem Abschluss einer Gesellschaftervereinbarung mit Drag-alongKlauseln oder einer Liquidationspräferenz127 abhängig macht, der sämtliche Gesellschafter zustimmen müssen,128 und einzelne Familiengesellschafter dissertieren oder sich nicht zurückmelden. 4. Familiengesellschaftsspezifische Interessen Familiengesellschaftsspezifische Interessen können eine besondere Rechtfertigung für die Zulässigkeit des Squeeze-out eines kleinstbeteiligten Familienmitglieds darstellen. In dem Fall der von einzelnen Gesellschaftern herbeigeführten Beendigung des Poolvertrags  – sei es durch Kündigung aus wichtigem 123

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (3). Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 2. a). 125 Der Entscheidung BGHZ 179, 13 lag beispielhaft die Ausgliederung eines Teilbetriebs der Familiengesellschaft auf eine GmbH & Co. KG gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG sowie der Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags mit einem anderen Konzernunternehmen, §§ 291, 293 AktG, zugrunde. 126 Cichy / Sander-McAlister, BB 2012, 723, 725. 127 Vgl. Müller, in: BeckFB ZivilR, Form O.3 § 12 (Anm. 13); Martinius / Stubert, BB 2006, 1977, 1978. 128 Vgl. oben Kapitel 4 F. II. 124

H. Familiengesellschaften

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Grund,129 sei es durch Widerspruch einzelner Gesellschafter zum Verlängerungsbeschluss nach Ablauf der Poolvertragslaufzeit –, besteht das erhebliche Risiko, dass die kündigenden oder dissertierenden Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung des Familienunternehmens Entscheidungen in Abweichung von der Gesamtfamilie oder dem jeweiligen Familienstamm treffen. Die Familienmehrheit droht mangels Poolvertrags, an den alle Familiengesellschafter gebunden sind, ihren Einfluss auf das Familienunternehmen zu verlieren. Ihr schutzwürdiges Interesse am Erhalt und der Entwicklung des Familienunternehmens in ihrem Sinne ist gefährdet. Wie für Abfindungs- und Kündigungsbeschränkungen befürwortet,130 muss das Bestandsinteresse des von einem Mehrheitswillen getragenen Familienverbands das Eigeninteresse des (potentiell) dissentierenden Minderheitsgesellschafters überwiegen, sofern sich aus den vertraglichen Vereinbarungen das Interesse aller Beteiligten am Erhalt und der Entwicklung des Familienunternehmens eindeutig ergibt. Auch in schenkungs- und erbschaftssteuerlicher Hinsicht kann der Austritt eines Gesellschafters aus der Poolvereinbarung für die Liquidität der Familiengesellschafter verheerende Folgen haben, sofern dadurch der Kapitalanteil der Anteile, die der Poolvereinbarung unterliegen, innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt des Erb- oder Schenkungsfalls unter 25 % fällt, § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG.131 Um dieser abstrakten Liquiditätsgefährdung vor Ablauf der Poolvertragslaufzeit und dem Risiko einer uneinheitlichen Stimmrechtsausübung im Familienunternehmen entgegenzuwirken, ist der Squeeze-out kleinstbeteiligter Familiengesellschafter zugunsten der Familienmehrheit oder der Mehrheit des jeweiligen Familienstamms ein im Einzelfall zielführendes Gestaltungsinstrument.132 Unabhängig von den Poolverträgen ist die Zulässigkeit eines Verlängerungsbeschlusses vor Ablauf der festen Laufzeit auf der Grundlage einer gesellschaftsvertraglichen „Verlängerungsklausel“, die zur Fortführung der Familien-KG durch die fortsetzungswilligen Gesellschafter und zum Ausscheiden der dissertierenden Gesellschafter führt,133 vermehrt Gegenstand gesellschaftsrechtlicher Ausein 129

Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 63. Ulmer, ZIP 2010, 549, 552, 554 unter Hinweis auf BGHZ 85, 350, 358 f.; ders., ZIP 2010, 805, 814; wohl auch Holler, BB 2012, 719, 720; ders., DStR 2019, 931, 939 f.; Holler / Mann, NZG 2021, 402, 405 f. unter Hinweis auf die tendenziell aufgrund der Realstruktur der Familiengesellschaft verstärkte gesellschaftsrechtliche Treuepflicht; a. A. Priester, Rechtsfragen der Familiengesellschaften, 53, 59. 131 Milatz / Christopeit, in: Burandt / Rojahn, ErbStG, § 13b Rn. 22; Sickinger, in: Schüppen /  Schaub, MAH AktR, § 11 Rn. 45. 132 Die alternative Ausgestaltung dieser Sachverhaltskonstellation als sachlicher Grund bzw. „festes Tatbestandsmerkmal“ begegnet Zweifeln, da sich eine einheitliche Definition des „festen Tatbestandsmerkmals“ im Hauptgesellschaftsvertrag, die den Verlust der Gesellschafterstellung an ein objektiv bestimmtes Verhalten im untergeordneten Poolvertrag anknüpft, als schwierig gestalten dürfte, zumal die jeweiligen Familienstämme regelmäßig inhaltlich divergierende Poolverträge abschließen. 133 Ulmer, ZIP 2010, 805, 807. 130

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Kap. 5: Gestaltungsszenarien, Fallgruppen und Realisationsmöglichkeiten

andersetzungen.134 Im Interesse der Planungssicherheit der fortführungswilligen Familienmehrheit kann es sich anbieten, bereits vor dem Ablauf der durch den KG-Vertrag festgelegten Vertragslaufzeit einzelne kleinstbeteiligte Familiengesellschafter auszuschließen. Dies hätte auch einen erheblichen Vorteil für die Liquiditätslage der fortsetzungswilligen Familiengesellschafter: Die jeweiligen Ausschlüsse könnten in Jahresabständen zeitversetzt vollzogen werden,135 damit nicht sämtliche (voraussichtlich) dissertierenden Gesellschafter zum gleichen Zeitpunkt – dem Ende der Vertragslaufzeit – abgefunden werden müssten. 5. Zwischenfazit Nicht nur Squeeze-out-Klauseln zulasten familienfremder Dritter, sondern auch zulasten kleinstbeteiligter Familiengesellschafter halten einer Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB stand.

IV. Unvereinbarkeit von Squeeze-out und Selbstfinanzierung Die tatsächliche Ausübung der Squeeze-out-Klauseln könnte in der Praxis vor dem Hintergrund der nach herkömmlichem Verständnis für Familiengesellschaften typischen Selbstfinanzierung auf Einzelfälle beschränkt sein. Der Vorrang des Interesses der Familienmehrheit gegenüber dem Eigeninteresse des Kleinstbeteiligten vermag nicht gleichzeitig die Zulässigkeit einer vertraglichen Squeezeout-Klausel, deren Anerkennung in der Gesamtabwägung nach § 138 Abs. 1 BGB eine Abfindung zum Verkehrswert voraussetzt,136 und eine Abfindung unterhalb des Verkehrswerts zu rechtfertigen. Die ausschlussberechtigten Familienmitglieder wären gezwungen, zur Finanzierung der Abfindung auf Gesellschaftsgewinne oder private Rücklagen zurückzugreifen. Diese stünden der Gesellschaft zukünftig nicht mehr für neue Innovationen und Wachstumsstrategien zur Verfügung. Ein anderes Bild zeichnet sich teilweise für moderne Familiengesellschaftsstrukturen ab. Aufgrund der Herausforderungen der fortschreitenden Globalisierung und der digitalen Transformationen sind Familiengesellschaften in jüngster Vergangenheit und zukünftig stärker als früher auf das Eigenkapital familienfremder Dritter angewiesen.137 Die Finanzierung von Sprunginnovationen und 134

Holler, in: MünchHdb GesR VII, § 75 Rn. 218; Holler, DStR 2019, 931, 941. Unter der Prämisse, dass ein Teilausschluss bei mehreren Kleinstbeteiligten zulässig ist, vgl. oben Kapitel 4 H. IV. 136 Vgl. oben Kapitel 4 D. IV. 137 Fleischer / Maas, AG 2021, 893 f. unter Hervorhebung der praktischen Vorzüge eines Börsengangs; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 451, 461 ff. unter Hinweis „auf in den letzten Jahren zu beobachtende direkte Investitionen von Family Offices in Familienunternehmen“ und die Attraktivität eines Börsengangs. 135

H. Familiengesellschaften

281

Wachstumsstrategien kann selten ausschließlich durch die thesaurierten Gewinne und Kapitalerhöhungen der Familienmitglieder bestritten werden.138 Wenn sich Familiengesellschaften den Investitionen dritter Finanzinvestoren öffnen, entsteht auch ein finanzieller Spielraum, um unliebsame Kleinstgesellschafter aus der Familiengesellschaft auszuschließen. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn die Neuinvestoren selbst eine Bereinigung der Gesellschafterstrukturen mithilfe des Squeeze-out zur Bedingung ihres Investments machen.

V. Fazit Der gewillkürte Squeeze-out kann für Familiengesellschaften ein probates Mittel sein, um zur Bewahrung ihres „familiären“ Charakters die Streuung der Gesellschaftsanteile infolge von Erbschaften zu kontrollieren und zu bereinigen. In vielfachen Konstellationen kann eine Modifizierung des Squeeze-out in der Weise sachgerecht sein, dass der Anteil des auszuschließenden Gesellschafters nicht auf sämtliche Mitgesellschafter anteilig, sondern nur auf die Mitgesellschafter seines Familienstamms anteilig übergeht.139 Die grundsätzlich von der Gesellschaft geschuldete Abfindung ist ausschließlich von dem übernahmeberechtigten Familienstamm zu zahlen.140 Diese Modifizierung hat den Vorzug, dass der betroffene Familienstamm trotz des Ausschlussbedürfnisses nicht gegen einen Ausschluss stimmt, um seinen Anteil im Verhältnis zu den anderen Familienstämmen zu erhalten. Gleichzeitig bleiben die ursprünglichen Verhältnisse unter den Familienstämmen konfliktschonend gewahrt.

138

Fleischer / Maas, AG 2021, 893 f.; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 453. 139 Vgl. unten Kapitel 8 B. I. 1.–2. 140 Zu bereits gelebten Gestaltungen, nach denen die Abfindungsleistung von dem Familienstamm des ausscheidenden Gesellschafters zu leisten ist, vgl. Stengel, in: BeckHdB-PersG, § 17 Rn. 63.

Kapitel 6

Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  Folgend wird die Zulässigkeit einzelner Schwellenwerte in vertraglichen Squeeze-­out-Klauseln untersucht. Zur Ermittlung des relevanten Schwellenwerts ist wie bei den gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren im Interesse der Rechtssicherheit auf die zivilrechtliche Eigentumslage ohne Berücksichtigung etwaiger Wandel- und Optionsrechte1 abzustellen.2 Die Anteile abhängiger Unternehmen3 sind in Anlehnung an §§ 327a  Abs. 2, 16  Abs. 2,  4  AktG dem Hauptgesellschafter zuzurechnen. Die Vorzugswürdigkeit dieser Zurechnung erkannte der Gesetzgeber bereits im Jahr 2002, indem er mit ihrer Integration in die aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften ein mitunter kostspieliges und zeitverzögerndes „Umhängen“ von Beteiligungen obsolet werden ließ und damit den praktischen Anwendungsbereich des Squeeze-out gegenüber der im Übrigen als Vorbild dienenden Mehrheitseingliederung erheblich erweiterte.4 § 39a Abs. 2 WpÜG verweist für den wenige Jahre später eingeführten übernahmerechtlichen Squeeze-out stimmig auf § 16 Abs. 4 AktG. Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Zurechnungsvorschrift des § 16  Abs. 4  AktG im Rahmen des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out5 ist allein dem Umstand geschuldet, dass dieser als Zwischenschritt den anschließenden up-stream-merger von der hundertprozentigen Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft erleichtern soll, an dem es bei einer weiteren beteiligten Gesellschaft fehlte.6 Auf der Grundlage der gesetzgeberischen Wertungen in den §§ 327a  Abs. 1 S. 1 AktG, 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG für die Minderheitsbeteiligung in der AG ist die Kleinstbeteiligung zunächst als eine Beteiligung bis zu einer Obergrenze von 5 % des Gesellschaftskapitals definiert worden.7 Unter Berücksichtigung der höheren Mindestquoren im GmbHG8 und der privatautonomen Ausgestaltung des Squeezeout sind auch höhere Beteiligungsschwellen in Erwägung zu ziehen.

1 Vgl. deren Behandlung im Zusammenhang mit einem vertraglichen Squeeze-out unten Kapitel 8 C. 2 Vgl. im Einzelnen oben Kapitel 2 A. II. 1. 3 Für die vertragliche Definition des abhängigen Unternehmens kann auf den Gesetzeswortlaut der §§ 16 f. AktG zurückgegriffen werden. 4 Vgl. oben Kapitel 2 B. I. 5 Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 6 Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2547. 7 Vgl. oben Kapitel 4 A. 8 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a); Kapitel 4 A.

A. Ausgewählte Schwellenwerte

283

Besonders hervorzuheben ist, dass die Normierung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out in Kenntnis der bezüglich gestaltender Vorfeldmaßnahmen formalistischen, einen Rechtsmissbrauch ablehnenden Rechtsprechung zu einer faktischen Herabsetzung der aktienrechtlichen Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % auf 90 % geführt hat.9 Vorangestellt sei den nachstehenden Untersuchungen der vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof aufgestellte Grundsatz: „Je höher die Beteiligungsschwelle des Mehrheitsgesellschafters für den Gesellschafterausschluss ist, desto geringer ist typischerweise das Bestandsinteresse des Minderheitsgesellschafters.“10

A. Ausgewählte Schwellenwerte Ausgehend von der Obergrenze von 5 % als „Orientierungsgröße“11 ist der Zulässigkeit höherer vertraglicher Schwellenwerte ein besonderes Augenmerk zu widmen. Es wird vertieft auf den Schwellenwert von 10 %, den der Gesetzgeber aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben in § 62 Abs. 5 UmwG und als Reaktion auf makroökonomische Ausnahmesituationen in § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG normierte, eingegangen. Anschließend werden weitere gesetzliche schwellenwertrelevante Anknüpfungspunkte beleuchtet. Etwaige Sonderrechte, statuarische Sperrminoritäten sowie die stimmrechtslose Ausgestaltung von Anteilen bleiben zunächst unberücksichtigt.12

I. Kapitalanteil von 5 % Der Gesetzgeber hat in den §§ 327a Abs. 1 S. 1 AktG, 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG eine Wertentscheidung für die Obergrenze von 5 %13 getroffen.14 Diese Grenze der Squeeze-out-fähigen Minderheitsbeteiligung findet für die konzeptionell und realtypisch kapitalistische AG Anwendung, deren Aktionäre in ihrer Satzung wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge gem. § 23 Abs. 5 AktG weder eine niedrigere Grenze festlegen noch den Squeeze-out in seiner Gesamtheit abbedingen

9

Vgl. oben Kapitel 2 F. III.; weitergehende Schlussfolgerungen für vertragliche Squeezeout-Klauseln zulasten eines Minderheitsgesellschafters mit einem Kapitalanteil von 10 % unten Kapitel  6  A. II. 3. 10 ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. 11 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317; vgl. oben Kapitel 4 A. 12 Vgl. zu abweichenden Schwellenwerten bei stimmrechtlosen Anteilen unten Kapitel 6 B. I. 13 Dieser Wert ist auch für die gesetzlichen Minderheitsrechte der §§ 122  Abs. 2  S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG die maßgebliche Bezugsgröße, vgl. oben Kapitel 2 A. II. 1. 14 Zustimmend Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 562; Schiessl, AG 1999, 442, 451; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1819; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121; Lutter / Drygala, FS Kropff 1997, 191, 223.

284

Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

können.15 Unabhängig von der konkreten Gesellschaftsstruktur der AG bewertet der Gesetzgeber das Anteilseigentum des Aktionärs mit einer Beteiligung von maximal 5 % als Kapitalanlage, nicht hingegen als unternehmerische Beteiligung.16 Diskussionswürdig ist, dass er den Squeeze-out auch bei einem Kapitalanteil von 5 % zulässt. Mit diesem Anteil kann der Minderheitsaktionär die Minderheitsrechte der §§ 122 Abs. 2 S. 1, 260 Abs. 3 S. 4, 265 Abs. 3 S. 1 AktG ausüben. Auch wenn die Existenz eines Minderheitsaktionärs mit exakt 5 % eher theoretischer Natur ist,17 wäre es stringenter gewesen, den Squeeze-out nur bei einer Kapitalbeteiligung unterhalb von 5 % zu ermöglichen. Es wäre sichergestellt, dass der ausschlussbedrohte Gesellschafter keine schutzwürdige Willensentschließungsfreiheit hinsichtlich der genannten Minderheitsrechte hat. Da die Minderheitsrechte in der GmbH und KG nicht an ein Mindestquorum von 5 % gebunden sind,18 bedarf es dieser Differenzierung für die vertragliche Bestimmung einer Obergrenze von 5 % nicht.19 Die gesetzgeberische Wertung für eine Beteiligungsschwelle von 5 % ist für vertragliche Gestaltungen nicht verbindlich.20 Die Vertragsfreiheit erlaubt Abweichungen von dieser Obergrenze.21 Vertragliche Squeeze-out-Regelungen können im Gegensatz zum starren § 327a AktG den unterschiedlichsten Gesellschafterstrukturen und der heterogenen Ausgestaltung der Gesellschafterrechte in der GmbH und KG Rechnung tragen. Allerdings schwächt der Legitimationsgedanke22 der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften für die Zulässigkeit eines vertraglichen Squeeze-out in dem Maße ab, in dem sich der vertraglich erhöhte Schwellenwert von den gesetzlichen Schwellenwerten entfernt und die Kleinstbeteiligung ihren Kapitalanlagecharakter verliert. Mit einem zunehmenden Kapitalanteil des Kleinstbeteiligten erhöht sich sein Bestandsinteresse. Die vermögensrechtliche Komponente des Anteilseigentums wird nicht mehr überwiegen, wenn die Beteiligungshöhe wesentliche unternehmerische Entscheidungen zulässt.23 Gleichsam steigt mit anwachsender Beteiligungshöhe die Schutzbedürftigkeit seiner Willensentschließungsfreiheit bezüglich seiner Stimm- und Kontrollrechte, bis sich der grundsätzliche Vorrang der Vertragsfreiheit in abwehrrechtlicher Dimension in einen Vorrang der Vertragsfreiheit in schutzrechtlicher Dimension umkehrt.24 Zusammenfassend sollte den Vertragsgestaltern vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertentscheidung die Obergrenze von 5 % als „Orientierungs 15

Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 1., II. 1. 17 Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2548. 18 Vgl. oben Kapitel  2  E. II. 2. a); Kapitel  4  D. II. 2. b) aa) (1). 19 Vgl. aber für die Obergrenze von 10 % in der GmbH unten Kapitel 6 A. II. 20 Vgl. oben Kapitel 4 A. 21 Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1319; Priester, GmbHR 2019, 749, 751. 22 Vgl. Kapitel 4 D. 23 Vgl. für die gesetzlichen Squeeze-out-Regelungen oben Kapitel 2 A. I. 1. 24 Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (2); Kapitel 4 G. II. 16

A. Ausgewählte Schwellenwerte

285

größe“25 dienen. Die Normierung der Obergrenze von 5 % ist zulässig. Die vertragliche Bestimmung eines geringeren Schwellenwerts ist im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zulässig. Auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit weiteren gesetzlichen Anknüpfungspunkten für Schwellenwerte unterhalb von 5 %26 wird verzichtet.

II. Kapitalanteil von 10 % Als nächsthöhere sinnvolle Beteiligungsschwelle wird die weitere gesetzliche Obergrenze von 10 %27 thematisiert. Das Stimmgewicht eines Gesellschafters wird im Falle eines Zusammenschlusses mit anderen Gesellschaftern mit wachsender Anteilshöhe zunehmend relevanter als bei einem Kapitalanteil von 5 %. Nur drei Gesellschafter mit einem Anteil von knapp 10 % müssen sich zusammenschließen, um eine Sperrminorität kraft Stimmrechtshöhe bezüglich satzungsändernder und umwandlungsrechtlicher Beschlüsse28 zu erlangen. Die hypothetische Möglichkeit eines derartigen Zusammenschlusses allein ist allerdings nicht geeignet, die Beteiligung als unternehmerische Beteiligung einzuordnen und den Legitimationsgedanken der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln entfallen zu lassen. 1. Aktienrechtliche Erwägungen Der Gesetzgeber erweiterte die nach Art. 28 Abs. 2 der EU-Verschmelzungsrichtlinie zwingende Erhöhung der Kapitalschwelle auf 10 % für den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out nicht auf den aktien- und übernahmerechtlichen Squeeze-out.29 Dies hätte sich angesichts der unionsrechtlichen Vorgaben insofern angeboten, als dass eine Harmonisierung sämtlicher gesetzlichen Squeezeout-Schwellen nur durch die generelle Herabsetzung des Kapitalanteils des Hauptaktionärs auf 90 % zu erreichen gewesen wäre.30 Die Herabsenkung hätte für den übernahmerechtlichen Squeeze-out dem unionsrechtlichen Regelfall gem. Art. 15 Abs. 2 der EU-Übernahmerichtlinie entsprochen, von dem der deutsche Gesetzgeber bei seiner Einführung auf der Grundlage der Mitgliedsstaatenoption gem. Art. 15 Abs. 2 S. 3 mit der Begründung abgewichen ist, einen Gleichauf mit 25

Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. Beispielsweise dem für die Minderheitsrechte der §§ 142  Abs. 2  S. 1, 148  Abs. 1  S. 1, 258 Abs. 2 S. 3 AktG erforderlichen Kapitalanteil von 1 %, der sich auch in § 17 Abs. 1 S. 1 EStG wiederfindet. 27 Dieser Wert ist auch für die gesetzlichen Minderheitsrechte der §§ 50 Abs. 1, 2, 61 Abs. 2, 66 Abs. 2 GmbHG die maßgebliche Bezugsgröße, vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 28 Vgl. oben Kapitel 5 E. 29 Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 30 Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 961. 26

286

Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

der Beteiligungsquote des § 327a  AktG als zum damaligen Zeitpunkt einzigen weiteren Squeeze-out-Vorschrift herstellen zu wollen.31 Vor dem Hintergrund der nunmehr divergierenden Schwellenwerte besteht ein erheblicher Anreiz, die gesetzgeberische Entscheidung faktisch durch gestalterische Vorfeldmaßnahmen zur Durchführung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out zu umgehen.32 Die Zulässigkeit gestalterischer Vorfeldmaßnahmen dient als Argument für die generelle Absenkung der Beteiligungsschwelle für sämtliche gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren auf 90 %.33 Hingegen führte der Gesetzgeber zur Begründung der „verschmelzungsrechtlichen Sonderlösung“34 gem. § 62  Abs. 5  UmwG aus, „schon in verfassungsrechtlicher Hinsicht müsse sichergestellt bleiben, dass grundsätzlich nur solche Aktionäre ausgeschlossen werden können, deren Anlageinteresse sich angesichts des Fehlens realer Einwirkungsmöglichkeiten auf die Unternehmensführung auf die vermögensrechtliche Komponente konzentriert“.35 Einer weitergehenden Erläuterung, warum lediglich die Obergrenze von 5 % die Verfassungsmäßigkeit der übrigen Squeeze-out-Verfahren zu rechtfertigen vermag, blieb der Gesetzgeber schuldig. Im Gegenteil betonte er, dass die an einen Anteil von 10 % anknüpfenden Minderheitsrechte36 nur „mittelbar die Vermögensinteressen“ der Aktionäre berühren.37 Daran anknüpfend hält die überwiegende Aufsatzliteratur eine Obergrenze von 10 % für den aktienrechtlichen Squeeze-out für verfassungskonform.38 Der Minderheitsaktionär mit einem Kapitalanteil von höchstens 10 % sei regelmäßig ebenso wenig wie mit einem Anteil von 5 % in der Lage, entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen und daher als Kapitalanleger nur hinsichtlich seiner Vermögensinteressen schützenswert.39 Die Verwaltungsrechte, die an einen Kapitalanteil von 10 % anknüpfen, gingen nicht über die mit einem Kapitalanteil von 5 % 31 BT-Drs. 16/1003, S. 21; OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945; Krause, BB 2004, 113, 118; Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 960 f. 32 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 62 Rn. 43; Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 961; Freytag, BB 2010, 1611, 1617; ders., BB 2010, 2839, 2841; Florstedt, ZIP 2018, 1661, 1663; vgl. oben Kapitel  2  A. IV., F. II. 3. 33 Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 961; Freytag, BB 2010, 1611, 1617; ders., BB 2010, 2839, 2841. 34 Vgl. oben Kapitel 2 A. IV. 35 BT-Drs. 17/3122, S. 13. 36 Vgl. §§ 50 S. 1, 93 Abs. 4 S. 3, 117 Abs. 4, 147 Abs. 2 S. 2, 309 Abs. 3 S. 1 AktG. 37 BT-Drs. 17/3122, S. 13. 38 Für die Verfassungsmäßigkeit einer Mindestbeteiligungsschwelle von 90 % aus der Perspektive des Hauptaktionärs Hasselbach, in: KölnKomm-WpÜG, § 39a Rn. 45; Forum europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 737 f.; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1202; Kallmeyer, AG 2000, 59 f.; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2548 f.; Stephanblome, AG 2012, 814, 819 f.; wohl auch Diekmann, NZG 2010, 489, 490; Heckschen, NZG 2010, 1041, 1045; Austmann, NZG 2011, 684, 689; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 527; zur europarechtlichen Zulässigkeit Bayer / Schmidt, ZIP 2010, 953, 960 f. 39 OLG Hamburg, NZG 2012, 944, 945; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2548; Diekmann, NZG 2010, 489, 490; Stephanblome, AG 2012, 814, 819 f.

A. Ausgewählte Schwellenwerte

287

verbundenen Verwaltungsrechte hinaus, sondern blieben in ihrer praktischen Bedeutung sogar hinter diesen zurück.40 2. Übertragung auf die GmbH und KG Da in der GmbH die Minderheitsrechte nicht an ein Mindestquorum von 5 %, sondern von 10 % anknüpfen,41 können die für die AG gezogenen Schlussfolgerungen im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses auf die GmbH übertragen werden. Die Einflussmöglichkeiten eines GmbH-Gesellschafters mit einem Kapitalanteil unterhalb von 10 % gehen nicht wesentlich über diejenigen eines Gesellschafters mit einem Anteil von 5 % hinaus.42 Das praktisch bedeutsamste Element des Minderheitenschutzes im GmbHG stellt das Einberufungs- und Ankündigungsrecht eines Gesellschafters mit einem Anteil von mindestens 10 % dar, § 50 Abs. 1, 2 GmbHG.43 Auch wenn der Minderheitsgesellschafter die Gesellschaftermehrheit nicht daran hindern kann, nach freiem Belieben Gesellschafterbeschlüsse zu fassen, kann er die Beschlüsse unter dem Aspekt einer treuwidrigen Stimmabgabe oder des Verstoßes gegen eine positive Stimmpflicht einer gerichtlichen Kon­ trolle unterziehen.44 Das Minderheitsrecht verleiht ihm bezüglich dringend im Gesellschaftsinteresse gebotener unternehmerischer Entscheidungen insofern einen unternehmerischen Einfluss, als dass er eine Gesellschafterversammlung einberufen, die Entscheidung zur Beschlussfassung der Versammlung ankündigen und im Fall ihrer treuwidrigen Ablehnung durch die Gesellschaftermehrheit mithilfe einer gerichtlichen Kontrolle erzwingen kann. Vor dem Hintergrund dieses durch das Minderheitsrecht des § 50  Abs. 1,  2 GmbHG – wenn auch auf Ausnahmefälle beschränkten – vermittelten unternehmerischen Einflusses sollte der vertragliche Squeeze-out in der GmbH nur Kleinstbeteiligte mit einem Kapitalanteil unterhalb von 10 % erfassen, um die Wahrscheinlichkeit seiner gerichtlichen Anerkennung zu erhöhen.45 Besteht gar nicht erst die Möglichkeit der Ausübung dieses bedeutsamen Minderheitsrechts, kann dieser Aspekt weder eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters noch einen Sittenverstoß gem. § 138 Abs. 1 BGB der vertraglichen Squeeze-out-Klausel begründen.46 40

Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2548; Diekmann, NZG 2010, 489, 490; Austmann, NZG 2011, 684, 689; Kiefner / Brügel, AG 2011, 525, 526. 41 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 42 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. a). 43 Altmeppen, GmbHG, § 50 Rn. 2 („erhebliche Aufwertung“ des Teilnahmerechts); Römermann, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 50 Rn.  1. 44 Altmeppen, GmbHG, § 50 Rn. 2, 30; Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 50 Rn. 26. 45 Ein Anteil von 10,00 % stünde dem Squeeze-out demnach entgegen, vgl. zur Kritik an der Ausgestaltung der aktienrechtlichen Squeeze-out-Schwelle oben Kapitel 6 A. I. 46 Es bliebe bei den sonstigen primär der Rechtmäßigkeitskontrolle dienenden Auskunfts-, Teilnahme- und Anfechtungsrechten, vgl. oben Kapitel 4 G. II.

288

Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

Diese Wertungen können auf einen mit einem Anteil von 10 % an einer KG beteiligten Kommanditisten übertragen werden. Da ein Initiativrecht der Kommanditisten zur Einberufung der Gesellschafterversammlung nicht besteht,47 muss die Obergrenze nicht zwingend unterhalb von 10 %, sondern kann auch bei 10 % angesetzt werden. 3. Verknüpfung von Formwechsel und verschmelzungsrechtlichem Squeeze-out Die Zulässigkeit von Umwandlungen und mehrheitsbeschaffenden Maßnahmen in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out könnte die Wirksamkeit der Absenkung der Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % auf 90 % in vertraglichen Squeeze-out-Klauseln indizieren. Prämisse dieser These ist das Fazit, dass aufgrund der Möglichkeit vielfacher strategischer Strukturierungen die Normierung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out zu einer „faktischen Herabsetzung“ der aktienrechtlichen 95 %-Schwelle auf eine 90 %-Schwelle geführt hat.48 Dem für die Gesellschaftsform der AG von gewichtigen Literaturstimmen erhobenen Einwand des Rechtsmissbrauchs wurde entgegengehalten, dass der Gesetzgeber sehenden Auges keine über die formellen Voraussetzungen des § 62 Abs. 5 UmwG hinausgehenden Anforderungen an den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out gestellt und bewusst Umgehungsgestaltungen in Kauf genommen hat. Für eine Ausstrahlungswirkung dieser „faktischen Herabsetzung“ der aktienrechtlichen Mindestbeteiligungsschwelle auf vertragliche Squeeze-out-Klauseln in der GmbH und der KG soll an dieser Stelle nicht auf die erörterten Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verhältnis zur AG eingegangen werden.49 Vielmehr soll anhand eines bewusst überzeichneten Fallbeispiels50 dargestellt werden, welche Umgehungsmöglichkeiten der Gesetzgeber – gebilligt durch die formalistische Betrachtung der Rechtsprechung – den Gesellschaftern einer GmbH zum Ausschluss eines unliebsamen Minderheitsgesellschafters eröffnet: An der ABC-GmbH hält A 77 %, B 14 % und C 9 % des Kapitals. A und B wollen C unter allen Umständen aus der GmbH ausschließen. In der Person des C liegt kein wichtiger Grund zum Ausschluss vor. Die im Gesellschaftsvertrag bestimmten sachlichen Ausschlussgründe sind nicht einschlägig. In einem ersten Schritt beschließen A und B den Formwechsel der ABC-GmbH in die ABC-AG mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit und einem Barangebot für die widersprechen 47

Vgl. oben Kapitel  4  D. II. 2. b) aa) (2). Vgl. oben Kapitel 2 F. II. 3., III. 49 Vgl. oben Kapitel 2 E. II.; Kapitel 4 D. I., II. 50 Bewusst überzeichnet, da die Frage der Wirtschaftlichkeit der erforderlichen Umwandlungsmaßnahmen und mögliche zeitliche Verzögerungen in diesem Zusammenhang außer Betracht gelassen werden. 48

A. Ausgewählte Schwellenwerte

289

den Gesellschafter, vgl. §§ 240, 207 UmwG. Sollte C widersprechen, hätten A und B ihr Ziel des Ausschlusses des C bereits in diesem Schritt erreicht – wohlgemerkt gegen Zahlung einer angemessenen Barabfindung. Verbleibt C nach dem Formwechsel in der ABC-AG, gründen A und B in einem zweiten Schritt die AB-AG und übertragen ihre Aktien an der ABC-AG auf die AB-AG. Die AB-AG hält damit 91 % an der ABC-AG. In einem dritten Schritt wird die ABC-AG auf die AB-AG verschmolzen und der Squeeze-out des C gem. § 62 Abs. 5 UmwG beschlossen.51 Im Ergebnis sind A und B alleinige Aktionäre der AB-AG und können – sofern gewollt – wiederum einen Formwechsel der AB-AG in eine AB-GmbH beschließen. Dieses Beispiel veranschaulicht eindrucksvoll, dass die Gesellschafter einer GmbH, die gemeinsam einen Kapitalanteil von mindestens 90 % halten, einen unliebsamen Minderheitsgesellschafter aus der Gesellschaft ausschließen können, ohne dass es einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bedarf. Dieses Gedankenspiel ist auf die KG übertragbar, wenn deren Gesellschaftsvertrag für den Formwechselbeschluss in die AG eine Mehrheitsentscheidung vorsieht, § 217 Abs. 1 S. 2 UmwG.52 Auch wenn sich die Gesellschafter im Hinblick auf die erheblichen Kosten und zeitlichen Verzögerungen regelmäßig gegen derart aufwändige Umwandlungsmaßnahmen mit dem einzigen Ziel des Squeeze-out eines Kleinstgesellschafters entscheiden werden, lässt dieses Beispiel folgende Schlussfolgerung zu: Wenn die Gesellschafter einer GmbH, die eine Kapitalmehrheit von 90 % auf sich vereinigen, in konsequenter Weiterführung der formalistischen Rechtsprechung mithilfe eines Formwechsels der GmbH in eine AG, einer weiteren AG-Gründung und einer mit einem Squeeze-out verbundenen Konzernverschmelzung einen unliebsamen Minderheitsgesellschafter ohne gesellschaftsvertragliche Regelung aus der Gesellschaft ausschließen können, kann eine vertragliche Squeeze-out-Klausel in der GmbH zulasten eines Minderheitsgesellschafters mit einem Kapitalanteil unter 10 % schwerlich als Sittenverstoß gem. § 138 Abs. 1 BGB qualifiziert werden. Die in Kapitel 4 E. besprochenen Vorzüge einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel gegenüber den gestalterischen Vorfeldmaßnahmen werden für die Klausel zulasten eines GmbH-Gesellschafters mit einem Anteil unterhalb von 10 % herangezogen: Dem Hauptgesellschafter bietet die Klausel eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis und zwingt ihn nicht, sein Unternehmen vorübergehend für die Verwirklichung des Squeeze-out in eine andere – womöglich weniger geeignete – Gesellschaftsform zu überführen. Auf Seiten des Minderheitsgesellschafters erfüllt die vertragliche Squeeze-out-Klausel eine Informationsfunktion und sichert ihm eine

51 Die für den Verschmelzungsbeschluss gem. § 65 Abs. 1 UmwG erforderliche Dreiviertelmehrheit wird in der übertragenden ABC-AG durch die Stimmen der AB-AG (91 %) und in der aufnehmenden AB-AG durch die Stimmen von A und B (100 %) erreicht. Die gem. § 62 Abs. 5 UmwG erforderliche 90 %-Mehrheit für den Squeeze-out-Beschluss in der ABCAG stellt ebenfalls die AB-AG (91 %). 52 Zu Vereinfachungszwecken wird im Folgenden weiterhin nur die GmbH genannt.

290

Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

vollständige vermögensrechtliche Kompensation ohne vorherige Belastung des Gesellschaftsvermögens durch kostenintensive Umwandlungsmaßnahmen. Die Zulässigkeit strategischer Umstrukturierungen in Vorbereitung eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out indiziert die Wirksamkeit der Absenkung der Mindestbeteiligungsschwelle von 95 % auf 90 % in vertraglichen Squeeze-outKlauseln. Die praktischen Anwendungsfälle, in denen Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapitalanteil von 90 % zur Durchsetzung eines Squeeze-out die Kosten und Verzögerungen etwaiger Umwandlungsmaßnahmen in Kauf nehmen,53 verdeutlichen das Bedürfnis nach einem Squeeze-out auf Grundlage einer vertraglichen Klausel mit einem geringeren Zeit- und Kostenaufwand. 4. Squeeze-out gem. § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG Die Obergrenze von 10 % findet sich in dem österreichischen Squeeze-out gem. § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG54 wieder. Da diese gesetzliche Regelung sich auch auf die Rechtsform der österreichischen GmbH erstreckt55, ist sie mit Rücksicht auf die engen Verbindungen zwischen dem deutschen und österreichischen GmbHRecht56 für die Bestimmung der Obergrenze eines vertraglichen Squeeze-out in der deutschen GmbH von größtem Interesse.57 Der Österreichische Verfassungsgerichtshof begründete die Zulässigkeit des § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG damit, dass sich die Mindestbeteiligungsschwelle von 90 % „auch insoweit in das sonstige Gesellschaftsrecht einfüge, als Gesellschaftern mit einer Beteiligungshöhe von nicht mehr als 10 v. H. keine die Unternehmenspolitik bzw -strategie bestimmenden (Minderheits-)Rechte eingeräumt werden“.58 In Übereinstimmung mit der in Kapitel 2 E. II. 2. b) erarbeiteten Unterscheidung zwischen der realtypisch personalistischen GmbH und der kapitalistischen AG erkennt der Verfassungsgerichtshof zwar an, dass „bei einer Durchschnittsbetrachtung“ das Bestandsinteresse bei GmbH-Gesellschaftern höher ist als bei Aktionären.59 Dennoch nimmt er auch bei einem GmbH-Gesellschafter ein typischerweise geringeres Bestandsinteresse 53

Exemplarisch OLG Hamburg, NZG 2012, 944. Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2., 2. b); unten Kapitel 8 D. II. 55 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2., 2. b). 56 Pentz, in: E / B/J / S, HGB, § 13e Rn. 14; ders., in: MüKoAktG, § 13e Rn. 14; Wachter, GmbHR 2019, R  68; zur strengeren Kapitalbindung gem. § 82 f. [Ö]GmbHG vgl. Flume, GmbHR 2011, 1258, 1265. 57 Auf eine weitergehende rechtsvergleichende Betrachtung mit Squeeze-out-Schwellenwerten in anderen Ländern wird mangels Vergleichbarkeit der Rechtsformen und Squeezeout-Mechanismen bewusst verzichtet; vgl. weitergehende Hinweise bei Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 562; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1233; Sieger / Hasselbach, NZG 2001, 926 ff.; dies., ZGR 2002, 120, 128; Bungert / Wettich, DB 2010, 2545, 2549. 58 ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. 59 ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018; vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 54

A. Ausgewählte Schwellenwerte

291

ab einem Kapitalanteil von 10 % an, das „im Interesse der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft“60 das gesetzliche Squeeze-out-Recht des Mehrheitseigentümers rechtfertige.61 Auch wenn für die GmbH aufgrund ihrer personalistischen Prägung die gesetzliche Normierung des Squeeze-out als Regelfall62 abgelehnt wurde,63 streiten die Erwägungen des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs für die Zulässigkeit vertraglicher Squeeze-out-Klauseln zulasten eines GmbH-­ Gesellschafters mit einem Anteil von 10 %. 5. Managermodell in der Gestaltungspraxis Für die Obergrenze von 10 % spricht auch ihre Anerkennung durch den Bundesgerichtshof im Managermodell-Urteil.64 Seitdem orientiert sich auch die Beratungspraxis in der Ausgestaltung von Managermodellen an dieser Beteiligungshöhe.65 Da die wegen der geringen Kapitalbeteiligung faktisch unmögliche Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen die tragende Erwägung für die Zulässigkeit des Managermodells ist,66 indiziert die für das Managermodell anerkannte und praxiserprobte Obergrenze von 10 % auch die Zulässigkeit dieser Beteiligungsschwelle für vertragliche Squeeze-out-Klauseln. 6. § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG Frei von unionsrechtlichen Zwängen hat der deutsche Gesetzgeber als Reaktion auf makroökonomische Ausnahmesituationen in Form der Finanzkrise im Jahr 2008 und der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 den Squeeze-out von Minderheitsgesellschaftern mit einem Kapitalanteil von 10 % zugunsten des Finanzmarkt- oder Wirtschaftsstabilisierungsfonds in § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG normiert.67 Da diese Regelung primär durch gesamtwirtschaftliche Interessen gerechtfertigt ist, kann ihr nur eine eingeschränkte Legitimationswirkung für eine Obergrenze von 10 % in Squeeze-out-Klauseln zwischen privaten Akteuren beigemessen werden. Trotzdem kann dieser Regelung eine gewisse Legitimationswirkung nicht 60 Gemeint ist wohl das wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse der Mehrheitsgesellschafter, vgl. oben Kapitel 2 A. I. 2., nicht hingegen die vereinzelt gegen die Zulässigkeit freier Ausschlussklauseln angeführte Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft aufgrund der unfreien Ausübung von Mitgliedschaftsrechten, vgl. kritisch oben Kapitel  3  C. III. 2. c). 61 ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. 62 Vgl. zur Abweichungskompetenz gem. § 1 Abs. 4 ÖGesAusG oben Kapitel 2 E. II. 2., 2. b); unten Kapitel 8 D. II. 63 Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2., 2. b), IV. 64 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) aa). 65 Dietlein / Schubert, GWR 2020, 381; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2021, 757, 760. 66 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa); Kapitel 4 C. I. 67 Vgl. oben Kapitel 2 A. V.

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Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

abgesprochen werden, da die Qualifikation des Anteilseigentums des Kleinst­ beteiligten als Kapitalanlage oder unternehmerische Beteiligung schwerlich von der Person des Hauptgesellschafters abhängen kann. Der potentielle Squeeze-out durch einen Staatsfonds vermittelt aus der Perspektive der Minderheitsgesellschafter, auf deren Schutzwürdigkeit die Hinauskündigungsrechtsprechung maßgeblich abstellt, eine ähnliche Drohkulisse wie durch einen privaten Akteur. 7. Fazit Das wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse der Gesellschaftermehrheit oder des Hauptgesellschafters überwiegt das Bestandsinteresse des Minderheitsgesellschafters mit einem Kapitalanteil unterhalb von 10 % in der GmbH und von 10 % in der KG68. Das Anteilseigentum ist bei einer Obergrenze unterhalb von 10 % als Kapitalanlage, nicht hingegen als unternehmerische Beteiligung zu qualifizieren. Eine unzumutbare Einschränkung der Willensentschließungsfreiheit des Minderheitsgesellschafters, die den Vorrang der Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension über die Annahme des Sittenwidrigkeitsverdikts gem. § 138 Abs. 1 BGB ausnahmsweise rechtfertigen kann, ist mangels Möglichkeiten der Einflussnahme bei einem Anteil unterhalb von 10 % abzulehnen. Eine in vertraglichen Squeeze-out-Regelungen unterhalb von 10 % angesetzte Obergrenze ist zulässig.

III. Kapitalanteil von mehr als 25 % Fraglich ist, ob ein Squeeze-out auch zulasten eines Gesellschafters mit einer Beteiligung von mehr als 25 % zulässig vereinbart werden kann. Hierfür könnte die Bewertung des Bundesverfassungsgerichts in dem „Feldmühle-Urteil“ vor über sechzig Jahren streiten, nach der der freie Ausschluss eines Minderheitsaktionärs durch den Hauptaktionär mit einer Mindestkapitalbeteiligung von 75 % im Wege der Mehrheitseingliederung69 „gerade noch innerhalb der Grenzen des Zulässigen“ sei.70 Diese Bewertung beansprucht im Jahr 2022 zumindest aus der Perspektive des Hauptaktionärs weiterhin Geltung, da sich seit dem „Feldmühle-Urteil“ das unternehmerische Interesse an Konzernierungs- und Strukturmaßnahmen infolge veränderter Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen sogar verstärkt hat.71 Entkräftet wird dieser Argumentationsansatz jedoch durch die gesetzgeberische Entscheidung, trotz dieses verstärkten Interesses die Mindestkapitalbeteiligung 68 Zu Vereinfachungszwecken wird im Folgenden lediglich der Kapitalanteil in der GmbH genannt. 69 Vgl. oben Kapitel 2 B. I. 70 BVerfGE 14, 263, 283 („Feldmühle-Urteil“); vgl. oben Kapitel 2 B. I. 71 Zutreffend BVerfGE 100, 289, 303.

A. Ausgewählte Schwellenwerte

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des Hauptaktionärs für die Mehrheitseingliederung auf 95 % anzuheben.72 Eine widerspruchsfreie Argumentation mit der Eingliederung scheidet daher aus. Für die Obergrenze von 25 % könnte aber die mit einer Kapitalmehrheit von 75 % realisierbare „übertragende Auflösung“73 sprechen.74 Theoretisch setzt deren Zulässigkeit voraus, dass die Möglichkeit des Unternehmenserwerbs nach dem Auflösungsbeschluss auch dem Minderheitsgesellschafter offensteht,75 sodass von ihr im Gegensatz zum Squeeze-out kein einseitiger Ausschließungseffekt ausgehen dürfte. Andererseits kann angesichts der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse faktisch oftmals lediglich der Hauptgesellschafter das gesamte Unternehmen erwerben und die „übertragende Auflösung“ als einseitiges Ausschlussinstrument nutzen. Nichtsdestotrotz ist die Aussagekraft der Kapitalschwelle der „übertragenden Auflösung“ für vertragliche Squeeze-out-Klauseln zu vernachlässigen, da ihr praktischer Anwendungsbereich aufgrund der erheblichen, insbesondere mit dem Sperrjahr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und der steuerlichen Implikationen äußerst gering ist.76 Da die Vorschrift des § 9a Abs. 3 WStBG, die eine Ausschlussmöglichkeit zugunsten einer GmbH-Gesellschaftermehrheit von 75 % vorsieht, als Ausschluss aus wichtigem Grund qualifiziert wurde,77 ist sie für den vertraglichen Squeezeout ohne Relevanz. Hinzu kommt, dass der Beschluss über einen Ausschluss aus wichtigem Grund in den geläufigen Vertragsklauseln ebenfalls eine Dreiviertelmehrheit erfordert.78 Das Oberlandesgericht München beschränkte sich im Jahr 2020 bei der Beurteilung einer freien Ausschlussklausel zulasten eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit einem Kapitalanteil von 25 % nicht darauf, deren Sittenwidrigkeit pauschal mit der Kapitalbeteiligungshöhe zu begründen, sondern setzte sich vertieft mit der konkreten Gesellschafterstruktur auseinander.79 Es deutete an, dass auch eine über 10 % hinausgehende Managerbeteiligung sachlich gerechtfertigt sein kann, sofern es im Einzelfall aufgrund der Gesellschafterstruktur dem GesellschafterGeschäftsführer unmöglich ist, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen.80 Unter der Prämisse, dass die aufgrund der geringen Kapitalbeteiligung faktisch unmögliche Einflussnahme auf die unternehmerischen Entschei-

72

Vgl. oben Kapitel 2 B. I. Vgl. oben Kapitel 2 B. II. 74 Im Ansatz Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1121. 75 Vgl. oben Kapitel 2 B. II. 76 Vgl. oben Kapitel 2 B. II. 77 Vgl. oben Kapitel 2 C. III. 78 Stummel, Standardvertragsmuster, Form. III.4. §§ 6, 11; teils auch nur einfache Mehrheit, vgl. Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.9. §§ 7, 11 (Anm. 12); vgl. zum Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit ohne gesellschaftsvertragliche Regelung oben Kapitel 2 C. II. 79 OLG München, NZG 2020, 903, 905; vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) cc) (3). 80 Vgl. oben Kapitel  3  C. II. 3. b) cc) (3). 73

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Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

dungen die tragende Erwägung für die Zulässigkeit des Managermodells ist,81 käme in konsequenter Fortführung der Argumentation des Oberlandesgerichts München die Zulässigkeit einer Squeeze-out-Klausel zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil von 25 % in den Fällen in Betracht, in denen ihm ein Hauptgesellschafter oder mehrere durch Stimmrechtspool verbundene Gesellschafter im Sinne einer „Einheitsfront“82 gegenüberstehen. Dem ist für einen Kapitalanteil oberhalb von 25 % nicht zu folgen. Dieser ermöglicht es einem Minderheitsgesellschafter, Satzungsänderungen, Auflösungsbeschlüsse und Umwandlungen zu verhindern, vgl. §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, 50 Abs. 1 UmwG. Der Gesellschafter verfügt kraft seiner Stimmrechtsanteile über eine Sperrminorität83, die ihm einen wesentlichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verleiht. Die Beteiligung ist nicht als Kapitalanlage, sondern als unternehmerische Beteiligung zu qualifizieren. Die Legitimationswirkung der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften entfällt, da der Gesellschafter bezüglich seines Anteils im Lichte der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG nicht nur vermögensrechtlichen Schutz, sondern auch Bestandsschutz genießt. Die Willensentschließungsfreiheit ist hinsichtlich der unternehmerischen Entscheidungen besonders schutzwürdig, sodass sich der grundsätzliche Vorrang der Vertragsfreiheit in abwehrrechtlicher Dimension in einen Vorrang der Vertragsfreiheit in schutzrechtlicher Dimension verkehrt. Aufgrund des daraus folgenden Sittenverstoßes gem. § 138 Abs. 1 BGB ist eine vertragliche Squeeze-out-Klausel zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil von mehr als 25 % als unzulässig zu qualifizieren.

IV. Kapitalanteil zwischen 20 % und 25 % Die Zulässigkeit eines vertraglichen Squeeze-out zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil zwischen 20 % und 25 % begegnet ebenfalls erheblichen Zweifeln. Zutreffend ist, dass der Gesellschafter mit einem Anteil von 25 % in zweigliedrigen Gesellschaften weder Satzungsänderungen, Auflösungsbeschlüsse und Umwandlungen verhindern noch Entscheidungen gegen den Willen des Hauptgesellschafters in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann. Er verfügt über keine realen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Unternehmensführung. Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz durch das Einberufungs- und Ankündigungsrecht gem. § 50 Abs. 1, 2 GmbHG, das dem Minderheitsgesellschafter mit einem Anteil von mindestens 10 % hinsichtlich dringend im Gesellschaftsinteresse gebotener Entscheidungen einen unternehmerischen Einfluss vermitteln

81

Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b) aa); Kapitel 4 C. I.; Kapitel 6 A. II. 5. OLG München, BeckRS 2020, 10758 Rn. 58. 83 Vgl. oben Kapitel 5 E. 82

A. Ausgewählte Schwellenwerte

295

kann.84 Seine Willensentschließungsfreiheit, deren Schutz die Hinauskündigungsrechtsprechung primär bezweckt, erstreckt sich auf die Ausübung dieses Minderheitsrechts und ist in erhöhtem Maße schutzwürdig. Die Legitimationswirkung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Squeeze-outSchwellen von 5 % und von 10 % dürfte bei einer Anhebung der Schwellenwerte um nahezu 400–500 % und 200–250 % gänzlich entfallen. Unter Berücksichtigung der mit den gesetzlichen Schwellenwerten verbundenen Wertentscheidung des Gesetzgebers ist das Eigentumsinteresse eines Gesellschafters, der mit seinem Anteil ein Viertel des Gesellschaftsvermögens hält, nicht nur in vermögensrecht­ licher Hinsicht schützenswert. Handelsrechtlich wird bei einem Gesellschaftsanteil von 20 % ein „maßgeblicher Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzpolitik“ auf das Unternehmen vermutet, vgl. § 311 Abs. 1 S. 2 HGB.85 Für die Maßgeblichkeit des Einflusses im Sinne von § 311 Abs. 1 S. 1 HGB ist nicht zwingend die tatsächliche Einwirkung auf einzelne gesellschaftspolitische Entscheidungen, sondern vielmehr die Mitwirkung an Grundsatzfragen der Geschäfts- oder Finanzpolitik erforderlich.86 Die handelsrechtliche Vermutung eines solchen maßgeblichen Einflusses bei einem Anteil von 20 % spricht gegen seine zeitgleiche Qualifizierung als Kleinstbeteiligung. Folglich ist ein vertraglicher Squeeze-out zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil zwischen 20 % und 25 % in zweigliedrigen Gesellschaften unzulässig. Noch deutlicher werden die Zweifel in mindestens dreigliedrigen Gesellschaften. In diesen sind vorbehaltlich etwaiger Stimmbindungen divergierende Gesellschaftermehrheiten denkbar, sodass der Gesellschafter mit einem Anteil zwischen 20 % und 25 % im Wege des Zusammenschlusses mit einem Mitgesellschafter – sei es nur hinsichtlich einzelner Beschlussgegenstände – unternehmerischen Einfluss ausüben kann. Drei mit einem solchen Anteil ausgestattete Gesellschafter könnten zusammenwirkend die absolute Mehrheit in der Gesellschafterversammlung auf sich vereinen. Eine Vielzahl an vermeintlich Kleinstbeteiligten in einer Gesellschaft wäre denklogisch ausgeschlossen, es sei denn, man wolle sämtliche Gesellschafter als Kleinstbeteiligte qualifizieren. Dies allerdings widerspräche dem allgemeinen Verständnis der Kleinstbeteiligung. Die Zulässigkeit eines vertraglichen Squeeze-out zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil zwischen 20 % und 25 % ist abzulehnen.

84

Vgl. oben Kapitel 6 A. II. 2. Hinweis auf § 311 HGB im Rahmen der Bewertung des Managermodells bei Schockenhoff, NZG 2018, 201, 205; vgl. zur Beteiligungsvermutung gem. § 271 Abs. 1 S. 3 HGB bei einem Anteil von 20 % Böcking / Gros, in: E / B/J / S, HGB, § 271 Rn. 7; Reiner, in: MüKoHGB, § 271 Rn. 13. 86 Merkt, in: Hopt, HGB, § 311 Rn. 1; Störk / L ewe, in: Beck Bil-Komm, HGB, § 311 Rn. 15. 85

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Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

V. Kapitalanteil zwischen 10 % und 19,99 % Einem Schwellenwert zwischen 10 % und 19,99 % kann nicht die handelsrechtliche Vermutung des § 311  Abs. 1  S. 2  HGB für eine maßgebliche Beteiligung entgegengehalten werden. Ein solcher Schwellenwert ließe auch eine Mehrzahl an Kleinstbeteiligten zu. Ein Kleinstbeteiligter hielte im Zusammenschluss mit zwei weiteren Kleinstbeteiligten nicht zwingend die absolute Mehrheit. Mangels Sperrminorität könnte er weder Satzungsänderungen, Auflösungsbeschlüsse und Umwandlungen verhindern noch realen Einfluss auf die Mehrheitsentscheidung in der Gesellschafterversammlung nehmen. Die gesetzlichen Squeeze-out-Schwellen entfalten eine umso größere legitimierende Wirkung, je weiter sich die vertragliche Obergrenze dem Kapitalanteil von 10 % nähert. Diese Erwägungen sprechen für die Zulässigkeit eines vertraglichen Squeeze-out zulasten eines Gesellschafters mit einem Anteil von 10 % bis 19,99 %. Andererseits hat der Gesetzgeber selbst in der realtypisch kapitalistisch geprägten AG den Anteil von 10 % als Obergrenze – dies nicht einmal im Regelfall, sondern nur in den Sonderkonstellationen der §§ 62 Abs. 5 UmwG, 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG – normiert. Der Anteil von 10 % vermittelt im GmbHRecht aufgrund des zwingenden Einberufungs- und Ankündigungsrechts gem. § 50 Abs. 1, 2 GmbHG unternehmerischen Einfluss. Entscheidend gegen die in allen Fällen zwingende Obergrenze von 10 % streitet, dass die zulässige Verknüpfung von Formwechsel und verschmelzungsrechtlichem Squeeze-out de facto ohne gesellschaftsvertragliche Ausschlussklausel zu einem Ausschluss des Minderheitsgesellschafters mit einem Anteil von 10 %, nicht etwa unterhalb von 10 % führen kann.87 In rechtsvergleichender Hinsicht spricht das Zusammenspiel des aufgrund der engen Verbindungen des deutschen und österreichischen GmbH-Rechts thematisierten Squeeze-out gem. § 1 Abs. 1, 2 ÖGes­AusG88 mit den dem § 50 Abs. 1, 2 GmbHG nahezu wortgleichen Vorschriften der §§ 37 Abs. 1, 38  Abs. 3  ÖGmbHG gegen eine absolute Grenzziehung bei einem Anteil von 10 %: Obwohl die §§ 37 Abs. 1, 38 Abs. 3 ÖGmbHG das Einberufungs- und Ankündigungsrecht ebenfalls an ein Mindestquorum von 10 % koppeln, ist gem. § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG der Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters mit einem Anteil von 10 % gesetzlich zulässig. Mithin ist die vertragliche Bestimmung eines Squeeze-out-fähigen Schwellenwerts oberhalb von 10 % nicht zwingend unzulässig. Dennoch ist die zulässige Höchstgrenze aufgrund der den gesetzlichen Squeeze-out-Schwellen zu entnehmenden Wertungen und der Schutzbedürftigkeit der Willensentschließungsfreiheit hinsichtlich des praktisch bedeutsamsten Minderheitsrechts gem. § 50 Abs. 1, 2 GmbHG grundsätzlich bei einem Anteil unterhalb von 10 % anzu 87 88

Vgl. oben Kapitel 6 A. II. 3. Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2., 2. b); Kapitel 6 A. II. 4.

B. Zulässigkeit abweichender Schwellenwerte

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setzen. In besonderen Konstellationen kann die Interessenabwägung aber auch einen höheren Schwellenwert rechtfertigen.89

VI. Fazit Ausgehend von dem im gesetzlichen Regelfall für die realtypisch kapitalistisch geprägte AG vorgesehenen 5 %-Schwellenwert als „Orientierungsgröße“ ist für die GmbH im Regelfall ein Kapitalanteil unterhalb von 10 % und für die KG ein Kapitalanteil von 10 % als zulässige Obergrenze eines vertraglichen Squeeze-out zu qualifizieren. Eine konkrete, vom Regelfall abweichende Gesellschafterstruktur oder Art der Gesellschafterbeteiligung kann im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB die Zulässigkeit eines höheren Schwellenwerts rechtfertigen.

B. Zulässigkeit abweichender Schwellenwerte Zu untersuchen ist, in welchen abstrakten, vom Regelfall abweichenden Gesellschafterstrukturen und Beteiligungsarten eine Anhebung des grundsätzlich zulässigen Höchstwerts gerechtfertigt sein kann. Eine zur Schwellenwertermittlung für jede einzelne Gesellschaft gesondert vorzunehmende Interessenabwägung, in die insbesondere die Struktur der Gesellschaft, die Art der Gesellschafterbeteiligung und die durch sie vermittelten Rechte einfließen,90 wurde abgelehnt.91 Eine einzelfallabhängige Interessenabwägung ließe eine uneinheitliche Rechtsprechungskasuistik mit Rechtsunsicherheiten erwarten und jede wesentliche Änderung der Gesellschafterrechte würde die Frage der Anpassung der Beteiligungsschwelle aufwerfen.92 Daher werden lediglich auf eine Vielzahl von Gesellschaften anwendbare, abstrahierungsfähige Konstellationen beleuchtet, die eine abstrakte Anpassung der Beteiligungsschwelle gegenüber der allgemein für zulässig erachteten Höchstbeteiligungsschwelle von 10 % rechtfertigen könnten.

I. Stimmrechtslose Anteile Die stimmrechtlose Ausgestaltung von Gesellschaftsbeteiligungen könnte die Zulässigkeit einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel zulasten der stimmrechtslosen Gesellschafter mit einem höheren prozentualen Kapitalanteil als 10 % begründen. Diese These drängt sich auf, da die Willensfreiheit des stimmrechtslosen 89

Vgl. unten Kapitel 6 B. Heusel / Goette, DStR 2015, 1315, 1317. 91 Vgl. oben Kapitel 4 A. 92 Vgl. oben Kapitel 4 A. 90

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Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

Gesellschafters aufgrund der „ungleichen“ Ausgestaltung seiner Mitgliedschaft in Form des Stimmrechtsentzugs nur hinsichtlich seiner „absolut unentziehbaren“ Gesellschafterrechte schutzwürdig ist.93 Trotz der Möglichkeit der Ausübung des Einberufungs- und Ankündigungsrechts gem. § 50 Abs. 1, 2 GmbHG ab einem Kapitalanteil von 10 % ist im Rahmen der Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB der vorrangige Kapitalanlagecharakter des stimmrechtlosen Anteils zu berücksichtigen.94 Vor dem Hintergrund, dass die Gesellschafter mit der stimmrechtslosen Ausgestaltung einzelner Beteiligungen und der kumulativen Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel zulasten dieser Beteiligungen ihren Willen zu deren kapitalistischer Ausgestaltung zum Ausdruck bringen, wurde ein zweischichtiges Begründungsfundament für das geringere Schutzbedürfnis der Willensfreiheit des stimmrechtslosen Kleinstbeteiligten herausgearbeitet.95 Die verstärkte Legitimationsbasis für vertragliche Squeeze-out-Klauseln zulasten stimmrechtsloser Kleinstbeteiligungen streitet auch für die Zulässigkeit einer erhöhten Obergrenze gegenüber ausschließlich an die Kleinstbeteiligung anknüpfenden Squeeze-out-Klauseln. Eine Bestätigung erfährt diese These durch die in der Praxis anerkannten Private-Equity-Beteiligungen von Managern mit Anteilen von bis zu 20 %.96 Die beschränkte Schutzwürdigkeit der freien Willensentscheidung des Managements in der NewCo ergibt sich bei diesen nicht aus der geringen Beteiligungsquote, sondern folgt aus der stimmrechtslosen Ausgestaltung der Anteile oder den umfassenden Stimmrechtsvollmachten zugunsten des Investors.97 Im Hinblick auf die in Kapitel 6 A. IV. erörterten Argumente gegen eine Obergrenze von 20 % bis 25 % dürfte der Squeeze-out zulasten eines stimmrechtslosen Gesellschafters allerdings erst bei einem Kapitalanteil unterhalb von 20 % zulässig sein.

II. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle Als weitere Fallgruppe für eine höhere Obergrenze als 10 % kommt die Ausschlussmöglichkeit im Falle des Unterschreitens einer bestimmten Kapitalschwelle in Betracht. Sofern das Absenken der Kapitalschwelle des Kleinstbeteiligten nicht im freien Belieben seiner Mitgesellschafter steht, wird seine Willensfreiheit nicht beeinträchtigt.98 Da diese Konstellation als ein „festes Tatbestandsmerkmal“, nicht hingegen als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren ist,99 kann im Lichte der Vertragsfreiheit theoretisch jeder beliebige Kapitalwert als Grenze, mithin auch 93

Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (3); Kapitel 5 B. Vgl. oben Kapitel 5 B. 95 Vgl. oben Kapitel 5 B. 96 Vgl. oben Kapitel 4 F. III.; Kapitel 5 B. 97 Vgl. oben Kapitel 4 F. III. 98 Vgl. oben Kapitel 5 C. 99 Vgl. oben Kapitel 5 C. 94

B. Zulässigkeit abweichender Schwellenwerte

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ein höherer prozentualer Kapitalanteil als 10 % festgelegt werden. In Anbetracht des primären Ziels einer derart modifizierten Squeeze-out-Klausel, Kleinst- und Splitterbeteiligungen in einer Gesellschaft gar nicht erst entstehen zu lassen,100 wird die Bestimmung einer sinnvollen Obergrenze von den vorhandenen Gesellschafterstrukturen abhängen. Bei einem zwei- oder dreigliedrigen Zusammenschluss gleichberechtigter Gesellschafter ist das Unterschreiten eines Anteils von 20 % als Squeeze-out-berechtigendes Tatbestandsmerkmal in Erwägung zu ziehen. In Gesellschaften mit einer höheren Mitgliederzahl, in der die größten Anteilseigner selbst Beteiligungen von höchstens 20 % halten, ist die Schwelle niedriger anzusetzen. Ein Nebeneinander von modifizierter Squeeze-out-Klausel und einem den gesetzlichen Vorschriften nachgebildeten Squeeze-out kann sich als zweckmäßig erweisen. Die modifizierte Squeeze-out-Klausel kann eine höhere Kapitalschwelle beinhalten, allerdings nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum nach ihrem Unterschreiten ausgeübt werden.101 Selbst wenn die Mitgesellschafter sich in diesem Zeitraum beispielsweise mangels hinreichender Liquidität gegen die Ausübung des modifizierten Squeeze-out-Rechts entscheiden sollten, steht ihnen in der Folgezeit der Ausschluss des Kleinstbeteiligten aufgrund des herkömmlichen Squeeze-out weiterhin offen. Freilich hätte dies zur Voraussetzung, dass der betroffene Gesellschafter auch die geringere Obergrenze der herkömmlichen Squeeze-out-Klausel unterschreitet.102

III. Familiengesellschaften Das Überfremdungsschutzinteresse der Familiengesellschafter, das in der Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Wirksamkeit von zum Ausschluss familienfremder Gesellschafter berechtigenden Squeeze-out-Klauseln zu berücksichtigen war,103 rechtfertigt eine höhere Obergrenze für die Kleinstbeteiligung eines familienfremden Dritten. Hierfür spricht auch die in Kapitel 4 F. IV. erörterte Ausschlussklausel zulasten eines Finanzinvestors, der eine Minderheitsbeteiligung von 30 % an einem Fami 100

Vgl. oben Kapitel 5 C. Vgl. oben Kapitel 5 C. 102 Beispielhaft könnte eine modifizierte Squeeze-out-Klausel eine Obergrenze von 15 %, die herkömmliche Squeeze-out-Klausel eine Obergrenze von 5 % bestimmen. Unterschreitet ein ursprünglich mit 25 % beteiligter Gesellschafter die 15 %-Grenze und hält daraufhin einen Anteil 10 %, könnten die Mitgesellschafter seinen Ausschluss innerhalb des gesellschaftsvertraglich festgelegten Zeitraums aus Liquiditätsgesichtspunkten scheuen. Verfügt der betroffene Gesellschafter allerdings infolge der Kapitalmaßnahmen nur noch über einen Anteil von 5 %, steht den Mitgesellschaftern in der Folgezeit dauerhaft die Möglichkeit des Squeeze-out aufgrund der herkömmlichen Klausel offen. 103 Vgl. oben Kapitel 5 H. 101

300

Kap. 6: Schwellenwertermittlung der Kleinstbeteiligung  

lienunternehmen hält. Die Schwelle von 30 % kann allerdings nicht generell für Squeeze-out-Klauseln zulasten familienfremder Dritter übernommen werden. Zur Rechtfertigung dieser speziellen Klausel wurde das Überwiegen des Interesses der Familienmehrheitsgesellschafter gegenüber dem Bestandsinteresse des familienfremden Finanzinvestors vorrangig mit der zeitlichen Befristung des freien Ausschlussrechts und der Vergütung des Investors in Form eines renditetragenden Mindestkaufpreises begründet.104 Eine Squeeze-out-Klausel ist hingegen weder zeitlich befristet noch sichert sie dem Investor eine renditetragende Kompensation, sondern lediglich eine am Verkehrswert des Anteils im Ausschlusszeitpunkt bemessene Abfindung. Für Squeeze-out-Klauseln ist in Abwägung der Interessen der Familiengesellschafter und der dritten Investoren sowie der Argumente gegen eine Obergrenze von 20 % bis 25 %105 eine Anhebung der Obergrenze der ausschlussfähigen familienfremden Kleinstbeteiligung auf unterhalb von 20 % noch nicht als Sittenverstoß i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB zu qualifizieren. Auf der anderen Seite könnte der grundsätzlich ausschlussfähige Höchstschwellenwert unterhalb von 10 % für Squeeze-out-Klauseln zulasten von Familiengesellschaftern abzusenken sein. Dafür streitet auf den ersten Blick die familiäre, emotionale Verbundenheit des Familienmitglieds mit der Familiengesellschaft. Indes führten in zahlreichen Familienunternehmen die Erbgänge auf die zweite und dritte Generation zu einer Abschwächung deren personalistischer Gepräge.106 Die emotionale Verbundenheit eines mit einem geringen Kapitalanteil ausgestatteten und hinsichtlich seiner Stimm- und Verwaltungsrechte durch einen Stimmrechtspool gebundenen Erben dritter Generation ist zu vernachlässigen.107 Infolgedessen wurde die Sittenwidrigkeit einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel zulasten eines Familiengesellschafters unter dem Gesichtspunkt der familiären, emotionalen Verbundenheit abgelehnt.108 Ebenso wenig kann diese vermeintliche Verbundenheit dazu führen, dass vertraglich nur ein Kapitalanteil von 5 % als Höchstschwellenwert zulässig sein kann. Vielmehr sprechen die körperschaftlichen Elemente der Familiengesellschaft und die durch Stimmbindungsverträge eingeschränkte Wahrnehmung der Stimm- und Verwaltungsrechte der kleinstbeteiligten Familiengesellschafter für die generelle Zulässigkeit einer Obergrenze unterhalb von 10 %.

104

Vgl. oben Kapitel 4 F. IV. Vgl. oben Kapitel 6 A. IV. 106 Vgl. oben Kapitel 5 H. 107 Vgl. oben Kapitel 5 H. 108 Vgl. oben Kapitel 5 H. 105

Kapitel 7

Kompensatorische Vertragsgestaltungen Kompensatorische Vertragsgestaltungen könnten die Wahrscheinlichkeit der gerichtlichen Anerkennung einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel erhöhen. Dieser These liegt die Überlegung zugrunde, dass vertragliche Regelungen, die entweder neben der Squeeze-out-Klausel festgelegt werden oder diese konkretisieren, auf der ersten Stufe der präferierten Zwei-Stufen-Prüfung1 in die Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Wirksamkeit der Squeeze-out-Klausel einfließen, sofern sie den ausschlussbedrohten Gesellschafter begünstigen.

A. Zeitliche Begrenzung des Squeeze-out-Rechts Zunächst kommt die zeitliche Begrenzung des Squeeze-out-Rechts in Betracht. Soweit die in Kapitel 4 F. IV. erörterte Klausel als freie Ausschlussklausel eingeordnet wurde, fand sie ihre Rechtfertigung im Rahmen der Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB unter anderem in der zeitlichen Begrenzung des Ausschlussrechts.2 Die zeitliche Begrenzung eines freien Ausschlussrechts wurde zugunsten seiner Zulässigkeit berücksichtigt. Die zeitliche Begrenzung eines vertraglichen Squeeze-out ist indes weder praktisch umsetzbar noch zweckmäßig. Zum einen knüpft das Squeeze-out-Recht an das bloße Halten einer Kleinstbeteiligung an.3 Die Kleinstbeteiligung kann von Anfang an bestehen oder erst infolge weiterer Kapitaländerungen entstanden sein. Ein Startzeitpunkt, ab dem das jeweilige Ausschlussrecht zeitlich begrenzt zu laufen beginnt, kann daher nicht abstrakt-generell im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden.4 Zum anderen werden die Realisationsmöglichkeiten des mit dem Squeeze-out verfolgten Zwecks, das wirtschaftliche Rationalisierungsinteresse des Hauptgesellschafters zu fördern,5 durch eine zeitliche Beschränkung des Squeeze-

1

Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. Wohlgemerkt neben dem Interesse der Mehrheitsfamiliengesellschafter und der Vergütung des ausschlussbedrohten Investors durch einen renditetragenden Mindestkaufpreis, vgl. oben Kapitel 4 F. IV. 3 Vgl. oben Kapitel 4 B. 4 Der einzige erwägenswerte Zeitpunkt wäre das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle. In diesem Fall handelt es sich allerdings nicht um eine freie Ausschlussklausel, vgl. oben Kapitel 3 C. III. 1.; Kapitel 4 B.; Kapitel 5 C.; Kapitel 6 B. II. 5 Vgl. oben Kapitel 2 A. I. 2.–3.; Kapitel 2 E. II. 2. c)–d). 2

302

Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

out-Rechts erheblich minimiert. Die zeitliche Begrenzung des Squeeze-out-Rechts ist als kompensatorische Vertragsgestaltung nicht zweckmäßig.

B. Sell-out-Klauseln in Form eines Austrittsoder Andienungsrechts Die für den Kleinstbeteiligten von einer Squeeze-out-Klausel ausgehenden, rechtsverkürzenden Wirkungen könnten durch eine ergänzende Sell-out-Klausel in Form eines Austritts- oder Andienungsrechts kompensiert werden. Diese würde als Gegenstück6 zum Squeeze-out dem Kleinstbeteiligten das Recht einräumen, jederzeit vom Hauptgesellschafter die Übernahme seiner Anteile gegen Zahlung einer am Verkehrswert orientierten Abfindung zu verlangen.7 Gesetzlich normiert ist ein auf einen Zeitraum von drei Monaten nach einem vorangehenden öffentlichen Übernahmeangebot begrenztes Andienungsrecht in § 39c WpÜG.8 Der primäre Zweck des übernahmerechtlichen Andienungsrechts liegt in der Möglichkeit der Minderheitsaktionäre, ihre Aktien, für die nach dem mit der Übernahme regelmäßig verbundenen Delisting kein funktionsfähiger Markt existiert, zu veräußern und den Verkaufsdruck im Rahmen eines Übernahme- oder Pflichtangebots zu reduzieren.9 Das übernahmerechtliche Andienungsrecht wurde als „ein Element der Verhältnismäßigkeit der ‚Squeeze-out‘-Lösung“ hervorgehoben, da es unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit einen angemessenen Ausgleich zum Squeeze-out-Recht des Hauptaktionärs schaffe.10 Vereinzelt wurde in Anlehnung an diese Verhältnismäßigkeitserwägungen eine Ergänzung des aktienrechtlichen Squeeze-out um ein allgemeines Sell-out-Recht gefordert, um eine „Symmetrie der Rechte“ herzustellen.11 Demnach läge der

6

Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten, Brüssel, 10. 01. 2002 (Winter-Bericht), S. 74, https://docplayer.org/11212739-Bericht-der-hochrangigen-gruppe-von-experten-aufdem-gebiet-des-gesellschaftsrechts-ueber-die-abwicklung-von-uebernahmeangeboten.html [abgerufen am 26. 10. 2022]; Seibt / Heiser, ZIP 2002, 2193, 2202; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 399. 7 Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; ausführlich Schindler, Das Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 160 ff. („Austrittsrecht“). 8 Vgl. oben Kapitel 2 A. III.; nationale Vorbilder fanden sich beispielsweise in Großbritannien (nunmehr Art. 983 Companies Act 2006) und Frankreich, vgl. Lochner, in: NK-­A ktRHeidel, § 39c WpÜG Rn. 2; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1233; Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 391; Seibt / Heiser, AG 2006, 301, 320. 9 Vgl. oben Kapitel 2 A. III. 10 Vgl. oben Kapitel 2 A. III. 11 Lochner, in: NK-AktRHeidel, § 39c  WpÜG Rn. 2; Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; ­Hasselbach, ZGR 2005, 387, 398 f. („allgemeine gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung des Andienungsrechts“); a. A. Kindler / Horstmann, DStR 2004, 866, 873; Krause, BB 2004, 113, 118; Hopt / Mülbert / Kumpan, AG 2005, 109, 115, 118; Seibt / Heiser, ZGR 2005, 200, 248 f.

B. Sell-out-Klauseln in Form eines Austritts- oder Andienungsrechts

303

­Ausstiegszeitpunkt und die Abfindungshöhe der im Übrigen „illiquiden“ Beteiligung nicht nur in der Hand des Haupt-, sondern auch des Minderheitsaktionärs.12 Diese Überlegungen sind auf ein vertragliches Zusammenspiel von Squeeze-outund Sell-out-Rechten in der GmbH oder KG übertragbar. Für GmbH- oder KGAnteile besteht kein funktionsfähiger Markt.13 Da der Hauptgesellschafter eher in Zeiten einer Unterbewertung des Unternehmens geneigt sein wird, die Kleinstbeteiligten zu einer verhältnismäßig geringen Abfindung aus der GmbH oder KG auszuschließen,14 ist es sachgerecht, den Kleinstbeteiligten ein Austrittsrecht einzuräumen. Dies werden die Kleinstbeteiligten eher in Zeiten einer Überbewertung des Unternehmens ausüben, um eine verhältnismäßig hohe Abfindung zu erhalten. Ein Sell-out-Recht verstärkt also die Rechte der Kleinstbeteiligten und kann in der Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Wirksamkeit einer Squeeze-out-Klausel berücksichtigt werden. Zur Unterstützung dieser These kann eine Parallele zu den Drag-Along-Klauseln15 gezogen werden. Deren Zulässigkeit wird insbesondere dann bejaht, wenn sie mit einer Tag-along-Verpflichtung des Finanzinvestors einhergehen.16 Allerdings kann das Sell-out-Recht keine tatsächliche Waffengleichheit herstellen, da es die „Informationsasymmetrie“17 zwischen den Kleinstbeteiligten und dem Hauptgesellschafter, der regelmäßig eine engere Verbindung zur Geschäftsführung aufweist, nicht mindern kann. Das Sell-out-Recht kann sinnvollerweise nur gegenüber einem Hauptgesellschafter vereinbart werden, da der Kleinstbeteiligte einen tatsächlichen Zusammenschluss einer Gesellschaftermehrheit, die ihn zukünftig möglicherweise im Wege des Squeeze-out ausschließen wird, schwerlich darlegen und beweisen kann. Wenn das Squeeze-out-Recht (auch) zugunsten einer potentiellen Gesellschaftermehrheit vereinbart wird,18 bliebe das Sell-out-Recht für den Kleinstbeteiligten ein stumpfes Schwert. Das größte Problem der Vereinbarung eines Sell-out-Rechts besteht in der angemessenen Verteilung der Kosten, die infolge der freiwilligen Desinvestitionsentscheidung des Minderheitsgesellschafters entstehen. Bei mehreren Kleinstbeteiligten wäre für jede Ausübung des Sell-out-Rechts eine gesonderte, kosten- und zeitintensive Unternehmensbewertung erforderlich.19 Im Rahmen des Squeeze-out, 12

Hanau, NZG 2002, 1040, 1047; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 398 f. Für die GmbH Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn.  48; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 221; Bösert, GmbHR 1994, 293, 294; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 2. 14 Vgl. für die AG oben Kapitel 2 A. I. 3. 15 Vgl. oben Kapitel 4 F. II. 16 Schockenhoff, NZG 2018, 201, 208. 17 Vgl. für die AG Fleischer, ZGR 2002, 757, 779; oben Kapitel 2 A. I. 3. 18 Vgl. oben Kapitel 5 A. 19 Im Rahmen des übernahmerechtlichen Andienungsrechts gem. § 39c WpÜG stellt sich diese Problematik nicht, da die Gegenleistung des Bieters im Falle der Ausübung des Andienungsrechts durch den Minderheitsaktionär deckungsgleich mit dem Übernahmeangebot ist, vgl. oben Kapitel 2 A. III. 13

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Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

der durch eine freiwillige Entscheidung des Hauptgesellschafters initiiert wird, ist es sachgerecht, diesem die Kosten aufzuerlegen.20 Demgegenüber ist es dem Hauptgesellschafter nicht zumutbar, die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der Barabfindung zu unterschiedlichen Sell-out-Zeitpunkten einschließlich Sachverständigen- und (Gerichts-)Verfahrenskosten zu tragen, zumal er keinen unmittelbaren Einfluss auf die Austrittsentscheidungen der Kleinstbeteiligten und die liquiditätsbelastenden Abfindungszahlungen nehmen kann.21 Der Umkehrschluss, nach dem der austrittswillige Kleinstbeteiligte diese Kosten übernehmen müsste, ist ebenso wenig sachgerecht. Die Kosten der Bewertung des gesamten Unternehmens, die für die Ermittlung des Kleinstbeteiligungswerts erforderlich ist, würde den Abfindungsanspruch des Kleinstbeteiligten überproportional schmälern, bisweilen gar nivellieren. Allein der Kostenaufwand ließe den Kleinstbeteiligten von der Ausübung seines Sell-out-Rechts Abstand nehmen. Eine befriedigende Lösung lässt sich auch nicht über die zeitliche Befristung des Sell-out-Rechts auf einen Zeitraum von drei Monaten nach Erreichen des Schwellenwerts durch den Hauptgesellschafter erzielen.22 Zum einen steht das Squeezeout-Recht dem Hauptgesellschafter zeitlich unbegrenzt zu, sodass kaum eine kompensatorische Wirkung von einem auf drei Monate begrenztem Sell-out-Recht ausginge. Zum anderen sind Fallkonstellationen denkbar, in denen der Haupt­ gesellschafter von Anfang an einen Anteil oberhalb des festgelegten Schwellenwerts hält, sodass das Sell-out-Recht keinen praktischen Anwendungsbereich hätte. Angesichts dieses unüberwindbaren Dilemmas ist das Sell-out-Recht nur in einer zweigliedrigen Gesellschaft praktikabel, wenn dem Hauptgesellschafter ein einziger Kleinstbeteiligter gegenübersteht und lediglich eine einmalige Unternehmensbewertung nach der Ausübung des Squeeze-out- oder Sell-out-Rechts erforderlich ist. In diesen Fällen ist es dem Hauptgesellschafter zumutbar, die einmalig anfallenden Kosten im Falle eines Sell-out zu tragen. Eine Sell-out-Klausel entfaltet zwar eine kompensatorische Wirkung und erhöht die Wahrscheinlichkeit der gerichtlichen Anerkennung eines vertraglichen Squeeze-out, ist aber lediglich in zweigliedrigen Gesellschaften sinnvoll umsetzbar und damit in ihrem praktischen Anwendungsbereich erheblich eingeschränkt.

20 Vgl. für den aktienrechtlichen Squeeze-out Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327c Rn. 11; Eisolt, DStR 2002, 145, 1147; für die Kosten im Spruchverfahren gem. § 327f AktG sieht § 15 Abs. 2 i. V. m. § 5 Nr. 3 SpruchG eine Billigkeitsregelung vor. 21 Hasselbach, ZGR 2005, 387, 402; für den übernahmerechtlichen Squeeze-out bereits Austmann / Mennicke, NZG 2004, 846, 855. 22 Vorschlag der Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2002, 1310, 1323; ­Hasselbach, ZGR 2005, 387, 402 f.

C. Abfindung zum Verkehrswert

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C. Abfindung zum Verkehrswert Eine vertraglich festgelegte Abfindung zum Verkehrswert könnte als vollständige vermögensrechtliche Kompensation in der Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1  BGB zugunsten der Zulässigkeit einer Squeeze-out-Klausel Berücksichtigung finden. Da die Legitimationswirkung der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften nur bei einer vollwertigen Abfindung und deren Sicherstellung eine umfassende Geltung beanspruchen kann,23 sollte die Squeeze-out-Klausel eine angemessene Abfindung zum Verkehrswert beinhalten.24 Der potentielle Einwand, ein Abfindungsanspruch zum Verkehrswert entspreche sowohl in der GmbH als auch in der KG der gesetzlichen Konzeption25 und könne als „Selbstverständlichkeit“ nicht als Argument für die Zulässigkeit einer Squeezeout-Klausel streiten, überzeugt nicht. In der gesellschaftsrechtlichen Vertragspraxis erfreuen sich Abfindungsbeschränkungen weit unterhalb des Verkehrswerts großer Beliebtheit, um den Fortbestand der Gesellschaft durch eine übermäßige Liquiditätsbelastung nicht zu gefährden.26 Daher ist die Abfindung zum Verkehrswert in der Praxis keine „Selbstverständlichkeit“, sondern der Ausnahmefall.27

23

Vgl. oben Kapitel 4 D. IV. Etwas anderes gilt beispielsweise für das Managermodell, vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. b); Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 209. 25 Vgl. schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB, der in der KG über die Verweisungsnormen der §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB und in der GmbH analoge Anwendung findet. Für die KG BGH, NJW 1974, 312; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 64; Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 49; für die GmbH BGHZ 9, 157, 168; 116, 359, 375; 164, 107, 115; BGH, NJW 2001, 2638, 2639; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 22; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 38; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 218; Herff, GmbHR 2012, 621; Udwari, GWR 2021, 87; Hornung, Leaver-, Vesting- und Shoot-outKlauseln, S. 96. 26 Für die KG Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 64; für die GmbH Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 42; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 34 Rn. 57; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 234; H.  P.  Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 29; Fleischer / Bong, WM 2017, 1957; Gehrlein, WM 2019, 1, 7; Udwari, GWR 2021, 87 f.; rechtstatsächliche Untersuchungen bei Balz, Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH, S. 156 f., 165 f., 171 f.; mit einem anderen Ergebnis noch die rechtstatsächlichen Untersuchungen bei Niemeier, Einziehung, S. 61 f. 27 Hülsmann, NJW 2002, 1673; Udwari, GWR 2021, 87 f.; für Familiengesellschaften Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2411; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 129. 24

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Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

I. Trennung zwischen Ausschluss und Abfindung durch den Bundesgerichtshof Der Bundesgerichtshof misst der Angemessenheit der Abfindungsleistung für die Frage der Wirksamkeit einer freien Hinauskündigungsklausel keine Relevanz bei.28 Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass eine unangemessen niedrige Abfindung die Wirksamkeit des Ausschlusses oder der Einziehung ebenfalls unberührt ließe, da die vereinbarte Abfindung durch eine verkehrswertorientierte Abfindung ersetzt werde.29 Zulässig sei eine gesellschaftsvertragliche Regelung, nach der ein Ausschlussbeschluss sofort und unabhängig von der Abfindungszahlung wirksam sei.30 Im Interesse der Rechtssicherheit verbiete sich eine einheitliche Bewertung von Ausschluss- und Abfindungsklausel, da eine sofortige Abfindungsbewertung in der Praxis kaum umsetzbar und eine kostspielige Unternehmensbewertung erst zweckmäßig sei, nachdem der Ausschluss wirksam festgestellt worden ist.31 Eine angemessene Abfindung könne die Drohkulisse der jederzeitigen Hinauskündigung allenfalls verkleinern, nicht aber vollständig beseitigen.32 Aus dogmatischer Sicht soll sich nach Auffassung einiger Literaten aus der Abfindungsklausel „keinerlei Junktim“ für die Zulässigkeit freier Ausschlussklauseln ergeben, da die Abfindung bloße Rechtsfolge des Ausschlusses sei, nicht jedoch dessen Voraussetzungen bestimme.33 In konsequenter Fortführung dieses Grundsatzes wäre die Leistung einer vollwertigen Abfindung nicht zugunsten der Wirksamkeit einer Squeeze-out-Klausel zu berücksichtigen.

II. Unvereinbarkeit von Trennungsprinzip und Legitimationsgedanken Die strikte Trennung zwischen freier Ausschluss- und entsprechender Abfindungsklausel begegnet im Hinblick auf den Legitimationsgedanken der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften34 erheblichen Bedenken.35 Das Bundesverfassungsge 28 BGHZ 164, 98, 104; zustimmend Behr, ZGR 1990, 370, 372; Schöne, Gesellschafterausschluss, S. 26 ff.; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 130 („Trennungsprinzip“); für die Publikums-KG Wagner, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb, KapAnlR-Hdb, § 17 Rn. 164. 29 BGH, NJW 1983, 2880, 2881; BGHZ 112, 103, 111 f.; 164, 98, 104; vgl. zur grundsätzlich unabhängigen Bewertung der Zulässigkeit von Einziehung und Abfindung oben Kapitel 2 C. I. 30 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 31 BGH, NJW 1973, 1606, 1607. 32 BGHZ 81, 263, 268; Wiedemann, ZGR 1980, 147, 153. 33 Kreutz, ZGR 1983, 109, 121; Schöne, Gesellschafterausschluss, S. 26 ff.; Becker, Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln, S. 130; für die Publikums-KG Wagner, in: Assmann /  Schütze / Buck-Heeb, KapAnlR-Hdb, § 17 Rn. 164. 34 Vgl. oben Kapitel 4 D. 35 Wie hier Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Drinkuth, NJW 2006, 410, 411; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 214 ff.

C. Abfindung zum Verkehrswert

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richt hat die Verfassungsmäßigkeit des aktienrechtlichen Squeeze-out als Inhaltsund Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG nur unter der Voraussetzung anerkannt, dass der ausgeschlossene Minderheitsgesellschafter vollständig finanziell kompensiert wird.36 Im Gegensatz zum Bundesgerichtshof nimmt das Bundesverfassungsgericht keine Trennung zwischen dem Squeeze-out und der Abfindungszahlung vor, sondern stellt vielmehr eine unmittelbare Verknüpfung her.37 Dogmatisch ist die Darlegung und Sicherstellung der vollständigen vermögensrechtlichen Kompensation des Minderheitsaktionärs38 Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den aktienrechtlichen Squeeze-out,39 nicht dessen bloße Rechtsfolge. Diese verfassungsrechtlichen Wertungen sind im Wege der mittelbaren Drittwirkung in die Gesamtabwägung gem. § 138 BGB zugunsten gewillkürter Squeezeout-Klauseln miteinzubeziehen. Den anerkannten Schutzmechanismen im Zusammenhang mit dem Delisting und Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen i. S. v. §§ 291 ff. AktG, die den außenstehenden Gesellschaftern eine vollwertige wirtschaftliche Kompensation in Form von Ausgleichs- oder Abfindungsansprüchen40 bieten, ist ebenfalls eine Ausstrahlungswirkung für das Zusammenwirken von freier Ausschlussklausel und vollwertiger Abfindung zu entnehmen.41 Die positiven Auswirkungen einer vollwertigen Abfindung für die Zulässigkeit einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel stehen auch nicht im Widerspruch zu den Praktikabilitäts- und Rechtssicherheitsgesichtspunkten, die primär dem Trennungsgedanken der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegen.42 Die Squeeze-out-Klausel muss die Ermittlung der verkehrswertorientierten Abfindung anhand des für das konkrete Gesellschaftsvermögen gängigen Bewertungsverfahrens durch einen neutralen Schiedsgutachter festlegen.43 Damit die Abfindungsklausel zugunsten der Zulässigkeit einer Squeeze-out-Klausel Berücksichtigung finden kann, bedarf es nicht erst der tatsächlichen Ermittlung des konkreten Abfindungswerts mithilfe einer zeitintensiven Unternehmensbewertung. Für die Einbeziehung der Abfindungsklausel im Rahmen der Bewertung der Zulässigkeit der Squeeze-out-Klausel stellt der Tatrichter lediglich fest, ob die vertraglich festgelegte Bewertungsmethode in der Wirtschaftswissenschaft oder Be 36

Vgl. oben Kapitel 2 A. I. Ähnl. Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 218 („strikte Abhängigkeit der Ausschluss- von der Abfindungsregelung“). 38 Vgl. §§ 327b, 327c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AktG. 39 Das Fehlen der Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts, des Prüfberichts oder das vollständige Fehlen eines Barabfindungsangebots führen zur Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses, vgl. oben Kapitel 2 A. II. 8. 40 Vgl. für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag die Vorschriften der §§ 304 f. AktG. 41 Drinkuth, NJW 2006, 410, 411; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 216. 42 BGH, NJW 1973, 1606, 1607. 43 Vgl. unten Kapitel 8 A. I. 37

308

Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

triebswirtschaftslehre anerkannt, in der Praxis gebräuchlich und für das konkrete Gesellschaftsvermögen zur Ermittlung des Verkehrswerts geeignet ist.44

III. Willkürgefahr trotz vollwertiger Abfindung? Einige Literaturstimmen gehen unabhängig von den vorstehenden Legitimationserwägungen sogar einen Schritt weiter und halten einen Ausschluss auf der Grundlage einer freien Hinauskündigungsklausel bei vollwertiger Abfindung stets für zulässig.45 Die Missbrauchsgefahr freier Ausschlussklauseln ergebe sich erst aus einer den Ausschlussbedrohten benachteiligenden Abfindungsklausel.46 Für den Hauptgesellschafter bestehe im Falle einer vollwertigen Abfindung angesichts der wirtschaftlichen Folgen kein Anreiz, den Minderheitsgesellschafter aus sachfremden Erwägungen auszuschließen.47 Die Gefahr eines willkürlichen Ausschlusses sei im Falle einer vollwertigen Abfindung „im Prinzip“ ausgeschlossen.48 Der Schutz des Ausschlussbedrohten sei durch die Vollwertigkeit seiner Abfindung gewährleistet.49 Die faktische Benachteiligung durch eine unangemessen niedrige Berechnung des Abfindungsguthabens sei als „reines Beweisproblem“ zu vernachlässigen.50 Dieser Ansicht liegt die Annahme eines stets rational und wirtschaftlich agierenden Gesellschaftertypus zugrunde. Verkannt wird, dass die Entscheidungen der Gesellschafter auch durch emotionale, bisweilen irrationale Beweggründe geleitet sind.51 Zudem kann sich eine Squeeze-out-Entscheidung trotz vollwertiger Abfindung aus Sicht des ausschlussberechtigten Hauptgesellschafters als wirtschaftlich sinnvoll, aus der für die Hinauskündigungsrechtsprechung maßgeblichen Perspek 44

Vgl. zur Überprüfung der angemessenen Barabfindung im Spruchverfahren gem. § 327f S. 2 AktG BGHZ 207, 114, 118 f. 45 Esch, NJW 1979, 1390, 1391 ff.; Huber, ZGR 1980, 177, 203 ff.; Hirtz, BB 1981, 761, 765; Bunte, ZIP 1983, 8, 15; Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; dies., ZIP 2021, 433, 437; dies., Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 220 ff., 232 f. mit dem zusätzlichen Erfordernis des Ausschlusses durch die Gesellschafterversammlung oder ein sie repräsentierendes Organ nach einer ausführlichen Aussprache und der Schlussfolgerung, dass in der ZweipersonenGesellschaft, in der eine Entscheidung durch eine mehrere Personen umfassende Instanz ausgeschlossen sei, ein freies Ausschlussrecht unzulässig sei; Henssler, FS Konzen 2006, 267, 270 f.; vorsichtig Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 214 (grundsätzliche Annahme des § 138 Abs. 1 BGB „überzogen“). 46 Huber, ZGR 1980, 177, 203. 47 Nach Drinkuth, NJW 2006, 410, 411 hinge das Damoklesschwert daher nicht „mehr an einem Rosshaar, sondern an einem ganzen Pferdeschweif“. 48 Huber, ZGR 1980, 177, 203. 49 Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; dies., Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 221. 50 Huber, ZGR 1980, 177, 203; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 221 („gewisse Unstimmigkeiten betriebswirtschaftlicher Berechnungsmethoden“). 51 Wie hier Miesen, RNotZ 2006, 522, 532.

C. Abfindung zum Verkehrswert

309

tive des ausschlussbedrohten Kleinstbeteiligten52 hingegen als willkürlich und sachfremd erweisen. Dies gilt umso mehr, als die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit von grundlegenden Richtungsentscheidungen selten objektiv bestimmbar ist und der Hauptgesellschafter über einen unternehmerischen Ermessensspielraum verfügt. Auch der für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit maßgebliche Zeithorizont ist im Einzelfall schwer zu bestimmen. Daher kann eine vollwertige Abfindung allein die Willkürgefahr und die grundsätzliche Sittenwidrigkeit freier Ausschlussklauseln nicht abwenden.53

IV. Geringeres Schutzbedürfnis der Willensentschließungsfreiheit Uneingeschränkte Zustimmung verdient aber die der vorstehenden Literaturansicht im Ausgangspunkt dienende Erwägung, dass die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts gem. § 138 Abs. 1 BGB aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Faktoren zu ermitteln ist.54 Zu diesen Faktoren müssen allgemein die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts auf den anderen Vertragsteil,55 im konkreten Fall der Squeeze-out-Klausel die mit Ausschluss verbundenen wirtschaftlichen Folgen für den Ausschlussbedrohten zählen.56 Auch wenn die Missbrauchsgefahr einer freien Ausschlussklausel durch eine vollwertige Abfindungsleistung nicht vollständig verhindert werden kann, wird sie erheblich reduziert. Finanziell können sich die ausschlussberechtigten Gesellschafter bei vollwertiger Abfindung nicht am Minderheitsausschluss bereichern.57 Die deutlich geringere Wahrscheinlichkeit, dass der Hauptgesellschafter willkürlich von seinem Squeeze-out-Recht Gebrauch macht – der praktische Anwendungsfall ist auf emotionale und irrationale Entscheidungen begrenzt –, muss in der Interessenabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Wirksamkeit der Squeeze-out-Klausel Berücksichtigung finden.58 Mit der geringeren Willkürgefahr nimmt auch die abstrakte Beeinträchtigung der Willensentschließungsfreiheit des ausschlussbedrohten Kleinstbetei 52

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (2). Wie hier Miesen, RNotZ 2006, 522, 532. 54 Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 44 („Summenwirkung“); Fischinger, in: ­Staudinger, BGB, § 138 Rn. 20; Wendtland, in: BeckOK BGB, § 138 Rn. 21; Drinkuth, NJW 2006, 410, 411; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 210. 55 Wendtland, in: BeckOK BGB, § 138 Rn. 21. 56 Drinkuth, NJW 2006, 410, 411; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 221; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 211. 57 Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 221; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 130 f.; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 212. 58 Allgemein für Hinauskündigungsklauseln Drinkuth, NJW 2006, 410, 411; Miesen, RNotZ 2006, 522, 532; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 221; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 211 f.; ablehnend Wiedemann, ZGR 1980, 147, 153. 53

310

Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

ligten ab.59 Da dieser seine Stimm- und Kontrollrechte ungehemmter wahrnehmen kann, wird der ausnahmsweise über das Sittenwidrigkeitsverdikt des § 138 Abs. 1 BGB geltende Vorrang der Vertragsfreiheit in ihrer schutzrechtlichen Dimension gegenüber der abwehrrechtlichen Vertragsfreiheit60 schwieriger zu begründen sein. Zaghafte Unterstützung erfährt diese Argumentation durch den Bundesgerichtshof selbst, der es für möglich hält, dass eine angemessene Abfindung die Drohkulisse der jederzeitigen Hinauskündigung mindert.61 Eine weitere zumindest indirekte Bestätigung wird zu Recht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 197862 gefolgert.63 Der Bundesgerichtshof erachtete eine Abfindungsklausel zum Buchwert für nichtig, da diese die ausschlussberechtigten Gesellschafter bereichere und einen besonderen Anreiz schaffe, den Minderheitsgesellschafter willkürlich und aus sachfremden Erwägungen auszuschließen.64 Da der Bundesgerichtshof von einer erhöhten Willkürgefahr aufgrund der Bereicherungsmöglichkeit, die eine Abfindung unterhalb des Verkehrswerts eröffnet, ausgeht, wäre es stringent, bei einer Abfindung zum Verkehrswert von einer reduzierten Willkürgefahr auszugehen.65 Mithin ist die Entscheidungsfreiheit des Kleinstbeteiligten im Falle einer verkehrswertorientierten Abfindung in geringerem Maße schutzwürdig.

V. Exkurs: Abfindung unterhalb des Verkehrswerts Erhebliche Zweifel bestehen hinsichtlich einer Squeeze-out-Klausel, die eine Abfindung unterhalb des Verkehrswerts vorsieht. Vor dem Hintergrund der vorrangigen Forschungsfrage, ob eine vollwertige Abfindung zugunsten der Zulässigkeit einer Squeeze-out-Klausel zu berücksichtigen ist, werden die Grundsätze zur Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen unter Verzicht auf eine umfassende Erörterung überblicksartig skizziert.66

59

Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 9; Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 212. 60 Vgl. grundsätzlich bejahend für Hinauskündigungsklauseln oben Kapitel 3 C. III. 2. a) bb) (2); ablehnend hingegen für Squeeze-out-Klausen oben Kapitel 4 G. II. 61 „Ein solcher Ausgleich mag den von einer Kündigungsklausel der hier in Frage stehenden Art ausgehenden Druck mindern, er kann ihn im allgemeinen aber nicht ausschließen“, BGHZ 81, 263, 268. 62 BGH, NJW 1979, 104; vgl. oben Kapitel 4 C. 63 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 212. 64 BGH, NJW 1979, 104. 65 Wie hier Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 212. 66 Ausführliche Darstellung bei Dauner-Lieb, GmbHR 1994, 836, 837 ff.; Hülsmann, NJW 2002, 1673 ff.; Fleischer / Bong, WM 2017, 1957 ff.; Brückner, Kontrolle von Abfindungsklauseln, S. 35 ff.

C. Abfindung zum Verkehrswert

311

Einigkeit besteht darin, dass eine Abfindung unterhalb des Verkehrswerts aufgrund der Privatautonomie grundsätzlich zulässig ist.67 Gesellschaftsvertragliche Abfindungsbeschränkungen sind nur sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB, wenn bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein grobes Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem vertraglich bestimmten Wert besteht.68 Auch darf die Diskrepanz zwischen der satzungsmäßigen Abfindung und der gesetzlichen Abfindung nicht derartig groß sein, dass sie den Gesellschafter von einer Kündigung oder dem Ausscheiden faktisch abhält, vgl. § 723 Abs. 3 BGB.69 Buchwertklauseln sind in der Regel unbedenklich.70 In den Fällen des Ausschlusses ohne wichtigen Grund ist allerdings im Regelfall eine angemessene Abfindung zu zahlen.71 Eine Ausnahme gestattet der Bundesgerichtshof im Dunstkreis der Manager- und Mitarbeitermodelle, deren Funktionsweise eine Abfindung zum Nennwert oder Erwerbspreis voraussetzt.72 Da die Abfindung zum Verkehrswert die für die Fortführung des Mitarbeitermodells erforderliche finanzielle Grundlage zerstören würde, hielt der Bundesgerichtshof eine Beschränkung der Abfindung, sogar ihr vollständiges Entfallen bei ursprünglich unentgeltlicher Anteilsübertragung für sachlich gerechtfertigt.73 Eine solche Ausnahmekonstellation, die eine Abfindungsbeschränkung sachlich rechtfertigen könnte, besteht im Falle eines vertraglichen Squeeze-out nicht. Vielmehr kann ein angemessener Ausgleich für das einseitige Squeeze-out-Recht des Hauptgesellschafters nur durch eine verkehrswertorientierte Abfindung hergestellt werden. Der vertragliche Squeeze-out soll den ausschlussberechtigten Gesellschaftern nicht die einseitige Möglichkeit eröffnen, sich auf Kosten der Kleinstbeteiligten zu bereichern. Eine Squeeze-out-Klausel, die eine Abfindung unterhalb des Verkehrswerts festlegt, ist unzulässig. Gleichsam muss der ausgeschlossene Kleinstbeteiligte im Rahmen einer modifizierten Squeeze-out-Klausel, die an das Unterschreiten einer bestimmten Kapi 67

Kamanabrou, in: Oetker, HGB, § 131 Rn. 76; K. Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 162 f.; Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 64; Ulmer, ZIP 2010, 805, 810; Fleischer / Bong, WM 2017, 1957, 1964; Gehrlein, WM 2019, 1, 7. 68 BGHZ 116, 359, 368; 126, 226, 240; Ulmer, ZIP 2010, 805, 810; Fleischer / Bong, WM 2017, 1957, 1958; Henze, FS K. Schmidt 2009, 619, 624 ff. 69 Hülsmann, NJW 2002, 1673; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2411; a. A. Fleischer / Bong, WM 2017, 1957, 1965. 70 Ulmer, ZIP 2010, 805, 810; Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 170 (50 % des Buchwerts als Sittenwidrigkeitsgrenze); Mayer, DB 1990, 1319 (Sittenwidrigkeit einer Abfindung unterhalb des Buchwerts). 71 BGH, NJW 1973, 651; 1973, 1606 f.; 1979, 104; BGHZ 81, 263, 268; Kreutz, ZGR 1983, 109, 121; Graf / Bisle, DStR 2010, 2409, 2411; Bross, Ausscheiden eines GmbH-Gesellschafters, S. 130 f. 72 BGHZ 164, 98, 103; 164, 107, 116; Miesen, RNotZ 2006, 522, 532 f. mit dem Hinweis, dass es keinen Unterschied machen könne, ob die Gewinne unterjährig ausgeschüttet oder thesauriert bei der Ermittlung der Abfindungshöhe im Ausschlusszeitpunkt Berücksichtigung finden; Ulmer, ZIP 2010, 805, 812; Fleischer / Bong, WM 2017, 1957, 1958 f., 1967. 73 BGHZ 164, 107, 115 f.

312

Kap. 7: Kompensatorische Vertragsgestaltungen 

talschwelle anknüpft, durch eine Abfindung zum Verkehrswert vermögensrechtlich kompensiert werden, auch wenn es sich nicht um eine freie Ausschlussklausel handelt.74 Die modifizierte Squeeze-out-Klausel ist nicht als Ausschluss aus wichtigem Grund zu qualifizieren, sodass ebenfalls lediglich die Vereinbarung einer vollwertigen Abfindung zulässig ist.

VI. Fazit Eine Abfindung zum Verkehrswert ist als vollständige vermögensrechtliche Kompensation in der Gesamtabwägung gem. § 138  Abs. 1  BGB zugunsten der Zulässigkeit einer Squeeze-out-Klausel zu berücksichtigen. Stimmig ist im Rahmen der Gesamtabwägung zwischen den Interessen des Finanzinvestors und der Familiengesellschaften zugunsten der Zulässigkeit freier Ausschlussklauseln berücksichtigt worden, dass eine am EBITDA orientierte Kaufpreisformel mit einem investorenfreundlichen Multiplikator und der vertraglich bestimmte Mindestkaufpreis dem ausschlussbedrohten Finanzinvestor eine sichere Rendite für sein ohnehin zeitlich begrenztes Investment garantieren.75 In Anlehnung an den Legitimationsgedanken der gesetzlichen Squeeze-outVorschriften wird die vertragliche Abfindung zum Verkehrswert als berücksichtigungsfähiger Aspekt im Rahmen der Gesamtabwägung des § 138 Abs. 1 BGB dem Minderheitenschutz jedoch nur dann vollständig gerecht, wenn die vertragliche Gestaltung die tatsächliche Zahlung und die angemessene Verkehrswertberechnung der Abfindung sicherstellt. Zwar steht grundsätzlich auch diese Sicherstellung der Vertragsfreiheit der Parteien offen.76 Die entsprechenden Schutzmechanismen der §§ 327a ff.  AktG sind aber vergleichbar effektiv in die vertragliche Klausel aufzunehmen.77

74

Vgl. oben Kapitel 5 C.; Kapitel 6 B. II. Vgl. oben Kapitel 4 F. IV. 76 Gärtner, Der unfreiwillige Verlust der Gesellschafterstellung, S. 284. 77 Vgl. oben Kapitel 4 D. IV.; unten Kapitel 8 A. 75

Kapitel 8

Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens Als Ergebnis soll eine rechtssichere und praxistaugliche Ausgestaltung des gewillkürten Squeeze-out erarbeitet werden. Die Aufnahme der Squeeze-out-Regelung im Gesellschaftsvertrag ist gegenüber einer schuldrechtlichen Beteiligungsvereinbarung vorzugswürdig, um durch den korporationsrechtlichen Charakter sämtliche Gesellschafter sowie ihre Rechtsnachfolger zu binden und vor dem Hintergrund des § 310  Abs. 4  BGB eine AGB-Kontrolle präventiv zu verhindern.1 Zusätzlich können die tragenden Erwägungen für die Aufnahme der Squeezeout-Klausel, insbesondere der Wille der Gesellschafter zu einer kapitalistischen Ausgestaltung der Kleinstbeteiligung2 in der Präambel oder im Eingang der Squeeze-out-Klausel als Interpretations- und Auslegungshilfe dargelegt werden.3

A. Sicherungsmechanismen zugunsten des Kleinstbeteiligten Vor dem Hintergrund der Legitimationsfunktion als tragende Zulässigkeits­ erwägung4 ist für die gerichtliche Anerkennung von entscheidender Bedeutung, die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht (indirekt) bei der Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit des aktienrechtlichen Squeeze-out gem. §§ 327a ff.  AktG aufgestellt hat,5 in dem Vertragswerk nachzuvollziehen. Sollte eine derartige vertragliche Gestaltung abstrakt oder im Rahmen eines der konkreten Ausschlussverfahren nicht gelingen, entfiele der Legitimationsgedanke der gesetzlichen Squeezeout-Vorschriften.6 Die Wahrscheinlichkeit der gerichtlichen Anerkennung des vertraglichen Squeeze-out wäre erheblich reduziert. Hinter dieser Überlegung steht der Gedanke, dass der Gesetzgeber den Squeeze-out nur in seiner Gesamtheit mit den entsprechenden Schutzmechanismen und beschränkt auf die AG gesetzlich 1 Vgl. für Hinauskündigungsklauseln zur Umgehung der AGB-Vorschriften Reymann, DNotZ 2006, 106, 121. 2 Vgl. oben Kapitel 4 I. 3 Ähnlicher Vorschlag für Leaver-Klauseln in Management-Beteiligungen bei Kästle /  Heuterkes, NZG 2005, 289, 294; Schneider / Wiechers, DB 2005, 2450, 2452; Drinkuth, NJW  2006, 410, 412; Reymann, DNotZ 2006, 106, 115; Bross, Ausscheiden eines GmbH-­ Gesellschafters, S. 48, 50. 4 Vgl. oben Kapitel 4 D. 5 BVerfG, NJW 2007, 3268. 6 Vgl. oben Kapitel 4 D. IV.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

implementiert hat. Wenn aufgrund dieser gesetzgeberischen Wertung die vertragliche Vereinbarung eines Squeeze-out in anderen Gesellschaftsformen als zulässig erachtet wird, darf die vertragliche Gestaltung in ihrem Schutzniveau nicht hinter dem gesetzlichen Minderheitenschutz zurückbleiben.7 An die vertragliche Absicherung sind sogar erhöhte Anforderungen zu stellen, da die Gesellschafter die dingliche Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht im Rahmen ihrer Privatautonomie dem Registergericht zuweisen können. Ein dem aktienrechtlichen Squeeze-out vergleichbarer Übertragungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der GmbH oder KG wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eintragungsfähig8 und kann nicht vertraglich zur konstitutiven Voraussetzung oder aufschiebenden Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB eines Anteilsübergangs erhoben werden. Die im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-out dem Aktienübergang vorgeschaltete registergerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle, insbesondere die Prüfung des ordnungsgemäßen Barabfindungsgebots mit den entsprechenden (Prüf-)Berichtspflichten und der hinreichenden Deckung durch die Bankgarantie,9 scheidet aus. Eine neutrale staatliche Kontrolle des Squeeze-outVerfahrens findet nicht automatisch statt.

I. Barabfindung In Anlehnung an § 327b Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AktG hat die Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft und damit den wirtschaftlichen Wert der Kleinstbeteiligung im ausschlussrelevanten Zeitpunkt10 zu berücksichtigen.11 Anders als im aktienrechtlichen Verfahren besteht mangels gesetzlicher Regelung nicht die Möglichkeit und Verpflichtung, den sachverständigen Prüfer gerichtlich bestellen zu lassen. Durch die gerichtliche Bestellung gem. § 327c Abs. 2 S. 2, 3 AktG wird die Unabhängigkeit der Prüfung, mithin ein weiterer Schutz zugunsten der Minderheitsaktionäre sichergestellt.12 Um ein der gerichtlichen Bestellung vergleichbares Schutzniveau zu gewährleisten, muss in der Squeeze-out-Klausel in Anlehnung an gängige gesellschaftsvertragliche Abfindungswertklauseln13 bestimmt werden, 7

Vgl. oben Kapitel 4 D. IV. Die im Handelsregister eintragungsfähigen- und pflichtigen Tatsachen werden primär durch Gesetz bestimmt. Obwohl mangels numerus clausus im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs bestimmte Tatsachen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung eintragungsfähig sein können, werden diese Fälle die Ausnahme darstellen, vgl. Merkt, in: Hopt, HGB, § 8 Rn. 5; Schaub, in: E / B/J / S, HGB, § 8 Rn. 54 ff. 9 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 7. 10 Der relevante Zeitpunkt wird für jede Ausschlussgestaltung gesondert bestimmt, vgl. unten Kapitel 8 B. 11 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 3. 12 OLG Stuttgart, NZG 2004, 146, 148; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327c Rn. 10. 13 Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 1. 3. § 15; Walz, in: BeckFB ZivilR, Form J.II.2 § 18 (Anm. 30); Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.9. § 8 Abs. 7. 8

A. Sicherungsmechanismen zugunsten des Kleinstbeteiligten

315

dass die Abfindung von einem von der zuständigen Wirtschaftsprüferkammer benannten Wirtschaftsprüfer als Sachverständigem nach den Richtlinien des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. zu ermitteln ist.14 Sofern dem Unternehmenswert maßgeblich Immobilienvermögen zugrunde liegt, bietet sich auch ein von der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) bestimmter amtlich vereidigter Sachverständiger an.15 Die wahlweise in gängigen Abfindungswertklauseln anzutreffende Benennung des für die Gesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters16 als Sachverständigen begegnet hinsichtlich der erstrebten Unabhängigkeit Zweifeln, da dieser eine größere Nähe zum Hauptgesellschafter oder zur Geschäftsführung als zum Kleinstbeteiligten aufweisen wird. Diese Zweifel werden bestätigt durch die Verweisung der §§ 327c Abs. 2 S. 4, 293d Abs. 1 AktG auf § 319 Abs. 2, 3 HGB. Demnach kann ein Gericht denjenigen, der den Jahresabschluss der Gesellschaft oder sonstige geschäftliche Beziehungen zur Gesellschaft aufweist, aufgrund der Besorgnis der Befangenheit nicht zum sachverständigen Prüfer gem. § 327c Abs. 2 S. 3 AktG bestimmen.17 Die Beratungspraxis sollte daher angesichts des Gebots des sichersten Weges18 von der Benennung des für die Gesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters Abstand nehmen. Es ist sachgerecht, dass die mit der Prüfung verbundenen Kosten der Hauptgesellschafter oder die entsprechende Gesellschaftermehrheit trägt.19

II. Gewährleistungserklärung Im Einklang mit § 327b Abs. 3 AktG sollte die Squeeze-out-Klausel den Hauptgesellschafter oder die entsprechende Gesellschaftermehrheit vor dem dinglichen Vollzug des Squeeze-out zur Vorlage einer Gewährleistungserklärung eines inlän-

14 Grundsätzlich orientiert sich der Anteilswert am Unternehmenswert, der im Wege der Schätzung zu ermitteln ist, vgl. BGHZ 147, 108, 116; BGH, NJW-RR 2016, 231. Für diese Schätzung sind primär die (modifizierte)  Ertragswertmethode oder das Discounted-CashFlow-Verfahren für werbende Gesellschaften und die Net-Asset-Value-Methode oder das Vergleichswertverfahren für immobilienverwaltende Gesellschaften geeignet, vgl. Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn.  22 f.; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 222 f.; Herff, GmbHR 2012, 621, 624 f.; zum Ertragswertverfahren BGHZ 140, 35, 36 f.; zum modifizierten Ertragswertverfahren BGH, NJW 2018, 61, 62; zum Discounted-Cash-Flow-Verfahren Schäfer, in: Staub, HGB, § 131 Rn. 159; zur Net-Asset-Value-Methode OLG Frankfurt a. M., NZG 2017, 622, 623; OLG München, AG 2020, 56, 57; OLG Karlsruhe, AG 2020, 755, 756; zum Vergleichswertverfahren BGH, NJW-RR 2019, 497. 15 Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 1. 3. § 15. 16 Giehl, in: BeckFB Vertrag, Form 7. 8. 2. 1. 3. § 15. 17 OLG Stuttgart, NZG 2004, 146, 148; Eisolt, DStR 2002, 1145, 1147. 18 Teichmann, in: BeckOGK BGB, § 675 Rn. 1146 f. 19 Vgl. für die Prüfung gem. § 327c Abs. 2 S. 2, 3 AktG Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327c Rn. 10; Eisolt, DStR 2002, 1145, 1147.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

dischen Kreditinstituts verpflichten.20 Es kommen eine Bankgarantie, ein Schuldbeitritt i. S. v. § 311 Abs. 1 BGB, ein Schuldanerkenntnis i. S. v. § 780 Abs. 1 BGB oder eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft i. S. v. §§ 765, 773  BGB in Betracht.21 Alternativ könnte die Einzahlung des durch den Sachverständigen für angemessen befundenen Abfindungsbetrags auf ein Notaranderkonto22 als Bedingung oder Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Vollzugs bestimmt werden. Da sowohl die Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts als auch die Verwahrung auf einem Notaranderkonto mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sind,23 könnte auch die Einzahlung des angemessenen Abfindungsbetrags auf einem eigens zu diesem Zweck errichteten Sperrkonto24 bestimmt werden. Da die ding­liche Wirkung der Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Sperrkontoinhabers nicht unumstritten ist,25 müsste ein dreiseitiger Vertrag mit dem Kreditinstitut oder ein echter Vertrag zugunsten Dritter i. S. v. § 328 Abs. 1 BGB abgeschlossen werden, damit die Kleinstbeteiligten im Falle vertragswidriger Verfügungen des Hauptgesellschafters zumindest durch einen Schadensersatzanspruch gegen das Kreditinstitut abgesichert sind.26

III. Berichtspflichten Nach dem Vorbild des § 327c Abs. 2–4 AktG sind die Vorlage des Berichts des Hauptgesellschafters, der die erforderliche Kapitalbeteiligungshöhe und deren Berechnungsgrundlage nachvollziehbar darlegt, und die Vorlage des Prüfberichts des unabhängigen Sachverständigen, der ein Testat über die Angemessenheit der Barabfindung sowie die angewandten Berechnungsmethoden beinhaltet, als Bedingungen oder Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des dinglichen Vollzugs des Squeeze-out festzulegen. Da der unabhängige Sachverständige die Höhe der Barabfindung und die angewandte Bewertungsmethode eigenständig festlegt, muss in Abweichung zur aktienrechtlichen Konzeption der Bericht des Hauptgesellschafters keine entsprechenden Angaben enthalten. Mit diesem weiteren Sicherungsmechanismus zugunsten der Kleinstbeteiligten ist das Schutzniveau dem der §§ 327a ff. AktG angenähert.

20

Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 4. Vgl. für den aktienrechtlichen Squeeze-out OLG Düsseldorf, WM 2005, 1948, 1951; Grzimek, in: Angerer / Geibel / Süßmann, WPÜG, § 327a AktG Rn. 77. 22 Gem. § 58 Abs. 3 S. 1 BeurkG kann nur der Notar persönlich, die Vertretung oder der Notariatsverwalter über das Notaranderkonto verfügen. 23 Für das Notaranderkonto entsteht eine 1,0 Gebühr, vgl. Ziff. 25300 KV GNotKG. 24 Herresthal, in: MüKoHGB, Teil 1.A. Rn. 278 ff. 25 Für eine dingliche Wirkung Canaris, NJW 1973, 825, 829; für eine rein schuldrecht­ liche Wirkung Busse, MDR 1956, 70, 71; Kollhosser, ZIP 1984, 389, 391 ff.; vgl. Streitstand bei Herresthal, in: MüKoHGB, Teil 1.A. Rn. 283. 26 Herresthal, in: MüKoHGB, Teil 1.A. Rn. 278. 21

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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IV. Fazit Die drei vorstehenden Sicherungsmechanismen müssen zwingend in den einzelnen Ausschlussgestaltungen Berücksichtigung finden. Je enger die vertragliche Squeeze-out-Klausel dem Interessenausgleich des Gesetzgebers in den §§ 327a ff. AktG angelehnt ist, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit ihrer gerichtlichen Anerkennung unter Ablehnung der Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB. Auch wenn die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses nicht von der Zahlung einer vollwertigen Abfindung abhängt,27 stellt sich diese Problematik für den vertraglichen Squeeze-out gar nicht erst. Die vollwertige Abfindungsleistung ist durch die vorgeschaltete Angemessenheitsprüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen und die tatsächliche Zahlung durch eine Notaranderkonto- oder Sperrkontolösung oder die Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts sichergestellt. Ebenso wenig kann der Ausschluss auf der Grundlage einer Squeeze-out-Klausel im Wege der Einziehung gegen die Gebote der Kapitalaufbringung und -erhaltung28 verstoßen, sofern die ausschlussberechtigten Gesellschafter die Abfindungs- und die entsprechende Sicherungsleistung erbringen.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich Für den vertraglichen Squeeze-out als Ausschlussinstrumente ernsthaft in Erwägung zu ziehen sind ein isolierter Squeeze-out-Beschluss der Gesellschafterversammlung, eine Vorausabtretung der Gesellschaftsanteile und gesondert für die GmbH eine Einziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG.

I. Isolierter Ausschlussbeschluss der Gesellschafterversammlung Der Squeeze-out könnte im Wege eines isolierten Ausschlussbeschlusses durch die Gesellschafterversammlung realisiert werden. 1. KG In der KG vollzieht sich der Ausschluss des Kommanditisten in einem einzigen Akt.29 Der Ausschluss des Gesellschafters als Person trägt die dingliche Rechtsfolge in sich.30 Sofern der Gesellschaftsvertrag anstelle der Ausschlussklage einen 27

Vgl. oben Kapitel 2 C. I.; Kapitel 7 C. I. Vgl. §§ 19 Abs. 2, 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG; vgl. oben Kapitel 2 C. I. 29 Blath, GmbHR 2012, 657; vgl. oben Kapitel 2 D. 30 Blath, GmbHR 2012, 657. 28

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Gesellschafterbeschluss vorsieht, wird der Ausschluss im Zeitpunkt des Zugangs des Ausschlussbeschlusses beim betroffenen Gesellschafter vollzogen.31 Derartige Ersetzungsklauseln bieten sich an, um eine mitunter jahrelange Schwebelage während eines gerichtlichen Verfahrens über den Ausschluss zu vermeiden.32 Aufgrund dieses Vorzugs ist der Gesellschafterausschluss im Wege des isolierten Ausschlussbeschlusses in der KG in der Vertragsgestaltungspraxis weit verbreitet.33 Die unabhängig von der Abfindungszahlung eintretende Wirksamkeit des Ausschlusses mit Zugang des Gesellschafterbeschlusses ist klarstellend in die gesellschaftsvertragliche Regelung aufzunehmen.34 Der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters wächst den anderen Gesellschaftern anteilig im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen automatisch ohne gesonderten Übertragungsakt und unabhängig von der Abfindungsleistung an, §§ 738 Abs. 1 S. 1 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB.35 Da das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters erlischt, ändert sich durch das Anwachsungsprinzip die prozentuale Kapitalbeteiligung im „horizontalen“ Verhältnis der Gesellschafter.36 Nach überwiegender Auffassung können die Anwachsungsfolgen gesellschaftsvertraglich dergestalt atypisch ausgestaltet werden, dass der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschafterstämmen anwächst.37 Vor diesem Hintergrund ist es zweckmäßig, das Anwachsungsprinzip in der Squeeze-out-Klausel dahingehend atypisch auszugestalten, dass der Anteil des ausscheidenden Kleinstbeteiligten dem ausschlussberechtigten Hauptgesellschafter anwächst. Ist die Ausschlusskompetenz (auch) der entsprechenden Gesellschaftermehrheit zugewiesen,38 sollte der Anteil den Gesellschaftern, die den Squeezeout durchführen, anteilig im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen anwachsen. Mithilfe einer solchen atypischen Ausgestaltung kann auch in der FamilienKG eine höhere Akzeptanz der Squeeze-out-Klausel39 erreicht werden, indem der Anteil des ausscheidenden Familiengesellschafters verhältniswahrend den Gesellschaftern seines Familienstamms, nicht hingegen sämtlichen Gesellschaftern anwächst. Der Familienstamm ist in Anlehnung an § 1924 Abs. 3 BGB zu definie-

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Vgl. oben Kapitel 2 D. Für die GmbH Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1372. 33 Ähnl. Kamanabrou, in: Oetker, HGB, § 140 Rn. 41 („größte Bedeutung“). 34 Für die GmbH Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1373. 35 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 56; K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 106. 36 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 56; K.  Schmidt / Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 106; Früchtl, NZG 2007, 368, 369. 37 Kindler, in: K / K /R / D, HGB, § 131 Rn. 21; Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 131 Rn. 57; K. Schmidt /  Fleischer, in: MüKoHGB, § 131 Rn. 106; Früchtl, NZG 2007, 368, 370 f. 38 Vgl. oben Kapitel 5 A. 39 Vgl. oben Kapitel 5 H. 32

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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ren. Die Bestimmung der Stammväter richtet sich nach der Struktur des Familienunternehmens in seiner Gründung. Haben sich zum Gründungszeitpunkt mehrere in Seitenlinie gem. § 1589 S. 2 BGB verwandte Familienmitglieder zusammengeschlossen, bilden die Gründungsgesellschafter als Stammväter die einzelnen Familienstämme. Ist das Unternehmen zunächst von einer Person gegründet, die das Unternehmen später auf ihre Kinder übertragen hat, bilden diese Abkömmlinge des Unternehmensgründers als Stammväter die einzelnen Familienstämme. Spiegelbildlich ist es konsequent, dass der Abfindungsanspruch und die entsprechenden Sicherungen40 ausschließlich vom Hauptgesellschafter oder von den ausschlusswilligen Gesellschaftern oder von dem übernehmenden (Familien-)Gesellschafterstamm geleistet werden.41 2. GmbH Da in der GmbH der Geschäftsanteil die Mitgliedschaft als Inbegriff der Rechte und Pflichten eines Gesellschafters verkörpert,42 begegnet die Rechtmäßigkeit eines isolierten Ausschlussbeschlusses, der sich anders als die Einziehung gem. § 34  GmbHG43 gegen den betroffenen Gesellschafter richtet,44 den Geschäftsanteil aber unberührt lässt,45 auf den ersten Blick Zweifeln. Jedenfalls wirft seine praktische Umsetzung Fragen hinsichtlich der Verwertung des von dem isolierten Ausschluss unberührten Geschäftsanteils auf. Die Gesellschaft kann den Anteil nach dem isolierten Ausschluss wahlweise durch Einziehung oder Abtretung an einen Gesellschafter oder Dritten verwerten.46 Frühzeitig stellte der Bundesgerichtshof fest, dass die Gesellschafterstellung des im Wege eines isolierten Gesellschafterbeschlusses ausgeschlossenen Gesellschafters selbst dann nicht wieder auflebt, wenn die Gesellschaft nicht in angemessener Frist die Einziehung des Anteils beschließt oder dessen Abtretung verlangt.47 Jüngst bestätigte der Bundesgerichtshof diese Wertung und ging sogar einen Schritt weiter, indem er den isolierten Ausschluss für wirksam erachtete, obwohl die Einlage auf den Anteil noch nicht vollständig erbracht und nicht zeitgleich

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Vgl. oben Kapitel 8 A. Grundsätzlich sind die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter die Schuldner der Abfindungszahlung gem. §§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, vgl. BGHZ 148, 201, 206; Gregoritza, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, Praxishdb GesR, § 5 Rn. 727; Roth, in: Hopt, HGB, § 131 Rn. 48. 42 Vgl. oben Kapitel 2 C. 43 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 44 Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 39; C ­ onradi, NZG 2021, 1546, 1547. 45 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 46 Vgl. oben Kapitel 2 C. II. 47 BGHZ 32, 17, 23; zustimmend Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 190. 41

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

mit dem Ausschluss ein Beschluss über die Anteilsverwertung gefasst wurde.48 Die Wirksamkeit eines isolierten Ausschlusses trotz nicht voll eingezahlten Gesellschaftsanteils setze aber voraus, dass die Möglichkeit der Verwertung durch Abtretung des Anteils an einen Mitgesellschafter oder einen Dritten bestehe.49 Die Einziehung eines nicht voll eingezahlten Anteils scheide angesichts des Kapitalaufbringungsgebots gem. § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG,50 der Anteilserwerb durch die Gesellschaft wegen des Erwerbsverbots nicht voll eingezahlter Anteile gem. § 33  Abs. 1  GmbHG aus.51 Ein Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz gem. § 30 Abs. 1 GmbHG käme nicht in Betracht, da bei der Anteilsabtretung der Erwerber den Kaufpreis schulde.52 Als Schwachstelle dieser jüngsten höchstgerichtlichen Entscheidung wurde zutreffend erkannt, dass sich der Abfindungsanspruch zunächst gegen die GmbH richtet, solange noch keine konkrete Verwertungsart beschlossen wurde, und ein Verstoß gegen § 30  Abs. 1  GmbHG nicht ausgeschlossen werden kann.53 Überdies ist ungeklärt, ob der Geschäftsanteil in dem Stadium zwischen Ausschluss und Verwertung „trägerlos“ und als solcher in der Gesellschafterliste aufzuführen ist oder der ausgeschlossene Gesellschafter lediglich die Verfügungsbefugnis über den Anteil verliert.54 Unstreitig ist hingegen, dass der Anteil des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht automatisch der GmbH oder den übrigen Gesellschaftern im Wege des personengesellschaftsrechtlichen Anwachsungsprinzips anwächst.55 48 Jedenfalls gilt dies, wenn die Einlageforderung der Gesellschaft fällig gestellt wurde, da der betroffene Gesellschafter für eine bereits fällig gestellte Forderung weiter haftet, BGH, NZG 2020, 1067, 1068 f.; wie hier Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615; zuvor ablehnend Werner, GmbHR 2019, 753, 758; kritisch Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1374. 49 BGH, NZG 2020, 1067, 1069; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615. 50 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 51 BGH, NZG 2020, 1067, 1069; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615. 52 Vgl. unten Kapitel 8 B. III. 53 Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2616. 54 Für die „Trägerlosigkeit“ des Geschäftsanteils Altmeppen, GmbHG, § 60 Rn. 97; Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 52; zusätzlich für die Aufnahme des „trägerlosen“ Anteils in die Gesellschafterliste Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2616 ff.; offen gelassen von BGH, NZG 2003, 871, 872; für den Übergang der Verfugungsbefugnis auf die Gesellschaft Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 10; Sosnitza, in: Michalski /  Heidinger / Leible / J.  Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  39; Blath, GmbHR 2012, 657, 658; ­Werner, GmbHR 2019, 753, 757; Dittert / Regelsberger, DStR 2021, 672, 675 (Ausweis eines „trägerlosen“ Anteils als „Fremdkörper“); noch restriktiver Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 138 f., der für den Fall der Ausschließung durch Gesellschafterbeschluss mangels Gestaltungswirkung des Ausschlussurteils lediglich die Möglichkeit der Einziehung, wahlweise einen Anspruch der Gesellschaft auf Abtretung, nicht hingegen ihre eigene Abtretungsbefugnis bejaht (Abtretungsverpflichtung); letztere Argumentation ablehnend Göz /  Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1372. 55 Missverständlich BGHZ 9, 157, 178: „Beim durch die Zahlung des vollen Entgelts bedingten Ausschlußurteil fällt der Geschäftsanteil des Betroffenen mit der Zahlung an die Gesellschaft.“; Klarstellung bei Seibt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 52; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  39; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1371.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

321

Übertragen auf den gewillkürten Squeeze-out bedeutet dies, dass der Kleinstbeteiligte nach einem isoliertem Squeeze-out-Beschluss seine Gesellschafterstellung verliert. Sein Anteil ist nach einer Literaturansicht „trägerlos“, nach anderer Auffassung hat der Kleinstbeteiligte zumindest seine Verfügungsbefugnis über den Anteil verloren. Nach beiden Ansichten ist die Mitwirkung des Kleinst­ beteiligten an der künftigen Verwertung seines Anteils, beispielsweise der gem. § 15 Abs. 3 GmbHG notariell beurkundungsbedürftigen Abtretung, nicht erforderlich.56 Die im Rahmen der Abtretungsverpflichtung57 aufgeworfene Problematik der zeit- und kostenintensiven Erzwingung seiner Mitwirkung durch Leistungsklage und Vollstreckung gem. § 894 ZPO58 stellt sich nicht.59 Unabhängig von der Frage, ob der Anteil infolge des isolierten Ausschlusses „trägerlos“ geworden ist, ist die Verfügungsbefugnis auf die Gesellschaft übergegangen, da dieser nach einhelliger Auffassung das Wahlrecht hinsichtlich der Verwertung zusteht.60 Für den Fall, dass der Kleinstbeteiligte seine Einlage nicht vollständig eingezahlt haben sollte, ist die Einlageforderung der GmbH in Einklang mit den jüngsten Wertungen des Bundesgerichtshofs61 vor dem Squeeze-out-Beschluss fällig zu stellen. Um die Rechtslage transparent und zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten rechtssicher vertraglich nachzuvollziehen, ist in der Squeeze-outKlausel zu bestimmen, dass der Kleinstbeteiligte mit dem Zugang des Squeezeout-Beschlusses aus der GmbH ausscheidet. Das Ausscheiden ist unabhängig vom Zeitpunkt der Anteilsverwertung durch Abtretung oder Einziehung, unabhängig von der Leistung der Einlage auf den Geschäftsanteil des Kleinstbeteiligten, unabhängig von einer Abfindungsleistung und von der Fähigkeit der GmbH, die Abfindung aus ungebundenem Vermögen zu leisten.62 Hinsichtlich der anschließenden Verwertung des Anteils des ausgeschlossenen Gesellschafters, die wahlweise durch Einziehung oder durch Abtretung erfolgen kann, ist zu differenzieren, ob die Squeeze-out-Berechtigung einem Hauptgesellschafter oder der entsprechenden Gesellschaftermehrheit zusteht. 56

Allgemein Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 129; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1371 f.; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2617. 57 Vgl. unten Kapitel 8 B. III. 58 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 140; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 276; Bacher / v.  Blumenthal, NZG 2008, 406, 408 f.; Blath, GmbHR 2012, 657, 660; ­Werner, GmbHR 2019, 753, 754. 59 Der von Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2618 unter Verweis auf das Gebot des sichersten Weges ausgesprochenen Empfehlung, die vom Geschäftsführer im Namen der GmbH gezeichnete Anteilsabtretung durch den ausgeschlossenen Gesellschafter vorsorglich genehmigen zulassen, muss nicht gefolgt werden, da unstreitig ist, dass der betroffene Gesellschafter mit dem isolierten Ausschluss seine Dispositionsbefugnis über den Geschäftsanteil verloren hat. 60 Wie hier Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  39. 61 BGH, NZG 2020, 1067, 1068 f. 62 Angelehnt an allgemeine Klauseln zum isolierten Ausschluss bei Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1373; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2618.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Wenn die Klausel in Anlehnung an § 327a AktG dem Hauptgesellschafter die Berechtigung zum Squeeze-out einräumt, ist die Abtretung des Anteils an den Hauptgesellschafter vorzugswürdig. Sie bietet gegenüber der Einziehung den Vorteil, dass der betroffene Geschäftsanteil nicht untergeht.63 Auf zusätzliche Kapitalmaßnahmen zur Herstellung der erforderlichen Konvergenz zwischen Nennbetragssumme und Stammkapitalziffer gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG kann verzichtet werden.64 Im Gegensatz zur Einziehung65 muss der betroffene Gesellschaftsanteil nicht voll eingezahlt sein.66 Das Abfindungsentgelt ist nach der vertraglichen Regelung vom Hauptgesellschafter als begünstigten Anteilserwerber, nicht hingegen von der Gesellschaft geschuldet. Diese Regelung steht in Einklang mit der aktienrechtlichen Squeeze-out-Konzeption.67 Überdies stehen die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG mangels Anwendbarkeit68 der Zulässigkeit der Squeeze-out-Klausel nicht entgegen. Auch wenn grundsätzlich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht zeitgleich mit dem isolierten Ausschluss ein Beschluss über die Anteilsverwertung gefasst werden muss,69 ist die unverzügliche Beschlussfassung über die Anteilsabtretung an den Hauptgesellschafter empfehlenswert. In Anlehnung an den aktienrechtlichen Squeeze-out wird für den Kleinstbeteiligten eine temporäre Unsicherheit hinsichtlich der Person des Abfindungsschuldners vermieden und eine zeitnahe Leistung seiner Abfindung sichergestellt. Als Sanktionsmechanismus für den Fall, dass die Anteilsabtretung nicht unverzüglich nach dem Ausschluss beschlossen wird, ist vorzusehen, dass der Ausschluss unwirksam wird, wenn er nicht innerhalb eines Monats vollzogen wird.70 Die Abtretungserklärungen sind im Namen der infolge des isolierten Ausschlusses über den Anteil verfügungsbefugten GmbH von ihrem 63

Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 109; unter Hinweis auf die vereinfachte „Monetisierung“ ohne Stammkapitaländerung Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325; Werner, GmbHR 2019, 753, 754; vgl. zur Einziehung oben Kapitel 2 C. I. 64 Clevinghaus, RNotZ 2011, 449, 468; Werner, GmbHR 2019, 753, 754; vgl. oben Kapitel 2 C. I.; zu den einzelnen Kapitalmaßnahmen unten Kapitel 8 B. II. 65 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 66 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 140; Blath, GmbHR 2012, 657, 660; Werner, GmbHR 2019, 753. 67 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 68 Dies ist für die gesellschaftsvertragliche Verwertung des infolge eines Ausschlusses „trägerlosen“ Geschäftsanteils im Wege der Anteilsübertragung als Alternative zur Einziehung anerkannt, vgl. BGH, NJW 2011, 2294, 2295; BGH, NZG 2020, 1067, 1069; Schindler, in: BeckOK GmbHG, § 34 Rn. 149; Werner, GmbHR 2019, 753, 754; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2615; Conradi, NZG 2021, 1546, 1547; Hinweis auf eine „subsidiäre Zahlungspflicht der Gesellschaft, wenn dafür freies Vermögen oberhalb der Sperre des § 30 Abs. 1 GmbHG zur Verfügung steht“, bei Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 109; Ulmer / Habersack, in: ­Habersack / Casper / Löbbe, GmbHG, § 34 Rn. 124 („ohne entsprechende Satzungsregelung kein Rechtsgrund“); gegen die Konstruktion eines „trägerlosen“ Rechts Blath, GmbHR 2012, 657, 658. 69 BGH, NZG 2020, 1067, 1068 f. 70 Battke, GmbHR 2008, 850, 857 bestimmt in seinem Formulierungsvorschlag die Unwirksamkeit des isolierten Ausschlusses, wenn dieser nicht innerhalb von drei Monaten vollzogen wird.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

323

Geschäftsführer und vom Hauptgesellschafter als Abtretungsempfänger gem. § 15 Abs. 3 GmbHG notariell zu beurkunden. Ist die Squeeze-out-Kompetenz der entsprechenden Gesellschaftermehrheit zugewiesen, könnte auf den ersten Blick die Einziehung gem. § 34 GmbHG vorzugswürdig sein, da diese im Wege der Anteilsvernichtung automatisch dazu führt, dass sich der prozentuale Anteil der verbliebenen Gesellschaftsanteile anteilig erhöht.71 Hingegen muss die Gesellschaft im Rahmen der Abtretungslösung erst beschließen, in welchem Verhältnis die Anteile des ausgeschlossenen Gesellschafters auf die verbliebenen Gesellschafter zu übertragen sind. Andererseits versagt die Einziehungslösung, wenn die Anteile nicht auf alle verbliebenen Gesellschafter, sondern nur auf die den Squeeze-out verlangenden Gesellschafter übergehen sollen. Die Einziehungslösung scheidet aus, wenn neben den ausschlussverlangenden Gesellschaftern weitere, am Squeeze-out-Verfahren unbeteiligte Gesellschafter in der GmbH verbleiben. Das Bedürfnis in Familiengesellschaften, dass der Anteil des ausgeschlossenen Familiengesellschafters lediglich auf Gesellschafter seines Familienstamms übergeht,72 kann mithilfe der Einziehung auch nicht befriedigt werden. In einer Gesamtbetrachtung mit den skizzierten Vorzügen der Abtretung, insbesondere der Vermeidung von potentiellen Rechtsunsicherheiten hinsichtlich des Konvergenzgebots gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG, nicht voll eingezahlter Anteile und des Kapitalerhaltungsgebots, ist die Abtretung als Verwertungsverfahren auch bei einer Ausschlussberechtigung zugunsten einer Mehrzahl von Gesellschaftern vorzugswürdig. Falls der ausgeschlossene Kleinstbeteiligte lediglich einen Geschäftsanteil hält, kann dieser zwar ungeteilt auf die Squeeze-out-verlangende Mehrzahl an Gesellschaftern abgetreten werden, wobei die Mehrzahl an Gesellschaftern als Bruchteilsgemeinschaft die Mitgliedschaftsrechte gem. § 18 Abs. 1 GmbHG nur gemeinsam und einheitlich ausüben kann.73 Dies wird jedoch regelmäßig nicht dem Gesellschafterinteresse entsprechen. Es bietet sich an, den Anteil des ausgeschlossenen Gesellschafters direkt im Anschluss dergestalt in neue Geschäftsanteile aufzuteilen, dass diese anteilig nach den bisherigen Beteiligungsverhältnissen an die ausschlussverlangenden Gesellschafter abgetreten werden können.74 Die Teilung eines Geschäftsanteils wird unmittelbar durch Beschluss in der Gesell 71

H. P. Westermann / Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 34 Rn. 51 f. Vgl. oben Kapitel 5 H. 73 Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 18 Rn. 12. 74 Beispielhaft könnte der Anteil des Kleinstbeteiligten zu einem Nennwert von EUR 1.000, der 10 % des Stammkapitals ausmacht, im Falle einer ausschlussverlangenden Gesellschaftermehrheit, die sich aus den Gesellschaftern A mit einem Nennkapital von EUR 6.000, Gesellschafter B mit einem Nennkapital von EUR 2.000 und Gesellschafter C mit einem Nennkapital von EUR 1.000 zusammensetzt, in 1000 neue Geschäftsanteile zu einem Nennwert von EUR 1 geteilt werden. Von den neu entstandenen 1000 Anteilen wären verhältniswahrend 667 (6000/9000x1000) Anteile an A, 222 Anteile an B (2000/9000x1000) und 111 (1000/9000x1000) Anteile an C abzutreten. 72

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

schafterversammlung bewirkt und führt zu einer Zerlegung des Geschäftsanteils in mehrere selbständige Anteile (Realteilung).75 Nach herrschender Auffassung bedarf der Beschluss mangels satzungsändernden Charakters nur der einfachen Mehrheit, nicht hingegen der Zustimmung oder der besonderen rechtsgeschäftlichen Mitwirkung des Anteilsinhabers.76 Selbst wenn man dessen Zustimmung verlangte,77 ist die Verfügungsbefugnis nach dem isolierten Ausschlussbeschluss auf die GmbH übergegangen. Der ausgeschlossene Kleinstbeteiligte kann die Teilung durch Gesellschafterbeschluss der verbliebenen Gesellschafter nicht verhindern. Inhaber der neuen Gesellschaftsanteile ist der Inhaber des nunmehr geteilten Geschäftsanteils.78 Demnach sind auch die neuen Anteile nach einer Auffassung „trägerlos“, nach anderer Auffassung stehen sie im Eigentum des ausgeschlossenen Kleinstbeteiligten, der allerdings nach dem isolierten Ausschlussbeschluss seine Verfügungsbefugnis an die GmbH verloren hat. Jedenfalls können die verbliebenen Gesellschafter die Abtretung der neuen Anteile unproblematisch beschließen. Sie sind frei, die verhältniswahrende Abtretung der geteilten Anteile nicht an sämtliche verbliebenen Gesellschafter, sondern lediglich an die Squeeze-out-verlangende Mehrzahl an Gesellschaftern zu beschließen. Gleichsam zulässig ist der Beschluss, die neuen Anteile verhältniswahrend ausschließlich an die Gesellschafter des Familienstamms des ausgeschlossenen Kleinstbeteiligten abzutreten. Um die konfliktschonende Wahrung der Verhältnisse unter den Familienstämmen im Zeitpunkt des vorangehenden isolierten Ausschlussbeschlusses abzusichern,79 ist die Verpflichtung der anderen Gesellschafter aufzunehmen, im Falle des isolierten Ausschlusses eines kleinstbeteiligten Familiengesellschafters die anschließende Abtretung seines Anteils verhältniswahrend an die Gesellschafter seines Familienstamms zu beschließen. 3. Integration der Sicherungsmechanismen Die Sicherungsmechanismen sind sinnvoll in einen Squeeze-out mittels isolierten Gesellschafterbeschlusses zu integrieren. Die Gesellschafterversammlung der GmbH kann grundsätzlich gem. § 49 Abs. 1 GmbHG nur wirksam durch ihre Geschäftsführung einberufen werden,80 die der KG durch ihren Komplemen 75

Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rn. 17 f.; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 46 Rn. 85 f.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 65; Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2020, 527. 76 BegrRegE, BR-Drs. 354/07, S. 102; BegrRegE, BT-Drs. 16/6140, S. 45; Bayer, in: Lutter /  Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rn. 17 f.; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 46 Rn. 85 f.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 65; Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2020, 527. 77 Altmeppen, GmbHG, § 46 Rn. 26 f. 78 Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 46 Rn. 86; Leuering / Rubner, NJW-Spezial 2020, 527. 79 Ansonsten werden die Gesellschafter des Familienstamms des Kleinstbeteiligten nicht für dessen Squeeze-out stimmen, vgl. oben Kapitel 5 H. 80 Die Einberufungskompetenz kann im Gesellschaftsvertrag auch anderen Organen oder Personen zugewiesen werden, § 45 Abs. 2 GmbHG, vgl. Bergjan, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 49 Rn. 8.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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tär.81 Der Ausschlussberechtigte ist für einen Squeeze-out-Beschluss der Gesellschafterversammlung auf die Mitwirkung der Geschäftsführung oder des Komplementärs angewiesen. In Anlehnung an den aktienrechtlichen Squeeze-out ist in der Klausel zu bestimmen, dass das Verlangen des Ausschlussberechtigten die Geschäftsführung oder den Komplementär zur unverzüglichen Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verpflichtet.82 Damit die Sicherungsmechanismen die angestrebte Schutzwirkung entfalten, ist die Wirksamkeit des Squeeze-out-Beschlusses unter die Voraussetzung zu stellen, dass bereits das Verlangen des Ausschlussberechtigten die von dem Sachverständigen festgesetzte Barabfindung, den Nachweis der Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts83 sowie die Berichte des Hauptgesellschafters und des Sachverständigen beinhaltet. Die unterbliebene oder unvollständige Vorlage führt zur Nichtigkeit des Squeezeout-Beschlusses. Der Kleinstbeteiligte muss nicht im Wege der Anfechtungsklage mit den entsprechenden Prozesskostenrisiko gegen den Beschluss vorgehen. Ihm bleibt der Zeitraum der Einberufungsfrist84, um die Vollständigkeit und Plausibilität der vorgelegten Unterlagen vor dem Beschluss prüfen zu können. Wenn der Kleinstbeteiligte weder durch Leistung des Ausschlussberechtigten noch durch das Sicherungsinstrument der Bankgarantie, des Notarander- oder Sperrkontos85 befriedigt wird, ist zu seiner Absicherung vertraglich zu bestimmen, dass die Ausschließung in einem solchen Fall unwirksam und wahlweise die Gesellschaft aufgelöst wird.86 Die Auflösung der Gesellschaft als wohl schärfste Sanktion ist nur verhältnismäßig, wenn der Kleinstbeteiligte zumindest einmal den Ausschlussberechtigten hinsichtlich der Abfindungszahlung mit einer Nachfristsetzung von mindestens einem Monat angemahnt hat.87 Die gesellschaftsvertragliche Festlegung der vom Bundesgerichtshof für die Einziehung entwickelten anteiligen Haftung der verbliebenen Gesellschafter88 ist als Sicherungsmittel des 81

Grunewald, in: MüKoHGB, § 161 Rn. 32, 93; zum Recht der Kommanditisten auf Einberufung oben Kapitel  4  D. II. 2. b) aa) (2). 82 Vgl. zum Verlangen des Hauptaktionärs oben Kapitel 2 A. II. 2. 83 Wahlweise auch den Nachweis der Errichtung eines Notarander- oder Sperrkontos einschließlich der Einzahlung des Abfindungsbetrags. 84 § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG normiert eine mindestens einwöchige Einberufungsfrist, vgl. Bergjan, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 51 Rn. 10. Die Mindesteinberufungsfrist von einer Woche gilt in analoger Anwendung des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG auch für die KG, vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 474, 477; Freitag, in: E / B/J / S, HGB, § 119 Rn. 56; Roth, in: Hopt, HGB, § 119 Rn. 29. Zur umstrittenen Frage der Verkürzung der Einberufungsfrist durch Satzung vgl. Römermann, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, § 51 Rn.  121 f. 85 Vgl. oben Kapitel 8 A. II. 86 Im Gesellschaftsvertrag der GmbH könnte dieser Fall als weiterer Auflösungsgrund gem. § 60 Abs. 2 GmbHG, in der KG als wichtiger Grund i. S. v. §§ 133 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB festgesetzt werden; angelehnt an allgemeine Klauseln zum isolierten Ausschluss bei Wälzholz /  Bayer, DStR 2020, 2614, 2618. 87 Angelehnt an allgemeine Klauseln zum isolierten Ausschluss bei Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2618. 88 Angelehnt an allgemeine Klausel zur Zwangsabtretung bei Werner, GmbHR 2019, 753, 758; vgl. zur jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich der subsidiären anteiligen Haftung der Gesellschafter oben Kapitel 2 C. I.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Kleinstbeteiligten ein stumpfes Schwert, da der Hauptgesellschafter oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit ohnehin Schuldner der Abfindungsleistung sind. Ein besonderes Augenmerk ist der Möglichkeit des Kleinstbeteiligten zu widmen, die Angemessenheit der Barabfindung zu überprüfen. Da die Rechtsprechung für die GmbH und die KG die Rechtmäßigkeit des Ausschlussbeschlusses getrennt von der Angemessenheit der Barabfindung beurteilt,89 wird der Kleinstbeteiligte nicht unter Berufung auf die Unangemessenheit der Barabfindung gerichtlich gegen den Ausschlussbeschluss vorgehen können. Dies entspricht der aktienrechtlichen Konzeption, § 327f S. 1 AktG. Allerdings entfällt für den Kleinstbeteiligten die Möglichkeit der Nachprüfung im Spruchverfahren, da es an einer gesetzlichen Zuweisung, wie sie für den aktienrechtlichen Squeeze-out in §§ 327f S. 2 AktG, 1 Nr. 3 SpruchG angeordnet ist, fehlt. Weil staatliche Gerichtsverfahren nicht zur Disposition privatautonomer Vereinbarungen stehen und ausschließlich der Gesetzgeber die Zuständigkeit staat­licher Spruchverfahrenskörper begründen kann,90 können die Gesellschafter einer GmbH oder KG nicht vertraglich die Nachprüfung der Angemessenheit der Barabfindung den staatlichen Spruchverfahrenskörpern zuweisen. Die ausgeschlossenen Kleinstbeteiligten sind zur Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung daher auf die Erhebung einer Leistungsklage beschränkt, die auf die Zahlung eines die vom Sachverständigen festgesetzte Barabfindung überschießenden Betrags zu richten ist.91 Dies ist für den Kleinstbeteiligten von Nachteil, da er das Prozesskostenrisiko und die Darlegungs- und Beweislast für eine höhere Abfindung trägt, wohingegen die Kosten des Spruchverfahrens grundsätzlich dem Hauptaktionär auferlegt werden, vgl. §§ 1 Nr. 3, 5 Nr. 3, 15 SpruchG, 23 Nr. 14 GNotKG.92 Möglicherweise muss dieser Nachteil in einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel kompensiert werden. In diesem Zusammenhang ist einerseits die Legitimationsfunktion des aktienrechtlichen Squeeze-out, in dessen Rahmen die Kosten der weiteren gerichtlichen Nachprüfung grundsätzlich der Hauptaktionär trägt, zu berücksichtigen. Andererseits wird der Barabfindungsbetrag nach der vertraglichen Konzeption bereits von einem unabhängigen, von der zuständigen Wirtschaftsprüferkammer benannten Wirtschaftsprüfer bestimmt, dessen Honorar der Hauptgesellschafter schuldet. Die grundsätzlich für die Abfindungshöhe in Satzungen vorgesehene Schiedsgutachterklausel93 ist nicht zielführend, da sie schon zur Ermittlung des nunmehr vom 89

Vgl. oben Kapitel 2 C. I.; Kapitel 7 C. I. Drescher, in: BeckOGK SpruchG, § 1 Rn. 17, 31; zumindest analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren beim Delisting, BGHZ 153, 47, 58. 91 Zur Geltendmachung des Abfindungsanspruchs nach Einziehung i. S. v. § 34  GmbHG im Wege der Leistungsklage BGHZ 210, 186; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 40; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 219; zur auf eine weitere Abfindungszahlung gerichteten Leistungsklage im Falle einer unangemessen niedrigen Abfindung vgl. oben Kapitel 2 C. I. 92 Bayer / Vetter, in: Lutter, UmwG, § 15 SpruchG Rn. 10. 93 Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn. 23. 90

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

327

Kleinstbeteiligten angezweifelten Barabfindungsbetrags herangezogen wurde. Im Ergebnis wird der Legitimationsgedanke der aktienrechtlichen Squeeze-out-Vorschriften nicht wesentlich geschmälert, wenn der Kleinstbeteiligte die Kosten für die Überprüfung eines Wertgutachtens, das von einem ohne Einfluss des Hauptgesellschafters durch die zuständige Kammer ernannten Berufsträger unabhängig erstellt worden ist, zunächst verauslagen und im Falle der Bestätigung des festgesetzten Abfindungsbetrags gänzlich tragen muss. 4. Sinnhaftigkeit des Beschlusserfordernisses Nachdem die Zulässigkeit eines isolierten Ausschlussbeschlusses in der KG und GmbH sowie die Möglichkeit der Integration der erforderlichen Sicherungsmechanismen in dem entsprechenden Ausschlussverfahren bejaht wurde, ist die Sinnhaftigkeit des Beschlusserfordernisses für den Squeeze-out zu überprüfen. a) Kritik am Beschlusserfordernis beim aktienrechtlichen Squeeze-out Nach der gesetzlichen Konzeption ist der aktienrechtliche Squeeze-out aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusserfordernisses kein Gestaltungsrecht.94 Das ­Beschlusserfordernis war bei der Einführung des aktienrechtlichen Squeeze-out in der Literatur beträchtlicher Kritik ausgesetzt.95 Der Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung der AG sei aufgrund der eindeutigen Beschlussmehrheit zugunsten des Hauptaktionärs eine bloße Formalie.96 Die Hauptversammlung diene nicht dem Informationsbedürfnis der Minderheitsaktionäre, da die hinreichende Information durch die schriftlichen Berichtspflichten gem. § 327c Abs. 2–4 AktG sichergestellt sei.97 Weil die Minderheitsaktionäre den Beschluss nicht unter ­Hinweis auf eine unangemessene Barabfindung anfechten können, sondern insoweit auf das Spruchverfahren verwiesen sind, § 327f S. 1, 2 AktG, bestünde der einzige Vorteil des Beschlusserfordernisses für die Minderheitsaktionäre darin, den Beschluss im Hinblick auf das (Nicht-)Vorliegen der Beteiligungsschwelle anfechten zu können oder die Hauptversammlung selbst durch eine umfassende Wahrnehmung des Auskunftsrechts zu obstruieren.98 Auch der Hinweis auf das 94

Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327a Rn. 21. Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 32; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1820 f.; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1236 ff.; abgeschwächt Habersack, in: ­Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 21; vgl. zum aktienrechtlichen Squeeze-out oben Kapitel 2 A. II. 96 Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 32; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1820. 97 Vetter, ZIP 2000, 1817, 1820; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1237. 98 Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 32; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1820; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1237. 95

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses bei der Eingliederung gem. §§ 319, 320 AktG, an die das aktienrechtliche Squeeze-out-Verfahren weitgehend angelehnt ist,99 vermöge nicht zu überzeugen, da dem Squeeze-out eher der Charakter eines „Zwangsverkaufs“ auf der Ebene der Aktionäre innewohne, wohingegen die Eingliederung die Verfassung der abhängigen Gesellschaft verändere.100 Habersack geht in seiner Kritik sogar einen Schritt weiter, indem er das das aktienrechtliche Squeeze-out-Verfahren für eine dogmatische Fehlkonstruktion hält.101 Entgegen der sonstigen aktienrechtlichen Rollenverteilung zwischen Hauptversammlung und dem in weisungsfreier Eigenverantwortung agierenden Vorstand obliege es dem Vorstand, infolge des Verlangens des Hauptaktionärs dessen Geschäft weisungsgebunden zu vollziehen.102 In Anlehnung an den übernahmerechtlichen Squeeze-out sei eine Anteilsübertragung durch Gerichtsbeschluss vorzuziehen, da die Gerichte ebenso gut das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Squeeze-out prüfen und die mit dem Hauptversammlungsbeschluss verbundenen Nachteile vermieden werden könnten.103 Dem wird entgegengehalten, dass die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung als Ort der gesellschaftsinternen Willensbildung, an dem auch eine Aussprache der Aktionäre stattfinden könne, systemgerecht sei.104 Das Beschlusserfordernis ermögliche ein gesellschaftsrechtlich geordnetes Verfahren, in dem die betroffenen Aktionäre gleichmäßig und umfassend informiert werden.105 Die Angemessenheit der Barabfindung werde verpflichtend überprüft, der Übergang der Anteile aller Minderheitsaktionäre gehe zeitgleich vonstatten und der erforderliche Rechtsschutz sei durch die Beschlusskontrolle sowie die Nachprüfung im Spruchverfahren gesichert.106 Jedenfalls ist die aktienrechtliche Regelung von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers umfasst und daher – wie Habersack selbst einräumt – „hinzunehmen“.107

99

Vgl. oben Kapitel 2 A. II.; Kapitel 2 B. I. Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 21; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1236. 101 Habersack, ZIP 2001, 1230, 1237. 102 Habersack, ZIP 2001, 1230, 1237. 103 Rieder, in: Grigoleit, AktG, § 327a Rn. 32; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Vetter, ZIP 2000, 1817, 1821; Habersack, ZIP 2001, 1230, 1237. 104 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 13; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 132. 105 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 13; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 25; Bühler, BB 2018, 2886, 2887. 106 Grunewald, in: MüKoAktG, § 327a Rn. 13; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327a Rn. 25; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1124 f.; Bühler, BB 2018, 2886, 2887. 107 Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327a Rn. 21. 100

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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b) Auswirkungen auf das Beschlusserfordernis in der GmbH und KG Die Einwände sollen im Hinblick auf ein vergleichbares Beschlusserfordernis in der GmbH und der KG erörtert werden. Der dogmatische Vorbehalt Habersacks entfällt bei der GmbH, da deren Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern im Gegensatz zum selbstverantwortlich handelnden Vorstand der AG weisungsgebunden sind, § 37  Abs. 1  GmbHG.108 Für die Gesellschafterversammlung der GmbH und KG existieren keine den aufwändigen Einberufungs- und Durchführungsvorschriften der §§ 121 ff. AktG vergleichbaren Vorschriften,109 sodass ein unverhältnismäßiger Kostenaufwand nicht zulasten des Beschlusserfordernisses angeführt werden kann. Die Kritik, das Beschlusserfordernis sei vor dem Hintergrund der eindeutigen Mehrheit eine bloße Formalie, verdient insoweit Zustimmung, als dass eine Aussprache der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung den Hauptgesellschafter regelmäßig nicht von seiner getroffenen und mit nicht unerheblichen Kosten110 verbundenen Squeeze-out-Entscheidung abhalten wird. Weder die vorherige formelle Aussprache der Gesellschafter unter Anhörung des Ausschlussbedrohten noch die Übertragung der Ausschlussberechtigung auf die Gesellschaftermehrheit können eine Willkürentscheidung aus Sicht des Kleinstbeteiligten verhindern.111 Der Kritik, dass die umfassende und gleichmäßige Information der Kleinst­ beteiligten nicht zwingend einen Gesellschafterbeschluss voraussetzt, ist zuzustimmen. Die schriftlichen Berichtspflichten müssen nicht in strenger Anlehnung an die Vorgaben des § 327c Abs. 2–4 AktG112 gegenüber der Gesellschafterversammlung erfüllt werden. Alternativ kann der Hauptgesellschafter seinen Berichtspflichten direkt gegenüber den Kleinstbeteiligten nachkommen. Die Erfüllung der Berichtspflichten kann als aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB für die dingliche Anteilsübertragung, wahlweise für die dingliche Annahmeerklärung des Hauptgesellschafters oder einen Schiedsgerichtsbeschluss vereinbart werden.113 Der Squeeze-out-Beschluss hat keine Auswirkungen auf der Gesellschafts-, sondern lediglich auf der Gesellschafterebene. Zugunsten des Beschlusserfordernisses kann daher auch nicht streiten, dass in der GmbH die Gesellschaftergesamtheit das oberste Willensbildungsorgan der GmbH darstellt, das die wesentlichen Gesell-

108

Vgl. zum umfassenden Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung Lücke / Simon, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 37 Rn. 2; bei der KG hingegen sind die Komplementäre grundsätzlich weisungsunabhängig, vgl. BGHZ 76, 160, 164; Häublein, in: BeckOK HGB, § 164 Rn. 9; Wertenbruch, NZG 2016, 1081, 1082. 109 Vgl. oben Kapitel  2  E. II. 2. e); Kapitel  4  D. II. 2. b) bb). 110 Insbesondere seien die Kosten einer Unternehmensbewertung durch einen neutralen Sachverständigen und der Gewährleistungserklärung eines inländischen Kreditinstituts genannt. 111 Vgl. oben Kapitel 3 C. II. 3. a), III. 2. b) bb); Kapitel 5 A. 112 Vgl. oben Kapitel 2 A. II. 5. 113 Vgl. zu diesen Alternativgestaltungen unten Kapitel 8 B. I. 4. d), III.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

schaftsentscheidungen im Wege des Beschlusses fasst.114 Aufgrund dieser berechtigten Kritik ist die Vorzugswürdigkeit des Beschlusserfordernisses zweifelhaft. c) Unmöglichkeit der Anteilsübertragung durch Gerichtsbeschluss Die für den aktienrechtlichen Squeeze-out präferierte Anteilsübertragung durch Gerichtsbeschluss115 stellt für den vertraglichen Squeeze-out keine taugliche Alternative zum Gesellschafterbeschluss dar. Die Anteilsübertragung durch staatlichen Gerichtsbeschluss kann nicht individualvertraglich vereinbart werden, da staatliche Gerichtsverfahren nicht zur Disposition privatautonomer Vereinbarungen stehen.116 Unabhängig davon wäre eine Anteilsübertragung durch Gerichtsbeschluss angesichts der mitunter erheblichen und unvorhersehbaren Dauer staatlicher Gerichtsverfahren nicht empfehlenswert. d) Insuffizienz der Anteilsübertragung durch Schiedsgerichtsbeschluss Alternativ könnten die Gesellschafter die Entscheidung über den Ausschluss und die Abfindungshöhe einem Schiedsgericht übertragen. Im Personengesellschaftsrecht ist anerkannt, dass die Ausschließungsklage auf ein Schiedsgericht übertragen werden kann.117 Die Gestaltungswirkung des Ausschlusses tritt ein, wenn der Schiedsspruch rechtskräftig für vollstreckbar erklärt worden ist.118 Der entscheidende Vorteil eines Schiedsgerichtsverfahrens gegenüber einem Beschlusserfordernis der Gesellschafterversammlung bestünde darin, zeitliche Verzögerungen und Obstruktionen des Squeeze-out durch Beschlussanfechtungen zu verhindern. Streitigkeiten über den Squeeze-out könnten in Diskretion unter Ausschluss der Öffentlichkeit beigelegt werden.119 Dem Schiedsgericht könnte in der Squeeze-out-Klausel auferlegt werden, zunächst isoliert den Squeeze-out zu beschließen, sofern die Sicherungsmechanismen erfüllt sind. Anschließend könnte das Schiedsgericht auf zweiter Stufe die Angemessenheit der vom Sachverständigen festgesetzten Barabfindung beurteilen, sofern vom ausgeschlossenen 114 BGHZ 220, 354, 369; Bergjahn, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 45 Rn. 5; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 79. 115 Angesichts der negativen Erfahrungen mit dem übernahmerechtlichen Squeeze-out sollte jedenfalls der Verweis in § 327f S. 2 AktG auf das Spruchverfahrensgesetz für die Überprüfung der angemessenen Barabfindung beibehalten werden, vgl. oben Kapitel 2 A. III. 116 Drescher, in: BeckOGK SpruchG, § 1 Rn. 17, 31; vgl. zum Spruchverfahren oben Kapitel  8  B. I. 3. 117 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 51; K. Schmidt, in: MüKoHGB, § 140 Rn. 90; Schulte /  Hushahn, in: MünchHdb GesR II, § 36 Rn. 59. 118 Lorz, in: E / B/J / S, HGB, § 140 Rn. 51; Schulte / Hushahn, in: MünchHdb GesR II, § 36 Rn. 59. 119 v. Unger, in: MAH PersG, § 12 Rn. 57; Heskamp, RNotZ 2012, 415, 416.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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Kleinstbeteiligten gewünscht. Diese vertragliche Ausgestaltung käme der aktienrechtlichen Konzeption, die eine formale Prüfung des Registergerichts vor Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses als gesetzlichem Übertragungstatbestand und eine Nachprüfung der Angemessenheit der Barabfindung im Spruchverfahren vorsieht,120 sehr nah. Indes wäre die Inanspruchnahme eines Schiedsgerichts mit weiteren erheblichen Kosten verbunden, die regelmäßig deutlich höher als bei staatlichen Gerichten ausfallen.121 Diese Kosten, die zusätzlich zur Beauftragung eines Sachverständigen und zur Bankgarantie dem Hauptgesellschafter auferlegt werden müssten,122 sind geeignet, ihn von einem Squeeze-out abzuhalten. Da der vertragliche Squeezeout aber der Verwirklichung des wirtschaftlichen Rationalisierungsinteresses des Hauptgesellschafters oder der Gesellschaftermehrheit dienen soll, liefe ein Schiedsgerichtsverfahren als zusätzlicher Kostenfaktor dem mit dem Squeezeout verfolgten Zweck zuwider. Die Inanspruchnahme eines Schiedsgerichts zur Durchführung eines Squeeze-out ist nicht sachgerecht.

II. Zwangseinziehung in der GmbH Alternativ zum zweistufigen Verfahren in Form des isolierten Squeeze-out-Beschlusses und der anschließenden Verwertung im Wege der Abtretung kommt in der GmbH auch eine direkte Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG in Betracht. Da der Einziehungsbeschluss zur Vernichtung des Anteils führt,123 könnte der Squeeze-out des Kleinstbeteiligten ohne ein Zwischenstadium direkt bewirkt werden. Für die entsprechende Implementierung der Sicherungsmechanismen kann uneingeschränkt auf die Ausführungen zum isolierten Ausschlussbeschluss124 verwiesen werden, da die Zwangseinziehung ebenfalls einen Gesellschafterbeschluss voraussetzt. Dies bedeutet aber auch, dass der Kritik am Beschlusserfordernis125 durch einen Squeeze-out im Wege der Zwangseinziehung nicht abgeholfen werden kann. Ebenso begegnet die Sachdienlichkeit der direkten Zwangseinziehung den gleichen Bedenken, die im Rahmen der Einziehung als Verwertungsverfahren nach einem isolierten Squeeze-out-Beschluss vorgetragen wurden.126 Enthielte die Squeeze-out-Klausel als einzigen Ausschlussmechanismus die Zwangseinziehung gem. § 34 Abs. 2 GmbHG, wäre der praktische Anwendungsbereich des Squeezeout erheblich eingeschränkt. Ein Ausschluss könnte nur wirksam beschlossen wer 120

Vgl. oben Kapitel 2 A. II. v. Unger, in: MAH PersG, § 12 Rn. 58; Heskamp, RNotZ 2012, 415, 416. 122 Hingegen wären die Kosten der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Squeeze-out-Beschluss oder der auf Zahlung einer weiteren Abfindung gerichteten Leistungsklage vom ausgeschlossenen Kleinstbeteiligten zu tragen. 123 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 124 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 3. 125 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 4. 126 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2. 121

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

den, wenn der Geschäftsanteil des Kleinstbeteiligten voll eingezahlt und im Zeitpunkt des Einziehungsbeschlusses offensichtlich wäre, dass das Abfindungsentgelt aus ungebundenem Gesellschaftsvermögen finanziert werden könnte.127 Nach der Vernichtung des Geschäftsanteils müsste die gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG erforderliche Konvergenz zwischen Nennbetragssumme und Stammkapitalziffer im Wege der Kapitalherabsetzung gem. §§ 58 ff. GmbHG, Neubildung von Anteilen oder Aufstockung der bestehenden Anteile hergestellt werden.128 Ansonsten besteht die Gefahr einer faktischen Registersperre.129 In den Fällen, in denen der Vermögenswert des eingezogenen Gesellschaftsanteils nicht allen verbliebenen Gesellschaftern verhältniswahrend anfallen soll, wären weitere Kapitalmaßnahmen zu ergreifen, um die entsprechende relative Anteilserhöhung bei denjenigen Gesellschaftern, die den Squeeze-out verlangt haben und Schuldner der Abfindungszahlung sind, zutreffend abzubilden. Die Zwangseinziehung i. S. v. § 34 Abs. 2 GmbHG ist als Ausschlussmechanismus für den vertraglichen Squeeze-out abzulehnen.

III. Abtretung Der vertragliche Squeeze-out könnte auch im Wege einer direkten Anteilsabtretung vollzogen werden. In der konkreten Ausgestaltung ist eine gesellschaftsvertragliche Abtretungsverpflichtung der potentiellen Kleinstbeteiligten oder gar eine dingliche, im Gesellschaftsvertrag vereinbarte aufschiebend bedingte Abtretung in Erwägung zu ziehen. Als weitere Gestaltung käme die Abgabe einer dinglichen unwiderruflichen Angebotserklärung durch die potentiellen Kleinstbeteiligten gegenüber dem potentiellen Ausschlussberechtigten in der Satzung in Betracht. Alternativ könnten die potentiellen Kleinstbeteiligten im Gesellschaftsvertrag den potentiellen Ausschlussberechtigten unwiderruflich ermächtigen, die entsprechenden Abtretungserklärungen abzugeben. Diesen Abtretungsgestaltungen wäre gemein, dass sie im Gegensatz zur Einziehung keinen Gesellschafterbeschluss erforderten. Der Kritik am Beschlusserfordernis könnte Rechnung getragen werden. Für die GmbH kann auf die zahlreichen Vorzüge der Abtretung gegenüber der Einziehung verwiesen werden.130 Mithin ist der Zulässigkeit der vorstehend skizzierten Gestaltungen einer Abtretungslösung ein besonderes Augenmerk zu widmen.

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Vgl. §§ 19 Abs. 2, 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG; oben Kapitel 2 C. I.; Kapitel 8 B. I. 2. Vgl. zu diesen Maßnahmen BT-Drs. 16/6140, S. 31; BGHZ 203, 303, 307; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 34 Rn.  20; Klingsch, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 34 Rn. 59; a. A. Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 93 ff. (quotale Aufstockung ipso iure im Wege des Anwachsungsprinzips). 129 Vgl. oben Kapitel 2 C. I. 130 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2., II. 128

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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1. Abtretungsverpflichtung Der Gesellschaftsvertrag könnte vorsehen, dass der potentielle Kleinstbeteiligte im Falle eines Squeeze-out-Verlangens des potentiellen Ausschlussberechtigten verpflichtet ist, seinen Anteil an diesen abzutreten. Grundsätzlich kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Bedingungen zur Anteilsabtretung verpflichtet ist.131 Als die Verpflichtung auslösende Bedingung könnte das Squeeze-out-Verlangen des potentiell Ausschlussberechtigten132 bestimmt werden. Die Abtretungsverpflichtung hinsichtlich eines GmbH-Anteils bedarf der notariellen Beurkundung, § 15 Abs. 4 GmbHG. Im Falle ihrer Aufnahme in der Gründungssatzung wäre dem notariellen Beurkundungserfordernis Genüge getan, da die Gründungssatzung zu ihrer Wirksamkeit ohnehin die notarielle Beurkundung erfordert, vgl. § 2 Abs. 1 GmbHG.133 Die Abtretungsverpflichtung in der Satzung ist als mitgliedschaftsrechtliche Nebenpflicht i. S. v. § 3 Abs. 2 GmbHG, mithin als korporative Regelung zu qualifizieren, die auch den Rechtsnachfolger des Gesellschafters bindet.134 Daher ist die Zulässigkeit einer Abtretungsverpflichtung im Gesellschaftsvertrag als Alternative zur Einziehung anerkannt, wenn sie den gleichen Wirksamkeitsvoraussetzungen wie die Einziehung unterliegt.135 Sie hat allerdings den erheblichen Nachteil, dass der ausgeschlossene Gesellschafter an der gem. § 15  Abs. 3  GmbHG beurkundungspflichtigen Anteilsabtretung mitwirken, andernfalls die Abtretungserklärung durch Leistungsklage und Vollstreckung gem. § 894 ZPO erzwungen werden muss.136 Erst die dingliche Abtretung des Anteils führt zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters.137 Da die (gerichtliche)  Durchsetzung der Ab 131

Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 111. Die in Kapitel 8 A. erarbeiteten Sicherungsmechanismen müssten dergestalt vor der dinglichen Abtretung in das Verfahren integriert werden, dass ein umfassender Schutz des Kleinstbeteiligten gewährleistet ist. 133 BGH, NZG 2003, 871, 872; Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 79; Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2003, 1230, 1231 f.; dies., GmbHR 2004, 630, 635 f.; Blath, GmbHR 2012, 657, 660; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1326 f., 1332. 134 Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 110; Ulmer, ZHR 149 (1985), 28, 35; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 275; Clevinghaus, RNotZ 2011, 449, 469 („gleich ob obligatorisch oder dinglich“); Blath, GmbHR 2012, 657, 660; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1333. 135 Haasen, in: BeckFB GmbHR, Form C. I.3. §§ 14, 15 (Anm. 38 f.); Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.9. § 7  Abs. 4 (Anm.  10); Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 140; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 110; Clevinghaus, RNotZ 2011, 449, 469; Blath, GmbHR 2012, 657, 659 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1332; Oppermann / Berthold, ZIP 2017, 1929; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 136 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 140; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 276; Bacher / v. Blumenthal, NZG 2008, 406, 408 f.; Blath, GmbHR 2012, 657, 660; MaierReimer, GmbHR 2017, 1325, 1333; Oppermann / Berthold, ZIP 2017, 1929 f.; Göz / ­Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370; Werner, GmbHR 2019, 753, 754; speziell für die Call-Option Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 221 ff.; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 354; Kawka / Vocke / L’habitant, BB 2017, 1694, 1695 f. 137 Bacher / v. Blumenthal, NZG 2008, 406, 408 f.; Blath, GmbHR 2012, 657, 660; Werner, GmbHR 2019, 753, 754. 132

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

tretungsverpflichtung einen erheblichen Zeitraum, in dem der Kleinstbeteiligte seine Gesellschafterstellung weiterhin innehat, in Anspruch nehmen kann,138 ist die Abtretungsverpflichtung als Ausschlussinstrument für den vertraglichen Squeeze-out abzulehnen. 2. Aufschiebend bedingte Anteilsabtretung Einer Mitwirkung des Kleinstbeteiligten bedürfte es nicht, wenn die Gesellschafter die dingliche Abtretung in der Satzung aufschiebend bedingt auf das Stellen eines Squeeze-out-Verlangens durch den potentiell Ausschlussberechtigten139 erklären könnten. Unstreitig können Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag ihre Anteile unter bestimmten Bedingungen aufschiebend an die Gesellschaft oder Mitgesellschafter abtreten, sodass der Anteil automatisch bei Bedingungseintritt übergeht.140 Das Beurkundungserfordernis gem. § 15 Abs. 3 GmbHG ist durch die notarielle Beurkundung der Gründungssatzung erfüllt.141 Die dingliche Einigung muss den Anteil als Gegenstand der Verfügung, die Parteien sowie den Willen zum Rechtsübergang enthalten.142 Wenn ein potentieller Kleinstbeteiligter auf der Grundlage einer abstrakten Squeeze-out-Klausel seine Anteile unter der aufschiebenden Bedingung eines Squeeze-out-Verlangens des potentiellen Ausschlussberechtigten an diesen abtritt, ist im Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung lediglich bestimmbar, dass die bestehenden Geschäftsanteile Gegenstand der Verfügung und die Gründungsgesellschafter Vertragsparteien der aufschiebend bedingten Abtretung sind. Dass sich der konkrete Inhalt der Abtretung nicht bereits aus den abstrakten Abtretungserklärungen im Gesellschaftsvertrag, sondern erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts unter Berücksichtigung außerhalb der dinglichen Einigung stehender Umstände ergibt, ist im Hinblick auf den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht unproblematisch.143 Ein 138

Clevinghaus, RNotZ 2011, 449, 469. Die in Kapitel 8 A. erarbeiteten Sicherungsmechanismen müssten dergestalt als (weitere) aufschiebende Bedingungen bestimmt sein, dass ein umfassender Schutz des Kleinstbeteiligten gewährleistet ist. 140 Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 100; Strohn, in: MüKoGmbHG, § 34 Rn. 109; speziell für die Call-Option Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 221 ff.; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 354; Robles y Zepf / Girnth / Stumm, BB 2016, 2947, 2950 f.; Kawka / Vocke /  L’habitant, BB 2017, 1694, 1695 f. 141 Kleinert / Blöse / v.  Xylander, GmbHR 2003, 1230, 1231 f.; dies., GmbHR 2004, 630, 635 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327, 1331 (kritisch unter Hinweis auf Noack, in: Noack / Servatius / Haas, GmbHG, § 53 Rn. 70 bei späterer Satzungsänderung, da Beurkundung gem. § 53 Abs. 2 GmbHG nur als Tatsachenurkunde, §§ 36, 37 BeurkG, die den Anforderungen des § 15 Abs. 3 GmbHG nicht gerecht werde); Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 142 Barth, GmbHR 2004, 383, 385; Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327. 143 Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 79; Barth, GmbHR 2004, 383, 385; Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1371. 139

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

335

entsprechender Verstoß wird aber überwiegend abgelehnt, da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Rahmen der Vorausabtretung künftiger Forderungen auch auf Umstände außerhalb der Abtretungsvereinbarung zurückgegriffen werden kann.144 Der Bundesgerichtshof hält die Vorausabtretung künftiger Forderungen für wirksam, wenn die konkrete Forderung spätestens im Zeitpunkt ihrer Entstehung nach Gegenstand und Umfang hinreichend bestimmbar ist.145 Der Abtretungsinhalt ist im Zeitpunkt des Squeeze-out-Verlangens, mithin des Bedingungseintritts, eindeutig bestimmbar, wenn die Ausschlussberechtigung lediglich dem Hauptgesellschafter zusteht: der Kleinstbeteiligte als Zedent, der Hauptgesellschafter als Zessionar und sämtliche Anteile des Kleinstbeteiligten als Verfügungsgegenstand. Wenn die Ausschlusskompetenz der entsprechenden Gesellschaftermehrheit zugewiesen ist, wird die Bestimmung des Zessionars hingegen schon problematischer. Es dürften nur diejenigen Mitgesellschafter Zessionare sein, die sich dem Squeeze-out-Verlangen anschließen und entsprechende Abfindungs- und Sicherungsleistungen erbringen. Der Anteil des Kleinstbeteiligten müsste entweder an die sich am Squeeze-out beteiligenden Gesellschafter als GbR oder entsprechend ihren Beteiligungsverhältnissen anteilig an sie abgetreten werden. Hält der Kleinstbeteiligte nur einen GmbH-Anteil, wäre eine Bestimmung über dessen Teilung und über den Verbleib des Spitzenbetrags erforderlich, sofern eine Aufteilung in auf volle Euro lautende Nennbeträge146 nicht möglich ist.147 Ob die vom Bundesgerichtshof für Forderungsabtretungen entwickelten Auslegungsgrundsätze derartige Satzungsgestaltungen zur Vorausabtretung von Geschäftsanteilen erfassen, ist zweifelhaft.148 Der Bundesgerichtshof legte in dem umgekehrten Fall der Kündigung eines austrittswilligen Gesellschafters eine GmbH-Satzungsklausel, nach der „sein Geschäftsanteil den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile zueinander anwachse, diese aber auch eine andere Verteilung vereinbaren könnten“, dergestalt aus, dass der Anteil den übrigen Gesellschaftern dinglich anfallen sollte.149 Dies sei im Wege der Abtretung des Anteils ohne weiteres möglich.150 Es ist fraglich, ob diese Auslegung im Rahmen der freiwilligen Kündigung eines Gesellschafters auch auf dessen unfreiwilligen Ausschluss zu übertragen ist.151 Ein Verstoß gegen den sachenrecht­lichen

144

Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2004, 630, 631 f.; kritisch Barth, GmbHR 2004, 383, 385; Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65, 66 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327 f.; Werner, GmbHR 2019, 753, 754. 145 BGHZ 7, 365, 368 f.; BGH, NJW 2000, 276, 277. 146 Vgl. § 5 Abs. 2 GmbHG. 147 Allgemein Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1328; Werner, GmbHR 2019, 753, 755. 148 Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 79; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327 f.; ders., FS Röhricht 2005, 383, 391. 149 BGH, NZG 2003, 871, 872. 150 BGH, NZG 2003, 871, 872. 151 Oppermann / Berthold, ZIP 2017, 1929, 1930; Werner, GmbHR 2019, 753, 754; ablehnend Barth, GmbHR 2004, 383, 384 ff.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Bestimmtheitsgrundsatz kann daher bei einer antizipierten Squeeze-out-Abtretung zwischen den Gründungsgesellschaftern nicht ausgeschlossen werden.152 Weitere Unwägbarkeiten hinsichtlich des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und des Beurkundungserfordernisses gem. § 15  Abs. 3  GmbHG in der GmbH ergeben sich, wenn sich der Gesellschafterkreis in der Folgezeit im Wege von Anteilsabtretungen oder Kapitalerhöhungen gem. §§ 55 ff. GmbHG ändert.153 Im Gegensatz zur Abtretungsverpflichtung als korporative Regelung ist die dingliche Abtretung ein individuelles Rechtsgeschäft zwischen dem Zessionar und dem Zedenten.154 Die Satzung kann keine Verfügungen zwischen Gesellschaftern bewirken.155 Auch wenn der Bundesgerichtshof im vorgenannten Urteil zutreffend feststellt, dass die Regelung der Kündigungsfolgen in der Satzung der GmbH einen korporativen, mithin auch künftige Gesellschafter bindenden Charakter habe,156 trifft dies nicht auf eine Abtretung im Gesellschaftsvertrag zu.157 Antizipierte Abtretungserklärungen in der Satzung können die Rechtsnachfolger der satzungsgebenden Gesellschafter nicht uneingeschränkt binden.158 Dies gilt erst recht für Gesellschafter, die im Wege der Kapitalerhöhung neu in die Gesellschaft aufgenommen werden.159 Aufgrund der erheblichen Rechtsunsicherheiten ist die antizipierte Abtretung im Gesellschaftsvertrag als Ausschlussinstrument für den vertraglichen Squeeze-out nicht empfehlenswert.160 Alternativ könnte der potentielle Kleinstbeteiligte ein unwiderrufliches dingliches Angebot auf Anteilsabtretung an den potentiellen Ausschlussberechtigten 152 Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327 und Werner, GmbHR 2019, 753, 755 bezweifeln auch die Vereinbarkeit mit dem Beurkundungserfordernis gem. § 15 Abs. 3 GmbHG (keine „Abtretung für den, den es angeht“); a. A. Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2004, 630, 631 ff. 153 Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327; Werner, GmbHR 2019, 753, 754. 154 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 142; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327 („unechter, rein formeller Satzungsbestandteil“); Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370; a. A. Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2003, 1230, 1232; dies., GmbHR 2004, 630, 638. 155 Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65, 67 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327; Oppermann / Berthold, ZIP 2017, 1929, 1931. 156 BGH, NZG 2003, 871, 872 unter Hinweis auf BGHZ 116, 359, 364 (Abfindungsregelung mit körperschaftsrechtlichem Charakter). 157 Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65, 67 f.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327; a. A. Kleinert / Blöse / v. Xylander, GmbHR 2003, 1230, 1232; dies., GmbHR 2004, 630, 638. 158 Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 79; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 142; Heidinger / Blath, in: Heckschen / Heidinger, Kap. 13 Rn. 309; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1371; zur Problematik der Genehmigung der künftigen Abtretung durch den neu eintretenden Gesellschafter gem. § 182 Abs. 1 BGB Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65, 67 f.; Werner, GmbHR 2019, 753, 754. 159 Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327. 160 Allgemein diese Gestaltungsoption ablehnend Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 142; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1327 ff.; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370 f.; ablehnend im Falle von Veränderungen in der Gesellschafterstruktur Ruhwinkel, DNotZ 2004, 65, 70.

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

337

abgeben. Als Vorbild für eine solche Ausgestaltung würden Call-Optionen161 dienen.162 In diesem Fall könnte der potentielle Ausschlussberechtigte unter der Bedingung eines vorangehenden Squeeze-out-Verlangens163 die dingliche Annahme erklären. In der GmbH wäre die notarielle Beurkundung der Annahmeerklärung gem. § 15 Abs. 3 GmbHG erforderlich. Jedoch begegnet eine solche Gestaltung jedenfalls auf Seiten des Zedenten den gleichen Rechtsunsicherheiten wie die antizipierte Anteilsabtretung und ist abzulehnen. 3. Abtretungsermächtigung Dem Mitwirkungserfordernis des auszuschließenden Gesellschafters im Rahmen einer Abtretungsverpflichtung wird teilweise durch eine Ermächtigung gem. § 185 BGB Abhilfe geschaffen.164 Dementsprechend könnte der potentielle Kleinstbeteiligte den potentiellen Ausschlussberechtigten vorab unwiderruflich i. S. v. §§ 182, 185 BGB im Gesellschaftsvertrag ermächtigen, die zur Anteilsabtretung notwendigen Willenserklärungen in seinem Namen abzugeben.165 Die Ermächtigung wäre unter die Bedingung zu stellen, dass der potentielle Ausschluss­berechtigte das Squeeze-out-Verlangen gestellt hat und die Sicherungsmechanismen zugunsten des potentiellen Kleinstbeteiligten erfüllt sind. Sollte sich abweichend vom Grundsatz des § 182 Abs. 2 BGB, nach dem die Zustimmung nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form bedarf, das Formerfordernis des Rechtsgeschäfts im Fall ihrer unwiderruflichen Ausgestaltung auch auf die Ermächtigung erstrecken,166 besteht hinsichtlich des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und des notariellen Beurkundungserfordernisses des § 15 Abs. 3 GmbHG eine ähnliche Problematik

161

Vgl. oben Kapitel 2 C.; Kapitel 3 B. Vgl. zur Formwirksamkeit des schuldrechtlichen Anteilskaufvertrags gem. § 15 Abs. 4 GmbHG, sofern die Klausel die Kriterien der Kaufpreisbestimmung hinreichend konkret festlegt, BGH, NJW 1986, 2642 f.; LG Tübingen, JZ 1997, 312; Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 70 f.; Schulte / Sieger, NZG 2005, 24, 28. 163 Vor Abgabe der dinglichen Annahmeerklärung müssten die in Kapitel 8 A. erarbeiteten Sicherungsmechanismen dergestalt in das Verfahren integriert werden, dass ein umfassender Schutz des Kleinstbeteiligten gewährleistet ist. 164 Vgl. zur Zulässigkeit einer zugunsten der GmbH, der Mitgesellschafter oder des Geschäftsführers unwiderruflich in der Satzung erteilten Vollmacht des auszuschließenden Gesellschafters, in seinem Namen die Abtretungserklärungen abzugeben, BGH, NJW 1983, 2880, 2881; Sosnitza, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt, GmbHG, Anh. § 34 Rn.  42; Baumann, MittRhNotK 1991, 271, 276; Blath, GmbHR 2012, 657, 660 f.; Wälzholz / Bayer, DStR 2020, 2614, 2617. 165 Angelehnt an allgemeine Klauseln zur Vorabermächtigung Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.9. § 7 Abs. 4 (Anm. 10); Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370; Werner, GmbHR 2019, 753, 755. 166 Mansel, in: Jauernig BGB, § 182 Rn. 6; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331; wohl auch BGH, NJW 1998, 1482, 1484; Huber, in: BeckOGK BGB, § 182 Rn. 158 („diskutabel“); ablehnend Bayreuther, in: MüKoBGB, § 182 Rn. 24. 162

338

Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

wie bei der antizipierten Anteilsabtretung.167 Auch die gesellschaftsvertragliche Vorabermächtigung zur Abgabe der Abtretungserklärungen ist keine korporative Bestimmung.168 Sie kann gem. § 185 Abs. 1 BGB nur wirksam vom Inhaber desjenigen Geschäftsanteils erklärt werden, der auf ihrer Grundlage abgetreten werden soll.169 Die Vorabermächtigung bindet bei einem Gesellschafterwechsel nicht den eintretenden Gesellschafter, jedenfalls nicht dem im Wege der Kapitalerhöhung neu aufgenommenen Gesellschafter.170 Neben diesen Unwägbarkeiten spricht entscheidend gegen die Vorabermächtigung, dass sie zur Absicherung der Abtretungsverpflichtung keinen vollständigen Schutz bietet.171 Trotz ihrer unwiderruflichen Ausgestaltung kann sie aus wichtigem Grund widerrufen werden,172 der insbesondere in einem Dissens über die Ausschlussberechtigung begründet sein kann.173 Die Abtretungsermächtigung ist als Squeeze-out-Instrument nicht sachgerecht.

IV. Fazit Der vertragliche Squeeze-out lässt sich in der KG optimal durch einen isolierten Ausschlussbeschluss realisieren. Dieser führt unmittelbar ohne gesonderten Übertragungsakt und unabhängig von der Abfindungsleistung zum Ausschluss des kleinstbeteiligten Kommanditisten. Das personengesellschaftsrechtliche Anwachsungsprinzip ist vertraglich dergestalt atypisch auszugestalten, dass der Anteil des ausscheidenden Kleinstbeteiligten dem Hauptgesellschafter oder den ausschlussberechtigten Gesellschaftern anteilig im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen anwächst. In der Familien-KG kann wahlweise vereinbart werden, dass der Anteil des ausscheidenden Familiengesellschafters verhältniswahrend den Gesellschaftern seines Familienstamms anwächst. Als Schuldner des Abfindungsanspruchs und der entsprechenden Sicherungsleistungen sind spiegelbildlich die übernehmenden Gesellschafter zu bestimmen. In der GmbH ist das Mittel der Wahl die Kombination eines isolierten Ausschlussbeschlusses mit der anschließenden Anteilsverwertung im Wege der Ab 167

Vgl. oben Kapitel 8 B. III. 2. Oppermann / Berthold, ZIP 2017, 1929, 1930 ff.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 169 Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331. 170 Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 79 (unzulässige Umgehung der Formvorschriften des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG); Heidinger / Blath, in: Heckschen / Heidinger, Kap. 13 Rn. 280; Barth, GmbHR 2004, 383, 385 ff.; Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331; ders., FS Röhricht 2005, 383, 391; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 171 Angelehnt an allgemeine Klauseln zur Vorabermächtigung Wentrup, in: BeckFB BHW, Form IX.9. § 7 Abs. 4 (Anm. 10); Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 172 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 142; zum Widerruf einer unwiderruflich erteilten Vollmacht aus wichtigem Grund BGH, NJW 1988, 2603 f.; Huber, in: Beck­ OGK BGB, § 168 Rn. 59; Werner, GmbHR 2019, 753, 756. 173 Maier-Reimer, GmbHR 2017, 1325, 1331; Göz / Kowalewski, NZG 2018, 1369, 1370. 168

B. Konkrete Ausschlussgestaltungen im Vergleich

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tretung. Sollte die Einlage des Kleinstbeteiligten nicht voll eingezahlt sein, ist die entsprechende Einlageforderung der GmbH vor dem Squeeze-out-Beschluss fällig zu stellen. Unmittelbar im Anschluss an den Ausschlussbeschluss hat die Gesellschaft die Abtretung an den Hauptgesellschafter oder verhältniswahrend auf die einzelnen Gesellschafter der ausschlussberechtigten Gesellschaftermehrheit nach deren bisherigen Beteiligungsverhältnissen zu beschließen. Verfügt der Kleinstbeteiligte nur über einen Anteil, ist der Anteil vor der Abtretung in einem Zwischenschritt durch Gesellschafterbeschluss dergestalt in neue Geschäftsanteile aufzuteilen, dass diese anteilig an die ausschlussverlangenden Gesellschafter abgetreten werden können. In der Familien-GmbH kann wahlweise die Verpflichtung der verbliebenen Gesellschafter aufgenommen werden, im Falle des isolierten Ausschlusses eines kleinstbeteiligten Familiengesellschafters die anschließende Abtretung seines Anteils verhältniswahrend an die Gesellschafter seines Familienstamms zu beschließen. Im Gegensatz zur Einziehung besteht im Rahmen dieser Kombinationslösung nicht die Gefahr eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung, da die Abfindung von den übernehmenden Gesellschaftern zu zahlen ist. Auf zusätzliche Kapitalmaßnahmen zur Herstellung der erforderlichen Konvergenz zwischen Nennbetragssumme und Stammkapitalziffer gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG kann verzichtet werden, weil der Anteil bestehen bleibt. Die Einziehung versagt zudem als Gestaltungsinstrument, wenn neben den ausschlussbedrohten und den ausschlussberechtigten Gesellschaftern noch weitere Gesellschafter in der GmbH verbleiben. Gegenüber einer korporativen Abtretungsverpflichtung hat die Kombinationslösung den entscheidenden Vorteil, dass der auszuschließende Gesellschafter seinen eigenen Ausschluss nicht obstruieren kann. Die mit einer aufschiebend bedingten Abtretung, einem unwiderruflichen dinglichen Abtretungsangebot oder einer Abtretungsermächtigung im Gesellschaftsvertrag verbundenen Unwägbarkeiten hinsichtlich des Beurkundungserfordernisses gem. § 15 Abs. 3, 4 GmbHG und des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes können ebenfalls rechtssicher vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist die im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-out artikulierte Kritik am Beschlusserfordernis, die mit Einschränkungen auf den gewillkürten Squeeze-out in der GmbH und der KG übertragen werden kann, in Kauf zu nehmen. Die in Kapitel 8 A. erarbeiteten Sicherungsmechanismen können sowohl in den Ausschlussbeschluss in der KG als auch in das zweistufige Verfahren in der GmbH problemlos integriert werden. Hierfür ist die Wirksamkeit des Ausschlussbeschlusses174 unter die Voraussetzung zu stellen, dass das Verlangen des Ausschlussberechtigten an die Geschäftsführung oder den geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Komplementär die von dem Sachverständigen festgesetzte 174

In der GmbH ist der Gesellschafterbeschluss auf erster Stufe gemeint.

340

Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

Barabfindung, den Nachweis der Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts sowie die Berichte des Hauptgesellschafters und des Sachverständigen beinhaltet.

C. Behandlung von Options- und Wandelrechten Von erhöhter praktischer Relevanz ist die Frage, wie noch nicht ausgeübte Wandel- und Optionsrechte der ausgeschlossenen Gesellschafter oder Dritter nach Durchführung eines vertraglichen Squeeze-out zu behandeln sind.175 Ein bedeutsamer Anwendungsbereich ergibt sich für die Gesellschaftsform der GmbH im Hinblick auf sogenannte Wandeldarlehen, die sich als Finanzierungsinstrument im Venture-Capital-Bereich und für mittelständische Unternehmen zunehmender Beliebtheit erfreuen.176 Im Rahmen der gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren ist anerkannt, dass der Anspruch der Wandel- und Optionsrechtsinhaber auf die Verschaffung von Aktien nach dem Squeeze-out in einen Anspruch auf eine entsprechende Barabfindung übergeht.177 Dies wird damit begründet, dass den Wandel- und Optionsrechtsinhabern keine stärkere Stellung als den Aktionären zugewiesen sein könne, jene regelmäßig kein Interesse mehr an den Aktien einer abhängigen Gesellschaft hätten und andernfalls das gesetzgeberische Ziel der Stärkung des wirtschaftlichen Rationalisierungsinteresses des Hauptaktionärs konterkariert würde.178 Entgegen teils vertretener Ansicht179 trifft dies auch zu,

175 Vgl. zu dieser Fragestellung für den aktienrechtlichen Squeeze-out Baums, WM 2001, 1843, 1847 ff.; Fleischer, ZGR 2002, 757, 776 f. 176 Der Wandeldarlehensvertrag zeichnet sich durch das Recht des Investors als Darlehensgeber aus, den ausgezahlten Darlehensbetrag während oder am Ende der Vertragslaufzeit in neu von der Gesellschaft auszugebende Anteile zu wandeln, vgl. Müller, in: BeckFB ZivilR, Form O.2. § 6 Abs. 4 (Anm. 10); Weitnauer, in: Weitnauer VC-HdB, Teil E Rn. 3 ff.; Milch, BB 2016, 1538; Schönhaar, GWR 2016, 6; Thelen, RNotZ 2020, 121, 127. 177 LG Düsseldorf, NZG 2004, 1168, 1170; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327b Rn. 14; ­Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327b Rn. 7; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327b Rn. 13; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327b Rn. 13; Ehricke / Roth, DStR 2001, 1120, 1122; Angerer, BKR 2002, 260, 267; Fleischer, ZGR 2002, 757, 776; GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1207; Grunewald, ZIP 2002, 18; Krieger, BB 2002, 53, 61; Sieger /  Hasselbach, ZGR 2002, 120, 158; Süßmann, AG 2013, 158, 159; a. A. Baums, WM 2001, 1843, 1847 ff.; ders., Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 152 ff.; Ziemons, FS K. Schmidt 2009, 1777, 1783 ff. unter Hinweis auf das fehlende Schutzbedürfnis des Hauptaktionärs. 178 LG Düsseldorf, NZG 2004, 1168, 1170; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327b Rn. 14; ­Habersack, in: Emmerich / Habersack, AktG, § 327b Rn. 7; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327b Rn. 13; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327b Rn. 13; Angerer, BKR 2002, 260, 267; Fleischer, ZGR 2002, 757, 776 („sachlich sinnvolle Verfahrenskonzentration“); GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1207; Krieger, BB 2002, 53, 61; Sieger / Hasselbach, ZGR 2002, 120, 158. 179 Unter Hinweis auf BGH, NJW 1998, 2146 zur Eingliederung Habersack, in: Emmerich /  Habersack, AktG, § 327b Rn. 7; Fleischer, in: GroßkommAktG, § 327b Rn. 31; Angerer, BKR  2002, 260, 267; Fleischer, ZGR 2002, 757, 777; Gesmann-Nuissl, WM 2002, 1205, 1207; Grunewald, ZIP 2002, 18; Krieger, BB 2002, 53, 61.

C. Behandlung von Options- und Wandelrechten

341

wenn die Optionen und Wandelschuldverschreibungen einen Anspruch auf Verschaffung von mehr als 5 % des Grundkapitals beinhalten, da der Hauptaktionär nach jeder Ausübung eines Bezugsrechts ein erneutes Squeeze-out-Verfahren mit dem entsprechenden (Kosten-)Aufwand durchführen müsste und das gesetzgeberische Ziel verfehlt würde.180 Diese für die gesetzlichen Squeeze-out-Verfahren geltenden Grundsätze können nicht auf die Ansprüche von Wandel- und Optionsrechtsinhabern nach einem vertraglichen Squeeze-out-Verfahren übertragen werden. Sofern es sich bei den Wandel- und Optionsrechtsinhabern um gesellschaftsfremde Dritte handelt, können deren Ansprüche nicht ohne ihre Zustimmung durch die Ausübung eines lediglich von den Gesellschaftern vereinbarten Squeeze-out in einen Zahlungsanspruch umgewandelt werden. Die verfassungsrechtlich geschützte negative Vertragsfreiheit des Dritten gebietet, jede unmittelbare Verkürzung seiner Rechtsposition durch die Vereinbarung anderer Parteien als unwirksam zu beurteilen.181 Wollte man der vertraglichen Squeeze-out-Vereinbarung der Gesellschafter eine rechtsgestaltende Wirkung in Form der inhaltlichen Modifizierung des originären Anteilsverschaffungsanspruchs in einen (bloßen) Geldleistungsanspruch zubilligen, wäre diese Vereinbarung als unzulässiger Vertrag zulasten des gesellschaftsfremden Dritten182 zu qualifizieren. Die Options- und Wandelrechte Dritter bleiben von der Ausübung eines vertraglichen Squeeze-out unberührt. Ohne anderslautende Vereinbarung ist dies für Options- und Wandelrechte zugunsten der Altgesellschafter ähnlich zu bewerten. Auch wenn diese der Squeeze-out-Klausel zugestimmt haben, ergibt sich daraus nicht zwingend ihr Wille, auch ihre Options- und Wandelrechte dieser Regelung unterwerfen zu wollen. Ohne ausdrückliche Regelung drohen künftige Gesellschafterstreitigkeiten. Daher empfiehlt es sich, den vertraglichen Squeeze-out um eine Bestimmung zu ergänzen, die ausdrücklich etwaige Options-, Bezugs- und Wandelrechte von der Ausschlusswirkung erfasst. Für das Verhältnis zu gesellschaftsfremden Dritten ist es zweckmäßig, die gesellschaftsvertragliche Squeezeout-Klausel kohärent in etwaige Anleihebedingungen zu integrieren.183

180 Darüber hinaus liefe die Aktienausgabe auch den Interessen der Bezugsberechtigten zuwider, zumal deren Optionsausübung im Squeeze-out-Beschlusszeitpunkt nicht sicher ist, vgl. Austmann, in: MünchHdb GesR IV, § 75 Rn. 113; Grunewald, in: MüKoAktG, § 327b Rn. 15; Koch, AktG, § 327b Rn. 3; Schnorbus, in: Schmidt, K. / Lutter, AktG, § 327b Rn. 14; Singhof, in: BeckOGK AktG, § 327b Rn. 13; Süßmann, AG 2013, 158, 159. 181 BVerfGE 73, 261, 270 f.; Klumpp, in: Staudinger, BGB, Vor. §§ 328 ff. Rn. 54 f.; Mäsch, in: BeckOGK BGB, § 328 Rn. 123, 125. 182 Vgl. allgemein zum Vertrag zulasten Dritter BVerfGE 73, 261, 270 f.; BGH, NJW-RR 2012, 217, 218; Klumpp, in: Staudinger, BGB, Vor. §§ 328 ff. Rn. 54; Mäsch, in: BeckOGK BGB, § 328 Rn. 123. 183 Vgl. für den aktienrechtlichen Squeeze-out bereits Koch, AktG, § 327b Rn. 3.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

D. Wege in die Rechtsberatungspraxis Zu klären ist die praktisch bedeutsame Frage, inwiefern Squeeze-out-Regelungen ihren Eingang in die Gesellschaftsverträge der GmbH und KG finden können. Vertragliche Squeeze-out-Regelungen werden in der Rechtspraxis bisher nicht verwandt. Folgerichtig haben sie noch keine Prüfung durch die Rechtsprechung erfahren. Selbst erfahrene Rechtsberater, die sich mit vertraglichen Squeeze-outKlauseln inhaltlich auseinandergesetzt haben, werden vor dem Hintergrund der Hinauskündigungsrechtsprechung aus anwaltlicher Vorsicht von ihrer Verwendung abraten, jedenfalls auf die mit ihnen verbundenen Rechtsunsicherheiten hinweisen. Erschwerend kommt hinzu, dass Gesellschafter im Anfangsstadium ihrer Zusammenarbeit im Allgemeinen dazu neigen, potentielle Probleme und Konflikte auszublenden.184 Wegen ihrer „Gründungseuphorie“ und mangels rechtlicher Beratung im Vorfeld der Gründung sehen die Gesellschafter regelmäßig von der Aufnahme zukünftiger Exitszenarien in der Gründungssatzung ab.185

I. Erkenntnis des praktischen Bedürfnisses Das praktische Bedürfnis für eine vertragliche Squeeze-out-Klausel liegt für viele Gesellschaften auf den ersten Blick nicht auf der Hand, solange kein Gesellschafter eine Kleinstbeteiligung hält oder die Kleinstbeteiligten harmonisch die Entscheidungen der Geschäftsführung und Gesellschaftermehrheit tragen. Auch wenn die Gesellschafter nicht beabsichtigen, zukünftig lediglich eine Kleinstbeteiligung zu halten, oder ein unfreiwilliger Squeeze-out zulasten der Gesellschafter aufgrund etwaiger individueller Sperrminoritäten186 ausgeschlossen sein sollte,187 kann sich die Aufnahme einer Squeeze-out-Klausel in der Satzung vor dem Hintergrund künftiger Drittbeteiligungen als sinnvoll erweisen. Eine in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einer künftigen Drittbeteiligung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommene Squeeze-out-Klausel wird das Misstrauen eines potentiell neuen Kleinstgesellschafters wecken. Insbesondere wenn diese Klausel im Zeitpunkt der Beteiligung ausschließlich zu Lasten des Neugesellschafters als einzigem Kleinstbeteiligten ausgeübt werden kann, wird er sein Investment kritisch überdenken. Er ist im Zeitpunkt seines Beitritts in einer verhältnismäßig starken Verhandlungsposition, da die Gesellschaft in der Regel auf seine fachliche Expertise oder sein frisches Kapital angewiesen ist.188 184

Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 4, 281. Wedemann, Gesellschafterkonflikte, S. 77 ff.; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 4, 281. 186 Gemeint ist in diesem Zusammenhang die individuelle, durch Zustimmungsvorbehalte i. S. v. § 182 BGB ausgestaltete statuarische Sperrminorität, vgl. zur Differenzierung oben Kapitel 5 E. 187 Vgl. oben Kapitel 5 E. 188 Kallrath, MittRhNotK 1999, 325; für Konzernsituationen Hommelhoff, ZGR 2012, 535, 551, 556; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 4. 185

D. Wege in die Rechtsberatungspraxis

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Wenn der dem potentiellen Neugesellschafter vorgelegte Gesellschaftsvertrag schon seit einem gewissen Zeitraum eine Squeeze-out-Klausel enthält, entsteht für den Neugesellschafter nicht der Eindruck, die Altgesellschafter hätten die Squeeze-out-Klausel ausschließlich zum Zwecke seiner jederzeitigen Hinauskündigung in die Satzung aufgenommen. Ihm steht es zwar auch dann frei, seine Beteiligung von einer Satzungsänderung abhängig zu machen. Jedoch wird in diesem Fall mit höherer Wahrscheinlichkeit das emotionale Moment der Beteiligungseuphorie – angelehnt an die zitierte „Gründungseuphorie“189 – überwiegen. Der Neugesellschafter wird sein Investment mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht unter die Bedingung der Satzungsänderung stellen, um anfängliche Konflikte zu meiden und das Vertrauensverhältnis nicht zu belasten.

II. Anregungsvorschrift und dispositive Gesetzesregelungen Damit die Rechtsberatungspraxis den vertraglichen Squeeze-out angemessen berücksichtigt, könnte eine Anregungsvorschrift im GmbHG und im HGB aufgenommen werden. Die Normierung einer Anregungsvorschrift im GmbHG wird im Hinblick auf künftige Exitszenarien in der Gründungssatzung diskutiert, die einen Hinweis auf entsprechende Regelungsmöglichkeiten enthält.190 Eine solche Anregungsvorschrift könnte unter anderem auf die Aufnahme einer Squeeze-outKlausel im Gesellschaftsvertrag hinweisen und zusätzlich im HGB aufgenommen werden. Allerdings wird ihre Wirkung berechtigterweise in Zweifel gezogen, da der Großteil der Gesellschafter im Vertrauen auf die angemessene Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Interessen durch die gesetzlichen Vorschriften auf individuelle Vereinbarungen verzichten wird.191 Aus den gleichen Gründen werden dispositive Gesetzesregelungen192 abgelehnt, zumal die von solchen Regelungen ausgehende Typisierung den unterschiedlichen Gesellschafterstrukturen und Einsatzformen der GmbH nicht hinreichend Rechnung trägt.193 In rechtsvergleichender Hinsicht sei in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 1 Abs. 1, 2 ÖGesAusG hingewiesen. Der österreichische Gesetzgeber hat den Squeeze-out als nach § 1 Abs. 4 ÖGesAusG dispositive Geset 189

Vgl. oben Kapitel  3  C. III. 2. a) bb) (1); Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 4 f., 281. 190 Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 697; Wedemann, Gesellschafterkonflikte, S. 381 f.; ­Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 281 f. 191 Teichmann, RNotZ 2013, 346, 350; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 281 f.; vgl. auch zur Ablehnung der von Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 695 f. vorgeschlagenen Opting-in- oder Opting-out-Gestaltungen mangels ihrer hinreichenden Flexibilität Weller, ZGR 2012, 386, 400, 413 ff., der allerdings ein Opt-in-Aufsichtsratsstatut befürwortet; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 282. 192 Vgl. ausführlich Wedemann, Gesellschafterkonflikte, S. 382 ff. 193 Hommelhoff, ZGR Sonderheft Nr. 13 (1998), 36, 58; Weller, ZGR 2012, 386, 400; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 282.

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

zesregelung auch für die Gesellschaftsform der GmbH aufgenommen.194 Um der Vertragsfreiheit der Gesellschafter und den speziellen Gesellschafterstrukturen hinreichend Rechnung zu tragen, stellt § 1 Abs. 4 ÖGesAusG die Zulässigkeit des Squeeze-out nach dem ÖGesAusG zur Disposition der Gesellschafter.195 Diese Regelung führt vor dem Hintergrund, dass sich die Gesellschafter nicht zwingend mit der Frage des vertraglichen Squeeze-out auseinandersetzen müssen und sich entweder keine Gedanken machen oder im Vertrauen auf die gesetz­ lichen Vorschriften auf die satzungsrechtliche Abbedingung des Squeeze-out gem. § 1 Abs. 4 ÖGesAusG verzichten werden, in der überwiegenden Zahl der Fälle zur Anwendbarkeit des gesetzlichen Squeeze-out. Dieses Ergebnis wird weder der realtypisch personalistischen Prägung der GmbH noch einem im konkreten Einzelfall bestehenden Gesellschafterwillen, einen eng mit der Gesellschaft verbundenen Gesellschafter selbst bei Unterschreiten einer bestimmten Kapitalschwelle nicht gegen seinen Willen aus der Gesellschaft auszuschließen, gerecht.

III. Gesetzlicher Regelungsauftrag Erfolgsversprechender ist der Lösungsansatz, einen obligatorischen gesetzlichen Regelungsauftrag zu normieren, nach dem Gesellschafter in ihrer Gründungssatzung Regelungen zum Exit treffen müssen.196 Da der Zwang lediglich im Hinblick auf das Ob einer Exit-Regelung, nicht aber im Hinblick auf deren konkrete Ausgestaltung bestünde, wird die Vertragsfreiheit der Gesellschafter nicht eingeschränkt, sondern ihre Vertragsinhaltsfreiheit vielmehr stimuliert.197 Da die Gesellschafter aufgrund des gesetzlichen Regelungsauftrags gezwungen wären, Bestimmungen hinsichtlich ihrer zukünftigen Trennung zu formulieren, wäre das gegenseitige Vertrauen nicht beeinträchtigt.198 In Anlehnung an Goettes Vorschlag zur Ergänzung des § 3 Abs. 1 GmbHG um eine Nr. 5199 für den Exit des Minderheitsgesellschafters sollte eine weitere ergänzende Bestimmung für den vertraglichen Squeeze-out aufgenommen werden, die lauten könnte: 194

Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b); ÖVfGH G30/2017, Erkenntnis v. 27. 08. 2018. Vgl. oben Kapitel 2 E. II. 2. b). 196 Vgl. zu Regelungsaufträgen im Allgemeinen Hommelhoff, GmbHR 1979, 102, 109; ders., ZGR Sonderheft Nr. 13 (1998), 36, 58 f.; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 696; Weller, ZGR 2012, 386, 400 f.; Wedemann, Gesellschafterkonflikte, S. 385 ff.; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 283 ff. 197 Hommelhoff, ZGR Sonderheft Nr. 13 (1998), 36, 58; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 696; Weller, ZGR 2012, 386, 400; Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 283, 285. 198 Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 284. 199 „Der Gesellschaftsvertrag muss enthalten: […] Nr. 5: „eine Regelung, ob und bejahendenfalls wie ein Exit aus der GmbH möglich sein und wie er vollzogen werden soll; dabei ist auch im Einzelnen festzulegen, in welcher Höhe und in welchem Zeitpunkt die Abfindung bzw. bei Übertragung des Anteils das Entgelt zu zahlen ist.“, Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 285. 195

E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe

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Der Gesellschaftsvertrag muss enthalten: […] Nr. 6: eine Regelung, ob und bejahendenfalls ab welcher Mindestbeteiligungsschwelle dem Hauptgesellschafter oder einer entsprechenden Gesellschaftermehrheit ein Squeeze-out-Recht eingeräumt und wie dieses vollzogen werden soll; es ist ein am Verkehrswert orientierter Ausgleich des ausgeschlossenen Gesellschafters sicherzustellen. Es wird dabei nicht die Gefahr einer „Aufblähung des GmbH-Statuts“ verkannt.200 In der Abwägung muss diese Gefahr aber hinter dem erheblichen praktischen Bedürfnis eines Squeeze-out für bestimmte Ausformungen der GmbH zurücktreten.201 Um die Wirkung dieses Regelungsauftrags zu verstärken, sollte die Beratungspflicht des Notars gem. § 17 Abs. 1 BeurkG hinsichtlich der Funktionsweise und des praktischen Bedürfnisses vertraglicher Squeeze-out-Klauseln ausgedehnt werden.202

E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe Auf der Grundlage der gewonnen Erkenntnisse werden folgende Formulierungsvorschläge für gewillkürte Squeeze-out-Klauseln unterbreitet.

I. GmbH 1. Allgemein (1) Die Gesellschafterversammlung kann auf Verlangen eines Gesellschafters, dem Anteile der Gesellschaft in Höhe von mehr als 90 von Hundert des Stammkapitals gehören (Hauptgesellschafter)203, [wahlweise: oder einer Gesellschaftermehrheit, der Anteile der Gesellschaft in Höhe von mehr als 90 von Hundert des Stammkapitals gehören (qualifizierte Gesellschaftermehrheit)204,] den Ausschluss der übrigen Gesellschafter oder eines der übrigen Gesellschafter (Minderheitsgesellschafter) gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung205 beschließen (Squeeze-out). Der Minderheitsgesellschafter scheidet mit dem schriftlichen Zugang des Gesellschafterbeschlusses unabhängig vom Zeitpunkt der Anteilsverwertung durch Abtretung an den Hauptgesellschafter [wahlweise: oder durch anteilige Abtretung an die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit 200

Hommelhoff, ZGR Sonderheft Nr. 13 (1998), 36, 58 f.; Weller, ZGR 2012, 386, 400. Vgl. zum praktischen Bedürfnis oben Kapitel 2 E. II. 2. c). 202 Vgl. für Exitszenarien Goette, Der Exit der Minderheit aus der GmbH, S. 282 ff. 203 Vgl. oben Kapitel 6 A. II. 204 Vgl. oben Kapitel 5 A. 205 Vgl. oben Kapitel 7 C.; Kapitel 8 A. I. 201

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen], unabhängig von der Leistung der Einlage auf die Geschäftsanteile des Minderheitsgesellschafters, unabhängig von einer Abfindungsleistung und unabhängig von der Fähigkeit der GmbH, die Abfindung aus ungebundenem Vermögen zu leisten, aus der Gesellschaft aus. Die Befugnis, über die Anteile des Minderheitsgesellschafters verfügen zu können, geht mit Bekanntgabe des Ausschließungsbeschlusses auf die Gesellschaft über.206 Für die Feststellung, ob dem Hauptgesellschafter [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] mehr als 90 von Hundert der Anteile gehören, findet § 16 Abs. 2, 4 AktG entsprechende Anwendung.207 Das Verlangen des Hauptgesellschafters [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] ist an die Geschäftsführung zu richten, die zur unverzüglichen Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verpflichtet ist.208 (2) Die Wirksamkeit des Beschlusses nach Abs. 1 setzt voraus, dass 1. das Verlangen des Hauptgesellschafters [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] die Höhe der Barabfindung beinhaltet. Die Barabfindung in Höhe des Verkehrswerts muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausschlussbeschlusses der Gesellschafterversammlung berücksichtigen.209 Die angemessene Barabfindung ist vorher auf Kosten des Hauptgesellschafters [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] von einem von der zuständigen Wirtschaftsprüferkammer benannten Wirtschaftsprüfer als Sachverständigem nach den Richtlinien des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. zu ermitteln;210 2. der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit] mit dem Verlangen nach Abs. 1 nach seiner [wahlweise: oder ihrer] Wahl a) die Erklärung eines inländischen Kreditinstituts übermittelt, durch die das Kreditinstitut die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung des Hauptgesellschafters [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] übernimmt, den Minderheitsgesellschaftern nach der Beschlussfassung nach Abs. 1 unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Anteile zu zahlen,211 oder b) die Einzahlung der festgelegten Barabfindung auf einem Notaranderkonto oder einem eigens zu diesem Zweck errichteten Sperrkonto, über das der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit] nur mit Zustimmung der Minderheitsgesellschafter verfügen darf, nachweist.212 Im Fall 206

Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2. Vgl. oben Kapitel 6 A. 208 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 3. 209 Vgl. oben Kapitel 7 C.; Kapitel 8 A. I. 210 Vgl. oben Kapitel 8 A. I. 211 Vgl. oben Kapitel 8 A. II. 212 Vgl. oben Kapitel 8 A. II. 207

E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe

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der Errichtung eines Sperrkontos ist der Vertrag mit dem Kreditinstitut als dreiseitiger Vertrag mit den Minderheitsgesellschaftern oder dergestalt abzuschließen, dass den Minderheitsgesellschaftern ein eigener Zahlungsanspruch gem. § 328 Abs. 1 BGB eingeräumt wird;213 3. der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit] mit dem Verlangen nach Abs. 1 einen Bericht, in dem die erforderliche Kapitalbeteiligungshöhe und deren Berechnungsgrundlage nachvollziehbar dargelegt werden, und den Bericht des unabhängigen Sachverständigen, in dem die die Höhe der Barabfindung und die angewandte Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und begründet werden, vorlegt.214 (3) Im Falle einer Beschlussfassung nach Abs. 1 hat die Gesellschaft anschließend unverzüglich die Verwertung der Anteile des ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafters im Wege der Abtretung an den Hauptgesellschafter [wahlweise: oder im Wege der anteiligen Abtretung an die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen] zu beschließen.215 [Wahlweise: Wenn die Anteile des Minderheitsgesellschafters nicht verhältniswahrend auf die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit abgetreten werden können, hat die Gesellschaft nach der Beschlussfassung nach Abs. 1 zunächst die Teilung der Anteile dergestalt in neue Anteile zu beschließen, dass diese anschließend verhältniswahrend an die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit abgetreten werden können.]216 Der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit als Gesamtschuldner] sind als Abtretungsempfänger Schuldner der Abfindungsleistung,217 die mit der Beschlussfassung nach Abs. 1 fällig wird. Der Ausschluss des Minderheitsgesellschafters wird unwirksam, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Beschlussfassung nach Abs. 1 vollzogen wird.218 Erbringt der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit] die Abfindungsleistung trotz Mahnung des ausgeschiedenen Gesellschafters mit Nachfristsetzung von mindestens einem Monat nicht und kann der Minderheitsgesellschafter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, aus dem Sicherungsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 nicht befriedigt werden, wird der Ausschluss des Minderheitsgesellschafters unwirksam [wahlweise: und die Gesellschaft wird aufgelöst].219

213

Vgl. oben Kapitel 8 A. II. Vgl. oben Kapitel 8 A. III. 215 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2. 216 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2. 217 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 3., IV. 218 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 3. 219 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 3. 214

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Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

(4) Noch nicht ausgeübte Wandel- und Optionsrechte des Minderheitsgesellschafters auf die Verschaffung von Anteilen gehen nach dem Squeeze-out in einen Anspruch auf eine entsprechende Barabfindung über.220 (5) Sofern die Gesellschaft nur zwei Gesellschafter zählt, kann die Gesellschaft auf Verlangen des Minderheitsgesellschafters, das an die Geschäftsführung zu richten ist, den Ausschluss des Minderheitsgesellschafters gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen (Sell-out).221 Der Hauptgesellschafter ist zur Zustimmung des Ausschlusses in der Gesellschafterversammlung verpflichtet. Der Minderheitsgesellschafter kann vom Hauptgesellschafter verlangen, innerhalb angemessener Frist, spätestens innerhalb von einem Monat nach seinem Verlangen, die Maßnahmen nach Abs. 2 zu veranlassen. Die Bewertung des Gesellschaftswerts nach Abs. 2 Nr. 1 erfolgt in diesem Fall auf den Zeitpunkt des Verlangens des Minderheitsgesellschafters. Nach fruchtlosem Fristablauf ist der Minderheitsgesellschafter berechtigt, die Maßnahmen nach Abs. 2 auf Kosten des Hauptgesellschafters zu veranlassen. Unverzüglich nach Vorlage des Berichts des unabhängigen Sachverständigen und des Nachweises einer Zahlungssicherung nach Abs. 2 Nr. 2 ist die Geschäftsführung zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verpflichtet. 2. Familiengesellschaft a) Modifizierung des Abs. 1 S. 2 Der Minderheitsgesellschafter scheidet mit dem Zugang des Gesellschafterbeschlusses unabhängig vom Zeitpunkt der Anteilsverwertung durch Abtretung an den Hauptgesellschafter oder durch anteilige Abtretung an die Gesellschafter des Familienstamms222 des Minderheitsgesellschafters entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen, unabhängig von der Leistung der Einlage auf die Geschäftsanteile des Minderheitsgesellschafters, unabhängig von einer Abfindungsleistung und unabhängig von der Fähigkeit der GmbH, die Abfindung aus ungebundenem Vermögen zu leisten, aus der Gesellschaft aus. Der Familienstamm bestimmt sich nach § 1924 Abs. 3 BGB.223 Bei einer Mehrzahl von Gründungsgesellschaftern bilden die Gründungsgesellschafter als Stammväter einen Stamm, ansonsten bildet jedes Kind des Gründungsgesellschafters als Stammvater einen Stamm.224 [Fortsetzung mit Abs. 1 S. 3]

220

Vgl. oben Kapitel 8 C. Vgl. oben Kapitel 7 B. 222 Vgl. oben Kapitel 5 H. I. 223 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 1. 224 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 1. 221

E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe

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b) Modifizierung des Abs. 3 Im Falle einer Beschlussfassung nach Abs. 1 hat die Gesellschaft anschließend unverzüglich die Verwertung des Anteils des ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafters im Wege der Abtretung an den Hauptgesellschafter oder im Wege der anteiligen Abtretung an die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen zu beschließen.225 Wenn die Anteile des Minderheitsgesellschafters nicht verhältniswahrend auf die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters abgetreten werden können, hat die Gesellschaft nach der Beschlussfassung nach Abs. 1 zunächst die Teilung der Anteile dergestalt in neue Anteile zu beschließen, dass diese anschließend verhältniswahrend an die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters abgetreten werden können. Der Hauptgesellschafter oder die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters sind als Abtretungsempfänger (Gesamt-)Schuldner der Abfindungsleistung, die mit der Beschlussfassung nach Abs. 1 fällig wird. Der Ausschluss des Minderheitsgesellschafters wird unwirksam, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Beschlussfassung nach Abs. 1 vollzogen wird. Erbringen der Hauptgesellschafter oder die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters die Abfindungsleistung trotz Mahnung des ausgeschiedenen Gesellschafters mit Nachfristsetzung von mindestens einem Monat nicht und kann der Minderheitsgesellschafter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht aus dem Sicherungsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 befriedigt werden, wird die Ausschließung des Gesellschafters unwirksam [wahlweise: und die Gesellschaft wird aufgelöst]. 3. Unterschreiten bestimmter Kapitalschwelle (6) Sinken die Anteile eines Gesellschafters infolge von Kapitalverschiebungen, insbesondere durch Anteilsveräußerungen oder Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft, unter die Kapitalschwelle von 15 von Hundert des Stammkapitals226 ab, kann die Gesellschafterversammlung auf Verlangen des Gesellschafters, dem Anteile der Gesellschaft in Höhe von 85 von Hundert des Stammkapitals gehören, [wahlweise: oder einer Gesellschaftermehrheit, der Anteile der Gesellschaft in Höhe von 85 von Hundert des Stammkapitals gehören], den Ausschluss des Gesellschafters innerhalb einer Frist von 6 Monaten227 ab dem Unterschreiten der Kapitalschwelle beschließen. Der derivative Erwerb eines Anteils unterhalb der Kapitalschwelle durch einen Neugesellschafter steht dem Unterschreiten der Kapitalschwelle durch einen Altgesellschafter gleich,228 wobei die Ausschlussfrist 225

Vgl. oben Kapitel 5 H. III. Vgl. oben Kapitel 5 C.; Kapitel 6 B. II. 227 Vgl. oben Kapitel 5 C. 228 Vgl. oben Kapitel 5 C. IV. 226

350

Kap. 8: Vertragliche Ausgestaltung des Ausschlussverfahrens 

in dem Zeitpunkt des Anteilserwerbs beginnt. Die Abs. 1–4 finden entsprechende Anwendung.

II. KG Der Formulierungsvorschlag für die Integration der Sicherungsmechanismen in Absatz 2 und die Behandlung von Wandel- und Optionsrechten in Absatz 4 ist für die KG deckungsgleich mit den Klauseln für die GmbH. Das Sell-out-Recht in Absatz 5 ist mit der Ausnahme, dass an die Stelle der Geschäftsführung der geschäfts- und vertretungsbefugte Komplementär tritt, identisch mit der GmbHKlausel. Für den Formulierungsvorschlag der modifizierten Squeeze-out-Klausel in der KG muss der Passus „des Stammkapitals“ der Klausel für die GmbH in Absatz 6 durch den Passus „des Gesellschaftskapitals“ ersetzt werden. Auf eine vollständige Wiedergabe dieser Klauseln für die KG wird unter Verweis auf die GmbH-Klauseln verzichtet. 1. Allgemein (1) Die Gesellschafterversammlung kann auf Verlangen eines Gesellschafters, dem Anteile der Gesellschaft in Höhe von 90 von Hundert des Gesellschaftskapitals229 gehören (Hauptgesellschafter), [wahlweise: oder einer Gesellschaftermehrheit, der Anteile der Gesellschaft in Höhe von 90 von Hundert des Stammkapitals gehören (qualifizierte Gesellschaftermehrheit),] den Ausschluss der übrigen Kommanditisten oder eines der übrigen Kommanditisten (Minderheitsgesellschafter) gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen (Squeeze-out). Der Ausschluss wird unabhängig von der Zahlung der Abfindung mit dem schriftlichen Zugang des Gesellschafterbeschlusses sofort wirksam. Für die Feststellung, ob dem Hauptgesellschafter [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] mehr als 90 von Hundert der Anteile gehören, findet § 16 Abs. 2, 4 AktG entsprechende Anwendung. Das Verlangen des Hauptgesellschafters [wahlweise: oder der qualifizierten Gesellschaftermehrheit] ist an den geschäfts- und vertretungsbefugten Komplementär zu richten, der zur unverzüglichen Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verpflichtet ist. (3) Abweichend von § 738 Abs. 1 S. 1 BGB wächst der Kapitalanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht anteilig den übrigen Gesellschaftern, sondern in voller Höhe dem Hauptgesellschafter [wahlweise: oder den Gesellschaftern der qualifizierten Gesellschaftermehrheit entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen] an.230 Abweichend von § 738  Abs. 1  S. 2  BGB sind der 229 230

Vgl. oben Kapitel 6 A. II. Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 1.

E. Squeeze-out-Klausel-Entwürfe

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Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die Gesellschafter der qualifizierten Gesellschaftermehrheit als Gesamtschuldner] Schuldner der Abfindungsleistung, nicht die Gesellschaft und nicht die anderen Mitgesellschafter. Erbringt der Hauptgesellschafter [wahlweise: oder die qualifizierte Gesellschaftermehrheit] die Abfindungsleistung trotz Mahnung des ausgeschiedenen Gesellschafters mit Nachfristsetzung von mindestens einem Monat nicht und kann der Minderheitsgesellschafter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, aus dem Sicherungsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 nicht befriedigt werden, wird die Ausschließung des Gesellschafters unwirksam [wahlweise: und die Gesellschaft wird aufgelöst]. 2. Familiengesellschaft – Modifizierung des Abs. 3 Abweichend von § 738 Abs. 1 S. 1 BGB wächst der Kapitalanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht anteilig den übrigen Gesellschaftern, sondern in voller Höhe dem Hauptgesellschafter oder den Gesellschaftern des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters entsprechend ihren bisherigen Beteiligungsverhältnissen an.231 Der Familienstamm bestimmt sich nach § 1924 Abs. 3 BGB. Bei einer Mehrzahl von Gründungsgesellschaftern bilden die Gründungsgesellschafter als Stammväter einen Stamm, ansonsten bildet jedes Kind des Gründungsgesellschafters als Stammvater einen Stamm. Abweichend von § 738 Abs. 1 S. 2 BGB sind der Hauptgesellschafter oder die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters (Gesamt-)Schuldner der Abfindungsleistung. Erbringen der Hauptgesellschafter oder die Gesellschafter des Familienstamms des Minderheitsgesellschafters die Abfindungsleistung trotz Mahnung des ausgeschiedenen Gesellschafters mit Nachfristsetzung von mindestens einem Monat nicht und kann der Minderheitsgesellschafter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, aus dem Sicherungsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 nicht befriedigt werden, wird die Ausschließung des Gesellschafters unwirksam [wahlweise: und die Gesellschaft wird aufgelöst].

231

Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 1.

Kapitel 9

Abschließende Thesen 1. Die für die AG gesetzlich normierten Squeeze-out-Regelungen der §§ 327a ff. AktG sind nicht analogiefähig. Für eine GmbH oder KG, die sich abweichend vom personalistischen Realtypus dieser Gesellschaftsformen aufgrund einer zunehmenden Beteiligungszersplitterung dem kapitalistischen Gepräge einer AG annähert, besteht aufgrund einer weitgehend vergleichbaren Interessenlage der Squeeze-out-Sachverhalte das starke praktische Bedürfnis nach vertraglichen Squeeze-out-Klauseln.1 2. Die Voraussetzungen eines gesetzlichen Squeeze-out mittels gezielter rechtsgestaltender Maßnahmen herbeizuführen, ist nicht per se rechtsmissbräuchlich. Der Gesetzgeber hat sehenden Auges keine tatbestandlichen Voraussetzungen geschaffen, die missbräuchlichen Gestaltungen entgegenwirken. Die Rechtsprechung folgt im Interesse der Rechtssicherheit einer formalen Betrachtungsweise. Entscheidend ist das bloße Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen unabhängig von der Art des Erwerbs und dem Fortbestand der erforderlichen Mindestbeteiligungsschwelle. Die Rechtsanwender können diejenigen Gestaltungsspielräume nutzen, die ihnen der Gesetzgeber zugebilligt hat.2 3. Eine vertragliche Ausschlussklausel ist als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren, wenn der Ausschluss nicht an einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ gebunden ist.3 4. Die dogmatischen Einwände der Literatur an der Hinauskündigungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs überzeugen nicht. Der Bundesgerichtshof qualifiziert freie Ausschlussklauseln im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB grundsätzlich als sittenwidrig, es sei denn, die Klausel ist wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt. Die Rechtsprechung verkennt mit dem Sittenwidrigkeitsverdikt gem. § 138 Abs. 1 BGB auf Rechtsanwendungsebene nicht die verfassungsrechtlich gem. Art. 9 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG garantierte Vertrags- und Gestaltungsfreiheit, sondern gewährt ausnahmsweise der Vertragsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters in ihrer schutzrechtlichen Dimension den Vorrang vor der Vertragsfreiheit des Ausschlussberechtigten in ihrer abwehrrechtlichen Dimension.4

1

Vgl. oben Kapitel 2 E. Vgl. oben Kapitel 2 F. 3 Vgl. oben Kapitel 3 A. 4 Vgl. oben Kapitel 3 C. 2

Kap. 9: Abschließende Thesen

353

5. Die als verhältnismäßigere und flexiblere Alternative präferierte Ausübungskontrolle gem. § 242  BGB gewährleistet keinen hinreichenden Schutz des ausschlussbedrohten Gesellschafters im Zeitraum zwischen Vertragsschluss und dem möglicherweise nie stattfindenden Ausschluss. Zudem ist die vermeintliche Flexibilität im Falle nachträglicher Änderungen der Beteiligungsstruktur ein Einfallstor für Rechtsunsicherheiten und Missbrauchseinwände.5 6. Zur Prüfung der Wirksamkeit eines Ausschlusses aufgrund einer freien Ausschlussklausel ist eine Zwei-Stufen-Prüfung mit einer Änderung der Terminologie sachgerecht.6 Auf der ersten Stufe ist eine Wirksamkeitskontrolle gem. § 138  Abs. 1  BGB vorzunehmen. Aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Willensentschließungsfreiheit des ausschlussbedrohten Gesellschafters ist eine freie Ausschlussklausel gem. § 138 Abs. 1 BGB als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit in ihrer abwehrrechtlichen Dimension unwirksam, es sei denn, es liegt eine sachliche Rechtfertigung als Rückausnahme vor. Abstrakte Kriterien zur sachlichen Rechtfertigung einer freien Ausschlussklausel können aufgrund der heterogenen Einzelfallrechtsprechung nicht aufgestellt werden. Aus der Gesamtschau der anerkannten Fallgruppen der sachlichen Rechtfertigung kann eine liberalere Haltung der Rechtsprechung gefolgert werden. Auf einer zweiten Stufe ist der konkrete Ausschluss einer Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB zu unterziehen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nur evident missbräuchliches Verhalten erfasst. 7. Eine praxistaugliche Definition der Kleinstbeteiligung wird nur durch die verbindliche Festlegung einer prozentualen Obergrenze des Anteils am Gesellschaftskapital erreicht.7 8. Das Halten einer Kleinstbeteiligung kann weder als wichtiger Grund noch als sachlicher Grund bzw. „festes Tatbestandsmerkmal“ qualifiziert werden.8 9. Die Kleinstbeteiligung ist als sachliche Rechtfertigung für die Squeeze-outKlausel als freie Ausschlussklausel im Gesellschaftsvertrag anzuerkennen.9 10. Die für die Zulässigkeit des Managermodells maßgebliche Erwägung, dass die geringe Kapitalbeteiligung der Geschäftsführer ohnehin keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zulässt und die jederzeitige Ausschlussmöglichkeit nicht als Disziplinierungsmittel wahrgenommen werden kann, ist unterschiedslos auf die Kleinstbeteiligung als sachliche Rechtfertigung übertragbar. Die Kleinstbeteiligung ist dem Managermodell als Voraussetzung immanent.10

5

Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 2. f). Vgl. oben Kapitel 3 C. III. 3. 7 Vgl. oben Kapitel 4 A. 8 Vgl. oben Kapitel 4 B. 9 Vgl. oben Kapitel 4 C. I. 10 Vgl. oben Kapitel 4 C. I. 6

354

Kap. 9: Abschließende Thesen 

11. Ein Rechtsinstitut, das für die AG gesetzlich normiert ist, kann für die GmbH als andere Kapitalgesellschaftsform bei im Wesentlichen vergleichbarer Interessenlage und einer den §§ 327a ff. AktG nachgebildeten Vereinbarung nicht sittenwidrig sein. Das einer AG als gesetzliche Regel zur Verfügung stehende Rechtsinstitut muss den Gesellschaftern einer GmbH als Gestaltungsmittel im Rahmen ihrer Privatautonomie offenstehen. Dieser Legitimationsgedanke entfaltet eine Ausstrahlungswirkung auf die Generalklausel des § 138 Abs. 1 BGB.11 12. Aufgrund einer weitgehend vergleichbaren Interessenlage gilt der Legitimationsgedanke ebenfalls für den Ausschluss von Kleinstkommanditisten in einer kapitalistisch geprägten KG, in der gesellschaftsvertraglich das Mehrheitsprinzip nach Kapitalanteilen festgelegt ist.12 13. Der Squeeze-out kann hingegen nicht zulasten des Komplementärs vereinbart werden, da dessen unbeschränkte persönliche Haftung für Gesellschaftsschulden sowie seine Geschäfts- und Vertretungsbefugnis dem reinen Kapitalanlagecharakter der Kleinstbeteiligung entgegenstehen.13 14. Der Hauptgesellschafter einer GmbH kann den Minderheitsgesellschafter mit einem Kapitalanteil von 5 % auch ohne Squeeze-out-Klausel und sachlichen Grund ausschließen, indem er vorher einen Formwechsel von der GmbH in die AG durchführt. Die Zulässigkeit der zielgerichteten Verknüpfung von Formwechsel und aktienrechtlichem Squeeze-out indiziert die Zulässigkeit einer vertraglichen Squeeze-out-Klausel. Der wirtschaftliche Vergleich der beiden Gestaltungsvarianten unterstreicht das praktische Bedürfnis für vertragliche Squeeze-out-Klauseln.14 15. Im Private-Equity- und Venture-Capital-Bereich entsprechen Shoot-out-, Drag-along-, Vesting- und Leaver-Klauseln der gängigen Vertragspraxis. Es hätte im internationalen Wettbewerb für den Kapitalanlageplatz Deutschland eine abschreckende Wirkung, wenn die Rechtsprechung zukünftig einzelne Klauseln als sittenwidrig i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB qualifizieren sollte. Die gängige Vertragspraxis und Anerkennung dieser Klauseln durch einzelne Oberlandesgerichte entfaltet eine positive Ausstrahlungswirkung auf vertragliche Squeeze-out-Klauseln.15 16. Der Teilausschluss einzelner Kleinstbeteiligter bei einer Mehrzahl von Kleinstbeteiligten ist zulässig.16 17. Das Squeeze-out-Recht kann nicht nur einem Hauptgesellschafter, sondern auch einer entsprechenden Gesellschaftermehrheit eingeräumt werden. Für die Anerkennung der Squeeze-out-Klausel zugunsten der Gesellschaftermehrheit streitet der Legitimationsgedanke der höchstrichterlich anerkannten Zulässigkeit mehr 11

Vgl. oben Kapitel 4 D. I. Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 2. 13 Vgl. oben Kapitel 4 D. II. 1. 14 Vgl. oben Kapitel 4 E. 15 Vgl. oben Kapitel 4 F. 16 Vgl. oben Kapitel 4 H. IV. 12

Kap. 9: Abschließende Thesen

355

heitsbeschaffender Gestaltungen zur Begründung der Hauptaktionärseigenschaft im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-out. Überdies trägt eine solche Klausel den wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaftermehrheit Rechnung und erfüllt eine Informationsfunktion für den Kleinstbeteiligten.17 18. Eine einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag (individuell) eingeräumte Sperrminorität steht seinem Ausschluss aufgrund eines statuarisch vereinbarten Squeeze-out entgegen. Dies gilt auch für ein gesetzliches oder statuarisches Einstimmigkeitserfordernis.18 19. Der Squeeze-out ist für Familiengesellschaften ein probates Mittel, um zur Bewahrung ihres familiären Charakters die Streuung der Gesellschaftsanteile infolge von Erbschaften zu kontrollieren und zu bereinigen. Die Squeeze-out-Klausel ist dergestalt zu modifizieren, dass der Anteil des auszuschließenden Gesellschafters nicht auf sämtliche Mitgesellschafter, sondern nur auf die Mitgesellschafter seines Familienstamms anteilig übergeht.19 20. Ausgehend von dem im gesetzlichen Regelfall für die realtypisch kapitalistisch geprägte AG vorgesehenen 5 %-Schwellenwert als Orientierungsgröße bildet für die GmbH ein Kapitalanteil unterhalb von 10 % und für die KG ein Kapitalanteil von 10 % die zulässige Obergrenze eines vertraglichen Squeeze-out.20 21. Stimmrechtslose Gesellschafterbeteiligungen rechtfertigen bei einem isolierten Vergleich mit den übrigen Anteilen aufgrund ihres ausgeprägten Kapitalanlagecharakters und des geringeren Schutzbedürfnisses der Willensfreiheit des stimmrechtslosen Kleinstbeteiligten den Ausschluss auch bei einem verhältnismäßig höheren prozentualen Kapitalanteil.21 22. Das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalanteilsschwelle stellt als objektives Ereignis einen sachlichen Grund bzw. ein „festes Tatbestandsmerkmal“ dar. Da eine an das Unterschreiten einer bestimmten Beteiligungsschwelle anknüpfende Klausel nicht als freie Ausschlussklausel zu qualifizieren ist, kann ein höherer prozentualer Kapitalanteil festgelegt werden. Um einer Willkürentscheidung nach dem objektiven Ereignis des Unterschreitens der bestimmten Kapitalschwelle entgegenzuwirken, ist eine maximale Ausschlussfrist von sechs Monaten zu bestimmen.22 23. Das Überfremdungsschutzinteresse der Familiengesellschafter rechtfertigt den Squeeze-out eines familienfremden Dritten bei einem höheren Kapitalschwellenwert.23

17

Vgl. oben Kapitel 5 A. Vgl. oben Kapitel 5 D., E. 19 Vgl. oben Kapitel 5 H. 20 Vgl. oben Kapitel 6 A. II. 21 Vgl. oben Kapitel 5 B.; Kapitel 6 B. I. 22 Vgl. oben Kapitel 5 C.; Kapitel 6 B. II. 23 Vgl. oben Kapitel 6 B. III.

18

356

Kap. 9: Abschließende Thesen 

24. Eine Sell-out-Klausel hat eine kompensatorische Wirkung und erhöht die Wahrscheinlichkeit der gerichtlichen Anerkennung eines vertraglichen Squeezeout. Allerdings ist die Sell-out-Klausel lediglich in zweigliedrigen Gesellschaften sinnvoll umsetzbar und in ihrem praktischen Anwendungsbereich erheblich eingeschränkt.24 25. Ein vertraglich vollwertiger Abfindungsanspruch kann allein nicht der Bewertung der freien Ausschlussklausel als sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB entgegenstehen. Allerdings muss die Einräumung eines vollwertigen Abfindungsanspruchs in der Gesamtabwägung gem. § 138 Abs. 1 BGB zugunsten der Zulässigkeit der Squeeze-out-Klausel Berücksichtigung finden. Dem Minderheitenschutz ist als berücksichtigungsfähiger Aspekt im Rahmen der Gesamtabwägung des § 138 Abs. 1 BGB durch die Zahlung einer vollwertigen Abfindung nur Genüge getan, wenn die vertragliche Gestaltung die tatsächliche Zahlung und die Vollwertigkeit der Abfindung sicherstellt.25 26. Die Ausgestaltung des Squeeze-out darf in ihrem Schutzniveau nicht hinter dem gesetzlichen Minderheitenschutz zurückbleiben. Für den Legitimationsgedanke der gesetzlichen Squeeze-out-Vorschriften sind die Sicherungsmechanismen der §§ 327a ff.  AktG in einem vergleichbaren Schutzniveau vertraglich für die GmbH und KG nachzuzeichnen.26 27. Der vertragliche Squeeze-out lässt sich in der KG optimal durch einen isolierten Ausschlussbeschluss realisieren. Das personengesellschaftsrechtliche Anwachsungsprinzip ist dergestalt atypisch auszugestalten, dass der Anteil des ausscheidenden Kleinstbeteiligten dem Hauptgesellschafter oder den ausschlussberechtigten Gesellschaftern anteilig im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen anwächst. In der Familien-KG kann vereinbart werden, dass der Anteil des ausscheidenden Familiengesellschafters verhältniswahrend den Gesellschaftern seines Familienstamms anwächst.27 28. In der GmbH ist die Kombination eines isolierten Ausschlussbeschlusses mit der anschließenden Anteilsverwertung im Wege der Abtretung vorzugswürdig. Da die übernehmenden Gesellschafter Schuldner der Abfindung sind, kommt im Gegensatz zur Einziehung ein Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung nicht in Betracht. Auf zusätzliche Kapitalmaßnahmen zur Herstellung der Konvergenz zwischen Nennbetragssumme und Stammkapitalziffer gem. § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG kann verzichtet werden.28 29. In die vertragliche Squeeze-out-Klausel ist eine Bestimmung aufzunehmen, die etwaige Options-, Bezugs- und Wandelrechte von der Ausschlusswirkung er

24



25



Vgl. oben Kapitel 7 B. Vgl. oben Kapitel 7 C. 26 Vgl. oben Kapitel 8 A. 27 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 1. 28 Vgl. oben Kapitel 8 B. I. 2.

Kap. 9: Abschließende Thesen

357

fasst. Für das Verhältnis zu gesellschaftsfremden Dritten ist es zweckmäßig, die gesellschaftsvertragliche Squeeze-out-Klausel kohärent in die Anleihebedingungen zu integrieren.29 30. Damit gewillkürte Squeeze-out-Klauseln ihren Eingang in die Gesellschaftsverträge der GmbH und KG finden, sollte der Gesetzgeber einen obligatorischen gesetzlichen Regelungsauftrag in Ergänzung des § 3 Abs. 1 GmbHG normieren, nach dem die Gesellschafter in ihrer Gründungssatzung Regelungen zum Squeeze-out treffen müssen. Dieser Regelungsauftrag sollte mit einer Ausdehnung der Beratungspflicht des Notars gem. § 17 Abs. 1 BeurkG hinsichtlich der Funktionsweise und des praktischen Bedürfnisses vertraglicher Squeeze-out-Klauseln flankiert werden.30



29

30

Vgl. oben Kapitel 8 C. Vgl. oben Kapitel 8 D.

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Sachverzeichnis Abfindung  33 f., 37 ff., 44 ff., 66 f., 104, 141, 162, 210 ff., 218 f., 227, 239, 249 f., 260, 274 ff., 280 f., 302 ff. Abtretung  62 f., 103, 115, 264, 319 ff., 332 ff. Analogie  72 ff., 169, 185 Andienungsrecht  51 f., 302 ff. Anfechtung  36 ff., 48 ff., 60 f., 72, 83 f., 144, 146, 152, 170, 185, 197, 203 f., 215, 223 f., 227, 243, 262, 325, 330 Anregungsvorschrift 343 Anwachsung  318, 320 Auslösetatbestand  224, 226 Ausschluss – aus wichtigem Grund  64 f., 67 ff., 70, 104, 108, 127, 144, 150, 168 f., 178, 197, 208, 234, 273, 278 f., 288, 293, 312 – aus sachlichem Grund  64 f., 71, 102 ff., 115, 125 ff., 144 f., 159, 165 ff., 178 f., 225 f., 229, 234 f., 242, 259 ff. – Ausschlussklausel nach freiem Ermessen  87, 102 ff., 120 ff., 136 ff., 146 ff., 179, 182 ff., 208, 211 ff., 224 ff., 238, 242 ff., 260 ff., 301, 307 ff. – isolierter  63, 317 ff. – Teilausschluss 248 ff. – siehe Squeeze-out Ausübungskontrolle  130, 156, 158 ff., 163 ff., 173 f. Bedingung, aufschiebende  66, 103 ff., 115 f., 125 ff., 165, 223 ff., 250 f.,  314, 329, 334 ff. Berichtspflichten  46, 314, 327 ff. Bestimmtheitsgrundsatz  71, 171, 196, 224 f., 334 ff. Beurkundungspflicht  78, 103, 214, 321, 333 ff. Bezugsrecht  164, 241, 258, 261 ff., 341 Deadlock  221 ff.

Drag-along-Recht  227 ff., 241 f., 271, 278, 303 Eigentumsfreiheit  32 ff., 41, 80, 244 ff., 252, 294 Einstimmigkeit  61, 65, 193 ff., 198, 216, 265 f., 270 Familiengesellschaft  79, 114, 119, 143, 181, 230 f., 238 f., 265, 271 ff., 299 ff. Festes Tatbestandsmerkmal  siehe Ausschluss aus sachlichem Grund Flexibilität, unternehmerische  34, 36, 81 ff., 88, 91, 151, 166, 203, 277 Formalaufwand  35 f., 84 f., 98, 202 Funktionsfähigkeit (der Gesellschaft)  82, 140, 151 ff., 170, 252, 291 Geltungserhaltende Reduktion  168 ff. Gesellschafter minderen Rechts  147 ff., 170, 247 Gewährleistungserklärung  45, 315 ff., 325 Gleichbehandlungsgebot  96, 116, 146 ff., 246 ff. Hauptaktionär  34 ff., 42 ff., 90 ff., 202 ff., 212, 255 Hinauskündigungsklausel  siehe Ausschlussklausel nach freiem Ermessen Hinauskündigungsrechtsprechung  106 ff. – Öffnungstendenz  156 ff. – Regel-Ausnahme-Verhältnis  116, 125, 130, 134, 154 ff., 163, 170 Individualschutz gegenüber Mehrheits­ beschlüssen  195 ff. – siehe Anfechtung Informationsrechte  201 f. Joint-Venture  221 ff.

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Sachverzeichnis

Kapitalerhöhung  37, 56, 164, 241, 261 ff., 281, 336 Kleinstbeteiligung  175 ff., 282 ff. Komplementär  189 ff. Leaver-Klauseln  232 ff. Machtgefälle 81 – checks and balances  125, 224 – strukturelles Übergewicht  132, 136 ff. Managermodell  77, 113 ff., 181 ff., 291 Mehrheitseingliederung  57 ff., 282, 292 f. Minderheitsquorum  57, 75, 178, 195 ff. Missbrauch  34, 45 ff., 87 ff., 243 f. – Errichtung einer Zwischenholding-AG 98 ff. – Formwechsel 97 ff., 217 ff. – mehrheitsbeschaffende Gestaltungen ​ 90 ff. Mitarbeitermodell  116 f., 181 ff., 232, 311 Optionsrecht  43, 103 ff., 282, 340 ff. – call- und put-option  105, 222, 238 f., 337 Private-Equity  26 f., 114, 182, 220 ff., 271, 298 Publikums-(Investment-)KG  205 ff. Regelungsauftrag, gesetzlicher  344 f. Russian-Roulette-Klausel  124 f., 183 f., 221 ff.

Sell-out-Klausel  siehe Andienungsrecht Shoot-out-Klauseln  125, 183, 221 ff. Sittenwidrigkeitsverdikt  siehe Hinaus­ kündigungsrechtsprechung Sperrminorität  176, 198, 266 ff., 285, 294, 296, 342 Squeeze-out – § 14 Abs. 3 Nr. 1 S. 3, Abs. 4 WStBG ​ 56 f. – aktienrechtlicher  41 ff. – übernahmerechtlicher  49 ff. – verschmelzungsrechtlicher  52 ff. Tag-along-Recht  227 f. Treuhandähnliches Verhältnis  110 f., 120, 157, 180 f., 206 f. Übertragende Auflösung  59 ff., 88, 93, 185, 194, 293 Venture-Capital  26 f., 79, 105, 220 ff., 240, 340 Verwässerungsschutzklausel  240 ff., 263 Vesting-Klauseln  232 ff. Wirksamkeitskontrolle  158, 163, 166 ff., 172 ff. Zwangseinziehung  64 ff., 127, 164 f., 270, 331 f. Zwei-Stufen-Prüfung  171 ff., 226 f., 248 ff., 263 ff.