Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe [1 ed.] 9783428423972, 9783428023974

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Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe [1 ed.]
 9783428423972, 9783428023974

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 147

Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe Von Arnulf Brandstetter

Duncker & Humblot · Berlin

ARNULF BRANDSTETTER

Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe

Schriften

zum öffentlichen Band 147

Recht

Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe

Von D r . Arnulf Brandstetter

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1971 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1971 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 02397 8

Vorwort

Diese Arbeit greift aus dem breiten Spektrum von Einrichtungen, die zwischen der unmittelbaren Staatsverwaltung und den gesellschaftlichen Verbänden einzuordnen sind, die Kammern der freien Berufe heraus und untersucht den Erlaß von Berufsordnungen als eine der Haupttätigkeiten der Kammern. Da über die Grundlagen der Kammerkompetenz zum Erlaß von Berufsordnungen eine große Unsicherheit besteht, liegt der Schwerpunkt der Schrift auf diesen Fragen. Ausgehend vom verfassungsrechtlichen Standort der Berufsordnungen werden Folgerungen für den Umfang der Kompetenz gezogen. Die damit verbundene punktuelle Analyse von bestehenden Berufsordnungen konnte wegen der Vielzahl von Regelungen zwangsläufig nur unvollständig bleiben; hier wären eigene von einzelnen Berufen ausgehende Untersuchungen erforderlich. Diese Schrift wurde i m Sommer 1970 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Der Abschluß des Manuskripts erfolgte i m März 1970. Später veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur konnte nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Peter Lerche, danke ich sehr herzlich für die Anregungen und die Förderung, die ich sowohl während des Studiums i n Berlin und München als auch während der A b fassung der Arbeit von ihm erhalten habe. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Otto Kimminich, Regensburg, und Herrn Privatdozent Dr. Josef Isensee, Erlangen-Nürnberg/München, für fördernde Hinweise und Gespräche sowie Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Johannes Broermann für die gute verlegerische Betreuung. München, im Dezember 1970 Arnulf

Brandstetter

Inhaltsverzeichnis Einleitung

13

ERSTER T E I L Die vorhandenen Regelungen, der Meinungsstand, Abgrenzung

Erster

14

Abschnitt

Die vorhandenen Regelungen I. Regelungen der Berufspflichten

14 14

1. Informelle Kontrollen der Berufspflichten 2. Regelungen durch den Gesetzgeber, Verordnungsgeber u n d kommunalen Satzungsgeber 3. Regelungen durch Verbände

15 16

4. Regelungen durch K a m m e r n

17

I I . Rechtsgrundlagen f ü r die Berufsordnungen der K a m m e r n

14

18

I I I . Kammerorgane, die über den Erlaß von Berufsordnungen beschließen

20

IV. Staatliche Beteiligung am Zustandekommen der Berufsordnungen ..

23

Zweiter

Abschnitt

Abgrenzungen und Überschneidungen I. Berufsordnungen u n d Berufsgerichtsbarkeit I I . Berufsordnungen und Sanktionen

25 28

I I I . Berufsordnungen u n d materielle Berufspflichten Dritter

25

29

Abschnitt

Meinungsstand I. Stellungnahmen zu den Berufsordnungen generell I I . Stellungnahmen zu einzelnen Berufsordnungen

30 30 32

6

nsverzeichnis ZWEITER T E I L

Grundsätzliche verfassungsrechtliche Beurteilung des Erlasses von Berufsordnungen Erster

36

Abschnitt

Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab für Berufsordnungen A. Die Rechtsverbindlichkeit

36

von Berufsordnungen

36

I. Meinungsstand

36

I I . K r i t e r i e n f ü r die Rechtsverbindlichkeit von Regelungen

39

I I I . Anwendung dieser Grundsätze auf Berufsordnungen

42

1. Rechtsanwälte 2. Heilberufe 3. Andere Kammerberufe B. Vorverfassungsrechtliche

42 47 47 Regelungsbefugnis

der Kammern

48

I. Fragestellung

48

I I . Meinungsstand

49

I I I . K r i t i k der Auffassung einer originären Regelungsgewalt der K a m mern Zweiter

Abschnitt

Parlamentarische Gesetzgebung und Berufsordnungen A. Unterschiedlichkeit Kammern B. Vereinbarkeit vorbehalten

52

der Rechtsetzungstätigkeit

des Erlasses von Berufsordnungen

von Parlament

54 und

mit den Gesetzes-

I. A r t e n von Gesetzesvorbehalten

54 56 56

I I . Der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt

57

I I I . Der Allgemeinvorbehalt

58

I V . Der Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 GG

60

1. 2. 3. 4. 5.

Verhältnis des Allgemein Vorbehalts zum Vorbehalt von A r t . 12 GG Die Auslegung des Vorbehalts i n A r t . 12 Abs. 1 a. F. GG Die Entstehungsgeschichte des A r t . 12 Abs. 1 n. F. GG Vergleich m i t anderen Gesetzesvorbehalten i m Grundrechtsteil .. Auslegung des Vorbehalts i n A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 n. F. GG

C. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG als Grundlage den Erlaß von Berufsordnungen

bzw. als Ausschlußnorm

für

60 61 63 65 66 71

nsverzeichnis I. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG als verfassungsrechtliche Legitimation für den Erlaß von Berufsordnungen

71

1. A r t . 80 GG als Ermächtigung für den Erlaß von Rechts Verords nungen 2. A r t . 80 GG als Ermächtigung f ü r Berufsordnungen der K a m m e r n

72 72

I I . A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG als abschließende Bestimmung für die Übertragung rechtsetzender Gewalt

74

Dritter

Abschnitt

Grundrechtsträgerschaft der Kammern A. Anwendbarkeit von Art. öffentlichen Rechts

19 Abs. 3 GG auf Juristische

75 Personen des

I. Meinungsstand u n d K r i t i k 1. 2. 3. 4. 5.

76

Organismustheorie Rechtsform der Juristischen Person Sachwaltertheorie (Dürig) Aufgabentheorie Subjektionstheorie

76 76 77 78 78

I I . Eigene Lösung B. Sachwalterschaft

75

79 der Kammern

für Mitgliedergrundrechte

81

I. Mitgliedergrundrechte

81

I I . Die K a m m e r n als Sachwalter des Grundrechts von A r t . 12 GG

Vierter

82

Abschnitt

Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des Grundgesetzes A. Einrichtungsgarantie

83

„freie Berufe"

83

I. Die freien Berufe als soziologischer Begriff u n d als Rechtsbegriff 1. Soziologischer Begriff 2. Rechtsbegriff

83 85

I I . Berufsbildtheorie I I I . Einrichtungsgarantie Berufe

83

85 durch die Aufgabenbestimmung

für

einzelne

I V . A r t . 12 Abs. 1 G G als Einrichtungsgarantie f ü r die freien Berufe 1. Der i n d i v i d u a l - und objektivrechtliche Aspekt von A r t . 12 Abs. 1 GG 2. I n h a l t der Einrichtungsgarantie von A r t . 12 Abs. 1 GG 3. Folgerungen für die K a m m e r n der freien Berufe u n d deren K o m petenzen

87 89 89 90 90

8

nsverzeichnis

Β. Stand und „ständischer

Gedanke "

92

I. Modelle f ü r eine organisatorische V e r w i r k l i c h u n g des ständischen Gedankens

92

1. Korporativistisches Modell

93

2. Genossenschaftliches Modell

94

I I . Grundgesetz u n d ständischer Gedanke

95

C. Kammer

97

und Körperschaft

I. K a m m e r n

97

I I . Körperschaften

98

1. Anerkennung von Körperschaften durch das GG

98

2. Einrichtungsgarantie des Kompetenzbereiches von Körperschaften I I I . Organisationsgewalt der K a m m e r

99 101

1. Meinungsstand u n d Abgrenzung 2. K a m m e r n als Träger der Organisationsgewalt

101 102

3. Regelungen f ü r Kammerangehörige als Organisationsakte

102

D. Staatlich

gebundener

Beruf

104

I. Bei Triepel und i n der Rechtsprechung des B V e r f G

104

I I . Bedeutung der Theorie v o m staatlich gebundenen Beruf für Regelungskompetenz der K a m m e r n E. Besonderes Gewaltverhältnis

zwischen Kammern

und Mitgliedern

I. A r t e n von besonderen Gewaltverhältnissen I I . Begründung u n d K r i t i k

die

106

.. 107 107 108

1. Parallele zu den herkömmlichen Status Verhältnissen

108

2. Das Kammerverhältnis als verfassungsrechtlicher Sonderstatus . . 109 I I I . Die Beziehung der K a m m e r zu ihren Mitgliedern als „unechtes Statusverhältnis" 110 F. Selbstverwaltung

und Autonomie

111

I. Begriffsabgrenzung Selbstverwaltung — Autonomie

111

I I . Berufsständische Autonomie i m Grundgesetz

112

I I I . Analogie zu anderen Autonomiegewährleistungen i m Grundgesetz . . 113

Fünfter

Abschnitt

Folgerungen

113

nsverzeichnis DRITTER TEIL Die näheren Voraussetzungen für den Erlaß von Berufsordnungen Erster

Abschnitt

Rechtsgrundlage A. Gesetzliche

117

Grundlage

117 117

I. Die gesetzliche Grundlage der einzelnen Berufsordnungen

117

I I . Umgehung durch die Gründung privatrechtlicher Dachverbände

119

B. Bestimmtheit

121

der Ermächtigungsnorm

I. Meinungsstand

121

I I . Anwendbarkeit von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf Berufsordnungen . . 122 I I I . Anwendbarkeit von A r t . 103 Abs. 2 GG auf Berufsordnungen

125

I V . Das Maß der erforderlichen Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes

126 Zweiter

Abschnitt

Das Legislativorgan der Kammer I. Die funktionalen Bereiche der Berufskammern 1. 2. 3. 4.

K a m m e r n als Organe der Staatsverwaltung Autonomer Bereich der K a m m e r n Verhältnis beider Bereiche Einordnung der Berufsordnungen

I I . Modelle für die kammerinterne Willensbildung 1. Modell der staatlichen V e r w a l t u n g 2. Modell des bürgerlichen Vereinsrechts 3. Demokratisches Modell („innerkörperschaftliche Demokratie") a) Demokratische Willensbildung bei anderen Verbänden und bei Parteien b) K r i t e r i e n für die Anwendbarkeit des demokratischen Modells .. c) Anwendung des demokratischen Modells auf die Beschlußfassung der K a m m e r n d) Die plebiszitäre u n d die repräsentative Komponente bei der „innerkörperschaftlichen Demokratie" aa) Betonung des plebiszitären Elements bb) Betonung des repräsentativen Elements cc) Anwendung auf Berufsordnungen

128 128 128 128 129 130 130 130 131 131 132 133 133 134 135 135 136

I I I . Auswirkungen der innerkörperschaftlichen Demokratie auf den Erlaß von Berufsordnungen 137

10

nsverzeichnis Dritter

Abschnitt

Staatliche Beteiligung am Zustandekommen der Berufsordnungen I. Grundlagen einer staatlichen Beteiligung 1. Unbeschränkte Kompetenz des Gesetzgebers i m Rahmen der V e r fassung 2. Ministerverantwortlichkeit 3. Integrationserfordernis heutiger Staatlichkeit 4. Rechtspolitische Bedeutung der Staatsaufsicht

140 140 140 140 141 141

I I . M i n i m a l u m f a n g der Staatsaufsicht

142

I I I . Maximalumfang der Staatsaufsicht

143

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Zweckmäßigkeitsprüfung Kernbereich u n d „eigener Wirkungskreis" Weisungsrecht Genehmigung der Berufsordnung Organe der Staatsaufsicht M i t t e l der Staatsaufsicht Vierter

Abschnitt

Der persönliche Umfang der Regelungsgewalt I. Kammermitglieder I I . Außenseiter-, Minderheitenschutz I I I . Nichtmitglieder Fünfter

Wirkung Wirkung Wirkung Wirkung

Abschnitt

f ü r die Zeit vor der Berufsaufnahme während der Berufstätigkeit f ü r den Verlust der Berufszulassung f ü r die Zeit nach Beendigung der Berufszulassung Sechster

148 148 150 151

Der zeitliche Umfang der Regelungsgewalt I. II. III. IV.

143 144 145 146 148 148

153 153 154 155 156

Abschnitt

Der sachliche Umfang der Regelungsgewalt

157

I. Generelle und spezifizierte Aufgabenumschreibung i m ermächtigenden Gesetz 157 I I . „öffentliche" u n d „staatliche" Aufgaben I I I . „Gemeinschaftsgut"

158 159

Thesen

163

Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen

165

Literaturverzeichnis

170

Abkürzungsverzeichnis

a. Α. a.a.O. ABl. a. F. AöR BayÄBl. BayVerf, B V BayVerfGH BayVBl. Bay V G H BB BGBl. BGH BGHSt Β GHZ BNotK BRAK BRat BReg. BTag BVerfG BVerwG DJ DÖV DStR DVB1. E, ES EGH Einl. EvStL FAZ FN FR GBl. GewArch. GVB1. h. M. i. d. F.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt alte Fassung Archiv für öffentliches Recht (Zeitschrift) Bayerisches Ärzteblatt (Zeitschrift) Bayerische Verfassung Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof i n Strafsachen Amtliche Entscheidungssammlung Bundesgerichtshof i n Zivilsachen Amtliche Entscheidungssammlung Bundesnotarkammer Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrat Bundesregierung Bundestag Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Deutsche Justiz (Zeitschrift) Die öffentliche V e r w a l t u n g (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Entscheidung nach der amtlichen Entscheidungssammlung Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Einleitung Evangelisches Staatslexikon (vgl. Literaturverzeichnis) Frankfurter Allgemeine Zeitung Fußnote(n) Finanzrundschau (Zeitschrift) Gesetzblatt Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gesetz- u n d Verordnungsblatt herrschende Meinung in der Fassung

12 i. S. JöR JR jur. JuS JZ lit. LS MDR m. w. Nachw. Nachw. n. F., N. F. NJW o. J. ÖZöffR OLG OVG RN RG RGBl. Verf. VerfGH VerwArch. VerwG VerwRspr. VGH VO Vol. VVDStRL ZZP ZRP

Abkürzungsverzeichnis i m Sinne Jahrbuch f ü r öffentliches Recht, Neue Folge (Zeitschrift) Juristische Rundschau (Zeitschrift) juristisch Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Buchstabe Leitsatz Monatsschrift f ü r deutsches Recht (Zeitschrift) m i t weiteren Nachweisen Nachweis, Nachweise neue Folge, neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) ohne Jahr österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Randnummer Reichsgericht Reichsgesetzblatt Verfassung Verfassungsgerichtshof Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgericht Verwaltungsrechtsprechung (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtshof Verordnung Volume Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Zivilprozeß

Einleitung Nachdem i n der unmittelbaren Nachkriegszeit bei der Wiedererrichtung von Berufskammern eine staatsrechtliche Unsicherheit zu verzeichnen war, die ihren Grund vor allem in der Pervertierung des Kammergedankens in den nationalsozialistischen Korporationen hatte, sind die Kammern inzwischen zu einem festen Bestandteil der Rechtsordnung i n der Bundesrepublik geworden 1 . M i t ihrer Einrichtung sind regelmäßig gewisse Selbstverwaltungs- und Autonomierechte — so auch die Festlegung der Berufspflichten i n Berufsordnungen und Richtlinien — verbunden. Diese von den Kammern aufgestellten Regelungen sollen eine ausgewogene Rechtsstellung der Berufsangehörigen ermöglichen und einen Ausgleich zwischen den für diese Berufe erforderlichen gesteigerten Pflichten und einer gewissen Unabhängigkeit schaffen. Die Begründungen für die Kammerkompetenz zum Erlaß von Berufsregelungen beruhen weitgehend auf Rechtsinstituten, die unter der Geltung der Grundgesetzes eine nur noch bedingte Berechtigung haben. Unter dem Deckmantel juristischer Argumentation werden damit politische Tendenzen in die Beurteilung des Kammerrechts gebracht, die m i t den Aussagen des Grundgesetzes nicht übereinstimmen. Eine Aufgabe dieser Arbeit ist es, solche Begründungen auf ihre verfassungsrechtliche Geltungskraft zu untersuchen. Neben der Befreiung aus den alten Begriffsschalen soll den Berufsordnungen auch ein positiver Standort zugewiesen werden. Sie sollen dorthin gestellt werden, wo sie zur Zeit ihrer Entstehung ihren Ursprung hatten: I n den politischen Bereich und i n die politische Entscheidungskompetenz des parlamentarischen Gesetzgebers. Soweit jedoch aus dem Verfassungsrecht bestimmte Akzentsetzungen, die für das Recht der Berufskammern von Bedeutung sein können, zu erkennen sind und dadurch Grenzen gezogen werden, sollen diese auf den Erlaß von Berufsordnungen bezogen werden. Dadurch werden für die näheren Voraussetzungen, unter denen die Kammern Berufsregelungen festsetzen können, Richtpunkte gesetzt. Zuerst muß jedoch eine Bestandsaufnahme der einfachgesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen erfolgen. 1

Vgl. Röttgen, JöR N. F. Bd. 11 (1962), S. 173 ff. (274).

ERSTER T E I L

Die vorhandenen Regelungen der Meinungsstand, Abgrenzung Erster Abschnitt Die vorhandenen Regelungen Die Verfassung ist neben ihrer Funktion als Akzentsetzung für Fragen, die der Verfassungsgeber in einer bestimmten Richtung entschieden wissen wollte, auch das Konzentrat der innerstaatlichen Rechtsordnung 1 , sie ist offen zur einfachen Gesetzgebung hin. Daher ist es nicht möglich, den Aussagewert der Verfassung zu bestimmen, ohne daß der vorhandene unterverfassungsrechtliche Rechtsstoff beachtet wird. Eine Zusammenschau der Berufsordnungen und deren gesetzlichen Grundlagen ist auch deshalb erforderlich, weil diese Untersuchung i m Gegensatz zur bisherigen Literatur nicht nur einzelne Berufe erfaßt, sondern, soweit Gemeinsamkeiten bestehen, die Kammerberufe gemeinsam betrachtet. I . Regelungen der Beruf spflichten 1. Informelle Kontrollen der Berufspflichten

Die Festsetzung und Kontrolle der Berufspflichten kann sowohl auf formelle als auch auf informelle Weise erfolgen 2 . Ein informeller Faktor, ein bestimmtes Leistungsniveau der Kammerberufe zu schaffen und aufrechtzuerhalten, ist das relativ hohe Einkommen und Prestige, das die Berufsangehörigen nicht zu ökonomisch bedingten Pflichtverletzungen zwingt und eine fachlich und ethisch hochstehende Berufsausübung gewährleistet. Daneben w i r d durch informelle Kollegenbeziehungen und durch den sich daraus ergebenden Vergleichs1

Vgl. Lerche , Z Z P 78 (1965), S. 12; Lerche , Werbung u n d Verfassung, S. 33. Dazu Daheim, Berufe, S. 271; Rüschemeyer , Berufsstruktur, S. 122 ff. (123). 2

I. Regelungen der Berufspflichten

15

maßstab eine gewisse Aufsicht ausgeübt. Eine weitere sehr effektive Kontrolle bei der täglichen Berufsausübung ist die Selbstkontrolle durch den einzelnen Berufsangehörigen. Diese Untersuchung soll sich jedoch auf die formellen Kontrollen der Berufswahl und Berufsausübung beschränken. 2. Regelungen durch den Gesetzgeber, Verordnungsgeber und kommunalen Satzungsgeber

Die formellen Kontrollen der Berufspflichten kann man nach ihrer rechtlichen Form i n die Regelungen durch Gesetz, Rechtsverordnung, kommunale Satzung und i n die durch Kammern oder Verbände 3 erlassenen Bestimmungen einteilen. Eine Einschränkung der Berufsfreiheit durch Gesetz erfolgt insbesondere durch die Erlaubnisse und Untersagungen der GewO 4 , der gewerberechtlichen Nebengesetze5, der Gesetze für Berufe m i t einer besonderen Bindung 6 , der sicherheitsrechtlichen Bestimmungen i n der Gewerbeordnung 7 und in den Polizeigesetzen der Länder, durch Steuergesetze, Monopolgesetze oder durch wettbewerbsbeschränkende oder berufslenkende Gesetze8. Der Terminus „Berufsordnung" w i r d sowohl für solche Gesetze9 als auch für die schriftlichen Festsetzungen der Berufspflichten durch die Berufskammern verwendet. I n dieser Untersuchung sollen für Berufsregelungen, die durch den parlamentarischen Gesetzgeber erlassen sind, der Begriff Berufsgesetz verwendet werden, während als Berufsordnungen die Regelungen der Kammern anzusehen sind 1 0 . Die Einschränkung der Berufsfreiheit durch Gesetz w i r f t bezüglich ihrer Rechtsform keine Fragen auf. 3 Unter Kammer w i r d i m folgenden der öffentlich-rechtliche Zusammenschluß von Angehörigen eines Berufes, unter Verbänden eine nach dem P r i v a t recht gebildete Organisation verstanden; so auch Herzog, Gesellschaft und P o l i t i k N. F. 1965, Heft 3, S. 4 ff. (5); anders der angelsächsische Sprachgebrauch, der unter Verband den Oberbegriff von p r i v a t - und öffentlichrechtlichen V e r einigungen versteht, so Loewenstein, Verfassungslehre, S. 370, 375. 4 §§ 14 bis 80. 5 z. B. Einzelhandelsgesetz, Gaststättengesetz, Handwerksordnung. β ζ. Β . Hebammengesetz, Fleischbeschaugesetz. 7 ζ. Β . § 15 Abs. 2, § 35 Abs. 5. 8 Z u den A r t e n von berufsregelnden Gesetzen näher Maunz i n Maunzf Dürig! Herzog, A r t . 12 GG, R N 57 bis 103. 9 Vgl. „Handwerksordnung", „Gewerbeordnung", „Bundesärzteordnung"; vgl. dazu Berres, F A Z 1965, Nr. 137 (16. 6.1965), S. 23; BGH, VerwRspr. 10 (1958), S. 406 ff. (407) bezeichnet eine von der unmittelbaren Staatsverwaltung (Zentralamt für Wirtschaft) erlassene Rechtsverordnung für Angehörige des w i r t schaftlichen Prüfungs- u n d Treuhandwesens als Berufsordnung. 10 Z u r Terminologie Hamann, B B 1955, S. 293 ff.

16

1.1. Abschn.: Die vorhandenen Regelungen

E b e n f a l l s k a n n h i e r a u s g e k l a m m e r t w e r d e n die E i n s c h r ä n k u n g d u r c h Rechtsverordnungen 11, d e r e n Z u l ä s s i g k e i t nach d e r G r u n d g e s e t z ä n d e r u n g v o m 24. J u n i 1968 1 2 n i c h t m e h r u m s t r i t t e n i s t 1 3 , sowie d i e E i n s c h r ä n k u n g d u r c h kommunale Satzungen 14.

3. Regelungen durch Verbände D i e v o n d e n Verbänden festgelegten B e r u f s p f l i c h t e n 1 5 b e r ü h r e n r e c h t l i c h die B e r u f s f r e i h e i t des A r t . 12 A b s . 1 Satz 1 G G n i c h t 1 6 . N i e m a n d k a n n n ä m l i c h g e z w u n g e n w e r d e n , e i n e m solchen V e r b a n d b e i z u t r e t e n 1 7 oder sich d e n v o n i h m a u f g e s t e l l t e n B e r u f s p f l i c h t e n z u u n t e r w e r f e n . B e i e i n e m Verstoß eines M i t g l i e d s gegen d i e v o n s e i n e m V e r b a n d a u f g e s t e l l t e n B e r u f s p f l i c h t e n u n d b e i d a r a u f f o l g e n d e n S a n k t i o n e n dieses V e r b a n d s l i e g t k e i n E i n g r i f f i n d i e B e r u f s f r e i h e i t des M i t g l i e d s v o r , da dieses f r e i w i l l i g die P f l i c h t e n a u f sich g e n o m m e n h a t u n d da der V e r b a n d das M i t g l i e d z w a r ausschließen k a n n , n i c h t jedoch die T ä t i g k e i t i n diesem B e r u f 11 z. B. Verordnung über den Nachweis der Sachkunde f ü r den Einzelhandel v o m 4. März 1960 (BGBl. I, S. 172), Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- u n d Feiertagen v o m 21. Dezember 1957 (BGBl. I, S. 1881). 12 BGBl. I, S. 709. 13 Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12, E N 10; Starck, Berufsordnungen, S. 22. 14 z. B. Satzungen, durch die ZwangsänSchluß- u n d Zwangsbenutzungspflichten begründet werden; zur kommunalrechtlichen Zulässigkeit dieser Satzungen Masson, Kommunalgesetze, A r t . 24 GO, R N 9 bis 19; zum Zusammenhang dieser Satzungen m i t A r t . 12: Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12, R N 73. 15 Als Beispiel seien die von den Architektenverbänden aufgestellten K a t a loge der Berufspflichten genannt. Bei den Architekten besteht eine Vielfalt der Berufsordnungen, w e i l es für die einzelnen Fachrichtungen besondere V e r bände gibt und w e i l m i t wenigen Ausnahmen von den K a m m e r n noch keine Berufsordnungen aufgestellt sind. 1. Charta der Architekten, beschlossen von der Union Internationale des A r chitectes 1955 i n Scheveningen 2. Standesgrundsätze u n d Standesregeln des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten u n d Ingenieure e. V. (BDB) Berufsregeln der Beratenden Ingenieure B D B Berufsregeln der Architekten B D B 3. Berufsgrundsätze des Bundes Deutscher Garten- u n d Landschaftsarchitekten e. V. (BDGA) 4. Berufsgrundsätze des Bundes Deutscher Innenarchitekten e. V. (BDIA) 5. Berufspflichten und Berufsgrundsätze des Berufsverbandes der Architekten u n d Bauingenieure e. V. (BAB), abgedruckt bei Neumann-Duesberg/Ullrich, Berufsrecht, S. 188 ff. 16 I n diesem Sinne zu den „Codes of Ethics" Lerche , Werbung und Verfassung, S. 36. 17 Das Recht privatrechtlichen Vereinigungen fernbleiben zu können — die „negative Vereinigungsfreiheit" — korrespondiert zur Vereinigungsfreiheit von A r t . 9 Abs. 1 GG u n d ist daher verfassungsmäßig garantiert. BVerfGE 10. S. 102; v. Münch , B K A r t . 9, R N 51 f. m. w. Nachw.

I. Regelungen der Berufspflichten

17

von der Erfüllung der Pflichten abhängig machen kann. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß von den durch die Verbände festgesetzten Berufspflichten oft eine starke tatsächliche Bindung der Mitglieder ausgeht, die ihrem Eingriffsgehalt nach die durch Rechtsnormen erfolgte Einschränkung erreichen kann 1 8 . I n welchem Umfang dieser Entwicklung durch eine erweiterte Anwendung der D r i t t w i r k u n g 1 9 der Grundrechte zu begegnen ist, bleibt hier unerörtert. Von Bedeutung sind diese Regelungen der Berufspflichten jedoch insoweit, als sie zeitliche und inhaltliche Vorläufer von Berufsgesetzen und Berufsordnungen sind. Sie können daher zu deren Auslegung herangezogen werden 2 0 . 4. Regelungen durch Kammern

Nicht von allen Berufskammern sind Berufsordnungen erlassen worden. So haben die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern keine Festsetzungen über die Berufspflichten ihrer Mitglieder getroffen. Von den Kammern der sogenannten freien Berufe 2 1 sind jedoch i n der Regel Berufsordnungen erlassen worden. Bei den Regelungen für Ärzte gibt es sowohl eine bundeseinheitliche Fassung 22 , die jedoch nur eine Empfehlung für die einzelnen Landesärztekammern darstellt, als auch Berufsordnungen i n den meist 2 3 m i t den Ländergrenzen übereinstimmenden Ärztekammerbezirken 24 . Auch die Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker haben in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Berufsordnungen 25 .

18

Weber, Zwangsversorgungseinrichtungen, S. 12. Z u r Frage der D r i t t w i r k u n g der Grundrechte gegenüber Verbänden: Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (172 ff.); Bäumlin, Demokratie, S. 124; Forsthoff, Carl-Schmitt-Festgabe, S. 185 ff. (191); Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 4 ff. (10 f.); Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 212 ff. m. umfangreichen Nachw.; Scheuner, DÖV 1956, S. 65 ff. (68); Werner Weber, Der Arzt i n Westfalen 1960, S. 18 ff. (19); Wittkämper, Interessen verbände, S. 68 ff. 19

20 So verweist der BayVerfGH, BayVBl. 1969, S. 130 ff. (131) auf die Berufsgrundsätze der Architektenverbände. 21 Z u deren Einteilung Deneke, Berufe, S. 117. 22 Berufs- und Facharztordnung für die deutschen Ärzte i n der vom 59. Deutschen Ärztetag beschlossenen Fassung m i t den bis . 1962 beschlossenen Ä n d e rungen (Ärztliche Mitteilungen 1962, S. 2323 ff.). 23 I n Westfalen-Lippe und Nordrhein sind jeweils eigene Ärztekammern eingerichtet. 24 Siehe Aufzählung über die i n der Bundesrepublik geltenden Berufsordnungen f ü r Ärzte unten S. 168 f. ( I I 8). 25 I n Bayern s. S. 169 ( I I 9,10,11).

2 Brandstetter

18

1.1. Abschn.: Die vorhandenen Regelungen

Für Anwälte bestehen bundeseinheitliche „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts" 26 . Richtlinien für die Ausübung des Patentanwaltsberufes sind von der Patentanwaltskammer bisher noch nicht festgestellt worden, bis Ende 1970 ist jedoch damit zu rechnen. Die Bundesnotarkammer hat „Allgemeine Richtlinien für die Berufsausübung der Notare" vom 8. Dezember 1962 erlassen 27 , einzelne Landesnotarkammern haben diese durch eigene Richtlinien ergänzt 28 . Berufspflichten der steuerberatenden Berufe sind i n den „Berufsgrundsätzen der Steuerberater" 29 und i n den „Richtlinien für das berufsgerechte Verhalten der Steuer bevollmächtigten (Standesrichtlinien)" 30 enthalten. Die Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer haben sich ebenfalls Richtlinien für die Berufsausübung gegeben 31 . Für Architekten ist bisher nur in Baden-Württemberg eine Berufsordnung von einer Kammer erlassen worden 3 2 . Der Grund dafür ist, daß für Architekten erst i n jüngerer Zeit und bisher auch nur i n einem Teil der Bundesländer eine Kammerorganisation gebildet worden ist. I I . Rechtsgrundlagen für die Berufsordnungen der K a m m e r n

So vielfältig wie die Bezeichnungen der einzelnen Berufsordnungen sind auch ihre Rechtsgrundlagen. Die Berufsordnungen der Ärzte beruhen auf den Kammergesetzen der Länder 3 3 . I n den meisten Ländern sind die Rechtsgrundlagen für Berufs26 Siehe S. 167 ( I I 4); zu den ausländischen Regelungen: Kalsbach , Rechtsanwaltschaft, S. 15. 27 Siehe S. 167 ( I I 5). 28 So i n Bayern: Beschluß des Vorstandes der Landesnotarkammer Bayern gemäß § 8 Abs. I I I der Allgemeinen Richtlinien für die Berufsausübung der Notare v o m 18. November 1963 (Amtliches Mitteilungsblatt der Landesnotarkammer Bayern u n d der Notarkasse Nr. 1/1964) über die M i t t e i l u n g jeder U r kundstätigkeit außerhalb des engeren Amtsbereichs. 29 Siehe S. 167 ( I I 2). 30 Siehe S. 167 (113). 31 Siehe S. 167 ( I I 1). 32 Siehe S. 168 ( I I 7). 33 Baden-Württemberg: §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 14 K a m m e r G (Bad.-Württ.) Bayern : Ärzte: A r t . 15 K a m m e r G (Bay) Zahnärzte: A r t . 24 Abs. 1 i. V. m. A r t . 15 K a m m e r G (Bay) Tierärzte: A r t . 28 Abs. 1 i. V. m. A r t . 15 K a m m e r G (Bay) Apotheker: A r t . 36 Abs. 1 i. V. m. A r t . 15 K a m m e r G (Bay) Berlin: § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 K a m m e r G (Berlin) Bremen: § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 10 K a m m e r G (Bremen)

I I . Rechtsgrundlagen für die Berufsordnungen der K a m m e r n

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Ordnungen aller ärztlichen Berufe i m gleichen Gesetz gegeben 34 . Die Ermächtigung für die Feststellung der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts gibt die Bundesrechtsanwaltsordnung 35 , für die Patentanwälte die Patentanwaltsordnung 36 . Die Rechtsgrundlage für die Berufsordnung der Notare liegt i n der Bundesnotarordnung 37 , die der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten w i r d i n der Bestimmung des StBerG über den Aufgabenkreis der Bundeskammern gesehen 38 . I n der Wirtschaftsprüfer Ordnung ist bei der Regelung der Aufgaben der W i r t schaftsprüferkammer ausdrücklich die Möglichkeit, Richtlinien zu erlassen, genannt 39 . Soweit die Länder bereits Architektenge setze erlassen haben 40 , liegt darin die Rechtsgrundlage für die Berufsordnungen 41 . I n Bayern besteht zwar bereits ein Architektengesetz 42 , dieses dient jedoch nur dem Schutz der Berufsbezeichnung und sieht keine Kammerorganisation mit Berufsordnungskompetenz vor. Zur Zeit befinden sich i n Bayern mehrere Entwürfe für ein neues Architektengesetz i m Gesetzgebungsverfahren 43 . Hamburg : § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 1 ÄrztekammerG (Hamburg) § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZahnärztekammerG (Hamburg) § 8 Abs. 1 Nr. 1 ApothekerkammerG (Hamburg) Hessen: § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 4 K a m m e r G (Hessen) Niedersachsen: § 8 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1 K a m m e r G (Nds.) Nordrhein-Westfalen : § 5 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 K a m m e r G (Nordrh.-Westf.) Rheinland-Pfalz: § 8 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 K a m m e r G (Rh.-Pf.) Saarland * § 4 Abs.' 1 l i t . b, § 8 Abs. 1 lit. b K a m m e r G (Saar) Schleswig-Holstein : Ärzte: § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1 ÄrztekammerG (Schl.-H.) Zahnärzte: §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 Abs. 1 Nr. 1 ZahnärztekammerG (Schl.-H.) Tierärzte: §§ 2 Abs. 1 Nr. 3,18 Abs. 1 Nr. 1 TierärztekammerG (Schl.-H.) Apotheker: §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 Abs. 1 Nr. 1 ApothekerkammerG (Schl.-H.) 34 Dies ist nicht der F a l l i n Hamburg und Schleswig-Holstein. 35 § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO. 36 § 82 Abs. 2 Nr. 2 PatAnwO. 37 § 78 Nr. 5 BNotO. 38 § 43 StBerG. 39 § 57 Abs. 1 Satz 3 WPO. 40 So Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, siehe S. 165 f. (I 6). 41 So ζ. Β . § 13 Abs. 2 lit. g ArchG (Bad.-Württ.); § 11 lit. b ArchG (Hamburg); § 8 Abs. 2 lit. a ArchG (Rh.-Pf.). 42 Siehe S. 165 (I 6 b aa). 43 CSU-EArchG, Reg.-EArchG (siehe S. 165 [ I 6 b bb u n d cc]) sowie der 1965 2*

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1.1. Abschn.: Die vorhandenen Regelungen

I I I . Kammerorgane, die über den Erlaß von Berufsordnungen beschließen Die Berufsordnungen werden von Organen der Kammern beschlossen oder festgesetzt, die sich sowohl dem Namen als auch der Zusammensetzung und Entstehung nach unterscheiden. Bei den Heilberufen, die i n Kammern organisiert sind, sind die Bestimmungen, auf welche Weise und von wem die Berufsordnungen zustande kommen, meist i n einem Kammergesetz, das für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker gemeinsam gilt, getroffen. Die Organe, die Berufsordnungen erlassen, sind nach Landesgesetz unterschiedlich als Vollversammlung 44 , Kammerversammlung 4 5 , Delegiertenversammlung 48 , 47 48 Vertreterversammlung oder als Kammer bezeichnet. Ebenso wie der Begriff „Kammer" i n unterschiedlicher Bedeutung gebraucht wird, kann der Begriff „Vollversammlung" bzw. „Kammerversammlung" einen differierenden Inhalt haben. Als Kammer i m weiteren Sinne w i r d die Gesamtheit aller Berufsangehörigen, die Mitglied einer bestimmten Berufskörperschaft sind, bezeichnet. Die Vollversammlung einer solchen Kammer ist dann die Versammlung aller Berufsangehörigen. Soweit die Zahl der Mitglieder gering ist, bestimmen manche Kammergesetze, daß die Vollversammlung aller Kammermitglieder über die Berufsordnung entscheidet 49 . Der Begriff der Kammer w i r d auch i n einem engeren Sinn als beschlußfassendes Repräsentativorgan, das von den Berufsangehörigen gewählt worden ist, verstanden. Die Vollversammlung einer solchen Kammer ist v o m Senat eingebrachte E n t w u r f (Antrag v o m 15. Dezember 1965, Senatsdrucks. Nr. 335). Der Senat nahm zum CSU-EArchG (Bayern) am 9. A p r i l 1968 gutachtlich Stellung (Drucks. Bay. Senat, 11. Tagungsperiode 1968/69, Anlage 59 und Stenographischer Bericht 11. Sitzungsperiode S. 151 ff.). 44 § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 K a m m e r G (Bad.-Württ.). 45 § 24 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 u n d § 12 Abs. 1 lit. a K a m m e r G (Bremen); § 11 Abs. 1 Nr. 1 ApothekerkammerG (Hamburg); § 20 Abs. 1 Nr. 1 K a m m e r G (Nds.); § 17 i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 K a m m e r G (Nordrh.-Westf.); § 18 Abs. 1 Nr. 1 ÄrztekammerG (Schl.-H.); §§ 18 Abs. 1 Satz 1 ZahnärztekammerG, TierärztekammerG, ApothekerkammerG (Schl.-H.). 48 § 11 Abs. 1 K a m m e r G (Berlin); § 20 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 lit. a K a m m e r G (Bremen); § 13 Abs. 1 Nr. 4 K a m m e r G (Hessen). 47 § 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 4 K a m m e r G (Rh.-Pf.). 48 A r t . 15, 24 Abs. 1, 28 Abs. 1, 36 Abs. 1 K a m m e r G (Bay); §§ 8 Abs. 1 Nr. 1 ÄrztekammerG (Hamburg) u n d ZahnärztekammerG (Hamburg) ; § 8 Abs. 1 lit. b K a m m e r G (Saar). 49 Bremen: Die Kammerversammlung setzt sich aus allen Berufsangehörigen (Kammerangehörigen) zusammen (§ 12 Abs. 2 l i t . a, § 24 Abs. 1 K a m m e r G Bremen). Hamburg: Die Kammerversammlung setzt sich aus allen Berufsangehörigen zusammen (§11 Abs. 1 Nr. 1, § 5 ApothekerkammerG Hamburg).

I I I . Kammerorgane, die über den Erlaß von Berufsordnungen beschließen

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d a n n die V e r s a m m l u n g der g e w ä h l t e n K a m m e r a n g e h ö r i g e n 5 0 . D a h e r b i e t e t die B e z e i c h n u n g „ V o l l v e r s a m m l u n g " oder „ K a m m e r v e r S a m m l u n g " k e i n e G e w ä h r d a f ü r , daß a l l e K a m m e r a n g e h ö r i g e n u n m i t t e l b a r a n der Beschlußfassung b e t e i l i g t sind. I n a l l e n F ä l l e n i s t das beschlußfassende O r g a n e i n O r g a n d e r K a m m e r . S o w e i t es n i c h t a l l e M i t g l i e d e r u m f a ß t , setzt es sich i n d e r Regel aus g e w ä h l t e n V e r t r e t e r n z u s a m m e n 5 1 , i n e i n i g e n F ä l l e n h a b e n andere K ö r perschaften (z. B . die L a n d e s u n i v e r s i t ä t ) das Recht, M i t g l i e d e r des Organs zu s t e l l e n 5 2 . 50

So z. B. §§ 7, 9 K a m m e r G (Bad.-Württ.). Baden-Württemberg: Die Vollversammlung setzt sich aus gewählten Kammermitgliedern zusammen (§§ 9, 8 Abs. 1 Nr. 2 u n d 3 K a m m e r G Bad.-Württ.). Bayern: Die Landeskammern bestehen aus Delegierten der Kreisverbände und der Landesuniversitäten (Art. 10 Abs. 1 K a m m e r G Bayern). Berlin: Die Delegierten werden von den Kammermitgliedern gewählt (§ 8 K a m m e r G Berlin). Bremen: Die Delegierten werden von den Kammerangehörigen gewählt (§ 13 K a m merG Bremen). Hamburg: Die Ärzte- u n d Zahnärztekammern setzen sich aus gewählten Vertretern und anderen Mitgliedern zusammen (§ 5 ÄrztekammerG Hamburg, § 5 ZahnärztekammerG Hamburg). Hessen: Die Delegierten werden von den Kammerangehörigen gewählt (§ 10 Abs. 1 K a m m e r G Hessen). Niedersachsen: Die Kammerversammlung setzt sich aus gewählten und anderen Mitgliedern zusammen (§§ 13 f. K a m m e r G Nds.). Nordrhein-Westfalen : Die Kammerversammlung besteht aus Kammermitgliedern, die nach bestimmten Schlüsseln gewählt werden (§§ 7 ff. K a m m e r G Nordrh.-Westf.). Rheinland-Pfalz: Vertreterversammlung w i r d von den Angehörigen der Landeskammern gew ä h l t (§ 6 K a m m e r G Rh.-Pf.). Saarland: Ärztekammer setzt sich aus gewählten Ärzten, Zahnärzten u n d Dentisten sowie weiteren Mitgliedern zusammen (§ 5 lit. a K a m m e r G Saar). Schleswig-Holstein : Mitglieder der Kammerversammlungen sind gewählte Vertreter sowie andere Mitglieder (§§ 13 f. des Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- u n d ApothekerkammerG Schl.-H.). 52 Hamburg: Nach § 5 lit. c u n d d des ÄrztekammerG (Hamburg) die medizinische Fakultät der Universität u n d die Gesundheitsbehörde. Niedersachsen: Nach § 13 Abs. 2, 3, 4, 5 des K a m m e r G (Nds.) gehören den Kammerversammlungen auch Hochschullehrer an. Saarland: § 5 lit. b und c des K a m m e r G (Saar) neben Hochschullehrer auch beamteter Arzt. 51

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1.1. Abschn.: Die vorhandenen Regelungen

Die Richtlinien über die Ausübung des Anwaltsberufs werden von der Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer festgestellt 53 . Diese setzt sich aus den Präsidenten der Rechtsanwaltskammern zusammen 54 . Der Präsident w i r d vom Präsidium, dieses vom Vorstand 5 5 , der Vorstand von den Kammerangehörigen 56 gewählt. Die „allgemeine Auffassung über die Fragen der Ausübung des Patentanwaltsbevuis i n Richtlinien" w i r d von der Versammlung der Kammer festgestellt 57 . Die Versammlung der Kammer besteht aus allen Mitgliedern der Kammer. Die „Allgemeinen Richtlinien für die Berufsausübung der Notare" werden von der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer aufgestellt 58 . Die Vertreterversammlung setzt sich aus den Präsidenten der Notarkammern zusammen 59 , von denen jede grundsätzlich eine Stimme hat 6 0 . I n Bayern werden ergänzende Richtlinien für die Berufsausübung der Notare vom Vorstand der Landesnotarkammer beschlossen61. Die Berufsgrundsätze der Steuerberater erläßt die Kammerversammlung der Bundessteuerberaterkammer. Die Zuständigkeit dieses Organs ist nicht i m Steuerberatungsgesetz selbst, sondern i n der Satzung der Bundessteuerberaterkammer festgelegt 62 . Die Mitglieder der Kammerversammlung setzen sich aus einer bestimmten Zahl „entsendeter" M i t glieder der Steuerberaterkammern zusammen 63 . Die Standesrichtlinien der Steuerbevollmächtigten werden von der Mitgliederversammlung der Bundeskammer als Empfehlung beschlossen 64 . Die Kompetenz der Mitgliederversammlung beruht auf der Satzung der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten. Sie setzt sich aus den Delegierten der Mitgliederkammern zusammen 65 . 53

§§ 187,177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO. § 188 Abs. 1 B R A O ; zur Stimmenzahl siehe auch § 190 Abs. 1 BRAO. 55 § 78 Abs. 1 BRAO. 50 § 64 Abs. 1 BRAO. 57 § 82 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 55 Nr. 2 PatAnwO. 58 § 83 BNotO i. V. m. § 78 Nr. 5 BNotO. 59 § 84 BNotO. 80 § 86 Abs. 1 BNotO. 61 Amtliches Mitteilungsblatt der Landesnotarkammer Bayern u n d der Notarkasse Nr. 3/1964 u n d Nr. 1/1967. 62 Nach § 6 Abs. 2 lit. c i. V. m. § 2 Abs. 2 lit. b Satzung der Bundessteuerberaterkammer (Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [1]) hat die K a m merversammlung die Richtlinien festzusetzen. Diese Zuständigkeit beruht auf § 42 Abs. 3 i. V. m. § 42 Abs. 1 StBerG. 63 § 6 Abs. 5 u n d 6 Satzung der Bundessteuerberaterkammer (Klöcker/Mittelsteiner /Gehre, Handbuch, Gr. 17 [1]). 64 § 6 Nr. 1 lit. ο Satzung der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten (veröffentlicht i n Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [2]) i. V. m. § 42 Abs. 3 und 1 StBerG. 65 § 5 Satzung der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten (a.a.O. F N 1). 54

I V . Staatliche Beteiligung am Zustandekommen der Berufsordnungen

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D e r B e i r a t der Wirtschaftsprüferka.mmer™ ein von der Wirtschaftsy p r ü f e r v e r s a m m l u n g g e w ä h l t e s G r e m i u m 6 7 , i s t f ü r die F e s t s t e l l u n g der v o m V o r s t a n d ausgearbeiteten R i c h t l i n i e n z u s t ä n d i g . B e r u f s o r d n u n g e n f ü r Architekten werden i n den Bundesländern unterschiedlich v o n der L a n d e s v e r t r e t e r v e r s a m m l u n g 6 8 , der L a n d e s v e r s a m m l u n g 6 9 , der K a m m e r v e r s a m m l u n g 7 0 oder d e m V o r s t a n d d e r K a m m e r 7 1 festgelegt. Diese G r e m i e n bestehen aus a l l e n K a m m e r m i t g l i e d e r n 7 2 , gew ä h l t e n V e r t r e t e r n 7 3 oder d e n V o r s t a n d s m i t g l i e d e r n 7 4 » 7 5 . I V . Staatliche Beteiligung a m Zustandekommen der Berufsordnungen D i e W i r k s a m k e i t e i n e r B e r u f s o r d n u n g , d i e v o n e i n e r K a m m e r der Heilberufe erlassen w o r d e n ist, ist d u r c h w e g v o n e i n e r G e n e h m i g u n g eines L a n d e s m i n i s t e r s oder Senators (meist des Ressorts I n n e r e s oder Gesundheitsfragen) a b h ä n g i g 7 6 . E i n e besondere R e g e l u n g l i e g t n u r i n 66 § 7 Abs. 1 der Satzung der Wirtschaftsprüferkammer i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 3 WPO. 67 § 59 Abs. 2 WPO. 88 Baden-Württemberg: § 11 Nr. 1 l i t . a Satzung der Architektenkammer Baden-Württemberg v o m 18. J u n i 1959 (StAnz. Nr. 53) i. V. m. § 13 Abs. 2 lit. g ArchG (Bad.-Württ.). 69 Vgl. f ü r Bayern A r t . 10 Abs. 1 Satz 2 CSU-EArchG (Bay). 70 Hamburg: § 13 Abs. 2 l i t . a ArchG (Hamburg); Schleswig-Holstein: § 9 Abs. 2 l i t . b ArchG (Schl.-H.). 71 Saarland: Nach § 1 ArchG (Saar) hat die Architektenkammer die Aufgabe, einheitliche Grundsätze für die Berufsausübung aufzustellen. Da diese Aufgabe nicht anderen Organen vorbehalten ist (z. B. der Mitgliederversammlung, vgl. § 7 ArchG [Saar]), ist nach § 5 ArchG (Saar) der Vorstand für die Erfüllung dieser Aufgabe verantwortlich. 72 Hamburg: § 13 Abs. 1 ArchG (Hamburg); Schleswig-Holstein: § 9 Abs. 1 ArchG (Schl.-H.). 73 Baden-Württemberg: § 10 Satzung der Architektenkammer (oben F N 68). 74 Saarland: § 4 ArchG (Saar). 75 Nach A r t . 13 u n d 16 CSU-EArchG (Bay) sollen die gewählten Delegierten durch einen „ B e i r a t " ergänzt werden. 76 K a m m e r G (Bad.-Württ.) § 7 Abs. 3 K a m m e r G (Bay) A r t . 15 K a m m e r G (Berlin) § 11 Abs. 2 ÄrztekammerG (Hamburg) § 8 Abs. 2 ZahnärztekammerG (Hamburg) § 8 Abs. 2 ApothekerkammerG (Hamburg) § 11 Abs. 2 K a m m e r G (Hessen) § 13 Abs. 2 K a m m e r G (Nds.) § 20 Abs. 2 K a m m e r G (Nordrh.-Westf.) § 5 Abs. 3 Satz 2 K a m m e r G (Rh.-Pf.) § 7 Abs. 1 Satz 2 K a m m e r G (Saar) § 8 Abs. 3 ÄrztekammerG (Schl.-H.) § 18 Abs. 3 ZahnärztekammerG (Schl.-H.) § 18 Abs. 3 TierärztekammerG (Schl.-H.) § 18 Abs. 3.

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1.1. Abschn.: Die vorhandenen Regelungen

Bremen vor, wo eine Zustimmung erforderlich ist 7 7 . Daneben unterliegen die Kammern der Heilberufe noch der allgemeinen Staatsaufsicht, die i n der Regel als Rechtsaufsicht ausgebildet ist 7 8 , m i t Ausnahme von Hamburg, wo neben der staatlichen Rechtsaufsicht eine Weisungsbefugnis besteht, „soweit an die . . . Kammer staatliche Aufgaben übertragen worden worden sind" 7 9 . Eine Genehmigung der Richtlinien nach § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAO ist i n der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht vorgesehen, jedoch unterliegt die Bundesrechtsanwaltskammer der allgemeinen Staatsaufsicht (Rechtsaufsicht) 80 . Die Berufsordnung der Patentanwälte ist ebenfalls nicht genehmigungspflichtig, jedoch besteht eine allgemeine Staatsaufsicht über die Patentanwaltskammer 8 1 . Die Richtlinien für die Berufsausübung der Notare bedürfen der Genehmigung des Bundesministers der Justiz, soweit sie ihrer Rechtsnatur nach als Satzung anzusehen sind 8 2 . I m übrigen besteht eine Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht über die Bundesnotarkammer 8 3 . Für den Erlaß der Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer ist eine staatliche Genehmigung nicht erforderlich, jedoch ist die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliches Prüfungswesen vorher anzuhören 84 . Diese Arbeitsgemeinschaft w i r d durch den Deutschen Industrie- und Handelstag und die Wirtschaftsprüfer77

K a m m e r G (Bremen) § 20 Abs. 2 Satz 1. K a m m e r G (Bad.-Württ.) § 5 K a m m e r G (Bay) A r t . 17 K a m m e r G (Berlin) § 15 Abs. 1 K a m m e r G (Bremen) § 38 ÄrztekammerG (Hamburg) § 29 ZahnärztekammerG (Hamburg) § 29 ApothekerkammerG (Hamburg) § 30 K a m m e r G (Hessen) §§ 16 f. K a m m e r G (Nds.) §§ 35 ff. K a m m e r G (Nordrh.-Westf.) § 22 Abs. 2 K a m m e r G (Rh.-Pf.) § 12 Abs. 1 K a m m e r G (Saar) § 16 ÄrztekammerG (Schl.-H.) § 26 ZahnärztekammerG (Schl.-H.) § 26 TierärztekammerG (Schl.-H.) § 26 ApothekerkammerG (Schl.-H.) § 26. 79 ÄrztekammerG (Hamburg) § 30. 80 § 176 Abs. 2 BRAO. 81 § 57 PAO. 82 § 77 Abs. 2 BNotO. 83 § 77 Abs. 3 BNotO. 84 § 57 Abs. 1 Satz 4 WPO; zur Geschichte u n d den weiteren Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft v. Hinüber , Die Wirtschaftsprüfung 1967, S. 517 ff. 78

I. Berufsordnungen und Berufsgerichtsbarkeit

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kammer gebildet 85 . Die von dieser Arbeitsgemeinschaft erlassene Satzung bedarf der Genehmigung durch den Bundesminister für Wirtschaft 8 6 , der auch die allgemeine Staatsaufsicht über diese Arbeitsgemeinschaft führt 8 7 . Eine allgemeine Staatsaufsicht i n Form der Rechtsaufsicht ist nach der Wirtschaftsprüferordnung vorgesehen 88 . Während die Bundeskammer der Steuerberater nur einer staatlichen Rechtsaufsicht unterliegt 8 9 , hat die Bundeskammer für Steuerbevollmächtigte daneben i n ihrer Satzung festgesetzt, daß „die Satzung . . . der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf" 9 0 . Da die von der Mitgliederversammlung zu empfehlenden Grundsätze für berufsgerechtes Verhalten nicht an die Form einer Satzung gebunden sind 9 1 , ist auch für die Standesrichtlinien der Steuerbevollmächtigten keine Genehmigung vorgesehen. Sämtliche bestehenden Architefctenkammergesetze sehen eine Staatsaufsicht i n Form der Rechtsauf sieht vor 9 2 ; ein Genehmigungserfordernis für autonome Berufsordnungen ist jedoch nicht i n allen diesen Gesetzen enthalten 9 3 .

Zweiter

Abschnitt

Abgrenzungen u n d Überschneidungen I . Berufsordnungen und Berufsgerichtsbarkeit

Die hier behandelte Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Erlasses von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe ist vom Problemkreis der Berufsgerichtsbarkeit zu unterscheiden. Daher können auch die Erscheinungen der Vereinsgerichtsbarkeit privatrecht85

§ 65 Abs. 1 WPO. § 65 Abs. 2 WPO. 87 § 66 WPO. 88 § 66 WPO. 89 § 45 StBerG. 00 § 21 Satz 3 der Satzung der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten (Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [2]). 91 § 6 Nr. 1 lit. ο der Satzung (FN 90). 92 § 22 ArchG (Bad.-Württ.); § 24 Abs. 1 CSU-EArchG (Bay); § 24 ArchG (Hamburg); § 15 ArchG (Rh.-Pf.); § 15 ArchG (Rh.-Pf.); § 20 ArchG (Saar); § 20 ArchG (Schl.-H.). 93 Sie ist n u r enthalten i n : § 13 Abs. 4 ArchG (Bad.-Württ.), da die Berufsordnung Bestandteil der Satzung ist (§ 13 Abs. 2 ArchG [Bad.-Württ.]); A r t . 10 Abs. 1 Satz 3 CSU-EArchG (Bay); § 13 Abs. 3 ArchG (Hamburg). 86

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I. 2. Abschn.: Abgrenzungen und Überschneidungen

lieh organisierter Vereine 1 , die Betriebsgerichtsbarkeit als innerbetrieblicher Strafgerichtsersatz 2 und die „Hausgerichtsbarkeiten" der Ministerialressorts (z. B. die Finanzgerichtsbarkeit) außer Betracht bleiben. Die Berufsordnungen regeln den Inhalt der Berufspflichten für A n gehörige eines bestimmten Berufs. Sie stellen das materielle Berufsdisziplinarrecht dar. Die Berufsgerichtsbarkeit 3 ist dagegen das formelle Disziplinarrecht der einzelnen Berufe. Es umfaßt die Einrichtung der Gerichte und deren funktionelle und sachliche Zuständigkeit sowie das gerichtliche Verfahren. Bei der Verfahrensregelung sind von der Aufgabe her zwei Aspekte zu unterscheiden. Durch die Einrichtung der Berufsgerichtsbarkeit soll die Auferlegung von Sanktionen ermöglicht werden. Die Regelung des berufsgerichtlichen Verfahrens ist aber auch dazu bestimmt, dem, gegen den solche Sanktionen erlassen worden sind oder erlassen werden sollen, Rechtsschutz4 zu geben. Die materiellen Berufspflichten und die Einrichtung der Berufsgerichtsbarkeit sind i n unterschiedlicher Form geregelt. Das formelle Berufsdisziplinarrecht ist bei allen hier behandelten Berufen i n einem Gesetz5 oder einer Verordnung bestimmt. Die Festlegung der Berufspflichten erfolgt dagegen nur teilweise i n Gesetzesform und dann meist i n Form einer Generalklausel. Die nähere Umschreibung der Pflichten w i r d i n den Berufsordnungen der Kammern vorgenommen. 1

Dazu z. B. B G H Z 29, S. 352 ff. u n d Kaiser, Repräsentation, S. 296 f. Dazu B A G , J Z 1968, S. 335 ff. u n d Ruppi v.Zezschwitz, J Z 1955, S. 399 ff. (401). 3 Aus der neueren L i t e r a t u r zur Berufsgerichtsbarkeit sind zu nennen: Albers, Diss. S. 31 ff., Definition S. 32; Arndt, N J W 1964, S. 2146 (Vorrang der Berufsgerichtsbarkeit gegenüber ordentlicher Gerichtsbarkeit); Atzbach, Diss. S. 71 ff. (Betonung der geschichtlichen Entwicklung); Bettermann/Josephi in Kuhns, Heilberufe, S. 1/241 ff.; ΒettermannfWalter, N J W 1963, S. 1649 ff.; EtmerJBolck, Bundesärzteordnung, S. 20 (4) ff. ; Finkelnburg, Rechtsschutz, S. 3 ff., 12 ff.; Habscheid, N J W 1962, S. 1985 ff. (1990); Häberle, DÖV 1965, S. 369 ff. ; Kaiser, Repräsentation, S. 296 ff. (Berufsgerichtsbarkeit i n England, Frankreich und Deutschland); Meyer-Hentschel, DVB1. 1964, S. 53 ff. (insbesondere zur Frage der Gerichtsverfassung u n d dem Strafrahmen der Berufsgerichte für Heilberufe); Moller, Sondergerichte (dezidiert gegen das gegenwärtige System der Berufsgerichtsbarkeit); Ostermann, Diss. (Verbindung m i t Disziplinargerichtsbarkeit der Beamten; Geschichte der Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte u n d Heilberufe) ; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (816); Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (33); Stern, JuS 1964, S. 139 ff. (144) (Aufzählung der Berufsgerichte); Walter, Diss. S. 1 ff.; BVerfGE 4, S. 74 ff.; BVerfGE 18, S. 203 ff. (Vereinbarkeit m i t A r t . 19 Abs. 4 Satz 1 GG), dazu Rupp/v. Zezschwitz, JZ 1965, S. 399 ff.; BVerfGE 18, S. 241 ff., dazu Menger, JuS 1966, S. 66 ff.; BVerfG, N J W 1969, S. 2192 ff.; BVerwG, N J W 1960, S. 2262 (Gerichtseigenschaft von Landesberufsgerichten); BVerwG, N J W 1961, S. 2368 (Besetzung der Gerichte m i t Berufsangehörigen); OVG Koblenz, DVB1.1964, S. 80 ff. 4 Dazu besonders Erler, Selbstverwaltung, S. 32 ff. 5 So z.B. K a m m e r G (Bay) A r t . 37 ff.; zu den gesetzlichen Grundlagen der Berufsgerichtsbarkeit Β ettermannf Walt er, N J W 1963, S. 1649 ff. (1649); Albers, Diss. S. 34 ff. 2

I. Berufsordnungen u n d Berufsgerichtsbarkeit

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D i e H a u p t p r o b l e m e , die i n der L i t e r a t u r ü b e r die B e r u f s g e r i c h t s b a r k e i t a u f g e w o r f e n w e r d e n , ähneln o f t denen, die d u r c h die F e s t l e g u n g der B e r u f s p f l i c h t e n d u r c h die K a m m e r n entstehen. So t a u c h t i n b e i d e n B e reichen die F r a g e nach der Z u l ä s s i g k e i t der A u s ü b u n g r i c h t e r l i c h e r oder l e g i s l a t i v e r G e w a l t d u r c h die B e t r o f f e n e n selbst a u f 6 , die F r a g e der S t a a t l i c h k e i t d e r G e r i c h t e 7 b z w . d e r Rechtsetzung, der Z e r s p l i t t e r u n g der E n t s c h e i d u n g s o r g a n e 8 u n d der U n a b h ä n g i g k e i t der m i t w i r k e n d e n P e r sonen 9 . I n s t i t u t i o n e l l e Z u s a m m e n h ä n g e zwischen b e i d e n B e r e i c h e n bestehen d u r c h die B e r u f s k a m m e r n , d i e s o w o h l a m E r l a ß der B e r u f s o r d n u n g e n als auch a n der B e r u f s g e r i c h t s b a r k e i t m i t w i r k e n . A u c h s i n d b e i d e T ä t i g k e i t e n p e r s o n e l l eng m i t e i n a n d e r v e r z a h n t 1 0 . Sachlich ist es z w a r d e n k b a r , daß B e r u f s p f l i c h t e n v o n d e n K a m m e r n erlassen w e r d e n , ohne daß eine besondere B e r u f s g e r i c h t s b a r k e i t besteht, u m g e k e h r t i s t es jedoch n i c h t m ö g l i c h , daß eine D i s z i p l i n a r r e c h t s p r e c h u n g ausgeübt w i r d , ohne daß eine R e g e l u n g der m a t e r i e l l e n B e r u f s p f l i c h t e n gegeben ist. D a n u n diese m a t e r i e l l e R e g e l u n g w e i t g e h e n d d u r c h die B e r u f s k a m m e r n e r f o l g t , besteht auch i n dieser B e z i e h u n g e i n enger Z u sammenhang.

6 Ausländische Regelungen lassen die verschiedenen Möglichkeiten, durch wen die Standesaufsicht u n d Standesgerichtsbarkeit ausgeübt werden kann, erkennen: Durch die Standesorganisation selbst, die Gerichte, die Verwaltung oder eine K o m b i n a t i o n dieser Institutionen; dazu Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 37 ff.; Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 41, fordert eine zumindest maßgebliche M i t w i r k u n g der Anwaltschaft, da der Stand selbst f ü r die Ordnung i n den eigenen Reihen zu sorgen habe und das Recht selbst am besten kenne. Bedenken gegen eine eigene Gerichstbarkeit einzelner Berufe: Kaiser, Repräsentation, S. 300 (Machtdruck der Interessen verbände) ; Krüger, Staatslehre, S. 522 („allzu besondere Maßstäbe"); Menger, JuS 1966, S. 66 ff. (70) (Gleichheit); Rupp/v. Zezschwitz, J Z 1965, S. 399 ff. (401) (Gleichheit). 7 Albers, Diss. S. 56 ff.; Erler, Selbstverwaltung, S. 47 ff.; Häberle, DÖV 1965, S. 369 ff.; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 522; Menger, JuS 1966, S. 66 ff. (68); Roesler, Deutsches Ärzteblatt 1966, S. 603; Rupp/v. Zezschwitz, JZ 1965, S. 399 ff. (401); Weber, D Ö V 1952, S. 705 ff. (710); BVerfGE 18, S. 241 ff. (253); OVG Koblenz, GewArch. 1964, S. 213 f. (214). 8 Albers, Diss. S. 135 ff.; Finkelnburg, Rechtsschutz, S. 33 ff. und V o r w o r t ; Meyer-Hentschel, DVB1. 1964, S. 53 ff. (56 f.) m i t Verbesserungsvorschlägen (58 f.). 9 Albers, Diss. S. 84; Häberle, DÖV 1965, S. 369 ff. (371); Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Finkelnburg, Rechtsschutz, S. 44ff., 51, 55, 65; Kaiser, Repräsentation, S. 398; Menger, JuS 1966, S. 66 ff. (69); Rupp/v. Zezschwitz, JZ 1965, S. 399 ff. (403). 10 Vgl. Menger, JuS 1966, S. 66 ff. (66); Rupp/v. Zezschwitz, JZ 1965,S. 399 ff. (402); der personellen Verbindung hat der Beschluß des BVerfG, N J W 1965, S. 343, Grenzen gesetzt; dazu u n d zu den darauf erfolgten Änderungen der Kammergesetze Etmer/Bolck, Bundesärzteordnung, S. 20 (4 f) u n d 20 (4 h) ; m i t Nachweisen aus der früheren Rechtsprechung Erler, Selbstverwaltung, S. 51.

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I. 2. Abschn. : Abgrenzungen und Überschneidungen

Trotz der äußeren und inneren Verbindungen zwischen dem Erlaß von Berufsordnungen und der Rechtsprechung nach diesen Regelungen läßt sich zwischen beiden Bereichen eine Abgrenzung finden. I n dieser Untersuchung soll daher, sofern nicht eine zwingende Verbindung besteht, die Berufsgerichtsbarkeit ausgeklammert werden.

I I . Berufsordnungen und Sanktionen

Außer Betracht bleibt hier auch die Frage, ob und i n welchem Umfang bei einem Handeln gegen die Berufspflichten der Berufsordnungen Sanktionen 11 erlassen werden können. I n diesem Zusammenhang ergeben sich eine Fülle von Problemen, wie die Frage nach dem Zweck 1 2 der Sanktionen, der Rechtsnatur 13 und der Bezeichnung, des Verhältnisses dieser Maßnahme zur staatlichen Zulassung 14 oder nach der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Zumessung der Sanktionen. I n dieser Untersuchung sind die Sanktionen jedoch für die Frage von Bedeutung, ob durch den Erlaß von Berufsordnungen subjektive Rechte der Berufsangehörigen eingeschränkt werden oder eingeschränkt werden können. Auch die Rechtsnatur der Richtlinien der rechts-, Steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe hängt u. a. von den Sanktionen ab, da die Durchsetzbarkeit der materiellen Regelung ein wichtiges Kennzeichen der Verbindlichkeit ist. 11 Bettermann/Josephi i n Kuhns, Heilberufe, S. 1/243; Erler, Selbstverwaltung, S. 69 ff.; zu den Sanktionen ausländischer Berufsverbände und K a m m e r n Kaiser, Repräsentation, S. 296 f. u n d F N 13 f.; Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 39; Meyer-Hentschel, DVB1. 1964, S. 53 ff. (53 f., 57 f.); Nijgh, Geschichte, S. 395 (Niederlande); Ostermann, Diss. S. 33 ff.; Rosenthal, Rechtsanwaltschaft, S. 39 (DDR); Stoeber, Anwaltschaft, S. 261 ff. (Frankreich); BVerwG, N J W 1961, S. 935 f. (Rügen sind keine Verwaltungsakte). 12 Everling, Ehrenordnungen, b r i n g t dies auf die einfache Formel, daß eine Ausstoßung aus dem Berufsstand erforderlich sei, w e n n der „Standesgenosse" untragbar sei, eine Erziehungsmaßnahme dagegen genüge, wenn dadurch der Stand f ü r die Z u k u n f t reinerhalten werden könne. Dieses von der Ehrenhaftigkeit des Standes u n d des Standesgenossen ausgehende Denken weicht nur langsam der Begründung der öffentlichen Bedeutung der Tätigkeit bestimmter Berufe und der deshalb erforderlichen Überwachung dieser Tätigkeit. Vgl. für die letztere Begründung Albers, Diss. S. 31 f. und Erler, Selbstverwaltung, S. 69. 13 BVerwG, DVB1. 1959, S. 365 f. (Sanktionen als Ausfluß delegierter staatlicher Gewalt). 14 Vgl. Albers, Diss. S. 120 f.; Bettermann/Walter, N J W 1963, S. 1649 ff. (landesrechtliche Vorschriften über berufsgerichtliche Maßnahmen, die i n die Berufsausübung der Heilberufe eingreifen, verstoßen gegen bundesrechtliche Zulassungsregelungen); Finkelnburg, Rechtsschutz, S. 19 bis 29; Hopfner, BayVBl. 1960, S. 103 ff., 1962, S. 203 ff.; Meyer-Hentschel, DVB1. 1964, S. 53 ff. (60); Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (441) (Zulassung zum Beruf sollte i n staatlichen Händen sein); Weber, D Ö V 1952, S. 705 ff. (710).

I I I . Berufsordnungen u n d materielle Berufspflichten

29

I I I . Berufsordnungen und materielle Berufspflichten

Neben der Abgrenzung des Themas zum berufsgerichtlichen Verfahren und zu den möglichen Ahndungsmaßnahmen ist auch eine Eingrenzung gegenüber den Berufspflichten selbst, die den Inhalt der Berufsordnungen darstellen, erforderlich, Die verfassungsrechtliche Grundlage für eine Regelung beruflicher Tätigkeit ergibt sich durch Art. 12 Abs. 1 GG 1 5 . Für die Auslegung des materiellen Teils von A r t . 12 Abs. 1 GG hat das sog. Apothekenurteil 1 6 des BVerfG maßgebliche Bedeutung, dessen Grundzügen sich fast die gesamte Lehre 1 7 und Rechtsprechung angeschlossen haben 18 . Die entscheidenden Feststellungen dieses Urteils sind die Erstreckung der Regelungsbefugnis auf Berufswahl und Berufsausübung und die verstärkte Heranziehung des Erforderlichkeitsgrundsatzes für den Umfang der Regelungsbefugnis. Ein Zusammenhang zwischen den materiellen Berufspflichten und der Kammerkompetenz für ihre Regelung besteht hinsichtlich der Betroffenheit der Berufsangehörigen 19 . Z u der Garantie von A r t . 12 Abs. 1 GG gehört nicht nur die Bestimmung der Regelungsintensität, sondern auch die Festlegung, durch wen und i n welchem Verfahren die Regelung vorgenommen werden darf. Zum Grundrechtsgehalt von A r t . 12 Abs. 1 GG und somit auch zu den Rechten des Grundrechtsträgers ist daher sowohl die Regelungskompetenz als auch der Regelungsumfang zu zählen. Eine weitere Verbindung zwischen beiden Bereichen ergibt sich dann, wenn man die Stufentheorie auch auf die Regelungskompetenz überträgt und bestimmte Berufspflichten nur vom staatlichen Gesetzgeber, andere (z. B. für den Berufsangehörigen weniger einschneidende) auch durch die Kammern regeln läßt. 15 I n der bayerischen Verfassung ist die Regelung von Berufswahl und Berufsausübung nicht speziell geregelt, es muß auf andere Grundrechte zurückgegriffen werden (Art. 101,109,166 f. B V ) ; vgl. dazu Leisner, Bayerische Grundrechte, S. 75. 18 BVerfGE 7, S. 377 ff. 17 Bachof, GR I I I / l S. 155 ff.; Bachof/Heidenhain, Berufsfreiheit, S. 9 ff.; Hamann, N J W 1958, S. 1801 ff.; Hesse, Grundzüge, S. 158 f.; Herzog, EvStL, Sp. 155 ff. (156); Leisner, JuS 1962, S. 463 ff.; Leisner, JZ 1964, S. 201 ff. (204) (kritisch); Lerche, BayVBl. 1958, S. 231 ff.; Maunz, Staatsrecht, S. 157 ff.; Maunz i n Maunz/DürigiHerzog, A r t . 12 GG, insbes. R N 9, 29 bis 56 sowie umfangreiche Literaturhinweise; Menzel, Berufswahl; Rupp, N J W 1965, S. 993 ff. (Vorw u r f der Inkonsequenz für die Rechtsprechung des BVerfG nach Erlaß des Apothekenurteils); Rupp, AöR 9-2 (1967), S. 212ff.; Scheuner, DVB1. 1958, S. 845 ff.; Scholtissek, Küchenhoff-Festgabe, S. 203 ff.; Stein, Staatsrecht, S. 162 ff.; Uber, Freiheit des Berufs; Widmer, Gewerbefreiheit (rechtsvergleichend BRD —Schweiz); zum U r t e i l selbst: Bachof, J Z 1958, S. 468 ff. 18 BVerfGE 11, S. 30ff. (Kassenarzt); E 13, S. 97ff. (HandwerksO); E 16, S. 147 ff. (Werkfernverkehr); E 18, S. 353 ff. (Devisenbewirtschaftungsgesetz); E 19, S. 330 ff.; BVerwG, DVB1.1967, S. 149 ff. 10 I n diesem Sinne auch Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 257.

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I. 3. Abschn. : Meinungsstand

Diese Untersuchung soll jedoch auf die Regelungskompetenz be-* schränkt werden. Die Frage des Regelungsurafangfs soll nur einbezogen werden, wenn, wie i m letztgenannten Fall, davon die Zuständigkeit zum Erlaß von Regelungen abhängt. Dritter

Abschnitt

Meinungsstand I. Stellungnahmen zu den Berufsordnungen generell

Eine voraussetzungslose Zulässigkeit von Berufsordnungen w i r d heute i n der verfassungsrechtlichen L i t e r a t u r nicht vertreten. Diese Ansicht k l i n g t n u r teilweise i n rechtspolitischen Stellungnahmen der K a m m e r n an, wobei insbesondere an ein naturrechtliches Verständnis sozialer Gemeinschaften angeknüpft w i r d . Eine A r t von verfassungsrechtlich ungebundener Rechtsetzungsmacht hatten die K a m m e r n i n der jüngsten Vergangenheit zwischen 1933 und 1945. Diese natürliche Eigenständigkeit der K a m m e r n wurde damit begründet, daß durch „Ehrenordnungen" die Ehre des Standes u n d der Standesgenossen zu schützen sei, diese Ehre eine berufsständische Qualität sei u n d daher n u r von den Organen des Standes selbst aufgestellt werden könne 1 . Dem stand jedoch die politische Bindung der K a m m e r kompetenzen gegenüber, die ihrer Intensität nach bedeutend stärker war, als die heutige Ausgestaltung des Kammerrechts. Auch die Meinung, Berufsordnungen der K a m m e r n seien generell unzulässig, w i r d n u r i n Ansätzen vertreten. Einen Versuch, dieser A u f fassung rechtliche Geltung zu verschaffen, unternahm die amerikanische Militärregierung unmittelbar nach dem Kriege, indem sie eine Neuorganisation der K a m m e r n der Wirtschaft u n d der freien Berufe verhindern w o l l t e 2 und damit auch den Erlaß von Berufsordnungen durch Kammern. Eine Posi t i vierung fand diese Auffassung i n A r t . 179 B V , der auf Anregung der amerikanischen Besatzungsbehörden vom bayerischen 1 Vgl. Everling, Ehrenordnungen, S. 76 ff., der sich gegen die Auffassung von der staatlichen Natur des Straf an spruches wegen Verletzung der Berufsehre wendet. Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (441), dagegen warnt davor, konstituierende Entscheidungen über die Berufszulassung den Selbstverwaltungskörperschaften anzuvertrauen. 2 Vgl. Friedrich, Verfassungsstaat, S. 546; zur Auflösung der wiedererrichteten bayerischen Landesärztekammer am 22. Juni 1949 durch die amerikanische Militärregierung Sewering, Ärztliche Standesvertretung, S. 3; ähnlich in Hessen (amerikanische Militärdirektive vom 19. November 1948 m i t Erlaß des hess. Ministeriums des Innern vom 3. Februar 1949 [StAnz. S. 48]).

I. Stellungnahmen zu den Berufsordnungen generell

31

Verfassungsgeber aufgenommen wurde 3 . Entgegen Wortlaut und Entstehungsgeschichte3 w i r d i n Literatur 4 und Rechtsprechung 5 versucht, diese Verfassungsbestimmung abzuschwächen und der heutigen A u f fassung über Berufskammern anzugleichen. Grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit von Berufsordnungen der Kammern trägt auch Hamann 6 vor. Er geht von einer strukturellen Identität von Rechtsverordnung und Satzung aus und wendet daher Art. 80 Abs. 1 GG i n vollem Umfang auch für Satzungen an. Dies hat zur Folge, daß seiner Meinung nach sämtliche Berufsordnungen, die auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung für eine Berufskammer ergangen sind, soweit sie Geltung als Rechtsnormen haben sollen, verfassungswidrig sind. Die weit überwiegende Meinung i n Literatur und Rechtsprechung bejaht die grundsätzliche Zulässigkeit von Berufsordnungen, macht jedoch teilweise die Verfassungsmäßigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig. Von den meisten Stimmen w i r d die Zulässigkeit von Berufsordnungen als Auswirkung einer den Berufskammern verliehenen Autonomie oder eines Rechts zur Selbstverwaltung angesehen7. Die Begriffe Selbstverwaltung und Autonomie werden dabei meist für die gleiche Erscheinung verwendet. Teils w i r d die Fähigkeit der Kammern, Berufsordnungen zu erlassen, von einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung abhängig gemacht 8 , teils w i r d sie als mit den Rechten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verbunden betrachtet 9 . Die Zulässigkeit von Berufsordnungen w i r d auch mit dem „besonderen Gewaltverhältnis" 1 0 , i n dem die Kammerangehörigen stehen, oder mit der institutionellen Garantie 1 1 der Kammern und ihrer herkömmlichen Rechte begründet. Aus den Definitionen der Autonomie und Selbstverwaltung durch manche Autoren kann entnommen werden, daß sie, wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt, auch

3 Vgl. ausführlich zu den Motiven des bayerischen Verfassungsgebers Zacher i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 179 B V R N 1, 2. 4 Zacher i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 179 B V R N 5; Zacher, JöR Bd. 15 (1966), S. 353, 384 f. 5 BayVerfGHE 4, S. 30 (36 ff.); E 4, S. 150 (160); E 18, S. 108 (110). 6 Autonome Satzungen, S. 78 f., 82, sowie N J W 1958, S. 811 ff. (814). 7 So z.B. Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (465); B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304). 8 So z. B. Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); Frotscher, DVB1. 1968, S. 904 ff. (905); BSG, Sozialgerichtsbarkeit 1966, S. 511 ff. (513). 9 Siehe unten S. 98 ff. 10 Siehe unten S. 107 F N 133. 11 Siehe unten S. 97 f.

32

I. 3. Abschn. : Meinungsstand

Berufsordnungen als zulässige Verwirklichung autonomer Rechte ansehen 12 . Von allen diesen Stimmen werden jedoch Grenzen für den Erlaß der Berufsordnungen anerkannt, wobei deren Umfang strittig ist. Es w i r d eine Staatsaufsicht über Zustandekommen und Inhalt der Berufsordnungen gefordert, die als Rechtmäßigkeitsprüfung oder als Befugnis zur Sachprüfung durch die Aufsichtsbehörde ausgestaltet sein kann 1 3 . Diese Anerkennung der Staatsaufsicht i n Verbindung mit der Ablehnung jeglichen originären Rechtsetzungsrechts der Kammern hat zur Folge, daß staatlichen Organen das Recht gegeben wird, jede Angelegenheit der Kammer wieder an sich zu ziehen 14 . Eine Begrenzung für die Berufsordnungen w i r d auch i m Umfang der Aufgaben, die eine Kammer erhalten hat, gesehen; diesen Aufgabenkreis könne sie nicht selbständig erweitern 1 5 . Teilweise zieht man das Bestimmtheitsgebot von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG i n sinngemäßer Anwendung für Berufsordnungen heran 1 6 . Eine neue Entwicklung zeichnet sich i n der Richtung ab, daß die Stufentheorie des BVerfG i m Apothekenurteil auch für die Kompetenz von berufsregelnden und -einschränkenden Rechtssätzen fruchtbar gemacht wird. Danach dürfen die Kammern eine Regelung treffen, wenn diese eine Berufsausübungsregelung darstellt, und das Parlament hat die alleinige Regelungsbefugnis, wenn die Regelung in die Berufswahl eingreift 1 7 .

I I . Stellungnahmen zu einzelnen Berufsordnungen

Die „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts, Richtlinien gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO" nehmen i n der Beurteilung durch Literatur und Rechtsprechung gegenüber anderen Berufsordnungen eine Sonderstellung ein. Bei diesen Richtlinien w i r d einer verfassungsrechtlichen Prüfung der Regelungskompetenz und des Regelungsumfangs der Kammer dadurch aus dem Wege gegangen, daß man die Rechtsnormqualität der Bestim12

So Forsthoff, Lehrbuch, S. 446; Schick, EvStL, Sp. 105 f. Dazu unten S. 140 ff. 14 Starci c, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (469). 15 So Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304). 16 Dazu unten S. 121 ff. 17 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff., 468 ff., der die Ansätze von Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff., 532 unten und 533 oben sowie F N 93, zu einem Stufendenken weiter ausbaut. Auch die verstärkte Verwendung des Verhältnismäßigkeitsgedankens bei der Auslegung von Berufsordnungen gehört zu dieser E n t w i c k lung (vgl. Starck, AöR 92 [1967], S. 449 ff., 469). 13

I . Stellungnahmen zu e n

Berufsordnungen

33

mungen ablehnt 1 8 . Als unverbindliche Regelung wäre damit ihre Gültigkeit nicht davon abhängig, ob sie m i t den Bestimmungen des Grundgesetzes und den allgemeinen Verfassungsgrundsätzen vereinbar sind. Die Prüfung eines Verhaltens an Hand der Richtlinien ist zulässig, jedoch keine Prüfung der Richtlinien selbst. Die Fragen nach der Vereinbarkeit der Richtlinien mit A r t . 80 und Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, m i t notwendigen staatlichen Aufsichtsrechten und m i t dem zulässigen sachlichen Geltungsumfang treten gar nicht erst auf. Unter den Stellungnahmen, die sich speziell mit den Berufsordnungen der Heilberufe befassen, findet sich keine, die eine solche Regelung der Berufspflichten grundsätzlich ablehnt. Kritische Anmerkungen werden zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes 19 und an den Umfang der Materie, die durch Berufsordnungen geregelt werden kann 2 0 , gemacht. Eine neuere Meinung wendet die Stufentheorie des BVerfG für die materielle Einschränkung von A r t . 12 GG auch auf die Frage an, durch wen eine Einschränkung der Berufsfreiheit erfolgen kann 2 1 . Die weit überwiegende Zahl der Äußerungen zu den ärztlichen Berufsordnungen geht von einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit aus und beschränkt sich auf erläuternde und referierende Anmerkungen 2 2 , sowie auf die Wiedergabe des Textes 23 . Soweit eine Begründung für die Zulässigkeit gegeben wird, sieht man sie i n der Aufgabenzuweisung durch den Gesetzgeber i n den Kammergesetzen der Länder 2 4 , i m demokratischen Gedanken, der eine Selbst18 Bülow, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 177 A n m . 3; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Hamann, Anwaltsblatt 1962, S. 166 ff. (167); Hamann, Autonome Satzungen, S. 21; Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 A n m . 1; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (810); Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , S. 272 (§ 94 I d 1) ; EGHE I, S. 132. 19 Lerche, DVB1.1958, S. 524 ff. (533). 20 Atzbach, Diss. S. 71, 70 bezüglich des Adressaten- u n d Aufgabenkreises; Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff. (487); Redeker, DVB1. 1952, S. 202 f. (239); dagegen Weber, DÖV 1952, S. 705 ff. (708). 21 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (465, 469 ff.). 22 Atzbach, Diss. S. 71, 70; Eberhard, D Ö V 1959, S. 620 ff. (622); Etmer/Bolck, Bundesärzteordnung, Einführung, S. 20 (5); Haedenkamp, Hamburger Ärzteblatt 1948, S. 195 ff. (197); Heß, Ärztliche Mitteilungen 1962, S. 736 f. (736); Krahn, Diss. S. 87; Messmer, Diss. S. 26; Roos, Ärztliche Mitteilungen 1955, S. 534 ff. (536); Rupp, Diss. S. 21; Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff.; Weber, DÖV 1952, S. 705 ff. (708, 710); Weissauer, Bayerisches Ärzteblatt 1961, S. 114 ff. (118); Weissauer/Poellinger, Berufsordnungen; die i n ärztlichen Zeitungen erschienenen Beiträge können hier n u r beispielhaft genannt werden, da sie i n nicht mehr übersehbarer Z a h l erscheinen. 23 Daniels/ Bulling, Bundesärzteordnung, S. 387 ff. (407); Etmer/Bolck, Bundesärzteordnung, C 13 bis 23 sowie A 2. 24 Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (622).

3 Brandstetter

I. 3. Abschn. : Meinungsstand

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Verwaltung der freien Berufe verlange 25 oder i n der geschichtlichen Tradition der Ärztevereinigungen und Ärztekammern und ihres Rechtes zum Erlaß eigener Berufsordnungen 26 . Ein Zweifel an der Geltung der Berufsordnungen als Rechtsnormen w i r d nicht erhoben. Auch die Rechtsprechung hält die durch Kammern der Heilberufe erlassenen Berufsordnungen für zulässig 27 , macht ihre Verfassungsmäßigkeit jedoch von bestimmten Voraussetzungen abhängig 28 . Die Richtlinien der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten werden ähnlich denen der Anwälte beurteilt. Als ausreichende Rechtsgrundlage w i r d § 43 StBerG angesehen 29 , der zwar keine umfassende Zuständigkeit der Kammern begründe, jedoch weit auszulegen sei 30 . Eine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlaß von Richtlinien sei nicht erforderlich 31 . Ähnlich den Richtlinien für Rechtsanwälte werden die der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten nicht als Rechtssätze angesehen 32 . Dadurch w i r d auch hier verhindert, daß die Richtlinien an den Verfassungsbestimmungen, wie z. B. dem Gesetzesvorbehalt in A r t . 12 GG oder den Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung oder der Regelung selbst, gemessen werden. Auch die Meinungen zu den Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer entsprechen denen zu den Richtlinien der steuerbera25

Haedenkamp, Hamburger Ärzteblatt 1948, S. 195 ff. (197). Hess, Ärztliche Mitteilungen 1962, S. 736 f. (736); Hess, Ärztliche M i t t e i lungen 1952, S. 141 ff.; Neuffer, Ärztliche Mitteilungen 1952, S. 40 ff. (42); Weissauer, B a y Ä B l . 1961, S. 114 ff. (116). 27 B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304); BVerwG, D Ö V 1966, S. 795 f. (795). (Dieses U r t e i l geht anscheinend davon aus, daß Berufsordnungen unter den Oberbeg r i f f Verordnungen fallen.) BSG, Sozialgerichtsbarkeit 1966, S. 511 ff. (513); BayVerfGHE 18, S. 166 ff. (172); O V G Koblenz, GewArch. 1966, S. 276 f.; OVG Lüneburg, VerwRspr. 10, S. 911 ff.; OVG Münster, VerwRspr. 14, S. 237; O L G Stuttgart, B B 1963, S. 495. 28 B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304) (innerhalb Zweck und Aufgabenkreis der Körperschaft); BVerwG, DÖV 1966, S. 795 f. (796) (Aufgabenkreis); OVG K o b lenz, GewArch. 1966, S. 276 f. (Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes) ; OVG Lüneburg, VerwRspr. 10, S. 911 ff. (914) (Aufgabenkreis). 29 I n diesem Sinn auch Begründung zum E n t w u r f des StBerG BundestagsDrucks. I I I 128 Nr. 78; Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229 f.); zur autonomen Beitragssatzung der Steuerberaterkammern: OVG Lüneburg, DÖV 1968, S. 775 f. 30 Bühring, Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1963, S. 282 ff. (283); Hofferberth, DStR 1964, S. 661 ff. (662); einschränkend: Nake, Der Betrieb 1961, S. 1401 ff. (1403). 31 Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229). 32 Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (166); Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309) (kein gesetzesähnlicher Charakter); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229 f.). 26

I I . Stellungnahmen zu einzelnen Berufsordnungen

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tenden Berufe 3 3 ; sie werden nicht als Rechtsnormen, sondern als Erläuterungen von Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung betrachtet. Soweit Berufsordnungen für Architekten i n manchen Bundesländern bereits bestehen, werden über deren Rechtmäßigkeit keine Zweifel erhoben 84 .

33 von Andrenyi, B B 1961, S. 761 ff. (762 f.); Dieterich, Die Wirtschaftsprüfung 1965, S. 557 ff. (557); zur Rechtslage v o r I n k r a f t t r e t e n der Wirtschaftsprüferordnung, BVerwG, DVB1.1959, S. 365 f. 34 Neumann-Duesberg/Ullrich, Berufsrecht, S. 15; V G H Bad.-Württ., Bad.W ü r t t . VB1.1966, S. 173 f. 3*

ZWEITER T E I L

Grundsätzliche verfassungsrechtliche Beurteilung des Erlasses von Berufsordnungen Erster

Abschnitt

D a s G r u n d g e s e t z als Prüfungsmaßstab für Berufsordnungen A . D i e Rechtsverbindlichkeit von Berufsordnungen Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Berufsordnungen hat zur Voraussetzung, daß es sich dabei um Rechtssätze oder um rechtssatzähnliche Regelungen handelt. Wenn die Berufsordnungen nämlich die bloße Wiedergabe eines tatsächlichen Verhaltens der Berufsangehörigen wären, würde von ihnen keine Rechtswirkung ausgehen und eine Kontrolle ihrer Verfassungsmäßigkeit an Hand der Verfassung könnte nicht erfolgen. Auch soweit die Richtlinien als unverbindliche Meinungsäußerungen, Empfehlungen und Ratschläge beurteilt werden, kann verfassungsrechtlich nur geprüft werden, ob diese Äußerungen zum Aufgabenkreis der Kammer gehören, nicht jedoch, ob sie Grundrechte berühren. I . Meinungsstand

1. Die allgemeine Meinung zu den Berufsordnungen der Heilberufe geht davon aus, daß diese eine rechtsverbindliche Regelung der Berufspflichten darstellen. Dies w i r d mit der ausdrücklichen Betonung der Verbindlichkeit i n den Kammergesetzen selbst begründet und mit den entsprechenden Formulierungen der auf dieser Grundlage erlassenen Beruf sordnungen 1 . Auch aus der Satzungsnatur 2 der Berufsordnungen w i r d gefolgert, daß diese rechtsverbindlich sind und Rechtssatzqualität haben 3 . 1 So Weissauer, B a y Ä B l . 1961, S. 114 ff. (116) und die i n F N 2 und 3 genannten Autoren. § 10 K a m m e r G (Bremen); § 8 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 ÄrztekammerG (Hamburg); § 5 Abs. 3 Satz 1 K a m m e r G (Nordrh.-Westf.): § 4 Abs. 4

Α. Die Hechtsverbindlichkeit von Berufsordnungen

37

M e i n u n g e n z u d e n B e r u f s o r d n u n g e n d e r Architekten h a b e n sich noch n i c h t a b g e k l ä r t , da A r c h i t e k t e n g e s e t z e erst seit k u r z e r Z e i t bestehen. D i e V o r b e r e i t u n g e n z u m E r l a ß d e r B e r u f s o r d n u n g e n u n d die ersten S t e l l u n g n a h m e n d a z u 4 d e u t e n jedoch auf eine A n l e h n u n g a n die ä r z t l i c h e n Regelungen hin. D i e A u f f a s s u n g e n z u d e n R i c h t l i n i e n der rechts-, Steuer- und wirtschaftsberatenden B e r u f e s i n d i n s o f e r n e i n h e i t l i c h , als sie ü b e r w i e g e n d die R i c h t l i n i e n f ü r d e n F a l l , daß sie als Rechtssätze e i n z u s t u f e n w ä r e n 5 , als u n z u l ä s s i g ansehen. A l s G r ü n d e d a f ü r w e r d e n die abschließende R e g e l u n g v o n A r t . 80 A b s . 1 Satz 2 G G 6 , die fehlende E r m ä c h t i g u n g i n § 177 A b s . 2 N r . 2 B R A O 7 , die fehlende B e s t i m m t h e i t der E r m ä c h t i g u n g 8 u n d das V e r b o t v o n Rechtsetzung d u r c h d e n ständischen Gesetzgeber o h n e staatliche M i t w i r k u n g g e n a n n t 9 . U n t e r B e z u g auf die Entstehungsgeschichte w e r d e n die R i c h t l i n i e n t e i l weise als G e w o h n h e i t s r e c h t 1 0 oder als a u f B e r u f s k r e i s e begrenztes Gew o h n h e i t s r e c h t ( O b s e r v a n z ) 1 1 q u a l i f i z i e r t , der B a y V e r f G H b e h a n d e l t sie analog d e n V e r o r d n u n g e n 1 2 . D i e B e u r t e i l u n g der R i c h t l i n i e n als Rechtsn o r m e n w i r d ü b e r w i e g e n d a b g e l e h n t 1 3 . W e i t g e h e n d w e r d e n die R i c h t K a m m e r G (Rh.-Pf.); § 9 Abs. 1 K a m m e r G (Saar); m i t anderer Betonung: § 4 Abs. 3 K a m m e r G (Berlin) („Ordnungsvorschriften"). 2 Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); Frotscher, DVB1. 1968, S. 904 ff. (905); Hess, Ärztliche Mitteilungen 1952, S. 141 ff.; Redeker i n Kuhns, Heilberufe, S. 1/12; Rupp, Diss. S. 21; W eissauer/Poelling er, Berufsordnungen, S. 8 f. sowie S. 9 F N 11; B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304); BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (166); Bay VerfGHE 5, S. 161 ff. (161), Leitsatz 1. 3 Forsthoff, Lehrbuch, S. 135 f.; Kiess, Diss. S. 17 ff.; Knott, Diss. S. 13; Leibholz/Rinck, GG, A n m . 11 vor A r t . 70 bis 82. 4 So Neumann-Duesberg/Ullrich, Berufsrecht, S. 16, die sogar die von den privatrechtlichen Vereinigungen aufgestellten Berufsordnungen als verbindlich für alle Architekten ansehen. 5 Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174; Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 166; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Hamann, Autonome Satzungen, S. 20 f. 6 Arndt, Anwaltsblatt 1962, S. 174; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814). 7 Arndt, Anwaltsblatt 1962, S. 174 (statt „§ 117 Nr. 2 B R A O " soll es w o h l "§ 177 Abs. 2 Nr. 2 B R A O " heißen). 8 Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814). 9 Hamann, Autonome Satzungen, S. 20; Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 167. 10 Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165, 167); a. A. Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229); Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 A n m . 1; Nijgh, Geschichte, S. 365; Schmitz, N J W 1963, S. 1284 ff. (S. 1285); f ü r ausländische Berufsordnungen vgl. Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 15 F N 4. 11 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (465); Starck, Berufsordnungen, S. 32. 12 Dazu vgl. BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (166). 13 Bülow, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 177 A n m . 3; Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (166); Hamann, Autonome Satzungen, S. 21; Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 166 ff. (167); Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 A n m . 1; Rawald, FR 1965, S.

38 I I . 1. Abschn.: Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen l i n i e n als S t a n d e s s i t t e 1 4 , A u s d r u c k des a l l g e m e i n e n S t a n d e s b e w u ß t s e i n s 1 5 , S p i e g e l b i l d d e r c o m m u n i s o p i n i o 1 6 oder als w e r t v o l l e S a m m l u n g der S t a n d e s g r u n d s ä t z e 1 7 angesehen. D i e m a n g e l n d e R e c h t s n o r m q u a l i t ä t w i r d auch d a m i t b e g r ü n d e t , daß d i e R i c h t l i n i e n bloße Ratschläge u n d E m p f e h l u n g e n 1 8 eines e r f a h r e n e n G r e m i u m s sind, daß sie d e n C h a r a k t e r e i n e r g u t a c h t l i c h e n S t e l l u n g n a h m e h a b e n 1 9 , daß sie die A u s l e g u n g einer i n der Generalklausel f o r m u l i e r t e n allgemeinen Berufspflicht sind20, die zwar s c h r i f t l i c h fixiert ist, jedoch k e i n e e n d g ü l t i g e V e r b i n d l i c h k e i t h a t oder daß sie i m R a h m e n eines besonderen G e w a l t v e r h ä l t n i s s e s g e l t e n 2 1 . W e g e n der V e r ä n d e r l i c h k e i t d e r Standesauffassung w i r d d e n B e r u f s a n g e h ö r i g e n der Gegenbeweis zugestanden, daß eine V o r s c h r i f t d e r R i c h t l i n i e n n i c h t m e h r der Standesanschauung entspricht. T e i l w e i s e w e r d e n die R i c h t l i n i e n als bloße A u f z e i c h n u n g u n d F e s t s t e l l u n g 2 2 oder als B e i t r a g f ü r die A u s b i l d u n g eines e i n h e i t l i c h e n Standesrechts angesehen 2 3 . Trotz a u s d r ü c k l i c h e r A b l e h n u n g der R e c h t s s a t z q u a l i t ä t d e r R i c h t l i n i e n 229 ff. (229 f.); dazu kritisch Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (217 F N 6); Scheuner i n Peters Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (810); Schmitz, N J W 1963, S. 1284ff. (widersprüchlich); Wolff , Verwaltungsrecht I I , S. 272 (§ 94 I d 1); Ehrengerichtshof f ü r die britische Zone, E G H E I, S. 132; Bayerischer Ehrengerichtshof, E G H E I I , S. 150 ff. (152); ebenso werden die durch die Industrie- u n d Handelskammern festgestellten Handelsbräuche oder andere von diesen K a m mern erlassenen Richtlinien beurteilt; dazu Nachw. bei Brohm, Strukturen, S. 75 f. 14 Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174; Burchardt, DStR 1965, S. 472; Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165) („Berufsethos"); Kalsbach, Fragen, S. 6. 15 Kalsbach, Standesrecht, S. 16 f.; Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, §43 A n m . 1; Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229); Wolff, Verwaltungsrecht I I , S. 272 („Meinung aller anständig u n d gerecht denkenden Rechtsanwälte"). 16 Imme, JR 1957, S. 281 ff. (281); Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 Anm. 1; Kalsbach, Fragen, S. 6; Kalsbach, Standesrecht, S. 17. 17 Bülow, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 177 A n m . 3; ähnlich Hamann, Autonome Satzungen, S. 21; Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229). 18 Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174; Dieterich, Die Wirtschaftsprüfung 1965, S. 557 ff. (557); Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 169. 19 Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174; Kalsbach, Standesrecht, S. 15 f. 20 Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); Burchardt, DStR 1965, S. 472 ff. (472); Dieterich, Die Wirtschaftsprüfung 1965, S. 577 ff. (557); Imme, JR 1957, S. 281 ff. (281); Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309 f.); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (230). 21 Hummel, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 105; dagegen Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 167 f. 22 Bülow, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 177 A n m . 3; Hamann, Autonome Satzungen, S. 20 f.; Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (309); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (229); B G H S t E 18, S. 77 f.; E G H britische Zone, E G H E V, S. 241; Begründung zum E n t w u r f der BRAO, BT-Drucks. I I 1014, S. 121. 23 Begründung zum E n t w u r f der BRAO, BT-Drucks. I I 1014, S. 121, die von einem „Bedürfnis für Zusammenfassung der standesrechtlichen Grundsätze" spricht.

Α. Die

echtsverbindlichkeit von Berufsordnungen

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greifen jedoch manche Autoren ständig auf die Begriffe „Standesrecht" und „Rechtsnorm" zurück 2 4 . Die Rechtsprechung verwendet die Richtlinien nicht ausdrücklich als Rechtsgrundlage für die Rechtsfindung, sondern zieht sie als Erkenntnisquelle dafür heran, was nach der Auffassung angesehener und erfahrener Standesgenossen der Würde des Standes entspreche 25 . Durch die Qualifizierung der Richtlinien als Aufzeichnungen ohne Rechtssatzcharakter w i r d die Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Überprüfung vermieden. 2. Bei einem Überblick über den Meinungsstand fällt besonders auf, daß fast sämtliche Äußerungen zu den Berufsordnungen und Richtlinien die Berufsordnungen der Heilberufe als Rechtssätze beurteilen, während den Richtlinien der rechts-, Steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe eine unter dem Rechtssatz liegende Qualität zugesprochen wird. So selbstverständlich die Gerichte der Heilberufe Handlungen Berufsangehöriger an den Berufsordnungen prüfen und die Berufsordnungen selbst unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten betrachten, so gehen die Berufsgerichte der rechts-, Steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe davon aus, daß es sich bei den Richtlinien nicht um Rechtssätze handelt und daß sie nur zur Bestätigung ihrer aus der Generalklausel (ζ. B. § 43 BRAO) erlangten Auslegung dienen können. Es ist bisher nicht gelungen, die unterschiedliche Qualifizierung zu begründen oder zu Kriterien für eine gleiche rechtliche Beurteilung beider Arten von Berufsordnungen zu gelangen 26 . Zur Klärung dieser divergierenden Anschauungen müssen zuerst die Kriterien für die Rechtsverbindlichkeit einer Regelung gefunden werden. Danach können die geltenden Berufsordnungen daran gemessen werden. I I . K r i t e r i e n für die Rechtsverbindlichkeit von Regelungen

Die Frage nach der Verbindlichkeit von Regelungen hängt eng zusammen mit der Diskussion u m den Rechtssatzbegriff 27. So sehr auch i m ein24 Hummel, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 105 ff. (105 f.); Schmitz, N J W 1963, S. 1284 ff. (1285,1286). 25 B G H S t E 10, S. 393 ff. (395); B G H S t E 15, S. 372 ff. (375); B G H S t E 18, S. 77; BGHZ, N J W 1963, S. 1147 f. (1147). I n diesem Sinne auch Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309 ff. (310); Rawald, FR 1965, S. 229 ff. (230). 26 Ansätze dazu sind jüngst von Brohm, Strukturen, S. 71, erfolgt. 27 Die Auseinandersetzung u m die Rechtssatznatur von Verwaltungsvorschriften spielt sich auf anderer Ebene ab: Dort geht es darum, ob eine (verbindliche) Innen- oder A u ß e n w i r k u n g vorliegt, bei den Richtlinien geht es u m die Verbindlichkeit selbst. Z u den Verwaltungsvorschriften neuestens umfassend Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, passim.

40 I I . 1. Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

zelnen die Begründungen für den Begriff des Rechtssatzes differieren, so sehr auch der logisch-theoretische dem verfassungsdogmatischen Rechtssatzbegriff gegenübergestellt w i r d 2 8 , i n einer Frage besteht Einigkeit: Ein konstituierendes Merkmal des Rechtssatzes ist dessen Verbindlichkeit 2 9 . Die sich daraus ergebende Frage nach den Kriterien für die Rechtsverbindlichkeit soll hier untersucht werden. Für die Beurteilung der Rechtsverbindlichkeit einer Vorschrift bieten sich sowohl formale als auch inhaltliche Merkmale an. Als Anhaltspunkt für eine formale Abgrenzung kann man die „Selbstqualifikation" 3 0 der Vorschrift heranziehen, die sich i n ihrer Bezeichnung, Form und Wortwahl zeigt. Weiter ist zu den formalen Kriterien die Ermächtigungsgrundlage 31 der Vorschrift, soweit eine solche vorhanden ist, zu zählen. Diese Anhaltspunkte können jedoch nur ein Indiz für die Verbindlichkeit geben, da die A r t der Wirksamkeit nicht von einer oft zufälligen oder bewußt falschen Bezeichnung durch das erlassene Gremium oder von einer Ermächtigungsgrundlage, die u. U. über- oder unterschritten wurde, abhängig gemacht werden kann. Von entscheidender Bedeutung sind daher die inhaltlichen Abgrenzung skr it er ien. Eine solche Abgrenzung kann m i t Hilfe der Adressaten 32 , an die sich die Vorschrift wendet, der Außenwirkung der Vorschrift 3 3 oder des Eingriffs i n subjektive Rechte von Außenstehenden versucht werden. Daneben könnte man auch auf die soziale Wirkung der Vorschrift abstellen. Da Außenwirkung, Adressaten, Eingriff i n subjektive Rechte

28 F ü r eine mehr verfassungsrechtliche Betrachtung: Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 62, 68 f.; Böckenförde, Gesetz, S. 216; Forsthoff, Verwaltungsrecht I, S. 119; Haug, Diss. S. 41; Ossenbiihl, Verwaltungsvorschriften, S. 155 ff., 159,161; so schon Thoma, Mayer-Festschrift, S. 107 ff. (177). Stärkere Betonung der rechtstheoretischen Betrachtung: Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 5; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 128 f.; Wolff, Verwaltungsrecht I, S. 103. 29 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 74; Dubischar, Grundbegriffe, S. 60; Haug, Diss. S. 41; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 62, 67; Imboden, Verwaltungsrechtsprechung, S. 54 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 180 ff.; Liver, Rechtsquelle, S. 10 f.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 142; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 128; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I, § 24 I I C 2 (S. 106); § 24 I b (S. 103); § 24 I I C 2 (S. 105); Zippelius, Wesen des Rechts, S. 39, 42. 30 Darauf stellen ab (zur Frage der Staatlichkeit von Berufsgerichten): BVerfGE 18, S. 241 ff. (252) m i t A n m . Menger, JuS 1966, S. 66 ff. (68) und Haberle, DÖV 1965, S. 372 F N 13; gegen dieses K r i t e r i u m : Ossenbühl, V e r waltungsvorschriften, S. 177; dazu auch Hamann, Autonome Satzungen, S. 16, m. Nachw. 31 Darauf stellt ab (zur Abgrenzung Rechtsverordnung—VerwaltungsVerordnung) Vogel, V V D S t R L Heft 24 (1966), S. 125 ff. (164); BVerfGE 8, S. 155 ff. (163 f.); dagegen Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 177 f. 32 Dazu Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 173. 33 Forsthoff, Lehrbuch, S. 127.

Α.

echtsverbindlichkeit v o n Berufsordnungen

41

gerade bestimmt werden sollen 34 , und diese Begriffe nur ein anderer Ausdruck für die Rechtsverbindlichkeit sind, haben sie für deren Feststellung keinen Erkenntniswert. Eine Bestimmung der Rechtsverbindlichkeit auf Grund der sozialen Wirksamkeit und der sozialen Eingriffsfolgen ist ebenfalls nicht möglich, da der soziale Eingriff der weitere Begriff ist und bei dessen Bejahung nicht direkt auf einen rechtlichen Eingriff geschlossen werden kann. Die Kriterien der Berechenbarkeit und der sprachlich-begrifflichen For mulierb arkeit der Vorschrift 8 5 , die auch i n Ausnahme- und Grenzsituationen eine sichere Möglichkeit der Bestimmung des eigenen Status zuläßt, kann zur näheren Eingrenzung, jedoch nicht zur alleinigen Bestimmung der Rechtsverbindlichkeit dienen. Wenn diese Kriterien fehlen, kann keine verbindliche Wirkung einer Vorschrift angenommen werden; aus ihrem Vorhandensein kann jedoch sowohl auf rechtsverbindliche als auch auf nur i n bestimmten gesellschaftlichen Bereichen anerkannte und wirksame Verhaltensanweisungen geschlossen werden. Auch die Möglichkeit, die Geltung bestimmter Vorschriften zu widerlegen, soweit dies durch die Vorschrift oder deren Ermächtigungsgrundlage vorgesehen ist, gibt keine Aussage über die rechtliche Wirkung der Regelung 36 . Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Verbindlichkeit sind fest bestimmte, geordnete Gerichte oder Spruchinstanzen 37, die ein Verhalten an Hand der aufgestellten Vorschriften zu beurteilen haben. Soweit solche Instanzen vorhanden sind, ist m i t großer Sicherheit anzunehmen, daß eine Regelung nicht nur soziale, sondern auch rechtliche Wirkung entfalten soll. Nicht auf die Verbindlichkeit folgern kann man jedoch aus dem Rechtsschutzbedürfnis 38 gegen ein bestimmtes Verhalten. Ein umfassender Rechtsschutz ist zwar ein Grundprinzip einer rechtsstaatlichen Verfassung, jedoch hängt rechtstheoretisch der Umfang des Rechtsschutzes von der rechtlichen Berührung des Bürgers ab: Zuerst muß festgestellt werden, ob und i n welchem Umfang eine rechtliche Betroffenheit vorliegt, erst auf Grund dessen können Schlüsse auf den Umfang des Rechtsschutzes gezogen werden. Das entscheidende K r i t e r i u m für die Rechtsverbindlichkeit einer Regelung ist deren Durchsetzbarkeit mit geregelter, staatlich legitimierter 34 I m Ergebnis ebenso Forsthoff, Lehrbuch, S. 129 F N 1; Ossenbühl, V e r waltungsvorschriften, S. 179 f. 35 Henkel, Rechtsphilosophie, S. 123. 36 Z u m Recht als unbedingtem Sollensanspruch: Zippelius, Wesen des Rechts, S. 42. 37 Henkel, Rechtsphilosophie, S. 123. 38 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 174 ff.; für die Verwaltungsvorschriften sieht Starck (DVB1.1966, S. 614 f.) den Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses als entscheidend an.

42 I I . 1. Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

Gewalt 3 9 . Die Durchsetzbarkeit muß gerade i m Fall der Nichtbefolgung gegeben sein, da sich erst i m Ausnahmefall die Abgrenzung einer Sittenregelung von einer rechtsverbindlichen Regelung zeigt. Denn soweit Regelungen entsprochen wird, ist die Feststellung, welcher A r t sie sind, nur von theoretischem Interesse 40 . Die Erzwingung eines der Regelung entsprechenden Verhaltens muß durch den Staat erfolgen oder von der staatlichen Gewalt abgeleitet sein. So sehr auch wirkliche oder vermeintliche staatliche Aufgaben von Privatleuten oder gesellschaftlichen Verbänden übernommen worden sind, so liegt das Monopol legitimen Zwangs i n Händen des hoheitlich tätigen Staates. Daher hat nicht jede Regelung, die auch i m Nichtbefolgungsfall zu verwirklichen ist, die Eigenschaft der Rechtsverbindlichkeit, sondern nur solche, für die der Staat die Durchsetzungsgarantie übernommen hat.

I I I . A n w e n d u n g dieser Grundsätze auf Berufsordnungen

Diese Maßstäbe und Abgrenzungen sind nun auf die Berufsregelungen der Kammern anzuwenden. Zuerst werden die beiden Haupttypen, nämlich die ärztlichen Berufsordnungen und als älteste und am meisten in Literatur und Rechtsprechung erörterte Richtlinien die der Rechtsanwälte untersucht und anschließend etwa vorhandene Abweichungen bei den Berufsregelungen anderer Berufe betrachtet. 1. Rechtsanwälte

a) Für die Rechtsverbindlichkeit der Richtlinien der Rechtsanwälte kann die Form und Wahl der darin enthaltenen Begriffe Hinweise geben („Selbstqualifikation"). Die Richtlinien haben die äußere Form von kodifizierten Rechtssätzen und sind als Sollenssätze formuliert. Der Titel spricht einerseits von Standes recht, andererseits werden die Regelungen im Untertitel als Richtlinien bezeichnet. Das erlassende Organ war somit entweder der Ansicht, diese Regelungen seien eine A r t von Standesrecht, oder es wollte die Entscheidung, ob sie Rechtsverbindlichkeit haben sollen, offen lassen. I n der Präambel ist überwiegend der Begriff Standesrecht verwendet, so werden z. B. i n Abs. 3 der Präambel die Vorschrif39 Bockelmann, Einführung, S. 31 f., 37; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 410; Molitor, Gegenwartsprobleme, S. 10; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 174 ff.; Stammler, Rechtsphilosophie, S. 148; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I, § 24 I b (S. 103) ; Zippelius, Wesen des Rechts, S. 39. 40 Gegen das K r i t e r i u m der Durchsetzbarkeit bei Nichtbefolgung spricht auch nicht die Qualifizierung der Völkerrechtsnormen als rechtsverbindliche Regelungen, da dort ebenfalls, w e n n auch m i t den M i t t e l n des Völkerrechts, durch Sanktionen die Durchsetzung der Regelung gewährleistet ist.

Α. Die

echtsverbindlichkeit von Berufsordnungen

43

ten der BRAO und die Richtlinien als Unterarten des Standesrechts bezeichnet 41 . Es w i r d jedoch darauf hingewiesen, daß die Richtlinien „nicht erschöpfend" seien und daß der Rechtsanwalt sein Verhalten eigenverantwortlich zu bestimmen habe. Eine solche Ergänzungsfähigkeit ist jedoch bei allen generalklauselartig gefaßten Normen zu finden, so daß diese Formulierung einer verbindlichen Wirkung der Richtlinien nicht widerspricht. Die Formulierung der einzelnen Bestimmungen als Sollenssätze weist auf den Rechtscharakter der Richtlinien hin. Auch die Ermächtigungsgrundlage kann Anhaltspunkte für die Verbindlichkeit der Richtlinien geben. I n der Begründung zu § 203 Nr. 1 Entwurf B R A O 4 2 (jetzt § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO) w i r d festgestellt, daß sich i n den Kreisen der Anwaltschaft feste standesrechtliche Grundsätze herausbilden. Diese soll die B R A K zusammenfassen, feststellen und bekanntmachen, da sie für den Anwaltsberuf von Bedeutung seien. Ob diese Bedeutung eine rechtlich oder moralisch verpflichtende ist, w i r d nicht näher ausgeführt. Zusammenfassend werden die Richtlinien als besonders bedeutsamer Beitrag für die Ausbildung eines einheitlichen Standesrechts bezeichnet. Hieraus geht nicht klar hervor, ob die Richtlinien bereits als Recht betrachtet werden oder als Vorstufe für die B i l dung von Recht. Aus der amtlichen Begründung ist somit nicht eindeutig auf die Rechtsverbindlichkeit zu schließen. Jedoch spricht bereits das Vorhandensein einer Ermächtigungsgrundlage für die Verbindlichkeit der Richtlinien, denn für bloße Ratschläge oder Empfehlungen wäre eine gesetzliche Ermächtigung nicht erforderlich. I n § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ist der Begriff „Richtlinien" gewählt 4 3 . Darin könnte zum Ausdruck kommen, daß von diesen Regelungen gewisse Ausnahmen zulässig sind oder daß sie unter Berufung auf eine neuere Auffassung widerlegbar sind. Soweit jedoch eine solche Widerlegung nicht möglich ist, besteht auch nach dieser Auffassung eine grundsätzliche Verbindlichkeit. Beim Begriff „allgemeine Auffassung" i n § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ist fraglich, wessen Auffassung zum Ausdruck gebracht werden soll. Soweit 41 Unrichtig ist die Feststellung i n Abs. 3 Satz 1 der Präambel, daß das Standesrecht ohne staatliche Einflußnahme gewachsen sei. Jedenfalls die BRAO, auf die Satz 2 Bezug n i m m t , ist ein staatliches Gesetz, i n dem u. a. auch Berufspflichten der Rechtsanwälte festgelegt sind. 42 Bundestags-Drucks. I I 1014, S. 121. 43 Dieser Begriff ist auch i m übrigen Verwaltungsrecht, insbesondere i m Steuerrecht, üblich; vgl. Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 24 I I d 4 (S. 108). Z u den „Richtlinien der P o l i t i k " nach A r t . 65 Satz 1 GG m i t ausführlichen Nachweisen Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 431 ff. Da diese A r t von Richtlinien jedoch p r i m ä r i m politischen Bereich Wirksamkeit hat (vgl. jedoch Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 432 F N 379 f.), können sie hier nicht zur Begriffserklärung dienen.

44 I I . 1. Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

dadurch auf § 43 Abs. 2 BRAO Bezug genommen wird, wäre unter allgemeiner Auffassung die Auffassung der Leute zu verstehen, deren Achtung und Vertrauen der Rechtsanwaltsberuf bedarf 4 4 , also von Nichtrechtsanwälten, zu denen er i n irgendeiner Beziehung steht. Diese A u f fassung ist nach § 177 BRAO durch die B R A K festzustellen. I n § 177 BRAO w i r d zwar zwischen „feststellen" (§ 177 Abs. 2 Nr. 2) und „aufstellen" (§ 177 Abs. 2 Nr. 3) unterschieden, jedoch ist auch die Feststellung keine statistische Wiedergabe der Meinung der Allgemeinheit oder der Rechtsanwaltschaft, sondern ein schöpferischer Kodiflzierungsakt der Bundesrechtsanwaltskammer, die ihre Soll-Vorstellung von den Berufspflichten des Rechtsanwalts unter Beachtung der Auffassung Dritter festzulegen hat. Daher spricht die Formulierung der Ermächtigungsgrundlage, obwohl sie teilweise unklar und widersprüchlich gefaßt ist, für die Verbindlichkeit der Richtlinien. Die Rechtspraxis 45 gebraucht ebenfalls trotz verbaler Distanzierungen die Richtlinien als Rechtsnormen. Zwar bleibt dem Beschuldigten die Möglichkeit des Nachweises einer fehlenden Übereinstimmung der Richtlinien mit der allgemeinen Standesauffassung. Dadurch könnten die Richtlinien der für verbindliche Regelungen notwendigen Bestimmtheit und Berechenbarkeit ermangeln. Bisher ist jedoch kein derartiger Nachweis bekanntgeworden. Dies dürfte auch technisch unmöglich sein, denn kein Beschuldigter kann die Beschlußorgane der Richtlinien befragen. Auch daraus ergibt sich, daß die nicht widerlegbaren „allgemeinen Standesauffassungen" Rechtsverbindlichkeit haben. Der Rechtsschutz ist durch eine ausgebildete Berufsgerichtsbarkeit staatlicher Natur gesichert und die Durchsetzbarkeit der Regelungen durch ein Sanktionensystem garantiert; Einzelrechtsfolgen sind m i t staatlicher Gewalt erzwingbar. Diese Kriterien sprechen somit ebenfalls für eine Verbindlichkeit der Regelung. Bei den Richtlinien handelt es sich auch nicht nur um Regelungen der Standessitte. Die Sitte hat zwar manche Ähnlichkeiten m i t rechtsverbindlichen Regelungen. Beide fordern ein Verhalten, sind formulierbar oder bereits schriftlich fixiert und werden überwiegend befolgt. Beide können ständischen Charakter tragen, wenn ihr Wirkungskreis i n einer kleineren Gemeinschaft liegt. Geschichtlich w i r d sich eine rechtsver44 I n § 43 Satz 2 B R A O ist festgestellt, daß der Rechtsanwaltsberuf gewisser Achtung u n d Vertrauen bedarf. Jeder Rechtsanwalt hat sich entsprechend diesen Erwartungen zu verhalten. § 43 Satz 2 B R A O ist also i n gleicher Weise, w i e die Regelungen der Beamtengesetze (§ 54 Satz 3 B B G ; § 36 Satz 3 BRRG; A r t . 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG) eine Pflichtengeneralklausel. Beurteilungskriterium für die Pflichten ist die Auffassung durch Dritte, die Beurteilung selbst erfolgt durch die Gerichte. 45

Vgl. S. 39 F N 25.

Α. Die Hechtsverbindlichkeit von Berufsordnungen

45

bindliche Regelung meist aus der Sitte entwickelt haben, und auch bei einem Wegfall der Rechtsnatur kann die Verhaltensnorm als Sitte fortbestehen. Es besteht also eine A r t Subsidiarität zwischen sittlichem und rechtlichem Geltungsanspruch. Der Unterschied zwischen beiden liegt jedoch i n der hinlänglichen Berechenbarkeit i n Grenzsituationen und insbesondere i n der vom Staat her legitimierten potentiellen Gewaltanwendung und den geordneten Spruchinstanzen, die diese Sanktion nachprüfen können. Da die letztgenannten Kriterien bei den Richtlinien der Rechtsanwälte erfüllt sind, müssen diese nicht nur als Regelung m i t sittlicher Verbindlichkeit, sondern als solche m i t Rechtsgeltung beurteilt werden. Ob die Richtlinien eine Auslegung 46 der Generalklausel des § 43 BRAO darstellen, ist für deren Rechtsverbindlichkeit ohne Bedeutung. Auch wenn es sich bei einer Regelung um eine Auffächerung und Konkretisierung einer Generalklausel handelt, so hat jene an der Verbindlichkeit der Generalklausel teil. A u f der Ebene der Rechtsprechung ist eine Auslegung, die vom zuständigen Richter i n einem bestimmten Verfahren rechtskräftig vorgenommen worden ist, für die Verfahrensbeteiligten wegen der rechtlichen Erzwingbarkeit rechtsverbindlich. Ebenso ist eine auf Legislativebene vorgenommene Auslegung einer Rechtsnorm dann rechtsverbindlich, wenn sie das maßgebliche Zwischenglied einer Rechtskonkretisierung darstellt. Da die Generalklausel des § 43 BRAO so knapp und unbestimmt gefaßt ist, daß sie einer Auslegung bedarf, und da die Rechtskonkretisierung i n Form der Richtlinien erfolgt, haben diese ebenso wie die Generalklausel selbst Verbindlichkeit. Die Qualifizierung der Richtlinien als (unverbindlicher) Ratschlag oder als Empfehlung verkennt die tatsächliche Wirkung der Regelungen: Wenn dem Betroffenen nur der Beweis offensteht, daß eine Richtlinie nicht der allgemeinen Standesauffassung entspricht, ist die Regelung insoweit verbindlich, als sie m i t dieser Standesauffassung übereinstimmt. b) Nachdem nun feststeht, daß es sich bei den Richtlinien der Rechtsanwälte u m rechtsverbindliche Regelungen handelt, ist noch zu untersuchen, ob die Rechtswirkung auf Gewohnheitsrecht bzw. Observanz beruht oder ob es sich u m eine Satzung handelt. Bei dieser Abgrenzung kann der Begriff des Rechtssatzes nicht herangezogen werden, da zum Rechtssatz nicht nur gesetztes Recht, sondern auch Recht, das auf der Anerkennung durch die Rechtsgemeinschaft beruht, zu rechnen ist 4 7 . Für die Rechtssatznatur ist das Produkt der Rechts48

Vgl. Henkel, Rechtsphilosophie, S. 68 f., 127. Friauf, EvStL, Sp. 684 ff. (684) zählt Gewohnheitsrecht zu den „Rechtsnormen"; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 64 (Gewohnheitsrecht unterscheidet 47

46 I I . Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

entstehung, nämlich die „Begründung und verbindliche Maßbestimmung für die Ausübung öffentlicher Gewalt und die Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten" 48 und nicht die A r t des Zustandekommens von Bedeutung. Zwar deutet die allgemeine und gleichmäßige Anwendung der Richtlinien durch die Kammern und die Berufsgerichte auf das Vorliegen von Gewohnheitsrecht 49 oder Observanz 50 (auf einen örtlichen oder personellen Bereich begrenztes Gewohnheitsrecht) hin. Auch kann es geschriebenes Gewohnheitsrecht geben, wenn z. B. Verhaltensnormen eines privatrechtlichen Verbandes allgemein über den Kreis der Verbandsangehörigen hinaus i n der Überzeugung rechtlicher Gebotenheit lange Zeit hindurch kontinuierlich geübt werden. Es ist auch möglich, daß Sittennormen eines ganzen Rechtsbereiches global zu Gewohnheitsrecht werden 5 1 . Der Rechtsetzungsakt des Satzungsgebers, der ein K r i t e r i u m für das Vorliegen einer Satzung 52 ist, kann jedoch auch durch Übernahme oder Rezeption einer bereits geltenden gewohnheitsrechtlichen Regelung erfolgen 53 . Diese Normierung i n Satzungsform erfolgt i n der Regel aus Gründen der Rechtsklarheit, hat jedoch trotzdem die qualitative Änderung des Gewohnheitsrechts i n Satzungsrecht zur Folge. Ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer Satzung ist auch die gesetzliche Ermächtigung. Zudem besteht zwischen Gewohnheitsrecht und der Rechtssatzform der Satzung ähnlich wie zwischen Sitte und Recht ein Verhältnis der Subsidiarität. Soweit die verbindliche Regelung i n Form einer sich i n allgemeiner S t r u k t u r nicht vom Gesetzesrecht) ; Jesch, Gesetz u n d V e r waltung, S. 114 f.; Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 24 I I c 2 a (S. 105) ( . . . geschriebenes oder ungeschriebenes ...). 48 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 74. 49 Forsthoff, Lehrbuch, S. 137 ff.; Friauf, EvStL, Sp. 684 ff.; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 62 f.; Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 25 I I I a, b (S. 113 f.); Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , S. 272 (§ 94 I d 1). Z u r Beurteilung von Gewohnheitsrecht i m Verwaltungsrecht i n Schweizer Sicht Imboden, Verwaltungsrechtsprechung, S. 91 ff. Wenn man das Entstehungsstadium betrachtet, bedeutet Gewohnheitsrecht die Durchsetzung außerrechtlicher Normen gegen das Recht (vgl. Zippelius, Wesen des Rechts, S. 46 f.). 50 Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 25 I I I c (S. 114). Da die Observanz eine Regelung für einen begrenzten Personenkreis darstellt, taucht hier die Frage der A u ß e n w i r k u n g auf. 51 Henkel, Rechtsphilosophie, S. 126. Eine solche Übernahme erfolgt anscheinend i m U r t e i l des O L G Bremen, N J W 1954, S. 1937 ff. (1939). Z u r Beurteilung einer Werbemaßnahme eines Dentisten w i r d dabei die Meinung des Durchschnittsstandesgenossen, soweit sie i n der übrigen Bevölkerung Anerkennung gefunden hat, herangezogen. 52 Dazu näher Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 24 I X (S. 123 f.). 53 Dazu Friauf, EvStL, Sp. 684 ff. (685).

Α. Die

echtsverbindlichkeit von Berufsordnungen

47

Satzung gegeben ist, bemessen sich deren Voraussetzungen nach den Erfordernissen für Satzungen; die Grundsätze über die Entstehung von Gewohnheitsrecht sind nicht anwendbar. Die Ermächtigung für die Festsetzung der Richtlinien der Rechtsanwälte ist durch § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO gegeben. Die Kodifizierung erfolgt durch die B R A K als legitimierten Satzungsgeber. Das i n der BRAO für den Erlaß von Satzungen vorgesehene Verfahren ist berücksichtigt. Man hat daher davon auszugehen, daß es sich bei den Richtlinien nicht um (geschriebenes) Gewohnheitsrecht oder um Observanz handelt, sondern um einen i n Satzungsform erlassenen Rechtssatz. 2. Heilberufe

Die Berufsordnungen der Heilberufe weisen durch ihre äußere Form und durch ihre Formulierung als verpflichtende Sätze auf ihre Verbindlichkeit hin. I n ihrer Ermächtigungsgrundlage i n den Kammergesetzen sind sie als „Berufsordnungen" und teilweise zusätzlich als Satzungen 54 bezeichnet. Eine durchgebildete staatliche Berufsgerichtsbarkeit ist gegeben. Die Einzelbestimmungen sind durch diese Gerichte unter Heranziehung der i n den Gesetzen über die Berufsgerichtsbarkeit festgelegten Sanktionen durchsetzbar. Eine Möglichkeit, die Regelungen der ärztlichen Berufsordnungen unter Hinweis auf eine geänderte Auffassung über die ärztlichen Pflichten zu widerlegen, besteht nicht. Die Berufsordnung w i r d von den Ärztekammern als Körperschaft des öffentlichen Rechts i n einem A k t der Rechtsetzung erlassen. Die allgemeine Auffassung, daß die Berufsordnungen der Ärzte Satzungen sind, ist daher richtig. Die übrigen Berufsordnungen der Heilberufe entsprechen i n dieser Hinsicht den Berufsordnungen der Ärzte. 3. Andere Kammerberufe

Das StBerG kann zur Frage der Verbindlichkeit der Richtlinien der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten keinen Hinweis geben, da darin nur eine allgemeine Aufgabenzuweisung für die Kammern erfolgt ist. Die Präambel der Berufsgrundsätze der Steuerberater spricht i n unklaren Formulierungen von der „allgemeinen Berufsauffassung der Steuerberater", „Berufsgrundsätzen" und den Richtlinien als „Ordnungsprinzipien". Bei den Standesrichtlinien der Steuerbevollmächtigten t r i t t als Besonderheit die Feststellung i n der Präambel auf, daß die Richtlinien die i n den Gesetzen geregelten Berufspflichten auslegen und erläutern 54

So § 8 Abs. 1 Nr. 13 K a m m e r G (Bad.-Württ.).

48 I I . 1. Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

sollen. Diese Erläuterung soll aber, wie aus der übrigen Präambel hervorgeht, verbindliche Wirkung für den Steuerbevollmächtigten haben, da dieser sich nicht auf Unkenntnis berufen kann und sogar den A n schein des Handelns gegen die Berufspflichten zu vermeiden hat. Da sich die Richtlinien der steuerberatenden Berufe umfassend an die der Rechtsanwälte anlehnen, sind sie i m übrigen wie diese zu beurteilen. Die Präambel der Richtlinien für Wirtschaftsprüfer spricht einerseits von einer „Auslegung und Verdeutlichung" der Berufspflichten i n der WPO, andererseits zählt es die Einhaltung der Grundsätze i n den Richtlinien zu den Berufspflichten. Neben der äußeren Teilung der Richtlinien i n „Grundsätze" und „richtungsweisende Feststellungen" entsprechen sie denen für Rechtsanwälte. Die Berufsordnungen der Architekten denen der Heilberufe.

und deren Entwürfe gleichen

B. Yorverfassungsrechtliehe Regelungsbefugnis der K a m m e r n I . Fragestellung

Die Prüfung der Berufsordnungen an Hand des Grundgesetzes ist nur dann sinnvoll, wenn die Festlegung von Berufspflichten durch die Kammern nicht einem Bereich angehört, der neben dem Verfassungsrecht und den daraus abgeleiteten Rechtsnormen Geltung hat; denn wenn die Legitimationsgrundlage für Berufsordnungen i n einem „Vorverfassungsrecht" liegt, kann die Verfassung deren Zulässigkeit nicht begründen, sondern höchstens bestätigen und wiederholen. Die Frage nach der Originarität von Berufsordnungen ist ein Ausschnitt aus dem Problemkreis des Naturrechts und der Geltung vorstaatlicher Rechte 55 . Wenn man die Legitimation für den Erlaß von Berufsordnungen nicht verfassungsrechtlich begründet, ist man gezwungen, aus Prinzipien, die unabhängig vom positiven Recht gültig sind, ihre Richtigkeit und Legitimität nachzuweisen. Solche Prinzipien können i n der „vernünftigen Weltordnung", i n der „göttlichen Weltordnung", i n der „Natur der Sache" oder i n der „Natur des Menschen" liegen; aus ihnen werden 55 Dazu Dürig i n Maunz! Dürig/Herzog, A r t . 1 Abs. 1 R N 15 F N 2; Hesse, Grundzüge, S. 4; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 124 ff.; Loewenstein, V e r fassungslehre, S. 137; Maunz, Staatsrecht, 16. Aufl., S. 89 ff.; Maunz i n Maunz/ Dürig/Herzog, A r t . 20 R N 47, 72; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 106 ff.; Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, § 25 I I e (S. 113), § 25 I a (S. 110); Zippelius, B K A r t . 1 R N 43 f. (m. umfangr. Nachw.) ; Zippelius, Wesen des Rechts, S. 68 ff. (insbesondere 75 ff.).

Β . Vorverfassungsrechtliche Regelungsbefugnis der K a m m e r n

49

dann Folgerungen auf das Sollen und die gerechte Rechtsordnung gezogen 56 . Von diesen vorverfassungsrechtlichen Rechten und Garantien sind die Komplexe zu unterscheiden, über die i n der Verfassung keine Aussage getroffen ist. Die Lücken i n der Verfassung können ihre Ursache darin haben, daß dem Verfassungsgeber eine Regelung nicht erforderlich oder politisch nicht opportun erschien oder daß sie gesetzestechnisch nicht möglich war. Dies hat jedoch nicht die Folge, daß er die Regelungsbefugnis verliert. Der Verfassungsgeber kann solche Gebiete jederzeit aufgreifen und darüber Regelungen erlassen, da er die Kompetenzkompetenz weiter innehat. I m folgenden soll jedoch nicht untersucht werden, ob die Verfassung i n bezug auf die Berufsordnungen der Kammern unvollständig ist, sondern ob die Kammern durch eine „originäre", „ursprüngliche", „nicht abgeleitete" Rechtsetzungsfähigkeit zur Festlegung von Berufspflichten legitimiert sind. I I . Meinungsstand

Die Ursprünglichkeit der Autonomie wurde besonders i n der organischen Staatslehre vertreten. Gierke 57 und seine Schüler und Anhänger 5® als Hauptverfechter dieser Auffassung 59 gingen dabei von den vielfältigen Vereinigungen und Verbände^ aus, die alle als kleine selbständige Einheiten — als Organismen — anzusehen seien. Auch die staatlichen Organisationen, wie Bund und Länder, werden diesen Verbänden gleichgesetzt. Aus der Geschlossenheit des jeweiligen Verbandes w i r d gefolgert, daß er alle Funktionen selbst erfüllen könne und daher auch eine selbständige Verbandsgewalt besitze. Einer heteronomen Legitimation bedürfe der Verband nicht. Soweit eine Rechtsetzungsbefugnis von Seiten des Staates erfolgt sei, diene dies nur der Vereinheitlichung und habe keine konstitutive Bedeutung. Auch m i t den weit zurückliegenden Ursprüngen mancher Körperschaften w i r d die originäre Rechtsetzungsgewalt von Körperschaften und 58

I m Anschluß an Zippelius, EvStL, Sp. 1678 ff. Genossenschaftsrecht S. 1, 743, 759 u n d passim. 58 Preuß, Gemeinde, S. 206 f., 225; Böhme, Selbstverwaltung; weitere Nachw.: Erler, Selbstverwaltung, S. 20 F N 23; m i t Einschränkungen Fleiner, I n s t i t u tionen, S. 79 (insbesondere F N 45); Haug, Diss. S. 38 F N 1; unklar, ob E. R. Huber (Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 110, 185) f ü r die Begründung seiner Ansicht der O r i g i n a l i t ä t der Selbstverwaltung an Gierke a n k n ü p f t ; Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (564 f.); dazu Kieß, Diss. S. 49 (Originarität innerhalb des v o m Staat freigelassenen Rahmens). 5W Kritisch dazu Erler, Selbstverwaltung, S. 20; Forsthoff, Verwaltungsrecht I, S. 442; Haug, Diss. S. 38 ff. 57

4 Brandetetter

50 I I . . Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab für Berufsordnungen K a m m e r n b e g r ü n d e t : D e r Verfassungsgeber müsse v o n d e r E x i s t e n z h e r k ö m m l i c h g e f o r m t e r G e m e i n s c h a f t e n ausgehen u n d k ö n n e d e r e n m a ß gebliche S t r u k t u r e n u n d K o m p e t e n z e n n i c h t r e g e l n 6 0 . Diese geschichtliche Begründung k a n n sich einerseits d a r a u f stützen, daß v o r e i n e m u n i v e r salen S t a a t s v e r b a n d k l e i n e r e Gemeinschaften, die b e s t i m m t e F u n k t i o n e n z u e r f ü l l e n h a t t e n u n d die auch eine d a r a u f bezogene L e g i s l a t i v b e f u g n i s ausüben k o n n t e n , bestanden h a b e n 6 1 . Dies f a n d seine F o r t s e t z u n g i n d e n m i t t e l a l t e r l i c h e n K o r p o r a t i o n e n , die auch Befugnisse d e r Selbstgesetzg e b u n g besaßen 6 2 . Sie k a n n sich auch a u f d i e Geschichte der S e l b s t v e r w a l t u n g s k ö r p e r s c h a f t e n u n d der K a m m e r n 6 3 b e r u f e n , die b e i d e n t r a d i t i o n e l l e n B e r u f e n des A r z t e s oder R e c h t s a n w a l t s bis i n d i e Z e i t v o r d e m Entstehen moderner Staatlichkeit u n d bei den modernen K a m m e r b e r u f e n i n d i e Z e i t v o r E n t s t e h e n des Grundgesetzes r e i c h t 6 4 . A n d e r e B e g r ü n d u n g e n einer U r s p r ü n g l i c h k e i t der Rechtsetzung v o n K ö r p e r s c h a f t e n gehen v o n e i n e m n a t u r r e c h t l i c h gesehenen 6 5 Subsidiari60 Kritisch zur historischen Begründung: Forsthoff, Lehrbuch, S. 144, F N 3; Lerche, D Ö V 1965, S. 212 ff. (213); Zacher, Demokratie, S. 166. 61 Deneke, Berufe, S. 11 ff.; Everling, Ehrenordnungen, S. 8 ff.; Werner Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (38). 62 Dazu Ermacora, DÖV 1956, S. 529 ff. (531); Haug, Diss. S. 4 ff.; Neuffer, Ärztliche Mitteilungen, S. 40 ff. (42); Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (431); Schmidt, Berufsverbände; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (450); Stoeber, Anwaltschaft, S. 193 ff. 63 F ü r Selbstverwaltungskörperschaften allgemein: Erler, Selbstverwaltung, S. 9, 21 f.; Forsthoff, Verwaltungsrecht I, S. 438 ff.; Huber, Selbstverwtalung, S. 22; Menzel!Fürstenberg, Berufswahl, S. 10; Müller, Korporation; Reuß, GR I I I / l S. 91 ff. (101 f.); Hermann Weber, Religionsgemeinschaften, S. 46 ff.; Werner Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 142. F ü r K a m m e r n allgemein: Heuß, Brentano-Festschrift, S. 237 ff.; Hohrmann, Organisation, S. 47. F ü r die Ärztekammern: Atzbach, Diss. S. 17 ff., 28 ff.; Daniels! Bulling, Bundesärzteordnung, S. X I X f f . ; Haedenkamp, Hamburger Ärzteblatt, S. 195 ff. (196); Messmer, Diss. S. 26, 73; Neuffer, Ärztliche Mitteilungen 1955, S. 531 ff. (533); Ostermann, Diss. S. 22 ff.; Redeker, DVB1. 1952, S. 201 ff., 239 ff.; Redeker i n Kuhns, Heilberufe, S. 1/9 f.; Roegele. Deutsche Medizinische Wochenschrift 1951, S. 1249 ff.; Rupp, Diss. S. 7 ff.; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 iL (431); Schmitt, Berufsverbände, S. 17 ff.; Sewering, B a y Ä B l . 1967, Sonderdruck; Triepel, Binding-Festschrift, S. I f f . (48ff.); Weissauer, B a y Ä B l . 1961, S. 114ff. (116); Winkelmann, Deutsches Ärzteblatt 1965, S. 119 ff. F ü r die Rechtsanwaltskammern: Erler, Selbstverwaltung, S. 18 f.; Finkelnburg, Rechtsschutz, S. 18 ff.; Kalsbach, Standesrecht, S. 22 f.; Ostermann, Diss. S. 12 ff.; Ostler, Rechtsanwalt; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (431); Triepel, Binding-Festschrift, S. 1 ff. (19 ff.); BayVerfGHE 4, S. 30 ff. (35 f.). 64 Z u m Versuch der Besatzungsmächte, diese K o n t i n u i t ä t des Kammerwesens i n der Nachkriegszeit zu unterbrechen, Friedrich, Verfassungsstaat, S. 546; Rawald, FR 1965, S. 229 ff. 65 Soweit das Subsidiaritätsprinzip als Verfassungsgrundsatz betrachtet w i r d (so z.B. Isensee, Subsidiaritätsprinzip), k a n n es i n diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, da es insoweit nicht den vorverfassungsrechtlichen Raum betrifft.

Β . Vorverfassungsrechtliche Regelungsbefugnis der K a m m e r n

51

tätsprinzip aus 86 . Es hat zum Inhalt, daß die Sachbereiche, die der Einzelmensch aus eigener Initiative und eigenen Mitteln ordnen kann, i h m nicht entzogen und gesellschaftlichen Organen zugewiesen werden sollen, und die Aufgaben, die von kleineren und untergeordneten Gemeinschaften erfüllt werden können, nicht von der weiteren und übergeordneten Gemeinschaft ausgeführt werden sollen 67 . Angewandt auf die Rechtsetzungskompetenz der Berufskammern würde dies bedeuten, daß diese dann die Befugnis zum Erlaß von Berufsordnungen haben, wenn sie gegenüber den staatlichen Organen als die kleinere Gemeinschaft anzusehen sind, und wenn sie die Festsetzung der Berufspflichten aus eigener Initiative und eigenen Kräften leisten können. Als Parallele für die vorverfassungsrechtliche Rechtsetzungsgewalt der Kammern bietet sich auch die Lehre von der ursprünglichen Gemeindegewalt 68 an. Danach sei die Gemeinde ein vorstaatlicher Organismus und habe einen selbständigen Wirkungskreis, der vom Staat und dessen Kompetenzen vorgefunden, aber nicht neugeschaffen worden sei. Die Wurzeln dieser Lehre reichen bis zu Johannes Althusius 69 zurück, sie wurde später besonders von der deutschen Genossenschaftslehre 70 betont und lebte i n der unmittelbaren Nachkriegszeit i n Gesetzgebung 71 , Literatur 7 2 und Rechtsprechung 73 wieder auf. Auch jetzt noch w i r d sie allgemein für die Schweizer Rechtsordnung vertreten 7 4 . 66 Dieser Auffassung stehen nahe: Böhme, Selbstverwaltung, S. 114; Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (566 u n d passim); Molitor, Gegenwartsprobleme; Süsterhenn, Nawiasky-Festschrift, S. 141 ff. (insbesondere S. 153ff.); Süsterhenn/Schäfer, A r t . 49 A n m . 2 (S. 219). Widersprüchlich Merkl (Verfassung) f ü r die österreichische Verfassung von 1934: einerseits S. I V , andererseits S. 33 f. Ablehnend oder m i t Vorbehalten: Bäumlin, Verfassung, S. 89; Ecker, Die Sozialgerichtsbarkeit 1P39, S. 89 ff.; Hamann, Satzungen, S. 19; Herzog, EvStL, Sp. 2266 ff. m. Nachw.; Kaiser Repräsentation, S. 59 F N 11; Lerche, Übermaß, S. 200 m. Nachw., S. 205 F N 174; Lerche, Verfassungsfragen, S. 26; Schick, EvStL, Sp. 105 ff., 107; Thieme, Subsidiarität; Zuck, Subsidiaritätsprinzip. 67 I n Anlehnung an die Formulierung i n der Enzyklika „Quadragesimo anno", zit. bei Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 19 F N 2. 68 Nachw. Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561 f.); Hohrmann, Organisation, S. 24; dazu kritisch Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561 f.) m. umfangr. Nachw.; Haug, Diss. S. 38; Hamann, Satzungen, S. 21 (unentschieden); Schick, EvStL, Sp. 105 ff., 106; w. Nachw. Lohr, Satzungsgewalt, S. 46 f. 69 Nachw. bei Lohr, Satzungsgewalt, S. 41 m. w. Nachw. 70 Fleiner, Institutionen, S. 78 f.; Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 744 ff., 757 f.; Preuß, Gemeinde, S. 174 ff., 206, 226; w. Nachw. Lohr, Satzungsgewalt, S. 42 f. 71 A r t . 11 Abs. 2, 4 BayVerf ; A r t . 1 Bayerische Gemeindeordnung. 72 Hohrmann, Organisation, S. 24f.; Süsterhenn!Schäfer, A r t . 49, A n m . 2 (S. 219); w. Nachw. Lohr, Satzungsgewalt, S. 44 f. 73 Bad. V e r w G H , VerwRspr. 4, S. 201; V e r f G H Rh.-Pf., rh.pf. V e r w B l . 1948, S. 221 f. 74 So z.B. Imboden, Giacometti-Festgabe, S. 89 ff. (97); Imboden, Gesetz, S. 23 f. (24); referierend Kieß, Diss. S. 40.



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I I . 1. Abschn. : Das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab f ü r Berufsordnungen

E i n e Z w i s c h e n l ö s u n g zwischen der A u f f a s s u n g e i n e r v o m S t a a t ü b e r tragenen A u t o n o m i e u n d einer ursprünglichen Regelungsgewalt der K ö r p e r s c h a f t e n v e r s u c h t die „Anerkennungstheorie". D a n a c h i s t das Recht der K ö r p e r s c h a f t e n , eigene A n g e l e g e n h e i t e n selbst z u regeln, n i c h t v o m S t a a t ü b e r t r a g e n w o r d e n , s o n d e r n n u r eine A n e r k e n n u n g eines b e r e i t s bestehenden Rechtes 7 5 oder eine „ E r m ä c h t i g u n g , v o n der A u t o nomie Gebrauch zu machen"76. D i e A n h ä n g e r e i n e r o r i g i n ä r e n R e g e l u n g s g e w a l t der K ö r p e r s c h a f t e n b z w . K a m m e r n s i n d h e u t e sehr g e r i n g g e w o r d e n . D i e w e i t ü b e r w i e g e n d e M e i n u n g steht a u f d e m S t a n d p u n k t , daß es sich b e i der A u t o n o m i e u m eine abgeleitete Rechtsquelle handelt77. I I I . K r i t i k der Auffassung einer originären Regelungsgewalt der K a m m e r n B e i d e r K r i t i k d e r A u f f a s s u n g e i n e r o r i g i n ä r e n R e g e l u n g s g e w a l t der K a m m e r n s i n d z w e i Schichten i n d e n d a z u gegebenen B e g r ü n d u n g e n z u unterscheiden. 75 Hub er, Selbstverwaltung, S. 40, versucht, die Antithesen eigene Angelegenheit u n d Notwendigkeit staatlicher Anerkennung zu harmonisieren. So auch schon Preuß, Gemeinde, S. 206; Kieß, Diss. S. 98. 76 BayVerfGHE 4, S. 219 ff. (220 LS 4 sowie S. 249); dagegen Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 R N 8; zur inneren Widersprüchlichkeit dieser Entscheidung Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (562); ähnlich (zu den Sozialversicherungskörperschaften) Horst Peters, Der Arbeitgeber 1967, S. 434 ff. (434). 77 Erler, Selbstverwaltung, distanziert sich zwar von den Vertretern der originären Autonomie (S. 20), seine eigene Ansicht (S. 22: „Ordnungsprinzip . . . i m Kreise der vorstaatlichen, irrationalen Gemeinschaftsordnung"; „überpositive Sozialverfassung") ist jedoch i n der Sache nicht weit von ihnen entfernt; Ermacora, Handbuch, S. 594 i . V . m. S. 592; Forsthoff, Lehrbuch, S. 446; Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 166 ff. (166) unter Berufung auf A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG; Haug, Diss. S. 39 m. w. Nachw. F N 1; Kieß, Diss. S. 42 ff.; Klein, Übertragung, S. 109 f.; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 493, insbesondere F N 53, stellt fest, daß das Moment des Abgeleitetseins als selbstverständlich angesehen w i r d ; Küttner, Diss. S. 4 F N 17 m. w. Nachw.; Lohr, Satzungsgewalt, S. 46 ff. m. umfangr. Nachw.; Lynker, Diss. S. 49; v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 A n m . I V 4 c (S. 1919); für portugiesische K a m m e r n Maunz, Salazar-Festschrift, S. 15; Molitor, Gegenwartsprobleme, S. 9; w o h l auch Peters, Satzungsgewalt, HdBDStR I I , S. 264 ff.; Prost, N J W 1955, S. 1463 ff. (1464); Redeker, JZ 1954, S. 625 ff. (626); ebenso für die Selbstverwaltung der Wirtschaft Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 61; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (611); für die österreichischen herkömmlichen K a m m e r n spricht Spanner (Juristische Blätter [Wien] 1951, S. 12 ff. [13]) jedoch von einem „natürlich gegebenen, eigenen Wirkungskreis"; Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (38); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (450 f.); Triepel, Binding-Festschrift, S. 1 ff. (95); die äußerlich w i d e r sprüchliche Formulierung von Hans J. Wolff (Verwaltungsrecht I, § 25 I X a 2, S. 123) dürfte i n der Weise zu interpretieren sein, daß Autonomie n u r durch staatliche Einräumung entstehen kann, die Körperschaft jedoch danach eine relativ ungebundene Entscheidungsmöglichkeit hat; für die öffentlichrecht-

Β . Vorverfassungsrechtliche Regelungsbefugnis der K a m m e r n

53

Zum einen die Argumentation, die davon ausgeht, daß der gesamten Rechtsordnung bestimmte unbedingte Seinsgegebenheiten vorausliegen, die unabhängig von einer Kodifizierung oder von anderen Anerkennungen durch positives Recht gelten. Die andere Argumentationsebene ist die, daß zwar ein naturhaft vorgegebenes Recht abgelehnt wird, jedoch Rechtssysteme, die neben der verfassungsrechtlichen Ordnung gelten, anerkannt werden. Die erstgenannte Auffassung krankt vor allem daran, daß die postulierten Prinzipien, aus denen die Rechtsgeltung gefolgert wird, solche des Seinsbereichs sind. Daher muß das erkannte „Sein" als „richtige Ordnung" gedeutet werden. Dadurch kommt eine Wertung in die Analyse des Seins. Vom realen Sein auf das Sollen zu schließen ist jedoch unzulässig. Die Sollens-Postulate, die dem als „gerecht" oder „richtig" bewerteten „Sein" entnommen werden, sind nur durch einen Zirkelschluß abgeleitet: Die Substanz des Naturrechtssatzes, der durch diese Deduktion erreicht wird, ist der Wertungsakt, der vorher erforderlich war, um aus dem „nackten Sein" das „richtige Sein" zu machen 78 . Die Auffassung, daß es neben der verfassungsrechtlichen Ordnung andere geltende Rechtssysteme gebe und daß sich daraus auch die Originarität der Berufsordnungen begründe, kann nicht auf rechtstheoretischer Ebene einer K r i t i k unterzogen werden. Es widerspricht nicht dem „Wesen des Rechts", wenn statt einer Normenhierarchie m i t der Verfassung als oberster Norm, der alle anderen untergeordnet sind, eine Mehrzahl von Rechtskreisen besteht, die entweder streng voneinander getrennt sind oder auch sich überschneiden 79 . So ist es auch denkbar, daß die Verfassung ein solcher Rechtskreis ist, der anderen Regelungskomplexen gleichgeordnet ist. Die K r i t i k kann nur von unserer heutigen Staatsauffassung her, deren Geltung gegenwärtig anerkannt ist und die das Ergebnis eines politischen Entwicklungsprozesses darstellt, erfolgen. Nach dieser heute anerkannten Staatsauffassung hat der Staat das Monopol für die Bestimmung unbedingt verbindlicher Verhaltensnormen 8 0 . Da sich der moderne Staat eine Verfassung gegeben hat und dieser liehen Berufsgenossenschaften BVerfGE 1, S. 91 ff. (94 f.); B V e r w G E 6, S. 247 ff. (249 f.) m i t Darstellung des insbesondere vorkonstitutionellen Meinungsstandes. 78 Vgl. Zippelius, EvStL, Sp. 1666 ff. (1691) (ausgehend von Kant). 79 Heller, Staatslehre, S. 186; Schick, EvStL, Sp. 105 f. 80 Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561); Heller, Staatslehre, S. 186; Heller, Souveränität, S. 57; Kelsen, Staatslehre, S. V I I I ; Krüger, Staatslehre, S. 186 f., 853 f.; Lohr, Satzungsgewalt, S. 49 ff. m. w. Nachw.; Scheuner, Erfahrungen, S. 147f. (sowie F N 84 m i t Nachw. für entsprechende Auffassung i n England); Schick, EvStL, Sp. 105'f.; Schmitt, Verfassungslehre, S. 173 f. („Der moderne Staat ist eine geschlossene . . . Einheit und seinem Wesen nach der Status, d. h. ein totaler, alle anderen status innerhalb seiner selbst relativierender status") ;

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

Verfassung die Funktion des Grundgesetzes, d. h. der höchststehenden und letztlich entscheidenden Regelung zuerkannt hat, bestehen keine Rechtssysteme, die von vornherein selbständig sind und nicht an der Verfassung geprüft werden können. Eine originäre Rechtsetzungsfähigkeit der Kammern ist daher zwar rechtstheoretisch denkbar, sie ist aber bei der gegenwärtigen Auffassung vom staatlichen Rechtsetzungsmonopol, die ihren Ausdruck insbesondere in der Verfassung gefunden hat, abzulehnen.

Zweiter

Abschnitt

Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen A . Unterschiedlichkeit der Rechtsetzuagstätigkeit von Parlament und K a m m e r n Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammer ist nur eine denkbare Form der Festsetzung von Berufspflichten. Andere Möglichkeiten sind, wenn man die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit außer acht läßt, die Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber, die Exekutive als Verordnungsgeber oder durch privatrechtlich strukturierte Verbände 1 . Auch lassen sich vielfältige Kombinationsformen der M i t w i r k u n g dieser „Legislativorgane" bei der Festsetzung von Berufspflichten finden. Hier sollen die Möglichkeiten Kammer und parlamentarischer Gesetzgeber herausgegriffen werden, da sie für die Berufsordnungen die relevanten Alternativen sind; die Kammer deshalb, weil sie nach gegenwärtiger Rechtslage die Berufsordnungen aufstellt — das Parlament, weil es der alleinige staatliche Gesetzgeber ist, von dem auch die Exekutive seine Kompetenzen herleitet (vgl. Art. 80 Abs. 1 GG). Die anderen Aufgabenbereiche des Parlaments, wie die parlamentarischen Kontrollund Mitwirkungsrechte, die Wahl von Funktionsträgern und -Organen, das Recht, den Haushalt zu beschließen und Untersuchungsausschüsse einzusetzen, die Aufgabe, auf die politische Willensbildung einzuwirken und den politischen Willen der Bevölkerung zu artikulieren oder die autonomen Geschäftsordnungsrechte können hier außer Betracht bleiben, da nur zu klären ist, ob und wieweit dem Parlament das RechtsetStarck, AöR 92 (1967), S. 451; Zippelius, B K A r t . 1 R N 44; a. A. Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (563), der die demokratischen und liberalen Wurzeln dieser Ansicht nicht sieht. 1 Vgl. S. 14 ff.

Α. Rechtsetzungstätigkeit v o n Parlament u n d K a m m e r n

55

zungsmonopol f ü r Berufsordnungen u n d die Übertragungsmöglichkeit dieses Rechts zusteht. D i e Rechtsetzung d u r c h K a m m e r u n d p a r l a m e n t a r i s c h e n Gesetzgeber m u ß i d e a l t y p i s c h als Gegensatz aufgefaßt w e r d e n 2 . D e r h a r m o n i s i e r e n d e n These, daß die Rechtsetzung d u r c h K a m m e r b z w . d u r c h P a r l a m e n t aus der gleichen W u r z e l k o m m e 3 , w e i l s o w o h l die p a r l a m e n t a r i s c h e V o l k s r e p r ä s e n t a t i o n als auch die v e r b a n d l i c h e G r u p p e n r e p r ä s e n t a t i o n v o m G r u n d g e d a n k e n der S e l b s t b e s t i m m u n g ausgehe, k a n n n i c h t g e f o l g t w e r d e n . O h n e auf die h i n t e r dieser F r a g e l i e g e n d e P r o b l e m a t i k des V e r hältnisses v o n S t a a t u n d Gesellschaft 4 u n d der staatlichen I n t e g r a t i o n d u r c h das P a r l a m e n t b z w . d u r c h eigenständige Rechtsetzungsorgane 5 2 I n diesem Sinne Atzbach, Diss. S. 47; Häberle, DÖV 1965, S. 369 ff. (373 u n d F N 16); Kaiser, Repräsentation, S. 360; Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 357 ff.; Kieß, Diss. S. 95 ff.; Leibholz, Strukturprobleme, S. 326 ff. (330); Peters, Giacometti-Festgabe, S. 229 ff. (243). 3 Klecatzky, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 23 ff.; Forsthoff, CarlSchmitt-Festgabe, sieht i n der modernen Industriegesellschaft m i t ihren Planungsnotwendigkeiten eine Entwicklung zu einer Konvergenz von parlamentarischer u n d verbandlicher Repräsentation. 4 Soweit man einer Konvergenz von Staat und Gesellschaft zuneigt, muß man die Rechtsetzung durch Parlament u n d durch Organe, i n denen (auch) gesellschaftliche K r ä f t e zum Ausdruck kommen, als grundsätzlich gleichgeartet ansehen, während bei einer dualistischen Staat—Gesellschaft-Auffassung die Rechtsetzung durch Parlament und K a m m e r n als Gegensatz zu sehen ist. Folgerungen aus einer Annäherung von Staat und Gesellschaft für das K ö r perschaftsrecht ziehen: Erler, Selbstverwaltung, S. 12; Hohrmann, Organisation, S. 52; Leibholz, Strukturprobleme, S. 336 ff.; Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (565); Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (611); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (452). I n der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts sehen keine Ausnahme vom grundsätzlichen Gegensatz Staat—Gesellschaft: Bogs, Der A r b e i t geber 1957, S. 428 ff. (429); Forsthoff, Körperschaft, S. 9 f.; Kaiser, Repräsentation, S. 308, 338; Hans Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (522); Hermann Weber, Religionsgemeinschaften, S. 48; Werner Weber, Der Arzt i n Westfalen 1960, S. 34 ff. (36); Werner Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 145,153 f.; Werner Weber, Bogs-Festschrift, S. 211 ff. (215). Vgl. auch die Frage, wo die privatrechtlichen Verbände ihren verfassungsrechtlichen Standort haben. Dazu aus der k a u m mehr zu übersehenden L i t e r a t u r : Forsthoff, Carl-Schmitt-Festgabe, S. 185 ff.; Friedrich, Verfassungsstaat, S. 538 ff.; Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 1 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 113 ff.; Krüger, Staatslehre, S. 379 ff.; Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff.; Wittkämper, Interessenverbände. 5 Wenn die Integration des Staatswesens mehr unter dem Gesichtspunkt des zentralen parlamentarischen Gesetzgebers gesehen w i r d , hat dies zur Folge, daß die Rechtsetzung durch Körperschaften als Gegensatz zur parlamentarischen Legislative betrachtet w i r d . I n diesem Sinne u. a.: Bettermann, Grenzen, S. 29; Häberle, DÖV 1965, S. 369 ff. (372); Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 162 ff. (162); Heller, Souveränität, S. 57; Heller, Staatslehre, S. 186, 236; Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 1 ff. (14, 21); Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 118 f.; Leibholz, Strukturprobleme, S. 199 ff. (203); Peters, Ermächtigung I, S. 846; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (615); Werner Weber, Staatsund Selbstverwaltung, S. 25; del Vecchio , Staatlichkeit, S. 217 ff. (226 ff., 233 ff.).

56

I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung und Berufsordnungen

einzugehen, kann festgestellt werden, daß die Zusammensetzung des rechtsetzenden Organs Kammer sich von dem des Parlaments strukturell unterscheidet, und daß auch die Ausgangspositionen der Rechtsetzungstätigkeit beider verschieden sind. Während die Kammern sich grundsätzlich aus den selbst Betroffenen zusammensetzen, besteht beim Parlament strukturell keine unmittelbare persönliche Betroffenheit der Mitglieder durch die erlassene Regelung. Während bei der Rechtsetzungstätigkeit der Kammer gerade „besondere" Interessen und Ansichten zum Ausdruck kommen sollen (unter Wahrung der Individualrechte von Berufsangehörigen und Dritten), hat das Parlament einen „allgemeinen" und nicht Gruppeninteressen isoliert berücksichtigenden Maßstab anzulegen. Aus diesem Grund müssen beide Rechtsetzungsformen grundsätzlich antithetisch gesehen werden. Das für die politische Willensbildung und den Erlaß allgemein gültiger Regelungen i n der Bundesrepublik konstituierende parlamentarische Prinzip zieht sich als roter Faden durch das Grundgesetz. I n diesem Zusammenhang sind besonders die Bestimmungen von Bedeutung, die bestimmte Rechtsbereiche von der Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber abhängig machen 6 . Diese Verfassungsnormen sollen daraufh i n untersucht werden, ob sie die Regelung von Berufspflichten durch Kammern gebieten, verbieten oder zulassen.

B. Vereinbarkeit des Erlasses von Berufsordnungen m i t den Gesetzesvorbehalten I . A r t e n von Gesetzesvorbehalten

Ein Gesetzesvorbehalt t r i f f t eine Aussage darüber, ob und welche Staatsakte abstrakter und konkreter A r t einer gesetzlichen Grundlage bedürfen 7 . Er bestimmt weiterhin, ob eine Regelung nur unmittelbar durch Gesetz getroffen werden kann, ob untergesetzliche von einem Gesetz ableitbare Rechtsnormen zulässig sind und ob die konkrete VerSoweit m a n jedoch die staatliche Integration vorwiegend als Selbstregulierung v o n staatlichen u n d gesellschaftlichen Einheiten beurteilt, liegt eine m o n i stische Betrachtungsweise der Rechtsetzung durch Parlament u n d Körperschaften nahe. Vgl. dazu: Bäumlin, Huber-Festschrift, S. 92; Erler, Selbstverwaltung, S. 28; E. R. Huber, Rechtsstaat, S. 8, 13, 15; E. R. Huber, Selbstverwaltung, S. 9, 55, 59; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 190 f., 180 ff.; Molitor, Gegenwartsprobleme, S. 7,9 ff. 6 So sind z. B. A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 u n d A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG K o n k r e t i sierungen des parlamentarischen Prinzips; vgl. Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (565). 7 Vgl. Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 30; Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (489).

Β . Berufsordnungen u n d die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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pflichtung der Normadressaten durch das Gesetz selbst oder auch durch den Einzelakt der Exekutive festgesetzt werden darf. Bestehen und Umfang eines Gesetzesvorbehaltes bestimmen sich nach seiner Rechtsgrundlage 8 . Da es nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik verschiedenartige Rechtsgrundlagen für Gesetzesvorbehalte gibt, ist davon auszugehen, daß es auch mehrere Ausprägungen der Vorbehalte selbst gibt 9 . Diese können sich, soweit sie auf den gleichen Sachverhalt anwendbar sind, überschneiden. Wie weit die einzelnen Gesetzesvorbehalte ihre Wurzel i n einem „Grundvorbehalt" haben, kann hier dahingestellt bleiben. II. Der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt Der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt 10 bezieht sich auf die organisatorische Gliederung der unmittelbaren und mittelbaren staatlichen Verwaltung. Seine Rechtsgrundlage liegt in der Kompetenzzuweisung für Exekutive und Legislative i m Grundgesetz. Daraus ist zu entnehmen, daß die Exekutive nicht von sich aus den Umfang der ihr zustehenden Zuständigkeiten verändern kann oder Regelungen treffen kann, die „die politisch soziale Grundordnung des Gemeinwesens . . . ändern" würden 1 1 . Für den Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung mag es zweifelhaft sein, ob bei Organisationsregelungen die Substanz staatlicher Hoheitsrechte verändert w i r d oder ob diese Regelungen auf Grund einer Organisationsgewalt ohne gesetzliche Grundlage zulässig sind, da auch bei organisatorischen Änderungen die Zugehörigkeit zur (einheitlichen) hierarchisch strukturierten Verwaltung erhalten bleibt. Für die mittelbare Staatsverwaltung und damit auch für die Kammern bedeutet jedoch eine Neugründung, Veränderung oder Auflösung einer Körperschaft eine Statusänderung, da i m Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung neben den heteronomen Elementen staatlicher Verwaltung auch unmittelbar autonome Elemente der Willensbildung und Entscheidung zum Tragen kommen sollen. Diese Statusänderung der Körper8

Ä h n l i c h Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 89. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 89 ff., ζ. B. unterscheidet den A l l g e meinvorbehalt v o m institutionellen u n d funktionellen Gesetzesvorbehalt. 10 Bei Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 95 ff. „institutioneller Gesetzesvorbehalt" genannt; i n der hier verwendeten Terminologie Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561 f.); Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 71; f ü r die österreichischen berufsständischen Körperschaften i n der Vorkriegszeit vgl. Merkl, Verfassung, S. 33. 11 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 96; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 263; für einen weniger umfassenden Vorbehalt: Peters, Ermächtigung I, S. 842 f. 9

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

schaft betrifft wegen der qualitativen Andersartigkeit beider Elemente die „politisch soziale Grundordnung" 1 2 . Daher findet der organisatorische Gesetzesvorbehalt für Körperschaften des öffentlichen Rechts Anwendung 1 3 . Der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt betrifft jedoch nur die Statusänderung der Kammern und nicht die Legitimierung der Zwangsmitgliedschaft in den Kammern und die Ermächtigung der Kammern zur Festlegung von Berufspflichten 14 . Zwar ist meist die Statusänderung der Kammern mit einer Änderung ihrer Kompetenzen verbunden, dies berechtigt jedoch nicht zu einer Erstreckung des Organisationsvorbehalts auf die Kammerkompetenzen. Daher unterliegt der Erlaß von Berufsordnungen nicht dem organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt. I I I . D e r Allgemeinvorbehalt

Ein weiterer Gesetzesvorbehalt, der seine Grundlage insbesondere i n A r t . 20 Abs. 3 GG hat, ist der rechtsstaatliche Vorbehalt des Gesetzes (Allgemeinvorbehalt) 15 . Die traditionelle Lehre zu diesem Vorbehalt betont, daß er sich nur auf belastende Verwaltungsakte beziehe, die einen Eingriff in Freiheit und Eigentum bedeuten 16 . I n jüngerer Zeit w i r d verstärkt gefordert, daß der Allgemeinvorbehalt sich auch auf die leistende Verwaltung sowie auf die Fiskalverwaltung beziehe 17 . Als Begründung für diese Ausweitung des Allgemeinvorbehalts werden das demokratische Prinzip 1 8 , der 12

Vgl. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 96, 98. Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561 f.); Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 96 f.; Lynker, Diss. S. 26, 32; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 266 ff. m. Nachw.; Reuß, GR I I I / l S. 107; Rüfner, Formen, S. 241 F N 26; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (804 f.); Spanner, DÖV 1957, S. 640 ff. (642 f.); Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (152); Bad.-Württ. V G H , E S V G H 4, S. 187 (für vorkonstitutionelle Körperschaften); vgl. f ü r Bundeskörperschaften A r t . 87 Abs. 3 GG. 14 Insoweit ist zu prüfen, wieweit dies dem rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt unterliegt; vgl. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 95. 15 Aus der k a u m noch zu übersehenden L i t e r a t u r Übersicht bei Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 211; Scheuner, D Ö V 1969, S. 585 ff. (587). 16 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 90 ff.; Böckenförde, Gesetz, S. 21 ff. (geschichtlich); Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 134 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 215 F N 119a; Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 102 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 220 F N 168, 170 f.; Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (490). 17 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 90 F N 3; Ermacora, WDStRL Heft 16 (1958), S. 191 ff. (220); Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 175 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften; Rupp, Grundfragen; Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (492ff.); Spanner, DÖV 1957, S. 640ff. (641); Vogel, W D S t R L Heft 24 (1966), S. 125 ff.; w. Nachw. bei Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 215 F N 119 b u n d c. 18 Insbesondere Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 205. 13

Β . Berufsordnungen u n d die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit 19 und die Individualgrundrechte 2 0 herangezogen. Vermittelnde Auffassungen gehen vom Globalvorbehalt bzw. vom herkömmlichen Gesetzesvorbehalt aus und schränken ihn vorsichtig ein bzw. weiten ihn auch auf die Leistungsverwaltung aus 21 . Für die Untersuchung, ob Berufsordnungen dem Allgemeinvorbehalt unterliegen, sind die unterschiedlichen Meinungen dann ohne Bedeutung, wenn sich feststellen läßt, daß der Globalvorbehalt den traditionellen Vorbehalt (Eingriff i n Freiheit und Eigentum) mit umfaßt und daß es sich bei den Berufsordnungen u m solche Eingriffe handelt. Die Theorie vom Globalvorbehalt soll, worauf bereits der Terminus hinweist, eine Ausweitung des traditionellen Vorbehalts darstellen. Die demokratische Legitimation soll alles staatliche Handeln — auch (und besonders) staatliche Eingriffe — umfassen. Daher ist der herkömmliche Allgemeinvorbehalt i n seinem ganzen Umfang i m Globalvorbehalt enthalten. Bei den Berufsordnungen handelt es sich um Eingriffe, wenn diese eine abstrakte oder konkrete Verpflichtung darstellen, durch die ein Tun oder Unterlassen gefordert wird. Durch die Berufsordnungen werden die Berufsangehörigen verpflichtet, sich entsprechend den darin enthaltenen Regelungen zu verhalten; ihre Freiheit, den Beruf nach ihren Vorstellungen auszuüben, w i r d eingeschränkt 22 . Mittelbar w i r d auch ihr Vermögensbereich berührt, da durch Wettbewerbs- und Kooperationsbeschränkungen ihrer Entscheidungsfreiheit auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet Grenzen gesetzt werden. Somit bedeuten die Berufsordnungen der Kammern einen Eingriff in Freiheit und Eigentum der Berufsangehörigen. Der Allgemeinvorbehalt findet daher auf ihren Erlaß Anwendung 2 3 . Eine Analogie zur gemeindlichen Selbstverwaltung mit dem Ergebnis, daß auch die Berufsordnungen nicht dem Allgemeinvorbehalt unterlie19

Lynker, Diss. S. 32 f.; Rupp, Grundfragen, insbes. S. 104 ff. Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 215; referierend Böckenförde, O r ganisationsgewalt, S. 91; vgl. Ermacora, Handbuch, S. 18, wo er die I n d i v i d u a l feindlichkeit von Gesetzesvorbehalten betont. 21 Einschränkung des Globalvorbehalts: vgl. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 221 ff.; dagegen Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (493); Ausweitung des traditionellen Vorbehalts: Lerche, N J W 1961, S. 1758 ff. (1759). 22 I n diesem Sinne auch Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 95. 23 I n diesem Sinne: Eberhard, D Ö V 1959, S. 620 ff. (621); Mayer, NottarpFestschrift, S. 187 ff.; Peters, Ermächtigung I, S. 840 ff.; Scheuner, PetersGedächtnisschrift, S. 797 ff. (808); Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., Art. 55 R N 8; Spanner, Juristische Blätter (Wien) 1951, S. 12 ff., hat auch (für die österreichische Rechtslage) unter diesen Voraussetzungen Bedenken; eine gesetzliche Grundlage sehen als nicht erforderlich an: Molitor, Gegenwartsnrobleme, S. 22; Kieß, Diss., S. 153. 20

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

gen 24 , ist abzulehnen, da auch das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht dem (zumindest deklaratorischen) Allgemeinvorbehalt unterliegt und da es, i m Gegensatz zu dem der Kammern, positiv durch die Verfassung garantiert ist. M i t der Feststellung, daß der Allgemeinvorbehalt auf Berufsordnungen Anwendung findet, ist jedoch noch nicht der Inhalt des Vorbehalts bestimmt. Er hat nicht zum Inhalt, daß jegliche Übertragung des Rechts zu Eingriffen i n Freiheit und Eigentum durch den Gesetzgeber unzulässig ist. Damit wäre für den Zentralbereich staatlichen Handelns die gesamte Regelungsbefugnis beim Gesetzgeber monopolisiert. A r t . 80 Abs. 1 GG, der die Existenz von untergesetzlichen Normen voraussetzt, hätte seine Funktion verloren. Dies würde auch der Entstehungsgeschichte des rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalts entgegenstehen. Die Entwicklung des Gesetzesvorbehalts spiegelt den Übergang der Kompetenzkompetenz über Gesetzgebungsmaterien vom Monarchen auf die Volksvertretung wider. Der parlamentarische Gesetzgeber sollte Rechte erhalten, jedoch nicht gleichzeitig durch ein Übertragungsverbot eingeschränkt werden. Für alle staatlichen Regelungen und deren Konkretisierung i m Verwaltungshandeln wurde eine Legitimationsbrücke zum parlamentarischen Gesetzgeber dadurch geschaffen, daß für sie eine gesetzliche Ermächtigung vorliegen mußte. Daher kann der Allgemeinvorbehalt nicht i n der Weise interpretiert werden, daß er nur eine Regelung durch Gesetz gestattet. Soweit untergesetzliche Normen, wie z. B. Berufsordnungen als Satzungen der K a m mern, auf einem Gesetz beruhen, widersprechen sie nicht dem rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt. I V . D e r Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 G G 1. Verhältnis des Allgemein Vorbehalts zum Vorbehalt von Art. 12 G G

Das Verhältnis des Vorbehalts von A r t . 12 Abs. 1 GG zum Allgemeinvorbehalt w i r d auf verschiedene Weise bestimmt. A u f der einen Seite w i r d gefordert, den Allgemeinvorbehalt aus der verfassungsrechtlichen Dogmatik zu streichen, da sich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung ausschließlich aus den Grundrechten ergebe 25 . A u f der anderen Seite w i r d vertreten, daß die Einzelvorbehalte 24 Dazu: Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 33; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 224; Rupp, Grundfragen, S. 143 F N 106. 25 So Vogel, W D S t R L Heft 24 (1966), S. 125 ff. (147 ff.); auch Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 135, steht dieser Auffassung nicht allzu fern, w e n n er annimmt, daß sich aus A r t . 2 Abs. 1 u n d 14 GG lückenlos die unter Vorbehalt stehende Individualsphäre ergebe; dagegen neuestens Scheuner, D Ö V 1969, S. 585 ff. (585 F N 2).

Β . Berufsordnungen u n d die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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der Grundrechte — und damit auch der Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 GG — eine Verfeinerung und Abstufung des Allgemeinvorbehalts sind und daher diesem als lex specialis vorgehen. Soweit sie keine Anwendung finden, kann der Allgemeinvorbehalt seine Wirkung entfalten 26 . Für die österreichische Rechtsordnung erfährt diese Auffassung die Modifizierung, daß den Spezialvorbehalten nur deklaratorische Bedeutung zukomme, da es einen verfassungsunmittelbaren Globalvorbehalt gebe 27 . Die Reduzierung der Gesetzesvorbehalte auf die i n den Grundrechten enthaltenen Vorbehalte bedeutet einen Rückschritt der Dogmatik vom Gesetzesvorbehalt. Diese Auffassung verkennt die unterschiedliche politische Zielsetzung beider Arten von Vorbehalten. Während der Allgemeinvorbehalt nur die Frage der Regelungskompetenz (Monarch, Parlament, Verwaltung) betrifft, sollen die Grundrechtsvorbehalte (materielle) Einschränkungs- und Ausfüllungsmöglichkeiten der Grundrechte geben, die — zum Schutz des Grundrechtsträgers — grundsätzlich der parlamentarischen Volksvertretung übertragen sind. Auch die eindeutige und umfassende Verfassungsgrundlage des Allgemeinvorbehalts spricht für dessen Beibehaltung neben den Spezialvorbehalten. Daher t r i t t der Allgemeinvorbehalt dann zurück, wenn ein Spezialvorbehalt vorliegt.

2. Die Auslegung des Vorbehalts in Art. 12 Abs. 1 a. F. G G

Nach der früheren Fassung von A r t . 12 Abs. 1 GG konnte eine Regelung der Berufsausübung und der Berufswahl 2 8 nur „durch Gesetz" erfolgen. Diese Bestimmung bereitete große Auslegungsschwierigkeiten. Einigkeit bestand darin, daß dadurch nicht der Vollzug von gesetzlichen Regelungen durch Verwaltungsakt verboten sei. Unklarheit herrschte jedoch darüber, ob zwischen Parlamentsgesetz und Verwaltungsakt untergesetzliche Normen wie Rechtsverordnungen und Satzungen treten dürfen. Da die Positionen bei der Auslegung von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 a. F. GG auch heute noch Auswirkungen zeigen, sind sie kurz zu skizzieren.

26 Ä h n l i c h Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (208 ff.), der den Vorbehalt von A r t . 12 GG insoweit anwendet, als es sich u m eine „Einschränkung" handelt, den A l l gemeinvorbehalt insoweit, als es sich u m die „Kenntlichmachung verfassungsunmittelbarer Schranken" handelt; Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 100; Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 31 f.; Leibholz/Rinck, Anm. 1 vor A r t . 70 ff.; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (456); OVG Rheinland-Pfalz, GewArch. 1966, S. 276 f. 27 Vgl. A r t . 6 Abs. 1 Staats-Grundgesetz und A r t . 18 Bundes-Verfassungsgesetz (Österreich), dazu Ermacora, DÖV 1960, S. 561 ff. (562); Fröhler, G r u n d legung, S. 46 f. 28

BVerfGE 7, S. 377 ff. u n d seitdem allgemeine Meinung.

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

Weitgehend wurde vertreten, daß Regelungen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch formelles Gesetz erlassen werden können 2 9 . Dies wurde insbesondere mit der Entstehungsgeschichte von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 a. F. GG begründet 30 . Von der mehr an der Verwaltungspraxis und den Interessen der Berufskammern ausgerichteten Literatur wurde dagegen die Zulässigkeit von untergesetzlichen Normen bejaht 3 1 . Das BVerfG hatte diese Frage bewußt unentschieden gelassen 32 . Es profilierte seine Meinung nur i n der Weise, daß es vorkonstitutionelle Rechtsverordnungen und vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht als zulässige Einschränkungen ansah 33 und i n seiner späteren Rechtsprechung eine i n einem förmlichen Rechtsetzungsakt geschaffene Regelung als Art. 12 Abs. 1 GG gemäß betrachtete 34 . Eine Entschärfung dieser Kontroverse versuchte Bachof, indem er zwar vom formellen Gesetzesbegriff ausging, jedoch zwischen der „Kenntlichmachung verfassungsunmittelbarer Schranken", die nicht an das Erfordernis eines Parlamentsgesetzes gebunden sind, und „Einschränkungen" der Berufsfreiheit, die nur durch formelles Gesetz erfolgen dürfen, unterschied 35 . Eine andere Auffassung verwendete Art. 80 Abs. 1 GG für die Auslegung von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 a. F. GG 3 6 und sah Berufsordnungen nur insoweit als zulässig an, als sie den Anforderungen von A r t . 80 Abs. 1 GG

29 So Günther, Diss. S. 38; Hoffmann, DVB1. 1964, S. 457 ff. (465) (für V e r staatlichung von Berufen); Ipsen, DVB1. 1950, S. 385 ff. (390); v. Mangoldt/ Klein, A n m . V 6 zu A r t . 12 (S. 386); B V e r w G E 3, S. 254 ff. (256); B G H Z E 22, S. 167 ff. (173); V G H Bremen, DVB1. 1954, S. 713; weitere Nachweise Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (524 F N 3); unentschieden BVerwG, DVB1. 1963, S. 151. 30 Dazu Lerche, DVB1.1958, S. 525 F N 12. 31 Brangsch, Hamburger Ärzteblatt 1951, S. 172 ff.; Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (106); Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 12; Weissauer/Poellinger, Berufsordnungen, S. 16 ff.; BVerwG, DVB1. 1965, S. 838; BVerwG, GewArch. 1967, S. 96; OVG Rheinland-Pfalz, GewArch. 1966, S. 276 ff. (276); ohne das Problem zu sehen: Lüben, Fundamente, S. 58. 32 BVerfGE 7, S. 377 ff. (402 f.); E 9, S. 63 ff. (70); E 9, S. 73 ff. (76); E 9, S. 338 ff. (343); E 15, S. 226 ff. (231); E 22, S. 114 ff. (121 f.); dazu Starck, Berufsordnungen, S. 19. 33 Leibholz/Rinck, Grundgesetz, A r t . 12 R N 11 m i t w. Nachw.; BVerfGE 22, S. 114 ff. (121 f.); E 15, S. 226 ff. (233). 34 BVerfGE 22, S. 114 ff. (121). 35 Bachof, GR I I I / l S. 208 ff. 36 So Brinkmann, GG, A n m . I 2 d zu A r t . 12; Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); Hamann, Autonome Satzungen, S. 76 ff.; Hamann, G r u n d gesetz, A r t . 12 A n m . Β 7; w o h l i n diesem Sinne Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 166 ff. (167); ähnlich Hesse, Grundzüge, S. 124; Schick, Gesetz, EvStL, Sp. 643 ff. (645); BSG, Sozialgerichtsbarkeit 1966, S. 511 ff. (513) (im Ergebnis jedoch unentschieden); OVG Berlin, JR 1967, S. 396 ff.; OVG Lüneburg, VerwRspr. 10, S. 911 ff. (913 f.).

Β . Berufsordnungen u n d die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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genügen und somit lediglich eine Erläuterung der i m Gesetz festgestellten Berufspflichten darstellen. Für die Auslegung des Gesetzesvorbehalts von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 a. F. GG wurde auch an die Stufentheorie des BVerfG zur materiellen Berufsfreiheit angeknüpft 3 7 und die i m Gesetz erfolgte „Sachentscheidung" als K r i t e r i u m herangezogen 38 . 3. Die Entstehungsgeschichte des Art. 12 Abs. 1 n. F. G G

I m Rahmen des 17. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Notstandsgesetz)39 wurde die alte Fassung des A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG geändert und zu den Worten „durch Gesetz" die Worte „oder auf Grund Gesetzes" hinzugefügt. I n den früheren Entwürfen zu den Notstandsgesetzen wurde diese Änderung nicht vorgeschlagen 40 . Die Anregung zu einer Änderung von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG tauchte erstmals i n den Empfehlungen der zuständigen Bundesratsausschüsse 41 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Notstandsgesetz, Entwurf der Bundesregierung) 42 auf. Als Begründung wurde auf die neuen Art. 12 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG hingewiesen und die Notwendigkeit, auch künftig entsprechend der bisherigen Praxis die Berufsausübung „auf Grund eines Gesetzes" zu regeln 43 . Die Freie und Hansestadt Hamburg beantragte die gleiche Änderung i m Bundesrat 44 . Die Begründung zu diesem Antrag enthielt die Feststellung, daß bei einer Änderung von A r t . 12 Abs. 2 und 3 GG ohne Änderung des Absatzes 1 dieser so ausgelegt werden könnte, daß Rechtsverordnungen nicht mehr als zulässige Regelung von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen werden könnten. U m diese von der geltenden Interpretation abweichende Auslegung zu verhindern, sollten die Worte „oder durch Gesetz" eingefügt werden. Durch Abstimmung i n der 308. Sitzung des Bundesrats vom 28. A p r i l 196745 wurde dieser Antrag erledigt. I n der Debatte der 308. Sitzung des Bundesrats 46 wurde die Änderung von Art. 12 Abs. 1 GG nicht erwähnt, 37

Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (468 ff.). Lerche, DVB1.1958, S. 524 ff. 39 V o m 24. J u n i 1968, BGBl. I, S. 709. 40 So die Entwürfe der Bundesregierung BT-Drucks. III/1800, I V 891 und der E n t w u r f des Rechtsausschusses des Bundestags BT-Drucks. IV/3494. 41 Empfehlungen der Ausschüsse v o m 20. A p r i l 1967 für die 308. Sitzung des Bundesrats v o m 28. A p r i l 1967, BR-Drucks. 162/1/67. 42 V o m 10. März 1967, BR-Drucks. 162/67. 43 BR-Drucks. 162/1/67 S. 3. 44 A n t r a g v o m 27. A p r i l 1967 für die Bundesratssitzung v o m 28. A p r i l 1967, BR-Drucks. 162/3/67. 45 Sitzungsbericht Bundesrat S. 62-D. 46 Sitzungsbericht Bundesrat S. 51-D ff. 38

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

jedoch i n der Schlußabstimmung des Bundesrats über seine Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung 47 die Fassung der Bundesratsausschüsse übernommen. Der Bundestag überwies den Entwurf der Bundesregierung ohne Berücksichtigung dieses Vorschlags des Bundesrats an die Bundestagsausschüsse48, auch der FDP-Entwurf 4 9 übernahm A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG unverändert. Der Rechtsausschuß des Bundestags griff jedoch den Gedanken des Bundesrats auf und schlug „zur Beseitigung redaktioneller Unebenheiten" den Zusatz „oder auf Grund Gesetzes" für A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG sowie für A r t . 11 Abs. 2 GG vor 5 0 . Diese Fassung wurde bei der Endabstimmung i m Bundestag auch angenommen 51 . Aus der Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung ist zu entnehmen, daß der Zusammenhang m i t den Notstandsgesetzen nur ein äußerlicher war. Es wurde befürchtet, daß durch die neuen Absätze 2 ff. des A r t . 12 GG die bisher offene Frage, i n welcher Weise der Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 GG auszulegen sei, zugunsten der i n der Literatur vorherrschenden Ansicht (Gesetz i. S. von A r t . 12 GG bedeutet formelles Gesetz) entschieden werden könnte. Die Änderung sollte klarstellen, daß die Einschränkung der Berufsausübung auch durch einen (auf Gesetz beruhenden) Verwaltungsakt möglich ist 5 2 . Die Begründung des Rechtsausschusses geht davon aus, daß jedenfalls nach der neuen Fassung auch eine Regelung durch materielles Gesetz erfolgen kann 5 3 . Die Begriffe „durch Gesetz" und „auf Grund Gesetzes" werden ohne nähere Begründung verwendet. I n den Begründungen w i r d die Erweiterung des Gesetzesvorbehalts immer nur auf die Regelung der Berufsausübung erstreckt. Der Auffassung des Bundesrats nach 54 soll die bisherige Staats47 Stellungnahme des Bundesrats zum E n t w u r f eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, BR-Drucks. 162/67 (Beschluß) Anlage S. 3 = B T Drucks. V/1879 Anlage 2 S. 32. 48 Vgl. BT-Drucks. V/1879 S. 18. 49 A n t r a g der Abgeordneten Dorn u n d Genossen zu einem „Gesetz zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung i m Verteidigungsfall", BT-Drucks. V/ 2130 insbes. S. 7. 50 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (vom 9. M a i 1968) über den von der Bundesregierung eingebrachten E n t w u r f eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucks. V/1879 — u n d über den von den Abgeordneten Dorn und Genossen eingebrachten E n t w u r f eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung i m Verteidigungsfall — Drucks. V/2130 — BT-Drucks. V/ 2873. 51 Vgl. 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes v o m 24. J u n i 1968, BGBL I, S. 709. 52 So BT-Rechtsausschuß, BT-Drucks. V/2873 S. 4: „ . . . soll der unzutreffenden . . . Folgerung vorgebeugt werden, als sei eine Regelung der Berufsausübung n u r unmittelbar durch eine Rechtsnorm (oder gar ein Gesetz i m förmlichen Sinne) zulässig . . . " 53 Siehe F N 46. 54 BR-Drucks. 162/67 (Beschluß).

Β . Berufsordnungen und die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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praxis (die auch Rechtsverordnungen und Satzungen als zulässige Regelungen ansieht) durch die Verfassungsänderung bestätigt werden. Der Antrag von Hamburg 5 5 möchte anscheinend durch die neue Fassung nur Rechtsverordnungen erfassen. Die Entstehungsgeschichte dieser Verfassungsänderung ergibt somit, daß eine Legalisierung der bisherigen Staatspraxis sowie eine Angleichung an die übrigen Gesetzesvorbehalte i m Grundrechtsbereich erreicht werden sollte und das die herkömmliche Interpretation der Vorbehalte „durch Gesetz" und „auf Grund Gesetzes" übernommen werden sollte. Eine Regelung über Satzungen und deren Voraussetzungen zu treffen, war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt 56 . 4. Vergleich mit anderen Gesetzesvorbehalten im Grundrechtsteil

Durch die Novellierung des Gesetzesvorbehalts von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG war bezweckt, diesen Vorbehalt den übrigen gleichlautenden Gesetzesvorbehalten i m Grundgesetz anzugleichen. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, daß die Vorbehalte jeweils den gleichen Inhalt und die gleiche Tragweite haben und daß der Begriff des Vorbehalts inhaltlich gefestigt ist. Es ist daher zu untersuchen, wieweit von einem einheitlichen, inhaltlich definierten Gesetzesvorbehalt i m Grundrechtsbereich ausgegangen werden kann und daher durch die Neufassung von Art. 12 Abs. 1 GG Klarheit geschaffen wurde. I m Grundrechtsteil des Grundgesetzes sind neben der Regelungsmöglichkeit durch die „allgemeinen Gesetze" (Art. 5 Abs. 2 GG) drei Typen von Gesetzesvorbehalten anzutreffen 57 . Neben der Grundrechtseinschränkung „durch Gesetz" 58 und „auf Grund eines Gesetzes" 59 steht die „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes" 60 . Dabei werden wörtlich unterschiedliche Vorbehalte teilweise als inhaltlich gleich angesehen. So w i r d für den Gesetzesvorbehalt „auf Grund eines Gesetzes" als selbstverständlich vorausgesetzt, daß damit auch Eingriffe „durch Gesetz" gedeckt sind 6 1 . 55

BR-Drucks. 162/3/67, Ähnliche Beurteilung Starck, Berufsordnungen, S. 22. 57 Z u den Vorbehalten bei Grundrechten allgemein Kaliwoda, ÖZöffR 19 (1969), S. 207 ff. 58 A r t . 15 Satz 1 GG, ähnlich A r t . 14 Abs. 1 GG. 59 A r t . 2 Abs. 2; 10 Abs. 2 Satz 1 ; 16 Abs. 1 Satz 2; 13 Abs. 3 GG. 60 A r t . 8 Abs. 2; 11 Abs. 2 Satz 1; 12 Abs. 1 Satz 2; 12 a Abs. 3 Satz 1; 12 a Abs. 4 Satz 1; 12 a Abs. 6 Satz 1; 14 Abs. 3 Satz 1; 19 Abs. 1 GG. 61 Bezüglich A r t . 16 Abs. 1 Satz 2 Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (533); Kimminich, B K A r t . 16 R N 47 (mißverständlich); bezüglich A r t . 2 Abs. 2 ζ. B. Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, R N 5 ff.; BVerfGE 1, S. 418 ff. (420); E 10, S. 271 ff. (273); bezüglich A r t . 10 Abs. 2 Satz 1 Badura, B K A r t . 10 R N 45. 56

5 Brandstetter

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung und Berufsordnungen

Auf der anderen Seite kann bei gleichlautenden Gesetzesvorbehalten die verfassungspolitische Zielrichtung unterschiedlich sein. Der Gesetzesvorbehalt von A r t . 14 Abs. 3 Satz 1 GG ist eine Reaktion auf den Streit während der Geltung der Weimarer Verfassung, ob eine Enteignung auch unmittelbar durch ein Gesetz erfolgen dürfe, während bei den anderen Vorbehalten die Einschränkung durch ein Gesetz als selbstverständlich angesehen w i r d und strittig ist, ob und inwieweit untergesetzliche Normen bei den Grundrechtsvorbehalten zulässig sind 6 2 . Bezüglich der Rechtsverordnungen hat sich die Meinung herausgeschält, daß diese zwischengeschaltet werden können, soweit der Vorbehalt „auf Grund eines Gesetzes" beim Grundrecht gegeben ist 6 3 . Der Meinungsstand zur Zulässigkeit von Satzungen bei den genannten Vorbehalten ist jedoch noch völlig unprofiliert. Meist werden Satzungen bei der Aufzählung zulässiger Einschränkungsformen nicht erwähnt. Dies mag daran liegen, daß bei bestimmten Grundrechten in der Praxis keine Regelung durch Satzungen erfolgt 6 4 . Es läßt sich daher nicht davon sprechen, daß die verschiedenen Gesetzesvorbehalte i m Grundrechtskatalog klar und systematisch konturiert sind 6 5 und daß man bei der Auslegung des Vorbehalts in A r t . 12 Abs. 1 n. F. GG ohne weiteres auf sie zurückgreifen kann 6 6 . 5. Die Auslegung des Vorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 n. F. GG

a) Aus der fehlenden Folgerichtigkeit der Grundrechtsvorbehalte soll hier jedoch nicht die Folgerung gezogen werden, daß man den i n A r t . 12 Abs. 1 GG formulierten Regelungsvorbehalt völlig vernachlässigen kann und ein davon unabhängiges Regelungssystem aufstellen darf. Vielmehr soll weitmöglichst vom Gesetzesvorbehalt, wie er in Art. 12 Abs. 1 GG seinen Ausdruck gefunden hat, ausgegangen werden. Dabei läßt sich feststellen, daß mit „Gesetz" i n A r t . 12 Abs. 1 GG das „Parlamentsgesetz" gemeint ist 6 7 . Der enge wörtliche Zusammenhang der 62 Dazu Jesch, DÖV 1962, S. 428 ff. (430); Kimminich, B K A r t . 14 R N 110 ff.; Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (524 F N 2); v. Mangoldt/Klein, GG, A r t . 14 Anm. V I I 6 (S. 446); JöR N. F. Bd. 1 (1951), S. 152 f. 63 So Badura, B K A r t . 10 R N 45; Kimminich, B K A r t . 14 R N 112. 64 So ζ. B. A r t . 8,16,12 a. 85 Darauf weist Bettermann, Grenzen, S. 1 ff. (und passim) hin, der bei dieser Gelegenheit ein (sehr extensives) neues Schrankensystem vorschlägt (S. 9 ff.) ; kritisch auch Hesse, Grundzüge, S. 125; Thieme, ZRP 1969, S. 32 f. (33). ββ Auch Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (459) differenziert - allerdings ohne nähere Begründung — die Grundrechte m i t gleichlautendem Gesetzesvorbehalt hinsichtlich der Einschränkungsmöglichkeit durch autonome Satzung. 87 So Bachof, GR I I I / l S. 210; Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (526); v. Mangoldt/ Klein, Anm. V 6 zu A r t . 12 GG; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (456); B V e r w G E

Β . Berufsordnungen u n d die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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Termini „durch Gesetz" und „auf Grund eines Gesetzes" in A r t . 12 Abs. 1 GG weist darauf hin, daß beidesmal dieser Begriff „Gesetz" die gleiche Bedeutung hat, und zwar nicht i. S. von „materiellem Gesetz", da i n diesem Fall der zweite Teil des Gesetzesvorbehalts („auf Grund eines Gesetzes") überflüssig wäre. Auch die Entstehungsgeschichte von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 n. F. GG weist darauf hin, daß der Gesetzesbegriff hier dem des Parlamentsgesetzes entspricht 68 . Diese Auslegung entspricht auch der parlamentarischen Tradition der Bundesrepublik, nach der Einschränkungen von Grundrechten vom Parlamentsgesetz ableitbar sein sollen. M i t dieser Feststellung ist jedoch nur die Aussage getroffen, daß jede Regelung der Berufsfreiheit auf ein parlamentarisches Gesetz zurückzuführen sein muß. Welche Normen oder Einzelakte dazwischengeschaltet werden dürfen, ist damit nicht beantwortet. b) Für die Tatsache, daß vom Vorbehalt „auf Grund eines Gesetzes" grundsätzlich alle untergesetzlichen Normen und damit auch Satzungen erfaßt sind, spricht die Stellung des Vorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG: Da Verwaltungsakte bereits durch den Vorbehalt „durch Gesetz" gedeckt sind 6 9 , muß sich der Vorbehalt „auf Grund eines Gesetzes" auf untergesetzliche Rechtsnormen beziehen. Auch die allgemeine Formulierung („auf Grund") weist auf eine Erstreckung des Vorbehalts auf Satzungen hin. Die Differenziertheit und rasche Anpassungsbedürftigkeit von Regelungen des Berufsrechts, die eine alleinige Regelung durch Parlamentsgesetz praktisch unmöglich macht, spricht ebenfalls für die Zulässigkeit von mediatisierenden Normen (Rechtsverordnungen und Satzungen) 70 . Daher sind Satzungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften grundsätzlich mit dem Vorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. c) Die näheren Voraussetzungen für den zulässigen Umfang der Satzungen sind auf verschiedene Weise bestimmt worden. M i t der Unterscheidung zwischen der „Kenntlichmachung verfassungsunmittelbarer Schranken", die nicht dem Gesetzesvorbehalt unterliegen, und „Einschränkungen" der Berufsfreiheit, die nur durch formelles Ge-

3, S. 254 ff. (256); B G H Z 22, S. 167 ff. (173); zweifelnd BVerwG, DÖV 1958, S. 126 f.; a. A . Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 33, der bezüglich des Gesetzesvorbehalts Satzungen dem Parlamentsgesetz gleichstellt. Diese Ansicht ist wegen der fehlenden Originarität von Satzungen abzulehnen. 68 Vgl. oben S. 63 ff. 69 Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (533); allgemein Jesch, Gesetz u n d V e r w a l tung, S. 31 ; a. A . Hesse, Grundzüge, S. 124. 70 Vgl. dazu m. Nachw. Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff.; Starck, Berufsordnungen, S. 20. 5*

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

setz geregelt werden können 7 1 , kann keine befriedigende nähere A b grenzung erreicht werden 7 2 , da gegen diese Auffassung erhebliche verfassungsrechtliche und -politische Bedenken sprechen. Es besteht die Gefahr, daß die „verfassungsunmittelbaren Grenzen" extensiv ausgelegt werden 7 3 und damit formalisierte Gesetzesvorbehalte untergraben werden. Zudem würde sie der gestuften Festlegung von Einschränkungsmöglichkeiten der Grundrechte durch den Verfassungsgeber zuwiderlaufen und einer zukünftigen Differenzierung entgegenstehen. Diese Unterscheidung mag zur Bestimmung des materiellen Umfangs der Berufsfreiheit dienen, zur Interpretation des Gesetzesvorbehalts von Art. 12 Abs. 1 GG ist sie nicht anwendbar. Eine andere Auffassung versucht zu einer adäquaten Bestimmung der Vereinbarkeit von Satzungen mit dem Vorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 GG zu kommen, indem sie die aufgelockerte Stufentheorie, die als Maßstab für die materielle Bindung des Gesetzgebers an Art. 12 Abs. 1 GG entwickelt worden ist, analog auf den Regelungsvorbehalt von A r t . 12 GG anwendet 7 4 : Da die Berufswahl stärker zu schützen ist als die Berufsausübung, sollen Regelungen der Berufswahl nur durch Parlamentsgesetz erfolgen, während die Freiheit der Berufsausübung auch durch autonome Satzungen eingeschränkt werden kann. Für diese Analogie von der materiellen Einschränkungsmöglichkeit auf die Einschränkungskompetenz müssen zwei Voraussetzungen vorliegen: Die Freiheit der Berufswahl muß als das bedeutsamere Grundrecht innerhalb der beiden Modalitäten i n Art. 12 Abs. 1 GG anzusehen sein und der daher notwendige stärkere Schutz muß nur durch den Gesetzgeber gewährleistet werden können. Die erste Voraussetzung w i r d durch den Wortlaut von A r t . 12 GG, nach dem die Berufswahl ohne den Regelungsvorbehalt gewährleistet ist, während dieser für die Berufsausübung anwendbar ist, bestätigt. Durch die Rechtsprechung des BVerfG seit dem Apothekenurteil und die dieser Rechtsprechung in seinen Grundzügen folgenden allgemeinen Mei71 Bachof, GR I I I / l S. 211, der — terminologisch inkonsequent — einerseits sagt, daß der Regelungsvorbehalt von A r t . 12 GG Einschränkungen nicht ausschließe, andererseits jedoch den Begriff „Regelung" i n Antithese zur „ E i n schränkung" setzt; Frotscher, DVB1. 1968, S. 904 ff. (905); Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 140 ff. u n d passim; dazu Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213) ; ähnlich Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 106; Menger, VerwArch. 1964, S. 73; BVerfGE 7, S. 377 ff. (404). 72 So auch Starck, Berufsordnungen, S. 20 f. 73 So z. B. BVerfGE 7, S. 377 ff. (404), wonach unter den Regelungen zu A r t . 12 GG „auch" Einschränkungen seien, jedoch „ i n erster L i n i e " die Grenzen der Berufsfreiheit von innen her bestimmt werden. 74 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (468 f.); Starck, Berufsordnungen, S. 24 f.; Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34).

Β. Berufsordnungen und die Gesetzesvorbehalte des Grundgesetzes

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nung ist, trotz des Abweichens vom Gesetzeswortlaut, die Stufung Berufswahl — Berufsausübung und deren unterschiedliche Bewertung beibehalten worden. Ein Grund dafür ist, daß die Berufswahl unmittelbarer der Persönlichkeitsentfaltung zuzurechnen ist und stärker die Substanz der Berufsfreiheit trifft, als die Festlegung der Modalitäten der Berufsausübung 75 . Die unterschiedliche Bindungsintensität von Berufswahl und Berufsausübung w i r d auch durch die soziologische Forschung bestätigt, die beides als „verschiedene Stufen der Generalisierung" ansieht 78 . Die weitere Voraussetzung, daß der stärkere Schutz nur durch den Gesetzgeber gewährleistet werden kann, könnte deshalb gegeben sein, weil zur Rechtfertigung der Einschränkung der Berufsfreiheit Gemeinschaftsgüter 77 vorhanden sein müssen, deren Vorliegen nicht durch eine Gruppe innerhalb des Staates, sondern nur durch den parlamentarischen Gesetzgeber als Repräsentanten der Gesamtgemeinschaft beurteilt werden darf. A n dieser Ansicht ist richtig, daß die Abwägung von Gemeinschaftsgütern nicht durch eine innerstaatliche Gruppe erfolgen darf. Die Notwendigkeit, die Berufsfreiheit zu Gemeinschaftsgütern i n Bezug zu setzen, liegt jedoch nicht nur bei Einschränkungen der Berufswahl vor, sondern — wenn auch i n geringerer Intensität — bei Einschränkungen der Berufsausübung. Hier kann der Gesetzgeber zwar stärker nach Zweckmäßigkeitserwägungen vorgehen, doch müssen diese immer durch „vernünftige Erwägungen" des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Obwohl eine Unterscheidung „Berufswahlregelung nur durch den Gesetzgeber — Berufsausübungsregelung auch durch den Satzungsgeber" klare Abgrenzungen bieten würde, kann die Zäsur daher nicht i n dieser Härte gezogen werden. Festzuhalten an dieser Ansicht ist jedoch die Ausrichtung des Gesetzes Vorbehalts von Art. 12 GG an den materiellen Entscheidungen über die Berufsfreiheit 78 . Eine andere Möglichkeit, die nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässigen untergesetzlichen Regelungen zu bestimmen, besteht i n der Verwendung des Kriteriums der „Sachentscheidung im Gesetz" 7Ö. Danach richtet sich die 75 Z u r Unterscheidung Berufswahl—Berufsausübung neuestens Schwabe, DÖV 1969, S. 734 ff. (735 ff.). 78 Luhmann, Grundrechte, S. 134 F N 65. 77 I m Anschluß an die Rechtsprechung des B V e r f G Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (468). 78 Vgl. Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (531): „tatbestandsvariable Formel". Auch Hesse, Grundzüge, S. 189, betont, daß eine Entscheidung durch den staatlichen Gesetzgeber dann zu erfolgen hat, w e n n es sich u m bedeutende Fragen handelt. 79 Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (527, 530 ff.); B a y V B l . 1958, S. 231 ff. (232), stellt als erster dieses K r i t e r i u m heraus, erstreckt es jedoch n u r auf den früheren Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 GG („durch Gesetz"); ähnlich OVG Berlin, JR 1967, S. 396 ff. (397); ähnlich der Begriff der „politischen Grundentscheidung" bei Loewenstein, Verfassungslehre, S. 43; kritisch Bachof, GR I I I / l S. 211 F N 214.

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung u n d Berufsordnungen

Intensität der i m formellen Gesetz zu fällenden Entscheidungen nach den durch das GG gesetzten tatbestandsmäßigen Akzenten. So sind — auf Art. 12 GG bezogen — die geringsten Anforderungen an die Sachentscheidung bei Regelungen, die eine punktuelle Mißbrauchsabwehr darstellen, stärkere bei einer Mißstandsabwehr und die strengsten Anforderungen bei Regelungen mit berufsordnendem Charakter zu stellen. Ob eine untergesetzliche Norm dazwischentritt und ob diese Rechtsverordnungs- oder Satzungsnatur hat, ist nach dieser Interpretation ohne Bedeutung. Zwar sind bereits die Gesetzesvorbehalte der Grundrechte ein Ausdruck für die „Bewertung" des Einzelgrundrechts i m Rahmen der Gesamtverfassung 80 , jedoch ermöglicht erst diese Formel i n vollem Umfang die Berücksichtigung tatbestandsmäßiger Entscheidungen des Grundgesetzes zur Berufsfreiheit 81 . Hier liegt auch der Unterschied zu A r t . 80 Abs. 1 GG: Während Art. 80 GG eine mehr formelle Struktur hat, ist eine Sachentscheidung nur dann i m Gesetz zum Ausdruck gekommen, wenn die materiellen Betonungen i m Grundgesetz berücksichtigt sind 8 2 . Die Formel der „Sachentscheidung i m Gesetz" hat den Vorteil der oben erörterten Stufentheorie, ohne eine zu harte Abgrenzung zwischen Berufswahl und Berufsausübung zu treffen. Bei punktuellen Berufsausübungsregelungen kann die notwendige Sachentscheidung sehr genereller A r t sein und somit eine untergesetzliche Regelung einen sehr weiten Spielraum haben, der m i t einer „autonomieähnlichen Rechtsetzung" 83 zu vergleichen ist. Bei einer umfassenden Regelung von Berufspflichten und insbesondere bei einer Beschränkung des Zugangs zu einem Beruf und der Festsetzung der Zulassungsvoraussetzungen muß dagegen die Sachentscheidung bis zu einem Umfang, der keinen Raum für untergesetzliche Regelungen läßt, i m Gesetz selbst getroffen werden 84 . M i t diesem K r i t e r i u m läßt sich auch eine Umgehung des Gesetzesvorbehalts durch Generalklauseln verhindern 8 5 . 80

Vgl. Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 203 und passim. Lerche, DVB1.1958, S. 524 ff. (532). 82 Anders Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (530 f.), der den Unterschied darin sieht, daß nach A r t . 80 GG ein mögliches Verhalten voraussehbar sein muß, während durch die Sachentscheidung ein Verhalten der Exekutive bereits z w i n gend festgelegt ist. 83 Lerche, DVB1.1958, S. 524 ff. (532). 84 I m Ergebnis ähnlich BVerwG, N J W 1965, S. 1778 ff. (1779); Starck, Berufsordnungen, S. 21; zu diesen Regelungen m i t berufsordnendem Charakter zählt Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (533) auch die Festsetzung der Berufspflichten. Er hält deshalb ärztliche Berufsordnungen für „nicht unbedenklich". 85 Diese Umgehung löst das BVerwG, E 10, S. 164 ff. (dazu Ermacora, JuS 1961, S. 217 f.) durch Heranziehung von Grundsätzen, die A r t . 80 GG entsprechen. 81

C. A r t . 80 11 GG als Kompetenznorm f ü r Berufsordnungen

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Nicht zu verkennen ist jedoch auch der Nachteil einer solchen gleitenden Skala von notwendigen gesetzlichen Sachentscheidungen. Man entfernt sich damit von formalen Konturen, durch wen eine Entscheidung getroffen werden kann und nimmt ein Ansteigen von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern der Satzungsgewalt und den übrigen Rechtsetzungsorganen in Kauf 8 6 . Dieser Nachteil fällt jedoch nicht entscheidend ins Gewicht, da auch bei den bisherigen Auslegungen der Gesetzesvorbehalte i m Grundrechtsbereich große Unsicherheiten offensichtlich w u r den. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG eine auf einem Gesetz beruhende abgeleitete Rechtsetzung und somit auch Berufsordnungen der Kammern nicht verbietet, jedoch eine Sachentscheidung durch den Gesetzgeber, die sich nach der Eingriffsintensität und den materiell-rechtlichen Kategorien von A r t . 12 GG richtet, verlangt.

C. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 G G als Grundlage bzw. als Ausschlußnorm für den Erlaß von Berufsordnungen A r t . 80 GG kann für die Berufsordnungen i n zweifacher Hinsicht von Bedeutung sein. Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift könnte analog der darin enthaltenen Bestimmung über den Erlaß von Rechtsverordnungen eine Aussage über die Kompetenz für Berufsordnungen treffen. Satz 2 dieses Absatzes könnte für die nötige Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage von Berufsordnungen herangezogen werden. I n diesem Zusammenhang soll die erste Frage behandelt werden. Die Auswirkung von A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG auf die Kompetenz über Berufsordnungen kann eine verfassungsrechtliche Legitimation sein, wenn der Analogieschluß von Rechtsverordnungen auf Satzungen zulässig ist. Es könnte aber auch der Schluß gezogen werden, daß m i t der Beschränkung auf Rechtsverordnungen eine abschließende Regelung getroffen ist, die jede andere Übertragung rechtsetzender Gewalt verbietet. I. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG als verfassungsrechtliche Legitimation für den Erlaß von Berufsordnungen I n A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG die Grundlage für die Satzungskompetenz von Körperschaften zu sehen, hat zur Voraussetzung, daß A r t . 80 Abs. 1 86 Die „naiv-glückliche juristische Mechanik" läßt sich auch unter dem B l i c k w i n k e l der „Rechtsstaatlichkeit durch klare formelle Kategorien" betrachten, durch die die „Nachvollziehbarkeit der konkreten Verfassungsaussage" erleichtert w i r d ; vgl. Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213), DVB1. 1958, S. 524 ff. (534).

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung und Berufsordnungen

GG nicht nur die näheren Erfordernisse für den Erlaß von Rechtsverordnungen absteckt, sondern auch die verfassungsrechtliche Legitimation für diese Rechtsetzungsform ist und daß man daraus eine Analogie zu den körperschaftlichen Satzungen ziehen kann. 1. Art. 80 G G als Ermächtigung für den Erlaß von Rechtsverordnungen

Eine ausdrückliche Anerkennung der Rechtsverordnung als Rechtsquelle ist weder in A r t . 80 GG noch in einem anderen Verfassungsartikel enthalten. I n den Einzelbestimmungen von A r t . 80 GG sind jedoch die Voraussetzungen von Rechtsverordnungen, wie die Ermächtigungsadressaten, die Bestimmtheit der Ermächtigung und die Subdelegation geregelt. Dies setzt voraus, daß auch das Rechtsinstitut als solches von der Verfassung anerkannt ist. Daher ist A r t . 80 Abs. 1 GG als konkludente verfassungsunmittelbare Legitimation für Rechtsverordnungen anzusehen 87 . Über den zulässigen Umfang von Rechtsverordnungen ist damit noch keine Aussage getroffen, dies richtet sich nach den speziellen Schranken von Art. 80 GG sowie nach den Gesetzesvorbehalten, die teilweise untergesetzliche Normen nur beschränkt zulassen. 2. Art. 80 G G als Ermächtigung für Berufsordnungen der Kammern

Seinem Wortlaut nach ist A r t . 80 GG eine Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Sollten zwischen Rechtsverordnung und autonomer Satzung keine inhaltlich und wesensmäßig entscheidenden Unterschiede bestehen, so läßt sich daraus die Folgerung ziehen, daß Art. 80 GG auch als Verfassungslegitimation für autonome Satzungen und damit auch für die Berufsordnungen der Kammern angesehen werden kann 8 8 . Art. 80 GG wäre dann die Rechtsgrundlage für den gesamten Bereich der Übertragung rechtsetzender Gewalt. Begründet w i r d eine solche Strukturgleichheit von Rechtsverordnung und Satzung m i t der Kongruenz ihres möglichen Inhalts, ihres persönlichen Geltungsbereiches, der Ermächtigungsadressaten und deren Maß an Selbständigkeit. Auf die Strukturgleichheit von Rechtsverordnung und Satzung und dam i t auf eine analoge Erstreckung von A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG auf 87

So zuletzt v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG A n m . I I 3 a, d (S. 1908, 1910). Hamann, Autonome Satzungen, S. 83, zieht daraus den entgegengesetzten Schluß, daß deswegen die Preisgabe des Begriffs der autonomen Satzung geboten ist. 88

C. A r t . 8011 GG als Kompetenznorm f ü r Berufsordnungen

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Satzungen deuten eine Reihe von Ähnlichkeiten beider Rechtsquellen hin. So können durch beide Formen rechtsetzender Gewalt die gleichen Sachbereiche geregelt werden 8 9 . Auch der Regelungsumfang ist nicht unterschiedlich: Bei beiden Rechtsquellen können sowohl örtlich und sachlich begrenzte oder umfassende Bereiche geregelt werden 9 0 . Urheber von Rechtsverordnungen können sowohl weisungsabhängige Behörden als auch Selbstverwaltungskörperschaften sein 91 , ebenso wie Satzungen sowohl durch Träger mittelbarer Staatsverwaltung als auch durch unmittelbare Staatsorgane erlassen werden können 9 2 . Daher weist auch der gleiche mögliche Urheber von Rechtsverordnung und Satzung auf eine zulässige Analogie hin 9 3 . Der Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, daß dem Träger der Satzungsgewalt ein eigenes Recht i m eigenen Aufgabenbereich zusteht, während der Verordnungsgeber in einem übertragenen Wirkungskreis tätig w i r d 9 4 . Da beide Rechtsetzungsformen vom Gesetzgeber beliebig ausgestaltet, verändert und wieder eingeschränkt werden können und sowohl Verordnung und Satzung ihren Geltungsgrund i n der Ermächtigung des staatlichen Gesetzgebers haben, kann insofern kein Unterschied festgestellt werden 9 5 . Für einen strukturellen Unterschied von Rechtsverordnung und Satzung und damit gegen die Verwendung von A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG als Grundlage für Berufsordnungen spricht dagegen der vom ermächtigenden Gesetzgeber jeweils verfolgte Zweck 9 8 : Bei der Übertragung des Verordnungsrechts soll den Erfordernissen einer schnellen Anpassung an sich wandelnde Verhältnisse entgegengekommen werden. Das Parlament möchte sich dabei auf grundsätzliche Regelungen konzentrieren. 89

v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I V 4 a (S. 1918); Hamann, Autonome Satzungen, S. 35. 90 a. A. Schneider, Alterssicherung, S. 65, der n u r für Satzungen einen u m fassenden Regelungsbereich f ü r typisch hält. 91 So können z. B. auch die Gemeinden Rechtsverordnungen erlassen; dazu m. w. Nachw. v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I V 4 a F N 59 (S. 1918); Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (566). 92 z. B. Geschäftsordnungen der gesetzgebenden Organe, die von der h. M. als autonome Satzungen angesehen werden; dazu v. Mangoldt /Klein, A r t . 80 GG, Anm. I V 4 a (S. 1918); Haug, Diss., übersieht diese A r t e n von Satzungen. 93 a. A. Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (566 f.); Schneider, Alterssicherung, S. 65; BVerfGE 10, S. 20 ff. (50); a. A. w o h l auch Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (38). 94 So u. a. Haug, Diss. S. 90; Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (523); Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (38); Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I, S. 102 f. (§ 25 I X a). 95 Ebenso Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (561); Hamann, Autonome Satzungen, S. 17 ff.; v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I V 4 a (S. 1919). 96 So auch Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (567); Schneider, Alterssicherung, S. 65.

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I I . 2. Abschn. : Parlamentarische Gesetzgebung und Berufsordnungen

Bei der Übertragung des Satzungsrechts dagegen steht die Mobilisierung gesellschaftlicher Kräfte i m Vordergrund 9 7 . Die Interessen des betroffenen Personenkreises oder Gebiets sollen gesteigert berücksichtigt werden, die Sachkenntnis der aus gesellschaftlichen Gruppen erwachsenden Körperschaften soll für die Normsetzung fruchtbar gemacht werden 9 8 . A u f dieser Linie liegt auch die Auffassung, den Unterschied darin zu sehen, daß der Erlaß von Verordnungen für den jeweiligen Verordnungsgeber nur eine zusätzliche Funktion bedeutet, während Satzungen dann vorliegen, wenn dies für den Inhaber der Satzungsgewalt charakteristisch ist und zu seinem Wesen gehört 9 9 . Dem ist jedoch hinzuzufügen, daß sich das Wesen des Trägers der Rechtsetzungsgewalt aus der gesetzlichen Ermächtigung und der mit dem Gesetz verbundenen politischen Zielsetzung ergibt und kein vorgesetzlicher Sachverhalt ist. Eine weitere Eigenschaft, die den Unterschied zwischen Satzung und Rechtsverordnung begründet, ist die größere Unabhängigkeit, die die K ö r perschaft beim Erlaß einer Satzung hat 1 0 0 . Wenn auch bei der Ermächtigung zu Rechtsverordnungen die Ermessensgrenzen unterschiedlich weit gesteckt sind, so fehlt bei der Satzungsgewalt jedenfalls eine direkte Abhängigkeit von Weisungen übergeordneter Behörden. Als mehr äußerliches Indiz für die Unterschiedlichkeit beider Rechtsquellen läßt sich auch das Rechtsetzungsverfahren und der betroffene Personenkreis anführen. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß keine Kongruenz zwischen Rechtsverordnung und Satzung besteht und daß deshalb i n Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG keine Grundlage für den Erlaß von Berufsordnungen der Kammern zu finden ist 1 0 1 . II. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG als abschließende Bestimmung für die Übertragung rechtsetzender Gewalt Ebensowenig wie A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG als verfassungsrechtliche Grundlage von Berufsordnungen herangezogen werden kann, darf diese 97

Ebenso Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (567). So auch Hans J. Wolff , N J W 1958, S. 2010; i n diesem Sinne könnte auch Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (567), verstanden werden, der vage von einer unterschiedlichen Rolle i m Rahmen der Institutionalisierung der Idee der Selbstverwaltung" spricht. 99 v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I V 4 b (S. 1919). 100 I n diesem Sinne Haug, Diss. S. 91 („blanko verliehene Gesamtbefugnis") ; Kieß, Diss. S. 74 ff.; Spanner, D Ö V 1950, S. 38 f. (38); a. A. v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I V 4 a (S. 1918), der verkennt, daß auch ein unterschiedliches Maß an Spielraum einen Unterschied begründen kann. 101 I m Ergebnis ebenso Küttner, Diss. S. 7; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG, R N 31; Schneider, Alterssicherung, S. 66; Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (39). 98

Α. A r t . 19 Abs. 3 GG bei Juristischen Personen des öff. Rechts

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Bestimmung als abschließende Aufzählung für die Übertragung rechtsetzender Gewalt angesehen werden und damit ein Verbot für Berufsordnungen und andere Satzungen begründet werden 1 0 2 . Der Text von Art. 80 GG gibt keinen Hinweis auf einen Ausschluß anderer untergesetzlicher Normen neben den Rechtsverordnungen. I m GG selbst ist eine weitere untergesetzliche Rechtsquelle, die kommunale Satzung, ausdrücklich genannt (Art. 28 GG). Dies w i r d durch die Entstehungsgeschichte von A r t . 80 G G 1 0 3 bestätigt, wonach diese Bestimmung eine A n t w o r t des parlamentarischen Rats auf die Verordnungspraxis vor 1945 ist. A r t . 80 GG sollte eine empfindliche Stelle des Rechtsstaates, die globale Übertragung von Rechtsetzungsmacht an die Exekutive und deren Mißbrauchsgefahr, besser schützen. Eine Zielrichtung gegen die Autonomie von Körperschaften oder i m besonderen gegen die noch fortbestehenden oder i m Wiederaufbau begriffenen Berufskammern läßt sich darin nicht erblicken.

Dritter

Abschnitt

Grundrechtsträgerechaft der K a m m e r n Die Legitimation der Kammern zum Erlaß von Berufsordnungen könnte darin gesehen werden, daß die Kammern dabei von ihnen zustehenden Grundrechten Gebrauch machen. Als verfassungsrechtliche Grundlage dafür kommt Art. 19 Abs. 3 GG i n Frage, wonach Grundrechte dann für juristische Personen gelten, wenn sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. A . Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 3 G G auf Juristische Personen des öffentlichen Rechts Die Geltung von Grundrechten für die Berufsordnungskompetenz der Kammern hängt davon ab, ob und i n welchem Umfang man Art. 19 Abs. 3 GG für Körperschaften des öffentlichen Rechts für anwendbar hält 1 . 102 I m Ergebnis ebenso Maunz i n Maunz/Dürig/ Η erzog, A r t . 80 GG, R N 31, 33; Rupp, Grundfragen, S. 143; Schneider, Alterssicherung, S. 65. 103 Dazu neuestens v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . I I 1 (S. 1905 ff.). 1 Die Anwendbarkeit von A r t . 19 Abs. 3 GG auf Juristische Personen des öffentlichen Rechts lehnen ab: Fuß, DVB1. 1958, S. 739 ff. (742) (für Körperschaften des öffentlichen Rechts m i t „Selbstverwaltungsaufgaben spezieller

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I I . 3. Abschn. : Grundrechtsträgerschaft der K a m m e r n

I. Meinungsstand und Kritik 1. Organismustheorie

Eine solche Anwendung wurde bejaht mit der Begründung, daß nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. A r t . 19 Abs. 3 GG genossenschaftlich organisierten Verbänden die Entfaltung ihrer Persönlichkeit garantiert sei 2 . Z u dem grundrechtlichen Schutzbereich gehören nach dieser Ansicht die charakteristischen Züge des Persönlichkeitsbildes der Körperschaft und damit auch die Ausstattung mit obrigkeitlichen Verwaltungsfunktionen 3 . Diese Auffassung bedeutet eine Betrachtung von sozialen Organisationen als eigenständigen Wertgrößen, wobei die Beziehung zur Würde und Freiheit des Menschen, die als Angelpunkt der Grundrechte anzusehen ist, verlorengeht 4 . Ein Zusammenhang dieser Meinung m i t einer mystifizierten Organismustheorie 5 und m i t der naturrechtlichen Sicht der Körperschaften ist unverkennbar. Es soll nicht bestritten werden, daß die Kammern bestimmte geschichtliche, institutionelle und funktionelle Merkmale haben, die sie von anderen Organisationen abheben; daraus läßt sich jedoch nicht auf eine von den Mitgliedern abstrahierte Persönlichkeit i m Sinne von A r t . 2 Abs. 1 GG schließen. 2. Rechtsform der Juristischen Person

Auch die Rechts- und Organisationsform der Juristischen Person des öffentlichen Rechts w i r d zur Abgrenzung herangezogen. Soweit es sich bei der Juristischen Person des öffentlichen Rechts lediglich um eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt handle und die Körperschaft zum hoheitlichen Gesamtaufbau des Staates gehöre, könne sie keine Grundrechte geltend machen 6 . Diese Argumentation verkennt jedoch, daß die Kammern, wie auch andere Juristische Personen des öffentlichen Rechts, sowohl Glieder der A r t " ) ; Hohrmann, Organisation, S. 174; Lynker, Diss. S. 63; dazu die erschöpfenden Nachweise bei Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1321 F N 3) u n d HirschFestschrift, S. 1 ff. (4 F N 9); Peters, Der Arbeitgeber 1967, S. 434 ff. (434). 2 Erler, Selbstverwaltung, S. 24 f. 3 Erler, Selbstverwaltung, S. 26. 4 Vgl. dazu Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 1. 5 Obwohl Erler, Selbstverwaltung, S. 24. sich ausdrücklich dagegen verwahrt, greift er tatsächlich doch auf diese Theorien zurück; ebenso die K r i t i k von Dürig (in Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 3 [cc F N 2]) u n d Fuß (DVB1.1958, S. 739 ff. [743]) an Erler. β Diese organisatorische Argumentation benützen: Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (181) („Teil des verwaltenden Staates"); unklar, inwieweit Bachof institutionell bzw. funktionell argumentiert; Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 47 (S. 18 u.); Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, Art.. 12 GG R N 8; BVerfGE 21, S. 362 ff. (370).

Α. A r t . 19 Abs. 3 GG bei Juristischen Personen des öff. Rechts

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(mittelbaren) Staatsverwaltung als auch Organe gesellschaftlicher Selbstverwaltung sind. Eine Gleichstellung von „Kammer" und „Staat" m i t der Folge der Unanwendbarkeit von Art. 19 Abs. 3 GG ist daher nicht zulässig 7 . 3. Sachwaltertheorie (Dürig)

Dürig geht bei seiner Untersuchung zur Grundrechtsfähigkeit von Selbstverwaltungskörperschaften vom Gegensatz „Sachwalter des Staates" und „Sachwalter von Individualrechten" aus 8 . Als Indiz für die „Sachwalterschaft von Individualrechten" sieht er die Tatsache an, daß nur der Verband und nicht der Staat eine bestimmte Angelegenheit besorgen kann 9 . Bei den Berufsordnungen sprechen jedoch keine Sachzwänge dagegen, daß der Staat die Bestimmung der Berufspflichten i n eigene Hoheitsgewalt übernehmen kann. Als weiteren Anhaltspunkt führt Dürig das eigene Recht der Selbstverwaltungskörperschaft auf Fortbestand an. Dieses „eigene Recht" w i r d i m Sinne eines originären, nicht vom Staat abgeleiteten Rechts gesehen 10 . Sobald eine Organisation „von Gnaden des Staates" gegründet sei, entfalle das Indiz für eine Grundrechtsträgerschaft der Organisation. Die Anwendung dieses Maßstabes auf Juristische Personen des öffentlichen Rechts hätte zur Folge, daß keine der Körperschaften des öffentlichen Rechts — einschließlich der Berufskammern — irgendwelche Grundrechte geltend machen könnte, da sie keine originäre Stellung habe, sondern vom staatlich-parlamentarischen Kreationsakt abhängig sind. Auch die Kirchen können nicht als Gegenbeispiel dienen, denn ihr „geistliches Entstehen" 1 1 ist von ihrer Konstituierung als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu unterscheiden. Zudem wäre diese Abgrenzung institutioneller A r t und würde nicht der notwendigen funktionellen Beurteilung gerecht werden: Denn der Gegensatz besteht nicht zwischen Körperschaften, die Grundrechtsträger sind, und anderen, die keine sind, sondern zwischen Verhaltensweisen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, auf die bestimmte Grundrechte anzuwenden sind, und anderen, auf die sie nicht anzuwenden sind.

7 Ebenso Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1325); Hirsch-Festschrift, S. 1 ff. (4 f., 10). 8 Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 2 GG R N 29 ff. (36). 9 Vgl. Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 29 ff. (36). 10 So Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 38 (d aa), R N 40

(a).

11

Dürig i n Maunz!Dürig/Herzog,

A r t . 19 Abs. 3 GG R N 39 (3 c aa).

78

I I . 3. Abschn.: Grundrechtsträgerschaft der K a m m e r n 4. Aufgabentheorie

Das BVerfG stellt in seiner neueren Rechtsprechung zur Grundrechtsträgerschaft von Juristischen Personen des öffentlichen Rechts insbesondere darauf ab, ob von diesen öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden. Die „öffentlichen" Aufgaben werden dabei i m Sinn von „hoheitlichen" Aufgaben verstanden und daher w i r d eine Unanwendbarkeit von Grundrechten insoweit vertreten, als die Körperschaften als Hoheitsträger tätig werden oder öffentliche Gewalt ausüben 12 . Dieser Ansicht ist i m Ansatz zu folgen. Die „Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben" bedarf jedoch einer näheren Differenzierung. Sie ist auch nicht, wie es das BVerfG macht 13 , institutionell-organisatorisch zu interpretieren, sondern muß vielmehr vom Einzelgrundrecht und der Einzeltätigkeit der Juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgehen. 5. Subjektionstheorie

I n der neuesten Äußerung zu diesem Problemkreis vertritt Bettermann die Ansicht, daß Grundrechte dann Juristischen Personen des öffentlichen Rechts zustehen können, wenn diese ihrerseits der öffentlichen Gewalt einer (anderen) Juristischen Person unterworfen sind. Da die Grundrechte der Ausübung öffentlichen Gewalt Grenzen setzen sollen, ist Art. 19 Abs. 3 GG dann anwendbar, wenn die Juristische Person der Ausübung von Staatsgewalt ausgesetzt ist, der das betreffende Grundrecht Schranken zieht 1 4 . Dieser Ansicht ist insoweit zu folgen, als die Grundrechtsfähigkeit Juristischer Personen sowohl für jedes Grundrecht als auch für jede Tätigkeit der Juristischen Person gesondert zu beantworten ist und keine pauschalierende Beurteilung erfolgen kann. M i t dem K r i t e r i u m der „Unterwerfung unter die öffentliche Gewalt" kann jedoch nicht geklärt werden, warum weisungsabhängige Organe, die ebenfalls und i n viel stärkerem Ausmaß als Körperschaften des öffentlichen Rechts der öffentlichen Gewalt unterworfen sind, nicht Träger von Grundrechten sein 12 BVerfGE 21, S. 362 ff.; BVerfGE 23, S. 12 ff. (30); die frühere Rechtsprechung des BVerfG setzte andere Akzente: BVerfGE 8, S. 42 ff. (45); BVerfGE 19, S. I f f . (5); BVerfGE 19, S. 129 ff.; dazu w. Nachw. Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1321 f.) u n d Fuß, DVB1. 1958, S. 739 ff. (740); ähnlich Dürig i n Maunzi Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 G G R N 30 m. Nachw., 35; i m Ansatz ebenso Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 210. 13 BVerfGE 21, S. 362 ff. (370) („innerhalb des hoheitlichen Gesamtaufbaus des Staates kann es keine Grundrechte . . . geben"). 14 Bettermann, Hirsch-Festschrift, S. I f f . (8,11); Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1323 f.); ebenso Fuß, DVB1.1958, S. 739 ff. (740, 743).

Α. A r t . 19 Abs. 3 G G bei Juristischen Personen des öff. Rechts

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können, Juristische Personen des öffentlichen Rechts aber diese Eigenschaft haben können 1 5 . II. Eigene Lösung 1. Durch A r t . 19 Abs. 3 GG soll eine Erstreckung von Grundrechten auf Juristische Personen erfolgen. Daher betrifft Art. 19 Abs. 3 GG nicht die Anwendbarkeit von etwaigen institutionellen Garantien auf Juristische Personen 16 . Die Einrichtungsgarantien sollen bestimmte Organisationen und Lebensbereiche erhalten und schützen. Sie werden zwar häufig aus dem Grundrechtsabschnitt des Grundgesetzes entnommen; sie sind jedoch, i m Gegensatz zum individualrechtlichen Gehalt der Grundrechte, auf den sich Art. 19 Abs. 3 GG bezieht, zum objektiven Verfassungsrecht zu rechnen 17 . Art. 19 Abs. 3 GG ist auch insoweit tatbestandsmäßig nicht anwendbar, als Grundrechte ausdrücklich dem Schutz von Kollektivinteressen und Gruppen dienen und somit von vornherein „eigene Grundrechte" der betreffenden Gruppe darstellen 18 . Eine solche Bestimmung ist ζ. B. für die Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer i n A r t . 9 Abs. 3 GG gegeben. Art. 19 Abs. 3 GG könnte für diese Kollektivgrundrechte höchstens eine deklaratorische Wirkung haben. Für die Kammern besteht jedoch kein solches Grundrecht, insbesondere ist Art. 9 Abs. 3 GG wegen des Charakters der Kammern als öffentlich-rechtliche Zwangsorganisationen nicht anwendbar. 2. Der Entstehungsgeschichte von Art. 19 Abs. 3 GG läßt sich nicht generell entnehmen, ob davon nur die Juristischen Personen des Privatrechts oder auch die des öffentlichen Rechts erfaßt sein sollen 19 . Außer den Kirchen, auf die die Bestimmung jedenfalls anwendbar sein sollte, sind in den Verhandlungen des Parlamentarischen Rats und seiner Ausschüsse die Juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur als obiter 15 Die Erklärung dieser Diskrepanz durch Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1326 rechts) (grundrechtliche-organisationsrechtliche Subjektion) kann nicht befriedigen. 16 I n diesem Sinne auch Dürig i n Maunz!Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 29 F N 3; w o h l a. A. Huber, Selbstverwaltung, S. 63, und Bettermann, HirschFestschrift, S. 1 ff. (9 F N 18), der den Grundrechtsbegriff von A r t . 19 Abs. 3 GG objektivrechtlich auffaßt. 17 Vgl. Hesse, Grundzüge, S. 117 f. 18 Ä h n l i c h Schmidt, Grundrechte, S. 24. Soweit durch das Grundgesetz solche Rechte gewährt werden, k a n n man dies nicht verfassungsrechtlich als P r i v i legien und Gruppenvorrechte kritisieren (so jedoch Bettermann, Grenzen, S. 28); ebenfalls gegen die Begünstigung organisierter Gruppen durch die Grundrechte Werner Weber, Der A r z t i n Westfalen 1960, S. 18. Eine Aufzählung einiger dieser Grundrechte bei Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1326). 19 Z u r Rechtslage vor 1945 Schmidt, Grundrechte, S. 15 ff.

80

I I . 3. Abschn.: Grundrechtsträgerschaft der K a m m e r n

dictum genannt worden 2 0 . Die Verwendung des Oberbegriffs „Juristische Person" weist jedoch auf eine Geltung für solche des privaten und öffentlichen Rechts hin 2 1 . 3. Entscheidend für die Grundrechtsträgerschaft von Körperschaften des öffentlichen Rechts ist die Voraussetzung, daß es sich bei dem von der Körperschaft in Anspruch genommenen Grundrecht um ein Individualgrundrecht handelt, das auch von den einzelnen Angehörigen des Verbandes i n Anspruch genommen werden darf und dessen kollektive Ausübung sichergestellt werden soll 2 2 . Da eine Körperschaft eine von der Summe der Mitglieder zu unterscheidende Organisation ist, können die Mitgliedergrundrechte nicht ohne weiteres als Körperschaftsgrundrechte angesehen werden. Die Körperschaft muß daher als Sachwalter der M i t gliedergrundrechte auftreten. Durch diese Sicht w i r d der Tatsache Rechnung getragen, daß die Grundrechte den Menschen auch als kollektives Wesen erfassen sollen und daß sie nicht rein individualistisch zu begreifen sind 2 3 . Gleichzeitig w i r d jedoch ein Bezug zu den hinter den kollektiven Organisationen stehenden Einzelpersonen hergestellt. Die Transponierung des Individualgrundrechts auf die Ebene der Körperschaft hat eine Inhaltsänderung des Grundrechts zur Folge. Die Grenzen des Grundrechts sind nicht auf den einzelnen Berufsangehörigen zu beziehen, sondern sind nach generalisierenden, den Durchschnitt erfassenden Gesichtspunkten festzusetzen. 4. Die Sachwalterstellung der Juristischen Person des öffentlichen Rechts für die Individualgrundrechte der Angehörigen beurteilt sich nach der Interessenlage 24. I n Juristischen Personen des öffentlichen Rechts 20

JöR N. F. Bd. 1 (1951), S. 180 ff. (insbes. 183). I m Ergebnis ebenso Bettermann, Hirsch-Festschrift, S. 1 ff. (10) ; Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1324); Fuß, DVB1. 1958, S. 739ff. (740); BVerwG, BayVBl. 1959, S. 88 ff. (89). 22 So Dürig i n Maunz!DürigIHerzog, A r t . 19 Abs. 3 GG, R N 35, 36 (bb), 39; Fuß, DVB1. 1958, S. 739 ff. (740); i n diesem Sinne auch Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 260; v o m gleichen Gedanken geht auch die österreichische Verfassung von 1934 aus, die Bestimmungen über Berufsstände i m Zusammenhang m i t dem Grundrecht der Berufsfreiheit bringt. Gegen diese Betrachtung der Berufsstände als „individualistisch-atomistische K o n s t r u k t i o n einer Summierung und eines Instruments der Berufsgenossen" Merkl, Verfassung, S. 30; ähnlich (für die „allgemeinen Gesetze" von A r t . 5 Abs. 2 GG) Herzog i n Maunz/ Dürig/Herzog, A r t . 5 GG R N 265 ff.; a. A. Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1324). 23 Darauf setzt den Akzent Rupp, Privateigentum, S. 11 f. F N 19. 24 Ä h n l i c h Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (180Ì; Fuß, DVB1. 1958, S. 739 ff. (749); unter diesem Gesichtspunkt sieht auch Kaiser, Repräsentation, S. 308 ff., 338 ff., die Verbände und Körperschaften; a. A. Bettermann, Hirsch-Festschrift, S. 1 ff. (10). 21

Β. Sachwalterschaft der K a m m e r n für Mitgliedergrundrechte

81

können sowohl (grundrechtsgeschützte) gesellschaftliche Interessen zur Geltung kommen als auch gegen die Grundrechtsträger gerichtete Interessen wirken. Obwohl die Einrichtung der Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Harmonisierung beider Interessen versucht, bleibt der Interessengegensatz doch erhalten und muß auch verfassungsrechtlich beachtet werden 2 5 . Soweit die Kammer daher als Träger zusammengefaßter individueller Rechte, die der Interessenlage nach dem Staat entgegengesetzt sind, tätig wird, greift der Grundrechtsschutz für die Kammern ein. B. Sachwalterschaft der K a m m e r n für Mitgliedergrundrechte I. Mitgliedergrundrechte Grundrechte der Kammermitglieder, die möglicherweise durch die Kammern wahrgenommen werden, können i n A r t . 2 Abs. 1 oder 12 Abs. 1 GG gesehen werden. Soweit das Grundrecht der freien Berufswahl und -ausübung eingreift, geht dieses als die spezielle Vorschrift dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von A r t . 2 Abs. 1 GG vor 2 6 . Den Angehörigen der Berufskammern steht gegen Beschränkungen ihrer Berufsfreiheit, die das nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Maß überschreiten, das Grundrecht von Art. 12 zur Seite. Eine solche Beschränkung kann sowohl i n einer staatlichen Berufsordnung als auch i n einer Berufsregelung durch die Kammern liegen. Die Anwendbarkeit von A r t . 12 GG entfällt nicht deshalb, weil A r t . 12 GG nur die materielle Seite der Berufsfreiheit berührt und die Berufsordnungen dagegen zur Kompetenzseite gehören, da eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Regelungskompetenz und materieller Berufsfreiheit besteht. Zur Feststellung der den Kammern zustehenden Grundrechte darf nicht gefragt werden, ob die Kammerangehörigen einen Anspruch darauf haben, daß öffentliche Aufgaben in einer bestimmten Kompetenzverteilung wahrgenommen werden und daß der Bestand und das herkömmliche Betätigungsfeld der Kammern erhalten bleibt 2 7 , sondern ob die Kammer die Möglichkeit hat, bestimmte Interessen wahrzunehmen. 25

a. A. Bettermann, Hirsch-Festschrift, S. 1 ff. (10). Nachw. Leib holz/ Rinck, A r t . 2 GG R N 4; Erler, Selbstverwaltung, S. 23 ff., begründet den Wirkungskreis der Berufskörperschaften über A r t . 2 Abs. 1 GG, ohne A r t . 12 GG zu sehen. 27 So die Fragestellung bei Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 19 Abs. 3 GG R N 37 (S. 18), R N 38 (d dd) u n d bei Bettermann, N J W 1969, S. 1321 ff. (1326). 20

6 Brandstetter

82

I I . 3. Abschn. : Grundrechtsträgerschaft der K a m m e r n

Die Kammern machen beim Erlaß von Berufsordnungen keinen Gebrauch von einer den Mitgliedern zustehenden Gewerbefreiheit 28 . Das Mitgliedergrundrecht, das auf Individualebene einem Recht der Kammern auf Erlaß von Berufsordnungen entspricht, ist die Selbstbestimmung der Berufspflichten durch jeden einzelnen Berufsangehörigen. Diese Selbstbestimmung ist identisch m i t dem i n A r t . 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Individualgrundrecht der Berufsfreiheit. Es liegt daher für die Bestimmung der Berufspflichten ein Individualgrundrecht vor, dessen Erstreckung auf die den Berufsangehörigen übergeordnete Organisation der Berufskammern nach A r t . 19 Abs. 3 GG zu prüfen ist. II. Die Kammern als Sachwalter des Grundrechts von Art. 12 GG Die Kammern können sich nur dann auf Art. 19 Abs. 3 GG berufen, wenn sie als Sachwalter der Mitgliedergrundrechte tätig werden und das Individualrecht der freien Berufsausübung i n der Gemeinschaft sicherstellen. Eine Sachwalterstellung kann dann vorliegen, wenn eine Identität der grundrechtlichen Interessen der Kammerangehörigen und der Kammer selbst besteht. Soweit die Kammer diesen Freiheitsraum der Berufsangehörigen bei der Berufsausübung nicht berührt, ist sie Sachwalterin des Individualrechts. Soweit sie eine Regelung oder Einschränkung dieses Betätigungsraumes vornimmt, kann man nicht mehr von einer Sicherung der Ausübung der Berufsfreiheit i n der Gemeinschaft sprechen. Die Kammern erfüllen beim Erlaß von Berufsordnungen eine doppelte Funktion. Einerseits schränken sie m i t der Festsetzung von Berufspflichten die Berufsfreiheit ihrer Mitglieder ein und üben eine Aufsicht über ihre Mitglieder aus. Dabei nehmen sie eine öffentliche und hoheitliche Aufgabe wahr. A u f der anderen Seite soll durch ihre Tätigkeit der Berufsfreiheit der Berufsangehörigen dadurch gedient werden, daß sie die angeblich stärkere Einschränkung der Berufsfreiheit durch staatliche Stellen verhindern und daß gewählte oder bestimmte Angehörige des Berufes selbst an der Festsetzung der eigenen Berufspflichten mitwirken können. Die Kammern wären also, wenn man ihnen das Grundrecht des A r t . 12 Abs. 1 GG beim Erlaß von Berufsordnungen zugesteht, i n dieser Funktion gleichzeitig Grundrechtsträger auf der A k t i v - und auf der Passivseite. Die Kammern würden sich auf das Grundrecht der Berufsfreiheit der Mitglieder berufen, um diejenige Kompetenz (zum Erlaß von Berufsordnungen) zu erhalten, mit der eben dieselbe Berufsfreiheit einge28

Dazu allgemein Maunz i n Maunz!Dürig/Herzog,

A r t . 12 GG R N 8.

Α . Einrichtungsgarantie „freie Berufe"

83

schränkt werden soll. Die Kammer wäre i n der gleichen Sache Träger der öffentlichen Gewalt und Grundrechtsträger. Eine Trennung, inwieweit der Erlaß der Berufsordnungen ein Gebrauchmachen der Berufsfreiheit ist und i n welchem Maße er tendenziell der Regelung der Berufstätigkeit dient, läßt sich nicht vornehmen, da dies ein komplexer Vorgang ist. Es ist nicht nur „eine Selbsttäuschung, das innerhalb der vom höheren Verband gesetzten Schranken bestehende .Selbstbestimmungsrecht' des niederen Verbandes als »Freiheit' aufzufassen" 29 , sondern es ist auch unmöglich, diese Freiheit von der Erfüllung öffentlicher und hoheitlicher Aufgaben zu scheiden. Aus diesem Grund können die Kammern nicht geltend machen, daß beim Erlaß von Berufsordnungen dieses Recht auf Grundrechten beruhe M i t dieser Feststellung ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Kammern eine andere Rechtsgrundlage für Berufsordnungen haben.

Vierter

Abschnitt

Berufsordnungen und E i n r i c h t u n g s g a r a n t i e n des Grundgesetzes A . Einrichtungsgarantie „freie Berufe" I. Die freien Berufe als soziologischer Begriff und als Rechtsbegriff 1. Soziologischer Begriff

Der Begriff des freien Berufes kann als soziologischer Terminus verwendet werden mit dem Anspruch, eine Aussage über empirisch erkennbare Eigenschaften einer sozialen Gruppe zu machen. Eine solche Gruppe von selbständig tätigen geistigen Berufen mit meist akademischer Vorbildung 1 war nicht nur eine Erscheinung des frühen Liberalismus 2 , sondern ist auch heute noch eine Gruppe, die 29

Kelsen, Staatslehre, S. 119. Ähnliche Definition bei Heuß, K ö l n e r Zeitschrift f ü r Soziologie u n d Sozial' Psychologie (1953/54), Bd. 6, S, 434 ff. (434); Hofmann, DVB1. 1964, S. 457 f f (459); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 767; ipsen, Rechtsfragen, S. 14; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (427). 2 So BVerfGE 10, S. 354 ff. (364 f.); E 11, S. 105 ff. (117); zu dieser Rechtsprechung kritisch Rittner, Unternehmen, S. 18 F N 50; anders BVerfGE 9, S. 338 ff. (347). 1

6*

84

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

gemeinsame soziologische Merkmale aufweist 3 . Ein Merkmal liegt in einer gegenüber anderen Berufen stärkeren Unabhängigkeit. Die Angehörigen dieser Berufe haben i n der Regel keine Arbeitgeber oder Vorgesetzte. Ihre Selbständigkeit w i r k t sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht aus: Die Berufsausübung erfolgt auf eigenes wirtschaftliches Risiko 4 , durch staatliche Gebührenordnungen w i r d nur der Rahmen für die Honoraransprüche abgesteckt, eine Entschädigung von Seiten der öffentlichen Hand erfolgt nicht. Ein anderes Merkmal liegt i n einer besonderen Bindung und besonderen Verpflichtungen dieser Berufe. Diese erscheint in verschiedenen Formen. Sie kann eine ethische Pflicht sein, sie kann auf sozialem Druck beruhen oder sie kann auch rechtlich institutionalisiert sein. Meist besteht ein System der kollektiven Kontrolle der Berufsausübung durch Berufsangehörige. I n den Vereinigten Staaten ist die Tatsache gemeinsamer Merkmale dieser Berufe noch stärker als i n der Bundesrepublik zu erkennen, da dort die formalen Berufsorganisationen nicht mit staatlicher M i t w i r k u n g gegründet worden sind, sondern den Status von privatrechtlich organisierten Verbänden tragen. Diese Verbände sind das Zentrum für den Prozeß der „Professionalisierung", wie die Konturierung bestimmter Berufe mit meist akademischer Vorbildung genannt w i r d 5 . Die freien Berufe sind i n ihrer tatsächlichen Erscheinung jedoch einem ständigen Wandlungsprozeß unterworfen. Soweit Soziologen Prognosen über die Zukunft freier Berufe erstellen, herrscht die Ansicht vor, daß diese Berufe i n Zukunft in vermehrtem Umfang von Angestellten und Beamten wahrgenommen werden, da auf Grund fortschreitender Spezialisierung auch eine Tendenz zu stärkerer Konzentrierung besteht 6 . Erste 8 Aus der soziologischen L i t e r a t u r zu den freien Berufen: Deneke, Berufe; dazu Besprechung Werner, DVB1. 1957, S. 288 u n d (kritisch) Kaupen-Haas, Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie u n d Sozialpsychologie 1964, S. 610 ff. (611); Heuß, Brentano-Festschrift, S. 237 ff.; Lüben, Fundamente, S. 56 ff. u n d passim; Neumeister, F A Z 1957, Nr. 22 (26.1.1957), S. 5; w . Nachw. Rittner, Unternehmen, S. 18 f. F N 50. 4 Diese Frage wurde besonders bei der Einführung einer zwangsweisen Altersversorgung i m Rahmen der K a m m e r n akut. Eine solche Altersversorgung sehen als zulässig an: Lerche, Übermaß, S. 194, 202, 270; Schick, EvStL, Sp. 1962 ff. (1963); Schierholt, Diss. S. 30 ff.; BVerfGE 12, S. 319 ff. Von einer Unzulässigkeit gehen aus: Ipsen, Rechtsfragen; Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 1 ff.; Weber, Zwangsversorgungseinrichtungen, S. 7; weitere Nachw.: Schneider, Alterssicherung, S. 15. 5 Die profession-Forschung i n den Vereinigten Staaten geht vorwiegend vor soziologischen Fragestellungen aus: Ben-David, Professionalisierung, S. 104 ff. m. umfangr. Nachw. insbes. aus der angloamerikanischen Soziologie der ersten Jahrhunderthälfte; Goode, American Sociological Review, Bd. 22 (1957), S. 194 ff.; Rüschemeyer, Canadian Review of Sociologie and Anthropologie, Bd. 1 (1964); Rüschemeyer, Berufsstruktur, S. 122 ff. (122 F n 1); umfangr. Nachw. Daheim, Berufe, S. 295 ff. 6 Daheim, Berufe, S. 240 f. m. Nachw. aus der amerikanischen Literatur.

Α. Einrichtungsgarantie „freie Berufe"

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Schritte i n dieser Richtung sind die Einrichtung von Gemeinschaftskanzleien oder Gemeinschaftspraxen. Bei den Architektenkammern ist eine Auswirkung dieser Entwicklung der Streit, wieweit beamtete oder angestellte Architekten den Sanktionen der Kammer unterliegen sollen 7 . 2. Rechtsbegriff

Der Begriff des freien Berufes w i r d jedoch nicht nur i m soziologischen Sinn, sondern auch als Rechtsbegriff verwendet. Auch i n manchen Gesetzen taucht er auf 8 . Dabei w i r d oft ein empirischer Begriff der freien Berufe zu einem Rechtsbegriff transponiert 9 . Die rechtlichen Merkmale, die ihm zugesprochen werden, sind die einer Einrichtungsgarantie 10 . Zu den Rechtswirkungen, die sich daraus ergeben, werden auch solche gezählt, die den Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern stützen können. So w i r d als Gegengewicht zu der Unabhängigkeit und Selbständigkeit dieser Berufe eine öffentlich-rechtliche Bindung 1 1 und eine Eigenkontrolle durch die Berufsangehörigen selbst 12 für notwendig angesehen. Wieweit es einen verfassungsrechtlich legitimierten Rechtsbegriff des „freien Berufes" oder einzelner freier Berufe gibt und ob daraus Konsequenzen für den Erlaß von Berufsordnungen zu ziehen sind, ist i m folgenden zu untersuchen. II. Berufsbildtheorie Für die Begründung eines garantierten Bereichs der freien Berufe und ihrer Organisationen w i r d das Berufsbild der Kammerberufe heran7

Diese Frage steht i m Vordergrund bei den politischen Auseinandersetzungen u m das neue bayerische Architektengesetz. 8 § 1 Abs. 1 Bundesärzteordnung; § 2 Abs. 1 B R A O ; § 1 Abs. 2 WPO; sowie insbes. i n den Steuergesetzen, so ζ. B. § 18 Einkommensteuergesetz vom 27. Februar 1968 (BGBl. I, S. 145). 9 Gegen diese Methode Hoffmann , DVB1.1964, S. 457 ff. (459); Rittner, Unternehmen, S. 18 f.; BVerfGE 10, S. 354 ff. (363 ff.) (ohne überzeugende Begründung). 10 Vgl. Kalsbach, Standesrecht, S. 3; Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 9; Rittner, Unternehmen, S. 19; zur „Einrichtung" als „ungeklärtem) Begriff der Staatslehre Krüger, Staatslehre, S. 173. 11 Haedenkamp, Hamburger Ärzteblatt 1948, S .195; Ipsen, Rechtsfragen, S. 14 f.; Rittner, Unternehmen, S. 20 F N 54, 25; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (427 f.); Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 17 f. 12 Hoff mann, DVB1. 1964, S. 457 ff. (459); Ipsen, Rechtsfragen, S. 15; Rittner, Unternehmen, S. 21; Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 17; anders noch Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (427) ; Weber, Zwangsversorgungseinrichtungen, S. 7.

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I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

gezogen 13 . Z u diesem Berufsbild gehören eine weitgehende Selbständigkeit der Berufsangehörigen, die auch zur Folge habe, daß notwendige Regelungen von Berufspflichten unter maßgeblicher M i t w i r k u n g der Berufskörperschaft zu erfolgen haben. Eine Begründung für die Berufsbildtheorie bestimmt dessen Inhalt nach der gesellschaftlichen Anschauung 14 : Das Berufsbild sei daher eine sachlich abgegrenzte, allgemein anerkannte Tätigkeit 1 5 . Eine andere Auffassung sieht den Inhalt eines Berufsbildes vorwiegend unter historischen Aspekten 1 6 : Ein Berufsbild ergebe sich aus der rechtsgeschichtlichen Entwicklung eines bestimmten Berufes. Die erste Auffassung bedeutet einen Rückgriff auf eine diffuse, oft nicht bestimmbare und unartikulierte „allgemeine Meinung", die zwar rechtspolitisch von Relevanz sein kann, jedoch nicht zur Grundlage von Gesamtregelungen für ganze Berufskomplexe gemacht werden darf. Diese Auffassung war i n einer statischen Gesellschaftsordnung gerechtfertigt, wo sich feste, geschlossene Berufsbereiche m i t klarer Grenzziehung gebildet hatten. I n einer fluktuierenden Berufswelt stehen ihr, abgesehen von rechtlichen Bedenken, auch praktische Hindernisse entgegen 17 . Die zweite Auffassung bedeutet eine Traditionalisierung und damit Verfestigung herkömmlicher Strukturen, die dadurch ohne Rücksicht auf heutige verfassungsrechtliche Maßstäbe übernommen werden. Sie verhindert, daß bei einer wirtschaftlich nötigen Spezialisierung Teile aus herkömmlich einheitlichen Berufen herausgenommen und verselbständigt werden können. Die beiden kritisierten Lösungen widersprechen der i m Grundgesetz getroffenen Lösung, daß, wenn die Verfassung Raum dafür gibt, die Entscheidung über die rechtliche Ausgestaltung von Lebensbereichen beim Gesetzgeber liegt und sich nicht aus einer herkömmlichen Ausgestaltung ergibt. Daher bestimmt sich auch ein Berufsbild, soweit keine bestimmten

18

Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 18 f., 21. BVerfGE 17, S. 232 ff. (241). 15 v. Mangoldt/Klein, A r t . 12 GG Anm. I I I 2 b (S. 359 ff.); dazu kritisch Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 116 F N 152. 16 So (in A b k e h r von BVerfGE 7, S. 377 ff. [397]) BVerfGE 13, S. 97 ff. (S 98 L S 3, S. 106); BVerfGE 17, S. 232 ff. (238, 241) („deutsche Überlieferung", „Rechtstradition"); dazu kritisch Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (222) und Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 117 F N 154; so auch Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 18; vgl. Kleins Kategorie der „historischen Berufe" (v. Mangoldt' Klein, A r t . 12 GG A n m . I I I 2 b, S. 361 f. m. Nachw., S. 360 f., über den früheren Diskussionsstand). 17 Entsprechende Bedenken gegen ein sozialethisch vorgegebenes Berufsbild Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 116. 14

Α. Einrichtungsgarantie „freie Berufe"

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verfassungsrechtlichen Akzentsetzungen vorliegen, nach den Regelungen, die durch den einfachen Gesetzgeber getroffen worden sind 1 8 . Die Bedeutung der Berufsbildtheorie liegt darin, daß damit eine Ausschlußwirkung der vom Gesetzgeber vorgenommenen Regelung begründet werden kann 1 9 : Wenn eine nicht nur punktuelle, sondern umfassende Regelung eines Berufs erfolgt ist, t r i t t ein Monopolisierungseffekt i n der Weise ein, daß ein Beruf, der mit dem geregelten identisch ist oder sich m i t i h m weitgehend überschneidet, nicht ausgeübt werden darf, wenn nicht die Voraussetzungen des geregelten Berufs erfüllt sind. Die Bedeutung der Berufsbildtheorie liegt jedoch nicht darin, daß f ü i die Regelung durch den einfachen Gesetzgeber irgendwelche verfassungsrechtlichen „Ausnahmen" vorliegen 2 0 . Der Inhalt der gesetzlichen Regelung, die zu einem Berufsbild mit Monopolisierungswirkung führt, ist wie jede andere berufsregelnde Vorschrift nach den Kriterien von Art. 12 GG und nach den dazu von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zu beurteilen 2 1 . Daher kann das Berufsbild der freien Berufe keine Begründung für die Kammerkompetenzen bei der Festsetzung der Berufspflichten geben.

I I I . Einrichtungsgarantie durch die Aufgabenbestimmung für einzelne Berufe Eine ausdrückliche Garantie für die „freien Berufe" und deren traditionelle Betätigungsformen, wie es für den Mittelstand i n der Weimarer Verfassung enthalten war 2 2 , ist aus dem GG nicht zu entnehmen. Aus

18 Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); BVerfGE 21, S. 173 ff, (179 f.); BVerfG, N J W 1970, S. 1571 ff. (LS 1). 19 Maunz i n Maunz!Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 26 (b); BVerfGE 9, S. 73 ff. (78); BVerfGE 13, S. 97 ff. (106); BVerfGE 21, S. 173 ff. (180); BVerfG, N J W 1969, S. 1571 ff. (1572). 20 I n diesem Sinne auch Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (189 F N 144); Bethge, Diss. S. 191, 193 m. Nachw.; Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 177; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (162); Maunz i n Maunz!Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 25; Rupp, AöR 92 (1967), S. 222; Schneider, Alterssicherung, S. 32 f.; ähnlich kritisiert auch Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 116, den von der traditionellen Lehre bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Berufsbegriffs vorgenommen nen Rückgriff auf ein meist fiktives Berufsbild; m i t anderem Akzent Lerche, Ubermaß, S. 107 f.; eine Präferenz f ü r den Gesetzgeber sieht jedoch i n dei Berufsbildtheorie Ehmke, W D S t R L Heft 20 (1963), S. 96 f. 21 So BVerfGE 7, S. 377 ff. (397), u n d später nach zwischenzeitlichem Abweichen BVerfGE 21, S. 173 ff. (180 f.) (Bezug auf Verhältnismäßigkeitsprinzip). 22 A r t . 164 W V („Der selbständige Mittelstand . . . i s t . . . zu fördern u n d . . . zu schützen").

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I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

der Aufgabenbestimmung für verschiedene Berufe kann man jedoch auf die Garantie objektiver Freiheitsräume dieser Berufe schließen 23 . So hat der Rechtsanwalt u. a. die Aufgabe, i n Gerichtsverfahren sowie gegenüber staatlichen Behörden die Interessen seines Mandanten wahrzunehmen. Diese Aufgabenfestsetzung ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Verfassung, sie ist jedoch einerseits aus der konstituierenden Kompetenzbestimmung des Art. 74 Nr. 1 GG und andererseits aus den Individualrechten des Mandanten, einen Rechtsanwalt als Person seines Vertrauens beizuziehen (vgl. A r t . 20 Abs. 4 GG; A r t . 103 Abs. 1 GG; Art. 104 Abs. 4 GG) zu entnehmen. Die sachgemäße Vertretung der Interessen seines Mandanten wäre dann gravierend eingeschränkt, wenn der Rechtsanwalt i n einem unmittelbaren Weisungsverhältnis gegenüber der staatlichen Verwaltung oder gegenüber dem Gericht, vor dem die Sache des Mandanten behandelt wird, stehen würde. Dies bedeutet, daß dem Rechtsanwalt eine relativ unabhängige Rechtsstellung zu geben ist. Eine nähere Konkretisierung der Rechtsform, durch die diese Unabhängigkeit zu wahren wäre, ist jedoch von verfassungsrechtlicher Ebene nicht möglich. Eine Unabhängigkeit kann sowohl durch völligen Verzicht des Gesetzgebers auf berufsregelnde Vorschriften gewahrt werden, sie ist durch die Organisationsform der Berufskammern möglich, sie kann auch in Form eines Status erfolgen, der dem des Richters ähnlich ist 2 4 . Die Unabhängigkeit wäre jedoch nicht mehr gewahrt, wenn eine Einflußnahme auf das sachliche Verhalten des Rechtsanwalts vom sachentscheidenden Gericht 2 5 oder von einem staatsunmittelbaren Organ 2 6 erfolgen könnte. Die Unabhängigkeit der Rechtsanwaltschaft ist daher als verfassungsunmittelbare objektive Garantie, die diesen Bereich schützen soll, und daher als Einrichtungsgarantie anzusehen. Darin ist jedoch keine Garantie der konkreten Organisationsform der Kammern und der Kompetenzen dieser Organisation impliziert 2 7 . Auch für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte besteht eine Einrichtungsgarantie auf ein bestimmtes Maß an Unabhängigkeit gegenüber der Finanzverwaltung 2 8 , doch auch hier zwingt diese Garantie nicht zur Beibehaltung des gegenwärtigen Organisationsmodells der Steuerberater- bzw. Steuerbevollmächtigtenkammer.

23

a. A. Scheuner, Recht - Staat - Wirtschaft Bd. I V , S. 88 ff. (94). a. A. Habscheid, N J W 1962, S. 1985 ff. (1987 f.). 25 So auch Arndt, N J W 1961, S. 399 ff. (400); 1964, S. 2146 f. (2146). 26 So Dahs, ZRP 1968, S. 17 ff. (18). 27 So jedoch Arndt, N J W 1961, S. 399 ff. (400); Dahs, ZRP 1968, S. 17 ff. (18); Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (105); Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 37. 28 Ä h n l i c h Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (660). 24

Α. Einrichtungsgarantie „freie Berufe"

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IV. Art. 12 Abs. 1 GG als Einrichtungsgarantie für die freien Berufe Die Auffassung von den freien Berufen als verfassungsrechtliche Einrichtungsgarantie könnte insbesondere mit A r t . 12 Abs. 1 GG begründet werden: I n Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht nur das subjektive Grundrecht der Berufsfreiheit enthalten, sondern auch eine Garantie objektiver Ordnungsgehalte. Zu diesen geschützten Bereichen gehöre auch der normativ geordnete gesellschaftliche Sachverhalt „freie Berufe". Da zu den wesentlichen Merkmalen des Lebensbereichs freie Berufe auch der Erlaß von Berufsordnungen zähle, sei dies über A r t . 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistet. 1. Der individual- und objektivrechtliche Aspekt von Art. 12 Abs. 1 GG

Die i n A r t . 12 GG garantierte Berufsfreiheit ist nicht nur als subjektives Abwehrrecht anzusehen, sondern weist auch einen objektivrechtlichen Aspekt auf 2 9 . Gründe für die Anerkennung einer institutionellen Komponente der Grundrechte sind der unzureichende Schutz von zusammengehörigen Lebensbereichen (ζ. B. Presse, Ehe, Koalitionen) durch bloße Individualgrundrechte, die Funktion der Grundrechte als Auftrag an den Gesetzgeber zur positiven Ausgestaltung dieser Rechte und die Sicht der Grundrechte als Staatszielbestimmungen, die auf die gesamte staatliche Rechtsordnung Einfluß zu nehmen haben. Bei A r t . 12 GG weist auf diese institutionelle Seite noch besonders der Regelungsvorbehalt i n Satz 2 hin, der als verfassungsunmittelbarer Auftrag an den Gesetzgeber zur Ausgestaltung der staatlichen Berufsverfassung eine Legitimation und Zielbestimmung für Teile der objektiven Rechtsordnung und damit für staatliche und gesellschaftliche Einrichtungen darstellt. Daneben hat der objektivrechtliche Aspekt von Art. 12 GG auch eine für den Gesetzgeber limitierende Funktion 8 0 .

29 Abel, Einrichtungsgarantien, S. 17 ff.; Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 70 ff., 80 ff. (allgemein zur Einrichtungsgarantie m. Nachw.) ; Gastroph, Diss. S. 72; Geiger, Staatslexikon I, Sp. 1112 ff. (1118); Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 284 F N 229 m. umfangr. Nachw.; Lerche, Übermaß, S. 109 F N 45, 240; Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213); Lerche, Verfassungsfragen, S. 103 F N 263 m. umfangr. Nachw.; v. Mangoldt/Klein, A r t . 12 GG A n m . I I I 2 b (S. 360 ff.), anders jedoch i n A r t . 19 GG A n m . I I I 1 d (S. 543); Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (225); Scheuner, DÖV 1956, S. 65 ff. (66); Thieme, JZ 1961, S. 280 ff. (281); Vorbehalte gegen eine U m w a n d l u n g von Freiheitsrechten i n objektive Ordnungsgehalte Forsthoff, Carl-Schmitt-Festgabe, S. 185 ff. (191), Forsthoff, Carl-Schmitt-Festgabe, S. 35 ff. (47 u n d passim); n u r scheinbar a. A . BVerfGE 7, S. 377 ff. (397); dazu Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 5. 30 Dazu Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 283 f.

90

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG 2. Inhalt der Einrichtungsgarantie von Art. 12 Abs. 1 G G

Die institutionelle Komponente von A r t . 12 Abs. 1 GG hat die Garantie einer freiheitlich sozialen Berufsordnung 31 zum Inhalt 3 2 . Insoweit überschneidet sich die Bestandsgarantie weitgehend mit der Wesensgehaltsgarantie von Art. 19 Abs. 2 GG, durch die ein fester Restbestand der Grundrechte gesichert w i r d 3 3 . Für diese Einrichtungsgarantie der freiheitlich-sozialen Berufsordnung 34 ist kennzeichnend, daß sie ein gegenwartsbezogenes Beurteilungskriterium für einen gegenwärtigen sozialen Sachverhalt darstellt und daß das Schutzgut i n erster Linie die freie Berufswahl und Berufsausübung ist. 3. Folgerungen für die Kammern der freien Berufe und deren Kompetenzen

Diese Sicht der Einrichtungsgarantie von A r t . 12 Abs. 1 GG als gegenwarts- und grundrechtsbezogene Gewährleistung eines Normenkomplexes hat zur Folge, daß darin keine Garantie einer herkömmlichen Organisationsform 35 gesehen werden darf. Durch die Einrichtungsgarantie erfolgt kein „Besitzschutz" eines überkommenen Status der Berufsgruppe, und die „quasikorporativistischen Auswirkungen" der Garantie werden damit nicht gefördert 36 . Durch die Gegenwartsbeziehung der Garantie entgeht man der Gefahr, daß ein bestehender Rechtszustand verfestigt, die Grundrechte traditionalisiert und die gesellschaftliche Mobilität und Spontaneität eingeschränkt w i r d 3 7 . Eine historisierende Auffas31 Hier ist „Berufsordnung" i m Sinne von „Gesamtregelung des staatlichen Berufsrechts" zu verstehen. 32 Bachof, GR I I I / l S. 155* ff. (165); Lerche, DVB1. 1958, S. 524 ff. (533 F N 94); Lerche, Übermaß, S. 109 F N 45; ähnlich Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 81; eingeschränkt Scheuner, Recht - Staat - Wirtschaft Bd. I V , S. 88 ff. (94); a. A. υ. Mangoldt/Klein, A r t . 19 GG A n m . I I I 1 d (S. 543). 83 I n diesem Sinne Abel, Einrichtungsgarantien, S. 38 ff.; Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (166); Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 1 Abs. 3 GG R N 98; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 283; Leisner, Grundrechte, S. 90 f., 152 ff.; Lerche, Übermaß, S. 109 F N 45, 241; Lerche, Verfassungsfragen, S. 103 F N 263; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 5; Scheuner, Recht - Staat - Wirtschaft Bd. I V , S. 88 ff. (95); Schneider, Pressefreiheit, S. 44. 34 Hier ist „Berufsordnung" i m Sinne von „Gesamtregelung des staatlichen Berufsrechts" zu verstehen. 35 So jedoch v. Mangoldt/Klein, A r t . 12 GG A n m . 3 I I c (S. 362 f.); als zusätzliche Begründung zieht Lerche, Werbefernsehen, S. 17 f., das Argument des „herkömmlichen Bestandteils" heran; ebenso BVerfGE 10, S. 59 ff. (66) (für Einrichtungsgarantie Ehe u n d Familie); w i e hier kritisch zur „Garantie der herkömmlichen Organisationsform": Leisner, J Z 1964, S. 201 ff. (204, 205), Scheuner, DÖV 1956, S. 65 ff. (66); Schneider, Pressefreiheit, S. 49 f. 36 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 284. 37 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 263, 284.

Α. Einrichtungsgarantie „freie Berufe"

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sung der Einrichtungsgarantien würde gerade kein geschichtsbewußtes Denken bedeuten, da es den dynamischen Faktor geschichtlicher Entwicklung verkennt 3 8 . Daher ist auch die Erschließung des institutionellen Gehalts allein von der „positiven Seite des Berufsbegriffs h e r " 3 9 abzulehnen, da damit geschichtlich begründete gesellschaftliche Sachverhalte und einfachgesetzliche Regelungen ohne verfassungsrechtliches Regulativ zum Bestandteil der Verfassung würden. I m Gegensatz zu anderen Einrichtungsgarantien wie Beamtentum, Ehe, kommunaler Bereich, deren garantierter Gegenstand ein abgrenzbares Sozialgebilde und ein überschaubarer Normenkomplex darstellt und die daher auch abstrahiert vom Grundrecht vorstellbar sind 4 0 , besteht bei der Garantie einer freiheitlich-sozialen Berufsordnung ein enger Bezug zum Grundrecht der Berufsfreiheit. Der „Anspruch" des Individualgrundrechts w i r d durch eine Zuständigkeit ergänzt, das Freiheitsrecht w i r d zu einem Freiheitsraum 4 1 ausgeweitet 42 . Daher bleibt Bezugspunkt und Rechtfertigungsgrund der aus Art. 12 GG entnommenen institutionellen Garantie immer das zugrunde liegende subjektive Recht der Berufsfreiheit 43 . Diese Auffassung leugnet nicht, daß die objektive Garantie von A r t . 12 GG ein aliud gegenüber dem subjektiven Recht ist, sie soll jedoch eine Verselbständigung der Garantie m i t den daraus erwachsenden Gefahren verhindern 4 4 . Der institutionelle Gehalt von A r t . 12 GG ist daher in der Weise zu verstehen, daß die Garantie der Berufsfreiheit, wie sie i n dieser Bestimmung zum Ausdruck gekommen ist, vom einfachen Gesetzgeber bei seiner gesamten, die berufliche Sphäre berührenden Gesetzgebung zu beachten ist, gleichgültig, ob diese Gesetzgebung subjektive Rechte von Berufsangehörigen verletzt oder nicht 4 5 . Daher ist die Einrichtungsgarantie von 38

Ähnlich Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213). Vgl. Rittner, Unternehmen, S. 19 F N 52. 40 Hesse, Grundzüge, S. 117 f. („Garantie von Lebensbereichen"). 41 Ä h n l i c h w i r d die Garantie auch als „ U m b a u " (Schmitt, Freiheitsrechte, S. 167) oder „Umhegung" (Schneider, Pressefreiheit, S. 46 m. Nachw.) von Individualfreiheitsrechten angesehen. 42 Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 1 Abs. 3 GG R N 97, insbes. F N 3; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 258. 43 Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 1 Abs. 3 GG R N 97 (cc); Gastroph, Diss. S. 74; Schnur, W D S t R L Heft 22 (1964), S. 101 ff., 118, 119 (noch betonter vom Individualrecht ausgehend); a. A. Haberle, Wesensgehaltsgarantie; Luhmann, Institution, S. 211; dazu Scholler, BayVBl. 1965, S. 434; hier werden die Parallelen dieser Fragestellung zur Frage nach der Grundrechtsträgerschaft der K a m m e r n deutlich. 44 Dazu engagiert Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 1 Abs. 3 GG R N 98. 45 Hesse, Grundzüge, S. 116 f.; vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 285; Krüger, Staatslehre, S. 177 („aufgegebener Gehalt einer bestimmten A r t von 39

92

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen u n d Einrichtungsgarantien des GG

Art. 12 GG nicht auf ein bestimmtes Sozialgebilde, eine bestimmte Organisation oder eine bestimmte Organisationsform fixiert 46. Sie ist auch keine Garantie eines bestimmten Normenkomplexes des objektiven Rechts 47 . Eine generelle Feststellung, daß der Erlaß von Berufsordnungen durch eine Kammer die Berufsfreiheit stärker berührt als durch ein Organ, das dem unmittelbar staatlichen Bereich zugehört, läßt sich nicht treffen. Die Kompetenzen der Berufskammern sind auf Grund einer geschichtlichen Entwicklung entstanden. Von A r t . 12 GG her gesehen sind sie jedoch nicht die einzig möglichen Lösungen. Bei der Ausgestaltung einer freiheitlichsozialen Berufsordnung hat der Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum, und es steht i h m ein Fächer von Organisationsformen zur Verfügung, die den Erfordernissen von A r t . 12 GG genügen. Für den Schutz der Berufsfreiheit der freien Berufe ist daher nicht zwingend die Organisation i n Kammern und die Festsetzung der Berufspflichten durch diese Kammern erforderlich. Eine Sonderstellung der freien Berufe bei der Festsetzung von Berufspflichten kann daher dem institutionellen Gehalt von A r t . 12 GG nicht entnommen werden. B. Stand und „ständischer Gedanke" Ein entscheidender Hinweis auf die Kompetenz der Berufskammern würde sich aus der Feststellung ergeben, daß der Berufsstand sowie bestimmte Standesorganisationen zu den wesentlichen Strukturelementen unserer Verfassungsordnung gehören 48 . I. Modelle für eine organisatorische Verwirklichung des ständischen Gedankens Bevor untersucht werden soll, ob und wieweit der ständische Gedanke i m Grundgesetz zum Ausdruck gekommen ist, sind zwei Ausprägungen des ständischen Gedankens idealtypisch gegenüberzustellen: Der autorigesellschaftlichem Sachverhalt") ; Lerche, Verfassungsfragen, S. 102 f., versteht die Einrichtungsgarantie konkreter (Garantie des „charakteristischen Gehalts", „Existenzschutz"). 46 I n diesem Sinne Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 285; zur Abgrenzung Institution—Organisation Krüger, Staatslehre, S. 176; Abel, Einrichtungsgarantie, S. 43 („Organisationsgarantie—Korporationsgarantie"); Thieme, JZ 1961, S. 280 ff. (283). 47 Z u m Begriff Schneider, Pressefreiheit, S. 44. 48 Z u m Zusammenhang ständischen Denkens und Einrichtungsgarantie Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 263, 284.

Β . Stand u n d „ständischer Gedanke"

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tär-korporative ständische Staatsaufbau und die stärker genossenschaftlich motivierte Verwirklichung des ständischen Gedankens 49 . 1. Korporativistisches Modell

Beim korporativistischen Modell 5 0 soll die Gliederung der Staatsbürger i n Korporationen, die nach bestimmten beruflichen Kriterien erfolgt und die neben oder an Stelle der allgemeinen Gemeinschaft der Staatsbürger tritt, dazu dienen, die Staatsbürger zu erfassen, zu beaufsichtigen und damit ihren Einsatz für die Ziele der Staatsführung zu verstärken. Die Stände und deren Organisationen sind dabei ein verwaltungstechnisches M i t t e l „intermediärer Gewalt" 5 1 zur effektiven Eingliederung und Integration des Bürgers in den staatlichen Bereich 52 . Autonomie und Selbstverwaltung werden den Korporationen nur insoweit gewährt, als von ihnen konform mit den politischen staatlichen Zielsetzungen Gebrauch gemacht wird. Die geschichtlichen Ausprägungen dieser A r t des Ständestaates erfolgten immer i n einem mehr oder weniger stark autoritär bestimmten Regime 53 . So sollten in den korporativen Organisationen des „Dritten Reiches" die Berufsangehörigen erfaßt, ihre Tätigkeit überwacht, politisch Unerwünschten die Ausübung unmöglich gemacht und die Berufstätigkeit auf die politischen Zwecksetzungen der Führung ausgerichtet werden 5 4 . 49 Kaiser, Repräsentation, S. 54 F N 1, u n d Krüger, Staatslehre, S. 642 f., stellen das „ständische" Modell dem „korporativen" Modell gegenüber. 50 Dazu allgemein Kaiser, Repräsentation, S. 54 ff.; Schambeck, Gesellschaft und P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 48 ff. (55). 51 Dazu Kaiser, Repräsentation, S. 63; Krüger, Staatslehre, S. 124, 649 ff.; Maunz, Salazar-Festschrift, S. 13,16. 52 Vgl. Krüger, Staatslehre, S. 643. 53 So auch Hermens, Verfassungslehre, S. 233; Kaiser, Repräsentation, S. 61; Krüger, Staatslehre, S. 643; Loewenstein, Verfassungslehre, S. 402 ff.; Schambeck, Gesellschaft und P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 48 ff. (55); Zacher, Demokratie, S. 53. Vgl. die Ausprägung i n Portugal (dazu Maunz, Salazar-Festschrift, S. 9 ff. [13 ff.]; Kaiser, Repräsentation, S. 324 ff.); Spanien, I t a l i e n (Mussolini), F r a n k reich (Petain), Österreich (Dollfuss), Deutschland (Hitler). Z u m weiteren geschichtlichen Hintergrund Müller, Korporation, m. w. Nachw. 54 Aus der damaligen L i t e r a t u r : Doerner, D J 1937, S. 546 ff.; Everling, Ehrenordnungen, S. 7 ff. u n d passim; Huber, Verfassungsrecht, S. 457 ff.; Scheuner, AöR 24 (1934), S. 166ff., 261 ff. (335ff.); Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. m. Nachw.; Stuckart, Deutsches Recht 1935, S. 382 ff. (384). Aus den heutigen Stellungnahmen zur damaligen Körperschaftsverfassung: Erler, Selbstverwaltung, S. 13; Friedrich, Verfassungsstaat, S. 561 ff.; E. R. Huber, Selbstverwaltung, S. 55; Kaiser, Repräsentation, S. 332 F N 45; Krüger, Staatslehre, S. 643; Leibholz, Strukturprobleme, S. 199 ff. (203); Leisner, AöR

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I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen u n d Einrichtungsgarantien des GG 2. Genossenschaftliches Modell

Das andere Modell eines ständischen Staatsaufbaus geht von der Originarität und echten Eigenständigkeit von Gemeinschaften aus, die sich i n dieser Weise spontan 55 geschichtlich gebildet haben und die sich auf Lebensbereiche 56 und weniger auf Interessenlagen zurückführen lassen. Weder ihre Existenz noch ihr Aufgabenbereich ist heteronom bestimmt. Einer Entfremdung des Bürgers vom Staat w i r d entgegengewirkt. Soweit Aufgaben der Gesamtgemeinschaft nicht von den einzelnen Ständen erfüllt werden können, geschieht dies durch ein Legislativorgan, das durch die einzelnen Stände zusammengesetzt ist. Diese Ausprägung des ständischen Gedankens bedeutet eine „Überwältigung des Staates durch die Gesellschaft" 5 7 ' 5 8 . I n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde diese föderalistischorganische Gesellschaftslehre besonders von Otto von Gierke , Hugo Preuss u n d Constantin Franz

vertreten. Auch die katholische Sozial-

lehre 5 9 sowie Othmar Spann 6 0 stehen dieser Auffassung nahe. Dieser hebt auch besonders klar als Konsequenz einer solchen Verfassung das Weichen des Staates gegenüber den Ständen (die die Funktionen des Staates übernehmen) und den Verlust der Kompetenzkompetenz des Staates hervor 6 1 . I m europäischen Verfassungsrecht dieses Jahrhunderts kommt diese A r t des Ständestaats nur i n Ansätzen zum Ausdruck. A m ehesten ist es i n der österreichischen Verfassungsentwicklung der Nachkriegs« zeit 6 2 zu bemerken, bei der eine Tendenz besteht, das einheitliche Macht93 (1968), S. 161 ff. (172); Thoss, Subjektives Recht, S. 48; Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 149; Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (144 ff.). 55 Während die erste Spielart des ständischen Gedankens weitgehend autoritär oktroyiert ist; dazu Kaiser, Repräsentation, S. 59. 56 A u f die katholische Soziallehre bezogen Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 27. 57 Krüger, Staatslehre, S. 642. 58 Parallelen dazu bietet die heute neu belebte Theorie einer Rätedemokratie. 59 Dazu Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 24 ff., insbes. S. 27 F N 10 m. Nachw. sowie umfangr. Nachw. S. 33 f.; Kaiser, Repräsentation, S. 59 f. 60 Dazu Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 27 F N 10; Kaiser, Repräsentation, S. 57. 61 Anders Kaiser, Repräsentation, S. 321. Kaiser ist insoweit rechtzugeben, daß es bisher einem ständischen System nicht gelungen ist, den „höchsten Stand" Staat abzuschaffen. F ü r ein konsequentes ständisches System muß dieses Ziel jedoch ein wesentlicher Grundzug sein. Z u r Tendenz berufsständischer Ideen, die gegen die moderne Staatlichkeit gerichtet sind, Krüger, Staatslehre, S. 642, 649, 651 ff. 62 I m Gegensatz zur autoritär-ständischen „Verfassung 1934" (BGBl. Österreich 1934, Nr. 1); dazu Krüger, Staatslehre, S. 644, und Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 27 F N 10.

Β . Stand u n d „ständischer Gedanke"

95

Zentrum auf die nach beruflichen Kriterien zusammengesetzten Kammern zu verlagern 6 3 . II. Grundgesetz und ständischer Gedanke 1. Manche Elemente des korporativistischen Modells stehen nicht in diametralem Gegensatz zum Grundgesetz. So ist dem Grundgesetz die Bildung von öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht fremd, wodurch eine A r t von staatlicher Kontrolle bestimmter Lebensbereiche als Ersatz für eine Kontrolle durch die unmittelbare Verwaltung geschaffen werden soll. Die Staatsaufsicht ist gleichfalls ein legitimer Bestandteil des heutigen Körperschaftsrechts. Das Gesamtsystem des korporativistischen Modells steht jedoch der Tendenz des Grundgesetzes entgegen, gerade i m beruflichen Bereich weite Freiheitsräume zu schaffen und die Eingriffsmöglichkeiten staatlicher Legislativ- und Verwaltungsorgane einzuschränken. Mitveranlaßt durch die Besatzungsmächte wollte man sich i n der Zeit der Entstehung des Grundgesetzes auch klar vom Korporationensystem des „Dritten Reiches" distanzieren. 2. Die Stellung der verfassungsgebenden Organe der Bundesrepublik zu den organisch-ständischen Autonomievorstellungen ist weniger klar. Die Beratungen des Grundgesetzes wurden von einer neu erwachten Diskussion des universellen gesellschaftsorganischen Föderalismus begleitet. Dabei wurde nicht nur die bundesstaatliche Gliederung des neu zu schaffenden Staates (regionaler Föderalismus) betont, sondern auch die Eigenständigkeit aller organisch gewachsenen menschlichen Lebensbereiche und so auch die der Berufsstände (funktionaler Föderalismus) 64 . Vereinzelt wurde auch der Aufbau eines ständischen Systems vorgeschlagen, in dem den individuellen Freiheitsrechten vorwiegend über die Selbstverwaltungskörperschaften Raum gegeben werden sollte 65 . I m Herrenchiemseer Verfassungskonvent 66 und i m Parlamentarischen Rat 6 7 fanden diese Gedanken eines universellen Föderalismus jedoch kei63 Z u r heutigen österreichischen Kammerverfassung Adamovich/Spanner. Handbuch, S. 122 ff.; Kafka, Der Staat 1965, S. 250 ff. (251); Klecatsky, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 23 ff. (m. Nachw.); Schambeck, K u m m e r Festschrift, S. 443 ff.; Schambeck, Gesellschaft und P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 48 ff.; Spanner, ÖZoffR N. F. 7 (1955), S. 22 ff. 64 Z u r Terminologie vgl. Kaiser, Repräsentation, S. 55. 65 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 109,134 F N 78 m. Nachw. 68 Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, München 1948, Darstellender Teil S. 21. 67 Nähere Nachweise JöR N. F. Bd. 1, S. 43.

96

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen u n d Einrichtungsgarantien des GG

nen Anklang. Nach einem Vorstoß des Abgeordneten Süsterhenn 68 wurde klar, daß es nach den dort herrschenden Mehrheitsverhältnissen sinnlos war, die Regelung der innerstaatlichen Gemeinschaften, darunter auch die der beruflichen Lebensgemeinschaften, i n das Grundgesetz aufzunehmen. Ebenso wie man von einer näheren Konkretisierung der W i r t schaftsverfassung absah, wurden auch die Stände und deren Organisationen aus dem Grundgesetz ausgeklammert. Man konstituierte auch kein ständisch zusammengesetztes Parlament auf Bundesebene 69 , da ein solches als nicht nur beratende, sondern (mit-)entscheidende Kammer nicht mit dem parlamentarischen Parteiensystem vereinbar gewesen wäre 7 0 . I m Gegensatz zu der genossenschaftlichen Form ständischer Staatsstruktur steht auch der i m Grundgesetz (Art. 1, 3, 20 Abs. 1) zum Ausdruck gekommene Gedanke der Allgemeinheit und Gleichheit des staatsbürgerlichen Status 71 . Dadurch soll verhindert werden, daß über eine rechtliche Institutionalisierung der Stände i n den für die Allgemeinheit wichtigen Fragen nur innerständische Interessen berücksichtigt werden 7 2 . Die Übernahme von Gedanken der organisch-ständischen Staatstheorie in das Grundgesetz erstreckt sich nicht auf die Berufskörperschaften, sie bleibt auf die Bereiche von Familie und Gemeinde beschränkt. Für das Grundgesetz ist daher der Stand und der ständische Gedanke nicht als wesentliches Strukturelement anzusehen 73 . 3. Diese vom Grundgesetz nicht gewollte Wiederbelebung ständischer Strukturen ist jedoch nicht generell unzulässig. Da der Stand nicht notwendig als Personengemeinschaft mit bestimmten rechtlichen Merk68

JöR N. F. Bd. 1, S. 43 unten; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 134 F N 80. I n Bayern besteht i m Senat (vgl. A r t . 34 ff. BV) eine solche berufsständische Vertretung. Z u den Versuchen, auf Länderebene ständische Legislativorgane zu bilden, Tebbert, Diss. S. 133,181 ff. 70 Ebenso Hermens, Verfassungslehre, S. 229 ff.; Kelsen, Staatslehre, S. 357 ff.; Krüger, Staatslehre, S. 647 m. Nachw.; Leibholz, Strukturprobleme, S. 199 ff.; Loewenstein, Verfassungslehre, S. 402 ff. F ü r eine Vereinbarkeit Maunz, Staatsrecht, S. 205; Tebbert, Diss. S. 122 ff. und passim. 71 So auch Krüger, Staatslehre, S. 648, 653; Hermens, Verfassungslehre, S. 240. F ü r eine ständische Differenzierung Ermacora, Handbuch, S. 77 f.; Bluntschli, Schriften Erster Band, S. 63 ff. (82 f.). Z u r Gleichheit i m Ständedenken der katholischen Soziallehre Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 24. Z u m Verhältnis Gleichheit und ständische Autonomie (für Österreich) Merkl, Juristische Blätter (1936), S. 377 ff. Z u m Verhältnis der Sozialstaatsklausel zu den Berufsständen Gerber, AöR 81 (1956), S. 1 ff. (49 ff.); vgl. auch BVerfGE 5, S. 17 ff. (22); E 9, S. 124 ff. (128 f.). 72 Ähnlich (aus soziologischer Sicht) Daheim, Berufe, S. 269. 73 Friedrich, Verfassungsstaat, S. 563, 784; Häberle, D Ö V 1965. S. 369 ff. (373); Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (813); Krüger, Staatslehre, S. 396; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (199); Maunz, BayVBl. 1969, S. I f f . (1); Moller, Sondergerichte, S. 4, 7; Rupp/v. Zezschwitz, J Z 1965, S. 399 ff. (402); Scheuner i n Klein/ Scheuner, Übertragung, S. 118 ff. (164); Weber, Spannungen, 2. Aufl., S. 48, 53; β9

C. K a m m e r u n d Körperschaft

97

malen, sondern auch als soziologische Einheit betrachtet werden kann 7 4 , braucht ein Bezug auf dieses soziale Substrat keine Übernahme ihres rechtlichen Gehalts zu sein 75 . Soweit bei der Verwirklichung von verfassungsrechtlichen Aufträgen oder Kompetenzen aus verwaltungstechnischen Praktikabilitätsgründen auf den „Stand" zurückgegriffen wird, ist dies zulässig. Ihre Legitimation hat aber diese Einrichtung nicht in ständischen Grundsätzen der Verfassung, sondern i n anderen Verfassungsgehalten. Die Stände werden dadurch kein Bestandteil der Rechtsordnung. Als Reflex kann sich jedoch eine rechtliche Stärkung der sozialen Gruppe „Berufsstand" ergeben, ohne daß daraus „Rechte des Standes" abgeleitet werden können. C. K a m m e r und Körperschaft Eine Legitimation der Berufsordnungen könnte sich auch daraus ergeben, daß die Berufskammern von der Verfassung als möglich oder notwendig vorgesehene Einrichtungen betrachtet werden und daß zu ihren zentralen Aufgaben der Erlaß von Berufsordnungen gehört. I. Kammern I m Grundgesetz selbst liegen keine direkten Hinweise auf berufsständische Kammern vor 7 6 . Aus den Materialien zur Entstehung des Grundgesetzes ergibt sich, daß der Verfassungsgeber sich i n der Frage der Organisation der Wirtschaft und damit in Zusammenhang stehender Berufe nicht festlegen wollte und wegen der völlig unterschiedlichen A n schauungen dazu auch nicht festlegen konnte 7 7 . Eine negative Abgrenzung Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 26, 29; Weber, Der Arzt i n Westfalen 1960, S. 18 ff. (21); Werner DVB1.1955, S. 562 ff. (564). M i t ständefreundlichem Akzent: Bettermann, Hirsch-Festschrift, S. I f f . (5); Heller, Staatslehre, S. 110, 114f., 186; Molitor, Gegenwartsprobleme, S. 22; Radbruch, Einführung, S. 202; Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff. (618 F N 17). 74 Ä h n l i c h die Kategorien „staatlicher Stand" u n d „gesellschaftlicher Stand" bei Krüger, Staatslehre, S. 388; vgl. auch Daheim, Berufe, S. 275 ff. I n der heutigen Soziologie bemüht man sich sehr wenig, bei Schlußfolgerungen, die aus sozialen Tatbeständen festgestellt werden, ähnliche Ergebnisse i n der Rechtswissenschaft oder Staatsphilosophie zur Kenntnis zu nehmen. So greift Daheim als Repräsentanten für das Modell „berufsständische Ordnung" auf einen französischen Sozialwissenschaftler v o m Anfang des Jahrhunderts zurück. 75 Vgl. Hamann, Autonome Satzungen, S. 20; Wittkämper, Interessenverbände, S. 14; BVerfGE 7, S. 377 ff. (428, 444) (ähnlicher Ansatz). 76 Anders z. B. i m österreichischen Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920 (dazu siehe Schambeck, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 48 ff. [55 f.]), wo zwar nicht die Aufgaben der K a m m e r n festgelegt sind, jedoch die Gesetzgebungskompetenz für die Kammergesetze (Art. 10 [1] 8 u n d 11 [1] 2 BVG). 77 Vgl. Leibholz/Rinck, A r t . 20 GG R N 12. 7 Brandstetter

98

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

i s t i m G r u n d g e s e t z n u r i n der Weise getroffen, daß i n der B u n d e s r e p u b l i k staatsorganisatorisch e i n p a r l a m e n t a r i s c h e s O r g a n T r ä g e r der L e g i s l a t i v e i s t u n d daß b e i der Gesetzgebung d i e K a m m e r n k e i n e n o t w e n d i g e F u n k t i o n haben, w i e dies i n e i n e m „ K a m m e r s t a a t " der F a l l wäre. D e r B e g r i f f d e r K a m m e r n i s t eine v o r w i e g e n d geschichtlich b e d i n g t e 7 8 terminologische A b s p a l t u n g bestimmter Organisationen v o n der V i e l z a h l der K ö r p e r s c h a f t e n des ö f f e n t l i c h e n Rechts 7 9 u n d e i n S a m m e l n a m e f ü r sehr v e r s c h i e d e n a r t i g e K ö r p e r s c h a f t e n , d e r e n einzige G e m e i n s a m k e i t ist, daß sie i n i r g e n d e i n e r Weise m i t d e m b e r u f l i c h e n T ä t i g k e i t s f e l d d e r Angehörigen zusammenhängen. Zwischen K a m m e r n u n d den anderen K ö r p e r s c h a f t e n des ö f f e n t l i c h e n Rechts l ä ß t sich k e i n e p r i n z i p i e l l e A b g r e n z u n g t r e f f e n . D a h e r k ö n n e n e v e n t u e l l e verfassungsrechtliche Fests t e l l u n g e n ü b e r K ö r p e r s c h a f t e n des ö f f e n t l i c h e n Rechts auch a u f die B e r u f s k a m m e r n erstreckt w e r d e n 8 0 .

I I . Körperschaften 1. Anerkennung von Körperschaften durch das GG D i e K ö r p e r s c h a f t e n des ö f f e n t l i c h e n R e c h t s 8 1 s i n d einerseits b e i der R e g e l u n g der G e s e t z g e b u n g s k o m p e t e n z 8 2 , andererseits b e i d e n V o r s c h r i f 78

Auch i n der Soziologie w i r d festgestellt, daß die K a m m e r n aus einer anderen sozialen Gesellschaftsstruktur stammen (so Daheim, Berufe, S. 237). 79 So auch Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (621); Redeker, DVB1.1952, S. 201 ff.; Rupp, Berufskörperschaft, S. 18; Schick, Selbstverwaltung, EvStL, Sp. 1962 ff. (1965); Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (39); BayVerfGHE 4, S. 30 ff. (LS 1); Auch bei ausländischen Rechtssystemen sind die K a m m e r n eine Unterart der Körperschaften des öffentlichen Rechts; Friedrich, Verfassungsstaat, S. 544; Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 19; Loewenstein, Verfassungslehre, S. 376 (Nachw.); Rosenthal, Rechtsanwaltschaft, S. 35 ff. (DDR); Schambeck, K u m m e r Festschrift, S. 443 ff. (449); Schulz, Anwaltsordnung, S. 52 ff. (Ungarn); Stoeber, Anwaltschaft, S. 215. Anders Norwegen (siehe Smith, Anwaltschaft, S. 285); Niederlande (siehe Nijgh, Geschichte, S. 357); Schweiz (Löffler, Anwaltschaft, S. 423); USA (Leary/ Cooper, Lawyers, S. 479). Z u r Kammerautonomie außerhalb der Bundesrepublik vgl. auch Ermacora, DÖV 1956, S. 529 ff. (531); Loewenstein, Verfassungslehre, S. 376; Ridder, Übertragung, S. 295 ff. (307); Scheuner, Erfahrungen, S. 118 ff. (119 f.); Peter Schneider, Übertragung, S. 373 ff.; Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 ff. 80 Umgekehrt sind jedoch nicht alle beruflichen Körperschaften des öffentlichen Rechts Kammern, wie sich am Beispiel der Berufsgenossenschaften zeigt. 81 Z u r Körperschaftsdogmatik ohne verfassungsrechtliche Fragestellung Dallmayer, Diss. S. 10 ff.; Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff.; Köttgen, V e r w a l tungseinheit; Weber, Körperschaften I (S. 27 ff., 30 ff.); Weber, Körperschaften I I , S. 39; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , S. 154 ff. Z u r Geschichte der Körperschaft Forsthoff, Körperschaft, S. 8 ff. ; Forsthoff, Lehrbuch, S. 451 F N 7 m. Nachw.; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff.

C. K a m m e r und Körperschaft

99

ten über die Ausführung der Bundesgesetze und der Bundesverwaltung 8 3 sowie bei den Übergangs- und Schlußbestimmungen 84 i m GG erwähnt. Von Bedeutung für die Zulässigkeit heute bestehender Körperschaften sind dabei insbesondere die i m V I I I . Teil des Grundgesetzes erfolgten Regelungen zur Bundesverwaltung. Durch diese Bestimmung ist zwar nichts Näheres über die Ausgestaltung der Körperschaften fixiert, auch ist darin keine pauschale Übernahme des vor Erlaß des Grundgesetzes geltenden Körperschaftsrechts zu sehen 85 , jedoch ist dadurch grundsätzlich anerkannt, daß es neben dem Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung auch eine zwar öffentlich-rechtliche, aber nicht i n den Staat eingegliederte Form von Verwaltungsträgern gibt 8 6 . Das Landesverfassungsrecht garantiert noch deutlicher Bestand und Aufgabenbereich von Körperschaften des öffentlichen Rechts 87 . Es läßt sich also feststellen, daß Körperschaften des öffentlichen Rechts zwar nicht zwingend durch das Grundgesetz gefordert werden, daß sie jedoch nicht als generell unzulässig angesehen werden dürfen. 2. Einrichtungsgarantie des Kompetenzbereiches von Körperschaften

Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, welche A u f gaben und Kompetenzen diesen Körperschaften zu überlassen sind, insbesondere ob mit der Zulässigkeit von Körperschaften auch zwingend die Verleihung von Autonomierechten verbunden ist. Dazu w i r d vertreten, daß eigene Rechtsetzungskompetenzen eine wesensmäßige Notwendigkeit von Körperschaften seien 88 . Differenzierende (799 f.) m. Nachw.; H. Weber, Religionsgemeinschaften, S. 46 ff.; W. Weber, Körperschaften I I , S. 38 f. 82 A r t . 73 Nr. 8 GG; A r t . 75 Nr. 1 GG. 83 A r t . 86 Satz 1 GG; A r t . 87 Abs. 2 u n d 3 GG; A r t . 90 Abs. 2 GG. 84 A r t . 130 Abs. 3 GG; A r t . 135 Abs. 5 u n d 7 GG. 85 So auch Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 253. 86 So auch Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (799, 806); Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 33 (b). 87 ζ. Β . A r t . 77 Abs. 1, 154, 155 BV. 88 Fröhler, Staatsaufsicht, S. 3 ff.; Hohrmann, Selbstverwaltungskörperschaften, S. 29; Kollmann, BayVBl. 1957, S. 105 ff. (105 f.); Scheuner, PetersGedächtnisschrift, S. 799 ff. (801); BayVerfGHE 4, S. 219 ff. (LS 4); ferner E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 182 ff., 186 f.; zurückhaltender S. 807; Stein, Lehrbuch, S. 140; Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 144; Wittkämper, Interessenverbände, S. 15; a. A. Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 84 I V (S. 164 ff.) und Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 33 (b) (autonome Rechte sind in der Regel bei Körperschaften gegeben). I n England werden diese Kompetenzen den „rule-making-authorities" (Ridder, Übertragung, S. 295 ff., 306) zugesprochen. 7»

100

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

Meinungen unterscheiden zwischen Kompetenzen, die nur Innenwirkung haben, und solchen, die auch Außenwirkung haben 89 oder zwischen K ö r perschaften, die als Zugeständnis des Staates an die Gesellschaft anzusehen sind, und anderen, die „freiwillig" vom Staat aus gegründet worden sind 9 0 . Eine andere Ansicht fordert einen Minimalbestand eines Aktivstatus für die Körperschaft 91 . Bei den wesensmäßigen Merkmalen einer Körperschaft w i r d man zwischen dem organisatorischen Minimalbestand 92 und dem Kompetenzbereich der Körperschaft unterscheiden müssen. Von einer Körperschaft kann man nicht sprechen, wenn keine Personenmehrheit mit einem organisatorischen Zusammenhalt besteht. Für den Kompetenzumfang ist jedoch das früher erzielte Ergebnis von Bedeutung, daß für die Gründung einer Körperschaft ein legislatorischer A k t erforderlich ist 9 3 , der politisch 94 oder soziologisch deklarativ sein kann, rechtlich jedoch konstitutiv ist, und bei dem es i m Ermessen des Gesetzgebers steht, wie er den Betätigungskreis der zu gründenden Körperschaft ausgestaltet 95 . Zwar bedeutet es einen Formenmißbrauch, wenn der Gesetzgeber die Befugnisse und den Aufgabenbereich der Körperschaft nicht weiter faßt als bei Anstalten des öffentlichen Hechts oder bei unmittelbaren Staatsorganen und die Befugnisse der Körperschaft „auf N u l l reduziert". Daraus darf man jedoch nicht die Folgerung ziehen, daß die Gründung einer Körperschaft einen bestimmten Mindeststand an „eigenen" Rechten zur Voraussetzung haben muß. Der verfassungsrechtliche Körperschaftsbegriff ist

89

Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (807, 811, 801); Hans J. Wolff , EvStL, Sp. 1079 ff. (1080). 90 Forsthoff, Körperschaft, S. 8 ff. (8, 22), erkennt nur bei Körperschaften, die das Ergebnis eines politischen Kampfes zwischen Bürgertum und absolutistischem Staat sind — den Kirchen u n d Gemeinden — ein Recht auf eigengesetzliche Entfaltung an. A l l e übrigen Körperschaften haben keine eigenen Rechte. F ü r die Berufskörperschaften deckt sich dies m i t der hier vertretenen Ansicht. 91

Weber, Körperschaften I I , S. 40 f.

92

Hans J. Wolff,

93

Vgl. oben S. 56 ff.; dazu Forsthoff,

Verwaltungsrecht I I , S. 157. Körperschaft, S. 27.

94

Z u den politischen Zielen bei der Einrichtung einer Körperschaft Hub er, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 182; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (807); Schick, EvStL, Sp. 1962 ff. (1962 f.); Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , S. 155 (§ 84 I d). 95 I n diesem Sinne Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 451 ff. (457), i n dessen Körperschaftsdefinition ein eigenes Rechtsetzungsrecht nicht enthalten ist; i m übrigen sind seine Darlegungen mehr von rechtsgeschichtlichem Interesse; Haug, N J W 1962, S. 1286 f. (1287); Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 252 f.; Lynker, Diss. S. 64 (anders S. 72); Quidde, DÖV 1958, S. 521 ff. (521); Scheuner,

C. Kammer und Körperschaft

101

vorwiegend formaler Natur 9 6 . Für diese Ansicht spricht auch die Entstehungsgeschichte von A r t . 130 und 86 GG. I m Verlauf der Beratungen wurde der ursprüngliche Begriff Selbstverwaltung durch den formalen Begriff Körperschaft des öffentlichen Hechts ersetzt 97 . Durch die vom Grundgesetz vorgesehene Hechtsform der Körperschaft ist also ein weitgefaßter rechtlicher Rahmen98 für die Kammern der freien Berufe gegeben. Eine Aussage über die Kompetenzen und Aufgaben der Kammern liegt damit jedoch nicht vor.

I I I . Organisationsgewalt der Kammer 1. Meinungsstand und Abgrenzung

Es w i r d vertreten, daß die Berufsordnungen Organisationsakte sind, die auf Grund der öffentlich-rechtlichen Organisationsgewalt der Kammer erlassen werden können 9 9 . Dies hätte zur Folge, daß sie besonderen Voraussetzungen bezüglich ihrer Hechtsgrundlage 100 , der Träger der Organisationsgewalt 101 und ihrer rechtlichen F o r m 1 0 2 unterliegen würden. Bevor jedoch die Folgerungen, die sich aus einer Qualifizierung als Organisationsakte ergeben würden, erörtert werden sollen, ist zu untersuchen, ob die Regelung der Berufspflichten der Kammerangehörigen durch die Kammern sachgegenständlich unter den Begriff der Organisation zu fassen ist.

DÖV 1952, S. 609 ff. (611); Schick, EvStL, Sp. 1962 ff. (1963); Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (41); Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , S. 158; Bay V e r f G H E 4, S. 30 ff. (37). 98 Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff. (640 F N 81). 97 JöR Bd. 1, S. 854 ff. (857), 641 ff. (641). 98 Ä h n l i c h Lerche, Übermaß, S. 214 ff. (214, 220), der von einer autonomiefördernden u n d autonomieermöglichenden F u n k t i o n der i n Körperschaftsform organisierten besonderen Gewaltverhältnisse spricht; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 182 („wertneutrales Instrument"); ähnlich Weber, Staatsund Selbstverwaltung, S. 144 („große Variationsbreite"). 99 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (452); BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (165); zu den Organisationsakten allgemein: Hohrmann, Organisation, S. 51 ff.; Mayer, EvStL, Sp. 1418ff. (1420 f.); Spanner, D Ö V 1957, S. 640 ff. (641); Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 78 (S. 116 ff.). 100 Röttgen, W D S t R L 16 (1958), S. 154 ff. (180); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 253 (mit Zusammenfassung des Meinungsstandes); vgl. auch Forsthoff, Lehrbuch, S. 403. 101 Dazu Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 55 ff. Verwaltungsvorschriften, S. 251 F N 3. 102 Dazu Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 61 ff., 70ff.; Forsthoff, L e h r buch, S. 406, 410; Haug, Diss. S. 97; Hohrmann, Organisation, S. 56 f.; Ossenbühl,

102

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

Die Organisationsgewalt des Parlaments oder der Exekutive, öffentlich-rechtliche Körperschaften und Kammern zu schaffen, zu beseitigen und i n ihrer Verfassung zu verändern 1 0 3 , muß von der Organisationsgewalt der Kammer, als Träger öffentlicher Verwaltung selbst ihre innere Ordnung festzulegen 104 , unterschieden werden. Nur die letztere A r t von Organisationsgewalt ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. 2. Kammern als Träger der Organisationsgewalt

Soweit überhaupt von einer Organisationsgewalt von Inhabern der öffentlichen Gewalt gesprochen werden kann, steht diese auch den Kammern zu. Diese sind nach ihrer rechtlichen Form Juristische Personen des öffentlichen Rechts und unterscheiden sich vom Staat primär durch ihre Entstehung und ihren Aufgabenkreis, nicht jedoch i n den Prinzipien ihrer innerkörperschaftlichen Organisation. Da die Organisationsgewalt m i t der Fähigkeit zur Ausübung öffentlicher Gewalt i n eigener Verantwortung und eigener Zuständigkeit zusammenhängt und die Kammern diese Fähigkeit haben, besteht keine Veranlassung, sie grundsätzlich als Träger der Organisationsgewalt auszunehmen 105 . 3. Regelungen für Kammerangehörige als Organisationsakte

Beim engeren staatlichen Verband sind zu den Funktionsstellen 1 0 6 , die zu organisieren sind, die Behörden und weitere m i t bestimmten Aufgaben versehene Personen oder Personenmehrheiten zu rechnen 107 . Zur Or-

103 Spanner, D Ö V 1957, S. 640 ff. (643); Adamovich/Spanner, Handbuch, S. Duncker u n d H u m b l o t — Brandstetter — Anmerkungen — — Spalte 13 448, verlangen hierfür eine gesetzliche Grundlage; vgl. auch Mayer, EvStL, Sp. 1418 ff. (1421), der dies nicht als F u n k t i o n staatlicher Organisationsgewalt ansieht; Ermacora, V V D S t R L Heft 16(1958), S. 231 f.; Röttgen, V V D S t R L Heft 16 (1958), S. 158,189; Krüger, Staatslehre, S. 927. 104 Dazu Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 51; Forsthoff, Lehrbuch, S. 409; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 252 F N 115; Maunz i n Maunz/Dürig/ Herzog, A r t . 84 GG R N 5; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 261, 268, 270; Rüfner, Formen, S. 241 F N 26. Unklar, ob Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 44 f., die Organisationsgewalt, K a m m e r n zu bilden, oder die Organisationsgewalt der K a m m e r n meint. 105 Köttgen, Organisationsgewalt, V V D S t R L Heft 18 (1958), S. 154 ff. (184); Mayer, EvStL, Sp. 1418 ff. (1421). 106 Vgl. den Begriff Funktionsträger bei Spanner, DÖV 1957, S. 640 ff. (641). 107 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 38 („öffentliche Funktionsträger bzw. Handlungseinheiten"); Forsthoff, Lehrbuch, S. 401; ähnlich Mayer, EvStL, Sp. 1420 (Organisation von Behörden u n d sonstigen Dienststellen) ; eine Legaldefinition gibt die bayerische Verordnung über die Einrichtung der staatlichen Behörden vom 31. März 1954 (GVB1. S. 56).

C. Kammer und Körperschaft

103

ganisation dieser Funktionsstellen gehört u. a. die Bestimmung des örtlichen Wirkungskreises, die Zuteilung bestimmter Aktionsinstrumente, die Festlegung des „status" der Stelle und die innere Gliederung 1 0 8 . Es fragt sich nun, ob dieses Organisationsschema auch auf die Kammern übertragen werden kann. Eine Parallele läßt sich von der Organisation der unmittelbaren staatlichen Verwaltung auf den Verwaltungsapparat der Kammern ziehen 109 . Sowohl die i n der unmittelbar staatlichen Verwaltung eingeordneten Personen als auch die i n der Kammerverwaltung tätigen Personen sind Funktionsträger, denen gegenüber eine Organisationsgewalt zur Wirkung kommen kann. Diese Wirkung erstreckt sich jedoch nicht auf die Kammerangehörigen. Diese üben zwar durch Wahlen und Kontrollrechte einen mittelbaren Einfluß auf die Verwaltung der Kammer aus, sie sind jedoch keine Funktionsstellen innerhalb der Kammerverwaltung, da sie selbst keine unmittelbare Verwaltungstätigkeit ausüben. Daher kann die Auferlegung von Pflichten an die Mitglieder nicht zur Organisation der Kammer gezählt werden 1 1 0 . Außerdem ist die Organisation als die statische Erscheinung einer Personengemeinschaft von deren Tätigkeit und daher auch die Vorschriften, die die Organisation festlegen, von den „aktionslenkenden" Verwaltungsvorschriften zu unterscheiden 111 . Beispiele für solche Vorschriften, die das Verhalten von Funktionsträgern bestimmen sollen, sind Ermessens- und Beurteilungsrichtlinien, gesetzeskonkretisierende Verwaltungsvorschriften oder Vorschriften mit belastendem oder begünstigendem Inhalt für den Funktionsträger. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Bereichen w i r d auch durch die Begriffe „Organisationsnorm-Verhaltensnorm " 1 1 2 und „ Organisationsregelung-Dienstanweisung" 1 1 3 deutlich gemacht. Die Regelungen i n den Berufsordnungen beziehen sich nicht auf die Struktur der Kammerorganisation oder auf eine Stellung oder Tätigkeit von Amtswaltern 1 1 4 , sondern auf das Verhalten 108 Ausführlicher Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 47 f. m. Nachw.; Mayer, EvStL, Sp. 1418 ff. (1423); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 256 ff. 109 Haug, Diss. S. 93. 110 Haug, Diss. S. 100 f., 93; BVerfGE 11, S. 30 ff. (39) (für den parallel liegenden F a l l des Kassenarztes); i m Ergebnis ebenso BVerfGE 12, S. 144ff. (147); a. A. Römer, Notariatsverfassung, S. 53 ff.; BVerwG, DVB1. 1959, S. 365 f. (365). 111 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 34 f. 112 Forsthoff, Lehrbuch, S. 401; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (182); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 250. 113 Ähnliche Unterscheidung bei Haug, Diss. S. 69 (referierend); Mayer, EvStL, Sp. 1418 ff. (1422 f.); m i t Vorbehalten gegenüber dieser Unterscheidung Forsthoff, Lehrbuch, S. 406 F N 1; Röttgen, W D S t R L Heft 16 (1958), S. 154 ff. (180 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 254. 114 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 34.

104

I I . 4. Abschn.: Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

der Kammermitglieder bei ihrer „privaten" Berufsausübung, die sie nicht als staatliche oder körperschaftliche Funktionsträger leisten. Aus diesem Grund ist der Erlaß von Berufsordnungen nicht dem organisationsrechtlichen Aufgabenkreis der Kammer zuzurechnen, sondern dem Bereich, der das („private") berufliche Verhalten der Kammerangehörigen berührt. Somit hat bereits die Prüfung, ob der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern unter einen weit gefaßten gegenständlichen Begriff der Organisationsgewalt fällt, ergeben, daß Berufsordnungen nicht zu den Organisationsakten zu zählen sind. Eine Prüfung, ob diese A r t von Organisationsakten zum originären Funktionsbereich der Exekutive gehört oder einer legislativen Regelung vorbehalten ist und welche verfassungsstrukturellen Schranken der Organisationsgewalt gezogen sind, braucht daher nicht mehr zu erfolgen. Ebenso taucht nicht die Frage auf, i n welchem Verhältnis die Organisationsgewalt zum Institut des besonderen Gewaltverhältnisses steht 1 1 5 .

D . Staatlich gebundener Beruf I. Bei Triepel und in der Rechtsprechung des BVerfG Die erste, breit angelegte Auseinandersetzung m i t den Berufen, die organisatorisch nicht zu den Beamten zu rechnen sind, jedoch einer stärkeren Bindung als gewöhnliche Berufe unterliegen, erfolgte durch Triepel i n seiner Untersuchung „Staatsdienst und staatlich gebundener B e r u f " 1 1 6 . Neben einer beschreibenden Bestandsaufnahme gemeinsamer Eigenschaften einer Gruppe von Berufen — ausgehend von der Rechtslage gegen Ende der konstitutionell-monarchischen Verfassungsperiode — hatte die Darstellung eine Einordnung dieser Berufe in die Begriffswelt 115 Aus den Darlegungen von Haug, Diss. S. 99, zeigt sich, wie u n k l a r hier noch die Kategorien sind: M i t den Begriffen Verbandsgewalt, Organisationsgewalt, besonderes Gewaltverhältnis versucht man, diesen „gewachsenen K o m petenzen" beizukommen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Versuch der legalistischen Richtung (u. a. Spanner, DÖV 1967, S. 640 ff.; Ermacora, V V D S t R L Heft 16 [1958], S. 191 ff.), durch die Forderung nach klarer Ermächtigung diese „Grauzone" der V e r w a l t u n g durchsichtig zu machen, berechtigt. 116 Triepel, Binding-Festschrift I I , S. I f f . (67 ff.) u n d passim; dazu sowie zum Begriff des „staatlich gebundenen Berufs": Bachof, Freiheit des Berufs, GR I I I / l S. 155 ff. (184) (referierend); Bethge, Diss. S. I f f . ; Herzog, EvStL, Sp. 158; Hoffmann, DVB1. 1964, S. 457 ff. (458); E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 769 (kritisch); Ipsen, Rechtsfragen, S. 14 f.; Krüger, Staatslehre, S. 407; Rittner, Unternehmen, S. 18 F N 50, 20 F N 54 (kritisch); Römer, Notariatsverfassung, S. 43; Scheuner, Freie Berufe, S. 427; Werner, DVB1. 1955, S. 562 ff.; Widmer, Gewerbefreiheit, S. 80 (Übernahme des Begriffs i n das Schweizer Recht).

D. Staatlich gebundener Beruf

105

des damaligen Verwaltungsrechts, insbesondere des öffentlichen Dienstrechts, zum Ziel. Triepel betrachtete als staatlich gebundenen Beruf solche Tätigkeiten, die nicht Staatsdienst i m technischen Sinne sind, jedoch einer über die polizeiliche Kontrollbefugnis hinausgehenden Regelungs-, Beaufsichtigungs- und Kontrollbefugnis des Staates unterworfen sind 1 1 7 . Daher gab er diesen Berufen organisationsrechtlich eine Stellung zwischen der Privatperson und dem Berufsbeamten. Dies entspricht methodisch der heute vorgenommenen Einordnung der staatlich gebundenen Berufe zwischen Art. 12 und A r t . 33 GG 1 1 8 . A n dieses Spannungsverhältnis knüpft die Rechtsprechung des BVerfG an und versucht sie i n das Rechtssystem des Grundgesetzes einzugliedern, wobei es sich von der früheren Rechtsprechung des BVerwG abwendet. Während das BVerwG 119 der Ansicht war, daß A r t . 12 GG nicht für solche Berufe gelte, die Aufgaben der öffentlichen Hand erfüllen, ist der Ausgangspunkt des BVerfG seit dem Apothekenurteil 1 2 0 , daß auch die „staatlich gebundenen Berufe" grundsätzlich unter die i n A r t . 12 GG geschützten fallen und nicht unter die Berufe, für die nur A r t . 33 GG gilt. Die Wirkung von A r t . 12 Abs. 1 GG werde jedoch „tatsächlich" soweit zurückgedrängt, je näher ein Beruf durch öffentlich-rechtliche Bindungen und Auflagen an den öffentlichen Dienst herangeführt worden sei. I m Ergebnis w i r d der Beruf des Apothekers — stellvertretend für die anderen „staatlich gebundenen Berufe" — zwischen dem „freien Beruf" mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Auflagen (Art. 12 GG) und einer Einbeziehung in die unmittelbare Staatsorganisation (Art. 33 GG) eingeordnet. Die nach dem Apothekenurteil ergangene Rechtsprechung des BVerfG, wie die Notarbeschlüsse oder das Kassenarzturteil 1 2 1 , unterscheidet sich zwar i n der unterschiedlichen Betonung der beiden Pole von Art. 12 bzw. 33 GG 1 2 2 , liegt jedoch methodisch auf der gleichen L i n i e 1 2 3 . 117 118

Triepel, Binding-Festschrift I I , S. 1 ff. (15). So auch beurteilt von Bethge, Diss. S. 3 f.; a. A. Rittner,

Unternehmen, S. 6. ne B V e r w G E 2, S. 85 ff. (86); E 3, S. 21 ff. (23); E 4, S. 250 ff. (254); E 5, S. 286 ff. (288); E 6, S. 13 ff. (14); E 6, S. 72 ff. (74). 120 BVerfGE 7, S. 377 ff. (insbes. S. 397 f.). 121 BVerfGE 9, S. 338 (Hebammenbeschluß); E 17, S. 232 ff. (Apothekenmehrbetriebsurteil). BVerfGE 16, S. 6 ff.; E 17, S. 371 ff.; E 17, S. 381 ff. (Notarbeschlüsse). BVerfGE 11, S. 30 ff. (39 f.); E 12, S. 144 ff. (147) (Kassenarzturteile). 122 Dazu Rupp, N J W 1965, S. 993 ff.; der Beurteilung von Krüger, Staatslehre, S. 408 F N 4, daß diese Berufe v o m BVerfG zu stark i n der Sphäre des Privaten angesiedelt werden, k a n n angesichts der Notarbeschlüsse nicht beigepflichtet werden. 123 Zustimmend Hamann, N J W 1958, S. 1801 ff. (1802); Leibholz/Rinck (referierend), A r t . 12 GG R N 4; Scholtissek, Küchenhoff-Festgabe, S. 203 ff. (205); Weissauer/Poellinger, Berufsordnungen, S. 12 f.

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I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

II. Bedeutung der Theorie vom staatlich gebundenen Beruf für die Regelungskompetenz der Kammern Die Bedeutung der Rechtsprechung des BVerfG erstreckt sich primär auf den sachlichen Umfang der Regelungsmöglichkeiten, so z. B. auf die Frage, wieweit subjektive oder insbesondere objektive Zulassungsschranken bei bestimmten Berufen zulässig sind 1 2 4 . I n diesem Zusammenhang interessiert jedoch nur, ob die Einordnung der staatlich gebundenen Berufe zwischen A r t . 12 und A r t . 33 GG auch Bedeutung für die Frage hat, durch wen die Berufspflichten auferlegt werden können und i m besonderen, ob die Festsetzung der Berufspflichten durch eine Kammer erfolgen kann. Daher ist vor einer kritischen Betrachtung der Theorie des staatlich gebundenen Berufs ihre Erheblichkeit für die Regelungskompetenz zu untersuchen. Das BVerfG beschränkt sich bei der Heranziehung von Art. 33 GG nicht auf die sich daraus ergebende Einschränkung der materiellen Berufsfreiheit. Es greift umfassend auf Art. 33 GG zurück und bezieht sich auch auf die organisatorische Regelung beim Berufsbeamtentum 125 . Insoweit ist die Rechtsprechung des BVerfG nicht organisationsneutral. Die Berufsordnungskompetenz der Kammern hat das BVerfG bisher jedoch nicht mit der Stellung der staatlich gebundenen Berufe zwischen Art. 12 und A r t . 33 GG begründet. Diese Ansicht ist i m Ergebnis richtig, da der Erlaß von Berufsordnungen weder eine Annäherung an A r t . 33 noch an Art. 12 GG darstellt. Die Bestimmung der Berufspflichten durch die Kammer kann nicht als A n näherung an das Regelungsmodell von A r t . 33 GG angesehen werden, da die Kammer als mitgliedschaftlich verfaßte Organisation nicht m i t der „vorgesetzten Behörde" i m Beamtenrecht zu vergleichen ist. Ihre Regelungsgewalt entspricht auch nicht der Weisungsgewalt einer solchen Behörde, da die Willensbildung auf völlig andere Weise erfolgt und da keine die Berufspflichten konstitutive Weisung durch die Kammer ausgeübt werden kann, sondern nur eine die beschlossene Berufsordnung „ausführende" Weisung erfolgen kann. Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammer ist auch keine A n näherung an das Regelungsmodell von Art. 12 GG. Die Berufsordnungskompetenz der Kammern bedeutet sowohl eine „Abschwächung" der Regelform von Art. 12 GG (kollektive Selbstbestimmung durch die Berufsangehörigen statt Fremdbestimmung durch den Gesetzgeber 126 ) als 124 Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 163; Krüger, Staatslehre, S. 408; dazu kritisch Schwabe, DÖV 1969, S. 734 ff. (738). 125 BVerfGE 7, S. 377 (397 f.); E 11, S. 30 (39 f.); E 17, S. 371 (379 f.); ausgehend von der Rechtsprechung des B V e r f G Β GHZ 37, S. 179 (183). 126 Ä h n l i c h E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 769 f.; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (194).

E. Besonderes Gewaltverhältnis zwischen K a m m e r n u n d Mitgliedern 107 auch eine „ V e r s c h ä r f u n g " ( M ö g l i c h k e i t , umfassende B e r u f s p f l i c h t e n festzulegen s t a t t p u n k t u e l l e r M i ß b r a u c h s g e s e t z g e b u n g 1 2 7 ) . Sie ist d a h e r n i c h t i n das B i l d des B V e r f G v o m s t a a t l i c h g e b u n d e n e n B e r u f e i n z u o r d n e n . D i e G r ü n d e , die gegen die T h e o r i e v o m s t a a t l i c h g e b u n d e n e n B e r u f als solche s p r e c h e n 1 2 8 , w i e der logische Z i r k e l s c h l u ß 1 2 9 , die rechtspolitischen Folgen, d i e B e g r ü n d u n g m i t d e n „ ö f f e n t l i c h e n A u f g a b e n " 1 3 0 , die „ A n l e h n u n g " a n A r t . 33 G G 1 3 1 u n d die B e g r ü n d u n g m i t der s t a a t l i c h e n O r g a n i s a t i o n s g e w a l t 1 3 2 b r a u c h e n daher n i c h t e r ö r t e r t z u w e r d e n .

E. Besonderes Gewaltverhältnis zwischen K a m m e r n u n d M i t g l i e d e r n I . A r t e n v o n besonderen G e w a l t v e r h ä l t n i s s e n W e i t e K r e i s e i m S c h r i f t t u m f ü h r e n die B e r e c h t i g u n g der K a m m e r n z u m E r l a ß v o n B e r u f s o r d n u n g e n a u f e i n besonderes G e w a l t v e r h ä l t n i s zwischen d e n K a m m e r n u n d i h r e n M i t g l i e d e r n z u r ü c k 1 3 3 . D a m i t g l a u b t 127

Vgl. Loewenstein , Verfassungslehre, S. 386. So bei Bachof , GR I I I / l S. 155 ff. (184); Herzog , EvStL, Sp. 158; Hoff mann, DVB1. 1964, S. 457 ff. (462 u n d passim); Leisner , JuS 1962, S. 463 ff. (465); Leisner , AöR 93 (1968), S. 161 ff. (164 und passim); Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12 G G R N 95; Rupp, Grundfragen, S. 97; Rupp, N J W 1965, S. 993 ff. (insbes. S. 996); Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff.; Scheuner, DVB1.1958, S. 847; Schick, DÖV 1962, S. 931 ff. (933) ; Thieme, J Z 1961, S. 280 ff. (280). 129 Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (184); Herzog, EvStL, Sp. 158; Rupp, NJW 1965, S. 993 ff. (995); Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (223). 130 Die öffentlichen Aufgaben ziehen als K r i t e r i u m heran Ermacora, Handbuch, S. 511; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 768; Krüger, Gesichtspunkte, S. 40; Leibholz/Rinck (referierend), A r t . 12 GG, A n m . 4; Lüben, Fundamente, S. 56; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 428; BVerfGE 17, S. 232 (239) (Apothekenmehrbetriebsurteil); E 7, S. 377 ff. (398); E 16, S. 6 ff. (22); E 17, S. 371 ff. (376); (BVerfGE 11, S. 30 [39], zieht dieses K r i t e r i u m nicht heran); B V e r w G E 9, S. 334 ff. (336); B G H Z 37, S. 179 ff. (183). Kritisch zu den öffentlichen Aufgaben i n diesem Zusammenhang u. a. Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (184 F N 115); Bethge, Diss. S. 109 ff.; Leisner, JuS 1962, S. 463 ff. (465); Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (185 f.); Rupp, N J W 1965, S. 993 ff. (995) ; Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (241). M i t der E r f ü l l u n g von „(wesentlichen) Staatsauf gaben" bzw. „hoheitlichen Aufgaben" w i r d der staatlich gebundene Beruf begründet bei Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (186); Hesse, Grundzüge, S. 158 F N 48; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (184 f.); Römer, Notariatsverfassung, S. 12 ff.; Rupp, N J W 1965, S. 993 ff. (995 F N 19); Thieme, J Z 1961, S. 280 ff. (283); BVerfGE 17, S. 371 ff. (inkonsequent). 131 Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (185 f.); Grosman, Organisation, S. 541 (für den jugoslawischen Rechtsanwalt); Leibholz/Rinck, A r t . 12 GG R N 4; Ostermann, Diss. S. 8 („amtsähnliche Stellung"); Römer, Notariatsverfassung, S. 54; Scheuner, Freie Berufe, S. 428 (nach NS-Recht); BVerfGE 11, S. 31 (40); E 16, S. 6 (22); E 17, S. 371 (377); O L G Hamburg, B B 1952, S. 414 ( „ F u n k t i o n des Rechtsanwalts erfordert geradezu seine Verbeamtung"). 132 Bachof/Heidenhain, Berufsfreiheit, S. 32. 133 Hamann, Autonome Satzungen, S. 16; Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (106); Krüger, Gesichtspunkte, S. 41; Lerche, Ubermaß, S. 260 F N 230 128

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I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

man, eine rechtliche Form für einen Normsetzungsvorgang gefunden zu haben, den man auf andere Weise nur schwer oder gar nicht rechtfertigen könnte. Ausgehend vom heute vorzufindenden rechtstatsächlichen Material läßt sich sinnvoll zwischen den herkömmlichen „besonderen Gewaltverhältnissen", wie denen des Beamten, Soldaten, Strafgefangenen und den „modernen gesteigerten Abhängigkeitsverhältnissen", zu denen z. B. die „Disziplinierung von Sozialbereichen" i n Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder die Befriedigung von Daseinsbedürfnissen durch Träger der mittelbaren Staatsverwaltung gehört, unterscheiden 134 . Die traditionellen besonderen Gewaltverhältnisse können auf eine lange Geschichte i m Bereich der „Haus- und Herrengewalt" des jeweiligen Machthabers zurückblicken 135 , während die modernen gesteigerten Abhängigkeitsverhältnisse jüngeren Datums sind. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß die modernen besonderen Gewaltverhältnisse Bereiche erfassen, die nicht zu den originären Staatsaufgaben, sondern zur leistenden Verwaltung gehören. Eine Berufsordnungskompetenz der Kammern ist nicht zu den herkömmlichen besonderen Gewaltverhältnissen zu zählen, da sie sich seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts aus dem Satzungsrecht von privatrechtlichen Vereinigungen entwickelt hat. II. Begründung und Kritik Für die Begründung eines „modernen Gewaltverhältnisses" der Kammern zu ihren Mitgliedern bieten sich verschiedene Wege an 1 3 6 . 1. Parallele zu den herkömmlichen Status Verhältnissen

I n der gegenwärtigen rechtlichen Ausgestaltung der Kammern können Konturen aufgefunden werden, die denen anderer besonderer Abhängigkeitsverhältnisse entsprechen 137 . Diese Parallelen können i n der „Glo(allgemein f ü r Zwangsorganisationen); Quidde, DÖV 1958, S. 521 ff. (521); Triepel, Binding-Festschrift I I , S. I f f . (73); Weissauerl Ρ oellinger, Berufsordnungen, S. 13 ff.; Widmer, Gewerbefreiheit, S. 80 und F N 187 (auf Schweizer Rechtsanwälte bezogen); Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht, S. 184 (§ 33 I V c 3); BayVerfGHE 4, S. 30 ff. (37) ; BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (161). Ablehnend: Hamann, Anwaltsblatt 1962, S. 166 ff. (167); Haug, Diss. S. 99; Lynker, Diss. S. 86 f.; Redeker, J Z 1954, S. 625 ff. (627); BVerfGE 11, S. 30 ff. (39). 134 Vgl. Ermacora, D Ö V 1956, S. 529 ff. (531); Lerche, Übermaß, S. 215 f.; Redeker, JZ 1954, S. 625 ff. (627). 135 Dazu m. Nachw. Starck, ZRP 1969, S. 147 ff. (147). 136 Die „ N a t u r der Sache" (vgl. Krüger, Staatslehre, S. 259 F N 33) ist kein geeignetes K r i t e r i u m . 137 Vgl. Lerche, Übermaß, S. 215, „Einbettung der modernen Abhängigkeitsverhältnisse i n das System der überlieferten Rechtsfiguren".

E. Besonderes Gewaltverhältnis zwischen K a m m e r n und Mitgliedern

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balerfassung" der betroffenen Personen, i m „entrechtlichten" Innenbereich oder in der „persönlichen Beziehung" 1 3 8 zwischen Gewaltträger und Gewaltunterworfenen gesehen werden. Eine Eingliederung des Kammerverhältnisses i n diese Rechtsfigur und eine Unterwerfung unter die gleichen Einschränkungen wie bei den traditionellen Gewaltverhältnissen — auch wenn dies durch verstärkte Anwendung des Erforderlichkeitsprinzips gemildert w i r d — soll hier nicht erfolgen. Dabei würde nicht i n genügendem Maße auf das konkrete Verhältnis der Kammer zu ihren Mitgliedern geachtet werden und es würden Folgerungen, die sich bei anderen Rechtsverhältnissen vertreten lassen, auf das Kammerverhältnis übertragen werden. Zudem w i r d bei dieser Methode, die vom (nichtverfassungsrechtlichen) positiven Recht ausgeht, der verfassungsrechtliche Hintergrund außer acht gelassen 139 . 2. Das Kammerverhältnis als verfassungsrechtlicher Sonderstatus

Es bleibt daher die Möglichkeit, daß die Kammern aus dem allgemeinen Staat-Bürger-Verhältnis von der Verfassung 140 herausgehobene, in sich geschlossene Rechtsbereiche sind 1 4 1 . Bereits oben wurde aufgezeigt, daß das Verhältnis von Berufsangehörigen zu ihren Kammern nicht unter den i n A r t . 33 GG geregelten Status 1 4 2 der Beamten subsumiert werden kann 1 4 3 . Durch die Verfassung 138 Vgl. Krüger , V V D S t R L Heft 15 (1957), S. 109 ff. (115 ff.) und Diskussionsbeitrag Weber, V V D S t R L Heft 15 (1957), S. 186 ff. (188); wegen Fehlens des persönlichen Elements lehnt Hamann, Anwaltsblatt 1962, S. 166 ff. (168) das besondere Gewalt Verhältnis bei Rechtsanwaltskammern ab. 139 Dies w i r d besonders bei Vie, EvStL, Sp. 663 ff. (663) deutlich, der v o m Lebensverhältnis auf das Rechtsverhältnis ohne (verfassungs-)rechtliche Z w i schenprüfung schließt. Dadurch werden auf weiten Gebieten Entscheidungen des Grundgesetzes durch das „Lebensverhältnis", d. h. die gegenwärtige positivrechtliche Regelung ausgeschaltet. 140 So auch Hesse, Grundzüge, S. 128; Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 69; Menger/Erichsen, VerwArch. 57 (1966), S. 175 ff. (180). 141 Auch Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 211 f., hält eine individualisierende Betrachtung der einzelnen besonderen Gewaltverhältnisse für erforderlich; methodisch ebenso Lerche, GR I V / 1 S. 461 oben; anders Lerche, Übermaß, S. 222: Aus einer gesteigerten Beschneidung der Individualsphäre w i r d auf die statusähnliche Stellung geschlossen u n d (unter starker Heranziehung des E r forderlichkeitsgebots) daher das moderne Abhängigkeitsverhältnis dem besonderen Gewaltverhältnis zugeordnet. Dem ist nicht zu folgen, w e i l eine verstärkte Inpflichtnahme sich qualitativ von einer Globalbindung i n einem besonderen Gewaltverhältnis unterscheidet. 142 Rechtssoziologisch zum Status-Begriff vgl. Rehbinder, Hirsch-Festschrift, S. 141 ff. (145 ff.). 143 Vgl. oben S. 106.

110

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

ist auch keine ausdrückliche Institutionalisierung der freien Berufe, der Kammern oder der Körperschaften allgemein erfolgt, wie dies bei den Rechtsverhältnissen der Beamten, der Universitätsangehörigen oder der Soldaten der Fall ist. Das Kammerverhältnis ist von der Verfassung nicht als eigenständige Institution aus dem allgemeinen Staat-Bürger-Verhältnis ausgegliedert worden. Aus diesem Schweigen der Verfassung ist darauf zu schließen, daß die Einrichtung der Kammern nicht eine pauschale Statuslegitimation erhalten sollte, die eine weitgehende Ausschaltung allgemeiner Verfassungsbestimmungen zur Folge hätte. Die Legitimation der Berufsordnungen der Kammern bleibt daher auf die „allgemeinen verfassungsrechtlichen Mittel" verwiesen 1 4 4 . Die Kompetenz der Kammern kann nicht aus einer Globalbindung der Kammerangehörigen gefolgert werden und die Einschränkung ihrer Rechte nicht aus einem verfassungsunmittelbaren Statusverhältnis oder dem Wesen und Zweck des Lebenverhältnisses. Auch die Gesetzesvorbehalte, darunter der Spezialvorbehalt von Art. 12 Abs. 1 GG, finden daher uneingeschränkte Anwendung für das Kammerrecht 1 4 5 . Eine substantielle Veränderung des Gesetzesvorbehalts durch ein besonderes Gewaltverhältnis, mit der Folge, daß Regelungen der Kammern keiner gesetzlichen Ermächtigung bedürfen, t r i t t nicht ein. I I I . Die Beziehung der Kammer zu ihren Mitgliedern als „unechtes Statusverhältnis" I m Ergebnis ist es jedoch möglich, daß die Kammern ähnliche Kompetenzen haben und daß die Berufsangehörigen ebenso intensiv i n ihren Rechten eingeschränkt werden, wie es bei einem Statusverhältnis der Fall wäre 1 4 6 . Man kann i n diesem Fall, i n dem die „allgemeinen Regeln" der Verfassung eine erhebliche Einschränkung der Grundrechte zulassen und in dem sie Rechtsfiguren gestatten, die denen der besonderen Gewaltverhältnisse entsprechen, von einem „unechten Statusverhältnis" sprechen. Die Besonderheit dieses Statusverhältnisses ist methodisch die Notwendigkeit, die nähere Ausgestaltung des Verhältnisses in allen Einzelheiten verfassungsrechtlich zu begründen, und der Wegfall der Möglichkeit, eine Einschränkung der Grundrechtsgeltung und des Gesetzes144

Ä h n l i c h Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (176). I n diesem Sinne allgemein: Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 92; Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 211 ff., 206 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 213 ff.; Spanner, DÖV 1963, S. 29 ff. (30); Starck, ZRP 1969, S. 147 ff.; a . A . Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (497 f.); vgl. auch Lerche, GR I V / 1 S. 447 ff. (461). 146 Ähnlich Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 212. 145

F. Selbstverwaltung u n d Autonomie

111

Vorbehalts oder den Wegfall des Erforderlichkeitsprinzips i m Innenverhältnis 1 4 7 mit der „Herrengewalt", der „Globalbindung", dem „Status" oder der „Entrechtlichung" dieser Beziehung nachzuweisen 148 . Folge dieser Betrachtungsweise ist, daß sich die Rechte der Kammern nach der Einzelaufgabe bemessen und daß die Bindungen der Berufsangehörigen Einzelbindungen sind, die sich zu einer großen Zahl summieren können, die jedoch keine „Globalbindung" sein können 1 4 9 . Durch diese „Verrechtlichung" des Kammerverhältnisses, die sich nicht innerhalb des Instituts „besonderes Gewaltverhältnis" abspielt, sondern nach den allgemeinen Regeln der Verfassung erfolgt, werden die Gefahrenmöglichkeiten 150 , die in einer extensiven Anwendung des Statusdenkens liegen, erheblich eingeschränkt.

F. Selbstverwaltung und Autonomie Die Frage nach der Kompetenz der Kammern zum Erlaß der Berufsordnungen hatte als ständigen Hintergrund die Frage nach der Autonomie, der eigenen Rechtsetzungsmacht der Kammern. Verfassungsrechtlich gesehen ist daher die Zulässigkeit von Berufsordnungen ein Ausschnitt aus dem Komplex der Stellung des Grundgesetzes zur Autonomie. Diese Stellung wurde bisher von verschiedenen anderen Verfassungsbetonungen her untersucht. I n diesem Zusammenhang soll der Autonomie der Berufskammern nicht mosaikartig nähergekommen werden, sondern es soll ein gröberer Maßstab angelegt werden und die unmittelbare Aussage des Grundgesetzes zur berufsständischen Autonomie untersucht werden. I. Begriffsabgrenzung Selbstverwaltung-Autonomie Terminologisch herrschen zwischen den Rechtsinstituten Autonomie und Selbstverwaltung vielfach unklare Abgrenzungen. 147 So Lerche, Übermaß, S. 218, 220; vgl. Menger/Erichsen, VerwArch. 57 (1966), S. 175 ff. (180). 148 Lerche, Übermaß, S. 217, geht den umgekehrten Weg: Er ordnet die modernen Gewaltverhältnisse grundsätzlich i n das System der Rechtsfigur „besonderes Gewaltverhältnis" ein, b e w i r k t jedoch durch die A k t i v i e r u n g des Erforderlichkeitsgedankens eine Verrechtlichung dieses Verhältnisses (vgl. auch S. 223). 149 A u f die Gefahr eines solchen Status-Charakters eines außerdienstlichen öffentlichen Amtes weist auch Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (191) hin. 150 z. B. die weit ausgedehnte Anwendung des besonderen Gewaltverhältnisses bei Ule, EvStL, Sp. 663 ff. (664), der ein solches bereits bei einer „besonderen Aufsicht" a n n i m m t ; dazu auch Lerche, Übermaß, S. 215, 223.

112

I I . 4. Abschn. : Berufsordnungen und Einrichtungsgarantien des GG

Teils w i r d das Selbstverwaltungsrecht als Oberbegriff eigener Verwaltungs- und Rechtsetzungstätigkeit von öffentlich-rechtlichen K ö r perschaften verwendet, teils nur zur Bezeichnung eigener Verwaltungsrechte der Körperschaften. Daher w i r d für die Rechtsetzungstätigkeit sowohl der Begriff Autonomie als auch Selbstverwaltung gebraucht 151 . Der Begriff Selbstverwaltung für diese Tätigkeit der Kammern ist nicht ganz unberechtigt, da es sich dabei um eine abgeleitete Rechtsetzung — dem Verordnungsrecht der unmittelbaren Staatsverwaltung vergleichbar — handelt. U m jedoch die funktionell verwaltende Tätigkeit der Kammern stärker von der rechtsetzenden Tätigkeit absetzen zu können, soll für die eigene Rechtsetzungskompetenz der Ausdruck Autonomie verwendet werden 1 5 2 . Diese Terminologie ist auch deshalb vorzuziehen, da zwar i n der Regel mit dem Selbstverwaltungsrecht auch Rechtsetzungsbefugnisse übertragen werden, beides jedoch auch getrennt voneinander verliehen werden kann und unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen sowohl i n grundrechtlicher als auch in organisationsrechtlicher Hinsicht unterliegt 1 5 3 . Autonomie ist somit die Fähigkeit eines dem Staat eingegliederten, von i h m aber organisatorisch abgehobenen Verbandes, zur Regelung seiner Angelegenheiten Sätze des objektiven Rechts zu schaffen 154 . Der verdeutschte Ausdruck „Selbstgesetzgebung" ist insofern mißverständlich, als es sich bei den Berufsordnungen der Kammern jedenfalls nicht um Gesetze im formellen Sinn (Parlamentsgesetze) handelt.

I I . Berufsständische Autonomie i m Grundgesetz

Eine Erwähnung berufsständischer Autonomie ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen 155 . Die gesamten positiv-rechtlichen Grundlagen dazu sind vom einfachen Gesetzgeber erlassen. Die Landesverfassungen verwenden jedoch teilweise den Terminus Selbstverwaltung 1 5 6 .

151 Nachweise Küttner, Diss. S. 2 F N 6 u n d 7; außerdem sind zu nennen: Knott, Diss. S. 4; Spanner, DÖV 1959, S. 38. 152 I m Ergebnis ebenso: Ermacora, Handbuch, S. 594; Forsthoff, Lehrbuch, S. 446; Hamann, Satzungen, S. 12, 15; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 33 (3 b); Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (105); Wolff, Verwaltungsrecht I, S. 123 (§ 25 I X ) ; B V e r w G E 6, S. 247 (249). 153 Ballerstedt, GR I I I / l S. 26; B V e r w G E 6, 247 (249). 154 Vgl. Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (562, 564); Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 47; Schick, EvStL, Sp. 105. 155 Vgl. Küttner, Diss. S. 6 F N 25 m. Nachw. 156 A r t . 154 f. BayVerf ; A r t . 71 Abs. 1 Satz 2 Verfassung von Baden-Württemberg; vgl. auch A r t . 44 Verfassung von Niedersachsen.

F. Selbstverwaltung und Autonomie

113

I I I . Analogie zu anderen Autonomiegewährleistungen im Grundgesetz Der Gedanke der Autonomie von Berufskammern hat i m Grundgesetz keinen Niederschlag gefunden, doch autonome Bereiche anderer Einrichtungen sind verfassungsrechtlich gewährleistet. I n erster Linie ist dabei die Gemeindeautonomie zu nennen, die durch A r t . 28 Abs. 2 GG neben dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht garantiert ist. Die Autonomie der Religionsgesellschaften i m Rahmen der Bestimmungen der Weimarer Verfassung ist durch A r t . 140 GG gesichert. Autonome Rechte der Hochschule ergeben sich aus A r t . 5 Abs. 3 GG. I n den Kompetenzbestimmungen des Grundgesetzes sind ebenfalls Ansätze zu autonomen Bereichen zu sehen. Bei den Bestimmungen über die Bundesverwaltung werden die Selbstverwaltungskörperschaften allgemein 1 5 7 und die Sozialversicherung i m besonderen 158 genannt. Auch die Ermächtigungen zum Erlaß von Geschäftsordnungen für Bundesorgane stellen autonome Rechte dar 1 5 9 . Diese verfassungsunmittelbaren Autonomiebestimmungen sind jeweils auf ganz spezifische Sachverhalte bezogen. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ist ein Recht, das systematisch schwer i n das System des Grundgesetzes einzuordnen ist und primär historisch zu erklären ist. Die Gemeindeautonomie ist aus einer pointierten politischen Vorstellung des Verfassungsgebers zur Gliederung des Staatsaufbaus entstanden. Auch die anderen Autonomierechte knüpfen an rechtliche und tatsächliche Einrichtungen an, die nicht austauschbar sind. Eine Erweiterung dieser speziellen Autonomiebestimmungen zu einem verfassungsdurchgängigen Autonomieprinzip ist nicht zulässig 160 . Die einzige Feststellung, die sich daraus ziehen läßt, ist die, daß dem Grundgesetz eine Autonomie für bestimmte, klar abgrenzbare Lebensbereiche nicht fremd ist 1 6 1 . Fünfter

Abschnitt

Folgerungen Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, daß dem Grundgesetz weder

eine Legitimation

157

noch eine Ablehnung

der B e r u f s o r d n u n g e n z u

z. B. A r t . 86 GG. A r t . 87 Abs. 2 GG. 159 So A r t . 40 Abs. 1 GG, A r t . 52 Abs. 3 Satz 2 GG, A r t . 65 Satz 4 GG, A r t . 77 Abs. 2 Satz 2 GG. 160 Wie hier: Küttner, Diss. S. 7 m. w. Nachw.; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (611, 613); anders jedoch Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (454). 161 So auch Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (39). 158

8 Brandstetter

114

I I . 5. Abschn. : Folgerungen

entnehmen ist. Bei den Berufsordnungen und dem Recht der Berufskammern hat der Verfassungsgeber es unterlassen, bestimmte Konfliktlösungen 1 zu formalisieren. Die Hinweise, die die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes gibt, deuten darauf hin, daß der Verfassungsgeber bewußt die Regelung berufsständischer Organisationen und Kompetenzen ausgeklammert hat 2 . Es handelt sich daher um eine Lücke in der VerfassungDie Unterscheidung in offene und versteckte Verfassungslücken ist nicht ergiebig, da daraus keine unterschiedlichen Folgerungen gezogen werden können: I n beiden Fällen ist eine verfassungsrechtliche Lösung der nicht i n der Verfassung geregelten Frage erforderlich. Eine Lücke i n der Verfassung ist eine häufig anzutreffende Erscheinung, die bereits durch die Struktur der Verfassung angelegt ist. Das Grundgesetz ist nämlich kein geschlossenes System, keine materielle Einheit und keine vollständige Regelung aller i n einem Staatswesen möglichen Konfliktfälle 4 , sondern vielmehr eine A n t w o r t des Verfassungsgebers auf bestimmte typische Fragen, die einer näheren Bestimmung für notwendig erachtet wurden. Für diese Teilgebiete der Rechtsordnung ist die einzelne Verfassungsbestimmung entweder ein Konzentrat eines einfachgesetzlichen Regelungskomplexes oder eine bestimmte Akzentsetzung, die für den einfachen Gesetzgeber als Leitlinie dienen soll 5 . I m übrigen sind zwischen den topischen verfassungsrechtlichen Regelungen weite Zwischenräume gegeben. Der Schluß, daß Bereiche, die i n der Verfassung nicht angesprochen sind, verfassungsrechtlich unzulässig sind, läßt sich nur dann ziehen, wenn sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt, daß das Schweigen des Verfassungsgebers eine Ablehnung einer bestimmten Einrichtung bedeutet 6 . Eine solche generelle Ablehnung der Kammerorganisation und damit der Kammerkompetenzen war durch den Parlamentarischen Rat jedoch nicht zum Ausdruck gekommen. 1 Z u r konfliktentscheidenden F u n k t i o n der Verfassung allgemein Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213). 2 a. A. Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 87 GG R N 39 (f.). 3 Dazu Loewenstein, Verfassungsänderung, S. 21 f.; Leisner, J Z 1964, S. 201 ff., behandelt die Ausfüllung von Verfassungsnormen durch einfaches Gesetzesrecht, während hier die Ausfüllung von Verfassungslücken zur Frage steht. 4 Z u den Grenzen des Verfassungsrechts Hesse, Grundzüge, S. 12; Lerche, AöR 86 (1961), S. 488 ff. (488); Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (214 links); Lerche, Werbung und Verfassung, S. 32 f. m. Nachw. F N 51; Schick, EvStL, Sp. 643 ff. (646). 5 Lerche, ZZP 1965, S. I f f . (11 f., 15); Lerche, Werbung und Verfassung, S. 32 f., 65 f.; Rupp, Privateigentum, S. 11 ff. F N 19 (S. 12); vgl. auch Lerche, AöR 86 (1961), S. 488 ff. (488). 6 Gleiche Fragestellung bei BVerwG, N J W 1962, S. 1311 ff. (1312); wie hier Rupp, Grundfragen, S. 143 F N 106.

I I . 5. Abschn.: Folgerungen

115

Aus der Lücke i n der Verfassung w i r d auch die umgekehrte Folgerung gezogen, daß die Organisationen der freien Berufe m i t ihren Kompetenzen stillschweigend durch die Verfassung legitimiert seien7. Dies könnte damit begründet werden, daß die Kammern bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes, insbesondere unter der Weimarer Verfassung, bestanden haben und daher zumindest i n ihrem damaligen Umfang garantiert sind. Eine solche Garantie des verfassungsrechtlichen status quo 8 würde jedoch eine Transponierung eines früher einfachgesetzlich legitimierten Rechtszustandes auf die Ebene des Verfassungsrechts und somit eine Erweiterung und entscheidende qualitative Änderung der Garantie bedeuten, da frühere deutsche Verfassungen keine verfassungsrechtlichen Gewährleistungen für die Kammern und deren Befugnisse enthielten. Das Grundgesetz geht zwar von einem für seine Auslegung relevanten 9 vorrechtlichen Gesamtbild aus 10 , und es wollte nicht gänzlich m i t Einrichtungen aus früheren Verfassungen brechen; jedoch soll dadurch keine in Verfassungsrang erhobene Versteinerung des Rechtszustandes vor Bestehen des Grundgesetzes erfolgen 11 . Auch die an naturrechtliche Vorstellungen erinnernde Lösung, daß die Einrichtungen der freien Berufe der rechtlichen Ordnung vorgegeben sind 1 2 , muß abgelehnt werden, da eine solche „gesetzte und gegebene Ordnung" 1 3 — abgesehen vielleicht von gewissen Grundprinzipien humaner Rechtsordnung — neben der positiven verfassungsrechtlichen Regelung nicht anzuerkennen ist. Aus einem Schweigen des Grundgesetzes zu den Kammerberufen und ihren Organisationen läßt sich daher nicht der Schluß ziehen, daß diese in ihrem herkömmlichen Bestand mit ihren herkömmlichen Kompetenzen vom Verfassungsgeber als ungeschriebener Verfassungsbestandteil angesehen worden sind. 7 So (für die Verwerfungskompetenz der Verwaltungsbehörden) Hoffmann, JZ 1961, S. 193 ff. (199 rechts). 8 Z u r Terminologie Abel, Einrichtungsgarantien, S. 74 f.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 263; Lerche, Verfassungsfragen, S. 102 („voller statusquo-Schutz") ; Schneider, Pressefreiheit, S. 49 F N 90; Zacher, Demokratie, S. 90. 9 Vgl. Schnur, DVB1.1965, S. 489 ff. (491). 10 Bachof, GR I I I / l S. 155 ff. (202); zur Relativität dieses „Vorfeldes des Grundgesetzes" für das Verfassungsrecht siehe Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 109 f. 11 Lerche, DÖV 1965, S. 212 ff. (213); Schneider, Pressefreiheit, S. 50; vgl. Leisner, J Z 1964, S. 201 ff. (204). Sogar für das Gebiet des Polizeirechts, das bisher als der Kernbereich eines status-quo-Schutzes erschien, w i r d neuestens (Denninger, Polizei, S. 28) gegen die Privilegierung des kulturellen u n d gesellschaftlichen status quo opponiert. 12 So ζ. Β. BVerfGE 13, S. 97 ff. (106); a. A. Krüger, Staatslehre, S. 177. 13 A u f die Gefahren dieser These weist Krüger, Staatslehre, S. 173 f. m. Nachw. hin.

8*

116

I I . 5. Abschn.: Folgerungen

Die Folge solcher Lücken i n der Verfassung ist, daß damit dem einfachen Gesetzgeber auf dem betreffenden Gebiet die rechtliche Ausgestaltung überlassen ist 1 4 . Ähnlich wie bei dem Modell der konkurrierenden Gesetzgebung kann der einfache Gesetzgeber dann tätig werden, wenn durch den Verfassungsgeber ein Bereich aus der unmittelbaren Regelung durch die Verfassung ausgeklammert ist; es besteht eine Ersatzzuständigkeit des einfachen Gesetzgebers. Terminologisch dürfte sich dafür die Bezeichnung „Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers" 15 besser als das „gesetzgeberische Ermessen" eignen, da diese Kompetenz des Gesetzgebers vom Ermessen der Verwaltung, bei dem immer ein Zusammenhang mit dem Gesetzesvollzug besteht, zu unterscheiden ist. Der Gesetzgeber hat daher grundsätzlich die Möglichkeit, den Erlaß von Berufsordnungen auf die Kammern zu übertragen 16 . Eine Beschränkung dieser Gestaltungsfreiheit erfolgt nur durch andere i n der Verfassung enthaltene Akzentsetzungen. Diese verfassungsrechtlichen Einzelentscheidungen setzen Grenzen, ohne an die grundsätzliche gesetzgeberische Freiheit auf dem Gebiet des Kammerrechts zu rühren. Sie sind vergleichbar m i t der verfassungsrechtlichen Regelung der W i r t schaftsverfassung, bei dessen Ausgestaltung der Gesetzgeber eine breite Zone an freier Gestaltungsmöglichkeit hat, jedoch verfassungsrechtlich gehindert ist, bestimmte Extremlösungen der Wirtschaftsverfassung zu verwirklichen. I m folgenden Teil sollen die für den Gesetzgeber bestehenden Grenzen — auf die Einzelphasen des Entstehens von Berufsordnungen bezogen — untersucht werden.

14 Hesse, Grundzüge, S. 12; Lerche, Z Z P 1965, S. I f f . (15 F N 26); Lerche, Werbung u n d Verfassung, S. 65; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 33 (b); Scheuner, DÖV 1956, S. 65 ff. (66); Schick, EvStL, Sp. 643 ff. (646); Starck, Berufsordnungen, S. 13 f.; Stein, Lehrbuch, S. 60. 15 Dazu Nachw. bei Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 219 F N 137; Lerche, Übermaß, S. 88 F N 214; vgl. auch Ehmke, W D S t R L Heft 20 (1963), S. 1 ff. (90); Lerche, AöR 90 (1965), S. 341 ff. (344 f.); Schick, EvStL, Sp. 643 ff. (646). 18 So auch i m Ergebnis Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); Erler, Selbstverwaltung, S. 28; Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (661); Rietdorf, D Ö V 1959, S. 671 ff. (672 f.); Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34); BVerfGE 10, S. 89 ff. (102, 104) (für Wasserverbände); BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (160); O V G Lüneburg, OVGE 12, S. 421 ff. (423); OVG Münster, VerwRspr. 14, S. 237.

DRITTER T E I L

Die näheren Voraussetzungen für den Erlaß von Berufsordnungen Erster

Abschnitt

Rechtsgrundlage Bei der Untersuchung des Gesetzesvorbehaltes wurde festgestellt, daß der rechtsstaatliche Allgemeinvorbehalt und der Spezialvorbehalt von Art. 12 GG eine gesetzliche Grundlage für den Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern erfordert. Daher sollen die bestehenden Berufsordnungen daraufhin untersucht werden, ob eine gesetzliche Grundlage gegeben ist und welchen Grad von Bestimmtheit die Ermächtigung aufzuweisen hat. A . Gesetzliche Grundlage I. Die gesetzliche Grundlage der einzelnen Berufsordnungen Die Berufsordnungen der Heilberufe haben durch Ermächtigungen i n den Landeskammergesetzen ihre gesetzliche Grundlage. Bedenken bestehen jedoch gegen die bloße Feststellung, daß die Kammern „für die Erhaltung eines hochstehenden Berufsstandes zu sorgen" haben oder daß sie die „Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten zu überwachen" haben 1 , ohne daß eine besondere Ermächtigung für Berufsordnungen vorliegt. Bei den Berufsordnungen der Notare ist durch § 78 Nr. 5 BNotO die Ermächtigung zum Erlaß einer (Bundes-)Berufsordnung gegeben. I n Nr. 2 der Präambel zu den Allgemeinen Richtlinien für die Berufsausübung der Notare 2 werden die Landesnotarkammern zum Erlaß weiterer Richt1 So § 4 Nr. 2 ÄrztekammerG (Hamburg), § 8 Abs. 1 Satz 1 k a n n nur als Kompetenzabgrenzung zwischen Vorstand u n d K a m m e r angesehen werden; § 20 Abs. 1 Satz 1 K a m m e r G (Nds.). 2 S. 167 ( I I 5).

118

I I I . 1. Abschn. : Rechtsgrundlage

linien ermächtigt 3 . Diese Unterermächtigung genügt den Erfordernissen des Gesetzesvorbehalts nicht, da eine Befugnis zur Subdelegation besonders gegeben sein müßte. Die Entstehungsgeschichte der BNotO gibt keinen Hinweis darauf, daß die Bundesnotarkammer zur Weiterübertragung der Berufsordnungskompetenz ermächtigt sein sollte. Auch kann aus § 66 Abs. 1 Satz 2 BNotO 4 , i n dem den Notarkammern das Satzungsrecht übertragen wird, keine Befugnis zur Übertragung der Ermächtigung für Berusfordnungen gesehen werden, da m i t Satzung nur die allgemeine Organisationssatzung der Kammer gemeint ist. Die gesetzliche Bestimmung der allgemeinen Aufgaben der Notarkammern 5 kann ebenfalls nicht als Begründung dienen, da sie als lex generalis gegenüber der Spezialermächtigung von § 78 Nr. 5 BNotO zurücktritt. Bei den Ermächtigungen für Berufsordnungen der Architekten ist die Rechtslage i n Rheinland-Pfalz bedenklich. I n § 8 Abs. 2 lit. a des ArchG (Rh.-Pf.) ist nur die Wahrung des Ansehens des Berufsstandes als Ziel angegeben, nicht das Mittel, m i t dem dies erreicht werden soll. Statt dessen sind die Berufspflichten i n § 14 a Abs. 1 global festgelegt. Eine Ermächtigung, auch zu einer bloßen Interpretation der gesetzlichen Berufspflichten, ist daher der Kammer nicht übertragen. F ü r d i e B e r u f s o r d n u n g e n der Steuerberater

und

Steuerbevollmächtig-

ten bietet sich als einzige Grundlage § 43 StBerG 6 an. Neben dieser allgemeinen Aufgabenermächtigung sind bereits i m Gesetz (§§ 22 bis 30) spezielle Berufspflichten festgelegt. A u f verschiedene Weise w i r d nun versucht, die Geltung der beiden Berufsordnungen nachzuweisen. Die Tatsache, daß die Auslegung der §§ 22 ff. StBerG „auf Schwierigkeiten stößt" 7 und ein „echtes Bedürfnis" für die bundeseinheitliche Zusammenfassung von Auslegungsgrundsätzen i n Richtlinien bestehe8, ist jedenfalls keine Legitimation für deren Erlaß.

3 „Die Richtlinien erschöpfen das Standesrecht nicht. Die Befugnis der Notarkammern, für ihren Bereich weitere Richtlinien aufzustellen, bleibt unberührt. Jedoch dürfen dadurch die i n den Richtlinien der B N o t K niedergelegten Pflichten weder aufgehoben noch eingeschränkt werden . . . " 4 „Die Satzung der Notarkammern und ihre Änderungen werden von der Versammlung der K a m m e r beschlossen." 5 § 67 Abs. 1 Satz 2 BNotO: „Sie (erg.: die Notarkammer) hat über Ehre und Ansehen ihrer Mitglieder zu w a c h e n . . . die Pflege des Notariatsrechts zu fördern u n d f ü r eine gewissenhafte und lautere Berufsausübung der Notare u n d Notarassessoren zu sorgen . . . " 6 § 43: „Die Bundeskammern haben die Aufgabe, die Belange des Berufs f ü r das gesamte Bundesgebiet zu wahren und zu fördern . . . " 7 Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309. 8 Mittelsteiner, DStR 1965, S. 309.

Α. Gesetzliche Grundlage

119

Es w i r d auch angeführt, daß § 43 StBerG keine Einschränkung des Aufgabenkreises, sondern eine Erweiterung darstelle 9 . § 43 StBerG kann jedoch nur als allgemeine Aufgabenbestimmung, die eine Tätigkeit der Kammer über die Belange der Berufsangehörigen hinaus verhindern soll, angesehen werden, nicht aber als Ersatz einer Spezialermächtigung. Die Richtlinien werden auch deshalb als gültig angesehen 10 , da sie ihre Rechtsgrundlage in der vom Bundesminister der Finanzen genehmigten 1 1 Kammersatzung 12 haben. Auch dies ist jedoch keine zureichende Ermächtigung, da eine Genehmigung durch die Exekutive keine gesetzliche Rechtsgrundlage ersetzen kann. Als weiterer Versuch, die Gültigkeit der Richtlinien zu erhalten, w i r d vertreten, daß sie zwar einen Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt von Art. 12 GG darstellen 13 , aber als Erläuterung der gesetzlichen Berufspflichten dienen können 1 4 . Da diese Erläuterung jedoch nicht nur privaten Charakter, sondern rechtliche Auswirkungen hat, ist sie dem Erlaß von Rechtsnormen gleichzustellen. Wie bei der Untersuchung der Rechtsverbindlichkeit der Richtlinien bereits gezeigt worden ist, kann man durch diesen Formenmißbrauch nicht die strengeren Voraussetzungen für die Rechtsgrundlage von Berufsordnungen umgehen 15 . Daher ist die Rechtsgrundlage für die Richtlinien der Steuerbevollmächtigten und Steuerberater unzureichend. Eine Umdeutung i n Auslegungsgrundsätze mit dem Anspruch rechtlicher Wirksamkeit ist nicht möglich. II. Umgehung durch die Gründung privatrechtlicher Dachverbände Die Möglichkeit zu einer Umgehung des Erfordernisses einer gesetzlichen Ermächtigung kann auch von den Dachverbänden der Berufskammern ausgehen, sofern diese nicht auf einem Gesetz beruhen. Sämtliche Heilberufe haben solche Verbände auf Bundesebene gegründet 1 6 , die sich teils Arbeitsgemeinschaft, Bundesverband oder auch Kammer nennen. So läßt die Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Ärzte9

Mittelsteiner , DStR 1965, S. 309; Rawald , FR 1965, S. 229. Burchardt , Der Steuerberater 1966, S. 165; Mittelsteiner , DStR 1965, S. 309. 11 Nach § 42 Abs. 3 StBerG. 12 § 2 der Satzung der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten ( Klöcker / Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [2]); § 6 Abs. 2 lit. c der Satzung der Bundeskammer der Steuerberater (Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [11). 13 Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165. 14 Mittelsteiner, DStR 1965, S. 310; Rawald, FR 1965, S. 229. 15 Vgl. oben S. 36 ff. 16 Detaillierte Aufzählung Pohle, VerwArch. 53 (1962), S. 201 ff. (233 ff.). 10

120

I I I . 1. Abschn.: Hechtsgrundlage

kammern, die nach außen als „Bundesärztekammer" auftritt, nicht mehr erkennen, daß es sich bei ihr um keine öffentlich-rechtliche Organisation handelt 1 7 . Daneben gibt es noch einen Zusammenschluß aller Kammerverbände der freien Berufe i m „Bundesverband der freien Berufe" 1 8 . Der Grund, daß nur die Heilberufe jeweils einen Bundesverband gegründet haben, liegt darin, daß bei diesen Berufen die Kompetenzregelung des Grundgesetzes (Art. 74 Ziff. 19 GG) — i m Gegensatz zum früheren Rechtszustand 19 — die Einrichtung einer Bundeskammer durch den Bundesgesetzgeber verbietet 2 0 , während bei anderen Kammerberufen die Bildung einer Bundeskammer zulässig ist. Die tatsächliche Bedeutung des Bundesverbandes liegt sowohl i n der zentralen Informationssammlung und der Funktion als Diskussionsforum als auch in seiner schöpferischen Koordinierungsarbeit und seinen zentralen Entscheidungen. So werden von den Bundesverbänden auch Entwürfe für Berufsordnungen gefertigt, die als Vorschlag an die Regionalkammern weitergeleitet werden 2 1 . Zwar besteht keine formelle Weisungsbefugnis des Bundesverbandes gegenüber den Regionalkammern 22 und der Bundesverband kann nicht die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts einnehmen, doch die tatsächliche Bedeutung seiner Vorschläge ist erheblich. Die vereinheitlichende Arbeit dieser Verbände entspricht zwar der i n diesen Fragen einheitlichen Struktur der Bundesrepublik, rechtlich bestehen jedoch erhebliche Bedenken 23 . Durch die Tätigkeit der Bundesverbände w i r d die Notwendigkeit der gesetzlichen Ermächtigung für den Erlaß einer Berufsordnung unterlaufen und eine Staatsaufsicht w i r d insoweit unmöglich gemacht, wenn die tatsächliche Entscheidung bereits i m jeweiligen Bundesverband fällt. Auch dürfen die Regionalkammern nicht von sich aus Aufgaben auf kollektive Verbände übertragen oder Kompetenzen eines Bundesverbandes autorisieren 24 .

17 Vgl. Röttgen, JöR N. F. Bd. 11 (1965), S. 173 ff. (274 f.) („entspricht nicht Grundsatz der F i r m e n Wahrheit"). 18 Pohle, VerwArch. 53 (1962), S. 333 ff. (346). 19 Pohle, VerwArch. 53 (1962), S. 333 ff. (339). 20 So auch Röttgen, JöR N. F. Bd. 11 (1962), S. 173 ff. (274); Pohle, VerwArch. 53 (1962), S. 333 ff. (364 f.); BVerfGE 4, S. 74 ff. 21 Vgl. Berufsordnung f ü r die deutschen Ärzte i n der v o m 59. Deutschen Ärztetag beschlossenen Fassung, Ärztliche Mitteilungen 1962, S. 2323. 22 N u r unter diesem K r i t e r i u m sieht Scheuner (Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. [810]) das Parallelproblem, daß der B u n d die Bundeskörperschaft und die Länder die Regionalkörperschaften errichtet haben. 23 So auch Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (140). 24 Ähnlich Pohle, VerwArch. 53 (1962), S. 333 ff. (365); Werner Weber, J u r i sten-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (159).

Β. Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm

121

Dem Bedürfnis einer einheitlichen Regelung kann nur dadurch entgegengekommen werden, indem die Länder durch ein Abkommen die Gründung einer solchen von der Gesamtheit aller Länder getragenen Bundeskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts vereinbaren. So lange eine solche Bundeskammer nicht besteht, müssen ggf. die Regionalkammern auf dem Wege der Staatsaufsicht von einer Beteiligung an Bundesverbänden abgehalten werden.

B. Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm Oben wurde bereits untersucht, ob mit A r t . 80 Abs. 1 Satz 1 GG die verfassungsrechtliche Legitimation von Berufsordnungen begründet werden kann 2 5 . Das Ergebnis war, daß diese Bestimmung weder für noch gegen die Zulässigkeit von Berufsordnungen heranzuziehen ist. Hier soll nun geklärt werden, ob die Anforderungen zur Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage, die A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG für Rechtsverordnungen aufstellt, auch auf die Berufsordnungen zu übertragen sind oder ob für die Berufsregelungen der Kammern andere Maßstäbe gelten. I . Meinungsstand

Von der überwiegenden Meinung w i r d eine direkte oder analoge A n wendung von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf autonome Satzungen abgelehnt 2 6 . Eine „qualifizierte Minderheit" wendet, oft mit der Begründung des parlamentarischen Prinzips, des Demokratiebegriffs oder der Idee des Rechtsstaats, Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG oder wesentliche Grundsätze davon auch auf autonome Satzungen an 2 7 , teilweise jedoch m i t der Einschränkung, daß nur Mitglieder bzw. die eigenen Angelegenheiten der Körperschaft betroffen sein dürfen 2 8 . Eine andere Argumentation sieht 25

Vgl. S. 71 ff. Umfassende Nachweise v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 G G X I I I 2 (S. 1960 F N 263); nachzutragen sind Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (566 F N 48) m. w. Nachw.; Berg, JuS 1969, S. 16 ff. (17); Haug, Diss. S. 105 f.; Mayer, Nottarp-Festschrift, S. 187 ff. (194); Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (808); Schneider, Altersversorgung, S. 66; Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (529); widersprüchlich Starck, Berufsordnungen, S. 17 f.; Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34); BVerfGE 10, S. 20 ff. (51); i n diesem Sinne ist w o h l auch Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 10 zu verstehen; zur Rechtsprechung des BVerfG zu A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG umfassend Hasskarl, AöR 94 (1969), S. 85 ff. 27 I n diesem Sinne auch Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Hamann, A u t o nome Satzungen, S. 81; Hamann, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 166 ff. (169); Ipsen, Rechtsfragen, S. 41; v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG X I I I 2 (S. 1961); Redeker, JZ 1954, S. 525 ff. (526); Rietdorf, D Ö V 1959, S. 671 ff. (673); Scheuner, V e r sorgungseinrichtungen, S. 15 f.; Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (39). 28 Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (565); Haug, N J W 1962, S. 1286 f. (1287). 26

122

I I I . 1. Abschn.: Rechtsgrundlage

als Grundlage für gewisse Bestimmtheitserfordernisse nicht Art. 80 GG, sondern die Gesetzesvorbehalte an 2 9 . Für den notwendigen Umfang der Bestimmtheit w i r d weitgehend eine globale Aufgaben- und Zweckermächtigung (als „Grenznorm" i m Gegensatz zu einer „Richtnorm") für ausreichend angesehen 30 . Damit w i r d die Zulässigkeit einer generalklauselartig formulierten Ermächtigung anerkannt 3 1 . Eine solche w i r d auch mit den politischen Erfordernissen heutiger Gesetzgebung 32 , den Besonderheiten des Disziplinarrechts 33 , dem Selbstverwaltungsgedanken und der Sachnatur von Ermächtigungen für Kammern 3 4 begründet. Das Maß notwendiger Bestimmtheit w i r d auch nach der Bedeutung der zu regelnden Materie unterschieden 35 : Bei wichtigen und grundlegenden Ermächtigungen habe das Gesetz detailliertere Angaben zu machen als i n Bereichen, die die Rechtssphäre der Betroffenen in geringerem Maße berühren. I I . A n w e n d b a r k e i t von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 G G auf Berufsordnungen

Satz 2 von Art. 80 Abs. 1 GG bezieht sich auf die i n Satz 1 geregelte Ermächtigung für den Erlaß von Rechtsverordnungen. Aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung dieser Regelung ist nicht zu entnehmen, daß sie für jegliche A r t der Übertragung rechtsetzender Gewalt gelten solle 36 . 29

Vgl. unten S. 56 ff. Burchardt, Der Steuerberater 1966, S. 165 ff. (165); Kieß, Diss. S. 182; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 34; Redeker, J Z 1954, S. 625 ff. (626); Rupp, Grundfragen, S. 143 F N 106; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (808); Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 R N 8; Weissauer/Poellinger Berufsordnungen, S. 35; BVerfGE 10, S. 89 ff. (108 u n d passim); BVerfGE 12, S. 319ff. (325); BVerfGE 19, S. 253 ff. (266 f.); B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304); BayVerfGHE 4, S. 219 ff. (220, 244). 31 Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (566) (polizeiliche Generalklausel); Kalsbach, Standesrecht, S. 14; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 34 (5); Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); Weissauer, B a y Ä B l . 1961, S. 114 ff. (115); ähnlich BVerwG, DÖV 1966, S. 795 f. (795); m i t dem Akzent auf einer stärkeren Bestimmtheit Ermacora, JuS 1961, S. 217 f. 32 Werner, Generalklauseln, S. 5 u n d passim; Wolff, Verwaltungsrecht I, § 33 V b 12 ßa (S. 200); die politische Gefahr von Generalklauseln betont Peters, Ermächtigung I, S. 845. 33 Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 103 Abs. 2 GG R N 116 (c u n d d); Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (105); BayVerfGHE 4, S. 30 ff. (32, 40); V G H Bad.-Württ., Bad.-Württ.VBl. 1961, S. 185 ff. (187). 34 Burchardt, DStR 1965, S. 472; Imme, J Z 1957, S. 281 ff. (281); Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 A n m . 1; Kieß, Diss. S. 182; Peters, Ermächtigung I I , S. 215; B G H i n Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 12 (1), S. 6 (7) ; vgl. dazu Imboden, Gesetz, S. 13, 40. 35 Ä h n l i c h Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 15 („Tragweite"). 36 Arndt, Anwaltsblatt 1962, S. 174; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Maunz i n Maunz!Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 31; Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34). 30

Β. Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm

123

Einen Hinweis für eine analoge Anwendung von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf Berufsordnungen könnten die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung und die zugrunde liegenden Motive geben. Ein entscheidender Anstoß für die Aufnahme von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG in das Grundgesetz war die Verordnungspraxis während der Weimarer Zeit und während des nationalsozialistischen Regimes. Während der Weimarer Republik nahm die Bedeutung von Rechtsverordnungen stark zu. Dies hatte anfangs seinen Grund i n der wachsenden Zahl von Verwaltungsaufgaben als Folge des Krieges und i n der Überlastung des Gesetzgebers 37. Die Verleihung von Gesetzeskraft für Rechtsverordnungen und die Zulassung von verfassungsändernden Rechtsverordnungen durch das Ermächtigungsgesetz vom 13. Oktober 192338 diente jedoch auch als Mittel, um schwache Regierungen, die nicht die Mehrheit des Parlaments hinter sich hatten, durch eine A r t vereinfachter Gesetzgebung handlungsfähig zu erhalten. Während des „Dritten Reiches" w u r den Gesetz und Rechtsverordnung weiter angenähert 39 . Durch das „Ermächtigungsgesetz" von 193340 entfiel die Notwendigkeit einer Einzelermächtigung. Die Exekutive konnte unbeschränkt jede A r t von Gesetzgebungsmaterie durch Verordnungen regeln. Eine hierarchische Stufung verschiedener Normsetzungsformen war nur noch dem Namen nach vorhanden. Aus den Beratungen der verfassungsgebenden Organe des Grundgesetzes läßt sich entnehmen 41 , daß m i t Hilfe von A r t . 80 GG einem solchen Mißbrauch des Instituts der Rechtsverordnung vorgebeugt werden sollte. Es sollte eine Globalübertragung der parlamentarischen Gesetzgebungsrechte und damit eine Selbstentmachtung verhindert und eine unüberlegte und pauschale Ermächtigung ausgeschlossen werden 4 2 . Ein Zusammenhang zwischen Art. 80 GG und der Satzungsautonomie wurde vom Verfassungsgeber nicht gesehen. Die Materialien von Art. 80 Abs. 1 GG geben keinen Hinweis darauf, daß unter den Verordnungsbe87

Dazu Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (565). RGBl. I, S. 943; näher dazu Klein, Verordnungsermächtigungen, S. 13 ff. 39 Dazu Klein, Verordnungsermächtigungen, S. 15, und v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG A n m . I I 1 b (S. 1906) m. Nachw. i n F N 5. 40 „Gesetz zur Behebung der Not von V o l k und Reich" vom 24. März 1933, RGBl. I, S. 141. 41 JöR Bd. 1, S. 588 f.; Klein, Verordnungsermächtigungen, S. 20 ff. 42 So „Darstellender T e i l " des Herrenchiemsee-Entwurfs, S. 46, zitiert JöR Bd. 1, S. 588; i m Ergebnis ebenso Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (458); so Rupp, Grundfragen, S. 143 F N 106. F ü r die Tatsache, daß die m i t der hierarchischen Organisation verbundene Macht gezügelt werden sollte (so Starck, JuS 1970, S. 31 ff., 34 und Starck, Berufsordnungen, S. 17) gibt die Entstehungsgeschichte keine Hinweise. 88

124

I I I . 1. Abschn.: Rechtsgrundlage

griff auch autonome Satzungen fallen sollten. Der Begriff der Satzung tauchte in den Verhandlungen zu Art. 80 GG nicht auf. Der Grund dafür dürfte gewesen sein, daß die eigentliche Kompetenzübertragung während der Zeit des „Dritten Reiches" von der Legislative an die Exekutive erfolgt ist. Die Körperschaften und Kammern wurden zwar formell verstärkt mit Selbstverwaltungsrechten ausgestattet, da sie jedoch i n der damaligen Verwaltungsorganisation straff geleitet und beaufsichtigt waren, fand zwischen unmittelbarer Staatsverwaltung und den Körperschaften keine entscheidende Machtverschiebung statt. Es läßt sich daher feststellen, daß vom Verfassungsgeber eine Erstrekkung von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf autonome Satzungen nicht beabsichtigt war. Das Motiv des Parlamentarischen Rats für die Einfügung dieser Bestimmung — eine Globalübertragung von Rechtsetzungskompetenzen durch den parlamentarischen Gesetzgeber und damit eine gewollte oder ungewollte Selbstentmachtung zu verhindern — ist jedoch ebenso auf Satzungen wie auf Rechtsverordnungen anwendbar, da bei beiden Rechtsetzungsformen die genannten Gefahren auftreten können 4 3 . Die enge Fassung von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG steht daher einer analogen Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Neben der Verhinderung der Selbstentmachtung des Parlaments ist die Voraussehbarkeit der unter gesetzlichen Regelung für den von dieser Regelung betroffenen Bürger ein wesentliches Ziel von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG 4 4 . Dieses Interesse des Bürgers besteht sowohl daran, welche Maßnahmen von der unmittelbaren Staatsverwaltung durch Rechtsverordnung als auch daran, welche von Körperschaften des öffentlichen Rechts durch Satzung erlassen werden können. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Inhalts von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist auch deshalb zu befürworten, da der Gesetzgeber aus Zweckmäßigkeitserwägungen zwischen der Satzungs- und Verordnungsform wählen kann 4 5 und daher durch die Gründung von Körperschaften und die Ermächtigung zu Satzungen ohne Schwierigkeiten die strengeren Voraussetzungen dieser Bestimmung umgehen kann. Die Anwendbarkeit von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG verbietet sich auch nicht deshalb, weil bei der Ermächtigung zu Satzungen nur eine Verlagerung von einem demokratisch strukturierten Organ (Parlament) auf 43 Ob eine solche Gefahr konkret gegeben ist, kann außer Betracht bleiben. Auch f ü r Rechtsverordnungen braucht, u m die Anwendbarkeit von A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG nachzuweisen, nicht angeführt werden, daß der Gesetzgeber sich „selbst" entmachtet. 44 v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, Anm. V I 3 a (S. 1944). 45 v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . X I I I 2 (S. 1961); Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (35), sieht diese Gefahr n u r bei einer Erstreckung von Berufsordnungen auf Nichtmitglieder.

Β . Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm

125

ein anderes (Kammer) stattfindet, während A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG die Übertragung von der Legislative auf die Exekutive betrifft 4 6 . Diese Folgerung läßt sich nicht ziehen, da die Kammern organisatorisch zur (mittelbaren) Staatsverwaltung zu rechnen sind und da die demokratische W i l lensbildung innerhalb der Kammer diesen Status nicht berührt 4 7 . Auch der Sinn und Zweck der verliehenen Selbstverwaltungs- und Autonomierechte widerspricht nicht der Anwendbarkeit von Bestimmtheitserfordernissen für Satzungsermächtigungen. Zwar sollen die Verhältnisse des jeweiligen Berufs bei Rechtsetzungsrechten für Berufskammern gesteigert berücksichtigt, der Sachverstand der Kammerangehörigen genutzt 4 8 und das eigenverantwortliche Handeln innerhalb der beruflichen Gemeinschaft gefördert werden 4 9 , die nähere Abgrenzung dieser Selbständigkeit muß jedoch durch den Gesetzgeber erfolgen. Auch soweit eine Kammer durch die Homogenität ihrer Mitglieder und durch die indirekte Kontrolle bei der Auswahl der Berufsbewerber einen äußerlich unbestimmten, jedoch stillschweigend anerkannten Katalog von Berufspflichten herangebildet hat 5 0 , kann wegen der Notwendigkeit einer Publizität und einer erleichterten Kontrollmöglichkeit auf eine nähere Bestimmtheit nicht verzichtet werden 5 1 . I I I . A n w e n d b a r k e i t von A r t . 103 Abs. 2 G G auf Berufsordnungen

Durch die Berufsordnungen werden die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die berufsgerichtlichen Maßnahmen festgelegt. Da diese wie Kriminalstrafen an einen Tatbestand anknüpfen, schuldhaftes Ver46

Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 31, 34. So auch Hamann, Autonome Satzungen, S. 39 ff.; v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . X I I I 2 (S. 1960 f.); Starci c, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (457). Starck ist jedoch nicht zuzustimmen, daß es bei den K a m m e r n keinerlei Trennung z w i schen „gesetzgebender" und ausführender Gewalt gebe. So sind ζ. B. K a m m e r versammlung und Kammervorstand m i t diesen Organen vergleichbar. Hier ist jedoch nicht diese funktionelle A u f gaben teilung, sondern die Stellung i m System staatlicher V e r w a l t u n g entscheidend. 48 Die Sachnähe u n d den Sachverstand werten als positives Element von Selbstverwaltung u n d Autonomie Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (661); Klein, Übertragung, S. 79 ff. (111); Lerche, Werbung und Verfassung, S. 36; Peters/ Ossenbühl, Übertragung, S. 39; Redeker, DVB1. 1952, S. 239 ff. (239); Schick, EvStL, Sp. 107, 1962; Werner Weber, Referat, S. 19; m i t Vorbehalt zum „Sachverstand" Leibholz, Strukturprobleme, S. 317 ff.; Rupp/v. Zezschwitz, JZ 1965, S. 399 ff. (402). 49 Dazu näher ζ. B. Schneider, Alterssicherung, S. 65 f.; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (458); Starck, Berufsordnungen, S. 17; Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34); Hans J. Wolff, N J W 1958, S. 2010. 50 Vgl. Daheim, Berufe, S. 270; Miller son, Professionalisation, S. 148, 168. 51 Ähnlich Daheim, Berufe, S. 271. 47

126

I I I . 1. Abschn.: Rechtsgrundlage

halten voraussetzen, eine Wirkung als Strafe haben und subjektiv so empfunden werden, ist Art. 103 Abs. 2 GG auch darauf zu erstrecken 52 . Der Anwendbarkeit von A r t . 103 Abs. 2 GG steht nicht entgegen, daß es sich bei Berufsordnungen um Satzungen handelt, da der Gesetzesbegriff in Art. 103 Abs. 2 GG i m materiellen Sinn zu verstehen ist 5 3 . Daher sind auch aus diesem Grund für Ermächtigungen zu Berufsordnungen gewisse Bestimmtheitserfordernisse zu verlangen. I V . Das Maß der erforderlichen Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes I n Literatur und Rechtsprechung werden für das notwendige Maß an Bestimmtheit Kriterien wie „hinreichende Bestimmtheit", „Vorzeichnung der Grundzüge", „Bestimmung des Wesentlichen", „Programm" oder „Voraussehbarkeit" verwendet 5 4 . Die Bestimmung von wesentlichen und weniger entscheidenden Teilen einer Regelung kann nicht durch bloße logische Deduktion erfolgen oder isoliert aus dem Zusammenspiel von Ermächtigungsgrundlage und der auf ihrer Grundlage ergehenden Satzung geschlossen werden 5 5 . Dabei würden die Maßstäbe fehlen, nach denen das Wesen eines Regelungsgegenstandes zu bestimmen ist. U m zu verhindern, daß die Bestimmtheit dadurch zu einer Leerformel wird, ist ihr Umfang „verfassungskonform" zu interpretieren und damit in Anlehnung an die Verfassung zu dynamisieren 56 . 52 Dürig i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 103 Abs. 2 GG R N 116 m. umfangr. Nachw. (4 a) F N 3 bis 5; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (472), JuS 1970, S. 31 ff. (36) u n d Berufsordnungen, S. 36 f., hält zwar A r t . 103 Abs. 2 GG grundsätzlich f ü r Berufsordnungen anwendbar, legt jedoch die „Bestimmtheit" i. S. von „Vorausbestimmtheit" aus; B G H i n Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 12 (1), S. 6 (7), p r ü f t § 22 StBerG anhand von A r t . 103 Abs. 2 GG. 53 BVerfGE 14, S. 174 ff. (185); vgl. auch BVerfGE 14, S. 245 ff. (251); BVerfGE 22, S. 21 ff. (25). 54 Nachweise: Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 214 ff.; Lerche, Übermaß, S. 67 ff., 177 ff. u n d passim; ν. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, Anm. V I 2 und 3 (S. 1942 ff.); Maunz i n Maunz/Dürig/ Η erzog, A r t . 80 GG R N 13. 55 So Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (494). 56 So i m methodischen Vorgehen auch Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 225; Kiess, Diss. S. 183 F N 465; Lerche, Übermaß, S. 178, vgl. auch S. 214; v. Mangoldt/ Klein, A r t . 80 GG A n m . V I 3 d (S. 1946 f.). I n den Vereinigten Staaten erreicht man eine flexible Lösung durch die V e r wendung von „standards" und „purposes"; dazu näher Geck, Übertragung. S. 261 ff. Diese Lösung liegt auf der gleichen L i n i e wie das oben erreichte Ergebnis, daß die Berufsordnungen der K a m m e r n wegen des Gesetzesvorbehalts von A r t . 12 Abs. 1 G G eine Sachentscheidung des Gesetzgebers i n einem formellen Gesetz benötigen. Z u m näheren Verhältnis A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu den Gesetzesvorbehalten Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (565); Lerche, DVB1. 1958,

Β. Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm

127

So verlangt die Tatsache, daß es sich bei Berufsordnungen um Hegelungen m i t Eingriffscharakter handelt, die zudem eine Grundlage für ein Berufsgerichtsverfahren darstellen, eine detailliertere Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes57. Demgegenüber steht das (legitime) Bestreben des Gesetzgebers, die Eigeninitiative von homogen zusammengesetzten Gruppen zu fördern, das Sachwissen der Beteiligten fruchtbar zu machen und gesellschaftlichen Kräften eine weitgehende Entfaltungsmöglichkeit zu geben. Dazu kommt noch die Besonderheit berufsgerichtlicher Strafnormen, die wegen der verstärkten Beachtung individualisierender Momente einer größeren Allgemeinheit bedürfen. Diese Gründe verlangen, daß dem ermächtigenden Organ ein Spielraum für seine Entscheidungen gegeben w i r d 5 8 . Diesen Erfordernissen w i r d das KammerG (Bad.-Württ.) i n weitem Umfang gerecht 59 . Dort erfolgt neben der positiven Bestimmung der Berufspflichten die negative Abgrenzung, daß politische, religiöse und wissenschaftliche Ansichten und Handlungen oder die Stellungnahme zu wirtschaftlichen Berufsangelegenheiten nicht Gegenstand eines Berufsgerichtsverfahrens sein können und somit auch nicht i n der Berufsordnung geregelt werden dürfen. Es ist daher möglich, den Erfordernissen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu entsprechen, ohne daß die Ermächtigung einen unpraktikablen Umfang annimmt 6 0 und ohne daß durch ein scheindemokratisches Vorgehen der Selbstverwaltungsgedanke an der Wurzel getroffen w i r d und die Kammern zu einem bloßen Vollzugsorgan degradiert werden 6 1 . Die bloße Ermächtigung „Die Ärztekammer beschließt... über . . . die Berufsordnung" 6 2 ist jedoch als unzureichend anzusehen. Zwar hat der Begriff „Berufsordnung" eine herkömmliche Bedeutung, er t r i f f t aber keinerlei Aussage über den möglichen Regelungsumfang und Inhalt. Der eigene Spielraum der Kammer wäre auch bei einer detaillierteren Ermächtigung gewahrt. S. 524 ff. (530); Selmer , JuS 1968, S. 489 ff. (494); Starck , AöR 92 (1967), S. 449 ff. (466); B V e r w G E 21, S. 203 ff. (205); BSG, Sozialgerichtsbarkeit 1966, S. 511 ff. (513). 57 Vgl. v. Mangoldt/Klein, A r t . 80 GG, A n m . V I 3 d (S. 1946); Selmer, JuS 1968, S. 489 ff. (495 F N 91); auch aus § 109 Reichsabgabenordnung vom 22. M a i 1931 (RGBl. I, S. 161) läßt sich der Eingriffscharakter der Berufsordnungen ersehen. 58 Vgl. Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (34). 59 § 8 Nr. 14 i. V. m. § 38 I I . 60 Nicht berechtigt sind daher die Befürchtungen von Ostermann, Diss. S. 4,15; Schmitz, N J W 1963, S. 1284 ff.; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I, § 33 V (S. 200); vgl. auch Leisner, J Z 1964, S. 201 ff. (202); Thoss, Subjektives Recht, S. 27 ff.; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , S. 272; BGHSt 18, S. 77 f. 61 So jedoch Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 80 GG R N 34; Schneider, Alterssicherung, S. 66. 02 So z. B. § 8 Abs. 1 Nr. 1 K a m m e r G (Hamburg).

128

I I I . 2. Abschn.: Das Legislativorgan der K a m m e r

Eine Ermächtigung „ . . . zur Regelung der Berufspflichten" 63 kann nur dann als ausreichend angesehen werden, wenn diese Berufspflichten beispielhaft oder in einer Generalklausel gesetzlich umschrieben sind 6 4 .

Zweiter

Abschnitt

Das L e g i s l a t i v o r g a n d e r K a m m e r Das Gremium der Kammer, das Berufsordnungen und deren Änderung beschließt oder bei ihrem Erlaß m i t w i r k t , könnte die Kammervollversammlung, eine Delegiertenversammlung, ein von der Kammerleitung bestimmtes Organ oder die Kammerleitung selbst sein. I m folgenden soll untersucht werden, welches dieser Kammerorgane Berufsordnungen erlassen darf, wie es bestellt w i r d und insbesondere, wie die Kammermitglieder bei der Bestimmung der personellen Zusammensetzung m i t w i r ken 1 . Als Vorfrage ist jedoch zu klären, zu welchem der funktionalen Bereiche der Kammertätigkeit der Erlaß von Berufsordnungen gehört.

I . D i e funktionalen Bereiche der Berufskammern 1. Kammern als Organe der Staatsverwaltung

Auf der einen Seite gehören die Berufskammern zur Staatsverwaltung. Diese öffentlich-rechtliche Komponente des Kammerrechts äußert sich z. B. i n der Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung der Kammertätigkeit, der Bindung an Grundrechte und Verfassungsgrundsätze, der Staatsaufsicht und der normativen Geltung der von ihr aufgestellten Regelungen. 2. Autonomer Bereich der Kammer

Daneben nehmen die Kammern die Funktion eines Verbandes wahr, der die Mitglieder an der Willensbildung und Beschlußfassung beteiligen soll. I n diesem autonomen Bereich der Kammer hat die Willensbildung 63 Vgl. z.B. A r t . 15 K a m m e r G (Bayern); A r t . 10 Abs. 1 CSU-EArchG (Bayern); § 57 Abs. 1 Satz 3 WPO. 64 z. B. §§ 43 ff. B R A O ; §§ 22 ff. StBerG. § 1 Abs. 2 der Berufsgerichtsordnung Rheinland-Pfalz v o m 21. J u l i 1954 (GVB1. S. 95), der inzwischen außer K r a f t gesetzt ist (vgl. Etmer/Bolck, Bundesärzteordnung, Anhang C 10 Nr. 2), genügte dieser Anforderung nicht. 1 Soweit es sich u m die Kammervollversammlung handelt, erübrigt sich diese Frage.

I. Die funktionalen Bereiche der Berufskammern

129

unbeeinflußt von Impulsen aus dem staatlichen Bereich zu erfolgen und von den Mitgliedern auszugehen. Ihre Wurzeln sind i n erster Linie i n der Geschichte der Körperschaften, die meist aus genossenschaftlich strukturierten Vereinigungen entstanden sind, zu finden 2. 3. Verhältnis beider Bereiche

a) Das System der Berufskammern i n der Bundesrepublik stellt ein gegenseitiges untrennbares Zusammenwirken der Selbstbestimmung und der (vom staatlichen Bereich abhängigen) Verwaltungstätigkeit dar. Rahmen und Grenze für das autonome Handeln der Kammer werden durch staatliche Gesetzgebung, Aufsicht von Organen der unmittelbaren Staatsverwaltung und andere rechtliche Bindungen gesetzt. Die Selbstbestimmung der Kammer und ihrer Mitglieder kann nur soweit gehen, wie dies nicht den Erfordernissen, die sich aus dem Status der Kammer als Verwaltungsorgan ergeben, widerspricht. b) Die Zurechnung der Kammern zur „mittelbaren Staatsverwaltung" kann keinen Hinweis darauf geben, zu welchem Bereich der Beschluß von Berufsordnungen funktionell zu rechnen ist. Soweit der Begriff der „mittelbaren Staatsverwaltung" als Sammelname für eine bestimmte A r t von Einrichtungen verstanden wird, t r i f f t er keine sachliche Aussage, sondern ist als terminologische Konvention anzusehen. Er w i r d auch als Antithese zur Selbstverwaltung 3 und Autonomie verwendet. Diese Gegenüberstellung zur eigenständigen gesellschaftlichen Betätigung bedeutet jedoch eine Reduzierung auf den „staatsfreundlichen" Gehalt des Begriffs. Teilweise w i r d er sogar als Beispiel für Selbständigkeit und Unabhängigkeit und somit als Antithese zur engeren Staatsverwaltung angesehen4. 2 Z u m genossenschaftlichen Element der Selbstverwaltungskörperschaften: Badura , DÖV 1963, S. 561 ff. (561); Forsthoff , Lehrbuch, S. 442; Friedrich, Verfassungsstaat, S. 783; Hohrmann, Organisation, S. 26; Hub er, Selbstverwaltung, S. 23; Ipsen, Rechtsfragen, S. 38; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (611). Gegen eine zu starke Betonung des genossenschaftlichen Elements: Forsthoff, Lehrbuch, S. 453 f.; Haug, N J W 1962, S. 1286 f. (1286); Kirchheimer, Politik und Verfassung, S. 63; Quidde, DÖV 1958, S. 521 ff. (521). 8 Dieser Aspekt w i r d betont bei Badura, DÖV 1963, S. 561 ff. (564); Baller stedt, GR I I I / l S. 1 ff. („formelle Selbstverwaltung"); Erler, Selbstverwaltung, S. 21; Lüben, Fundamente, S. 100; Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (71); Weber, K ö r perschaften I I , S. 38 ff. (40); Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 24; Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff. (640 F N 81) („formelle Selbstverwaltung"). 4 So bei Langkeit, Der Arbeitgeber 1967, S. 431 ff. (432); Radbruch, E i n f ü h rung, S. 202; Vorbrugg , Diss. S. 64.

9 Brandstetter

130

I I I . 2. Abschn. : Das Legislativorgan der K a m m e r

M i t der mittelbaren Staatsverwaltung w i r d auch versucht, einen komplexen sozialen und organisatorischen Sachverhalt m i t einem Begriff zu definieren 5 . Dadurch w i r d negativ festgestellt, daß die Tätigkeit der so charakterisierten Einrichtungen nicht durch den Behördenapparat i m engeren Sinn ausgeübt w i r d und daß es sich auch um keine völlig staatsunabhängige gesellschaftliche Eigenverwaltung handelt. Positiv w i r d damit ausgesagt, daß die Einrichtung zur staatlichen Verwaltung gerechnet wird, daß aber gleichzeitig, zumindest teilweise, eine selbständige Ausgestaltung durch den Kreis der „Betroffenen" erfolgen soll. So enthält der Begriff der „mittelbaren Staatsverwaltung" i n nuce die Gegensätze, die i n der Organisationsform einer Kammer und ihren Kompetenzen ausgewogen vereinigt werden sollen. Daher t r i f f t der Begriff der „mittelbaren Staatsverwaltung" keine Aussage über die funktionelle Verteilung der Elemente staatlicher Verwaltung und gesellschaftlicher Selbstbestimmung für die Tätigkeit der Kammer 6 . 4. Einordnung der Berufsordnungen

Soweit die Kammern beim Erlaß der Berufsordnungen m i t w i r k e n können und ihren Inhalt, vorbehaltlich einer eventuell erforderlichen Genehmigung, bestimmen können, ist dies dem Bereich eigener Willensbildung und Beschlußfassung der Kammer zuzurechnen. Bei dieser Tätigkeit soll gerade nicht die Ansicht des parlamentarischen Gesetzgebers oder einer Behörde der unmittelbaren Staatsverwaltung zum Ausdruck kommen, sondern die Berufsangehörigen sollen ihre Meinung prägen und durch Beschlußfassung äußern. Dies ist das Gebiet der materiellen Selbstbestimmung und der Beteiligung der Betroffenen. U m die Selbstbestimmung optimal zur Geltung kommen zu lassen, müssen Kriterien für die kammerinterne Willensbildung gefunden werden. I I . Modelle für die kammerinterne Willensbildung 7 1. Modell der staatlichen Verwaltung

Ein Modell für die kammerinterne Willensbildung ist die Anwendung von Grundsätzen der Staatsverwaltung. A u f Grund des Legalitätssystems, das die staatliche Verwaltung charakterisiert, und dem organi5 So bei Bachof, V V D S t R L Heft 12 (1954), S. 37 ff. (49); Forsthoff, Lehrbuch, S. 436 ff.; Peters, Verwaltung, S. 26; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (611); Schneider, Alterssicherung, S. 64; Zacher, Demokratie, S. 159 ff. 8 Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (154 f.). 7 Generell zur Willensbildung von Organisationen Daheim, Berufe, S. 243; Mayntz, Soziologie, S. 97 f.

I I . Modelle f ü r die kammerinterne Willensbildung

131

satorischen Stufensystem von Über- und Unterordnung bedeutet Verwaltung primär Fremdbestimmung durch Gesetze oder übergeordnete Behörden. Zwar besteht kein völlig einseitiges Weisungs- und Befehlssystem, da auch die untere Verwaltungsstelle Impulse zu höheren Stellen geben kann und muß. Doch bei einer Widersprüchlichkeit des Impulses von oben zur Auffassung der unteren Stelle ist die Ansicht der vorgesetzten Dienststelle entscheidend. Für die Beschlußfassung der Kammern über die Berufspflichten ist dieses Modell nicht geeignet, da es für heteronom bestimmte Tätigkeiten passend ist und einer Eigenbestimmung keinen Raum läßt 8 . 2. Modell des bürgerlichen Vereinsrechts

Da die Entscheidung der Kammer über die Berufsordnung dem gesellschaftlichen Raum zugehört, könnte man daran denken, die zivilrechtlichen Regeln, die für Körperschaften des Privatrechts gelten, heranzuziehen 9 . Dem Vereinsrecht des BGB liegt das B i l d eines freiheitlich organisierten Vereins zugrunde. Dies wäre dem autonomen Bereich der Kammer nicht unähnlich. Die §§ 25 ff. BGB haben jedoch den Nachteil, daß sie größtenteils abdingbar sind 1 0 . Bei freiwilligen privatrechtlichen Körperschaften ist diese freie Dispositionsfähigkeit wegen der Privatautonomie zu vertreten. Da die Kammern jedoch Zwangskorporationen sind, die eine stärkere öffentliche Bedeutung als die meisten BGB-Vereine haben, ist das Modell des BGB-Vereinsrechts für die Bestimmung der beschlußfassenden Organe i n der Kammer nur bedingt geeignet 11 . 3. Demokratisches Modell („innerkörperschaftliche Demokratie")

Eine andere Möglichkeit besteht darin, demokratische Organisationsformen auf den Willensbildungsprozeß der Kammer zu übertragen und einem System „innerkörperschaftlicher Demokratie" Konturen zu geben. Die Forderung nach einer demokratischen Ausgestaltung von Institutionen und Willensbildungsprozessen betrifft primär die staatliche Sphäre. Die Anwendung des verfassungsrechtlichen Demokratiegrundsatzes auf Verbände, die funktionell i m gesellschaftlichen Bereich ste8 Nach der Darstellung von Ermacora, DÖV 1956, S. 529 ff. (531 sowie F N 38) scheint dies i m österreichischen Kammersystem (zumindest faktisch) der F a l l zu sein. Dort besteht weder eine Einwirkungsmöglichkeit der Mitglieder auf die K a m m e r noch eine Rückverbindung der K a m m e r zu den Mitgliedern. 9 Vgl. Henke, B K A r t . 21, R N 35; Henke, Parteien, S. 32 ff. m. Nachw. 10 Dazu Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 59. 11 So auch Wertenbruch, Peters-Festschrift, S. 614 ff. (633) (für wirtschaftliche Verbände).

a*

132

I I I . 2. Abschn. : Das Legislativorgan der K a m m e r

hen, b e d e u t e t eine D r i t t w i r k u n g eines V e r f a s s u n g s g r u n d s a t z e s 1 2 . Es f r a g t sich, w i e w e i t diese E r s t r e c k u n g des d e m o k r a t i s c h e n P r i n z i p s z u lässig oder geboten ist.

a) Demokratische bei anderen Verbänden

Willensbildung und bei Parteien

I n d e r L i t e r a t u r w i r d f ü r eine V i e l z a h l v o n Vereinigungen und Verbänden die A n w e n d b a r k e i t d e m o k r a t i s c h e r O r g a n i s a t i o n s f o r m e n b e j a h t . D e r Fächer r e i c h t v o n p r i v a t r e c h t l i c h e n B e r u f s v e r b ä n d e n ü b e r die G e werkschaften zu den Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft 13 u n d insbesondere d e n P a r t e i e n 1 4 . B e i d e n Parteien ist die gesetzliche A u s g e s t a l t u n g u n d N o r m i e r u n g der i n n e r v e r b a n d l i c h e n D e m o k r a t i e d u r c h d i e H e g e l u n g e n v o n A r t . 21 A b s . 1 Satz 2 G G u n d das Parteiengesetz a m w e i t e s t e n f o r t g e s c h r i t t e n . D e t a i l l i e r t e E r ö r t e r u n g e n i n d e r L i t e r a t u r s i n d ebenfalls v o r w i e g e n d i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e n P a r t e i e n e r f o l g t . D a h e r m u ß f ü r die B e g r ü n d u n g u n d B e s c h r e i b u n g der d e m o k r a t i s c h e n B i n n e n s t r u k t u r b e i d e n K a m m e r n a u f die i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e n P a r t e i e n ergangene Gesetzgebung u n d Literatur zurückgegriffen werden.

12 Hesse, V V D S t R L Heft 17 (1959), S. 11 ff. (32), sieht dies (bei den Parteien) nicht als Drittwirkungsfrage, sondern als Frage der Geltung von Grundrechten i m besonderen Gewaltverhältnis an. Dieser Ansicht kann hier nicht gefolgt werden, w e i l dadurch der gesellschaftlich autonome Bereich der K a m m e r m i t den öffentlichrechtlichen institutionalisierten besonderen Gewaltverhältnissen zur Deckung gebracht würde. 13 Die Anwendbarkeit demokratischer Organisationsformen bejahen: Ballerstedt, GR I I I / l S. 42 f. (für Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft) ; Bäumlin, Demokratie, S. 141 f. (insbes. 142) (Verbände als Versuchsfeld der Demokratie) ; Hamann, Wirtschaftsverfassungsrecht, S. 52 ff. (55) (für Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft); Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1964, S. 4 ff. (19) (für Verbände); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 187 (für Körperschaften des öffentlichen Rechts); Köhler, B B 1952, S. 149 ff. (Berufsverbände); Leisner, DÖV 1961, S. 641 ff. (651) (allgemein zur D r i t t w i r k u n g von Verfassungsgrundsätzen); Nicklisch, ZRP 1968, S. 36 ff. (38); Reuß, W i r t schaftsverwaltungsrecht, S. 61 f. (für Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft); Ridder, Gewerkschaften, S. 19 (für gesellschaftliche Organisationen, bei denen Gefahr zur Bürokratisierung u n d Oligarchisierung besteht); Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (41) (für Körperschaften des öffentlichen Rechts); Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff. (625, 633) (für w i r t schaftliche Verbände). Die Anwendbarkeit demokratischer Organisationsformen lehnen ab: Hamann, Autonome Satzungen, S. 23 f. (für nichtkörperschaftliche Autonomieträger); Hesse, V V D S t R L Heft 17 (1959), S. 11 ff. (30) (außer f ü r Parteien). 14 Z u r innerparteilichen Demokratie: BVerfGE 24, S. 300 ff. (349); umfangr. Nachw. bei Müller, Willensbildung; außerdem sind zu nennen Bäumlin, Demokratie, S. 136 ff.; Ellwein, Regierungssystem, S. 136 ff.; Leibholz, S t r u k t u r p r o bleme, S. 78 ff. (124 ff.); Sontheimer, Parteien, passim.

I I . Modelle für die kammerinterne Willensbildung

b) Kriterien

für die Anwendbarkeit

133

des demokratischen Modells

Eine Erstreckung des demokratischen Prinzips auf Verbände, für die es nicht ausdrücklich durch das Grundgesetz vorgesehen ist, muß dann bejaht werden, wenn der Verband einen starken Öffentlichkeitsbezug hat, ohne funktionell i n den staatlichen Raum einbezogen zu sein, und wenn er eine zumindest faktische Monopolstellung i n seinem Aufgabengebiet innehat 1 5 . I n diesem Fall hat der Verband eine so große Ähnlichkeit zu den Organisationen und Willensbildungsprozessen, für die unmittelbar das Demokratiegebot gilt, daß eine analoge Anwendung berechtigt ist. c) Anwendung des demokratischen Modells auf die Beschlußfassung der Kammern Vielfach werden zwar die Selbstverwaltungskörperschaften m i t ihren Verwaltungs- und Autonomiekompetenzen als Verwirklichung des demokratischen Gedankens angesehen 16 . Die Auswirkungen, die vom Demokratiegrundsatz des Grundgesetzes auf die innerkörperschaftliche Organisation und die Willensbildung der Körperschaften ausgehen, werden jedoch meist nicht gesehen. Das Beschlußverfahren der Kammern über die Berufsordnungen hat die Schaffung von materiellen Rechtssätzen zum Gegenstand. Die Kammermitgliedschaft ist eine zwingende Folge der Zugehörigkeit zu einem Beruf. Wegen dieses Öffentlichkeitsbezugs der Kammer und ihrer Monopolstellung muß sie auch eine demokratische Binnenstruktur haben. Wie der Demokratiebegriff selbst ist auch der Grundsatz innerkörperschaftlicher Demokratie unbestimmt 1 7 . Eine Anpassung an die bei der Kammer vorliegenden Besonderheiten ist erforderlich 18 . Eine allgemeine Folge der Geltung des demokratischen Prinzips für den Erlaß von Berufsordnungen ist die, daß der Beschluß nur durch eine 15

(222).

Dieser Gedanke k l i n g t bereits an bei Köttgen,

Selbstverwaltung, S. 220 ff.

16 Friedrich, Verfassungsstaat, S. 545; Friesenhahn, N J W 1949, S. 701 ff. (703); Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 181; Kiess, Diss. S. 103; Leisner, Grundrechte, S. 189; Peters, Giacometti-Festgabe, S. 229 ff. (243); Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 ff. (12); Vorbrugg, Diss. S. 279. Demokratie u n d Selbstverwaltung sehen idealtypisch als Gegensatz an: Forsthoff, Körperschaft, S. 19; Radbruch, Einführung, S. 203. 17 Vgl. Bäumlin, Demokratie, S. 139; Henke, Parteien, S. 30 f.; Lohmar, Innerparteiliche Demokratie, S. 6. 18 Vgl. Henke, B K A r t . 21 R N 33; Henke, Parteien, S. 27; Müller, Parteien, S. 95; Stein, Staatsrecht, S. 141 (für Vereinigung i. S. von A r t . 9 GG); Vorbrugg, Diss. S. 280.

134

I I I . 2. Abschn. : Das Legislativorgan der K a m m e r

größtmögliche M i t w i r k u n g der Mitglieder seine Legitimität erhält 1 9 . Die M i t w i r k u n g muß sowohl bei der Willensbildung des Beschlußorgans als auch bei der Beschlußfassung gewährleistet sein 20 . Nicht vereinbar mit der innerkörperschaftlichen Demokratie ist ein Rechtsetzungsverfahren, das oligarchisch oder autoritär ausgestaltet ist und dadurch eine Selbstbestimmung der Berufsangehörigen verhindert 2 1 . Die sich aus dem Demokratiegebot ergebende Selbstbestimmung der Mitglieder hat eine doppelte Frontstellung: Sie soll eine Abgrenzung gegenüber der Staatsverwaltung und staatlichen Gesetzgebung darstellen und sie soll den Vorrang der Mitglieder gegenüber oligarchisch isolierten Führungsgremien festlegen. Ebenso wie die Staatsaufsicht über die Kammern soll auch der Grundsatz einer demokratischen Kammerverfassung einem Mißbrauch von Kammerkompetenzen und damit von staatlicher Macht 2 2 vorbeugen. I m Gegensatz zu den Gesetzen, die den Rahmen der Kammer bestimmen, sollen durch die innerkörperschaftliche Demokratie nicht staatliche Interessen und Belange zur Geltung gebracht werden, sondern die Selbstbestimmung von Kammer und Mitgliedern gestärkt werden 2 3 . Die Regelungen, die zum Schutz der Kammerdemokratie dienen, müssen sich auf die unabdingbaren Minimalerfordernisse beschränken 24 . d) Die plebiszitäre und die repräsentative Komponente bei der „innerkörperschaftlichen Demokratie" I n der Literatur zur kammerinternen Demokratie haben sich die Meinungen insbesondere i n eine stärkere Betonung des plebiszitären Elements bzw. des repräsentativen Elements polarisiert. 19 I n diesem Licht ist auch die Regelung des § 177 Abs. 2 Nr. 2 B R A O zu sehen, nach der die „allgemeine Auffassung" festzustellen ist. Diese allgemeine Auffassung ist nichts Vorgegebenes, sondern sie ist i n einem Diskussions- und clearing-Prozeß erst zu bilden. Daher ist es nicht gleichgültig, wer diese A u f fassung feststellt, sondern es ist entscheidend, daß der Willensbildungsprozeß i n einem demokratisch strukturierten Organ vor sich geht. 20 Vgl. Henke, Parteien, S. 27 f.; Leibholz, Strukturwandel, S. 78 ff. (124); BVerfGE 2, S. 40 (71); ähnlich zum allgemeinen politischen Willensbildungsprozeß BVerfGE 20, S. 56 ff. (56 LS 2); Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 62; i n diesem Sinne jüngstens BGH, N J W 1970, S. 46 ff. 21 Ä h n l i c h Henke, Parteien, S. 27 f.; Henke, B K A r t . 21 R N 33; Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1964, Heft 3, S. 4 ff. (19); Lohmar, Innerparteiliche Demokratie, S. 9 f.; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 60; Zacher, Demokratie, S. 156. 22 Dazu Ballerstedt, GR I I I / l S. 1 ff. (27); Bäumlin, Demokratie, S. 125; E. R. Huber, Selbstverwaltung, S. 26; Schick, EvStL, Sp. 1962; Schmitt, Legalität, S. 263 ff. (288); Weber, Bogs-Festschrift, S. 211 ff. (212). 23 Hesse, V V D S t R L Heft 17 (1959), S. 11 ff. (30). 24 Vgl. Henke, Parteien, S. 27; Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 61.

I I . Modelle für die kammerinterne Willensbildung

135

aa) Betonung des plebiszitären Elements Die plebiszitäre Betrachtung 25 geht vom Idealtypus der unmittelbaren Demokratie, der persönlichen Mitentscheidung aller Betroffenen, aus. Soweit dies technisch nicht möglich ist, soll eine weitgehende Beteiligung der Mitglieder nicht nur bei der Auswahl der Repräsentanten, sondern auch bei programmatischen Richtungsbestimmungen ermöglicht werden, u m einer Identität zwischen Regierenden und Regierten zu entsprechen 26 . Eine oligarchische Verfestigung, die nicht mehr von der M i t gliedermehrheit getragen wird, soll institutionell verhindert werden.

bb) Betonung des repräsentativen Elements Dem steht die stärkere Betonung des repräsentativen Elements gegenüber 2 7 . Nach dieser Auffassung w i r d zwar auch der kontinuierliche W i l lensbildungsprozeß von unten nach oben als wichtig angesehen. Dabei w i r d jedoch weniger die M i t w i r k u n g an programmatisch-sachlichen Entscheidungen und mehr die an personellen Fragen betont. Ausgehend von der Bedeutung, die das Modell der Repräsentation heute erhalten hat 2 8 , w i r d jedoch als entscheidend angesehen 29 , wie diese Repräsentanten gewählt und abberufen werden, wie sie sich zu verantworten haben, wie die Aufstiegschancen i n die oligarchische Leitung sind 3 0 und wie die W i r kungsmöglichkeiten „einfacher" Mitglieder ausgestattet sind. Eine solche repräsentative Lösung entspricht dann den tatsächlichen Bedürfnissen einer Organisation, wenn Entscheidungen i n sich sehr rasch wandelnden Situationen notwendig sind 3 1 . Die Tendenz zu einer reak-

25 Vgl. Abendroth, Parteiwesen. 26

Abendroth, und passim).

Politische Vier tei jahresschrift 1964, S. 307 ff.;

Michels,

Politische Viertel jahresschrift 1964, S. 307 ff. (307 f., 315, 334

27 Grundlegend Duverger, Parteien (soziologische Betrachtung); so auch Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174, der trotz Anerkennung des Mehrheitsprinzips einer stark oligarchischen Auffassung v o m G r e m i u m „der i n der Sitte Erfahrenen" anhängt u n d eine Feststellung der Berufsordnung „durch Demoskopen" ablehnt; Henke, Parteien, S. 29 m. Nachw.; Hesse, W D S t R L Heft 17 (1959), S. 11 ff. (30); Leibholz, Strukturprobleme, S. 78 ff. (124); Lohmar s Innerparteiliche Demokratie, S. 117 ff.; Stein, Staatsrecht, S. 141; Vorbrugg, Diss. S. 280 f. 28

Ellwein, Regierungssystem, S. 136 f.

2n

Sontheimer, Parteien, S. 82 f.

30

Ellwein, Regierungssystem, S. 136 ff. (insbes. S. 139).

31

Daheim, Berufe, S. 244 f.

136

I I I . 2. Abschn.: Das Legislativorgan der K a m m e r

tionsfähigen und schlagkräftigen Organisation ist besonders dann gegeben, wenn es nicht um interne Fragen geht, sondern um Entscheidungen, die auch eine gewisse Außenwirkung haben, z. B. bei der Reaktion der Kammer durch Erlaß oder Änderung der Berufsordnung auf Versuche anderer Berufe, i n den eigenen „Berufsraum" einzudringen. Wenn eine Organisation eine hohe Mitgliederzahl und ein hohes Alter hat, entwickelt sie i n stärkerem Ausmaß einen hierarchisch oder repräsentativ geprägten und verfestigten Entscheidungsprozeß als eine kleine und jüngere Organisation 32 . Wenn diese Entwicklung aus rechtlichen Gründen verhindert werden soll, ist eine Normierung, die eine demokratische Willensbildung gewährleistet, erforderlich. cc) Anwendung auf Berufsordnungen Ebenso wie sich die Auffassungen über die innerparteiliche Demokratie nur durch eine unterschiedliche Betonung des plebiszitären oder repräsentativen Elements unterscheiden, so kann auch bei den Kammern keine scharf profilierte Lösung erfolgen 33 . Verschiedene Gründe sprechen für eine weitgehende Ermöglichung plebiszitärer Willensbildung: Der Beschluß über die Berufsordnungen ist funktionell eine Legislativtätigkeit, bei der entscheidende Festlegungen über die Berufsausübung getroffen werden und die neben der Satzung die Grundlage für die Kammertätigkeit darstellt. Die Berufsordnung soll möglichst ungefiltert die Auffassung der Berufsangehörigen wiedergeben, da nur so festgestellt werden kann, welche Berufspflichten sich bereits faktisch durchgesetzt haben und somit auch normativ festzulegen sind. Dadurch w i r d auch an geschichtliche Wurzeln des Kammerwesens, die i m genossenschaftlichen Denken liegen, angeknüpft. Trotz der durchgängigen Willensbildung von unten nach oben muß die Rückkopplungsfunktion erhalten bleiben 3 4 : meinungsbildende I m pulse müssen sowohl von den Mitgliedern zur Kammerleitung gehen als auch umgekehrt, um eine möglichst sachliche und umfassend informierte Beschlußfassung zu fördern. 32

Daheim, Berufe, S. 245. So auch Fraenkel, zitiert bei Sontheimer, Parteien: Gleichgewicht z w i schen repräsentativen u n d plebiszitären Elementen; Lohmar, Innerparteiliche Demokratie, S. 9 f. ; für die österreichischen K a m m e r n vgl. Pernthaler, AöR 94 (1969), S. 31 ff. (54). 34 I n diesem Sinne auch Sontheimer, Parteien, S. 86; i m österreichischen Kammersystem ist keinerlei Rückkopplung der Willensbildung vorhanden (Ermacora, DÖV 1956, S. 529 [531]). Generell zur Rückkoppelungsfunktion: Stein, Staatsrecht, S. 71 ff. (insbes. S. 73 f.). 33

I I I . Auswirkungen der innerkörperschaftlichen Demokratie

137

I I I . A u s w i r k u n g e n der innerkörperschaftlichen Demokratie auf den Erlaß von Berufsordnungen

Die Auswirkungen der innerkörperschaftlichen Demokratie auf den Erlaß von Berufsordnungen können wegen ihres Umfangs nur exemplarisch dargestellt werden. Bis zu einer bestimmten Mitgliederzahl hat die Diskussion und Beschlußfassung über Berufsordnungen durch die Mitgliederversammlung zu erfolgen 35 . Als Anhaltspunkt läßt sich die i m Parteiengesetz genannte Zahl von 250 Mitgliedern heranziehen 36 . Bei einer größeren Mitgliederzahl kann auch eine Vertreter- oder Delegiertenversammlung statt der Vollversammlung tätig werden 3 7 . Die Bestimmung der Delegierten hat durch Wahl der Mitglieder zu erfolgen 38 . Die Zahl der Delegierten, die kraft ihrer Funktion diese Stellung haben („geborene Delegierte"), darf einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtdelegierten nicht überschreiten 39 . Als Richtmaß können die i n § 9 Abs. 2 PartG festgelegten 20 Prozent dienen. Da es sich bei der Kammer u m einen auf Mitgliederbasis beruhenden Verband handelt, ist eine Wahl von Nichtmitgliedern (z. B. Angehörigen der einschlägigen Universitätsfakultät, die keine Kammermitglieder sind 40 ) nicht zulässig 41 . Diese können i n beratender Funktion herangezogen werden 4 2 oder i m Rahmen der Staatsaufsicht eingeschaltet werden, eine M i t w i r k u n g bei autonomen Akten der Kammer ist nicht möglich. 35 Vgl. Henke, Parteien, S. 42 f.; Redeker i n Kuhns, Heilberufe I, S. 14; Weissauer, B a y Ä B l . 1961, S. 114 ff. (118). 38 § 8 Abs. 1 Satz 2 PartG m i t einer Ausnahme i n Satz 4. 37 Vgl. Henke, B K A r t . 21 R N 38; Henke, Parteien, S. 44 ff. 38 Vgl. Henke, B K A r t . 21 R N 38; Henke, Parteien, S. 45; Maunz i n Maunz/ Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 73; Sontheimer, Parteien, S. 82; BGH, N J W 1970, S. 46 ff. (geheime Wahl). 39 F ü r eine radikale Einschränkung des ex-officio-Stimmrechts Müller, Parteien, S. 131 f. Die Delegiertenstellung kraft A m t s ist auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit des passiven Wahlrechts problematisch. 40 Vgl. S. 21 F N 52. 41 Vgl. §§ 9 Abs. 2,11 Abs. 2 PartG. 42 Dies ist z. B. der F a l l bei der Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen, die sich aus Vertretern des Deutschen Industrie- und H a n delstags u n d der Wirtschaftsprüferkammer zusammensetzt und die vor E r laß der Berufsordnung anzuhören ist (vgl. §§ 57, 65 f. WPO). Dies ist unbedenklich, da es dem Bereich stattlicher Aufsicht, die an andere Körperschaften ( A r beitsgemeinschaft) teilweise delegiert ist, angehört. I m Ergebnis ebenso Dieterich, Die Wirtschaftsprüfung 1965, S. 557 ff. (557).

138

I I I . 2. Abschn.: Das Legislativorgan der K a m m e r

Die Wahl der Delegierten ist regelmäßig und in kurzen Abständen zu wiederholen 43 . Als Höchstmaß kann der Zeitraum von zwei Jahren angesehen werden. Die zahlenmäßige Verteilung der Delegierten hat von der regionalen Mitgliederzahl auszugehen 44 . Die Delegierten haben sich gegenüber den Mitgliedern durch Rechenschaftslegung zu verantworten 4 5 . I m Ermessen der Kammer und deren Satzung liegt es, ob die Delegiertenversammlung nur einmalig (so § 9 I I I PartG für den Beschluß von Parteiprogrammen und Satzungen durch den Parteitag), oder ob sie während der gewählten Zeit regelmäßig zusammentritt 4 6 . Für die letztgenannte Lösung spricht die Notwendigkeit einer raschen Anpassung der Berufsordnung an gewandelte Auffassungen. Die Kompetenzen, die der Mitglieder- oder Delegiertenversammlung zuzustehen haben, können nicht vom Vorstand der Kammer ausgeübt werden. Wenn auch die Kammer der mittelbaren Staatsverwaltung angehört, ist daraus nicht die Folgerung zu ziehen, daß Grundsätze der Gewaltenteilung dafür nicht anwendbar sind. Unter dem Dach der Kammer sind legislative und exekutive Kammerorgane möglich und nötig. Dabei ist nur das Legislativorgan der Kammer für den Erlaß von Berufsordnungen zuständig. Die Regelung i n § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO entspricht diesen Anforderungen nicht. Ein Beschluß der Richtlinien durch die örtlichen Kammerpräsidenten bedeutet die Vornahme eines Legislativakts durch die innerkörperschaftliche Exekutive. Die unterschiedliche Größe der regionalen Kammern ist nicht berücksichtigt und die zahlenmäßige Basis des Organs ist zu gering. Diese Mängel sind auch nicht dadurch zu klären, daß man den Anwaltskammerpräsidenten als Mitgliedern des Beschlußorgans keine persönliche Willensentscheidung bei der Beschlußfassung zubilligt, sondern ihre Äußerung nur als Wiedergabe der Meinung der Mitgliedermehrheit ansieht 47 . Ebenso sind Regelungen anderer Kammergesetze bedenklich, da darin nicht festgelegt ist, ob die M i t glieder des Legislativorgans demokratisch gewählt sind 4 8 . 43

Müller, Parteien, S. 129 f. Vgl. § 13 Satz 2 PartG; ähnlich Maunz i n Maunz/Dürig/ Η erzog, A r t . 21 GG R N 72. 45 Vgl. Maunz i n Maunz/Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 69. 46 Dazu Müller, Parteien, S. 123 f. 47 I n diesem Sinn Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (108). 48 §§ 83 f. i. V. m. § 78 Nr. 5 BNotO; § 6 Abs. 5 u n d 6 Satzung der Bundessteuerberaterkammer (Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 17 [ Ι ] ) ; § 1 i. V. m. § 5 ArchG (Saar), vgl. S. 14 F N 9. Vgl. f ü r die Parteien § 9 Abs. 1 PartG; Leibholz, Strukturprobleme, S. 78 ff. (125); Henke, B K A r t . 21 R N 38; für Körperschaften Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 187,193. 44

I I I . Auswirkungen der innerkörperschaftlichen Demokratie

139

Für die Delegiertenversammlung ergeben sich aus dem Grundsatz innerkörperschaftlicher Demokratie noch weitere Erfordernisse. Neben einer ordnungsgemäßen Ladung 4 9 der Delegierten ist zur Förderung der Transparenz der Entscheidungen eine kammerinterne Öffentlichkeit erforderlich 50 . Der Willensbildungsprozeß innerhalb der Delegiertenversammlung muß der interessierten Kammer öffentlichkeit zugänglich sein. Eine ausreichende Möglichkeit, Anträge zu begründen, ist vorzusehen 51 . Das Initiativrecht sowohl für eine Einberufung der Versammlung („Selbstversammlungsrecht" 52 ) als auch für die einzelnen Anträge muß primär bei den Versammlungsteilnehmern liegen 53 . Bei den Beschlüssen über die Berufsordnungen, die auf Antrag einer qualifizierten Minderheit geheim vorzunehmen sind, ist das Mehrheitsprinzip 5 4 anzuwenden. Dabei ist von der Zahl der anwesenden Stimmberechtigten auszugehen, da man die Mitglieder oder Delegierten nicht zur Teilnahme zwingen kann und da durch das Fehlen von Mitgliedern nicht die Arbeit der Kammer blockiert werden darf 5 5 . Diese Forderungen nach rechtlichen Mitwirkungsrechten der Mitglieder stellen jedoch nur eine Chance zur tatsächlichen M i t w i r k u n g dar. Die faktische Beteiligung hängt teilweise von anderen Voraussetzungen ab, wie z. B. dem Druck kammerinterner oder -externer Gruppen auf starke Mitwirkung, den Vorteilen personeller oder finanzieller A r t oder der Übereinstimmung mit der herrschenden Kammerpolitik.

49 Vgl. Maunz i n Maunz!Dürig!Herzog, A r t . 21 GG R N 64; Henke, Parteien, S. 49; Sontheimer, Parteien, S. 82. 50 Vgl. Müller, Parteien, S. 106; BVerfGE 20, S. 56 ff. (106). 51 Sontheimer, Parteien, S. 79: „Chance zur A r t i k u l i e r u n g des politischen Willens"; vgl. A r t . 15 Abs. 3 PartG. 52 Henke, B K A r t . 21 R N 38; vgl. §§ 36 f. B G B ; Henke, Parteien, S. 47 f m. Nachw.; für die Möglichkeit einer inneren Opposition bei Monopolverbänden: Stein, Staatsrecht, S. 141. 53 Vgl. § 15 Abs. 3 PartG; anders Sontheimer, Parteien, S. 86; ähnlich Maunz i n Maunz!Dürig/Herzog, A r t . 21 GG R N 65; OVG Lüneburg, VerwRspr. 8, S. 507 ff.; Henke, Parteien, S. 49; vgl. Müller, Parteien, S. 138. 54 Vgl. § 15 Abs. 1 PartG; Arndt, A n w a l t s b l a t t 1962, S. 174; Leibholz, S t r u k turprobleme, S. 78 ff. (126) (für Parteien). 55 a. A. Hummel, Anwaltsblatt 1962, S. 105 ff. (108).

140

I I I . 3. Abschn.: Staatliche Beteiligung

Dritter

Abschnitt

Staatliche B e t e i l i g u n g a m Z u s t a n d e k o m m e n der Berufsordnungen I. Grundlagen einer staatlichen Beteiligung 1. Unbeschränkte Kompetenz des Gesetzgebers im Rahmen der Verfassung

Grundlage für eine Beteiligung von Stellen der unmittelbaren Staatsverwaltung am Erlaß von Berufsordnungen ist der — i n den Grenzen der Verfassung — unbeschränkte Bereich des Gesetzgebers und der sich aus der Ministerverantwortlichkeit ergebende Verantwortungszusammenhang zwischen Legislative, Regierung und Verwaltungsspitze und den einzelnen Organen der Verwaltung. Die Grundlage kann auch i n einer ausdrücklichen Verfassungsbestimmung liegen, wie es i n A r t . 55 Nr. 5 B V der Fall ist 1 . I m Rahmen der Verfassung kann der parlamentarische Gesetzgeber grundsätzlich unbeschränkt tätig werden 2 . Dieser Grundsatz hat insbesondere Auswirkungen auf das Höchstmaß von zulässiger staatlicher Aufsicht über die Berufsordnungen. 2. Ministerverantwortlichkeit

Die Ministerverantwortlichkeit soll die Brücke von der staatlichen Legislative zu den Organen der Verwaltung herstellen 3 . Dabei hindert die organisatorische Unabhängigkeit der Kammern nicht die Zugehörigkeit zum Gesamtsystem der Staatsverwaltung 4 . Aus Gründen der Ge1

Dazu Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13. So auch Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13; Knott, Diss. S. 116; a. A. für das Körperschaftsrecht Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (565). 3 F ü r die Berufsgerichte verwendet diesen Gedanken Häberle, DÖV 1965, S. 669 ff. (673); w i e hier: Eberhard, D Ö V 1959, S. 620 ff. (623); Ermacora, V V D S t R L Heft 16 (1958), S. 191 ff. (228); Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); Schweiger i n Nawiasky-Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13; ähnlich: Atzbach, Diss. S. 47 („Wahrung der demokratisch-parlamentarischen Ordnung"); Bachof, V V D S t R L Heft 12 (1954), S. 37 ff. (49), befürchtet eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit, w e n n dieser Zusammenhang nicht besteht; Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (72) ; BVerfGE 9, S. 268 ff. (281 f.). 4 Z u m Zusammenhang mittelbarer Staatsverwaltung und Staatsaufsicht: Werner Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (41); Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 157, zieht (in umgekehrter Richtung) den Schluß v o m Vorhandensein von Aufsichtsrechten auf die Zugehörigkeit zum staatlichen Sektor. 2

I. Grundlagen einer staatlichen Beteiligung

141

waltenteilung besteht zwar kein unmittelbarer Einfluß der Legislative auf untere Verwaltungsorgane. Der zuständige Ressortminister ist jedoch dafür verantwortlich, daß die für ihn maßgeblichen (rechtmäßigen) Parlamentsakte von den Verwaltungsorganen beachtet und ausgeführt werden. 3. Integrationserfordernis heutiger Staatlichkeit

Damit w i r d auch dem Integrationserfordernis heutiger Staatlichkeit entsprochen 5 . Die Integration i m Staatsverband kann sich „freiwillig" und von selbst ergeben, sie kann aber auch m i t staatlichen Mitteln veranlaßt und durchgesetzt werden. Die Staatsaufsicht über die Kammern ist eine A r t Reservekompetenz für den Fall, daß sich die Kammern nicht in die allgemeine Rechtsordnung einfügen. 4. Rechtspolitische Bedeutung der Staatsaufsicht

Die Staatsaufsicht soll insbesondere einer zu großen Verselbständigung und einer daraus erwachsenden Gefahr sozialwidrigen Verhaltens entgegenwirken 6 . So w i r d z. B. gegenüber den Ärzten und ihren Kammern der Vorwurf zu starker Kollegialität auch bei schuldhaft unsachgemäßen Handlungen eines Arztes erhoben. Diese Pflichtwidrigkeit geht zu Lasten des Patienten, der jedoch aus persönlichen und fachlichen Gründen ein Vorgehen gegen einen Arzt vermeidet 7 . Hier ist es Aufgabe einer staatlichen Aufsicht und, soweit die rechtlichen Grundlagen nicht gegeben sind, des Gesetzgebers, gegen die Kammer vorzugehen bzw. die gesetzlichen Möglichkeiten dazu zu schaffen. Da i m Rahmen der Kammerverwaltung ein elastisches System von staatlichen Aufsichtsrechten angewendet werden kann, das nur punktuell bei Versäumnissen der Kammerverwaltung eingreift, w i r d auch die Alternative „Staatsverwaltung oder ungebundene Kammerverwaltung" überwunden. 5 Die Integrationswirkung der Staatsaufsicht heben hervor: Bogs, Der A r beitgeber 1967, S. 428 ff. (429); Erler, Selbstverwaltung, S. 28; Forsthoff, K ö r perschaft, S. 182; Krüger, Staatslehre, S. 556; Küchenhoff, JuS 1965, S. 52 ff. (53); Weber, Körperschaften, S. 24; Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 25; vgl. auch die auf S. 55 F N 5 angegebene L i t e r a t u r sowie Friedrich, Verfassungsstaat, S. 540 ff.; Hesse, Grundzüge, S. 5 ff.; Kaiser, Repräsentation, S. 316, 319, 339, 348, 358; Lerche, D Ö V 1965, S. 212 ff. (212). 6 Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (137), spricht von einem „Wildwuchs", der von Zeit zu Zeit (erg.: durch die Staatsaufsicht) „durchforstet" w i r d ; Lausch, Die Zeit 1969, Nr. 42, S. 65 f.; für die „American Medical Association": Hyde/Wolff, Yale L a w Journal Vol. 63 (1953/54), S. 938 ff. 7 Dazu aus empirisch-soziologischer Sicht Rüschemeyer, Berufsstruktur, S. 122 ff. (122) und F N 2.

142

I I I . 3. Abschn.: Staatliche Beteiligung

Von der soziologischen Forschung w i r d weitgehend darauf hingewiesen, daß wegen der auf Wissenschaft beruhenden Kompetenz der freien Berufe eine bürokratische Kontrolle kaum möglich ist 8 . Diese Ansicht w i r d i m rechtspolitischen Bereich auch von den Kammern zur Rechtfertigung ihrer Tätigkeit geäußert. Ihr kann jedoch zumindest für die Tätigkeit des Erlasses von Berufsordnungen nicht gefolgt werden. Hier ist eine Beurteilung der rechtlich zulässigen und sachlich erforderlichen Berufspflichten durch Organe der unmittelbaren Staatsverwaltung, die entsprechend fachlich qualifiziert sind und i n einem Informationskonnex m i t den Berufsangehörigen und ihren Repräsentanten stehen, ohne Schwierigkeiten möglich. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß für den Erlaß von Berufsordnungen staatliche Mitwirkungs- und Aufsichtsrechte, deren Umfang noch näher festzustellen ist, erforderlich sind 9 . I I . M i n i m a l u m f a n g der Staatsaufsicht

Auf Grund des Verantwortungszusammenhangs zwischen parlamentarischer Legislative sowie Regierung und den unteren Verwaltungsorganen ist ein gewisser Mindestumfang staatlicher Aufsichtsrechte erforderlich. Als Organ der staatlichen Verwaltung ist die Kammer verpflichtet, rechtmäßig zu handeln (vgl. A r t . 20 Abs. 3 GG). Ebenso wie der Minister dem Parlament gegenüber für eine ordnungsgemäße Amtsführung ver8 Daheim, Berufe, S. 265; Rüschemeyer, Canadian Review of Sociologie and Anthropologie, Bd. 1 (1964), S. 23 ff. 9 I m Ergebnis ebenso Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (623); Erler, Selbstverwaltung, S. 30; Forsthoff, Lehrbuch, S. 457; Fröhler, Staatsaufsicht, S. 12 ff. u n d passim; Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (663); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 188; Klecatsky, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 23 ff. (30) (für die österreichischen Kammern); Kollmann, BayVBl. 1957, S. 105 ff. (106); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 17, 43; Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 63; Reuß, GR I I I / l S. 91 ff. (125); Schambeck i n K u m m e r - F e s t schrift, S. 443 ff. (449); Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 V R N 12; Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 ff. (12); Weber, Körperschaften, 1943, S. 23. Gegen jegliche Staatsaufsicht: Köhler, B B 1952, S. 149 ff. (152). Zur Theorie der Staatsaufsicht vor 1945 Doerner, D J 1937, S. 546 ff. (547); Erler, Selbstverwaltung, S. 20, 30; Forsthoff, Lehrbuch, S. 444; Maunz, Staatsaufsicht, S. 45 ff. (insbes. S. 81 ff.); Rupp, Diss. S. 47; Triepel, Binding-Festschrift, S. 1 ff. (28, 83 f.). Vgl. auch zur Geschichte der Staatsaufsicht die Gründungsverordnung für die bayerische Ärztekammer vom 10. August 1871. („Die Beratungen [erg.: der Kammerversammlung] können aus erheblichen Gründen jederzeit von dem K . Regierungspräsidenten eingestellt werden.") (Zitiert bei Sewering, B a y Ä B l . 1967, S. 881, Sonderdruck); zum Begriff Dallmayer, Diss. S. 5 ff., 24 ff.

I I I . Maximalumfang der Staatsaufsicht

143

antwortlich ist, sind die Verwaltungsorgane dem Minister als Verwaltungsspitze zumindest für die Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahmen verantwortlich. Dieser oder eine von i h m beauftragte Stelle muß daher die Möglichkeit haben, Maßnahmen der Kammer zu überprüfen und notfalls für Abhilfe zu sorgen. Daher ist mit einer Tätigkeit der Kammer zwingend eine Aufsicht über die Rechtmäßigkeit (Rechtsaufsieht) verbunden. Es besteht keine Veranlassung, auch die Kontrolle über die politische und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer Kammermaßnahme (Fachaufsicht) zu dem Mindestumfang der Staatsaufsicht zu rechnen 10 . Soweit der Gesetzgeber gezwungen ist, den Eingriffs- und Regelungstatbestand selbst zu bestimmen, ist dies bereits i m ermächtigenden Gesetz erfolgt. I m übrigen hat er die Möglichkeit, der Kammer die Bestimmung der Modalitäten selbst zu überlassen. Eine Umgehung der Rechtsaufsicht durch die Bildung einer (privatrechtlichen) Bundeskammer, die sich aus den (öffentlich-rechtlichen) Regionalkammern zusammensetzt und ohne Rechtsaufsicht Berufsordnungen 1 1 erläßt, ist nicht zulässig. Diese Berufsordnungen haben dann keine verbindliche Wirkung für die Mitglieder der Regionalkammern. I I I . Maximalumfang der Staatsaufsicht Da festgestellt wurde, daß mindestens eine Rechtsaufsicht beim Erlaß von Berufsordnungen erforderlich ist, beschränkt sich die Frage nach dem Maximalumfang der Staatsaufsicht auf die Zulässigkeit der Fachaufsicht. 1. Zweckmäßigkeitsprüfung

Eine Fachaufsicht über eine Kammermaßnahme ist nicht generell ausgeschlossen12. Ebenso wie der Gesetzgeber bestimmte Gebiete aus der Kammerkompetenz ausklammern kann, ist er befugt, sich auch die sach10 Werner Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 25; eine solche generelle Fachaufsicht besteht i n den Niederlanden, wo Berufsordnungen aufgehoben werden können, wenn sie m i t den „allgemeinen Interessen" i m Widerspruch stehen (Nijgh i n Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 309 ff. [3571). 11 Vgl. oben S. 119 ff. 12 Wie hier Lynker, Diss. S. 118; Brohm, Strukturen, S. 70; von vielen A u t o ren w i r d als zulässige Aufsicht generell n u r die Rechtsauf sieht angesehen, so: Atzbach, Diss. S. 69, anders S. 71 oben; Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (623); Erler, Selbstverwaltung, S. 30; Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (663); Köttgen, JöR N. F. Bd. 11 (1962), S. 274; Kollmann, BayVBl. 1957, S. 105 ff. (106); Krüger. Staatslehre, S. 556, 876, der Staatsaufsicht m i t Rechtsaufsicht identifiziert; Redeker i n Kuhns, Heilberufe, S. 1/15; Schweiger in Nawiasky/Leusser, 2. Aufl.,

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I I I . 3. Abschn. : Staatliche Beteiligung

liehe Endentscheidung über bestimmte Gebiete, die er der Kammer übertragen hat, vorzubehalten 13 . 2. Kernbereich und „eigener Wirkungskreis"

Die Grenze der Staatsaufsicht liegt nicht i n einem Kern- oder Substanzbereich der Kammerkompetenz 14 . Dies würde der abgeleiteten Natur der Kammern widersprechen. Die Fachaufsicht geht jedoch nicht so weit, wie dies i m Gesetz ausgeschlossen ist 1 5 . Daher ist sie dann begrenzt, wenn der Gesetzgeber der Kammer einen bestimmten eigenen Wirkungskreis eingeräumt hat, i n dem er der unmittelbaren Staatsverwaltung keine Fachaufsichtsrechte zugesteht. Der Begriff des „eigenen Wirkungskreises" umfaßt die vom Gesetzgeber widerruflich „als eigene" übertragenen Angelegenheiten und ist vom „ursprünglichen" oder „originären" Wirkungskreis zu unterscheiden. Wieweit der Gesetzgeber diesen eigenen Wirkungskreis, i n dem die Fachaufsicht ausgeschlossen ist, gezogen hat, ist durch Auslegung zu ermitteln 1 6 . Dabei w i r d oft der Fall eintreten, daß der Gesetzgeber sich widersprüchlich oder unklar gefaßt hat. Hier ist dann eine Beweisregel nötig, ob bei einem nicht aufklärbaren Zweifel eine bloße Rechtsaufsicht oder auch eine Zweckmäßigkeitsaufsicht über die Maßnahmen der Kammern vorliegt. Da die Einrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gerade eine Dezentralisierung und eine Aktivierung der Selbstbestimmung von bestimmten Gruppen bezweckt, ist für diese Fälle von einem Ausschluß der Fachaufsicht auszugehen 17 . Bedenken gegen diese Lösung bestehen nicht, da der Gesetzgeber die Möglichkeit behält, durch A r t . 55 B V R N 13; Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 ff. (13); Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (150). Teilweise dürfte diese Ablehnung einer Zweckmäßigkeitsaufsicht darauf zurückzuführen sein, daß sich diese Stellungnahmen auf den „eigenen Wirkungskreis" beziehen. 13 V o r w ü r f e gegen eine zu geringe Kontrolle des Arztes (Lausch, Die Zeit 1969, Nr. 42, S. 65) müßten sich daher gegen den Gesetzgeber richten. 14 I n diesem Sinne jedoch Atzbach, Diss. S. 69; Erler, Selbstverwaltung, S. 30; Huber, Selbstverwaltung, S. 17; Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 62; Scheuner i n Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (801), anders S. 807 (Autonomie kein notwendiges Element der Körperschaft); Schweiger i n Nawiasky/ Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13. 15 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 96; Dallmayer, Diss. S. 27; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 192; Küchenhoff, JuS 1965, S. 52 ff. (54). 18 So auch Knott, Diss. S. 117. 17 I m Ergebnis ebenso Fröhler, Staatsaufsicht, S. 37 und passim; Hub er, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 188 f.; Lynker, Diss. S. 117; Reuß, GR I I I / l S. 91 ff. (126); Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 72.

I I I . Maximalumfang der Staatsaufsicht

145

Änderung oder Konkretisierung des Kammergesetzes den Bereich der Fachaufsicht auszuweiten. Es besteht auch kein Widerspruch dieser Beweisregel zum Prinzip der Ministerverantwortlichkeit 1 8 , da der Gesetzgeber durch die vorbehaltlose (jedoch widerrufliche) Aufgabenzuweisung an die Kammer sich des durchgängigen Verantwortungszusammenhangs begeben hat. Zu wenig differenzierend ist daher die Ansicht 1 9 , daß die Staatsaufsicht nicht darauf gerichtet sein darf, die Selbstverwaltung zu schmälern und sie durch die Staatsverwaltung zu verdrängen. A u f den Gesetzgeber kann dieser Grundsatz nicht angewandt werden, er kann den Umfang der Selbstverwaltung beliebig bestimmen. Wenn der Gesetzgeber jedoch der Kammer einen bestimmten eigenen Wirkungskreis gegeben hat, darf ihn die Aufsichtsbehörde insoweit nicht durch Aufsichtsmaßnahmen einschränken. Unter dieser Sicht entschärft sich auch das Problem der „oktroyierten Satzung", das jedoch bei Berufsordnungen noch nicht akut geworden ist. Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung, soweit sie dazu ermächtigt sind, können eine Satzung der Körperschaft aufstellen 20 . Dabei sind sie jedoch in vollem Umfang an A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden. 3. Weisungsrecht

Da der Umfang der Staatsaufsicht i n Zweckmäßigkeitsfragen somit punktuell zu bestimmen ist, besteht auch kein durchgängiges Weisungsrecht gegenüber der Kammer. Ein solches ist auch deshalb abzulehnen, weil zwischen Kammern und Organen der unmittelbaren Staatsverwaltung kein organisatorisches Unterordnungsverhältnis besteht 21 . Obwohl eine Maßnahme der Fachaufsicht oft einer Einzelweisung i n einem Weisungsverhältnis gleichen kann 2 2 , bestehen doch Unterschiede 23 . Weisungsrechte sind prinzipiell unbeschränkt, während die Aufsicht an 18 So jedoch (für den beliehenen Unternehmer) Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (72 F N 51). 19 Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 192. 20 Wie hier Küttner, Diss. S. 70 ff. m. w. Nachw.; Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht I, S. 123; BVerfGE 10, S. 21 ff. (Stiftung preußischer Kulturbesitz); a. A. Spanner, DÖV 1959, S. 38; BayVerfGHE 16, S. 32 ff. Eine andere Frage ist, ob dies einen Formenmißbrauch darstellt. 21 Atzbach, Diss. S. 69; Forsthoff, Lehrbuch, S. 445; Merkl, Verfassung, S. 25; Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106). 22 So auch Vorbrugg, Diss. S. 53 f. m. Nachw. 23 So die i n F N 21 Genannten sowie Erler, Selbstverwaltung, S. 30; Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (663); Linckelmann, DÖV 1959, S. 561 ff. (564); Lynker, Diss. S. 118; Vorbrugg, Diss. S. 48 ff.

10 Brandstetter

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I I I . 3. Abschn.: Staatliche Beteiligung

bestimmte normierte Tatbestände gebunden ist. Der Weisung stehen nach heutiger Hechtslage auch dienst- und disziplinarrechtliche M i t t e l zur Verfügung; sie ist eine Aktualisierung einer organisations- und dienstrechtlichen Abhängigkeit 2 4 („Dienstaufsicht" 25 ).

4. Genehmigung der Berufsordnung

a) Die Genehmigungspflicht 26 von Berufsordnungen ist eine präventive Maßnahme der Staatsaufsicht, die nicht die Wiederherstellung von verletztem Recht erreichen soll, sondern Rechtsverletzungen verhindern soll 2 7 . Es ist nicht zwingend erforderlich, daß i n den Kammergesetzen eine Genehmigungspflicht für Berufsordnungen vorgesehen ist. I n den oben genannten Grenzen ist es auch ausreichend, den Erlaß von Berufsordnungen einer bloßen repressiven Rechtsaufsicht zu unterstellen. So ist es unbedenklich, wenn die Richtlinien der Wirtschaftsprüfer nicht vom Bundesminister für Wirtschaft genehmigt zu werden brauchen 28 . Nur ist i n diesen Fällen ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob die gesetzliche Ermächtigung die erforderliche Bestimmtheit aufweist. b) Soweit eine Genehmigungspflicht für Berufsordnungen besteht, taucht die Frage auf, ob beim Genehmigungsverfahren nur rechtliche oder auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden dürfen. Eine Beschränkung auf eine Rechtsauf sieht w i r d teilweise i m Gemeinderecht 29 und i m Recht der Industrie- und Handelskammern 30 vertreten. Diese Regelungen bieten jedoch keine geeignete Parallele, da die Auffassungen zur Genehmigung gemeindlicher Rechtsetzungsakte von einem extensiven und statischen Selbstverwaltungsbereich ausgehen und i m Recht der Industrie- und Handelskammern eine ausdrückliche gesetzliche Beschränkung auf die Rechtsaufsicht 31 gegeben ist. 24

Vorbrugg, Diss. S. 49. Dalimayer, Diss. S. 7. 28 Z u m Begriff Knott, Diss. S. 3 ff. 27 Knott, Diss. S. 4 f.; Krüger, Staatslehre, S. 876; Küchenhoff, JuS 1965, S. 52 ff. (53 f.) m. Nachw.; Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); BVerfGE 10, S. 20 ff. (50); BVerfGE 12, S. 319 ff. (325); OVG Münster, DÖV 1968, S. 777. 28 I m Ergebnis ebenso Dieterich, Die Wirtschaftsprüfung 1965, S. 557 ff. (557). 29 OVG Lüneburg, Der Städtetag 1951, S. 400; Bad.-Württ. StGH, DVB1. 1956, S. 522. 30 BVerwG, DVB1.1961, S. 449; B V e r w G E 16, S. 314. 31 § 11 Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- u n d H a n delskammern (Bundeskammergesetz) v o m 18. Dezember 1956, BGBl. I, S. 920. 25

I I I . Maximalumfang der Staatsaufsicht

147

Eine vermittelnde Auffassung läßt auch übergeordnete Gründe des Gemeinwohls als Begründung für die Genehmigung oder deren Verweigerung zu 3 2 . Zwischen dieser Auffassung und einer umfassenden Zweckmäßigkeitsprüfung des genehmigungspflichtigen Körperschaftsakts besteht kaum ein Unterschied. I m Gegensatz zu sonstigen Aufsichtsakten ist bei einer Genehmigungspflicht davon auszugehen, daß neben der rechtlichen Prüfung auch eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgen kann 3 3 . Kammerakte, für die eine Genehmigungspflicht festgelegt ist, sind regelmäßig von konstituierender Bedeutung für die Kammer. So ist bei der Kammersatzung eine Genehmigung deshalb erforderlich, weil die Satzung zum Gründungsvorgang der Kammer zu rechnen ist, auf den der staatliche Gesetzgeber sich eine Einflußmöglichkeit erhalten möchte 34 . Auch die Berufsordnung, die neben der Gründungssatzung die zentrale Grundlage für die Kammertätigkeit ist, w i r d zu diesen konstituierenden Kammerakten gezählt. Ein weiterer Grund für die umfassende Nachprüfbarkeit ist die funktionelle Zugehörigkeit der Berufsordnungen zum legislativen Bereich i m Gegensatz zu den anderen Rechtsakten der Kammer, die funktionell dem exekutiven Bereich angehören. Die Prüfung der Berufsordnung braucht nicht von einem „rechtverstandenen Eigeninteresse der Kammer auszugehen", sie kann allgemein politische Gesichtspunkte berücksichtigen 35 , soweit diese nicht i m Gegensatz zum Kammergesetz stehen und nicht die verwaltungsrechtlichen Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens überschreiten 36 . I n diesem Spielraum ist eine Vielzahl von Zwecken der Staatsaufsicht denkbar 3 7 , die teils der Gefahrenabwehr, teils der schöpferischen M i t w i r k u n g dienen, wie der Schutz der Berufsangehörigen gegenüber der Kammerleitung und die Wahrnehmung rechtlicher oder sachlicher staatlicher Interessen 38 gegenüber der Kammer und ihren Mitgliedern. 32 Küchenhoff, JuS 1965, S. 52 ff. (54) („bei besonders wichtigen Maßnahmen"); Knott, Diss. S. 118, stellt es i n Abweichung von den oben genannten Auffassungen auf die Auslegung ab u n d gibt dem Gesetzgeber den Rat bei, i n nicht genehmen Auslegungen den Zweifel gesetzlich zu klären. BSGE 3, S. 180 ff. (189 f.); BSGE 23, S. 206 ff. (208 ff.). 33 Atzbach, Diss. S. 71; Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (623); Rechtsprechung des B a y V G H zur Genehmigung von kommunalen A k t e n B a y V G H E 5, S. 217 ff. 34 Kollmann, BayVBl. 1956, S. 105 ff. (108). 35 Erler, Selbstverwaltung, S. 31 f. 36 Fröhler, Staatsaufsicht, S. 79 ff. (85 f.); Schweiger i n Nawiasky/Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13. 37 Dazu Forsthoff, Lehrbuch, S. 457. 38 Hierzu gehört auch die Vereinbarkeit m i t einer Verwaltungsvereinfachung und der Möglichkeit staatlicher Planung; dazu Forsthoff, Carl-Schmitt-Festgabe, S. 185 ff. (201 ff.); Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (661); Schmitt, Hüter der Verfassung, S. 93. 10*

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I I I . 4. Abschn. : Der persönliche Umfang der Hegelungsgewalt 5. Organe der Staatsaufsicht

Für die Staatsaufsicht sind sowohl Bundes- als auch Landesbehörden von verschiedenen Verwaltungsstufen vorgesehen. Dies richtet sich nach den Zuständigkeitsregelungen der Verfassung und nach den Organisationsvorschriften innerhalb der Verwaltung.

6. Mittel der Staatsaufsicht

Als Mittel der Staatsaufsicht hat sich, ausgehend von den kommunalrechtlichen Regelungen, ein Katalog von Möglichkeiten herausgebildet 39 , der verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn die Aufsichtsmaßnahmen auf Grund der oben genannten Voraussetzungen und nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit angewandt werden. Die Staatsaufsicht ist nicht darauf beschränkt, bloße Empfehlungen und Raterteilungen auszusprechen und das übrige der unmittelbar regulierenden Wirkung des Rechts zu überlassen 40 . Sie kann auch dann gegen einen Rechtsetzungsakt oder eine andere Maßnahme der Kammer einschreiten, wenn keine subjektiven Rechte von Berufsangehörigen verletzt sind.

Vierter

Abschnitt

D e r persönliche U m f a n g der Regelungegewalt I. Kammermitglieder Der persönliche Geltungsbereich der Berufsordnungen erstreckt sich auf die Mitglieder der Kammer und damit auf die Angehörigen des jeweiligen Berufs. Der Mitgliederkreis läßt sich aus den Kammergesetzen feststellen, in denen die Tatbestandsmerkmale für die Mitgliedschaft enthalten sind. Die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen eine Pflicht zur Mitgliedschaft bei der Ausübung eines bestimmten Berufs 39

Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (623); Forsthoff, Lehrbuch, S. 457; Fröhler, Staatsaufsicht, S. 55 ff.; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 190 ff.; a. A. Maunz, Staatsaufsicht, S. 85, der i m deutschen Recht kein System von A u f sichtsrechten sieht; Reuß, GR I I I / l S. 91 ff. (126f.); Schweiger i n Nawiaskyi Leusser, 2. Aufl., A r t . 55 B V R N 13. 40 So jedoch Erler, 660 ff. (664).

Selbstverwaltung, S. 30 f.; Hofferberth,

DStR 1964, S.

I. Kammermitglieder

149

bestehen k a n n , ist h e u t e b e j a h e n d g e k l ä r t 1 . E i n e solche Z w a n g s m i t g l i e d schaft scheitert n i c h t a n d e r aus A r t . 9 A b s . 3 G G z u e n t n e h m e n d e n negat i v e n K o a l i t i o n s f r e i h e i t , da diese n u r f ü r V e r b ä n d e aus d e m (organisatorisch) gesellschaftlichen B e r e i c h u n d n i c h t f ü r ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e K ö r perschaften, die z u m ( m i t t e l b a r e n ) V e r w a l t u n g s b e r e i c h gehören, W i r k u n g h a t 2 . E i n e Z w a n g s m i t g l i e d s c h a f t d a r f jedoch n u r i n s o w e i t bestehen, als der B e r u f s a n g e h ö r i g e seinen B e r u f a u s ü b t 3 . B e i der B e s t i m m u n g des Kreises d e r Z w a n g s m i t g l i e d e r i s t f r a g l i c h , w i e w e i t A n g e h ö r i g e des B e r u f s , die i n e i n e r B e a m t e n s t e l l u n g sind, z u r Kammermitgliedschaft gezwungen werden können. Bei den Ä r z t e n t r i t t dieses P r o b l e m f ü r d i e B e a m t e n des s t a a t l i c h e n Gesundheitsdienstes a u f 4 , b e i d e n A r c h i t e k t e n f ü r die i m ö f f e n t l i c h e n D i e n s t stehenden B e r u f s a n g e h ö r i g e n 5 . D a d i e K a m m e r z u g e h ö r i g k e i t der A b w e h r v o n G e f a h r e n d i e n e n soll, d i e aus e i n e r v ö l l i g u n g e b u n d e n e n B e r u f s a u s ü b u n g 1 Die Zulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft lehnen ab: Schindler, DÖV 1950, S. 481 ff. (485); Wernicke , B K A r t . 9 GG, A n m . I I I 8. Dagegen haben keine Bedenken: Badura, AöR 92 (1967), S. 382 ff. (404); Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (621); Fröhler, GewArch. 1962, S. 169 ff.; Hamann, N J W 1958, S. 811 ff. (814); Herzog, Gesellschaft und P o l i t i k 1965, S. 4 ff. (20 F N 90); Hesse, Grundzüge, S. 156; Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (661); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 195 ff. u n d Nachw. S. 198 F N 1; Ipsen, Rechtsfragen, S. 38 f., 69; Krüger, Gesichtspunkte, S. 41 f.; v. Mangoldt, B B 1951, S. 621 f.; Menzel, Berufswahl, S. 63; Pathe, DVB1. 1950, S. 663 ff. (als erste umfassende Untersuchung); Quidde, DÖV 1958, S. 521 ff.; Redeker, DVB1. 1952, S. 239 ff. (239); Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 71; Rupp, Diss. S. 19, 22; Scheuner, D Ö V 1952, S. Θ09 ff. (614); Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (817) m. Nachw. F N 85; Schick, EvStL, Sp. 1962 ff. (1963); Schierholt, Diss. S. 6 ff.; Hans Schneider, Alterssicherung, S. 28 ff. (m. umfangr. Nachw); Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 f. (12); Stein, Staatsrecht, S. 140; Werner Weber, Körperschaften I I , S. 40 (nur soweit Verwaltungsaufgaben); Werner Weber, Der A r z t i n Westfalen 1960, S. 34 ff. (37); Werner Weber, Zwangsversorgungseinrichtungen, S. 16; Werner Weber, DÖV 1952, S. 705 ff. (708); BVerwG, GewArch. 1962, S. 185 f.; BVerwG, N J W 1962, S. 1311 ff. (m. Nachw.); B V e r w G E 27, S. 303 (304); BayVerfGHE 1, S. 21 ff.; O L G Hamburg, B B 1952, S. 413 ff. (414). Lerche, Übermaß, S. 216 F N 230, w a r n t davor, Grenzen für Zwangsmitgliedschaften m i t materiellen Ordnungsvorstellungen zu begründen. 2 So auch neben den i n F N 1 Genannten: Leisner, Bayerische Grundrechte, S. 73; BVerfGE 10, S. 89 ff. (102); E 12, S. 319 ff. (323); E 10, S. 354 ff. (361); E 15, S. 235 ff. (239); BayVerfGHE 4, S. 30 (38); E 4, S. 150 (163); O V G Münster, N J W 1960, S. 214 f. I m Ausland w i r d die Pflichtmitgliedschaft bei kammerähnlichen Organisationen unterschiedlich gehandhabt; vgl. Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 17 (Schweiz, Norwegen, Finnland, Israel, Argentinien) ; Nijgh, Geschichte, S. 309 ff. (353) (Niederlande); Rosenthal, Rechtsanwaltschaft, S. 33 ff. (38) (DDR); Schambeck, Kummer-Festschrift, S. 443 ff. (449) (Österreich). 3

So auch Seeger, Kammern, § 2 A n m . 2.

4

Dazu Redeker i n Kuhns, Heilberufe I, S. 14.

5

Vgl. dazu die Diskussionen zum Bayerischen Architektengesetz, vgl. S. 19 F N 43.

150

I I I . 4. Abschn. : Der persönliche Umfang der

egelungsgewalt

entstehen können, ist eine Kammerzugehörigkeit auch nur zu diesem Zweck zulässig. Ein i m öffentlichen Dienst stehender Berufsangehöriger ist jedoch durch das innerdienstliche Weisungsrecht und die ihm gegenüber möglichen disziplinarischen Maßnahmen ausreichend gebunden. Da sich die Aufsichtsrechte auch auf Nebenbeschäftigungen des Berufsangehörigen erstrecken, ist eine Kammerzugehörigkeit nicht erforderlich, einer freiwilligen Mitgliedschaft stehen jedoch keine grundsätzlichen Bedenken entgegen.

I I . Außenseiter-, Minderheitenschutz

Eine weitere Frage, die i m Zusammenhang m i t dem persönlichen Geltungsbereich der Berufsordnungen auftaucht, ist die, wieweit der „ A u ßenseiter" innerhalb der Kammer zu schützen ist 6 . Diese Frage stellt sich, da die Kammer tendenziell eine restriktive Berufsorganisation ist. A u f Grund der Zwangsmitgliedschaft besteht keine Notwendigkeit zu einer personell expansiven Kammerpolitik. Das Ziel der Kammer ist die Definition des Berufsbildes und die dementsprechende Anpassung der Berufsangehörigen. Der Schritt zu einer Diskriminierung von Minderheiten ist nicht weit 7 . Ein anderer Grund für den geringen Schutz des Außenseiters ist die fehlende K r i t i k der sozialen Umgebung gegenüber dem Handeln der Kammer. Dadurch erhält die Kammerspitze eine starke Rückendeckung, die sich i n einer geringen Verständigungsbereitschaft m i t marginalen Gruppen innerhalb der Kammer auswirkt 8 . Bisher wurde das „Außenseiterproblem" i n den Kammern politisch noch nicht akut. Dies liegt an der in Deutschland überdurchschnittlichen Konformität m i t den Berufsnormen. Die soziologische Forschung führt dies auf die Herkunft der Berufsangehörigen und den Sozialisierungsprozeß, den sie durchlaufen hat, zurück 9 . Die Frage des Minderheitenschutzes könnte z. B. dann aktuell werden, wenn die Unvereinbarkeitsvorschriften zwischen Ärzten und Fachärzten weiter i n der bisherigen 6 Z u m Außenseiterschutz i n den Verbänden und Körperschaften Zacher, Böhm-Festschrift, S. 63 ff. (104) u n d Zacher, Demokratie, S. 157; zum Schutz des Verbrauchers gegenüber den Selbstverwaltungskörperschaften der W i r t schaft Huber, Selbstverwaltung, S. 11 f.; zum Minderheitenschutz bei Sozialversicherungsträgern Peters, Der Arbeitgeber 1967, S. 434 ff. (436) ; zum K o n f l i k t und zum Prozeß des „Machtwechseis" zwischen „ i n - g r o u p " und marginalen Gruppen (aus soziologischer Sicht) Daheim, Berufe, S. 261 f. 7 Z u m Zusammenhang restriktive Berufsorganisation u n d Minoritätenschutz Daheim, Berufe, S. 233, 260 ff. 8 Ä h n l i c h Daheim, Berufe, S. 250. 9 Rüschemeyer, Berufsstruktur, S. 122 ff. (134).

I I . Außenseiter-, Minderheitenschutz

151

inkonsequenten Form 1 0 beibehalten werden und es zu einer Frontstellung der praktischen Ärzte zu einzelnen Facharztgruppen i n den Kammerversammlungen kommt.

I I I . Nichtmitglieder

Neben den Mitgliedern werden von den geltenden Berufsordnungen teilweise auch Außenstehende betroffen 11 . So berührt eine Regelung, die dem Facharzt die Ausübung einer allgemeinärztlichen Tätigkeit verbietet, die freie Arztwahl des Patienten 1 2 . Das Gebot für den Rechtsanwalt, bei einer Klage gegen einen Kollegen vorher eine außergerichtliche Einigung zu suchen 13 , kann die Interessen des Mandanten und Auftraggebers berühren. Das Verbot für einen Steuerberater, eine Sozietät m i t einem Steuerbevollmächtigten zu betreiben, kann i n rechtlich geschützte Interessen des Steuerbevollmächtigten eingreifen. Bei der Beurteilung der Bindung für Nichtmitglieder ist es ohne Bedeutung, ob diese vom Berufsordnungsgeber beabsichtigt war oder ob sie nur einen ungezielten Rechtsreflex darstellt. Nicht der Wille des erlassenden Organs ist relevant, sondern die Rechtswirkungen, die eine Regelung auslöst 14 . Die entscheidende Voraussetzung für eine solche Regelung, die auch Nichtmitglieder betrifft, ist ein notwendiger 1 5 sachlicher Zusammenhang zwischen den für Mitglieder geltenden Regelungen und denen m i t Außenwirkung 1 6 .

10

Vgl. Starck, Berufsordnungen, S. 40 f., 44 f.

11

Diese Frage t r i t t auch bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung i m A r beitsrecht auf, dazu Peter Schneider i n Klein/Scheuner, Übertragung, S. 373 ff. (398); Hans Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (533 f.). Eine Parallele von (völlig unkontrollierter) E i n w i r k u n g eines privatrechtlichen Verbandes auf die Interessen D r i t t e r zeigt Nicklisch, ZRP 1968, S. 36, anhand der Normenausschüsse auf. Vgl. auch Daheim, Berufe, S. 268 f. (m. Nachw. aus der angloamerikanischen Sozialforschung). 12 Starck, AöR 92 (1967), S. 449ff. (469ff.); Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (35); Starck, Berufsordnungen, S. 26 f. 13

Richtlinien (Rechtsanwälte) § 13.

14

So auch Prost, N J W 1955, S. 1463 ff. (1465) u n d BVerfGE 13, S. 185 f.; a. A. Peters, HdBDStR I I , S. 264 ff. (266). 15 Hans Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (533): Außenstehende müssen dem Autonomieträger notwendigerweise sachlich verbunden sein. 16

Ä h n l i c h Spanner, Juristische Blätter 1951, S. 12 ff. (13); ebenso Hans Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (531, 533); a. A. Küttner, Diss. S. 62.

152

I I I . 4. Abschn. : Der persönliche Umfang der

egelungsgewalt

Bezüglich der gesetzlichen Grundlagen 1 7 der Erstreckung auf Außenstehende treten keine Besonderheiten auf. Entweder muß der erweiterte persönliche Wirkungskreis der Berufsordnungen unmittelbar aus dem Gesetz hervorgehen oder der Regelungsbereich, m i t dem die Erstrekkung i n zwingendem Zusammenhang steht, muß auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen. Auswirkungen ergeben sich jedoch für den Grad der Bestimmtheit der gesetzlichen Ermächtigung: Je stärker die Regelung Personen außerhalb des Mitgliederkreises trifft, desto größere Bedeutung hat sie für das gesamte Gemeinwesen und desto stärkeren Bestimmtheitsanforderungen unterliegt sie 18 . Sanktionen, die von Kammerorganen und Berufsgerichten erlassen werden, können jedoch nicht auf Nichtmitglieder erstreckt werden. Hier gilt streng die Beschränkung auf den Mitgliederkreis, da es nicht zwingend erforderlich ist, die Sanktionsgewalt auf Außenstehende auszudehnen 19 . Abzulehnen sind daher die Lösungen, die eine Bindung Außenstehender durch Berufsordnungen der Kammern ohne weitere Voraussetzungen zulassen 20 oder die eine solche generell verbieten 21 . Ebenso ist die Ansicht abzulehnen, Regelungen mit bloßer Wirkung gegenüber M i t gliedern als eine A r t innerdienstlicher Weisung anzusehen und solche m i t Außenwirkung als die eigentlichen autonomen Satzungen zu betrachten 22 . Dem steht entgegen, daß Berufsordnungen sowohl i m Innenais auch i m Außenverhältnis Rechtssatzcharakter haben. Bei den oben 23 aufgeführten Beispielen hat eine Regelung für die Kammermitglieder notwendig die genannten Auswirkungen auf Patienten, Mandanten bzw. auf den Steuerbevollmächtigten. Die Wirkung 17 Vgl. (mit gleichem Ergebnis) Forsthoff, Lehrbuch, S. 136; a. A. Ballerstedt, GR I I I / l S. 1 ff. (25 f.). 18 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (459); ähnlich Hans Schneider, M ö h r i n g Festschrift, S. 521 ff. (531). 19 I n diesem Sinne OVG Lüneburg, DÖV 1968, S. 775 f. (775). 20 Kieß, Diss. S. 59 ff., 157; Krüger, Staatslehre, S. 398 F N 6; Wolff , V e r waltungsrecht I, S. 124 (§ 25 I X b); vgl. Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (530); O L G Bremen, N J W 1954, S. 1937 ff. (1939), wo als Begründung für die Geltung einer Berufsordnung f ü r Nichtmitglieder „mittelbare Vorteile", die aus dem standestreuen Verhalten anderer Berufskollegen gezogen werden, als ausreichend angesehen werden. Weitere Nachw. Haug, Diss. S. 98 ff. 21 Atzbach, Diss. S. 70; Ermacora, W D S t R L Heft 16 (1958), S. 191 ff. (228); Herzog, Gesellschaft u n d P o l i t i k 1965, Heft 3, S. 1 ff. (19 F N 85); Krahn, Diss. S. 9 f.; Peters, Satzungsgewalt, HdBDStR I I , S. 264 ff. (266); Redeker, J Z 1954, S. 625 ff. (626); Starck, JuS 1969, S. 31 ff. (35); Starck, Berufsordnungen, S. 25; Vorbrugg, Diss. S. 282; Weber, Körperschaften I I , S. 38 ff. (41). 22 Forsthoff, Lehrbuch, S. 136 f.; dazu z.B. Hans Schneider, Möhring-Festschrift, S. 521 ff. (530 F N 15). 23 S. 151.

I. W i r k u n g für die Zeit vor der Berufsaufnahme

153

auf Außenstehende ist ein Rechtsreflex und hat keine Sanktionen zur Folge. Daher sind diese Regelungen i n den Berufsordnungen nicht deshalb unzulässig, weil sie sich auf Nichtmitglieder erstrecken 24 .

Fünfter

Abschnitt

D e r zeitliche U m f a n g der Regelungegewalt Für die zeitliche Geltung der Regelungsgewalt der Kammern müssen verschiedene Zeiträume unterschieden werden: Die Zeit bis zur Zulassung zu einem Beruf, der Zeitraum der Berufstätigkeit, der Zeitpunkt der Berufsbeendigung und der Zeitraum nach der Berufsbeendigung. I . W i r k u n g für die Zeit vor der Berufsaufnahme

I n der Zeit vor der zulässigen Berufsaufnahme hat der Berufsbewerber keine unmittelbare Beziehung zu der Berufskammer, insbesondere ist er ihr nicht mitgliedschaftlich verbunden. Bei Körperschaften und anderen Verbänden des Privatrechts hätte der Verband die Kompetenz, über Aufnahme oder Nichtaufnahme zu entscheiden. Die Koalitionsfreiheit umfaßt dort nicht nur die Ausgestaltung der inneren Ordnung des Verbandes, sondern auch die Beschlußfassung über Mitgliedskandidaten; für den Erwerb der Mitgliedschaft kann der Verband beliebige Voraussetzungen aufstellen. Bei den Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft ist dies jedoch anders. Der konstituierende Grund für die Errichtung einer solchen Körperschaft ist u. a., den Angehörigen eines Berufs zumindest die Möglichkeit zu geben, bei der Regelung von Fragen ihres Berufs selbst mitzuwirken. Statt der staatlichen Fremdbestimmung sollen die Berufsangehörigen i n gesetzlich näher bestimmten Bereichen ein Selbstbestimmungsrecht haben, bei dem immer die Möglichkeit der Beteiligung aller Berufsangehörigen an den Entscheidungen gegeben sein muß. Es darf keine strukturelle Fremdbestimmung vorgesehen sein. Eine solche Fremdbestimmung würde jedoch dann erfolgen, wenn Angehörige des Berufes über die Zulassungsvoraussetzungen für Personen, die noch nicht Mitglieder sind, entscheiden würden. 24

sig.

Möglicherweise sind die Regelungen jedoch aus anderen Gründen unzuläs-

154

I I I . . Abschn.: Der e i c h e Umfang der Hegelungsgewalt

Die Folge für die Berufsordnungen der Kammer ist daher, daß sie keine Wirksamkeit für die zeitliche Phase vor wirksamer Zulassung zu einem Beruf entfalten können 1 . Die Voraussetzungen einer Berufszulassung können nur unmittelbar durch ein Gesetz festgelegt werden. I n diesem Gesetz kann nicht auf Berufsordnungen der Kammern zurückgegriffen werden 2 ; soweit ein solcher Bezug erfolgt 3 , hat er nicht rechtsbegründende, sondern nur bestätigende Wirkung.

I I . W i r k u n g w ä h r e n d der Berufstätigkeit

Der Zeitraum von der Zulassung zur Berufstätigkeit bis zur Beendigung dieser Tätigkeit ist die zentrale Anwendungszeit für die Berufsordnungen der Kammern. Hier treten Probleme nur für den Fall auf, daß ein Berufsangehöriger seiner Berufstätigkeit eine andere hinzufügen möchte, z. B. wenn ein praktischer Arzt gleichzeitig eine Facharzttätigkeit ausüben w i l l oder ein Rechtsanwalt auch als Steuerbevollmächtigter tätig sein möchte. Dem stehen i n den geltenden Berufsordnungen Inkompatibilitätsfestlegungen entgegen 4 . Diese Ausdehnung des bisherigen Berufs auf einen weiteren Beruf oder eine berufliche Unterart läßt sich sowohl unter dem Gesichtspunkt des Erstberufs als auch unter dem des hinzugekommenen Berufs sehen. I n ersterem Fall betrifft es den Zeitraum der Berufsausübung, i n letzterem den der Zeit bis zur Zulassung zum Beruf. Da i n der Berufsordnung für den Erstberuf auch negative (Inkompatibilitäts-)Abgrenzungen getroffen werden können, ist diese für die Zulassung zu einem Zweitberuf entscheidend. Es ist daher zu unterscheiden zwischen einer Zulassung für den Erstberuf, für die die Voraussetzungen unmittelbar i m Gesetz geregelt sein müssen, und einer Zulassung für einen gleichzeitig ausgeübten Zweitberuf, dessen Voraussetzungen auch i n Berufsordnungen des Erstberufs geregelt werden können.

1 Dies entspricht auch der rechtspolitischen Forderung, daß die K a m m e r n nicht die Möglichkeit erhalten sollen, z. B. aus wirtschaftlichen Gründen den Zugang zu ihrem Beruf zu erschweren u n d dafür als M i t t e l die Berufsordnungen verwenden. 2 I m Ergebnis ebenso Scheuner, Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (35). 3 4

Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (820);

Vgl. z. B. A r t . 5 Abs. 2 c CSU-EArchG.

z. B. § 26 Abs. 3 Berufsordnung (Ärzte) Bayern; §§ 23, 67 Richtlinien (Rechtsanwälte) ; vgl. S. 161 f.

I I I . W i r k u n g für den Verlust der Berufszulassung

155

I I I . W i r k u n g für den Verlust der Berufszulassung

Die Anwendbarkeit von Berufsordnungen für den Verlust der Berufszulassung läßt sich nicht mit der Begründung ablehnen, daß der Verlust der Zulassung zur Berufswahl gehöre und damit nur durch Gesetz zu regeln sei 5 . Diese Ansicht übersieht, daß jeder Verstoß gegen eine Vorschrift der Berufsordnung letztlich den Verlust der Zulassung zu einem Beruf zur Folge hat. Eine Bestimmung i n einer Berufsordnung ist nicht nur ein Ratschlag oder eine gutachtliche Äußerung, sondern eine rechtsverbindliche Regelung. So wichtig die auf Einsicht beruhende innere Kontrolle („control") ist, so notwendig ist für eine unbedingte Einhaltung der Pflichten die auf Druck beruhende äußere Kontrolle („constraint") 6 . Das K r i t e r i u m für eine rechtsverbindliche Regelung ist ihre Durchsetzbarkeit 7 . Dafür stehen Sanktionen zur Verfügung, die den Berufsangehörigen zu einem bestimmten Verhalten bewegen sollen. Der Zweck dieser Sanktionen ist die nach Auffassung des Gesetz- und Berufsordnungsgebers ordnungsgemäße Ausübung des Berufs. Als stärkste Sanktion muß daher die Entziehung der Berufszulassung gegeben sein 8 , wenn die Regelungen ihren Zweck erfüllen sollen und nicht nur insoweit Geltung haben sollen, als sie eingehalten werden. Da somit jede Berufsausübungsregelung durch das Sanktionssystem der Berufsgerichtsbarkeit eine potentielle Berufswahlregelung darstellt, würde es eine Beschränkung der Kammertätigkeit auf unverbindliche Ermahnungen bedeuten, wenn man für sie eine die Berufswahl berührende Regelungskompetenz ausschließt. Daher können i n einer Berufsordnung auch die Voraussetzungen für den Verlust der Berufszulassung festgelegt werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Berufspflichten i n der Berufsordnung zu regeln und die Entziehung der Berufszulassung durch eine Stelle der unmittelbaren staatlichen Verwaltung — m i t oder ohne 5 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 ff. (469); Starck, Berufsordnungen, S. 25. Gegen eine starre Trennung Berufswahl—Berufsausübung u. a. auch Maunz i n Maunz! Dürig/Herzog, A r t . 12 GG R N 29 ff. m. Nachw.; widersprüchlich Bachof, GR I I I / 1 S. 155ff. (191 ff.) m. Nachw.; jüngstens scharf gegen die Gegenüberstellung W a h l - A u s ü b u n g Schwabe, DÖV 1969, S. 734 ff. (735 ff.). 6 Daheim, Berufe, S. 271. 7 Daß daneben auch außerstaatliche Ordnungen, die ohne staatlichen Zwang arbeiten, die notwendige Ordnung des gesellschaftlichen Lebens festsetzen u n d aufrechterhalten können (vgl. Heller, Staatslehre, S. 188), soll nicht bestritten werden. Wenn jedoch diese zwangsfreien Ordnungen das gesellschaftliche L e ben nicht mehr gewährleisten können, muß auf die (staatlich legitimierte) Sanktion zurückgegriffen werden. 8 Dies ist auch regelmäßig der F a l l ; so z. B. § 91 StBerG; § 114 Abs. 1 Nr. 4 B R A O ; § 18 Abs. 1 Nr. 5 K a m m e r G (Berlin).

1 5 6 I I .

. Abschn. : Der e i c h e Umfang der

egelungsgewalt

eigenen Ermessensspielraum — vornehmen zu lassen 9 . Diese Lösung hätte den Vorteil, daß die staatliche Einflußnahme auch bei der Festsetzung der Sanktionen erhalten bleibt. Die Initiative zu einer Aberkennung der Zulassung müßte zwar von der Kammer ausgehen, die Stelle der unmittelbaren Staatsverwaltung hätte jedoch die Möglichkeit, gegenüber einem — ihrer Ansicht nach — zu extensiven Gebrauch durch die Kammer begrenzend zu wirken. Dieses Modell ist zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, da der Gesetzgeber den Umfang der Kammerkompetenz beliebig klein halten kann. Bedenken bestehen jedoch deshalb, weil dadurch der Einfluß von Gesetzgeber und unmittelbarer Verwaltung unnötig ausgeweitet wird. Das Erfordernis einer dem Bestimmtheitsgrundsatz genügenden gesetzlichen Ermächtigung, die Notwendigkeit einer Genehmigung der Berufsordnung, die allgemeine Staatsaufsicht und die Möglichkeit der Anrufung von Berufsgerichten macht eine staatliche Zustimmung bei der Entziehung der Zulassung entbehrlich. Dem parlamentarischen Gesetzgeber bleibt die Möglichkeit, weitere Berufspflichten gesetzlich festzulegen, bei deren Zuwiderhandlung ein Entzug der Berufszulassung durch Verwaltungsakt erfolgt. Dies führt zu einer Doppelgleisigkeit des Verwaltungsverfahrens sowie zu verschiedenen Rechtswegen: Für den Entzug der Berufszulassung durch eine Behörde der unmittelbaren Verwaltung ist eine verwaltungsgerichtliche Anfechung möglich, für den Entzug auf Grund der Berufsordnung ist die Berufsgerichtsbarkeit zuständig 10 . Die Verfahrens- und Rechtswegzersplitterung widerspricht zwar dem Gedanken einer Verwaltungsund Gerichtsverfassungsvereinfachung, verfassungsrechtliche Einwände sind jedoch nicht dagegen zu erheben.

I V . W i r k u n g für die Z e i t nach Beendigung der Berufszulassung

Berufsordnungen sind für die Zeit nach der rechtlichen Beendigung der Berufstätigkeit i n der Regel nicht anwendbar, da Sanktionen, die bei einem Verstoß erfolgen, nur Mittel zur Erzwingung einer ordnungsgemäßen Berufsausübung sein dürfen. Wenn die Berufstätigkeit beendet ist und eine Kammermitgliedschaft nicht mehr besteht, ist der Grund für Maßnahmen der Kammern entfallen, hier kann nur das staatliche Gesetz Wirkung haben, das eine Berufsausübung ohne Zulassung und Kammermitgliedschaft nicht gestattet. Es wäre daher unzulässig, i n einer Berufsordnung Pflichten zu normieren, die nach dem Ausscheiden eine Tätigkeit in einem dritten Beruf ausschließen. Unbedenklich unter diesem 9 Dies ist teilweise bei den Heilberufen erfolgt; dazu DVB1. 1964, S. 53 ff. 10 Vgl. Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (820).

Meyer-Hentschel,

I. Aufgabenumschreibung i m ermächtigenden Gesetz

157

Gesichtspunkt 11 ist eine Pflicht für einen Assistenten oder Sozius, in gewissem Umkreis seiner bisherigen Tätigkeit eine eigene Praxis oder Kanzlei zu eröffnen 12 , da in diesem Fall der gleiche Beruf weiter ausgeübt wird.

Sechster Abschnitt D e r sachliche U m f a n g d e r R e g e l u n g e g e w a l t Diese Untersuchung hat in erster Linie die Kompetenz und das Zustandekommen der Berufsordnungen zum Gegenstand. M i t der grundsätzlichen Kammerkompetenz zum Erlaß von Berufsordnungen hängt jedoch zusammen, welche sachlich-inhaltlichen Regelungen von dieser Zuständigkeit umfaßt sind und welche außerhalb der Kammerkompetenz liegen. Daher ist der sachliche Umfang der Regelungsgewalt noch kurz zu umreißen. I . Generelle und spezifizierte Aufgabenumschreibung i m ermächtigenden Gesetz

Eine sachliche Grenze für die Berufsordnungskompetenz liegt i n den Bestimmungen des ermächtigenden Gesetzes1. Die Bestimmung kann durch eine programmatische Aufgabenstellung gegeben sein. Darin w i r d typischerweise festgelegt, daß die Kammer die beruflichen Belange zu wahren, die Erfüllung der Berufspflichten zu überwachen, die Fortbildung zu fördern und Versorgungseinrichtungen zu schaffen habe 2 . Gegen diese sehr allgemein gehaltenen Aufgaben11 Unter anderen Gesichtspunkten sieht Frotscher, DVB1. 1968, S. 904 ff., dies m i t Recht als unzulässig an. 12 So auch Grömig, Zeitschrift für Sozialreform 1969, S. 529 ff. 1 Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (622); Etmer/Bolck, Bundesärzteordnung, S. 20 (1); Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (662); Kalsbach, Rechtsanwaltschaft, S. 21 (m. Nachw. aus ausländischen Kammergesetzen); Nake, Der Betrieb 1961, S. 1401 ff. (1403); Prost, N J W 1955, S. 1463 ff. (1464); Redeker i n Kuhns, H e i l berufe, S. 1/9, 12 f.; Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 62, 71; Scheuner, DÖV 1952, S. 609 ff. (610); Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 15; Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (808 F N 47); Schneider, Alterssicherung, S. 64; Schick, EvStL, Sp. 105 ff. (106); Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff. (487); Spanner, DÖV 1959, S. 38 f. (38); Stoeber, Anwaltschaft, S. 215; BVerfGE 12, S. 319 ff. (325); BVerwG, GewArch. 1962, S. 185 f.; BVerwG, DÖV 1966, S. 795 f. (795); BayVerfGHE 4, S. 219 ff. (LS 4, 5); BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (LS 3, 6); BayVerfGHE 18, S. 166 ff. (172); OVG Lüneburg, DÖV 1968, S. 775 f. (775). F ü r einen weiteren Bereich der Kammerkompetenz Hess, Ärztliche M i t t e i lungen 1952, S. 254 ff. (254), 1954, S. 174 f. (174); Schambeck, Kummer-Festschrift, S. 443 ff. (444, 449) (für Österreich). 2 So z. B. A r t . 2 Abs. 1 K a m m e r G (Bayern).

1 5 8 I I I .

. Abschn. : Der s l i c h e Umfang der

egelungsgewalt

bestimmungen w i r d jedoch kaum eine Berufsordnung verstoßen, da der Kammer für die Bestimmung der beruflichen Belange ein sehr weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Neben der Gesamtaufgabenfeststellung für die Kammer sind i n der Regel auch die Einzelaufgaben der Kammer näher umrissen. Neben der gutachterlichen Tätigkeit, der gemeinsamen Willensbildung, der Wahrnehmung sozialer Belange w i r d dabei u. a. der Erlaß von Berufsordnungen als die Aufgabe der Kammer bezeichnet 3 . I n der Berufssoziologie hat man eine Einteilung der formalen Berufsorganisationen nach ihren Zielen vorgenommen 4 . Dabei w i r d zwischen nach außen gerichteten Zielen und solchen, die nach innen gerichtet sind, unterschieden. Solche nach außen gerichteten Aufgabenbereiche, wie die Kontrolle der Arbeitsbedingungen und die Entlohnung sowie kollektive Aktionen treten i m Aufgabenbereich der Kammern fast völlig i n den Hintergrund. Dies hat neben rechtlichen auch psychologische Gründe: Die Tätigkeit der Kammer ist an „höheren Werten" (Schutz der Allgemeinheit) orientiert, während die materiellen Interessen nach außen hin nicht von dieser Organisation wahrgenommen werden, sondern anderen „ w i r t schaftlichen Berufsverbänden" (z. B. Kassenärztliche Vereinigung, A n waltsverein) überlassen werden. Auch die Wissensvermittlung an die Mitglieder ist wegen des Vorhandenseins von Fachverbänden 5 i n den Kammern nicht dominant. Prägend für die Kammern ist ihre kontrollierende Funktion, die sich u. a. i m Erlaß von Berufsordnungen zeigt. Auch die spezifizierten Aufgabenbestimmungen sind jedoch nur für eine äußere Begenzung geeignet, da sie meist ohne nähere inhaltliche Umschreibung von den Berufsordnungen oder Berufspflichten sprechen®. II. „öffentliche" und „staatliche" Aufgaben Diese Grenzen werden auch nur unbedeutend konkretisiert, wenn man als weiteres inhaltliches Erfordernis das Vorliegen einer öffentlichen oder staatlichen Aufgabe verlangt 7 . Da sich nach dem gegenwärtigen 3

So z. B. § 5 Abs. 1 K a m m e r G (Nordrh.-Westf.). Die hier verwendeten Kategorien sind von Daheim, Berufe, S. 231 bis 242, sowie den darin referierten Theorien aus der amerikanischen Soziologie übernommen. 5 Brohm, Strukturen, S. 57; Daheim, Berufe, S. 237. 8 Von der positiven Aufgabenbestimmung als einziger Grenze für die K a m mern gehen jedoch aus Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (622); Hofferberth, DStR 1964, S. 660 ff. (662); BVerfGE 12, S. 319 ff. (325); BayVerfGHE 4, S. 219 ff. (249). 7 A u f die öffentlichen Aufgaben stellen für den Umfang der Körperschaftstätigkeit ab Huber, Selbstverwaltung, S. 15; Linckelmann, DÖV 1959, S. 813 ff. (815); Reuß, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 71; Rietdorf, DÖV 1959, S. 671 ff.; 4

I I I . „Gemeinschaftsgut"

159

Stand der Staatsrechtswissenschaft noch keine staatliche Aufgabenlehre konturiert hat und da eine solche wegen des vorwiegend dezisionistischen Charakters öffentlicher Aufgaben kaum möglich sein w i r d 8 , besteht bei diesem K r i t e r i u m eine breite „Grauzone" für die Abgrenzung der i n einer Berufsordnung zu regelnden Gegenstände. Soweit sich jedoch eine A b grenzung finden läßt, kann die öffentliche Aufgabe als eine Inhaltsgrenze für Berufsordnungen herangezogen werden, jedoch ist sie als alleinige Inhaltsbestimmung unzureichend.

I I I . „Gemeinschaftsgut"

U m so stärkere Bedeutung gewinnt daher eine andere inhaltliche A b grenzung. Wenn man ihre Außenwirkung betrachtet, gehören die Berufsordnungen zur obrigkeitlichen Verwaltung 9 , da sie gebietend i n die Sphäre des Berufsangehörigen eingreifen. Der Adressat der Berufsordnungen ist ihen durch seine Zwangsmitgliedschaft i n der Kammer unterworfen. Die Kompetenz der Kammer ist von dieser obrigkeitlichen Befugnis abgeleitet. Durch die Übertragung der Rechtsetzungskompetenz vom parlamentarischen Gesetzgeber auf die Kammern kann der Regelungsumfang keine qualitative oder quantitative Veränderung erfahren. Daher sind die Kammern beim Erlaß von Berufsordnungen den gleichen Voraussetzungen unterworfen wie der staatliche Gesetzgeber 10 .

Rupp, Privateigentum, S. 26 F N 46; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (428); Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797ff. (811 ff.); Scheuner, V e r sorgungseinrichtungen, S. 21; Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (70) m. umfangr. Nachw.; Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (150); ferner Haedenkamp, Hamburger Ärzteblatt 1948, S. 197; Hoff mann, Apothekenwesen, S. 40; Venter , Zahnärztliche Mitteilungen 1952, S. 155 ff. (156); BVerfGE 15, S. 235 ff. (241 f.); E 10, S. 354 ff. (361), 89 ff. (102 f.); B V e r w G E 23, S. 304; BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (160). Bedenken bei Peters, Verwaltung, S. 26; Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 ff. (223 f.) ; Wertenbruch, Peters-Gedächtnisschrift, S. 614 ff. (639). 8 Dazu Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 164 F N 50; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 ff. (181 ff.); Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (71 F N 22) m. w. Nachw. 9 Aus der Tatsache, daß die K a m m e r teilweise i m hoheitlichen und obrigkeitlichen Bereich tätig w i r d , ergeben sich auch Konsequenzen f ü r die Besetzung von leitenden Kammerstellungen m i t Ausländern (vgl. dazu Drucks, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Niederlassungsrecht, Nr. 3.242/ V I - 2/68 - D vom 28. Februar 1968). 10 I n diesem Sinne Redeker, DVB1. 1952, S. 201 ff. (202 f.), 239 ff. (240); Redeker, JZ 1954, S. 625 ff. (626, 628); Scheuner, Versorgungseinrichtungen, S. 21 f.; Werner Weber, Bogs-Festschrift, S. 211 ff. (211); Werner Weber, Der A r z t i n Westfalen 1960, S. 34 ff. (35, 37); Werner Weber, Zwangsversorgungseinrichtungen, S. 16; B V e r w G E 27, S. 303 ff. (304); ferner bereits Brangsch, Hamburger Ärzteblatt 1951, S. 172 f. (173).

1 6 0 I I I .

. Abschn. : Der s l i c h e Umfang der

egelungsgewalt

Unter den Bindungen des Gesetzgebers, an die sich auch die Kammer zu halten hat, ist insbesondere die nach Art. 12 Abs. 1 GG notwendige Relation zwischen dem Eingriff i n die Berufsfreiheit und dem „Gemeinwohl" bzw. „Gemeinschaftsgut", das durch die Regelung geschützt werden soll, zu beachten. Die „Ehre und das Ansehen des Berufsstandes" ist möglicherweise als spezifisches Kammerinteresse und nicht als ein solches Gemeinschaftsgut anzusehen 11 . Zwar geht von der Ehre und dem Ansehen eines Berufs eine gewisse Rückwirkung auf dessen Leistungen aus, jedoch ist dies keine verfassungsrechtliche Begründung für eine Einschränkung der Berufsfreiheit. Das entscheidende K r i t e r i u m ist, ob eine spezifisch gemeinschaftswichtige Aufgabe des Berufs eine bestimmte Regelung verlangt 1 2 . Bei den Ärzten ist diese gemeinschaftswichtige Aufgabe z. B. die optimale Tätigkeit für die Gesunderhaltung und Heilung der Patienten, bei den Rechtsanwälten die Mitarbeit bei der Rechtswahrung oder bei den Architekten die Verwirklichung von ästhetisch ansprechenden und technisch einwandfreien Bauten. Wieweit die jeweilige Bestimmung i n der Berufsordnung der Ehre und dem Ansehen des Standes dient, hat für diese Aufgaben keine unmittelbare Bedeutung. Es ist vielmehr nachzuweisen, daß die Regelung nach gegenwärtiger Sicht für die Aufrechterhaltung

11 Vgl. z. B. § 1 Abs. 2 Berufsordnung (Steuerberater), § 43 BRAO, Nr. I 1 Berufsordnung (Steuerbevollmächtigte). Z u r Begründung des sachlichen Umfangs von Berufsordnungen u n d K a m merkompetenzen dient Standesehre, Standesinteresse und Berufsethos auch bei Ermacora, Handbuch, S. 508 f.; Everling, Ehrenordnungen, S. 31 ff. (nach nationalsozialistischer Rechtsauffassung) ; Fröhler, GewArch. 1962, S. 169 ff. (170); Hess, Ärztliche Mitteilungen 1952, S. 141 ff.; Lüben, Fundamente, S. 97, 99; Ostermann, Diss. S. 4; Scheuner, Hedemann-Festschrift, S. 424 ff. (424, 427, 432); BVerfGE 7, S. 377 ff. (428, 444); B V e r w G E 27, S. 303 ff. (306); BayVerfGHE 4, S. 150 ff. (162); vgl. auch Bogs, Der Arbeitgeber 1967, S. 428 ff. (430), sowie § 81 a GewO a. F.; Ballerstedt, GR I I I / l S. 1 ff. (80 f.); Kaiser, Repräsentation, 5. 57 (referierend) u n d S. 65 F N 30. 12 Wie hier Eberhard, DÖV 1959, S. 620 ff. (623); Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 30 F N 181; Neuhäuser, Juristen-Jahrbuch 4 (1963/64), S. 120 ff. (132 f.); Ostermann, Diss. S. 7; Pathe, DVB1. 1950, S. 663 ff. (665); Quidde, DÖV 1958, S. 521 ff. (524); Redeker, DVB1.1952, S. 239 ff. (240); Redeker, JZ 1954, S. 625 ff. (628); Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (812); Schick, EvStL, Sp. 1962 ff. (1963); Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff. (488); Starck, Berufsordnungen, S. 27; Werner Weber, DÖV 1952, S. 705 ff. (708); Werner Weber, Bogs-Festschrift, S. 211 ff. (211); BVerfGE 15, S. 235 (241 f.); BayVerfGHE 4, S. 30 ff. (39) ; E 5, S. 161 ff. (LS 3); BT-Drucks. I I 1014, S. 121 zu § 203 Nr. 1 E n t w u r f B R A O ; nur scheinbar anders Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 29 f., der die Regelungen i m Bereich der Berufsfreiheit sowohl i m Gemeinschaftsinteresse als auch i m Individualinteresse sieht. Dies widerspricht nicht der These, daß die Legitimationsgrundlage die gemeinschaftswichtige Aufgabe des Berufs ist; a. A. B V e r w G E 5, S. 74 ff. (77); OVG Berlin, JR 1953, S. 268 f.

I I I . „Gemeinschaftsgut"

161

einer geordneten Rechtspflege bzw. einer ärztlichen Versorgung erforderlich ist 1 3 . Daher genügt es nicht, Bestimmungen der Berufsordnungen mit dem Interesse des Standes zu begründen. So ist z. B. 1 4 § 43 Satz 2 BRAO und § 1 Abs. 2 der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts 15 in dieser Fassung nicht m i t dem zulässigen Umfang der Regelungsgewalt vereinbar. I n der Regel w i r d zwar eine „Verletzung der Würde des Standes" auch auf eine mangelnde Berufseignung hinweisen. Die Würde des Standes stellt jedoch unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt von Art. 12 Abs. 1 GG kein K r i t e r i u m für eine Berufsregelung dar. Auch Bestimmungen i n den Berufsordnungen, die nur den sozialen und wirtschaftlichen Belangen der Berufsangehörigen dienen, ohne daß sie zugleich durch ein Gemeinschaftsgut veranlaßt sind, überschreiten die Rechtsetzungskompetenz der Kammern 1 6 . Dabei ist an die Gemeinwohlbezogenheit des wirtschaftlichen Interesses ein strenger Maßstab zu legen, um zu verhindern, daß rein berufliche Interessen auf „letzte Werte" zurückgeführt werden 1 7 . Besonders die den Wettbewerb berührenden Vorschriften der Berufsordnungen sind darauf zu untersuchen, ob ohne sie die Erfüllung der spezifisch gemeinschaftswichtigen Aufgaben des Berufs verhindert oder erschwert w i r d 1 8 . Das i n den ärztlichen Berufsordnungen ausgesprochene Verbot, gleichzeitig eine Tätigkeit als praktischer Arzt und als Facharzt auszuüben 19 , läßt sich i n der gegenwärtigen Form nicht mit einem Gemeinschaftsgut begründen. Nach heutiger Rechtslage ist es trotz dieser Inkompatibilitätsvorschrift möglich, daß sich der Facharzt nach jahrelanger Tätigkeit auf 13 I n diese Richtung laufen auch die Überlegungen von Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (37); Lerche, Übermaß, S. 200, wendet sich gegen die Formeln v o m Standesethos, da sie dem Erforderlichkeitsprinzip keinen Ansatzpunkt bieten. 14 Weitere Beispiele für die Heilberufe Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff. (489 f.); ebenso z. B. § 1 Abs. 2 Richtlinien (StBev). 15 „ E r (erg.: der Rechtsanwalt) hat sich innerhalb u n d außerhalb des Berufs der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, w ü r d i g zu erweisen." Ähnliche Formulierungen bei Kalsbach, Standesrecht, S. 27 ff.; Kalsbach, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43 A n m . 1; EGH, Bd. 1, S. 1 ff. 16 So auch Scheuner, Peters-Gedächtnisschrift, S. 797 ff. (811 ff.); Seeger, DVB1. 1958, S. 487 ff. (487 f.) m. w. Nachw.; Werner Weber, Juristen-Jahrbuch 8 (1967/68), S. 137 ff. (158); anders die K a m m e r s t r u k t u r i n Österreich, wo die K a m m e r n auch wirtschaftspolitische Bedeutung haben. 17 Diese Gefahr sieht Daheim, Berufe, S. 250 f. m. Nachw., besonders bei den klassischen Berufen. 18 Daher sachlich und methodisch verfehlt Starck, JuS 1970, S. 31 ff. (36 linke Sp.), anders dagegen S. 37. 19 Nachw. Starck, Berufsordnuhgen, S. 16 F N 30.

11 Brandstetter

1 6 2 I I I .

. Abschn. : Der s l i c h e Umfang der

egelungsgewalt

dem Spezialgebiet jederzeit als praktischer Arzt niederlassen kann. Dies zeigt, daß das oben genannte Verbot nicht aus Gründen einer bestmöglichen Gesundheitsversorgung und einer optimalen Fortbildung erlassen ist, sondern nur aus Gründen des wirtschaftlichen Konkurrenzschutzes 20 , und daß es daher unzulässig ist. Auch die i n den ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Regelung, daß sich Assistenten eines Arztes nur außerhalb eines gewissen Umkreises um den früheren Beschäftigungsort selbständig niederlassen dürfen, dient dem Konkurrenzschutz und ist nicht zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden GesundheitsVorsorge erforderlich 21 .

20 Vgl. Starck, Berufsordnungen, S. 40 f., inkonsequent S. 42 bezüglich des Verbotes, mehrere erworbene Facharztbezeichnungen zu führen. 21 Weitere Beispiele Brohm, Strukturen, S. 73.

Thesen 1. Die Richtlinien der rechts-, Steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe haben ebenso wie die Berufsordnungen der Heilberufe und Architekten Rechtssatzqualität. 2. Aus rechtstheoretischen und historischen Gründen ist eine originäre Regelungsbefugnis der Kammern abzulehnen. 3. Der rechtsstaatliche Allgemeinvorbehalt und der Gesetzesvorbehalt von A r t . 12 Abs. 1 Satz 2 GG schließen eine Regelung der Berufspfüchten durch die Kammern nicht aus. Es ist jedoch eine Sachentscheidung durch den Gesetzgeber erforderlich, die sich nach der Eingriffsintensität richten muß. 4. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG stellt weder eine Grundlage noch einen Ausschluß für Berufsordnungen dar. 5. Kammern können sich nur insoweit auf Grundrechte berufen, als sie Sachwalter von Individualgrundrechten der Mitglieder sind und dabei die Interessen der Mitglieder wahrnehmen. Wegen ihrer Doppelfunktion können die Kammern für den Erlaß von Berufsordnungen keine Grundrechte geltend machen. 6. Eine Einrichtungsgarantie der freien Berufe und damit eine Begründung für die herkömmliche Kammerkompetenz zum Erlaß von Berufsordnungen kann nicht aus der Berufsbildtheorie oder der Aufgabenbestimmung für bestimmte Berufe gefolgert werden. Durch die Garantie einer freiheitlich-sozialen Berufsordnung erfolgt kein Schutz einer bestimmten Organisationsform der Berufsangehörigen. 7. Stand und ständischer Gedanke sind weder i n der korporativistischen noch i n der genossenschaftlichen Ausprägung Strukturelemente des Grundgesetzes. 8. Die Anerkennung von Körperschaften des öffentlichen Rechts durch das Grundgesetz hat keine Garantie von Körperschaftskompetenzen zum Inhalt. 9. Das Verhältnis der Kammer zu ihren Mitgliedern ist weder ein „herkömmliches besonderes Gewaltverhältnis", noch ein „modernes gesteigertes Abhängigkeitsverhältnis", sondern ein „unechtes Statusverhältnis". 11*

164

Thesen

10. Dem Grundgesetz ist weder eine Legitimation noch eine Ablehnung von Berufsordnungen zu entnehmen. Es liegt auch keine stillschweigende Garantie von Kammerkompetenzen vor. Der Gesetzgeber hat bei der Übertragung von Rechtsetzungskompetenzen auf die Berufskammern eine Gestaltungsfreiheit, die jedoch an bestimmte Grenzen gebunden ist. 11. A r t . 80 Abs. 1 Satz 2 und A r t . 103 Abs. 2 GG sind grundsätzlich auch auf Satzungen anwendbar. Das Maß der erforderlichen Bestimmtheit richtet sich nach den Akzentsetzungen des Grundgesetzes. 12. Die funktionelle Zugehörigkeit des Erlasses von Berufsordnungen zum autonomen Bereich der Kammern erfordert eine demokratische Binnenstruktur („innerkörperschaftliche Demokratie") der Kammern. 13. Die staatliche Beteiligung am Zustandekommen der Berufsordnungen erfolgt mindestens i n Form der Rechtsauf sieht, kann jedoch auch als Zweckmäßigkeitsaufsicht oder Genehmigungspflicht ausgestattet werden. 14. Regelungen, die Auswirkungen auf Nichtmitglieder haben, können in den Berufsordnungen festgesetzt werden, soweit ein notwendiger sachlicher Zusammenhang besteht. 15. Für die Zeit vor und nach zugelassener Berufstätigkeit können Beruf sordnungen keine Wirksamkeit entfalten, durch sie kann jedoch der Verlust der Berufszulassung geregelt werden. 16. Eine Regelung in einer Berufsordnung kann nur insoweit erfolgen, als dies wegen einer spezifisch gemeinschaftswichtigen Aufgabe des Berufs erforderlich ist.

Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen I . Gesetze 1. Wirtschaftsprüfer Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) v o m 24. J u l i 1961 (BGBl. I, S. 1049), zit. WPO 2. Steuerberater u n d Steuerbevollmächtigte Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater u n d Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz) v o m 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301), zit. StBerG 3. Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung v o m 1. August 1959 (BGBl. I, S. 565), zit. BRAO 4. Notare Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 (BGBl. I, S. 98), zit. BNotO 5. Patentanwälte Patentanwaltsordnung v o m 7. September 1966 (BGBl. I, S. 557), zit. PatAnwO 6. Architekten a) Baden-Württemberg Architektengesetz v o m 5. Dezember 1955 (GBl. S. 265) i. d. F. vom 8. Februar 1966 (GBl. S. 6), zit. ArchG (Bad.-Württ.) b) Bayern aa) Gesetz über die F ü h r u n g der Berufsbezeichnung Architekt (Architektengesetz) v o m 23. Januar 1954 (GVB1. S. 29) i. d. F. v o m 10. Februar 1958 (GVB1. S. 22), zit. ArchG (Bay) bb) E n t w u r f der CSU-Fraktion f ü r ein Gesetz zur Änderung u n d E r gänzung des Gesetzes über die F ü h r u n g der Berufsbezeichnung Architekt (Architektengesetz) v o m 8. J u n i 1967 (Drucks. Bayerischer Landtag 6. Legislaturperiode Beilage 353), zit. CSU-EArchG (Bay) cc) E n t w u r f der bayerischen Staatsregierung f ü r ein Gesetz über den Schutz der Berufsbezeichnung „ A r c h i t e k t " , die Errichtung der Bayerischen Architektenkammer u n d über die Berufsgerichtsbarkeit der Architekten (Bayerisches Architektengesetz — BayArchG) v o m 9. Dezember 1969 (Drucks. Bayerischer Landtag 6. Legislaturperiode Beilage 2529), zit. Reg-Ε ArchG (Bay) c) Hamburg Hamburgisches Architektengesetz vom 26. November 1965 (GVB1. S. 205), zit. ArchG (Hamburg)

166

Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen d) Hessen Landesarchitektengesetz v o m 25. September 1968 (GVB1.1, S. 259/GVB1. I I 50 - 6), zit. ArchG (Hessen) e) Rheinland-Pfalz Landesgesetz über die Errichtung einer Architektenkammer i m Lande Rheinland-Pfalz v o m 7. M a i 1963 (GVB1. S. 133), zit. ArchG (Rh.-Pf.) f)

Saarland Rechtsanordnung über die Errichtung der Architektenkammer des Saarlandes v o m 4. J u l i 1947 (ABl. 1948 S. 215), zit. ArchG (Saar)

g) Schleswig-Holstein Gesetz über die Führung der Berufsbezeichnung „ A r c h i t e k t " und die Errichtung einer Architektenkammer (Architektengesetz) v o m 16. J u l i 1964 (GVB1. S. 95), zit. ArchG (Schl.-H.) 7. Heilberufe a) Baden-Württemberg Gesetz über die öffentliche Berufsvertretung der Ärzte, Zahnärzte, T i e r ärzte, Apotheker und Dentisten (Kammergesetz) v o m 27. Oktober 1953 (GBl. S. 163), zit. KammerG (Bad.-Württ.) b) Bayern Gesetz über die Berufsvertretungen u n d über die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte u n d Apotheker (Kammergesetz) v o m 15. J u l i 1957 (GVB1. S. 162), zit. KammerG (Bay) c) B e r l i n Gesetz über die K a m m e r n und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte u n d Apotheker (Berliner Kammergesetz) v o m 18. Dezember 1961 (GVB1. S. 1753), zit. KammerG (Berlin) d) Bremen Gesetz über die Berufsvertretung u n d Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker v o m 9. J u n i 1959 (GBl. S. 95), zit. KammerG (Bremen) e) Hamburg Ärztekammergesetz v o m 29. J u l i 1949 (GVB1. S. 131), zit. ÄrztekammerG (Hamburg) Zahnärztekammergesetz v o m 28. J u l i 1949 (GVB1. S. 136), zit. ZahnärztekammerG (Hamburg) Apothekerkammergesetz v o m 28. J u l i 1949 (GVB1. S. 141), zit. ApothekerkammerG (Hamburg) f) Hessen Gesetz über die Berufsvertretung u n d über die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte u n d Apotheker i. d. F. v o m 18. A p r i l 1966 (GVB1. S. 101), zit. KammerG (Hessen) g) Niedersachsen Gesetz über die Standesvertretungen der Ärzte, Apotheker, Tierärzte u n d Zahnärzte i. d. F. v o m 26. J u n i 1961 (GVB1. S. 161), zit. KammerG (Nds.) h) Nordrhein-Westfalen Gesetz über die K a m m e r n und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte i. d. F. vom 11. M a i 1964 (GVB1. S. 209), zit. KammerG (Nordrh.-Westf.)

Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen

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i)

Rheinland-Pfalz Landesgesetz über die K a m m e r n der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker u n d Tierärzte i. d. F. v o m 17. A p r i l 1967 (GVB1. S. 127), zit. KammerG (Rh.-Pf.) j) Saarland Gesetz Nr. 571 über die Errichtung der Ärztekammer des Saarlandes v o m 25. Februar 1957 (ABl. S. 197) i. d. F. vom 17. A p r i l 1967 (GVB1. S. 127), zit. KammerG (Saar) k) Schleswig-Holstein Gesetz über die Ärztekammer Schleswig-Holstein i. d. F. v o m 27. J u l i 1959 (GVOB1. S. 163), zit. ÄrztekammerG (Schl.-H.) Gesetz über die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein v o m 18. Dezember 1953 (GVB1. S. 168), zit. ZahnärztekammerG (Schl.-H.) Gesetz über die Tierärztekammer Schleswig-Holstein v o m 18. Dezember 1953 (GVOB1. S. 172), zit. TierärztekammerG (Schl.-H.) Gesetz über die Apothekerkammer Schleswig-Holstein v o m 18. Dezember 1953 (GVOB1. S. 175), zit. ApothekerkammerG (Schl.-H.) 8. Andere Gesetze Bürgerliches Gesetzbuch v o m 18. August 1896 (RGBl. S. 195), zit. BGB Gewerbeordnung i. d. F. v o m 26. J u l i 1900 (RGBl. S. 321), zit. GewO Grundgesetz v o m 23. M a i 1949 (BGBl. S. 1), zit. GG Parteiengesetz v o m 24. J u l i 1967 (BGBl. I, S. 777), zit. PartG I I . Berufsordnungen 1. Wirtschaftsprüfer Richtlinien f ü r die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer gemäß § 57 Abs. 1 Wirtschaftsprüferordnung v o m 24. J u l i 1961 (BGBl. I, S. 1049) v o m 9. J u l i 1964, Sonderdruck Düsseldorf 1967 und Klöcker/ Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 8 (3) S. 1 ff., zit. Richtlinien (Wirtschaftsprüfer) 2. Steuerberater Berufsgrundsätze der Steuerberater Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer v o m 18. November 1964, Sonderdruck u n d Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 8 (1) S. 1 ff., zit. Richtlinien (StBer) 3. Steuerbevollmächtigte Richtlinien f ü r das berufsgerechte Verhalten der Steuerbevollmächtigten (Standesrichtlinien) v o m 30. März 1965, Sonderdruck und Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch, Gr. 8 (2) S. 1 ff., zit. Richtlinien (StBev) 4. Rechtsanwälte Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts Richtlinien gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 B R A O Festgestellt von der Bundesrechtsanwaltskammer am 2./3. M a i 1963, Sonderdruck, zit. Richtlinien (Rechtsanwälte) 5. Notare Allgemeine Richtlinien für die Berufsausübung der Notare, Deutsche Notar-Zeitschrift 1963 S. 130 ff., zit. Richtlinien (Notare)

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Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen

6. Patentanwälte Berufsordnung w i r d voraussichtlich Ende 1970 erlassen. 7. Architekten Berufsordnung Anlage 3 der Satzung der Architektenkammer Baden-Württemberg (StAnz. Nr. 56 v o m 1. August 1959), zit. Berufsordnung ( Architekten ) Bad.-Württ. 8. Ärzte a) Baden-Württemberg Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 4. J u n i 1958 i. d. F. v o m 26. März 1960 (Ärzteblatt für Baden-Württemberg 1959 S. 89 u n d 1960 S. 168), zit. Berufsordnung (Ärzte) Bad.-Württ. b) Bayern Berufsordnung für die Ärzte Bayerns v o m 1. A p r i l 1958 (BayÄBl. 1958 S. 143 ff.) m i t Änderungen v o m 21. M a i 1960 (BayÄBl. 1960 S. 378 f.), 16. Oktober 1965 (BayÄBl. 1966 S. 62) u n d 1. J u l i 1969 (BayÄBl. 1969 S. 58 ff.), zit. Berufsordnung (Ärzte) Bayern c) B e r l i n Berufsordnung f ü r die Ärzte der Ärztekammer B e r l i n v o m 16. Februar 1967 (Amtsblatt f ü r B e r l i n 1967 S. 631), zit. Berufsordnung (Ärzte) Berlin d) Bremen Berufsordnung der Ärztekammer Bremen vom 4. Dezember 1961 (Brem. GVB1. S. 39), zit. Berufsordnung (Ärzte) Bremen e) Hamburg Berufsordnung der Hamburger Ärzteschaft v o m 20. M a i 1969 (Hamburger Ärzteblatt 1969 Heft 7), zit. Berufsordnung (Ärzte) Hamburg f) Hessen Berufsordnung f ü r die Ärzte i n Hessen v o m 17. J u n i 1967 (Hessisches Ärzteblatt 1967 S. 487 ff.), zit. Berufsordnung (Ärzte) Hessen g) Niedersachsen Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen v o m 25. A p r i l 1951 ( Etmer/Bolck , Bundesärzteordnung Anhang C 19), zit. Berufsordnung (Ärzte) Niedersachsen h) Nordrhein Berufsordnung f ü r die Ärzte i n Nordrhein v o m 12. Dezember 1956 (Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 1957 S. 726), zit. Berufsordnung (Ärzte) Nordrhein i) Westfalen-Lippe Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe, beschlossen i n den Sitzungen der Kammerversammlung v o m 26. M a i 1956, 8. Dezember 1956, 7. Dezember 1957, 14. Januar 1961 u n d 25. A p r i l 1964 (Westfälisches Ärzteblatt 1958 S. 223, 1961 S. 137 u n d 1964 S. 509), zit. Berufsordnung (Ärzte) Westf. j) Rheinland-Pfalz Berufsordnung f ü r die Ärzte i n Rheinland-Pfalz v o m 16. Januar 1960 (Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 1960 Heft 3), zit. Berufsordnung (Ärzte) Rh.-Pf. k) Saarland Berufs- u n d Facharztordnung für die Ärzte des Saarlandes v o m 10. Dezember 1959 (Sonderdruck der Ärztekammer des Saarlandes), zit. Berufsordnung (Ärzte) Saar

Verzeichnis der Gesetze und Berufsordnungen 1)

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Schleswig-Holstein Berufsordnung f ü r die Ärzte Schleswig-Holsteins vom 22. August 1960 ( Etmer/Bolck , Bundesärzteordnung Anhang C 23), zit. Berufsordnung (Ärzte) Schl.-H.

9. Zahnärzte Berufsordnung für die bayerischen Zahnärzte v o m 24. J u n i 1967, Handbuch der Bayerischen Landeszahnärztekammer (Sonderdruck) Β I I 1, zit. Berufsordnung (Zahnärzte) Bayern 10. Tierärzte Berufsordnung für die Tierärzte i n Bayern v o m 27. November 1958, Bayerisches Tierärzteblatt 1959 S. 4 ff., zit. Berufsordnung (Tierärzte) Bayern 11. Apotheker Berufsordnung für Apotheker der Bayerischen Landesapothekerkammer v o m 22. M a i 1958, Pharmazeutische Zeitung 1958 Bd. 103 S. 864, zit. Berufsordnung (Apotheker) Bayern

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