Delights of Harmony: James Gillray als Karikaturist der englischen Musikkultur um 1800 9783412508333, 9783412507893

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Delights of Harmony: James Gillray als Karikaturist der englischen Musikkultur um 1800
 9783412508333, 9783412507893

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Melanie Unseld (Hg.)

DELIGHTS James Gillray als Karikaturist der englischen Musikkultur um 1800

OF HARMONY

2017 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Mariann Steegmann Foundation

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: James Gillray: »A Little Music« or the Delights of Harmony, 1810 (Sammlung Unseld)

© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Sophie Zehetmayer, Wien Umschlaggestaltung: Satz + Layout Werkstatt Kluth, Erftstadt Satz und Layout: Bettina Waringer, Wien Druck und Bindung: Finidr, Cesky Tesin Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50789-3

Inhalt

Melanie Unseld

Clemens Kreutzfeldt

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur Ein ›anderer‹ Blick auf die englische Musikkultur um 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

»Whilst snug in our Club-room ...« Die Anacreontic Society: Englische Musikvereinskultur aus der Perspektive von James Gillray . . . . . . . . . 89

Evelyn Buyken

Maren Bagge

Musikalische Praxis, Gender und Politik Oder: Wie kritisch sind die musikalischen Karikaturen James Gillrays? . . . . . . . . . . . . . .

Sirenen und Kreischeulen Sängerinnen der englischen Musikkultur um 1800 in den Karikaturen James Gillrays . . . . . . . . . . .109

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Jonas Traudes

Delights of Harmony? Das Scheitern der ›feinen‹ Gesellschaft am Anspruch musikalischer Geselligkeit . . . . . . . . . 35 Elisabeth Reda

Ist Musik sichtbar? Bilder als Musikmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Gesamtverzeichnis der verwendeten Literatur . . . . 137 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . .147

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur Ein ›anderer‹ Blick auf die englische Musikkultur um 1800 Melanie Unseld

Der englische Karikaturist James Gillray (1756–1815) ist vor allem durch seine politischen Blätter bekannt geworden.1 Bis heute dienen seine ebenso pointierten wie detailverliebten Karikaturen über die gesamteuro­ päische Gemengelage und seine scharfsichtige anti-­ napoleonische Position als buchstäblich anschauliches Quellenmaterial einer revolutionsgesättigten Zeit. Diese Geschichtstauglichkeit seiner Karikaturen überdeckt möglicherweise, dass Gillray auch Gesellschaftliches aufs satirische Korn nahm, vor allem auch, dass er das Politische nie gänzlich vom Gesellschaftlichen und vom Individuellen trennte: Politik als ein von Menschen gemachtes und verantwortetes Terrain, damit auch als ein von Eitelkeiten, Schwächen, Vorlieben und Streitigkeiten gekennzeichnetes Terrain. Vice versa verriet Gillrays Blick auf Alltägliches mehr als die schlichte

Beobachtung von Gewohnheiten: Mode als Sinnbild für Sitte und Gesellschaft, Theater als Schaubühne der Weltpolitik (Abb. 16) und Musik…? Musik spielt auf den Karikaturen von James Gillray eine beachtliche Rolle: Er karikierte, hierin seinem Vorgänger William Hogarth in nichts nachstehend, die die öffentliche Wahrnehmung dominierenden Stars des Londoner Opernbetriebes (Abb. 20 und 22) und er kommentierte die Querelen zwischen den verschiedenen Theaterund Opernensembles, die oft weit über Theaterbelange hinausreichten. Mehr noch aber interessierte ihn das, was durch Musik an gesellschaftlichen Themen sichtbar wurde: Kommunikation, Repräsentation und jenes weite Feld, das sich über die Musikpraxis so trefflich (oder so trefflich misslingend) konturieren ließ: gesellschaftliche Distinktion. So sind die musikbezogenen Karikaturen 7

Melanie Unseld

Gillrays einerseits Einsichten in musikalische Alltagspraktiken, andererseits aber können sie auch als Einblicke in Diskurse verstanden werden, die sich für Gillray in musikalischem Handeln visualisieren ließen. Musik ist auf diese Weise nicht (nur) Alltagspraktik, sondern auch Sinnbild einer von Gillray scharf beobachteten Gesellschaft, deren »playing in parts« ihn immer wieder zu kritischen Satiren animierte (Abb. 4). Kaum ein Orchester auf den Karikaturen von Gillray, das diese gesellschaftliche Kakophonie nicht anschaulich machte. Als visuelle Quelle für die englische Musikkultur taugen Gillrays Arbeiten daher nur unter Vorbehalt. Die musikbezogenen Anteile müssen behutsam ›ausgelesen‹ werden: nicht als Abbild, eher als Sinnbild. Um noch einmal zum Orchester zurückzukommen: Dass Thomas Erskine auf dem Blatt Pacific-Overtures (Abb. 16) im Orchestergraben links die Pauke schlägt, weist ihn nicht als Orchestermitglied aus, vielmehr als (juristischen) Rhythmusgeber der englischen Krone.2 Und doch: die Gillray eigene Detailgenauigkeit ermöglicht zu der Sinnbildlichkeit eine historische Genauigkeit, die verblüfft. So sind Gillrays musikbezogene Arbeiten beides: Einblicke in musikalische Alltagspraktiken und musikalische Chiffren für Diskurse – ein Drittes nicht zu vergessen: visuelles Vergnügen. 8

Die Kunst der Karikatur in England um 1800

Die Karikatur im England des 18. Jahrhunderts galt nicht nur als ungeliebter Neuling im Feld der Künste­ – im kunstfernen Irgendwo zwischen Journalismus, ­populären Druckerzeugnissen, Zeitungen, politischen und aktuellen Broschüren, Plakaten und Einblatt­ drucken angesiedelt – sondern zugleich auch als neuer ›Akteur‹: Gleich nach dem Fall der Vorzensur für Druck­erzeugnisse 1695 begann die Erfolgsgeschichte des Genres in England, das Karikaturen royaler Personen und Ereignisse ebenso mit einschloss wie Politik und Zeitgeschehen, Gesellschaft, Mode und Usancen, ­Skandale und andere Aufgeregtheiten der Stunde: Die englische Karikatur konnte so zu einem frivolen, von den moralischen und ästhetischen Verantwortlichkeiten der Hochkunst freien Raum werden; zu einem Ort organisierter, zumindest tolerierter Unverantwortlichkeit und Experimentierlust, dem von der Obrigkeit eine Art örtlich begrenzter, karnevalesker Lizenz zur Verkehrung der gesellschaftlichen Verhältnisse erteilt wurde.3

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur

Erfolgsgeschichten freilich sind nicht denkbar ohne zahlreiche und tatkräftige Akteure. Im Fall der englischen Karikatur waren dies die Karikaturisten, die mit den Themen und Befindlichkeiten der Zeit eng genug vertraut waren, um sie satirisch überzeichnen zu können; die Verleger, die die Herstellung und den Vertrieb der Blätter ermöglichten; aber auch die Aristokratie und der englische Geldadel, die das Genre förderten – und kauften: Die Läden, in denen die Verleger und Verlegerinnen (häufig in Personalunion als Graveure tätig) die Blätter verkauften, lagen in den teuersten Wohngegenden Londons (Bond Street, St. James Street, Piccadilly) und waren nicht selten selbst Schauplatz karikierter Szenen, denn das rege Treiben vor den Schaufenstern ließ auf den gelingenden Umgang mit dem Genre schließen: »Karikatur wurde zu einem Teil der Währung des politischen Lebens – ein akzeptierter Preis des Ruhms und der gesellschaftlichen Bekanntheit, die es klugerweise zu ignorieren und zu verachten galt, wollte man nicht für provinziell gehalten werden.«4 Dass das Karikiertwerden und das öffentliche Zurschaustellen von Karikaturen immer auch eine »slippy« – glitschig-schlüpfrige – Angelegenheit war, nahm daher nicht nur Gillray aufs Korn (Abb. 13).5 Es ist im

Übrigen das Ladengeschäft seiner eigenen Graveurin und Verlegerin, das Gillray hier zu sehen gibt: Hannah Humphrey, die – nachdem sie ihr Geschäft zuvor in der Old Bond Street, Bedford Court, Covent Garden und der New Bond Street geführt hatte – 1797–1817 in der St. James’s Street hochpreisige Karikaturen produzierte und verkaufte, in unmittelbarer Nachbarschaft von Politik, Mäzenatentum, Konzertsälen, Instrumentenbauern, Kunst- und Musikhandel, und für die Gillray seit 1791 exklusiv arbeitete.6 Auf dem Kontinent übrigens wurde das ›Ereignis Karikatur‹ ob seiner Offenheit und gesellschaftlichen Relevanz durchaus bestaunt: »… so findet das Englische Volk in jedem Caricaturgemälde sein großes Vorrecht bestätiget, alle Thorheiten ohne Unterschied und ohne kleinliche, ängstliche Rücksichten frei und öffentlich zu belachen«, beobachtete August Gottlieb Goede 1802.7 Und dass in der in Weimar seit 1798 erscheinenden Zeitung London und Paris regelmäßig Gillray-Karikaturen abgedruckt und kommentiert wurden,8 spricht für die weite Verbreitung auch jenseits des British Empire.9

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Melanie Unseld

Intellektuelle Verweisspiele

Gillrays Karikaturen waren sehr erfolgreich. Die Käufer und Betrachter seiner Arbeiten schätzten seine pointierte Treffsicherheit und satirische Schärfe, aber auch, dass er die Karikatur als intellektuelles Spiel verstand. Gillray liebte die Kunst der Anspielung und Mehrdeutigkeiten. Dafür nutzte er nicht nur verschiedene Möglichkeiten, Text(e) in Bild zu integrieren – Titel, Untertitel, Sprechblasen, lesbare Aufschriften u.v.m. –, sondern vor allem auch ein intertextuelles Verweisspiel. Seine Karikaturen spielen mit dem Wiedererkennen visueller Chiffren, Stile etc.; Gillray ließ dabei die ­Tradition auf die neuesten Strömungen der Kunst treffen, die ›hohe‹, akademische auf die ›niedere‹, die nationale auf die internationale, die Antike auf aktuelle Antike-Rezeption…10 Diese Verweisspiele machten die Karikaturen Gillrays für die Zeitgenossen (auch) zu einem intellektuellen Vergnügen. Sie sind aber – wie bei auf tagesaktuelle Ereignisse Anspielendem nicht anders zu erwarten – vor allem für die unmittelbaren Zeit- (und Raum) genossen gedacht, erschließen sich vor allem aus dem Miterleben und (Wiederer)kennen der unmittelbaren Ereignisse und Diskurse und gewinnen hierdurch ihren 10

Anspielungsreichtum. Sie mit einer zeitlichen Distanz von rund 200 Jahren zu dechiffrieren, gelingt daher nicht ohne weiteres, und es ist anzunehmen, dass heute nur noch ein Bruchteil des intertextuellen Potentials erkennbar wird. Vor allem verlieren die Karikaturen damit (möglicherweise) die Spontaneität ihres Witzes und ihrer satirischen Schärfe. Dennoch: neben der Unmittelbarkeit im Anschauen der dargestellten Personen und Situationen lohnt es, sich den von Gillray gelegten Spuren jener Verweisspiele hinzugeben. Anlass für jene intellektuellen Verweisspiele fand Gillray übrigens schier überall: Noch heute bekannt sind vor allem seine politischen Karikaturen, anti-­ napoleonische Kommentare zur aktuellen, revolutionär aufgeladenen Tagespolitik im Allgemeinen wie zum englischen Königshaus und den politischen Akteuren des British Empire im Besonderen. Eng damit verbunden, die Schnittstelle des Politischen mit dem Privaten genüsslich ausschreitend: Gillrays Karikaturen über allerlei Skandale. Hier fährt Gillray in seinem Anspielungsreichtum zu Höchstform auf, indem er Klatsch und Tratsch in Gewänder antiker Mythologien hüllt, um de/chiffrierend offenzulegen und zu kommentieren. So heißt das Blatt, das den Skandal um Mary Anne

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur

Clarke zum Thema hat, Pandora opening her Box, wobei die Anspielung auf den Militärskandal um den Duke of York und seine Geliebte Mary Anne Clarke offenbar für die Zeitgenossen ausreichte, denn der Name Clarke­taucht auch dem Blatt nicht auf. Vor seiner spitzen Feder waren auch allgemeine gesellschaftliche Themen nicht gefeit: immer wieder Mode, aber auch Ess- und Lebensgewohnheiten, gesellschaftliche Konventionen, Theater, Salons oder auch populäre Formen von ­Wissenschaft und Wissensvermittlung.11 Das Terrain von Gillrays musikbezogenen Karikaturen: Die Londoner Musikkultur um 1800

Im Umfeld dieses scharfen Blicks über und in die Gesellschaft bot auch die Londoner Musikkultur Gillray (und anderen Karikaturisten) ob ihrer Vielfalt, ihrer Aktualität und nicht zuletzt auch ob ihres gesellschaftlichen Belangs immer wieder Anlässe zur Karikatur. Die Vielfalt der Londoner Musikkultur, gut dokumentiert und erforscht, bildet damit den Hintergrund, vor dem Gillrays musikbezogene Karikaturen zu verstehen sind, innerhalb dieser Musikkultur liegen die Fäden jener intellektuellen und künstlerischen Verweisspiele. Ohne

jene ›Schauseite‹ der Londoner Musikkultur wäre denn auch der Anspielungsreichtum auf den Karikaturen Gillrays kaum zu verstehen. Zu dieser gehört das rege Opern- und Theaterleben mitsamt den öffentlich wahrnehmbaren (und neugierig wahrgenommenen) Premieren, Skandalen und Akteuren. Hinzu gehört auch das experimentierfreudige Konzertwesen,12 angesiedelt zwischen künstlerischer Selbstbehauptung und kommerziellem (Miss)Erfolg, zwischen Konkurrenz und Kollegialität, zwischen Newcomern und Etablierten, Zugereisten und Einheimischen, neuen Konzepten und traditionsreichen Einrichtungen, zwischen Konzertgesellschaften und Glee Clubs,13 zwischen Gasthaus und Salon, Theater und Konzertsaal, Hanover Square Rooms und Vauxhall Gardens, zwischen Professionalität und Dilettantentum, zwischen pleasure, amusement und academic ambition, zwischen Kennern und Liebhabern, zwischen gemischten und exklusiven Publika … kaum eine Form konzertanter Musikdarbietung, die nicht erprobt worden wäre, sich etablieren konnte oder auch nach kurzer Zeit wieder verschwand. Flankiert wurden diese durch musikalische, literarische und anders geprägte Salons, in denen nicht nur Musik auf­ geführt und diskutiert wurde, sondern die insbesondere 11

Melanie Unseld

auch für die London besuchenden Musikerinnen und Musiker eine wichtige Kommunikationsplattform darstellten: Hier begegnete man Gleichgesinnten, knüpfte Kontakte, konnte ›sich hören lassen‹ und erhielt womöglich Aufträge, Auftrittsgelegenheiten oder sonstige nützliche Hinweise. So standen Salon und Musikförderung bzw. Mäzenatentum auch hier in London in einem engen Wechselverhältnis. Joseph Haydn etwa hätte bei seinem Londoner Aufenthalt kaum so unmittelbar und intensiv Zugang zum dortigen Musikleben gefunden ohne die zahlreichen Einladungen in die Salons von Anne Hunter und anderen. Die Londoner Musikkultur wäre allerdings unvollständig skizziert ohne Hinweise auf das ökonomisch höchst erfolgreiche (und innovative) Musikverlagswesen und den Instrumentenbau, beides mit internationalen Vertriebswegen. Gillray war übrigens auch hier tätig: Das Widmungsblatt der Collection of 12 Songs von Harriett Abrams gestaltete er 1808, freilich ohne jeden Anflug karikierender Bildelemente (Abb. 3). Es verwundert vor diesem Gesamthintergrund nicht, dass für zahlreiche Musikerinnen und Musiker England, und insbesondere London, als durchaus ­attraktiver Ort der eigenen Karriere betrachtet wurde: reisende Virtuosinnen und Virtuosen suchten hier 12

ebenso Auftrittsmöglichkeiten wie Komponisten Verleger. Die Vielfalt war damit international eingefärbt, die Hoffnung auf (auch ökonomischen) Erfolg zog viele vom Kontinent nach London. Vielfalt, Quantität, ökonomischer Erfolg – nicht ­alles, was die Londoner Musikkultur um 1800 ausmachte, stand im Ansehen qualitativer Hochwertigkeit. Im Gegenteil: Gerade aus der Perspektive ›von außen‹ ­mokierte man sich gern über die mangelnde Qualität englischer Musikkultur: 1794 heißt es im Journal des Luxus und der Moden, man sei sich gewiss, daß die Engländer in der Composition eben keine Helden sind; doch fängt sich ihr Geschmack sowohl in Composition als Execution auf Instrumenten jetzt an immer mehr zu bilden; und das ist kein Wunder, denn die Herren Engländer müßten sehr lange Ohren haben, wenn sie nicht von allen den großen Beyspielen, die sie täglich um sich haben, etwas lernen wollten. London ist voll von fremden, vorzüglich teutschen, Virtuosen. Große Meister auf Instrumenten sind unter den Engländern selbst noch immer seltne Vögel.14

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur

Gern brachten deutsche Beobachter die mangelnde Qualität mit dem unübersehbaren kommerziellen Erfolg in Verbindung. So heißt es in einem deutschsprachigen Conversations-Lexicon aus dem Jahr 1835: In dem Grade, wie Italien industriell, ist England musikalisch. Die Engländer musiciren wie sie malen, und malen wie die Italiener Eisenbahnen anlegen oder Steinkohlen graben. Sie wären unstreitig die geschicktesten Musiker der Erde, könnte Musik durch Dampf getrieben und mit dem Finished versehen werden, durch welches sich die Englischen Fabrikate so sehr vor allen andern auszeichnen. […] An Sinn für Musik fehlt es ihnen nicht, nur an Geschmack.15

»Lesarten«

Dass Gillray sowohl die mangelnde Qualität der Musik­ darbietungen aufs Korn nahm als auch die der Musik allzu rasch attestierte Funktion einer gesellschaftlichen Harmoniestifterin, spricht dafür, dass die Vielfalt, in der die Londoner Musikkultur uns in den Quellen entgegen tritt, auch eine Vielfalt an Qualität und Zugewandtheit bedeutete.16

Zur ›Schauseite‹ der Londoner Musikkultur um 1800 gibt Gillray damit vor allem auch eine ›andere‹ Lesart: Disharmonie statt Harmonie, mangelnde Kompetenz bei den Ausführenden, Ignoranz seitens der Zuhörenden… die (Über)Fülle an Musik steht bei Gillray ebenso oft in der Kritik wie die Funktionalisierung von Musik für allerlei Außermusikalisches: Kommunika­ tion, moralische Fragen, gesellschaftliche Konventionen, Bildungsanspruch… Und nicht zuletzt dient ihm die (Opern)Bühne immer wieder auch als Sinnbild der Gesellschaft. Dies freilich weckt das Interesse an seinen musikbezogenen Karikaturen jenseits ihrer aktuellen Kommentarebene: Gerade weil in den Karikaturen viel über Musik als Beziehungskunst zu sehen gegeben wird, ist anhand dieser Quellen vieles über Musik zu erfahren, das sich den üblichen Text- und Notenquellen nicht (oder nur schwer) entnehmen lässt. Dazu freilich ist ein behutsamer Blick auf das ›slippy genre‹ notwendig, denn Karikaturen sind in einem noch viel geringeren Maße ›evident‹ als Bildquellen ohnehin.17 Schon allgemein wäre zu fragen, ob Bilder von den Betrachtenden als »natürliche Zeichen« verstehbar und damit unmittelbar – d. h. auch ohne Ansehung des kulturellen oder historischen Umfelds des Betrachters 13

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oder der Betrachterin – ›auslesbar‹ seien. Gegen einen solchen »Mythos ihrer unmittelbaren Verständlichkeit« von Bildern wenden sich die Kunstwissenschaftlerinnen Sigrid Schade und Silke Wenk, wenn sie betonen, dass es nicht um Lesbarkeiten gehe, sondern um die Frage, »was wie zu sehen gegeben wird«.18 Gillrays Karikaturen zu betrachten, kann vor diesem Hintergrund daher nur heißen, behutsam jene Schichten von Anspielungen und Hinweisen abzutragen, die verstehen helfen, was Gillray wie zu sehen gibt. Nimmt man diese Perspektive ernst, lassen sich die eingangs gemachten Beobachtungen, dass Gillray einerseits detailverliebt und geradezu quellengenau Hinweise auf Aspekte der Musikkultur gibt und dass er andererseits die musikalischen Settings als Chiffren für Dis­ kurse verwendet, konkretisieren. Die Karikatur A Country Concert; – or – an Evenings Entertainment in Sussex (Abb. 2) ist hierfür ein treffendes Beispiel, lassen sich doch durch die Besetzung der an der Abendmusik Beteiligten und der Sprechblasen über der Klavierspielerin und dem Cellisten das zur Aufführung Gebrachte durchaus klar erschließen. Es handelt sich um Johann Baptist Cramers Bearbeitung eines Glees «Beviamo tutti tre«: Three sonatas for the 14

piano forte with accompaniments for flute or violin & ­violoncello ad libitum: in which are introduced the following favorite airs: Haste to the wedding, In my pleasant native plains, Beviamo tutti tre, We be soldiers three, Rondo ecossois, Air in Ariadne. Cramer, als Klavierpädagoge, Pianist, Musikverleger und Klavierbauer im Londoner Musikleben in verschiedenen Sparten aktiv und mit Fragen lukrativer Popularität durchaus vertraut, stützte sich mit den einfach gesetzten Sonatas auf eine Musizierpraxis, die variable Besetzung ebenso ermöglichte wie das Mitsingen der »favorite airs«, in diesem Fall dem Glee »Beviamo tutti tre«, das bereits in mehreren Musikdrucken in London kursierte und dessen sittliche Tauglichkeit auch für Frauen explizit ausgewiesen war (»The Words consistent with Female Delicacy«).19 Ähnlich genau, Gillrays Detailverlässlichkeit und -freudigkeit sei Dank, lässt sich auch festhalten, was die junge »Betty Giles« auf dem Blatt Farmer Giles & his wife shewing off their daughter Betty to their neighbours, on her return from school (Abb. 8) im häuslichen Rahmen vorträgt: Auf dem Notenblatt zu lesen ist Bluebell of Scotland. Sung by Mrs Jordan, und selbst der Textanfang des Songs ist noch lesbar: »O where and o where is your Highland …«. Der von Gillray zu sehen gegebe-

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur

ne Notendruck, basierend auf der Bearbeitung einer Schottischen Volksweise durch die Schauspielerin Dora Jordan, ist Teil jener verlegerischen Praxis, die populäre Arien, Airs, Ballads und andere Gesangsstücke aus dem Repertoire der Londoner Theater bearbeitete und in schier unübersehbarer Fülle auf den Londoner Musikalienmarkt brachte, nie unkommentiert, wo und durch wen das Stück komponiert, aufgeführt und bekannt geworden war.20 Entsprechend heißt es selbst noch auf einem in New York erschienenen Notennachdruck der Ballade Bluebell of Scotland: »[…], as composed and sung by Mrs. Jordan at the Theatre Royal Drury Lane« (Abb. 9). Doch wer ist »Betty Giles«? So detailversessen die Noten aufgeführt sind, so chiffrenhaft erscheint jenes junge Mädchen, dessen musikalische Fähigkeiten gleich nach der Schule – wie der Untertitel verrät – den Nachbarn zur Schau gestellt wird. Im bereits zitierten Artikel im Journal des Luxus und der Moden lassen sich erste Hinweise auf diese Chiffre finden: Lassen Sie uns, lieber Freund, nun noch auf einige Augenblicke in Privathäuser gehen, wo der Muse der Musik geopfert wird. Ich habe Ihnen schon oben

gesagt, daß es zur guten Erziehung gehört, daß die jungen Damen vorzüglich ein oder das andre Instrument, gewöhnlich Harfe oder Clavier, lernen; auch des Gesanges befleißigen sie sich, aber, wie es gewöhnlich geht, sie leisten nicht sehr viel. So lange sie noch unverheiratet sind, treiben sie das Ding wohl, um vielleicht einen Reiz mehr für ihre Anbeter zu haben. Aber ist die heilige Ehe einmal geschlossen, dann wird meistens die Leyer an die Wand gehängt. Doch giebt es hievon Ausnahmen, und ich habe Frauenzimmer gehört, die es so weit in der Musik gebracht haben, daß sie gewiß nie ihre Kunst verlassen oder verlernen werden. ­Manche aber sind gewiß sehr froh, wann sie durch eine Heyrath der Musikschule entlaufen; und die Kunst ganz aufgeben können.21

Kaum anders als auf dem Kontinent gehörte die musikalische Ausbildung von Mädchen und jungen Frauen zum Bildungskanon, allerdings nur insoweit die Fähigkeiten zu einer allgemeinen Unterhaltung ausreichten.22 Allzu großes Engagement an »Harfe oder Clavier« war nicht nur nicht intendiert, sondern erschien geradezu der Intention dieser musikalischen Praxis abträglich, einen zukünftigen Ehemann von der Sittsamkeit und der 15

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Fähigkeit zu überzeugen, für einen angenehmen Zeitvertreib zu sorgen. In Jane Austens Roman Stolz und Vorurteil (1813) erhält man einen Einblick in diese Melange aus musikalischer Praxis und sittlich-moralischem Einfügen junger Frauen in die Gesellschaft, hier die beiden Schwestern Elizabeth und Mary vergleichend: Ihr [= Elizabeths] Vortrag war gefällig, wenngleich keinesfalls großartig. Nach ein paar Liedern, und ehe sie noch auf die dringenden Bitten mehrerer Gäste ­antworten konnte, daß sie doch noch einmal singen möge, folgte ihr ihre Schwester Mary eifrig ans Klavier; denn da sie die einzig Reizlose in der Familie war und sich deshalb hart um Kenntnisse und Fertigkeiten bemühte, brannte sie steht darauf, sich zu produzieren.23

Beide Schwestern sind musikalisch wenig begabt, doch während Elizabeth mit einer gewissen natürlichen Musikalität die Gäste für sich einzunehmen versteht, zugleich aber um ihre künstlerischen Grenzen wohl Bescheid weiß, spielt Mary das hart erarbeitete klavieristische Bildungsprogramm für junge Frauen ab, in der Hoffnung, auf diese Weise die Aufmerksamkeit eines potentiellen Ehemanns zu gewinnen. Die Gillraysche 16

»Betty Giles« tut offenbar Ähnliches, unterstützt durch die sie flankierenden Eltern, und unterstützt durch weitere sichtbare Werbemaßnahmen, die im Zimmer ausgestellt sind. Ob der Vortrag auf den potentiellen Heiratskandidaten auf der rechten Bildseite Eindruck macht, ist dessen maskenhaftem Gesichtsausdruck nicht zu entnehmen, glaubt man der alten Frau rechts auf dem Sofa und dem Hund, ist der Vortrag nicht eben mitreißend. »Betty Giles« aber steht damit nicht für eine konkrete Person, sondern für das Phänomen der jungen, unverheirateten Frau, die mit einem Bildungsprogramm, zu dem Musizieren zentral hinzu gehörte, auf eine versorgende Ehe vorbereitet werden sollte. Die Bildungsferne des Elternhauses, in dem diese Musikpraxis auf eben diese Funktionalität radikal zurückgestutzt zu sein scheint, ist im von Gillray aufgrund seiner Detailschärfe wohl inszenierten Verweisspiel abzulesen: Dora Jordan, die als Urheberin und Sängerin jener Ballade zeichnet, war nicht nur Schauspielerin, sondern auch Maitresse von William, Duke of Clarence (dem späterer König William IV.). Das Nicht-Sichtbare dieser Liaison aber, das sich kaum mit den moralischen Vorstellungen des Farmers Giles und seiner Frau hätte verbinden lassen können, steht im Widerspruch zum

James Gillray und das »slippy genre« der Karikatur

Sichtbaren: jener populären, volkstümlichen Ballade vom unschuldigen Veilchen, das die Tochter naiv vorträgt. Gillray lässt aus diesem Widerspruch satirischen Funken schlagen. Die Beispiele zeigen – sicherlich hier kaum erschöpfend betrachtet, aber doch punktuell aufgezeigt –, dass ein Abwägen verschiedener Lesarten der Gillrayschen Karikaturen mit Musikbezug Vielfältiges zutage fördert: Die Karikaturen können als konkrete musikhistorische Quelle dienen, wenn auf ihnen Details über konkretes Repertoire oder Personen des Musiklebens der Zeit zu erfahren sind. Doch neben dieser Sachebene scheinen vor allem jene Hinweise interessant, in denen Diskurs­ verdichtungen zu erkennen sind: Wenn über die Situation der jungen, unverheirateten Frau nachzudenken ist, deren Signum als Unverheiratete eine gewisse Form musikalischer Praxis vorsieht, oder wenn die Klavierspielerin das »Beviamo tutti tre« mitsingen und damit an einer populären Form des häuslichen Musizierens teilhaben kann, da die Worte als für weibliche Sittsamkeit geeignet ausgewiesen sind, lassen sich in den Karikaturen Momente eines Geschlechterdiskurses erkennen, über den sich zu mokieren Gillray die Betrachtenden einlädt.

Anmerkungen 1

Einen umfassenden Einblick in Gillrays Karikaturen gibt Christina Oberstebrink: Karikatur und Poetik. James Gillray 1756–1815, Berlin 2005. Dort auch weiterführende Literatur. 2 Zum Blatt selbst siehe: , 2.09.2016, sowie die Kommentierung des Blattes in Gisela Vetter-Liebenow (Hg.), Als die Royals aus Hannover kamen. Königliches Theater! Britische Karikaturen aus der Zeit der Personalunion und der Gegenwart, Hannover 2014, S. 81. 3 Karl Janke, »›They’re a Living Spectacle …‹ Zerrbilder des Royalen«, in: Als die Royals aus Hannover kamen. Königliches Theater! Britische Karikaturen aus der Zeit der Personalunion und der Gegenwart, hrsg. von Gisela Vetter-Liebenow, Hannover 2014, S. 10–27, hier: S. 19. 4 Ebd. 5 Weitere Abbildungen dazu siehe: Timothy Clayton, »The London Printsellers and the Export of English Graphic Prints«, in: Loyal Subversion? Caricatures from the Personal Union between England and Hanover (1714–1837), hrsg. von Anorthe Kremers und Elisabeth Reich, Göttingen 2014, S. 140–162. 6 Biographische Hinweise zu Humphrey siehe: , 22.09.2016.

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Zit. nach Karl Janke 2014, S. 19. Vgl. dazu Iris Lauterbach, »›London und Paris‹ in Weimar. Eine Zeitschrift und ihre Karikaturen als kunst- und kulturgeschichtliche Quelle der Zeit um 1800«, in: Festschrift Hartmut Biermann, hrsg. von Christoph Andreas, Maraike Bückling und Roland Dorn, Weinheim 1990, S. 203–218. Dazu auch Timothy Clayton 2014, S. 140–162. Vgl. dazu etwa Oberstebrink 2005 sowie dies., »Gillray and Royalty. The Politics of High and Low in Eighteenth-Century Art«, in: Loyal Subversion? Caricatures from the Personal Union between England and Hanover (1714–1837), hrsg. von Anorthe Kremers und Elisabeth Reich, Göttingen 2014, S. 52–68. Vgl. , 22.09.2016. Vgl. hierzu u.a. Susan Wollenberg and Simon McVeigh (Hg.), Concert Life in Eighteenth-Century Britain, Farnham/ Burlington 2004. Vgl. zu letzteren auch den Beitrag von Clemens Kreutzfeldt im vorliegenden Band. [Anonym], »Ueber den jetzigen Zustand und die Moden der Musik in England«, in: Journal des Luxus und der Moden 9 (1794), S. 334–348, hier: S. 334f. Art. «Englische Musik«, in: A[ugust] Gathy (Hg.), Musikalisches Conversations-Lexicon. Encyklopädie der gesammten Musik-Wissenschaft für Künstler, Kunstfreunde und Gebildete, Leiptzig, Hamburg, Itzehoe, 1835, S. 112. Vgl. hierzu auch den Beitrag von Jonas Traudes im vorliegenden Band.

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17 Vgl. dazu Elisabeth Reda im vorliegenden Band. Sowie auch Melanie Unseld, »Im Sehen üben. Über visuelle Analysen musikalischer Räume«, in: Orte und Räume der Musik (= Handbuch der Musik der Klassik und Romantik, Bd. 4), hrsg. von Anna Langenbruch und Gesa zur Nieden, Laaber, [Druck in Vorbereitung]. 18 Sigrid Schade und Silke Wenk, Studien zur visuellen Kultur. Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld, Biele­feld 2011, S. 9. 19 U.a. Apollonian Harmony. A Collection of scarce & celbrated Glees, Catches, Madrigals, Canzonetts, Rounds & Canons. Antient & Modern with some Originals. Composed by Aldrich, Arne, Atterbury, Battishall, Boyce & Others, most of which are sung at the Noblemens Catch Club, Theatres & Public Gardens. The Words consistent with Female Delicacy, London [ca. 1790]. 20 Vgl. dazu auch den Beitrag von Maren Bagge im vorliegenden Band. 21 [Anonym], »Ueber den jetzigen Zustand und die Moden der Musik in England«, S. 347. 22 Vgl. dazu u.a. Richard Leppert, The Sight of Sound. Music, Representation, and the History of the Body, Berkeley u.a. 1995, hier besonders das Kapitel »Social Order and the Domestic Consumption of Music (The Politics of Sound in the Policing of Gender Construction)«, S. 63–89; sowie den Beitrag von Evelyn Buyken im vorliegenden Band. 23 Jane Austen, Stolz und Vorurteil, aus dem Englischen übers. von Helga Schulz, München 2012, S. 30.

Musikalische Praxis, Gender und Politik Oder: Wie kritisch sind die musikalischen Karikaturen James Gillrays? Evelyn Buyken

In regelmäßigen Abschnitten rütteln politische Satiren und Karikaturen an den Festen tagespolitischer Geschäfte und das – spätestens seit Jan Böhmermanns ­Erdoğan-Gedicht oder den Mohammed-Zeichnungen Kurt Westergaards – in einer international geführten Debatte über transnationale Themen, die auch die Frage nach der Kunstform und ihren Grenzen und Möglichkeiten nicht unberührt lässt. Aus kunstwissenschaftlicher Sicht wird seit einiger Zeit die Lesart der Karikatur als ein uneingeschränkt kritisches, aufklärerisches und progressives Organ in Frage gestellt: »Die Karikatur wird mythologisiert, wenn es als ihr ›Wesens‹-Merkmal gilt, dass sie grundsätzlich kritisch und unbestechlich ist.«1 In diesem Aufsatz wird die Frage diskutiert, wie kritisch und progressiv die Bildinhalte der Karikaturen James Gillrays tatsächlich sind und was oder wen sie

überhaupt kritisieren. Im Zentrum stehen die beiden Karikaturen James Gillrays Playing in Parts (Abb. 4) und Ars-musica (Abb. 5) sowie eine anonyme Karikatur, die der englischen Schule des späten 18. Jahrhunderts zugeordnet wird und die mit den zwei Zeilen »The Captain’s so Kind as to Thrust in a Note, while Old Lady Cuckoo is Straining her Throat« (Abb. 6) unterschrieben ist (im Folgenden als Old Lady Cuckoo bezeichnet). Diese wurde von dem Verleger William Humphrey zum Kauf angeboten und steht damit zumindest auf familiärer Ebene in Verbindung mit den Karikaturen James Gillrays, die von der Schwester William Humphreys, von Hannah Humphrey verlegt wurden. Auch hinsichtlich der Wahl des Themas – eine zeichnerische Satire, die die Musik­ praxis von Amateurinnen und Amateuren darstellt – und der gemalten Praxissituation – ­Kammermusik 19

Evelyn Buyken

unter Beteiligung mehrerer Männer und meist nur einer Frau – bestehen Ähnlichkeiten. Ich möchte zunächst zwischen drei Ebenen unterscheiden, anhand derer die Frage nach dem kritischen Gehalt der Karikaturen ­untersucht werden soll. Die erste Ebene betrifft die in den Karikaturen dargestellte Musikkultur der Londoner Gesellschaft um 1800, wobei es hier insbesondere um die Gruppe der musikpraktizierenden Amateurinnen und Amateure und ihr musikalisches Selbstverständnis geht. Zweitens zeichnet die Karikaturen eine, mal mehr oder weniger deutlich hervorstechende, genderkonnotierte Bild­sprache aus, die sowohl im »Agieren« der Akteurinnen und Akteure selbst als auch in der Verwendung spezifischer Symbole wirksam wird. Die musikalische Praxis d.h. die dargestellte Spielsituation und die ­dazu­gehörigen Parameter wie z.B. Instrumente, Instrumenten- und Körperhaltung, Spieltechnik, Ensemblegröße, Nähe oder Distanz zum Spielpartner und zum Noten­­material stellen die dritte Ebene dar. 1. Blicken wir zunächst auf die Londoner Musikkultur um 1800 und auf die Position, die darin die gemalten Musikszenen einnehmen. Während in Ars-musica 20

(Abb. 5) und in Old Lady Cuckoo (Abb. 6) ein klein ­besetztes Ensemble – Trio bzw. Duo – dargestellt wird, ist die Anzahl der Ausführenden in Playing in Parts (Abb. 4) deutlich größer und wird durch einige weitere Personen erweitert, die aber nur mittelbar am musikalischen Geschehen beteiligt sind. Dass es sich in allen drei Fällen um eine im häuslichen Rahmen stattfindende Musikaufführung von Amateurmusikerinnen und ­-musikern handelt, wird durch zwei Bildkomponenten verdeutlicht. Erstens ist es die Physiognomie der Gesichter, die die Musikerinnen und Musiker in allen drei Karikaturen als Amateurinnen und Amateure kennzeichnet. Der Ausdruck der Gesichter selbst, aber vor allem die tierähnlichen Gesichtszüge und -formen spiegeln Ahnungslosigkeit und Stümperhaftigkeit. Der visuelle Eindruck des Bildes korreliert mit dem Höreindruck, der für die visuelle Wahrnehmung der Betrachterin bzw. des Betrachters zentral ist, auch wenn das Bild selbst natürlich nicht klingt. Gillray konnte davon ausgehen, dass der visuell durch physiognomische Überzeichnungen beeinflusste Klangeindruck des Bildes mit tatsächlichen Hörerfahrungen übereinstimmte und somit unhörbar durch die Erinnerungen im Kopf der Betrachtenden zum Klingen kam. Dieser Zusammen-

Musikalische Praxis, Gender und Politik

schluss zwischen visuellem und auditivem Eindruck basierte auf einer, die Porträtkunst um 1800 stark beeinflussenden Grundannahme, dass nämlich das Äußere des Menschen Aufschluss über sein Inneres – in diesem Fall über seine musikalischen Fähigkeiten – zu geben vermag. Johann Caspar Lavaters Schrift Physiognomische Fragmente (in England 1789 erschienen) hatte auf die Bildsprache James Gillrays erheblichen Einfluss.2 Die übertriebene Darstellung physiognomischer Details ist gerade für Karikaturen charakteristisch: »Satirical illustrations, in their very exaggeration, tend to exhibit their physiognomic elements most clearly.«3 Musikalische Karikaturen hatten an der Entwicklung bestimmter physiognomischer Typen sogar besonderen Anteil: Caricatures of musicians promise the possibility of unique insights into how performers and composers were classified as physiognomic types; therefore the genre can be expected not only to have reflected social perceptions of the time, but also to have played a role in the development of those perceptions.4

Das Prinzip, den Klang einer Musikaufführung durch die Verbindung zur Tierwelt und zum Tierlaut bildne-

risch als Missklang darzustellen, ist auch in der Musikgeschichtsschreibung ein präsentes Narrativ. Vorstellungen über die Evolution des Menschen in Abgrenzung zur Tierwelt schlugen sich in Fortschrittsmodellen (auch) in der Musikgeschichtsschreibung des ausgehenden 18. Jahrhunderts nieder, z.B. als abwertendes Urteil gegenüber fremden oder unbekannten Musikkulturen.5 So standen Vorstellungen von Kultiviertheit und Zivilisiertheit mit der menschlichen Natur hingegen Wildheit und Barbarei mit der Tiernatur in enger Verbindung. Den Klang solcher als wild oder tierisch bewerteten Musik »kennzeichneten hohe Lautstärke und Geräuschhaftigkeit«6 und nicht selten wurde der Klangeindruck selbst mit tierischem Verhalten wie Blöken, Heulen oder Jaulen assoziiert. Die physiognomischen Details, die Gillray seinen Charakteren verliehen hat, machen daher visuell plausibel, dass es sich um schlecht spielende Amateurinnen und Amateure handelt. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, da das Scheitern der musikalischen Aufführung bei den Ausführenden weder Scham noch Peinlichkeit hervorruft. Zweitens wird der Kontext der gemalten Musikaufführung als häuslich-privater markiert. In allen drei Karikaturen bilden Tasteninstrumente – in Playing in Parts 21

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und in Ars-musica ist es ein kosten- und platzsparendes Kastenklavier, in Old Lady Cuckoo ein Cembalo – das Zentrum des Bildes und der dargestellten Praxissituation. Das Klavier bzw. das Cembalo stellte für Salon- und Hausgeselligkeiten des 18. und 19. Jahrhunderts den Mittelpunkt dar,7 nicht zuletzt aufgrund seines Status als Symbolträger weiblicher Musikpraxis. Das Spielen von Tasteninstrumenten war hochgradig geschlechtsspezifisch charakterisiert und stellte ein »adäquates Betätigungsfeld für Musikerinnen – gleich ob dilettierend oder professionell«8 dar. Ebenfalls kennzeichnet die Raumgröße – in Old Lady Cuckoo und Playing in Parts auch die weitere Ausstattung (kleine Gemälde an der Wand, Haustier) – den Raum als einen der häuslich-intimen Sphäre. Hier wird Hausmusik gemacht, wobei »Hausmusik« in Anlehnung an Susanne Fontaine für eine spezifische, durch raumstrukturierende Bedingungen des Hauses geprägte Spielpraxis steht: »›Hausmusik‹ lässt sich definieren als Oberbegriff für privates, von Amateuren und Professionellen gepflegtes Spielen von Musik mit Kunstanspruch in einem bürgerlich geprägten Rahmen.«9 Dieser Begriff unterscheidet sich zum Beispiel grundsätzlich von dem Wilhelm Heinrich Riehls, der in der Vorrede des von ihm zusammengestellten Liederalbums Hausmusik streng 22

ideologisch als einen ästhetischen Schutzraum begreift, ­ in dem Musik vor vermeintlich negativen Modernisierungsprozessen bewahrt würde.10 Lokalisiert man diesen Mikro-Raum11 nun im größeren Kontext der Musikstadt London um 1800, sind folgende Berührungspunkte und damit einhergehend Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede mit anderen Musik­ räumen festzuhalten, die ebenfalls als »musical gatherings in salons or in private homes«12 bezeichnet werden können. Abzugrenzen sind diese häuslichen Musikgeselligkeiten jedoch von Aufführungen in Vereinen, Clubs oder den »Pleasure Gardens«, da diese entweder durch festgesetzte Vereinsstatuten strukturiert wurden oder deutlich andere räumliche Bedingungen mit sich brachten.13 Die bei Gillray dargestellte Hausmusik­ praxis der Londoner Upper-Class unterscheidet sich von der Salon- bzw. Hausmusikpraxis der wohlhabenden meist aristokratischen Häuser: Hier konnte man die Virtuosen und internationalen Stars, die noch am Abend vorher öffentlich in den Hickford’s Rooms oder den Hanover Square Rooms (ab 1875 Hanover Square Club) aufgetreten waren, im kleineren privaten Rahmen hören, selbstverständlich unter großzügiger Unterstützung manch eines wohlhabenden Mäzens oder einer

Musikalische Praxis, Gender und Politik

wohlhabenden Mäzenin.14 Diesem Kontext sind z.B. Aufführungen der Sopranistin Elizabeth Billington zuzuordnen.15 In The Bulstrode Siren (Abb. 22) platziert Gillray die Sängerin neben dem Duke of Portland, eine häusliche Praxissituation im aristokratischen Rahmen, während die gefeierte Bühnensängerin ansonsten vor allem in der Londoner Oper zu hören war. Blickt man also auf die im innerhäuslichen Kontext stattfindenden musikalischen Aufführungen in London um 1800 sind zwei Ausrichtungen zu unterscheiden: Auf der einen Seite die an der Erstarkung des öffentlich platzierten Konzertlebens aktiv beteiligten, wohlhabenden, aristokratischen Familien und die in ihren Räumlichkeiten veranstalteten Musikaufführungen, auf der anderen Seite bürgerliche Haushalte, in denen Konzerte nicht professionell veranstaltet wurden, sondern in denen Musik als Teil einer sozialen Selbstbestimmung praktiziert wurde. Diese sogenannten »Upper-Class-Amateurs«16 wurden aufgrund ihrer musikalischen Fähigkeiten kritisch beäugt und in einer zeitgenössischen Beschreibung Londons aus dem Jahr 1798 heißt es über die Arroganz so mancher amateurhafter Musikerinnen und Musiker: »How many a concert is spoiled by gentlemen

whose taste is to supply their deficiency of practice and knowledge?«17 Die Beteiligung von Amateurmusikerinnen und -musikern in Londoner Orchestern war im 18. Jahrhundert im Vergleich zu städtischen Musikkulturen in anderen europäischen Metropolen wie z.B. in Berlin erstaunlich hoch. Nahezu jedes Orchester bestand zu großen Teilen aus so genannten »Upper-Class Amateurs«: Eighteenth-century English concerts, more or less publicly performed, almost always involved orchestras staffed by amateur musicians – as well as professionals paid in part to provide ›support‹ or ›stiffening‹ for the efforts of their less talented employers.18

Dass die Qualität dieser Aufführungen mitunter stark zu leiden hatte, ist nicht verwunderlich. Die heterogene Zusammenstellung dieser Profi-Laien-Orchester führte in der Praxis zu Konflikten, 19 darüber zu berichten wiederum willkommenes Futter für die musikalische Presse bedeutete. Die Rede von musikalischen Missgeschicken von Amateurinnen und Amateuren in London um 1800 avancierte zu einem zentralen Themenfeld, begleitet auch durch die Verbreitung von musikalischen 23

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Karikaturen. »Indeed, the wretched playing of amateur musicians was a standing joke so widely appreciated as to produce a virtual sub-genre of visual satire, evident in widely available, mass produced prints […] as well as drawings […].«20 Die Musikpraxis dieser Laien-­ProfiOrchester und ihre Rezeption in der Öffentlichkeit sind als Ausgangspunkt für die Analyse von Gillrays ­Karikaturen und seiner Darstellung der dilettantischen Musikpraxis in den Londoner Privathäusern der ­Upper-Class zu begreifen. Mit Blick auf die eingangs gestellte Frage nach dem kritischen Potential und wie sich dieses auf den drei markierten Ebenen verhält, lässt sich festhalten: Die Kluft zwischen amateurhafter und professioneller Musikkultur stellt den zentralen Hintergrund dar, vor dem sich die gesellschaftskritische Botschaft von Gillrays Zeichnungen verstehen lässt. Gillray stellt die von Amateurinnen und Amateuren beeinträchtigte Musikausübung in den musikalischen Salons und Geselligkeiten Londons um 1800 dar, prangert die mangelnde musikalische Qualität dieser Darbietungen an und verspottet sie. Sehr deutlich tritt das gesellschaftskritische Motiv hervor, nämlich die Londoner Gesellschaft und ihr mittels musikalischer Praktiken 24

konstituiertes Selbstverständnis zu kritisieren, indem Gillray den Diskurs um den amateurhaften Orchestermusiker visuell in das soziale Umfeld der Londoner Upper-Class und ihrer häuslichen Musikpraxis implementiert. 2. Untersucht man die Karikaturen auf der Ebene ihrer Geschlechterkonnotationen ist es dagegen schwieriger, Gillrays gesellschaftliches Statement nachzuvollziehen. Wie werden bestehende Geschlechterzuschreibungen in den hier untersuchten Karikaturen verhandelt? Werden sie manifestiert oder kritisiert? Dass sowohl in Playing in Parts und Ars-musica als auch in Old Lady Cuckoo Frauen das Tasteninstrument spielen, Männer hingegen Streich- und Blasinstrumente verwundert nicht, sondern spiegelt zeitgenössische Vorstellungen über Instrumente und ihre Charakteristika wider. Auf der Ebene der Zuordnung von Geschlecht und Instrument operiert Gillray hier demnach mit konventionellen Konzepten. Die Art und Weise, wie die spielenden Frauen und Männer als Aufführende dar­ gestellt werden, verwundert aber. Insbesondere an die weibliche Musikpraxis waren moralische Vorstellungen gebunden. Das Spiel der Frau

Musikalische Praxis, Gender und Politik

oder der Töchter am Klavier hatte, so Ruth Solie, zwei Ideale zu erfüllen, »an expression of leisure and [as] a form of moral and emotional labor within the familiy«21. Musik, so Solie weiter, »was necessary to society, not as mere entertainment but […] as a sort of combination of spiritual therapy and mental hygiene«.22 Diesem moralischen Anspruch genügen die Klavierspielerinnen der Gillray-Karikaturen nicht. Ihr Spiel assoziiert nicht das Herstellen eines familiären Seelenfriedens, sondern dessen Scheitern,23 wie es beispielsweise die Pianistin in Playing in Parts verkörpert: ihr orientierungsloser Gesichtsausdruck, die fülligen, unflexiblen Arme, die ­erhoben und damit nicht spielbereit sind und in ­doppelter Hinsicht ihre Ahnungslosigkeit kennzeichnen. Was die Ursache dafür sein mag, weshalb sie aus dem Takt gekommen ist, bleibt allerdings bildsemantisch offen. Ob dies nur auf ihr eigenes Unvermögen zurückzuführen ist, ist zu bezweifeln. Vielmehr scheinen die sie umgebenden Ensemblemitglieder Anteil daran zu haben, die ähnlich ahnungslos schauen, vor allem ­ Cellist und Geiger. Gillrays gesellschaftliche Kritik auf der Ebene der Geschlechterkonnotationen ist also differenziert zu betrachten: Die Instrumentenzuordnung basiert auf

zeitgenössischen Vorstellungen. Die Spielpraxis und der Spielausdruck torpedieren zeitgenössische Vorstellungen, wie zum Beispiel die des weiblichen Spielideals als spirituelle Reinigung. Die zeitgenössischen, an musikalische Praxisordnungen geknüpften Geschlechterzuschreibungen werden von Gillray nicht bedient, sondern torpediert, indem die Musikpraxis selbst scheitert. Gegenstand der Kritik Gillrays ist die moralische Ambition, die an die Hausmusikpraxis gerichtet wird. Auf der Ebene der körperlich-erotischen Begierde dagegen spielen genderkonnotierte Vorstellungen eine prägnante Rolle. In Playing in Parts geschieht dies an den Peripherien des musikalischen Geschehens: Das Paar auf der linken Seite scheint in intensiven Beziehungsangelegenheiten verwickelt, wobei hier die Frau mit einem Schlüssel in der Hand triumphierend als Verführerin fungiert und sichtlich zu erotischen Handlungen motiviert ist. Am rechten Bildrand sind fünf Personen dargestellt, die in zwei Gruppen miteinander kommunizieren. Zentrales Moment ist das Anheben des Rocks einer adeligen Dame durch ein Schwert, das ein ihr mit dem Rücken zugewandter Mann am Gürtel trägt. Deutlich sticht hier auf sexueller Ebene die Phallus­symbolik hervor. Das Schwert beschreibt 25

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darüber hinaus nicht nur den hohen sozialen Stand des Mannes, sondern auch dessen Aktivität und Macht. Interessanterweise stellt die Bildkomposition zwischen der musikalischen und der nichtmusikalischen Szenerie Parallelen her. Der Geigenbogen und auch die Flöten ähneln der Form des Schwerts und markieren die ­horizontale Ebene des Bildes. Zwei inhaltlich nicht ­mit­einander verwandte Objekte (Bogen und Schwert) bestätigen als männlich konnotierte Symbole die ­Aktivität des Mannes und seine Beherrschung der Frau (Szene rechte Seite). Für die insbesondere in Playing in Parts überzeichnete Darstellung der erotisch-sexuellen Beziehungsebene ist es nicht unwesentlich, dass es sich bei der Musikaufführung um eine Abend- bzw. Nachtveranstaltung handelt. Darauf weisen die zwei Kerzen (in Playing in Parts ist es nur eine) hin, die über ihre praktische Bedeutung als Lichtquelle zum Spielen der Noten hinaus zentral in der Bildmitte angeordnet sind. Denn, so beschreibt Andreas Gottdang, »Nacht und Musik sind einer amourösen Atmosphäre zuträglich, sei es in Tavernen des 17. Jahrhunderts oder in den kultivierten Salons des 19. Jahrhunderts.«24 Allerdings scheint durch Gillrays offensichtliche und konkrete Darstellung der erotischen 26

Handlungen und Ambitionen, die sich in einer nächt­ lichen Atmosphäre ja vor allem durch ihre Heimlichkeit und Nichtkonkretion auszeichnen sollen, jegliche Sinnlichkeit zerstört. Hierdurch wird letztendlich die kommunikative Atmosphäre dieser Geselligkeit ähnlich wie auch die Musikaufführung selbst entfremdet. Es kommt erneut Gillrays gesellschaftskritische Haltung gegenüber der Londoner Upper-Class zum Ausdruck, wenn sinnliches Musizieren als orientierungslose und unstimmige Darbietung scheitert und erotische Atmosphäre zur banalen sexuellen Praxis mutiert. Die Musik und ihre Funktion, innerhalb einer musikalischen Geselligkeit »zum Gelingen einer gesellschaftlichen Unterhaltung« 25 beizutragen, wird in Playing in Parts nahezu aufgelöst. Old Lady Cuckoo thematisiert ähnlich wie die Zeichnungen Gillrays auf diskursiver Ebene das Verhältnis von Musikausübung und Sexualität. Zwar werden zeitgenössische Genderings in den Gillray-Bildern auch verhandelt, sie geraten aber aufgrund der expliziten Kritik an der zeitgenössischen musikalischen Amateurkultur in den Hintergrund. Anders in der zwanzig Jahre zuvor veröffentlichten anonymen Karikatur mit dem Untertitel »The Captain’s so Kind as to Thrust in a Note, while Old Lady Cuckoo is Straining her Throat«.

Musikalische Praxis, Gender und Politik

Hier dominiert der singende Mann die klavierspielende und singende Frau. Das Motiv der Dominanz wird auf verschiedenen Ebenen evoziert: Der stehende Mann bewegt sich körperlich und den Stuhl kippelnd auf die Frau zu, die von dem Verhalten des Mannes nichts mitbekommt, da sie den Blick nach vorne auf die Noten richtet. Hier besteht eine deutliche Hierarchie zwischen aktivem und passivem Verhalten. Die musikalische Aufführung wird durch Mimik und Gestik des Mannes und dem darin angedeuteten Agieren in den Hintergrund gerückt. Die Agency liegt beim Mann, auch wenn das eigentliche Thema des Bildes – das Musikmachen – hauptsächlich von der Frau am Cembalo hervorgebracht wird. Der Mann bewegt lasziv seine Hand, wobei unklar ist, ob er damit den Kopfschmuck oder die Frau selbst berühren möchte. Diese Rollenzuweisung zwischen dominierendem Subjekt und dominiertem Objekt greifen die beiden Bilder-im-Bild auf (der zu Musik tanzende Hund und der tanzende Bär). Die domestizierten Tiere, von ihrer Natur entfremdet, stehen hier in Analogie zur Frau, die – im engeren Sinne – vom singenden Mann bestimmt wird. Diese Dominanz erhält in der Textunterschrift eine fast gewaltvoll sexistische Bedeutung, wenn die »Note des Mannes« in die »Kehle der

Frau« geschoben werden soll.26 Auch der unbe­teiligte Papagei in der linken Bildhälfte unterstützt die Botschaft der Kontrolle des Mannes über die domestizierte Frau, denn der meist im Käfig gehaltene Vogel symbolisiert die auf das Haus beschränkte Musikausübung der Frau.27 Im weiteren Sinne stehen die Bilder-im-Bild für das Verhältnis von bürgerlicher Geschlechterideologie und Musikausübung insgesamt. Weibliche Rollenzuschreibungen schlossen um 1800 die professionelle, d.h. außerhäusliche Musikausübung nach der Eheschließung weitestgehend aus. Gesellschaftskritisch erscheinen in den drei Karikaturen vor allem die auf Kosten der Musikaufführung dargestellten Beziehungsaktivitäten. Ähnlich wie die amateurhafte Musikaufführung selbst (Ensemble spielt nicht zusammen, Unverständnis der beteiligten Mitglieder), wirkt auch die Musikrezeption dieser Upper-Class-Amateure banal. Während in den hier ausgewählten Gillray-Karikaturen geschlechtsspezifische Verhaltensideologien zugunsten der kollektiven Musikausübung in den Hintergrund rücken, fallen sie in der Karikatur Old Lady Cuckoo umso deutlicher ins Gewicht. Hier werden zeitgenössische Geschlechtervorstellungen offensiv und auf unterschiedlichen Bild­ 27

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ebenen (Bilder-im-Bild, Bildunterschrift, Musikszene an sich) verhandelt und manifestiert. 3. Blicken wir nun auf die bereits angesprochenen ­Aspekte (Amateurkultur, Gender) und wie diese auf der Ebene der musikalischen Praxis verhandelt werden. Wie werden die MusikerInnen als Amateurinnen und Amateure in der Praxissituation dargestellt und wie werden Weiblichkeit und Männlichkeit musikpraktisch gedeutet? Die musikalischen Praxissituationen aller drei hier thematisierter Karikaturen wirken insgesamt nicht ­abgeschlossen, sondern aufgrund des Aussetzens einiger Ensemblemitglieder brüchig und offen. Es wird daher an dieser Stelle nicht von einer musikalischen Aufführung gesprochen, sondern von einer musikalischen ­Praxissituation im Sinne einer offenen unabgeschlossenen Performance: Während ›Aufführung‹ und ›Interpretation‹ immer auf etwas Vorgängiges rekurrieren (ein Werk aufführen, interpretieren), ist ›performance‹, abgeleitet von dem […] Verb ›to perform‹, weitergefasst. Es bezeichnet sowohl ein werkbezogenes Musizieren wie auch

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musikalische Praktiken, die sich nicht auf vorangehende Texte beziehen.28

Das Musik-Machen in den Karikaturen wird im weitesten Sinne als musikalische Praxissituation verstanden, wodurch sich auch für die forschende Perspektive neue Betrachtungsweisen im Umgang mit musikalischen Aufführungen ergeben. Es geht nicht darum abzugleichen, wie richtig oder falsch ein Musikwerk wieder­ gegeben wird, sondern welche Aspekte der jeweiligen, sich immer wieder neu konstituierenden und veränderlichen Praxissituation auf die Aufführung einwirken. In diesem Fall geht es also vor allem darum, für die Irritationen und das Nichtgelingen musikpraktischer Komponenten zu sensibilisieren. Zwar steht in den Karikaturen immer ein Notentext zur Verfügung und es wird »interpretiert«. Im Zentrum der Karikaturen steht allerdings nicht die abgeschlossene Werkaufführung, sondern die musikalische Umsetzung in einem offenen Sinne, bei der vor allem wichtig ist, wie und nicht was gespielt wird. Das Klangergebnis, so macht Gillray durch ­Mithörer wie dem Hund deutlich, war durch starke Irritationen geprägt.

Musikalische Praxis, Gender und Politik

Die beiden von Gillray gezeichneten Karikaturen Playing in Parts und Ars-musica sind einander bildkompositorisch sehr ähnlich. Ars-musica stellt ein gespiegeltes »Close-up« von Playing in Parts dar. Diese Nahaufnahme funktioniert nur auf abstrakter, struktureller nicht auf konkreter, inhaltlicher Ebene. Es spielen nicht die Musiker und die Musikerin aus Playing in Parts, aber die Instrumentenbesetzung und ihre Aufteilung auf die beteiligten Akteure sowie die Spielsituation insgesamt sind ähnlich. Ars-musica ist auch als ein Zuschnitt von Playing in Parts zu verstehen, da er sowohl die beiden Flötisten als auch die »Zuhörerschaft« eliminiert. Gespiegelt ist das »Close-up« deshalb, weil sich das Verhältnis von der spielenden bzw. nicht spielenden Frau gegenüber den spielenden bzw. nicht spielenden Männern umdreht. In Playing in Parts schweigt das Klavier, in Ars-musica die Geige und das Cello. Sie bilden gewissermaßen eine bildnerische Korrespondenz. Der Titel Playing in Parts nimmt explizit Bezug auf die musikalische Praxis. Es geht um das Spielen in Stimmen und das Spielen aus (Noten-)Stimmen, wobei gerade das eine das andere beeinflusst. Denn: Das Spielen aus nur einer Stimme, verursacht offensichtlich – betrachtet man die Gesichter der um das Klavier herumstehenden

Instrumentalisten – Probleme mit dem Spielen in verschiedenen Stimmen. Wie für Karikaturen üblich, soll die Textunterschrift visuelle Erwartungen schüren, die dann vom Bild selbst kontrastiert werden. Dadurch entstehen die überzeichnete Bildbotschaft und der Gestus der Karikatur. Würde Playing in Parts den klanglich sehr ähnlichen Titel »Playing apart« (englisch für Auseinander-Spiel eines Ensembles) tragen, so wäre die Wirkung verfehlt, da dann Bild- und Textebene übereinstimmten. Der Titel Ars-musica ist als Begriff mittelalterlichen Musiktheorien entlehnt, die zwischen Musica als Ars (Kunst) und Musica als Scientia (Wissenschaft) klassifizierten.29 Der Bezug des Titels zur mittelalterlichen Musiktheorie ist in der Karikatur nicht streng inhaltlich zu verstehen, wenngleich möglicherweise die Bevorzugung von »Ancient Music«, vor allem der von Georg Friedrich Händel seit Mitte des 18. Jahrhunderts damit in Verbindung steht. Allerdings bezog sich der Historismus in der Musikkultur Ende des 18. Jahrhunderts vor allem auf Händel und seine Zeitgenossen und nicht auf mittelalterliche Musik. Ars-musica, verstanden als historische Kategorie, trägt insofern nur zum Verständnis der Karikatur bei, als dass der damit verbundene Impetus des Historisierens im Sinne einer Stärkung der 29

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eigenen nationalen Musikkultur zum Tragen kommt.30 Diese Facette des Titels Ars-musica konterkariert – ganz im Sinne der Karikatur – das musikalische Geschehen des Trios, das weder gemeinsam spielt noch sich überhaupt spielfähig zeigt und damit nicht zur Stärkung eines Nationalgefühls beiträgt. Der Geiger wühlt mit seiner rechten Hand in der Hosentasche, hat zwar die Geige noch am Kinn, partizipiert aber nicht, sondern starrt voller Entsetzen auf die Noten, die auf dem Kastenklavier liegen und in die alle drei hineinschauen. Klein besetzte Kammermusik aus einer Partitur zu musizieren, ist Ende des 18. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr als Tradition noch aus dem 17. Jahrhundert zu verstehen, in dem papiersparend kaum Einzelstimmen hergestellt wurden. Dass das Spielen aus einer Stimme zur Folge hatte, sich körperlich näher zu kommen, wird implizit verhandelt. Die gebeugten Ellenbogen der Frau berühren auf der linken Seite beinahe den Geigenarm des Mannes und das rechte Bein des Cellisten ist nur wenige Zentimeter vom Knie der Klavierspielerin entfernt. Auch der Cellist pausiert, wie man am herabgesetzten Cello und am abgespreizten rechten Bein erkennen kann, das (auch wenn ein kurzer Holzstachel zu erkennen ist) zwischen 30

den Knien gehalten werden müsste. Der Gesichtsausdruck des Cellisten spiegelt seine Gleichgültigkeit und Langeweile am gemeinsamen Spiel wider. Die Klavierspielerin bildet hinsichtlich Mimik, Körperhaltung und Partizipation im Ensemble den Gegenpol. Lachend ist sie im inbrünstigen Spiel vertieft, unbeeindruckt von der Irritation ihrer Mitspieler. Die erhobenen Ellenbogen, die vorgebeugte Haltung ihres Oberkörpers und die gespreizten Beine, die vom Klavier verdeckt werden, evozieren insgesamt eher das Ausüben einer handwerklichen, körperlich anstrengenden Tätigkeit als das Spielen eines Musikinstruments. Das Klavier bildete sich im 18. Jahrhundert aufgrund seiner erforderlichen Spielhaltung, die im Vergleich zum Cello­spiel oder auch zum Geigenspiel wenig Körper zeigte und keine anzüglichen »unweiblichen« Körperhaltungen wie das Spreizen der Beine erforderte, als ein vornehmlich dem weiblichen Geschlecht zugeordnetes Instrument heraus. Es entsprach »dem Weiblichkeits­ideal von vornehmer Bewegungslosigkeit bei fleißiger Betätigung«31. Gillray zeichnete hier allerdings eine Klavierspielerin, die die zeitgenössischen Weiblichkeits­ideale torpediert statt sie zu festigen. Versucht man diesen Anti-Typus an Musikerin zu ver-

Musikalische Praxis, Gender und Politik

stehen und hinsichtlich der eingangs gestellten Frage nach dem kritischen Gehalt der Karikaturen engzuführen, fällt auf: Die antitypische Klavierspielerin spielt nicht schön. Das beweist neben dem Nichtspiel ihrer Kammermusikpartner auch der sich unter dem Klavier versteckende Hund. Das Klavierspiel der Frau, das das zeitgenössische Weiblichkeitsideal konterkariert, ist nicht Ausgangspunkt einer Aufwertung der Frau im Sinne einer emanzipatorischen Stärkung gegenüber ihren Mitspielern, sondern führt zu einer maximalen Abwertung ihrer künstlerischen Leistung. Liest bzw. hört man Ars-musica in Korrespondenz zu Playing in Parts wird diese Deutung allerdings brüchig. Die gespiegelte Spielsituation in Playing in Parts macht eine rein die Geschlechtszuschreibung analysierende Perspektive unbedeutend: Nicht Heteronormativität, sondern kollektive Amateurkultur ist die Ebene, auf der sich ­Gillrays Kritik vollzieht. Anmerkungen 1

Angelika Plum, Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft. Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen, Aachen 1998, S. 7.

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Vgl. hierzu den Aufsatz von Jonas Traudes im vorliegenden Band. 3 Alan Davison, »Franz Liszt and the Physiognomic Ideal in the Nineteenth Century«, in: Music in Art 30/1/2 (2005), S. 133–144, hier S. 137, , 30.06.2016: »Satirische Illustrationen tendieren dazu, gerade aufgrund ihrer großen Übertreibung, die physiognomischen Details besonders deutlich herauszustellen.« (Übersetzung: E. B.) 4 Ebd.: »Karikaturen von Musikern versprechen die Möglichkeit, einen einmaligen Einblick in die Art und Weise zu geben, wie Ausführende und Komponisten in Form verschiedener physiognomischer Typen klassifiziert werden; es kann daher davon ausgegangen werden, dass das Genre nicht nur die soziale Wahrnehmung der Zeit reflektiert, sondern auch eine große Rolle in der Entwicklung solcher Wahrnehmungen gespielt hat.« (Übersetzung: E. B.) 5 Vgl. Frank Hentschel, Bürgerliche Ideologie und Musik. Politik der Musikgeschichtsschreibung in Deutschland 1776–1871, Frankfurt/New York 2006, besonders. Kap. 3.2.2. »Zerrbilder: Wilde und zivilisierte Musik«, S. 224ff. 6 Ebd. S. 229. 7 Vgl. Gunilla-Friederike Budde, »Musik in Bürgerhäusern«, in: Le concert et son public. Mutations de la vie musicale en Europe de 1780 à 1914 (France, Allemagne, Angle­terre), hrsg. von Hans-Erich Bödeker, Paris 2002, S. 427–457. 8 Melanie Unseld, Art. »Instrumente/Tasteninstrumente«, in: Lexikon Musik und Gender, hrsg. von Annette Kreutzi-

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ger-Herr und ders., Kassel/Stuttgart/Weimar 2010, S. 289f. Susanne Fontaine, »Hausmusik«, in: Architektur in transdisziplinärer Perspektive. Von Philosophie bis Tanz. Aktuelle Zugänge und Positionen, hrsg. von Susanne Hauser und Julia Weber, Bielefeld 2015, S. 285–312, hier S. 291. Wilhelm Heinrich Riehl, »Zur Einleitung. Des Tonsetzers Geleitbrief«, in: Hausmusik. Fünfzig Lieder deutscher Dichter in Musik gesetzt von W.H. Riehl, Stuttgart/Augsburg 1855, S. III–XVI. Die Raumtypologie nach Dieter Läpple, »Gesellschaftszentriertes Raumkonzept. Zur Überwindung von physikalisch-mathematischen Raumauffassungen in der Gesellschaftsanalyse«, in: Stadt-Räume, hrsg. von Martin Wentz, Frankfurt a.M. 1991, S. 35–46, hier S. 43 f, die zwischen Mikro-, Meso- und Makroraum unterscheidet, eignet sich im besonderen Maße als Methode zur Erforschung von Salonkultur. Für diesen Hinweis danke ich Carola Bebermeier. Melanie von Goldbeck, »Parties or services? – Musical gatherings in private homes in nineteenth-century London«, in: Begegnung – Vermittlung – Innovation. Annäherungen an Musik- und Kompositionspraktiken im Europa des 19. Jahrhunderts (= Freie Referate des 15. Internationalen Kongresses der Gesellschaft für Musikforschung, Bd. 1), hrsg. von ders. und Christine Hoppe, Göttingen 2015, S. 49–64, hier S. 49. Vgl. hierzu den Aufsatz von Clemens Kreutzfeld im vorliegenden Band. David Buckley betont die Bedeutung der persönlichen Kontakte für MusikerInnen im London des 18. Jahrhunderts als

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Sprungbrett für eine öffentliche Musikkarriere. Vgl. David Buckley, Art. »London (i), §V, 3: Musical Life, 1660–1800: Concert life«, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, vol. 15, hrsg. von Stanley Sadie und Peter Holman, London 22001, S. 119–125, hier S. 124, sowie Richard Maunder, »The accompaniment of concertos in 18th century England«, in: Early Music 11 (2000), S. 637–650, hier S. 637. Vgl. hierzu den Beitrag von Maren Bagge im vorliegenden Band. Vgl. Richard D. Leppert, »Men, Women and Music at Home: The Influence of Cultural Values on Musical Life in Eighteenth-Century England«, in: Imago Musicae (= International Yearbook of Musical Iconography, vol. 2), Basel u. a. 1985, S. 51–133, hier S. 54. William Jackson, The Four Ages: Together with Essays on Various Subjects, London 1798, S. 233. Richard D. Leppert 1985, S. 54: »Konzerte im England des 18. Jahrhunderts, mehr oder weniger öffentlich aufgeführt, umfassten fast immer Orchester bestehend aus Amateurmusikern – ebenso wurden Professionelle bezahlt, um für ›Unterstützung‹ und ›Verstärkung‹ für die Bemühungen ihrer Arbeitgeber zu sorgen.« (Übersetzung: E. B.) Vgl. z.B. das Bild An Orchestra Rehearsing von Louis Philippe Boitard und dessen Besprechung bei Richard D. Leppert 1985, S. 54f. Richard D. Leppert 1985, S. 63: »Tatsächlich ist das erbärmliche Spiel der Amateurmusiker zu einem bekannten Witz geworden, der so geschätzt wurde, dass ein scheinbares

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Sub-Genre aus visueller Satire entstand, evident sowohl in den weitreichend verfügbaren und in großen Mengen hergestellten Drucken […] als auch in Zeichnungen.« (Übersetzung: E. B.) Ruth A. Solie, Music in other Words. Victorian Conversations (= California Studies in 19th-Century Music, vol. 12), Berkeley 2004, S. 95: »[…] ein Ausdruck von Muße und einer Art moralischer und emotionaler Unterhaltung in der Familie« (Übersetzung: E. B.). Ebd.: »[…] war wichtig für die Gesellschaft nicht nur als ein Vergnügen, sondern als eine Art Kombination aus spiritueller Therapie und seelischer Pflege« (Übersetzung: E. B.). Vgl. hierzu ausführlicher den Beitrag von Jonas Traudes im vorliegenden Band. Andrea Gottdang, »Vom Bordell in den Salon. Nächtliches Musizieren in der Malerei«, in: Die Musik der Nacht. Musik Malerei Liturgie Literatur, hrsg. von Michael Gassmann, Stuttgart 2010, S. 122–146, hier S. 141. Sabine Meine und Manuela Schwartz, »Einleitung«, in: Die Tonkunst 4/1 (2010), S. 3–15, hier S. 3. Richard D. Leppert 1985, S. 112. Zur Bedeutung des Vogels in musikalischen Karikaturen des 18. Jahrhunderts siehe: Richard D. Leppert 1985, S. 110ff. Camilla Bork, »Text versus Performance – zu einem Dualismus der Musikgeschichtsschreibung«, in: Historische Musikwissenschaft. Grundlagen und Perspektiven, hrsg. von Michele Calella und Nikolaus Urbanek, Stuttgart u. a. 2013, S. 383– 401, hier S. 383, Fußnote 1.

29 Vgl. Albrecht Riethmüller, »Stationen des Begriffs Musik«, in: Ideen zu einer Geschichte der Musiktheorie. Einleitung in das Gesamtwerk (= Geschichte der Musiktheorie, Bd. 1), hrsg. von Frieder Zaminer, Darmstadt 1985, S. 59–95, hier S. 78. 30 Wenngleich bei Frank Hentschel, Bürgerliche Ideologie und Musikgeschichtsschreibung (s. Anm. 5), nicht die Musikgeschichtsschreibung in England sondern in Deutschland untersucht wird, so ist dennoch das Prinzip, Nationalgeschichte in der Musik durch Historismus zu betreiben, auch für den hier aufgefächerten Kontext zu bedenken. Vgl. Frank Hentschel 2006, vor allem Kapitel 5 »Nationalismus«. 31 Gunilla-Friederike Budde 2002, S. 442.

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Delights of Harmony? Das Scheitern der ›feinen‹ Gesellschaft am Anspruch musikalischer Geselligkeit Jonas Traudes

Man könnte leicht auf den Gedanken kommen, dass Harmonie etwas gewesen sein muss, das in England um 1800 weit verbreitet war, zöge man allein die Häufigkeit des Begriffs (harmony) in Quellen aus der Zeit heran. Sei es in Bezug auf Kunst, Philosophie, Wissenschaft, Moral, Politik oder Religion: der Terminus war schlichtweg allgegenwärtig. Kaum überraschend also, dass auch zwei Grafiken James Gillrays diesen in ihrem Titel tragen, und zwar die Radierungen »A Little Music« – or – the Delights of Harmony (Abb. 1), 1810 publiziert, sowie Harmony before Matrimony (Abb. 10) mit dem ihr zugehörigen ergänzenden Blatt Matrimonial-Harmonics (Abb. 11), von denen aus ihrer Entstehungszeit auch diverse handkolorierte Versionen erhalten sind. Diese Bilder lassen, ähnlich wie einige weitere Karikaturen Gillrays (vgl. etwa Abb. 2, 4,

5, 8, 14 und 19), unterschiedliche Szenen des gemeinsamen Musizierens mehrerer Personen erkennen. Damit verbildlichen sie nicht nur den – meist sichtbar mehr schlecht als recht gelingenden – Zusammenklang von Stimmen und Instrumenten, sondern zugleich auch soziale Beziehungen, oder besser gesagt: ihr Scheitern. Es ging Gillray hier offensichtlich um das Aufeinandertreffen von Menschen, die sich untereinander kannten: Verlobung, Ehe, Haushalt und Familie auf der einen Seite, Bekanntschaften, Salons, Vereine und Clubs auf der anderen, stellten die gesellschaftlichen Konstellationen dar, die er thematisierte. Kleidung und Interieur der Darstellungen machen deutlich, dass diese Konstellationen immer in der wohlhabenden und gebildeten Elite des höheren Bürgertums und Adels zu verorten waren, die die Musik nicht beruflich, sondern etwa zu 35

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Unterhaltungs-, Erholungs- oder Bildungszwecken ausübte. Trotz dieser relativ einfach zu erbringenden Kontextualisierung geben die Bilder auf den ersten Blick heute nicht mehr preis, auf was sie es im Kern eigentlich abgesehen hatten. Ohne das Vorwissen der Zeitgenossen erklärt sich ihr Witz nicht länger von selbst. Der mehrdeutige wie sinnstiftende Harmonie-Begriff aber, den Gillray in diesem Kontext mit den Titeln zweier seiner Druckgrafiken anklingen ließ, gibt uns zumindest eine Ahnung von der Dimension seines Humors und der Entblößung geradezu abgründiger Lächerlichkeit an jenen Figuren, die Stellvertreter waren für die ›feine‹ Gesellschaft seiner Zeit. Die meisten der dargestellten Musizierenden halten sich an Notenheften oder -blättern. Gillray eröffnet dem Betrachter oder der Betrachterin über die entzifferbaren Titel der Stücke somit zusätzliche Anspielungen auf den Sinn eines Bildes. Gleichzeitig weisen diese Noten historisch auf eine bestimmte Musikpraxis hin, die sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Kontext eines expandierenden, an den Bedürfnissen musikalischer Amateure aus den oberen Schichten orientierten Musikalienmarktes entwickelt hat. Dieses Publikum war vorwiegend daran interessiert, ein ihm aus Theatern, 36

Vergnügungsgärten und Konzerten bekanntes Repertoire nachsingen und -spielen zu können.1 Besonders beliebt waren unter anderem Sammlungen von Liedern und Gesängen, von simplen Textausgaben mit bloßer Angabe einer allgemein bekannten Melodie (tune) bis hin zu aufwändigen Notendrucken, die Stimmen für ein Begleitinstrument oder sogar Bearbeitungen für kammermusikalische Besetzungen beinhalteten. Es ist interessant, dass Herausgeber auch einige dieser Publikationen mit dem Begriff der Harmonie bedacht haben und somit gezielt auf dessen zweifache Bedeutung von Wohlklang und sozialer Eintracht setzten, auf die auch Gillray anspielte. Ein Beispiel hierfür ist John Arnolds mehrfach aufgelegte Sammlung The Essex Harmony. Arnold verzichtete bei den in dieses Album aufgenommenen Gesangsstücken auf einen Generalbass und empfahl im Vorwort einer der Neuausgaben, stattdessen die Ober- und Unterstimme gegebenenfalls mit Instru­ menten des entsprechenden Ambitus zu verstärken (eine praktikable Lösung, die mit einigen der Darstellungen Gillrays zumindest nicht im Widerspruch stände). Eingangs erklärte er hier zudem das Motiv seiner Herausgabe:

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THE very great Number of Musical Societies, CatchClubs, &c. which are now established, both in Town and Country, plainly demonstrate that Part-Songs and Catches, never were so much in Vogue in England, as at present; the Practice of which (if rightly used) may be esteemed as very commendable, not only in its being an innocent Amusement, and a pleasant Evening’s Recreation, after the burthensome Fatigues of the Day, for Persons to join in Singing of melodious Songs and Catches; but Peace and Tranquillity may thereby be introduced into a Neighbourhood, and social Harmony abound, where perhaps before did dwell the greatest Animosities.2

nalisierter Hausmusik.4 Auch für diese musikalische Praxis lässt sich leicht ein analoges Belegexemplar unter den gedruckten Musikalien der Zeit finden. Die Sammlung The Annual Harmony beispielsweise war mit dem expliziten Hinweis versehen, dass sich ihre Texte, die unter anderem aus aktuellen Theaterstücken stammten, auch für Damen bestens eigneten: »Great care has been taken to exclude every song that does in any degree border on obscenity. The most chaste female may peruse it [= the work], without her delicacy being hurt.«5 Mit der entsprechenden Anspielung auf ihren Titel offenbarte die Vorbemerkung dieser Publikation ansonsten den bereits bekannten Anspruch musikalischer Geselligkeit:

Dass das gemeinsame Musizieren positiv zur sozialen Beziehung der Beteiligten beitragen könne, war eine Überzeugung, die vor allem auf dem Potential zur Gefühlsmoderation beruhte, die Arnold der Musik zuschrieb: Musik hebe die Stimmung und bringe die Menschen zusammen. Während einige musikalische Vereinigungen reine Männerclubs darstellten, waren zu anderen auch Frauen zugelassen.3 Erwünscht war normalerweise zudem ihr aktiver Beitrag in den Salons und in wenig institutio­

The perusal of it will inspire harmony – will promote conviviality, if the heart is depress’d with cares; if dejection hangs on the features, this will create an irresistible impulse to mirth – This you will find a remedy for the spleen – This will revive your drooping spirits – This will banish all gloomy thoughts from your presence – pale melancholy will become a voluntary exile, and the features from a settled tranquility will be converted into an unavoidable risibility; – ›Mirth will admit you of his Crew.‹ What contributes to the harmony of societies

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but singing? without, confusion, and perhaps, discord would prevail.6

Eine musikalische Ausbildung, zu der das Singen sowie das Erlernen eines Begleitinstrumentes wie Klavier, Gitarre oder Harfe gehörten, war fester Bestandteil des Erziehungsprogramms für Mädchen der Gesellschaftselite. Für eine Art Gefühlserholung für die berufstätigen Männer zu sorgen, wie sie in dieser Passage beschrieben wurde, kam grundsätzlich den Töchtern und Ehefrauen zu.7 Implizit bestätigt wird diese Rollenverteilung auch in einer weiteren zeitgenössischen Liedersammlung, die sich an Damen richtete. Den Quell der Harmonie schrieb ihr Herausgeber William Collins pauschal dem weiblichen Geschlecht zu: As I have written for the Entertainment of the Amiable Sex, I thought I could not find a more proper Title than that which I have given the Songs, which I consider, and value, as being the true characteristick appellation of the Fair Sex, who in general are [sic] real Fountains of Pure Harmony; and agreeable to such a Title this work will be found; there not being a word or sentence throughout, which can raise a Blush in the

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Cheek of the most refined Delicacy, for I shall ever religiously observe that excellent Maxim of Mr. Pope – that ›Immodest words admit of no defence.‹8

Sowohl die Karikaturen Gillrays als auch die Absichtserklärungen zeitgenössischer Publikationen für Musikliebhaber lassen eine bestimmte Frage in Bezug auf soziale Harmonie durch musikalische Geselligkeit allerdings aus, was daran liegt, dass sie das Wissen um die richtige Antwort bei ihrem Publikum als selbstverständlich voraussetzen konnten: Warum war das Streben danach eigentlich so wichtig? Um diese Wertvorstellung nachvollziehen zu können, ist – da uns dieses implizite Wissen heute fehlt – zumindest ein kleiner historischer Exkurs notwendig, der eine weitere Bedeutungsebene des Begriffs freilegt. Harmonie ist an und für sich eine abstrakte Idee. Man kann sie als ideale Zusammenkunft unterschied­ licher Teile in einem Ganzen, als Einheit in der Vielheit oder in ähnlicher Weise beschreiben. Ihre Besonderheit ist, dass ihr zugleich eine sinnliche Komponente eigen ist. Denn schließlich lässt sich an etwas, das man als harmonisch bezeichnen würde, immer auch eine angenehme Erscheinung wahrnehmen. Dies war der Grund dafür, dass der Begriff um 1800 immer wieder in

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Schriften über Ästhetik und die Künste auftauchte und eng mit dem Schönen in Verbindung gebracht wurde. Seinen zentralen Platz in der europäischen Kulturgeschichte verdankt er letztlich aber der Kosmologie der griechischen Antike, die den Glauben eines nach gött­ lichem Plan harmonisch geordneten Weltganzen, in das auch der Mensch eingebunden war, erstmals schriftlich zum Ausdruck brachte. Über die nachhaltige Rezeption von pythagoreischem Denken und Platonismus wurde diese Vorstellung über das Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit überliefert.9 Aufgrund der Rolle, die sie der Mathematik einräumten, war selbst noch Philosophen der Aufklärung wie Isaac Newton die Idee einer Welt, die im Inneren durch göttliches Maß zusammengehalten wurde, nicht fremder als dem Geheimbund der ­Pythagoreer 500 Jahre vor Christi Geburt. Dessen Gründer, Pythagoras von Samos, hat selbst keine Schriften hinterlassen. Trotzdem schrieb man mit Beharrlichkeit ihm persönlich sowohl die Entdeckung in ganzen Zahlen ausdrückbarer physikalischer Zusammenhänge musikalischer Tonintervalle zu, als auch die Theorie der Sphärenharmonie, die angeblich aus den Bahnen der nach solchen Zahlenverhältnissen geordneten Himmelskörper resultieren sollte. Die Musik stand

als Sinnbild universaler Harmonie also von Anfang an im Zentrum. Als ein Jahrtausend nach dem Vorsokratiker der römische Gelehrte und Politiker Boethius die antike Harmonielehre in die christliche Theologie überführte, schrieb er vom kosmischen Prinzip einer musica mundana, dem auf unteren Stufen die Harmonie von Seele und Körper (musica humana) sowie der Klang der Musik im engeren Sinne (musica instrumentalis) entsprachen. Astronomie, Mathematik und Musiktheorie wurden fortan lange Zeit als verschwisterte Wissenschaften betrachtet. Selbst Jean-Philippe Rameau rechtfertigte im frühen 18. Jahrhundert musikalisches Tonsystem und Kompositionsregeln noch mit der Ordnung der Natur, die er nun allerdings vielmehr aus dem physikalischen Phänomen der Obertonreihe ableitete und damit, dem Zeitgeist entsprechend, naturwissenschaftlichen Empirismus einer mystischen Zahlensymbolik pythagoreischer Prägung vorzog.10 Gillrays Karikaturen sind keine musiktheoretischen oder philosophischen Traktate. Dennoch entstanden auch sie vor einem kulturellen Hintergrund, zu dem die Harmonie als Leitgedanke des Strebens nach Höherem unzweifelhaft noch gehört hat und Teil eines fest verankerten Welt- und Selbstbildes war. Metaphysik 39

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brachten damit auch seine entsprechend betitelten Bilder zwangsweise zum Ausdruck, trivialisiert vielleicht, deswegen aber nicht weniger aussagekräftig. In dem diesen Bildern unmittelbar vorausgehenden Jahrhundert kann man einerseits die Beständigkeit, andererseits auch gewisse Veränderungen an der Vorstellung der Harmonie beobachten. Insbesondere unter den Vorzeichen der sogenannten Empfindsamkeit erhielt der Begriff eine neuartige Konnotation, die ihm gerade zu Gillrays Lebzeiten merklich anhaftete. Die zahlreichen Hymnen, die man auf die universale Harmonie beziehungsweise auf die als deren Synonym oder Metonymie verstandene Musik in dieser Zeit gedichtet hat, sind ein direkter Ausdruck für ihre Bedeutung und Wertschätzung. Zu Beginn des Jahrhunderts erschien etwa ein entsprechendes Werk des Lyrikers und Dramatikers William Congreve, das für den Namenstag der Heiligen Cäcilia 1701 von John Eccles vertont wurde. Ausgehend vom Topos der Sphärenmusik, über einen Schöpfungsmythos vom Sieg der Harmonie über das Chaos hin zu zahlreichen Anspielungen auf die antike Mythologie, die ihren göttlichen Ursprung illustrieren sollten, gelangt Congreve in der vierten Strophe schließlich zur Welt im Hier und Jetzt, die von Unglück und Leiden bestimmt 40

werde. Die Vernunft (immerhin Hoffnungsträger der zeitgenössischen Aufklärung) biete hier keinerlei Ausweg, im Gegensatz zur Kraft der Musik: »Musick alone with suddain Charms can bind The wand’ring Sense, and calm the troubled Mind.«11 Während hier die seit der Antike bekannte heilende Wirkung der Musik beschworen wird, also der Nutzen für das Individuum im Zentrum steht, handelt die nächste Strophe zudem von gesellschaftlicher Versöhnung: Begin the pow’rful Song, yee Sacred Nine, Your Instruments and Voices join; Harmony, Peace, and sweet Desire In ev’ry Breast inspire. Revive the melancholy drooping Heart, And soft Repose to restless Thoughts impart. Appease the wrathful Mind, To dire Revenge and Death inclin’d: With balmy Sounds his boiling Blood asswage, And melt to mild Remorse his burning Rage. ‘Tis done; and now tumultuous Passions cease; And all is husht, and all is Peace. The weary World with welcome Ease is blest, By Musick lull’d to pleasing Rest.12

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Keine fünfzig Jahre später stand die seit alters bekannte harmonisierende Wirkung der Musik bereits in einem neuen Licht, nämlich dem der philosophischen Schriften des Earl of Shaftesbury und Francis Hutchesons, die in moralischen Fragen der Ästhetik einen Platz einräumten, den die von der Aufklärung stark kritisierten kirchlichen Dogmen mehr und mehr preisgeben mussten.13 Das deistische Weltbild, das aufklärerische Denker damals religiösem Eifer und Aberglauben entgegensetzten, und das auch dem Harmonie-Gedanken frischen Wind gab, spiegelt sich in einem entsprechenden Lobgedicht aus der Feder des Schriftstellers John Gilbert Cooper wider, der sich im Vorwort neben Platon ausdrücklich zu Shaftesbury und Hutcheson bekannte: Come all ye sons of Liberty, who wake From dreams of Superstition, where the Soul, Thro’ mists of forc’d belief, but dimly views It’s own great Maker; come, and I will guide, Uninterrupted by the jargon shrill Of peevish Priests, your footsteps to the throne[,] Where Pleasure reigns with Reason, to behold His Majesty Cœlestial, and adore

Him thro’ each object of proportion fair, The source of Virtue, Harmony, and Bliss!14

Thematisch weitgehend übereinstimmend mit Congreve, bemühte auch Cooper in seiner Dichtung gängige Topoi wie die Sphärenharmonie, die Schöpfung als Harmonisierung des Chaos, die Linderung von Kummer und Leid beziehungsweise Besänftigung der aufgewühlten Seele durch Harmonie und ihre heilende Wirkung auf den Körper. Kurzum, der gesamte Kosmos werde von gött­ licher Harmonie zusammengehalten: »this fair Creation, where, impell’d By that great Author, every atom tends To Universal Harmony«15. In der seinem Werk vorangestellten Rede aber berief sich Cooper, wie erwähnt, auch auf Gedanken von Zeitgenossen. Dazu gehörte der angeborene und untrügliche Moralsinn (moral sense) des Menschen, der sich in unmittelbaren Gefühlsreaktionen äußere, wie ihn Shaftesbury, Hutcheson und andere britische Philosophen des 18. Jahrhunderts voraussetzten: It is observable, that whatever is true, just, and harmonious, whether in Nature or Morals, gives an instantaneous pleasure to the mind, exclusive of reflection. For the great Creator of all things, infinitely wise and

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good, ordain’d a perpetual agreement between the Faculties of Moral Perception, the Powers of Fancy, and the Organs of bodily Sensation, when they are free and undistemper’d. From hence is deducible the most comfortable, as well as the most true Philosophy that ever adorn’d the world; namely, a constant admiration of the beauty of the Creation, terminating in the adoration of the First Cause, which naturally leads mankind chearfully to co-operate with his grand design for the promotion of universal happiness. From hence our Author was led to draw that analogy between natural and moral beauty; since the same faculties, which render us susceptible of pleasure from the perfection of the Creation, and the excellence of the Arts, afford us delight in the contemplation of Dignity and Justice in Characters and Manners.16

Hinwendung zur Harmonie hieß also, dem göttlichen Plan entsprechen. Über die Analogie zwischen dem Guten, dem Wahren und dem Schönen war die Bewunderung der Ordnung der Natur und die Pflege der Künste, die die Natur schließlich nachahmten, bereits der erste Schritt auf dem Weg zum besseren Menschen. Tatsächlich wurde bereits von Shaftesbury die Eigen42

schaft der Tugend von ästhetischer Sensibilität kaum mehr getrennt, beziehungsweise die Übung in dieser zur Erhöhung jener empfohlen: This too is certain; That the Admiration and Love of Order, Harmony and Proportion, in whatever kind, is naturally improving to the Temper, advantageous to social Affection, and highly assistant to Virtue; which is it-self no other than the Love of Order and Beauty in Society.17

Die zentrale Rolle eines natürlichen Gefühls als Urteilsinstanz des Guten, Wahren und Schönen kennzeichnet die britische Moralphilosophie als Teil eines Diskurses, der wiederum eine Facette der sich im 18. Jahrhundert in England wie Europa überhaupt herausbildenden »culture of sensibility«18 (Kultur der Empfindsamkeit) war, in der Wissenschaft, Kunst und Moral aufs Engste miteinander verbunden waren. Diese Kultur im Allgemeinen sowie die Rezeption der Schriften Shaftesburys und Hutchesons im Speziellen belegten die Schönen Künste mit einem neuartigen ethischen Impetus, was ihrer Pflege in bestimmten Gesellschaftskreisen Englands um 1800 nur zugute kam. Hutcheson im Übrigen verlieh

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der Musik unter den Künsten noch einen Sonderstatus, indem er ihre Harmonie nicht etwa mit den Regeln der Literatur oder der Malerei, sondern – quasi in pythagoreischer Tradition – direkt mit Naturphänomenen wie der Regelmäßigkeit der Planetenbahnen und Gezeiten, Erscheinungen der Tier- und Pflanzenwelt, oder mathematischen Theoremen in eine Reihe stellte.19 Kunstsinn nicht für sich genommen, sondern als angeblicher Gradmesser von Moral ist es, was Gillray in den beiden Karikaturen »A Little Music« – or – the Delights of Harmony sowie Harmony before Matrimony/ Matrimonial-Harmonics aufs Korn nahm. Dabei war es für die Zeitgenossen offensichtlich, dass der Titel im ersten Fall ironisch gemeint war, im anderen Fall die Harmonie zumindest als trügerisch entlarvt wurde. Um ihren Mangel an den Figuren und ihrem Miteinander visuell unmissverständlich zu machen, nutzte Gillray verschiedene Mittel. So sind einerseits eine Vielzahl an Symbolen zu entdecken, von denen einige wiederum zugleich indexikalische Zeichen bilden, sprich eindeutig als Geräusch- oder Lärmquellen identifiziert werden können. Das häusliche Beieinander in »A Little Music« – or – the Delights of Harmony beinhaltet etwa auch eine fauchende Katze, einen bellenden Hund sowie einen jungen

­ naben, der ohne Rücksicht auf die anderen Musiker K eine Spielzeugtrompete bläst. Dem dicken, schläfrigen Herrn im Fauteuil soll man wohl ein Schnarchen unterstellen. Ausdruck des exaltierten Modegeschmacks dieser Gesellschaft sind typische Konsumartikel der Zeit, wie die überdimensionale Hutfeder einer der Damen, die in einer Kerze Feuer fängt, und die chinesischen Figürchen auf Kaminsims und Türrahmen.20 Die Bilderserie Harmony before Matrimony/ Matrimonial-Harmonics hingegen verteilt den Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf zwei verschiedene Szenen. So ist das junge unverheiratete Paar noch umgeben von amourösen Sinnbildern: Rosen, Myrte, Tierpaare, die Fackeln des Hymenaios (der in der griechischen Götterwelt für die Hochzeit zuständig war) sowie der Bogen des Amor.21 Soweit scheint also alles gut. Irritierend ist nur, dass der schalkhafte Liebesgott in einem Gemälde über den einander zugeneigten Liebenden seinen Köcher abgelegt hat und – ziemlich martialisch – mit einer Flinte auf zwei Turteltäubchen feuert. Womöglich deuten auch das neckische Spiel der beiden Katzen, die auf einer herzförmigen Vase abgebildete Sphinx oder der Schmetterling (mit seiner Anspielung auf Vanitas und den Mythos des sich im 43

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eigenen Spiegelbild verlierenden Narziss) den Konflikt und kommenden Bruch bereits an. Ganz anders stellt sich die Liebe jedenfalls in der Ehe dar, wie Gillray mit dem Wortspiel: harmony – harmonics unterstreicht. Der zweite Terminus wäre wörtlich mit »Obertönen« zu übersetzen und sollte wohl im Sinne eines Nachklangs oder üblen Beigeschmacks verstanden werden. Die Musik in Wohnstube beziehungsweise Salon ist zum solitären Ritual der Ehefrau verkommen, dem sonst niemand Beachtung schenkt. Genau wie in der Darstellung geselliger Hausmusik ist die Szene hier von Lärm durchdrungen: Katze und Hund sind wieder mit von der Partie, hinzu kommen zwei kreischende Papageien sowie ein schreiendes Baby im Arm der Kinderfrau, die es obendrein auch noch mit einer Ratsche aufzumuntern versucht. Der Gatte, vertieft in seine Zeitung, muss sich das den beiden Frauen zugewandte Ohr zuhalten. Symbolisch hat sich ebenfalls alles gewandelt: Tiere sind sich feindselig gestimmt, das Bildnis des Hymenaios ist bereits am Bröckeln, im Zierwerk über dem Kamin legt sich Amor unter einer Trauerweide zur letzten Ruhe. Statt mit Motiven romantischer Avancen sind Vasen nun mit geifernden Schlangen geschmückt und ein Thermometer zeigt den nahenden Gefrierpunkt an.22 44

Ein weiteres illustratives Mittel Gillrays sind die hier vorwiegend frei ersonnenen Titel und Überschriften von Musikalien oder Büchern in den dargestellten Szenen. Schonungslos wird es vor allem in dem Bildpaar von 1805 eingesetzt: Aus den gemeinsam gesungenen Duets de l’Amour (Liebesduetten) ist Torture Fiery Rage (Folter lodernden Zorns) und Despair I cannot can not bear (Verzweiflung ertrage ich nicht) geworden – beides im Forte versteht sich! Auf und unter dem Klavier liegen Separation a Finale for Two Voices with Accompaniment (Scheidung, ein Finale für zwei Stimmen mit Begleitung) und The Wedding Ring: a Dirge (Der Ehering: ein Trauerlied) bereit. Es bleibt unentschieden, ob sich die Verliebten einst gegenseitig aus den Amores oder doch eher aus den Metamorphosen von Ovid vorlasen, dessen Name auf der zwischen ihnen auf dem Tisch liegenden Lektüre zu erkennen ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hausmusik auf der später entstandenen Darstellung wiederum versuchen sich an einer Komposition namens On Rosy Bed… (Auf Rosen gebettet …): fiktiver Titel eines typisch romantischen Volksliedes, das hier allerdings mit dem Meckern des Ziegenbocks (»… by Tinkling Billy«) assoziiert wird. Unabhängig von versteckten symbolischen und sprachlichen Hinweisen springt Eines beim Betrachten jedoch

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viel unmittelbarer ins Auge: die Disharmonie in der Darstellung selbst (nicht zu verwechseln mit einer stümperhaften Ausführung). Regelmäßigkeiten geraten überall aus den Fugen, Proportionen aus der Balance. Schon die Zusammenstellungen der Personengruppen wirken ungeordnet und unausgewogen, mit Ausnahme natürlich der beiden Liebenden, deren Blicke sich im Bildzentrum treffen und deren Gestalten sich mittig zu einer triangulären Form vereinen. In der Ehe verliert sich mit dieser Einheit augenscheinlich auch jede leibliche Schönheit und Anmut, die auch sonst an keinem der Musizierenden auf den anderen Karikaturen mehr wiederzufinden ist, deren Gesichter und Körper vielmehr häufig bis ins Groteske verzerrt erscheinen. All das ist visuelles Pendant der Kakophonie. Für die Charakterisierung seiner Figuren griff Gillray auf ein gängiges künstlerisches Stilmittel seiner Zeit (etwa auch der Porträtkunst) zurück, hinter dem auch wissenschaftliche Überzeugung stand: das körperlich Äußere als ein lesbares Zeichen für das Innere der Seele.23 Diese Lehre, die sogenannte Physiognomik, besaß zwar bereits eine Jahrhunderte alte Tradition, kam aber besonders durch die Schriften Johann Caspar Lavaters Ende des 18. Jahrhunderts in Europa zu neuer Popularität. Eine zu Gillray thematisch verwandte Zeichnung The

Harmonious Family (Abb. 7) von Robert Dighton, der im Gegensatz zu jenem gänzlich auf verschlüsselte Hinweise verzichtete, zeigt auf, dass man zu dieser Zeit ein- und dieselbe Pointe sogar allein über die physiognomische Perspektive einer Karikatur generieren konnte. Dass sich Gillray unmittelbar mit Lavater auseinandergesetzt hat, dessen Physiognomische Fragmente 1789 in englischer Übersetzung erschienen sind, belegt unter anderem der Druck Doublûres of characters; – or – striking resemblances in phisiognomy [sic] (Charakterdoubles; – oder – auffallende Ähnlichkeiten der Physiognomie) von 1798. Auch der Theologe Lavater war übrigens von der Idee göttlicher Harmonie nicht unbeeinflusst, die sich ihm zufolge letztendlich noch im Antlitz des Menschen (bei geringeren Geistern und Charakteren wohl auch weniger …) ausdrücke: Die Physiognomik ist eine Quelle der feinsten und erhabensten Empfindungen; ein neues Auge, die tausendfältigen Ausdrücke der göttlichen Weisheit und Güte zu bemerken, um den anbetenswürdigen Urheber der menschlichen Natur, der so unaussprechlich viel Wahrheit und Harmonie in dieselbige gelegt hat, in neuen Liebenswürdigkeiten zu erblicken.24

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Gillray stellt nicht nur das unbefriedigende klangliche Ergebnis dessen bloß, was die unbeholfenen Figuren mit ihren Stimmen und Instrumenten gerade noch zu erzielen imstande zu sein scheinen. Mit Begabung waren eben nicht alle Musikliebhaber und -liebhaberinnen in gleichem Maße gesegnet und deren Ausbildung hatte selbstredend ebenfalls ihre Grenzen. Ein professionelles Niveau konnte also niemand von ihnen ernstlich erwarten. Der Begriff der Harmonie erschließt an diesem Punkt den erweiterten Bedeutungshorizont der Karikaturen, denn vorgeführt wird mit ihnen tatsächlich ein noch viel tiefer reichendes Versagen der Beteiligten als ein musikalisches: Uneinigkeit, Missmut, Selbstsucht und Zerwürfnis anstatt dem so häufigen Lippenbekenntnis zu Gemeinschaft, Freundschaft oder Liebe. Die Szenen spielen sich ausnahmslos in geschlossenen Räumen ab und halten damit eine in ihre Salons und Versammlungssäle zurückgezogene und nach außen abgeschottete Elite fest. Lärm und Krawall als Einbruch von Unordnung wurden in der sozialen Hierarchie traditionell weiter unten verortet, zu seiner Verkörperung mussten typischerweise ›einfaches Volk‹ und Musikantentum der Straße herhalten, wie William Hogarths Druckgrafik »The Enraged Musician« (Abb. 12) von 46

1741 als prominentes Beispiel illustriert. Bei Gillray hingegen war die ›feine‹ Gesellschaft selbst Ursache des Chaos. Freilich überraschen die Karikaturen damit, dass das, was beim Hören Unbehagen oder sogar Schmerzen bereiten müsste, sich beim Betrachten unwillkürlich als perfides Vergnügen entpuppt. Anmerkungen 1

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Vgl. Nancy A. Mace, »The Market for Music in the Late Eighteenth Century and the Entry Books of the Stationers’ Company«, in: The Library 10/2 (2009), S. 157–187. John Arnold, The Essex Harmony: Being a Choice Collection Of the most Celebrated Songs and Catches, for Two, Three, Four, and Five Voices: From the Works of the most eminent Masters, London 31767, o.  S.: »Die große Zahl an Musikgesellschaften, Catch-Clubs, etc., die nun sowohl in der Stadt als auch auf dem Lande gegründet werden, machen deutlich, dass mehrstimmige Lieder und Kanons noch nie so in Mode waren, wie momentan. Deren (richtig angewandte) Ausübung kann als sehr löblich erachtet werden, nicht nur, indem sie ein unschuldiges Vergnügen und eine angenehme abendliche Erholung nach den mühsamen Strapazen des Tages für Personen darstellt, die sich zum Singen melodischer Lieder und Kanons zusammenfinden. Auch Frieden und Ruhe können dadurch in eine Nachbarschaft eingeführt werden, und

Delights of Harmony? soziale Harmonie im Überfluss, wo zuvor etwa die größten Feindseligkeiten vorherrschten.« (Übersetzung: J. T.) 3 Ein Beispiel einer solchen Männergesellschaft stellt die Anacreontic Society dar, siehe den Aufsatz von Clemens Kreutzfeldt im selben Band, eines für eine gemischtgeschlechtliche Gesellschaft die Pic-Nic Society, siehe den Aufsatz von Maren Bagge, Abschnitt »Dilettanti Theatricals«. 4 Zu diesem Kontext vgl. auch den Aufsatz von Evelyn Buyken in diesem Band. 5 [Anonym], The Annual Harmony; Or, The Convivial Companion: Containing a Collection of the Newest and Most Favourite Songs, Catches, Glees, Cantatas, &c. Adapted to well-known Tunes. To Which is Added, a Variety of Toasts and Sentiments, Southwark 1789, S. iv: »Es wurde große Sorgfalt darauf gelegt, jegliches Lied auszusondern, dass in irgendeiner Weise an Obszönität grenzt. Das keuschste Weib kann es lesen, ohne dass ihr Feingefühl verletzt würde.« (Übersetzung: J. T.) 6 Ebd., S. iv–v: »Seine Lektüre wird Harmonie erwecken, wird Geselligkeit befördern, wenn das Herz von Sorgen geplagt ist. Wenn sich Trübsinn im Gesicht abzeichnet, wird diese einen unwiderstehlichen Drang zum Frohsinn erzeugen – in ihr wirst du ein Heilmittel gegen den Groll finden – sie wird deine schlaffen Geister wiederbeleben – sie wird alle trüben Gedanken aus deinem Angesicht vertreiben – fahle Melancholie wird sich freiwillig verbannen lassen und die Züge der eingekehrten Ruhe werden sich in unvermeidliche Heiterkeit verwandeln; – ›Freude wird dich in ihren Kreis aufnehmen.‹

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Was trägt zur Harmonie von Gesellschaften bei, wenn nicht das Singen? Ohne es würden Unordnung oder sogar Zwietracht vorherrschen.« (Übersetzung: J. T.) Vgl. Ruth A. Solie, Music in Other Words. Victorian Conversations (= California Studies in 19th-Century Music, vol. 12), Berkeley u. a. 2004, S. 85–117. William Collins, The New Vocal Miscellany, or, A Fountain of Pure Harmony; Containing Sixty New Songs, (Not one of which ever appeared in print before,) Written to some of the most delightful English, Irish, and Scots Tunes: the Name of the Tune inserted at the beginning of each Song. To which is added, A Humorous Cantata, called The Alehouse Politicians; Never in Print Before, London [1787], S. ii. »Da ich zur Unterhaltung des liebenswerten Geschlechts geschrieben habe, dachte ich, keinen richtigeren Titel finden zu können, als den, den ich den Liedern gegeben habe, welche ich als wahre Bezeichnung des schönen Gechlechts ansehe und schätze, die [sic] allgemein wirkliche Quellen reiner Harmonie sind [sic]; und als solch einem Titel angemessen wird dieses Werk befunden werden; dort ist nirgends ein Wort oder Satz, der ein Erröten auf den Wangen des höchst entwickelten Feingefühls erwecken kann, da ich immer gewissenhaft die ausgezeichnete Maxime von Mr. Pope befolge – dass ›unanständige Worte keine Rechtfertigung zulassen.‹« (Übersetzung: J. T.) Einführungen beziehungsweise Übersichten zu dem kulturhistorischen Komplex bieten: Joscelyn Godwin, Musik und Spiritualität. Quellen der Inspiration in der Musik von der Frühzeit bis in die Moderne, aus dem Englischen übers. von Jürgen

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Jonas Traudes Saupe, Bern u. a. 1989; ders. (Hg.), The Harmony of the Spheres. A Sourcebook of the Pythagorean Tradition in Music, Rochester (Vermont) 1993; Jamie James, The Music of the Spheres. Music, Science and the Natural Order of the Universe, London 1995; Hans Schavernoch, Die Harmonie der Sphären. Die Geschichte der Idee des Welteneinklangs und der Seeleneinstimmung (= Orbis Academicus, Sonderband 6), Freiburg u. a. 1981. 10 Vgl. Thomas Christensen, Rameau and Musical Thought in the Enlightenment (= Cambridge Studies in Music Theory and Analysis, vol. 4), Cambridge 2004, S. 133–168. 11 William Congreve, A Hymn to Harmony. Written in Honour of St. Cecilia’s Day, MDCCI. Set to Musick by Mr. John Eccles, Master of Her Majesties Musick, London 1703, S. 4: »Nur Musik kann mit unvermitteltem Reiz die herumirrende Empfindung binden und den aufgewühlten Geist beruhigen.« (Übersetzung: J. T.) 12 Ebd.: »Beginnt das machtvolle Lied, ihr heiligen Neun, / Eure Instrumente und Stimmen vereinigt; / Harmonie, Frieden und süßes Verlangen erweckt in jeder Brust. / Belebt das schwermütig träge Herz, / Und sanfte Ruhe gebt rastlosen Gedanken. / Besänftigt das zornige Gemüt, / Zu schrecklicher Rache und Tod bereit: / Mit wohligen Klängen befriedigt sein kochendes Blut, / Und erweicht zu milder Reue seine brennende Wut. / Dies vollbracht; und schon vergehen ungestüme Leidenschaften; / Und alles ist still, und alles ist Frieden. / Die müde Welt ist mit willkommener Leichtigkeit gesegnet, / Durch Musik gewiegt in angenehme Ruhe.« (Übersetzung: J. T.) Der Anfang spielte

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auf die neun Musen an, die immer wieder den einzelnen Planeten zugeordnet und dadurch mit der Sphärenharmonie in Verbindung gebracht wurden. Vgl. Robert E. Norton, The Beautiful Soul. Aesthetic Morality in the Eighteenth Century, Ithaka 1995, S. 9–54. John Gilbert Cooper, The Power of Harmony: A Poem. In Two Books, London 1745, S. 10: »Kommt, all ihr Söhne der Freiheit, die erwachen / Aus Träumen des Aberglaubens, bei denen die Seele / Durch Nebel erzwungenen Glaubens nur trübe erkennt / Ihren eigenen großen Schöpfer; kommt, und ich will leiten, / Ungestört vom gellenden Jargon / mürrischer Priester, eure Schritte zum Thron, / Auf dem Freude mit Vernunft regiert, zu erblicken / Seine himmlische Herrlichkeit, und zu bewundern / Ihn durch jeden Gegenstand des schönes Maßes, / Die Quelle von Tugend, Harmonie und Glückseligkeit!« (Übersetzung: J. T.) Ebd., S. 48: »Diese geordnete Welt, in der, angetrieben vom großen Schöpfer, jedes Atom zur universalen Harmonie strebt« (Übersetzung: J. T.) Ebd., S. 5–6: »Man kann beobachten, dass alles was wahr, gerecht und harmonisch ist, ob in der Natur oder der Moral, der Seele ein unmittelbares Vergnügen verschafft, ganz ohne Reflexion. Denn der große Schöpfer aller Dinge, unendlich weise und gut, bestimmte eine ewige Übereinkunft zwischen den moralischen Auffassungsgaben, den Einbildungskräften und den Organen körperlicher Empfindung, wenn diese frei und ungestört sind. Daraus ist die tröstlichste wie auch wahrste Philosophie ableitbar, die die Welt jemals schmückte;

Delights of Harmony? nämlich, eine stetige Bewunderung der Schönheit der Schöpfung, die bei der Bewunderung der Ersten Ursache endet, was die Menschheit auf natürliche Weise dazu führt, heiter an seinem großen Plan zur Beförderung allgemeiner Glückseligkeit mitzuwirken. / Deshalb wurde unser Autor dazu verleitet, jenen Vergleich zwischen natürlicher und moralischer Schönheit zu ziehen; da dieselben Veranlagungen, die uns für die Freude an der Vollkommenheit der Schöpfung und der Vorzüglichkeit der Künste empfänglich machen, uns Wohlgefallen bei der Betrachtung von Würde und Gerechtigkeit in Wesensarten und Verhalten gewähren.« (Übersetzung: J. T.) 17 Anthony Ashley Cooper, third Earl of Shaftesbury, Characteristicks of Men, Manners, Opinions, Times, vol. 2, London 1711, S. 75: »Auch dies ist gewiss; dass die Bewunderung und Liebe von Ordnung, Harmonie und Gleichmaß, in welcher Art auch immer, natürlicherweise vorteilhaft für das Gemüt, förderlich für zwischenmenschliche Zuneigung und sehr hilfreich für die Tugend ist, die selbst nichts anderes darstellt als die Liebe gesellschaftlicher Ordnung und Schönheit.« (Übersetzung: J. T.) 18 Graham J. Barker-Benfield, The Culture of Sensibility. Sex and Society in Eighteenth-Century Britain, Chicago u. a. 1992, S. xix und passim. 19 Vgl. Francis Hutcheson, An Inquiry into the Original of our Ideas of Beauty and Virtue; In Two Treatises. […], London u. a. 1725, S. 14–27. Vgl. auch Maria Semi, Music as a Science of Mankind in Eighteenth Century Britain, übers. von Timothy Keates, Farnham u. a. 2012, S. 59–62.

20 Vgl. Mary Dorothy George, Catalogue of political and personal satires preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum, vol. 8 (1801–1810), London 1947, zit. nach: The British Museum, Collection Online, , 09.08.2016. 21 Vgl. ebd., zit. nach: The British Museum, Collection Online, , 09.08.2016. 22 Vgl. ebd., zit. nach: The British Museum, Collection Online, , 09.08.2016. Vgl. zudem Richard Leppert, Music and Image, Domesticity, ideology and socio-cultural formation in eighteenth-century England, Cambridge u. a. 1993, S. 183. 23 Vgl. Sharrona Pearl, About Faces. Physiognomy in Nineteenth-Century Britain, Cambridge u. a. 2010, S. 84–147. 24 Johann Caspar Lavater, Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe, Bd. 1, Leipzig u. a. 1775, S. 159–160. An anderen Stellen verwendet Lavater den Terminus »Harmonie« nicht in dieser affirmativen Bedeutung, sondern in etwa gleichbedeutend mit Kongruenz.

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Delights of Harmony?

Abb. 1: James Gillray, »A Little Music« or the Delights of Harmony, 1810

Jonas Traudes

Abb. 2: James Gillray, A Country Concert; – or – an Evenings Entertainment in Sussex, 1798

Delights of Harmony?

Abb. 3: Titelblatt der Collection of 12 Songs von Harriett Abrams (1803), gestaltet von James Gillray

Jonas Traudes

Abb. 4: James Gillray, PLAYING in PARTS, 1801

Delights of Harmony?

Abb. 5: James Gillray, Ars-musica, 1800

Abb. 6: Richard Brinsley Sheridan, »The Captain’s so kind as to thrust in a Note« »While old Lady Cuckoo is straining her Throat«, 1777

Delights of Harmony?

Abb. 7: Robert Dighton, The Harmonious Family, [o. J.]

Jonas Traudes

Abb. 8: James Gillray, Farmer Giles & his wife shewing off their daughter Betty to their neighbours, on her return from school, 1809

Abb. 9: Notendruck Bluebell of Scotland. Sung by Mrs Jordan, New York [o. J.]

Abb. 10: James Gillray, HARMONY before MATRIMONY, 1805

Abb. 11: James Gillray, MATRIMONIAL-HARMONICS, 1805

Abb. 12: William Hogarth, THE ENRAGED MUSICIAN, 1741

Abb. 13: James Gillray, Very Slippy-Weather, 1808

Abb. 14: James Gillray, ANACREONTICK’S in full Song, 1801

Abb. 15: William Hogarth, A Midnight Modern Conversation, 1733

Abb. 16: James Gillray, Pacific-Overtures, – or – Flight from St. CLOUD’S – »over the Water to Charley.« – a new Dramatic Peace now Rehearsing, 1806

Abb. 17: James Gillray, DILETTANTI-THEATRICALS; – or – a Peep at the Green Room. – Vide Pic Nic-Orgies, 1803

Abb. 18: James Gillray, Blowing up the PIC NIC’s; – or –Harlequin Quixotte attacking the puppets. Vide Tottenham Street pantomine, 1802

Abb. 19: James Gillray, The PIC-NIC ORCHESTRA, 1802

Abb. 20: James Gillray, A Bravura Air MANDANE, 1801

Abb. 21: James Ward (nach Sir Joshua Reynolds)

Abb. 22: James Gillray, The Bulstrode Siren, 1803

Ist Musik sichtbar? Bilder als Musikmedien Elisabeth Reda

»Die Musik kann gesehen, das Bild kann gehört werden.«1 Sichtbare Musik? Musik ist doch Klang, eine Hörkunst, eine Zeitkunst, die in einem Moment produziert wird und im nächsten schon wieder verklungen ist – sichtbar allenfalls durch ihre Notation oder die Musiker auf der Bühne, die zu ihren Instrumenten greifen, gesteuert von einem Dirigenten, der über Beginn und Ende des Hörerlebnisses bestimmt. Selbiges gilt für die Sängerin, die sichtbar Luft holt und sich im besten Fall durch eine bemerkenswerte Bühnenpräsenz auszeichnet. Doch ist das schon als Musik zu bezeichnen? Wer eine CD in den Recorder schiebt oder eine Platte auflegt, hat schon eine genauere Ahnung davon, wie unsichtbar Musik ist, denn abgesehen von einer flachen Scheibe und ihrer Verpackung ist hier nichts zu sehen und auch ohne ihre visuelle Komponente würde die

Musik hier funktionieren, nämlich hörbar sein, auch für Nicht-Sehende. Bild und Musik scheinen nachgerade durch eine Kluft voneinander geschieden zu sein. Mit visuellen und räumlichen Kategorien hat Musik – die Zeitkunst schlechthin – vermeintlich wenig zu tun, denn ihre Form entsteht und vergeht in der Bewegung der Zeit, ihre Mittel gründen auf der flüchtigen Immaterialität des Klanges.2

Jedoch: Was wäre, wenn der Plattenspieler seinen Dienst versagt, wenn die Sängerin unter einer Erkältung leidet und die Orchestermusiker auf der Bühne in einen Streik treten? Die Musik wäre aus. Klang wäre nicht mehr zu hören, aber die musikalische Szenerie 73

Elisabeth Reda

wäre dennoch zu sehen: die Instrumente, die leiblichen ­Musiker, das CD-Regal, der Bühnenraum. Anhand der Musiktitel, die auf Plattencovern oder in Programm­ heften gedruckt sind, könnte man sich einen bestimmten Klang gedanklich vorstellen, man würde darüber sprechen und sich eventuell anhand von Fotografien oder Plakaten früherer Musikerlebnisse erinnern. Kurzum: Musik ist Klang und verklingt, doch darüber hinaus ist sie anscheinend noch mehr. Nicht ohne Grund würde man viele der Karikaturen James Gillrays als musikalisch bezeichnen oder sogar ­behaupten, dass darauf Musik ›zu sehen‹ sei. Tatsächlich vermittelt Gillray den Betrachtern seiner Bilder Musik auf visuelle Art und Weise und gänzlich ohne ein beigefügtes Klangmedium. Zudem nutzt Gillray die Darstellung von Musik, um darüber hinaus noch weitere Inhalte zu transportieren. An dieser Stelle lohnt es sich, einen Schritt zurück zu treten und die genauen Begrifflichkeiten dieses musikmedialen Transfers in den Blick zu nehmen: Was ist überhaupt Musik oder was kann sie sein? Wie wird Musik vermittelt, also medialisiert und wie wird Musik selbst zum Medium?

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Musik als ›Vielheit‹

»›Quid sit musica?‹ – was Musik sei – diese Frage ist so alt wie die Musik selbst, und das heißt: so alt wie die Menschheit.«3 In ihrer Geschichte ist die Musik immer von ihrer unterschiedlichen Auffassung her definiert worden. Dabei liegt im 20. Jahrhundert der Fokus vor allem auf Musik als »komponierte[r] Zeit«4, die auf eine werkimmanente Betrachtung von Musik als abgeschlossenes »Kunstwerk«5 abzielt. Vorgänge des Erklingens sind damit ebenso selten einbezogen wie beispielsweise Fragen der Rezeption oder Verbreitung von Musik. Erst in jüngerer Zeit entstehen vermehrt Ideen zu einem weiter gefassten Verständnis von Musik. So eröffnet Nicholas Cook 1998 eine Perspektive, die sich deutlich von Musik als geschlossenem Werk abwendet hin zu einem Musikbegriff, der eine Vielzahl von Aktivitäten und Erfahrungen, durch die Musik entsteht, einschließt und der damit aus Musik – wenn man so will – die Summe ihrer Teile macht.6 Bereits im Nachdenken und Sprechen über Musik liegt für Cook die Bedeutung davon, was Musik sei; hier bezieht er die Produktion von Musik (composing) ebenso ein wie die performative Aufführung (performing) und die Rezeption durch das Publikum (appraising), drei Begriffe, die er ex-

Ist Musik sichtbar?

plizit prozessual einordnet.7 Das Denken und Sprechen über Musik erfolgt für ihn über sprachliche oder bildliche Metaphern, in denen vor allem auch die schwierige materielle Situation von Musik deutlich wird: Texture? Bark, moss, velvet, sacking: these things have texture, but how can music have texture when you can’t touch it? And what did you mean when you referred to a ›piece‹ of music? Do you tear strips of music of a roll, like cloth, or chip them off a block? A block of what?8

Weitere Diskrepanzen über den allgemeinen (Sprach-) Gebrauch von ›music‹ erkennt Cook unter anderem in der Verwendung von Musik-Notationen, die in ihrer schriftlichen Beschaffenheit zunächst noch nicht viel über den Klang von Musik aussagen oder aber auch in Redewendungen wie »Have you got any music by Sorabji?«, die eigentlich nach dem Medium CD fragt, sodass ihm nur die Feststellung bleibt, »whenever we try to talk about music, we seem to end up changing the subject«9 oder kurz: »[M]usic is an imaginary object«10, das sich unterschiedlich wandelt, je nachdem wie darüber gesprochen oder wie es praktiziert wird. Sein Ansatz weist also über den reinen Notentext bzw. ein

Verständnis von Musik als ausschließlich klangliches Phänomen hinaus unter anderem auf die Aufführung von Musik oder die Rezeption von Musik, womit er den Werkcharakter für überholt erklärt und Musik unter anderem in ihre sozialen Kontexte einbettet. Dies führt letztlich auch zu einem Perspektivwechsel weg von einer Musikgeschichte als Kompositionsgeschichte hin zu einer Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte von Musik. Hier schließt das in der Musikwissenschaft des 21. Jahrhunderts bereits etablierte Konzept des musikkulturellen Handelns an, das Musikhistoriographie als »Nebeneinander, Ineinander oder Gegeneinander von gleichzeitig beobachtbarer Differenz oder auch Gleichheit«11 betrachtet. Diese multiperspektivische Deutung der Musikgeschichte setzt voraus, dass der Blick auch auf das gesamte Spektrum der musikalischen Räume gelenkt wird, sei es die Metropole, das Kloster, das Konzerthaus oder der Salon, sodass sowohl die privaten als auch die öffentlichen Handlungsräume einbezogen werden.12 Auch diese Sichtweise von Musik führt, ähnlich wie die Cooks, dazu, dass sich Fragestellungen über eine Werkgeschichte hinaus erweitern lassen, indem der Fokus beispielsweise auf die Musikpraxis gelegt wird, also auf ein ganzes »Cluster an Aktivitäten«13. 75

Elisabeth Reda

Dadurch können schließlich Interaktionen untersucht werden, die auf »menschlicher, sozialer, musikalischer Praxis: als ein Kompasskreuz […] im musikalischen Leben«14 basieren, welche das »Denken über Musik« genauso einschließen wie »Denken im Musikalischen«15. Und schließlich kommt auch Christian Kaden in Abgrenzung zu einem eurozentristischen, normativen Musikverständnis zu dem Begriff der »Vielheit der Musiken«16; sein alternatives Konzept von Musik umfasst die Idee der »Ganzheit aus dem Verschiedenen«17, was sich mit Cooks Annäherung an das musikkulturelle Handeln, das »composing it, performing it, listening to it, loving it, hating it, in short, doing it«18 und der Perspektive des musikkulturellen Handelns ergänzt bzw. deckt.

kann, damit sie verhandelbar wird – muss Musik in andere Medien transformiert werden.19 Medial vermittelte Musik betrifft Audiomedien genauso wie audiovisuelle Medien oder rein visuelle Medien, wie beispielsweise die Notenschrift, Tonträger oder das schriftliche und mündliche Nachdenken und Kommunizieren über Musik. Die verschiedenen Medienarten dienen der Kommunikation von Musik im Sinne ihrer Verbreitung, Darbietung und Ausdifferenzierung.20 Musik und ihre Medien gehen damit über Werkkontexte hinaus, wenn man bedenkt, dass beispielsweise seit Jahrhunderten auch musikalisches Handeln visuell abgebildet wird oder schriftlich gespeichert ist. Nicht zu vergessen ist natürlich die Medialisierung von Musik durch den Körper selbst und das Instrument:

Plurimedialität von Musik

Musik ist in diesen unterschiedlichen Facetten nicht mehr nur an den Hörsinn gebunden, sondern auch an das Auge und als performative Kunst an den Körper. Doch auch in dieser weiten Perspektive kann Musik nicht überdauern, wenn sie nicht medial fixiert wird. Um erinnerbar zu sein – und man möchte ergänzen: Damit über Musik gesprochen und gedacht werden 76

Im Sinne […], dass ein Medium ein Hilfsmittel zur Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe von Informationen ist, muss demnach auch der Mensch als Medium angesehen werden, denn er nimmt als Musiker den Notentext auf, setzt ihn mit Hilfe seines Instruments oder seiner Stimme in Töne um […], gibt damit die Musik wieder und überträgt sie auf den Zuhörer, wobei Luft als Trägermedium der Schallwellen dient.21

Ist Musik sichtbar?

Um die verschiedenen Medien der Musik und ihr ­Ineinandergreifen nicht in heilloses begriffliches Durcheinander ausarten zu lassen, lässt sich der Begriff des ›Dispositivs‹ im Sinne Uwe Wirths heranziehen: Am Beispiel des Briefes, der mit der Post durch einen Postboten von einem Sender, der ihn qua Stift und Papier und Gedanken verfasst hat, zu einem Empfänger gesandt wird, der ihn öffnet und liest, erläutert er das »postalische Dispositiv«22. Dies umfasst die komplette Praxis des Briefverkehrs vom Schreiben bis zum Lesen einer Nachricht, »nämlich als ein für Sender, Empfänger und Briefträger gemeinsames Wissen um die Rahmenbedingungen der Briefkommunikation, das sowohl den Prozess der Übertragung als auch den Prozess der Entstehung dessen, was übertragen wird, prägt.«23 Transferiert auf die Musik und ihre mediale Bedingtheit könnte man auch von einem ›musikalischen Dispositiv‹ sprechen, das nicht nur musikkulturelles Handeln inkludiert, sondern ebenso die einzelnen musikbezogenen Medien mit bedenkt und auch den Rezeptions- und Kompositionsprozess von Musik. Denken und Sprechen über Musik erfolgt also in Zusammenhang mit der Betrachtung der einzelnen Medien der Musik, da der Klang selbst bzw. die Hör-

wahrnehmung »individuell und flüchtig«24 sind. Ein Medium ist dabei im etymologischen Sinne als ›Mitte‹ bzw. ›Mittler‹ zu verstehen, wobei der Hinweis aus der Medienwissenschaft zu berücksichtigen ist: »Medien übertragen nicht einfach Botschaften, sondern entfalten eine Wirkkraft, welche die Modalitäten unseres Denkens, Wahrnehmens, Erfahrens, Erinnerns und Kommunizierens prägt.«25 Indem Medien auf eine bestimme Weise verwendet und verbreitet werden, prägen diese die Welt und das menschliche Nachdenken und Wahrnehmen der Welt. Dies hängt auch zusammen mit der spezifischen Materialität, die Medien eigen ist und die darüber entscheidet, welcher »Mehrwert an Bedeutung«26 das Medium in seiner Botschaft transportiert. Sybille Krämer zeigt dies am Beispiel der menschlichen Stimme, welche als Medium der Rede über die inhaltliche Botschaft hinaus kraft ihrer spezifischen Beschaffenheit eine Bedeutung hinterlässt.27 Musik muss also nicht nur durch Medien vermittelt werden, damit sie greifbar wird, sondern sie verfügt auch über eine bestimmte Materialität. »›Material‹ steht dabei nicht für ›Materie‹, sondern für das, was bearbeitet bzw. womit gearbeitet werden muss […]«28, sei es stofflich (beispielsweise das Notenpapier, das Holz einer Geige oder 77

Elisabeth Reda

die Geige selbst) oder geistig (z.B. Klänge, Rhythmen oder die Idee einer musikalischen Form). Dabei gibt es nicht die bestimmte Materialität von Musik und die von Bildender Kunst. Zwar ist ein bestimmtes Material die Voraussetzung von Kunst, dieses entscheidet aber nicht darüber, ob Musik auch als Musik wahrgenommen wird oder Literatur als Literatur. Denn die Materialität von Kunst ist innerhalb eines weiten Spektrums zu sehen, innerhalb dessen sich die Materialitäten überschneiden, womit immer schon eine Wechselbeziehung zwischen den Kunstarten gegeben ist. Warum Musik dennoch als Musik wahrgenommen wird und ein Bild als ein Bild, erklärt Martin Seel (ähnlich wie Wirth und sein ›Wissen um die Rahmenbedingungen der Briefkommunikation‹) mit dem Bewusstsein, welches der Rezipient der jeweiligen Erscheinung entgegen bringt: »Um Kunst als Kunst [und dementsprechend also Musik als Musik, Anm. d. V.] wahrnehmen zu können, muss man ein gewisses Wissen um die Kunst und ihre Gemachtheit mitbringen. So wie man zur Wahrnehmung eines Autos auch ein gewisses Wissen um ein Auto braucht.«29 Wer sich mit Musik beschäftigt oder nach Musik fragt, weiß bereits um die Musik und hat möglicherweise innerhalb des eigenen Rahmens schon über ihre 78

Entstehung und Verbreitung und um die mediale Vermitteltheit derselben nachgedacht oder zumindest Erfahrungen damit gemacht. Aus dieser Perspektive wird nun Musik auch visuell und zwar nicht in Form von ›Platzhaltern‹ oder ›Lückenbüßern‹ für den eigentlich verklungenen Klang, sondern ganz im Sinne der Medialisierung einer ›Vielheit der Musik‹. Diese wird nun sichtbar, lesbar, hörbar, greifbar innerhalb ihres musikmedialen Dispositivs. Musik wird plurimedial vermittelt und kann im Umkehrschluss ebenso plurimedial vermitteln. Sie ist damit eine plurimediale Kunst, die auf der Bühne, in Büchern, von der Platte ebenso erlebbar ist wie im Bild. Der Musik sind Medienkombinationen ebenso immanent wie Medienwechsel, was nichts anderes meint, als dass Musik per se unterschiedliche Medien in Anspruch nimmt, sei es »als mediales Zusammenspiel«30 (als Beispiel: Bei der Aufführung einer Komposition wirken üblicherweise Noten, Instrumente, Musiker, Räume ineinander und miteinander) oder als »Übertragung […] eines Textes von einem Medium mit seinen spezifischen medialen Voraussetzungen und Bedingungen in ein anderes Medium.«31 (Hier wäre ein Beispiel das Medium Partitur, die von Musikern als CD-Aufnahme eingespielt wird.) Die damit ein-

Ist Musik sichtbar?

hergehende »Verschiebung, Veränderung, Erweiterung oder Segmentierung und Beschränkung«32 kann als Bedeutungsgewinn von Musik gesehen werden, da verschiedene Zielmedien »neue Darstellungspotentiale und Gestaltungsmöglichkeiten und somit vielfältige Chancen der innovativen Fortschreibung des Ausgangstextes im neuen Medium«33 eröffnen. Musik ergänzt sich selbst auf diese Weise durch ihre unterschiedlichen Medien und deren Materialität bzw. den Wechsel zwischen den Medien und erhält damit ein größeres (Be-)Deutungsspektrum als die Festlegung von Musik als verklingender Klang allein es könnte. Das Bild als Musikmedium

Musik braucht Medien und damit wird auch das Bild zum Medium der Musik. Bisher war es vor allem Aufgabe der Musikikonographie, sich mit den Zusammenhängen von Bild und Musik zu befassen. Lange ging es hier allerdings darum, Analogien zwischen den Künsten herzustellen, Parallelisierungen im Sinne synästhetischer Beziehungen zu suchen oder ›Musik nach Bildern‹ bzw. umgekehrt Bildwerke als »Reminiszenz an die Musik durch einen bildenden Künstler«34, also als

Verbildlichung von Musik zu betrachten. Diese Überlegungen basieren auf der Annahme von Musik und Bild als hermetisch voneinander getrennten Künsten, was – wie gesehen – der Plurimedialität von Musik widerspricht und sich daher für das Denken von Bild als Musikmedium als wenig anschlussfähig erweist. Eine weitere Berücksichtigung von Bildern im Kontext Musik wird vor allem dann vorgenommen, wenn es darum geht, Bilder als Realquellen für musikgeschichtliche Zusammenhänge zu betrachten. Erst mit Theorien des Kunst- und Kulturwissenschaftlers Aby Warburg und dem damit einhergehenden ›iconic turn‹ zeichnete sich eine Wende in der Bildbetrachtung ab, die sich auch auf die Musikikonographie auswirkte, indem Bilder mit musikbezogenen Inhalten nun daraufhin ausgewertet werden können, welchen Wert eine Gesellschaft der Musik zugestanden, was sie über Musik gedacht und wie sie durch Musik bewegt worden ist. In diesem Sinne ist der Gegenstand der Musikikonographie die Visualisierung von Musik schlechthin, einschließlich des Transfers von Inhalten der Klangwelt in Inhalte von Bildern.35

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Der Begriff ›Transfer‹ weist bereits daraufhin, dass es um irgendeine Art von Transport oder Übertragung geht, der Ansatz lässt sich allerdings noch weiter entwickeln weg von einer bloßen ›Anleihe‹ der Musik beim Medium Bild als Behelfsmedium, welches dementsprechend auch nur mit einem kunstwissenschaftlichen Hintergrund ausgewertet werden kann, hin zu einer disziplinär ineinandergreifenden Betrachtung von Bildern als Musikmedien. Diese stellen an den Betrachter vor allem die Fragen: Wie wird Musik im Bild vermittelt? Wie ist der Umgang mit den materiellen Komponenten von Musik? Wie wird Musik medialisiert in ihren unterschiedlichen Facetten, aber auch: Was wird durch die Abbildung von Musik vermittelt? Um diesen Fragen nachzugehen, eignen sich einige genauere Betrachtungen der Karikaturen James Gillrays mit Musikbezug: Musik wird hier in ihren unterschiedlichen Spielarten medialisiert. Sie ist hier Aufführung, Repertoire und Klischee, sie wird durch Akteure und ihre Interaktionen in Räumen, durch Repertoire in Form von Notenschrift, schriftlichen Titeln und Silben dargestellt. Anhand dreier exemplarisch ausgewählter Karikaturen lässt sich zeigen, wie die Medialisierung von Musik im Bild in Zusammenhang mit ihren unter80

schiedlichen Materialitäten aussehen kann, wie gerade in Karikaturen musikalische Klischees durch Typisierungen aufgegriffen werden und wie Musik auf diese Weise nicht nur medialisiert wird, sondern auch selbst Inhalte vermittelt. A Bravura Air MANDANE

James Gillray zeigt auf der Karikatur A Bravura Air MANDANE (Abb. 20) die Sängerin und Komponistin Elizabeth Billington (1765 oder 1768–1818) in der Rolle der Mandane aus der Oper Artaxerxes von Thomas Arne (1710–1778).36 Die Person der Sängerin, die Rolle der Mandane und die Abbildung beider sind hier untrennbar miteinander verknüpft. Durch dieses Zusammenhängen von Person und Rolle erfährt die Musik eine Verkörperung: Die Person Elizabeth Billington wird zur Figur Mandane. Gleichzeitig aber benötigt diese Figur den Körper der Sängerin, der darüber hinaus in seiner abgebildeten Fülle ja auch Thema des Londoner Klatschs war.37 Die Billington trägt hier ihr Bühnenkostüm, doch als bekannte Sängerin ist sie hinter den Röcken und Federn natürlich erkennbar und wird als Person vom Publikum auch in ihrer Paraderolle

Ist Musik sichtbar?

gefeiert. Die Musik oder der Hörgenuss der Musik ist also angewiesen auf die Interpretin in ihrer ganzen Erscheinung – ohne Körper keine Musik. Die Performativität von Musik wird hier von Gillray gewissermaßen auf dem Silbertablett präsentiert. Weitere Personen als die Sängerin sind auf der Karikatur nicht zu sehen, keine Musiker, keine Rezipienten, nicht einmal eine Bühne. Dennoch wird durch die Rollenverkörperung und den Kontext, in dem die Karikatur zu verorten ist,38 deutlich, dass die Sängerin ein Leben bzw. eine sängerische Karriere im öffentlichen Raum führt und sowohl in der Rolle der Mandane als auch als Person Elizabeth Billington inszeniert wird. Das Zusammenspiel von Körper, Inszenierung und Raum ist das eine; gleichzeitig verwendet Gillray ganz unterschiedliches Material, um Musik zu vermitteln: Auf der einen Seite integriert er Schrift in das Bild, die ganz nüchtern auf den Titel der Arie und die dazugehörige Rolle verweist. Hier ist Musik also Schrift, aber im Bild gezeigt. Auf der anderen Seite fällt ins Auge, dass Gillray versucht, den Klang der Arie nachzuzeichnen. Durch verschiedene kurvenartige Gebilde, die aus dem Mund der Sängerin aufsteigen, entsteht für den Rezipienten des Bildes der Eindruck einer ›Klangwolke‹ –

heutzutage erinnert diese Darstellungsweise vor allem an Comics oder Graphic Novels, in denen ebenfalls Bewegungen oder Laute visuell nachgezeichnet werden. Der Klang selbst wird hier in seiner Materialität des Entstehens und Vergehens in der Abbildung der Eli­­­z­abeth Billington als Mandane thematisiert und für das Auge sichtbar gemacht. Die Sängerin wird nicht nur in einer Rolle gezeigt, sondern der Fokus liegt auf der Ausführung dieser Rolle, dem Sehenden soll nicht entgehen: Hier wird Hörbares erzeugt. Wer die Bravourarie der Mandane kennt, wird sie in diesem Zusammenhang sofort vor dem inneren Ohr hören. Gillray versteht es also, Musik auf eine Weise materiell im Bild zu vermitteln, dass die Erinnerung daran oder die Vorstellung davon beim Rezipienten des Bildes wach gerufen wird. The Bulstrode Siren

Ähnlich verfährt Gillray in der Karikatur The Bulstrode Siren39 (Abb. 22). Auch hier ist Musik als Klang sichtbar gemacht, allerdings nicht in Gestalt von gemalten Klangkurven, sondern ganz konkret in schriftlichen Silben, die aus dem Mund der abgebildeten Sängerin – wieder Elizabeth Billington – aufsteigen. Schrift 81

Elisabeth Reda

und Bild sind hier eins, denn die einzelnen Buchstaben und Silben zeichnen Bewegungen im Raum nach. Das Schriftmaterial Buchstabe wird hier – vereinzelt gezeigt und zu Silben zusammengesetzt – zum Medium der Musik. Hinsichtlich Fragen der Plurimedialität und –materialität von Musik ist diese Karikatur daher ein überaus gutes Beispiel, denn dass es sich hier bei dem, was in diesem Bildausschnitt vermittelt werden soll, um ein Lied handelt, ist nicht nur dem Titel des Bildes zu entnehmen, sondern auch der Tatsache, dass die Sängerin ein Liedblatt in der Hand hält. Hier kommt eine weitere mediale Fixierung von Musik ins Spiel: die Notenschrift. Auch zu Füßen der Sängerin liegen Noten. Anders als auf der Karikatur der Mandane, ist hier nicht durch einen schriftlichen Titel bekannt, was gesungen wird. Lediglich das Medium der aufgeschriebenen, gedruckten Noten verweist auf ein konkretes Repertoire. Dass dieses nicht nur im entfernten Sinne eine Art Liebeslied sein muss, lässt Gillray den Betrachter durch verschiedene schriftliche Zusätze des Bildes wissen: Auch wer nicht weiß, dass hier auf ein Gerücht einer Liebesaffäre zwischen Elizabeth Billington und dem neben ihr sitzenden Duke of Portland Bezug genommen wird,40 ahnt durch den Titel des Blattes The 82

Bulstrode Siren, dass hier zur Betörung gesungen wird: »[I]m Gesang der Sirenen gehen Weiblichkeit, Verführung und Tod eine viel rezipierte Verbindung ein.«41 Im Zusammenhang mit der mythologischen Figur der Sirene spielt die Musik eine zentrale Rolle, und zwar nicht zuletzt als Medium von Geschlechterstereotypen, die Gillray durch den Titel seiner Karikatur aufgreift. Die Gattung Karikatur erweist sich dabei als außerordentlich unterstützend, da sie eine Überspitzung und klischeehafte Darstellung von sozialen Kontexten nicht nur zulässt, sondern geradezu erfordert. Das Wissen um den an Musik und Geschlecht gebundenen Mythos der Sirene lässt auf diese Weise eine Deutung der Bildhandlung zu, die wiederum durch die Figur des Duke of Portland42 unterstrichen wird, der verzückt dem Gesang der Elizabeth Billington lauscht: Die weibliche Sängerin wird hier selbst zur Sirene, zur ›Bulstrode Siren‹43 – über die Musik wird damit nicht nur Klatsch und Tratsch, sondern vor allem ein Kommentar zur gesellschaftlichen Haltung zu Geschlechterrollen und -stereotypen sowie zur Existenz von Künstlerinnen transportiert.44 Wie ein Kommentar wirkt dazu die Aufschrift der auf dem Boden liegenden Noten ›Epithalamium pour l’Heureux Nuit‹ – Brautlied für die

Ist Musik sichtbar?

glückliche Nacht, womit auf den antiken Brauch des Hochzeitsgesangs vor dem Schlafgemach Neuvermählter (Epithalamium) angespielt wird. Überhaupt ist die Karikatur aufgeladen mit mythologischen und antiken Hinweisen auf Musik, denn unter dem eigentlichen Bild fügte Gillray noch einen weiteren Text an, der sich bei näherem Hinsehen als (ins Englische übersetzte) Ausschnitt eines Gedichtes bzw. Liebesliedes der antiken griechischen Dichterin Sappho entpuppt, die für ihre Lyrik ebenso bekannt wurde, wie sie für ihren unabhängigen Lebenswandel gehasst und bewundert wurde. Mit seiner Sappho-Rezeption, die Gillray hier als intertextuelles Spiel einbringt, öffnet er eine Allegorie zu Elizabeth Billington und kommentiert ganz offen die vermeintliche Skandalträchtigkeit ihres Lebenswandels. Die Musik wird dabei auf eine Metaebene gehoben: Sie wird nicht mehr nur medial vermittelt, sondern selbst zur Trägerin von Botschaften, die allerdings auch nur dann zu lesen sind, wenn ein bestimmtes Wissen über musikalische Mythen und antike Musik-Topoi vorhanden ist. Gillray verlässt sich hier auf den kognitiven Rahmen bzw. die Bildung des Rezipienten.

Dilettanti theatricals

Auf der Karikatur Dilettanti Theatricals45 (Abb. 17) fällt spontan ein besonderer Aspekt ins Auge: die Lautstärke. Das Bild ist ›hörbar‹, der Klang ›sichtbar‹ und von beidem gibt es vor allem viel: Es wird noch schnell ein Text aufgesagt, eine Arie geprobt, die Instrumentalisten spielen sich ein, eine Tanzgruppe geht ihre Bewegungen gemeinsam durch, während zwei einzelne Tänzer ihre Choreografie überprüfen, es wird sich umgezogen, geschminkt und miteinander herumgetändelt und das alles unter den Augen von Händel, der heiligen St. Cecilia, Shakespeare, Melpomene, Thalia und dem Schauspieler Garrick, die auf einem Wandschirm abgebildet sind. Ein wirklicher ›peep at the Green Room‹ wie der Untertitel des Bildes heißt – ein kurzer Blick in die Künstlergarderobe.46 Allein die Masse des Dargestellten lässt nicht nur das Auge schweifen, sondern das Ohr kommt kaum schnell genug hinterher, um die Eindrücke zu verarbeiten. Dass Musik und Theater eine sinnliche Angelegenheit sind, erfährt der Betrachter hier durch seine eigene Erfahrung mit dem Bild, doch es lassen sich noch weitere Rückschlüsse ziehen: Theater wird in seine Bestandteile zerlegt – Musik, Schauspiel, 83

Elisabeth Reda

Text, Tanz. Alle Kunstarten greifen hier ineinander zu einer plurimedialen Darstellung von ›Bühnenkunst‹ und Gillray vergewissert sich dafür des Wohlwollens der Tradition. Die auf dem Wandschirm Gezeigten haben allesamt den Status von im Kanon der Künste etablierten Personen, die hier im wahrsten Sinne des Wortes ›Schirmherrinnen‹ werden. Die Patronin der Musiker ist ebenso anwesend wie die Singende und die für Komische Dichtung Verantwortliche der neun Musen, Händel, Shakes­peare und Garrick stehen für die irdische Umsetzung der Kreativität als Komponist, Dramatiker und Schauspieler. Gleichzeitig stehen diese in ihrer abgebildeten Ernsthaftigkeit in einem eigenartigen Kontrast zu dem scheinbar chaotischen Geschehen unter ihren Blicken. Doch gerade das vermeintliche Durcheinander vermittelt den Stellenwert der Aufführung von Musik, von Theater. Die Aufführung will geprobt sein, sie muss vorbereitet werden, sie ist nicht ›einfach da‹. Dazu ist das Anstimmen der Instrumente ebenso notwendig wie das Lernen von Noten und Texten oder das Verkleiden. Der Aspekt der Veränderung des eigenen Körpers durch Kostümierung wird besonders durch Lady Salisbury und Lady Buckinghamshire deutlich47 – erstere schlüpft gerade in eine Hosenrolle, 84

letztere sitzt in opulentem Kleid mit Rüschen und Federn an einem Schminktisch. Gillray thematisiert so bestimmte Auffassungen von Weiblichkeit bzw. genderkonnotierten Etikettierungen: Während Lady Salisbury mit der Hosenrolle eine »performative Verwandlung«48 erfährt, durch welche der traditionelle Binärcode der Geschlechter in Frage gestellt wird, verweist die Darstellung Lady Buckingham­shires eher auf ein stereotypes Weiblichkeitsbild. Gillray zeigt, dass hier im Theater alles möglich ist, dass Rollenzuschreibungen des realen Lebens außer Kraft treten und Frauen in Männerkleidung genauso akzeptiert sein könnten wie etwa Zwerge in der Rolle Alexander des Großen oder bucklige Tänzer. Durch den Blick in die Künstlergarderobe gewährt Gillray dem Betrachter einen Einblick in die Prozessualität und Gemachtheit von Kunst. Sie ist hier noch im Entstehen, hier wird noch Hand angelegt, nichts ist fertig oder abgeschlossen und schon im nächsten Moment, spätestens aber vor der nächsten Aufführung können alle Konstellationen und Handlungen zwischen den Akteuren wieder ganz anders aussehen. Während die hier abgebildete Klang­szenerie in ihrer stofflichen Materialität der Noten, Bücher, Instrumente oder Kostüme zwar erhalten bliebe, hängt die vermittelte Lautstärke

Ist Musik sichtbar?

des Bildes aber maßgeblich mit den Akteuren zusammen, welche die Karikatur zum Leben erwecken, indem sie als Handelnde abgebildet werden und der Materie so zu einer Performanz verhelfen. Bilder als Medium von Musik? Die Karikaturen James Gillrays zeigen, dass es möglich ist, Musik in einer Materialität zu vermitteln, die vielleicht nicht an erster Stelle genannt wird, wenn von Musik als Klang die Rede ist: im Bild. Ausgehend von einem Musikverständnis, welches die Entstehung, Aufführung und Rezeption von Musik ebenso einbezieht wie das musikkulturelle Handeln, welches Musik also in ihrer Gemachtheit und in ihrer Verschiedenheit wahrnimmt, wird deutlich, dass Musik an ihre Medialität gebunden ist und diese sich wiederum unterschiedlicher Materialitäten bedienen kann. Das auf diese Weise zur Verfügung stehende große Repertoire an Möglichkeiten, Musik zu denken und zu vermitteln, führt zu einer in dieser Perspektive beinahe schon selbstverständlich erscheinenden Medialisierung von Musik im Bild. Die Bilder selbst zeigen dabei ganz unterschiedliche Medialisierungsformen von Musik, sei es beispielsweise durch Körper, Instrumente, Schrift, Notenschrift oder Schallwellen. Der Betrachter, der an

diese Bilder mit einem Wissen um das musikalische oder musikmediale Dispositiv herantritt, kann dadurch die vielseitigen Spielarten von Musik im Bild erkennen. Bilder als Musikmedien und gerade Karikaturen, die eine Zuspitzung des Dargestellten verlangen, eignen sich besonders gut zur Medialisierung von Musik, da sie die Medialität von Musik in Abhängigkeit ihrer Materialität in einer großen Bandbreite zeigen können. Je nachdem, ob Musik in den Bildern Gillrays in Form von abstrakten Klang- oder Silbenwolken, schriftlichen Titeln oder durch Notenzeichen abgebildet wird und je nachdem, ob ein bestimmtes Repertoire, ein Komponist oder eine spezielle Besetzung bekannt sind, ändern sich die Möglichkeiten der (Be-)Deutungen, welche der Musik im Kontext der Bilder zugeschrieben werden können. So wird Musik nicht nur medial im Bild vermittelt, sondern wird selbst zum Medium für Gesellschaftskritik oder Reflexion von sozialen Verhältnissen. Bilder gehören demnach in das mediale Dispositiv von Musik. Doch die Musik braucht Bilder nicht nur als Verständigungshilfe, als Medien, welche sich nicht umgehen lassen. Das Beispiel der Karikaturen Gillrays in Verbindung mit einem großräumigen Denken über Musik und einem Medienverständnis, welches das Medium selbst in die Botschaft 85

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mit einbezieht, zeigt, dass Musik visuell vermittelt wird. Also lässt sich ebenso gut sagen: Musik ist (auch) Bild. Anmerkungen 1

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Sven Limbeck, »Musik und Bild – Ikonographie«, in: Verklingend und ewig. Tausend Jahre Musikgedächtnis 800–1800, hrsg. von Susanne Rode-Breymann und dems., Wiesbaden 2011, S. 161–165, hier S. 165. Matteo Nanni und Matthias Schmidt, »Einleitung. Musik als Bild?«, in: Helmut Lachenmann: Musik mit Bildern?, hrsg. von dens., München 2012, S. 9–18, hier S. 11. Friedrich Blume, Was ist Musik?, Kassel ²1960, S. 7. Carl Dahlhaus und Hans Heinrich Eggebrecht, Was ist Musik?, Wilhelmshaven ²1987, S. 186. Friedrich Blume ²1960, S. 7. Vgl. Nicholas Cook, Music. A very short introduction, Oxford 1998, S. 4ff. Vgl. ebd., S. 14ff. Ebd., S. 70: »Textur? Baumrinde, Samt, Sackleinen: Dinge wie diese haben eine [bestimmte stoffliche] Beschaffenheit, aber wie kann Musik eine Textur haben, wenn man sie nicht anfassen kann? Und was ist gemeint, wenn man sich auf ein Musik-›Stück‹ bezieht? Reißt man etwa Streifen aus Musik von einem Ballen, ähnlich wie Stoff, oder schlägt sie von einem Block ab? Ein Block woraus?« (Übersetzung: E. R.) Ebd., S. 71: »Hast Du Musik von Sorabji?« (Übersetzung:

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E. R.). Ebd., S. 73: »Immer wenn wir versuchen, über Musik zu sprechen, scheinen wir letztendlich auch den Gegenstand zu verändern.« (Übersetzung: E. R.) 10 Ebd., S. 73: »Musik ist eine imaginäre Sache.« (Übersetzung: E. R.) 11 Karin Hausen, »Die Nicht-Einheit der Geschichte als historiographische Herausforderung. Zur historischen Relevanz und Anstößigkeit der Geschlechtergeschichte«, in: Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven, hrsg. von ders. und Hans Medick, Göttingen 1998, S. 15–56, hier S. 55. 12 Vgl. Susanne Rode-Breymann, »Einleitung«, in: Orte der Musik. Kulturelles Handeln von Frauen in der Stadt, hrsg. von ders., Köln 2007, S. 1–8, hier S. 1f. 13 Susanne Rode-Breymann, »Wer war Katharina Gerlach? Über den Nutzen der Perspektive kulturellen Handelns für die musikwissenschaftliche Frauenforschung«, in: Orte der Musik. Kulturelles Handeln von Frauen in der Stadt, hrsg. von ders., Köln 2007, S. 269–284, hier S. 280. 14 Christian Kaden, Das Unerhörte und das Unhörbare. Was Musik ist, was Musik sein kann, Kassel/Stuttgart 2004, S. 9. 15 Ebd. 16 Ebd., S. 39. 17 Ebd. 18 Nicholas Cook 1998, S. 82: »[Musik] komponieren, aufführen, anhören, lieben, hassen, kurz gesagt: Musik machen.« (Übersetzung: E. R.) 19 Vgl. Melanie Unseld, »Musikwissenschaft und Erinnerungs-

Ist Musik sichtbar? forschung. Einige Vorüberlegungen«, in: Musik als Medium der Erinnerung. Gedächtnis – Geschichte – Gegenwart, hrsg. von Lena Nieper und Julian Schmitz, Bielefeld 2016, S. 29–38, hier S. 32ff. 20 Vgl. Marion Saxer, »Medienkonstellationen zeitgenössischer Musik- und Klangkunstformen«, in: Handbuch Musik und Medien, hrsg. von Holger Schramm, Konstanz 2009, S. 531– 554, hier S. 533. 21 Heinz W. Burow, »Mediengeschichte der Musik«, in: Handbuch der Mediengeschichte, hrsg. von Helmut Schanze, Stuttgart 2001, S. 347–372, hier S. 348. 22 Uwe Wirth, »Die Frage nach dem Medium als Frage nach der Vermittlung«, in: Was ist ein Medium?, hrsg. von Stefan Münker und Alexander Roesler, Frankfurt am Main 2008, S. 222–234, hier S. 224. 23 Ebd. 24 Herbert Bruhn, »Notation als mediale Darstellung von Musik«, in: Handbuch Musik und Medien, hrsg. von Holger Schramm, Konstanz 2009, S. 13–30, hier S. 27. 25 Sybille Krämer, »Was haben die Medien, der Computer und die Realität miteinander zu tun?«, in: Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien, hrsg. von ders., Frankfurt am Main 1998, S. 9–26, hier S. 14. 26 Sybille Krämer, »Das Medium als Spur und als Apparat«, in: Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien, hrsg. von ders., Frankfurt am Main 1998, S. 73– 94, hier S. 79. 27 Vgl. ebd. S. 78f. 28 Martin Seel, Ästhetik des Erscheinens, München 2000, S. 173.

29 Ebd., S. 175. 30 Irina O. Rajewsky, »Intermedialität - eine Begriffsbestimmung«, in: Intermedialität im Deutschunterricht, hrsg. von Marion Bönnighausen, Baltmannsweiler 2004, S. 8–30, hier S. 14. 31 Ralf Georg Bogner, Art. »Medienwechsel«, in: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe, hrsg. von Ansgar Nünning, Stuttgart u. a. 52013, S. 503. 32 Julia Franzreb und Anno Mungen, »Musiktheater«, in: Handbuch Musik und Medien, hrsg. von Holger Schramm, Konstanz 2009, S. 441–470, hier S. 458. 33 Ralf Bogner 2013, S. 503. 34 Rolf Ketteler und Jörg Jewanski, Art. »Musik und Bildende Kunst. IV. Bildende Künstler und Musik. 1. Bildwerke und Musik«, in: MGG², Sachteil Bd. 6, hrsg. von Ludwig Finscher. Kassel 1997, Sp. 761–775, hier Sp. 761. 35 Tilman Seebass, Art. »Musikikonographie«, in: MGG², Sachteil Bd. 6, hrsg. von Ludwig Finscher, Kassel 1997, Sp. 1319–1343, hier Sp. 1321. 36 Elizabeth Billington als ›Mandane‹ wird im Aufsatz von Maren Bagge im vorliegenden Band ausführlich thematisiert. 37 Siehe hierzu ebenfalls den Aufsatz von Maren Bagge, Abschnitt ›A Bravura Air‹. 38 Siehe hierzu den Aufsatz von Maren Bagge in diesem Band. 39 Anhand der Bildbeschreibung des British Museums erfolgt die Zuschreibung der abgebildeten Personen: http://www. britishmuseum.org/research/collection_online/collection_ object_details.aspx?objectId=1639070&partId=1&searchText=Bulstrode+gillray&page=1 11.07.2016.

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Elisabeth Reda 40 Näheres zu den Skandalen um Billington siehe Maren Bagge im selben Band. 41 Florian Heesch, Art. »Mythos, Mythologie«, in: Lexikon Musik und Gender, hrsg. von Annette Kreutziger-Herr und Melanie Unseld, Kassel/Stuttgart/Weimar 2010, S. 399–400, hier S. 399. 42 William Henry Cavendish-Bentinck, 3rd Duke of Portland (1738–1809). 43 In Bulstrode befand sich der Landsitz des 3rd Duke’s of Portland. 44 Die Verhandlung von Geschlechterkonnotationen bei James Gillray wird ausführlicher von Evelyn Buyken im selben Band beschrieben. 45 Anhand der Bildbeschreibung des British Museums erfolgt die Zuschreibung der abgebildeten Personen: http://www. britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=1480376&partId=1&people=18294&peoA=18294-1-9&page=1 11.07.2016. 46 Auch Maren Bagge geht auf die Inhalte dieser Karikatur ein, siehe Maren Bagge im selben Band, Abschnitt »Dilettanti Theatricals«. 47 Hintergründe zu diesen Personen siehe Aufsatz Maren Bagge im selben Band, Abschnitt über Lady Buckinghamshire und Lady Salisbury. 48 Julian Krüper, Art. »Weiblichkeitsbilder, 6. Hosenrolle«, in: Lexikon Musik und Gender, hrsg. von Annette Kreutziger-Herr und Melanie Unseld, Kassel/Stuttgart/Weimar 2010, S. 520.

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»Whilst snug in our Club-room ...« Die Anacreontic Society: Englische Musikvereinskultur aus der Perspektive von James Gillray Clemens Kreutzfeldt

Acht Herren sind in geselliger Enge um einen Tisch versammelt. Ein mit Frack und rundem Hut bekleideter Herr hat sich offenbar zu einer Ansprache erhoben. Er streckt beide Arme empor – in der einen Hand hält er ein gefülltes Glas und in der anderen eine Tabakpfeife. Er erweckt den Eindruck, ein bis zwei weitere Herren mit einem Trinkspruch dazu animiert zu haben, es ihm gleich zu tun. Die bis zum Rand gefüllten Gläser machen es den Herrschaften dabei unmöglich, diese in die Höhe zu strecken, ohne die darin befindlichen Flüssigkeiten zum Überschwappen zu bringen. Ein mit Frack und Dreispitz bekleideter Herr bemerkt, in Euphorie versunken, nicht einmal, dass der glühende Tabak seiner Pfeife droht, auf seiner Stoffhose zu landen. Sein Sitznachbar mit rundlichem Gesicht – der sich mit seinen Beffchen als Geistlicher zu erkennen gibt – scheint von

den Geschehnissen keine Notiz mehr zu nehmen und bereits in Schlaf gefallen zu sein, und das, obwohl die teils weit aufgerissenen Münder der Beteiligten ein lautstarkes, geräuschvolles Treiben verbildlichen, an dem sich offensichtlich auch ein Hund am unteren Bildrand zu beteiligen versucht. Man kommt sich näher. Der Eine legt dem Anderen brüderlich die Hand auf die Schulter, und auch unter dem Tisch rücken die Füße zusammen. Die Ellenbogen des Anderen sind auf dem Tisch platziert, um mit den Handballen den Kopf zu stützen. Seine Blickrichtung zeugt von minderem Interesse an einem Gespräch mit seinem linken Tischnachbarn. Mit expressivem Gesichtsausdruck blickt er über das auf dem Tisch vor ihm platzierte, bis zum Rand gefüllte Glas. Ein weiterer Herr am linken Bildrand sitzt, die Füße überkreuzt, 89

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auf einem Stuhl und hält neben einer glühenden Pfeife in seiner linken Hand in der rechten ein Notenblatt, welches mit der Aufschrift Anacreontic Song versehen ist. Mit geducktem Kopf und in Falten gelegter Stirn blickt er mit zusammengekniffenen Augen durch seine runden Brillengläser merklich angestrengt auf das ­Papier. Ein korpulenter Herr sitzt im Bildvordergrund in einen Armlehnstuhl gezwängt. Obwohl seine geschlossenen Augen einen schläfrigen Eindruck vermitteln, gelingt es ihm noch mit Mühe, sein Glas zu erheben sowie seine Pfeife zu halten. Unter seiner verrutschten Perücke blickt sein kurz geschorenes ­natürliches Haar hervor. Nicht zuletzt das Durcheinander auf dem Tisch vermittelt eine chaotische Szenerie. Aus einem Punsch-­ Gefäß hängen Fruchtschalen, dazu gesellen sich eine gefüllte Weinflasche, eine Tabakdose samt Pfeife sowie ein umgekipptes Glas, dessen vergossene Flüssigkeit sich über den Tisch erstreckt. Das Chaos setzt sich auf dem Fußboden fort: Neben einem Haufen geleerter Flaschen hat sich wie auf dem Tisch eine Pfütze gebildet, und Scherben sowie ein Gedeck mit einer halbierten Zitrusfrucht garnieren den Boden.

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Wer hat sich hier zu einem chaotischen Trinkgelage verabredet? Die Bildunterschrift »Anacreontick’s in full Song« verrät, dass es sich um die sogenannte Anacreontic Society handeln soll bzw. um eine Darstellung dieser Society aus der Perspektive des englischen Karikaturisten James Gillray, am Bildgrund datiert auf das Jahr 1801. Die Anacreontic Society reiht sich ein in die zahl­ reichen als Clubs oder Societies betitelten Vereinigungen, die sich – einhergehend mit einer fortschreitenden Urbanisierung und einem wachsenden Wohlstand im 18. Jahrhundert – in England konstituierten.1 Bereits 1711 wird von dieser Entwicklung in der Londoner Tages­ zeitung The Spectator Notiz genommen: Man is said to be a Sociable Animal, and, as an Instance of it, we may observe, that we take all Occasions and Pretences of forming ourselves into those little Nocturnal Assemblies, which are commonly known by the name of Clubs. When a Sett of Men find themselves agree in any Particular, tho’ never so trivial, they establish themselves into a kind of Fraternity, and meet once or twice a Week, upon the Account of such a Fantastick Resemblance.2

»Whilst snug in our Club-room ...«

Die Londoner Anacreontic Society gründete sich im Jahr 1766 als Gentlemen Club mit einer Affinität zur Musik. Das gemeinsame Interesse, das die Mitglieder des Vereins zunächst miteinander verband, lässt sich mittels der rhetorischen Figur »Wein, Weib und Gesang« ausdrücken, denn dafür stand ihr Namensgeber, der antike Dichter Anakreon, dem auf der Karikatur Gillrays mit einem Portrait an der Zimmerwand, das ihn samt Stift und Papier in Schaffenspose zeigt, gehuldigt wird. Johann Georg Sulzer (1720–1797) beschreibt in seiner 1771 veröffentlichten Enzyklopädie Allgemeine Theorie der Schönen Künste dessen Lieder wie folgt: »Ihr Inhalt ist durchgehends die Fröhlichkeit, die den Genuß der Liebe und des Weines begleitet. Sie bezeichnen den Charakter eines feinen Wollüstlings, der sein ganzes Leben dem Bachus und der Venus gewidmet hat, dabey aber immer vergnügt und scherzhaft geblieben ist.«3 Somit läge James Gillray bei seiner Darstellung der Anacreontic Society als eine beschwipste Herrenrunde nicht ganz falsch. Auch weitere Zeitgenossen können diese Facette des Vereins bestätigen. So beschreibt der Komponist und Organist Richard John Samuel Stevens (1757–1837), der im Jahr 1777 mehreren Zusammenkünften des Vereins

beiwohnte, in seiner Autobiographie den Ausklang der Abende wie folgt: [...] we were entertained by the performance of various celebrated Catches, Glees, Songs, Duettos, and other Vocal, with some Rhetorical compositions, till twelve o’clock. The President having left the Chair, after that time, the proceedings were very disgraceful to the Society; as the greatest levity, and vulgar obscenity, generally prevailed. Improper Songs, and other vicious compositions were performed without any shame whatever.4

Gillrays Inszenierung der Versammlungen der Ana­ creontic Society zu fortgeschrittener Stunde als chaotisch anmutende Trinkerrunde ist eine Beschreibung des Vereinslebens. Daneben beschreiben andere Quellen aber auch eine Society, die festen Strukturen unterlag: Die Zusammenkünfte der Anacreontic Society fanden saisonal, außerhalb der Spielzeiten der Londoner Konzerthäuser statt. Der Verein kam gewöhnlich erstmals an einem Mittwoch im November zusammen und traf sich fortan an elf Abenden in einem zweiwöchentlichen Turnus. Die Treffen folgten stets demselben Muster: 91

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Sie begannen abends um halb acht mit einem Konzert im großen Saal der Crown and Anchor Tavern, bei dem auch ein Orchester zugegen war und sinfonische Werke vorgetragen wurden. Nachdem das gut zweistündige Konzert beendet war, zog die anwesende Gesellschaft in einen benachbarten Raum, in dem ein Abendessen serviert wurde. Es ist anzunehmen, dass bereits dieses Dinner einem bestimmten Reglement unterlag und von sogenannten Toasts, kurzen Tischreden oder Trinksprüchen geprägt war.5 Zwischenzeitlich wurde der große Saal für die Rückkehr der Gesellschaft vorbereitet. Nach dem Essen widmete man sich hier der Vokalmusik, genauer dem Gesang von Catches und Glees.6 Letzterer Teil konnte sich bis in die Morgenstunden hinziehen und ist vermutlich auch derjenige, in dem Gillray seine Szenerie ansiedelt. Die Zeiger der Wanduhr auf der Karikatur stehen auf zwanzig vor vier. Das vom Ziffernblatt ausgehende Relief verweist auf die Gefahren des übermäßigen Alkoholkonsums. Ein personifizierter Tod reitet samt Sense auf einem Weinfass und betreibt ausgerüstet mit Laterne und Glocke ein Camouflage-Spiel als Nachtwächter.

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Während Gillray sich in seinen Karikaturen vorwiegend dem aktuellen Zeitgeschehen widmete, erscheint das Publikationsdatum der Karikatur, Dezember 1801, zunächst ungewöhnlich, da sich die karikierte Vereinigung bereits knapp zehn Jahre zuvor, im Jahr 1792, aufgelöst hatte. Entweder könnte Gillrays Arbeit bereits früher entstanden und erst später veröffentlicht worden sein, oder sie könnte im Kontext der sich spätestens 1799 in der Tagespresse verbreitenden Meldungen über eine beabsichtigte Wiederbelebung des Vereins stehen. So schreibt die Tageszeitung The True Briton in einer kurzen Meldung: »There is some talk of reviving the Anacreontic Society. Indeed considering the musical excellence and the good humour for which it was distinguished, as well as its numerous supporters, it is strange that a Society once so popular should have sunk into nothing.«7 Doch wie setzte sich die Anacreontic Society überhaupt personell zusammen? Aus welchen gesellschaftlichen Kreisen stammten ihre Mitglieder? Die in der Karikatur zum Vorschein tretenden Manieren der Trinklustigen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die abgebildeten Protagonisten einem finanzstarken Milieu zuzuordnen sind, denn ihre Bekleidung

»Whilst snug in our Club-room ...«

lässt auf eine sichere ökonomische Stellung schließen. Zu ihren teilweise doppelt geknöpften Fracks tragen sie eng ­anliegende Stoffhosen, sogenannte breeches, die sich gerade in hellen Farbtönen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonderer Beliebtheit erfreuten und als vornehm galten.8 Eine durch diese Modeerscheinung verursachte Komik wird besonders bei der Darstellung des korpulenten Herrn im Bildvordergrund sichtbar, der in seinem eng anliegenden Beinkleid eine äußerst unbewegliche Erscheinung macht. Nicht nur die Darstellung der Personen, sondern auch andere zeitgenössische Quellen sprechen für die These, dass sich hier wohlsituierte Bürger und Aristokraten zusammenfanden: Ein Artikel der Londoner Monatsschrift The Gentlemen’s Magazine beschreibt 1780 die Mitglieder der Anacreontic Society wie folgt: »The present members consist of Peers, Commoners, Aldermen, Gentlemen, Proctors, Actors, and Polite Tradesmen«9. Und auch der Oboist William Thomas Parke (1762–1848), der 1784 Mitglied des Vereins wurde, schreibt: »The assemblage of subscribers was as usual very numerous, amongst whom were several noblemen and gentlemen of the first distinction.«10 So vereinten sich hier die ökonomisch Bessergestellten der Stadt. Der

zu entrichtende Vereinsbeitrag, der im Jahr 1780 drei Guinee betrug und für neue Mitglieder sogar Kosten von dreieinhalb Guinee vorsah, machte eine Mitgliedschaft zu einer kostspieligen Angelegenheit. 11 Hinzu kamen nicht selten weitere Ausgaben, wie beispielsweise jene für die Bewirtung.12 Doch die Karikatur Gillrays verweist nicht nur auf die ökonomische Konstellation der Vereinsmitglieder, sondern gibt auch Einblicke in das Altersspektrum der Akteure. Dieses lässt sich nicht nur ihrer Physiognomie entnehmen, sondern auch ihrer Kopfbedeckung. So wurden die Perücken im Verlauf des 18. Jahrhunderts immer kürzer, bis sie schließlich gegen Ende des Jahrhunderts ganz aus der Mode kamen und nur noch von älteren Herren getragen wurde. Wie auch bei Gillray zu erkennen, zeigte man zusehends sein natürliches Haar, welches man mit einem Hut bedeckte.13 So lassen sich die beiden an der Wand hängenden Hüte vermutlich den beiden Herren links und rechts des mutmaßlichen Tischredners zuordnen. Ein weit gefächertes Altersspektrum, das gut situierte junge Männer ebenso wie betagte Gentlemen einschloss, war im englischen Vereinsleben keine Seltenheit. Gerade ältere Herren übernahmen häufig führende Rollen im Vereinsleben.14 93

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Auch die Anacreontic Society verfügte über feste hierarchische Strukturen, welche Stevens wie folgt beschreibt: »The President, and I believe, a Committee of Eleven Gentlemen, had the intire Management of the Funds of the Society.«15 Zwar nahm Gillray in seinen Karikaturen regelmäßig Bezug auf reale Personen, dennoch bleibt es ungewiss, ob sich die hier abgebildeten Akteure identifizieren lassen. Möglicherweise könnte es sich bei dem korpulenten Herrn im Bildvordergrund um einen der Präsidenten der Anacreontic Society handeln. Johann Georg Krünitz schreibt 1787 über das englische Vereinswesen: »Einer aus den Gliedern ist der Präsident, welcher ein Par Stufen höher, als die anderen, sitzt, einen Lehn-Stuhl zum Unterscheidungs-Zeichen hat, und auf gute Ordnung sieht.«16 In der Tat lässt sich nur ein solcher Stuhl auf der Karikatur identifizieren. Der Präsident spielte auch eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme neuer Vereinsmitglieder. Dabei sahen die Vereinsstatuten eine festgesetzte maximal Anzahl an Mitgliedern vor, die sich in den ersten Jahren der Anacreontic Society auf 25 Personen belief, also bereits eine Personenzahl, die mehr als doppelt so groß war wie man anhand der Darstellung Gillrays vermuten könnte.17 Viele der sich in dieser Zeit etablierenden 94

Vereinigungen setzten sich in ihrer Anfangsphase auf informelle Weise aus einem durch Freundschaft oder Verwandtschaft vernetzten Personenkreis zusammen.18 Eine festgelegte maximale Mitgliederzahl half dabei, die Exklusivität des Vereins zu bewahren. Dennoch wuchs die Anacreontic Society wie viele andere Vereine stetig und revidierte ihre Begrenzungen mehrfach.19 So belief sich die maximale Mitgliederzahl bereits um 1780 auf 80 Personen, wobei jedem Mitglied gestattet war, eine weitere Person unter Entrichtung eines zusätzlichen Eintrittsgeldes zu den Zusammenkünften mitzubringen. Um in diesen exklusiven Zirkel aufgenommen zu werden, reihte man sich förmlich in Warteschlangen: »[…] gentlemen would wait a year for a vacancy […]«.20 Auch wenn die Struktur der Anacreontic Society einen geschlossenen sozialen Raum suggerierte, so war es in der englischen Vereinskultur nicht unüblich, das interne Geschehen über regelmäßige Berichterstattungen der Tageszeitungen in die Öffentlichkeit zu tragen. So dienten diese Berichte in Form einer zeitgenössischen Boulevardpresse dazu, die Exklusivität des Vereins in der öffentlichen Wahrnehmung zu verbreiten: »This society, certainly the best of its kind in the kingdom, was, on Wednesday evening, attended by a pretty numerous

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company.«21 Doch die Zeitungen berichteten nicht nur über das Vereinsleben, ihre Lektüre war oft auch Bestandteil der Zusammenkünfte. Krünitz schreibt: »Daß die Zeitungen auch zugegen seyn, und mit zur Unterhaltung dienen müssen, versteht sich von selbst.«22 Die Vereinsmitglieder verband nicht nur die Liebe zum Wein oder zur Musik, sondern auch die Hoffnung auf einen sozialen sowie ökonomischen Aufstieg: »members won access to a wider social universe.«23 Die Rolle des Vereins als Unterstützernetzwerk ist dabei nicht zu unterschätzen. Eine Mitgliedschaft konnte als Aushängeschild fungieren und im Rahmen geschäft­ licher Beziehungen oder auf der Suche nach einer Anstellung als Ausweis der Vertrauenswürdigkeit dienen. Bewerbungsverfahren schlossen meistens eine vorausgehende Nominierung durch ein gegenwärtiges Mitglied ein sowie eine vereinsinterne Abstimmung, wobei die sozialen Hintergründe und Vorgeschichten der Kandidaten im Vorfeld einer sorgsamen Untersuchung unterzogen wurden.24 Praktiken, wie sie auch bei den Londoner Freimaurern gängig waren und einen Verein wie die Anacreontic Society von den öffentlich zugänglichen Geselligkeiten in den Tavernen oder Kaffeehäusern abgrenzte.25 Krünitz schreibt:

Sie unterscheiden sich von den Kaffee-Häusern darin, daß nicht einem Jeden der Zutritt ohne Unterschied gestattet wird, sondern daß die Mitglieder unter sich eine gewisse Anzahl bestimmt, und gewisse Gesetze errichtet haben, nach welchen Jeder sich während der Versammlung zu betragen […] [hat].26

Doch die Zusammenkünfte wurden nicht nur von Statuten strukturiert, sondern auch von Riten und Bräuchen, bei denen auch die Musik eine zentrale Rolle spielte. So sah die zeremonielle Ordnung der Anacreontic Society vor, nach dem gemeinsamen Essen das Finale des Abends mit ihrer Vereinshymne einzuläuten.27 Auf diese Praxis verweist auch Gillray, indem er u.a. den kurzsichtigen Herrn am linken Bildrand mit einem ­Notendruck der als Anacreontic Song bekanntgewordenen Hymne des Vereins ausstattet. Stevens skizziert diesen Ritus wie folgt: After Supper […] we returned to the Concert Room […]. The President, then took his seat in the center of the elevated table, at the upper end of the room, supported on each side, by the various Vocal Performers. After the Anacreontic Song had been sung, in the Chor-

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us of the last verse of which all the Members, ­Visitors, and Performers joined ›hand in hand‹, we were entertained by the performance of various ­celebrated Catches, Glees, Songs, Duettos, and other Vocal […].28

Auch wenn Gillray seine Szenerie im fortgeschrittenen Stadium des Abends ansiedelt, erinnert die Anordnung der Akteure doch stark an Stevens Beschreibungen. So könnte der stehende, mit Frack und Zylinder bekleidete Herr soeben eine der Strophen des Anacreontic Song beendet haben, um sogleich seine Kameraden zum Tutti des Refrains zu animieren. »Whilst snug in their Club-Room, they jovially twine. The Myrtle of Venus with Bacchus’s Vine« lautet der Refrain der vierten Strophe der Hymne, die Gillray in die erste Person Plural adaptiert und dazu verwendet, seine Karikatur zu übertiteln. Einer 1790 publizierten Notenausgabe des Verlegers A. Bland29 zufolge stammt der Text des Anacreontic Song von Ralph Tomlinson (1744–1778). Der ausgebildete Jurist Tomlinson amtierte von 1776 bis 1778 als Präsident der Society. Die Melodie, auf deren Urheber der Notendruck jedoch nicht verweist, wird John Stafford Smith (1750–1836) zugeschrieben. Sie erreichte spätestens während des zweiten Unabhängigkeitskrieges 96

den nord-amerikanischen Kontinent und ist heute mit einem anderen Text versehen als Nationalhymne der Vereinigten Staaten von Amerika bekannt.30 Für den Ausklang der Zusammenkünfte der Anacreontic Society findet das Gentleman’s Magazine and Historical Chronicle im Vergleich zu Gillray eine gemäßigtere Beschreibung: »Here conviviality reigns in every shape, catches and glees in their proper stile, single songs from the first performers, imitations by gentlemen, much beyond any stage exhibition, salt box solos, and miniature puppet-shows; in short, every thing that mirth can suggest.«31 In der Tat war diese Art der Abendunterhaltung in England und vor allem in London weit verbreitet und wurde auch auf dem europäischen Kontinent wahrgenommen. Die Korrespondenten der in Weimar publizierten Modezeitschrift Journal des Luxus und der Moden berichteten regelmäßig aus den europäischen Metropolen und gaben dabei auch Einblicke in die englische Musikkultur. So heißt es in einem Bericht aus dem Jahre 1794 beispielsweise: Die Engländer sind sehr für Vocalmusik; daher finden sie in sehr vielen Gesellschaften die sogenannten Catches und Glees von Herren und Damen, oft

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schlecht gesungen, oft aber auch recht gut, gesungen. Ja es giebt sogar einen eigenen Glee-Club, wovon ich Ihnen nachher mehr sagen werde. Sie werden ohne meine Erinnerung wissen, daß Glee jeder mehrstimmige Gesang heißt, als, Terzett, Quartett u.s.w.; Catch ist eine Art von Canon, wo der Gesang aus drey oder vier Abtheilungen besteht, und die zweyte Stimme erst die erste Abtheilung singt, wenn die erste schon die zweyte Abtheilung anfängt; und so fort mit der dritten oder vierten Stimme.32

Der gemeinsame Genuss von Alkohol, wie des auf der Karikatur abgebildeten Punsches, trug bei derartigen Zusammenkünften nicht nur zu einer gelungenen Geselligkeit bei, sondern verhalf ebenso dazu, Hierarchien abzubauen und eine neue soziale Ordnung herzustellen, eine Ordnung »[that] based less on wealth, status, or seniority than on an ability to hold one’s liquor.« 33 Die im Vereinsleben so beliebten Vokalkompositionen wurden regelmäßig in Sammelbänden veröffentlicht, so wie in der ab ca. 1790 publizierten Reihe mit dem Titel The Whim of the Day, zu deutsch: »Launen des Tages«34. »Containing an Entertaining Selection of the Choicest and most Approved Songs, now Singing

at the Theatres-Royal, the Anacreontic Society, the Beef-Steak Club, and other Convivial and Polite Assemblies«35, wie es im Untertitel heißt, enthält der Band Vokalmusik aus unterschiedlichen Vereinskontexten und anderen Geselligkeiten. Nach einem Notentext sucht man in der Publikation vergebens, vielmehr wird deutlich, dass diese Vokalmusikpraxis vor allem oral tradiert wurde. Die Liedtexte wurden beispielsweise wie folgt übertitelt: »A New Song. Sung at the Anacreontic Society. Tune – (Tho’ Bacchus may boast.)«36. So wurden als bekannt vorausgesetzte Melodien mit einem neuen Text versehen. Dabei geben die Titel nur selten Auskunft über Textautoren oder Komponisten, wohingegen die mit der Musik assoziierten Interpreten regelmäßig genannt werden: »The Hen-Peck’d God. A New Comic Song. Sung by Mr. Edwin, at the Anacreontic Society«37 – eine Praxis, wie sie auch im Bereich der Oper üblich war. Die in jener Zeit hier auftretenden Sängerinnen und Sänger erhielten meist nicht nur auf der Bühne mehr Beachtung vom Publikum, auch ihre Namen tauchten, gegenüber jenen der Komponisten häufig an exponierter Stelle in den zahlreichen publizierten Bearbeitungen der Opernarien auf. Doch nicht nur derartige Publikationen vernetzten die jeweiligen 97

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Vereine miteinander, oft setzten sich diese auch aus einem sich überschneidenden Personenkreis zusammen. Parallele Mitgliedschaften in mehreren Vereinen waren keine Seltenheit. Bereits bestehende Mitgliedschaften dienten auch dazu, die Türen zu anderen Vereinigungen zu öffnen.38 Oft war es dafür nicht einmal notwendig, die Lokalität zu wechseln. Während sich die Anacreontic Society in einem ­Kaffeehaus in Ludgate Hill gründete, residierte sie doch die längste Zeit in der Crown and Anchor Tavern im wohlhabenden Londoner Westend. Die Crown and Anchor Tavern war mehr als ein bloßes Wirtshaus, sie galt als eine viel frequentierte Lokalität, die über einen Festsaal von beachtlicher Größe verfügte. Ein Korrespondent des Journals des Luxus und der Moden ­ berichtet 1787 wie folgt: Eine der prächtigsten Tavernen ist im westlichen Theil der Stadt London, im Strand; sie führt den Namen die Kron- und Anker-Taverne und wurde von den Freymaurern beständig besucht […]. Unter andern ist eben jetzt ein Saal fertig geworden, von dem man in London mit Bewunderung spricht. Die Länge desselben ist 87, die Breite 75, und die höhe 36 Fuß. Die Anlegung und

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Verzierung kostet 8000 Pf. Sterling. Zu den vielen Societäten, die hier ihre Versammlungen und Clubs hielten, haben sich nun noch andere gesellt, um den Eifer des Hausherrn zu belohnen […].39

So war die Crown and Anchor Tavern ein Ort, an dem das Vereinsleben blühte, ein beliebter Treffpunkt für politische Vereinigungen als auch für Gesellschaften, die sich der musikalischen Unterhaltung verschrieben hatten. Sie war nicht zuletzt auch ein Ort, der Gillray mehrfach einen szenischen Ausgangspunkt für seine Karikaturen bot und so vermutlich auch intendierter Handlungsort der hier abgebildeten Szene ist.40 Zu den weiteren musikalischen Vereinen, die hier regelmäßig zusammenkamen, zählten u.a. die Madrigal Society oder der Noblemen and Gentlemen’s Catch Club.41 Im Vergleich zu diesen Vereinigungen widmete sich die Anacreontic Society nicht ausschließlich der Vokalmusik, denn das von Catches und Glees dominierte Abendprogramm, welches sich oftmals bis in die frühen Morgenstunden hinziehen konnte und auf welches ­Gillray mit seiner Karikatur anspielt, stellt nur eine Facette der musikalischen Aktivitäten der Anacreontic Society dar. Die Zusammenkünfte des Vereins wurden,

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wie erwähnt, mit einem Konzert eröffnet, das sich vor allem der instrumentalen Musikpraxis widmete. So schreibt die Londoner Tageszeitung Gazetteer and New Daily Advertiser 1785 beispielsweise: The meeting of the Anacreontic Society on Wednesday evening was distinguished by a charming concert, in which some of Haydn’s best overtures were performed with all the scientific-hearty of Cramer’s bow, seconded by a most able band.42

Die Anacreontic Society unterhielt zwar kein eigenes Orchester, verfügte aber dennoch über einen nicht zu unterschätzenden Klangkörper, der die Aufführung von kammermusikalischen Kompositionen bis hin zu sinfonischen Werken ermöglichte.43 Das Ensemble setzte sich aus Musikern verschiedener Musikvereinigungen zusammen: »[…] a combination of all great instrumental performers in England […]«.44 Die Zeitungsrezensionen der Konzerte hoben dabei nicht selten einzelne Gruppierungen der Formation, wie beispielsweise die Instrumentalisten des Drury Lane Theatre, explizit hervor: »What added to this night’s usual harmony was, the assistance of numbers from Drury-lane band

[…].«45 Einhergehend mit den sich stetig wandelnden Konstellationen von Instrumentalisten konnte auch die Klangqualität innerhalb einer Saison variieren. Bei der Unterhaltung des Orchesters bediente sich die Anacreontic Society eines Verfahrens, das auch andere englische Musikvereine wie der Londoner Catch Club oder der Glee Club pflegten. Man erklärte die auftretenden professionellen Musiker zu Ehrenmitgliedern des Vereins. Der Public Advertiser kommentiert diese ­Vorgehensweise 1785 wie folgt: Their patronage of the art is distinguished by its delicacy; they do not engage an orchestra by hire; but the principal performers are attracted to the society like the common members, and take a share in their concert on the equal footing of amateurs. […] perhaps no concert is more masterly and spirited than theirs.46

Geführt wurde das Orchester von dem gebürtigen Mannheimer Wilhelm Cramer (ca. 1746–1799), der u.a. als Leiter der sogenannten Concerts of Ancient Music, der Professional Concerts sowie der Italian Opera im King’s Theatre ein gefragter Musiker war.47 So stellte die Anacreontic Society neben dem Image einer frivolen 99

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Männervereinigung zugleich eine nicht unbedeutende Konzertinstitution dar, deren Reputation über die Grenzen Englands hinaus reichte. Stevens erinnert sich in seiner Autobiographie: »All the eminent Instrumental Musicians that arrived from the Continent, used to make their debut at the Anacreontic Society, in order to give a specimen of their abilities.«48 So feierte hier beispielsweise 1791 der zwölfjährige Johann Nepomuk Hummel sein englisches Debüt, und auch der junge Johann Baptist Cramer trat spätestens ab 1785 in den Konzerten, die unter der Leitung seines Vaters standen, als Pianist in Erscheinung, ebenso Musiker wie Muzio Clementi oder Ignaz Pleyel mit ihren Kompositionen, und nicht zuletzt der Besuch Joseph Haydns, dessen Sinfonien auch das Konzertprogramm der Anacreontic Society prägten, wird dem Renommee des Vereins zugutegekommen sein.49 Die Londoner Tageszeitung Gazetteer and New Daily Advertiser schreibt im Januar 1791: The [Anacreontic] Society met on Wednesday, at the Crown and Anchor Tavern in the Strand, and was very numerously attended. The concert, led by Cramer, was a selection from the best masters, and executed with wonderful effect. Before the grand finale the celebra-

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ted Haydn entered the room, and was welcomed by the Sons of Harmony with every mark of respect and attention. The band played one of his best overtures, with the performance of which he expressed himself highly gratified; after which he retired amid the plaudits of the whole assembly.50

Während die Anacreontic Society als Männerverein Frauen von einer Mitgliedschaft sowie von künstlerischen Auftritten ausschloss, war in den späten Jahren des Vereins diesen jedoch die passive Teilnahme an den Konzerten gestattet. Dabei saßen diese allerdings getrennt von den Herren auf der Empore des Festsaals der Crown and Anchor Tavern und waren weiterhin von der Geselligkeit nach dem Abendessen ausgeschlossen: A small party of ladies occupied the gallery that overlooks the Concert-Room, seemingly so pleased with the instrumental performance, that they returned after supper, joining chorus with ›Anacreon in Heaven‹, and his convivial votaries, till ›Sigh no more, Ladies‹, gently whispered the restraint which modestly ever imposes on the midnight crew.51

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Der britische Musikwissenschaftler Simon McVeigh zeigt in seinem 2012 veröffentlichten Aufsatz »Trial by Dining: The Instrumental Music of Haydn, Clementi and Mozart at London’s Anacreontic Society«52, dass die Konzerte des Vereins vor allem als eine Art Laboratorium fungierten, in dem Komponisten wie Instrumentalisten auf ihre potenzielle Markttauglichkeit getestet wurden: »It was much more than a drinking club; dinner and glees were preceded by a semiformal professional concert, at which new music and new performers were afforded a preview.«53 Die Anacreontic Society bot den Musikschaffenden, ihre künstlerischen Qualitäten vor einem halböffentlichen Publikum auf die Probe zu stellen. Auch Beziehungen zu potentiellen Verlegern oder Mäzenen ließen sich hier knüpfen. Die Saison der Anacreontic Society lag vor jener der großen Konzerthäuser des Westends, deren Spielzeiten gewöhnlich im Frühling begannen. So ermöglichten diese musikalischen Darbietungen den Konzertveranstaltern, neue Entdeckungen zu machen, um die Konzertkassen der anstehenden Saison zu füllen bzw. mindestens einen Blick (und ein Ohr) auf die zu erwartende Konkurrenz zu erhaschen.54 Im Rahmen einer zunehmenden Kommerzialisierung des englischen Musikbetriebs bot der Verein schließlich

eine ideale Plattform für derlei Aushandlungen: »It is indeed entirely characteristic of the eighteenth-century commercialization of leisure that an idle drinking club should be used to veil serious market research.«55 Die rege Instrumentalmusikpraxis der Anacreontic Society stellt eine Facette des Vereins dar, die Gillray mit seiner Perspektive dem Betrachter seiner Karikatur bewusst vorzuenthalten scheint, denn natürlich ging es ihm keineswegs um eine Abbildung der realen Musikpraxis, sondern vielmehr um eine Kommentierung des aktuellen Gesprächsstoffs seiner Zeit. Eine Einbettung der Karikatur in ihren historischen Kontext zeigt, dass ihre Komik und damit einhergehend ihre Aussagekraft eben nicht nur in dem von Gillray sichtbar Dargestellten, sondern auch in dem bewusst nicht Dargestellten, aber stets Mitgedachten liegt. Den Menschen, die sich vor dem Schaufenster in der St. James’s Street versammelten, in dem Gillrays Verlegerin Hannah Humphrey seine Karikaturen zur Schau stellte (Abb. 13), müssen nicht zuletzt aufgrund der regelmäßigen Berichterstattung der Londoner Tagespresse Beschreibungen der Zusammenkünfte der Anacreontic Society wie folgende geläufig gewesen sein:

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The conviviality of this entertainment infinitely surpasses all the other clubs in the metropolis. The liberal principles of the Society engage the cordial assistance of the first musical men, and it connects with a small, but exquisite concert, the richest vocal entertainment that the town affords.56

Gillray arbeitet in seiner Karikatur mit einer Re­ duktion der musikalischen Aktivitäten der Anacreo­ ntic Society. Er bildet kein Orchester, bestückt mit den führenden Musikern des Londoner Drury Lane Theatre, ab und auch keinen reichlich gefüllten Festsaal. Hingegen beschränkt sich die von ihm abgebildete Zusammenkunft auf lediglich acht um einen Tisch versammelte Personen. Gillray reduziert dabei die Indizien, die auf eine musikalische Betätigung des Vereins schließen lassen, auf die Über- und Untertitelung der Karikatur sowie den von einem betagten Herrn gehaltenen Notentext des Anacreontic Song, auf dessen Darbietung die geöffneten Münder einiger der abgebildeten Akteure hinweisen. Anstelle einer reichen Vokalmusikpraxis stellt er eine ausschweifende Trinkrunde dar, in der die Musik zur Nebensache wird. So muss das von Gillray Verschwiegene ebenso 102

für Spott und Empörung gesorgt haben wie das von ihm Gezeigte. Darüber hinaus kann die Karikatur in einem weiteren Kontext betrachtet werden, und zwar als Zitat eines beinahe siebzig Jahre zuvor publizierten Drucks von William Hogarth (1697–1764) mit dem Titel A Midnight Modern Conversation (Abb. 15), der sich wie Gillrays Arbeit zu den »[…] vulgären Auswüchse[n] bei Männergesellschaften in den Londoner Clubs […]«57 in Beziehung setzen lässt. Eine Verbindung der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angefertigten Karikatur von Hogarth zu der 1801 publizierten Arbeit Gillrays lässt sich thematisch als auch gestalterisch nicht über­sehen. Gillray überträgt die Szene zwar in seinen eigenen Duktus, und – wie ein Vergleich der Mode auf beiden Karikaturen veranschaulicht – auch in seine Zeit, aber dennoch bleibt sein Bezug zu der Vorlage offensichtlich. Nicht nur mit seiner Bildkonstruktion scheint er sich an Hogarth zu orientieren, sondern er geht mit seiner Zitationsweise bis ins Detail. Sei es beispielsweise die verrückte Perücke eines Herrn im Bildvordergrund, die Raumplatzierung eines Beffchen tragenden Geistlichen sowie die »Zündelei« eines Herren im rechten Bildbereich. Auch ein Pendant zu dem mit

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erhobenem Glas in der Hand stehenden Herrn sowie ein Ziffernblatt einer Uhr, das auf eine fortgeschrittene Stunde hindeutet, findet sich bei Hogarth. Dass das Zitat von den Zeitgenossen Gillrays als solches auch erkannt wurde, ist nicht unwahrscheinlich, denn Hogarths Arbeiten waren selbst um 1800 noch beliebt und erfuhren mehrere Wiederauflagen. So findet sich beispielsweise 1797 in der Tageszeitung Morning Post and Fashionable World unter dem Titel »Hogarth Restor­ ed« eine Anzeige der Verleger T. Cook sowie G. G. und R. Robinson mit dem Zusatz »The following are in great forwardness«58, die u.a. auch auf die Publikation eines Nachdrucks von Midnight Modern Conversation verweist. Wie Gillrays Karikatur ist auch die von Hogarth mit einem Untertitel versehen: »Think not to find one meant resemblance there, We lash the Vices, but the Persons spare. Prints should be prized as Authors should be read, Who sharply smile prevailing Folly dead.«59 Hogarth warnt mit diesen Versen davor, anhand der Karikatur Bezüge zu realen Persönlichkeiten herzustellen, da es ihm vielmehr um »allgemeine Unsitten der Gesellschaft«60 gehe. Die Zitierweise Gillrays lässt den Schluss zu, dass sich einige Debatten während des 18. Jahrhunderts kaum verändert haben und das Motiv

der angeheiterten Herrenrunde kaum an Aktualität eingebüßt hatte. Die Kenntnis über diese künstlerische Bezugnahme verändert auch den inhaltlichen Blick auf die Karikatur. Damit sind es eben nur noch die abgebildeten Relikte wie ein Notendruck, ein Portrait an der Wand oder die Über- bzw. Untertitelung des Drucks, die die von Gillray karikierte Gesellschaft als Anacreontic Society identifizierbar machen. Mit der Einordnung als Zitat entfallen alle weiteren Eigentümlichkeiten der Szenerie. So spielt Gillray in seiner Karikatur nicht nur mit einer Reduktion der musikalischen Aktivitäten der Anacreontic Society, sondern auch mit einer Austauschbarkeit ihrer Akteure. Anmerkungen 1 2

Vgl. Peter Clark, British Clubs and Societies 1580–1800. The Origins of an Associational World, Oxford 2001, S. 131. [Anonym], [Ohne Titel], in: The Spectator (10. März 1711): »Man sagt, der Mann sei ein geselliges Tier. So lässt sich zum Beispiel beobachten, dass wir jede Gelegenheit und jeden Vorwand dazu nutzen, um uns zu kleinen nächtlichen Versammlungen zusammenzufinden, die gemeinhin unter der Bezeichnung Clubs bekannt sind. Wenn eine Gruppe von Männern sich über etwas Bestimmtes einig ist – obwohl das

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nie so einfach ist – gründen sie ausgehend von diesem gemeinsamen Interesse eine Art Verbindung und treffen sich ein bis zwei Mal die Woche.« (Übersetzung: C. K.) Johann Georg Sulzer, Art. »Anakreon«, in: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Bd. 1, Leipzig 1771, S. 49. Mark Argent (Hg.), Recollections of R.J.S. Stevens. An Organist in Georgian London, London/Basingstoke 1992, S. 25: »[…] bis um Mitternacht wurden wir durch die Aufführung mehrerer berühmter Catches, Glees, Songs, Duettos und anderen Vokaleinlagen sowie einiger rhetorischer Kompositionen unterhalten. Nachdem sich der Präsident verabschiedet hatte, war der weitere Verlauf der jeweiligen Sitzungen für die Society beschämend. Es herrschte die größte Ungezwungenheit und vulgäre Obszönität. Unsittliche Songs sowie andere üble Kompositionen wurden ganz ohne Scham zur Aufführung gebracht.« (Übersetzung: C. K.) Vgl. Peter Clark 2001, S. 226f. [Anonym], »History of the Anacreontic Society«, in: The Gentlemen’s Magazine 50/5 (1780), S. 224. [Anonym], [Ohne Titel], in: True Briton (31. Januar 1799): »Es gibt Gerüchte über die Wiederbelebung der Anacreontic Society. Gewiss, wenn man an die vortrefflichen musikalischen Leistungen, an den ausgezeichneten Humor sowie an die zahlreichen Unterstützer denkt, so kommt es einem seltsam vor, dass eine einst so beliebte Society im Nichts versunken ist.« (Übersetzung: C.  K.) Vgl. Kirsten Olsen, Daily Life in 18th-Century England, London/Westport 1999, S. 104f.

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[Anonym], »History of the Anacreontic Society«, S. 224: »Die gegenwärtigen Mitglieder setzen sich aus hohen Adligen, Ratsherren, Ehrenmännern, Prokuratoren und vornehmen Geschäftsleuten zusammen.« (Übersetzung: C. K.) William Thomas Parke, Musical Memoirs; comprising an Account on the General State of Music in England, From the First Commemoration of Handel, in 1748, to the Year 1830, vol. 1, London 1830, S. 80: »Wie gewohnt waren zahlreiche Subskribenten anwesend, unter denen sich etliche Adlige und Ehrenmänner des ersten Ranges befanden.« (Übersetzung: C. K.) Vgl. [Anonym], »History of the Anacreontic Society«, S. 224. Clark schreibt: »Middle-class societies usually had admission fines of 1 or 2 guineas up to the 1790s.«, Peter Clark 2001, S. 221 und vgl. ebd., S. 222. Vgl. Kirsten Olsen 1999, S. 102f. Vgl. Peter Clark 2001, S. 204 und 207. R.J.S. Stevens, zit. nach: Mark Argent 1992, S. 25: »Der Präsident und, ich glaube, ein Komitee, bestehend aus elf Ehrenmännern, verwalteten das Vermögen der Society.« (Übersetzung: C. K.) Johann Georg Krünitz, Oekonomisch-technologische Ency­ klopädie, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Land-Wirtschaft, in der Kunst-Geschichte, in alphabetischer Ordnung. Ein und Vierzigster Theil von Klu bis Knu, Berlin 1787, S. 2. [Anonym], »History of the Anacreontic Society«, S. 224. Vgl. Peter Clark 2001, S. 217.

»Whilst snug in our Club-room ...« 19 Vgl. Peter Clark 2001, S. 197. 20 William Thomas Parke 1830, S. 83: »[…] Gentlemen würden ein Jahr auf einen freien Platz warten […]« (Übersetzung: C. K.) 21 [Anonym], »Anacreontic Society«, in: Morning Herald (20. Dezember 1788): »Diese Society, gewiss die beste ihrer Art im Königreich, traf sich Mittwochabend in zahlreicher Gesellschaft.« (Übersetzung: C. K.) 22 Johann Georg Krünitz 1787, S. 2. 23 Peter Clark 2001, S. 230. 24 Vgl. Peter Clark 2001, S. 230–232 und S. 219. 25 Zu den Praktiken der englischen Freimaurer, vgl. Peter Clark 2001, S. 309–349. 26 Johann Georg Krünitz 1787, S. 1. 27 Dem Tagebuch des Komponisten John Marsh lässt sich entnehmen, dass sich diese Tradition bereits in den frühen Jahren der Anacreontic Society in Ludgate Hill etabliert haben muss: »Mr Browen … invited me to accompany him on the Saturday following [December 11] to a concert at the London Coffee House called the Anacreontic Meeting, which I of course readily accepted of & played with Mr Smith the leader after w’ch we sat down a pretty many of us to supper in another room after which catches & glees were perform’d, in which a Mr. Webster, a young man with very fine bass voice much distinguish’d himself. The Anacreontic Song was also sung by him, in the last verse of which we stood hand in hand all round the table, this concert being in fact the origin of the Society held afterwards for many years at the Crown and An-

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chor.«, Brian Robins (Hg.), The John Marsh Journals – The Life and Times of a Gentleman Composer (1752–1828), Stuyvesant 1998, S. 115f. R.J.S. Stevens, zit. nach: Mark Argent 1992, S. 25: »Nach dem Abendessen kehrten wir in den Konzertsaal zurück […]. Der Präsident nahm, umgeben von Sängern, seinen Platz an der Mitte des erhöhten Tisches am Ende des Raumes ein. Nachdem der Anacreontic Song gesungen worden war, in dessen Refrain alle Mitglieder, Besucher und Performer mit einstimmten, wurden wir von der Aufführung mehrerer bekannter Catches, Glees, Songs, Duettos und anderen Vokaleinlagen unterhalten.« (Übersetzung: C. K.) Vgl. «To Anacreon in Heav’n. The Anacreontic Song. As sung at the Crown & Anchor tavern in the Strand«, (Verleger: A. Bland), British Library, London, Signatur: Music Collections H.1601.r.(42). Vgl. u.a. Oscar George Theodore Sonneck, The Star Spangled Banner, Washington, D.C. 1914 oder William Lichtenwanger, The Music of »The Star-Spangled Banner«: From Ludgate Hill to Capitol Hill, Washington, D.C. 1977. [Anonym], »History of the Anacreontic Society«, S. 224: »Hier herrscht jede Form der Fröhlichkeit, die besten Catches und Glees, Vokaleinlagen der angesehensten Sänger, Darbietungen von Gentlemen, weit entfernt von jeglicher Bühnenreife, salt-box-Solos [Ein Saiteninstrument, das Ähnlichkeiten zum Hackbrett aufweist und mit einem Bogen gespielt wird] sowie Puppentheater. Kurzum: alles was zur Heiterkeit beiträgt.« (Übersetzung: C. K.)

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Clemens Kreutzfeldt 32 [Anonym], »Über den jetzigen Zustand und die Moden der Musik in England«, in: Journal des Luxus und der Moden 9 (1794), S. 336f. 33 Peter Clark 2001, S. 226. Zum Aspekt der sozialen Harmonie durch musikalische Geselligkeit vgl. den Aufsatz von Jonas Traudes in diesem Band. 34 J. Roach [»printed for & by«], The Whim of the Day, Containing an Entertaining Selection of the Choicest and most Approved Songs, now Singing at the Theatres-Royal, the Anacreontic Society, the Beef-Steak Club, and other convivial and Polite Assemblies, London 1790 oder vgl. auch George Peacock (Hg.), The Festival of Anacreon. Containing a Collection of Modern Songs, Written for the Anacreontic Society, the Beef-Steak Club, and Humbug Clubs, London 7[1790]. 35 »Enthält eine unterhaltsame Auswahl der erlesensten und anerkanntesten Songs, die aktuell vom Theatre-Royal, der Anacreontic Society, dem Beef-Steak Club und anderen festlichen und vornehmen Gesellschaften gesungen werden.« (Übersetzung: C. K.) 36 J. Roach 1790, S. 32. 37 Ebd., S. 16. 38 Vgl. Peter Clark 2001, S. 218. 39 [Anonym], »Londoner Miscellaneen. Luxus der Londoner Tavernen«, in: Journal des Luxus und der Moden 2 (1787), S. 239f. 40 Vgl. hierzu The Hopes of the Party, prior to July 14th_«From such wicked Crown & Anchor-Dreams, good Lord deliver us.«, London 1791 oder The Crown & Anchor-Libel, burnt by the Public Hangman, London 1795.

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41 Vgl. Robert Elkin, The Old Concert Rooms of London, London 1955, S. 51–57. 42 [Anonym], [Ohne Titel], in: Gazetteer and New Daily Advertiser (7. Januar 1785): »Das Treffen der Anacreontic Society am Mittwochabend war geprägt von einem bezaubernden Konzert, in dem, unter der versierten Leitung Cramers, von einem begnadeten Orchester einige der besten Ouvertüren Haydns zur Aufführung gebracht wurden.« (Übersetzung: C. K.) 43 Vgl. Simon McVeighs Untersuchung der Stimmbücher der Anacreontic Society, in: Simon McVeigh, »Trial by Dining Club: The Instrumental Music of Haydn, Clementi and Mozart at London’s Anacreontic Society«, in: Music and Performance Culture in Nineteenth-Century Britain. Essays in Honour of Nicholas Temperley, hrsg. von Bennett Zon, Farnham u.a. 2012, S. 105–138, hier S. 119ff. 44 [Anonym], [Ohne Titel], in: Public Advertiser (9. Dezember 1786): »[…] eine Kombination aus allen großen Instrumentalisten Englands […]« (Übersetzung: C. K.) 45 [Anonym], [Ohne Titel], in: Gazetteer and New Daily Advertiser (23. Januar 1779): »Was der gewohnten Harmonie in dieser Nacht zugutekam, war die Assistenz von zahlreichen Musikern des Drury-Lane-Orchesters [...].« (Übersetzung: C. K.) 46 [Anonym], [Ohne Titel], in: Public Advertiser  (7. Oktober 1785): »Ihr Kunstpatronat zeichnet sich durch ihr Feingefühl aus; sie finanzieren kein eigenes Orchester; die erstrangigen Instrumentalisten fühlen sich zur Society hingezogen wie die

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üblichen Mitglieder und nehmen gleichberechtigt mit Amateuren an den Konzerten teil. […] vielleicht gibt es kein anderes Konzert, das meisterlicher und geistvoller als dieses ist.« (Übersetzung: C. K.) Vgl. David J. Golby und W. B. Squire, Art. »Cramer, Wilhelm«, in: Oxford Dictionary of National Biography, , 28.07.2016. R.J.S. Stevens, zit. nach: Mark Argent 1992, S. 27: »Alle angesehenen Instrumentalisten die es vom Kontinent nach England zog, gaben ihr Debüt vor der Anacreontic Society, um eine Kostprobe ihres Könnens zu geben.« (Übersetzung: C. K.) Simon McVeigh 2012, S. 120ff. [Anonym], »Anacreontic«, in: Gazetteer and New Daily Advertiser (14. Januar 1791): »Die [Anacreontic] Society traf sich, zahlreich besucht, am Mittwoch in der Crown and Anchor Tavern in the Strand. Das Konzert wurde von Cramer dirigiert und bestand aus einer Auswahl der besten Meister und wurde mit wunderbarem Ausdruck gegeben. Vor dem großen Finale betrat der berühmte Haydn den Raum und wurde von den ›Sons of Harmony‹ mit größtem Respekt und Aufmerksamkeit empfangen. Das Orchester spielte eine seiner besten Ouvertüren, über dessen Darbietung er großen Gefallen äußerte. Danach zog er sich inmitten des Beifalls aller Anwesenden zurück.« (Übersetzung: C. K.) Ebd.: »Eine kleine Gruppe von Damen hatte in der Galerie platzgenommen, von der aus sich der Konzertsaal überblicken ließ. Offensichtlich höchst angetan von dem Instrumen-

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talkonzert, kehrten sie nach dem Abendessen zurück, um in den Refrain zu ›Anacreon in Heaven‹ mit einzustimmen, bis man es schließlich leise flüstern hörte: ›Seufz, keine Damen mehr‹. Ein Verbot, das üblich für das Finale des Abends war.« (Übersetzung: C. K.) Simon McVeigh 2012, S. 105–138. Ebd., S. 106: »[Die Anacreontic Society] war mehr als ein Trinkverein. Dem Abendessen und den Vorträgen von Glees ging ein halbformales professionelles Konzert voran, in dem neue Musik und neue Musiker eine Kostprobe gaben.« (Übersetzung: C. K.) Vgl. ebd., S. 106f. Ebd., S. 107: »Es ist in der Tat durchaus charakteristisch für die Kommerzialisierung der Freizeitgestaltung im achtzehnten Jahrhundert, dass unter dem Deckmantel eines faulen Trinkverein ernstzunehmende Marktanalyse betrieben wurde.« (Übersetzung: C. K.) [Anonym], »Anacreontic Society«, in: General Evening Post (3. Oktober 1786): »Die Geselligkeit dieser Veranstaltungen übertrifft jene der anderen Clubs der Stadt bei weitem. Die liberalen Prinzipien der Society ziehen die Unterstützung der angesehensten Musiker nach sich. Einem kleinen aber feinen Konzert folgt die beste Vokalmusikunterhaltung, die die Stadt zu bieten hat.« (Übersetzung: C. K.) Hans-Peter Wagner, William Hogarth. Das graphische Werk. Ein kommentierter Auswahlkatalog, Trier 2013, S. 73.

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Clemens Kreutzfeldt 58 [Anonym], »Hogarth Restored«, in: Morning Post and Fashionable World (29. Mai 1797): »Die Folgenden sind voller Keckheit« 59 William Hogarth, A Midnight Modern Conversation, London 1733, Radierung, 34,3 x 46,0 cm, British Museum. 60 Hans Peter Wagner 2013, S. 73.

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Sirenen und Kreischeulen Sängerinnen der englischen Musikkultur um 1800 in den Karikaturen James Gillrays Maren Bagge

»Die Engländer sind sehr für Vokalmusik«1 – konstatiert ein anonymer Korrespondent für das deutschsprachige Journal des Luxus und der Moden in einem Bericht über das Londoner Musikleben im Jahr 1794. Er bezieht sich dabei insbesondere auf »die vielen Gesellschaften«2 und Clubs, in denen gemeinsam Catches und Glees – mehrstimmige Gesangsstücke – gesungen wurden. Die Singbegeisterung der Engländer sieht der Korrespondent vom Kontinent auch »in Privathäuser[n] […], wo der Muse der Musik geopfert wird« und die »jungen Damen vorzüglich ein oder das andre Instrument, gewöhnlich die Harfe oder Clavier, lernen« und sich »auch des Gesanges befleißigen«3. Das gemeinsame Singen war – nicht nur in England – ein beliebter Zeitvertreib. Nicht selten wurden Hauskonzerte veranstaltet und Freunde und Familie versammelten sich um das Klavier,

den sozialen Mittelpunkt von Geselligkeit und Symbol des wohlsituierten Bürgertums. Dass diese Musikpraxis bis weit ins 19. Jahrhundert verbreitet war, davon zeugen auch die zahlreichen für diesen Anlass hergestellten Notendrucke, die in teils hoher Auflage von den Musikverlagen auf den Markt gebracht wurden. Neben eigens für diesen Zweck häufig von Frauen komponierten Werken,4 waren vor allem auch Bearbeitungen von den bekanntesten Opernarien, oftmals in Sammlungen zusammengefasst, besonders beliebt. Häufig mit dem Verweis »as sung by« ausgestattet,5 nutzten die Verleger die Popularität der professionellen Sängerinnen, um ihre Produkte zu vermarkten. Die Sängerinnen und Sänger, die das englische Publikum auf gleich mehreren Londoner Opernbühnen erleben konnte, standen im Fokus der Öffentlichkeit und das 109

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Interesse an ihren künstlerischen Leistungen aber vor allem auch an ihrer Person war groß. So entwickelte sich ein regelrechter Starkult um die (inter-)nationalen Primadonnen.6 Auch der englische Karikaturist James Gillray widmete sich in seinen Karikaturen diesen vokalen Facetten der englischen Musikkultur, die im Folgenden – mit dem Fokus auf Sängerinnen7 – genauer betrachtet werden sollen. Dabei sind unter anderem folgende Fragestellungen von Interesse: Welches Bild vermittelt Gillray von den Sängerinnen und ihrem (musikkulturellen) Handeln in seinen satirischen Darstellungen? Was wird gesungen und inwiefern bezieht Gillray das akustische Klangergebnis ein? In welchen Kontext stellt er die ­Singenden? Vor welchen Hintergründen sind die Karikaturen entstanden und auf welche Diskurse bezieht er sich dabei? Welche Narrative und Deutungsmuster rufen die Karikaturen auf? Bevor eine Auswahl der musikspezifischen Karikaturen Gillrays vor diesem Erkenntnisinteresse aus musikwissenschaftlicher Perspektive ›gelesen‹ werden sollen, seien einige methodische Überlegungen zum Umgang mit Karikaturen als musikwissenschaftliche Quellen vorangestellt.

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Karikaturen als musikwissenschaftliche Quellen

Während die Karikatur als Forschungsgegenstand mittlerweile neben der Kunstgeschichte auch Einzug in die Geschichtswissenschaft, vor allem aber Geschichts- und Politikdidaktik gehalten hat,8 spielt sie in der Musikgeschichtsschreibung bisher nur eine marginale Rolle.9 Karikaturen dienen in musikwissenschaftlichen Veröffentlichungen häufig eher der Illustration und werden weniger als eigenständige musikwissenschaftliche Quelle betrachtet. Karikaturen dürfen jedoch nicht als reine Bebilderung von Musikgeschichte, sondern sollen als Aussageform eigener Qualität, als erinnerungskulturelle Quelle, verstanden werden. Im (musik-)wissenschaft­ lichen Umgang mit der Quellenart Karikatur sind dabei mehrere Aspekte zu beachten: Gerade Bildquellen verleiten dazu, so auch der Einwand von den Kunstwissenschaftlerinnen Sigrid Schade und Silke Wenk, als »unmittelbar verständlich« und vor allem eindeutig lesbar aufgefasst zu werden.10 Es besteht also die Gefahr, visuellen Quellen eine Eindeutigkeit zu geben, die ihnen möglicherweise nicht, oder nicht nur, eigen ist. Zudem, so stellte auch Carola Bebermeier in ihrer Studie über die Skizzenbücher der Sängerin und Malerin Celeste

Sirenen und Kreischeulen

Coltellini fest, »[eröffnen] Bilder […] keinen direkten Einblick in die soziale Welt, sondern vermitteln vielmehr einen Zugang zu zeitgenössischen Sichtweisen auf diese Welt […]«11. Was Melanie Unseld für die musikhistoriographische Betrachtung von Anekdoten konstatierte, gilt ebenso für Karikaturen: Es geht nicht um die Frage historischer Verifizierbarkeit, sondern vielmehr um erinnerungskulturelle Qualitäten, denn Karikaturen sind »Träger stereotyper Konzepte«12 und »typischer Vorstellungen«13. Übertragen auf die hier dargestellten Betrachtungen bedeutet dies also, dass die Karikaturen nicht als eindeutig ›les‹bare Abbildungen der Sängerinnen im Kontext der englischen Vokalmusikkultur um 1800 zu verstehen sind – sie also nicht notwendigerweise eine reale musikalische Praxis abbilden –, sondern vielmehr als eingebettet in bestimmte ästhetische, intellektuelle, soziale und ideologische Diskurse betrachtet werden müssen.14 Dilettanti Theatricals

Die Vielzahl der auf Gillrays Radierung Dilettanti-­ Theatricals (Abb. 17) karikierten Akteurinnen und Akteure betätigt sich in allen Bereichen der Bühnenkunst:

Neben Schauspielerinnen und Schauspielern sowie tanzenden Personen befinden sich auch Instrumentalisten und zwei Sängerinnen unter den Karikierten.15 Bei Letzteren handelt es sich wahrscheinlich um Harriett und Theodosia Abrams16, wie eine Betrachtung anderer zeitgenössischer Darstellungen der Geschwister vermuten lässt. Vergleicht man beispielsweise die Zeichnungen des Malers John Nixon, der das Duo bei einem Konzert in den Hanover Square Rooms festhielt, mit der Karikatur Gillrays, lässt sich eine merkliche Ähnlichkeit feststellen.17 Auch eine Beschreibung der Karikatur, die ein Zeitgenosse Gillrays anfertigte, stützt diese Annahme:18 The great lord [Cholmondeley], with his quiver girdle inscribed ›Amor Vincit Omnia,‹ implies his boasted powers in the field of Venus. Under him is ›the Great Alexander,‹ little Lord V[al]l[e]t[o]rt, who lost his life in a pair of too tight stays! Lady S[a]l[i]sb[ur]y is drawing on the huntsman’s boots, and about to assume the breeches; her noble lord, the tall figure, Polonius, à la toupé, is playing the fiddle. Lord C[ar]l[isl]e, is fitting the bassoon and the Lord Sp[oo]n[e]r is tingling the triangle. The singers are the celebrated profession-

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als, the Misses Abrahams. Lady Albina [Buckinghamshire] is touching up her charms at the toilette. Behind, the heir-apparent is tripping it with Lady J[er] s[e]y and Mrs. F[it]zh[erbe]rt. The quintessence of foppery, [Sir Lumley] Sk[effi]ng[to]n, is Harlequin; and that annoyance of milliners’ apprentices, Lord Kir[kcu]db[righ]t, is a sort of human monkey. Behind the screen, Old Q[ueensberr]y, the Piccadilly Duke is saluting Lady ––, and George Hanger is touching the lips of her pretty sister. Lord D[erb]y, as usual, is entertaining the fashionables with a flourish on the horn!19

Harriett Abrams (ca. 1758–1821) wurde in eine Musikerfamilie jüdischer Herkunft hineingeboren. Wie auch ihre beiden Schwestern Theodosia und Eliza war sie eine erfolgreiche Sängerin. Ihr Debüt als Sopranistin gab die älteste der Schwestern im Jahr 1775 am Londoner Drury Lane Theatre. Sie sang dort für insgesamt fünf Spielzeiten und wurde anschließend, von 1781 bis zum Ende des Jahrzehnts, eine der führenden Solistinnen der Londoner Konzertbühnen. Ihr kompositorisches Œuvre umfasst Vokalwerke, darunter zahlreiche Songs mit Klavier- oder Harfenbegleitung. Sie veröffentlichte unter anderem eine Sammlung von 112

zwei- und dreistimmigen schottischen Songs sowie eine 1803 erschienene Balladensammlung mit zwölf Kompositionen, die Queen Charlotte gewidmet wurde.20 Einige ihrer Kompositionen waren so erfolgreich, dass sie auch in den Vereinigten Staaten einen Absatzmarkt fanden. Harrietts jüngere Schwester Theodosia Abrams (ca. 1769–1849) trat vermutlich im Jahr 1783 erstmals als Konzertsängerin in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Seitdem wirkte sie vorrangig in öffentlichen Konzerten oder zunehmend auch privaten Kontexten mit, in denen auch ihre Schwester Harriett sang. Die Schwestern bildeten bald ein beliebtes Duett – the Miss Abrams – das auf öffentlichen Konzertveranstaltungen sowie in den Salons der Londoner Aristokratie gemeinsam auftrat. Bei den in den 1790er Jahren jährlich organisierten Benefizkonzerten von Harriett Abrams wurde das Abrams-Duo mehrfach von Joseph Haydn am Klavier begleitet.21 In welchen Kontext stellt Gillray die Sängerinnen? Es handelt sich bei dieser Karikatur um eine Anspielung auf die zahlreichen Amateurtheatertruppen – die »Dilettanti-Theatricals« – im London des 18. Jahrhunderts. Die gesamte Bildunterschrift Dilettanti-Theatricals: – or – a peep at the Green Room. Vide Pic-Nic-Orgies gibt konkretere Hinweise. Die PicNic-Society (Abb. 18 und

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19) war eine der ersten und bekanntesten dieser Gesellschaften, denen Gillray sich zudem mehrfach in seinen Karikaturen widmete.22 Die regelmäßigen Treffen der Gesellschaft in einem alten Konzertsaal in der Londoner Tottenham Street und später in den Argyll Rooms, einem Veranstaltungsraum in der Regent Street, gingen auf eine Initiative des Aristokraten Henry Greville zurück. Dieser hatte im Jahr 1801 eine »theatrical fête« ausgerichtet, bei der jeder eingeladene Gast eine Speise zum Abendessen beitragen sollte. Das erste offizielle Treffen des »Pic Nic Club« fand laut einer Anzeige im Morning Herald am 16. März 1802 mit dem Anspruch auf stetige Fortsetzung statt, wie aus einer Beschreibung eines anonymen Autors in der von dem Club herausgegebenen Zeitschrift ThePicNic hervorgeht: […] a regular establishment, which was to be limited to a certain number of subcribers among persons of the first fashion to meet once a fortnight, to enjoy the amusements of acting, music, and dancing, and to conclude with a supper, and catches and glees.23

Die knapp 230 Mitglieder zählten – so betont es der anonyme Autor nachdrücklich – zu den angesehensten

und ehrenwertesten Persönlichkeiten der Gesellschaft, darunter auch der Prince of Wales und Lady Buckinghamshire.24 Die Aktivitäten der Gesellschaft fanden Eingang in die zeitgenössische Presse, wobei nicht nur der dilettantische Charakter der Veranstaltungen kritisch diskutiert wurde, sondern sich die Autoren insbesondere über vermeintliche Skandale rund um einzelne bekannte Mitglieder ausließen. Die Präsenz in der Presse blieb bei den Mitgliedern der PicNics selbstverständlich nicht unbemerkt: The illiberal, ill-founded, and it may be added, base opposition, which, from idle notions of violated interest, was raised and encouraged to this innocent and elegant amusement, is well known: it was a general topic of the season, and the public calumny with which it was treated, has no parallel in the history of fashionable life, since daily papers have professionally and notoriously become the venal vehicles of any falsehood.25

Gillray bezieht durch die Veröffentlichung seiner Karikatur im Februar 1803 ebenfalls Stellung zu diesem aktuellen gesellschaftlichen Diskurs. Im selben Monat 113

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stellte die Vereinigung ihre gesellschaftlichen Aktivitäten jedoch ein, wie aus einer kurzen Notiz in der Times am 28. Februar 1803 hervorgeht: »The Pic-Nic Society is at an end. […]«. Auch in Gillrays Karikatur versammeln sich – wie aus der bereits zitierten Karikaturbeschreibung hervorgeht – Persönlichkeiten der englischen Aristokratie, darunter auch der Thronfolger und späterer König Georg IV. Dass sich die Abrams-Schwestern unter diesem scheinbar erlesenen Kreis befinden, verweist auf ihren gesellschaftlichen Status: Sie waren – so wollte es zumindest Gillray seinen Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zu erkennen geben – Teil der privaten, aristokratischen theatralischen und musikalischen Geselligkeiten. Doch während die Darstellung der anderen Protagonistinnen und Protagonisten der »Dilettanti-Theatricals« in erster Linie auf die Amateurhaftigkeit26 der Karikierten abzielt, wird das Abrams-Duo als »celebrated professionals« beschrieben. Harriett und Theodosia Abrams werden hier also als Teil der modischen PicNic-Gesellschaft dargestellt, ihnen wird aber, zumindest in der Beschreibung durch Gillrays Zeitgenossen (s.o.), im Gegensatz zu den anderen Akteurinnen und Akteuren ein professioneller Status zugesprochen. 114

In der 1802 erschienenen Karikatur The Pic-Nic Orchestra widmet sich Gillray erneut der PicNic-Gesellschaft und in diesem Fall insbesondere ihren musikalischen Tätigkeiten. Die zentralen Persönlichkeiten der Gesellschaft haben sich zusammengefunden, um ein »PicNic-Concert« zu geben. Als Mitbegründerin und zentrale Figur der PicNic-Society befindet sich Lady Buckinghamshire im Zentrum der Karikatur. Um die am Tasteninstrument sitzende Dame gruppieren sich der schmächtige Lord Mount Edgcumbe, ein Angehöriger des britischen Hochadels an der Viola da Gamba, hinter ihm Lord Cholmondeley, Kammerdiener des Prince of Wales mit Traversflöte und rechts daneben Lady Salisbury, eine Gastgeberin gesellschaftspolitischer Salons und leidenschaftliche Jägerin und Bogenschützin am Horn. Am rechten Bildrand ist eine ebenfalls von einer Dame gehaltene Barocktrompete zu sehen sowie ein Violinist in Rückansicht. Gillray stattet letzteren mit einem interessanten Detail aus: Ein Programmzettel, der aus seiner Fracktasche hängt (Abb. 19, s. auch ­Detail).

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Ausschnitt aus der Karikatur von James Gillray, The Pic-Nic Orchestra, London 1802.

Über diesen erhält die bzw. der Betrachtende zwar keine Auskunft über konkrete Kompositionen, die bei diesen PicNic-Concerts zur Aufführung kommen, jedoch einen Hinweis auf das akustische Ergebnis des Ensembles. Gillray gibt hier einerseits einen Einblick in die Programmgestaltungen dieser um 1800 bereits be-

sonders populären Musikform des Picknick-Konzerts, vor allem natürlich aber in die Potpourribearbeitungen dieser Zeit. Andererseits gibt er mit den zahlreichen Anspielungen an die Vogelwelt satirische Hinweise auf die Qualität dieser Konzerte. Imitiert werden nicht nur die Nachtigall (Nightingale), sondern auch die Dohle ( Jackdaw) und die Kreischeule (Screech Owl). Die Interpretinnen und Interpreten sind, in verschlüsselter Form, ebenfalls aufgeführt, z.B. als Lord C., Lord Cholmondeley, der die Nachtigall an der Flöte gibt oder als Lady B., also Lady Buckinghamshire, die als Kreischeule am Klavier sitzt. Hier greift Gillray ein beliebtes Motiv seiner Zeit auf: Sängerinnen werden häufig als Vögel – vorzugsweise als Nachtigallen, Lerchen oder Kanarienvögel – be- bzw. gezeichnet.27 Auf diese Weise wird auf ein wesentliches Merkmal der Sängerin verwiesen: ihre Stimme bzw. ihren Gesang. Während die Gesänge dieser Vögel, insbesondere die der Nachtigall in erster Linie als lieblich und harmonisch empfunden werden, mutet der Ruf einer Kreischeule weniger wohlklingend an. Die Karikatur rückt hier also erneut die Amateurhaftigkeit der Veranstaltungen der PicNic-Society in den Mittelpunkt.

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Liefert Gillray auf seiner im Folgejahr veröffentlichten Karikatur Dilettanti-Theatricals ebenfalls Hinweise auf das Repertoire? Was singt das Abrams-Duo bei dem geselligen Beisammensein des Who-is-who der englischen Aristokratie? Ein genauer Blick auf das singende Geschwisterpaar gibt Antwort auf diese Frage, denn auch hier gibt Gillray in seiner detailreichen Karikatur genauere Auskunft: Das Notenheft trägt die Aufschrift »Bravura Airs à la Billington« (Abb. 20). The Billington

Gillray verweist hier auf Elizabeth Billington, eine britische Opernsängerin. Dass Gillray diese 1803 namentlich auf seiner Karikatur erwähnt, zeugt bereits von ihrer Bekanntheit. Und tatsächlich war Elizabeth Billington derzeit sowohl in Großbritannien als auch auf dem Kontinent überaus erfolgreich und gehörte zu den gefragtesten Sängerinnen ihrer Zeit. Die Sopranistin wurde zwischen 1765 und 1768 in London als Elizabeth Weichsel geboren und gehörte damit einer Musikerfamilie mit deutschen Wurzeln an.28 Ihre Mutter Fredericka Weichsel, geb. Weirman war eine bekannte Sängerin und ihr Vater Karl Weichsel war Oboist 116

und Klarinettist am Londoner King’s Theatre und am Covent Garden Theatre. Ihr jüngerer Bruder Charles Weichsel trat gelegentlich als Violinist gemeinsam mit seiner Schwester auf. Noch bevor Elizabeth Billington als Sängerin die (inter-)nationalen Bühnen eroberte, machte sie als Cembalistin auf sich aufmerksam. So spielte sie am 10. März 1774 im Rahmen eines Benefizkonzertes ihrer Mutter. Weitere Auftritte in London folgten in den Jahren 1777 und 1778. Auch als Komponistin trat die junge Musikerin in dieser Zeit in Erscheinung. Ihre überlieferten Kompositionen umfassen die um 1775 veröffentlichten Three Lessons for Harpsichord or Piano Forte sowie ihr opus 2, die 1778 erschienenen Six Sonatas for the Piano Forte or Harpsichord.29 Im Bereich Gesang wurde sie vermutlich zunächst durch ihre Mutter und ab 1782 regelmäßig durch ihren späteren Ehemann, den Kontrabassisten James Billington unterrichtet. Nach der Hochzeit am 13. Oktober 1783 ging Elizabeth Billington gemeinsam mit ihrem Ehemann nach Dublin, um dort ihr erstes Engagement anzutreten. Ihre Erfolge in den Folgejahren in Dublin sind vergleichsweise schwach dokumentiert.30 Als Beginn ihrer außergewöhnlichen Karriere wird in der Regel ihr Londoner Debüt am Covent Garden Theatre

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am 14. Februar 1786 genannt. Hier trat sie als Rosetta in Thomas Arnes Pasticcio Love in a Village auf. Als Sängerin stand sie nicht nur auf der Bühne im Rampenlicht. Bald war sie unter dem Namen »The Billington«31 bekannt und nahm an einer Vielzahl verschiedener gesellschaftlicher Veranstaltungen teil, bei denen auch Mitglieder der Royal Family anwesend waren.32 Im Frühjahr 1794 reiste sie gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem Ehemann durch Deutschland nach Italien. Während ihres insgesamt siebenjährigen Aufenthalts in Italien baute sie sich eine zweite Gesangskarriere auf. Auf Wunsch des Königs von Neapel übernahm sie ein Engagement am dortigen Teatro San Carlo, wo sie am 30. Mai 1794 ein glanzvolles Debüt in der Uraufführung von Francesco Bianchis eigens für sie komponierten Oper Inez di Castro hatte. Nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes kurz nach dieser Aufführung trat sie weiterhin am Teatro San Carlo auf, verließ jedoch 1796 Neapel und gastierte unter anderem in Florenz, Bologna, Livorno, Triest, Venedig, Rom und Mailand. In Mailand heiratete sie in zweiter Ehe einen nur unter dem Nachnamen bekannten Herrn Felican (oder auch Felissent), von dem sie sich allerdings bald wieder trennte und im Jahr 1801 nach London zurückkehrte.

Als Person des öffentlichen Lebens von hohem künstlerischen Rang wurde Elizabeth Billington zudem von den führenden Künstlern ihrer Zeit porträtiert. Am bekanntesten ist das 1789 entstandene großformatige Porträt von Sir Joshua Reynolds, das sich insbesondere durch einen 1803 entstandenen Kupferstich von James Ward verbreitete (Abb. 21).33 Reynolds porträtierte Billington als heilige Cäcilia, als Patronin der Musik. Es handelt sich dabei um einen gängigen Bildtypus für Porträts von adeligen Frauen sowie für Schauspielerinnen und Sängerinnen im England des 18. und 19. Jahrhunderts.34 Auf einer Wolke in einem langen, leicht wehenden Kleid hält sie ein Notenheft in der Hand, um ihren Hals hängen mehrere Ketten, ihre goldenen Locken werden von einem Haarband zusammengehalten. In dieser aufrechten Pose empfängt sie einen Lorbeerkranz von einem Cherub. Mit zum Himmel gerichtetem, pathetischen Blick scheint sie einem über ihr schwebenden Chor von vier weiteren Engeln zu lauschen. Billingtons Porträt besticht durch ihre engelsgleiche Gestalt mit glänzenden Haaren, ein vollkommenes ovales Gesicht und die großen, ausdrucksvollen Augen. Derartige Idealisierungen waren in der Portraitmalerei um 1800 nicht selten, ging es doch in der Regel darum, die Porträtier117

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ten auf der Leinwand zu inszenieren. Entsprechende Charakteristika für die (idealisierte) Darstellung der weiblichen Schönheit, die sich auch in Reynolds Billington-Porträt wiederfinden, arbeitete der Künstler Thomas Woolnoth in seiner erstmals 1852 erschienenen Publikation zur Porträtmalerei heraus: »a round, unobtrusive forehead, arched eyebrows, large eyes, straight nose, full and undulating mouth, round chin, and oval face. These are the facial characteristics of Beauty which prevail […] even to this day.«35 Auch George Romney porträtierte die Sängerin bereits ein Jahr vor Reynolds als Heilige Cäcilia. Weitere Porträts stammen von Sir Thomas Lawrence, John James Masquerier und Adam Buck. Auch von John Hoppner und Richard Cosway existieren Darstellungen der Sängerin. Letzterer stellte sie 1801 in ihrer Rolle als Coraly aus der Oper The Peruvian dar. Weitere Rollenporträts von ihr fertigten beispielsweise William Hopwood (Clara in The Duenna) und Thomas Stothard (Mandane in Artaxerxes) an.36 Karikaturen stammen neben Gillray vor allem auch von Charles Williams.37 Viele (visuelle) Darstellungen der Sängerin entstanden unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach London im Jahr 1801 und in den Folgejahren, darunter auch die Karikaturen von Gillray. 118

A Bravura Air

Gillray karikiert die Sängerin erstmals im Jahr 1801.38 Er stellt sie, so verrät es der Titel A Bravura Air. Mandane, in der Rolle der Mandane, Tochter des Xerxes, König von Persien und Schwester von Artaxerxes, Titelrolle der gleichnamigen Oper, dar (Abb. 20).39 Die Oper – komponiert von Thomas Arne und mit einer englischen Adaption des Librettos von Metastasio – galt als eine der erfolgreichsten englischen Opern auf den Londoner Bühnen des 18. Jahrhunderts.40 Arne hatte die Rolle für seine Schülerin, die gefeierte Sopranistin Charlotte Brent komponiert, die diese bei der Premiere am 2. Februar 1762 im Londoner Covent Garden Theatre verkörperte. Elizabeth Billington sang die Rolle der Mandane zum ersten Mal im Jahr 1787 im Londoner Covent Garden Opernhaus.41 Im Jahr 1801 feierte sie mit dieser Rolle einen triumphalen Erfolg bei ihrer Rückkehr auf die englischen Opernbühnen und trat sowohl im Londoner Covent Garden als auch im Drury Lane Theatre auf. Billington brachte mit ihrer Rückkehr nicht nur sich selbst auf die Londoner Bühnen zurück, sondern auch die Oper auf die Spielpläne. Seit 1796 hatte es keine Aufführung der Oper Artaxerxes mehr auf den

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Londoner Bühnen gegeben.42 Und nun wurde die Oper an zwei der großen Opernhäuser der Metropole zur selben Zeit jeweils mit Billington als Primadonna auf­ geführt.43 Dass zwei rivalisierende Opernhäuser dieselbe Primadonna engagierten, war außergewöhnlich. Dieses Ereignis nahm wohl auch Gillray als Anlass für seine erste Karikatur der berühmten Sängerin. Er reiht sich damit zudem in eine Tradition von Mandane-Rollenbildern ein. Zu keiner anderen Rolle aus dem Kontext der Londoner seriösen Oper des 18. Jahrhundert liegen derart viele Abbildungen vor.44 Charakteristisch für die Karikatur Gillrays sind – v.a. auch im Vergleich mit anderen Mandane-Rollenbildern von Billington bzw. anderen Sängerinnen – unter anderem die Körperhaltung der Sängerin, die Mimik, die Kostümierung sowie die Statur.45 Die Körperhaltung – eine Hand unter die Brust gelegt und die andere zur Seite gestreckt – findet sich zwar auch in anderen Mandane-Rollenporträts,46 dennoch bezieht sich Gillray hier auf spezifische Merkmale von Billingtons Bühnenpräsentation, von denen auch andere Zeitgenossen berichten. So schreibt die kosmopolitische deutschsprachige Zeitschrift London und Paris47 im Jahr 1802 von einer »Caricatur auf die Billing-

ton, die Gilray selbst zu Ende des vorigen Jahres bei der Witwe Humphrey in Folio herausgab«: Sie ist darauf als Mandane im Artaxerxes eine Bravour­arie absingend vorgestellt. Der Stachel der Satire liegt im lächerlichen Ausdruck der Anstrengung, womit sie ihre Arien hervorpresst und der ihr schon vor ihrer Reise nach Italien vorgeworfene Gest [sic!], ihre Triller und Coloraturen mit der Hand auf die Brust als wie mit einer Geburtszange zu entbinden, fehlt hier nicht.48

Im Gegensatz dazu unterscheidet sich die Mimik wesentlich von den anderen Mandane-Rollenporträts aus der Zeit. Während die Mandane-Sängerinnen in anderen Rollenportäts in der Regel mit geschlossenem Mund dargestellt werden,49 karikiert Gillray Billington als inbrünstig singende und offensichtlich auf ihre Außenwirkung bedachte Primadonna: Aus dem weit geöffnetem Mund verbreitet sich der durch wellenartig geführte Linien angedeutete Klang der Triller und Koloraturen.50 Gillray verweist damit auf die zu der Zeit gängige Praxis der vokalen Ausgestaltung von notierten Arien mit virtuosen Elementen und Kadenzen, die auch 119

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Billington anwendete.51 So schreibt ein anonymer Autor im 1830 erschienenen Journal The Harmonicon in einem biographischen Artikel über die Verzierungstechniken der Sängerin: »an inexhaustible fund of ornaments, always elegant, always varying, always extemporaneous: not even a pencil memorandum of what she meant to do was ever made upon her singing copy.«52 Auch der Korrespondent aus der Zeitschrift London und Paris hebt dieses Element der Karikatur hervor: Die Cadenzen, die dabei als Ohrenschmauss fürs Publikum aufgetischt werden, hat Gilray sehr witzig durch dieselbe Abbreviatur bezeichnet, womit man sonst den verheerenden Blitzstrahl andeutet, durch eine krause, auf und niedersteigende Zickzack-Linie.53

Was Billington singt, lässt sich daran allerdings nicht erkennen. Konkreter wird Gillray hier durch den Titel der Karikatur: Ein Bravourstück, also eine schwierige Gesangseinlage, die auf eine virtuose Wirkung abzielt. Gillray verweist hier höchstwahrscheinlich auf eine der Arien der Mandane, denn die Gesangsparts der Rolle waren kompositorisch so angelegt, dass sie sich besonders eigneten, um sowohl technische Fähigkeiten als 120

auch Ausdruck der Sängerin zu präsentieren.54 Gillray bedient auch hiermit ein gängiges Klischee über Sängerinnen, das Rebecca Grotjahn für das 19. Jahrhundert herausgearbeitet hat: Nicht die Musik steht im Vordergrund der Gesangsdarbietung, sondern die Vorführung der schönen Stimme: »Überladenheit, Geschmack­ losigkeit, Eitelkeit, Zierrat, Flitter, Blendwerk. Einem bis heute auch in musikwissenschaftlicher Literatur weit verbreiteten Vorwurf zufolge ist die Präsentation solcher Mittel der alleinige Zweck der Auftritte vieler Gesangsvirtuosinnen.«55 Hinsichtlich der Kostümierung wählte Gillray ein Kleid im Empirestil, mit fließenden Stoffen, das ab der hohen Taille a-linienförmig abfällt und wie es sich auch auf anderen Rollenbildern wiederfinden lässt.56 Das wallende Kleid und die gelockten Haare erinnern noch an das Porträt von Reynolds. Letztere Darstellung ist jedoch insbesondere in Bezug auf die verwendeten Accessoires schlichter. Während Reynolds Billington nur mit Haarband, das die Locken zusammenhält, und vergleichsweise dezenten Ketten versieht, ist Gillray bei der Ausstattung der Sängerin mit Schmuck sichtlich großzügiger. Beladen bzw. überladen mit Ketten und Armbändern, Ringen an mindestens vier Fingern jeder

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Hand, Ohrringen, Haarbändern sowie ausladendem Federschmuck auf dem Kopf wird Billington in der Porträt-Karikatur von Gillray dargestellt. Gillray fokussiert in seiner Mandane-Karikatur vor allem aber auch die Statur der Sängerin Billington:57 Diese hatte insbesondere während ihres Italienaufenthaltes deutlich an Gewicht zugelegt. Standen Beschreibungen und Bewertungen des Äußeren einer Sängerin regelmäßig im Zentrum der Kritik, so war dementsprechend insbesondere das Embonpoint – die Beleibtheit – der Sängerin Billington ein beliebter Gesprächsstoff. So berichtet beispielsweise ein anonymer Autor über den ersten Auftritt von »the Billington« als Mandane am Covent Garden Theatre: »Mrs. Billington is rather more embonpoint than when she left England, but her features possess infinite symmetry and beauty, and her whole figure and is grand and captivating.«58 The Bulstrode Siren

»The Billington« war nicht selten Thema in der Londoner Presse. Auch durch ihr angeblich skandalöses Privatleben machte die Sängerin von sich Reden.59 Im Jahr 1792 veröffentlichte James Ridgway die »Memoirs

of Mrs Billington from her Birth«60, die, einer Anekdote Joseph Haydns zufolge, bereits am Tag der Veröffent­ lichung vergriffen waren: »man konte aber bis 3 Uhr nach Mittag keines mehr bekomen«61, vermerkt Haydn in seinem ersten Londoner Notizbuch der Jahre 1791 bis 1792. Auch wenn der Komponist dies vermutlich zugespitzt formulierte und der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kritisch hinterfragt werden sollte,62 so ist es jedoch ein Hinweis auf das große Aufsehen, das um die Veröffentlichung der skandalösen »Memoirs of Mrs Billington« gemacht wurde und das in den Kontext eines gesteigerten Interesses an Lebensdarstellungen von Persönlichkeiten aus dem Theaterumfeld einzuordnen ist.63 Im Zuge eines erheblichen Interesses der Öffentlichkeit an Sängerinnen wurde vor allem auch das Privatleben der gefeierten Bühnenstars zu allgemeinem Gesprächsstoff, der immer wieder angeregt wurde durch Anekdoten und Korrespondentenberichte in Zeitungsartikeln und Broschüren.64 Ridgway setzte also vermutlich auf die hohe Nachfrage nach biographischen Darstellungen im Allgemeinen und die außerordentliche Popularität der Sängerin Billington im Besonderen. Das Skandalbuch, das unter anderem eine vermeintliche Korrespondenz zwischen Billington und ihrer Mut121

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ter bestehend aus 16 Briefen, datiert zwischen 1783 und 1785, veröffentlichte, unterstellte der Sängerin verschiedene Affären sowie uneheliche Kinder, deckte die vermeintliche Homosexualität ihres Ehemannes James Billington auf und enthielt Inzestvorwürfe gegenüber der Familie Weichsel.65 Die Aufregung um die Publikation schien jedoch nicht von langer Dauer. Zwar wurde noch im selben Jahr eine (anonyme) Gegendarstellung unter dem Titel »Answer to the Memoirs of Mrs Billington« veröffentlicht, der Umfang an satirischen Reaktionen literarischer oder visueller Art hielt sich jedoch anscheinend in Grenzen. Auch Gillray nahm die Veröffentlichung der Memoirs nicht zum Anlass für die Veröffentlichung einer Karikatur. Es wurde spekuliert, dass das Erscheinen des Skandalbuches Grund für den mehrjährigen darauffolgenden Italien-Aufenthalt gewesen sein könnte.66 Vermutlich ging es Billington, als sie England – im Jahr 1794, also zwei Jahre nach Veröffent­lichung der Memoirs – Richtung Kontinent verließ, in erster Linie aber auch darum, sich auf dem internationalen Markt als Sängerin zu behaupten.67 Die Publikation der Memoirs muss dabei nicht zwangsweise hinderlich gewesen sein, schließlich ist denkbar, dass die Bekanntheit der Sängerin dadurch noch einmal gesteigert wurde.68 122

Auch nach der Rückkehr von ihrem mehrjährigen Kontinentalaufenthalt reißen die Skandale um die gefeierte Sopranistin nicht ab. So soll sie erneut in verschiedene Liebesaffären mit Männern der Londoner High Society verwickelt gewesen sein, darunter der Prince of Wales, der spätere englische König Georg IV.69 sowie William Henry Cavendish-Bentinck, der 3rd Duke of Portland. Das Gerücht um die Affäre mit letzterem nahm Gillray zum Anlass, eine weitere Karikatur mit Elizabeth Billington als Protagonistin zu veröffentlichen: The Bulstrode Siren erschien am 14. April 1803 in London (Abb. 22). Kontextualisiert wird diese Szene durch den Karikaturentitel. Gillray bezieht sich hier auf das Gerücht, dass Billington oft zum Duke of Portland auf dessen Landsitz in Bulstrode eingeladen wurde.70 Die Karikatur zeigt den Duke of Portland einträchtig auf dem Sofa sitzend mit Elizabeth Billington. Der Duke lauscht – voller Verzückung die Hände gefaltet und intensiv in Richtung Billington blickend – dem Gesang der Sopranistin.71 Zu den Füßen des Duke liegt ein Notenband mit dem Titel »Epithalamium pour l’Heureux Nuit« – »Brautlied für die glückliche Nacht«, mit dem Gillray auf den verbreiteten Topos der Freigiebigkeit von Sängerinnen in Hinblick auf sexuelle

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Beziehungen verweist.72 Auch das Zitat aus Sapphos Liebeslyrik am unteren Bildrand lässt eine Interpretation in diese Richtung zu. Die an die Mandane-Karikatur angelehnte Darstellung der Billington lässt derweil keinen Zweifel daran, dass Gillray hier eine singende Dame porträtiert: Sie hält ein Notenblatt in der Hand und hat – wie schon auf der vorherigen Karikatur – den Mund weit geöffnet. Hinsichtlich des Klangergebnis ist Gillray hier sogar noch etwas präziser. Statt unspezifischen Linien steigen zart skizzierte Silben »ha, ha, ha, a, ha, a, ha, a, ha, he, he, he, ho, o, o, o, ha, o, ho, o, o, o […]« empor.73 Auch durch den gewählten Titel markiert Gillray Elizabeth Billington in dieser Karikatur als Sängerin, wurden bekannte Sängerinnen doch nicht selten als Sirenen bebzw. gezeichnet.74 Wie in seiner ersten Billington-Karikatur stellt Gillray die Sängerin hier ebenfalls mit zahlreichen Schmuckstücken versehen dar und spielt somit erneut auf Billingtons Vorliebe für ausgedehnten Schmuck ebenso wie auf die während ihres Kontinentalaufenthaltes gewonnene Körperfülle an. Nicht nur Gillray greift diese Topoi in seinen Karikaturen auf. Auch andere Karikaturisten knüpfen an Gillrays Mandane-Darstellung an und porträtieren die

Sängerin auf ähnliche Art und Weise wie beispielsweise Charles Williams in seiner am 4. Januar 1802 erschienenen Karikatur Clara – a Bravura, auf der er Billington in nahezu identischer Pose (gespiegelt) und Kostümierung – diesmal lediglich mit zwei statt fünf großen Federn bestückt, dafür freizügiger – darstellt. Auch in anderen Karikaturen scheint Williams sein Repertoire hinsichtlich der Darstellung Elizabeth Billingtons aus den genannten Stichen Gillrays zu beziehen. Explizit thematisiert wird Billingtons übermäßige Gewichtszunahme in der am 1. Januar 1802 veröffentlichten Karikatur Theatrical Doctors recovering Clara’s Notes, auf der die Manager der führenden Londoner Opernhäuser Drury Lane und Covent Garden Theatre der erkrankten Primadonna Billington löffelweise Münzen als Medizin zur schnellen Genesung verabreichen.75 Billington wird hier ebenfalls in der Rolle der Clara aus Linleys Oper The Duenna und erneut offensichtlich nach dem Vorbild von Gillrays Mandane-Karikatur, jedoch noch fülliger und erschöpft in einem Sessel liegend, gestaltet.

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Kommentarfunktion und erinnerungskulturelle Dimensionen

Gillray gibt in seinen musikbezogenen Karikaturen Einblicke in die (vokalen) Musikpraktiken seiner Zeit. Er porträtiert dabei, so zeigten die vorangegangenen Ausführungen, sowohl professionelle Konzert- und Opernsängerinnen wie die Abrams-Schwestern und Elizabeth Billington als auch das Singen im Kontext verschiedener (musikalischer) Geselligkeiten, wie sie die Zusammenkünfte der PicNic-Society darstellten. Die Karikaturen zeugen damit von einer regen Vokalmusikpraxis und Begeisterung der Engländer für Vokalmusik, die der eingangs zitierte Korrespondent beschrieb. Sie fokussieren zeittypische Situationen sowie in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeiten, vermitteln einen (mehr oder weniger realistischen) Eindruck von ihrer Gestalt, ihrem musikalischen Handeln, ihrer künstlerischen Leistungen und zeigen auf, in welchen gesellschaftlichen Kontexten sie wirkten. In erster Linie dokumentieren sie aber, dass ihnen ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit galt. Die hier untersuchten Karikaturen Gillrays geben so einerseits aus einer musikhistorischen Perspektive Einblicke in das musikkulturelle Handeln 124

von Akteurinnen und Akteuren im Kontext der (öffentlichen und privaten) Musikkultur. Andererseits – und das ist dabei stets mitzudenken – nutzte Gillray die Darstellung musikbezogener Praktiken in erster Linie eben nicht, um das konkrete musikalische Handeln an sich aufzuzeigen, sondern insbesondere dazu, um gesellschaftliche und politische Diskurse zu thematisieren, die den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen auf diese Weise erkennbar gemacht werden sollten. Sie sind damit in gewisser Weise eine Stellungnahme zu musikalischen Praktiken, indem sie beispielsweise einen Kommentar zum gesellschaftlichen Status der Dargestellten liefern. Anhand der genannten Beispiele konnte gezeigt werden, dass Gillray verbreitete Stereotype aufrief und gängige Narrative der Sängerinnen-Rezeption nutzte, die sich auch in anderen zeitgenössischen Darstellungen finden und teilweise bis heute vorherrschen. Dass sich spätere Darstellungen auf Gillrays Arbeiten beziehen, indem die in seinen Karikaturen konstruierten Sängerinnenbilder in ganz ähnlicher Weise aufgegriffen werden, verdeutlich einmal mehr, dass Gillrays Karikaturen Teil des zeitgenössischen Diskurses sind und es sich bei diesen um erinnerungskulturelle Medien handelt, die die Rezeption von Sängerinnen im Speziel-

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len und den Blick auf Musikgeschichte im Allgemeinen prägten und prägen. Anmerkungen 1

[Anonym], »Ueber den jetzigen Zustand und die Moden der Musik in England. London, den 25sten März 1794«, in: Journal des Luxus und der Moden ( Juli 1794), S. 334–348, hier: S. 336. Gegenstand der von 1786 bis 1827 erschienenen Zeitschrift, die mit zahlreichen Illustrationen versehen war, waren verschiedene kulturelle Themen, darunter Literatur, Kunst und Musik. 2 Ebd. 3 Ebd., S. 347. 4 Siehe dazu die knapp 900 Notendrucke aus der Sammlung »Englische Komponistinnen« am Forschungszentrum Musik und Gender Hannover. Siehe auch Maren Bagge und Anne Fiebig, »Die Sammlung ›Englische Komponistinnen‹ am Forschungszentrum Musik und Gender«, in: Forum Musikbibliothek 33/3 (2012), S. 52–55 sowie Derek B. Scott, The Singing Bourgeois. Songs of the Victorian Drawing Room and Parlour, Aldershot/Burlington 22001, insb. S. 60–80. 5 Siehe dazu Rebecca Grotjahn, »Diva, Hure, Nachtigall: Sängerinnen im 19. Jahrhundert«, in: »Frauen in der Musik­ geschichte«. Dokumentation der Ringvorlesung im Sommersemester 2001, hrsg. von Susanne Rode-Breymann, Köln 2001, S. 41–127, hier: S. 46.

6 Siehe dazu auch: Maren Bagge, »›Dramatic Singing as a Career for Women‹. Englische Bühnenkünstlerinnen im London des 19. Jahrhunderts. Voraussetzungen, Hindernisse, Perspektiven«, in: Bühnenrollen und Identitätskonzepte – Karrierestrategien von Künstlerinnen im Theater des 19. Jahrhunderts, hrsg. von Nicole K. Strohmann und Antje Tumat (= Beiträge aus dem Forschungszentrum Musik und Gender, Bd. 5), Hannover 2016, [Druck in Vorbereitung]. Siehe auch den Sammelband Diva – die Inszenierung der übermenschlichen Frau. Interdisziplinäre Untersuchungen zu einem kulturellen Phänomen des 19. und 20. Jahrhunderts, hrsg. von Rebecca Grotjahn, Dörte Schmidt und Thomas Seedorf (= Forum Musikwissenschaft, Bd. 7), Schliengen 2011. 7 Zur in erster Linie männlich geprägten Musikpraxis der Glee-Clubs siehe den Beitrag von Clemens Kreutzfeldt in diesem Band. Vgl. dazu auch Brian Robins, »The Catch and Glee in Eighteenth-Century Provincial England«, in: Concert Life in Eighteenth-Century Britain, hrsg. von Susan Wollenberg und Simon McVeigh, Farnham u. a. 2004, S. 141–160 sowie ders., Catch and Glee Culture in Eighteenth-century England, Woodbridge 2006. 8 Siehe z.B. Angelika Plum, Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft. Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen (= Berichte aus der Kunstgeschichte), Aachen 1998, sowie Severin Heinisch, »Geschichte als Karikatur – Über das Verhältnis ironischer Bilder mit der Historie«, in: Historische Faszination. Geschichtskultur heute, hrsg. von Klaus Füßmann, Heinrich

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Maren Bagge Theodor Grütter und Jörn Rüsen, Köln u. a. 1994, S. 91–104; Hans-Jürgen Pandel, »Karikaturen. Gezeichnete Kommentare und visuelle Leitartikel«, in: Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, hrsg. von dems. und Gerhard Schneider (= Wochenschau Geschichte Forum historisches Lernen), Schwalbach 62011 S. 269–290. 9 Ausnahmen bilden hier u. a.: Karl Storck, Musik und Musiker in Karikatur und Satire. Eine Kulturgeschichte der Musik aus dem Zerrspiegel, Laaber 1910, Yane Fromrich, Musique et caricature en France au XIXe siècle (= Iconographie musicale), Genève 1973, Hans Christoph Worbs, Das Dampfkonzert. Musik und Musikleben des 19. Jahrhunderts in der Karikatur, Wilhelmshaven u.a. 1982 sowie Richard Leppert, Music and Image. Domesticity, Ideology and Socio-cultural Formation in Eighteenth-century England, Cambridge 1988 sowie Rebecca Grotjahn, die im Rahmen ihrer Untersuchungen zu Sängerinnen u. a. auch Karikaturen betrachtet. Vgl. Rebecca Grotjahn 2001. 10 Vgl. Sigrid Schade und Silke Wenk, Studien zur visuellen Kultur. Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld (= Studien zur visuellen Kultur, Bd. 8), Bielefeld 2011, S. 8. 11 Carola Bebermeier, Celeste Coltellini (1760–1828). Lebensbilder einer Sängerin und Malerin (= Biographik. Geschichte – Kritik – Praxis, Bd. 4), Köln/Weimar/Wien 2015, S. 34. 12 Melanie Unseld, Biographie und Musikgeschichte. Wandlungen biographischer Konzepte in Musikkultur und Musikhistoriographie (= Biographik. Geschichte – Kritik – Praxis, Bd. 3), Köln/Weimar/Wien 2014, S. 120.

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13 Ebd., S. 122. 14 Vgl. Carola Bebermeier 2015, S. 34. 15 Eine detaillierte Beschreibung der Karikatur gibt Elisabeth Reda in ihrem Aufsatz in diesem Band (Abschnitt »Dilettanti theatricals«). Sie geht dabei insbesondere auf die von Gillray betonten Aspekte der Plurimedialität und Prozessualität von Theater bzw. Kunst ein. 16 In den zeitgenössischen Quellen finden sich zahlreiche Varianten der Namensschreibung, darunter »Abrahams«, »Abraham« und »Abrams« sowie Harriet statt Harriett. Die hier gewählte Schreibweise orientiert sich an dem Artikel im New Grove Dictionary of Music and Musicians. Vgl. Olive Baldwin und Thelma Wilson, Art. »Abrams, Harriett«, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, vol. 1, Oxford 2001, S. 32. 17 Vgl. John Nixon, Harrison’s concert, Hanover Sqr., duet Miss Abrams’s, 1788 sowie den der Karikatur nachempfundenen Stich A duett at the Hanover Square concert, 1788. 18 Vgl. auch Susan Levin, »The Gipsy is a Jewess. Harriett Abrams and Theatrical Romanticism«, in: Romantic Women Writers. Voices and Countervoices, hrsg. von Paula R. Feldman und Theresa M. Kelley, Hanover/London 1995, S. 236–251. 19 [Anonym], Illustrative Descriptions of the Genuine Works of Mr. James Gillray, London 1830, S. 258: »Der große Lord [Choldmondeley] mit seinem Köcher-Gürtel mit der Inschrift »Amor besiegt alles« deutet seine prahlerischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Venus an. Unter ihm ›Alexander der Große‹, der kleine Lord V[al]l[e]t[o]rt, der sein

Sirenen und Kreischeulen Leben in einem zu knappen Korsett ließ! Lady S[a]l[i]sb[ur] y erhebt den Anspruch auf die Stiefel des Jägers und ist dabei die Kniehose zu übernehmen. Ihr edler Herr, die große Gestalt, Polonius, à la toupé, spielt die Violine. Lord C[ar] l[isl]e stattet das Fagott aus und der Lord Sp[oo]n[e]r bringt die Triangel zum Klingen. Die Sängerinnen sind die berühmten professionellen Sängerinnen, die Misses Abrahams. Lady Albina [Buckinghamshire] poliert ihre Reize an der Toilette. Dahinter, der Thronfolger trippelnd mit Lady J[er]s[e]y und Mrs. F[it]zh[erbe]rt. Die Spitze der Affigkeit, [Sir Lumley] Sk[effi]ng[to]n, ist der Harlekin. Und diese Lästigkeit des Hutmacher Lehrlings Lord Kir[kcu]db[righ]t, er ist eine Art menschlicher Affe. Hinter der Leinwand Old Q[ueensberr] y, the Piccadilly Duke begrüßt Lady ––, und George Hanger berührt die Lippen ihrer hübschen Schwester. Lord D[erb]y, wie gewöhnlich, unterhält die modische Gesellschaft mit einer Fanfare aus dem Horn.« (Übersetzung: M. B.) Hier sind – vermutlich aus Rücksicht auf die zur Zeit der Veröffentlichung noch lebenden Protagonistinnen und Protagonisten der Karikatur – die Namen lediglich in verschlüsselter Form angegeben. Die Auflösungen stammen aus: Alfred Rubens, Anglo-Jewish Portraits. A Biographical Catalogue of Engraved Anglo-Jewish and Colonial Portraits, London 1935, S. 2. 20 Das Titelblatt der Sammlung, das mit der Aufschrift: »To the Queen with Her Majesty’s most Gracious Permission this Work is respectfully inscribed by Her Majesty’s most faithful, obedient and humble servant Harriett Abrams, Park Lane 1803« versehen ist, wurde von Gillray gestaltet. Dieser fertig-

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te also nicht nur Arbeiten über die Musikschaffenden seiner Zeit an, sondern arbeitete auch für diese (vgl. Abb. 3). Vgl. den Notendruck aus dem Bestand des Forschungszentrums Musik und Gender Miss Abrams, To the Queen, London [1803], Signatur: Rara/FMG NO Abrams,H (320).2. Vgl. Olive Baldwin und Thelma Wilson, Art. »Abrams, Harriett« und Art. »Abrams, Theodosia«, in: Oxford Dictionary of National Biography, vol. 1, hrsg. von H. C. G. Matthew und Brian Harrison, Oxford 2004, S. 127–129. Vgl. James Gillray, The Pic-Nic Orchestra, London 1802 (Abb. 19) und Blowing up the Pic Nic’s; -or- Harlequin Quixotte attacking the puppets. Vide Tottenham Street pantomine, London 1802. [Anonym], »Preface«, in: The PicNic (8. Januar 1803), S. i-xxvii, hier S. ivf: »[…] eine regelmäßige Veranstaltung, die auf eine bestimmte Anzahl von Subskribenten beschränkt war, darunter Personen ersten Ranges, die sich alle zwei Wochen trafen, um die Freuden von Schauspielerei, Musik und Tanz zu genießen und mit einem Abendessen und Catches und Glees abzuschließen.« (Übersetzung: M. B.). Es handelt sich um das Vorwort zu einem Band mit einer Zusammenstellung von 14 Ausgaben des zuvor wöchentlich erschienenen Magazins Pic Nic, das Henry Greville als Reaktion auf die große Anzahl an Attacken von Seite der Presse gegen die PicNics initiiert hatte. Vgl. ebd., S. vi. Ebd., S. ii: »Die illiberale, schlecht begründete und – man könnte hinzufügen – niederträchtige Gegendarstellung, wel-

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Maren Bagge che, aus verletzten Interessen entstanden, gegen diese harmlosen und vornehmen Amüsements erhoben und immer wieder bestärkt wurde, ist allseits bekannt: Es war das Hauptthema der Saison und die öffentliche Verleumdung, die ihnen widerfuhr, suchte in der Geschichte des modischen Lebens seinesgleichen, bis die Tageszeitungen ständige und professionelle Vertreiber von Falschheit wurden.« (Übersetzung: M. B.). Zudem ist an anderer Stelle von den »strange performances of the Picnics«, der »fashionable amateurs«, die Rede. (R. O. Sherington, »Tottenham Street Theatre«, in: The Gentleman’s Magazine (Februar 1905), S. 114–127, hier: S. 116) 26 Siehe dazu auch Bruce Redford, Dilettanti. The Antic and the Antique in Eighteenth-Century England, Los Angeles 2008, bes. S. 129–142. Die ausgeprägte Amateurmusikszene bot den Karikaturisten ein gern gewähltes Sujet für graphische Satire. Vgl. dazu u. a. die Gillray-Karikaturen A Country Concert, – or – an Evenings Entertainment in Sussex, London 1798 und Farmer Giles & his Wife shewing off their daughter Betty to their Neighbours, on her return from School, London 1809 (Abb. 8) sowie insbesondere den Aufsatz von Evelyn Buyken in diesem Band. 27 So erhielt die Sängerin Jenny Lind den Beinamen »schwedische Nachtigall« und Johann Wolfgang von Goethe nannte Henriette Sontag seine »flatternde Nachtigall«. Vgl. dazu auch Rebecca Grotjahn 2001, bes. S. 42f. Siehe auch die von William Humphrey veröffentlichte Karikatur The Captain‹s so kind as to thrust in a Note, While old Lady Cuckoo is straining her throat (1777) sowie den Beitrag von Evelyn Buyken in diesem Band.

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28 Vgl. insbesondere zu den biographischen Daten hier und im Folgenden die lexikalischen Darstellungen Henning Bey, Art. »Billington, Elizabeth«, in: MGG2, Personenteil Bd. 2, hrsg. von Ludwig Finscher, Kassel u. a. 1999, Sp. 1617–1618, Olive Baldwin und Thelma Wilson, Art. »Billington, Elizabeth«, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, vol. 1, Oxford 2001, S. 572–573, Karl-Josef Kutsch und Leo Riemens, Art. »Billington, Elizabeth«, in: Großes Sängerlexikon, Bd. 1, München 42003, S. 414–415, Rachel E. Cowgill, Art. »Billington, Elizabeth«, in: Oxford Dictionary of National Biography, vol. 5, hrsg. von H. C. G. Matthew und Brian Harrison, Oxford 2004, S. 730–732, Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim und Edward A. Langhans, Art. »Billington, Mrs James«, in: A Biographical Dictionary of Actors, Actresses, Musicians, Dancers, Managers & Other Stage Personnel in London. 1660–1800, vol. 2, Carbondale/Edwardsville 1973, S. 122–129. 29 Vgl. dazu Ursula M. Rempel, »Elizabeth Weichsell Billington«, in: Women Composers. Music through the Ages, vol. 3: Composers Born 1700 to 1799. Keyboard Music, hrsg. von Sylvia Glickman und Martha Furman Schleifer, London u. a. 1998, S.181-192. 30 Vgl. Henning Bey 1999, Sp. 1617. Siehe dazu u. a. John C. Greene, Theatre in Dublin, 1745–1820. A Calender of Performances, vol. 1–6, Bethlehem 2011 sowie Tom J. Walsh, Opera in Dublin 1705–1797. The Social Scene, Dublin 1973, bes. S. 241–259. 31 Entsprechende Beinamen erhielten lediglich zwei weitere Diven auf den Londoner Bühnen des 18. Jahrhunderts:

Sirenen und Kreischeulen The Mingotti (Regina Mingotti, geb. Valentini) und The Mara (Gertrud Elisabeth Mara, geb. Schmeling). Vgl. Michael Burden, »Mrs Billington’s embonpoint; scandal, hysteria, and Mozart«, Vortrag im Rahmen der British Society for 18th-century Studies Annual Conference, St Hugh’s College, Oxford, 4. Januar 2008, , 12.07.2016, S. 1. 32 Vgl. dazu u.a. die Aufzeichnungen des Oboisten und Komponisten William Parke (Musical Memoirs, vol. 1, London 1838, S. 89) sowie zu derartigen Veranstaltungen den Beitrag von Evelyn Buyken in diesem Band. 33 Darüber hinaus sind mindestens fünf weitere Stiche überliefert. Vgl. Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim und Edward A. Langhans 1973, S. 128. 34 Vgl. Michelle M. Meinhart, Remembering the »Event«: Music and Memory in the Life Writing of English Aristocratic and Genteel Women of Long Nineteenth Century, unveröffentlichte Dissertation, Graduate School of the University of Cincinnati 2013, bes. S. 318–322. George Romney porträtierte Emma Hamilton als Heilige Cäcilia (1785) und Sir Joshua Reynolds erstellte ein entsprechendes Porträt von Elizabeth Sheridan, das im Jahr 1775 in der Royal Academy ausgestellt wurde. Laura Engel sieht zum Ende des 18. Jahrhunderts eine

generelle Tendenz zur zunehmenden Ähnlichkeit der Porträts von Angehörigen des Adels und Schauspielerinnen. Vgl. Laura Engel, Fashioning Celebrity. Eighteenth-Century British Actresses and Strategies for Image Making, Columbus 2011, S. 17-20. Auch Gillray bediente sich dieses Sujets und karikierte die aus der englischen Oberschicht stammende Amateursängerin und -musikerin Henriette Cecilia Johnston, geb. West als St. Cecilia am Cembalo sitzend und mit zwei den Klängen lauschenden Katzen in der gleichnamigen Karikatur (1782). Es handelt sich vermutlich um eine Parodie auf das Sheridan-Porträt von Reynolds, bei dem anstelle der zwei Katzen zwei Kinder abgebildet sind. Vgl. dazu auch die Beschreibung der Karikatur in Thomas Wright und R. H. Evans, Historical and Descriptive Account of the Caricatures of James Gillray, London 1851, S. 411f. 35 Thomas Woolnoth, Facts and Faces: Being an Enquiry into the Connection between Linear and Mental Portraiture, with a Dissertation on Personal and Relative Beauty, London 21854, S. 186: »eine runde, dezente Stirn, geschwungene Augenbrauen, große Augen, eine gerade Nase, ein voller und leicht gewölbter Mund, ein rundes Kinn und ein ovales Gesicht. Das sind die vorherrschenden gesichtsspezifischen Charakteristika von Schönheit, die bis heute gelten.« (Übersetzung: M. B.) Siehe dazu auch Roberta Montemorra Marvin, die die Idealisierung von Sängerinnen in visuellen und verbalen Darstellungen im viktorianischen England betrachtet. (Vgl. Roberta Montemorra Marvin, »Idealizing the Prima Donna in Mid-Victorian London«, in: The arts of the Prima Donna

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in the long nineteenth century, hrsg. von Rachel Cowgill und Hilary Poriss, Oxford u. a. 2012, S. 21–41) Vgl. Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim und Edward A. Langhans 1973, S. 128f. Von Charles Williams enthalten unter anderem folgende Karikaturen Darstellungen der Sängerin Billington: Clara – a bravura (1802), A new bravura with a duett affettuoso (1802), Theatrical doctors recovering Clara’s notes! (1802), Illustrious illusions or fashionable follies (1803), John Bull in Lilliput or theatricals for the ninteenth century (1805), Bravuras. Rival syrens- or John-Bulls rehearsal of Capt Macheath (1807), Together let us range the fields (1814). Auch George Cruikshank erstellte Karikaturen, auf denen Billington abgebildet ist bzw. auf sie verwiesen wird. Siehe u. a. Acting Magistrates committing themselves being their first appearance on this stage as performed at the National Theatre Covent Garden (1809) und Princely Amusements or the Humors of the Family (1812). Weitere Karikaturen folgten, darunter erneut eine Karikatur zu den Praktiken der PicNic-Gesellschaft (Blowing up the Pic Nic‹s; -or- Harlequin Quixotte attacking the puppets. Vide Tottenham Street pantomine, London 1802) sowie The Bulstrode Siren, London 1803, s. Abb. 6. Zur Rolle der Mandane auf den englischen Bühnen siehe Michael Burden, »Imaging Mandane: Character, Costume, Monument«, in: Music in Art 34 (2009), S. 107–126. Siehe dazu u. a. Michael Burden, »Metastasio on the British Stage 1728 to 1840. A Catalogue«, in: Royal Musical Association Research Chronicle 40 (2007).

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41 Siehe dazu die Besetzungsübersicht in Artaxerxes. An English Opera. As it is Performed at the Theatres Royal in Drury Lane, and Covent-Garden. The Musick Composed by Tho. Aug. Arne, Mus. Doc. A new Edition, London 1787. 42 Vgl. die Übersicht über Sängerinnen in der Rolle der Mandane in England in den Jahren 1762 bis 1840 bei Michael Burden 2009, S. 127–132 sowie S. 113. 43 Die erste Aufführung mit Billington nach ihrer Rückkehr fand am Covent Garden am 3. Oktober 1801 und am Drury Lane Theatre am 08. Oktober 1801 statt. Eine Auflistung der nachfolgenden Aufführungen auf den Londoner Bühnen mit Billington in der Rolle der Mandane findet sich bei Michael Burden 2009, S. 125f. 44 Vgl Michael Burden 2009, S. 107–126. Burden zeigt die Entwicklung der Kostüme in Rollenporträts der Mandane auf den Londoner Bühnen zwischen 1762 und den 1830er Jahren auf: Von alla turca-Mode, über einen eher schlichten Stil – geprägt durch die aufkommende sentimentale Oper mit einem Fokus auf Einfachheit und Natürlichkeit – hin zu Empirekleidern und schließlich zu einer Rückkehr zum Turban als Repräsentation für einen alla turca-Stil. Insgesamt führt der Autor 38 überlieferte Rollenbilder der Mandane an. 45 Zum Zusammenhang der Person Billington und der Figur Mandane siehe Elisabeth Redas Ausführungen in diesem Band, insb. den Abschnitt »A Bravura Air Mandane‹. 46 Siehe z.B. das von Samuel de Wilde gefertigte Rollenporträt Mrs. Stephens as Mandane aus dem Jahr 1813. Vgl. dazu auch Michael Burden 2009, S. 107–126.

Sirenen und Kreischeulen 47 Die in Weimar erschienene kosmopolitische Zeitschrift London und Paris ermöglichte ihrer deutschsprachigen Leserschaft Einblick in das Leben der beiden Metropolen und reiht sich in die Vielzahl der seit dem späten 18. Jahrhundert florierenden gesellschaftlichen Unterhaltungszeitschriften ein. Neben Nachrichten aus London und Paris veröffentlichte das Blatt während seines Bestehens von 1798 bis 1815 englische Karikaturen, darunter auch zahlreiche Karikaturen Gillrays und machte diese mittels ausführlicher Kommentierungen der deutschen Leserschaft erschließbar. Siehe dazu auch Iris Lauterbach, »›London und Paris‹ in Weimar. Eine Zeitschrift und ihre Karikaturen als kunst- und kulturgeschichtliche Quelle der Zeit um 1800«, in: Festschrift für Hartmut Biermann, hrsg. von Christoph Andreas, Maraike Bückling und Roland Dorn, Weinheim 1990, S. 203–218. 48 [Anonym], Art. »Theater-Aerzte kuriren Jungfer Clärchens Stimme«, in: London und Paris 9 (1802), S. 72–84, hier: S. 81f. 49 Auch Reynolds lässt Billington in seiner Darstellung nicht selbst singen, sondern den Engeln lauschen. 50 Zur Medialisierung von Musik im Bild siehe den Aufsatz von Elisabeth Reda in diesem Band. 51 Vgl. Rebecca Grotjahn 2001, S. 46. Billingtons Verzierungen und Kadenzen wurden zudem in gesonderten Ausgaben veröffentlicht. Siehe z.B. The Songs Sung by Mrs. Billington in the Celebrated Opera of Artaxerxes, with all the Graces, Variations, & Embellishments Introduced by her at the Theatre Royal, Drury Lane & Covent Garden, London ca. 1805. Leslie Ritchie fasst in ihrer Studie zu Musik schreibenden Frauen im England des

späten 18. Jahrhunderts hinsichtlich der Kadenzen Billingtons zusammen: »Billington’s elaborate cadenzas […] do not suggest a passive ›recipient‹ or a mechanistic ›interpreter‹, but an artist with a virtuosic understanding of her own vocal instrument, her audience, and the underlying harmonies which she embellished.« Leslie Ritchie, Women Writing Music in Late Eighteenth-Century England. Social Harmony in Literature and Performance (= Performance in the Long Eighteenth Century: Studies in Theatre, Music, Dance), Aldershot/Burlington 2008, S. 13f.: »Billingtons sorgfältig ausgearbeitete Koloraturen deuten nicht auf eine passive ›Rezipientin‹ oder eine mechanische ›Interpretin‹ hin, sondern zeugen vielmehr von einer Künstlerin mit einem virtuosen Verständnis ihres eigenen Instruments, ihres Publikums und der von ihr ausgeschmückten zugrundeliegenden Harmonien.« (Übersetzung: M. B.) 52 [Anonym], »Memoir of Mrs. Billington«, in: The Harmonicon (1830), S. 93–97, hier: S. 96, »Ein unerschöpflicher Fundus an Ornamenten, immer geschmackvoll, immer wechselnd, immer improvisiert: nicht einmal eine Bleistiftnotiz ihrer Verzierungen wurde auf ihrem Notenexemplar vorgenommen.« (Übersetzung: M. B.) Die zwischen 1823 und 1833 monatlich erschienene Londoner Zeitschrift informierte ihre Leser nicht nur über neu erschienene Kompositionen und musikalische Ereignisse in der britischen Hauptstadt und anderen Metropolen, sondern lieferte auch biographische Artikel über englische Sängerinnen und Sänger. 53 [Anonym], Art. »Theater-Aerzte kuriren Jungfer Clärchens Stimme«, S. 82.

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Maren Bagge 54 Vgl. Michael Burden 2009, S. 124. Vermutlich handelt es sich um die Arie der Mandane am Ende des ersten Aktes. Vgl. Jennifer Hall-Witt, Fashionable Acts. Opera and Elite Culture in London, 1780–1880, Durham u. a. 2007, S. 37. 55 Rebecca Grotjahn 2001, S. 47. 56 Siehe dazu die bei Michael Burden 2009, S. 117f. angeführten Darstellungen. Zu Darstellungen Billingtons siehe ebd. S. 117–121. 57 »Die gewaltige Korpulenz der Signora macht übrigens […] auf der Gilray’schen […] Caricatur die Hauptquelle des Lächerlichen.« ([Anonym], Art. »Theater-Aerzte kuriren Jungfer Clärchens Stimme«, S. 82) 58 [Anonym], [Ohne Titel], in: The Theatrical Repertory; or the Weekly Rosciad (10. Oktober 1801), S. 59: »Mrs. Billington ist weitaus beleibter als zu dem Zeitpunkt, als sie England verließ, aber ihre Gesichtszüge besitzen eine unendliche Symmetrie und Schönheit und ihre gesamte Gestalt ist großartig und fesselnd.« (Übersetzung: M. B.) 59 Biographische Darstellungen von auf den Theaterbühnen erfolgreichen Frauen enthielten deutlich häufiger als solche ihrer männlichen Kollegen Berichte über skandalöse Liebschaften und Verweise auf ein lasterhaftes Leben im Allgemeinen. So konstatiert auch Susan Levin mit Blick auf die Intention von biographischen Publikationen im Kontext des englischen Theaters im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert: »A powerful man is to be emulated and envied; a powerful woman is to be feared and destroyed.« Susan Levin, »Vice, Ugly Vice: Memoirs of Mrs Billington from her Birth«, in: Ro-

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mantic Autobiography in England, hrsg. von Eugene Stelzig, Farnham/Burlington 2009, S. 49–61, hier: S. 60: »Während einem mächtigen Mann nachgeeifert und er beneidet werden sollte, sollte eine mächtige Frau gefürchtet und zerstört werden.« (Übersetzung: M. B.) Siehe dazu u.a. auch Kimberley Crouch, »The Public Life of Actresses: Prostitutes or Ladies?«, in: Gender in Eighteenth-Century England. Roles, Representations and Responsibilities, hrsg. von Hannah Barker und Elaine Chalus, London/New York 1997, S. 58–78 sowie Amy Culley, British Women’s Life Writing, 1760–1840, Houndmills u. a. 2014. Siehe dazu Susan Levin 2009, S. 49–61. Zit. nach: Joseph Haydn. Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen, hrsg. von Dénes Bartha, Kassel u. a. 1965, S. 486. Anderen Aussagen zufolge gab der Verleger etwa einen Monat nach Erscheinen der Memoirs an, von 2000 erstellten Kopien bisher 1500 verkauft zu haben. Vgl. [Anonym], An Answer to the Memoirs of Mrs Billington with the Life and Adventures of Richard Daly. Esq. and an Account of the Irish Theatre, London 1792, S. 15. Zum Umgang mit Anekdoten, deren Bedeutung für Künstlerbild, Musikkultur und -geschichtsschreibung sowie Biographik siehe den Sammelband Anekdote – Biographie – Kanon. Zur Geschichtsschreibung in den schönen Künsten (= Biographik. Geschichte – Kritik – Praxis, Bd. 1), hrsg. von Melanie Unseld und Christian von Zimmermann, Köln/Weimar/Wien 2013. Vgl. dazu Susan Levin, »Dibdin, Kelly, and the Spectacle of Self.«, in: Nineteenth-Century Prose 28/2 (2001), S. 55–74.

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Biographische Darstellungen von Personen aus dem Umfeld des Theaters wie beispielsweise Anne Oldfield (1730, 1731, 1741) und Eleanor Gwynn (1752) fanden ebenso wie die im 19. Jahrhundert von James Boaden veröffentlichten Memoirs of the life of John Philip Kemble (1825), The Life of Mrs Jordan (1831) und Memoirs of Mrs Siddons (1872) zahlreiche Abnehmerinnen und Abnehmer. Vgl. Susan Levin 2009, S.  49f. Siehe dazu auch Felicity Nussbaum, Rival Queens: Actresses, Performance, and the Eighteenth-Century British Theatre, Philadelphia 2010, bes. S. 92–121. Zur Biographiewürdigkeit von Musikerinnen und Musikern siehe Melanie Unseld 2014. Vgl. Rebecca Grotjahn 2001, S. 44. Auskunft über den Inhalt und die veröffentlichten Materialien gibt bereits der knapp 50 Wörter umfassende Titel: Memoirs of Mrs Billington from Her Birth: Containing a Variety of Matters, Ludicrous, Theatrical, Musical, and _____ with Copies of Several Original Letters, now in the Possession of the Publisher, Written by Mrs Billington, To Her Mother, the Late Mrs Weichsel: A Dedication; and a Prefatory Address. Vermutlich ging es auch Ridgway, wie Grotjahn für Autoren von Sängerinnen-Biographien im 19. Jahrhundert konstatiert, weniger darum, »eine historische Wahrheit zu notieren als vielmehr darum, eine stimmige Geschichte zu erzählen«. Rebecca Grotjahn 2001, S. 45. Siehe z.B. Henning Bey 1999, Sp. 1617. Vgl. Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim und Edward A. Langhans 1973, S. 125. Vgl. auch Susan Levin 2009, S. 52.

69 »Es gab Gerüchte, nach denen sie dessen Mätresse gewesen sei.« Karl-Josef Kutsch und Leo Riemens 2003, S. 415. 70 Siehe dazu u. a. die frühen Kommentare zu der Karikatur, z.B. in Thomas Wright und R. H. Evans 1851, S. 472. Elisabeth Reda widmet sich in ihrem Aufsatz in dem vorliegenden Band ebenfalls dieser Karikatur. 71 Es handelt sich hierbei um ein Motiv, das für (visuelle) Darstellungen von und über Sängerinnen dieser Zeit nicht untypisch ist: Nicht selten wird neben einer Sängerin ein Mann abgebildet und beiden eine (sexuelle) Beziehung unterstellt. Vgl. Rebecca Grotjahn 2001, S. 43. 72 Zum Motiv der Sängerin als Hure siehe ebd., S. 48f. Die Begriffe Primadonna und Prostituierte wurden im 19. Jahrhundert teilweise sogar synonym verwendet. Siehe u. a. in Henry Mayhew, London Labour and the London Poor. Cyclopaedia of the Condition and Earnings, vol. 4, London 1862, S. 217. Ein Gegenbild zu diesen Vorstellungen verkörpert die Sängerin Jenny Lind, der Merkmale wie Bescheidenheit, Schlichtheit in der äußeren Erscheinung und Unschuld zugeschrieben wurden. Vgl. Rebecca Grotjahn 2001, S. 49–53 sowie Hilary Poriss, »Prima Donnas and the Performance of Altruism«, in: The Arts of the Prima Donna in the Long Nineteenth Century, hrsg. von Rachel Cowgill und Hilary Poriss, Oxford 2012, S. 42–60. 73 Zur Sichtbarmachung des Klanges in dieser Karikatur siehe den Aufsatz von Elisabeth Reda in diesem Band. 74 Vgl. Paula Gillett, Musical Women in England, 1870–1914. »Encroaching on all Man’s Privileges, Houndsmills 2000, S. 142f.

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Maren Bagge 75 Hier ist ein weiteres Motiv zu erkennen, das in zeitgenössischen Diskursen über Sängerinnen immer wieder auftaucht: »Das Thema Geld zieht sich wie ein roter Faden durch Texte über Sängerinnen des 19. Jahrhunderts.« (Rebecca Grotjahn 2001, S. 43). Was nach Grotjahn für textliche Darstellungen gilt, findet sich auch als Sujet in einer Vielzahl von visuellen Darstellungen wieder. Zum Hintergrund dieser Praxis siehe ebd., S. 43f.

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: James Gillray, »A Little Music« or the Delights of Harmony, 1810 (Sammlung Unseld) Abb. 2: James Gillray, A Country Concert; – or – an Evenings Entertainment in Sussex, 1798 (Sammlung Unseld) Abb. 3: Titelblatt der Collection of 12 Songs von Harriet Abrams (1803), gestaltet von James Gillray. Archiv des Forschungszentrums Musik und Gender an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (D-HVfmg Titelblatt Rara/ FMG NO Abrams,H (320).2), Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Abb. 4: James Gillray, PLAYING in PARTS, 1801 (Sammlung Unseld) Abb. 5: James Gillray, Ars-musica, 1800 (Sammlung Unseld)

Abb. 6: Richard Brinsley Sheridan, »The Captain’s so kind as to thrust in a Note« »While old Lady Cuckoo is straining her Throat«, 1777, © The Trustees of the British Museum Abb. 7: Robert Dighton, The Harmonious Family, [o. J.], Yale Center for British Art, Paul Mellon Collection Abb. 8: James Gillray, Farmer Giles & his wife shewing off their daughter Betty to their neighbours, on her return from school, 1809, © The Trustees of the British Museum Abb. 9: Notendruck Bluebell of Scotland. Sung by Mrs Jordan, New York [o. J.] Abb. 10: James Gillray, HARMONY before MATRIMONY, 1805 (Sammlung Unseld) Abb. 11: James Gillray, MATRIMONIAL-HARMONICS, 1805 (Sammlung Unseld)

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 12: William Hogarth, THE ENRAGED MUSICIAN, 1741, © Tate (2016), Available under a CC-BY-NC-ND 3.0 (Unported) licence, http://www.tate.org.uk/art/artworks/ hogarth-the-enraged-musician-t01800 Abb. 13: James Gillray, Very Slippy-Weather, 1808, © The Trustees of the British Museum Abb. 14: James Gillray, ANACREONTICK’S in full Song, 1801 (Sammlung Unseld) Abb. 15: William Hogarth, A Midnight Modern Conversation, 1733 © The Trustees of the British Museum Abb. 16: James Gillray, Pacific-Overtures, – or – Flight from St. CLOUD’S – »over the Water to Charley.« – a new Dramatic Peace now Rehearsing, 1806 (Sammlung Unseld) Abb. 17: James Gillray, DILETTANTI-THEATRICALS; – or – a Peep at the Green Room. – Vide Pic Nic-Orgies, 1803 © The Trustees of the British Museum Abb. 18: James Gillray, Blowing up the PIC NIC’s; -or- Harlequin Quixotte attacking the puppets. Vide Tottenham Street pantomine, 1802, © The Trustees of the British Museum Abb. 19: James Gillray, The PIC-NIC ORCHESTRA, 1802 (Sammlung Unseld)

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Abb. 20: James Gillray, A Bravura Air MANDANE, 1801 (Sammlung Unseld) Abb. 21: James Ward (nach Sir Joshua Reynolds), Elizabeth Billington (Wikimedia Commons) Abb. 22: James Gillray, The Bulstrode Siren, 1803 (Sammlung Unseld)

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Seel, Martin, Ästhetik des Erscheinens, München 2000. Semi, Maria, Music as a Science of Mankind in EighteenthCentury Britain, übers. von Timothy Keates, Farnham u. a. 2012. Sherington, R. O., »Tottenham Street Theatre«, in: The Gentleman’s Magazine (Februar 1905), S. 114–127. Solie, Ruth A., Music in Other Words. Victorian Conversations (= California Studies in 19th-Century Music, vol. 12), Berkeley u. a. 2004. Sonneck, Oscar George Theodore, The Star Spangled Banner, Washington, D.C. 1914. Storck, Karl, Musik und Musiker in Karikatur und Satire. Eine Kulturgeschichte der Musik aus dem Zerrspiegel, Laaber 1910. Sulzer, Johann Georg, Art. »Anakreon«, in: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Bd. 1, Leipzig 1771, S. 49. Unseld, Melanie, »Im Sehen üben. Über visuelle Analysen musikalischer Räume«, in: Orte und Räume der Musik (= Handbuch der Musik der Klassik und Romantik, Bd. 4), hrsg. von Anna Langenbruch und Gesa zur Nieden, Laaber, [Druck in Vorbereitung]. Unseld, Melanie, »Musikwissenschaft und Erinnerungsforschung. Einige Vorüberlegungen«, in: Musik als Medium der Erinnerung. Gedächtnis – Geschichte – Gegenwart, hrsg. von Lena Nieper und Julian Schmitz, Bielefeld 2016, S. 29–38. Unseld, Melanie, Art. »Instrumente/Tasteninstrumente«, in: Lexikon Musik und Gender, hrsg. von Annette Kreutziger-Herr und ders., Kassel/Stuttgart/Weimar 2010, S. 289–290. Unseld, Melanie, Biographie und Musikgeschichte. Wandlungen biographischer Konzepte in Musikkultur und Musikhistorio-

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Gesamtverzeichnis der verwendeten Literatur

graphie (= Biographik. Geschichte – Kritik – Praxis, Bd. 3), Köln/Weimar/Wien 2014. Unseld, Melanie; Zimmermann, Christian von, Anekdote – Biographie – Kanon. Zur Geschichtsschreibung in den schönen Künsten (= Biographik. Geschichte – Kritik – Praxis, Bd. 1), Köln/Weimar/Wien 2013. Vetter-Liebenow, Gisela (Hg.), Als die Royals aus Hannover ­kamen. Königliches Theater! Britische Karikaturen aus der Zeit der Personalunion und der Gegenwart, Hannover 2014. Wagner, Hans-Peter, William Hogarth. Das graphische Werk. Ein kommentierter Auswahlkatalog, Trier 2013. Walsh, Tom J., Opera in Dublin 1705–1797. The Social Scene, Dublin 1973. Wirth, Uwe, »Die Frage nach dem Medium als Frage nach der Vermittlung«, in: Was ist ein Medium?, hrsg. von Stefan Münker und Alexander Roesler, Frankfurt am Main 2008, S. 222–234. Wollenberg, Susan; McVeigh, Simon (Hg.), Concert Life in Eighteenth-Century Britain, Farnham/Burlington 2004. Woolnoth, Thomas, Facts and Faces: Being an Enquiry into the Connection between Linear and Mental Portraiture, with a Dissertation on Personal and Relative Beauty, London 21854. Worbs, Hans Christoph, Das Dampfkonzert. Musik und Musikleben des 19. Jahrhunderts in der Karikatur, Wilhelmshaven u.a. 1982. Wright, Thomas; Evans, R. H., Historical and Descriptive Account of the Caricatures of James Gillray, London 1851.

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Autorinnen und Autoren

Maren Bagge studierte Mathematik, Musik und Musikwissenschaften an der Leibniz Universität Hannover und an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit den Abschlüssen Bachelor of Arts, Master of Education (Musik/ Mathematik) und Master of Arts (Musikwissenschaften). Von 2009 bis 2013 war sie wissenschaftliche Hilfskraft im Bereich Kulturgeschichte der Musik am Institut für Musik der Universität Oldenburg, seit 2014 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover am Forschungszentrum Musik und Gender, wo sie zudem an ihrer Dissertation zu englischer Unterhaltungsmusik von Komponistinnen und deren Netzwerken im 19. Jahrhundert arbeitet. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören musikwissenschaftliche Genderforschung, Musikgeschichtsschreibung sowie kulturwissenschaftliche Fragestellungen zur europäischen Musikgeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts.

Evelyn Buyken studierte Musik und Germanistik in Köln und Rom (Erstes Staatsexamen) sowie Viola da gamba und Barockvioloncello an der Hochschule für Musik und

Tanz Köln (Diplom). Anfang 2016 schloss sie ihre Promotion zur Rezeptionspraxis der Musik J.S. Bachs in weiblichen Handlungsräumen um 1800 in Berlin erfolgreich ab. Sie war Stipendiatin der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne und der Konrad-Adenauer-Stiftung. Seit März 2016 arbeitet sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln und als Lehrbeauftragte an der HfMT Köln. Sie ist Gründerin und Cellistin des Cölner Barockorchesters, das soeben seine erste CD mit dem Titel »Towards Heaven. Dem Himmel entgegen« veröffentlichte. Schnittmengen zwischen Musikwissenschaft und Musikpraxis sowohl in der Forschung als auch in der Musikvermittlung zu suchen ist ihre Profession, wie sich auch an ihrem neuen Forschungsprojekt zum körperlichen Wissen von Musikerinnen und Musikern zeigt.

Clemens Kreutzfeldt schloss 2012 sein Bachelorstudium mit den Fächern Musik, Kunst und Medien an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit einer Arbeit über Beet­ hovens ›Sinfonia Eroica‹ in Klavierauszügen zu zwei Händen.

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Autorinnen und Autoren

Untersuchungen anhand von Beispielen aus dem 19. Jahrhundert  ab. Es folgte ein Studienaufenthalt an der Kingston University London im Fach Musik. Von 2013 bis 2016 studierte er Musikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kulturgeschichte der Musik (Master of Arts), sowie Schulmusik und Kunst (Master of Education) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Das Studium schloss er mit einer Arbeit über den britischen Komponisten, Pianisten und Gründungsmitglied der Royal Philharmonic Society Charles Neate (1784–1877) und dessen musikkulturellem Handeln ab. Seit 2016 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt »Musikalische Preisausschreiben: Grundriss und Datenbank (1766–1870)« am musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln (Projektleitung: Prof. Dr. Frank Hentschel).

Elisabeth Reda studierte Historische Musikwissenschaft und Theologie, sowie Orgel und Kirchenmusik u.a. in Oldenburg, Tübingen und Stuttgart. Während ihres Studiums an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg war sie Wissenschaftliche Hilfskraft im Forschungsprojekt »Musikkultur in englischen Salons um 1800«. 2014 ebendort Master of Arts Musikwissenschaften im Schwerpunkt »Kulturgeschichte der Musik« mit einer Arbeit zur Berliner Musikkultur der 1920/30er Jahre aus der Perspektive Charlotte Salomons in ihrem Bilderzyklus »Leben? oder Theater?«. Anschließend wurde sie durch ein Stipendium der Mari-

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ann Steegmann Foundation gefördert und war Stipendiatin im Graduiertenkolleg »Vergegenwärtigungen. Repräsentationen der Shoah in komparatistischer Perspektive« sowie Sprecherin der Doktorandenvertretung der Graduiertenschule der Universität Hamburg. Sie arbeitet an einer Dissertation über Musik und Erinnerung.

Jonas Traudes studierte Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz und der Karl-Franzens-Universität Graz. Seine Promotion schloss er im Juli 2016 an der Carl von Ossietzky Universität mit der Arbeit »Adoration & Observation: Musizierende ›Wunderkinder‹ in der Öffentlichkeit um 1800«. Er war Promotionsstipendiat der Gerda Henkel Stiftung. Seit 2016 arbeitet Traudes als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt »Musikalische Preisausschreiben: Grundriss und Datenbank (1766–1870)« der Universität zu Köln.

Melanie Unseld studierte Musikwissenschaft, Literaturwissenschaft, Philosophie und Angewandte Kulturwissenschaft in Karlsruhe und Hamburg. 1996 Magister über das Streichquartettschaffen des russischen Komponisten Alexander Borodin an der Universität Hamburg. 1999 ebenda Promotion. 2002–2004 war sie Stipendiatin des Lise Meitner-Hochschulsonderprogramms, 2005–2008 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für

Autorinnen und Autoren

Musik, Theater und Medien Hannover (hier ab 2006 am Forschungszentrum für Musik und Gender). 2013 habilitierte sie sich ebenda mit einer Arbeit zu Biographie und Musikgeschichte. 2008–2016 war sie Professorin für Kulturgeschichte der Musik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, wo sie u.a. auch Direktorin des Zentrums für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZFG) sowie Dekanin der Fakultät III Sprach- und Kulturwissenschaften war. Seit 2016 ist sie Professorin für Historische Musikwissenschaft an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

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