Das wissenschaftliche Werk: Band 4 Essays zur spanischen und französischen Literatur- und Ideologiegeschichte der Moderne [Reprint 2011 ed.] 9783110801552, 9783110155211

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Das wissenschaftliche Werk: Band 4 Essays zur spanischen und französischen Literatur- und Ideologiegeschichte der Moderne [Reprint 2011 ed.]
 9783110801552, 9783110155211

Table of contents :
Spanien 1900—1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte [Kapitel I–IV, VII, IX und X]
I. Der Idealismus sucht sich sein Reich — Spanien als pädagogische Provinz
II. Eine Generation der Niederlage
III. Die Erfüllung in der spanischen Gegenwartsdichtung (Werner Krauss und Carlos Rincón)
IV. Der Aufbruch des spanischen Gegenwartsromans
VII. Der Zirkelschluß in der Wirtschaft (Werner Krauss und Carlos Rincon)
IX. Das spanische Heer — oder: Präsenz einer Klassengesellschaft (Werner Krauss und Carlos Rincón)
X. Der Aufstieg des spanischen Proletariats (Die spanische Arbeiterbewegung)
Bibliographie (Karlheinz Barck)
Die Geburt des Prometheus als Thema der spanischen Literatur
Über Ramón Pérez de Ayala und sein Werk
Divagaciones en torno a las novelas de Ramón Pérez de Ayala
Rundschau über die spanische Literatur der Gegenwart
Bemerkungen über das neuere Theater der Spanier
Zur Kultur- und Kunstgeschichte in Spanien
Versuch über Amiel. Die Tragödie eines Bürgers aus dem neunzehnten Jahrhundert
Deutschland als Thema der französischen Literatur
Bonald und die Theorie der Restauration
Falange Española und das spanische Geschichtsbild
Vorbemerkung zu: Gedichte von Dionisio Ridruejo
Spaniens Weg am Abgrund. Über die geistigen Grundlagen des modernen Spaniens
García Lorca und die spanische Dichtung
Concepciones modernas de la historia de España
Miguel Angel Asturias. Leninpreisträger 1966 / Nobelpreisträger 1967
Revolution des Romans? Bemerkungen zum „nouveau roman“
Ausgewählte Rezensionen
Anhang
Nachwort. Von Karlheinz Barck
Zu dieser Ausgabe
Editorische Anmerkungen
Personenregister

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WERNER

KRAUSS

Das wissenschaftliche Werk

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W G DE

W E R N E R KRAUSS Das wissenschaftliche Werk

Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Manfred Naumann

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1997

W E R N E R KRAUSS Essays zur spanischen und französischen Literaturund Ideologiegeschichte der Moderne Herausgegeben von Karlheinz Barck Textrevision und Editorische Anmerkungen von Renate Petermann und Peter-Volker Springborn

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1997

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek —

ClP-Einheitsaufnahme

Krauss, Werner: Das wissenschaftliche Werk / Werner Krauss. Hrsg. im Auftr. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Manfred Naumann. — Berlin ; New York : de Gruyter Teilw. hrsg. von Werner Bahner. — Teilw. im Akad.-Verl., Berlin und Aufbau-Verl., Berlin, Weimar ISBN 3-05-000850-4 (Akad.-Verl.) ISBN 3-351-00627-6 (Aufbau-Verl.) 4. Essays zur spanischen und französischen Literatur- und Ideologiegeschichte der Moderne / hrsg. von Karlheinz Barck. Textrev. und ed. Anm. von Renate Petermann und Peter-Volker Springborn. - 1997 ISBN 3-11-015521-4

© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung und Schutzumschlag: Rainer Engel, Berlin Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Spanien 1900-1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte [Kapitel I - I V , VII, IX und X]

I. Der Idealismus sucht sich sein Reich — Spanien als pädagogische Provinz „Es ist gar nicht leicht, eine Geschichte Spaniens gut zu schreiben ... Diese besteht aus so mannigfaltigen Gruppen, daß mit Verstand zu überlegen ist, wie sie zu ordnen, welche hervorzustellen und welche in den Hintergrund zu bringen sind. Licht und Schatten sind wohlberechnet zu verteilen, und man muß dem Geschichtsgemälde Spaniens die Einheit dramatisch geben, die man ihm episch nicht geben kann. Spanien ist ein historisches Gebirgsland, das man von dem horizontalen Gesichtspunkt aus gar nicht übersehen kann. Man muß es aus der Vogelperspektive betrachten und sich so hoch stellen, daß man auch die übrige Welt im Auge behalte. Die Geschichte Spaniens eignet sich durchaus nicht zu einer isolierten Darstellung ..." (Ludwig Börne)

Für die Entstehung einer modernen spanischen Geisteswelt besitzt der „Krausismus" eine bestimmende Bedeutung. Krausismus — das ist zunächst die Philosophie des deutschen Privatdozenten Karl Christian Friedrich Krause (1781 — 1832). Von Kant, aber auch von Fichte und Schelling ausgehend, verfolgt diese Lehre einen mystischen Erkenntnisweg in der „Wesensschau" Gottes. Zu dieser synthetisch-intuitiv aufsteigenden Linie tritt eine analytische, absteigende, die in der Konstitution des Zusammenhangs aller Wissenschaften mündet. Die Krausesche Philosophie verband sich mit progressiven Elementen. Die Konzeption eines „Menschheitsbundes" machte ihn der herrschenden Reaktion verdächtig. Er hatte eine kleine, sektenartig zusammengeschlossene Gemeinde hinter sich. Aber die herrschende offizielle deutsche Philosophie verweigerte ihm jegliche Anerkennung. Er starb

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in Armut, nicht ahnend, daß wenige Jahre später seine Philosophie einen beispiellosen Aufschwung in einem Land erleben sollte, mit dem er gewiß keinerlei konkrete Anschauung hatte verbinden können. Der Krausismus wurde nicht etwa in Spanien eingeschmuggelt, sondern in aller Form eingeführt durch den Philosophen Sanz del R í o (1814—1869), den die Regierung, die letzte unter der Ägide des linksradikalen Regenten Espartero (1841 — 1843), und speziell der Unterrichtsminister Pedro Gómez de la Serna ins Ausland geschickt hatte, um mit einer für die spanische Nation brauchbaren Ideologie in der Tasche zurückzukehren. Noch niemals sind einem ministeriellen Willkürakt, so wohlbegründet und gutmeinend diese Entscheidung sein mochte, so staunenswerte Folgen für das Gesicht und die Zurüstung ganzer Generationen entsprungen. M a n kann in dieser Maßnahme die Fernwirkung und den politischen Stil von Esparteros Radikalismus erkennen. Nur eine Regierung des Fortschritts konnte die umsturzbedürftigen Verhältnisse im spanischen Unterrichtswesen erkennen. Zu viel lag schon im argen, um durch Reformen mehr als Stückwerk zu erreichen. Es war kein übler Gedanke des spanischen Kultusministers, daß Spanien bei alldem zunächst des gemeinsamen Fundaments einer fortgeschrittenen Gesinnungsbildung bedürfe — einer nationalen Ideologie, die wohl am besten noch immer aus dem einst weltberühmten metaphysischen Basar in Deutschland bezogen würde. Doch war dem beauftragten Fachmann, dem Philosophen Sanz del R í o , die Hand nicht gebunden. Nur in empfehlender Form war auf den Vorzug einer geschichtsphilosophischen Orientierung verwiesen worden, womit sich der Gipfel des fortgeschrittensten Standes als Ansatz der spanischen Kulturentwicklung beziehen ließe. D a ß über Hegel hinausgegangen wurde, lag — wenn auch unausgesprochen — darin, und Sanz del R í o hat sich dann auf seine besondere Weise danach gerichtet. Soweit ging alles gut. Ein Unfall im eigentlichen Sinne ist auch später nicht eingetreten, es sei denn die totale Verkühlung des Verhältnisses mit der französischen Intelligenz, die sich im Gefolge eines fruchtlosen Besuches bei Cousin (1792—1867) ergab und Sanz del Ríos Meinung in dem bestärkte, was auch zur Meinung der kommenden Generation wurde: daß nur aus Deutschland wertbeständige geistige Güter zu beziehen wären. In Brüssel wurde dann schon das spanische Schicksal durch die Begegnung von Ahrens (1808—1874), einem Schüler Krauses, mit Sanz del R í o entschieden. Schon hier begann er mit sprachlichen Studien, die auch ein Deutscher zum echten Verständnis der auf- und niederstrebenden Begriffsregister von Krause betreiben mußte. Der Wirkung des Werkes stand eine neugemachte Sprache als Hemmnis entgegen. Doch Sanz del R í o

Der Idealismus sucht sich sein Reich — Spanien als pädagogische Provinz

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war schon von den Polypenarmen der philosophischen Mystik umklammert. Von Brüssel geht es nach Heidelberg weiter, wo sich noch eine kleine Gefolgschaft des verstorbenen Meisters behauptet. Für Sanz del Rio liegt nun der Inhalt seines künftigen Lebens offen. Der geistige Umgang mit Krause wird sein Leben erfüllen und Spanien den Gegenstand der Erneuerung geben. Sanz del Río hielt sich bis zum Ende an dieses Gelöbnis. In Heidelberg kreuzten sich seine Wege mit denen des Genfers Henri-Frédéric Amiel (1821 — 1881). Daß sie sich näherkamen, beweisen die nach Jahren gewechselten Briefe. Bezeichnenderweise schrieb Sanz del Río dem Genfer in deutscher Sprache, die ihm mehr liege und leichter von Herzen komme. Die Nachrichten über die spanische Revolution (von 1868 und den folgenden Jahren) erschreckten Amieis Gemüt aufs tiefste. Er fürchtete sich vor äußerer Freiheit, die nicht in der geistigen Auseinandersetzung verankert wäre, die nicht aus der spekulativen Arbeit hervorwüchse. Dagegen bekannte sich Sanz del Río mit Kraft und Nachdruck zu der neuen Bewegung des Volkes. Sie könne sich auf die Natur der Vernunft und auf den gegenwärtigen Zustand der Menschheit berufen. Die Hoffnung auf gute Frucht sei schon in dem grundgediegenen Charakter des spanischen Menschen begründet. In der Gegensätzlichkeit der beiden Männer sind die beiden Grundtriebe der idealistischen Philosophie, die Spekulation und der Anreiz des Handelns zur praktischen Verwirklichung, gleichsam gesondert in Erscheinung getreten. Amieis Aufschwung zu Gott, sein Durst nach absoluter Wahrheit ist in der täglichen Rechenschaftslegung seines Tagebuchs verzeichnet. Amiel ist der größte Monomane des Tagebuchs, von dem wir bis heute Kenntnis haben. Das Tagebuch wird zu einem Moloch, der ein Leben verzehrt und schließlich nichts hinterläßt als die Anwartschaft auf einen fragwürdigen Nachruhm. Amiel greift nicht bloß darum täglich, ja stündlich zum Tagebuch, weil sein Leben sich in eine Tagebuchsituation verwandelt hat: sein Leben erschöpft sich in dem einzigen Sinn, den Stoff für die Fortsetzung dieser anmaßenden Zwiesprache mit seinem Schöpfer zu liefern. Amiel unterbricht selbst seine Agonie, um ihre Spuren geschwind noch in seinem Tagebuch für die Nachwelt zu konservieren. Würde man die mehr als sechzig Bände dieser Bekenntnisse einer lebenslänglichen Knechtschaft einmal drucken — und niemand sichert uns vor einem solchen literarischen Ereignis — , es würde jedenfalls der Sündenfall des idealistischen Geistes sein erhabenstes und schauerlichstes Denkmal erhalten: eine riesenhafte und trotzige Apologie einer „vie manquée", einer gescheiterten Existenz, ein

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unabsehbares Dokument der Tantalusqualen des mystischen Aufbegehrens und seines ewigen Rückfalls in die Ausgangssituation eines wollüstig-verzweifelten Ohnmachtsbewußtseins. In Krauses System sind in der Tat — wie oben gezeigt wurde — diese beiden Seiten enthalten: eine aufsteigende Linie der Meditation mit dem Ziel der Einswerdung des Subjektes mit dem göttlichen Leben und eine absteigende Linie von der Höhe dieser Erkenntnis zu den einzelnen Wissenschaften, vor allem zur Rechts- und Sittenlehre. Die Ethik Krauses verleugnet ihren Kantischen Ansatz nicht. Sie bestimmt den kategorischen Imperativ durch die Idee der Kulturerzeugung und der Humanisierung der Menschheit. Ziel der Menschheitsgeschichte ist ein Menschenbund, dessen erste Verkündigung eben die Krausesche Philosophie bringt. Trotz ihrer dunklen Terminologie wurden durch Sanz del R i o und seine Schüler einige wesentliche Bücher Krauses in ein allerdings ebenso dunkles Spanisch übersetzt. Aber diese spanische Umschrift gab nur einen Begleittext für das gesprochene Wort der krausistischen Spanier, die sich dem Dienst dieser Lehre bald völlig verschrieben hatten. Sanz del Ríos Madrider philosophisches Lehramt wurde das Zentrum einer missionarischen Ausbreitung von Krauses Gedanken. Durch Krauses System war der Wunsch des Unterrichtsministers, den Gipfel der geschichtsphilosophischen Einsicht nach Spanien zu bringen, vielleicht noch über das wünschbare M a ß hinaus zur Erfüllung gekommen. Denn diese Philosophie war das Rezept für die Verwirklichung der göttlichen Eintracht. Hat Krause doch selbst als Schöpfer, als erster Zeuge und als zunächst einziges Mitglied des Menschheitsbundes die Schwelle zum neuen Aon schon überschritten. Der mystische Fortschritt wird auch durch den technischen Gegenwartsfortschritt in seiner Richtung bestätigt — ein wichtiger Punkt, weil auch der spanische Liberalismus die Mystik des technischen Fortschritts auf seinem Schilde führt. Sein Heilsgruß gilt nicht nur den Eisenbahnen, den Telegraphen, der Dampfschiffahrt — „wozu wohl bald nun die freigeleitete Luftschiffahrt kommen wird" —, der Tachygraphie und Stenographie, vielmehr sind als inneres Zeichen der Fortentwicklung die ohne alle historisch überlieferte Satzung nach freiem Naturrecht gebildeten Assoziationen von Robert Owen (1771 — 1858) anzusehen. Schon in wenigen Jahren war der Krausismus die fortgeschrittenste Lehre der spanischen Universitäten geworden, mächtig durch seine Tiefenwirkung und auch durch die Gefahr, die seine nicht weniger mächtigen Gegner bei ihm wittern wollten. Schnell durchsetzt er die Intelligenz mit

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neuen Impulsen, die bisher in fruchtlosen antiklerikalen Formeln erstarrten. Der Krausismus erzeugt den geistigen Kampfstil, er bildet einen verborgenen politischen Schwerpunkt, er ist die Seele der Freiheitsbewegung und modelt den Träger der neuen Vorbildgesinnung in unverkennbare Prägung. Krausismus wird zur Verheißung einer Umgeburt Spaniens, wird das System einer nationalen Pädagogik, welche die Spanier von Grund auf verändern möchte, indem sie die Kraft der Verwandlung im spanischen Menschen frei macht. Der Krausismus stellt ein Programm des Lebens, der freien Entwicklung, der solidarischen Einheit voller Vertrauen gegen die Herrschaft der Gräber und Toten, der steinernen Traditionen, der lebensbedrohenden Skepsis. Es fordert Spanien heraus im Namen von Gegenspanien: der Umsturz ist auf die niedergehende Schicht in unversöhnlicher Feindschaft gerichtet — der Kampf geht um die politische Macht und findet hier freilich auch seine sofortige Schranke. Man will mit neuen Menschen Spanien erneuern und nicht aus der Schwerkraft neuer Interessenverkettung und aus dem Wachstum der Produktion den Typus der ganzen Lebensführung erneuern. Der H a ß zwischen rechts und links beruht auf der Konkurrenz der gleichgerichteten Interessen und nicht auf ihren unversöhnlichen Gegensätzen. Die Kampfkraft bleibt zwar immer dieselbe, doch gibt es keine Entscheidung von Dauer, solange der Kampf nur um die politische Macht entbrannt ist. Die Bourgeoisie denkt nicht daran, verantwortungsloser Routine die Präzision der gespannten Leistung als Leitbild entgegenzusetzen. Ihr Ziel ist, durch volle Harmonie der Lebensträger den menschlichen Standard zu heben, nicht, seine Fähigkeit zu technischer Differenzierung zu steigern. Das Leben wird gegen Verächtlichmachung verteidigt, da ja nach Krause kein noch so verkümmertes Leben gelebt wird, in das nicht Gott den Beruf zur Weiterentwicklung gelegt habe. All dies wirkt fremd in Spanien, wo man sich stets über das Leben in stoischer Todesverachtung erheben möchte. Das Recht wird als Recht auf Entwicklung, an der ja das Ganze teilnimmt, als göttlicher Anspruch verteidigt und nicht zur Sicherung abzugrenzender Sphären genommen. Entwicklung ist alles; sie führt von Stufe zu Stufe zur Eintracht der Wesen, bis sich dereinst die Menschen von fremden Gestirnen umarmen und schließlich in neuem Wachstum vor Gott als Sonnenbewohner bestehen. Der innerste Antrieb dieses Philosophierens, die Einheit von Sein und Tun, von Denken und Handeln, wird am Ende von Sanz del Ríos Leben in tiefgründiger Auseinandersetzung mit dem vergangenen Idealismus gesichert. Das Bewußtsein verpflichtet. Theorie als solche ist fruchtlos — Praxis ist als bloße Anwendung von Theorie nicht hinreichend bestimmbar.

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Kant begrenzte seine Erkenntnis, die er zum Erzeugnis seines Bewußtseins machte. Auch bei Hegel erreicht ein vergangenes Denken nur seine letzte Zusammenfassung. D a seine Dialektik formale Logik bleibe, könne sein Denken die Bestimmung des Seins nicht erhalten, sondern müsse alles Objekt in subjektive Bestimmbarkeit verwandeln. Philosophie soll nach Sanz del Río „eine Lebenswissenschaft" werden und „auf ihren Schultern das ganze Gewicht des Menschheitsgeschickes tragen". Der Krausismus unterscheidet drei Stufen der Geschichtserfüllung: Auf der ersten, kindhaften, ist die Einheit des Menschensohnes mit Gottvater noch gewahrt. In der Jugendzeit macht sich der Mensch von dieser Bindung frei; er folgt seiner Sinnlichkeit und macht die Natur zu seiner Geliebten. Dieser Stufe entspricht der Polytheismus. Ihr folgen die Jahrhunderte des frühen Christentums, in denen der Geist sich dem weltlichen Einfluß entzieht und durch eine theokratische Priesterschicht geleitet wird. Erst auf der vierten Stufe, in der der wissenschaftliche Geist erwacht, gelangt der Mensch dazu, sich als eine zu harmonisierende Einheit von Geist und Natur zu begreifen. Ziel des ganzen Prozesses ist die vollständige Entwicklung der geistigen Energien, die der Mensch durch Gemeinschaftsarbeit vollbringt und die ihn befähigt, Gott als erste Ursache und als letztes Ziel seines Daseins zu begreifen. In der Gegenwart ist dieser Zustand noch nicht erreicht. Sanz del Río schreibt darüber: „Die Ehescheidungen, die Klassenkämpfe, der Krieg, die Intoleranz beweisen, wie verfehlt die heutige Einrichtung der Ehe, des Staates, der Religion ist. Denkt man aber etwas nach, so wird das alles ganz begreiflich. Der Mensch, unfähig, die ideelle Synthese seiner beiden antagonistischen Elemente (Natur und Geist) zu vollbringen, sieht sich in ein bedrückendes Dasein verwiesen."

Daß der Krausismus sich zuweilen mit den Erbgedanken der spanischen Tradition, vor allem mit der Mystik, verknüpfte, war nur als ein Versuch zu begreifen, die einzigartige Wirkungsmacht dieser Philosophie auf Spanien zu legitimieren. Schließlich mußte der bloße Gedanke undenkbar erscheinen, daß der Zufall einer philosophischen Reisebekanntschaft die unabsehbarsten Folgen für das Schicksal der spanischen Geistesgeschichte besitzen konnte und daß weniger als die Nasenspitze Kleopatras genügt hätte, um die Ideologie des Jahrhunderts in völlig andere Bahnen zu lenken. J a , die Tiefenwirkung der neuen Lehre ließ selbst den Gegner den Anklang an eine vorhandene spanische Geistesrichtung vermuten. Neben einer spanischen Tradition des Heils gab es auch eine spanische Tradition des Verderbens. Mit dem Krausismus hat nach dieser klerikalen Meinung der

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spanische Geist eine besondere Gefahrenzone bezogen. Immer schon wären die Spanier in der Verirrung vom Glauben einer pantheistischen Neigung verfallen. Durch die Lockerung aller Glaubensbande wäre dem Krauseschen Pantheismus der mühelose Triumph beschieden worden, der in Wahrheit den Sündenfall des spanischen Geistes durch den Rückfall in seinen natürlichen Zustand vollzogen hätte. Damit waren zwei Spanien voneinander geschieden wie vom Gottesreich das luziferische Reich der selbstgerechten Geschöpfe. Aber in Wirklichkeit war nicht nur die spanische Intelligenz in immer wachsender Zahl den Bahnen der spanischen Orthodoxie entglitten — auch die spanische Orthodoxie hatte unvermerkt ihre Tradition verlassen, um sich auf der Höhe des Zeitbewußtseins mit der modernen Theorie der französischen Gegenrevolution zu wappnen. Im Gesichtskreis der spanischen Tradition war die Revolutionsgefahr noch nicht erschienen. Erst die französische Restaurationstheorie — wie sie Maistre (1753 — 1821) und sein Kreis im Schatten der weltumstürzenden Ereignisse um die Jahrhundertwende vertraten — macht den Versuch, von der Erfahrung der Revolution her die sichernde Bürgschaft der christlichen Institutionen neu zu begründen. Balines (1810-1848), Donoso Cortés (1809-1853) und andere Vertreter des katholischen Spaniens waren im Wurzelgrunde ihres Geistes französische Traditionalisten, die von spanischer Tradition nichts als die Sehnsucht nach ihrer Rückkehr besaßen. Aber die Sehnsucht hatte sich mit den Waffen des Zeitgeistes gerüstet. Während der spanische Liberalismus in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts seine Schlachten noch mit der alten Losung des aufgeklärten Jahrhunderts führte, konnte der Klerikalismus die Prinzipien der Aufklärung mit der Praxis ihrer Verwirklichung, die die Revolution war, bekämpfen. Für den Liberalismus wurde es seitdem eine Frage auf Tod und Leben, seinen Kampf auf dieselbe Höhe des Zeitbewußtseins zu heben und, statt die Wiederkehr der schon kompromittierenden Revolution als einzigen Zielpunkt vor Augen zu haben, die Ziele der Revolution zum Richtpunkt einer Erneuerung Spaniens durch die Reformation des spanischen Menschen zu machen. Diesen Weg war für Deutschland die klassische deutsche Philosophie vorausgegangen. Deutschland glich seitdem einer Mustermesse philosophischer Modeartikel, die so billig wurden wie der Überschuß an regierungslustigen Potentaten. Aber nicht die Reminiszenzen an spanische Geistestraditionen entschieden den schnellen, dauerhaften Erfolg der nach Spanien verpflanzten idealistischen Lehre, sondern die Situation der fortschritttragenden Klasse. Ihr entschlossener Kampf um die politische Macht entbehrte der ökonomischen

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Deckung und war für lange hinaus auf den Kampf der lebendigen Form der Bewußtseinsbildung mit den versteinerten Bewußtseinsformen der erhaltenden Traditionsmacht verwiesen. Während der Idealismus in Frankreich nur eine episodische Rolle spielte und sein Deutschland bestimmendes Gesicht auch hier mit dem Aufschwung des industriellen Kapitalismus bis zur Unerkennbarkeit verwischte, fällt die volle Blüte des Idealismus in Spanien erst mit der Epoche einer entschlossenen Abkehr der fortgeschrittenen Nationen von aller Spekulation und Philosophie zusammen. Spanien will jetzt seine Praxis aus der Schule der Prinzipien gewinnen, während in allen übrigen Ländern die Praxis über die Prinzipien zur Herrschaft gelangt war und die Prinzipien allenfalls umgekehrt einer Legitimierung der bedenkenlos betriebenen Praxis zu dienen hatten. Wirtschaftliche Entwicklungshemmung lenkt das bürgerliche Bewußtsein auf die in Deutschland erfolgreich begangenen Bahnen der Geistesbildung. D a s Bürgertum fühlt sich in der Interessenverflechtung mit der grundbesitzenden Klasse noch als Fremdling in seiner eigenen Welt und nur in der Welt der Gedanken zur dauernden Machtergreifung befähigt. Aber es bleibt noch ein Rätsel, was den spanischen Gast der metaphysischen Mustermesse in Deutschland bewegen konnte, ausgerechnet nach einem so ungeläufigen, schon im Entstehen veralteten Modell zu greifen. Der Krausismus erschien für Sanz del Rio nicht als ein System unter anderen Systemen, deren besondere Züge dem spanischen Sonderbedürfnis entsprochen hätten; vielmehr war es der Höhenweg zu den unübersteigbaren Gipfeln der philosophischen Menschheitsentwicklung, der sich in Krauses Philosophie dem fremden Betrachter anpries. Alle idealistischen Systeme sind aus dem Ehrgeiz des systemüberwindenden Philosophierens entsprungen. Aber während sich größere Geister in der Askese der begrifflichen Auseinandersetzung verhielten, liegt die Mystik der geistigen Selbstvollendung als ein offenes Geheimnis im Ansatz von Krauses philosophischem Abenteuer. Sanz del Río fand hier die große Verlockung der transzendentalen Philosophie in der Form ihrer mühelosen Erfüllung. Die Vollendbarkeit der Philosophie gab ihm den mächtigen Antrieb, um das Werk der Bewußtseinsbildung an den Anfang einer Reformation des spanischen Lebens zu bringen. Der Krausismus konnte schon früh mit verteilten Rollen werben. Vor allem war es Sanz del Río gelungen, den Brennpunkt der Madrider Fakultät durch die Berufung seiner Schüler und Gesinnungsfreunde zu verstärken. Zur Seite stand ihm Francisco Giner de los Ríos (1839—1915), dereinst berufen, die Erbschaft der Schule zu übernehmen und ihren pädagogischen Grundtrieb zu entfalten. Als Rechtsphilosoph hat er die Kantische Frage-

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richtung behalten. Mit Nicolás Salmerón (1838 — 1908) verstärkt sich nicht nur das philosophische Schwergewicht der Gruppe, sondern zugleich ihre erst später verleugnete politische Bindung. Salmerón gehörte zu den Republikanern mit alten Parteitraditionen. Daher waren beim Ausbruch der Revolution von 1868 die Blicke vor allem auf ihn gerichtet. Damals enttäuschte Salmerón durch sein Bekenntnis, solange Spanien nicht reif sei, müsse die Theorie der Republikaner sich einer monarchistischen Praxis versehen. Ungern ergriff er 1873 die Zügel des von extremen Widersprüchen zerrissenen republikanischen Staates. Mit oder ohne Salmerón war das bittere Ende unausbleiblich. Dieser Staatsmann hatte mehr von Aristides als von Robespierre. Die private Moral galt ihm als unverbrüchliche Norm des politischen Handelns. Damit rettete Salmerón das Prestige seiner Integrität auch durch die verworrene Episode seiner spanischen Präsidentschaft. Die verzweifelte Ohnmacht des republikanischen Staates konnte die stoische Selbstmacht dieses Republikaners nicht rühren. Die Gesetze der Toleranz blieb er den Feinden der Freiheit sowenig wie ihren Freunden schuldig. Seine Regierung war eine angewandte Lektion der Kantischen Ethik. Der frühzeitige Sturz bewahrte Salmerón vor der undankbaren Rolle, an der Spitze der Republik ihrem fatalen Zusammenbruch beizuwohnen. Für diese Rolle hatte sich Emilio Castelar (1832—1899) aufgespart, der berühmte republikanische Matador und Madrider Geschichtsprofessor. Castelar war dem Krausismus nicht unmittelbar verbunden, vielmehr fand er bei Hegel die Mine für die gewaltigen Bedürfnisse seiner in weltgeschichtlichen Bildern schwelgerisch ausgebreiteten Reden. Castelar hetzte den Hegeischen Weltgeist in seinen langatmigen Sätzen durch alle Epochen der Menschheitsgeschichte: „Jeder große gesellschaftliche Zyklus wird durch das Erscheinen einer Idee vorbereitet, einer Formel, welche die Tatsachen beseelt und ordnet und die ihnen zugrunde liegt wie der Geist dem Körper." Oder das kostbare Epigramm: „Spanien hat die Geduld der Geschichte (lies: des Geschichtsgeistes) erschöpft." Die politischen und rhetorischen Sünden dieses Tribunen mischten sich in den fatalen Nachruhm dieser „liberalen Republik der spanischen Professoren". Der Platonische Traum der Philosophieherrschaft war in einen Alptraum verwandelt. Allerdings war für eine Verwirklichung der krausistischen Ideen der Zeitraum zu knapp bemessen, und die sturmbewegte Atmosphäre stellte noch dringendere Probleme als den Versuch, zwischen Tür und Angel die Umerziehung einer ganzen Nation in die Wege zu leiten, während genau zur selben Zeit die unerziehbaren Spanier aus Norden und Süden gegen ihre ungebetenen Erzieher mit Kanonen marschierten.

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Durch den Anstoß dieser politischen Wendung wurde indessen die krausistische Bewegung erst auf die Fährte einer erfolgversprechenden Zukunft getrieben. Das Ergebnis der Auseinandersetzung mit den politischen M ä c h ten war die Bestärkung einer schon immer bestehenden Neigung, sich dem staatlichen und politischen Zugriff auf ihrem ureigenen Gebiet zu entziehen und mit unanfechtbarer Kompetenz hier den neuen Schwerpunkt einer staatsfreien Pädagogik zu bilden. Die Verstrickung mit dem politischen Liberalismus war diesem selbst nicht zustatten gekommen. Andererseits waren die staatlichen Positionen der Krausisten schutzlos den reaktionären Angriffsgelüsten geöffnet. Schon ein J a h r vor dem Revolutionsausbruch von 1868 war es zu einem beschämenden Konflikt mit einer konservativen Regierung gekommen. Diese hatte die Professorenschaft in offenbar provokatorischer Absicht zur Unterzeichnung einer Treueidformel verpflichten wollen. Die krausistische Gruppe wies das Ansinnen, wie erwartet wurde, von sich. Darauf erfolgte die Entpflichtung von fünf Professoren der Madrider Zentraluniversität. Nach dem Abschluß der Revolutionsepisode wiederholte sich der Vorgang in ähnlichen Formen. Sanz del R í o war in der Zwischenzeit verstorben. Aber Giner de los Ríos war nun entschlossen, das Verhältnis zu dem unloyalen staatlichen Partner für immer zu lösen. Die ihres Lehrstuhls beraubten Professoren stellten ihre pädagogische Arbeit nunmehr auf eigenen Boden, und damit beginnt eine zweite Phase der Bewegung: die Errichtung von Musterinstituten, Sammelstätten der pädagogischen Energien, mit dem Ziel, von hier aus die Durchdringung des spanischen Gesellschaftsraumes zu betreiben. Giner de los Ríos ging als Reformator seiner Nation aufs Ganze. Er sagte: „Die Spanier müssen mehr arbeiten, mehr fühlen, mehr denken, mehr wollen, mehr spielen, mehr schlafen, mehr essen, sich mehr waschen und sich mehr vergnügen." Die volle Entfaltung der Persönlichkeit bedient sich puritanischer Ideale, der Hygiene, Körperpflege und der Selbstachtung schon in den äußeren Dingen, der Toleranz, der Opferbereitschaft für die spezifische Berufung, des Abscheus vor jeder Lüge usw. Wie alle Krausisten sieht Giner in der vergangenen Geschichte seines Landes nur eine Summe von Negationen. Die Intoleranz des habsburgischen Spaniens vermaß sich zur Herausforderung von halb Europa. Eine neue Geschichtsschreibung, die dem „Volksgeist", dem Geiste der Nation, Rechnung trägt, wird sich vorzugsweise an die Denkmäler der Kunst und der Literatur halten müssen. Es ergab sich eine Annäherung an die — freilich krausistisch interpretierte — Mystik der Spanier im 16. Jahrhundert. Die via regia der geschichtlichen Introspektion war aber die Meditation über die spanische Landschaft, zu

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der die von Giner veranstalteten Überlandausflüge, insbesondere ins Guadarramagebirge, dienen sollten. Auch in der Rechtsphilosophie wird dieser Standpunkt nicht verleugnet. Die Rezeption der nationalen Sitte als Quelle des Rechts war die Erbschaft der deutschen historischen, von Savigny begründeten Jurisprudenz. Die Trennung von Recht und Moral ist keineswegs aufrechtzuerhalten. Das Recht ist einer der entscheidenden Wege zur Verwirklichung einer auf dem Persönlichkeitsideal ruhenden Moral. Das Recht ist für ihn „das System der Handlungen und Leistungen, mit denen jedes vernunftbegabte Wesen in voller Freiheit dazu beiträgt, daß die Bestimmung aller Wesen sich in der Welt verwirklichen lasse". Auf Kant und Hegel ebenso zurückgreifend wie auf die pädagogischen Grundbestrebungen des Krausismus, hat sich Giner de los Ríos schon eine klare Vorstellung von der Entwicklung zum Sozialismus gebildet. Der Anarchist Federico Urales erzählt: „Als wir die Vorlesung Francisco Giners besuchten, hatten die einen den Anarchismus, andere den Sozialismus und wieder andere den Kantianismus als Forschungsgebiet ausersehen. Der Professor ließ seine Meinung nicht durchblicken. Er legte zuerst die Lehre von Marx dar oder von Reclus. Wer darüber Wissen erwerben wollte, konnte es von ihm haben ... Bei dieser Unterrichtsweise war der Respekt vor dem fremden Geisteswollen wie auch für dieses die Verpflichtung gegenwärtig, seine geistigen Fähigkeiten zu stärken und sich in einer festgelegten Richtung zu entfalten" („La evolución de la filosofía en España", Barcelona 1934, S. 86).

Der Freiheit des Individuums tritt in der modernen Gesellschaft, wie sie Giner de los Ríos konzipiert, nicht mehr die nackte Staatsgewalt entgegen; ihre freiwillige Preisgabe erreicht vielmehr eine wirksamere solidarische Interessenvertretung. Es entsteht allmählich eine Sphäre, die diejenige des Staates in allen Richtungen übergreift und die sich immer klarer in ihren konkreten Zielsetzungen bestimmt. Nicht nur Halbanarchisten wie Alfredo Calderón und Pedro Dorado nennen sich Giners Schüler, sondern auch Sozialisten wie Fernando de los Ríos, einer der Väter der Zweiten Spanischen Republik, wie Julián Besteiro (1870-1940), wie Rodolfo Llopis. Dieser Einschnitt in der Geschichte des spanischen Idealismus fällt in die Ära eines schon allgemein durchgedrungenen Positivismus. Auf dem Schauplatz der Nachbarnationen führt der Fortschrittswille mit den neuerschlossenen Möglichkeiten der technischen Naturaneignung zu einer Revolution in den Wissenschaften. Der triumphierende Positivismus schlug seine Wellen bis an die Randgebiete. Seit den siebziger Jahren wird auch Spanien

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von dieser Strömung ergriffen. Einige Schüler der alten krausistischen Generation gehen sogar mit fliegenden Fahnen zum Positivismus über. Auch die Katheder der früher von Krausisten besetzten Fächer verbreiten die neue Lehre. Und Menéndez y Pelayo (1856—1912), dieser glänzende geistesgeschichtliche Repräsentant der alten spanischen Traditionen, erklärt ohne H a ß und Liebe den Positivismus für die herrschend gewordene spanische Lehre. J a , er verfolgt mit Befriedigung den polemischen Vorstoß, der den Krausismus als wissenschaftliche Lehre für immer erledigen sollte. Offenbar sieht sich die katholische Metaphysik durch den metaphysischen Idealismus weit mehr bedroht als durch die metaphysische Abstinenz der skeptischen Positivisten. Ein Beweis, daß auch Menéndez y Pelayo von der fortgesetzten Wirksamkeit des totgesprochenen Krausismus im Innersten überzeugt war. Allerdings entging ihm die wahre Bedeutung der krausistischen Wendung zur Pädagogik. Hinter den ihres Lehrstuhls beraubten Professoren rief er höhnend das Sprüchlein her, das wir aus Schubarts gereimter Fassung kennen: „Als Dionys — von Syrakus — aufhören muß — Tyrann zu sein — da wird er ein Schulmeisterlein." Giner de los Ríos, der erste Heilige des Laienstandes, wird in schnöder Weise der Tyrannis bezichtigt und der doppelte Zusammenbruch des Heiligen und des Tyrannen als Kreuzpunkt für die Geburt des modernen Schulmannes bezeichnet. So bedrückend empfand man im traditionellen Lager die Macht der Suggestion, die eine Doktrin der Toleranz auf das erneuerungswillige Spanien ausübte. Aber Menéndez y Pelayo tröstete sich mit dem Gedanken, daß die einstige Leuchte des Madrider Lehrstuhls sich nunmehr notgedrungen mit dem trüben Geschäft der Kleinkindererziehung befassen müsse. Mit dem spöttischen Anwurf auf Francisco Giner de los Ríos war gewiß der Lebenspunkt einer Bewegung gesichtet: Der Krausismus hörte auf, ein philosophisches Fach zu sein, und bildete fortan eine erzieherische Bewegung. Neben Giner de los Ríos verkörpert ein anderer Schüler von Sanz del R í o , Joaquín Costa, die pädagogische Richtung in dieser Phase des spanischen Idealismus. Joaquín Costa (1846—1911), ein großer Kenner der europäischen Rechtsgeschichte, ist auf der Skala der Temperamente der Antipode des pädagogischen Heilands Giner: strafend und rächend, immer durchglüht vom heißen Zorn des Apostels und in leidenschaftlicher Willensbetonung. Was er seiner Nation zu sagen hat, schreit er ihr ins Gesicht, bald im Stil prophetischer Vorsehung, bald mit der Monotonie besessener Wiederholung. Seine einprägsamen Formulierungen wurden schnell zu geflügelten Worten, „Küche und Schule!" — das neue Spanien soll essen und lernen. Und das neue Spanien soll „das Grab des Cid mit sieben Schlüs-

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sein verschließen". Aus dem engeren Kreis des krausistischen Idealismus hervorgegangen, stellte er seine tiefgründige Kenntnis der schöpferischen und kollektiven Tradition des spanischen Mittelalters in den Dienst einer neuen politischen Planung. Costa forderte neben der Schulreform die technische Bodenreform, die innere Kolonisierung und den republikanischen Durchbruch für ein neues Gemeinschaftsbewußtsein. Aber bei allem Radikalismus der angestrebten Reformen richtete er den Appell nicht an die kämpfenden Klassen, sondern er hoffte auf die rettende Tat des Diktators, der für das Volk die Revolution von oben bereiten müßte, zwar im bewußten Rückgriff auf die demokratischen Traditionen, aber doch mit dem Einverständnis der herrschenden Klasse. Costa war mit einem solchen Programm viel mehr ein Utopist als ein Vorbereiter der autoritären Systeme. Aber das intellektuelle Spanien hat seine Impulse vor allem pädagogisch verstanden und ihm als Lehrer der Willensbildung den Rang eines Nationalerziehers verliehen. Neben Costa war Clarín (Leopoldo Alas, 1852—1901) ein Herold der nationalpädagogischen Wandlung. Während der Ruhm seiner Satiren und Kritiken sich schnell in der Hauptstadt verbreitete, lebte Clarín ein provinzielles Leben als Professor des Naturrechts in Oviedo, wofür er Rache nahm in den naturalistischen Beschreibungen der hintergründigen spanischen Welt, die seine Romane unter Flauberts sichtbarer Einwirkung zum literarischen Ereignis machten. Nationalpädagogik ist das einzige Teil einer besseren Zukunft an diesem verschütteten und verfinsterten Spanien: „ D i e Augen der Jugend zuzuwenden, ihre Erziehung in die H a n d zu nehmen ist ein Trost und eine H o f f n u n g , vor allem in diesem Spanien, d a s nach Tagen des Ruhmes und der im Weltmaßstab durchgedrungenen Größe heute, von dem Gedanken seines eigenen Niedergangs benommen, sich dem geistigen C h a o s und dem Pessimismus anheimgibt. Nein, nein, wir dürfen nicht verzweifeln! Die Völker dürfen nicht glauben, daß sie altern. Sie dürfen nicht ihre Lebensjahre zählen, obwohl sie ihre Geschichte lieben sollen. Es steht nicht geschrieben, daß eine Wiederauferstehung nicht möglich wäre: Damit die traurige Wirklichkeit nicht alle verheißungsvollen Illusionen Lügen strafe, müssen wir auf die Z u k u n f t bauen und durch eine rationale, systematische Erziehung d a f ü r arbeiten ..., daß die neuen Generationen ihre A u f g a b e besser verstehen werden als die heute mit der Verantwortung für d a s Schicksal des Landes belasteten M ä n n e r . "

Die „philosophische Praxis" der Pädagogen durchdrang in der kürzesten Zeit den gesamten Bereich der nationalen Erziehung. Wenn bisher Staat und Kirche das Monopol der Volkserziehung gemeinsam verwaltet hatten, so brauchte die Pädagogik Giner de los Ríos' ihre Konkurrenz nicht zu fürchten, vielmehr war das ein erster und großer Triumph, da Staat und Geistlichkeit selbst den Antrieb zur Konkurrenz erhielten und sich genötigt sahen, das Niveau ihrer pädagogischen Arbeit beträchtlich zu heben.

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Mit der Gründung der Institución Libre de Enseñanza (1876) war eine Art von Musteruniversität entstanden. Später folgte eine Musterschule mit einem Lehrerseminar an der Spitze, wo die modernsten Methoden der Pädagogik durchgeprobt wurden. Die Schule war mit der berühmten Losung eröffnet worden: „Die besten Lehrer gehören in die ärmsten Dörfer!" Man sah die besondere Mission einer Durchdringung des Volkes. Man gedachte einen kulturlosen Zustand einfach zu beheben, indem man Kulturbedürfnisse weckte und technische Mittel zu ihrer fortgesetzten Befriedigung in die Dörfer brachte. Man bedachte nicht, daß Kulturbereitschaft sich nur da behauptet, wo man dem Mangel und der Bedrückung einen Spielraum der Freiheit abzugewinnen vermag. Auch wenn man sich darauf einigte, in der Entfaltung der Volkskultur eine höchste Zielsetzung zu erkennen, hieße es doch Ziel und Mittel verwechseln, wenn man das Ziel als Mittel gebrauchte, wenn man Kultur verabreichen wollte, statt zuerst das Bewußtsein auf die bedrückenden Verhältnisse hinzulenken, in denen Kulturbedürfnisse überhaupt nicht aufkommen können — es sei denn unter dem sporadischen Wachstumsanreiz, den das Ergebnis einer fliegenden Kommission pädagogischer Missionare in den abgeschiedensten Dörfern hervorbringen konnte. Wie lange aber mochten solche Impulse vorhalten? Und dennoch war es in keinem Fall vergebliche Arbeit, wenn sie auch überwiegend dem pädagogischen Erkenntniszuwachs diente. Die wahren Erfolge einer idealistischen Pädagogik sind in der Richtung einer Elitebildung gelegen. Diesem Ziel diente besonders die Residencia de Estudiantes (gegründet 1910) — ein Internat für Studenten mit allen M ö g lichkeiten der eigenen und kollektiven Weiterbildung, wozu dann besonders der tägliche Umgang mit ausgesuchten Professoren verhelfen wollte. Durch reichlich bemessene Stipendien erhielt der ausgewählte Nachwuchs die Gelegenheit, im Ausland zu lernen, hier einen neuen Horizont zu gewinnen und mit dem höheren Anspruch auf fortgeschrittene Methoden die spanische Wissenschaft aus ihrem Schlaf zu wecken — die überwiegende Mehrzahl der Stipendiaten wurde durch das lange Zeit ungebrochene wissenschaftliche Prestige nach Deutschland gezogen. Auch im sozialen Sinne verlieh die Vertrautheit mit deutscher Wissenschaft das Signum der Zugehörigkeit zu einer Elite. Diese wissenschaftliche Neigung verband sich aber kaum jemals mit politischer Germanophilie. Gerade die „germanisierenden" Stipendiaten der krausistischen Institutionen hatten meist eine politisch linke Orientierung — beispielsweise gehörte zu ihnen der letzte republikanische Ministerpräsident Dr. med. Juan Negrin (1887—1956) —, während umgekehrt der reaktionäre Teil der Gesellschaft schon immer gewohnt war, seine

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politischen Blicke sehnsüchtig auf Deutschland zu richten. Für dieselbe Gesellschaft stehen die deutschen Geisteswerke seit Sanz del Ríos Tagen in einem kaum verdienten Verruf der Aufklärerei und eines sektiererisch verhehlten Atheismus. Was dagegen die aus den neuen Institutionen erwachsene „Elite" aus Deutschland mitzubringen vermeinte — Technik und Methode — , das war für die alte, feudal oder rentnerisch eingestellte Gesellschaft ein überflüssiger Abscheu. Die Linksgeneigtheit jener intellektuellen Elite erklärt sich aus dem Konkurrenzverhältnis zu den noch immer ungebrochenen Machtansprüchen der alten Gesellschaftsschichten. Die neuen Methoden des Auslands entwerfen den Zustand der hoch- und durchkapitalisierten Nationen als Wunschbild der spanischen Zukunft. Wiederum mag es charakteristisch erscheinen, daß der Vortrupp des spanischen Kapitalismus das fehlende Verhältnis zu der begrenzten Realität seines Landes dadurch bekundet, daß er die idealistische Orientierung der Krausisten fortsetzt und den geistesgeschichtlichen Aspekt vor dem exakten Betrieb der Naturwissenschaften sichtbar bevorzugt. Giner de los Ríos hatte Spanien schon an seine Schuld gegenüber der Welt erinnert: „Wir sind Schuldner der Welt. Wir müßten andern Nationen wenigstens den hundertsten Teil von dem zurückerstatten, was wir von ihnen empfangen." Aber der Vorsatz, diese Schuld zu bezahlen, läßt Spanien in immer tiefere Verschuldung verfallen. Die von der Residencia ausgesuchten Studenten werden keinen neuen Krause nach Spanien bringen, sondern selbst, durch ihre Reiseerfahrung verwandelt, als eine europäische Vorhut ihr Vaterland wieder betreten. Die geniale Voraussicht Giner de los Ríos' wurde glänzend bestätigt. Der Zeitpunkt kam für die monarchische Regierung, wo sie die Konsequenzen einer völlig veränderten Lage erkennen mußte. Der Krausismus, einstmals von den spanischen Kathedern schimpflich vertrieben, beherrschte sie heute auf vielen Wissensgebieten und stellte aus seinen Reihen den einzig kompetenten Nachwuchs für eine nahe Zukunft. Das Unterrichtswesen war nach wie vor ein ministerielles Ressort, doch lag es in seinen gesunden und fortgeschrittenen Teilen schon lange in berufeneren Händen. Dieser Dualismus konnte nicht ewig währen. Eine Art von Konkordat mußte herbeigeführt werden. Allerdings hatte der Staat keinen Einfluß zu sichern. Er hatte nichts zu geben. Er ging mit leeren Händen in die Verhandlungen mit den Männern der freien Institutionen. Was er verlangte und was man ihm auch gewährte, war für ihn wenig: die passive Teilhaberschaft an den pädagogischen Unternehmungen. Für die Entfaltung des pädagogischen Werkes bedeutete das eine gewaltige Hilfe. Der Staat hieß alle Einrichtungen gut und

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versah sie alle mit einem reichlich bemessenen Etat. Vor einer Kontrolle schützte sie die Unkompetenz des staatlichen Partners. Die zusätzlichen Subventionen privater Gönner flössen dabei weiter. Strikte politische Neutralisierung der Institute hatte auch vereinzelten gebefreudigen Monarchisten und Aristokraten die H ä n d e geöffnet. Man bewertete solche Mäzene nicht nur nach ihren Erträgen, sondern man suchte einen Stützpunkt für alle Fälle — Protektion für den Fall, daß die politische Wetterfahne einmal allzuheftig nach rechts umschlagen würde. Der Fall trat auch wirklich ein mit dem halbfaschistischen Staatsstreich des Generals Miguel Primo de Rivera (1923). Der General hatte keine besondere Liebe für die spanischen Intellektuellen, und diese Intellektuellen erwiderten unzweideutig seine Gefühle. Es war ein kritischer Augenblick für das pädagogische Werk des Krausismus. Aber alle Sorge zerstreute sich nach wenigen mysteriösen Kulissengesprächen. Die heute Spanien beherrschenden Faschisten empfinden diese Schwäche als einen Makel der Diktaturzeit. In jedem Fall war es der geschickten Steuerführung des Generalsekretärs Castillejo geglückt, die Institución aus den Fährlichkeiten der ersten Diktaturperiode herauszuhalten. Die Erfolge der pädagogischen Institutionen, das Erscheinen von neuen, nach ihrem Bilde geformten Generationen reizten zu neuem Widerspruch auf. Es sind nicht nur die Vorurteile des traditionellen Spaniens, die sich den pädagogischen Neuerungen versagen. Durch den Anspruch, Elite zu bilden, hatten sich die krausistischen Epigonen naturgemäß eine Atmosphäre von Kritik und ironischer Abwehr bereitet. Nicht nur Faschisten und Reaktionäre fühlten sich abgestoßen. „ A m schädlichsten", so faßt ein junger Republikaner die vielfache Meinung zusammen, „ w a r der Einfluß der Institución Libre de Enseñanza d a r u m , weil man die spanischen Knaben aus ihren spanischen Daseinsformen entwurzeln wollte. Der Charakter des Geistes und selbst die unscheinbaren Z ü g e der Sinne verloren alle Farben bei der Erschließung in dieser grauen Welt, in diesem pseudo-franziskanischen und puritanischen Milieu der Institución Libre de Enseñanza. Eine zahme Gutmütigkeit, die Beschneidung der innersten Kraft, nur um liebenswürdige und freundliche Menschen zu erziehen, standen im Widerspruch zu der heiteren spanischen Aufrichtigkeit, ihrem ungeschliffenen Adel, ihrem heftigen und leidenschaftlichen T e m p e r a m e n t . "

Diese sektiererischen Z ü g e versetzten trotz hundertjähriger Tradition die abergläubische Phantasie der Mitwelt in ständige Spannung. Der Gedanke an Teufelswerk, an schwarze Messen, Ritualmord und konspiratorische Vaterlandsfeindschaft umgab die pädagogische Schöpfung mit einer Wüste des Hasses. Sie ist das feindliche Bollwerk, das Zentrum eines fortgesetzten Anschlags, in dem sich alle Fäden einer Konspiration zur tödlichen Schlinge

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verknüpfen. Die Institución ist ein einziges Attentat auf die spanischen Werte; in ihr hat sich das „Gegenspanien" (Antiespaña) gesammelt. Die Krausisten hatten durch ihr Gehaben den H a n g zur Legendenbildung in keinerlei Weise entkräftet. Sie verpönen die kleinen Freuden des Lebens. Ihre Lebensweise ist Lebensmethode, durch Prinzipien bestimmt, die man wohl spürt und doch nicht lernen könnte. Die heimlich geübte Tugend wirkt auf die Uneingeweihten wie ein verborgenes Laster. Alle Bande zum spanischen Leben wurden zerschnitten. Man entzieht sich der Konvention des Bankettfeierns, wo die entferntesten Kreise wieder zusammenlaufen, und man will vom „Fest der N a t i o n " , dem Stiergefecht, nichts wissen: der Augenblick einer gemeinsamen Leidenschaft würde nur das Bewußtsein der unaufhebbaren Problematik verdunkeln, die es bedeutet, als Spanier zur Welt zu gehören. Für diese besonderen Spanier ist Spanien nur in seiner Landschaft erträglich. Sie glauben an ihr verschwiegenes Geheimnis zu rühren, indem sie die Zauberformel des spätromantischen Pantheismus gebrauchen. Sie rüsten förmliche Expeditionen aus, um diese Landschaftsseele ins Vernehmen zu bringen. D a s Wesen dieser Intelligenz bleibt aber auch hier in der Aura ihrer selbstgeschaffenen Atmosphäre hängen. Der Vorwurf, ein „Gegenspanien" zu bilden, der Vorwurf sektiererischer Gesinnung entbehrte in ihrer Meinung des Tadels. „Nicht alles verdient erhalten zu werden", schrieb Azaña, der nachmalige Präsident der Zweiten Republik, „nur weil es ein spanischer Wesenszug ist." „Ich bin stolz g e n u g " , fügt er hinzu, „ a u f meine Weise ein leidenschaftlicher Sektierer zu sein. Nur wer von der Wahrheit besessen ist, kann es sich leisten, intransigent, fanatisch oder, wie man bei uns sagt, sektiererisch zu sein ... Nur Menschen von geistigem Zuschnitt wie Robespierre oder Lenin vermochten den unbarmherzigen Schnitt an die besonderen Umstände eines geschichtlichen Augenblicks zu legen."

Wo die Prinzipien der wahren Humanität nur den Spielraum einer Sekte genießen — wer hielte es aus, da nicht ein Sektierer zu heißen? In diesem Spanien legte man selbst den größten Wert darauf, als ein Fremdling zu gelten; denn nur ein entfremdetes Spanien, ein „Gegenspanien", besäße das richtige Augenmaß für die Lösung der spanischen Problematik. Spanien ist tot, es lebt nur im Entwurf und in der Erwartung: das ist die Bilanz des Jahrhunderte währenden Niedergangs, der mit dem Austritt Spaniens aus dem Kreislauf der modernen Geschichte abschloß. Aus der europäischen Völkergemeinschaft war Spanien in den lethargischen Traum seines afrikanischen Ursprungs zurückgesunken. Spanien muß heute auf Europa hören, muß mit Europa konkurrieren lernen und seinen Rückstand durch einen gewaltigen Anlauf verringern.

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Der Krausismus zieht daraus die Konsequenzen. Die Antithese zwischen Spanien und „Europa", das die übrige Welt ist, bleibt unversöhnlich bestehen. In Spaniens wirklichem Zustand hätte sich die Verneinung aller Motive des menschlichen Aufstiegs zusammengefunden. Darum müsse Spanien aus dieser Verneinung herausgerissen und umgeformt werden. Den Schauplatz dieser Verwandlung kann demnach nur die Einzelseele gewähren. Sie sei berufen, Europa nach Spanien zu bringen. Mit unermüdlicher Konsequenz wird im Kreise der gelehrten Gerontarchie die Verwirklichung dieser Einsicht betrieben. Durch die Gründung der Junta de la Amplificación para los Estudios nahm das Stipendienwesen einen gewaltigen Aufschwung, und seit der ersten Nachkriegsepoche gab man dem fördernswerten Nachwuchs die Gelegenheit, zum Abschluß seiner Studien ins Ausland zu gehen. Das Auslandsstudium wurde stillschweigend zur Voraussetzung für die erfolgreiche Kandidatur im Wettstreit (oposición) um einen Lehrstuhl. So kam Europa, in einer gereisten Elite verkörpert, nach Spanien. Man spricht von einer Generation der „europeizados", das heißt der europaperfekten Spanier, im Unterschied zu den „europeizantes", das heißt den Europasuchern der Generation von 1898, die aller Bemühung zum Trotz auf dem halben Weg nach Europa Spanien wiedergewannen. Es gibt auch eine übergroße Mehrheit der Europafremden. Von ihnen wird nicht gesprochen. Sie finden sich unverstehend und unverständig vor einer nach unverstandenem Gesetz geformten Elite. Die heimgekehrte Elite wird diesem Spanien immer mit fremden Augen begegnen und darum den engsten Zusammenhalt in einer gemeinsamen Lebenserfahrung pflegen. Die Wissenschaft schaute nach Deutschland. Die Politik und die Ökonomie waren überwiegend auf England gerichtet. Die Zahl der Deutschlandfahrer ist Legion gewesen. Von Englandkennern ragen hervor Ramiro de Maeztu (1875 — 1936), der geistig bedeutendste Kopf der spanischen Reaktion, der liberale, den Jesuiten entsprungene Romancier Ramón Pérez de Ayala ( 1 8 8 1 - 1 9 6 2 ) , der Sozialist Araquistáin ( 1 8 8 6 - 1 9 5 9 ) und Castillejo, die Seele der spanischen Pädagogik. Die Mission, Europa nach Spanien zu bringen, beschränkt sich nicht auf die Einführung überlegener Methoden und Verfahrensweisen des Auslands. Der Stipendiat sollte vielmehr selbst, zum Europäer umerzogen, Europa nach Spanien bringen. Er sollte aus der erworbenen Vertrautheit mit fremdem Wesen den überlegenen Gesichtspunkt für alle spanischen Fragen und Fraglichkeiten gewinnen. Europa ist — Gegenspanien! Daher wird das fremde Vorbild nicht in der Affinitität, sondern nur in der Polarität gesucht. Nicht das romanische Frankreich oder das noch näher verwandte Italien —

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die Länder des Nordens werden als Studiengebiete bevorzugt: vor allem Deutschland, in zweiter Linie auch England. Die Wißbegierde spannt sich auf das, was Spanien nicht ist, auf jene fremdnationalen Wesenszüge, die keinen Anklang der Verwandtschaft in den spanischen Herzen wecken und sie mit dem Imperativ der totalen Verwandlung erschüttern. Das Bild Europas fällt mit dem Bilde der Nation zusammen, die in der äußersten Entferntheit von allen spanischen Schwächen zur kraftvollen Entfaltung ihres Wesens gelangt zu sein schien. Auf diesem Wege erhielt der germanische Mythos die unverdiente Gefolgschaft der spanischen „linken" Intellektuellen. Unamuno bekannte von sich selbst, dem Glauben gehuldigt zu haben, „die sogenannten lateinischen Völker seien den Germanen und Angelsachsen unterlegen ... Man muß mit diesem Gefasel vom Unwert und Vorrang der Rassen zu Rande kommen." Indessen war die These vom Mehrwert der germanischen Rassen durchaus nicht um ihrer blauen Augen willen ergriffen worden. Ihr Anreiz bestand allein in der Polarisierung der spanischen Natur und Geschichte, des spanischen Menschseins. Darum bemächtigte sich dieselbe spanische Intelligenz zugleich der nicht weniger fragwürdigen Gegenthese einer unheilbaren Dekadenz der lateinischen Völker. Aus ihr ließ sich die Forderung einer Verwandlung der spanischen Natur durch die Erneuerung der spanischen Menschen folgern. Nur übersah man dabei die tiefere Dekadenz, in die der „deutsche Geist" durch einen unaufhaltsamen Prozeß von Stufe zu Stufe gestürzt war. Wenn Sanz del Río schon vor hundert Jahren zu Unrecht vermeinte, mit Krauses Philosophie den Gipfel der denkbaren Fortschrittsgedanken nach Spanien zu tragen, so hat der Irrtum des Anfangs sich zu einem Abgrund geweitet, wenn nunmehr der unermüdliche Eifer des vielbelesenen Ortega y Gasset die spanische Intelligenz auf Keyserling, Spengler und Klages verpflichten wollte. Noch immer sollte das Arsenal des „deutschen Geistes" die Waffen gegen das unbelehrbare Spanien liefern. Die Waffen schlugen zurück. Der spanische Idealismus erhielt durch den Zerfall seiner deutschen Ideale die tödliche Wunde. Und dennoch blieb der idealistischen Pädagogik in Spanien noch eine letzte Etappe vorbehalten. Sie beginnt mit der Zweiten Republik (1931) und geht in der Sintflut der neuen Restauration wie alle Errungenschaften der Neuzeit unter. In dieser Epoche tritt der Elitegedanke fast völlig zurück gegenüber den enthusiastisch ergriffenen Plänen zur Volkserziehung. Die Pädagogik wird nunmehr unwiderstehlich in die politische Bestrebung hineingerissen. Im Dienste der Befreiung sieht sie sich plötzlich vor greifbaren Zielen, die aus dem Gesichtskreis ihrer idealistischen Vorbestimmtheit fallen.

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Der glückliche Start der Zweiten Republik ließ die krausistischen Epigonen wieder an sichtbarer Stelle in Erscheinung treten. Sie saßen in stattlicher Zahl auf der Ministerbank und von der sozialistischen bis zur bürgerlich-republikanischen Rechten zerteilt in der Kammer. Sie hielten die Zweite Republik für ihr Werk wie einst die Erste, wozu es bessere Gründe gegeben hatte. Sie hätten das Spiel auch diesmal so leicht wie damals aus den Händen gegeben. Doch waren diesmal Fäuste zur Abwehr bereit — dieselben, die das Tor zu diesem neuen politischen Zustand durchbrochen hatten. Indessen war das entschlossene Kulturprogramm die stärkste Klammer zwischen der bürgerlich-republikanischen und der sozialistischen Linken. Die Kulturdomäne wurde naturgemäß den markanten Vertretern der Institución überlassen (Marcelino Domingo, Francisco Barnes, Fernando de los Ríos). Doch fanden sie eine völlig veränderte Situation, nachdem die soziale Bewegung wie eine Springflut das platte Land erfaßt und die Bodenreform der Regierung Azaña erzwungen hatte. Das Erwachen der sozialen und politischen Leidenschaften gab erst ein Gefälle für die pädagogische Sendung. Es wurden alte Pläne wieder aufgenommen und neue Wege ins Herz der entrückten Dörfer gefunden. Man hielt sich systematisch an die Armut des Dorfes. Unter Marcelino Domingo und Fernando de los Ríos entstanden die berühmten „pädagogischen Missionen". Wohlausgerüstete Expeditionen erschienen unvermutet in den verborgensten, bergumschlossenen, vom Verkehr vergessenen Weilern. Die dramatisch geschilderten Begegnungen mit einer um Jahrtausende zurückgebliebenen Menschheit berichten von Dörfern, deren sämtliche Bewohner noch keine andere Ortschaft gesehen hatten. Animismus und Zauberglauben bereiten erfolgreich der christlichen Religion den Boden. Kleine Mädchen in kindlichem Alter rauschen im schwarzen Kleid und mit langer Schleppe durch die kotüberzogenen Gassen. Beim Herannahen der Fremden ergreifen sie schreiend die Flucht. Der Kontakt glückt erst bei der Projektion von Filmen oder beim Spiel von Platten mit regionalen Volksmelodien. Ein Student versammelt eine Gruppe von Betrachtern um eine Staffage. Man bemerkt die Reproduktion eines besonders berühmten historischen Bildes wie etwa Goyas Erschießungsszene vom 2. Mai. Der Student beginnt zu improvisieren. Auf dem Hintergrund des Bildes entsteht vor dem geistigen Auge der Betrachter das Bild einer ganzen Menschheitsgeschichte. Nur Enthusiasmus und kein besoldeter Eifer trieb diese pädagogischen Pioniere auf ihren mühsamen Streifzügen vorwärts. Unter ihnen befand sich der später von den Faschisten bestialisch ermordete Dichter Garcia Lorca. Er war in einer Person der Autor, Direktor und Heldendarsteller eines studentischen Theaters (La Barraca) mit einem

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Repertoire von klassischen oder eigens verfaßten Stücken. Wo die „Mission", unterstützt durch wirksame politische Aufklärung, einmal durchdrang, da zeigte es sich, wie schnell auch durchschnittsbegabte Menschen über eine jahrtausendlange Entwicklungshemmung hinwegspringen konnten. Sonst aber lief die pädagogische Sendung Gefahr, ins Leere zu greifen, und es blieb dann bei einer Photomontage, „einer bloßen Parade von menschlichen Gesichtern mit äußerst bewegtem, halb erschrockenem, halb fassungslosem Ausdruck oder einem erzwungenen Lächeln ..." Der Bericht (vom Februar 1933 in „Cruz y Raya") schließt mit dem Urteil über diese „pseudoreligiöse Propaganda", diesen pedantischen Rollentausch, wie er schon klar genug in dem Namen „pädagogische Mission" zum Ausdruck gelangt ist. Der letzte Aufschwung des pädagogischen Idealismus fällt schon in die Dämmerung ihres spanischen, fast ein Jahrhundert währenden Tages. Eine neue Generation war über die Schwelle der Republik getreten — sie stand im stolzen Bewußtsein einer geschlossenen Präsenz. Im mutigen Vorlauf hat sie den ersten Lorbeer der Freiheit errungen. Der Versuch des Diktators Primo de Rivera, zwei klerikale Bildungsanstalten mit Hochschulrang zu versehen, entfesselte eine wahre Studentenrevolution (1928) und endete mit dem Rückzug der Regierung, der einer tödlichen Niederlage gleichkam. Die freiheitliche Studentenschaft hatte sich damals in einer machtvollen Organisation zusammengeschlossen (F.U.E. = Federación Universitaria Escolar) und demonstrierte in der Folgezeit Seite an Seite mit der proletarischen Jugend. Schon im Jahrgang 1929 der damals vielgelesenen Zeitschrift „Gaceta Literaria" erschien ein Hinweis auf das Stilgesetz der neuen Generationsgesinnung. Die F.U.E. wird gefeiert als eine „echte und zwingende Gruppierung. Diese entzündeten Gesichter der Jungen von F.U.E. verkörpern die spanische Verheißung ..." Das schrieb ein Schüler Ortega y Gassets, Ledesma Ramos (1905 — 1936), der wenig später mit einem Salto mortale sich zum linken Flügelmann einer faschistischen Syndikalistengruppe machte. Für die Haltung der neuen Generation sind aber beide Daten entscheidend. Die Scheinfront der bürgerlichen Jugendgemeinschaft mußte zerfallen — so blieb die Aktionsgemeinschaft, der Zwang, sich so oder so an die in Bewegung gesetzten, marschierenden Reihen zu halten. Das alte krausistische Ziel der geistigen Selbstbefreiung lag nicht mehr in diesem Gesichtskreis, und mit Entsetzen sieht die ältere Generation den Respekt vor den Götzen ihrer eigenen Jugend entschwinden. Als 1935 Manuel Bartolomé Cossío (1858 — 1935), einer der letzten Kampfgefährten Giner de los Ríos', ein langes und exemplarisch geführtes Leben beendet, ruft Bergamins

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(geb. 1897) „Cruz y Raya" noch einmal drohend über das Grab des spanischen Idealismus: „Welch ein bewundernswertes Alter! Nur sittenlose Naturverkehrung einer Jugend, die alle menschlichen Werte verkennt, kann dieses Vorbild mißachten, vergessen ..." Und doch ist das Urteil des Nekrologs auf das krausistische Spanien unwiederbringlich, wenn der romantische Widerschein von den Fenstern der Institución Libre de Enseñanza, von Giners und Cossios überlebender Schöpfung, wie ein „verlöschender Stern in unserer eigenen Lebensmitte" berührte. Das Mutterhaus des pädagogischen Idealismus steht noch in Lebensnähe und doch in brückenloser Entferntheit von dieser tumultuarischen Jugend, die den Magnet der Elitebildung mit keinem Zug ihres Wesens empfindet. Sie strebte nach einer solidarischen Lösung, wenn auch die Entscheidung des Klassenkampfes den kurzen Schein ihrer Einheit für immer zersprengen sollte. Die überlebenden Meisterschüler Giner de los Ríos', Ortega y Gasset, der sich zeitlebens im Zwielicht gefällt, der Philologe Menéndez Pidal, dem Spanien den breitesten Zugang zu seinen volkhaften Traditionen verdankte, der Literarhistoriker Américo Castro (geb. 1885), in dem sich das „heterodoxe Spanien" energisch und unerbittlich fordernd verkörpert — sie übten noch Autorität, von schon historischer Würde umflossen. Respektvoll begegnet ihr jene schweigende Resignation einer Jugend, die sich in ihrem innersten Wollen verkannt fühlt. Sie fand sich im Zwang einer schicksalhaften Entscheidung verraten. Sie konnte den Meistern nicht in die Entscheidung zu einem unentschiedenen „dritten" Spanien folgen. Der Weg in die „innere" Emigration war ihr genauso verlegt wie das äußere Exil, als die Waffen zu rufen begannen. Das „dritte Spanien" wäre ein verschwiegenes Spanien geblieben, wenn ihm nicht ein anderer Schüler Giner de los Ríos', Salvador de Madariaga (1886—1965 [vgl. EA, S. 623]), Stimme geliehen hätte. Als Sprecher der spanischen Sendungen des Londoner BBC, vor allem aber als Autor der einzig umfassenden Darstellung des letzten Bürgerkrieges („España", Madrid 1931 und erweitert Buenos Aires 1942, in englischer und deutscher Fassung: „Spain", 1930; „Spanien", 1930), bestimmt er in einem schwer zu überschätzenden Ausmaß die herrschende Meinung über Spaniens Probleme. Madariaga besitzt die Gabe des überzeugenden Wortes. Leidenschaftlicher Anwalt des Völkerbundgedankens, gab er, sprachenkundig und taktfest in allen weltlichen Künsten, Spaniens Stimme Gehör und Gewicht. Auf dem Genfer Parkett sollte sich Spaniens symbolische Rückkehr in seine verlassene Geschichte vollziehen. Als dann der Rechtsruck der Zweiten Republik den Sozialismus aus der Regierung entfernte, war das Klima für eine episodische Rückkehr nach Spanien bereitet. 1934 befaßt sich Madariaga

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als Kultusminister mit großen nationalpädagogischen Plänen. Jubelfeiern der Republik sollten die nationale Eintracht in allen spanischen Herzen verankern. Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges wurde der Standpunkt der Emigration, den die Krausisten von jeher auch innerhalb Spaniens vertraten, von Madariaga zum D o g m a des „dritten Spaniens" erhoben. Seine These zum Bürgerkrieg ist, nach eigenem Geständnis, vom Unmut aus enttäuschter Liebe zur spanischen Linken befangen. Dieses Spanien hatte sich schuldig gemacht in seinen Augen, als es vom Himmel der Ideen in die Wirklichkeit eines sozialistisch geführten Volksstaates stürzte. Madariaga konnte den schwachen Punkt dieser Theorie nicht wohl übersehen. War nicht der Volksstaat aus dem Z w a n g der Abwehr gegen den tödlichen Angriff von außen entstanden? Madariaga behauptet, ohne die treibende Kraft des Sozialismus habe ein Kompromiß die Rettung der spanischen Freiheit ermöglicht und der Bürgerkrieg sei durch denselben Sozialismus, der ihn entfesselt habe, notwendig verloren worden. So wäre der Sündenfall des Sozialismus und nicht die faschistische Hilfeleistung zum Totengräber der spanischen Freiheit geworden. Madariaga trug keine Bedenken, in seiner Darstellung des Bürgerkrieges den Anteil der fremden Waffenhilfe so sehr zu verkleinern, daß der Anschein entstand, als sei auch diese spanische Republik an ihrem unheilbaren sozialistischen Irrtum zugrunde gegangen. Nicht der Klassenkampf, sondern die Selbstsucht aller spanischen Gruppen führte nach Madariagas Meinung in diese schreckliche Katastrophe. Schon vor Ausbruch des Bürgerkrieges schrieb er, daß überhaupt kein politischer Maßstab die politischen Kämpfe Spaniens erklären könne: „Spaniens Übel haben keine politische, sondern eine psychologische Wurzel. Was wir als Schande empfinden und immer wieder beklagen, könnte sich g a r nicht ereignen, wenn nicht ein H a n g in der spanischen Seele diese S y m p t o m e mit erschreckender Deutlichkeit immer wieder hervorbringen würde . . . "

Nach Ausbruch des Krieges fand Madariaga seine Meinung nur bestätigt, wie der Krieg für jede spanische Meinung eine Bestätigung brachte. Auch dieser neue Bürgerkrieg gilt ihm nur als ein Abschnitt des immerwährenden Krieges, den in Spanien die Sonderinteressen mit der Gemeinschaft führen. Diese verderbliche Neigung greift wie ein Webfehler im Querschnitt durch alle spanischen Klassen und Schichten. Freilich wird uns nicht verraten, an welcher spanischen Gemeinschaft der ausgeworfene Sklave der Scholle frevelt. Aber Madariaga folgert mit kühner Stirn, daß psychologische Fehler durch kein politisches Mittel bekämpft werden könnten. Nur die Pädagogik — und damit sind wir wieder beim Thema —, die den Menschen von Grund

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auf verwandelt und als Träger der neuen Gemeinschaft befähigt, kann helfen. Spaniens wahre Geschichte liegt bei der Gefolgschaft des großen Erziehers Francisco Giner de los Ríos, dessen Ikon durch den Streit der beiden anderen Francisco — des Generals Francisco Franco (geb. 1892) und des „Gewerkschaftsgenerals" Francisco Largo Caballero — gleichsam noch einmal gekreuzigt würde. Der Ausverkauf der spanischen Geschichte bedient sich solcher Symbole. Nur durch die nationale Selbstüberwindung kann sich der spanische Mensch zur Freiheit erheben. Am Vorbild der britischen Humanität soll dieses Spanien Madariagas genesen. Der spanische Kosmopolit kann sich für seine befreite Nation nichts besseres als einen Dominionstatus erhoffen. Ein Wunschtraum, der sich aufs glücklichste mit dem Sekuritätswunsch der profitbeteiligten Partner des englischen Spaniengeschäftes vereinbart. Madariagas Gedankengänge liefen schon lange auf diese Pointe hinaus, so daß sich nicht grundlos dem emigriertesten aller spanischen Emigranten die englische Welle zum Zwiegespräch mit dem Äther hergab. Ganz aus dem Geiste Madariagas ist das Schlußbild, in dem eine neuere französische Darstellung des spanischen Schicksals endet: Spaniens Geschichte gleicht einem Schlachtfeld, wo die Gefallenen von gestern immer am nächsten Morgen aus ihren Gräbern springen, um die Sieger von gestern aus ihrer eroberten Stellung zu werfen (Albert Mousset: „Histoire d'Espagne", Paris 1947, S. 620). Dem Tumult der Leidenschaften scheint hier ein gespenstischer Leerlauf gezogen. Nur die Verneinung der spanischen Mentalität läßt einen Ausweg offen. Aber dieses Programm einer „Dehispanisierung" der spanischen Seele fordert einen spanischen „Mythos". Nur die Opfertat der spanischen Seele ermächtigt den grausamen Schnitt, den Madariaga vorhat oder erwartet. Das ist der Sinn seines Kultes für Miguel de Unamuno. Unamuno ist gleichsam der gekreuzigte Francisco Giner de los Ríos. Unamuno hatte in fortgesetzten Widersprüchen den Schnittpunkt der schmerzhaften Selbstbehauptung gefunden. Er hatte den ewigen spanischen Bürgerkrieg auf sich genommen. Wie er lebte, so starb er: „heimgekehrt" in die waffenstarrende Hochburg des Faschismus, er, der lebenslängliche Hasser der Diktatoren, um zu huldigen, wie man ihm huldigte? Nein, um mit letzter Kraft seinen Fluch den waffentragenden Schändern Spaniens ins Antlitz zu schreien. Auf den Tod Unamunos (1936) schrieb Madariaga die elegischen Verse: Brüder meiner Seele, Euer Leid erschreckt mich. Heilig ist der Krieg, ja heilig ist der Krieg. Aber nicht der Krieg, den ihr gemacht habt.

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Nicht der Krieg, der Bruder gegen Bruder aufruft, Einen schwarzen Abgrund auftut Von H a ß in jeder Brust. Heilig ist der Krieg, den der menschliche Kentaur M i t sich selbst k ä m p f t . Ihr a b e r kämpftet nach außen. Ihr vergeßt die Bestie, Die der M e n s c h im eigenen Innern trägt. Unsere Seele ist unser wahres Schlachtfeld!

Wollte Unamuno wie ein Heros der Vorzeit mit seinen Leiden die kommenden Geschlechter entsühnen? Sein beständiger Irrtum wurde von einem Zug prometheischer Größe umwittert. Unamuno wich der Entscheidung nicht aus und verschmähte damit das Vorrecht der Epigonen. Aber die wachsende Krisenerfahrung mußte die Haltbarkeit eines solchen Weltbilds in der Geschichtserfahrung erschüttern. Kritische Zeiten fordern ein schärferes Kriterium der Wirklichkeitsdeutung. Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges waren die inneren Fesseln zerbrochen, während der eiserne Ring des Verderbens sich rings um die spanische Freiheit legte. Auch der Wille der nationalen Selbsterziehung trat in ein neues, ja überraschendes Stadium. Wie in Sowjetrußland oder im revolutionierten China fand der Gedanke der Musterschule ein breites und unerwartetes Feld der Erfüllung: durch die Volksarmeen waren in unvorhergesehener Weise alle Voraussetzungen einer solidarischen Pädagogik entstanden. Eine Feuerlinie zog sichtbar die Front der beiden unversöhnlichen Klassen. Durch den offenen Ausbruch des Kampfes war der die Gegensätze verhehlende Zustand beendet. Ein zum letzten vereinfachter Antagonismus brachte die Sicherheit der Entscheidung für jedes Bewußtsein. Zwischen Kultur und Barbarei verlief jetzt eine bewaffnete Grenze. Die Berührung geschulter Intelligenz mit dem erwachten Selbstbewußtsein der Massen durchsetzte die üblichen Formen der Kriegskameradschaft mit gänzlich neuen und überraschenden Zügen. So ergab sich erst jetzt die schlechthin exemplarische Situation der Pädagogik. Jedes Gespräch verlief in Offenheit gegenüber den praktischen Forderungen eines gemeinsamen Kampfes. In der Richtung der Gefahr läuft die Grenze zwischen Erzieher und Zögling in einer gemeinsamen Stellung zusammen. Subjekt und O b j e k t des pädagogischen Vorganges sind im Hinblick auf die alles verwandelnde Situation des Kampfes in einer ständigen Wechselbewegung begriffen. Wenn die spanische Intelligenz dem in der menschlichen Wildnis aufgewachsenen Gefährten das Wissen vermittelt, wird sie selbst durch das spanische Volk in die Schule einer neuen Bewußtseinsbildung genommen. Überall flackern

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Gespräche aus allen Schützengräben, Fetzen von Dialogen, die immer das Letzte berühren und eine Brücke des Einvernehmens in immer neuem Anlauf erproben. Die Idee der Kultur bemächtigt sich aller Gespräche. Für die einen bedeutet „cultura" ein Jenseits, einen hintergründigen Schatz, durch den die Währung gebildeter Rede gedeckt ist. So entgleiten die Worte, an die sich der fragende Partner klammert, die er nicht losgeben möchte, bis sie den Grund seiner eigenen Lebenserfahrung berühren. Als ein unverständigter Partner will er den vollen Wert aus dem Kreislauf des Gesprochenen beziehen. Sprache wird als Appell an das wirkliche Dasein vernommen, und man zweifelt, was unverbindlicher Umgang mit Worten bedeutet, die nur gleichnishaft über die unberührbare Welt hinweggehen. Diese Sprache der Intelligenz hat keine eigene Meinung. Sie schildert nur fremde Meinungen, die sich der Stellungnahme entziehen und dem fragenden Ernst mit ironischem Tonfall entgleiten. Worte haben ein anderes Gewicht, wenn sie ein unbeirrbarer Wille wie eine Waffe umspannt hält. So hat die Skepsis ihren Verächter gefunden. Eine blasierte Intelligenz muß wieder das Wundern lernen — muß lernen zu hören, was alle Bücher verschweigen: die Botschaft des unvergänglichen Volkes. Ramón Sender (geb. 1902) berichtet in einem Bürgerkriegsbuch die unvergeßlichen Gespräche mit einem jungen, kriegserprobten und schnell beförderten Bauern, einem Menschen, der bisher nur ein einziges Buch gelesen hatte; doch dieses einzige Buch — ein absurder Gesellschaftsroman — gilt ihm als eine unerschöpfliche Quelle der Orientierung in allen Dimensionen des Lebens: „,Was habe ich nicht alles aus diesem Buch gelernt!' Und, wie wenn es damit noch nicht klar genug wäre: ,Alles, was ich bin' — und dabei zeigte er auf seinen Fähnrichsstern, den er durch unerhörten Heldenmut erworben hatte, .alles, w a s ich bin, hab ich aus diesem Buch gelernt!' Als er wegging, unterhielten wir uns noch eine Weile über den Fall ... Einer meiner Kameraden meinte erschrocken: ,Was ein Buch nicht über den Menschen vermag!' Dieser Fähnrich war zuverlässig, hatte einen sicheren Instinkt und ein brüderliches Herz für seine Kameraden — auch für die Fabrikarbeiter und Gebildeten, die seine Kaltblütigkeit bewunderten. ,Was könnte aus Spanien werden', meinte mein Kamerad, ,wenn solche Menschen, frei von Kastengeist, stark, mit einem unverbrauchten Kopf, die nötige Bildung erhielten und das Gesicht der Zukunft bestimmen würden? In der Kunst, in der Politik und der Wissenschaft würden uns ihre Leistungen überraschen! D a s war eine der Erfahrungen, die der Endsieg uns vorbehielt.' "

Die Erwartung des Sieges war demnach auf nichts anderes als auf die Erfüllung der nationalen Erziehungsträume gerichtet. Und genauso verknüpfte sich mit dem vorahnenden Gedanken der Niederlage zuallererst der Gedanke an das gefährdete pädagogische Unternehmen. Der titanische

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Aufwand von Generationen, der Einsatz der besten Intelligenz und der kostbarsten Energien würden in diesem Fall verspielt und vertan sein, und das spanische Volk wäre mit einem einzigen Schlag um Jahrhunderte seiner Entwicklung zurückgeworfen. Das ist die düstere und prophetische Vision, die kurz vor Ausbruch des Bürgerkrieges von den Lippen des sterbenden Dichters Ramón del Valle-Inclán vernommen wurde: „In den letzten dreißig Jahren ist das spanische Leben gewaltig vorwärts gekommen. Männer und Frauen sehen heute besser aus als in meiner Jugend. Schönheit der Leiber kommt in Spanien häufiger vor als in anderen Ländern. Wohlsein, Lebenslust, Intelligenz und ein richtiges Urteil haben den ganzen Boden dem Fanatismus der Religion wieder abgenommen. Heute gehören wir zu den gebildetsten, schönsten und gesündesten Völkern Europas. Traurig, daran zu denken, daß wir all dies in kurzer Zeit verlieren sollen. Jammerschade!"

Niemand hatte in Spanien das Vorrecht, sich über den Sinn des nunmehr (1936) ausgetragenen Kampfes zu täuschen. Diesmal würde eine in den Sattel gehobene Restauration ihr Ziel erreichen und die Errungenschaften der spanischen Freiheit in ihren entferntesten Wurzeln treffen. Der Vorsatz dieser Restauration lag unverschleiert in ihren schrecklichen Traditionen. Nur ein Teil jener liberalen Intelligenz, die sich als Hüterin des krausistischen Erbes fühlte, konnte noch daran zweifeln, daß ihre eigene Sache auf Gedeih und Verderb mit der Sache des spanischen Volkes vermengt war. Eigentlich gab es auch keine Täuschung. Aber die schwächliche Haltung eines Teiles der Epigonen, offener Verrat ihrer Sache zugunsten der tiefer empfundenen Klassenbindung konnte die klare Feindschaft der Restauration nicht entwaffnen: Eine Intelligenz, die systematisch Eliten heranzog und dazu ihre Prinzipien ins Volk trug — sie war schon immer der Stachel im Fleische der Hüter des alten Spaniens gewesen. Heute ließ diese Restauration, die sich der faschistischen Herrschaftsformen bediente, keinen staatsfreien Spielraum mehr offen. Darüber kam es nach der Eroberung Spaniens selbst mit der Kirche zu manchem ernstem Zerwürfnis, aber natürlich waren sich beide Mächte von Anfang an einig, daß zuallererst die noch stehenden liberalen Bastionen geschleift werden müßten. Und so geschah es auch. 1939 begann der Exorzismus der eroberten Hauptstadt mit der Schließung der Institución Libre de Enseñanza, mit der Vernichtung der Spuren aller Errungenschaften eines liberalen Jahrhunderts. Desungeachtet wird den vergangenen Bildungseinrichtungen seit den fünfziger Jahren ein stets wachsendes Interesse zugewandt, und zwar nicht nur auf Seiten der spanischen Emigration, sondern auch innerhalb Spaniens, wo natürlich die in Lateinamerika erschienenen Schriften nicht unbekannt

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blieben. Es erschienen u. a.: Alberto Jiménez, „Ocaso y restauración. Ensayo sobre la universidad española", México 1948; López Morillas, „El krausismo español", México 1956; Lorenzo Luzuriaga, „La Institución Libre de Enseñenza", Buenos Aires 1957; Fernández Carvajal, "El pensamiento español en el siglo XIX", Barcelona 1957; Vicente Cacho Viu, „La Institución Libre de Enseñanza", Madrid 1962; Luis Rodríguez Aranda, „El desarrollo de la razón en la cultura española", Madrid 1962; María Dolores Gómez Molleda, „Los reformadores de la España contemporánea", Madrid 1966. Die Franco-Regierung hatte dem in diesen Bestrebungen hervortretenden Gesinnungswandel der Intelligenz um so weniger entgegenzustellen, als sie die Werbekraft der falangistischen Ideologie seit ihrer traditionalistischen Verwässerung eingebüßt hatte. Der Widerstreit zweier so bedeutender institutionistischer Emigranten wie Américo Castro und Claudio Sánchez-Albornoz hat in Spanien lebhaften Widerhall gefunden. Es ging um das spanische Geschichtsbild, dessen Interpretation seit der Aufklärung und seit der Romantik das letzte Motiv der ideologischen Parteiung hergab. Kein zweites Volk hat mit solcher Leidenschaft am Zeiger seiner Geschichtsuhr sein gegenwärtiges Schicksal abzulesen versucht. Die spanische Aufklärung (Ilustración) hatte sich gegenüber der vor ihr liegenden „Dekadenz" für eine Neuordnung bereitgemacht. Das Thema der Dekadenz verflocht sich mit dem Erbe der habsburgischen Herrschaft, deren Politik auf universale Überspannung ihrer Ziele und auf völlige wirtschaftliche Passivität hinauslief. In den spanischen Zeitschriften der Aufklärung wurde die kritische Analyse des vergangenen Weltreichs weitergetragen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Diskussion, als der französische Enzyklopädist Masson de Morvilliers (1740—1789) die hinterhältige Frage aufwarf, wie es eigentlich in den letzten Jahrhunderten um den geistigen Beitrag der Spanier bestellt war. Die Überheblichkeit in dieser Fragestellung löste Empörung aus, aber sie konnte den Fortgang der nationalen Selbstkritik nicht hindern. In der Aufklärung wurzelt noch die berühmte „Geschichte der Inquisition" von J. A. Llórente (1756—1823). Es ist ein düsteres Gemälde, das trotz aller Abstriche neuerer Forschung nicht hat aufgehellt werden können. Die Behauptung, daß die Inquisition die geistige Stagnation Spaniens verschuldet hätte, hatte damit festen Boden gewonnen. Schon am Ende des 18. Jahrhunderts waren die entscheidenden Texte der mittelalterlichen Literatur bekanntgemacht worden. Die romantische Zuwendung zur mittelalterlichen Geschichte wurde in der großen Romanzensammlung Duráns (1793—1862) bestimmt. Der Versuch fällt auf, in der

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mittelalterlichen Geschichte die antifeudalen Elemente hervorzuheben. In diesem Sinn wird die Niederlage Peters des Grausamen im Kampf mit seinem Halbbruder Enrique de Trastamara (1369) zu einer spanischen Schicksalsstunde: durch diese Entscheidung war das Volkskönigtum einer neu vom Feudalismus beherrschten Ära gewichen. Ein weiterer Schicksalstag der spanischen Geschichte ist für die Romantik die Niederlage der gegen Karl V. rebellierenden Comuneros bei Villalar (1521). Spanien war seitdem dem Universalismus und katholischen Fanatismus der Habsburger ausgeliefert. Die Akzente sind damit schon bezeichnet, die der Krausismus noch verstärken sollte. 1876 hatte der Krausist Gumersindo de Azcárate (1840— 1917) eine Reihe von Zeitschriftenartikeln veröffentlicht, worin die völlige geistige Stagnation Spaniens in den letzten drei Jahrhunderten festgestellt wurde. Diesmal blieb aber die progressive These nicht unwidersprochen. Der junge Menéndez y Pelayo verwies auf eine Fülle von spanischen wissenschaftlichen Werken in der beschuldigten Epoche, wobei natürlich auch reine Eklektiker und Plagiatoren fremden Wissens herhalten mußten. Diese ganze Vision wird in der berühmten „Ciencia española" (1876) ausgebreitet. Menéndez y Pelayo war zutiefst überzeugt von der originären Wendung, die der spanische Geist seit der Renaissance genommen hatte. Er brachte damit ebenso die strengen Thomisten gegen sich auf wie die Repräsentanten des liberalen Spaniens. Zu diesen drei Spanienbildern trat noch ein viertes hinzu, das föderalistisch-anarchistische Geschichtsbild, das der von Proudhon primärer noch als vom Krausismus geformte Francisco Pí y Margall (1824—1901) konzipiert hatte. Für ihn bilden die Gemeinden (municipio) mit tätiger Anteilnahme des Volkes den Kern der politischen Gesellschaft. Über ihnen erheben sich die Provinzen, die eine linguistische und ethnische Einheit bilden, so zum Beispiel Galicien, Katalonien, das Baskenland, Andalusien usw. Die Bundesregierung stellt die Beziehung zwischen den Provinzen dar; ihr einziges Machtressort ist die äußere Politik des Bundes. An diesem Leitbild läßt sich für Pí y Margall ermessen, was die spanische Geschichte geleistet bzw. verfehlt hatte. Die Unabhängigkeit der Munizipien bestimmte im Mittelalter den Wanderstil des Monarchen, der von Ort zu Ort seinen Treueid zu den lokalen Einrichtungen und Gesetzen zu leisten hatte. Doch suchte die dynastische Politik eine Machtzusammenballung zu erreichen, durch die naturhafte Grenzen zwischen den Provinzen aufgehoben wurden. Das Übel ist seit der Errichtung des spanischen Einheitsstaates ein unwiederbringliches Faktum. Die Unterdrückung des geistigen und wissenschaftlichen Lebens ließ nur noch in der Kunst und Literatur eine gewisse Freiheit zu,

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wodurch sich der Doppelaspekt der Dekadenz des habsburgisch geführten Spaniens und der gleichzeitigen „goldenen" Ära der Literaturbewegung (Siglo de Oro) erklären ließ. Eine gewisse Kontinuität läßt sich im Geschichtsbild der spanischen Intelligenz erkennen. Auch die großen Vertreter der 98er Generation ValleInclán, Unamuno und Baroja wenden ihre besondere Liebe dem „bäuerlichen" Mittelalter zu, von dessen heimischen Werten das geeinigte und zum Ausgriff ins Universum sich bereitende Spanien abfiel. Für die weitere Ausarbeitung des spät- und nachkrausistischen Geschichtsbildes ist der Begriff der Elite entscheidend. Darunter ist natürlich keine gesellschaftliche Vorzugsstellung, sondern die pionierhaft vorwärtsschreitende Intelligenz zu verstehen. Ortega y Gasset hat diese Konzeption in verallgemeinerter Form als Maßstab an den gesamten Verlauf der spanischen Geschichte herangetragen. In seiner berühmten Schrift „España invertebrada", 1921 (Spanien ohne Rückgrat), erklärt er die katastrophalen Ergebnisse der spanischen Geschichte aus dem fundamentalen Mangel der zur Integration des Ganzen befähigten Eliten und aus dem Übergewicht der undisziplinierten selbstmächtigen Masse, des „elemento pueblo". Dieser Gedanke wurde durch die ersten Forschungen des bedeutendsten spanischen Mediävisten Claudio Sánchez-Albornoz, der seit 1939 in Buenos Aires wirkt, noch besonders unterstrichen. Unter den Bedingungen der „Reconquista", die eine neue Landnahme aus arabischem Besitz nur durch ein System von freien Wehrbauern ermöglichte, war von einer feudalistischen Durchstrukturierung der spanischen Gesellschaft keine Rede. Erst mit jahrhundertelanger Verspätung tritt ein spanischer Feudalismus in seinen geschichtlichen Sollstand ein. Dieser verzögerten Entwicklung wird für den ganzen Zusammenhang der spanischen Geschichte eine Art von Kettenreaktion beigemessen. In Frankreich ließ die Feudalgesellschaft das Bürgertum aus sich hervorgehen; in Spanien erlaubte die Schwäche des Feudalismus keine Entfaltung des Bürgertums. Es gab hier, wie Sánchez-Albornoz lapidar feststellte, „weder Feudalität noch Bourgeoisie". Wie steht es aber mit der großartigen Leistung der Landnahme und Kolonisierung des neuen Kontinents im 16. Jahrhundert? Man ist sich einig darüber, daß die freie, ungebundene Volkskraft, das, was Ortega y Gasset „el elemento pueblo" nannte, der subjektive Träger dieses gewaltigen Geschichtsereignisses gewesen war. Damit ist aber eine Bresche in das System des „rückgratlosen Spaniens" geschlagen. Wohl fügt Ortega y Gasset zur Erklärung hinzu, daß die damaligen Menschen wußten, was sie wollten, und daß überhaupt nur die Ausrichtung auf eine gemeinsame Tat die Inter-

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pretation einer Gemeinschaft oder einer Nation ermöglicht. Doch zeigt sich hier im konkreten Fall, daß die Hoffnung, die Strukturierung einer Nation könne nur durch die in ihr zur Herrschaft gelangte Führungsschicht zustande kommen, nicht ausreicht, um alle Tatsachen des geschichtlichen Prozesses zu klären. Welche gedankliche Macht indessen der Theorie der Elite von seiten der fortschrittlichen spanischen Intelligenz beigemessen wird, das tritt in den Forschungen des Literarhistorikers und Historikers Americo Castro besonders deutlich zutage. Castro war ein typischer Institutionist. Sein Spanienbild wird beherrscht von der Überzeugung, daß der arabische und der jüdische Sektor, insbesondere in kultureller Hinsicht, einen entscheidenden Beitrag zur Kristallisierung der spanischen Nation gegeben hätte. Alle großen geistigen Leistungen des 16. und 17. Jahrhunderts würden der Prädominanz der semitischen Kulturträger ihr Dasein verdanken. Von einer spanischen Nation könne man nur reden, wo ein Bewußtsein von der Integration der drei Elemente — des christlichen, des jüdischen und des arabischen — bestehe. Die spanische Kultur ist somit häretisch in ihren Ursprüngen, oder sie ist nicht. Américo Castro konnte auf seiner Habenseite das grundgelehrte und geistvolle Buch des großen französischen Hispanisten Marcel Bataillon, „Erasme et l'Espagne" (1937), verbuchen. Die Durchschlagskraft der erasmischen — also häretischen — Konzeption in der Bewegung der Geister des 16. Jahrhunderts wird von ihm unter Beweis gestellt. Auch Bataillon ist geneigt, den neugetauften Juden und Mauren eine Vorzugsstellung im geistigen Leben jener Epoche einzuräumen. Américo Castro ist davon überzeugt, daß alles darauf ankomme, die Erkenntnis solcher fundamentalen Einsichten durchzusetzen. Der Ort der Entscheidung wäre also nicht das noch Unbekannte, sondern das allgemein Bekannte, das neu gedeutet werden müsse. Der Erudition, die das Unbekannte ermitteln möchte, ist damit der Laufpaß erteilt. Américo Castro, heute Professor an der kalifornischen Universität La Jolla, ist mit seinen zweiundachtzig Jahren ein Feuerkopf, ein Meister der geistigen Fechtkunst geblieben. Daß er es aushielt, trotz seiner Bindungen an das heutige Spanien, das nicht sein Spanien ist, nicht mehr zurückzukehren, diese Haltung teilt er mit seinem großen Gegenspieler, dem in Buenos Aires dozierenden, etwa zehn Jahre jüngeren Claudio Sánchez-Albornoz. Auch er stand dem Kreise der Institutionisten nahe, auch er war in seinen Jugendarbeiten von den Lieblingstheorien Ortega y Gassets ausgegangen. Auch seine Emigration führte zur Erweiterung und Erneuerung seines bisherigen Forschungsrepertoires. Hatte Sánchez-Albornoz in seinen Jugendar-

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beiten noch in orteguianischer Weise den fehlenden Feudalismus im mittelalterlich-christlichen Spanien als ein Erbübel der spanischen Geschichte gewertet, so gewann das Spanien der freien Wehrbauern, der „behetrías", in der Vertiefung seiner mittelalterlichen Studien immer mehr an Eigenwert. Sánchez-Albornoz mußte der Idee Castros widersprechen, derzufolge das wahre mittelalterliche Spanien ohne den Beitrag von Juden und Mauren nicht existiert haben würde. Die Polemik wurde von beiden Teilen mit großer Härte geführt. Wenn Castro den Ausgangspositionen des institutionistischen Krausismus näher blieb, so erkaufte Sánchez-Albornoz mit der Preisgabe dieses Gedankenguts eine substantiellere Fundierung seiner Geschichtswissenschaft. Abgesehen davon, daß er mit dem Antiscientismus Americo Castros unmöglich paktieren konnte, bekämpfte er dessen vollständige Vernachlässigung des ökonomischen Faktors in der Geschichte, seine idealistische und geistesgeschichtliche Grundanschauung, die Castro jedem Ansatz zu einem historischen Materialismus entgegensetzte. Die Tragweite der im Raum der Emigration geführten Diskussion blieb den in Spanien verbliebenen Spaniern nicht verborgen. Schon 1952 hatte Miguel Cruz Hernández in einem Aufsatz des „Saeculum", „Spanien und der Islam", grundlegende Positionen bezogen. Er stellte fest, daß die drei herrschenden Geschichtsbilder der Tiefenwirkung des Islam auf Spanien Rechnung tragen müssen. Von allen wird Spaniens Zugehörigkeit zu Europa bestritten, von den einen wegen des islamischen Einbruchs (Unamuno, Ortega, Castro), von den andern wegen der Übertragung des in der „Reconquista" ausgebildeten Kreuzzugsgedankens auf die Kolonisation Amerikas (Claudio Sánchez-Albornoz). Die Traditionalisten endlich behaupten, daß nicht Spanien Europa, sondern Europa sich selbst preisgegeben hätte mit der Aufgabe des Kreuzzugsgedankens. Wahr ist — Cruz Hernández zufolge —, daß durch beständiges Konnubium der frauenlos nach Spanien übergesetzten Mauren und durch Islamisierung des dadurch steuerbegünstigten Gros der Landbevölkerung Tatsachen geschaffen worden waren, die der christlichen Rückeroberung des maurischen Spaniens den Charakter eines über achthundert Jahre ausgedehnten Bürgerkrieges verliehen. Der in Barcelona wirkende Historiker Jaime Vicens Vives (1910—1966) nahm in der 1960 zum zweiten Mal aufgelegten „Aproximación a la historia de España" (Annäherung an die Geschichte Spaniens) zu den in der Kontroverse Castro—Albornoz angeschnittenen Problemen Stellung. Was vom Autor im Vorwort zur zweiten Auflage an Veränderungen in der spanischen Atmosphäre seit der acht Jahre zuvor erschienenen Erstauflage festgestellt wird, läßt uns aufhorchen: Neubelebung der philologisch-institutioni-

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stischen Schule; erfolgreiches Aufkommen der ökonomisch-sozialen Methode; Absterben der Ideologie des Falangismus. Das will nicht mehr und nicht weniger besagen als die Vorherrschaft des institutionistischen Liberalismus sowie des wissenschaftlichen Traditionalismus gegenüber den in Spanien völlig bodenlos gewordenen Lehren des Franco-Staates. Der Zusammenhang der spanischen Nationwerdung mit dem römischen und mit dem westgotischen Hispanien, den Sánchez-Albornoz behauptete, wird von Vicens Vives, der hier Castro folgt, preisgegeben. Damit ist auch die Hauptthese Américo Castros bestätigt, derzufolge das Schicksal der spanischen Nation erst mit der Eroberung der Mauren beginnt. Die Rolle der Mozaraber als Dissidenten im islamischen Spanien und als Aufpeitscher des Nationalismus sei geringer, als Albornoz und mit ihm der Madrider Historiker José Antonio Maravall annehmen. Während aber Castro die heidnischen Ursprünge des Jacobus-(Santiago-) Kultes in Spanien breit ausführte, fordert Albornoz, von Vicens Vives gefolgt, das Studium der geistigen Ausstrahlungskraft dieses Kultes, nicht seiner Entstehung. Vicens Vives stimmt auch darin mit Claudio Sánchez-Albornoz überein, daß die wirkliche Kenntnis des christlichen Spaniens nicht in den Kanzleiformeln von León, sondern in den Kampfzonen gesucht werden müsse. Über diese Debatte hinausgehend, beklagt Vicens Vives die Vernachlässigung der Verhältnisse im Osten und in Katalonien. Im Gegensatz zum kastilischen Imperialismus hatte diese Reichshälfte einen durch Verträge garantierten Pluralismus, ein Nebeneinanderbestehen und Zusammenspiel ausgebildet. Die von der Aufklärung und dann die von Menéndez y Pelayo gestellte Frage nach dem Beitrag von Spanien für Europa wird von den orteguianischen Philosophen mit lauter Abstrichen an der optimistischen Konzeption Menéndez y Pelayos beantwortet. In seinem Buch „Los españoles" (Madrid 1962) wird von dem Ortega-Schüler Julián Marías (geb. 1914) ausgeführt, daß zwischen 1500 und 1650 der Beitrag Spaniens reich an künstlerisch-genialen Werken gewesen sei, aber einer entsprechenden schöpferischen Produktion auf dem Gebiet der Naturwissenschaften, der Mathematik und, bis auf Suárez (1548 — 1617), auch der Philosophie völlig entbehrte. Seit dem Tode Quevedos (1580-1645) oder Calderóne (1600—1681) bis ins 19. Jahrhundert hinein hätte der spanische Geist sich zu keiner überragenden Leistung mehr aufgeschwungen. Das Bild der politischen Misere wird noch einmal aufgezogen von dem uruguayanischen Soziologen Carlos Maria Rama in „La crisis española del siglo X X " (México 1962). Alle Kenner des heutigen Spaniens seien sich darüber einig, daß die Probleme der Wirtschaft, der Gesellschaft, des Staa-

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tes einen veralteten, anderwärts längst überwundenen Zustand darstellten. Der spanische Staat blieb im feudalen Mittelalter stecken; er ersparte sich die Wandlungskrise, die allen anderen Ländern beim Eintritt in die Neuzeit auferlegt worden war — aber der Kaufpreis war eben die Dekadenz, der Niedergang auf allen Gebieten. Den Habsburgern sei es gelungen, ein Weltreich zu begründen, nicht aber, die Homogenität der spanischen Gesellschaft zustande zu bringen. Der Ausspruch Karl Marxens behalte seine Gültigkeit, demzufolge Spanien wie die Türkei ein Konglomerat von schlecht verwalteten Provinzen mit einer monarchischen Spitze sei. Die im 19. Jahrhundert von Mendizábal, gewiß aus antiklerikalen Motiven, verfügte Amortisation der Kirchengüter hätte nur zur Vermehrung und Bestärkung des Latifundienbesitzes beigetragen, den zu schützen den einzigen Sinn der Maßnahmen des Staates bis in die Gegenwart hinein gebildet hätte. Gegenüber dieser historischen Kalamität gewinnt der Aufstand der Intelligenz seit 1898 an Leuchtkraft: „Es gibt in der damaligen Literatur der anderen europäischen Völker keine Parallele zu dem, was in Spanien vor sich ging: der Entstehung eines Kreises von glänzenden Denkern, denen die ganze Nation willfährig ihr Gehör schenkte" (S. 61). So groß der Spielraum und die Variabilität dieser Klaviatur von Geschichtsinterpretationen erscheinen muß, so bleibt doch entscheidend das Bewußtsein der Berufung und der historischen Verantwortung der spanischen, um die Jahrhundertwende konstituierten und für ihre Aufgaben wohl vorbereiteten Intelligenz.

II. Eine Generation der Niederlage Mit der „Generation von 1898" fand sich die spanische Intelligenz zu einer Partei der Verzweiflung zusammen. Nicht umsonst verknüpfte sie ihren Namen mit jenem peinvollen Datum der Niederlage, die das Schlußglied in einer Kette der Zusammenbrüche bildet und die letzten Reste eines spanischen Überseereiches beseitigt hatte. D a s war ein unausbleibliches Ergebnis eines mit anachronistischen Mitteln geführten Kampfes gegen die höchstgerüstete und modernste Weltmacht der Vereinigten Staaten. Was geschah, das sah man mit lähmendem Entsetzen kommen. Kein Gedanke, daß die blasierten Spanier sich an den Schein des verflossenen Glanzes hängten! Längst war die letzte Illusion in die erstarrten Herzen zurückgenommen,

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als die letzte Fassade eines spanischen Universums unter den Schüssen der amerikanischen Schiffskanonen ins Meer sank. Die Nation war darüber empört, daß auch der Verlust ihrer Illusionen die Katastrophe nicht hindern konnte, daß das Opfer der inneren Freiheit das Steuer des Staates nicht von dem offensichtlichen Abgrund zurückzureißen vermochte. Durch die militärische Niederlage wurde die kaum vernarbte Wunde der verlorenen Freiheit von neuem aufgerissen. Nur eine schon geschlagene Nation konnte den Schlägen eines imperialistischen Raubstaates verfallen, der im Namen der Humanität und aller Fortschrittsgedanken das Rächeramt der Geschichte antrat. In der Katastrophe von 1898 wurde der wahre Umfang der vorhergegangenen Katastrophe von 1876 erst richtig erkennbar. Der Verlust des jahrhundertelang tobenden Freiheitskampfes mußte die nationale Existenz mit dem Verlust ihres Lebenssinnes bedrohen. Spaniens bürgerliche Gesellschaft hatte mit allen erschöpfenden Siegen nur die Ohnmacht zur Bildung eines politischen Staates bewiesen. Durch die Alfonsinische Restauration (1876) war der permanente Machtkampf zwischen Fortschritt und Reaktion einem faulen und waffenlosen Frieden gewichen. Diese Restauration sah keine Gefahr darin, mit den hoffnungslosen Freunden der Freiheit innerpolitische Pakte zu schließen, und sie konnte straflos dem Dilettantismus der Reaktion die Vollmacht zu einer Politik der äußeren Katastrophe erteilen. Durch die Ohnmacht des spanischen Liberalismus wurde die spanische Reaktion trotz aller Verirrungen immer von neuem ermächtigt. Das ist der Sinn in den mißverständlichen Worten des großen Dichters Antonio Machado (1875-1939): „In Spanien — das dürfen wir nie vergessen — pflegt die politische Aktion mit fortschrittlicher Richtung schwach zu werden, weil sie der Ursprünglichkeit ermangelt. Sie ist ein bloßes Mimikry, welches nicht weiter geht, als daß es bloß eine neue Reaktion aufstachelt. Es sieht so aus, als funktionierte in unserer gesellschaftlichen Maschine nur der reaktionäre Antrieb mit einiger Genauigkeit und Stärke. Die Politiker, die ihre Politik auf die Z u k u n f t ausrichten wollen, müssen die immer bereite Reaktion im Untergrund bedenken, die in Spanien jedem oberflächlichen Fortschritt nachfolgt. Unsere sogenannten .linken' Politiker ... berechnen nur selten, wenn sie ihre Gewehre mit zukunftsstrotzender Rhetorik laden, den Rückschlag der Waffe, der meist mehr Gewalt zu haben pflegt als der Schuß."

Aus dem Versagen der liberalen Politik wird hier die Unaufhebbarkeit der spanischen Reaktion gefolgert. Ist dieser Pessimismus berechtigt? Ja — wenn mit dem Versagen des Liberalismus die letzte Karte des geschichtlichen Fortschritts ausgespielt worden wäre. Aber war diese Schwäche nicht selbst eine Folge der Ängste, mit denen man dem Aufstieg der neuen geschichtlichen Klasse des Proletariats nun auch in Spanien begegnet? Es war

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unvermeidlich, daß die Generation von 1898 von den Gedanken des Sozialismus betroffen wurde. Aber sie glaubte, die radikalere Lösung zu treffen, indem sie sich über die zerrissene Verbindung mit der politischen und gesellschaftlichen Praxis hinwegsetzen wollte — eine freischwebende Intelligenz, die sich im Rückzug auf die unverlierbare Realität des individuellen Lebens zum authentischen und wahrhaftigen Ausdruck der spanischen Wahrheit akkreditierte. Bei der negativen Erfahrung der Realität sucht sich der Idealismus ein neues Asylrecht. In der Niederlage findet er einen einzigartigen Anlaß, um für jeden Verlust eine Verheißung des Geistes als Trostpreis zu setzen. Daher gehören Niederlagen zu den unwiederbringlichen Gelegenheiten des Geistes. Und so verklärt sich die Generation der Niederlage zu einer Generation der Triumphe. Nach den Worten des Philosophen Ortega y Gasset „verrät es eine Art von geistiger Armut, wenn man nicht gewillt ist, auch in der Niederlage eines der Gesichter zu erkennen, die das Leben annehmen kann". Dieses Gesicht einer alle Wirklichkeit erschöpfenden Niederlage ist auf das Abenteuer des freigesetzten Bewußtseins gerichtet. In der Niederlage sammelt sich eine neue Kraft der Selbstbehauptung. Die Symbolik der spanischen Niederlage versetzte auch die entfernteren Geistesräume in Schwingung. Es war der Blitzstrahl, der die unbewegte Fin-de-siècle-Stimmung plötzlich zerteilte. Ein Russe, Wladimir Solowjow, schrieb im Juli 1898 einen kleinen Aufsatz mit dem grellen Titel „Nemesis". Die Vergeltung hatte das Spanien der Inquisition getroffen, einen Staat, der sich auf „das höllische Geschäft des Seelenmordes" eingelassen hatte und den „Kult des Molochs unter christlichem Vorzeichen und Namen" eingeführt hatte. Dieses apokalyptische Bild glich freilich in Wahrheit mehr dem Spanien des Iwan Karamasowschen Großinquisitors als dem Spanien, das die Geschichte verstehen lehrte. Aber hatte nicht Castelar, einer der legitimen Väter der chaotischen Ersten Spanischen Republik, den Stab über jenes vergangene Großreich gebrochen, das er „ein einziges über die Erde gespanntes Schweißtuch" nannte? Solowjows Urteil war indessen keineswegs aus der Sphäre der liberalen „Vorurteile" gegriffen, sondern im Licht der Heilsgeschichte getroffen worden. Seine Betrachtung schließt mit einer spiritualen Erwartung: „Niemals sterben Nationen. Die Seele Spaniens kann wieder auferstehen. Indessen — als politische Macht mußte dieses Spanien untergehen, um für seine Niedertracht zu büßen." Als diese Zeilen geschrieben wurden, war die Erwartung der Wiedergeburt in Spanien schon ein

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sicheres Versprechen. Ramiro de Maeztu, der den publizistischen Talenten seiner Generation voranging, hatte Monate zuvor schon geäußert: „Traurig, sehr traurig diese Niederlage — aber wenn sie uns dazu verhelfen sollte, unsere inneren Kräfte zu sammeln, so müßten wir darum dieses Sedan willkommen heißen."

Diese Generation hatte keine gütigen Feen, sondern nur Sorge und Enttäuschung an ihrer Wiege. Weder hatte der Liberalismus eine staatliche Form von Dauer errungen, noch hatte der Traditionalismus durch die drei karlistischen Schilderhebungen seinen Anspruch durchsetzen können, und die Linie des Ausgleichs, die mit der Thronbesteigung Alfonsos XII. (1875) durchdrang, ließ die Parteien ohne die Kraft der Uberzeugung bestehen. Dieses Ergebnis war von den Machern der Restauration berechnet und angebahnt worden. Cánovas del Castillo (1828—1897) ging jetzt daran, die abgekämpften Parteien auf einen halbkonstitutionellen Zustand zu verpflichten und in der wechselseitigen Verstrickung der Macht zu entkräften. D a s berüchtigte Wort, Spanier sei nur, wem sonst in der Welt nichts übrigbleibe, hängt sich belastend an den Namen dieses Staatsmannes. In Wahrheit hatte Cánovas gesagt, die Zukunft der Menschheit werde durch die modernen Großmächte geschmiedet, die mit ihren egoistischen Zwekken dem Fernziel einer geeinten Menschheit näher kämen als die gefährlichen Utopien kosmopolitischer Träumer. Spanien müsse vor seinem Wiedereintritt in das Konzert der Mächte das Gesetz der eigenen Tradition zum Vernehmen bringen. Denn für eine Nation sei die Unkenntnis ihrer Überlieferung soviel wie der Verzicht auf geistiges Leben. Spaniens märchenhafter Aufstieg zur Weltmacht sei durch das Arrangement einer Reihe von glücklichen Zufällen vorbereitet worden, doch um die durch Erbschaft und Konnubium zusammengelegten Räume der Welt zu besitzen und zu behaupten, bedürfe es der „angestammten Energie unseres Charakters". Der Appell an das Bewußtsein der inneren Kraft gilt auch für die glücklosen Verhältnisse, in die sich die Nation zu Cánovas' Zeiten verflochten sah. Und hier der viel mißdeutete Ausspruch: „Niemand kommt in dem Jahrhundert, in der Nation, in den Verhältnissen zur Welt, die er sich wünscht." Besser als ein Sieg durch Verkettung von Glücksumständen sei das innere Bewußtsein, die Kräfte des Siegers auch in der größten Ungunst der Weltverhältnisse zu wahren. Der stoische Rückzug ins Innere findet immer neue Gründe: „Alles im Leben ist gleich — außer dem eigenen Gewissen und dem eigenen Verdienst." Sind das die Worte eines Staatsmannes? Jedenfalls konnte auf diesem Wege die drohende nationale Katastrophe nicht mehr abgewendet werden. Man bezieht vielmehr schon im voraus die innere Posi-

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tion für die äußeren Zusammenbrüche. Durch die Hand des rächenden Anarchismus wurde Cánovas dem nicht minder ungnädigen Schicksal entrissen, die fatalen Früchte seiner Restauration zu ernten. Auf den pessimistischen Grundton verstand sich die 98er Generation mit diesem Meister des politischen Liquidationsgeschäftes. Diese Generation wird aber von einer exzentrischen Intelligenz gebildet, deren extremer Individualismus den paradoxesten Zug ihrer Gemeinsamkeit ausmacht. Da die noch überlebenden Begründer der Gruppe sich heute selbst nicht mehr an ihren übergangenen Anteil zu entsinnen vermögen, wird der Name zuweilen beliebig für die gesamte Intelligenz eines Menschenalters verwendet. Der erweiterte Kreis von Vorbereitern und Epigonen lagert sich aber um einen festen Kern von Geistern, deren Initialen sich in dem neuerdings aufgebrachten Merkwort VABUMB versammeln: Valle-Inclán, Azorín, Baroja, Unamuno, Maeztu und Benavente (1866—1954). Andere folgten, wieder andere gingen voraus, die eine neue Atmosphäre des geistigen Lebens erschufen. Da ist Costa, der ungebärdige Nationalreformer, hier Clarín, dessen wahrhaftiger Denkstil einer gebrochenen Wahrheit entrungen wurde — beide wurden schon im Zusammenhang mit der krausistischen Nationalpädagogik erwähnt. Das Geburtsjahr der Generation fällt mit dem Todesjahr ihres vielerinnerten Wegbereiters zusammen. Angel Ganivet (1865 — 1898) aus Granada lebt als Konsul in Finnland und stirbt mit 33 Jahren den stoischen Freitod in der Düna. Ganivet sah in der „diamantenen Achse" die stoische Mitgift der spanischen Seele. Seine unbewältigten Widersprüche wurden in aphoristisch zusammengedrängter Form zum Grundstock des berühmten „Idearium español" (1897), dieser seltsamsten aller nationalen Fibeln, die als ein Repertorium der spanischen Lebenswahrheit gedacht war und auch solche Wirkungen übte. Ganivets „Idearium" wurde neuerdings einem Tiefseeaquarium verglichen, in dem Ideen wie Fische ihr grundloses Wesen treiben. Aber es steckt doch ein bleibender Zug darinnen; die Selbstbestimmung des in der Achse von Diamanten verankerten spanischen Lebens, die spanische Einkehr hinter den eigens und hermetisch abgedichteten Grenzen, die stille Erwartung der noch unverwirklichten nationalen Erfüllung nach so lange durch äußere Mächte bewirkter und aufgezwungener Geschichte: „Nach Epochen ohne charakteristische Einheit haben wir eine spanisch-römische, eine spanisch-westgotische und eine spanisch-arabische Epoche gehabt. Was darauf folgte, war die spanisch-abendländische und die spanisch-koloniale Geschichtszeit. Aber nicht besessen haben wir eine rein spanische Geschichtszeit, der unser schon gefestigter Geist seine Frucht auf seinem eigenen Gebiete hätte geben können."

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Daher ist man zum Vertrauen auf die Z u k u n f t berechtigt. Ganivet sagte denn auch: Ich habe den Glauben an die geistige Z u k u n f t Spaniens — darin bin ich vielleicht in übertriebener Weise optimistisch."

Ein Buch der Hoffnung also, in dem der fatale Rückzug der spanischen Geschichte in die spanische Geographie die Frucht einer nationalen Selbstbesinnung hervorbringt. Der geschichtliche Epilog einer langen spanischen Dekadenz schrumpft damit zu einer Jugendkrise zusammen. Und mit dem Blick auf eine unbegrenzte Zukunft muß dieses Spanien sich an die Kritik seiner unbeständigen Traditionen wagen und sich dabei zugleich der zeitlosen Schicksalszüge versichern. Ganivet ging offenbar in die Schule eines modischen Nationalismus. Mit der territorialen Auffassung nationaler Gemeinschaft ist die Wirkung der Lehren von Maurice Barrés zu spüren: „Der erdgebundene (territorial) Geist ist das, was am längsten dauert in einem Land — das einzige, was für uns zeitlos ist." Das Verhältnis von Mensch und Erde, Klima und Temperament gehört zu den beliebtesten Themen aus der antiken Kosmologie. Der Positivismus wollte in streng kausaler Begründung den Menschen als Produkt seiner Landschaft erfassen. So hat Macias Pica vea (gest. 1899) in seinem 1899 erschienenen Buch „El problema nacional" eine Klimatologie des spanischen Genius entworfen: „Ein so erregendes und energisches Klima muß in jeder Stunde die Tätigkeit der Sensitivität aufreizen und in beständigem Schwung erhalten, im Angesicht der Wellen des Lichtes, der jähen Temperaturstürze, der stimulierenden Trockenheit der Luft und des jähen Anpralls der Winde ..."

Erst der nachromantische Symbolismus will in der Landschaft Akzente der Seele erkennen. In der spanischen Landschaft stecken so viele Werke der Kultur eingezaubert, ihre Nennung berührt wie das Urerlebnis eines Stiles, in dem sich ein nationales Bewußtsein bekundet. Angel Ganivet findet die eigentümlich prägende Kraft des Stils im elementaren Unterbau, in den ursprünglichen Formgedanken, in den Schicksalslinien der Erdgeschichte, aus denen die Sprache der Ornamente hervorgeht. Ganivets spanische Meditation ist die Einkehr zur Mitte. Sie fordert, einem Worte Ganivets zufolge, einen Akt der „reconcentración": Eine Wiedererstarkung des ganzen spanischen Lebens muß mit der konzentrischen Zusammenfassung aller Kräfte innerhalb unseres Gebietes beginnen. Man muß die Türen mit Riegeln und Schlössern verrammeln, durch die der spanische Geist entweichen und in die vier Himmelsrichtungen zerstieben könnte."

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Ein neuer Wahlspruch müßte den spanischen Geist zu seiner Sendung zurückrufen: „Noli foras ire, in interiore Hispaniae habitat Veritas" (Geh' nicht außer Landes, in Spaniens Innern wohnt die Wahrheit).

Der junge Ramiro de Maeztu nimmt die gleiche Losung auf, gibt ihr aber ein konkretes Ansehen. Die „reconcentración" muß das Werk einer „reconquista" (Wiedereroberung) tun. Wie einst der spanische Boden Zoll um Zoll der Gewalt des Halbmondes entrissen wurde, so müsse heute die Heimat Schritt für Schritt aus ihrer Entfremdung herausgeführt werden. Maeztu hat das Bild einer Prosperität vor Augen, die, von den Randgebieten ausgehend, das kastilische Zentrum ergreifen müßte: „Die Kolonisierung Kastiliens ist ein doppeltes Geschäft von höchster Bedeutung für die Küstengebiete. Die ruhenden Ersparnisse müßten eingesetzt und M ä r k t e und Industrien vergrößert w e r d e n . "

Dieses Programm einer wirtschaftlichen Ankurbelung soll aber zugleich den Richtpunkt für eine geistige Erneuerung geben: „Für die Intellektuellen ist diese Kolonisierung ein neues Ideal. M a n verurteile es nicht als prosaisch und kümmerlich. Kümmerlich sind die Dichter, die das Hohelied der Dividende und der Börse nicht anzustimmen verstehen, w o doch die Aufgabe so verführerisch ist, unsere leere Romantik in praktischen Enthusiasmus zu verwandeln."

Daher besteht für Ramiro de Maeztu im Bereich der zeitgenössischen Literatur nur ein Romancier wie Pérez Galdós (1843 — 1920), denn nur er hat „die Keime des spanischen Kapitalismus" erkannt und beschrieben. Die „Verführung" durch das „Hohelied der Dividende" ist in der Zwischenzeit stark verblaßt — Ramiro de Maeztu aber wurde aus einem liberalen Propheten des spanischen Kapitalismus zu einem Laudator temporum actorum, als welcher er 1936 den Tod fand. Man muß diese naiven Ausbrüche eines spanischen bürgerlichen Nationalismus als ein bezeichnendes Stück der spanischen Ideographie betrachten. Das wirtschaftliche Postulat stieß auf keine entfaltete Wirklichkeit der spanischen Produktionskraft, sondern erschloß nur eine neue Mythologie zur geistigen Innewerdung und Selbstbestimmung. Bei der Bestandsaufnahme der nach dem politischen Bankrott von 1898 noch erkennbaren Energien entdeckt Maeztu die Regsamkeit zielbewußter Individualitäten auf allen Gebieten des nationalen Daseins:

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„Diese Individualitäten sind d a , und sie geben uns die H o f f n u n g auf bessere Tage ... Diese Männer, die heute nur wenige sind und in der Zerstreuung leben, werden morgen mehr sein, sich zusammenschließen und den arbeitswilligen Teil der Nation um sich scharen. Auf ihren Schultern wird sich ein neues, edleres, reicheres Spanien erheben."

Der Gedanke einer rächenden Aristarchie erscheint hier als das beherrschende Motiv, an dem sich die spanische Intelligenz auch in der Folgezeit mit wachsender Bestimmung orientieren wird. Die Ideen Ganivets und Maeztus laufen auf diesem Punkt wieder zusammen. Ganivet sah wie Maeztu schon in der Gegenwart eine zukunftswillige Elite. Die Beschäftigung mit der damals zur Bedeutung aufsteigenden Partei des Sozialismus führte ihn allerdings bald zu der enttäuschenden Annahme, daß hier radikale, eine neue geistige Hierarchie verheißende Impulse schon im Rückzug seien und der Materialismus der bürgerlichen Klasse nur auf einer tieferen Stufe nachgeahmt werde: Als sich Ganivet mit dem allerdings schnell wieder aufgegebenen Gedanken trug, den Auftrag einer nationalen Elitebildung in die H ä n d e der Arbeiterklasse zu wünschen, wurde er zum Vorläufer von Georges Sorel. Der Granadiner Ganivet unterscheidet sich im übrigen von dem Basken Maeztu, wenn er sich mit seinem spanischen Ethos zu einem glatten Verzicht auf allen europäischen Fortschritt bewegen läßt. Prosperität würde einem Volk nur neue Krisen bescheren: „Sie macht die guten und schlechten Eigenschaften einer Nation sichtbar." Der ökonomische Fortschritt verlangt die Unterwerfung der Individuen unter eine kollektive Organisation, die Ganivet ebenso unerträglich findet wie die Zumutung an die spanische Seele, ihre „soldatische" (guerrero) Grundhaltung der militärischen Entseelung zu opfern. Die spanische Situation um die Jahrhundertwende wird von beiden Seiten her, von Maeztus utopischem Wirtschaftsdynamismus wie von Ganivets spiritualistischem Optimismus, gleichermaßen erleuchtet. Ganivet will alle Wirtschaftskräfte in geistige Werke sublimieren. Maeztu findet in den Schlagwörtern der Prosperität und Wirtschaftsplanung ein metaphorisches Sinnfeld. In beiden wirkt das Gesetz, unter dem Spanien an der Schwelle der Neuzeit Großmacht wurde und, den Zenit erreichend, doch schon überflügelt war von der nationalen Gesinnung der jüngeren nationalen Staatengebilde. Die „Bekehrung" Maeztus liegt nur in der unbeirrbaren Konsequenz der Heilserwartung, die er zeitlebens auf den neuen Typus eines spanischen Unternehmers setzte. Maeztu wurde katholisch, als der bedrohte Kapitalismus des göttlichen Beistandes bedurfte. Aber die Religion verwandelte sich für den anglisierten Maeztu in ein Vademekum der Wirtschaftsmoral, wo-

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mit er das Vertrauen seiner neuen politischen Freunde auf schwere Belastungsproben stellte. Hinter der frommen Kutte war das Teufelsbein nicht zu verbergen. Selbst als der in Madrid Erschossene schon in den heiligen Stand der faschistischen Märtyrer versetzt war, wurde vielsagend geäußert, daß diese Bekehrung im Grunde zu früh erfolgt sei. All diese Widersprüche sind aus dem Gegensatz eines pionierhaft fortschrittsgläubigen Kapitalismus und der im Grundbesitz verankerten spanischen Reaktionsgesellschaft erwachsen. Erst seit der Auftrieb des Proletariats die Mittlerstellung des Kapitalismus bedrohte, kam eine defensive Front der besitzenden Gruppe zustande. Das System des Sozialismus steht und fällt mit dem Bestehen solidarischer Triebe und unvermittelter Formen der Gemeinschaftsbildung. Darum leugnet Maeztu, daß den Menschen irgend etwas gemeinsam sei außer den Werten, die sie als Richtpunkt des Handelns in hierarchischer Ordnung über sich finden. Davon abgesehen, ist nur das Individuum wirklich. Nicht durch den Zwang der Menschen, in gemeinsamer Sache zusammenzustehen, sei die Gesellschaft entstanden — nicht durch die gegenseitige Bindung der Menschen, sondern allein durch die Anerkennung der Grundkraft, die alle vereinzelten Wesen verbindet: durch Gebet, durch eine fortgesetzte „Fühlungnahme mit Gott". Diese „Fühlungnahme mit Gott" ist nach Maeztu die einzige unvermittelte Beziehung, die ein Wesen zu einem anderen Wesen herstellen könnte. Alle anderen Beziehungen müssen aus dieser einzig unvermittelten erst vermittelt hervorgehen. Nur durch Gott ist der Verkehr zwischen Menschen vor Skepsis gesichert. Nicht der mystische Aufschwung ist für ein solches Schema bezeichnend, sondern der Abbau der menschlichen Front, deren Stelle ein System der Vermittlungen einnimmt. Maeztu betont, daß es keiner Umschmelzung der Individuen in die Gemeinschaft bedürfe, wenn die von Gott gestifteten Überlieferungen ihre vermittelnde Kraft zurückerhielten. Jeder steht dann an seiner richtigen Stelle mit seinem individuellen Einsatz. So bleibt Maeztus Grundüberzeugung gewahrt, daß die Rettung Spaniens durch die individuelle Initiative der Unternehmer erfolgen müsse. Religion ist hier zum Werkzeug der Gesellschaft und ihrer Geschäfte geworden, und auch die Traditionen müssen durch ihre mitreißende Kraft in den Dienst dieser Zwecke treten. Wenn der Anarchismus den individuellen Protest bis zur Sprengung der gesellschaftlichen Ordnung vortreibt, wird das Individuum zum Pol der konservativen Gesellschaftsordnung. Anarchismus und Traditionalismus waren Gegensätze in steter Berührung. Es ist schwer, den Brennpunkt so verschiedenartiger Geister wie Ganivet und Maeztu, Unamuno, Joaquín Costa, Clarín und Antonio Machado zu

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zeigen. Jeder dieser Namen zielt auf eine abgeschlossene Welt von unvergleichlicher Prägung. Aber gerade in diesem extremen Individualismus hat man schon einen ersten Z u g der Generationsgemeinschaft gefunden. Diese Züge lassen sich bei näherer Betrachtung noch etwas mehr verdichten. Es sind zunächst gemeinsame Aversionen, die dieser Gruppe von spanischen Dichtern, Philosophen, Nationalreformern, Literaturhistorikern und Kritikern doch einen gemeinsamen Ansatz geben: der Protest gegen die unbesehenen Konventionen des spanischen Lebens, vor allem die Absage an die spanische Schaukelpolitik der professionellen parlamentarischen Geschäftemacher. Der Angriff der 98er richtet sich nicht nur gegen bestimmte Politiker, sondern gegen die Politik überhaupt. So erklärte Azorin: „ E s gibt nichts Abscheulicheres als einen politischen Menschen. Der Politiker ist ein Mensch, der sich wie ein A u t o m a t bewegt, der im Halbschlaf Reden hält, der Versprechungen macht, ohne zu wissen, daß und an wen er sie macht, der Leuten die H ä n d e schüttelt, die er nicht kennt, der vor allen Dingen lächelt, immerzu lächelt, mit einem stupiden, automatischen Lächeln."

Haß auf den dummdreisten Optimismus gehört zum Grundton dieser Intelligenz, die nur hinnimmt, was sich in der subjektiven Nacht ihrer Verzweiflung bewährt hat. „Etwas müssen wir Pessimisten sein", empfiehlt Pio Baroja, „aber mit einem kritisch verstehenden Pessimismus. Niemals soll man dem Pessimismus erlauben, daß er vom Hirn zu den Händen herabsteigt." Dieser Pessimismus soll lenken, nicht lähmen. Freilich — der Kitt des unreflektierten Lebens, die Geltung der Konventionen kann vor dem kritisch geschärften Auge der Pessimisten unmöglich bestehen. Durch das Wort sucht sich die veraltete Konvention die Aura der Zukunft zu geben. In der Rhetorik bekämpft man das Klima aller überkommenen Konventionen, ihre Wiege und zugleich die immer betriebsame Werkstatt der erstarrten Schablonen des parasitären Lebens. Als der rhetorische Traum der ersten liberalen Republik zerronnen war, befand sich der Schöpfer der Restauration, Cánovas del Castillo, sofort in der folgerichtigen Kampfstellung gegen die politische Rhetorik. In der Sophistik der Beredsamkeit sieht er als Wächter der neu aufgerichteten Königsmacht den geschworenen Feind jedweden besonnenen Aufbaus. Als typischer Konservativer bekundet er den Glauben an die dauernde Kraft der Verhältnisse und das unbesiegbare Mißtrauen gegen den Verbalismus der Ideen. Spaniens Wiederaufbau bedurfte der schöpferischen Stille. Darin stimmt der radikale Reformer Joaquín Costa mit dem reaktionären Cánovas del Castillo völlig überein: „Wir werden nicht eher ein Vaterland wiederhaben, ehe wir aus unserer Politik eine große Kartause machen — die

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heilige Herrschaft des Schweigens ..." In dem neu aufzubauenden Spanien müsse die Stille eines Spitals herrschen. Das spanische Volk „will lieber als den Duft eurer rhetorischen Blüten, meine Herren Redner, den Geruch des Düngers auf seinen Feldern haben!" Und Menéndez y Pelayo: „Wenn Gott seine schreckliche Gerechtigkeit an einem Volk vollstrecken will, dann schickt er ihm die Redner dutzendweise." Azorin zerbricht als erster den Kunstbau der Periode; seine empfindsamen Sätze sind Antennen, auf die eine neue Wirklichkeit einstrahlt. Der Impressionismus steigert sich in der Romankunst eines Pío Baroja zum Pointiiiismus. Mit der Verwerfung der Rhetorik kämpft er gegen das Schlagwort, das in ihr seine Wiege hat. Solche mythologische Topik steckt in allen möglichen Ideen von fortwirkender Prägekraft. So zum Beispiel in „der Idee, aus Spanien eine große Nation zu machen. Dieses Bedürfnis, einer großen Nation zuzugehören, ist das Ideal eines französischen Portiers und des deutschen Feldwebels ... Ebenso muß man den großen Männern mißtrauen. Die gibt es überhaupt nicht ... In der Nähe betrachtet, sind es jedesmal Kartonfiguren."

Die Ablehnung jeder Rhetorik fällt für Pio Baroja zusammen mit der Absage an das Politische überhaupt. „Diese Rhetorik mit ihrem melodramatischen Tonfall, ihrem großen Pinselstrich und ihren feierlichen Gemeinplätzen erstickt alle Keime einer Zukunft, wenn es für Spanien eine solche noch gibt."

Ihre gemeinsame Kampffront war nicht gegen die Traditionen, sondern gegen die Konventionen gerichtet. Traditionen sind Elemente des Daseins. Aber sie wirken nicht, wie jene, durch einen äußeren Zwang, durch den sich das gedankenlos Übernommene festmacht. Durch den beständigen Hang zur Kristallisierung schien das spanische Leben wie eingefriedet in ein System von versteinerten Formen. Darum galt es, gerade die echten Traditionen von ihren falschen Überlagerungen freizulegen, die Werke des lebendigen Glaubens — wie Unamuno es fordert — von den Werken des toten Glaubens zu scheiden. Diese Aufgabe versetzte die Stilbemühungen in eine neue Spannung. Die Wahrheit an sich verhält sich gegenüber der Sprache beliebig. Aber die brennende Frage ging ja nicht darum, Erkenntnisse zu sammeln, sondern die wahrhaftigen Werte zu sichern. Daher das Verlangen nach einem aufrichtigen (sincero) Stil, d. h. nach dem authentischen Ausdruck, den jeder wie seine Schicksalslinie für sich allein hat. „Autenticidad" und „sinceridad" werden in dieser personalistischen Welt zu obersten Werten. „Sie genauso wie ich und wie die anderen", schrieb Una-

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muno an Clarín, „haben im Einklang mit dem Verlangen, das die geistige Atmosphäre erfüllt, von uns Aufrichtigkeit zu fordern gehabt." Auch Lyrik läßt diesen Wert als einzigartigen Maßstab ihrer Wertungen gelten. Noch in jüngerer Zeit erklärte der Lyriker Pedro Sahnas, das Gedicht verlange vor allem authentisches Wesen, und dann Schönheit, und zuletzt erst Geist! Wie in allen europäischen Kulturen ist die zwangsläufige Abkehr der Bourgeoisie von ihren Fortschrittsgedanken und Erkenntniszielen, der Zusammenbruch ihres normativen Weltbildes von einem Dammbruch des Subjektivismus der irrationalen Strömungen und der unendlichen Kombination eines impressionistischen Denkstils geleitet. Das bedeutet eine ungeheure Inflation der Gedanken, die schon an und für sich die Deflation der Rede begünstigen mußte. Sprache muß sich des neuen Reichtums der Gedankenbildung versehen. Alle Zucht liegt fortan in der Arbeit der Sprache. Sprache muß akkreditieren, auf neuen Wegen Vertrauen erwerben, ihre Sinnkraft in einem unerschöpflichen Repertoire von unwiederholbaren Situationen bewähren. In der „modernistischen" Lyrik hat sich die Sprache der Werkstatt zur neuen Verdichtung der Wortbedeutung geschaffen. In der Dichtung will die Epoche der Willkür des Subjektivismus entrinnen und aus der Urkraft des Wortes die neue Wertung, das neue Gesetz, die neue Ordnung für die der Formung entgegenharrende Welt vernehmen. Wie in Deutschland der Kreis um George, greift die Dichtung auch anderwärts in alle Geistesbereiche, um sie mit orphischen Worten aus ihrem Chaos zu lösen. Überall drängt das Wissen in esoterische Kreise, überall wird die Verbindung mit den Erkenntniszielen der Wissenschaft unterbunden. Dichtung in absoluter Zeitentferntheit konnte gerade die tiefste Wirkung auf die verschiedensten Lebens- und Wissensgebiete üben, weil sie dem Streben entgegenkommt, Normen und Formen von allem wirklichen Sein und Treiben zu depurieren. Spanien steckt seit den weckenden Versen Rubén Daríos (1867—1916) tief in der Atmosphäre seiner modernistischen Dichtung. Ihre Entfaltung erfaßte im raschen Wechsel der Stile und Moden Extreme des sprachlichen Könnens und der gedanklichen Sinnkraft. Wie in der Zeit des Cervantes, wo die Hoffnung der goldenen Zeit und der Glaube an die reine Natur im Hirtenglück, umrankt von kostbaren Versen, verlockte, steht jetzt Poesie in vager Erwartung kommender Dinge und künftiger Reiche. Sie bildet die Zone der Eintracht und der Verheißung, die Zone, in der die Erneuerung Spaniens durch die gesetzlose Machttat sich anpreisen möchte. In der Sprache der politischen Rhetorik konnte die Werbung eines vorgeformten Wunschbildes gelingen — wer zum Staatsstreich zur mystischen Machterfüllung das blinde Vertrauen einer Gefolgschaft erheischte, mußte mit der

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Flöte der Poesie zu tieferer Erwartung verlocken. Schon bei seinem ersten Auftritt empfahl der Stifter der Falange Española seine Bewegung als eine „poetische Bewegung". Spanische Politik sei aus dem Geist der Poesie zu betreiben. Gewisse Stilelemente des Ultraismus und des Expressionismus sind in den Sprachgebrauch der Falange übergegangen: vor allem der symbolische Farbwert „blau" (von Rubén Dario erschlossen) und die „vertikale, steile" Dimension des Erlebens. Diese poetische Instrumentierung des Politischen übersteigert sich bei Giménez Caballero (geb. 1899), Pemán (geb. 1898) und anderen zu einer poetischen Verklärung des Bürgerkrieges. Giménez Caballero ist stolz darauf, mit seinen „Gesängen auf den Bürgerkrieg" schon 1932 in dichterischer Vorahnung diesen „herrlichen Kampf" gepriesen zu haben. Der Bürgerkrieg wird als ein „Krieg der Dichter" gefeiert. Es entsteht eine dichterisch verklärte Kreuzzugslegende, und sehr mit Recht konnte Pemán 1937 in Lissabon feststellen: „Keine vierundzwanzig Stunden sind wir in diesem Kampf allein gewesen!" Die unter Francos Fahnen zusammengeworbenen Menschen aber hätten „das Fragment einer neuen Menschheit" gebildet, eines „neuen Mittelalters", in dem es nur noch „homogene Gedanken und Ideale" geben würde! Selbst im Rückblick auf die vergangenen Schreckenszeiten triumphierte die „poetische" Stimmung: „Ein Kreuzzug, wie ihn die berufensten Dichter sich nicht vorstellen konnten, ist geführt worden, um die Reinheit der Welt (! — W. K.) wiederherzustellen, auf daß sich uns noch einmal die geheiligte Lebensfreude offenbare, die vor uns flüchtet wie eine unendliche Verheißung" („Escorial", XV, S. 120).

In fühlbarem Gegensatz zu dieser exaltierten Sprache verhält sich der herbe und männliche Ernst, mit dem auch das andere Spanien den Bürgerkrieg als Bedingung des Schicksals annahm: „Der Bürgerkrieg war schon in uns, er ist unser Leben und unser Tod. Er ist die Wahrheit, die schließlich vor unsere Augen trat, die Wahrheit, von Nebeln befreit ... Keiner von uns hat ein Recht, etwas anderes zu verlangen. Uns bleibt nichts übrig, als zu kämpfen und zu siegen" („Hora de España", VI, 1937).

Ein wirklich spanischer Dichter, Juan Ramón Jiménez (1881 — 1958), hatte schon 1935 mit einer deutlichen Spitze gegen die poetische Politik der Falange erklärt: „Unter allen Umständen ist es nach meinem Dafürhalten vorzuziehen, Poesie aus der Politik zu machen als Politik aus der Poesie." Die Wurzel solcher Verirrungen war aber schon in den Möglichkeiten der Generation von 1898 gelegen. Die Absage an die Rhetorik führte zu der

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doppelten Bejahung des lyrischen Wortes und der reinen Aktion, der unvermittelten Tat, zu einer bald ästhetischen, bald emotionalen Verklärung eines dynamischen Tatwillens. Auch die ungeschminkte Apologie des letzten Bürgerkrieges hat ihre Ansätze in der Gedankenwelt der vergangenen Generationen. Durch den Einschnitt der Restauration war das 19. Jahrhundert in den Abstand der geschichtlichen Betrachtung geraten, und der verlängerte Bürgerfriede setzte die tumultuarische Vergangenheit in eine neue, romantische Verlockung. Pérez Galdós (1843—1920), der die „innere Geschichte" (la historia en las entrañas) des 19. Jahrhunderts in einem Zyklus von Romanen behandelte, erkannte schon im Aufriß der spanischen Landschaft den naturgewollten Schauplatz eines permanenten Kriegszustandes: „Unsere Landkarte ist keine geographische Karte, sondern der strategische Aufriß einer nicht enden wollenden Schlacht. Unsere Berge sind Schützengräben — und darum wohlweislich von Bäumen entblößt. Was wir Friede nennen, ist hierzuland, wie die Kälte in der Physik, ein negativer Zustand, das Ausbleiben der Wärme, der Stillstand des Krieges."

Valle-Inclán, einer der repräsentativsten Dichter der 98er Generation, widmet ebenfalls eine Serie von Romanen dem karlistischen Bürgerkrieg. Er spricht von den Bauern, „die mit Tränen in den Augen kindliche Märchen von verwunschenen Prinzessinnen anhören und ihre Feinde mit heiliger und barbarischer Festfreude schlachteten inmitten von Tänzen und Sängen, wie sie bei den uralten Kulturen die blutigen Opfer im Angesicht der steinernen Altäre begleiteten."

Vor allem aber bedeutete die Bürgerkriegszeit für einen Romanschriftsteller vom Range Pío Barojas einen verlorenen Inbegriff des erfüllten Lebens. „Wir Spanier", so schrieb Baroja in seinen „Divagaciones de la cultura", 1924 (Betrachtungen über die Kultur), „sind groß geworden in einer anderen Zeit: der Krieg, die Gefahr, die Aktion haben uns genährt. Wir sind heruntergekommen ... Man muß den Blitz wieder anlocken. Wenn je ein Blitz reinigt, so muß der Krieg und die Gefahr über die Kultur, über das Leben verhängt werden."

Auch Unamuno war sowenig Pazifist wie Pío Baroja. Er hat nichts dagegen, daß ein guter Teil der Zivilisation vernichtet würde, allerdings nur, um die Zivilisation durch dieses Opfer wieder stark zu machen. In der „Verachtung des bequemen Lebens" bemerkt er ein sichtbares Zeichen der Überlegenheit des iberischen Lebensstils. Unamuno schrieb rundheraus:

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Spanien 1900—1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte „Ich brauche meinen Lesern nicht zu sagen, daß ich kein sogenannter Pazifist bin, sondern glaube, dai? der Krieg weder verschwinden wird noch auch meines Erachtens verschwinden sollte — vielmehr halte ich ihn für ein Element der Zivilisation und der Kultur."

Offenbar ist es nicht ein bestimmter Krieg, der als ein Mittel zu einem bestimmten Ziel hier gefordert wird, sondern der Krieg um des Krieges willen, der Krieg an und für sich, der in den Bürgerkriegen seinen Charakter am reinsten und schrecklichsten entfaltete. Tatsächlich hat auch Pío Baroja in einer Romanreihe, den „Memorias de un hombre de acción" (Erinnerungen eines Tatmenschen), den karlistischen Bürgerkrieg auf seine Weise verherrlicht. Es ist eine Torsensammlung verwegener Charaktere, die in diesem chaotischen Treiben aufgärten. Baroja mußte zugeben, daß es seiner Generation nicht vergönnt war, „den Menschen, dieses Gemengsei von Lüge und Wahrheit, das wir auseinandergenommen haben, wieder zusammenzustücken. Uns fehlt der Zement eines göttlichen oder menschlichen Glaubens, um aus den Trümmern so etwas wie eine Statue zu machen."

Diese letzte Unfähigkeit zur Synthese ist in Barojas pointillistischer Darstellungsweise des Lebens zum künstlerischen Prinzip geworden. Sie erzeugt als ein Surrogat den Glauben an die reine Aktion, deren Erlebensform das Abenteuer ist. Ortega y Gasset hat den Finger an die Wunde seiner eigenen Generation gelegt, wenn er in seinem Essay über Pio Baroja feststellt: „ B a r o j a reduziert die Tat auf das Abenteuer ... Der Unterschied zwischen beiden ist gewichtig. Der Abenteurer hat nur das Profil eines Tatmenschen. Während dieser seine Tätigkeit darin gerechtfertigt sieht, daß es ihm gelungen ist, der Wirklichkeit ein neues Gesicht aufzuzwingen, ist für den Abenteurer das zu erreichende Ergebnis nur ein Mittel, um sich in Bewegung zu halten."

Die 98er Generation hatte den Individualismus zu einer Methode gemacht mit der Sicht auf ganz bestimmte Errungenschaften des nationalen Lebens. Schon in seiner Frühzeit bekennt Unamuno: „Mich interessieren mehr die Menschen als ihre Dinge, und lieber, als diese zu verstehen, möchte ich mit jenen fühlen." Und ein anderes Mal: „Von allen Tyranneien ist für mich die hassenswerteste die Tyrannei der Ideen." Und wieder: „Die Ideen sind für mich verächtlich — achten kann ich nur die Menschen." In diesem personalistischen Weltbild besteht eine letzte Identität von Ich und Gott. D a s schöpferische Vermögen des dichterischen Menschen ist für Unamuno in dieser Wesenseinheit zutiefst begründet, ja, es scheint ihm der Gegenstand aller wirklichen Kultur, diese Wesenseinheit darzustellen und zur Grundlage einer Lebensordnung zu machen. Die Bedeutung der religiösen Frage wächst von neuem mit der Emanzipierung der Intelligenz von aller Praxis, mit dem Streben, ein inneres Reich

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des Geistes zu konstituieren. Zwischen Geschöpf und Schöpfer wird in häufig blasphemischer Umkehr der Rollen das ganze Weltverhältnis des Menschen errechnet. Dieser religiöse Subjektivismus führte zur Verwischung der bisher unüberschreitbaren Grenzen zwischen dem klerikalen und liberalen Spanien. Diese Abstumpfung aller Gegensätze läßt das Feld für die unwidersprochene Herrschaft der bestehenden reaktionären Gewalten; in der Tat wird der Charakter des geistigen Lebens durch eine Annäherung der bisher feindlichen Parteien in ihren Spitzen beträchtlich verändert. Schon 1907 kam das Wort von einem „Westfälischen Frieden des Geistes" in Umlauf. Die Entspannung der politischen Gegensätze durch das innere Erlahmen des Liberalismus und den geschmeidigen Eklektizismus der jüngeren Katholiken brachte Männer von so verschiedener Gesinnung und weltanschaulicher Formung wie den krausistisch erzogenen Clarín, den kirchenfreundlichen Romancier Pérez Galdós, den traditionalistischen Erzähler Pereda mit dem katholischen Literarhistoriker Menéndez y Pelayo in freundschaftliche Berührung. Dieser symptomatische Ausgleich ließ natürlich die unverwischten Unterschiede bestehen. Menéndez y Pelayo vermachte seinen Lehrstuhl an Menéndez Pidal, der aus der liberalen Atmosphäre der Institución Libre de Enseñanza hervorgegangen war. Eine neue Eintracht der Geister wurde viel mehr getragen durch die gemeinsame Haltung als durch eine Gemeinschaft der Ideen. Die Geltung der Traditionen hörte auf, einen Grund der Entzweiung zu bilden. Nur in der Wahl der richtigen Tradition ging man verschiedene Wege. Die einen suchten Vorläufer für ihr politisches Wollen — die anderen Vorbilder, um die zu sich selbst entschlossene Gegenwart zu entkräften. Gemeinsam aber bleibt der verpflichtende Beitrag der spanischen Traditionen — so verschieden diese ausgewählt und bewertet wurden. Revolution steht nicht mehr gegen Tradition, sondern einer konservativen Grundhaltung tritt eine spanische Revolutionstradition gegenüber. Freilich steckt im Unterschied dieser Traditionen der ganze Gegensatz eines sehr verschieden akzentuierten Zeitgefühls. Wenn der konservative Traditionalismus die Gegenwart in einer vergangenen Erfüllung aufhebt, wird im liberalen Weltbild Geschichte umgekehrt aus einer überwertigen Gegenwartsvorstellung abgeleitet. Die Gegenwart wird auf das Piedestal der Geschichte gehoben, und diese ist dann, genau besehen, nur noch die Vorgeschichte, die auf ein unverrückbares Selbstbewußtsein zuläuft. Dabei verschlägt es nur wenig, ob die Gegenwart sich im Stadium des Projekts, beim Entwurf einer Zukunft befindet oder schon

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festliegt durch die geistige Bindung an einen benachbarten Raum von fortgeschrittenem Typus. England gibt einer ganzen Reihe liberaler und „krausistischer" Spanier wie Salvador Madariaga, Alvarez del Vayo und Pérez de Ayala das Vorbild ihrer politischen Orientierung. Ramón Pérez de Ayala, mit dem der spanische Roman in eine neue Phase eintrat, überraschte in den zwanziger Jahren durch seine messerscharfen Analysen der spanischen Lage zwischen gestern und morgen. Auch für ihn kulminiert die geschichtliche Bewegung in den Revolutionen. Gleich Azaña fühlt er sich fasziniert durch den Aufstand der Comuneros von 1520—1521 und durch den 1917 in Spanien durchgeführten Generalstreik. Aber beide Bewegungen haben darum nur einen „vorrevolutionären" Charakter, weil sie nur durch die Eintracht der Wünsche zustande gekommen wären statt durch die Einmütigkeit der Ideen. Die Eintracht der Wünsche führt, Pérez de Ayala zufolge, in der Politik zum selben Ergebnis wie in dem Hausstand, „in dem die Hausfrau sich wie in einer Hölle v o r k a m und auf die Frage, o b ihre Wünsche vielleicht den Wünschen des Mannes widersprächen, die A n t w o r t zurückgab: Im Gegenteil! W i r wünschen beide dasselbe. W i r wollen beide im Haus die Herrschaft führen!"

Was aber bedeutet die Einstimmigkeit der Ideen? Für alle Liberalen gibt es nur eine Revolution: die Revolution der Gedanken. Und Spanien habe sie noch nachzuholen, wenn anders Spanien jemals zum Ziel gelangen soll, zum Endziel jeglicher Politik, durch das nach dem Vorbild der westlichen Demokratien der abschließende Zustand eines Ausgleichs der gegenläufigen Kräfte erreicht werde. Indessen ist Spanien auf diesem Wege noch sehr weit zurückgeblieben. Der Mangel an Freiheit senkt sich, wie Pérez de Ayala feststellt, bedrückend auf jeden spanischen Menschen: „Ein Spanier ist heute schon allein d a r u m , weil er Spanier ist, ein geminderter Mensch, ein Dreiviertelsmensch, ein Halbmensch oder ein Achtelsmensch. Kein Spanier kann heute das M a ß seiner eigenen Möglichkeiten ausfüllen. Denn Spanien ist noch immer keine zivilisierte Nation. Zivilisiert ist eine Nation, bei der das politische Problem gelöst ist und deren Bürger die Freiheit des Geistes und die Kraft ihres Willens genießen k ö n n e n . "

Im Geschichtsbild der Liberalen gelten die Zeichen, die bisher als Niedergangszeichen erschienen, für den befangenen Ausdruck der noch unentfalteten Frühe. Aus einem Beitrag der republikanischen „Hora de España" kann man ersehen, wie weit auch die Kunstbetrachtung von dieser Umkehr der geschichtlichen Zeichen erfaßt wird: „Spaniens Genius hat seine wahren Früchte noch g a r nicht gezeitigt. Wir haben uns bisher immer daran gewöhnt, uns zu einem gebrochenen Genius zu bekennen, zu einem Genius des Scheiterns, zu der Stimme des unheilbringenden Protestes."

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Und dieser spanische Genius „war bisher immer entzweigespalten: hier der Wunsch und dort sein Schatten, hier die Wirklichkeit und dort das Ideale, Sancho und Quijote, Schelmenwesen und Mystik." Dieses Spanien, das sich in seiner Bedrückung zerhälftet, steht in Wahrheit noch vor der Erfüllung lebendigen Sinnes. Unamunos „fleischgewordenes Philosophieren" bringt die erste Verheißung jener höheren Einheit, die für die hochgespannten Erwartungen von 1937 den Siegespreis des noch unabgeschlossenen Bürgerkrieges bilden sollte! Ganivet hatte als erster den Gedanken unerfüllter spanischer Geschichtstradition geäußert. Dieser Gedanke kann nun den Vorsatz der feindlichen Spanier zur Rechten und zur Linken erfüllen. Denn was anderes besagt das Wort von Maeztu, man müsse die Tradition des vergangenen Imperiums wie einen auf halbem Wege liegengebliebenen Pfeil ergreifen und seinem Ziel entgegen werfen? Es war ein viel beachtetes Literaturereignis, als der sozialistische Gesandte der neuen spanischen Republik in Berlin, Luis Araquistáin, 1932 vor den romanistischen deutschen Studenten dem Altmeister der spanischen Literaturgeschichte, Menéndez y Pelayo, Gerechtigkeit zollte im Namen eines erneuerten Spaniens. Fraglos wollte Araquistáin damit demonstrieren, daß ein objektives Verhältnis zu den nationalen Traditionen erst auf dem geistigen Fundament des Sozialismus entstehen könne. Aber man muß doch zugleich in dieser vorschnellen Bereitschaft zu abgeklärten Synthesen die versöhnlerische Mitgift der bürgerlichen an die sozialistische Intelligenz erkennen. Von den ideologischen Konfusionen tragen einen Nutzen stets die, die nur den wechselnden Nutzwert der Ideologien erkennen. Auch in Spanien versucht der Faschismus, sich in die Vermischungszone der liberalen und der konservativen Geschichtsauffassung einzudrängen. Hatte Azaña vom Standpunkt des bürgerlichen Radikalismus das geschichtliche Denken einer venerischen Seuche verglichen, so zog der syndikalistische Gründer der Falange Española, Ramiro Ledesma Ramos, eine noch schroffere Schranke gegen die Übermacht der geschichtlichen Traditionen. Nur das Vergangene hat Relevanz, das den Vorsatz der Gegenwart fördert. Die an die Rampe gezerrte, zum Handeln berufene Jugend hatte nicht nur die Sympathie, sondern jede Begreifensmöglichkeit für ihre Vorwelt verloren. Dieser radikale Schritt ermächtigt das Abenteuer, das, herausgebrochen aus der geschichtlichen Kette, in irrationaler Blendung die Kräfte der Revolution zum Sturz in den Abgrund freiläßt. Wo die Geschichte eine bedrohliche Sprache annimmt, wird die herrschende Klasse die Mittel für die Verrätselung ihres Geschichtsbildes finden. Scheinradikale Formeln des Bruchs mit allen Geschichtstraditionen können jedoch dem Massenbedürfnis einer Re-

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staurationsbewegung nicht dienen. Eine solche Bewegung wird meistens nur von sehr wenigen Menschen, die ihre gegenwärtigen Zwecke verfolgen, und von einer Mehrheit von Menschen getragen, die noch tief in den geistigen Formen der Vergangenheit stecken. Ramiro Ledesma Ramos' kaum verhüllter Antiklerikalismus war für eine spanische Restauration untragbar. Auf dem Gegenpol hatte, nicht minder geschichtsfremd, der Traditionalismus dem Ahnenkult seinen Altar errichtet und die Herrschaft der Gräber über das Leben erhoben. Schließlich kann auch derselbe Zweck in einem Geschichtsbilde Erfüllung finden, das in die Gegenwart Motivationen von längst verlorener oder nie besessener Wirkungskraft hineinträgt. Wenn die Falangisten für ihren Staat den „imperialen Traum" der Spanier in Anspruch nahmen, so hätten sie mit demselben geschichtlichen Recht die Pyromanie oder das Gelüste nach dem Martyrium als inneren Beweggrund der Restauration erkennen können. Das letztere war übrigens auch der Fall. E. Giménez Caballero, der am Weltbild des spanischen Faschismus seinen Teil trägt, hat die „Tuchfühlung" mit dem heiligen Ignatius und den heiligen Franziskanern aufgenommen, mit denen die Gemeinschaft eines schöpferischen Zyklus bestünde, während von der Generationsgemeinschaft mit den Altersgenossen im republikanischen Lager nicht mehr Gemeinsamkeit bleibe, als sie im selben Café das Rauchen derselben Zigarettensorte bewirkt haben könnte. An der geistigen Armut der Enkel straft sich der subjektivistisch verschwendete Reichtum der titanischen 98er wie die konsolidierte Süffisanz ihrer Väter. In dem verwandelten Gesicht der beiden Generationen ist die Wandlung der spanischen Daseinsverhältnisse deutlich erkennbar. Dem genialischen Pioniertum der Jahrhundertwende läßt die Verdichtung der kapitalistischen Wirtschaft den Anreiz zur stärkeren Spezialisierung der führenden Schichten folgen. Spanien muß außer sich gehen, am fremden Vorbild die Orientierung suchen, um den Anteil an seiner überfremdeten Produktion zu stärken. Das Verhältnis Spaniens zu Europa bleibt jahrhundertelang der Hintergrund aller spanischen Diskussionen. Man hat die erste Reihe der Generation die „europeizantes" — die Europaläufer — genannt und die jüngere Gruppe, in der sich Ortega y Gasset befindet, die zurückgekehrten „europeizados" — die Europäisierten — geheißen. Sie haben das Rüstzeug bezogen, um auch die Werte spanischer Tradition auf der Höhe der abendländischen Wissenschaft wiederzuholen. Mit dieser Scheidung fällt auch ein wissenschaftssoziologischer Unterschied der beiden Reihen zusammen. Gerade der extreme Individualismus der Beginner wirkte zunächst der Spezialisierung ihrer Leistungen entgegen.

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Nach Unamunos Überzeugung muß durch die geistige Elite die Differenzierung in der Zivilisation überwunden und ein Typus herausgebildet werden, um den Gegensatz des Gelehrten und des Poeten, des Philosophen und des Publizisten zu versöhnen. „ E s ist ein enormes Unglück, daß die Differenzierung zwischen den Literaten und den Wissenschaften zunimmt. J e mehr d a s oberflächliche Literatentum zunimmt, desto mehr wächst auch die trockene, schwerfällige Wissenschaftlichkeit."

Unamuno bekennt von sich selbst, es sei ihm niemals eingefallen, „ein Werk mit einem wissenschaftlichen Anspruch zu veröffentlichen". Ein neuer Typus des geistigen Menschen ist in der Generation 98 erschienen. In ihm vermischen sich Philosophie und Politik, Poesie und Ökonomie. Es war eine Generation von Dilettanten, wie die einen nicht grundlos sagten — eine Generation, die mit der Gemeinsamkeit ihrer meditativen Haltung sich über alle Gebiete zerstreute, um überall eine Mitte für ihr authentisches Wesen zu finden. Die spanische Tradition wird als eine ungeheure und verpflichtende Last empfunden. Doch kann sie nur äußerer Anreiz zum Leben erwecken und zur Erneuerung führen. Bezeichnend dafür ist Azorins Formulierung: „Eine Renaissance ist nichts anderes als die Befruchtung des nationalen Gedankens durch die Gedanken des Auslands." Im Verhältnis zu Spanien bemerkte man witzig, daß diese Männer die Neugier von zugereisten Touristen bekunden und die spanischen Dinge, obwohl doch aus ihrer Mitte kommend, wie aus England verschlagen oder vom Sirius gefallen, mit erstaunten Augen mustern (M. Pérez Ferrerò, in: „Cruz y R a y a " , 1935). D a s exzentrische Wesen verliert sich in der folgenden Reihe, zu der Ortega y Gasset ( 1 8 8 3 - 1 9 5 5 ) , Azaña ( 1 8 8 0 - 1 9 4 0 ) , Pérez de Ayala gehörten. Der Unterschied der beiden Reihen bekundet sich in einem veränderten Lebensstil: mit Ortega y Gasset trat erstmals eine bürgerlich konsolidierte Intelligenz in Erscheinung. Corpus Barga hat uns geschildert, welches Ereignis der Eintritt eines „normalen" Menschen in die Walpurgisnacht der spanischen Geisteswelt bedeutete. Hier lebte jeder längst schon in seinem eigenen Mythos. Faunisch oder heilig, dämonisch oder heroisch, hatte ein jeder seine ganze Wirkung und Gedankenmacht authentisch und unwiderruflich verkörpert. „ J o s é Ortega y G a s s e t tritt in den spanischen Geistesraum unmittelbar nach jener schönen Galerie von Unholden, die Giner de los R í o s und U n a m u n o , Azorin und Baroja, Benavente und Valle-Inclán, Maeztu und all die anderen waren. All diese Ausnahmewesen waren nicht nur als Wesen von besonderer Art hervorgetreten, sondern als Überwesen. Prächtige

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Spanien 1900—1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte Biographien findet man unter ihnen. Die ganze Psychologie der spanischen Hybris, der Hybris des D o n J u a n ! Mächtig diese geschlechtliche Hybris bei Benavente und Valle-Inclán! Bei Maeztu wird sie heuchlerisch, hinterlistig nach Art des Tartuffe. Asketisch in Giner und Unamuno, mit zuviel Gottesgerede und Selbstvergötterung beim einen, mit zuviel Engels wesen beim anderen. Nihilisten sind aus entgegengesetzten Gründen Pio Baro ja und Azorin. In ihnen haben sich die beiden Wege der Inspiration verkörpert, die der literarische Mensch hat: Baroja ist das, w a s er gesehen hat — Azorin, w a s er gelesen hat. Aber daß Azorin Nihilist ist, erklärt sich besser aus seiner Sinnlichkeit, und der Nihilismus Barojas, der so realistisch, so männlich ist, sinkt in der Liebe zur bloßen T h e o r i e . "

Die dritte Reihe der „Enkel" ist zum Vaterprotest entschlossen, ohne das Bewußtsein ihrer eigenen Zeitgemeinschaft zu verleugnen. Der „Creacionist" Guillermo de Torre (geb. 1900) unterzieht in seinem Werk „Literaturas europeas de vanguardia", 1925 (Literatur der europäischen Vorhut), die geistigen Träger seiner unmittelbaren Vorzeit einer vitalen Kritik, im Sinne der neu gesichteten Werke. Es wird anerkannt, daß Ortega y Gasset einen Beitrag zur Theorie der reinen Schöpfung gebracht habe, aber leider sei er in Paradigmen des „unreinen" 19. Jahrhunderts befangen geblieben. Mit Rubén Daríos Kunst wird der vollständige Bruch vollzogen. „Dieser agonisierende Rubenianismus ist eine Jahrmarktsproduktion für bürgerliche Zeitschriften." Als Haupteinwand kristallisiert sich heraus, was ein Zeitgenosse von Torre, J o r g e Luis Borges (geb. 1899), 1921 in Argentinien geschrieben hatte: „In seinem Leben war es, als wir auftauchten, schon ein Viertel vor zwölf Uhr." Vor dem überwertigen Bewußtsein der eigenen Jugend sinken die vergangenen Werke der Inspiration herab zu einer Sammlung von vernutzten, dekorativen Formeln: „Wir wußten schon, daß durch den Umgang mit dämmrigen Worten, Ansätzen von Farben und versaillesken oder hellenischen Anklängen ganz bestimmte Effekte erzielt werden können." Die antihistorische Haltung dieser vom Futurismus erzeugten Bewegung ist aber letzten Endes nicht nur das Kennzeichen einer Dichterschule, sondern ein neuer Geisteszustand. So entschieden die Fäden mit den Männern von 1898 abgerissen werden, so ist doch das Generationsbewußtsein, freilich unter Verdunkelung seines Ursprungs, auch jetzt noch lebendig, ja, es hat einen ungeheuer dynamischen Zuwachs erfahren. Es ist letztlich in der physischen Tatsache der Jugendlichkeit begründet. Ortega y Gasset hat diesen neuen Kult der Jugendlichkeit in ein scharfes Licht gerückt: „Immer hat der junge Mensch als solcher sich von der Verpflichtung ausgenommen, schon etwas Großes zu tun oder getan zu haben. Immer hat er auf P u m p gelebt. Aber es ist doch verblüffend, daß diese Jungen d a r a u s jetzt ein tatsächliches Recht gemacht haben, um sich damit dann alle anderen Vorrechte anzumaßen, die eigentlich nur denen zukommen, die schon etwas geleistet h a b e n . "

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Es läßt sich nicht verhehlen, daß diese Selbststilisierung des Jugendbewußtseins (mit der frühen Ermunterung Marinettis, 1876—1944) die vorbereitende Arbeit für den Faschismus und damit für die doppelte Verneinung von Tradition und Fortschritt vollbrachte. Ein charakteristisches Beispiel für die neue Haltung gab Ledesma Ramos, der ein Schüler Ortegas war und mit stark anarchistischen Impulsen schließlich in die Nähe der Falange gelangte, die vor dem Radikalismus seines politischen Stils freilich zurückschauderte. Für ihn ist die Jugend die Vorhut des Bewußtseins einer Massenbewegung, aber diesen Gedanken wendet er in verschiedenen Zeitpunkten mit fast identischen Formulierungen auf völlig entgegengesetzte Gruppen an, die sich dann am Vorabend des Bürgerkrieges blutig bekämpften. Als 1929 die linksgerichtete Studentenorganisation Federación Universitaria Escolar hervortrat, begrüßt sie Ledesma Ramos mit denselben Worten, die später durch seinen Aufruf an die nationalistische Jugend (1935) ins Stilrepertoire der Falange-Zeitungen eindrangen: „Es ist eine echte (auténtica) und zwingende (rigurosa) Gruppenbildung ... diese entzündeten Gesichter der Jungen der F.U.E. verkörpern die spanische Verheißung" usw. Wie Ledesma R a m o s in anderem Zusammenhang erklärte, findet sich Jugend heute „von messianischem Bewußtsein erfüllt". Was Ortega als eine Verirrung beklagt, wird hier als Zeichen einer Zeitenwende gefeiert. Wenn Ledesma R a m o s zugibt, daß der siegreiche Stil der Jugend auch über die physiologische Jugendgrenze hinaus die Form des epochalen Erlebens bestimme, so bleibt er diesmal in den Spuren des Meisters. Jugendstile — Altersstile: Dieser in den angewandten deutschen Geisteswissenschaften fruchtbar gewordene Typengedanke verwandelt sich bei Ortega zu einem geschichtsbildenden Prinzip. Aber Ledesma Ramos sieht im Aufstieg der Jugend mehr als einen rhythmischen Ablauf, den neuen geschichtlichen Zyklus im Durchbruch. Jugend ist Durchbruch der neuen Massenseele, wie dies auch schon Ortega y Gasset als eine „halb lächerliche, halb ärgerliche Erscheinung unserer Z e i t " vermerkte. Jugend ist — nach Ledesma R a m o s — als „Vorhut der M a s s e " zur Lenkung der „Subversion" berufen. Außer der umgewendeten Lehre Ortega y Gassets versteckt sich in dem Weckruf an die spanische Jugend eine andere Reminiszenz, ein bemerkenswerter Anklang an Gedankengänge Bakunins, dessen Wirkung der spanische Anarcho-Syndikalismus schon frühe erfahren hatte. Wörtlich heißt es bei Bakunin: „Die Jugend lebt, wie das Volk, überwiegend vom Instinkt her. Gerade der Instinkt treibt die Jugend immer auf die Seite des Lebens und auf die Seite der Wahrheit. Dieser Trieb zur Annäherung und zur Einswerdung mit dem Volk ist nicht ein lehrhafter Trieb, sondern ein Verlangen nach Klärung und Läuterung."

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Ähnliche Gedanken kamen von Bakunin zu Dostojewskis „Tagebuch eines Schriftstellers", und dieser Z u s a m m e n h a n g ist für die Geistesrichtung dieses Spaniers nicht wenig bezeichnend.

Miguel de

Unamuno

Miguel de U n a m u n o war 1864 in Bilbao geboren. Zwischen 1880 und 1884 studierte er in Madrid. Er war sprachbegabt, lernte schnell Deutsch und las Hegel, der ihm später den Ausgangspunkt zum Marxismus gewährte. Schließlich verfertigte er eine Dissertation über „Ursprung und Vorgeschichte der Basken" (Critica del problema sobre el origen y prehistoria de la raza Vasca, 1884). Kein Zweifel, daß er schon während dieser Madrider Zeit seinen Glauben völlig verloren hatte. Nach seiner Rückkehr nach Bilbao konnte es sich höchstens um eine äußere Anpassung an die Forderungen seiner streng kirchlich gerichteten Mutter handeln. Der Bruch war unwiderruflich, wie aus allen brieflichen Äußerungen jener Jahre hervorgeht. In einem seiner Frühwerke erkennt er den ewig schweigenden Urgrund unter der Flucht der Zeitenbewegung, eine an Schopenhauer gemahnende Wendung, die aber in Wahrheit die Z u w e n d u n g zum Materialismus ankündigt. Sein Studium des Marxismus muß schon für das Ende der achtziger oder den Anfang der neunziger Jahre angesetzt werden. 1891 erhält er den griechischen Lehrstuhl in Salamanca. In Salamanca trat er in ein freundschaftliches Verhältnis zu dem atheistisch und sozialistisch gesinnten Kollegen Pedro D o r a d o M o n t e r o (1861 — 1919). Seine Existenz als Professor durfte keinen Gegensatz zu seiner politischen Verantwortlichkeit bilden. Er sagte: „In einem regelrecht durchgebildeten Land, in dem jeder auf seinem Posten steht und die soziale Maschinerie ihren richtigen Gang geht, kann ein einzelner Bürger sich sehr wohl diesen spezialisierten Forschungen hingeben ... In Spanien dagegen, das mir durch die Vermittlung des Staates das Brot für meine Kinder gibt, weiß ich sehr wohl, was meine wirklichen Pflichten gegenüber dem Vaterland von mir fordern" (Aus „Sobre la erudición y la crítica", 1905).

Sein Übertritt zum Sozialismus m u ß schon etliche Jahre vor 1894, d. h. vor der Zeit erfolgt sein, in der sich seine marxistische Praxis dokumentierte. 1892 betont er in einem Brief, d a ß die Verherrlichung des Instinktes gegenüber der Vernunft, der Kult der Unbewußtheit der Massen im Vorzeichen der Reaktion stehe, womit er die sozialistisch-marxistische Position gegenüber der anarchistischen bezog. Die Behauptung R a m ó n José Senders, der-

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zufolge Unamuno M a r x niemals gelesen hätte, läßt sich im Lichte der Tatsachen nicht aufrechterhalten. Zwischen 1894 und 1896 war er Redakteur und maßgebender Mitarbeiter der Bilbainer Wochenschrift „La Lucha de Clases" (Der Klassenkampf). Vom ersten Artikel an vertrat er eine orthodox marxistische Position. Er verwies noch mit Stolz auf diese Mitarbeit, auch in einer Zeit (1903), in der er den Boden des Marxismus längst verloren hatte. Zwischen 1895 und 1897 werden seine Aufsätze in dem „Sozialistischen Akademiker" (später „Sozialistische Monatshefte") veröffentlicht. Seit 1896 sehen wir Unamuno als Mitarbeiter an der von Anselmo Lorenzo (1841 — 1914) geleiteten anarchistischen Zeitschrift „Ciencia Social". Diese Mitarbeit dauerte bis 1906. Was ihn der sozialistischen Partei entfremdete, war nicht nur ein allgemeines Unbehagen über ihren ökonomischen Dogmatismus, sondern vor allem ihr Unverständnis für die für Spanien grundlegende Agrarfrage. Die Bekanntschaft mit Joaquín Costa hatte Unamuno in seinem Agrarkommunismus befestigt. Die Sozialisten behandelten ihn auch fortan als einen der ihren — und er widersprach nicht. 1913 war die Rede davon, daß er als sozialistischer Abgeordneter aufgestellt würde. In diesem Jahre verteidigt er den Generalstreik und verharrt auf seiner agrarkommunistischen Position. Das seit 1900 innegehabte Amt eines Rektors der Universität von Salamanca wird ihm 1914 entzogen. Fünf J a h r e später wird er in Valencia wegen Majestätsbeleidigung zu 16 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er bleibt jedoch auf freiem Fuß und wird übers J a h r von den Sozialisten als Kandidat für den Madrider Wahlkreis aufgestellt. Der präfaschistische Diktator Miguel Primo de Rivera (1870—1930) verbannte ihn auf die Kanarischen Inseln. Von dort freigelassen, begab sich Unamuno bis zum Sturz der Diktatur in freiwillige Verbannung nach Frankreich. Bei seiner Rückkehr 1931 wurde er tumultuarisch begrüßt. Kurz vor der Ausrufung der Republik erklärte er im „Volkshaus", in der Casa del pueblo von Salamanca: „Wir treten in dieses Haus ein als Vertreter des Volkes, als Vertreter der Sache der Kommune. Der Kommunismus kann uns nicht in Furcht versetzen; die Comuneros von Kastilien waren ja nichts anderes als Kommunisten." Die Republik ernannte Unamuno 1934 zum lebenslänglichen Rektor in Salamanca, obwohl er in den Cortes sich immer tiefer mit der Reaktion verstrickte. 1935 nahm er an einem Meeting der Falange Española teil, vielleicht nur aus informatorischem Interesse. Doch wurde ihm diese Geste schwer verübelt. Sie war auch der Grund, warum ihm später der Nobelpreis verweigert wurde. In seinem letzten Lebensjahr, 1936, glaubt er sein Heil bei der Sache Francos zu finden. Es kommt jedoch auch hier zum Konflikt. Unamuno beschwört das Militär, sich nicht mit dem Siegen (vencer) zu

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begnügen, sondern zu überzeugen (convencer), worauf der Legionärsgeneral Millán-Astray seine Todeswünsche auf die Intelligenz ausbringt. Unamuno wird von Franco seines Rektoramtes entkleidet. Er stirbt, mit allen Menschen zerfallen, in völliger Vereinsamung. Die Politik ist Unamunos Schicksal geworden — sie hat ihn schließlich zerbrochen. Doch war sie der innere Rückhalt, der Ausbruch seiner polymorphen geistigen Impulse, die Verteidigung dessen, was er selbst seine Legende, die Legende des Glaubenskämpfers, nannte. Unamuno kämpft um den Glauben — ist dieser Kampf auch vergeblich, so glaubt er doch an den Glauben. Dieser Glaube allein kann ihn vor dem verheerenden Nihilismus retten. Dieser Glaube entzündet sich immer wieder auf dem Scheiterhaufen der Vernunft. Es ist ein Glaube, der den tragisch agonalen Stil der Gedanken fordert, der sich notwendig an jedem Gegenstand enttäuschen läßt und daher die Form des ungelösten Widerspruchs annimmt. Unamunos Wertskala ist in steter Bewegung. Was er heute bewundert, hat er morgen verworfen. Unamuno besingt die ewig lateinische Norm des herben Kastiliens. Aber derselbe Unamuno verdammte das römische Gewohnheitsrecht als die „Keimzelle des widerchristlichen Sozialegoismus". J a , er forderte, daß die „spanische Sprache und mit ihr so viele spanische Dinge, um sich Europa anzugleichen, sich den Süden aus dem Herzen reißen müsse". So weit ging die Konzession des jungen Unamuno an den Fortschrittswillen seiner Generation! Später bereut er aber den „Irrtum, zu glauben, daß die sogenannten lateinischen Völker den germanischen und angelsächsischen unterlegen seien ... Es ist notwendig, mit diesem Geschwätz von einer Rassenungleichheit ein Ende zu m a c h e n ! "

So bleibt auch für Unamuno die Rückkehr in die spanische Innerlichkeit das letzte Wort: „Die Verachtung der Bequemlichkeit ist noch immer eine der offenkundigen Überlegenheiten der iberischen Völker." Unamuno sieht voraus, daß die Zivilisation ihre eigenen Werke zerstören wird, aber er begrüßt dies als Ausblick auf eine Beschränkung und Verinnerlichung, welche die Rettung der Kultur sein könne. So schwenkt Unamuno, auf den Spuren Ganivets, immer mehr in die große Antithese ein: von gewachsener Kultur und technischer Zivilisation, von Literatur und Dichtung, Ethik und Moral. Und das ist auch der Ansatzpunkt für sein erneuertes Don-QuijoteBild. Don Quijote ist Fleisch und Blut (carne y hueso) gewordener Geist: sein Erscheinen fordert das Bekenntnis heraus, in gesammelter Zuwendung des Glaubens oder in unbedingter Feindschaft. Sancho Panza, der Volksmann, wächst in die geistige Welt hinein, ganz einfach, weil er glaubt und

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mit seinem Herrn durch dick und dünn geht. Mit diesen beiden Figuren und in ihren Gesprächen ohne Ende wären eigentlich schon das ganze Spanien verwirklicht. Aber allenthalben sammelt sich um das seltsame Heldenpaar eine mitleidig-spöttische Gesellschaft von Intellektuellen, ein unaufhörliches Echo von Kommentaren, ein gebrochener Widerhall ihrer Abenteuer. Die ungebetenen Begleitfiguren finden sich einem „Fall" gegenüber, den sie psychologisch, ästhetisch und medizinisch zerreden, mit dem besserwissenden Hochmut die vollkommene Ahnungslosigkeit über die wahre Natur geistiger Vorgänge verratend. Mitten unter dieser gebildeten Gesellschaft steht, von Unamuno mit Ingrimm entdeckt, Miguel Cervantes, der mit langen, unangebrachten Späßen seinem Helden nachzieht und mit böser Skepsis zum Verräter an der ihm zuteil gewordenen Botschaft wurde. Unamuno befehdet den Literaten Cervantes im Namen seines poetischen Helden. Der Cervantes-Fetischismus muß sterben, damit der Mythos des Quijotismus an den Glauben der Spanier kommen kann. Er konnte sagen: „Ich habe mehr Anrecht als Cervantes auf Don Quijote." In dieser von ihm verherrlichten Gestalt sieht Unamuno den gipfelnden Ausdruck der spanischen Geschichtlichkeit, ja, die einzig mögliche Haltung, die der an den Tod gesetzten Kreatur würdig ist: das Bewußtsein der Unsterblichkeit, und darin vermeint Unamunos Philosophieren das unverlierbare Problem ergriffen zu haben. Unamunos Quijotismus fand bei den Vertretern des falangistischen und traditionalistischen Spaniens keine Gnade. Giménez Caballero erwehrt sich der übermächtigen Vorbilder durch den'Hermenfrevel seines berüchtigten „Genio de España" (1932), wo reihum die Idole Ganivet, Baroja, Unamuno, Ortega y Gasset usw. zertrümmert wurden. Der Geist von 1898 begleitete nach dieser Darstellung wie ein gespenstischer Mißton das spanische Schicksal seit dem Erscheinen des „Don Quijote". Kein Zufall, daß sich Unamuno gerade den Don Quijote zum Helden erkoren hätte! Der Anlauf dieses Heldenlebens wird in tausend Toden erstritten. Don Quijote besiegt den Tod und erringt den Kranz der Unsterblichkeit nur dadurch, daß er, zum Sterben entschlossen, die Agonie in Triumph verwandelt. Unamuno hätte sich selbst in diesem Quijote gespiegelt. Sein agonales Prinzip gipfle im Todesbewußtsein des vereinzelten Individuums, inmitten seiner maßlos ausgeworfenen weltlichen Pläne. Ein Franzose hatte Unamuno den „spanischen Tolstoi" genannt, und Giménez Caballero macht sich dieses Rapprochement in einer vatermörderischen Anwandlung zu eigen: „Liegt nicht über dem ganzen Werk eine Mischung von Weihrauch und höllischem Schwefel, der Eindruck röchelnden Todeskampfes, kosmischer Verwesung?" In den Reihen der katholischen Kirche fand Giménez Caballero ein

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bereitwilliges Echo. Von hier aus gesehen, wird Unamuno als Frevler gegen die Gott- und Naturgewalt Vernunft verurteilt. „Auf dem Scheiterhaufen der Vernunft wird kein Glauben hell, sondern nur die Religion der Verzweiflung. — Die Agonie", so liest man in der jesuitischen Zeitschrift „Razón y F e " , „ist an sich ebensowenig Vollkommenheit des Geistes wie die Krankheit das Ideal des leiblichen Wesens, und es ist ebenso unsinnig, den Menschen im Todeskampf zum Inbegriff der Menschlichkeit zu machen, wie wenn man die N o r m der Gesundheit a m Z u s t a n d der Herz- oder Krebskranken ablesen wollte."

Es handelt sich, nach katholischer Auffassung, um eine Säkularisation der protestantischen Verzweiflung — auf der sinkenden Linie des Glaubens von Luther zu Pascal, zu Kierkegaard und schließlich zu Heidegger. Schon 1898 hatte Unamuno sich verraten, als er schrieb: „ J e mehr m a n den christlichen Glauben an die Ewigkeit verliert, desto mehr sucht man das Heilmittel der Unsterblichkeit in der Geschichte, in jenen elysäischen Gefilden, in denen die Schatten derer, die einst waren, sich umtreiben."

Er nennt, mit der Assonanz von „creer" (glauben) und „crear" (schöpfen, schaffen) spielend, Gott selbst die Schöpfung des Glaubens. — Genau das aber sagen die Atheisten. Es bleibt bei dem, was José Antonio Maravall 1948 sagte: „Wir wagen zu behaupten, daß bei Unamuno ein fast völliger Mangel an Religiosität besteht." So ist nicht der Glaube, sondern ein Personalismus sein letztes Wort. Unamuno kämpfte nicht gegen Ideen, sondern für den konkreten Menschen. Schon in seiner Frühzeit schrieb er an Clarín: „Mich interessieren mehr die Menschen als ihre Dinge, und lieber, als diese zu verstehen, möchte ich mit jenen fühlen. Es gibt kein schrecklicheres Mysterium als das der Undurchdringlichkeit der Leiber und der Seelen!" Oder: „Die Art, wie einer lebt, verhilft seinen Ideen zur Wahrheit, nicht diese können für sein Leben zeugen." Und an Ramiro Maeztu: „Von allen Tyranneien ist für mich die hassenswerteste diejenige der Ideen." Und wieder: „Die Ideen sind für mich verächtlich — achten kann ich nur die Menschen." Aus demselben Grund entscheidet sich der Wettstreit zwischen Calderón und Shakespeare gegen den spanischen Dichter: „Ein Lear, ein Hamlet, ein Othello sind unendlich reicher an verborgenem Gehalt als alle schematischen Gedankengänge Calderóne zusammen. Ein Mensch! Ein Mensch! Das ist der herrlichste Gedanke, voller Glorienschein, tiefer Schatten und zeugender Mysterien!"

In diesem personalistischen Weltbild besteht eine letzte Identität von Ich und Gott: Das schöpferische Vermögen des dichterischen Menschen ist in dieser Wesenseinheit begründet, ja, es ist der Gegenstand aller wirklichen

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Dichtung, diese Wesenseinheit darzustellen und zur Grundlage der Kultur zu machen. Im Vorwort zu einem Novellenband schrieb Unamuno: „Alle Helden meiner Werke, die ich geschaffen habe, habe ich mir aus der Seele genommen, aus meiner innersten Wirklichkeit, die die Wirklichkeit eines ganzen Volkes ist. Denn wer bin ich selbst? Wer ist dieser Mensch, der ,Miguel Unamuno' unterzeichnet? Das ist nur eine meiner Personen, eines meiner Geschöpfe, einer meiner Helden. Aber das letzte, innerste, höchste Ich! Dieses transzendente oder dieses immanente Ich? Wer ist es? Das weiß nur Gott. Gott selbst ..."

Für U n a m u n o sind alle Widersprüche des Daseins Agonien, in die das Individuum seine Vergottung kleidet. Die Versuchung des Nietzscheschen Übermenschen kann U n a m u n o letzten Endes nicht berühren: „Das Zeitalter des Übermenschen wird das Zeitalter des Triumphes sein, nicht der Gewalttätigsten und der Listenreichsten, sondern derer, die am meisten Mensch sind, die am meisten Menschlichkeit in der Brust tragen."

Dann wird an die Stelle des Anarchismus der Panarchismus treten: „Es wird nicht mehr heißen: Kein Gott und kein Herr — sondern alle werden Götter und Herren sein." In solchen Utopien befreit sich U n a m u n o von der Last der Einsamkeit. Denn „die Einsamkeit ist die tiefste Form der Gemeinsamkeit". Azortn Nach Unamunos Überzeugung m u ß durch die geistige Elite die Differenzierung in der Zivilisation überwunden und ein Typus herausgestellt werden, in dem der Gegensatz des Gelehrten und des Poeten, des Philosophen und des Publizisten sich aussöhnt. U n a m u n o repräsentiert in der Einheit seines Wesens die Verbindung des Literarischen und des Wissenschaftlichen, der Poesie und der Philosophie. Wissenschaftliches Spezialistentum war auch zuvor in Spanien nur schwach entwickelt gewesen. Aber der spanische Geist besaß seit dem 18. Jahrhundert kein anderes Rezept als die Disziplinierung durch die Askese des Positivismus. Überragende Leistungen konnten dabei nicht entstehen, da die materiellen Voraussetzungen einer Verdichtung des Wissenschaftslebens nicht günstig waren. Der Zweifel am Wert der Wissenschaft, den zuerst Brunetière in Frankreich aussprach, entlastet nunmehr die Spanier von den Minderwertigkeitsgefühlen, die der Vergleich mit den Leistungen anderer Nationen hervorrief. Spanien kann es wagen, das Gesicht seiner subjektiven Wahrheit zu zeigen. Breiteste Wirkung gab den neuen Gedanken der berufenste Vertreter der Generation von 1898: Azorin (geb. 1873). Dieses geflügelte Pseudonym, das

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einen ziemlich vulgären spanischen Namen verdeckt (José Martínez Ruiz), läßt den Genius der Leichtheit erahnen: einen Ariel, der alles Schwere mit seinem unfaßbaren Wesen durchdringt und verwandelt. Azorins Essaykunst bewegt sich auf einer ständig fluktuierenden Oberfläche. Zwar sind im Untergrund keine titanischen Konvulsionen spürbar, aber wohl die klärende Arbeit aus einer lange ertragenen Problematik. Azorin ist nicht nur der Erfinder der 98er Generation — richtiger: der Erfinder ihres Namens —, er hat sie vor allem sehen gelehrt, er hat ihre Modernität ermutigt, die versinkenden Werte der klassischen Literatur in ihren Besitz zu nehmen. Azorin hat die großen spanischen Klassiker aus dem goldenen Gefängnis der Literaturgeschichte befreit. Seine Tat ist insofern ein Umsturz der Werte, und sie machte ihn zum Antipoden der umfassenden literarhistorischen Kodifizierungsarbeit Menéndez y Pelayos: hier war ein festgefügtes Wertsystem, unangreifbar in seiner Geschlossenheit, doppelt verankert in humanistischer Bildung und traditionalistischer Gesinnung. Azorin begibt sich allerdings niemals in Konkurrenz zu den sorgsam abgewogenen Urteilen dieser höchsten Autorität des konservativen Spaniens. Das Vergangene soll überhaupt nicht dem Urteil unterliegen, sondern in die Gegenwart treten. Mit seiner „Sensibilität" hat der moderne Mensch ein feinstimmbares Werkzeug der Kenntnis erhalten, das ihn für den Verlust und die Entfremdung seiner Traditionen entschädigt. Azorins Ruhm ist begründet durch seine kastilischen Landschaftsgedichte, seinen Versuch, den Geist Don Quijotes am Ort seiner Herkunft zu erforschen, durch die Ausschnitte spanischen Provinz- und Kleinstadtlebens, durch seine vielseitigen Variationen über die Klassiker Spaniens, seine Vorliebe für die verkannten und vergessenen Werke. Ohne Übertreibung kann man von ihm wohl sagen: er hat das moderne Verhältnis der Spanier zu ihrer vergangenen Dichtung gestiftet. Durch die moderne Sensibilität wird das Vergangene in der Gegenwart wahrgenommen — eine Rekonstruktion, die nicht geschichtslos sein will, sondern in der Flucht der Erscheinungen das Bleiben und die Wiederkehr festhält. Allerdings sind es nicht die überragenden Züge einer Epoche noch die großspurigen Gesten ihrer geschichtemachenden Männer, die für das Augenmaß Azorins zum Bleiben bestimmt sind. Nur das Unscheinbare besitzt die Gewähr der Dauer. Azorins Prosa ist eine fortgesetzte Rühmung der unansehnlichen und prosaischen Seiten an jeder Erscheinung. Die Rhetorik ihrer Bewegung kommt hier zum Stillstand. Er ist ein Meister der Stille. Die zerlöste Periodik seiner Sätze vollendet sich in den schweigenden Parenthesen.

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Immer wieder schildert Azorin die weltverlorene Provinz, wie sie in hermetischen Innenräumen spanischer Häuser dämmert. Immer zeigt sich bei ihm das Leben im Rückzug, in den Bildern einer verwitterten Landschaft, in der vollständigen Resignation des spanischen Menschen. Aber gerade diese Rückzugsbewegung birgt das Versprechen der Dauer, und hier wird der frühe und nachhaltige Einfluß Schopenhauers deutlich. Die Rückkehr des Seins zu sich selbst in der Kohäsionskraft der mineralischen Welt, die wohltätige Stille, in der sich die Schwingung eines regelmäßigen Geräusches vollendet, die Geburt aller Tugenden aus der stetigen Arbeit der Sitte, der Gewöhnungen, der Traditionen — all das sind die unmerklichen, den verzweifelten Krämpfen des Daseins abgerungenen Triumphe. Azorin sucht die Unendlichkeit nicht im Unbegrenzten, sondern im Kleinen, Gewöhnlichen und Beschränkten. Offenbar kann sein überempfindliches Auge nur bei der mikroskopischen Betrachtung zur Ruhe kommen, wenn keine Ablenkung die Entdeckerfreude gefährdet, wenn die Zeit in der stillen Sammlung der Innenräume versteckt bleibt. „Maximus in minimis" — sagte Ortega y Gasset über Azorin und fügte hinzu, daß er das genaue Gegenteil eines Geschichtsphilosophen wäre. Aber es gibt verschiedene Arten, Geschichte zu sehen. Azorin meint, daß die Gegenwart, die zu sich selbst kommt, auch die Masse der Vergangenheit bei sich findet. Tradition entsteht nicht durch die Reduktion aller Bewegung auf die stetig und unmerklich fortschreitende Macht der Sitte, die ein erdgeschichtliches Zeitmaß braucht und für die menschliche Wahrnehmung so gut wie stillsteht. Azorin ist damit in den Gedankenkreis der deutschen historischen Schule geraten. Wie für ihn die „Sensibilität", war das Gefühl, die Empfindung für jene Geschichtsbemühung allein befähigt, in die stillen Prozesse des volkhaften Lebens einzudringen, das allmähliche Wachstum der Sitte und aller tieferen Bindungen zu erahnen. Solche Gedanken führen notwendig ins konservative Lager. Die Verachtung der „großen Ideen" bringen Azorin, wie auch Pío Baroja, von vornherein in Gegensatz zu dem spanischen Liberalismus (dessen innere Kräfte er sehr wohl im Krausismus erkannte). Für einen Sensitiven ist und bleibt der Weisheit letzter Schluß ein „Quieta non movere". Daß man durch Ideen die Verhältnisse ändern könne, erscheint Azorin nicht nur, wie vielen seiner Zeitgenossen, ein Greuel, sondern ein Irrwahn. Zeitangst und Flucht vor den Ideen sind zwei wichtige Symptome der auf dem Boden der Restauration gefallenen Entscheidung der spanischen Geister. Daher gibt es, wie der junge Azorin es ausspricht, keine bewegende Kraft für die Verwandlung des Menschen als die Umwandlung seiner Ver-

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hältnisse: „Wenn die Umwelt sich nicht verändert, kann auch der Mensch nicht anders werden." Dieser revolutionäre Satz seiner Jugend ließ sich dadurch im konservativen Sinne entwickeln, daß die Wirkung des Willens auf die Umwelt geleugnet wurde. Erst mit der Abdankung des Willens kann die Sensibilität in ihre schöpferische Freiheit treten. Diese Sensibilität erscheint zunächst als das Ergebnis einer modernen Entwicklung, sie besitzt ein Organ, mit dem der aus der Zeit gefallene Mensch den Ausblick auf das Wesen der Dinge sichert: in der Rückkehr zur Dauer liegt alles Wesentliche beschlossen. Mit ihrem Vorrang für die Seinserkenntnis gibt sich die Sensibilität als ein menschliches Grundvermögen zu erkennen. Alle Ideale hängen an ihr, und die kleinste Veränderung kann die größten geschichtlichen Folgen erzeugen. So unterliegt der Mensch, als eine geschichtliche Kraft, denselben Gesetzen wie die großen Naturprozesse. Denn es ist klar, daß, wenn das Bewußtsein und der Wille sich ändern, die kollektive Seele, die Sensibilität der Menschen oder der Nationen Äonen braucht, um ihren Habitus in erkennbarer Weise zu wandeln. Azorin hat durch den Übergang auf die konservative Seite das Fazit seiner Entwicklung gezogen. Auch der reaktionäre Zynismus ist, von seiner Warte aus gesehen, ein geringeres Ärgernis als die Besessenheit der liberalen Ideen. Azorin wurde als Adlatus des ultrakonservativen Politikers La Cierva in die Kammer gewählt und einmal in die Regierung berufen. Lange Zeit erhielt die rechtsbürgerliche, familienblattartige Zeitung „ABC" den kaum verdienten Glanz eines fast täglichen Beitrags aus Azorins Feder. Auch nach der Aufrichtung des Franco-Staates konnte er es nicht lassen, mit kleinen, skeptischen Vorbehalten die Losung des Tages zu umkreisen. Seinen geistigen Weg beschreiben drei frühe autobiographische Bücher: „Voluntad", 1902 (Wille), „Antonio Azorin", 1903, und „Confesiones de un pequeño filósofo", 1904 (Die Bekenntnisse eines kleines Philosophen). Azorin begann mit Pío Baroja eine anarchistische Zeitschrift zu leiten. Kropotkin ist ihr Meister. Kropotkin und der Anarchismus bedeutet für den jungen José Martínez Ruiz soviel wie Marx und der marxistische Sozialismus für den jungen Unamuno. E. Inman Fox hat in einem Beitrag zur „Revista de Occidente" (Februar 1966) die Hintergründe dieses Anarchismus durchleuchtet. In einem 1894 erschienenen Artikel gibt der spätere Azorin seinen politischen Standpunkt zu erkennen. Dem schlagartigen Umsprung der alten in die neue Gesellschaft setzt er den Gedanken einer langsamen Evolution entgegen. Die Revolution kann nur als ein Mittel gelten, um die Evolution der Menschheit zu befördern. Nur die soziale Kunst kann gedul-

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det werden — jede Rücksicht auf die Gesetze der Ästhetik wird verworfen. Martínez Ruiz ist auch in anderer Hinsicht äußerst radikal. Die Ehe tritt die Gesetze der Menschennatur mit Füßen. Ein neues Christentum kann nur aus dem revolutionären Sozialismus hervorgehen. Als der künftige Azorin von einem Bettler, dem er nichts gab, niedergeworfen und ausgeraubt wurde, soll er ihm nachgerufen haben: „So — so muß man es machen! Kein Mitleid, sondern ein rechtlicher Anspruch!" Azorins weitere Entwicklung von diesem anarchistischen Anfang bis zur Entdeckung des inneren Spaniens ist von derselben polarisierenden Kraft bestimmt wie der Weg vom Anarchistentum Maurice Barrés' zum Nationalismus. Doch der tellurische Rausch, in dem sich diese Doktrin des Franzosen als Erbe der deutschen Spätromantik verrät, konnte Azorins lateinischen Geist nicht verführen. Maurice Barrés war, trotz seiner politischen Feindschaft, mit den Wurzeln seiner Seele romantisch-germanisch verhaftet. Azorin findet sich im äußersten Gegensatz der deutschen Neigung, lieber unklar zu sein als untief zu erscheinen. Er gehörte sich selbst, als er die wahre Meisterschaft in der Vereinfachung suchte. Ausgangspunkt seiner Entwicklung war die Urangst, die schon der Knabe verspürte, wenn ihm die ewige Feststellung der Erwachsenen droht, daß es „nun schon zu spät sei". Die Angst, zu spät zu kommen, ist sie nicht auch die Todesangst, die Don Quijote zum Quijotismus antrieb? Schrecklich ist das Leben der Provinz: „Hier fühlt sich das Leben selbst leben." Und das ist die genaue Definition der Langeweile, jener Krankheit, die nach dem berühmten Fragment Pascals das Leben der Könige kennzeichnet. Aber die Provinz kennt auch nicht die Zerstreuung der barocken Höfe. Man verfällt auf den Ausweg, die kleinen, unbedeutenden Dinge (weil es andere nicht gibt) zu ergreifen und sie maßlos zu überhöhen. So verfehlt gerade dieses Leben den glücklichen Ansatz, den ihm der Zwang zur Bescheidung bietet. Montaigne hatte Azorin gelehrt, daß in der Selbstbeschränkung das Glück liegt. Schopenhauer ergänzt dieses Wissen durch seine glänzende Einsicht: „Alles geht vorüber, Azorin, alles ändert sich und vergeht. Und die universale Substanz, mystisch, unerkennbar, rätselhaft — ist allein von Dauer." Auch die Zeit, die selbst alles vergehen macht, ist nicht ewig. Aber wie will man das Bleibende aus seinem unfaßbaren Ursprung im „Ding an sich" zur sichtbaren Gegenwart bringen? Azorin findet die uralte Lehre von der Wiederkehr des Gleichen bei Nietzsche erneuert: „Das, was dauert, ist das, was ewig wiederkehrt." Leben ist reuige Wiederkehr der Dinge zu diesem ihrem einfachsten Daseinsgrund, zur Beharrung in der Gewohnheit. Nun versucht Azorin, die immer flüchtige Zeit im Raum zu verankern.

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Traditionen müssen nicht ins Bewußtsein gerufen werden — sie sind vorhanden als eine verschwiegene Wirklichkeit, die man aufspürt. Liebe zu Ruinen stammt nicht mehr aus der romantischen Vorliebe zum Unwiederbringlich-Entschwundenen, ebensowenig rührt der vertraute Umgang mit Büchern aus einer tieferen antiquarischen Neigung. Auch die Ruinen und die alten Bücher sind ein Stück Leben. Wie aus allen vom Fluß der Zeit aufgeworfenen Dingen, spricht aus ihnen ein bleibendes Teil, und zwar jenes, das ihr gemeinsamer Anteil an der Seele der Welt ist. Azorin beschreibt den Durchbruch seiner Reife: wie der Zweifel an sich selbst in die Verzweiflung an Spanien mündet, wie er diesen Zustand metaphysisch ertragen lernte, wie ihm durch diesen Verzicht auf jede Willensregung (zu der ihn Schopenhauer angeleitet hatte) die Augen des Geistes aufgingen und sie die schreckliche Todesmaske des spanischen Lebens durchschauten als einen Inbegriff von unzerstörbarer Dauer. Wieder ist es eine Schopenhauersche Stimmung, die sich mit einem für jeden Spanier selbstverständlichen Wissen begegnet: in der spanischen Lebensform ist das Dasein zum Paradigma geworden. Daher wird ihm nach seiner inneren Befreiung Spanien die ganze Lösung bringen. Aus der glänzenden Unruhe von Azorins Anfängen klärt sich der neue Stil einer vereinfachten Sprache: Azorins Stil wird jetzt zu einem Instrument der Vernehmung der Dinge und zu einem Medium des Einvernehmens mit ihnen. Dieser Stil bringt endlich die Ablösung der von allen 98ern befehdeten Rhetorik. Aber nicht nur die Rhetorik der Sprache erscheint als ein Übel — auch die rhetorischen Stoffe sind zu verwerfen. Alles, was „gemacht" und erfunden ist, befremdet. Z u m Beispiel die Mache eines Romans. Es ist müßig, Erfindungen zu machen. Azorin fühlt sich vielmehr berufen, im Gegebenen den Aspekt der Dauer und des Seins zu finden. Diese systematische Auflösung des Stils und der Gedanken verrät, wie jeder Impressionismus, eine Art von geistigem Defaitismus. Das zerrissene Bewußtsein behauptet sich im Zustand der Resignation. In der Hingabe an die Umwelt versuchte er, seine Festigung zu erlangen. Aber das Spanienerlebnis gab der Anschauung Azorins die Einheit nicht wieder. Das in lauter einzelne Schauräume auseinandergebrochene spanische Dasein wurde zum Spiegel des geistigen Zustands, den Azorin zum Ausgangspunkt seiner Extraversion gemacht hatte. Eine neue Sicherheit war die Folge dieser Gleichsetzung der individuellen Problematik mit dem spanischen Leben. Damit war für ihn der Lebenspunkt wiedergefunden. In der schlichten Anerkennung der Verhältnisse findet nunmehr Azorin eine Moral, die letzten Endes auf die Apologie der stagnierenden Verhältnisse der Restaurationszeit hin-

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ausläuft. Wenn nach einem früheren Wort der Niedergang und die Niederlage des spanischen Reichs „im Rückzug Spaniens aus seiner Geschichte in seine Geographie" endet, d. h. mit der Flucht vor dem zeitlichen Schicksal in ein bewußtloses räumliches Dasein, so macht Azorin diesen Austritt der Nation und des Individuums aus der Geschichtlichkeit zum Programm. Es ist eine Regression, die folgerichtig mit einer neuen Mystik abschließt. Einen Z u s a m m e n h a n g der Dinge gibt es nur noch, wenn sie auf ihren Ursprung hin gesehen werden. Und so steckt hinter der Oberflächenhaftigkeit von Azorins Impressionen die mystische Suche nach Gott in jeder Erscheinung, nach dem, was ihre verlorene Einheit in der Rückkehr zum Ursprung wiederherstellt. Wenn es nur gelingt, die Dinge völlig aus dem Strom der Zeit herauszunehmen, wird Gott an ihnen sichtbar. Und dazu bedarf es nicht mehr als der Stille, die der Verzicht auf jeden Widerstand in der Seele bereitet. Charakteristisch ist Azorins Vorliebe für eine episodische Figur in Cervantes' großem Roman, für Diego de Miranda, der als Gegenspieler des betörten Hidalgo die Lebenskunst eines a k k o m m o dierten Standesgenossen verkörpert. In dieser liebenswürdigen Gestalt hatte tatsächlich die unergründliche Ironie das Glück und die Suffizienz eines gleichgeschalteten Lebensrhythmus zum M a ß s t a b des heroischen Wahns geschaffen. Aber eines steht fest: nicht der Typus des quijotesken Hidalgos hat den spanischen Verfall verschuldet, sondern, wie stets in der Geschichte, der Quietismus jener Vertreter einer herrschenden Schicht, die sich nur noch für ihr Anrecht auf Sicherheit und Genuß verantwortlich fühlten. Azorins Konformität mit allen reaktionären Zuständen lag schon von Anfang an in der Verneinung des Willens begründet. Auch die Reflexion war damit ihrer D e n k k r a f t beraubt und zur Beschränkung auf das unverlierbare Feld ihrer Schaukunst gezwungen. Die freigesetzte Geistigkeit der 98er Generation hätte somit in den letzten Konsequenzen ihres ersten Schrittmachers sich das Endgeschick bereitet. Sie verkürzte sich zu einer bloßen Form der Anschauung, die je nach dem Bedürfnis des Tages und seiner jeweiligen Beherrscher drängende Probleme in feuilletonistische Stimmungswerte verwandelt.

José Ortega y Gasset Wenn man heute, Jahre nach José Ortega y Gassets (1883—1955) Tod, auf seine Schriften zurückgreift, so ist der erste Eindruck der, daß eine unmittelbar vergangene M o d e des Denkens, des Sehens, des Fühlens uns anrühren

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möchte. Gerade die Aktualitätsbezogenheit von Ortegas Meditationen verschuldete ihr nicht mehr ganz zu leugnendes Veralten. Ortega liebte es, den Kern seiner Philosophie in Besprechungen von aufsehenerregenden Gegenwartswerken zu verpacken. Diese Philosophie ist aber — im spanischen Maßstab gesehen — noch immer ein überragendes Ereignis, dem nichts, nichts Neueres oder Wirksameres, an die Seite gestellt werden könnte. Die heutige spanische Intelligenz ist noch weitgehend „orteguistisch". Unter „orteguismo" kann zweierlei verstanden werden: einmal die philosophische Schule Ortegas, deren ernstester und autorisiertester Repräsentant Julián Marías ist. Für ihn gehört die Lehre des Meisters einer noch uneröffneten Zukunft. Außerdem zielt aber „orteguismo" auf einen bestimmten, wenn auch im einzelnen schwer bestimmbaren Habitus einer halb philosophischen Essaykunst, deren sprunghafte Konzeptionen sich in einem sprachlichen Barock spreizen. In dieser Prosa wird auch den neuesten außerspanischen Geistesereignissen Rechnung getragen. Es herrscht ein Automatismus der Information, den anzukurbeln das ganz persönliche und nicht das geringste Verdienst des Meisters war. Er versorgte die spanische Bildungswelt mit Übersetzungen von Simmel, Husserl, Scheler, Klages, Messer, Kretschmer, Spengler, Keyserling, Heidegger und vielen anderen, meist deutschen Autoren. Man mußte in ihm einen einzigartigen philosophischen Leser verehren, dessen geistiger Umsatz die Bedürfnisse der spanischen Intelligenz erregen und befriedigen wollte. Was auf Ortegas Schreibtisch sich auftürmt, wird das Schicksal einer spanischen Generation von Intellektuellen. Don J o s é vergab die Lizenzen für jede nach Spanien zu importierende Wahrheit. Es k a m ihm nicht darauf an, die Quellen seiner eigenen Gedankenbildung den Spaniern rückhaltlos zu erschließen. In der „Revista de Occidente", der von ihm geleiteten Zeitschrift von höchstem europäischem Rang, wird den neuesten geistigen Importen das M a ß genommen. Der Amplitude dieses Geistes schienen keine Grenzen gesetzt. Die Geschichtstheorien Spenglers und Toynbees sind Ortega so geläufig wie die Archetypen der Jungschen Seelenbeschauung oder Kretschmers Typologie der Konstitutionen, wie die Mendelschen Gesetze oder die Klagessche Ausdruckskunde, wie die neuesten Manifeste der philosophischen und nichtphilosophischen Existentialisten. Die moderne Biologie ist ihm hinreichend vertraut, um eine Minute den Schleier des Lebens vor den benommenen Lesern zu heben. Er hat keine Mühe, J a m e s Joyce zu verstehen und Einstein zu kommentieren. Er schreibt mit der gleichen Meisterschaft der Spannungserregung über Claude Lorrain, Dostojewski, Pirandello, Stendhal, Debussy, Cézanne oder Strawinsky.

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Er fraternisiert mit den kubistischen und surrealistischen Malern. Ortega besaß für alles kulturelle Geschehen die sensibelste Antenne. Er durchmißt die vergangenen Abgründe der spanischen Geschichte, er spürt und reflektiert die Krise der westeuropäischen Gesellschaft. Außer dem lieben Gott, den er als den großen Abwesenden mit scheuem Respekt evoziert, und dem spanischen Stierkampf, den der Puritanismus der spanischen Krausisten verneint, gab es kein T h e m a , das Ortega y Gasset nicht mit seiner äußerst brillanten Federführung gestreift und in metaphysische Schwingungen versetzt hätte. Ortega ließ sich keineswegs erschüttern durch die ja naheliegende, wenn auch ungerechte Kennzeichnung seiner Philosophie als einen „philosophischen Journalismus". Er hält schon in früher Jugend, im Hinblick auf die spanischen Verhältnisse, den Journalismus für Bürgerpflicht. Der Journalismus war ihm im übrigen in die Wiege gelegt. Sein Vater war Besitzer und Chefredakteur der damals maßgebenden liberalen Zeitung „El Imparcial", die auch die bedrängenden Fragen der Intelligenz auf hohem Niveau zu verantworten suchte. Die erstaunliche Frühreife dieses aufgeschlossenen Geistes erhielt frühzeitig die feste Steuerung durch die Institución Libre de Enseñanza, die auch Ortegas deutsche Studienreise in die Wege leitete. Der Anschluß an die deutschen Philosophen, der ihm in Leipzig und Berlin versagt war, glückte in dem neukantianisch beherrschten Marburg. Hier waren Hermann Cohen und Natorp seine frühen Lehrer. Der Imperativ der Kulturerzeugung gehörte zu seinem damaligen Credo, das er dann später als „Kulturfrömmelei" verwarf. Die strenge Disziplin des Kantianismus, dem Ortega zehn Jahre lang verschrieben war, wurde durch seinen Umgang mit Husserl und M a x Scheler gelockert. Sosehr er die idealistische Ausgangsüberzeugung Husserls, seine Lehre vom „absoluten Geist", befehdete, sosehr wurde ihm der Stil der phänomenologischen Deskription zur zweiten Natur. Dieser Stil bewährte sich an der ganzen Fülle einer weit ausgebreiteten Gegenstandswelt. Dazu kommt die aus derselben Quelle stammende Gepflogenheit eingehender Befragung der Wortbedeutungen, die jeder philosophischen Operation als Prämisse vorausgehen muß. Seine philosophische Lehre konnte als abgeschlossen gelten, als er 1914 mit den „Meditaciones del , Q u i j o t e ' " (Meditationen zum „Don Quijote") hervortrat. Seine philosophische Entscheidung für alles, das Lebensnahe und Aktuelle seines Denkens hat ihm den Ruf eines Lebensphilosophen eingebracht — zu Unrecht, da Ortega dem Irrationalismus der Vitalisten ebenso fern stand wie dem abstrakten Relativismus. Das Organ der Menschheit war für ihn die „lebendige Vernunft" (razón vital). Der O r t der Philosophie war das Ich in seiner „Verumständung". Die Freiheit, die den

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Menschen vom Tier unterscheidet, ist nicht eine Dreingabe der Natur, sondern die notwendige Folge des unfertigen, unabgeschlossenen menschlichen Wesens, das in jedem Augenblick neu entschieden, neu projektiert werden muß. Etwas Beunruhigendes hat der nicht wegzuleugnende Befund der Existenz von anderen Menschen, von Gesellschaft. Ortega unterscheidet vom Gesellschaftlichen die „zwischenpersönlichen" Beziehungen, die, wie Liebe und Freundschaft, durchaus auf der Basis eines ichbezogenen Philosophierens erklärt werden können. In der Gesellschaft geht es nicht um das Verhältnis der Individuen zueinander, sondern jeder verhält sich hier zu jedem wie irgendein Beliebiger. „ M a n " handelt, „ m a n " spricht, „ m a n " denkt in Gesellschaft. Die Welt der Gesellschaft ist nicht im vollen Sinne menschlich: sie ist seelenlos. Ihre Menschlichkeit entbehrt des Menschen, entbehrt des Geistes. Sie ist die entmenschte Menschlichkeit. Die letzte Begründung der Soziologie sollte den ungeschriebenen Teil von Ortegas Nachlaßwerken bilden. Man sieht daraus, wie sein Gesellschaftsbegriff die spätbürgerliche Entfremdung naiv verabsolutiert. Die Form der menschlichen Realität, die das kollektive Leben darstellt, hat nach der Lehre Ortegas eine notwendige, grundlegende Struktur: sie zerfällt in die führende, zielbewußte Minderheit, die „Elite", und die träge und abhängig lebende Masse, die keinen eigenen Vorsatz zum Leben entfaltet. Diese strukturelle Bestimmung der Gesellschaft durchzieht nun alle geschichtlichen und politischen Werke Ortegas, und nicht nur sie. In Ansehung der abstrakten Kunst begnügt er sich keineswegs mit der Feststellung, daß das Sehvermögen der Durchschnittsmenschen noch der Entwicklung bedarf. Der modernen Kunst wird vielmehr die Wirkung eines Katalysators zugesprochen. Es handelt sich dabei nicht um die Frage des Geschmacks, sondern um die des Verständnisses. Die große Masse versteht nicht, während eine Minderheit verstehend mitgeht. Ausgehend von den an der Kunst gemachten Beobachtungen greift Ortega in die Allgemeinheit der gesellschaftlichen Vorgänge: „ D i e Zeit nähert sich, in der die Gesellschaft von der Politik bis zur Kunst sich neu organisieren und auch gebührend in zwei Ordnungen oder Ränge zerfallen wird: in die G r u p p e der hochentwickelten und in die der vulgären Menschen. Alles Übel E u r o p a s wird durch diese neue und rettende Zweiteilung geheilt werden. Die unterschiedslose, chaotische, form-, gestalt- und disziplinlose Einheit, in der man seit hundertfünfzig Jahren lebte, kann nicht fortgesetzt werden. Unter allem gegenwärtigen Leben verbirgt sich ein tiefer und ärgerlicher Irrtum: die falsche Annahme des tatsächlichen Bestehens der Menschengleichheit . . . "

Es ist kennzeichnend, daß Ortega y Gasset es nicht vermochte, dieser Elitetheorie, diesem naiven Aristokratismus (ein Ausdruck, den er selbst nicht

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verschmähte) eine philosophische Grundlage zu geben: er artikuliert dabei lediglich die Haltung seiner Klasse. Trotzdem steht für ihn das Eliteproblem im Kern aller an eine Geschichtserneuerung Spaniens gewandten Gedanken. Die Idee der Elite, der „minoría selecta", bildet offenbar eine fiebrige, euphorische, von nahen Verheißungen bewegte Region in diesem Weltbild, das den Abbruch und Ausverkauf der bürgerlich demokratischen Bestrebungen bedeutet. Schon 1914 hatte Ortega sagen können: „Ich will meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, daß der spanische Geist gerettet ist!" Das elitebildende Werk der großen spanischen Pädagogen, von denen Ortega abstammt und deren kantianisches Erbe er selbst in Marburg erneuert hatte, bildete schon eine Zelle geistiger Gesundung, und ein von den großen „Krausisten" Sanz del R i o , Giner de los Ríos, Μ . Β. Cossío und anderen unterwiesener Nachwuchs befand sich am Werk, um aus der spanischen Spezies den neuen, universalen Typus zu formen. Nur in der geistigen Wandlung wird das Heil für Spanien gesehen. Diese idealistische Grundüberzeugung ist in dem berühmten Ausspruch Ortegas gelegen: „La salvación de España está en el concepto" (Spaniens Rettung liegt beim Begriff). Und das will sokratisch besagen: bei der Umstellung der Begriffe zum Selbstbegreifen. Tonangebend blieb bei allem künftigen Wechsel der geistigen Mode eine „germanisierende" Note. Ortega y Gassets deutsches Bildungserlebnis, das heißt das Erlebnis der reaktionären Philosophie des deutschen Bürgertums, hatte die nie erloschene Ehrfurcht vor der Wiege des Krausismus von neuem befestigt. Aber Ortegas nietzscheanischer „Germanismus" geriet vor seiner vollen Entfaltung in Spanien unter die heilsam verzögernde Gegenwirkung des ersten Weltkrieges. Für den spanischen Intellektuellen gab es sowenig wie andererseits für Klerus und Restauration einen Zweifel an der Stellungnahme zum Kampf der reaktionären Mittelmächte mit dem demokratischen Westen. Diese Entscheidung legte jedoch die schwerste Gewissenspein auf die spanischen Seelen. Für den Priester war nun das Heil vom Siege der ketzerischen Waffen abhängig, während die Intelligenz, die längst nach Deutschland zu schauen gewohnt war, nunmehr für Frankreich plädierte. Aufklärung und Revolution hatten einen längeren Atem gegenüber der Hybris des irrationalistisch gewordenen deutschen Idealismus bewiesen. Für Ortega y Gasset wurde dieser Konflikt zum brennenden Schmerz, als der von ihm hochverehrte und einfühlsam nachgeahmte M a x Scheler mit dem furchtbaren Armutszeugnis seines „Deutschen Genius im Kriege" sich ohne Erbarmen entblößte. Ortega y Gasset schrieb sich in einer langen Entgegnung die Qual vom Herzen (erschienen im „Expectador" von 1916). Mit

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dem besonnenen Maß der Humanität trat er den gigantischen Verirrungen Schelers entgegen. Freilich, was Ortega bei diesem Salto mortale am tiefsten beschämte, war der Verrat des Elitebewußtseins an die Kriegspsychose durch einen der Hohenpriester der geistigen Wert- und Vorzugsgesetze, mit denen die Philosophie die Grußpflicht zwischen allen Dingen und Wesen eingeführt hatte. Nach der Besiegung des deutschen Imperialismus hat Scheler mit eiserner Stirn seine Wertgesetze entsprechend berichtigt und den Vorrang der Menschheit vor der Volksgemeinschaft nunmehr wie eine von den Sternen empfangene Botschaft verkündet. Ortega läßt sich sein Deutschland nicht aus dem Herzen reißen: „Zwingt mich nicht, nur Spanier sein zu müssen; werft nicht den Brand des Bürgerkriegs in meine Seele! Hetzt nicht das widerborstige Lebensgefühl des Iberers gegen den blonden, besinnlichen, sentimentalen Germanen, den die Dämmerzone in mir hervorbringt! Ich will Frieden zwischen den beiden Seelen haben und sie beide zu gemeinsamer Arbeit zwingen!"

Aber dieser Friede kann nach der Meinung Ortegas nur als germanischer Friede zum Heil der spanischen Seele gereichen. Schon in seinen „Meditationen zum ,Don Quijote' " (1914) wollte Ortega den pädagogischen Sinn dieser ironischen Selbstververwerfung aller spanischen Werte gesichert haben. Auch auf der Höhe der spanischen Sendung mußte die Selbstkritik bis zur Verwerfung der Fundamente einer verfehlten geschichtlichen Wirklichkeit dringen. Die unüberschreitbaren Gipfel spanischer Selbstkritik glaubte Ortega y Gasset selbst mit seinem „España invertebrada", 1921 (Spanien ohne Rückgrat), zu erreichen. In der Tat wird das Thema der Dekadenz radikaler als jemals zuvor gestellt. Spanien — dieses unorganische Nebeneinander unverbundener und der Versumpfung verfallener Parzellen — verdient nicht mehr, eine Nation zu heißen. Spanien ist aber nicht nur gesunken und dekadent geworden, sondern von vornherein mit einer Fehlanlage in die Welt der Geschichte getreten, mit dem rassebedingten Mangel an hierarchischer Formkraft. Spanien sei in allen seinen Äußerungen immer nur volkhaft gewesen, und das spanische Selbstbewußtsein habe darum keine Elite hervorgebracht oder geduldet. Auch der geschichtliche Glücksfall einer spanisch geführten Weltmacht bestätigt für Ortega nur den architektonischen Mangel des spanischen Typus, der von dem steilen Höhepunkt seines Weltreichs alsbald zurückfiel und seinen Staat dem Schicksal einer unaufhaltsamen Zersetzung preisgab. Hatten schon die alten Iberer sich von der Romanisierung nicht bis in die Wurzeltiefen ihrer rebellischen Seelen ergreifen lassen, so konnte auch

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später das hierarchische Vorbild der Germanen den Aufbau der spanischen Gesellschaft nicht mehr durchdringen. Im Gegensatz zu den jugendfrischen Franken hatten die Westgoten schon in romanisiertem und daher (! — W. K.) korrumpiertem Zustand die Herrschaft über Spanien angetreten, unfähig, eine neue Gesellschaftsordnung zu modellieren. Durch den mangelhaft ausgebildeten Feudalismus entfällt auch die Basis für die spätere Entfaltung der Bürgerherrschaft. Nicht der Wechsel der Hierarchie hat hier wie anderwärts das Gesetz der Geschichte geschrieben, sondern das Übergewicht des ewig unbotmäßigen Volkes, dessen individueller Geist alle Formen des Zusammenlebens durchsetzt und die Zersetzung bis zum Zerfall der Nation in stagnierende Kreise naturhafter Gruppen betreiben sollte. Offenbar wirkt hier das Schreckgespenst des Anarchismus, um das Schreckbild einer anarchisch aufgelösten Nation zu entrollen. Auch die Gegenmittel Ortegas sind unverhüllte Palliative des Klassenkampfes. Zweierlei Mittel können nach Ortega y Gasset den Zusammenhalt einer Nation erreichen. Einmal von innen her die Bildung einer Elite, die zur Unterwerfung verlockt und ihr Gesetz den Unterworfenen aufprägt. Aber daneben kann auch ein äußeres Ziel mit gemeinsamen Zwecken nationale Gemeinsamkeit bilden — das ist das Gesetz der römischen Herrschaft. Damit hat Ortega die imperialistische Lösung als letzte Reserve im Unterbau der spanischen Seele bereitet. Eine Nation ist, wie Ortega sagt, nichts weiter als das verheißungsvolle Projekt, das eine Lebensgemeinschaft in die Gemeinsamkeit ihrer Zwecke hineinreißt. Man schließt sich nicht zusammen, „bloß um zusammen zu sein, sondern um etwas zusammen zu machen". Hier wird die Zone der Ermunterung schon sichtbar. „Die Nation wird zum Unternehmen" — in dieser einfachen Formel kann man den Nenner für alle späteren faschistischen Definitionsversuche erkennen. Gewiß lag Ortega y Gasset nichts ferner, als den Faschismus empfehlen zu wollen, dem damals (1923) noch alle werbende Wirkung fehlte. Im Gegenteil glaubte Ortega in einer besonderen Arbeit beweisen zu können, daß Spaniens eingefleischter Individualismus sich nie und nimmer einem solchen Experiment, wie Mussolini es in Italien begonnen hatte, zu fügen befähigt sei. Daher bleibt die aristokratisch-hierarchische Lösung den Gesichtskreis beherrschend. Durch die Elitebildung soll das feudalistische Postulat der Geschichte zur späten Erfüllung kommen. Eine neue Generation entwuchs den krausistischen Bildungsstätten, und Ortega bemüht sich, ihre mönchische Disziplin in die Freiheit des Weltmanns und einer souveränen Weltbetrachtung zu erheben. Durch Ortega wird der „unoffizielle" Aspekt der Menschen- und Völkergeschichte entschleiert. Selbst die Geschichte der Phi-

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losophie hat den verborgenen Aspekt des spannungsvollen Romans. Auch die spanische Elendsmalerei wurde von Ortega nicht ohne pädagogische Absicht entworfen. Durch die Versenkung in seine Traditionen wird Spanien niemals genesen. Was es braucht, ist Selbsterkenntnis im Maßstab der universalen Bildung. Bisher erschöpfte sich Spanien im bloßen Leerlauf fesselloser Impulse, ziellos verströmender Bewegung, sinnloser Taten aus bloßem Tätigkeitswillen. D a s ist der Eindruck auf einer Reise zum Escorial, wo Philipp II. seinen verdüsterten Lebensabend verbrachte: steinerne Massen als Denkmal eines gigantischen Willens, der nur sein Wollen will und sich in seinem aufgetürmten Werke das Grabmal gesetzt hat. Nur die Abkehr von diesen Traditionen kann spanisches Leben in neue Bahnen verlokken. Was Ortega fordert, ist sachbezogene Bildung, die aus dem Kreislauf der spanischen Problematik mit vollem Bewußtsein heraustritt. Die Verlokkung zum neuen Beginnen erwächst aus der Verzweiflung an allem Vergangenen: D a s ist der didaktische Sinn dieses Elendsgemäldes, an das mehr psychologische Kunst als geschichtliche Tiefenkenntnis verschwendet wurde. Dieses „Spanien ohne Rückgrat" bildet den unüberbietbaren Gipfel einer Totenhausliteratur, in der die Selbstkritik wie von keiner zweiten Nation bis zur Selbstverfluchung getrieben wurde. Sie beginnt nach der Meinung mancher Spanier mit Cervantes' „ D o n Q u i j o t e " und schwillt an, je weniger sich der unaufhaltsame Niedergang vor dem Bewußtsein verhehlen ließ. Spanien wurde so bei lebendem Leib einer dauernden geschichtlichen Obduktion unterworfen. Schließlich fand man, daß die Nation ein geschichtliches Leben überhaupt nicht mehr führe. Castelar hörte die Schwingen des Hegeischen Geschichtsgeistes an Spanien vorüberrauschen: „Die Geschichte ist Spaniens überdrüssig geworden." Ganivet griff Ortega voraus, indem er behauptete, Spanien sei aus dem geschichtlichen in ein bloß noch geographisches Leben versunken. Aber hinter der Selbstverneinung steckte zumeist die Prämie einer mystischen Zukunftsverheißung. Schon im „Don Q u i j o t e " liegt ihr Tenor fest: die Verheißung der Zukunft durch eine unerschöpfliche Volkskraft. Durch Ortega wird diese Verheißung ernüchtert und die ungebundene Volkskraft mit dem tödlichen Keim der Zersetzung behaftet. Nunmehr erscheint das unterdrückte Spanien als die bedrückende Mitgift allen geschichtlichen Lebens. Damit war aber der Totenschein einer Nation auf unwiederbringliche Weise besiegelt. Konnte etwas europäischer sein als dieses „spanischste" aller Bücher Ortegas? War nicht Europa seit dem Aufbegehren der Massen denselben Gefahren verfallen, die von jeher die widergeschichtliche Konstitution des spa-

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nischen Zustande bedingten? Jedenfalls fand Ortega in seiner spanischen Obduktion das Recht, als Warner und Retter Europas gehört zu werden. Der Erfolg des „ L a rebelión de las m a s a s " , 1931 (Aufstand der Massen), hat diese Meinung bestätigt. Dieses Buch machte unter allen Propheten einer bewaffneten Restauration die Runde; der Alarmruf: „Abendländischer Geist in Gefahr!" wagte hier erstmals wieder als Quelle des Unheils die Massenerhebung ins Auge zu fassen. Doch lassen wir Ortega im einzelnen sprechen: in unserem Jahrhundert, in unserer Epoche hat sich eine bis dahin unvorstellbare Metamorphose vollzogen. Der „Massenmensch" hat alle entscheidenden Positionen besetzt. D a s geht bis in die äußere Form der Lebensinstrumentierung hinein. Die Bahnen, die Theater, die Mietskasernen, die Promenaden sind überfüllt. Der „Massenmensch" ist überall tonangebend geworden. Gewiß: die Verkündung der Menschenrechte fällt noch ins vorvergangene Jahrhundert. Aber die letzten Konsequenzen aus diesem Prinzip wären erst im unsrigen gezogen worden. Dieses Jahrhundert unterscheide sich von allen anderen durch seinen völligen Verzicht auf Traditionen. Man fühlt sich über alles Vergangene erhaben. D a s Lebensniveau im Ganzen ist ja auch in der Tat phantastisch gestiegen. Man hält sich für unbegrenzte Möglichkeiten offen, doch ohne sich für diese oder jene zu entscheiden. Der „Massenmensch" genießt die Segnungen einer Technik, deren geistige Herkunft aus früheren Jahrhunderten der äußersten Anspannung ihm verborgen bleibt. Verantwortung empfindet nur die Elite, die den Genußmöglichkeiten des „Massenmenschen" zum Trotz sich strenger Sachbezogenheit befleißigt. Sie umschränkt sich durch Normen — je mehr es Normen gibt, desto mehr Kultur. Der „Massenmensch" aber schreitet entschlossen zum Bruch aller Normen, als einzige N o r m , die er noch anerkennt, zur Verherrlichung der Gewalttat, wie sie den Syndikalismus und den Faschismus kennzeichnet. Die Menschheit steht vor einer Katastrophe, doch bleibt ihr die Entscheidung für eine bessere Organisation ihrer Zukunft unbenommen, für eine Verwandlung des Europas der leergelaufenen Vaterländer ins europäische Vaterland, an dessen Erstellung dieser berufenen Minderheit ein entscheidender Anteil nicht versagt werden könnte. Wenn es nicht glückt, die europäische Menschheit durch ein neues Unternehmen für eine vielversprechende Zukunft zu fesseln, so wird der Kommunismus an seine Stelle treten: „ M a n stelle sich vor, der von der sowjetischen Regierung mit herkulischer Anstrengung eingehaltene Fünfjahresplan würde seine vorgesehenen Absichten erreichen und die russische Ö k o n o m i e nicht nur wiederherstellen, sondern zum Überfluß erheben. Wie immer es um den Inhalt des Bolschewismus bestellt sein mag, er stellt einen gigantischen Versuch

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Spanien 1900—1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte eines menschlichen Unternehmens dar. In ihm haben die Menschen entschlossen die weltverwandelnde Bestimmung ergriffen, und sie leben gespannt unter der hohen, ihnen dadurch eingeimpften Disziplin. Wenn die für die Begeisterung des Menschen unzugängliche Welt den Vorsatz nicht in ernsthafter Weise bedroht, wenn sie ihm nur einen gewissen Spielraum freiläßt, so wird der glänzende Charakter einer großartigen Unternehmung auf den kontinentalen Horizont ausstrahlen als eine neue und brennende Konstellation."

Z w a r sehe der Durchschnittseuropäer keine Gewähr des Glücks und der Wohlstandserhöhung im Kommunismus, aber es könnte doch sein, daß diese Versuchung Europa in Bann schlägt. Die Hingabe an eine solche (von Ortega trotz aller dialektischen Blendung perhorreszierte) Verlockung wird zwar den Menschen aus dem Zustand des bloßen Verharrens und Vegetierens befreien — es wäre aber natürlich nicht die „authentische", sondern eine falsche Lösung. Wie hätte Ortega anders urteilen können. In einem vielsagend „El ocaso de las revoluciones", 1923 (Revolutionsdämmerung), betitelten Aufsatz war Ortega in seinem Sekuritätsbedürfnis noch weiter gegangen. Mit dem Ende des Rationalismus sei auch das Ende des Revolutionszeitalters gekommen. Denn nur der Widerspruch zwischen dem fordernden Rationalismus und den unbeweglichen Traditionen hätte den Zündstoff der Revolution bereitet, zuletzt im Marxismus, der die Abstraktion des Proletariats zum Leitbild der Vernunft erhoben hätte. Wird man sich wundern, daß Ortega, der so vieles wußte, seine Unkenntnis des Marxismus und Kommunismus mit so billiger Weisheit verbrämte, daß er die Grundgesetze der in die Zeitenwende gerückten Menschheit so grausam verkannte? Mehr noch, daß in seinem Denken der Kampf gegen den Rationalismus der Aufklärungstradition mit dem Antikommunismus konvergiert. Doch von Spanien und von Ortegas Spanienverhältnis ist hier die Rede. Ortega y Gasset hat die Z o n e der spanischen Gegenwartspolitik keineswegs gemieden. Mit Azaña, Américo Castro, Madariaga, Maeztu, Pérez de Ayala, Fernando de los Ríos gründet er 1914 die „Liga für politische Erziehung der Spanier". In der Zeitschrift „ E s p a ñ a " entwickelte Ortega y Gasset 1915 die Stellungnahme der Gruppe zu den aktuellen Problemen. Alle spanische Politik befinde sich rechts und links im selben Zustand der Leichenstarre. „Wir sind Monarchisten, nicht weil wir auf die Monarchie Wert legen möchten, sondern weil Spanien monarchistisch ist. In der Restauration erkennen wir nicht nur die Niederlage der Monarchie, sondern auch die der R e p u b l i k . "

Dieser politische Konformismus sollte den Weg für die Erneuerung der krausistischen Urintentionen öffnen. Eine antipodische Politik sollte zur wahren Quelle der Erneuerung führen. Spanien bedürfe zur Urbarmachung

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der pädagogischen Lenkung. M a n verspricht sich, die neuen Bestrebungen mit der Welle „unserer Begeisterung bis in die letzten spanischen Winkel zu tragen". Die neue Republik brachte über Spanien einen Rausch der Freude, in dem nun auch Männer wie Unamuno und Ortega y Gasset eine Erfüllung sahen. Ortega sprach damals von der „äußerst fruchtbaren Ruhe, die Spanien in diesem Augenblick genießt, von der Fülle des historischen Bewußtseins, zu der sich die Republik, das Werk weniger magischer Stunden, erhoben hatte". Aber die Freude an dem Werk von Stunden verflog. Denn in Wahrheit war nicht die Republik, sondern die gute Stimmung der AuchRepublikaner ein „Werk von wenigen magischen Stunden" gewesen. Auch in einer Republik geht der Sonntag zu Ende, und ihr werktägliches Gesicht, das ihr von den werktätigen Massen aufgedrängt wurde, stieß diesen Teil der Intelligenz zurück in eine Haltung, die Ortegas berühmt gewordenes Wort am Schluß einer Cortes-Rede zur Losung für weite Kreise gemacht hatte: „¡No es esto!" (Nein, das ist es nicht). In diesen drei Worten der Absage faßt sich die enttäuschte Erwartung der vorschnell bekehrten Republikaner zusammen. Ihre Forderung war eine Republik für alle Spanier. Aber die Träger des neuen Staates wußten, daß man auf diesen Wegen sehr bald bei einer Republik der Monarchisten angelangt wäre. Mit Ortega y Gasset war die leibgewordene spanische Intelligenz in die Cortes gezogen. Mit dem Glanz dieses Namens verband sich indessen die Hypothek eines beinahe zwanzigjährigen politischen Attentismus und einer nie verhehlten autoritären Gesinnung. Schon jetzt stand Ortega y Gasset auf dem rechtesten Flügel der Republik, während die regierende Linke ihren Kurs trotz unvergleichlicher Fehler mit aller Macht zu halten bemüht war. Ortega y Gasset verschmähte es, den Legendenschleier um seine Person durch ein klärendes Wort zu zerreißen. Seine Stunde war in Wahrheit schon lange vorübergegangen, und mit seinen endlosen Klagereden deckte er nur die Linie des eigenen Rückzugs. In der Kammer vernahm man den lästigen Warner mit sardonischem Lächeln. D a ß es zum völligen Bruch kam, lag in der Konsequenz seiner Rolle. War er die Stimme des nationalen Gewissens, so würde vielleicht ihr Verstummen noch mehr als seine Reden beachtet. Aber Ortega war viel zu verärgert, um sich bis über das Ende hinaus in dieser Rolle zu halten. Als er die Nachricht von der Niederwerfung eines Putschversuchs des faschistischen Generals Sanjurjo hörte, ließ er sich zu dem Ausruf hinreißen: „Hierzulande bringt man auch gar nichts zustande!" Wie ein spanisches Sprichwort besagt, ist Madrid wie ein Bleistift. Die Unmutsäußerung des berühmten Philosophen geht wenige Tage später in das

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intime Tagebuch des Ministerpräsidenten Don Manuel Azaña über — nicht als Eintrag einer politischen Note in ein Polizeiregister, sondern als ein Porträt der spanischen Intelligenz, deren unhaltbare Position sich vor den intelligentesten Vertretern der politischen Praxis nicht mehr verhehlte.

Manuel

Azaña

Manuel Azaña (1880—1940), der überragende Kopf unter den bürgerlichen Republikanern, Kriegsminister und Ministerpräsident der Zweiten Republik (1931 — 1933), durch die Reaktion der Mittelparteien unter die Anklage des Hochverrats gestellt, nach dem Sieg der Volksfront durch die Wahlen von 1936 von neuem Ministerpräsident und in den Bürgerkriegsjahren Präsident der Spanischen Republik, begründete seine moralische Stellung als Sekretär des literarisch-politischen „Ateneo", als Herausgeber und Mitarbeiter der Zeitschriften „España" und „La Pluma", und nicht zuletzt als Verfasser bedfeutender literarisch-historischer Versuche. Azaña war Meister in einem gefrorenen Stil voller lyrischer Eisblumen zwischen schneidenden Sarkasmen. Etwas war an Azaña, was seine Gegner veranlaßte, ihn für einen abgefallenen Engel zu halten. Er selbst sagte einmal von sich: „Ich bin ein Schwert, das sich gegen niemanden erhebt." Übrigens steckt der ganze Azaña schon in einer Episode seiner Kindheit: als man ihm im Jesuitenkolleg den kosmologischen Gottesbeweis auseinandersetzte, fragte er, ob denn im Falle eines Nichtvorhandenseins Gottes die Sterne ins Stolpern gerieten. Azañas spröder N a t u r war die herrische Geste eigen, in der man das Zeichen eines diktatorischen Willens erblickte. Indessen war es ein höherer Ehrgeiz, der ihn beseelte: der Ehrgeiz, an Spanien die Diktatur des Gesetzes zu bringen. Diese republikanische Tugend wurde der Grund für unverzeihliche Fehler in der Behandlung der Feinde des neuen Staates, denen er nur ein Ärgernis gab, ohne ihnen den Boden ihrer gefährlichen Konspiration zu entziehen. Freilich lag Azaña nichts ferner als der übliche Wald- und Wiesenoptimismus der liberalen Fortschrittsapostel. Seine pessimistische Grundgesinnung spiegelt die Verzweiflung der ewig geprellten Mittelständler, die in der Karte des Sozialismus nur ein geringeres Übel erblickten. Für Azaña ist Spaniens schwer heilbare Krankheit die Verkapselung in die geschichtlichen Traditionen. „So wie es Erbkranke, Syphilitiker gibt, so leidet Spanien an der Erbkrankheit seines geschichtlichen Glaubens." Manuel Azaña hält weiter dafür, „nicht alles Spanische sei nur d a r u m , weil es

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existiert hat, wert, bewahrt zu werden. Wir können nicht auf irgendwelche spanischen Traditionen gründen, sondern allein auf die universalen Kategorien der Menschheit." Aber haben diese universalen Kategorien nicht selbst ein spanisches Leben besessen? In der Tat muß es Azaña unternehmen, seinen Kampf gegen die bedrückenden Traditionen in der spanischen Geistesgeschichte selbst zu akkreditieren: bei Cervantes' unvergleichlicher Satire auf alle politische Romantik, auf den wild gewordenen metaphysischen Aberglauben an die weckende Macht des geschichtlichen Vorbilds. An Cervantes interessierte Azaña, vor allem die Geste des Schöpfers, „wie er den spanischen Stoff in die H a n d nimmt und w a s er d a r a u s macht, und, da ich in dieselbe Umwelt versenkt bin, wie und wo seine Sensibilität beeindruckt wurde durch dieselben Dinge, die auch mich dauernd verletzen".

Offenkundig ist auch hier der Wunsch, sich im Einvernehmen mit einem großen Vorbild zu wissen. Solche Versuche der Legitimierung öffnen eine geschichtliche Reihe. Auch Azaña kann den ermunternden Wink der Geschichte nicht entbehren. Seine liebevolle Beschäftigung mit dem Aufstand der kastilischen Comuneros verhilft ihm zu der inneren Gewißheit, daß die Ziele seiner eigenen, weit ausgeworfenen Politik in Reichweite der geschichtlichen „Seele" Spaniens gelegen waren.

Ramón Gómez de la Serna Ramón Gómez de la Serna wurde in Madrid 1888 geboren. Schon mit sechzehn Jahren hat er ein erstes Buch verfaßt. 1910 leitet er die dem Dadaismus und anderen ultramodernen Tendenzen verpflichtete Zeitschrift „Prometeo". Seit 1912 arbeitet er für die Tagespresse (u. a. für „ L a Tribuna", „El Sol", „Crisol", „Arriba"). Ramón ist ein unermüdlicher Arbeiter; das Schreiben ist ihm ein vitales Bedürfnis, fast das einzige, dem er hemmungslos frönte. Es trat noch hinzu, daß ihm das Geld zwischen den Fingern zerrann und daß auch Geldbedürfnisse ihn zur Annahme immer weiterer Aufträge zwangen. Ramón schlief zwischen 8'Δ Uhr morgens und 272 Uhr mittags. Die übrige Zeit war der Arbeit gewidmet. Nur in der Nacht vom Samstag zum Sonntag verweilte er als Oberhaupt in einer buntgescheckten Literatengesellschaft im Altmadrider Café Pombo. Ramón bereiste fast ganz Europa. Längere Zeit weilte er in Portugal und Neapel. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs verließ er Madrid, die Stadt, die ihm soviel wie ein Vaterland gewesen war, und lebte bis zu seinem Tod in Buenos

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Aires. Daß er die falangistische Zeitung „Arriba" aus der Emigration mit täglichen Kommentaren bedachte, wurde ihm als eine unmögliche Akkommodierung an das Franco-Regime schwerstens verübelt. Allerdings machte man auf der anderen Seite geltend, daß Ramón von jeher ein organisches Unverständnis für die Dimension des Politischen besessen hatte. Hier nur einige symptomatische Titel aus dem an siebzig Bände zählenden Lebenswerk: „El rastro", 1915 (Der Trödelmarkt); „La viuda blanca y negra", 1918 (Die schwarzweiße Witwe); „Senos", 1923 (Brüste) und „El circo", 1924 (Der Zirkus); „Greguerías selectas", 1918; „El doctor inverosímil", 1921 (Der unwahrscheinliche Doktor); „Disparates", 1922 (Kapricen) und „El chalet de las rosas", 1925 (Das Rosenhaus); „El gran hotel", 1923; „Seis falsas novelas", 1926 (Sechs falsche Novellen) und „El torero Caracho", 1927 (Der Torero Caracho); „El caballero del hongo gris", 1928 (Der Herr mit dem grauen Hut); „El hombre perdido", 1946 (Der verlorene Mensch); „Automoribundia", 1948 (Selbstbiographie); „Explicación de Buenos Aires", 1951 (Wegweiser durch Buenos Aires); „Nostalgia de Madrid", 1956 (Sehnsucht nach Madrid). Dazu kommen Monographien über El Greco, Pirandello; Bücher über die Wiedergeburt der Romankunst im 19. Jahrhundert, über Nationalismus, Hispanismus usw. Ramón Gómez de la Serna hat sein eigenes Credo 1910 mit sieben berühmt gewordenen spanischen Wörtern umschrieben: „¡Oh! si liege la imposibilidad de deshacer!" (O, wenn es einmal unmöglich wäre, das Werk der Auflösung zu betreiben!). Die literarische Waffe zur Auflösung aller Zusammenhänge — mochten sie nun logisch verknüpft sein oder rhetorisch gebunden oder durch die Konvention eines Stoffes gefügt — das ist die Greguería, das Prinzip der Atomisierung, Ramóns ureigener Fund. Die Greguería bildet die Urzelle seiner Sprachbewegung. Sie zerstört zugleich die Einheit des Gedankens. Sie ist ein logisch unartikulierter Schrei, in dem die Dinge zum Protest gegen die lange an ihnen geübte Gewalttat rühren. Der Schrei der Greguería ist frenetischer Kampfruf, der schon den Sieg des chaotischen Anfangs einer neuen Ordnung verkündet. Greguería ist aus „griega" (griechisch) gebildet. Griechisch reden (hablar en griego) sagt man noch heute in dem Sinn von „unverständliches Zeug reden". Seit dem 18. Jahrhundert läßt sich der Gebrauch von „greguería" feststellen. In den Wörterbüchern wird die weitere Bedeutung „konfuses Stimmengewirr" belegt. Da Ramón zwar ein Künstler der Sprache, aber kein Wortfreund, kein Philologe war, ließ ihn die Herkunft des Wortes kalt, dem er den Stempel seiner eigenen Erfindung verlieh. Für ihn ist „greguería" eine Kurzform des Gedankens, ähnlich wie die Paradoxe oder Adagia: ein Spruch! Greguería galt

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aber auch für das erste Grunzen der Ferkel beim Austritt aus der Höhle des Mutterleibes, und insofern bedeutet es den verworrenen Schrei aus dem Unbewußten der Dinge. Ihre prägnante Form fordert die Verwerfung jeder Möglichkeit einer systematischen Gedankensprache. Die Greguería reflektiert die moderne Welt am Rande der Selbstwiderlegung aller verzweifelten Synthesen. Ramón steht mit den futuristischen Bilderstürmern in heimlichem Bunde. Nur ein einziger Genius der Vergangenheit wird von ihm gewürdigt: Goya, dessen berühmte „Caprichos" illustrierte Greguerías sein könnten. Lange Bücher, so meinte R a m ó n , kann man überhaupt nicht mehr lesen. Liest man sie aber einmal mit lauter Stimme, so findet man alsbald ihre heimliche Mitgift zum Leben, irgendeine Greguería irgendwo lauern: „Wir leben noch mehr durch Greguerías als durch Calorías." Sie sind die unauflöslichen Atome in den Dingen und in den Seelen: „Könnten wir unsere Seele mikroskopisch sehen



und eines Tages werden wir auch das

können — , so würden wir in ihr als einziges organisches Leben eine Million von Greguerías leben und weben sehen ... J e mehr Greguerías einer hat, desto mehr Leben hat e r . "

Ramón betrachtet die Wirkung seiner ausgestreuten Explosive mit der verhaltenen Freude eines Knaben, der vom sicheren Versteck auf den sorgsam vorbereiteten Unfall der nächsten Straßenbahn wartet. In der Tat ist es so: „Wenn die Straßenbahn und die Eisenbahn nicht fortwährend entgleisen, so liegt das nur an dem merkwürdigen freiwilligen Gehorsam der Dinge gegenüber dem Menschen und den vom Menschen für sie gezogenen Bahnen."

In der Greguería bewährt sich die Freiheit der Zerstörung: „Die Geschichte der Welt ist eine Geschichte von Destruktionen, und darum ist das Bewußtsein nur dann auf der H ö h e seiner Sendung, wenn es die Zerstörung weitertreibt, verfeinert und zum Schicksal werden läßt."

Der Geist, der sich von der Greguería betreffen läßt, findet das Zeichen seiner ursprünglichen Freiheit wieder, seiner „Ausdehnung, Leere, seines spontanen Bekennertums und seiner destillierten Dummheit, seines angeborenen Erstimpulses, seiner Großmut, seines Vergessens, seiner Gedächtnislosigkeit und Unabhängigkeit." Man bekommt Pascals „esprit de finesse" in den Sinn, in der extremen Verneinung aller diskursiven Verfahrensweisen. Zeit und Raum drängen sich zum Augenblick zusammen, und die Dinge stehen vom Anfang her noch ungeordnet zusammen; man erfaßt sie

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gleichsam noch vor ihrer Sonderung und Verpackung. Z u m Aussprechen der Greguería gehört der Mut zur Trivialität. Es kommt darauf an, „sich selbst zu beherrschen und zu gleicher Zeit sich völlig aus der Hand zu geben. Dann ist man befestigt und ohne Ressentiment, von seiner Ganzheit umfangen, d. h. man ist dann am trivialsten." Oft verbirgt sich die Wahrheit in einer unbeachteten Vordergründigkeit oder, wie Oscar Wilde sagte: „Zuweilen ist selbst die Wahrheit wahrscheinlich." Um von den Greguerías einen Begriff zu geben, darf man keine Auslese treffen, sondern man muß aufs Geratewohl in ihre lebendige Fülle greifen: „Das Licht ist wie eine nackte und sorgsam enthaarte Frau." — „Unser wirkliches und einziges Eigentum sind unsere Knochen." — „Die Berge hängen mit den Knochen zusammen. Wenn die Berge trauern, tun uns die Knochen weh." — „Der Traum ist eine Bildlotterie." — „Das Gähnen ist ein O auf der Flucht." — „Eine der größten Gemeinheiten der Welt ist es, ein Streichholz ins Wasser zu werfen." — „Statuen sind immer verwitwet." — „Was die Wände am meisten entrüstet, ist, daß man einen Haken an ihnen befestigt, nicht nur, weil man sie dadurch mit Gewichten belastet, sondern weil es so ist, wie wenn man ihnen Hörner aufsetzte." — „Wenn es in Japan ein Erdbeben gibt, bewegen sich die Hängelampen in allen japanischen Gesandtschaften." — „Wenn man geheiratet hat, bleibt einem nur noch die Freude, zu anderer Leute Hochzeit zu gehen. Aber auch das ist keine Freude mehr, sondern nur noch eine Schadenfreude." — „Das Erlöschen des Lächelns ist wie das Erlöschen der Lichter." — „Man bemüht sich, die Furcht nicht zu gewahren, die einen plötzlich überfällt, diese jähe Furcht vor einem plötzlichen Tod. Denn es scheint uns, wenn man sich länger als den vierten Bruchteil einer Sekunde dieser Befürchtung hingibt, könnte man dazu Anlaß geben, daß der Tod unsere Befürchtung erfährt, was ihn gerade bestimmen könnte, uns wirklich zu töten ... Wir schweigen tief in uns hinein, verschließen die Augen und die Gedanken der Vorstellung dieses leichten Krampfes, den wir schon im Herzen verspürt haben und der jetzt vorbei ist, womit wir noch einmal vor dem Tod gerettet wären, einem Tod, der ohne unsere Ablenkung und ohne die Zersetzung unserer Furcht sicher und plötzlich gekommen wäre." — „Wie sind die Dinge nur von sich selbst her, wie von keinem andern als von sich selbst! Und wie gerecht wir uns fühlen dürfen, wenn wir das denken!" — „Das Schweigen ist nicht unser Schweigen, nicht jenes Schweigen, das wir erleben oder in dem wir uns stecken müssen, um es zu verstehen: darin liegen nur sehr kleine Ideen. Das wahre Schweigen ist Gott, und es wird das sein, was in der Ewigkeit dauern wird. Das, was siegen wird. Das Schweigen hat seine tiefste Wollust, wenn es allein ist und wir es nicht stören und ablenken. Ich habe das Schweigen oft aus Respekt sich selbst überlassen und bin einmal sogar auf die Straße gegangen, um es nicht zu stören, um es als Herrn meines Hauses zurückzulassen und ihm die Freiheit zu geben, die Frauen meiner Bilder, die die Frauen des Schweigens sind, zu küssen." —

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„Es gibt einen Augenblick am Morgen, der neu ist voller Optimismus und Dichtigkeit, von dem wir das Leben für den ganzen Tag beziehen." Das ist der Augenblick, in dem man „die Dinge noch in ihrer unverkleideten Nacktheit überraschen kann. Die Seele der Dinge kann nur ein Auge treffen, das geübt ist, von der langen Last ihrer Verkettungen abzusehen." —

Ramóns Kunst treibt das von Azorin begonnene Werk auf die Spitze, indem er nicht nur die Handlung des großen Romans ablehnt, sondern den Stoff überhaupt im literarischen Kunstwerk vernichtet. Wo immer Ramóns Greguerías in einen festgefügten Stoffbereich eindringen, wird eine Ordnung zerstört, ein alter Zusammenhalt auseinandergerissen. Aus dem Prinzip der Formzertrümmerung entstanden Ramóns literarische Parodien. Er verfertigte Doubletten zu berühmten Mustern der Weltliteratur, falsche Novellen oder gefälschte Telegramme, Jahreschroniken, in denen nur die inkohärenten oder erfundenen Tagesereignisse wiederkehren. Selbst die Greguería ist, wenn man so will, ein gefälschtes Sprichwort: sie schiebt ihren explosiven Leib in das filzige Futter hausbackener Lebenskunst. Sie ist Mißbrauch einer ehrwürdigen Form, die der untergeschobene Sprengstoff alsbald zerstückelt. Aber damit nicht genug: zuweilen gelingt der Einbruch der Greguería ins außerliterarische Leben, und die Beute erscheint als Trophäe der Literatur, so wie auf gewissen futuristischen Bildern aufgenagelte Stücke stofflichen Lebens (zum Beispiel rostige Hufeisen, Streichholzschachteln oder Zeitungsfetzen) als Gefangene des Geistes aufgeführt wurden. Eine fortzeugende Greguería, die „nicht ohne Folgen bleibt", war der zweiten Kindheit des Philatelistenstandes gewidmet: „Den Briefmarkensammler kann ein Ehebruch im eigenen Haus nur wenig erschrecken, und durch eine vornehme Zurückhaltung erwirbt er sich noch für seine Sammlung die Marke und den Stempel des Dritten." Der Madrider Philatelistenverein nahm diese Anspielung auf Ehre und verwahrte sich, wie auch eine monarchistische Tageszeitung, unter Hinweis auf die Mitgliedschaft des spanischen Königs und anderer Persönlichkeiten von fürstlichem Rang gegen die unqualifizierbare Schmähung aus einer finsteren literarischen Ecke. Beide Dokumente gingen sofort als unfreiwillige Beiträge in die Sammlung der Greguerías über: unwillkürliche Selbstparodien, wie sie das besorgte Dasein selber hervorbringt. Doch was leistet die Parodie? Bei ihr ist die Destruktion sowenig das letzte Wort wie im Humor, in der Ironie, im Sarkasmus und in anderen Formen der geistigen „Aufhebung" und „Selbstaufhebung". Ramón empfiehlt einmal das Experiment, ein großes klassisches Werk mit lauter

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Stimme so lange zu lesen, bis die unsterbliche Greguería hervorspringt, die Greguería, die auch hier hinter endlosen Fassaden der Langeweile den heimlichen Lebenskern bildet. Ebenso will R a m ó n auch mit seinen geschriebenen Parodien eine verborgene Greguería in den Originalen entdecken. Literarische Parodien sind gewöhnlich Entlarvungen eines einzigen Kunstgriffes, der den inneren Reichtum vorspiegelt. Dieser einem Autor oft gar nicht bewußte oder sorgsam von ihm verhehlte Trick ist in Wahrheit die einzige Lebenszelle, die Oase inmitten einer trostlosen Leere. Mit der Reduktion aller Erscheinungen auf die Greguería, die ihnen als letzte Lebenseinheit zugrunde liegt, hatte sich der Krieg der 1898er Generation gegen die Konventionen durch eine neue Waffe verschärft. Die Feindschaft der herausgeforderten Welt ist den Literaten des Café Pombo, wo Ramón seine Krypta hatte, ein tief gefühltes Bedürfnis. Ramón fand sich zuweilen bemüßigt, zwischen den feindlichen Reihen zu weilen und ihre unentwegte Phalanx zu mustern: „Manchmal muß ich mich davon überzeugen, daß diese gierige, unmögliche Menschheit, diese langsame, finstere Mauer von Fleisch, die es zuwege bringt, den Impuls des Lebens zu hemmen, noch immer da ist." R a m ó n gehört zu den wenigen Spaniern, denen die Tatsache, Spanier zu sein, keine Sorgen und Gedanken bereitet. Wenn er doch einmal in die bekannte Tonart der 98er zurückfiel und sich sogar das berüchtigte Cánovas-Wort (Spanier könne nur sein, wem sonst auf der Welt nichts Besseres übrigbleibe) zu eigen macht, so hat diese Äußerung nur im Zusammenhang mit der anderen Geltung, die das peinliche Schauspiel der Leidenschaft bei den Vertretern der kriegführenden Nationen im ersten Weltkrieg ihm entlockte: Ramón fand nämlich damals, daß die Entmenschung des Krieges die spanische Stagnation nicht entschuldbarer macht. D a s Schauspiel der politischen Leidenschaft verrät für ihn einen unüberbietbaren Grad der Entfremdung von der Ursprünglichkeit, die in der Revolution der Greguerías aufbricht. Daher fällt jede Politik, so radikal sie sich gebärdet, in den Verruf des Reaktionären, und die Chronik von Madrid berichtet über eine Saalschlacht, die zwischen den Schülern Ramóns und den republikanischen Freunden Unamunos in einer Gaststätte ausgetragen wurde. Rámon hat mit vollem Ernst das Prinzip der Revolution für seine Kunst in Anspruch genommen. Wenn ihm die politische Revolution vorerst eine theoretische Antwort schuldig blieb, so haben später die Ergebnisse des Bürgerkrieges vollkommene Klarheit über alle spanischen Haltungen gebracht und auch über das, was die Haltung Ramóns bedeutet.

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Ramón unterstreicht noch den Anspruch seiner Revolution durch die ausdrückliche Ablehnung der abstrakten Revolution der Prinzipien. Was durch sie geschieht, ist für Ramón Betrug, gleichsam ein Wühlen im Schutthaufen der gedanklichen Hülsen, ein Verschieben von Kulissen, eine Dialektik der Formen, die das Wesen und die Wirklichkeit immer außer sich läßt. Demgegenüber will er mit seiner radikaleren Wendung auf den Grund der Dinge stoßen. In der Tat war hier ein Vorgang mit äußerster Schärfe gesehen. In der fortwährenden Kristallisierung aller Wesen, Gedanken, Gefühle ist ihm die Abstraktion des Lebens vom Lebendigen zum Phänomen geworden. Ramons Revolution will als die große Revolution der Konkretheit gegen die Abstraktion gelten. Aber diese Revolution ist auf Duldung angewiesen und erreicht die Duldung, indem sie sich selbst von ihren gefährlichen Lebenskräften abstrahiert und zurücknimmt in die hermetische Abgeschlossenheit eines literarischen Zustandes. Aus dieser Entrückung konnte man sich die homöopathische Revolution der Greguerías sehr wohl gefallen lassen. Aber der Zustand der Gesellschaft konnte sich ändern. Ramón hatte ja selbst erlebt, wie die Wellen der Kriegspassionen die spanische Stagnation berührten. Die Leidenschaft ist eine neue Form der Kristallisierung, die Ramón auch nicht verborgen war und ihm in ihren harmloseren Erscheinungsformen, wie zum Beispiel der Manie des Markensammelns, als Zielscheibe für seine Greguerías diente. Dagegen trat der Zustand einer durch Leidenschaft geschlossenen und bewaffneten Gesellschaft doch nur an die Peripherie seiner Erfahrung. Ramón hatte es bis dahin mit einer Gesellschaft zu tun, die im Zustand der vollständigen Passivität nur die kompakte Geschlossenheit einer Mauerbildung gegen ihn aufbringen konnte. Und es ist nicht verwunderlich, daß dieser passive Grundcharakter seiner Gegenwelt die Form seiner eigenen Aktion bestimmte. Seine Strategie kennt nur Überraschungserfolge und Überrumpelungsversuche. Eine bewegte und tätige Gegenwelt würde solche Manöver gar nicht zum Zuge kommen lassen. Und das will besagen, daß die Aktion Ramóns selbst nur ein Moment in der Passivität der spanischen Gesellschaft darstellt. Ramón vermindert die Angriffsfläche seiner Erfindung durch den fortwährenden Rückzug auf den Infantilismus des Künstlers, und damit übt er den Zwang zur Duldung auf eine Welt, die im Fetisch des Kindes das von ihren Konventionen erdrosselte Leben anbetet. Das Erlebnis der Weltkriegspassionen konnte Ramón die Ahnung eines Zustandes geben, in dem es nicht mehr möglich sein wird, den Bürger beim Genuß seiner Morgenzeitung durch die letzten Nachtmahre des Ramonis-

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mus zu stören. Wenn die Zeit sich bewaffnet (Rámon wurde selbst ohnmächtiger und hilfloser Zeuge dieser Wandlung der spanischen Gesellschaft), hat das Prinzip seiner Kunst alle Wirkung verloren. Dann ist die Zeit wachsam geworden, sie läßt sich keine Fallen mehr stellen, und sie zwingt Ramón zum Abscheu: er muß aus der Rolle des Infantilismus auf das Naturrecht zurückgehen, aus dem nur Proteste und keine Greguerías mehr entspringen. Die Lebensdauer der Greguería ist jedenfalls genau begrenzt durch die Geltungsdauer der konventionellen Formen, in denen sich das Dasein jeweils ein Gesicht gibt. Der Glanz der Greguerías bedarf des Stoffes, den sie zerstören, so wie das Feuer der Luft. Alle Ramónschen Motive zusammengenommen ergeben einen Lebenszustand von größter Festigkeit und Sekurität, einen Zustand des außerhalb der Entscheidung stagnierenden Lebens, über das seine übermütigen Pfeile hinweggehen. Der Untergang dieser Welt (die im Grunde noch die Welt der spanischen Restauration war) ist mit dem erneuten Ausbruch der Politik aus ihrer bisherigen Fesselung unausbleiblich geworden. Man versteht sehr wohl, daß Ramón nichts so sehr fürchtete wie den Anspruch der Politik auf den Menschen. Das Politische ist für ihn die Potenz aller reaktiven Haltungen, die Leidenschaft der Erstarrung, und sie bleibt für ihn Reaktion, auch wenn sie Politik von links ist und die Erscheinungsform der Revolution annimmt. J a , als Spanien im Vorlauf zum letzten Bürgerkrieg einhertrieb, scheint seine größere Sorge gerade der Abwehr dessen gegolten zu haben, was er schon früher als die Revolution der Prinzipien ansah. Damit freilich war das Wesen der sozialistischen Bewegung nur in ihren angelagerten idealistischen Nachhuten getroffen. Das Versinken einer gesicherten Welt drang nicht in sein Bewußtsein: diese Vorgänge konnten sich ihm nicht vergegenständlichen, sondern nur in einer bedrückenden Ahnung liegen, daß „die Mauer plötzlich auf ihn zulief". Die sich überstürzenden Ereignisse wirkten dann einfach als eine Naturkatastrophe, aus der man keinen Gedanken, sondern nur noch das nackte Leben in die Emigration hinüberrettet. Die aus dem Bewußtsein verdrängte Zeit rächt sich in der entsetzenden Wirkung der Katastrophe. Der Ramonismus hatte die schöpferische Negation zum bloßen Kunstgriff eines literarischen Stils gemacht und die Wirksamkeit dieses Prinzips im breiten Raum der spanischen Gesellschaft nicht gewahren wollen. Er zog der Bundesgenossenschaft einer authentischen Revolution die Verniedlichung der eigenen Impulse vor. Indem er sich mit den Privilegien des Faschings entschuldigte, überließ er das Recht auf den „Lebensernst" der schweigenden Mauer.

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Kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs hat Ramón Gómez de la Serna sich in einem bedeutenden Aufsatz über das „Kitschige" („Lo cursi", 1934) zu einer Rechenschaftslegung gesammelt: zu einem Versuch der Rettung seines Werkes, wobei schon deutlich vernehmbar die Sorgen des Tages einen scheinbar abseitigen Gegenstand überschatten. Wieder handelt es sich um eine kleine Bestandsaufnahme von Erscheinungen der unbemerkten Lagen des Alltags: ein erhellender Rundblick auf die Nacht der unbewußten Daseinsverklammerungen, der auf allen möglichen Gebieten ein ungeheuerliches Dominieren von „kitschigen" Verhältnissen zu erkennen gibt. Im „Kitsch" ist die barocke Rundung wieder auferstanden. Er bricht den Stolz aller Formen und bringt sie zu einer gefälligen Vermischung und Verwischung. Die Herkunft des Kitsches aus dem Barock gibt ihm aber seinen barocken Grundzug: die unaufhebbare Spannung zwischen einem vergeblichen, transzendenten Ehrgeiz und einer verschmähten Selbstbeschränkung auf die irdische Natur seines Wesens. Doch gerade hierin erweist sich das Kitschige nicht nur als der Kitt des Daseins, sondern als das Element, das die Lebenden vor dem tödlichen Ausbruch in die abstrakten Regionen der Entmenschtheit und der reinen Stile zurückreißt. „Nur im Kitsch macht sich das Leben fest, und nur das Kitschige kann von sich sagen, wirklich gelebt zu haben." Und schließlich: „In dieser richtungslosen Zeit suchen wir den Schutz der kitschigen Dinge als unsere einzige Rettung." Die „besorgende" Umbiegung des Lebens vor seinen tödlichen Konsequenzen berührt sich mit dem starken Einfluß, den die deutsche Existenzphilosophie auf die Gedanken der spanischen Krisenjahre ausübte. In dieser Veranstaltung einer Rückkehr des Lebens zu sich selbst liegt aber auch die listige und anschmiegsame Philosophie der Kindheit, die sich vor ihrem Verlust an eine unbekömmliche Reife „vorsieht" und versagt. Schwerlich wird die Aktualität der Ramónschen Aphorismen die Vernichtung der vergangenen Lebensordnung überdauern. Die Grundlagen der Restaurationsepoche, die im Sturm des letzten spanischen Bürgerkrieges endet, waren ja auch die Grundlagen für Ramóns Revolution der Gegenstandswelt gewesen! Es ist nicht denkbar, daß die Raketen der Greguerías der erschütterten spanischen Gegenwart noch zu leuchten vermöchten. Aber es wäre denkbar, daß die Nemesis der verdrängten und übersehenen Zeit dem Nachruhm Ramóns begegnet und sein Werk nun selbst mit der kaum begehrten geschichtlichen Würde umkleidet. In den Greguerías mag man die Blitze eines Epochenstiles bewundern, ihren Erfinder als den Vollender einer großen Lokaltradition der spanischen Hauptstadt verehren. Vêlez de Guevaras „Diablo cojuelo" (Hinketeufel) im 17. und Pérez Galdós'

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„Historia española en las entrañas" (Spanische Geschichte in den Eingeweiden) am Ende des 19. Jahrhunderts gehören in diese Reihe der Madrider Mysterienbeschauung. Was die drohend geballte Stadt, die der kastilische Teller emporhebt, an Geheimnissen birgt, das wird für R á m o n als Geheimnis seiner geistigen Landschaft durch ihre Konturen lesbar. Er ist der letzte Kenner aller Winkelzüge, aller versteckten Lyrismen und verborgenen Abgründe in diesem spanischen Herzen, und sein Rhythmus schlägt in der Kühnheit dieser Schöpfung, ein spanisches Kardiogramm, das für die „Anatomen des Geistes" — wie Gracián zu sagen pflegt — immer ein Kernstück der ergötzlichen Unterweisung bleiben wird.

Ramón Menéndez

Pidal

R a m ó n Menéndez Pidal, der 1969 kurz vor der Vollendung seines hundertsten Lebensjahres starb [vgl. EA, S. 627], ist nicht nur f ü r Spanien, sondern für die gesamte Mittelalterforschung eine alle anderen weit überragende Erscheinung. Nicht allein die Romanistik — auch die Germanistik konnte an den grundlegenden Ergebnissen seiner Forschungen nicht vorübergehen. Don R a m ó n hat sich frühzeitig spezialisiert, und zwar auf dem Gebiet der spanischen mittelalterlichen Epen- und Romanzenforschung. Mit dieser frühzeitig ausgebildeten Spezialisierung und mit seiner souveränen Meisterung der philologisch-historischen Methode steht Menéndez Pidal in unbedingter Opposition zu dem universalen Wissen des genialischen Menéndez y Pelayo (1856—1912), der seine Forschungen über alle Bereiche der spanischen Literatur und über die Ästhetik der wichtigsten europäischen Länder ausgedehnt hatte. Auch auf dem Gebiet der spanischen Sprachwerdung verdankt man Don R a m ó n die entscheidenden Anregungen. In „Orígenes del español" (Ursprünge des Spanischen) stellt er die keilartige Wirkung der sich immer weiter vorschiebenden und verbreiternden kastilischen Umlaute dar, durch die eine ursprünglich bestehende Spracheinheit zerrissen und eine neue begründet wurde. Selten ist ein die Lautgeschichte bearbeitendes Werk so spannungsreich zu lesen. Im Hintergrund aller Arbeiten, auch der die Literatur betreffenden, steht eine tief historische Vision des spanischen Schicksals. Don R a m ó n hat die bis dahin bestehenden Epen- und Romanzentheorien vom Kopf auf die Füße gestellt. Er erkannte, d a ß nicht die Romanzen als die ursprünglichen Zellen einer dann aus ihnen zusammengewachsenen Epopöe gelten konnten, sondern daß umgekehrt die vor dem 14. Jahrhundert nicht zu belegenden Romanzen gewissermaßen eine epische

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Trümmerwelt bilden, eine Fragmentierung durch Vereinzelung besonders dramatischer Figuren und Situationen. Für die Epopöe überhaupt, besonders aber für das spanische Epos, ist die geschichtliche Authentizität festzustellen. Sie liegt schon in ihren Anfängen, die die Verkündigung wichtiger zeitgenössischer Ereignisse bilden. Er glaubt an eine germanische Vorstufe der Epen. Für den altkastilischen Bereich rekonstruiert er aus zeitgenössischen Chroniken und späteren Romanzen eine Reihe von verlorengegangenen epischen Spielmannswerken, so zum Beispiel „La leyenda de los infantes de Lara", 1896 (Die Infanten von Lara) und „Don Rodrigo", 1924 (Der letzte Gotenkrieg). Die mittelalterliche Dichtung ist im großen und ganzen traditionalistische Dichtung. Der von Don Ramón aufgestellte Begriff des Traditionalismus ist die Verneinung aller, insbesondere in Frankreich, angestellten Versuche, die mittelalterlichen Spielleute mit der Psychologie eines modernen, individualistischen Dichterbewußtseins auszustatten. Außer der großen, dreibändigen, kommentierten und glossierten Ausgabe des „Cantar de M i o Cid", 1908 und 1911, verdankt man ihm „La crònica general de España", 1916, „La primitiva poesía lírica española", 1919, „El Cid en la historia", 1921 (deutsche Übersetzung „Das Spanien des Cid", 1926), „Poesía juglaresca y juglares", 1924 (Spielmannsdichtung und Spielleute) und viele andere, die den Grundstein einer erneuerten spanischen Literaturgeschichte bilden. Außer seiner Lehrtätigkeit an der Madrider Universität und seiner Tätigkeit als Präsident der Spanischen Akademie war Don Ramón jahrzehntelang der Hauptredaktor der von ihm 1914 gegründeten, heute von Dámaso Alonso geleiteten „Revista de Filología Española", einer Zeitschrift, über die spanische Literaturgeschichte, über spanische Laut- und Dialektlehre, auf höchstem wissenschaftlichem Niveau durch eine umfassende Bibliographie bereichert. Diese Zeitschrift ist in ihrer strikten Gebundenheit an die zum Höchsten entwickelte philologische Technik ein Zeugnis für den leidenschaftlichen Ernst, mit dem die jüngere Generation der Institutionisten einen völlig neuen Typus der geistigen Erscheinung und des wissenschaftlichen Stiles darzustellen vermochte.

Ramón María del Valle-Inclán und der

Anarchismus

Don Ramón del Valle-Inclán (1869—1936) schrieb Novellen, Gedichte, Theaterstücke, die zu seinen Lebzeiten nicht aufgeführt wurden. Die Zweite Republik ernannte ihn, um seiner finanziellen Misere ein Ende zu bereiten, zum Direktor der Spanischen Akademie in Rom.

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Die Rolle des Anarchismus in der spanischen Literatur des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts wird jetzt erst untersucht. Fox hat in dieser Richtung Azorin untersucht. Pérez de la Dehesa und Blanco Aguinaga haben die marxistischen Bekenntnisse des frühen Unamuno ans Licht gezogen. Figuren wie Pío Baroja und andere von geringerer Bedeutung — wie López Pinillos und Julio Camba, dessen erstes Werk ein anarchistischer Roman mit autobiographischem Gepräge ist — blieben bis heute unberücksichtigt. Für das Verhältnis des intellektuellen Anarchismus muß aber in erster Linie auf D o n Ramón María del Valle-Inclán zurückgegriffen werden, den Mann mit dem Ziegenbart, wie man ihn in seiner absonderlichen Erscheinung nannte. Jahrzehntelang wurde er als ein der spanischen Realität entfremdeter Schriftsteller angesehen. Pedro Lain Entralgo (geb. 1908) hat dann die Erforschung auf sicheren Boden gestellt, indem er die Anteilnahme Valle-Incláns an der 98er Generation und an dem von ihr so leidenschaftlich diskutierten Problem Spaniens aufzeigte. Indessen hat leider ein größerer Teil der zeitgenössischen Forscher lediglich die verschiedenen ästhetischen Systeme behandelt, die sich bei Valle-Inclán finden. Man spricht von den poemartigen „Legenden" und „Sonaten" (Sonatas, 1902—1905) — dieses letztere Werk hat den Dichter zuerst berühmt gemacht —, von dem Genre der „Barbarischen Komödien" (Comedias bárbaras, 1907—1923), von den Novellen über den karlistischen Bürgerkrieg (Ciclo de la guerra carlista, 1908 — 1909) und schließlich von der ästhetischen Ausbiegung der theatralischen Werke durch eingestreute epische Elemente: er selbst nannte sie „esperpentos" (Schauerstücke). Man übersieht da den einheitlichen Nenner seines Werkes, der über die „ästhetizistische" Frühzeit bis zur „revolutionären" Spätzeit hinreicht. Valle-Inclán ist der Dichter einer archaischen Gesellschaft, die sich gegen die sie bedrohenden Mächte auflehnt: gegen die Herrschaft der schwachen spanischen Bourgeoisie jener Zeit. Radikale Bürgerfeindschaft in verschiedenen Tonlagen ist der Nenner des ganzen Werkes. Die Verschiedenheit der Tonlagen hängt ab von den verschiedenen von der spanischen Gesellschaft durchlaufenen Etappen, auf welche der Autor reagiert. So zum Beispiel die „Sonata de o t o ñ o " , 1902 (Herbstsonate), mit all ihren Anklängen an Lamartines Trauer- und Liebesstil und zugleich mit Reminiszenzen an Barbey d'Aurevillys Ästhetik der Stille und der aristokratischen Verfeinerung. Hier kristallisiert sich alles in einer klangvollen, preziosistischen Prosa von abgezogener Sinnlichkeit. Die künstlerische Formung bezeichnet hier die Abwehr einer bestimmten Lebensform der modernen Welt, und zwar aus

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der Perspektive einer agrarischen und traditionellen Gesellschaft, wie sie Valle-Inclán in seiner galicischen Heimat und später in Andalusien und auf allen seinen Wanderungen durch die spanische Welt vorfand. Ebenso wird in den „Comedias bárbaras" (Barbarischen Komödien) das Primitive gesucht, das eine modernistische Ästhetik mit dem brutalen Verhalten der Figuren, mit ihrer düster drohenden Wildheit und zugleich mit dem Hymnus auf die atavistischen und heroischen Geschlechter verbindet. Auch hier handelt es sich um die Flucht vor einer ihre Gegenwart aufdrängenden Realität. All das erklärt auch den Karlismus von Valle-Inclán, der einen guten Teil seines Werkes durchdringt, vor allem aber den novellistischen Zyklus über den Karlistenkrieg, dessen ursprünglicher Titel „La España tradicional", 1908 (Das traditionelle Spanien), lautete. „Ich habe die Tradition aus ästhetischen Gründen verfochten", sagt er. Und er gibt das Bild eines heroischen Zeitalters, eines statischen, unbewegten, legendären, von millennarischem Glauben erfüllten Spanien, an dem er die Abkehr vom bürgerlichen Spanien erfühlt. Gehen wir aber weiter. Auf dem Gipfel des Jahres 1917 beginnt sich eine Neuorientierung in Valle-Incláns Werk abzuzeichnen. Unhaltbar wird der Glaube an eine archaische Gesellschaft, kraft dessen alle Lebensäußerungen der bürgerlichen Gesellschaft, der Liberalismus, der Konstitutionalismus und selbst das Madrider Hofleben noch hätten bekämpft werden können. Damals erschien am Horizont der Geschichte das militante Proletariat, von einem Anselmo Lorenzo geführt. Unter dieser neuen Konstellation begegnet er ohne jeden sentimentalen Rückblick auf die traditionelle Gesellschaft einer entfremdeten und entfremdenden Welt in radikalster Verneinung, diesmal im Namen einer utopischen Zukunft, im Sinne des Credos eines staatsverneinenden Anarchismus. Der Gedanke an die reinigende Gewalt beherrscht jetzt die weiteren Etappen seiner Schöpfung. Während der Held der „Sonaten" ein katholischer Don Juan von heftiger Gemütsart, „Krieger, Despot und Feudalherr" gewesen war, wird Bakunin in dem unvollendet hinterlassenen Roman „Baza de espadas" (1943) sagen: „Eine Revolution ist wie ein Hauch des ewigen Geistes, der nichts aufhebt und zerstört." Er empfiehlt für Spanien um 1930 eine „Diktatur vom russischen Typus", weil er hier den Inbegriff der Gewalt zu finden vermeint. Während in der ersten Phase seines Werkes, in den „Barbarischen Komödien" und in den karlistischen Romanzen, die Ideen der anarchistischen Befreiung durch einen Feudalherren vertreten waren, wird in der „La rosa de papel" (Papierrose) ein erster Proletarier auftreten und später, in „Luces de Bohemia", 1920 (Böhmische Lichter), ein offen

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anarchistischer katalanischer, revolutionärer Arbeiter. Aber, was Valle-Inclán an ihm findet, ist der persönliche H a ß gegen einen einzelnen Kapitalisten, die individuelle Rebellion bei seinen terroristischen Taten. Für ValleInclán kann die Revolution als organisierte Bewegung nicht existieren. Man begegnet den unhaltbaren Verhältnissen mit Explosionen eines Gerechtigkeitsgefühls, mit Gefühlen von Person zu Person. Während Ortega y Gasset die Ursprünge des spanischen Niedergangs im Mittelalter erkennen möchte, sieht Valle-Inclán mit dem Verlust des „Goldenen Zeitalters" den Verlust aller ursprünglichen und eigentümlichen Züge. Selbst aus der Sprache ist die „Seele der Rasse" verflüchtigt, von der Religion bleibt nur noch einfältige Frömmelei, die spanische Literatur, vor allem das spanische Theater, läßt jeden authentischen Wert vermissen. In den neueren Spaniern verwirft Valle-Inclán die Karikatur des Bürgers, der in anderen Breitengraden „wahrhaftig" sein mag. In den Schauerstücken verzerrt sich der Ausdruck wie in einem „Spiegel, der die Gesichter und das ganze Leben in Spanien entstellt". Wie die Geschichte Spaniens für ValleInclán eine groteske Entstellung der Geschichte ist, wie ihm Spanien zur grotesken Karikatur der europäischen Zivilisation wird, so verwandelt sich die menschliche Person, statt Geschichte zu machen, in ein Phantasma. Sicher zeigen nicht alle Gestalten bei Valle-Inclán diesen grotesken Aspekt, die Unschuldigen und Ausgebeuteten nehmen in ihren widermenschlichen Verhältnissen die Züge menschlicher Wesen an. Unmittelbar mit den Schauerstücken verbunden ist ein darum besonderer Erwähnung bedürftiger Roman, weil er den Ausgangspunkt einer ganzen Reihe von lateinamerikanischen Romanen bildet, u. a. von „El Señor Presidente", 1946 (Der Herr Präsident), des Guatemalteken Miguel Angel Asturias. Dieser Roman Valle-Incláns heißt „El tirano Banderas", 1926, und spielt in Mexiko, wo sich alle lateinamerikanischen Probleme ein Stelldichein geben. Hier trinkt man Matetee aus Uruguay, die Indianer tragen ein silbernes Gurtmesser und mexikanische Hüte. Es gibt dazuhin einen tropischen Diktator, der keinem und allen südamerikanischen Diktatoren gleicht. Mehr als einmal vernimmt man Gedankengänge, die an die 98er anklingen, so zum Beispiel diese Betrachtung von Banderas: „Das kreolische Führerprinzip, die Gleichgültigkeit der Eingeborenen, die Versoffenheit der Mestizen und die koloniale Theokratie, das sind die Schlagworte, mit denen uns die Industriemacht der Yankees und die Mumien der europäischen Diplomatie anschwärzen. Ihr Geschäft ist es, die Revolution zu vereiteln, um unsere wirklichen Werte zu vernichten und als die Träger von Konzessionen für Minen, Eisenbahnen und Zölle hervorzugehen."

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Die Ideale der Hispanität und des Panamerikanismus sind falsche Alternativen der schwachen lateinamerikanischen Nationen, die von Valle-Inclán widerlegt werden. Das anarchistische, das ganze Werk Valle-Incláns durchdringende und durchgestaltende Element gipfelt in dem Vermächtnis seines „Baza de espadas", des unvollendeten, von uns schon erwähnten Romans. Er handelt in den letzten dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts. Offene Bezugnahme auf die politisch radikale Haltung von Paúl Angulo, auf den föderativen Sozialismus, auf das politische Gedankengut von Fermín Salvochea als der Verkörperung des iberischen Anarchismus stimmen vollkommen überein mit den ebenfalls behandelten Thesen Bakunins. Die für den Marxismus richtunggebende Konzeption der Klassengesellschaft und des Klassenkampfes werden von Valle-Inclán in derselben Weise verworfen wie von den anarchistischen spanischen Theoretikern Urales oder Mollá. M a r x hätte darin geirrt, daß er das Proletariat für eine Klasse ausgab, ebenso wird der leninistische Begriff der Diktatur des Proletariats von ihm nicht begriffen: „Der Staatssozialismus M a r x s c h e r Prägung kann sich nur auf den Trümmern der alten Gesellschaftsordnung erheben, um eine neue Versklavung der durch Dekrete zum Gehorsam, zur Unbewegtheit bei Todesstrafe gezwungenen Masse herbeizuführen."

Seine Revolution muß gegen die Macht des Staates anrennen, gleichgültig, ob es sich um einen bürgerlichen oder sozialistischen Staat handelt. Dieser Kampf, in den ein tausendjähriger Glaube wieder einströmt, soll zu einer Vergegenwärtigung des Urchristentums mit seinem Drang nach menschlicher Befreiung führen. Valle-Inclán zeigt, was in den Grenzen anarchisierenden Denkens an poetisch gestaltetem Wirklichkeitsgehalt noch möglich ist.

Dámaso

Alonso

Dámaso Alonso (geb. 1898 in Madrid) trat zuerst als modernistischer Lyriker der sogenannten 27er Dichtergeneration hervor, mit einem ersten Versbuch („Poemas y poemillas de la ciudad") schon 1921. Seine philologische Ausbildung verdankt er Menéndez Pidal. Er schrieb eine Reihe von Arbeiten über die spanische Literatur der Vergangenheit, so drei Artikel über Lope de Vega, über San Juan de la Cruz, Medrano u. a., vor allem aber wirkte er als Interpret und Vulgarisator Góngoras („La lengua poética de Góngora", 1935). Hervorragende historisch-kritische Ausgaben werden ihm verdankt, so diejenige Góngoras, von Erasmus, von Carrillo y Sotomayor

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usw. Als Professor für Literaturwissenschaft an der Madrider Zentraluniversität übt Dámaso Alonso auf die kommenden Generationen einen beträchtlichen Einfluß aus. Die Richtung seines Geistes trat erst langsam in volle Erscheinung. In einem Aufsatz von 1933, „Scylla und Charybdis in der spanischen Literatur", versucht er einen Sturmlauf gegen die (auch von Menéndez Pidal) überkommene Anschauung, daß der Grundzug der spanischen Literatur ihr Realismus, ihr Demokratismus, ihr Regionalismus wäre. Dámaso Alonso geht so weit, den realistischen Charakter des Schelmenromans in Frage zu stellen. In einem Aufsatz von 1953 („Antecedentes griegos y latinos de la poesía correlativa moderna") versucht er sich auf den Wegen von E. R. Curtius, der aus dem Füllhorn seiner antiken Topik die Literatur bis tief hinein ins 18. Jahrhundert bedeckt haben wollte. Bei der Deformation eines Grundbegriffs im System von Menéndez Pidal, der „traditionalistischen Volkspoesie", wird der Abfall seines Schülers und dessen Übergang ins Lager des Antihistorismus offenkundig. Der weiterbildenden und eigentlich geschichtlichen Macht der Tradition wird keinerlei Spielraum mehr gelassen. Zu ihrem vollen Ausdruck kommt diese geistige Wendung in „Poesía española. Ensayos de métodos y limites estilísticos", 1950 (1962 in deutscher Übersetzung). Die hier bezogene Position erinnert an diejenige der russischen Formalisten, aber offenkundig und überragend ist hier die Einwirkung der Ästhetik Benedetto Croces auf Dámaso Alonsos Gedanken. So, wenn er schreibt: „Würde die linguistische Schule bei ihren Forschungen von der Poesie ausgehen, so würde sie eine reichere und genauere Vorstellung von dem, was Sprache ist, gewinnen." Die Angleichung von Sprache und Literatur ist ganz im Sinne Croces gehalten. Sprache befindet sich gewissermaßen in fortwährendem Aufbruch zur Poesie; sie ist der Punkt, auf dem die Sprache erst ihre volle Immanenz erlangt. Mit Croce stimmt auch seine Auffassung des vollendeten oder „reinen" Literaturwerks als einer von Zeit und Raum abgehobenen Essenz überein, die in sich unvergleichlich ist und daher schwer in das Netzwerk einer Literaturgeschichte eingegliedert werden kann. In der bisherigen Literaturgeschichte tritt, Dámaso Alonso zufolge, in schnöder Weise das Unwertige neben die höchste Dichtung. Da diese letztere geschichtslos ist, so könnte eine erneuerte Literaturgeschichte also nur bedeuten, daß die gipfelnden Momente der Poesie ohne jeden inneren Bezug aneinandergereiht würden. Die traditionelle Literaturgeschichte könnte ebenfalls noch in einer Art von Kulturgeschichte verantwortet werden, ganz so, wie dieses nicht zu missende, aber theoretisch irrelevante Wissen von Croce in eine positivistisch verstandene Praxis abgedrängt wird. Wenn Saussure die Beziehung zwischen Significans und Signification, zwi-

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sehen Bedeutendem und Bedeutetem, mit Recht als bloße Willkür der Zeichengebung deutet, sucht D á m a s o Alonso in dieser Beziehung einen Wesenszusammenhang, durch den die Dichtersprache befugt wird, die Dinge mit ihrem eigentlichen Namen zu nennen. D á m a s o Alonsos Schüler Carlos Bousoño wird dieser Auffassung bis in ihre letzten Konsequenzen nachgehen. Organ der literaturwissenschaftlichen Erkenntnis ist für D á m a s o Alonso die Intuition, deren Gesicht sich durch seine modernistische dichterische Erfahrung bestimmt. Die Intuition ist etwas, „ w a s man besitzt oder nicht besitzt, wie in der Mystik das Charisma und die besondere Begnadung". Sie ist ein „blindlings unternommener Sprung ins Dunkel", eine „ J a g d nach Göttlichkeit". Die radikale Negation der Geschichtlichkeit des literarischen Phänomens erhält durch dieses Moment der Intuition einen fast dämonologischen Z u g . Indessen beweist ein Beitrag aus jüngerer Zeit über „Den spanischen Roman und seinen Beitrag zum modernen realistischen R o m a n " („La novela española y su aportación a la novela realista moderna", in: „Cuadernos del Idioma", Buenos Aires, No. 1, 1965), daß D á m a s o Alonso, ähnlich wie die russischen Formalisten in ihrer zweiten Etappe, gezwungen war, mit der verleugneten Geschichte ein Kompromiß zu schließen. Die äußerst brillante Beschreibung des Werdeganges der englischen Romanliteratur im 18. Jahrhundert führt zur Suggestion hermetischer Abgeschlossenheit, welche die Bewegungen der Kunstwelt von allen anderen Bewegungen einer Epoche abheben muß. Am nächsten steht D á m a s o Alonso die Poetik von Carlos Bousoño (geb. 1923), einem namhaften Interpreten der modernen spanischen Lyrik. Dem Moment der Geschichtlichkeit wird hier mehr R a u m gelassen, so, wenn gesagt wird: „Zweifellos existieren unter den künstlerischen Erzeugnissen der Vergangenheit Bereiche, die in ihrer Zeit Ansehen genossen und die wir heute als bloßen Wortschwulst ohne ästhetischen Wert ansehen, der uns wenig oder gar nichts mehr zu sagen hat. Aber es gibt auch die v o m reichen Geäder unvergänglicher Schönheit durchzogenen Erzeugnisse; allerdings ist es möglich, daß wir die Schönheit nicht mehr von ihrem ursprünglich besessenen Standpunkt aus betrachten, sondern von dem Standpunkt aus, zu dem sich unser zeitgenössischer Geist im Verlauf der Jahrhunderte durchgerungen h a t . "

Daraus ergibt sich, daß unbedingt historisch nur der Standpunkt gegenüber der Dichtung zu erachten ist; die Dichtung selbst kann von bleibender Schönheit zeugen. Die rein negative Bedeutung des hier manipulierten Begriffes der „Geschichtlichkeit" geht aus einem eigens so überschriebenen

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Kapitel deutlich hervor. Geschichtlichkeit wird lediglich im Sinn von Vergänglichkeit gebraucht, deren sich die poetischen Gebilde erfolglos oder erfolgreich erwehren. Unter dem Begriff des Sensoriellen werden onomatopoetische Züge gesehen, die die Bedeutung der Sache schon im Klangwert zu verwirklichen scheinen. Als Beispiel wird ein berühmter Vers Góngoras angeführt „infame turba de nocturnas aves". Bousoño schreibt Sensorialität einer ganzen Gruppe von Dichtern und Gedichten zu. Nun ist es aber klar, daß ein Vers wie der mitgeteilte gegen Hunderte oder Tausende von gongorianischen Versen steht, denen ein solcher Klangwert abgeht. Die Wirkung eines solchen Verses besteht gerade in der Einmaligkeit, ja Einzigkeit einer solchen Fügung, die einen Augenblick lang die eigentlich sprachliche Position überspringt. Es wird nicht wundernehmen, daß unter den Prämissen Bousoños die Frage der Übersetzbarkeit der Lyrik verneint oder auf die Glücksfälle einer kongenialen Nachdichtung beschränkt wird. Was Dámaso Alonso unterlassen hatte, das versucht jetzt Bousoño: gegenüber dem überwältigenden Einfluß von Croce abgrenzbare Positionen zu beziehen. Im Gegensatz zu Croce, dem Dámaso Alonso noch darin folgt, will er nicht alle Rede für poetisch erklären, und zusammen mit Dámaso Alonso fand er das Poetische nicht bloß in der Intention, wie Croce es tat, sondern im geformten Ausdruck, als Mitteilung.

III. Die Erfüllung in der spanischen Gegenwartsdichtung Es gibt nur wenig Dichtung aus unserer unmittelbaren Vorzeit, die ihre ungeteilte Flamme so rein wie diese durch Krieg und Katastrophe getragen hat! Seit dem Erscheinen des „Romancero gitano" (Zigeunerromanzen) sind etwa vier Jahrzehnte vergangen. Und was für Jahrzehnte! In ihrem Aufbruch zerbrach der geschichtliche Maßstab. Was ist nicht seit dem Erscheinungsjahr jenes Lyrikbandes (1928) über Spanien gekommen! Zunächst verbarg sich die Leidenskette in einer Verheißung. 1931 brachte zum zweiten Mal eine Republik dem spanischen Volk auf Wohlverhalten ein karges Freiheitsversprechen. Jedoch der späte Versuch der aus den Wahlen von 1936 siegreich hervorgegangenen Volksfront, den fast schon verspielten Schein der Freiheit durch eine Politik der Verwirklichung einzulösen, entzündete alsbald den Blitz der lauernd geballten europäischen Reaktion. Das Drama hatte begonnen. Eine erste Angriffskolonne schnellte über das Meer. Das

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war der erste Pfeil, der die spanische Freiheit im ungedeckten andalusischen Tiefland durchbohrte. Ein Sprungbrett war damit gesichert, um den Stoß ins Herz der spanischen Republik zu führen. Das Wunder eines fast waffenlosen Widerstandes warf aber alle vorgefaßten strategischen Pläne über den Haufen. Indessen waren die rebellischen Waffen noch kampflos ins alpenumschlossene Granada gedrungen. Doch hier ist die Stelle, wo sich die Geschichte der Leiden Spaniens mit der der „Zigeunerromanzen" und ihres Dichters zu einem heillosen Knoten verwickelt. Granada war die Heimat — sie wurde für Federico García Lorca in jenem glühenden Sommer ein tödliches Verhängnis. Kein warnendes Zeichen begegnete ihm auf der überstürzten Reise, die durch eine noch unbemerkte Kriegsfront führte. In dieser Front berührten sich beide wie Tod und Leben auseinandergefallene Spanien. Zu spät gewahrte der Dichter die Grenze, die er endgültig überschritten hatte. Die Säbelherrschaft fand in Granada wie auch im übrigen Spanien ihr einziges Bollwerk in den Kasernen der „guardias civiles", einer Truppe, die von jeher das Gerippe der reaktionären Regierungen bildet. Ihre furchtbare Macht liegt einzig im Bewußtsein dieser Dauer begründet. Sie hält sich für unantastbar, denn sie weiß, daß bei allem Wechsel die Stunde der Rache nicht ausbleibt. Sie konnte bei jedem Regime als „ultima ratio" das Letzte erreichen. Sie war des Messers Schneide. In ihr liefen die verschiedenen Regierungsformen zusammen. Der spanische Staat, der in die Gedanken der Spanier nicht eingeht, fällt mit der Praxis dieser subalternen Traditionen zusammen. Zwischen der gefürchteten „guardia civil" und dem arglos Heimgekehrten lag eine unbeglichene literarische Rechnung. In seinen „Zigeunerromanzen" hatte Garcia Lorca der Polizistenehre unheilbare Wunden geschlagen. Er hatte von Ehre nichts an ihr gefunden als die bediensteten Pflichtideale, und auch diese waren ihm nur als die Schwelle erschienen, auf der sich die Leere des Daseins in Mordrausch verwandelt. Und all dies sollte sich jetzt an dem Dichter erfüllen. Besessene Rachgier vollstreckte ihr Urteil ohne Verfahren und Rechtsspruch. Mit Kolbenschlägen wurde das Opfer in die Läufe getrieben. Vor dem Sterbenden breitete sich der Ausblick auf Granada. Doch seine Augen lagen drohend und unverwandt auf den Mördern, die er noch als Zeugen seines Bekenntnisses zur spanischen Freiheit gebrauchte. In den „Zigeunerromanzen" war das Schicksal des Dichters vorausgenommen. Im Dichter waltet dasselbe Bildvermögen, von dem auch das unreflektierte Leben des Volkes in seinen Impulsen und Handlungen beständig

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geleitet wird. Die Phantasie ist das Auge des Lebens. Auf sie ist die immer mordbereite Polizistenwaffe gerichtet: Aber die Zivilgardisten Säen Brand an allen Orten, Überall, wo sich entzündet Jung und nackt die Phantasie.

Wie kein anderer besaß Garcia Lorca die Herzen des Volkes. Seine Dichtung war schon auf ihrem frühen, stillen Triumphzug den Weg ins namenlose Spanien gegangen. Bald bemächtigte sich die anonyme Tradition seiner Verse. Seitdem gehen sie von Mund zu Mund. Wie Guillermo de Torre ausführt, erlangten manche der Zigeunerromanzen „in immer neuen Transkriptionen, Rezitationen, Imitationen einen so außerordentlichen Grad von Popularität, daß es sie fast verdächtig machte". Aus ihrer unverlierbaren Weise entstanden bald neue Versgebilde und ganze Romanzenkränze. Sie stiegen aus den republikanischen Schützengräben des Bürgerkrieges, sie wanden sich um die ungeübten Waffen der Freiheit, sie waren berufen, als Grundton des spanischen Lebens den Frieden im Kriege zu bringen. Die Verse des früh Gefallenen währten länger als die Widerstandsdichtung der spanischen Bürgerkriegsjahre. Eine Dichtung der enttäuschten Hoffnung ist durch das geschichtliche Dementi zu grausam gezeichnet, und keine poetische Macht kann den Mißton der verfehlten Realität übertäuben. Garcia Lorcas Gedichte blieben. Er wurde der Dichter eines verschwiegenen Spaniens, als sich die große Stille über dieses Land legte, um das Gesetz der Niederlage zu vollstrecken. Die Schätzung des Dichters ging in den letzten Jahren auch auf das Ausland über. M a n mühte sich mit wachsendem Eifer, in dieses Vermächtnis einer unverletzlichen Seele einzudringen. Es sieht heute fast so aus, als wären die Konturen der spanischen Dichterbewegung, die mit dem Jahrhundert aufstieg, im Glanz dieser einzigartigen Dichtung zerflossen. Garcia Lorca steckt aber in dieser Tradition des spanischen „Modernismus", d. h. der in den zwanziger Jahren geborenen spanischen Lyrik. Vielleicht, daß er ihre Erfüllung brachte. Aber auch das läßt sich erst in der Einsicht ermessen, daß diese Entfaltung der spanischen Lyrik unseres Jahrhunderts noch etwas mehr und etwas anderes als nur einen Abschnitt der Dichtungsgeschichte bedeutet. Die spanische modernistische Lyrik fiel in ein Klima der nationalen Verheißung. Seit der Jahrhundertwende war das Verlangen nach einem Bereich der authentischen Werterfüllung, nach einer unberührbaren Sphäre gewaltig erstarkt. Hier war ein

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Ausweg aus den Widersprüchen einer problematischen Intelligenz, aus den Ohnmachtserklärungen ihres zerrissenen Bewußtseins, aus dem agonalen Stil jener Niederlagengeneration von 1898, die ihre Wahrheit nur noch in subjektiver Wahrhaftigkeit suchte. Der Verlust des Krieges gegen die damals jüngste Großmacht der Erde zerstörte in Wahrheit nur die seit langem unhaltbare Illusion einer längst verlorenen spanischen Weltmachtstellung. Das Ende einer Illusion war gewiß nicht lebenszerstörend — was aber die Intelligenz aus der Skepsis in die Verzweiflung stürzte, das war die weit fatalere Entdeckung, daß mit dieser äußeren Niederlage nur eine andere Rechnung beglichen wurde: die unwiederbringliche Niederlage des spanischen Volkes durch den Verlust seiner Republik (1874). Der Weg nach rechts und nach links war nunmehr gleichermaßen durch gescheiterte Traditionen versperrt. Wie aber sollte ein wirklicher Ausgleich der feindlichen Ideologien bewerkstelligt werden? Durch ein Jahrhundert voller Bürgerkriege und innerpolitischer Auseinandersetzungen waren alle Bewußtseinsformen der Politisierung verfallen. Es gab zwei Spanien, und der Zerfall der Nation zerspaltete alle Lebens- und Wissensgebiete; er machte nicht halt vor dem individuellen Bewußtsein, in das sich der Zwiespalt einwühlt und einen neuen Schauplatz für den permanenten Bürgerkriegszustand befestigt. Ein „authentisches" Spanien konnte weder im Traditionalismus noch im Kampf der liberalen Bourgeoisie gefunden werden, sondern nur auf der ganz anders gearteten Ebene der Dichtung vorweggenommen werden. Nur in der Dichtung war die Last der spanischen Problematik aufgehoben. Nur in der Dichtung verbürgte sich die künftige Selbstbefreiung des Volkes in der gegenwärtigen Wirksamkeit der entbundenen Kräfte. Seitdem durch Rubén Dario (1867—1916) der Symbolismus nach Spanien gelangte, wird vom Dichter vor allem die Treue zu seiner Vision gefordert. Nur die „authentische" Sprache beglaubigt die Dichtung als eine Botschaft, ermächtigt den nunmehr erhobenen Anspruch, als eine Quelle eigener Erkenntnis zu gelten. „Aufrichtig sein heißt mächtig sein" — Rubén Dario meint, daß nur das wahrhaftige Wort sich der „Weltkraft" der Dichtung versichere. Im Gericht seines Nachruhms will er nur ein Urteil über die in seiner Dichtung bezeugte Wahrhaftigkeit gelten lassen. Wenn Rubén Dario den doppelten Ursprung seiner Erweckung (und damit die Herkunft der neuen spanischen Dichtung überhaupt) bei Luis de Góngora und bei Verlaine nicht verleugnet, so weiß er im Bewußtsein dieser Ahnenschaft seine Seele doch rein vom „komödiantenhaften Trugspiel der Literatur". Und ein später Nachfahre des Modernismus, Pedro Salinas (1892—1951),

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gab, nach den Postulaten der Lyrik befragt, die Antwort: „Vor allem Authentizität, dann erst Schönheit und dann — Geist!" In der Dichtung ist das „Authentische" nicht mehr der abgesonderte Kern der Gesinnung, sondern der Kreislauf des Lebens selbst, der das Herz mit den Gliedern verbindet und überall die mittebildenden Kräfte hervorbringt. Die „authentischen" Werte der Dichtung müssen die Gegenwart ihres sprachlichen Lebens durchdringen. Sprache und Dichtung erscheinen nun unlösbar verkettet. Croces Ästhetik brachte zwar alles andere als eine gültige Theorie der Dichtung, aber sie hat dem poetischen Drängen jener Epoche ein klärendes Bewußtsein gegeben. Alle Sprache ist nun als virtuelle Dichtung bestimmbar, und die volle Zielkraft des Wortes wird erst im poetischen Zugriff verfügbar. Es scheint der Auftrag der Dichtung zu sein, die Sprache zu sich zu rufen und gegen die in ihr liegenden Verfallsgefahren zu feien. Wenn die neue Lyrik das Band zwischen Sprechen und Denken zu straffen vermochte, so vertiefte sich doch zugleich die Unterscheidung eines bloß sprachbedingten von einem sprachbezogenen Denken. Poesie appelliert an die Sinnkraft der Sprache, während begriffliche Logik von der Sprache nur ausgeht. Poesie will die Gedankenbewegung im Ursprung sprachlich belegter Situationen verhaften, den Begriff in die Bedeutung zurückversenken. Sie begnügt sich nicht mit der begrifflichen Verrechnung der Dinge, da sie im wertbeständigen Wort eine Schatzanweisung findet. Während der Pfeil des Begriffs demnach die Dinge nur streift, um sie für seine Entwürfe kenntlich zu machen, glaubt die Wortkunst ein Besitzverhältnis zu einer durch Sprachbedeutungen angezielten Welt zu gewähren. Aber hier drohte eine neue Gefahrenzone, die für den Symbolismus zu einer besonderen Verlokkung wurde. Nur allzu willig scheint er sich in die Gefangenschaft einer vergangenen Welt zu begeben und mit der Wendung zum Ursprung des Sprachbedeutens die Reaktionsbewegung zu einem vergangenen, sprachlich bezeugten Gesellschaftszustand herbeizuführen. Was anderes bedeutet der Chauvinismus Rubén Daríos, seine Abwehr der neu aufsteigenden „ R a s s e n " und ihrer demokratischen Jugend, die nationalistischen Tröstungen an das geschlagene Spanien, die Verheißung der Wiedergeburt einer spanischen Völkergemeinschaft im spirituellen Zeichen der Don-Quijote-Gefolgschaft? Rubén Dario vermaß sich, die Weite seiner neuen Welt an die Mutternation zurückzubringen als Maßstab ihrer versunkenen Größe. „Hispanität" ist das Schlagwort, das die spanische Reaktion im Wortschatz des Dichters vorfand, und der Begründer der Falange fand sich durch ihn ermächtigt, seine Politik als eine „poetische Politik" zu empfehlen.

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Kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges wurden die spanischen Literaten von einer Zeitschrift („Almanaque Literario", Madrid 1935) veranlaßt, das Verhältnis von Dichtung und Politik zu definieren — in der schon damals äußerst gespannten Atmosphäre eine verfängliche Frage! Um so mehr überraschte die Antwort des sonst immer schweigsamen Schulhaupts der spanischen „poesia p u r a " , J u a n Ramón Jiménez, der mit einer unmißverständlichen Anspielung auf die „poetische" Falange-Bewegung erklärte: „Besser ist eine Poesie im Dienst der Politik als eine Politik, die sich im Namen der Poesie hervortut!" D a s bedeutete einen Vorrang der Revolution vor der Restauration im Herzen der Dichtung, wenn auch der „reine Dichter" in dieser Entscheidung nur die Wahl zwischen zwei verschieden bedenklichen Übeln zu treffen glaubte. Rubén Dario wollte wie Verlaine mit seiner Dichtung eine Weltkraft entbinden. Aber statt mit dem Wort, nach Rimbauds größerem Vorbild, an den Keimpunkt der Dinge zu rühren, hielt er sich an ihre Kristalle. Trotz dieser heute nur allzusehr beengenden Schranken ist auch in seinem Vorsatz die befreiende Sendung der neuen Dichtung erkennbar. Auch für ihn war die Dichtersprache dazu bestimmt, die verborgenen Gesetze der Weltbewegung ans Licht zu bringen; nur blieb er in die Rückzugsbewegung gebannt und entwarf die Zukunft als Rückkehr einer sprachlich erfüllten Vergangenheit. Rimbaud war bis zu den sprachlichen Elementen vorgedrungen, die den noch gärenden Zustand des Seins, die „Latenzen" der Dinge, erschließen sollten: Form im Ursprung ihrer Bewegung. Und damit war der Dichtung das Ziel gegeben, durch die Permanenz der sprachlichen Revolution den Vorlauf der Begriffe zu überflügeln. Es gibt ein Gedicht Juan Ramón Jiménez', das mit knappster Symbolik den befreienden Weg der spanischen Dichtung öffnet: Durch das Herz seiner Dichtung wird dieses Spanien zu einem neuen Morgen gerufen. Nur der Macht des Herzens könne es nämlich gelingen, die zu Erde verzauberten Löwen zur Rückkehr in ihre Natur zu ermuntern und den Lehm der feindlichen Mauern in ein begeistertes Flammenmeer zu verwandeln. Mauern durchziehen Spanien: Durch sie hält die uralte Horden- und Sippenverfassung den Kreislauf des Lebens in beständiger Unterbrechung. Dieses Spanien stagniert, es erhält sich in einem unverbundenen Nebeneinander erstarrter Traditionen, deren Entfremdung den Auftrieb aller Reaktionsgelüste ermächtigt. Daher sind diese Mauern im Bild des Dichters Erstlinge, Wächter mit ihrem Faltigen Mantel, der Mutter, Der armen, ernsten, verletzten!

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Nur das Herz bricht diese Vermauerung auf und befreit mit seinem Feuerzeichen die Elemente aus der tatenlosen Trauer der Erde, in der sie Gefangene waren. — So war selbst im behüteten Tempel der „poesia p u r a " der spanischen Dichtung ein Ausweg zur Selbstbefreiung gewiesen. Und so wird der Satz, mit dem Luis Cernuda (1902—1963) am Anfang des Spanischen Bürgerkrieges das Vermächtnis García Lorcas freilegen wollte: „Dichter sind Revolutionäre" („Hora de España", Valencia, VII, 37), durch das innere Entfaltungsgesetz der spanischen Dichtung beglaubigt. In der spanischen Dichtung — so führte Cernuda seinen Gedanken weiter — drängten befreiende Kräfte zu einem unablässigen Kampf mit den tödlich bedrückenden Ordnungsgewalten des Staates. In den „Zigeunerromanzen" erreicht dieser Kampf einen unüberschreitbaren Gipfel spanischer Dichtung, und das Ende des Dichters enthält für die Überlebenden den Befehl, sich hinter den Endkampf der spanischen Freiheit zu stellen. Dennoch stand diese Entscheidung in einem gefährlichen Zwiespalt: sie mußte sich derselben Vorbehalte erwehren, in denen sich die „Puristen" der Revolution zweideutig verhielten. Die auf der Oberfläche des Kampfes hervorgebrachten Parolen legten ins Herz der Dichter, wie Luis Cernuda bekannte, die schwersten Bedenken. Wenn nur die Verteidigung des legalen republikanischen Staates auf dem Spiel stand, wenn dieser Kampf nur darauf hinauslief, der Staatlichkeit in der einen oder anderen Form zum Sieg zu verhelfen, so dürfte die Dichtung in diesem trüben Kampf der bedrückenden M ä c h t e ihr Schwert nicht beflecken. Luis Cernuda sprach von dem „Ringen einer unverbrüchlichen Überzeugung, daß eine ewige Feindschaft zwischen dem Dichter und jeglicher politischer Herrschaft besteht, und der anderen unverbrüchlich gewordenen Einsicht des Dichters, daß in dieser spanischen Schicksalskrise der Dichter durch die Sache des Volkes gerufen wurde".

Der spanische Dichter stellt sich nicht hinter die Republik — seine Stellung ist immer da, wo der Freiheitskampf des spanischen Volkes gegen Unterdrückung reaktionärer Staatlichkeit sich waffnet. Die spanische Dichtung erscheint hier mit dem anarchistischen Spanien verbündet. Indessen gab Garcia Lorcas gleichgeborener Gefährte Rafael Alberti (geb. 1902) das Beispiel für die neuen Möglichkeiten der spanischen Lyrik im Dienste der proletarischen Freiheitsbewegung, und man darf weiterhin nicht verkennen, daß die poetische Bedingung für diesen freiheitlichen Aufschwung durch einen Akt der poetischen Selbstbefreiung sich in Spanien erfüllte. Nur eine aus den Fesseln und der Verstrickung der Formprobleme befreite Dichtung konnte die ungeteilte „Weltkraft" zurückgewin-

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nen. Es bezeichnet wohl nicht nur die Generationsgemeinschaft, sondern den gegenseitigen Antrieb zweier befreundeter Geister, daß Alberti und Garcia Lorca diesen Weg der Befreiung gemeinsam erschlossen — beide in Anknüpfung an die mitreißende und fortzeugende Macht der poetischen Volkstraditionen. Trotz der hohen Achtung, in der die beiden Dichter schon mit dem Erscheinen ihrer ersten Gedichte standen, ließ man die innere Gesetzlichkeit dieser Entwicklung zunächst nur in den Grenzen eines individuellen Dichtertums gelten. Erst durch die Bürgerkriegskrise wurde mit einem Schlag die innere Logik dieser Entscheidung erkennbar. D a s Kriterium einer Situation, die letzte Entscheidungen forderte, wurde zum Endgericht über alle Versuche der Entmenschung, worin Ortega y Gasset um 1925 mit dem verführerischen Glanz seiner Formulierungen ein unwiederbringliches Fatum hatte erkennen wollen: „Wenn ein junger Dichter heutzutage dichtet", schrieb d a m a l s Ortega, „nimmt er sich einfach vor, ein Dichter zu sein. Wir können sehen, wie alle neue Kunst im Einklang mit der neuen Wissenschaft, der neuen Politik, dem neuen Leben, vor allem jeglicher Grenzverwischung widerstrebt. Es ist ein Zeichen geistiger Lauterkeit, anzustreben, daß die Grenzen zwischen den Dingen richtig abgesteckt werden ... Der Dichter fängt d a an, w o der Mensch aufhört. Der eine muß seinen menschlichen Lebensweg bis zum Ende durchleben — die Sendung des anderen ist es, w a s nicht existiert, zu erfinden. Nur so rechtfertigt sich der Beruf des Dichters. Der Dichter bereichert die Welt, er trägt zu ihrer schon an sich bestehenden Wirklichkeit einen Kontinent von nicht existierenden Dingen hinzu."

Dieser Kontinent der nicht existierenden Dinge erschließt sich für Ortega in der neuen und verwegenen Schöpfung der modernen „Metapher". Poesie, das ist heute „die höhere Algebra der Metaphern". Und warum dieses? In der modernen Metapher verschließt sich die Sprache gegen die Sache. Die Metaphern dienten im Ursprung zur Umschreibung der mit einem Tabu verhängten Dinge. Die Metapher hat daher keine Kraft der Erschließung, sondern sie wird als Waffe einer Dichtung geführt, die einer unerschließbaren Welt die verrätselnden Zeichen zum Stigma ihrer weltlosen und entmenschlichten Freiheit aufprägt. Diesem poetischen Zustandsbild wäre nur noch hinzuzufügen, daß die Metapher sich nur in einem Dauerkampf mit den sinngebenden Konventionen durchsetzt. Der Leerlauf in diesem unablässigen Anlauf gegen die Konventionen der Sprache wird selbst zu einem konventionellen Z u g des poetischen Stiles. D a s Prinzip der Formzertrümmerung erweist sich als eines der Gesichter des poetischen Formalismus. Ortega y Gasset trat als Mann des Schicksals vor die spanische Dichtung, um ihr weltmännisch mit leisem Erbarmen den Pulsschlag zu fühlen. Jedoch

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die spanische Dichterjugend war schon von einer anderen Botschaft gefesselt. Während Garcia Lorca und Rafael Alberti sich tief zu den Traditionen des Volkes beugen, rückte die lange verschüttete Tradition der barocken Dichtkunst Luis de Góngora in unmittelbarste Lebensnähe zur spanischen Gegenwartsdichtung. Weder in dem einen Fall noch in dem anderen wollte hellhöriger Eifer die Grammatik einer vergangenen Metaphernsprache erlernen, um den Zustand der poetischen Weltenschöpfung mit einer neuen Autorität zu bestärken. D a s wird im Rückblick Cernudas in voller Klarheit gesehen. Góngora lehrte die spanische Dichtung „etwas, für das sie im übrigen längst die höchste Bereitschaft besaß, die Strenge der unbedingten Verantwortlichkeit". Schon Rubén Darío hatte die spanische Lyrik vielleicht weit mehr als durch sein eigenes Beispiel durch den Hinweis auf die Vorläuferschaft Luis de Góngoras in ihre Richtung verwiesen. Vorläuferschaft — sie sollte die Spätgeborenen nicht auf ein neues Vorbild verpflichten, sondern ihr eigenes Ziel durch den Anreiz der wahlverwandten Züge dieses Meisters der Frühzeit beleuchten. Góngoras barocke Kunst, die gewiß nur insofern höfisch war, als sie den H o f ihrer Herrschaft unterworfen hatte, mußte dem emanzipierten Dichter des „freiesten Erdteils" wie eine „Nachtigall im goldenen K ä f i g " erscheinen. Aber die scheinbare Einschränkung dieses Lobes, die scheinbare Grenze Góngoras in der fehlenden Freiheit zum Vergessen der Formgedanken hat eine tiefere Bedeutung. Rubén Dario begreift den Dichter als den freien Schöpfer seiner eigenen Gesetze, den Schmied seiner Fesseln: Dein Schloß, o Góngora, ragt auf ins Blaue. Der Käfig einer Nachtigall, aus feinem Gold geschmiedet.

Im goldnen Gitterwerk wird das Gesetz einer glänzenden und äußerst subtilen Sprachkunst sichtbar, deren feingliedrige Ornamente ihr Spiel mit der Unendlichkeit treiben. Durch die Gitter einer geometrischen Verskunst wird der großen Natur der geistige Anfang, das Prinzip ihrer Ordnung zugewiesen. Góngoras Verskunst ist in dem Einsetzungsakt des Wortes in seinem Machtkreis beschlossen. Worte sind Mythen: in ihnen steckt die Seele der Dinge. Durch den Anruf der Sprache werden die Dinge wieder zum Leben zurückgerufen. In der Dichtung ist der bildsame Zustand gewahrt, und die Nennung erinnert an den Ursprung, an die Bewegung, aus der das Geschaffene heraustrat. Góngoras Ruhm ist seitdem in Spanien nicht mehr verblaßt. Die Dreihundertjahrfeier des Todestages (1927) wurde zu einer förmlichen Heerschau einer dichterischen Jugendbewegung in Spanien. Aus demselben

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Jahre ist uns der Vortrag eines Studenten über „ L a imagen poética en Don Luis de G ó n g o r a " (Das poetische Bild bei Luis de Góngora) erhalten. Selbst wenn die Person des Verfassers unbekannt wäre, würde dieses Zeugnis der leidenschaftlichen Aneignung der poetischen „Weltkraft" ein Ereignis in der spanischen Literaturgeschichte bedeuten. Der Verfasser stand trotz seiner Jugend schon in der dichterischen Erfüllung — die „Zigeunerromanzen" hatten den Weg durch Spanien soeben begonnen. Wenn Garcia Lorca (1898 — 1936) in Góngora den Erwecker der spanischen Dichtung und der eigenen Dichtung in Spanien begrüßte, so läßt sich doch nicht übersehen, daß Góngora als Versucher an seine Adepten herantrat: als Versucher zur Allmacht des dichterischen Wortes, als Versucher zur Hybris des poetischen Idealismus. Warum kam es zu dieser gongoristischen Revolution der Dichtung, im Schoß des orthodoxesten aller spanischen Jahrhunderte? Federico stellt sich diese Frage, weil er die Antwort längst bereit hat: aus Haß gegen alle Dichtung konnte Góngora nicht anders, als eine neue Dichtung schaffen. Er bekundet das Wissen des Dichters, das gleichsam ein absolutes Wissen um den Eigenwert aller menschlichen Dinge darstellt. Daher ist die Poesie die Betrachtungsweise, die den erhabenen geschöpflichen Maßstab auch an das Kleinste heranträgt: „Ein episches Gedicht läßt sich aus dem Kampf machen, den die Leukozyten im Gefängnis der Blutbahnen ausfechten . . . " Man bemerkt sofort, wie der Umgang mit Góngora zum ästhetischen Formalismus verleiten, zum Putschversuch der Kunst und ihrer selbstgerechten Ansprüche ermuntern konnte. Aber schon damals wurden die Gegengewichte spürbar. Die Treffkunst der Metaphern Góngoras beweist dem jungen Dichter, daß alle wirkliche Dichtung allein aus vertrautestem Umgang mit den Dingen entsprungen sein könne. Und in diesem Zusammenhang brachte Garcia Lorca den bekannten Satz: „Der Dichter ist der Professor seiner Sinne." Poesie ist kein apriorisches Wissen, sondern ein Wissen um das unverstellte Sein, das in den Formen der Dichtung zur vollen und dauernden Wirkung durchdringt. Daher ist es schon für den jungen García Lorca so reizvoll, die gemeinsame Wiege der Menschennatur und der menschlichen Dichtung zu kennen. Hunderte von Kinderliedern bringt er als Ertrag seiner spanischen Wanderschaften aus allen Winkeln nach Hause. Die ehrwürdige Tradition der spanischen Kathedralen, die ihn kaltläßt, ermangelt jener „bleibenden und lebendigen Elemente, in denen der Augenblick nicht eingefroren ist, sondern in der Fülle seiner Gegenwart erzittert." Durch die ewige Gestrigkeit einer Kathedrale würde die Landschaft festgenagelt, während

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ein solches Lied „aus dem tiefen Versteck seiner Vergangenheit wie ein Frosch den Sprung zu uns tut ..." Hier ist auch das Geheimnis der nie geschriebenen Poetik Garcia Lorcas entschleiert. Dichtung ist im besonderen Kontaktverhältnis von Sein und Bewußtsein begründet. Auch Garcia Lorca war ein Dichter durch das besondere Maß, in dem er ein Lebender war und als Liebender lebte. Wenn ihm aus tieferen Schichten der sprachliche Reichtum zufloß, zeugt er von einem tieferen und genaueren Wissen um das verborgene Leben der volkhaften Traditionen und um die Lebensgesetze der spanischen Gegenwartsdichtung. Aus seiner Dichtung spricht mehr Kenntnis als ein Bekenntnis. Ihr Rhythmus ist der Pulsschlag des Lebens, wo er am frischesten schlägt und sich am längsten bewahrt. Federico García Lorca stammte von andalusischen Bauern. Sein Geburtsjahr fällt ungefähr mit der Jahrhundertwende zusammen. Er konnte sorglos seinen inneren Zielen leben. Weil er begabt war, ließ man ihn auch studieren. Daß er an die Rechtsgeschichte geriet, hing mit der Person des Lehrstuhlinhabers in Granada zusammen. Es war das Don Fernando de los Ríos, ein Sozialist mit kantianischem Einschlag (oder ein Kantianer mit sozialistischer Spitze). Er war das gütige Schicksal einer ganzen Generation, die er für die werdende Republik heranzog. Als es so weit gekommen war und, 1931, Don Fernando Unterrichtsminister wurde, erhielt Federico die Leitung eines studentischen Theaters und den Auftrag, klassisches Schauspiel bis in die entferntesten Dörfer Spaniens zu tragen. Federico legte heiligen Ernst in diese Sendung. Dabei entstanden die grotesken und tragischen Stücke, die man in Frankreich und Deutschland jetzt einzubürgern bemüht ist. Aus seinem letzten Lebensjahr kennt man noch eine Rede, in der Garcia Lorca dem Theater die Macht zuschreibt, „in wenigen Jahren die seelische Haltung einer Nation von Grund auf zu ändern". Und weiter: „Eine Nation, die für ihr Theater nichts übrig hat, ist keine Nation." Das echte Theater muß daher „den Peitschenschlag der Gesellschaftskämpfe" erteilen. Und der Dichter endet damit, in der Kunst die Bürgschaft für „das neue Leben" zu grüßen. Als Dichter entdeckt Garcia Lorca das spanische Volk und wurde seiner Sache verpflichtet. Die Kunst war seine Heimat. Er zeichnete kühn, und alle Musik ging in sein Eigentum über; sie stärkte von früh an die erstaunliche Sicherheit seines rhythmischen Sprachgefühls. So unverrückbar sitzen alle seine Verse, als ob sie den Griff ins Absolute dahin gebracht habe. Die Gabe des Wortes verließ ihn niemals. Er war nicht gehemmt, sondern frühreif, turbulent, von immerwährender Faszination, ein Spielmann und Gaukler, der es nicht zuließ, in ihm den „Geschlagenen der Götter" zu erkennen.

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Der Lehrling der alchimistischen Sprachkunst Góngoras trug in sich die Gegenkraft einer Natur, die schon sehr früh zu Antonio Machados kastilischer Landschaftsdichtung hingezogen wurde. Machado gehörte zu den ersten poetischen Entdeckern Kastiliens. Seit der Jahrhundertwende leiht er einer literarischen Jugend die Stimme, die — nach J . Montesinos' (geb. 1897) Worten — „wie vor ein Orakel vor die Felder Kastiliens hintrat, um ihren Sinn zu ergründen ... sie gingen in die kastilischen Steppen, nicht um die Natur, sondern um Spanien zu suchen. In der Landschaft sah man die Tragödie Spaniens versinnbildlicht." Die Entdeckung Kastiliens gleicht einer neuen „reconquista" (reconquista nennt man die Jahrhunderte währende Kampagne zur Rückeroberung Spaniens, das die Araber in wenigen Jahren zu erobern verstanden hatten). Nur in Kastilien hat die provinzielle Enge ihren ungemilderten Bußcharakter erhalten, und nur Kastilien öffnet seinen Himmel dem Universum. D a s romantische Naturbild Spaniens war überwiegend auf die das heiße kastilische Herz umlagernden Randgebiete abgestimmt gewesen, mit ihren bald idyllischen, bald romanesk-alpinen Schauräumen. Die Romantik schwelgte in Andalusien und entzog sich der kahlen, baumlosen Steppe der Meseta. Die kastilische Landschaft ist gemeinsames Programm der 98er gewesen. Was Machado wahrnimmt, sind Gesichte des Grauens, der Verfinsterung und der Versteinerung aller lebendigen Triebe. Ein furchtbares Volk! Ein Volk mit einer häßlichen Seele unter dem braunen Wams versteckt, den sieben Todsünden unterworfen,

ein Volk mit Augen immer trüb von Neid und Trauer, d a s auf der Beute festsitzt und sich kümmert, wenn auch der N a c h b a r seine Beute findet.

In Kastilien haust die Rasse Kains: Hier seht ihr Ebenen des Krieges und Brachland der Asketen, in diesen Feldern war nicht Gottes Garten. Ein Land für Adler, Z o n e des Planeten, w o man den Schatten Kains noch irren sieht ...

Aber in seiner Niedertracht zeigt dieses Geschlecht noch Z ü g e von archaischer Größe. Denn Kain ist „Neid auf die Tugend". Neid ließ ihn zum Mörder werden, während heute „nur noch das Laster Neid erregen

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könnte". Machado spricht von „ R a s s e " verächtlich und verheißungsvoll im Sinne des verschütteten und zur Auferstehung berufenen Volkes. Eine Rasse ist es, klein, nervig, zäh, mit eingesunkenen, immer schlauen Augen, mißtrauisch, lebhaft und den weiten Bogen gezogen in dem steinernen Gesicht mit starkem Wangenbein: die buschigen Brauen.

Ist diese Rasse nur ein Relikt oder eine Urkraft der Geschichte? D a s klägliche Kastilien, gestern allgebietend, in seinen Lumpenhüllen, w a s es nicht weiß, verachtend. Erwartest du noch etwas? Schläfst oder träumst du nur?

Kastilien ist unsterblich, weil es dem Tod gewachsen ist: Kastilien, des Schmerzes und des Krieges unsterblich Land — Kastilien des Todes.

Die versengte Erde gibt die Herrschaft über unbegrenzte Horizonte. Unamunos kastilische Philosophie berührt Antonio Machado wie eine Bewegung aus brüderlicher Nähe. Ist es eine konstruktive Dichtung? — so fragt er sich. Nein! Wind und Seele können nirgends gründen. Und diese Dichtung ist ein Rudern nach einem Meer, d a s keine Ufer hat.

Unter der Unendlichkeit seines Himmels steht Kastilien trotz seiner riesigen Eruptionen noch immer in der Erwartung einer unerfüllten Geschichte, einer einmaligen und gültigen Ausprägung seines Wesens. Das besagen Machados Verse: Wem ist von Angesicht der spanische G o t t bekannt? Mein Herz steht in Erwartung des spanischen Menschen mit der starken H a n d , die aus der Eiche in Kastiliens Artung den düstern Gott der braunen Erde erfand.

Kastilien hat sich noch nicht gestaltet. Es hat seine Götter noch nicht gebildet. Machado glaubt an die plastische Kraft einer kommenden Jugend: Denn es gebiert ein ander Spanien d a s Spanien mit dem Spachtel und la m a z a mit dieser ewigen J u g e n d , die eine R a s s e sich aus festem Stoff ihrer Vergangenheit bildet.

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Ein Spanien, unversöhnlich und befreiend. Spanien, das Tag wird mit einem Beil in seiner Rächerhand — Spanien des Zorns und Spanien der Idee.

Aus der Dialektik zwischen Mensch und Landschaft erwächst die Erwartung der künftigen Schicksalsgestaltung Spaniens. Antonio Machado sah diese Zukunft zum Greifen nahe. Von den Überlebenden seiner Generation war er der einzige, den die große Wende der Bürgerkriegszeit nicht schwanken machte. Trotz der Last seines Alters kämpfte er vier Jahre als Freiwilliger in der republikanischen Volkswehr und ist unerkannt in einem französischen Konzentrationslager das Opfer einer Massenseuche geworden. Diese Konsequenz in Tat und Opfer steht für die ungeschriebene Ästhetik des großen spanischen Dichters. Nach Antonio Machado haben alle spanischen Dichter Kastilien neu entdeckt. In der Landschaft sah man die Tragödie Spaniens versinnbildlicht. Daher richtete man das Augenmerk ebensosehr auf die Natur wie auf die Menschen, die an sie gefesselt sind. Die poetische Wallfahrt in Spaniens versengtes Herz ist eine Wallfahrt zur Armut Spaniens, mit dessen Erwachen der Reichtum des künftigen Spaniens geahnt wird. So scheint Kastilien zwischen Natur und Begriff, zwischen Himmel und Erde zu schweben. Der Abschnitt der spanischen Geschichte, die in diesem Kastilien gelebt wird, ist nicht der Tagweg des Lebens zwischen Wiege und Bahre, sondern die nächtliche Strecke vom Grab der Traditionen in die Zukunft der Revolutionen. Unamuno sieht diese Spannung noch symbolisch als christlich-universale Auferstehung der antiken Naturgesetze: Ach, mein lateinisches Kastilien mit den grammatischen Wurzeln. Ach, du Erde, die sich deklinieren läßt von einem übernatürlichen Licht ...

Kastilien ist spirituelle Landschaft, in die auch die begriffsfrei gewordene Dichtung der „Creacionisten" Gerardo Diego, Pedro Salinas usw. immer wieder zurückfindet. 1937 schrieb León Felipe (1884—1965) im republikanischen Valencia: „In Kastilien gibt es weder Kurven noch Nebel. Das Licht definiert hier alles mit genauer Leuchtkraft in einer trockenen, recht wirklichen Geometrie. Nackt und abgewaschen erscheint hier die Welt. Licht ist hinter den Dingen und vor ihnen und neben ihnen. Da ist kein Verstecken und kein Überlisten möglich. Die Phantasie hat, wie das Auge, in diesem

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Licht nur zwei Ausgänge, zwei große Tore. Hier gibt es keine Hintertüren: man geht nach oben — oder man geht nach vorn. Zum Himmel oder in Richtung des Horizonts: man wird Mystiker oder Abenteurer. Oder beides zusammen: Don Quijote."

So bedeutet Kastilien für das legitime Spanien etwas mehr oder etwas weniger als die Ermunterung zu einem anachronistischen Nachtwahn: „In der spanischen Kunst und im Leben Spaniens ist Kastilien die Unterstreichung aller spanischen Probleme und zugleich der Wegweiser, der uns die Richtung gibt."

Dem jungen Garcia Lorca hatten Machados kastilische Meditationen den stärksten Anstoß gegeben. Durch die Weltkraft der Dichtung war es möglich geworden, den verborgenen Pulsschlag einer Landschaft zu vernehmen, durch ihre versteinerte Maske die Züge geschichtlichen Lebens zu sehen und eine aus der Verzauberung ihres geologischen Schicksals herausgelöste Natur als Wirkungsstätte menschlicher und geschichtlicher Kräfte neu zu bestimmen. Die poetische Entdeckung Kastiliens schlug erst die Brücke für eine neue Erschließung der andalusischen Landschaft, deren tiefere und humane Akzente das Blendwerk einer Touristenromantik zurückgedrängt hatte. Seit dem Anfang der zwanziger Jahre befand sich die spanische Dichtung in einer fieberhaften Wachstumsphase. Ultraisten und Dadaisten zogen wie ein verheerender Sturm vorüber. Von der vergangenen Pracht des Symbolismus war nichts zurückgeblieben als der zerbröckelte Stuck, das zersprungene Email des parnassischen Kunstgewerbes. Aber die spanische Dichtung hat sich im schnellen Fortgang ihrer Entwicklung schon in den zwanziger Jahren zu jener vollkommenen Stille durchgeläutert, in der alle Programmatik und alle Problematik von ihr abfiel. Juan R a m ó n Jiménez hat für die spanische Lyrik dasselbe getan wie Azorin für die spanische Prosa. Der Weg dieses frühesten Symbolisten und späteren Schöpfers der „poesia pura" ist die methodische Introversion, ihr Ziel jedoch das Sein, das die Prosa des Lebens verstellt hat. Die poetische Meditation muß zur Einheit von Wort und Sache gelangen. Die Konvulsion ist von der Sprache des Dichters gefallen, der nicht mehr Eigner einer Welt ist, sondern sie wiederbringt, dessen Werk die frühere Schöpfung der Natur allein ins genaue Verständnis heben kann: Intelligenz, gib mir den genauen Namen der Dinge. Daß mein Wort sei das Ding selbst, geschaffen neuerdings von meiner Seele.

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D a ß alle durch mich gehen müssen, um zu den Dingen, die sie nicht kennen, zu k o m m e n . D a ß alle durch mich gehen müssen, um zu den Dingen, die sie vergessen, zu kommen.

An J u a n Ramóns poetische Selbstbestimmung knüpft das Programm der dichterischen Bewegung des „Creacionismus" (von creación = Schöpfung) an, die in der Mitte der zwanziger Jahre mit D á m a s o Alonso, Gerardo Diego, J o r g e Guillén und Pedro Sahnas einsetzt. Das Reich der Metapher, in dem Góngora auch über unser Jahrhundert herrschte, ließ den Dichter noch immer in der Entfremdung seiner Möglichkeiten. Die poetische Schöpfung mit kühnem metaphysischem Realismus verpönt den Vergleich, weil sie im Bild weder ein Stilmittel findet noch ein symbolisches Zeichen, sondern die geistige Wirklichkeit selbst, zu deren Schöpfung der Dichter sich stark macht. Gerardo Diego sagt, man müsse ein Gedicht so machen, wie die Natur einen Baum macht, d. h. ihn nicht mit den Blättern papierener Metaphern behängen, sondern den Kreislauf, der sein Wachstum hervorbringt, aus dem unvergänglichen Rhythmus der Sprache ernähren. Die Emanzipierung der Poesie von allem Erborgten hat sich vollendet. Sie ist ein Eigenbereich, den kein fremdes Gesetz überschneidet. Pedro Salinas erklärt „jegliche Diskussion über den relativen Wert der Dichtung und der Dichter für gänzlich überflüssig. Jede Dichtung ist unvergleichlich, einzig wie der Strahl oder wie das Sandkorn." Pedro Sahnas hat das Geheimnis creacionistischer Lyrik deutlich genug in seinen Versen verraten: nur die abgeblendete Vollendung der Welt könne das innere Licht der Gewißheit poetisch entzünden. Durch den Rückzug zur dumpfen Materie findet der Dichter die Scheinmacht zu ihrer vollendeten Formung. Seine Sendung würde im Anblick einer vollkommenen Welt entbehrlich. Lieber, als die Blendung dieser vollendeten Welt zu ertragen, die Augen schließen. Und sehen unvollendet und zitternd zwischen dem, w a s wird und w a s nicht wird, d u m p f e M a s s e und ungefüge Entwürfe, lichtlos, ohne Anmut und O r d n u n g , eine unfertige Schöpfung, immer unter dem Z w a n g , dich oder mich oder irgend jemanden zu rufen, um ihr zu geben, w a s ihr noch mangelt, um die Vollkommenheit an sich zu bringen.

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Nur die künstlich verdunkelte Realität kann die Dichtung in den Lichtkern eines beglänzten Weltbildes versetzen. Freiheit der Dichtung ist im unheilbaren Zwang, den sie empfindet, begründet. Darum sagt Pedro Salinas: „Die Straßen der Menschen schicken den Spiegel des Geistes in Urlaub. Nichts hat der Mensch den Menschen über sein Wesen zu sagen. Nur in der steilen Richtung hat diese Gottesminne den Gegenstand ihrer Vergötzung, einer Epiphanie in kosmischen Konvulsionen der Elemente."

Ähnlich wie bei Salinas lautet der Tenor in den sprachlich noch stärker vereinfachten Kurven Guilléns. Nur im Akt der Schöpfung ist für diesen Lyriker das Sein in seiner Reinheit und absoluten Vereinzelung faßbar. Durch die Dauer des Zustande würde das Sein schon dem verfälschenden Einfluß unterworfen, aus dem Gesichtskreis des Dichters, der nur Authentisches wahrnimmt, entschwinden. Die Zerreißung des Seins durch die Willkür poetischer Einzelakte zielt auf ein in Erlebnisatome zerfallendes Weltbild. Dichtung gewährt hier die letzte Zufluchtsstätte vor dem Zugriff der solidarischen Weltkraft. An einer aufgeschlossenen Dichterjugend ging keines dieser Experimente unbeachtet vorüber. Als Garcia Lorca sich erstmals mit einem Gedichtband dem Publikum stellte, war er in allen Tönen Meister und brachte zu allen gemeisterten auch noch den gültigen Ton seines unverlierbaren Stils. Der Eindruck dieser Erstlingsverse war nicht nur entwaffnend — er versetzte auch die Bewunderung in ein stummes Erstaunen. Eine Sammlung von Kinderballaden und Reigengesängen von einer Einfalt, die sonst nur die äußerste Ökonomie der sicher beherrschten Mittel hervorbringt. Die Erfahrung einer unfehlbaren Wirkung ging über das sorglose Kindergesicht wie ein Anflug von Schadenfreude: es war, als spiele er mit der Wirkung des Schrekkens, die eine unerwartete Epiphanie des Vollkommenen immer hervorruft. An dieser Erscheinung war nichts von den verdächtigen Mätzchen der Wunderknaben. Man spürte vielmehr die Unbeirrbarkeit eines Genius, der ohne Schwanken durch alle Gefahren der frühreifen Meisterschaft hindurchgeht. Garcia Lorca ging unangefochten den geraden Weg, der ihm als Erfüllung seiner Möglichkeiten bestimmt war. Es war der Weg ins Volk, der Weg zur Heimat. Es war die Rückkehr. Ihm blieb versagt, was dem frühverwandten und befreundeten Rafael Alberti vergönnt war: aus andalusischem Ursprung zur hymnischen Weite eines Dichters der proletarischen Revolution zu gelangen. Als 1925 die ersten „Zigeunerromanzen" erschienen, zerstreute sich auch der letzte Zweifel an seiner überragenden Sendung. Hier fand sich ein Dich-

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ter in der Rolle des Märchenprinzen, um die verzauberte „poesia pura" aus ihrem Elfenbeinturm zu befreien und in die Umarmung der unversieglichen Volkstradition zu führen. Die Romanze hat sich durch diese Berührung verwandelt und eine bis dahin nicht besessene Kraft der geistigen Tönung und Zeichengebung erworben. In der Romanzenform war das mittelalterliche Kulturgut der herrschenden Klasse zum Volk herabgesunken. Doch dieser Abstieg verhalf den poetischen Stoffen zum Überleben, zu einer Gegenwart, die, wie es scheint, erst mit der Gegenwart des spanischen Volkes zu verschwinden bestimmt ist. Die Romanzen waren, darin den russischen Bylinen und den schottischen Balladen vergleichbar, die unverwelkliche Blüte, die aus den epischen Trümmerfeldern emporwuchs. Wenn auch die Blüte zuweilen in ein Wuchern entartet, so wahrt sie das Zeichen eines bisher von keiner Herrschaft unterjochten Volkes — eines Volkes, das wohl den Sattel des Feudalismus, doch nicht den Reiter zu tragen gewillt war. Wie jeder Ansatz zur Hierarchie im anarchischen Zustand des spanischen Volkes endet, so geht auch die höhere Literatur in volkliche Formen über. Es gab kein Motiv, das sich der immer geöffneten Tradition entziehen konnte. In der Form der Romanze steckt ein Programm, eine unentwegte Gesinnung, der Vorsatz, den Standpunkt des Volkes für jede Erscheinung zu finden. So schließt sich in der Darstellungsweise der Romanze die Welt zum Kreise: sie bildet Charakter und spricht die Sprache der unausweichlichen kollektiven Geschichte. In der Tat ist es der erste Eindruck der „Zigeunerromanzen", daß hier das Gesetz einer abgeschlossenen Welt durch Leben und Taten der Menschen waltet. Garcia Lorcas Zigeuner sind nicht exotisch in der romantischen Weise. Sie haben Symbolkraft als Urvolk in klar umrissenen Zügen. Ein Volk von hohem Alter, das an der naturgewordenen Macht seiner Überlieferung nicht mehr zweifelt. Ein Volk, das seine im Bild besessene Welt durch Geste und Haltung fortwährend herausstellt. Und dieses Volk lebt gleichsam im Ursprung Spaniens. In ihm sind die andalusischen Züge charakterbildend verdichtet. Und Andalusien schlägt an die unverlierbaren Saiten des spanischen Volkes. Es ist eine unreflektierte, aus der Bildmacht erzeugte Landschaft, und ihre Charaktergesetze erweisen sich als die Gesetze der Dichtung, die ihre Herrschaft in alle unvermischten Zonen des wirklichen Lebens vortreibt. Es ist eine Landschaft der Unbedingtheit in jeder Erscheinung. Es gibt keine Zwischenwerte und keine Nachsicht für die verwischten und ungeklärten Gedanken. Die einzelnen Farben stoßen in ihren Konturen hart aneinander. Die Nacht hat sich plötzlich, „wie ein

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kleiner Rundplatz, im Häusermeer eingenistet". Zwischen Licht und Schatten, zwischen Tag und Nacht entsteht nicht das unabsehbare Dämmergelände, in dem die Gebilde aus ahnender Phantasie entspringen und wieder zerrinnen. Die Bildkraft muß ihre Entwürfe an ein verletzend bloßstellendes Tageslicht wagen. Der Terror einer nichts vergebenden Realität ist hier die selbstgewählte Bedingung eines poetischen Zustande geworden. Die andalusische Wirklichkeit läßt sich indessen nicht als ein „ Z u s t a n d " betrachten, in dem sich die Menschen situieren könnten. Vielleicht gibt es Situationen in dem unsichtbaren privilegierten Bereich, vor den die guardia civil den Schutz ihrer immer beweglichen Mauer gelegt hat. Dem Blick der Ausgesperrten bleibt das sicher Besessene verborgen. Ihr Leben verläuft in einer fortgesetzten Folge von Ereignissen. Nur handelnd können sie ihre Welt erkennen, nur handelnd gelangen sie zu sich selbst: Die Dinge schauen unentwegt auf sie, Und ihr ist es verwehrt, Sie anzuschauen.

Der Mensch begreift sich nur durch seine Tätigkeit. Wie aber, wenn dieses Handeln, diese Tätigkeit nicht auf einem Boden stattfindet, den die Erkenntnis gesichert hat? Hier gähnt der Abgrund der Tragik, über den die Einbildung das glänzende Gewebe ihrer Welt gespannt hat. Im Überschwang seiner Formungskräfte gelangt der Mensch nicht zur Freiheit des Betrachtens, und nur im Leiden gehört ihm die eigene Schöpfung. Hier springt die Quelle der versonnenen Trauer Andalusiens. In dieser Schwermut ist das Wissen noch vor sich selbst verschlossen. Andalusien wahrt die Schönheit, die sich unberührt hält von der Lust des Schauens. Daher bedürfen die Menschen der Führung helfender Engel auf ihrem Wege. Die Engel Garcia Lorcas besitzen kein Zeichen des Ursprungs aus einem Jenseits. Der ungehörte Schrei des Erbarmens fällt in die Seele des Volkes zurück und gibt ihm die helfenden Kräfte, erzeugt sich die solidarischen Tatgedanken, die sich im irdischen Wesen der immer hilfsbereiten Engel verknüpfen. D a s Diesseits hält dieses Leben so fest umfangen, daß auch der Tod nur als Ereignis hereintritt. Der Tod ist ein maximales Ereignis, dem unmittelbar die ungeheure Erschöpfung nachfolgt. Nur Engel können Tote aus dieser Ohnmacht befreien und geleiten. Wohin geleiten? Ins Nichts, das ein neuer Beginn ist. Der Tod läßt über das Einzelleben den Schatten der Furcht nicht fallen. Die Dauer ist durch das Zusammenleben unwiderleglich. Gefürchtet wird nur der gemeinsame Tod, der als furchtbare Drohung hinter der Feindschaft der staatlichen Schergen lauert. Auf den Wegen der Zigeunerengel

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sieht man die Verfolger einherziehen, die „Teufel mit gewichstem Leder und der idiotischen Arithmetik des Dienstes", die berüchtigten Gendarmen der guardia civil, die „im Rausch der Vernichtung das Feuer entzünden, um die Werke der Einbildungskraft zu verbrennen". Es mag scheinen, daß dieses phantastische Leben am Rande des wirklichen ökonomischen Lebens gelebt wird. Und doch spricht aus ihm gerade die immer noch unaufgehobene Realität eines spanischen Zustands, der in Andalusien schon immer den Gipfel der Extreme erreichte: fort und fort bestehende Privilegien an nur besessener oder verwalteter, kaum genutzter Erde. Und die privilegierte Erde fuhr fort, die zu ihr gehörigen Menschen von sich zu stoßen, sie auszusperren und in die Stellung fremder Metöken oder Vagabunden zu drängen. Die an den Rand gesetzte Gesellschaft ist Freiwild, fortbestehendes, unproduktives Ärgernis eines Staates, der ihr in tödlicher Verneinung, doch eben darum machtlos, begegnet. Garcia Lorca bezeugt den Fortbestand der Verhältnisse und das Walten der Kräfte, durch die sich eine anarchistische Tradition in Spanien verewigen mußte. Bei ihr liegt der Anreiz der unmittelbaren Selbstbefreiung, in ihr das Geheimnis des bergeversetzenden Glaubens an die umwandelnde Macht der spontanen Taten. Zugleich auch spürt man in melancholischer Nähe eine geschichtliche Grenze: Man weiß, daß mit der Verschärfung der Gegensätze die Möglichkeit aufhört, die Emanzipierung von einem fortbestehenden Klassenregime zu ertrotzen. Und man spürt die gefährliche Ohnmacht eines solchen Volkes in einer von Grund auf veränderten Lage. Auch kann es scheinen, als würde das Herz des Dichters beim Überschreiten dieser Grenze verbluten. Dieses Andalusien, von jeher eine Wiege spanischer Dichtung, findet bei ihr die einzig triumphierende Waffe gegen die berechnete Geistesferne der niederziehenden staatlichen Mächte. Ihr Triumph liegt in der G a b e der unversieglichen Schöpfung. Fast in jeder Strophe wird der „Romancero git a n o " zur Vorschau auf das Schicksal eines Dichters, dessen unzerstörbares Wesen der Schandpfahl der Zeiten, für alle erkennbar, erhöht hat: S o wie wir niemals auf dem Felsen sehen Sich öffnen eine reine Blume, In einem finsteren und harten Volk Glänzt auch nicht hell Der frische, hohe Schmuck des Daseins auf. Und darum schlugen sie dich tot, weil du D a s Grünen warst auf unserer kargen Erde, D a s Blau in der Verfinsterung der Luft.

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Spanien 1900 — 1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte Leicht ist der Teil des Lebens, D a s göttergleich den Dichtern zugewiesen, D o c h bleibt der H a ß und die Zerstörung immer, Im Eingeweide wühlend, D a s ganze unversöhnliche Gefühl des fürchterlichen Spaniers, Der alles Gipfelnde, M i t einem Stein zum Wurf bereit, umlauert. Trauriges Schicksal, hier zur Welt zu k o m m e n Mit einer lichten G a b e , Hier, wo die Menschen In ihrer Niedrigkeit nur eines kennen: Den H o h n , d a s Schmähwort und den tiefen Argwohn Vor dem, w a s ihre finstere Rede klären könnte, Was ihr v o m Ursprung her die F l a m m e brachte. Du bist d a s Salz in unserer Welt gewesen, Im Leben warst du wie ein Sonnenstrahl, Und nun ist's nur noch die Erinnerung, Die umgeht, schmeichlerisch Der Körper Mauern streichelt Mit sanfter G a b e jener Mohngewächse, Die unsere Vorfahren am Ufer des Vergessens pflanzten. Doch wenn dein Genius ins Gedächtnis eintritt, Vergehn wie Schatten diese Menschen, die Wie Unkraut dieser Erde aufbegehren. Und dieser Tod lebt mehr, als alles Leben es vermöchte, Denn du bist ja in ihm a m Werke. D e m Bogen seines weiten Reichs verfallen, Machst du es reich mit Federn und mit Blüten In Anmut und in J u g e n d ohnegleichen. (Luis Cernuda, „Elegie auf einen toten Dichter", in: „ H o r a de E s p a ñ a " , Valencia, Juni 1937.)

Die A n f ä n g e R a f a e l Albertis gleichen denen Federico G a r c í a L o r c a s , insofern sie die R ü c k g l i e d e r u n g surrealistischer oder creacionistischer Tendenzen in die volkstümlich-traditionelle Dichtung beinhalten. Aber während G a r c i a L o r c a die Mythen des Festlands ergreift und darstellt, ist Alberti dem Meer z u g e w a n d t , und er erwirbt seine universale und d e m Regionalen a b h o l d e Menschlichkeit. „El marinero en t i e r r a " (Seemann auf L a n d ) heißt sein Erstling, der 1925 erscheint und ihm s o f o r t die A u f n a h m e in die Reihe der führenden Dichter gewährleistet. Eine neue E t a p p e , in der die Vision des K o s m i s c h e n sich erweitert, entsteht 1927—1928 mit „ S o b r e los á n g e l e s " (Über die Engel). Es sind nicht Rilkes Engel, die Geister des Innern und Unnennbaren, sondern sie sind,

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wie die „Gaceta literaria" von 1929 behauptet, den Flugzeugen vergleichbar, die ohne Flügel, aber mit metallischen Trägern einherfliegen. Es sind keine Engel, die ein Jenseits vertreten, ein Unnennbares bewohnen, sondern Spiegelungen menschlicher Kräfte, Fähigkeiten und kosmischer Gefahren, vor allem aber Verkörperungen einer unerfüllbaren menschlichen Sehnsucht nach dem Paradies der Kinderzeit. Gegenüber der Anfechtung des „Überichs" der Engel muß der Dichter den Boden seines Ichs verteidigen. Die Engel Federico García Lorcas waren die glänzende Repräsentanz erdgebundener Kräfte, die Engel Albertis reißen das Ich des Dichters in alle kosmischen Abgründe. Es folgt die Zeit des politischen Engagements, das Rafael Alberti zwischen 1932 und 1938 auf der Seite der Kommunistischen Partei auch dichterisch verifizierte. Reisen in die Sowjetunion, ein persönliches Gespräch mit Stalin befestigen den Dichter in seiner Überzeugung. Eine berühmte Romanze auf die Verteidigung von Madrid beginnt folgendermaßen: M a d r i d , corazón de E s p a ñ a , late con pulsos de fiebre. Si ayer la sangre le hervía, hoy con m á s calor le hierve. Ya nunca p o d r á dormirse, p o r q u e si M a d r i d se duerme, querrá despertarse un día y el alba no vendrá a verle. M a d r i d , du spanisches Herz, schlägst mit fiebernden Pulsen. Wenn gestern d a s Blut dir kochte, so kocht's dir heute noch heißer. Jetzt ist dir aller Schlaf versagt, denn wenn M a d r i d einschläft, wird es eines Tages erwachen, ohne daß noch ein Morgengrauen leuchtet.

Durch den propagandistischen Zweck, so tief in der Gesinnung des Dichters verwurzelt, wird das Dichterische dieser Produktion nicht angetastet. Allerdings hat Alberti, im Schatten der Niederlage, die Verse gedichtet: Después de este desorden impuesto, de esta prisa, de esta urgente gramática necesaria en que vivo, vuelva a mi toda virgen de palabra precisa, virgen el verbo e x a c t o el justo adjetivo.

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Spanien 1900—1965. Beitrag zu einer modernen Ideologiegeschichte Nach dieser aufgezwungenen Verwirrung, dieser Hetze, nach dieser drängenden und unerbittlichen G r a m m a t i k , die ich erlebe, soll mir ganz jungfräulich und mit genauem Wort genaues Zeitwort mit dem zugehörigen genauen Adjektiv wiederkehren.

Diese momentane Selbstbegrenzung des Dichters auf die Dichtersprache kann nicht das letzte Wort des weltoffenen Alberti sein. „ C a n t o a la juvent u d " (Gesang an die Jugend) heißt die letzte Dichtung, die sein poetisches Werk zwischen 1924 und 1944 beschließt: hier nur die letzte Strophe: Diéranme a mí nuevos pulmones con que arbolar las multitudes y un oleaje de canciones de juventud, de juventudes. Würden neue Lungen mir verliehen, Um die Massen hochzureißen, Eine Sturmflut von Gesängen Für die Jugend, für die junge Menschheit!

Die Epoche der Alberti, García Lorca, Salinas, Jorge Guillen, Gerardo Diego, Cernuda gilt als das „Goldene Zeitalter" der spanischen Lyrik. Die Einteilung in Dichterschulen wird der Fülle und dem Reichtum dieser Verwirklichungen nicht gerecht. D á m a s o Alonso glaubt einen Grundgedanken zu finden, indem er zwischen „poesía arraigada" (verwurzelter Dichtung) und „poesía desarraigada" (wurzelloser Dichtung) unterscheidet. Zur letzteren rechnet er Blas Otero (geb. 1916), weil er aus Bilbao stammt und in seinen gottsucherischen Hymnen doch keinerlei Anlehnung an den baskischen Ursprung verrät. Diese Einteilung ist unannehmbar, da sie die einzelnen Dichterindividualitäten zerschneiden würde: so Garcia Lorca, dessen Regionalismus in den Gesängen des „Poeta en Nueva York" (Der Dichter in New York) prophetischen Akzenten weicht. Die Erfahrung einer seelenlos gewordenen Welt, der Preisgabe und der Leere, die dem Menschen als einzigen Fluchtort vor den ihm feindlich begegnenden Mächten die eigene Innerlichkeit freigibt, sie liegt der lyrischen Schöpfung von Luis Cernuda und Vicente Aleixandre (geb. 1898) zugrunde. In den ersten Versbänden dieser beiden sevillanischen Dichter und ebenso in Rafael Albertis „Über die Engel" und in Garcia Lorcas „Der Dichter in New York" trägt ein spezifisch spanischer Surrealismus seine ersten Früchte, und zwar in den Jahren der Zersetzung, die vom Niedergang der Diktatur bis zum Vorabend der Zweiten Republik herrschte. Als authenti-

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sehe „Revolution" gibt sich dieser Surrealismus nicht damit zufrieden, neue Welten in der Einbildung zu schaffen und eine Rose in der Dichtung blühen zu lassen, wie die um Jorge Guillen gescharten Creacionisten es taten. Er will das Leben verändern, die Inkarnation der Poesie im Leben sein. Er will eine Bewegung der absoluten Auflösung sein, die ebenso die Sinne des Menschen wie seine Sprache ergreift. Er stellt eine befreiende Erweiterung des Bewußtseins dar, und der freie Vers, der sich zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Dichtung durchsetzt, ist nur die poetische Konsequenz dieses Impulses. Es treten hinzu viele bislang für unpoetisch gehaltene Aspekte der äußeren und der inneren Welt. Der spanische Surrealismus bringt — im Gegensatz zum französischen — keinerlei Manifest hervor. Dieser Richtung gehören so geniale Filmregisseure an wie Luis Buñuel (geb. 1900), ferner Verse wie die leidenschaftlich durchglühten des jungen Salvador Dali (geb. 1904 in Katalonien) aus der Zeit, in der er sich eine Theorie des poetischen Gegenstandes erarbeitete, bevor er zum bloßen Lieferanten der internationalen snobistischen Großbourgeoisie wurde. Aber auf dem Gebiet der poetischen Praxis wird sich der Surrealismus nicht durchsetzen: es gibt offenbar keine Brücke von ihm zu dem immerwährenden Realismus der spanischen Dichtung. D a s für den französischen Surrealismus grundlegende Verfahren der automatischen Schrift wird ersetzt durch eine von allem Z w a n g befreite Diktion, die aber der unversöhnlichen poetischen Logik unterworfen bleibt und sich an Vorbildern der spanischen Tradition zu orientieren sucht. Nur durch wenige theoretische Erklärungen, dazuhin durch den systematischen Gebrauch von Metaphern und Bildern, die eine Vernichtung der Realität anstreben, befindet sich die lyrische Produktion jener Jahre im Einklang mit der internationalen Avantgarde-Dichtung. Eine Zeitlang sieht es so aus, als würde das poetische Bild im Angesicht einer absolut feindlichen Welt zum hauptsächlichen Instrument für eine Vertreibung der Realität aus dem Gewerbe der Dichtung gebraucht. D a s läßt sich an der surrealistischen Periode Aleixandres, und besonders an seinem Versband „Espadas como labios", 1932 (Schwerter wie Lippen), ermessen. Die Dichtung hat aufgehört, ein Spiel mit Worten zu sein; sie ist jetzt die Flucht in ein souveränes Reich, wo die Grenzen zwischen Realität und Phantasie, zwischen dem Ich und den anderen aufgehoben sind, wo beide Momente zusammenfallen. Die Poesie entdeckt die letzten Potenzen einer dunklen Offenbarung, in der alle Worte ihren gewöhnlichen Sinn verschieben. Der poetische Akt ist für Vicente Aleixandre ein erotischer Akt, der es erlaubt, den Kräften der Zerstörung zu widerstehen. In der Poesie vermischt sich der Mensch

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mit dem namenlosen Kosmos. Das Individuelle entgeht der drohenden Zerstörung durch diesen liebenden Impuls, der das Leben als unzerstörbar erscheinen läßt. Auch Luis Cernuda geht von der surrealistischen Erfahrung aus. Mit der äußersten Gerafftheit seiner Ausdrucksmittel gelangt er schließlich zu einer ethischen Lösung. Der Aufbau seines Dichterwerkes bezeichnet die Antwort auf die Möglichkeiten der Zerstörung, die im Wesen der Zeit sich bereiten. Die Zeit zerstört alle kindlichen Träume, von denen der Mensch nicht loskommt. Der falschen Alternative zwischen Erinnerung und Vergessen setzt Cernuda die Polarität von Wirklichkeit und Wunsch entgegen. Nur die Liebe als Erlebnis der Zeit und im Augenblick vollzogene Übereinstimmung mit sich selbst erlaubt es, diesem Dilemma zu entrinnen. Die Liebe kann die Einsamkeit nicht aufheben, aber sie vermag dem Gesetz der Dauer zu entrinnen. So tritt „la palabra esencial" (das wesentliche Wort) ans Licht. Miguel Hernández' Dichtung nannte Rafael Alberti eine „naturhafte und weise Dichtung". Nach all dem, was das Werk Federico García Lorcas für das Leben der spanischen Dichtung hervorgebracht hat, kommt Hernández (1910—1942), um seinen Weg weiterzugehen. Und zwar vor allem nach der Ermordung des großen Dichters in Granada. Damals durcheilte Hernández, ursprünglich einfacher Ziegenhirt, die Schule der Klassiker, und nach einer Begegnung mit Pablo Neruda wird seine Dichtung dem Leben und dem Kampf des spanischen Landvolkes gehören. Der Dichter wird der ihm von seiner Zeit gestellten Frage mit einer spanischen Antwort von universaler Geltung begegnen: einer poetisch gestalteten Vision menschlicher Selbstbefreiung. „Ich heiße Lehm" — sagt Miguel Hernández, und das bedeutet eine bewußte Gleichsetzung des Dichters mit seinem eigenen Volk. Später, nach Abschluß des Bürgerkrieges, wird er mit der Macht der ihm von einem mythischen Symbolismus eingegebenen Bilder das Leben seines Volkes in seinem geschichtlichen Schicksal besingen. Die spanische Lyrik verwirklicht mit dem Charakter eines beherrschenden Dichtungszweiges die Ausarbeitung eines neuen Geschichts- und Menschenbildes vom Standpunkt des spanischen Volkes aus. Bestimmt durch den Prozeß einer Revolution und Integration der Form, erreicht sie vor und während des Abwehrkrieges gegen die faschistische Schilderhebung ihren Gipfelpunkt, indem sie immer tiefer den historischen Prozeß der Nation durchdringt. In ihr verwirklicht sich auf der Grundlage einer schöpferischen Aneignung und Erneuerung volkstümlicher Tradition eine meisterliche, beispielhafte Einheit zwischen künstlerischer Stilgesinnung und historisch-demokratischem Bewußtsein. Nach 1939, nach der Machtergreifung durch

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den Faschismus als einer Bewegung, die die alte Ordnung wieder aufzurichten versucht — aber ohne jede geistige Grundlage bei den Massen —, sieht sich die spanische Poesie vor neue Situationen und vor neue Aufgaben gestellt. Z u m großen Teil scheint sie diese neue Entwicklung von dem Weg abzubringen, den die Lyrik im übrigen Westeuropa einschlägt. Alles in allem ist es ihr gelungen, nach vielfachen Experimenten sich zurückzuziehen auf die glänzende Blüte der spanischen Lyrik seit der Jahrhundertwende und an ihrer nationalen und universalen Geltung festzuhalten. In allerjüngster Zeit erlitt sie eine neue Erschütterung durch das Erscheinen einiger der Vorhutdichtung eigentümlicher künstlerischer Symptome. So oder so erscheint sie jedoch im Gewand einer literarischen Bewegung von neuem Typ: einer literarischen Massenbewegung. Während die einen zur inneren oder äußeren Emigration gezwungen waren (Aleixandre, Alberti, Guillén, Salinas und Cernuda), während andere durch den Krieg der Faschisten getötet wurden oder auf dem Weg ins Exil oder in den Gefängnissen des Franco-Staates starben (Garcia Lorca, Machado und Hernández), herrscht am Anfang Stille in der spanischen Welt: ihre Dichter sind verschwunden. 1942 war ein großer Dichter aus Mexiko gekommen, um sich in die Reihe der Volksdichter einzugliedern und dann wieder ins Exil zurückzukehren: León Felipe (1884—1965). Ein Anarchist mit einer personalistischen Ethik, schreibt er: Bruder, dein ist d a s ganze Gut, d a s H a u s , d a s Pferd und die Pistole ... Mir aber gehört d a s alte Lied der Erde. Alles behältst du und läßt mich nackt durch die Welt irren ... Aber ich lasse dich stumm sein, stumm! Und wie willst du die Ernte einbringen und d a s Herdfeuer erneuern, wenn ich dich mit meinem G e s a n g verlasse?

León Felipe hält sich für einen Propheten, für einen Fackelträger, der die legitime Stimme der Geschichte sein will, um „auf dem genauen Standpunkt des Menschen" zu dichten. Die Dichtung ist ein Feuerbrand, und alles, was es in der Welt gibt, ist gut genug, um ihn zu ernähren. Es sind Zeichen für einen Gott, von dem man Gerechtigkeit erwartet und dem gegenüber man das Recht zu blasphemischem Tadel beansprucht, wenn er diese Gerechtigkeit nicht gibt. Während in León Felipe die historische Realität und der wahre Zustand der spanischen Lyrik jener Jahre zum Ausdruck kommt, begünstigt das

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offizielle Spanien einen Neoklassizismus, der zugleich die Idee eines imperialen Spaniens verwirklichen wollte. Der große spanische Renaissancedichter — Cervantes zufolge „niemals gehörig gerühmt" —, Garcilaso de la Vega, wird zum Vorbild des dichterischen Menschen, „den Degen bald, die Feder bald ergreifend", worüber sich der Dichter J o s é Agustín Goytisolo (geb. 1928) in seinem satirischen Poem „Die Himmelssöhne" (Los celestiales), 1958, ausläßt: Hauswände waren eingestürzt, das Glas zersplittert, die Tür verbrannt, als sich das E c h o der Explosionen entfernte, als der Rauch mit seinem Gestank die Stadt verließ, als menschlicher Stolz sich in den Kellern verbarg, sich die Fäuste zerbeißend, um nur ja nichts zu sagen. D a wurde Garcilaso ausgegraben, auf einem Maultier spazieren geführt, wie eine Reliquie zur Schau in Dörfern und Städten, und das Kapital wurde zugleich auf den T h r o n erhoben; da w a r der melodiöse Vers, das glückliche W o r t und alles andere ein üppiges Mahl.

Sehr bald hatte sich diese Poesie mit ihren konkreten Formen und Rhythmen durch innere Auszehrung, durch den Schwund eines wahren Gegenstands erschöpft: Die Grunderfahrung der ursprünglichen falangistischen Intelligenz ist die Konsolidierung der alten Ordnung, gegen die sie eine antibourgeoise Kampfstellung beziehen wollte. Die Dichtung der Garcilaso-Nachfolger muß einer Poesie von intimerer Tonart und zugleich weitreichender Bedeutung Platz machen. Sie ist die Domäne derer, die zwischen 1934 und 1935 zuerst hervortraten: Luis Rosales (geb. 1910), Dionisio Ridruejo (geb. 1912), Leopoldo Panero (geb. 1909), Luis Felipe Vivanco (geb. 1907). Der Vorrang des Bildes gab ihnen Flüssigkeit und eine große Streuweite. Das Gedicht hatte keinen kontinuierlichen Ausdruck, es scheint mit jeder Strophe, ja, mit jedem Vers zu enden. Seine Thematik war ein Zusammenhang von innerlich zusammengehörigen Einzelimpressionen, ein Zusammenhang von meist begrifflichen Bildern, von einer Rhetorik beherrscht, die jedem Sentimentalismus fern war. Aus Südamerika kam, wie zuvor Rubén Darío und nachher Huidobro (1893 — 1948), der Chilene Pablo Neruda und der Peruaner César Vallejo (1893 — 1938). Neruda hatte in seiner in Madrid publizierten Zeitschrift „Caballo verde para la Poesía" (Grünes Pferd für die Dichtung) gefordert: „eine unreine Dichtung, wie einen Anzug, wie einen Körper mit Flecken vom Essen und von schamlosen Haltungen, zerknittert, aber wachsam, voller Prophe-

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tik". Und der Mulatte Vallejo fordert von den Dichtern: „Schöpfer der Bilder, gebt den Menschen die Worte wieder!" Hatte das Bild viel mehr Bedeutung und Gewicht besessen, so sieht man jetzt auf dem Standpunkt von 1934 und 1935 den umgekehrten Weg in der spanischen Dichtung eröffnet. Dieser Weg wird auch nach dem Bürgerkrieg weitergegangen, und zwar sentimental-melancholische Register anschlagend in der von Luis Rosales zuerst vertretenen Dichtergruppe. Jetzt ist Gedrängtheit und Einheit, thematische Durchgliederung und Kontinuität in der Behandlung der Thematik gefordert. Man geht bis zum Prosaismus. Panero hat einen glücklichen Ausdruck dafür gefunden: In Worten sagtest d u Unmögliches: ihr p h a n t a s t i s c h e s G e b e i n , ihr wässeriges G e p l ä t s c h e r im Innern u n d ihr S c h w i m m e n : die W a h r h e i t , die sie nicht n e n n e n .

Panero verzichtet in der Tat auf das Bild, schreibt alltäglich, beschreibt, obwohl er sich manchmal bis zum Elegischen übersteigert. Im selben Sinn muß man das beste Buch von Rosales „La casa encendida", 1949 (Das in Brand gesteckte Haus), auffassen. Aber diese Dichter, die einen Augenblick lang einer Bewegung anzugehören schienen, die aus Politik Poesie machen wollte, erfuhren nunmehr, daß das dichterische Erleben ihnen die absolute Vereinsamung aufzwang. „Wir sind immer allein ..." — liest man in vielen Gedichten Paneros. Nur die Gegenwart der vertrautesten Wesen und Seelenfreunde erlaubt es, die Einheit eines unwiederbringlich zerbrochenen Lebens wiederherzustellen. Der Ausweg in dieser Situation ist die Zuwendung zu Gott: vor der schwindelerregenden Entdeckung der inneren Leere kann nur noch in Gott ein Ruhepunkt liegen. Diese Angst und Sorge wird von Valverde und Carlos Bousoño zum literarischen Thema ausgemünzt. Unter dieser für die Entwicklung der spanischen Poesie neuartigen Konstellation, in der dichterischen Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg und seinen Folgen gewinnt der Versband Dámaso Alonsos aus dem Jahr 1944, „Hijos de la ira" (Die Söhne des Zornes), seine Bedeutung. Von da ab kann man sehen, daß die opportunistische Einstellung, die es gab und die es in einem Teil der Intelligenz noch immer gibt, einen Ton des Protestes findet, der freilich noch weit ab liegt von echter Opposition. Auf der anderen Seite werden die Stellungen der inneren Emigration aufgegeben, wie das Beispiel Vicente Aleixandres zeigt. Für Dámaso Alonso konnten, nach seinen eigenen Worten, die ästhetischen Überzeugungen des Jahres 1927 keine dichterische Produktion erbrin-

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gen. Nur die grauenhaften Erschütterungen des Bürgerkrieges (der nunmehr absolut, unabhängig von seiner historischen Perspektive interpretiert wird) können ihm den Aniaß zum poetischen Ausdruck gewähren. D á m a s o Alonso beschwört in der von ihm so genannten „entwurzelten Poesie" das Erlebnis der Preisgabe, des Nichts, des eigenen Wesens als einer monströsen Erscheinung, von allen anderen, ihm gleichen Monstren umringt, eine Leiche in Verwesung inmitten anderer Leichen in Verwesung — alles in allem eine apokalyptische, von Haß erstickte Vision des Planeten. Als eine Suche nach dem metaphysischen Wesen wird die existentielle Poesie D á m a s o Alonsos behaupten, abgeschnürt von aller Realität zum vielfältigen, mannigfachen Urgrund gelangt zu sein. Die Philosophie, die Mystik und die Poesie wären demnach drei ineinanderfallende Bestrebungen. D a s Moment des Selbstbekenntnisses, schon in der vorherigen Gruppe vernehmbar, verstärkt sich jetzt; es bedient sich einer rauhen und lauten Alltagssprache: „Madrid ist eine Stadt von mehr als einer Million Leichen (nach den letzten statistischen Ermittlungen)" — so liest man in dem das ganze Buch eröffnenden Poem „Insomnio" (Schlaflosigkeit). Man möchte einen Anklang an den Romantiker Larra (1809—1837) heraushören — aber alles drängt jetzt zur metaphysischen Meditation, in der als Leitmotiv die Monstrosität der Geschöpfe vorherrscht, die Verirrungen der Natur und Gottes, dessen widerspruchsvolle Absichten unverständlich bleiben müssen. Man gelangt so zu einer religiös getönten Dichtung, in der aber die Antinomien dieser Vision, die Einsamkeit zwischen den Menschen und vor Gott, die Angst vor dem Tode und vor der Vernichtung, verstärkt noch durch die widerchristliche Leugnung der Unsterblichkeit unserer Seele, einzig und allein in der Flucht in die private Sphäre eine vorübergehende Beruhigung finden. In derselben Zeit des Erscheinens von D á m a s o Alonsos Lyrikband veröffentlichte nach neunjährigem Schweigen Vicente Aleixandre, dieser Mentor der neuen spanischen Poesie, „Sombra del p a r a í s o " (Schatten des Paradieses), ein erster Schritt, der ihn dann später, 1947, zu der Definition führen wird: „Poesie ist Mitteilung", und zu seiner berühmten Rede von 1955: „Algunos caracteres de la nueva poesía española" (Einige Merkmale der neuen spanischen Dichtung). In Anbetracht der durch den Falangismus geschaffenen Situation, der Verbindungslosigkeit zwischen der Staatsmacht und den Beherrschten, droht der Faden der Verbindung zwischen den Beherrschten selbst zu reißen. D a will der Dichter sich mit ihnen verbinden, für alle dichten und sich an die ungeheure Mehrheit der Spanier wenden. Es handelt sich nicht, wie im Vorsatz Mailarmes, darum, „einen neuen Sinn den Worten des Stammes zu verleihen". Die Aufgaben der neuen Lyrik und

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die Werkzeuge zu ihrer Erfüllung verschreiben sich jetzt der spezifischen Situation der spanischen Geschichte. Man muß die Dinge nennen, und zwar mit ihrem Namen. Daher der Wille zur Realität, der sich der Dichtung bemächtigt, daher ihr Prosaismus, ihr unvermittelter Tonfall. Daher diese Konkretheit, in der meist ein ethisch-politischer Wille sich ausspricht. So dichtet Blas de Otero: Ich weil? viele Dinge — andere auch, die ich verschweige, Wie zu sprechen von Spanien, Vaterland, Freiheit. Freies Schwert! Unbändiges Gelächter! Was für ein Krach. Sie lassen nicht sehen, w a s ich schreibe, Weil ich d a s schreibe, w a s ich sehe.

Eugenio de Nora (geb. 1923), zusammen mit Victoriano Cremer (geb. 1910) Begründer der seit 1944 in León erscheinenden Zeitschrift „ E s p a d a n a " , einem Organ für die neuesten Manifestationen der spanischen Dichtung, schreibt bezüglich des Erlebnisses, das ihn zur Abfassung des Buches „España — pasión de vida" 1954 (Spanien — Leidenschaft zu leben) drängte: „Als ich daran zu schreiben begann, war es mein Bestreben, Vers um Vers ein breites Poem entstehen zu lassen, worin die lebendige Geschichte, die Gegenwart und die Richtung auf ein künftiges Spanien sich widerspiegeln sollten, im Spiegel des jungen Bewußtseins eines Nachkriegsspaniers."

Die grundlegenden Prinzipien der Bewegung beschreibt er folgendermaßen: „Eine große H o f f n u n g , eine mitreißende Leidenschaft zu leben, lauter Dinge, zu wahr, um sie patriotisch und nicht einfach spanisch zu nennen — d a s brachte d a m a l s die Jungen in Bewegung ... Es g a b gewaltige Unterschiede zwischen uns. Aber ein Wille zum Konstruktiven, ein liebender Impuls verbanden u n s . "

Einen ersten Höhepunkt der neuen Dichtung brachte Gabriel Celaya (geb. 1911). Er ist bestrebt, eine dialogische Sprache zu sprechen, die sozialen Kräfte in den Vordergrund zu ziehen, die die spanische Geschichte bewirken. Seine Sprache ist glatt und einfach, zuweilen fast konturlos. Die Dichtung will ein Instrument sein, eines unter anderen, um die Welt zu verändern. Dieser Kampf um die Politisierung, die zweideutigen Beziehungen zwischen Poesie und Revolution führten Celaya in manch eine Sackgasse. Poesie wäre dann grundsätzlich nicht mehr als eine den Forderungen der Alltagssprache entzogene Sageweise. Der Prosaismus wäre dem Stand-

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punkt der Thematik angemessener. Dichten wäre dementsprechend, mit poetischer Notwendigkeit das Prosaische besingen. Mit den nicht zu bezweifelnden Erfolgen Celayas wird die Poesie unregelmäßig, und das auch im Vers, direkter und expressiver, mit Bildern, die ohne Erklärung sprechen, nicht so sehr für den Druck und die Lektüre, sondern zum Gehörtwerden bestimmt. Poesie wird Epik. J o s é Hierro (geb. 1922) schreibt darüber: „Eine epische Dichtung müßte vielleicht die Dichtung unserer Gegenwart sein. Der Poet ist das Werk und der Künstler seiner Zeit. Zeichen unserer Zeit ist das Kollektive, das Soziale. Noch nie mußte der Dichter so sehr wie heute ein Erzähler sein, denn die Übel, die uns umdrängen und uns bestimmen, rühren aus der Wirklichkeit. Wer mit seiner Zeit nicht schwingt, muß auf Schöpfung verzichten."

Es handelt sich um eine „Dichtung, in der der Mensch, so sehr seine Gestalt hervortreten mag, in seiner Beziehung zu anderen Gruppen von menschlichen Wesen erfaßt wird." Dabei wird eine Grundkraft der Tradition in der spanischen Dichtung zu ihrem inhaltlichen Gestaltungsprinzip erhoben, wie sich dies schon bei Garcia Lorca und bei Hernández ankündigte. Andererseits macht die neue Situation und ihre neuartige Bewältigung nicht nur die Rezeption der Poesie von Aragon und von Eluard möglich, sondern die von Brecht mit seiner epischen Weisheit. Von Gabriel Celaya die Strophe: Die Stadt ist aus Gummi, glatt und schwarz, Mit Wellen von Kuhstallgerüchen. Gerüchen nach Scheunen und feuchtem Holz Es gibt Geräusche, die beißen, die unmenschlich heiser klingen. Es gibt ein plötzliches Tuten, das Mein absurd hypertrophisches Herz zusammensinken läßt. Ich verdinge mich stunden weis: lache und weine mit allen andern. Aber ich würde ein vollkommenes Gedicht verfertigen, Wenn so etwas nicht unanständig in unseren Tagen wäre.

In der 1952 von Francisco Ribes zusammengestellten „Anthologie der jungen spanischen Dichtung" findet man neben Stücken der oben erwähnten Dichter solche von Vicente Gaos, Luis Morales, José María Valverde und von dem Basken Blas de Otero. Dieser letztere Dichter erschien zuerst mit Anklängen an den agonalen Meditationsstil Unamunos. D a ist ein Gefühl der Beklemmung, ein fortwährendes Wiederbeginnen, eine bewußte Unfruchtbarkeit jeder Anstrengung, da ist eine Totalität zugegen, die uns aber nicht auslöscht, weil sie niemals zu einer vollen Realisierung des Men-

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schenwesens gelangen wird. Es ist ein wesentliches Defizit, das unerklärt den Anlaß zur Existenz gibt. Aber diese „härteste spanische Dichtung, die reifste, die eiserne" (Max Aub) betitelt sich „An die ungeheure Mehrheit" (A la inmensa mayoría) (im Gegensatz zu Juan R a m ó n Jiménez' „An die Minderheit, immer an die unendlich kleine Minderheit"): Hier habt ihr, mit dem G e s a n g der Seele, einen Menschen, einen, der liebte, lebte und innerlich zugrunde ging und der eines Tages auf die Straße herabstieg: und d a verstand er und zerriß all seine Verse.

Die Dichtung Blas de Oteros hat auf den ersten Blick einen unfruchtbaren Z u g , etwas Entkleidetes, etwas, das sich der Lektüre widersetzt. Man findet eine Art von Tendenz bei ihm, die Grammatik zu zerstören. D a s Poem wird ohne Redeteile im eigentlichen Sinn geschaffen. Aber am Ende bleibt „ d a s Wort", als Möglichkeit und Erwartung einer Kommunikation, bestehen: Wenn ich d a s Leben, die Zeit und alles verloren Und ins Wasser geworfen habe wie einen Ring, Wenn ich die Stimme im Gestrüpp verloren habe, So bleibt mir d a s Wort Wenn ich die Lippen a u f t a t , um d a s reine Und schreckliche Gesicht des Vaterlands zu sehen, Wenn ich die Lippen auftat, bis sie sich verzerrten. So bleibt mir d a s Wort.

In seiner Herkunft von der traditionellen Poesie, von den Romanzen, von der Dichtung der spätmittelalterlichen Canciones und von Gestalten wie García Lorca und M a c h a d o zeigt Blas de Otero ein Höchstmaß an Meisterschaft. An Stelle der scheinbaren Fruchtlosigkeit tritt Otero mit einem anderen Gesicht hervor. Mit einer feinfühlig geübten Kunst der Montage verbindet sich die Kenntnis der ganzen spanischen Literatur; sie kommt in Zitierungen, Anspielungen, Umarbeitungen zum Ausdruck, die alle auf die Quelle der naiven Volksdichtung verweisen. Während der fünfziger Jahre war die spanische Dichtung durch zwei grundlegende Erscheinungen gekennzeichnet: einmal die Rezeption Machados, des jakobinischsten aller spanischen Lyriker, und zweitens den Antrieb zur Entwicklung einer literarischen Massenbewegung. 1959, im zwanzigsten Jahr von Machados Tod, galt das Bekenntnis zu ihm nicht so sehr seiner Dichtung als seinen Reflexionen, die von dem Willen erfüllt waren,

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im spanischen Volk die wahre spanische Aristokratie und den einzigen Faktor eines wirklichen historischen Fortschritts in Spanien anzuerkennen. Auch in der Literatur wird es spürbar, daß der Apparat der offiziellen Zensur die Nachrichten über den Anfang der fünfziger Jahre ausgebrochenen Streik der Trambahnangestellten in Barcelona und die darauf folgenden studentischen Unruhen nicht unterdrücken konnte. Gewiß war noch 1961 eine Aufführung von Garcia Lorca unmöglich, und ein Roman wie Celas „La colmena" (Bienenkorb, 1950) mußte in Argentinien erscheinen. Aber die Lyrik befand sich demgegenüber in einer anderen Lage. In ihr konnte der Versuch gemacht werden zu sagen, was in den anderen poetischen Gattungen nicht anging, wobei sie einen eigenen Stil der Verschlüsselung ausbildete, so daß beispielsweise Blas de Otero ein Poem über Guernica einfach „Caniguer" überschrieb. Seit 1939 erschienen in Spanien über 340 allein der Poesie gewidmete Zeitschriften, und die jähr- oder epochenweise angeordneten Anthologien vervielfältigten sich. Aber, wie man an der von José María Castellet (geb. 1926) 1960 zusammengestellten Anthologie „Veinte años de poesía española" (Zwanzig Jahre spanischer Dichtung) ersehen kann, existierte im Schoß dieser Bewegung eine Schwäche. Das Gewicht der Thematik, der Charakter der Mitteilbarkeit um jeden Preis, den man dem lyrischen Produkt verlieh, die soziologische Bewußtseinsbildung, die sich zum Beispiel an eine der Lyrik so fernstehende Erscheinung wie Georg Lukács hielt, führten dazu, daß die sogenannte „soziale Dichtung" und der „historische Realismus" nach dem Wort des jungen Dichters José Angel Valente (geb. 1929) mit einem „thematischen Formalismus" endete. Die Krise der Lyrik bricht 1962 offen aus, als die Hoffnung schwand, eine sozialistische Zukunft, die jener Lyrik entsprochen hatte, an der Hand zu haben. Aus diesem Zusammenbruch dringen die erstmals zu sich selbst gekommenen Stimmen der Dichter José Agustín Goytisolo, Caballero Bonald (geb. 1926), Angel González (geb. 1925), Carlos Barrai (geb. 1928) und Jaime Gil de Biedma (geb. 1929). Die Entwicklung des letztgenannten Barceloneser Dichters kann die Bewegung der ganzen Gruppe erleuchten. In Biedmas letztem Buch „Moralidades" (1966) hatte man einen in Spanien seit langem nicht mehr gebräuchlichen Typus der Lyrik vor sich: das Poem beginnt, wie das eigentlich bei jedem authentischen Dichter sein sollte, mit einer Vertiefung der Subjektivität. Aber diese Erlebnisse werden objektiviert und stellen sich als Zeugnis einer Gemeinerfahrung dar. Die subjektiven Erlebnisse bilden ein Verhältnis zu dem, was das Thema des Poems ist: Autobiographie, auch in politischer Hinsicht, Kriegs- und Nachkriegserin-

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nerungen, Erinnerungen an die Träume der fünfziger Jahre. D a s Poem enthüllt hier sein eigentliches Wesen: es ist ein Gegenstand der Moralisierung, in der Weise des späteren Cernuda. Gil de Biedma erarbeitet sich eine Sprache, die in glücklicher Weise an die poetische und zugleich dialogische Sprache herankommt, flüssig und natürlich, verbunden mit einer Komposition von attischer Transparenz, die an die Dichtung Jorge Guillens gemahnt: ... diese leichte H a n d Von Innerlichkeit. Etwas wie der Sommer Einstens im H a u s meiner Eltern. Wie Eisenbahnfahrten durch die Nacht.

Eine zweite Gruppe vereinigt unter sich so verschiedene Figuren wie Carlos Sahagún (geb. 1938), Claudio Rodríguez (geb. 1934) und José Angel Valente. Auch bei ihr bemerkt man eine gewisse Korrektur der während der fünfziger Jahre herrschenden Tendenzen. Der Akzent liegt nicht mehr so sehr auf der Mitteilbarkeit des lyrischen Produktes als vielmehr auf der Erkenntnis der Besonderheit des poetischen Aktes. Das Poem wird als Erfindung, als ein Fund mit seinem eigenen Gegenstand, nicht als Transkription vorgegebener traditioneller oder aktueller Gegenstände verstanden. Noch näher in die Gegenwart rückt die Lyrik der noch sehr jugendlichen Félix Grande, Manuel Vázquez Montalván, Lázaro Santana, Pedro Gimferrer, Guillermo Carnero Arbat. Sie gehen noch weiter als die vorgenannte Gruppe und stellen sich dar als Dichter, die einen Bruch vollzogen haben. Es sind Dichter, auf denen die Erinnerung an den Bürgerkrieg nicht mehr lastet — im Guten und im Bösen die Früchte der letzten dreißig Jahre spanischer Geschichte. Grundlegend ist bei ihnen allen das Bedürfnis, die antipoetische Verirrung der unmittelbar ihnen vorausgehenden sogenannten sozialen Dichtung zu überwinden. Es fehlte eine unmittelbare Berührung mit der spanischen poetischen Tradition — die Erlebnisse der Avantgardisten erneuern sich vielmehr bei ihnen. Unter all diesen Lyrikern müßte man auf das besonders typische Beispiel Félix Grandes hinweisen, des Redakteurs der „Cuadernos Hispanoamericanos" (Spanisch-Amerikanische Hefte). Grande wurde in H a b a n a für seine epische und musikerfüllte katalanische Dichtung „Blanco spirituals" prämiiert. In seiner ersten Schöpfung schließt er sich eng an den großen Peruaner César Vallejo. Mit diesem Vorbild erscheint seine Dichtung als eine Mischung von Selbsterfahrung und von prometheischen, schmerzhaften, dionysischen Begegnungen mit der Welt. Aufs stärkste berührt durch die lyrischen und literarischen Ansätze vieler anderer Literaturen, gibt die Dichtung Grandes das Beispiel einer allen Winden geöffneten und der Zukunft verschriebenen Lyrik.

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IV. Der Aufbruch des spanischen Gegenwartsromans Seit jeher hat der Roman in Spanien Heimatrecht besessen; die Ausstrahlung des spanischen Romans erreichte in vergangenen Jahrhunderten alle benachbarten Literaturen. Ein Welterfolg war der höfisch-sentimentale Roman Diego de San Pedros, „Cárcel de a m o r " (1492); zur gleichen Zeit verbreiteten sich in ganz Europa die aus Spanien stammenden Ritterromane (vor allem der „ A m a d i s " ) ; es folgten im 16. Jahrhundert die Abenteurerund Hirtenromane, im 17. die Schelmenromane, die eine Vorform des Naturalismus darstellten. Cervantes' „ D o n Q u i j o t e " scheint allen Möglichkeiten des modernen Romans vorauszugreifen. Im 19. Jahrhundert kann neben dem führenden französischen und russischen Roman der spanische in seiner realistischen Erfüllung in Ehren bestehen. Seine gipfelnde Möglichkeit erreicht er in Pérez Galdós ( 1 8 4 3 - 1 9 2 0 ) , in Pereda ( 1 8 3 3 - 1 9 0 6 ) und in der Schriftstellerin Pardo Bazán (1852—1921). Am Anfang des 20. Jahrhunderts sind es die Romane dreier Romanciers, die typische Vertreter der 98er Generation sind: Azorin, Unamuno, Pío Baroja. Die programmatisch antiideologische, gewollt aktivistische Einstellung sichert Baroja einen Erfolg, der auch über die literarische Wasserscheide von 1945 hinausging, wogegen die großen R o m a n e der zwanziger Jahre von Ramón Pérez de Ayala, meist Thesenromane ohne essentielle Verhaftung in der spanischen Welt, aber von höchster, auch später nicht mehr erreichter künstlerischer Potenz, alle Wirkung auf die Nachkriegsgeneration verlieren. Dasselbe gilt von der kubistischen Gewandung des Romans bei Benjamín Jarnés (1888 — 1949). Im Rückblick auf die Entwicklung fällt es auf, daß der spanische Roman lange Zeit eine Spitzenstellung eingenommen hatte; der französische und der deutsche Roman des 17. Jahrhunderts sind ein Außenposten Spaniens, während in Italien diese antitraditionalistische Gattung bis zu Leopardi überhaupt nicht gepflegt worden war. Mit dem Vorrang des spanischen Romans läßt sich die Tatsache in Verbindung setzen, daß vom frühen Mittelalter her in der spanischen Literatur mehr als in irgendeiner anderen die prosaischen Schöpfungen überwiegen. Übergriff der Prosa über das Poetische ist schon durch die Analyse des mittelalterlich-spanischen Versmaßes aufgezeigt worden. Offenbar ist die Bevorzugung dieser Gattung und dieser Schreibart die Folge einer bestimmten Weltanschauung. Indessen müssen wir uns daran genügen lassen, die Existenz eines gewichtigen Problems hier festzustellen. Was mit Sicherheit gefolgert werden kann, ist eine Prädisposition der spanischen Welt für die literarische Gattung des Romans und der Erzählkunst.

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Der spanische Gegenwartsroman reicht von den vierziger Jahren bis in unsere Tage. Noch ist von erlahmender Schöpferkraft keine Rede. Es ist daher unvermeidlich, daß diese Notizen in absehbarer Zeit einen schon überholten Standpunkt zu erkennen geben. Durch die Dichtigkeit und Fülle der Gestaltungen, durch die selbst von der Durchschnittsproduktion erreichte hohe Qualität ist diese alle literarischen Energien der Nation in Anspruch nehmende Romanerzeugung ein Phänomen, dem keine andere Literatur etwas Gleichwertiges an die Seite stellen könnte. Während Spanien bis in die vierziger Jahre hinein das Land einer großen Lyrik war — das Land von Juan Ramón Jiménez, von Federico García Lorca, von Rafael Alberti, von Luis Cernuda, von Pedro Sahnas, von Jorge Guillén —, stellt jetzt der Roman die via regia der spanischen Gegenwartsliteratur dar. Die Romankunst hat freilich nicht mit so vielen glänzenden Namen aufzuwarten wie die Lyrik. Das Interesse der Leser ist viel zu stark in der Sache und in ihrer Problematik verankert, als daß der besondere Anteil der einzelnen Schriftsteller eine beherrschende Rolle zu spielen hätte. Die neuen Romane waren wie Pilze nach einem warmen Regen hervorgeschossen. Es dauerte eine geraume Weile, bis die literarische Presse und Kritik überhaupt reagierte. Ortega y Gasset war noch bis zum Anfang der fünfziger Jahre davon überzeugt gewesen, daß der Niedergang des Romans in allen Literaturen unabwendbar sei, daß man über Proust hinaus keinen Fortschritt mehr visieren könne. Derselbe Ortega, der ein so schlechter Prophet war, hatte freilich schon das Kriterium, wenn auch nicht die Existenz des modernen spanischen Romans im Auge, als er sagte, daß „jeder Roman totgeboren sei, wenn er mit transzendenten, theologischen, religiösen Zielen belastet würde". Der moderne spanische Roman hat diese Fracht von Anfang an über Bord geworfen. Theoretisch kommt das zur Geltung in der Aufsatzsammlung, die Juan Goytisolo, einer der Mitbegründer des modernen Nachkriegsromans, 1959 unter dem Titel „Problemas de la novela" (Probleme des Romans) veröffentlichte. Die spanische Romantradition berührend, verurteilt er den Subjektivismus Unamunos, der ein konspirationsartiges Verhältnis zu seinem Leser unterhalte, während Pío Baroja (vielleicht der wichtigste Stammvater des neuen spanischen Romans) es dem Leser überlasse, seine Figuren zu beurteilen. — Der Autor sollte nur das Verhalten seiner Personen beschreiben, ohne daraus ein Urteil zu deduzieren. Also statt zu sagen: „X war sehr nervös", müsse es heißen: „X zündet sich eine Zigarette an, drückt sie sofort aus, um sich alsbald eine neue Zigarette anzuzünden." Der Einfluß des Films bestätigt nur das Verhalten der Autoren. Der beobachtende Photograph, der die Worte wieder-

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gibt, habe überhaupt nichts zu tun mit den begleitenden Vorgängen im Bewußtsein. In solchen Formulierungen ist der Standpunkt bezogen, der den spanischen Roman in den fünfziger Jahren beherrschte. Versuche bieten sich an, im Verlauf des spanischen Gegenwartsromans verschiedene Richtungen zu unterscheiden, vor allem im Hinblick auf das Geburtsjahr und das verschiedenartige, daraus sich ergebende Verhältnis zum Bürgerkrieg. Indessen zeigt es sich hier von neuem, daß die Gemeinsamkeit des Geburtsjahres weit weniger verpflichtend ist als das gemeinsam Erlebte und Erfahrene. Auf dem Gipfelkamm der Literaturentwicklung üben oft drei, wenn nicht vier Generationen eine simultane Wirkung. Ramón Sender ist 1902 geboren, die jüngsten Romanciers in den vierziger Jahren. Eine Spanne von dreißig oder vierzig Jahren ist aber zwischen der älteren und der jüngeren Generation in der Gestaltung der objektiven Probleme nicht zu bemerken. Wir müssen das ganze Phänomen en bloc begreifen und uns durch die urspanische Gepflogenheit einer überwachen Selbstkritik den Blick für eine der kontinuierlichsten Schöpfungslinien der Nachkriegszeit nicht trüben lassen. Es handelt sich nicht um eine Schule im Sinne einer bewußt angestrebten Gemeinsamkeit. Gemeinsamkeit der Standpunkte bedarf in ein und derselben Zeit keiner ausdrücklichen Absprache. Ein ähnliches Verhalten liegt in der Gleichheit der Verhältnisse begründet. So wie die großen Erfindungen oft an ganz verschiedenen Orten, unabhängig voneinander, gleichzeitig gemacht werden, so war auch der spanische Gegenwartsroman von verschiedenartigen und miteinander nicht näher verbundenen Autoren geschaffen worden. Der gemeinsame Gegenstand dieser Romankunst liegt in der Fülle der Negationen, die eine von Franco wenn nicht geschaffene, so doch überkommene und unverändert übernommene soziale Realität charakterisieren: ein soziologischer Umstand ersten Ranges, eine zwingende Voraussetzung für das Entstehen einer die spanische Welt und ihre gesellschaftliche Gliederung umfassenden literarischen Praxis. Aber daß diese Voraussetzung so überreich erfüllt worden ist, das ist das literarische Faktum in der unbedingten Bereitschaft mehrerer Generationen, in die Bresche zu treten und das ungeschminkte Gesicht der spanischen Wirklichkeit Zug um Zug zu enthüllen. Das verpflichtende Verhältnis zu den konkreten Problemen der Nation unterscheidet den neuen spanischen Roman von seinen nicht unbedeutenden Vorgängern aus den ersten drei Jahrzehnten unseres Jahrhunderts. Goytisolo schrieb diesbezüglich: „Man hatte vergessen, daß eine Literatur

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universales Interesse nur erwirbt, wenn sie sich national macht." Schriftsteller der vergangenen Generation wie Gabriel Miró und Ramón Gómez de la Serna (letzterer ganz zu Unrecht) wurden angeklagt, sie hätten „sich universal machen wollen, indem sie die nationalen Gegebenheiten übergingen". Von allen vergangenen Romanciers wird nur Pío Baroja geduldet, zuweilen sogar offen als Vorläufer anerkannt. Er verstand es, die gegebene Wirklichkeit zu objektivieren, doch so, daß der Stellungnahme des Lesers zu seinen Gestalten nicht vorgegriffen wurde. Vor allem aber waren es die Probleme der Bürgerkriege des 19. Jahrhunderts, die er behandelte und die im Licht der noch aktuellen Ereignisse des letzten spanischen Bürgerkriegs eine neue Gegenwart erlangten. Die neuen spanischen Romane werden nicht nur in Spanien geschrieben, sondern größtenteils auch verlegt und gelesen. Ihrer Wirkung auf die spanische Welt, soweit sich diese überhaupt für einen Aspekt der Literatur empfänglich zeigt, stand nichts im Wege als die Zensur des Regimes. Wie die Aufklärungsliteratur sich mit der Zensur des Ancien régime auseinandersetzen mußte, so lief die Welle der spanischen Romane Gefahr, durch eine rigoros gehandhabte Zensur gebrochen zu werden. Die Parallele geht noch weiter: Die Ausweichmöglichkeiten, die für die französische Aufklärungsliteratur durch die literarische Tätigkeit der Emigranten in verschiedenen Ländern eröffnet wurden, bestanden auch für den spanischen Raum, um den sich die Verleger fast aller Länder des amerikanischen Kontinents rissen. Die Einfuhr dieser Werke ließ sich in Spanien nicht leicht hindern, so daß die Zensur ihren letzten Sinn verlor. Gewichtige Interessen am spanischen Verlagswesen standen auf dem Spiel. Den Zensurausübenden fehlten zudem alle Argumente, da das spanische Regime — im Gegensatz zum Faschismus und Nazismus — keine kohärente, im einzelnen anwendbare Lehre geschaffen hatte: Tatsache ist, daß heute selbst die Werke eines so dezidierten Vorkämpfers der spanischen Republik wie Ramón Sender in Spanien zu erscheinen beginnen. Man sollte meinen, daß das Bedürfnis entstand, den Hintergrund der unmittelbaren Vergangenheit mit dem Bürgerkrieg von 1936—1939 aufzuhellen. Es gibt in der Tat eine Reihe von Bürgerkriegsromanen, doch könnte man nicht behaupten, daß sie eine dominierende Note im Ganzen der Romantradition besäßen. Wir sehen gänzlich ab von solchen Pamphletisten wie Rafael García Serrano, 1917 geboren, der versuchte, in seinen romanartigen Proklamationen die Unternehmung der Generale durch das Jugendund Generationserlebnis der Falange Española hochzuspielen. José M. Gironella schrieb drei ausgedehnte Romane über den Gegenstand: „Los cipre-

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ses creen en Dios", 1953 (Die Zypressen glauben an Gott), behandelt die Ereignisse und Menschen in Gerona vor 1936. Das Buch schließt charakteristisch mit dem Märtyrertod eines sechzehnjährigen Seminaristen, dessen Heiligsprechung in den folgenden Bänden vom Klerus betrieben wird. Es folgt der eigentliche Bürgerkriegsroman „Un millón de muertos", 1961 (Eine Million Tote), und als letzter Teil der wieder in Gerona handelnde Nachkriegsroman „Ha estallado la paz", 1966 (Der Frieden ist ausgebrochen). Gironella besitzt ein ungewöhnliches Erzählertalent. Seine Romane wurden daher auch im Ausland gelesen. Seine ideologische Einstellung geht aus seiner Verurteilung der berühmten Bürgerkriegsromane von Hemingway, André Malraux und Bernanos hervor, die alle auf republikanischer Seite entstanden waren. Daß die katalanische Stadt seit dem Siege Francos von landfremden Elementen beherrscht ist, wird nur einmal flüchtig erwähnt. Unbeschadet seiner katholisch-traditionalistischen Grundhaltung bemüht sich Gironella sichtbar um eine objektive Darstellung. Er leugnet nicht, daß ganz Spanien sich in ein einziges Gefängnis bzw. Konzentrationslager verwandelt hat, daß täglich Dutzende von leichtfertigen Todesurteilen vollstreckt werden. Er sucht das Haupt der KP Spaniens in Moskau auf, jenseits der Pyrenäen die nach Frankreich Ausgewanderten. In der Schilderung solcher ausländischer Umwelten versagt jedoch Gironella gründlich. Die Charakteristik der neuen Männer (des Stadtkommandanten, des Zivilgouverneurs, des Ersten Sekretärs der Falange, des Bürgermeisters usw.) ist idealisierend, wodurch der wahre Standpunkt Gironellas noch besonders unterstrichen wird. Eine besonders unergötzliche Lektüre ist „El vengador", 1956 (Der Rächer), von José Luis Castillo Puche, geboren 1919 in der Provinz Murcia. Der Rächer ist ein aus dem Bürgerkrieg zurückkehrender Fähnrich, dessen Mutter und Brüder von den „Roten" erschlagen worden waren. Er hofft, die Mörder unter den gefangenen Republikanern zu finden. Diese sind äußerst gehässig charakterisiert, als stumpfsinnige Untermenschen. Einer ist darunter, der dem Rächer plötzlich äußerst schmerzlich in die Hand beißt. Er wird dafür von den Falangisten auf der Stelle erschossen. Der Rächer ist aber eine Hamlet-Natur, der seinen Vorsatz von einem Tag auf den andern verschiebt und schließlich ganz auf die Erfüllung verzichtet. Um sicherzugehen, hatte er die Leichen seiner Anverwandten ausgraben lassen, wobei er feststellte, daß ein fremdes, nicht identifizierbares Skelett sich unter den anderen befand. Diese hingebende Zuneigung zu einer fortwährenden Beschäftigung mit dem Zustand der Bestatteten ist ein äußerst spanisches Motiv, das aber hier zur Verstärkung des düsteren Klimas über der Erzählung beiträgt.

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Ein weit höheres Niveau ist denjenigen auf republikanischem Boden stehenden Romanen zuzuschreiben, in denen eine Gesamtdeutung des Geschehens angestrebt ist. Wir nennen vor allem Max Aub, einen Wahlspanier, von deutschem Vater und französischer Mutter, 1903 geboren. Er schrieb u. a. „Campo cerrado", 1943 (Geschlossenes Feld); „Campo abierto", 1951 (Offenes Feld); und „Campo de sangre", 1945 (Blutendes Feld), wo die Ereignisse im republikanisch gebliebenen Spanien zwischen 1937 und 1938 geschildert werden. Die Handlung ist durchsetzt von politischen, moralischen, ideologischen und religiösen Dialogen. Schon allein durch die große Zahl der brillanten Charakteristiken von spanischen Typen, die kommen und wieder vorübergehen, unterscheidet sich dieser Roman von der ganzen übrigen belletristischen Bürgerkriegsliteratur. Schließlich erwähnen wir noch Manuel Benavides (1895 — 1947) mit seinem Roman „La escuadra la mandan los cabos", 1944 (Auf den Kriegsschiffen kommandieren die Maate), das ist die Schilderhebung der republikanischen Mannschaft gegen ihre faschistischen Offiziere. Ohne die genannten und einige andere Bürgerkriegsromane zu unterschätzen, ist doch festzustellen, daß die Mehrheit der Autoren diesem Thema gegenüber eine deutliche Abneigung erkennen läßt. Der Bürgerkriegsroman ist für diese Schriftsteller ein Tabu geworden. So erklärt Vicente Soto (geboren 1919 in Valencia), in seinem Roman „La zancada", 1967, wirke der Gebrauch, den Bürgerkrieg „unseren" Krieg zu nennen, als lebten die Spanier allein auf der Welt und als hätten nur sie ein Recht, darüber zu urteilen. Oder als sei der Spanische Bürgerkrieg der Blutpreis dafür gewesen, daß Spanien weder am ersten noch am zweiten Weltkrieg teilgenommen habe. Gegen die Anknüpfung an die vergangenen Bürgerkriege wird geltend gemacht, daß ein wahrhaft realistischer Roman nicht auf Vergangenes zurückgreifen dürfe, sondern das Gesicht der Gegenwart furchtlos deuten müsse. Ein andermal sagt Goytisolo: „Jedenfalls muß man feststellen, daß das heroische Verhalten eines Volkes in einem bestimmten Augenblick kein Recht gibt, diesen Augenblick zu verewigen. Wer tapfer und mutig vor den Kugeln ist, kann feige und hilflos sein im Angesicht einer seinen Denkgepflogenheiten widersprechenden Ideologie. Wer beansprucht, Realist zu sein, muß das Volk in seinem gegenwärtigen Verhalten schildern und nicht auf die Normen zurückgreifen, die während des Krieges von 1936 — 1939 Geltung besaßen" (J. Goytisolo, „Examen de conciencia", Ebenhausen [Langewiesche] 1966, S. 65).

Hinter dieser Ablehnung eines Wiederanknüpfens an die Bürgerkriegssituation steht freilich noch ein anderes Motiv: der Schauder aller Spanier vor

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einer Wiederkehr der blutigen Ereignisse. Wie die von allen für notwendig gehaltene Strukturwandlung, ein allmählicher Wandel des politischen Regimes überhaupt denkbar ist, das bleibt eine offene Frage, die wir hier nicht stellen wollen. Der Begriff „Littérature engagée" ist von Jean-Paul Sartre aufgestellt worden. Gemeint ist die unausweichliche Verpflichtung der Schriftsteller auf das gesellschaftliche Schicksal, die nur im Dienst des Fortschritts und im Verzicht auf die Konformität mit den herrschenden Mächten gefunden werden kann. Ist der spanische Roman in diesem Sinne „engagiert"? Die Frage ist unbedingt zu bejahen, mit der einzigen, schon geltend gemachten Einschränkung, daß an eine Wiederanknüpfung oder Fortsetzung der Bürgerkriegssituation nicht gedacht wird. Vor einigen Jahren war das Problem des „Engagements" Gegenstand eines Dreiergesprächs zwischen dem Franzosen Robbe-Grillet, dem Italiener Italo Calvino und dem Spanier J u a n Goytisolo (zuletzt veröffentlicht in „ C a s a de las Américas", La H a b a n a 1964, IV, 26, S. 148—161). Während der Schöpfer des „nouveau r o m a n " im großen und ganzen das „Engagement" ablehnte, sind sich Calvino und Goytisolo darin einig, daß in Anbetracht der ungelösten Probleme in ihren Ländern eine solche Haltung sich ausschließt. Eine Nation — sagt Goytisolo — , die, wie die französische, ihre wichtigsten Daseinsgesetze verwirklicht hätte, könne sich sehr wohl eine eigengesetzliche Literatur erlauben. Nicht so die immense Mehrheit der unterentwickelten Völker (er rechnet Spanien zu ihnen), die in der Literatur eine unentbehrliche Waffe für den politischen Daseinskampf ergreifen müßten. D a s „Engagement" des neuen spanischen Romans ließe sich durch Hunderte von Inhaltsanalysen beweisen. Hier kann nur einiges Charakteristische aus zwei oder drei Werken herausgegriffen werden. Miguel Delibes, 1920 geboren, einer der begabtesten Autoren der ganzen Reihe, trat 1966 mit „Cinco horas con M a r i o " (Fünf Stunden mit Mario) hervor. Der Institutsdirektor Mario Diez Collada ist mit neunundvierzig Jahren verstorben. In der Nacht, ehe die Leiche abgeführt wird, hält die Witwe, Carmen, einen fünf Stunden währenden Dialog mit dem Toten. Die vulgäre Denkart der Frau eröffnet Abgründe des Unverständnisses gegenüber der noblen Gesinnung des Verstorbenen. Dieser war — wie aus dem Geschwätz der Witwe hervorgeht — von der Notwendigkeit einer Änderung der Spanien beherrschenden Strukturen überzeugt; aber solange dies nicht realisierbar war, gehörte seine ganze Zuwendung der Hilfe für das Proletariat und die Armut, obwohl doch Reichtum und Armut nach der Meinung der Witwe Carmen ein Gesetz des Lebens sei. Sie ist stolz darauf, daß er

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sie „eine kleine Reaktionäre" schalt. Sie wirft ihm ihrerseits vor, daß er kein Auto angeschafft, sondern sich auf einem Fahrrad zum Unterricht begeben habe, daß er seine Schüler, die doch sowieso „halbe Rote" seien, noch mehr aufgereizt, daß er Monarchie und Republik nur als Formen eines so oder anders auszufüllenden Inhalts angesehen habe, daß er die Inquisition angegriffen habe, die „uns doch heute so bitter not täte", daß er den Bürgerkrieg für eine Tragödie hielt, obwohl dieser doch eine „ c r u z a d a " (ein Kreuzzug) gewesen sei. Aus diesem Repertorium von einzelnen Ideen läßt sich das Mindestprogramm eines heutigen spanischen Intellektuellen erkennen. Wenn die originelle Form dieses Romans dem Walten der Zensur verdankt wird, so ist dies noch kein hinreichender Grund, diese Einrichtung für einen Segen zu halten. Die bürgerfeindliche und volksfreundliche Richtung des „Engagements": So heißt es in dem Studentenroman „El curso", 1962 (Die Vorlesung), von Juan Antonio Payno (geb. 1941), heute wohl einer der jüngsten Autoren der ganzen Reihe: „ D i e Söhne der großen Industriellen, Bankiers und Politiker sind jene großen Idioten, die innerhalb einiger J a h r e die höhere Gesellschaft Spaniens bilden werden. Und sie sind um so idiotischer, je wichtiger die Stellung ihres Vaters ist. Sie bereiten sich jetzt auf die höhere L a u f b a h n vor; sie sind es also, die die Schlüsselstellungen der Gesellschaft und der Nation besetzen werden" (S. 64).

Wir notieren ferner die Bemerkung in Ricardo Fernández de la Regueras (geb. 1916) „ C u a n d o voy a morir", 1950 (Wenn ich sterben werde): „Diese aufgeschwemmten Bourgeois! Menschen mit viel G e d ä r m und wenig Gehirn. Ihre Frauen besitzen nur eine rachitische Intelligenz, aber d a f ü r eine gewaltige Büste. Und diese ihre Sprößlinge, die so jämmerlich leer sind!" (S. 144).

Es ist klar, daß eine Kämpfernatur wie Ramón Sender (geb. 1902) in all seinen Werken, vor allem auch in seinen Memoiren, Position ergreifen mußte. Z w a r war er von dem im Bürgerkrieg vertretenen Kommunismus abgekommen und mehr und mehr anarchosyndikalistischen Ideen verfallen; diese aber verteidigt er mit viel Energie und sucht schon in seiner Jugendzeit die ersten Ansätze zu dieser Stellungnahme. So in „Crónica del a l b a " , 1963 (Chronik der Frühe), wo er die ihn am tiefsten ergreifende Gestalt seiner ganzen Jugendzeit in dem anarchistischen Kioskhändler Checa in Z a r a g o z a findet, der für das Proletariat und nicht für die Menschheit kämpfen will — nicht begreifend, daß das eine nur auf der Grundlage des anderen erfolgen soll. Aber er kämpft und kommt bei einem Aufstandsversuch ums Leben.

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Neben Sender und Juan Goytisolo ist Camilo José Cela wenn nicht der bedeutendste, so doch berühmteste, die ganze Reihe eröffnende und wandlungsfähigste unter den spanischen Gegenwartsromanciers. Sein bekanntester Erstling „La familia de Pascual Duarte", 1942, gehört wohl mehr zu den indirekt engagierten Werken. Klassenkämpfe brutalster Art sind jedoch in dem in Venezuela handelnden Roman „La catira", 1955, geschildert. Es geht darin um die mit allen Mitteln geführten Kämpfe der Clans und der Gutsherren, wobei die Hintersassen die Opfer waren. Das übelste ist die im Dienste der Herrschaft stehende Polizei. Cela zeigt, wie so ein Polizist einen jungen Mann ohne rechten Grund erdolcht und dann den Leichnam in einer pastös ausgeführten widerlichen Szene schändet. Extremer Naturalismus tritt hier in den Dienst einer möglichst grellen Schilderung der Klassengegensätze. — Antonio Ferres (geb. 1925) erzählt in „La piqueta", 1959 (Die Spitzhacke), wie durch einen Beschluß der Polizei- und Verwaltungsbürokratie eine Hütte in einer Madrid vorgelagerten Barackenstadt eingerissen wurde. Der immense Klassenhaß „gegen die da droben", die den einfachen Mann nicht leben lassen, zerstreut sich gewissermaßen in einer knapp gehaltenen, objektivistischen Darstellung. Einer der führenden Romanciers ist Juan Goytisolo, 1931 in Barcelona geboren, seit 1957 Lektor im Pariser Verlag Gallimard. In allen seinen Romanen ist unmittelbares „Engagement" sofort zu bemerken. Auch wo die sozial bedingte Unterwelt sich überkreuzt mit der Problematik der Teenager, bleibt doch die soziale Determinante entscheidend. Solche Probleme behandelt „Juegos de manos", 1954 (Die Falschspieler); hier ist es eine Gruppe Jugendlicher aus guter Familie, die einen revolutionären Ausweg sucht und ihn verfehlt. Der im folgenden Jahre erschienene Roman von Juan Goytisolo, „Duelo en el paraíso" (Trauer im Paradies), handelt in einem Mittelmeerort nach Abzug der republikanischen und vor dem Einzug der gegnerischen Truppen. Das Fehlen jeder Autorität in diesem Augenblick entfesselt die Aktivität der jugendlichen Banden. Die Zöglinge eines republikanischen Fürsorgeheims ermorden einen Jungen, in dem sie — mit mehr oder weniger Fug — einen politischen Gegner erkannten. Die in diesem Werk mehrfach gestellte Diagnose — wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen — vereinfacht die Dinge in unerlaubter Weise. Das Aktionsbedürfnis entspringt einem tief gefühlten Drang der jungen Menschen, sosehr sie ihr Ziel dabei verfehlen oder darüber hinausgehen. Die Probleme der Jugend, in sozialer Sicht, beherrschen auch die folgenden Romane Goytisolos; so „El circo", 1957 (Der Zirkus), das in Spanien verbotene Werk „Fiestas", 1958 (Die Feste der anderen), und im selben Jahr „La resaca"

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(Strandgut). Auch „Die Feste der anderen" hat die Barackenstadt von Barcelona zum Schauplatz. Die Bewegung der sich hier abmühenden oder versinkenden Typen kontrastiert mit der Veranstaltung des Eucharistischen Kongresses. Hier wird das Äußerste an Satire geboten, was die mit den Herrschenden verfilzte katholische Kirche angeht. — Ähnlich ist das Milieu in „Strandgut". Hier begegnen wir einem überlebenden Republikaner, der mit all seinen Aktionen nicht mehr erreicht als das persönliche Opfer. Wir erinnern uns der Forderung Goytisolos, die Rezepte der Bürgerkriegszeit nicht wieder aufzugreifen. Unter dem Gesichtspunkt des „Engagements" ist noch eine große Gruppe zu betrachten, in der das Leben des Volkes in seiner Bedrücktheit ohne ausgesprochene politische Folgerungen geschildert wird — eine solche auch, die in ihrer Beschränkung auf Repräsentanten des Volkes und der Armut ein indirektes Urteil über die herrschende Klasse und das von ihr installierte Regime abgibt. Zu dieser Kategorie gehört Camilo José Celas „La familia de Pascual Duarte", ein Werk, das dem Autor mit einem Schlage zu Weltruhm verhalf und das der Kritik als der Ausgangspunkt der ganzen Romanbewegung erscheint. Der Titelheld, der den dürftigsten Verhältnissen entstammt und in den dürftigsten sein Leben fristen muß, wird von Verbrechen zu Verbrechen und schließlich zum Muttermord getrieben. Ein Nachwort schildert den Vorgang der Hinrichtung, bei der Juan Duarte seine Nerven völlig verlor. Die von diesem — in seinem Wert vielleicht überschätzten — Buch ausgehende Richtung nannte man „Tremendismo", von spanisch „tremendo" = gräßlich abgeleitet. Hier herrscht eine unausweichliche soziale Determination, die keinen Ausweg und keine sinnvolle Auflehnung möglich macht. Wir rechnen zu dieser Gruppe des 1922 geborenen Basken Ramiro Pinilla „Las ciegas hormigas", 1961 (Die blinden Ameisen). Ein Kohlenfrachter ist an der baskischen Küste gestrandet. Ehe das Schiff mit der kostbaren Ladung sinkt, machen sich die Bewohner eines armen Fischerdorfes mit Ochsenwagen auf, um die Kohlen in ihre Häuser abzuschleppen. Dabei geraten sie in Konflikt mit der Polizei: eine unmenschliche Bürokratie verbietet es, auch eine sonst verlorene Prise in Besitz zu nehmen. Soziale Konfrontationen findet man in Alfonso Grossos „La zanja", 1961. Auf der einen Seite die Arbeitslosen im Ort, die Arbeiter auf der im Entstehen begriffenen Autobahn; ihnen gegenüber eine luxuriöse Kolonie von Amerikanern. Schon Jahre zuvor hatte der 1930 geborene Madrider Jesús López Pacheco den Einbruch der modernen Zivilisation in die Urwelt der spanischen Dörfler behandelt, und zwar in dem Roman „Central elèe-

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trica", 1958. Die Errichtung einer Elektrizitätszentrale mit Stausee führt zur Versenkung des Dorfes. Neue Wohnungen werden den Bauern angewiesen. Diese beanstanden jedoch die übergroße Zahl der Schlafräume und die entsprechende Reduktion der Stallungen. In den Romanen von Ignacio Aldecoa (geb. 1925) ist die Prävalenz einer volkstümlichen Figuration ebenso gesichert: „El fulgor y la sangre", 1954 (Schimmer und Blut), und „Con el viento solano", 1956 (Mit dem Ostwind), der letztere Roman ein Zigeunerschicksal verfolgend. Von diesem Gesichtspunkt her fällt der Blick auf eine nicht mehr abreißende Kette von Romanen. Zu ihnen reihen sich außer den schon erwähnten Teenagerromanen, in den „Nuevas amistades", 1959 (Neue Freundschaften), von dem 1928 geborenen Juan García Hortelano und „A veces, a esta hora", 1965 (Zuweilen, in dieser Stunde), von Antonio Rabinad (geb. 1927) gipfelnd, die schon von Pío Baroja eröffnete Serie der Arztromane, deren Helden sich, wie in des Madriders Jesús Fernández Santos (geb. 1926) „Los bravos", 1954 (Die Tapferen), dem Dorf verschreiben und helfend eingreifen, ohne im Grunde verstanden zu werden. Der Aspekt des „Engagements" betrifft den spanischen Gegenwartsroman in seiner Gesamtheit. Er ist schon wirksam, wo immer mit redlichem Wollen, wenn auch mit verfehltem Einsatz, ein Ausweg aus der menschlichen Entfremdung des herrschenden Systems gesucht wird. Die nationalpädagogische Energie in den Romanen von Juan Goytisolo wird schon in der frühen Schöpfung „Juegos de manos", 1954 (Die Falschspieler), spürbar. Eine Gruppe Jugendlicher aus guter Familie plant die Ermordung einer repräsentativen konservativen Persönlichkeit. Uber die Person des Täters soll das Los entscheiden. Es fällt — durch falsches und vorberechnetes Kartenspiel — auf den sensiblen und vielversprechenden David. Unfähig, den Mord zu begehen, verfällt er der Gruppenrache. Der sie Vollstreckende erschießt sich dann selbst. Man ist versucht, in dem Buch eine spanische Variante von Dostojewskis „Dämonen" zu erblicken. Nur daß nicht das Wesen der Revolution bekämpft wird, sondern ihre falschen, romantischen Mittel. Unter den obwaltenden, von Frankreich und anderen westlichen Ländern ausgehenden Einflüssen ist es nicht verwunderlich, daß existentialistische Tendenzen auch im spanischen Roman gelegentlich Platz greifen. Was uns hier eigentlich angeht, ist aber ein anderes: Wie konnte die Grundsubstanz des sozialen Romans mit den Mitteln einer modernen Darstellung und Formgebung vereinbart werden? Es ist oft proklamiert worden, daß wir nicht mehr Zeitgenossen Balzacs sind, daß dementsprechend die Pro-

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bleme des Realismus sich gewandelt haben und daß eine Wandlung der Darstellungsweise ebenso unumgänglich erscheint. Es wird nicht weiter wundern, daß die von Robbe-Grillet und Michel Butor bezogene Perspektive einer dem Menschen entfremdeten hypertrophen Dingwelt in einem „armen" oder unterentwickelten Land wie Spanien gar nicht auftauchen konnte. Dagegen gibt es zwei Elemente, die der spanische mit dem französischen Gegenwartsroman teilt: die Heldendämmerung und den Verzicht auf eine spannend erzählte Fabel oder Handlung. Der Held ist die anonyme Masse, das Volk, die Arbeiter und Bauern. In keinem Fall spielt der Held die exzeptionelle Rolle, die ihm der „klassische" Roman, zum Beispiel bei Stendhal, zuweist. Er ist nicht weltlos und hat nicht die Probleme der Integration, auf die sich die Handlung der vergangenen Romane zuspitzt. Auch wo die monologische Situation eines Protagonisten stärker hervortritt, wie zum Beispiel in Luis Martin Santos' (1924—1964) „Tiempo de silencio", 1964 (Zeit des Stillschweigens), ist das Durchschnittsniveau dieser Figur so peinlich gewahrt, daß kein Charakterbild, sondern eigentlich nur eine Kette von Erfahrungen und Erlebnissen herausspringt. Die Laufbahn dieses „Helden" ist diese: Pedro stellt Experimente mit Mäusen an im Dienste eines Madrider Labors für Krebsforschung. Er läßt sich durch einen Freund in literarische Kreise einführen. Er wohnt in einer Familienpension, von Frauen aus drei Generationen umsorgt. Eines Tages stellt sich heraus, daß der Institutsdiener eine Anzahl von Mäusen gestohlen hatte, um eine Zucht zu beginnen und die Versuchstiere dem Institut zum Kauf anzubieten. Pedro begibt sich zweimal in die Barackenstadt (Chabola), wo der Institutsdiener haust. Dort läßt sich Pedro verleiten, an der Tochter eine Abtreibung zu unternehmen, obwohl er als nicht praktizierender Arzt dazu gar nicht befugt ist und obwohl die Patientin infolge der rohen Eingriffsversuche ihres Vaters sich schon in der Agonie befindet. Er unterläßt es, einen Totenschein auszustellen und der Medizinalbehörde Meldung zu erstatten. Pedro wandert für kurze Zeit ins Gefängnis; als sich der Fall aufgeklärt hat, erhält er die Kündigung des Instituts: seine Arbeit wäre so gut wie resultatlos verlaufen; besser wäre es für ihn, sich als praktischer Arzt zu betätigen. Pedro verlobt sich mit der jüngsten Enkelin seiner Pensionsmutter. Auf einer „verbena" (Volksfest) wird das Mädchen erstochen. Die Durchschnittlichkeit dieses Helden wird noch verdeutlicht durch die diffusen Gedankenfetzen, die seinen inneren Monolog bilden. Meist aber sind die Träger der Handlung und des Gesprächs beliebige Menschen aus dem Volk, deren Schicksale nicht weiter verfolgt werden. In Celas berühmtestem Roman, „La colmena", 1951 (Der Bienenkorb), ist für jede Figur nur ein Kurzdialog vorbehalten. Die Menschen kommen

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und gehen. Und so halten es die meisten Romane. Der einzelne hat keine Chance, aus dem Kollektiv mit seiner Besonderung herauszutreten. In einem Werk von Luis Goytisolo (dem Bruder des berühmteren Romanciers Juan), „Las afueras", 1958 (Die Vorstädte), verlieren die einzelnen sogar das Recht auf den Eigennamen. Derselbe Name wird für eine ganze Gruppe gleichartig eingestellter Menschen bereitgestellt, ein Verfahren, das zur selben Zeit von Eugène Ionesco in seinem absurden Theater angewendet wurde. Auch im Aufbau der Figuren wird die Linie des prädestinierten Heldentums grundsätzlich verlassen. Der Autor zeigt nicht — wie Juan Goytisolo explizierte — die Eigenschaften einer Person als Resultante ihrer Handlungen, sondern nur diese Handlungen selbst, die den Leser anregen können, sich dieses oder jenes Bild von ihr zu machen. Man könnte dieses Verfahren einen ästhetischen Behaviorismus nennen. Eng verknüpft mit der „Heldendämmerung" ist der gänzliche Verzicht auf eine traditionelle Romanhandlung. Die Behauptung von Georg Lukács, daß das romanhafte Genre nur durch Erzählen und nicht durch Berichten verwirklicht werden könne, verleugnet damit den modernen Roman en bloc, in dem doch die Fesseln einer kunstvoll aufgebauten, die Spannung beständig steigernden Handlungsführung gesprengt wurden. In einem Teil der spanischen Gegenwartsromane wird in der Tat die „Fabel" durch eine Sozialreportage abgelöst (so in dem schon erwähnten Roman von J . López Pacheco „Central eléctrica"). Die beiden Meisterromane der ganzen Reihe, Celas „ C o l m e n a " (Der Bienenkorb) und Rafael Sánchez Ferlosios „El J a r a m a " , 1956, operieren mit lauter Figuren, die wir schnell wieder aus dem Auge verlieren und die nur ein Zufall aus ihrer Vereinsamung erlöst hat. Von Handlung ist hier überhaupt keine Rede. Folgende Vorgänge bilden den Rahmen zahlreicher Dialoge: Elf junge Madrider aus einfachsten Kreisen sind an einem arbeitsfreien Tag zum J a r a m a geradelt. Die Unterbringung der Fahrräder ist ein erstes Problem, dann die Frage, wo die Kleider aufbewahrt werden können. Bis zum Entschluß, ins Wasser zu gehen, zahlreiche Kurzgespräche. Diese Gespräche sind äußerst harmlos und nichtssagend, aber nicht ohne ein Korn großstädtischen Witzes. Zuweilen verknoten sie sich in Streitsituationen, die dann leicht wieder aufgelöst werden können. Am Abend, nach 22 Uhr, getraut sich eine Gruppe erneut in den Fluß, darunter Lucita, die von der Strömung fortgerissen wird und ertrinkt. Die Leiche wird von zwei Madrider Studenten, erfahrenen Schwimmern, geborgen. Noch in derselben Nacht wird der zuständige Richter in dem einige Kilometer entfernten Alcalá de Henares aus dem Schlaf geweckt und

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zur Aufsuchung des Tatorts veranlaßt. Nach seiner Ankunft wird der ganze Vorgang zu Protokoll gebracht. Unterdessen sind die Stammgäste, ein alter Hirte, der Dorffriseur, ein Invalide u. a. m. im Wirtshaus zusammengekommen, wo sie über die Gefahren des J a r a m a Erinnerungen tauschen. Es wäre ein leichtes gewesen, aus diesem „fait divers" einen regelrechten Roman zusammenzuschneidern. D a s Opfer und ein ihr zugehöriger Freund hätten nur von Anfang an stärker herausgestrichen werden müssen. Aber gerade das wollte der Autor vermeiden. Der Vorfall sollte den Charakter eines Zufalls erhalten. Dieser Roman hat auch in der Zeitgestaltung vorbildgebend gewirkt. Die Ereignisse konzentrieren sich auf einen Tag, der mit zahlreichen Zäsuren belebt wird. Fast alle anderen Romane folgen diesem Beispiel in der Zeitgestaltung. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um die Erfüllung eines Gesetzes der Aristotelischen Poetik, sondern um die konsequente Gestaltung eines objektverschworenen Realismus. Die Kamera des Autors ist an einem einzigen Tag hinlänglich beschäftigt. Sobald eine längere Spanne Zeit benötigt wird, ist die Auswahl der darzustellenden Ereignisse nicht mehr durch diese selbst, sondern durch die „Fabel", durch den „ S t o f f " bestimmt. Eine besonders charakteristische Erfüllung dieser Zeitkonzeption ist Francisco J o s é Alcántaras „ L a muerte le sienta bien a Villalobos", 1954, deutsch unter dem Titel „Wenn alles schief geht". Auch hier genaue Zeiteinteilung der dürftigen Ereignisse und der ihnen gewidmeten Kommentare. D a s Ganze — es geht um eine Erbschaft — spielt sich an einem einzigen Tage ab. Die Nacht bringt wieder die gewohnte Ruhe mit der völligen Dunkelheit, die eintritt, nachdem als letztes das Licht des Priesters um 0.30 Uhr erloschen ist. Es ist begreiflich, daß in wachsendem M a ß die anderweitig, vor allem in Frankreich bewährten Formmittel in den Dienst dieses Realismus genommen wurden, vor allem die Kunst der gegenwartsnahen Kurzdialoge und der von zufälligen Gedankenassoziationen beherrschte innere Monolog. Übergänge zum inneren Monolog mitten aus einer von Dritten erzählten Handlung heraus wurden von Jean Genet aufgebracht und in Spanien nachgeahmt — vor allem aber ist der damit zusammenhängende Wechsel des inneren Monologs nach seinem „Sprecher" übernommen worden. Als einziges Beispiel für viele kann wieder auf den absolut realistischen Roman von Ramiro Pinilla, „Die blinden Ameisen", hingewiesen werden. Wenn gewisse Formelemente aus dem französischen in den spanischen Roman übergingen, so kann noch nicht ein Abhängigkeitsverhältnis daraus konstruiert werden. Die tiefe Originalität des spanischen Gegenwartsro-

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mans, der selbst das Kind einer unwiederholbaren historischen Situation ist, bleibt unantastbar bestehen. Es ist ein undankbares Geschäft, Prognosen zu stellen für eine Sache, die noch ihre ungebrochene Lebensfülle genießt und die sich eine mehr oder weniger lang dauernde Zukunft eröffnet hat. Es wäre zu wünschen und zu hoffen, daß mit der wachsenden Dynamik der politischen Auseinandersetzungen der bisher beschrittene Weg weitergegangen wird. Doch müßten wir auch einer entgegengesetzten Möglichkeit ins Auge sehen. Das gesteigerte Interesse an modernistischen Formmitteln könnte den Trend zu einem existentialistischen Nihilismus verstärken, womit die herrschende Klasse bedient sein würde, nachdem sie auf eine apologetische Darstellung ihrer Ziele und Interessen verzichten mußte. Fest steht, daß sich die literarische Kritik bis heute zu einer existentialistischen Uminterpretierung der großen objektivistisch-realistischen Romane nicht hergegeben hat. Mit dieser Alternative wird auch über den lebendigen Fortgang und über die Zukunft des spanischen Gegenwartsromans entschieden werden. Wir schließen diese Darstellung mit dem Versuch, einen Sichtvermerk der unmittelbaren Gegenwart in der Konstellation der spanischen Romane herzustellen. 1967 erschienen: Luis Berenguer: „El mundo de Juan Lobón" (Juan Lobons Welt); „El mal año" (Das schlechte Jahr); F. García Pavón: „La guerra de los dos mil años" (Der Krieg im dritten Jahrtausend); Ramón Sender: „La llave y otras narraciones" (Der Schlüssel und andere Erzählungen); „La aventura equinoccial de Lope de Aguirre" (Lope de Aguirres Äquinoktialabenteuer). Der Tradition der fünfziger Jahre am nächsten kommt Luis Berenguer. Es handelt sich um die Erlebnisse eines Wilderers, der sein Tätigkeitsgebiet in dem südlichen Andalusien, nicht weit entfernt von der portugiesischen Grenze, aufgeschlagen hat. Eine Karte in kleinstem Maßstab erlaubt es, die Jagdgründe Lobóns in allen Einzelheiten aufzusuchen. Die genaue Beheimatung der Vorgänge vermeidet den Rückfall in die regionalistisch-sentimentale Landschafterei des 19. Jahrhunderts. F. García Pavón (geb. 1919) hatte sich einen Namen als Meister der Kurzerzählung gemacht. Sein neuester Roman, „Der Krieg im dritten Jahrtausend", scheint zuallererst aus der Traumfabrik des Surrealismus zu stammen; dazu treten Elemente des kubistischen Romans, die an Benjamín Jar-

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nés erinnern: vor allem der mathematisch-exakte Aufmarsch der Massen. Man findet ferner Anklänge an den französischen „nouveau r o m a n " , so vor allem in der Beschreibung einer „obsessionell" gewordenen Objektivität. Zur Sphäre der technokratischen Utopie gehören die Erfindung eines neuen Fernsehapparates, die verbesserte chemische Ausrüstung von Tages- und Nachtsanatorien. Es fehlt nicht an Reminiszenzen an die großen spanischen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts. So ist die Allegorie einer Straße der Greise, Straße der Kinder, Straße der Weiber dem Vorbild Quevedos verpflichtet. Cervantes' „Retablo de las maravillas" (Zwischenspiel vom Wunder-Retabel) ist der Geburtsgebieter jener grandiosen Szene, in der die Teilnehmer an einem Stierkampf leidenschaftlich mitgehen, obwohl die Arena leer bleibt. Von der sonst in sexualibus so prüden Haltung der spanischen Schriftsteller ist nichts mehr zu merken: die sexuelle Symbolik ist allenthalben zu spüren. Im ganzen aber sind es Möglichkeiten einer modernistischen Kunst, mit denen der Autor teils kokettiert, teils seine Experimente betreibt. R a m ó n Sender ist in diesem Stich jähr 1967 mit einer Novellensammlung „La llave" (Der Schlüssel) und mit einem großen, in Südamerika handelnden Roman aus der Conquistadorenzeit, „La aventura equinoccial de Lope de Aguirre", vertreten. Es ist erstaunlich, wie der schon 1902 geborene Autor von einer Schöpfung zur anderen sich zu immer neuen Gipfeln emporhebt. Das gilt von seiner schon genannten Novellensammlung, die wir hier nicht berühren. Das gilt vor allem von dem großen R o m a n , der sich durchaus an den Stil der alten Chroniken hält, indem er Menschen und Ereignisse in eine poetische Potenz versetzt. Lope de Aguirre nimmt teil an einer von Peru aus gestarteten Expedition, deren Kampfziel ein noch unabhängiger Indianerstaat nördlich des Amazonenstroms ist. Nach phantastischen von den Kanufahrern erlittenen Mühsalen kommt es zur Rebellion. Lope de Aguirre wirft sich zum Führer auf. Statt für die spanische Regierung die Kastanien aus dem Feuer zu holen, sagt Lope de Aguirre in aller Form dem spanischen König den Gehorsam auf. Er will mit seiner siegreichen Truppe über den Amazonenstrom und über das offene Meer als Befreier Perus heimkehren. Die wilde Schönheit des Urwaldes im Gebiet des meerartigen Riesenstroms ist wohl noch nie so gestaltet worden. Die Charakterwandlung, der die ständig dem tropischen Klima Ausgesetzten unterworfen sind, erklärt das wahnsinnige Mißtrauen Lope de Aguirres, der jeden ihm unzuverlässig erscheinenden Gefolgsmann durch einen seiner treuergebenen Neger auf der Stelle erwürgen läßt. Doch Lope de Aguirre entpuppt sich immer mehr als eine Michael-Kohlhaas-Natur, als ein Verbrecher aus verlorener Ehre, dieser urspanische Typus, den Calderón besonders

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verherrlicht hatte. Die Sache der Freiheit wird immer mehr durch eine blutgierige Tyrannis entweiht. Bei der Besetzung der Insel Margarita wird dieser doppelte Aspekt der Unternehmung besonders deutlich. Die Söldner genießen nach so vielen grausigen Erlebnissen den Frieden der geordneten Verhältnisse der Insel, auf der aber Klassenvorurteile und lächerliche Standesunterschiede dominieren. An der Küste von Venezuela erleidet die Expedition ihr Schicksal, indem die letzten Söldner auf Grund des ihnen in Aussicht gestellten Gnadenerweises zu den Spaniern überlaufen. — Wie R a m ó n Sender aus einer kollektiven Bewegung die individuellen Schicksale herauszuheben versteht, ist aller Achtung wert. Dazu kommt die Integration des Gruppenschicksals in den äußeren klimatischen und natürlichen Verhältnissen, die Kunst, mit der das Spiel der Leidenschaften und des Ehrgeizes des Helden in Szene gesetzt wird: als Ausgangspunkt sein unscheinbares Äußeres, sehr im Gegensatz zu den jugendlichen und brillanten Erscheinungen der Männer, die er anführt. Dieser Roman ist in allen Einzelheiten so zusammengefügt, daß der Strom des Geschehens nicht abreißt. Die aktuelle Bedeutung des Werkes: es gibt Bedingungen der individuellen Freiheit, die allzu grausam und allzu teuer erkauft werden mögen und die letzten Endes unerfüllbar sind. Der spanische Roman hat zweifellos einen nicht leicht zu überbietenden Höhepunkt erreicht. Die Romanciers der sechziger Jahre können mit Stolz R a m ó n Sender zu den ihrigen zählen.

VII. Der Zirkelschluß in der Wirtschaft Die politische und gesellschaftliche Macht der liberalen Pädagogik ist zwar von ihren reaktionären Feinden bei weitem übertrieben worden — von ungeheuren Entstellungen der Art und Weise dieser Einflußnahme und allem anderen Unglimpf gänzlich zu schweigen —, und dennoch ist die bis zur Katastrophe beständig zunehmende Infiltration der liberalen Institutionen ein erstaunliches Faktum der modernen Gesellschaftsgeschichte, das der Erklärung dringend bedarf. D a s liberale Bürgertum hat durch seine vorgerückteste ideologische Position mehr bleibende Spuren als durch die politischen Formen seiner Wirksamkeit hinterlassen. Die Selbstmacht der Ideologien, der Rückschlag des Bewußtseins auf das Sein des Menschen scheint Spaniens moderne Geschichte vom allgemeinen Verlauf der Geschichte zu sondern. Der Kampf des spanischen Bürgertums um die politische Macht

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schwingt sich in immer neuem Anlauf zu episodischen Triumphen empor, von keiner Erfahrung der unvermeidlich folgenden Reaktion entmutigt. Auch hier überspielt die Macht des Bewußtseins, des politischen Willens, die Ohnmacht einer ökonomischen Situation, die auf eine mangelnde Entfaltung der kapitalistischen Kräfte zurückgeht. Aber das Bild bleibt dasselbe, wenn wir das Lager der spanischen Reaktion betreten. Die Herrschaft der Privilegien hat ihren Schwerpunkt in den von wenigen Latifundien beherrschten Provinzen des Südens und des Südwestens. Aber nicht hier, nicht in Andalusien und Estremadura gelang es der feudalen Partei, im Laufe des vergangenen Jahrhunderts ihre Kampfkraft zum Anlauf gegen den spanischen Staat zu sammeln. Mit der Losung „Für Christus, für den rechtmäßigen König und für die Inquisition!" versuchten die „karlistischen Prätendenten" gerade in den nördlichen Provinzen mit ausgeglichenster Bodenverteilung die freien Bauern in ihren Kampf zu treiben. Auch hier scheint überwertige Ideologie einen traditionellen Zustand der reaktionären Massenerhebung begünstigt zu haben. Der Kampf der Prätendenten hat freilich noch eine andere Seite: die monarchische Tradition, die er gegen den halbliberalen Zentralismus der herrschenden Monarchie ins Feld führt, nennt sich föderativ und begünstigt in Wahrheit die anarchistischen Ziele des Föderalismus. Die Rebellenheere, von freier Volkskraft getragen und um die spontan gewählte Führung geschart, stellten das Gegenstück eines Volksheeres der Berufsarmee im Solde der Madrider Regierung entgegen. Man hat natürlich auf die Interessenverflechtung im Maßstab des nationalen Gesamtraums zu achten. Als am Anfang der siebziger Jahre der Anarchismus das feudalistische Andalusien überschwemmte, da betrieb wohl die karlistische Rebellion im Norden das schon verlorene Geschäft der andalusischen Grundherren. Eine letzte Wahrheit, doch nur als Bilanz der geschichtlich verwickelten Realitäten. Es gibt natürlich eine Gemeinsamkeit der Interessen, die alle agrarischen Produzenten verbindet: die Preisgestaltung, der Zollschutz usw. Doch waren andere Formen der Querverbindung im Verfolg dieser solidarischen Ziele denkbar. Zudem gewährte die Rebellion im Norden dem anarchistischen Süden Entlastung in seiner Abwehr gegen die überlegene Truppenmacht der Madrider Regierung. Der Föderalismus wirkte wie ein Fanal, um auch die extremsten Gegensätze in ein vorübergehendes Bündnis zu zwingen. Die politische Ideologie läßt ihre realen Ziele im Auftrieb dieser Revolutionsperiode beständig überspringen. Erst auf längere Sicht, wenn sich der Pendelschlag vor dem betrachtenden Auge ausgleicht, und im Hinblick auf die universale Verflechtung der nationalen Impulse wird das Zusammen-

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spiel von Sein und Bewußtsein in den tieferen Lagen des Geschichtsprozesses erkennbar. Die Macht der politischen Losung spricht in Spanien schließlich aus dem fanatischen Kult der Traditionen, in dem man häufig Symptom und Grund für alle Schäden der spanischen Gesellschaft erblickte. Traditionen bedeuten nicht nur, daß aus Gräbern regiert wird. Sie verketten auch eine junge Bewegung und befestigen sie in den Grundgesetzen ihrer Strategie. Es gibt eine Tradition des Liberalismus und in neuerer Zeit die sehr charakteristischen und verschiedenartigen Traditionen einer sozialistischen (U.G.T.) und einer syndikalistischen (C.N.T.) Gewerkschaft. In all diesen Fällen fällt Tradition mit dem Begriff des Stils zusammen. Tradition ist der Stil mit dem Bewußtsein seines wirklichen oder vermeinten Ursprungs. Allerdings nicht in dem Sinne, daß Traditionsbesessenheit die Tore der Gegenwart für den fortwährenden Einstrom der geschichtlichen Vergangenheit aufbricht. Diese spanische Tradition hat weit mehr die Bedeutung, eine kollektive Aktion in kollektiver Meinungsbildung zu verankern. In der modernen Geschichte Spaniens zeugt die besondere Macht der kollektiven Traditionen von der ungebrochenen Macht der genossenschaftlichen Bindung und des Gruppengeistes, von dem unausrottbaren H a n g zur Zünfte- und Sektenbildung und zu allen Formen der Koalition und der Bündelei, in denen Kollektivpersonen walten. Der Kapitalismus ist in Spanien noch nicht auf die Stufe gekommen, wo seine zentralisierende Wirkung in Staat und Gesellschaft verspürt wird. Eine spontane Gruppierung erzeugt sich zuweilen eigene Wirtschaftsinteressen, so zum Beispiel der berüchtigte „ C a c i q u i s m o " , dieses regionale System der personellen Ballung von Wirtschaftsmacht mit der Macht der politischen Kontrolle. Die Politik war Investierung großer Kapitalien in politische Machtpositionen, die sich mit lukrativen Wirtschaftsprivilegien verknüpfen ließen. All diese anarchischen Formen der autarken Interessenbildung sind anderwärts von der Oberfläche verdrängt, wenn auch nicht völlig erstorben. Demgegenüber läßt in Spanien mangelnde kapitalistische Konzentrationskraft den Spielraum für solche Eigenbewegungen offen. Wenn man jedoch den spanischen Zustand in seiner universalen Verkettung betrachtet, ändert sich plötzlich das Bild. Die Schwäche der spanischen Wirtschaftsformen war die verlockende Bresche für machtvolle Interessenverbände des Auslands. Seit der Zeit der Ersten Republik befinden sich die wichtigsten Bodenschätze des Landes in fremdem, vor allem in britischem Kapitalbesitz. Als Rohstoffgebiet ist Spanien zur wirtschaftlichen Interessensphäre des atlantischen Imperialismus geworden. D a s Interesse des fremden Kapitals geht mit dem politischen Interesse der fremden Kapitalmacht zusammen.

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Trotz seiner peripheren Lage wird Spanien als Eckstein des Kontinents in schärfster Kontrolle gehalten. Solange Rivalität zwischen Mächten und Monopolen besteht, läßt sich der halbkoloniale Status am besten in der gewahrten Form politischer Unabhängigkeit sichern. Aber der Eingriff der beherrschenden Wirtschaftsmächte mußte allmählich alle Bereiche des spanischen Lebens durchdringen und alle Initiative in eine Art von Lähmung versetzen. Eine nationale Restaurationsregierung muß das stärkste Interesse an der Erhaltung dieses bestehenden Zustandes finden. Würde nämlich ein Akt der nationalen Emanzipierung die Übereignung der Gruben aus den Händen der Fremden erzwingen, so würde das industrielle Element in Spanien den unerwünschten Vorsprung erhalten — ganz zu schweigen von der bei einer solchen Hypothese stets naheliegenden Gefahr des Übergreifens der Emanzipierungsbewegung von den unterirdischen Schätzen auf die Erträge des Bodens, an dem das Besitzrecht der Grundherren den Massen jedes Anrecht verweigert. Die den Spaniern überlassene Freiheit, ihre eigene Politik zu machen, ist somit von vornherein durch starke Hypotheken belastet. Die Reaktion mag sich in Spanien ruhig in den blutigen Strauß mit den Liberalen verbeißen. Nach den erschöpfenden Bürgerkriegen würde die Volkskraft auch eine geschwächte Reaktion nicht mehr abschütteln können. Warum sollte im übrigen Spanien nicht die Freiheit vergönnt sein, den Zustand einer unentscheidbaren Alternative zu bilden? Den Endsieg einer politischen Freiheitsbewegung verhindern automatische Bremsen, das Heer vor allem, das dieses einzige Amt hat, oder ein geheimnisvoll an Land geschwemmter Prätendent mit Karlistenaufständen zu seinen Gunsten, notfalls auch eine offene Intervention. Doch wird sich die diplomatische Weisheit solche Extreme tunlichst ersparen. Denn erfahrungsgemäß entstand aus jeder Berührung der siegreichen spanischen Revolution mit den Problemen der ökonomischen spanischen Wirklichkeit ein tödlicher Kurzschluß. Die moderne spanische Intelligenz verhehlte sich keineswegs den Ernst der so geschaffenen Lage. „Die Bedeutung der Politik", schreibt U n a m u n o in einem Brief an C l a r í n , „ f ü r Spanien erklärt sich d a d u r c h , d a ß Politik die einzige Tätigkeit ist, in die sich der Geltungswille des A u s l a n d s nicht einmischt, d a r u m a u c h der einzige W i r k u n g s b e r e i c h , w o m a n nicht eine Ü b e r s c h w e m m u n g mit I m p o r t a r t i k e l n zu f ü r c h t e n b r a u c h t . . . "

Der halbkoloniale Status der spanischen Wirtschaft wurde durch ein System der halben Gewinnbeteiligung aufrechterhalten. Riesengewinne ermöglichten übernormale Spesen. Für die Grubengesellschaften gewährte das ausgespieene Landvolk der Latifundien so billige Arbeitskräfte, daß ein

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Teil des vorenthaltenen Lohnes in Form von besonderen Gratifikationen nach Spanien zurückfloß. Man muß dazu wissen, daß die Überfremdung des spanischen Bergbaus in den Cortes häufig erörtert wurde, ja man suchte durch Gesetzesvorschläge die fremden Unternehmungen einzuengen. Rechtsanwälte und andere im Aktienrecht bewanderte Spezialisten waren natürlich die einzigen Deputierten, die sich tonangebend bei der Beratung beteiligen konnten. Und der Zufall wollte, daß dieselben Deputierten nebenamtlich als Berater den Grubengesellschaften dienten. Ihrer überlegenen Spanienkenntnis war es zu danken, daß die Direktion das Loch in jeder Gesetzesmasche entdeckte. Man verstand es auf diese Weise, ein System von einflußreichen Stützpositionen wie einen Sicherheitsring um die bedrohten Interessen der ausländischen Kapitalisten zu legen. Häufig wurden die verdienten spanischen Helfer mit Vorzugsaktien prämiiert. So entstand eine parasitäre, gleichsam „parakapitalistische" Schicht, die naturgemäß ihren ganzen Einfluß für die Verewigung der bestehenden Zustände geltend machte. Eine solche Laufbahn verlangte Routine und Diskretion, doch keinerlei Initiative. Leichter und sicherer Gewinn war hier eine stärkere Verlockung als der Gedanke, mit teuer erborgten Kapitalien die unberechenbaren Launen des spanischen Marktes zu bedienen. Unamuno schrieb seine Meinung dem spanischen Kapitalismus ins Stammbuch. Die Feigheit der spanischen Kapitalisten konnte sich aber auf die hohen Zinsen berufen, die über 8 % vom Industriekapital von vornherein wegfressen würden, während die Briten 2 oder 3 % für ihre in Spanien operierenden Kapitalien zahlen. Ein kühner Vorsatz fordert größere Chancen. Das Sichere ist noch immer der Feind des weniger Sicheren gewesen, wenn nicht die ungemeine Verlockung das Risiko aufwiegt. So wie die Dinge liegen, fließt spanisches Kapital in sichere Staatspapiere und bleibt vor allem am unverrückbaren Boden haften. Und das ist des Rätsels ganze Lösung: Die spanische Bourgeoisie ist noch am Grundbesitz mit einem beträchtlichen Einsatz beteiligt. Wenn sie ein Industrieprojekt ergreifen wollte, so müßte zuerst die innere Kaufkraft gehoben werden. Zur Stärkung des Binnenmarktes könnte jedoch allein die Einbeziehung der wirtschaftlich brachgelegten, pauperisierten Landarbeiter in den Erzeugungsprozeß verhelfen. Hier schließt sich der Kreis, denn das bedeutet, daß dieses Bürgertum bestehende Interessen für die Erwartung künftiger Interessen zu opfern hätte. Die Bodenreform ist der geheimnisvolle Schnittpunkt der Gegensätze zwischen den Klassen und aller Widersprüche innerhalb jeder einzelnen Klasse. Die Bodenfrage ist ein Tabu geworden, das kein Vernünftiger ohne Not anrührt. Man suchte dem Kreislauf fataler Gegebenheiten zu entrinnen,

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indem man den Hebel statt beim Notstand der Gesellschaft beim Notstand der Natur ansetzen wollte. Der Blick wird abgelenkt vom schlecht verteilten Reichtum der üppigen Natur des Südens und nach der unfruchtbaren Mitte, dem öden und versengten kastilischen Zentrum gerichtet. Das ist der Weg, den schon Ramiro de Maeztu 1898 voranging. Er spricht von wirtschaftlichen Dingen, doch meint er die geistige Wiederbesinnung. Wie einst der spanische Boden Zoll um Zoll der Gewalt des Halbmonds entrissen wurde, so müßte heute die Heimat Schritt für Schritt aus ihrer Entfremdung und Verarmung herausgeführt werden. Die neuorganisierte Prosperität der kastilischen Mitte wird sich mit dem größeren Reichtum der Randgebiete verbinden: „Die Kolonisierung Kastiliens ist ein doppeltes Geschäft von höchster Bedeutung für die Küstengebiete. Die ruhenden Ersparnisse müßten eingesetzt und Märkte und Industrien vergrößert werden." Kolonisierung heißt aber in diesem Falle Bewässerung, heißt, das verkarstete Hochland durch gewaltige Pumpen aus dem Überfluß der Randgebiete zu bedienen. Ein Programm der Erneuerung darf das Herz nicht vergessen! Es ist ein poetisches Programm, das an der unpoetischen Realität entschlossen vorbeiging. Noch kurz vor Ausbruch des letzten Bürgerkrieges schätzte man, daß 4 % der fruchtbaren Latifundien in Andalusien und Estremadura von ihren Besitzern brachgelegt waren. Und doch scheint es leichter, die natürliche Kargheit des Bodens durch technische Wunderwerke in Reichtum zu verwandeln als die Bewohner der reichbedachten Erde aus ihrer gesellschaftlichen Armut zu führen! Ganz richtig vermerkte Joaquín Costa schon um die Jahrhundertwende die Grundtatsache, die hinter allen spanischen Problemen steckte: „In Spanien haben 17,5 Millionen mit Strömen von Blut und Gold in einem hundertjährigen Bürgerkrieg die politischen Freiheiten erkämpft, die die restliche halbe Million genießt." So stand es vor ungefähr vierzig Jahren in Spanien. Der Zustand hat sich heute insofern geändert, als statt 17,5 Millionen 25 Millionen auf die Seite der Opfer fallen und als auch die restliche halbe Million ihre politische Freiheit verspielt hat. Die Wirtschaftspolitik seit der Machtergreifung des Faschismus, d. h. seit dem 1. September 1939, läßt sich in drei Etappen auseinanderlegen. Keine von ihnen hat jedoch die Schwierigkeiten überwinden können, die den Zirkelschluß der Wirtschaft in der Nation bedingen. Die erste Etappe dieser Wirtschaftspolitik, zugleich die längste, geht von 1939 bis 1959 und stellt ein Zerrbild der Verwirklichung einer ökonomischen Autarkie dar. Die zweite, die durch eine gewisse wirtschaftliche Liberalisierung gekennzeichnet wird, währte bis zu den Jahren 1962/63. Es ist die Etappe des Stabilisationsplans, der durch ein Gesetzesdekret 1959

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Rechtskraft erhielt. Die dritte, in der Gegenwart noch fortlaufende Etappe ist der charakteristische Ausdruck des Bündnisses der finanziellen Oligarchie mit der grundbesitzenden Aristokratie als der spezifischen Form der monopolitischen Entwicklung in Spanien. Dieses Stadium ist somit weit entfernt von jenem „Neokapitalismus", den ein Teil der linksgeneigten Spanier im Lande wirken zu sehen vermeint. Von Anfang an hatte das republikanische Regime einige, wenn auch zaghafte, Schritte zur Lösung des Hauptproblems der spanischen Wirtschaft durch das Gesetz zur Agrarreform vom September 1932 unternommen. Die Republik erkannte in der Konzentration des agrarischen Eigentums den beherrschenden Faktor: 29 Großgrundbesitzer besaßen 577 359 Hektar Land. Sechs Jahre später hatte die republikanische Regierung im ganzen 5 692 202 Hektar ihren bisherigen Besitzern entzogen. In einem Teil dieser Ländereien verwirklichten die Anarchisten ihr Agrarprogramm. Diese Agrarpolitik wird vom ersten Augenblick an durch den spanischen Faschismus bekämpft: ein Dekret vom 10. August 1936 schaffte die Agrarreform ab und verkündete an ihrer Stelle eine Art von Bodenreform, die später das Instituto Nacional de Valorización zu verwirklichen hatte. Die Ziele dieser Reformen sind die Verbesserung der Bewässerung der Ländereien, Änderungen im Anbau und das Verschwinden des Kleinbesitzes, eine technische Pseudolösung, die das Problem des Landbesitzes mit seinen charakteristischen halbfeudalen Zügen unberührt läßt, und zwar so weit, daß in vielen Regionen die Lage heute fast dieselbe ist, die vor 1931 bestand. Das vor allem im spanischen Süden, der in mehr als einer Hinsicht mit dem italienischen verglichen werden kann. Noch immer existiert der Bauer ohne Land und der ländliche Gelegenheitsarbeiter, dessen Arbeitszeit sich in Andalusien auf Grund der Mechanisierung auf dreieinhalb Monate im Durchschnitt bemißt. In ganz Spanien stellte 1960 dieser Typus des Arbeiters ungefähr 40 % der Landbevölkerung dar. Aber von diesen zwei Millionen hatte nur der vierte Teil eine feste Stellung. In dem beständigen Streben nach wirtschaftlicher Autarkie versuchte das Regime zugleich die Industrialisierung durch das Instituto Nacional de la Industria (I.N.I.) vorwärtszutreiben. Die Finanzierung wurde mit dem Kaufpreis der Inflation vorgenommen, die auf das Lebensniveau der arbeitenden Klasse und des Mittelstandes schwer drückte, während die industrielle Oligarchie sich bereichern konnte. Die Monopole, die das Instituto eigentlich bekämpfen sollte, verstärkten sich beständig. Das Institut, nach dem Schema der Aktiengesellschaften aufgezogen, errichtete auf der Basis rentabler Industrien solche, die erst begannen und die dann in den privaten

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Sektor übergingen. Aber jene ökonomisch erfolgreichen Industrien befanden sich in der Minderheit. Durch eine solche Intervention des Staates ließ sich das Programm der Autarkie in keiner Weise verwirklichen, und als man darauf verzichtete, stand man vor unwirtschaftlichen Unternehmungen mit zu geringen Dimensionen oder mit technologischer Rückständigkeit, während die staatliche Wirtschaftslenkung allen Kredit verlor. Man kann sagen, daß seit dem Beginn der fünfziger Jahre in einiger Hinsicht die Bedingungen gegeben waren, die unter anderen Verhältnissen einen Schritt in dieser Richtung nach vorwärts zu tun erlaubt hätten. Das Gesicht der Ökonomie verwandelt sich mit dem Einstrom amerikanischer Kapitalien, die heute die spanische Industrie von der ausländischen Technologie abhängig machen und es ermöglichen, daß in einem Jahre wie 1965 die ausländischen Kapitalanlagen sich auf 26 886000 000 Peseten belaufen. In diesem Augenblick erscheint in Spanien zugleich die Fremdenverkehrswirtschaft — heute eine nationale Industrie. Sie überflutet die wirtschaftlich schon entwickelten Gebiete und befolgt eine Politik, die ein Wirtschaftsspezialist verglich mit der monopolistischen Gebärdung der Hirtenkorporation „mesta" um 1500, als die Interessen des spanischen Ackerbaus dem unmittelbaren Gewinn durch Verkauf von Rohwolle geopfert wurden. Kurzfristige Anleihen nehmen jetzt die Stelle der langfristigen ein. Der Fremdenverkehr trägt nicht zum Wachstum der Wirtschaft bei: er vermindert nicht die inneren Kosten und dient nicht als Grundlage für moderne Industrien oder für die Steigerung des Exports, noch trägt er dazu bei, einen nationalen Markt zu schaffen. Die Grundverhältnisse haben sich in Spanien während dieses ganzen Zeitraums nicht geändert. Die Zersplitterung auf der einen Seite und die monopolistische Konzentration auf der anderen sind noch immer Kennzeichen der Industrie, die geringe Investierung die in der Landwirtschaft. Die Statistik des Consejo de economía nacional macht die Lage offenkundig: das Niveau, das Spanien 1935 erreicht hatte, wird erst wieder 1954 verwirklicht, infolge des mangelnden Auftriebs und sogar des Rückgangs in der Erzeugung zahlreicher landwirtschaftlicher Produkte, infolge der Unterentwicklung der Eisen- und Zementindustrie, infolge der mangelhaften Transportverhältnisse und infolge des chronischen Defizits im Außenhandel. In Anbetracht dieser Konstellation versuchte der Stabilisationsplan von 1959, diese größte wirtschaftliche Operation der spanischen Oligarchie, der Notwendigkeit des inneren und äußeren Gleichgewichts zu entsprechen. Es wurde u. a. eine Auflockerung des Devisenmarktes vorgesehen. Man hoffte, die notwendige Grundlage für einen endgültigen Antrieb der spanischen

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Wirtschaft gefunden zu haben. Der Erfolg der Stabilisierung sollte es ermöglichen, die weiteren Entwicklungsprobleme der spanischen Wirtschaft auf lange Sicht in Angriff zu nehmen. Über die Wirkungen des Plans sind sich die Spanier der verschiedensten Richtungen einig. Im Innern des Landes verursachte das Abstoppen der Inflation eine Verminderung der wirtschaftlichen Tätigkeit, am ausgesprochensten in den Grundlagensektoren, bei denen die Schwierigkeiten schon vor Beginn des Planes bestanden hatten. Damit wächst die Arbeitslosigkeit. Außerdem sinken die Arbeitslöhne. Die privaten Kapitalanlagen gehen von 1959 auf 1960 um 3,6% zurück. All dies löst die aufsehenerregende Auswanderung der spanischen Arbeiter ins kapitalistische Europa aus. Ihre Zahl erreicht 1964 267000. Daher ist es keine Übertreibung zu sagen, was die spanische Linke gesagt hatte: daß in Wahrheit die Arbeiter die Industrie und die Kosten der Stabilisierung zu bezahlen hatten. Die Versuche einer Planung der Entwicklung haben in dem kurzen Zeitraum zwischen 1964 und 1967 die Widersprüche zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte und sozialpolitischen, in Spanien noch immer bestehenden Grundstrukturen nur noch sichtbarer gemacht. Am Anfang dieser Etappe schaute das monopolistische spanische Kapital mehr als je nach der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, als könne man zu den guten alten Zeiten des Freihandels zurückkehren. Aber diese Illusionen bewirken Anfang 1966 eine Krise, und heute ist es das Problem, das von jeher bestand und das jetzt unter noch drängenderen Vorzeichen auftrat: es muß ein weit schnellerer Rhythmus des Wachstums zustande kommen, da das Mißverhältnis zwischen der westeuropäischen Entwicklung gegenüber der spanischen immer größer wird. Auch die sogenannte Öffnung nach dem Osten und nach dem sozialistischen Cuba sind keine Zeichen der Befestigung des Regimes, noch ein solches einer gesunden Wirtschaft: sie ist ein weiteres Symptom für die immer größeren Schwierigkeiten, die die spanischen Erzeugnisse in der Konkurrenz mit den kapitalistischen Weltmächten vorfinden. Noch immer bestehen die 23 000 Latifundien. Aber der Gegendruck, den sie erzeugen, wird immer stärker und nimmt immer neue, charakteristische Formen an. Die Flugblätter, die heute auf den Landgütern Andalusiens und der Mancha umlaufen, fordern nicht mehr die Aufteilung des Landes, die Verwirklichung des großen anarchistischen Traumes; im Namen desselben Anarchismus fordern sie heute Nationalisierung und kooperative Bewirtschaftung des Großgrundbesitzes.

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IX. Das spanische Heer — oder: Präsenz einer Klassengesellschaft Bekanntlich war es für den Zustand unserer deutschen Gesellschaft bezeichnend, daß nur die Verwandlung in einen militärischen Zustand ein solidarisches Nationalbewußtsein hervorbringt. Ganz anders in Spanien. Das Verhältnis zwischen Nation und Armee ist dem Verhältnis eines Kranken zu seiner Krankheit vergleichbar. Sie ist ihm zugefallen — ein aufgezwungener Besitz, den er so schnell wie möglich abschütteln möchte. Schon der Sprachgebrauch sagt hier alles. Wenn der Spanier vom „Heer" spricht, so meint er gewöhnlich die Professionellen, die Offiziere, und nicht die Einberufenen ohne Berufung, die Mannschaften. Und dementsprechend verweist das spanische „militar" nicht auf einen Wehrbediensteten, sondern wiederum nur auf den Offizier, den Träger des Heeresgedankens. Die Gesinnung des Militarismus hat also nicht einmal die Kraft, das Heer in seinem wesentlichen Teil zu durchdringen. Soldaten bleiben in Uniform gesteckte Zivilisten. Schon in der militärischen Glanzzeit des spanischen Reiches waren nur die Siege, doch nicht die Sieger willkommen. Die heutigen Spanier werden nicht nur durch Niederlagen an ihre Armee erinnert — ihr Leben liegt immer im Schatten der Konspirationen: gegen Staatsstreich, „pronunciamiento", ist noch kein Kraut gewachsen — nur die Waffe des Lachens, die auch in Spanien nicht fehlte. Sonst wäre diese Armee, die so viel Epigramme wie keine zweite über sich ergehen läßt, schon längst zur Gespensterarmee geworden. In Wahrheit ist diese Armee nicht nur sehr wirklich: sie ist das Kernstück der letzten Wirklichkeit selbst. Sie ist der Daumen des Schicksals, der sich meist fatal genug und immer bedrückend auf das spanische Leben legte. Dieses Heer hält es wie Richard Wagners Fafner, der von sich singen durfte: „Ich lieg und besitze!" Meist liegt die spanische Armee herum und freut sich des Lebens. Aber blitzschnell steht sie schon auf den Füßen, wenn ihr Besitzstand von irgendeiner Seite — früher von rechts und später von links — bedroht wird. Dieses Heer ist der verkörperte Vampirismus, den sonst die Lebensformen der herrschenden Klasse mehr oder weniger elegant verhüllen. Daher fühlt man in diesen Kreisen schon in der Existenz des Heeres den Stachel einer Entlarvung. Und daher der verdächtige Beiklang im Tonfall eines spanisch gesprochenen „militar" — ein Beiklang, der ans Anrüchige grenzt. Alle Spanier sind sich darüber einig: das Heer ist ein Übel. Die meisten auch noch darüber: ein unnotwendiges Übel. Diese schlechte Meinung kann die Armee nicht bekümmern. Die Armee, die sich

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Selbstzweck ist, braucht keinen Wert auf Geltung zu legen, solange ihre Macht an keine Grenze gesetzt ist. Wenn der innere Friede zu lange währt, so wird durch den inneren Hader Zündstoff geschaffen. Auch das spanische Heer wird von den Gegensätzen der Spanien beherrschenden Klasse durchzogen. Berühmt und berüchtigt waren immer die Sondertänze des Artilleriekorps. Die Artillerie spielt im spanischen Heer die Rolle der emanzipierten Waffe. Der stärkere Einschlag bürgerlicher Intelligenz läßt sich eben nicht verleugnen. In den Bürgerkriegen des 19. Jahrhunderts deckten manchmal Kanonen die liberale Bewegung, sie entschieden den Kampf der halbliberalen Monarchen mit der Reaktion der karlistischen Prätendenten. Noch in diesem Jahrhundert war es die Artillerie gewesen, die den ersten Anstoß zum Sturz des Diktators und Infanteriegenerals Primo de Rivera (1870— 1930) erteilte. Zum Schluß stand Primo allein gegen alle Generale, wogegen Franco, der von fremden Fehlern lernte, aus seinem Kriege als einziger Sieger hervorging. Er konnte sich den Figurenwechsel in offener Feldschlacht leisten. In Spanien sind Generale kein Mangelartikel. Im ganzen gesehen, bleibt aller Zwist im spanischen Heer Episode. Im Ernstfall, daß also die staatliche Ordnung und mit ihr das Heer bedroht wird, ist ein Versagen undenkbar — nicht, weil die Armee für den spanischen Staat oder überhaupt für einen Staat ist, sondern weil dieser spanische Staat das Organ der Armee ist. Aus der Schutzpflicht des Heeres über den Staat wurde ein Schutzrecht des Heeres, ein Protektionsverhältnis. Wenn der Fiktion nach die militärische Hochburg im bergigen Küstenstreifen Marokkos ein staatliches Protektorat ist, kann man in Wirklichkeit Spanien ein Protektorat des in Marokko gesammelten Heeres nennen. Der Dornenweg des spanischen Volkes geht durch die vielverschlungene Geschichte des spanischen Heeres. Neben dem Klerus war das Heer die einzige Institution, die in den Stürmen der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts fest stand und, obwohl ein parasitäres Element und eine Quelle der dauernden Unruhe und Bedrohung, in gewisser Weise die gefährdete nationale Einheit zu sichern berufen war. Es ergab sich eine zeitweilige Interessengemeinschaft mit den liberalen Schützern des modernen Nationalstaats. Riego (1784—1823), Espartero ( 1 7 9 3 - 1 8 7 9 ) , Odoroy, Prim ( 1 8 1 4 - 1 8 7 0 ) , Serrano ( 1 8 1 0 - 1 8 8 5 ) - all diese in Spanien klanghaften Namen gehören den bewaffneten Helden der Freiheit. Zumindest führten sie ihren Staatsstreich im Namen der Freiheit. In jener Epoche bestand zwischen Heer und Kirche die unversöhnliche Rivalität um den Vorrang im Staate. In diesem zähen und erbitterten Kampf ging das Heer eine Strecke gemeinsamen Weges mit den fortschrittswilligen

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Bürgern. Salvador Madariaga erklärte die Bürgerkriege allein aus dem Wettkampf der beiden Institutionen um den Platz an der staatlichen Futterkrippe. D a s ist die Form, unter der sich der Klassenkampf zwischen der aufbegehrenden Bourgeoisie und den feudalisierenden Schichten in dieser ersten Etappe abspielt. Als die linksstehende Regierung Mendizábals mit einem Federstrich den Großteil des kirchlichen Grundbesitzes enteignete, hatte sie sich im voraus die wohlwollende Neutralität der bewaffneten Macht gesichert. Die Grenze der Reformbereitschaft lag für das Heer in Einklang mit den bürgerlichen Besitzinteressen. So scheitert jede radikale Lösung der Bodenfrage an unüberwindlichen Widerständen, hinter denen ein Schwert sich für den Ernstfall bereithält. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts drängen breite Schichten des Bürgertums auch in Spanien unter dem Eindruck des „Aufstands der M a s s e n " ins reaktionäre Lager. Seit dieser Wendung festigte sich die politische Haltung des Heeres. D a s Heer ist die Seele der spanischen Reaktion geworden. Und seit derselben Zeit hat die spanische Intelligenz den Kriegszustand mit dem spanischen Heer eröffnet. Pfeile der Ironie sind in Schwärmen verschossen worden. Unter den Schützen überwiegen neben erklärten Liberalen die eklektischen und versöhnlichen Geister, deren Weltgefühl auf den Horizont der bestehenden Weltverhältnisse hinausläuft. Man bemüht sich, die Vernunft mit der geltenden Ordnung zusammenzubringen. Aber gerade dieses Bemühen scheint durch das bloße Dasein des spanischen Heeres in Frage gestellt. Durch das Heer hat sich das Prinzip der herrschenden Gesellschaft in seiner Unvernunft verkörpert. Dieses Heer bringt ihre brutale Realität zur Erscheinung: überschüssige Macht in sinnlos gefährlicher Stauung. Für die literarischen Feinde des spanischen Heeres war es bezeichnend, daß sie den inneren Zusammenhang zwischen militärischer Macht und gesellschaftlicher Herrschaft völlig verdrängten. Damit war die Erscheinung des Heeres in eine unerklärliche Isoliertheit geraten: das monströse Produkt einer goyagleichen Schöpferlaune. Aber gerade die Bloßstellung der absurden, widersinnigen, irrationalen Existenz des Heeres im Urteil der spanischen Intelligenz verrät, wie wenig sie es vermochte, das im Heer verkörperte Prinzip der Unvernunft in der Konstitution der spanischen Gesellschaft wiederzuerkennen. Immer wieder zielt der Angriff auf die widersinnige Ballung unanwendbarer Energien. Für den Romanschriftsteller Pérez de Ayala erklärt sich alles unter dem Bilde einer faunischen Triebentartung. D a s Militär hat in der Weltauffassung dieses Dichters seinen Platz auf der niedrigsten Stufe jener Nabelbeschauer, die in Spanien vergeblich versuchen würden, eine

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Nation zu bilden. Dieses spanische Heer bestand, wie Costa sagte, aus Kompanien und beim Essenfassen plötzlich aus Bataillonen. Ein Heer, von putschenden Offizieren geführt und mit Generalen garniert, die Unamuno „héroes pasivos", das ist passive Helden, nannte. Aber das Selbstbewußtsein ist bei diesen Helden offenbar überreichlich bemessen. Primo de Rivera brachte es fertig, in einer Generalbesprechung beiläufig „unseren bekannten Waffenbruder" zu erwähnen, womit dann Napoleon Bonaparte gemeint war. Eine neue Welle der Industrialisierung, insbesondere die Prosperität aus den spanischen Neutralitätsgeschäften am ersten Weltkrieg und der unausbleibliche Rückschlag auf diesen künstlichen Auftrieb führten zu einer Zuspitzung aller sozialen und politischen Konflikte. Mit den bisherigen Rezepten der Restaurationspolitik war die krisenhafte Lage nicht mehr zu meistern. Nur die Generale hatten ihr gewohntes Selbstvertrauen behalten, trotz der erschütternden Niederlage im Kampf mit den Rifkabylen. Die Armee ging nunmehr dazu über, ihre Macht auf syndikalistischem Wege zu sammeln und, gestützt auf bündische Delegationen (Juntas), die Vaterlandsrettung in eigener Regie zu betreiben. General Primo de Rivera kopierte Mussolini mit andalusischen Übertreibungen auf dem Grundton patriarchalischer Milde. Die Armee war in der Tat zum Handeln gezwungen gewesen. Bei der leichtsinnig verschuldeten Niederlage von Anual (1921) war eine Division den zur Rache herausgeforderten Rifbewohnern in die Hände gefallen und massakriert worden. Die Empörung in Spanien wuchs in größtem Ausmaß. Der Prestigeschwund des Heeres begann auch den Glauben an die innerpolitische Prästanz der bewaffneten Macht zu erschüttern. Durch den Staatsstreich wurde der letzte Ausweg ergriffen. Primo de Rivera hatte es damit verstanden, eine Niederlage der Armee in Marokko in einen Sieg über Spanien zu verwandeln. Aber die Militärdiktatur: das war in den Augen der Militärs der Übergang der Staatsmacht in die Befehlsgewalt des Heeres. Daher mußte diese Diktatur trotz der ihnen freundlichen Gesinnung sie enttäuschen. Als die Armee dann gegen die politische Einherrschaft eines einzigen Militärs entschied, setzte sie alles aufs Spiel, verlor und gewann — und die Rechnung ist noch nicht zu Ende. Zunächst schien die Lage des Heeres durch die Republik eine hellere Wendung zu nehmen. Wenn Azaña, der erste Ministerpräsident der Zweiten Republik, ins Kriegsministerium einzog, so waren es nicht militärische Lorbeeren, die er zu pflücken gedachte. Vielmehr hatte sich wieder einmal — um es respektlos zu sagen — der Bock als Gärtner verdingt. Manuel Azaña war Heeres-

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minister geworden, um die Liquidation des spanischen Heeres zu betreiben. Dieser chirurgische Eingriff wurde bis in die Kreise der Rechten hinein als eine patriotische Tat begrüßt. Selbst Ortega y Gasset setzte sich in einem Augenblick der Begeisterung über den Abgrund hinweg, der ihn schon damals von der politischen Konzeption der entschiedenen Linken trennte, und beglückwünschte den Minister, daß er das Übel an der Wurzel erfaßt habe. Aber man ließ die Regierung Azaña nicht zu Rande kommen. Als Kriegsminister hatte Azaña versucht, die geballte Macht des Heeres „wie ein Stück Zucker in einem Wasserglas aufzulösen". Azaña hatte sehr wohl gesehen, daß das System des stehenden Heeres aufhören müsse. Damit würde auch das allzu gastliche System der Militärakademien beendet sein, in denen ein blutarmer Mittelstand seine Kinder und Waisen versorgt, statt sie in den Wettbewerb der gesellschaftlichen Kräfte zu stürzen. Beendet würde dann sein der Einfluß von 12 000 oder 14 000 Offizieren auf die spanische Gesellschaft. In einer Cortes-Rede vom 1. M ä r z 1932 erklärte Azaña mit kühler Voraussicht, daß „für Spanien die Abschaffung des bestehenden Militärsystems eine Frage auf Tod oder Leben" sei. Dieser kühne Plan versank mit dem Sturz der Regierung Azañas. Drei Jahre später mußte wieder festgestellt werden: „Und wieder will man das einzig überlebende Gespenst eines Staates auf die Beine bringen, das M a r x sein Skelett genannt h a t " (José Bergamín). Das Gespenst war eben im Begriff, Fleisch und Blut zu bekommen. Franco hatte damals gerade den Wiederaufbau einer Streitmacht für unbekannte Verwendung begonnen. „ M a r o k k o machte aus der zerstreuten Seele unseres Heeres eine geschlossene, zum Angriff schon bereite Faust" (Ortega y Gasset). Diese Prophezeiung von 1921 hat sich im Juli 1936 furchtbar bewahrheitet, als Francos afrikanische Truppen, mit fremder Hilfe über die Meerenge gesetzt und durch unaufhörlichen Nachschub aus aller Herren Länder verstärkt, den kurzen Traum einer spanischen Freiheit mit eisernen Fronten umstellten. Durch die folgenden Ereignisse hat das Heer den letzten Schleier des Mysteriums von sich geworfen. Schwert und Kreuz sind nunmehr als Hort und Hoffnung der reaktionsbedürftigen Schichten unlöslich verbunden. Wie der Klerus schon lange, tritt nun die Armee als Exponent eines Klassenbewußtseins aus ihrer bisher geübten Reserve. Hatte die Dauerkritik an diesem spanischen Heer stets nur ein in sich abgegrenztes Übel getroffen, so zeigt jetzt der tragische Verlauf der Dinge die Katastrophenwirkung einer falschen Gedankenrichtung. Die Staatskunst der Zweiten Republik beschränkte sich darauf, die Kritik der Intelligenz am spanischen Heer als Hebel einer antimilitaristischen Praxis anzusetzen. Man war überzeugt, die

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Schäden durch den chirurgischen Eingriff am Körper des Heeres zu heilen, Gefahren zu bannen durch die Verringerung des Sollstandes der Waffenträger. Dabei verkannte man, daß die Schäden des Heeres nur tiefer sitzende Schäden der spanischen Gesellschaftshierarchie zum Vorschein brachten. Die Macht der Armee war letztlich nur an der Wurzel der sie verpflichtenden Gesellschaftsmächte zu treffen. Das überstieg den Horizont des bürgerlichen Radikalismus und war auch nicht in der Kompetenz einer halbsozialistischen Koalition gelegen. Dagegen vermochten es die pazifistischen Minister, auch die loyalen Offiziere der Republik zu entfremden, indem man sie ebenso wie die illoyalen bedrohte und doch nicht imstande war, die über beide verhängte Drohung mit einem ernsten Gewicht zu behängen. In der Tat gelang es dem Heer, in der Zeit der Vorbereitung sich unsichtbar zu machen, um dann plötzlich Arm in Arm mit dem unbesiegbaren Bundesgenossen den offenen Schauplatz des Krieges zu betreten. Man hat das spanische Heer wie eine Urerscheinung begriffen, durch Tradition, Stil, Kampfesweise klar abgegrenzt von der benachbarten Reihe der Phänomene. Gewiß wird durch Stil und Tradition das begrenzende Merkmal einer Erscheinung gebildet. Aber Grenzen sind hier nicht abschließende Hüllen, die in sich Eingezogene vor dem beängstigenden Zugriff abschirmten, sondern die Zonen ihrer stärksten vitalen Spannung, ihrer beständigen Auseinandersetzung, die dem beschränkten Sein den Kontakt mit der wirklichen Seinswelt vermittelt. Durch die pazifistische Kriegserklärung gegen alle Waffenträger wurde der Augenblick der Widerstandsbildung mit einer gefährlichen Hypothek belastet. Teile des Heeres kämpfen drüben — andere an der Seite der Republik. Für die locker organisierten Verbände forderte das Gebot, dem Gegner in militärisch ebenbürtiger Form zu begegnen, Unterwerfung unter das tödlich verhaßte Prinzip der militärischen Disziplinierung. Kann man den Krieg nur in der Maske des Krieges töten? Für die Anarchisten war die Technik des Krieges wie jedes Mittel zur bloßen Zweckerreichung verwerflich. Nur der Krieg, der die Revolution verwirklicht und die verwirklichte Revolution verteidigt, schien ihnen statthaft. Dieser Krieg muß als ein Gegenkrieg sich mit den kriegsverneinenden Prinzipien siegreich bewähren und die Wirkung der Waffen durch entwaffnende Großmut verstärken. Häufig wird sie von den Anarchisten bis zur offenen Solidarisierung mit der Person des Gegners getrieben. Unter den Kriegsgesetzen war die Linie schnell überschritten, wo die Praxis der anarchistischen Prinzipien zum offenen Verrat führt. Anarchisten vermitteln den Briefverkehr des im Alcázar von Toledo eingeschlossenen Kommandanten

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mit seiner in Madrid verbliebenen Familie. Echte Revolutionäre müssen nach ihrer Meinung immer im Einklang mit den Gesetzen der Humanität aus freiem Selbstgefühl handeln. Eine Folge zieht die andere nach sich. Die gewissenhaft überbrachten Briefe des Kommandanten werden unzensiert weitergeleitet — das gebietet die Großmut, und Großmut kennt keine Kontingentierung. Den Belagerten schenkt man heute ein paar Zigaretten, morgen Lebensmittel aus den schon längst verknappten Eigenbeständen. Anarchistische Gruppen sind manchmal unbezwinglich im Angriff — aber die Vorstellung einer Front geht bei längerer Feuerpause verloren, und sie begreifen durchaus nicht, daß man sie daran hindert, mit der Mannschaft von gegenüber Fußball oder gar Karten zu spielen. Mit der Einsicht in die Dringlichkeit eines planhaft zusammengefaßten Handelns wurden aus Anarchisten die besten Kämpfer der Freiheit, die sich zugleich mit dieser Einsicht vom Anarchismus befreien. Aber man konnte unmöglich das Ubergreifen der anarchistischen Denkart auf die unbewußteren Schichten des spanischen Volkes verkennen. Großmut — schreibt R a m ó n Sender — ist der Wesenszug des spanischen Volkes, und in die Lage versetzt, ein kriegsgerichtliches Urteil zu vollstrecken, glaubt auch er, der marxistisch geschulte Intellektuelle, aus dem Gnadenschatz des Volkes den Vorrang der moralischen Waffe gesichert zu haben. D a s war die Kampfmoral eines Richard II.: ... mit Engeln im Gefecht Besteht kein Mensch. Der Himmel schützt das Recht.

Ramón Sender kann sich bei allem der grausamen Wahrheit unmöglich verschließen: „Statt zehn toter Feinde könnten wir zwölf oder fünfzehn haben — wenn der darob Verurteilte nicht versagt hätte. Mach dir darüber keine Illusionen: letzten Endes ist es nur das, was bei der Entscheidung ins Gewicht fällt." Wenn man die Summe der inneren Schwierigkeiten und Hemmnisse zu dem Mangel an Waffen, Material und Kriegserfahrung hinzuhält, wächst das Wunder eines über drei Jahre geleisteten Widerstandes in beinahe übermenschliche Dimensionen. Diese Dimension wurde in Wahrheit durch eine solidarische Volkskraft gewonnen, die den Bogen von der schon verschütteten oder vergessenen Episode der vergeblichen Opfer als Unterpfand der spanischen Freiheit über ihre nicht enden wollende Nacht hinweg schlägt. Schon heute wird in Spanien die Frage gestellt, wie sich das von General Franco zum Sieg geführte Heer bei künftigen Machtauseinandersetzungen verhalten wird. Wird es als gewichtiger Faktor in der politischen Waagschale erscheinen?

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Zunächst ist festzustellen, daß die heutigen Offiziere nicht eigentlich Kriegsgewinner sind, da während des Bürgerkrieges und nachher keine Beförderungen außerhalb der Reihe vorgenommen wurden. Von einer besonderen Politisierung der Armee im Sinne des Franco-Systems ist daher keine Rede. Der Gedanke an eine Politisierung der Armee wird überhaupt verworfen. Die große Mehrheit der Armeeoffiziere wünscht sogar, zufolge einer in Spanien angestellten Enquête, „eine gesetzliche Entwicklung zu einem aufgeschlossenen und einem mit den ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen eines modernen Landes besser in Einklang befindlichen politischen System". Und ferner heißt es mit allem Nachdruck: „Wir wünschen ein demokratisches Spanien, aber ohne Umsturz." Solche Äußerungen beweisen, daß auch die Offiziere sich die Meinungen der Mehrheit ihrer Landsleute in Sachen der Politik zu eigen gemacht haben.

X . Der Aufstieg des spanischen Proletariats (Die spanische Arbeiterbewegung) Die Ansätze einer Arbeiterbewegung zeigen sich in Spanien zehn bis zwanzig Jahre später als in England und Frankreich. 1840 war der erste Weberverband in Barcelona gegründet worden; 1854 kam es zum ersten föderativen Zusammenschluß aller Arbeitnehmerverbände; 1855/56 wurden schwere Aufstände in Z a r a g o z a , Valencia, Valladolid und in anderen spanischen Städten blutig niedergeworfen. Auch in Spanien fühlt sich die herrschende Gesellschaft seit den vierziger Jahren trotz ihrer ernstlich kaum bedrohten Machtposition durch das Erscheinen sozialistischer Kräfte in ihren Fundamenten erschüttert. Damals bewies der geistvolle Denker D o n o s o Cortés mit unwiderleglichen Gründen, daß kein weltliches System der Gesellschaft die Konsequenz des Sozialismus entkräfte. Damals gründete Bravo Murrillo eine Diktatur über Spanien auf der Drohung, die der Gesellschaft durch den Verlust ihrer geistigen Bindung erwachsen sei. Für die christliche Gesellschaft bestehe der Zwang, die Lösung der sozialistischen Fragestellung aus eigener Vollmacht in Angriff zu nehmen. Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien seien schon mitten in die Gefahrenzone geraten. Letzten Endes könne die Rettung nur in der zusammengelegten Regierungsgewalt aller bedrohten Nationen bestehen. Sozialismus sei in Wahrheit die Verneinung der Gesellschaft.

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„Dieser Sozialismus", rief der Diktator in die spanische Kammer, „hat seinen Namen gewiß nur im Widerspruch seines Wesens erhalten, denn die gespenstischen Pläne derer, die sich Sozialisten heißen, sind der Widerspruch der Gesellschaft; der Sozialismus — ich wiederhole — ist mit dem Eigentum unvereinbar. Aber das Eigentum ist die Basis der Gesellschaft; ohne Eigentum ist Gesellschaft unmöglich und wird niemals bestehen. Eigentum, und mit dem Eigentum die Gesellschaft, ist die Schöpfung Gottes; wir wissen es alle, daß sie nicht untergehen kann; aber sie kann in die Nacht geraten, und ein Sturm, ein Orkan kann über sie kommen ..."

Diese dunkle Besorgnis erklärt die letzte Zuflucht Bravo Murrillos, der mit feinerer Wendung der unverdrossenen Sprache Bismarcks vorausgreift: „Ich bin kein Absolutist, der irgendeinen Absolutismus fordert; einen einzigen nur erkenne ich an: das ist der Absolutismus Gottes!" Noch ist die Wirklichkeit, die im Alpdruck der geängsteten Gesellschaft ein Riesenmaß annimmt, schwach und zersplittert. Die Bewegung zerfällt in eine Vielheit von Systemen, die Spanien aus Frankreich übernimmt und der Reihe nach ausprobt. Abreu brachte Fourier nach Spanien, Ramón de la Sagra vertritt seit dem Ende der vierziger Jahre einen freilich nur halb verstandenen Proudhonismus. Cabet wurde den Spaniern durch Monlirich vermittelt, während Fernando Garridos (1821 — 1883) korporatives System auf Louis Blanc zurückgeht. Garrido begründet die erste sozialistische Zeitung in Madrid („La Atracción"), während in Barcelona die „Fraternidad" (Redakteure: Aldón Terradaz und Monturiol) erscheint. Um Proudhon bemühte sich der föderalistische Republikaner Francisco Pí y Margall; seine spanischen Übertragungen erscheinen nacheinander in der Revolutionszeit zwischen 1868 und 1873. Schon vor dem Ausbruch der Revolution hat das Proletariat der Regierung der Königin ein beschränktes Koalitionsrecht abgerungen (1864). Seit dem Beginn dieser Revolution ermuntert Bakunin seine Gefolgschaft in Spanien, die politische durch die soziale Revolution zu vollenden. „Macht doch die soziale Revolution!" — so lautet die von Bakunin inspirierte Adresse des Genfer Zentralkomitees von 1868 — „Aber laßt euch nicht betrügen von den ewigen Ausbeutern aller Revolutionen: weder von den Generalen noch von den Bourgeoisdemokraten!" Damit war aber noch kein Gesichtspunkt für den taktischen Einsatz der proletarischen Kampfkraft gewiesen. Hatten Marx und Engels schon im „Kommunistischen Manifest" eine taktische Unterstützung der Bourgeoisie im Kampf für den Fortschritt gefordert, so war durch Bakunins zweideutige Formel die faktische Unterstützung der Reaktion durch das Proletariat in einseitiger Kampfstellung gegen die bürgerliche Demokratie ermöglicht. In der Folgezeit wird in der Tat das spanische Proletariat den Irrtum Lassalles hundertfach wiederholen.

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Die Ereignisse der Pariser Kommune schlugen auch in Madrid ihre Wellen. Das Gefühl der bedrohten Gesellschaftsordnung stieß in Spanien auf die noch ungebrochenen Impulse der bürgerlich-liberalen Revolutionsbewegung. Die proletarische Frage war ein glühendes Eisen. Niemand wollte danach greifen, aber jeder fühlte das Bedürfnis, darüber zu reden. So kam das Redeturnier in der Cortes-Sitzung vom Oktober 1871 zustande, wo jeder nur denkbare Standpunkt in dieser heiklen Frage mit einem ungewöhnlichen Aufgebot an Gelehrsamkeit vertreten wurde. Die Sektion der Internationale blieb die Antwort nicht schuldig. Sie tagte im selben Monat unter dem Vorsitz von Pablo Iglesias, dem künftigen sozialistischen Leader. Im „Vorboten" findet man einen Bericht über den pittoresker Züge nicht ermangelnden Verlauf der Sitzung. „Die Internationale stirbt nicht", heißt es in dem Bericht. „Man kann sie verfolgen, aber aus jedem Kampfe wird sie stärker, siegesgewisser hervorgehen, die ewigen Prinzipien der Wahrheit, Moral und Gerechtigkeit verkünden." Auch der Atheismus steht in voller Blüte. Z w a r soll Religion nach Meinung der im Präsidium vertretenen Genossin Guillermia Rojas — als eine Religion des Gewissens noch gelten. Einen Gott will aber die Referentin erst anerkannt haben, wenn derselbe sinnlich wahrnehmbar vor sie hintrete mit den Worten: „Ich bin dein Gott!" Neben der Religion gehört die Nation zu den schon überwundenen Realitäten, welche nur noch als abstrakte Begriffe bestehen. „Seit durch die Internationale alle menschheitlichen Interessen in eins zusammengefaßt wurden", habe das Wort Vaterland jeglichen Sinn verloren. „Und so ihr dieser Strömung euch zu widersetzen wagt", Schloß diese temperamentvolle Rede, „so wird sie unaufhaltsam euch mit fortreißen und in ihren Wellen begraben." 1872 entbrannte eine neue Cortes-Debatte über das Verhältnis der konstitutionellen Regierung zur Revolution des Proletariats. Selbst im Lager der bürgerlichen Linken wurde damals der Sozialismus vom Anarchismus noch nicht unterschieden. Während ein Teil der Republikaner die rücksichtslose Anwendung des Kriegsrechts verlangte, wollten Salmerón und Ruiz Zorrilla den Geist der Toleranz nicht verraten. Durch Erziehung, nicht aber durch gewaltsame Repressionen sei das Gleichgewicht der gesellschaftlichen Kräfte zu sichern. Diese Erziehung konnte aber naturgemäß die Gesellschaft nur im einzelnen Menschen erfassen. Wenige Monate nach der im Februar 1873 erfolgten Konstituierung einer ersten spanischen Republik versuchte Pí y Margall als Diktator für wenige Wochen die föderative Umgestaltung der Nation in die gesetzlichen Wege

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zu leiten. Zweifellos war Pi y Margall auch in dieser Frage von proudhonistischen Auffassungen durchdrungen, aber er wollte den Staat nicht im Sinne der Anarchisten „abgeschafft" haben, sondern durch gesetzliche Reformen in ein Organ der Gesellschaft zurückverwandeln. Denn seinem Wesen nach war nach dem Ausdruck Pí y Margalls der Staat nichts anderes als selbst ein „Symbol und Repräsentant der Gesellschaft". Dem Föderalismus Pí y Margalls wurde durch die Erhebung des spanischen Kantonalismus vorausgegriffen. Eine Reihe südspanischer Städte, Cartagena an der Spitze, erklärten sich nach Schweizer Vorbild zu souveränen Kantonen. Pi y Margall versuchte in solidarischer Revolutionsgesinnung dem Aufstand die Spitze abzubrechen. Man bezichtigte ihn, im heimlichen Einvernehmen mit den Aufruhrkräften zu stehen. Nicht zu bezweifeln ist, daß der Kantonalismus seine Stoßkraft dem anarchistischen Proletariat der südspanischen Latifundien- und Minengebiete verdankte. Wenn auch Bakunin in Genf von der „bourgeoisen Provinzpolitik der spanischen Kantonalisten" entschieden abrücken wollte, so haben sie doch von keinem andern als von Bakunin selbst die ermunternde Botschaft vernommen, daß „die Föderation von unten nach oben gemacht werden müsse". Der Kampfstil des Anarchismus führt sich schon durch den Kantonalismus ad absurdum. Die zentralistischen Republikaner hatten ein leichtes Spiel: sie schickten ihre Armee von Stadt zu Stadt, um einen Kanton nach dem andern zur Unterwerfung zu zwingen. Diese Siege brachten den schon bedenklich niedergebrochenen Militarismus wieder zur Höhe, so daß schon im nächsten Jahr auch die zentralistischen Republikaner einen Stärkeren fanden. Serrano bereitete damals als Diktator der Restauration des bourbonischen Thrones (1875) die Wege. In den ersten zwei Jahren stellte die Restauration die proletarische Bewegung außerhalb des Gesetzes. 1881 tagt in Barcelona die neu gegründete anarchistische „Federación de los Trabajadores", während in Madrid der Stützpunkt des spanischen Sozialismus sich langsam entwickelt. Am 17. August 1881 schreibt Engels an Eduard Bernstein: „ D i e Spanier sind keineswegs lauter Anarchisten. In M a d r i d sitzt ein ganz vortrefflicher Kern (die ehemalige „ N u e v a Federación M a d r i l e ñ a " ) , dazu sind sehr gute Elemente, namentlich in Valencia und einigen kleinen katalanischen Fabrikstädten, dazu andere zerstreut. Der energischste und klarsehendste ist unser Freund J o s é M e s a , jetzt in Paris, ein g a n z ausgezeichneter Kerl, der auch mit G u e s d e und den anderen dortigen zusammenwirkt und die Verbindungen aufrechterhält."

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Schon 1879 war es zur offenen Spaltung zwischen „autoritären" marxistischen Sozialisten und „antiautoritären" Anarchisten gekommen. Im selben Jahre hatte Pablo Iglesias (1850—1925) die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, sieben Jahre später die Tageszeitschrift „El Socialista" und 1888 die Gewerkschaft der U.G.T. (Unión General de Trabajadores) gegründet. In Barcelona und in Andalusien bleibt dem Anarchismus das Übergewicht erhalten; seit dem Beginn der dreißiger Jahre trat der Kommunismus, dessen Siegeszug von den Minengebieten ausstrahlt, im Süden fast überall in die Erbschaft des Anarchismus. Außer Madrid wird das baskische Kohlen· und Erzrevier eine Hochburg des Sozialismus. Aragonien ist mit Zaragoza gespalten. Estremadura wurde dem anarchistischen Besitzstand in den letzten Jahren erfolgreich von den Sozialisten abgerungen. Die spanische sozialistische Partei besaß in Madrid ihren festesten Stützpunkt, während Barcelona sich bis in die jüngste Zeit hinein gegen den sozialistischen Einfluß sperrte. Pablo Iglesias, der Gründer und langjährige Führer der spanischen Sozialisten, sucht eine Praxis des Legalismus durch eine Theorie der Revolution zu verbinden. „Revolution bedeutet Gewalt. Und Gewalt bedeutet Gewehre, Messer und D y n a m i t . . . " Aber die Revolution soll nicht die politische Herrschaft ergreifen, sondern unmittelbar, wie Iglesias es formuliert, die „ H a n d auf den Reichtum legen". So beginnt die Ouvertüre des spanischen Sozialismus mit einem anarcho-syndikalistischen Begleitton. Trotz der beachtlichen Konsolidierung des Sozialismus lag die Stoßkraft des Proletariats, wie die Ereignisse der sogenannten „tragischen Woche" von Barcelona erwiesen, noch immer beim anarchistischen Flügel. Ausgelöst wurde diese Revolte durch die Konskriptionen des in Melilla schwer geschlagenen Heeres. Es wurde gestreikt, es wurden Brücken gesprengt, und an einigen Orten wurde die Republik ausgerufen. Wieder war Barcelona der Vorort des Aufstandes, der erst in tagelangen schweren Straßenkämpfen erstickt werden konnte. Als Rädelsführer wurde der anarchistisch und pazifistisch gesinnte Schulreformer Francisco Ferrer (1858 — 1909) vor ein Kriegsgericht gestellt und ohne den Schatten eines Beweises zum Tode verurteilt. Die konservative Regierung Maura ließ die Hinrichtung geschehen. Ferrer starb — mit einem Hochruf nicht auf die Revolution des Anarchismus, sondern auf die Erziehung zur spanischen Freiheit, der sein Lebenswerk mehr als der politischen Revolution gehörte. Aber die spanische Revolution hatte einen Märtyrer gewonnen. Spanien sah sich vor einem „moralischen Fall", der, wie in Frankreich der Dreyfus-Skandal, alle Fibern der Nation berührte und die schlummernden Kräfte ihrer Erneuerung weckte.

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Bisher war es dem Anarchismus trotz seines beständigen Wachstums noch nicht gelungen, sich den Schwerpunkt einer wirksamen Organisation zu schaffen. Demgegenüber bewies der schnelle und erfolgreiche Aufbau einer sozialistischen Gewerkschaft, daß die Nationalpsychologen lügen, die den Mangel an disziplinierender Energie aus der Konstanz des Nationalcharakters erklären. Der Anarchismus zeichnet keinen nationalen Charakter, sondern geschichtliches Schicksal: den Fortbestand krisenhafter Verhältnisse, die verlängerte Pubertät am Rande der wirtschaftsstarken und zum Fortschritt gezwungenen Nation. Durch die wachsende Industrialisierung seit der ersten Weltkriegskonjunktur und die immer tiefer einschneidende Wirksamkeit der kapitalistischen Krisengesetze war auch das Selbstbewußtsein der Massen beträchtlich gestiegen. In den Reihen des Anarchismus verstärkte sich der syndikalistische Einfluß. Immer mehr verstanden sich auch die Anarchosyndikalisten auf den Vorteil, den nur der Rückhalt einer machtvollen Organisation gewähren konnte. 1921 wurde die C . N . T . (Confederación Nacional del Trabajo) gegründet. Sie hielt bis in die Zeit des Bürgerkrieges hinein der sozialistischen Gewerkschaft die Waage. Die Entstehung der Sowjetunion stellte auch den spanischen Sozialismus vor eine Entscheidung. Im April 1921 reiste im Auftrag seiner Partei Fernando de los Ríos nach Rußland, um dann vor dem sozialistischen Parteitag das Verhältnis zur III. Internationale zur Debatte zu stellen. In der folgenden Abstimmung erklärten sich 8808 Stimmen gegen die Zusammenarbeit mit der Moskauer Internationale, während die Minderheit von 6025 Stimmen eine beachtliche Parade der spanischen Revolutionskraft darstellte. Auch die Majorität erklärte, daß ihre Weigerung nur die Aufnahmebedingungen der III. Internationale verwerfen wollte, daß sich aber an der grundsätzlichen Solidarität der gesamten sozialdemokratischen Partei nichts ändere: „Wir identifizieren uns voll und ganz mit dieser Revolution" — heißt es am Schluß dieses beachtlichen Dokuments. Unter dem Vorwand, der Revolutionsgefahr zu begegnen, organisierte sich das Heer nach syndikalistischem Vorbild in Offiziersverbänden (Juntas), die unmißverständlich den Einflußwillen des bewaffneten Teils der spanischen Gesellschaft verkörpern sollten. Diese Konstellation erzeugte die Diktatur des Generals Primo de Rivera (1923—1930), einer patriarchalischgemilderten Neuauflage des italienischen Faschismus. Die Ausrottung des Anarchismus steht auf dem Programm der neuen Militärregierung an vorderster Stelle. Durch Verstärkung der polizeilichen Aufgebote wurde in der Tat die Zahl der Überfälle auf Geldtransporte vermindert und damit die

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Haupteinnahmequelle der anarchistischen Verbände verschüttet. Aber die Anarchisten waren an solchen Kummer gewöhnt und durch ihre illegalen Traditionen befähigt, die Zerschlagung ihrer Organisation in voller Gesundheit zu überstehen. Viel verwickelter war die Lage, in die der Sozialismus sich selbst durch die Verlegenheit der Putschregierung versetzt sah. Die Diktaturregierung hatte mit ihrem frisch-fröhlichen Krieg gegen den Anarchismus vulkanischen Boden betreten. Eine Einheitsfront der Revolutionsparteien mußte bei den allein entscheidenden Anfangsschritten vermieden werden. Teilen und herrschen — so dachte sich der neue Napoleon in seinem Madrider Palast sein Debüt in der Weltgeschichte. Er entsandte den Herzog von Tetuán als Unterhändler in die „Casa del Pueblo", d. h. ins Hauptquartier des Sozialismus. Dieser Höflichkeitsgeste folgte nach einer stürmischen Auseinandersetzung im Parteivorstand die Entschließung, die Angebote der Regierung anzunehmen und den Parteiführer Francisco Largo Caballero (1869— 1946) in den neu zu bildenden Staatsrat zu entsenden. In der tumultuarischen Sitzung versuchte die Rechte, von Besteiro und dem halbzentristischen Indalecio Prieto geführt, die Kompromißbereitschaft der Führung mit allen Mitteln zu bekämpfen. Wie so manches Mal, verbarg auch diesmal die Parteiopposition unter dem Mantel der Intransigenz nur die Furcht, die Fühlung mit den bürgerlichen Oppositionsparteien zu verlieren. Letzten Endes stand schon jetzt der Gedanke einer künftigen Koalition auf dem Spiel. Für den Opportunisten ist die Koalition eine Lebensbedingung, für den konsequenten Sozialisten nur ein mögliches Durchgangsstadium, ein Verhältnis auf Zeit, das er in voller Wahrung der Handlungsfreiheit eingeht. Möglicherweise verlor der spanische Sozialismus — wie Prieto und Besteiro damals beteuern konnten — seine Ehre, aber er konnte dafür die gesammelte Macht in seiner Gewerkschaft behalten und an sich ketten. Aus der Krise der Diktatur ist die Partei denn auch mit verstärktem Gewicht hervorgegangen. Primo de Riveras unblutig-dilettantischer Faschismus hatte zuwege gebracht, was in Spanien keine radikale Propaganda mehr vermochte: den aufgeklärten Teil der spanischen Bourgeoisie zu einem Bündnis mit dem Sozialismus reif zu machen. Wieder erwies sich der Krausismus als das Band der ideologischen Vermittlung. Der Krausismus erzeugte im Vorgelände des Sozialismus den größten Spielartreichtum. Unter den ersten republikanischen Ministern war die Institución Libre de Enseñanza charakteristisch vertreten: durch Marcelino Domingo, durch Francisco Barnes und durch den sozialistischen Rechtshistoriker Fernando de los Ríos. Allerdings

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hatte der führende Kopf einer republikanischen Regierung, Manuel Azaña, für die Schwächen und überlebten Allüren des „Institucionismo" ein kritisches Auge. Azaña nahm in seinen Tagebüchern besonders Fernando de los Ríos aufs Korn. Mit ihm war fraglos der typischste und bedeutendste Vertreter einer die spanische Atmosphäre so lange behaftenden Gesinnung getroffen. Azaña spricht von „pedantischer Unverfrorenheit", einem „breit aufgetragenen akademischen Ethos", dem „unerträglich professoralen Tonfall", der „pedantischen und gesuchten Ausdrucksweise" und dem „grenzenlosen Zutrauen eines ewigen Oberlehrers zu seinem Primus": die verdächtige Neigung, in Jüngeren weiterzuleben, münde in ein neues Regierungsprinzip, das Azaña mit boshaftem Seitenhieb die „Ephebokratie" nannte. All das sind karikierende Züge des krausistischen Stiles. Durch den Zwang einer radikalen Wandlung aller politischen Begriffe ließ sich die Unzulänglichkeit einer solchen Haltung nicht länger verhehlen. Nicht nur die politischen Begriffe hatten sich in Spanien verändert — die Veränderung der Verhältnisse brachte über die Herzgedanken des liberalen Spaniens das unwiederbringliche Urteil. Der Krausismus erweist sich nun immer mehr als das in den spanischen Sozialismus hineingetragene Gift eines Reformismus. Das verrät die schon 1926 erschienene Schrift von Fernando de los Ríos: „El sentido humanista del socialismo" (Über den humanistischen Sinn des Sozialismus). Durch den üblichen Rückgriff auf Kant läßt sich der Sozialismus nicht mehr geschichtlich entwickeln, sondern aus dem Grundsatz der menschlichen Autonomie konstruieren. Die marxistische Mehrwertlehre verschwebt sich in koketten juristischen Formeln: Mehrwert tritt auf in der Differenz „zwischen dem genossenen Recht und dem geleisteten Dienst", woraus sich die naturwidrige Existenz eines Rechtes ohne entsprechende soziale Verpflichtung ergeben müsse. Der Kapitalismus bedürfe der Lenkung, und der Kapitalmarkt müsse unter die gesellschaftliche Kontrolle der Verbraucher treten. Im ganzen scheint die Aufhebung der politischen Gesetze durch die Naturgesetze das letzte Wort dieser Weisheit zu sein, die ein spanischer Rezensent abschließend beurteilt als einen Versuch, „den schiffbrüchigen Liberalismus, der der Wunschtraum von gestern war, im Namen des Sozialismus, der die Wirklichkeit von morgen sein wird, zu retten" („Revista de Occidente", Dez. 1926). Beim Eintritt in die Zweite Republik fand der Sozialismus zunächst eine dankbare Lage. In der Koalition mit dem bürgerlichen Radikalismus wurde zunächst ein sozialistisches Mindestprogramm verwirklicht: Neuverteilung des Bodens, Entflechtung von Staat und Kirche und Zerstörung der militäri-

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sehen Basis für künftige Reaktionsgelüste — diese ersten Etappen des Sozialismus sollten das Endziel der linksliberalen Regierung Azañas krönen. In Wahrheit bemühte sie sich, die entfesselte Revolution auf dem Lande in den Wegen der Gesetzlichkeit zu bremsen. Nachdem diese Stabilisierung einigermaßen geglückt war, ließ die Bourgeoisie ihren linken Flügel fallen. Z u viele Interessen waren auf einmal verletzt. In brüsken Formen wurde der Umschwung vollzogen. Die Verfälschung des historischen Sinns der Republik durch die 1933 zur Macht gelangte Reaktion der Mittelparteien wurde indessen nicht kampflos hingenommen. 1934 brach im asturischen Minengebiet der Aufstand los, die gewaltigste Erhebung des spanischen Proletariats seit der „tragischen Woche". Unter dem Eindruck des kommunistischen Aufstiegs wurde das Schwergewicht des revolutionären Flügels innerhalb der sozialistischen Partei verstärkt und durch Largo Caballero zur Führung ermächtigt. Der Ausgang des ungleichen Kampfes glich dem der „tragischen Woche" von Barcelona. Doch kann man gerade an diesem Vergleich erkennen, was in der Geschichte des Proletariats ein Menschenalter gebracht hat. Statt planloser Anarchie die systematisch geführte Aktion. Mit ihr war der Kern schon gebildet, um den sich zwei Jahre später die siegreiche Volksfront gruppierte. Gegen die Aufständischen, die sich des ganzen Minengebietes bemächtigt und in der Hauptstadt Oviedo befestigt hatten, ließ die Regierung eine erdrückende Heeresmacht marschieren. Erst nach tagelangen Kämpfen siegte die blutige Repression. Vergeblich versuchte die Regierung die von ihren Truppen begangenen Exzesse durch eine Gegenrechnung entschuldbar zu machen. D a s Dementi erfolgte diesmal aus den Reihen der spanischen Rechten. Ein katholischer Professor aus Oviedo gab in einem Erlebnisbericht der Wahrheit die Ehre: „Bei der Besetzung unserer Wohnstätte durch die Revolutionäre waren wir eine G r u p p e von fünfzehn Personen, die als Flüchtlinge ein von seinen ursprünglichen Bewohnern aufgegebenes G e b ä u d e aufgesucht hatten. Nunmehr mußten wir die Behausung mit einer kommunistischen Einquartierung teilen und ebenso die äußerst k n a p p gewordenen Lebensmittel ... Um jede Straße wurde erbittert gerungen, und der nächtliche Himmel war rot von den Flammen der brennenden H ä u s e r ... Fünf T a g e lang waren wir in der H a n d dieser Revolutionäre, die mit uns machen konnten, w a s sie wollten, für die wir als bürgerliche Klassenfeinde dem Tode verfallen waren. Aber wir können nur das Beste von ihnen berichten. In den harten und durch den K o m m u n i s m u s fanatisierten Minenarbeitern fanden wir einen unvermuteten Herzenstakt ... Sie stürzten sich inmitten des Kugelregens in eine Konditorei, als sie erfahren hatten, daß wir nichts mehr zu essen hatten ... Sie durchsuchten uns nicht nach Waffen, da unser Ehrenwort ihnen genügte ... Als der Führer dieser G r u p p e Erholungsurlaub in seinen Heimatort erhielt, machte er trotz seiner Übermüdung keinen Gebrauch davon, nur um zu vermeiden, daß wir in schlechte H ä n d e geraten könnten . . . "

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Charakteristisch bleibt aber die verfehlte Konsequenz aus diesem Erlebnis. Statt die Unvereinbarkeit der solidarischen Haltung der Menschen mit dem Bestehen einer Klassengesellschaft zu sehen, will man den Klassenfrieden über dem Abgrund der Klassengegensätze errichten! Unterdessen war im Lager des Proletariats die ideologische Front in neue Bewegung geraten. Diese Bestrebungen erhielten in der neu gegründeten Zeitschrift „Leviatán" (1934) eine Plattform der Auseinandersetzung. Man ersieht daraus, daß der spanische Sozialismus sich von den Schlacken des Reformismus befreite. Aber man sieht auch, daß er auf seinem Wege von neuen Fehlerquellen bedroht war. So bestritt, vermutlich unter austro-marxistischem Einfluß, ein führender Kopf wie Luis Araquistáin die Anwendbarkeit der marxistischen Dialektik auf die Naturwissenschaften: der wissenschaftliche Name des Sozialismus habe ihm stets das größte Unbehagen bereitet. Araquistáin war den typischen Schwankungen einer „zentristischen" Parteiintelligenz verfallen. Gegen Indalecio Prietos (geb. 1883) rechte Gruppierung unterstützt er Largo Caballeros entschlossene Führung und wirft seine reiche Erfahrung als Journalist in diesen Kampf mit der Rechten. Zwischen seiner „Claridad" und dem prietistischen „Socialista" tobt alltäglich der sozialistische Bürgerkrieg. Aber als später, nach Ausbruch des Kampfes, Largo Caballeros schwankende Führung die Kritik der Kommunisten auf sich zog, war auch für Araquistáin die geschichtliche Bewährungsprobe gekommen, in der sich die fatale Konsequenz seiner ideologischen Unzulänglichkeit enthüllte. 1934 hatte sich immerhin eine sozialistische Mehrheit zu der Erkenntnis durchgemausert, daß die sozialistische Partei Spaniens nur als eine revolutionäre Partei ihre geschichtliche Sendung erfüllen könne, daß sie den Weg der Gewalt gegebenenfalls nicht verschmähen darf, daß sie die Diktatur des Proletariats mit allen Mitteln erstreben müsse, was die Möglichkeit einer legalen Machtergreifung nicht ausschloß. Die Gewalt der Ereignisse drängte zu einer revolutionären Lösung, aber sie ließ den Riß im Fundament der Partei noch bestehen. Es gelang ihr nicht, Legalismus und Revolution als Moment in der Praxis des Klassenkampfes zu begreifen. Um so beachtlicher war die damals geglückte Verschmelzung von kommunistischer und sozialistischer Jugend (1935). Der Kommunismus war als die Grundkraft des Proletariats schon auf allen Gebieten zu spüren. Auch auf der Seite des Syndikalismus mußten die inneren Widersprüche durch die zugespitzte Klassenlage immer krasser zum Vorschein kommen. Angel Pestaña, ein Sorelianer reinsten Wassers, wollte das Band des Syndikalismus mit dem politischen Anarchismus zerschneiden. Generalstreik und

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psychologischer Terror der Massenbewegung sollten genügen, um die bürgerliche Gesellschaft ohne Anwendung politischen Zwangs aus ihren Kommandostellen zu verdrängen. Aber der Umschlag wird auf irgendeinem Punkt des Prozesses erreicht werden müssen, wo die Machtergreifung von neuem ihr politisches Ziel bekundet. Dieser Augenblick führt die getrennten Linien von Anarchismus und Syndikalismus wieder zusammen. Beide Gruppen, die anarchistische und die syndikalistische, haben bis dahin aus sehr entgegengesetzten Gründen mit souveräner Verachtung jede Beteiligung an den Wahlen in die bürgerlichen Parlamente von sich gewiesen. Trotzdem stimmte ein Teil von ihnen für irgendwelche präsozialistische linke Parteien. In der Praxis bedeutet dies die Begünstigung des kleinbürgerlichen Radikalismus, und die Praxis führte auch zur Demaskierung der zählebigen theoretischen Fehler. Während man einerseits das taktische Zusammengehen mit der Bourgeoisie in der Bekämpfung des gemeinsamen Gegners als eine Politik des Klassenverrats brandmarkt, wurde durch den Beitrag der anarchistischen Stimmen das Übergewicht der Bourgeoisie bei der Verfolgung gemeinsamer Ziele durch den unbelehrbaren Anarchismus gesichert. In den Jahren der Entscheidung trat zum erstenmal die fortgeschrittenste Kraft des proletarischen Kampfbewußtseins in Erscheinung. Der rapide Aufschwung des Kommunismus läßt sich nur unzulänglich an den spanischen Wahlergebnissen ermessen. 1934 war die P.C.E. (Partido Comunista de España) in den Cortes durch einen einzigen Abgeordneten vertreten. In den Volksfrontwahlen von 1936 wurden 17 Kommunisten gewählt, und bald nach Ausbruch des Krieges war die Partei das Herz und das Hirn der spanischen Freiheitsbewegung geworden. Die drei Jahre des Spanischen Bürgerkrieges blieben trotz der Niederlage eine unverlierbare Erfahrung für den Endsieg der nationalen Freiheitsbewegung in allen Ländern. Im Verlauf des Kampfes war es gelungen, die Entscheidung auch in die Reihen der sozialistischen Partei zu tragen. Das Versagen der Revisionisten vom Schlage Besteiros (1870—1940), der Parteipraktizisten, die — wie Prieto — als einziges Prinzip die Verachtung aller Prinzipien anerkannten, mußte in der zugespitzten Situation des Kampfes zur Kompromißbereitschaft mit dem Faschismus und zu einer Zersetzung des Widerstandswillens führen. Tragischer lag der Fall des alten sozialistischen Leaders Largo Caballero. Als ein Fanatiker der Gewerkschaftsbewegung war er durch den heißen Wettstreit zwischen der sozialistischen U.G.T. (Unión General de Trabajadores) und der anarchistischen C.N.T. (Confederación Nacional del Trabajo) in unhaltbare Kompromisse mit dem Anarchismus verstrickt und schließlich zur Verkennung der naheliegendsten

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politischen Ziele verleitet worden. Das ist ein neuer Beweis dafür, wie stark das Geschick des spanischen Proletariats durch seine anarchistische Mitgift erschwert war. Einer disziplinierten Kriegsführung setzte die anarchistische Haltung das stärkste Hemmnis entgegen. Nach der Meinung der Anarchisten würden ein paar verwegene Charaktere genügen, um den Umschlag der Revolution zu sichern und alle Problematik durch einen Gewaltstreich zu lösen. Der anarchistische Personalismus wird durch den Glauben an die spontane Schöpferkraft der Massen zur Mystik gesteigert. Bakunins Irrtum hat sich in Spanien tausendfältig verkörpert. Ilja Ehrenburg bemerkt in dem reizenden Protokoll seiner flüchtigen Spanienreise von 1932 darüber: „Was für Paradoxa liebt doch die Geschichte! Hat dieses Herrensöhnchen Michael, dieser russische Rebell und Tolpatsch, dieser mit Bomben spielende Bär und sentimentale Korrespondent Nikolaus I., es sich wohl träumen lassen, daß er siebzig Jahre später in dem Dörfchen Fernán Nuñez einen Schüler haben würde, einen des Lesens und Schreibens kaum kundigen Landarbeiter? Der Schüler Bakunins ist nicht einsam, ihrer sind viele, in Fernán Nuñez, in Jerez, in Sevilla. Nicht schwer wäre es, den ganzen Wirrwarr ihrer Theorien zu beweisen. Nicht schwer aber auch, zu durchschauen, wie sehr ihre Taktik — dieses immerwährende Partisanentum, diese Teilstreiks, diese vereinzelten Salven — die Arbeiter in die Niederlage geführt hat und führt."

Mit den Prinzipien und mit der Praxis des Anarchismus war ein chaotischer und unberechenbarer Faktor in die Kampffront der Freiheit getreten. Die eigene Partei wird von den Anarchisten nur als Gewähr einer maßlosen Freiheit geachtet. Delegierte sollten nach persönlicher Meinung und nicht als gebundene Vertreter einer parteilichen Entscheidung handeln. Um die Gleichheit herbeizuführen, ist es verpönt, die Ungleichheit zur Unterdrükkung der Unterdrückten aufzufordern. Loyalität soll auch gegenüber dem Klassenfeind gelten. Wenn man mit seinen Prinzipien nicht durchkommt, soll man nicht einen taktischen Ausweg erspähen, sondern zu sterben verstehen. Das Blut wird die Frucht der Wirklichkeit bilden, die in der Tat kein anderes Unterpfand in der idealistischen Mystik der Anarchisten finden konnte. So lebt der Anarchismus im dauernden Vorgriff auf die Revolution und in der Ekstase der Utopien, aus der die blinde Gewalttat hervorgeht. Jedes Nahziel wird durch die mystische Enderwartung der Anarchisten überblendet. Wo immer ein Mensch durch Züge des Mutes und der Großmut hervortritt, glaubt man die Bruderhand ergreifen zu müssen und durch den ver-

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brüdernden Impuls eine Zelle der klassenlosen Gesellschaft zu bilden. Großmut bewog die anarchistischen Belagerer des Alcázar von Toledo, die Briefe des eingeschlossenen franquistischen Kommandanten an seine Angehörigen zu übermitteln, und aus Großmut wurde es unterlassen, die Nachricht, die man dem Klassenfeind in die Hände spielte, zu überprüfen. Großmut läßt sich gewiß nicht dosieren, und so entsprang aus dem generösen Irrtum ein zweiter, der an Verrat grenzt. Inwieweit der spanische Anarchismus unter der Decke des erzwungenen Schweigens fortschwelt, bleibt eine offene Frage. Sie kann die Lösung der spanischen Frage nicht mehr betreffen. Die Romantik der Revolution hat jedenfalls ihre überliefernde Macht verloren, seit sich das Gewissen der wirklichen Revolution als Vorhut der nationalen Freiheit bewährte: Die kommunistische Partei ist in den dreißig Jahren ihres Bestehens zur Höhe der nationalen Sendung gewachsen. Durch sie war das Bündnis des Proletariats mit dem Landvolk und mit der Intelligenz als unverrücklicher Pfeiler der demokratischen Ordnung errichtet worden. Durch ihre Bewährung in den Widerstandsjahren ist auch die sichere Gewähr für Spaniens künftigen Anteil am Leben der befreiten Menschengesellschaft gegeben. Spaniens Staatsoberhaupt, General Francisco Franco, sprach in der Eröffnungsrede der von ihm selbst zusammengestellten Cortes von der „beständigen Tätigkeit, die der Kommunismus durchführt, um unseren inneren Frieden und unsere normale Entwicklung zu stören". Man fragt sich, was in den dreißig Jahren seit der Machtergreifung eigentlich geschehen ist, wenn der Kommunismus noch immer als der innere Feind Nummer eins zu gelten hat. In den illegalen Arbeiterkommissionen sitzen Kommunisten neben den christlichen Gewerkschaftlern. Santiago Carrillo, Generalsekretär der illegalen KP Spaniens, erklärte, die Kommunisten „stellen in Spanien die stärkste M a c h t einer organisierten M a s s e dar. Die Arbeiterkämpfe schaffen in Spanien die Bedingungen für den Generalstreik, für einen Streik im nationalen A u s m a ß für eine friedliche L ö s u n g des politischen Problems der Spanier. Ich betone: eine friedliche L ö s u n g ! "

In der Tat! Keine oppositionelle Partei im heutigen Spanien könnte sich die Drohung mit einem neuen Bürgerkrieg erlauben. Die kämpfenden Massen erhielten einen unerwarteten Zuzug durch die Arbeiterpriester (man zählt deren heute in Spanien neunzig), die sich die Sache des Proletariats zu eigen machen, mit ihm kämpfen, demonstrieren und streiken. Zwischen den einzelnen kämpfenden Gruppen wird der Burgfrieden nicht immer eingehalten. Zwischen den Anarchisten, den Sozialisten, den

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oppositionellen Falangisten, den Trotzkisten, den Marxisten-Leninisten gibt es Auseinandersetzungen, obwohl alle diese illegalen Formationen sich in ihrer nächsten Zielsetzung einig sind. Eine Schicksalsfrage für die Gestaltung eines künftigen Spaniens ist das Verhältnis von Anarchisten und Kommunisten. Die Anarchisten behaupten noch ihren alten Stammsitz in Barcelona und in ganz Katalonien, aber sie haben den früher besessenen Zuzug aus dem Landproletariat Andalusiens verloren. Durch die starke Industrialisierung dieser Provinz sind neue Strukturen entstanden, und der Lohndruck auf das Landproletariat hat sich verringert. Soviel steht fest: die Arbeiteropposition erhebt immer kühner ihr Haupt, trotz aller Verluste, trotz der zahllosen Gefängnisurteile, trotz der polizeilichen Folterungen ... Charakteristisch für die Situation im heutigen Spanien ist das wachsende Interesse, das der vergangenen Geschichte der Arbeiterbewegung entgegengebracht wird. In den letzten Jahren beschäftigen sich drei Werke, zwei in spanischer und eines in katalanischer Sprache, mit diesem Gegenstand. J o s é Termes Ardévol veröffentlicht 1965 in Barcelona „El movimiento obrero en España ( 1 8 6 4 — 1 8 8 1 ) " . Ein J a h r später erscheint, gleichfalls in Barcelona, „Introducció a la historia del moviment o b r e r " , ein Werk von Manuel Tuñón de Lara, von einem entschieden marxistischen Standpunkt aus die Ereignisse bis 1936 behandelnd. 1967 tritt in Madrid der erste Teil einer neuen „Historia del movimiento o b r e r o " ans Licht. Der Verfasser, Diego Abad de Santillana, bevorzugt entschieden die auf Bakunin zurückgreifende anarchistische Bewegung, der die „Intrigen" von M a r x , Engels und Lafargue feindlich entgegentreten. Alle drei Bände zusammengenommen, beweisen, daß es dem Franco-Regime nicht gelungen ist, die Erinnerung an die vergangene Arbeiterbewegung aus dem Bewußtsein der heutigen Spanier auszuräumen. Diese Erscheinungen sind ein Element eines Gesamtprozesses, der historisch-gesetzmäßig als nächste Etappe auf eine demokratische Umwälzung, in welcher die Arbeiterklasse die führende Rolle spielt, zustrebt. In dieser wird Spanien die Bindung an den westeuropäisch-amerikanischen Imperialismus zerreißen.

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Bibliographie (zusammengestellt von Karlheinz Barck) Vorbemerkung Aus einer nahezu unüberschaubaren Literatur zu dem behandelten Gegenstand wurde nur eine Auswahl getroffen, die sich an dem unabgeschlossenen Entwicklungsprozeß der Probleme orientiert. Aus diesem Grunde wurde der Zeitschriftenliteratur besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In der unmittelbaren Aktualität der Auseinandersetzungen zeichnet sich die Richtung neuer Fragestellungen am besten ab. Mit der chronologischen Ordnung der Titel innerhalb der einzelnen Sachgruppen soll dem Leser eine übersichtliche Orientierung über die aktuellen Probleme des modernen Spanien erleichtert werden, wobei den ideologischen Auseinandersetzungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die sachliche Gliederung der ausgewählten Literatur folgt im wesentlichen dem Gang der Darstellung. Dementsprechend wurde die Literatur zur spanischen Ideologiegeschichte, sofern es sich um Selbstaussagen handelt, nicht nach dem von ihr behandelten Gegenstand, sondern nach der zugrunde liegenden ideologischen Position aufgeführt. (Das betrifft die Kapitel I, II u. X.) Die kritische Literatur wurde in diesen Fällen mit eingeordnet. Sie ist nicht besonders gekennzeichnet. Der Mangel einer kommentierten Bibliographie fällt insofern nicht allzu schwer ins Gewicht, als die Lektüre des Textes die beste Anweisung zur kritischen Benutzung der Bibliographie bietet. Wie üblich, sind Bibliographien den einzelnen Sachgruppen vorangestellt. Wo von den behandelten Autoren Werkausgaben vorliegen, wurde im allgemeinen auf eine vollständige Aufführung der Einzelausgaben verzichtet. So ergibt sich für diese Bibliographie folgender Aufbau: A. Allgemeine historiographische, ideen- und literaturgeschichtliche sowie ideologiekritische Schriften zur Gesamtepoche (S. 181 — 187) B. Literatur zum Spanischen Bürgerkrieg (1936 — 1939) und zu seiner Vorgeschichte (S. 187— 192) Kapitel I (S. 192—206): 1. Krausismus; 2. Francisco Giner de los Ríos; 3. Francisco Pí y Margall; 4. Emilio Castelar; 5. Marcelino Menéndez y Pelayo; 6. Klerikaler und falangistischer Traditionalismus; 7. Moderne Interpretationen spanischer Geschichte Kapitel II (S. 206—236): 1. Die Generation von 1898; 2. Cánovas del Castillo; 3. Leopoldo Alas (Clarín); 4. Joaquín Costa; 5. Angel Ganivet; 6. Miguel de Unamuno; 7. Ramiro de Maeztu; 8. Pío Baroja; 9. Azorín; 10. José Ortega y Gasset und der Orteguismo; 11. Manuel Azaña; 12. Ramón Gómez de la Serna; 13. Ramón Menéndez Pidal; 14. Ramón María del Valle-Inclán; 15. Moderne Interpretationen und Kritik der spanischen Literaturgeschichte: Dámaso Alonso und die spanische Stilschule; 16. Die Diskussion um das Schicksal Spaniens in den zeitgenössischen Generationen Kapitel III (S. 236—242): 1. Zeitschriften (Eine Auswahl); 2. Anthologien; 3. Sekundärliteratur zur modernen spanischen Lyrik; 4. Sekundärliteratur zu den einzelnen Autoren: Rubén Darío; Juan Ramón Jiménez; Antonio Machado; Gerardo Diego; Jorge Guillén; Pedro Salinas; Luis Cernuda; Vincente Aleixandre; Federico García Lorca; Rafael Alberti; Miguel Hernández; León Felipe; Blas de Otero Kapitel IV (S. 242—252): 1. Allgemeine Darstellungen; 2. Moderne spanische Romantheorie; 3. Autoren: Francisco José Alcántara; Ignacio Aldecoa; Max Aub; Arturo Barea; Manuel D. Benavides; Luis Berenguer; José Luis Castillo Puche; Camilo José Cela; Miguel Delibes; Jesús Fernández Santos; Ricardo Fernández de la Reguera; Antonio Ferres; Juan García

Bibliographie

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Hortelano; Francisco García Pavón; Rafael García Serrano; José María Gironella; Juan Goytisolo; Luis Goytisolo; Alfonso Grosso; Benjamín Jarnés; Jesús López Pacheco; Luis Martín Santos; Gabriel Miró; Juan Antonio Payno; Ramón Pérez de Ayala; Ramiro Pinilla; Antonio Rabinad; Rafael Sánchez Ferlosio; Ramón José Sender; Vincente Soto Kapitel VII (S. 2 5 2 - 2 5 5 ) Kapitel I X (S. 256) Kapitel X (S. 256—263): 1. Allgemeine Darstellungen; 2. Anarchismus; 3. Sozialismus; 4. Kommunismus

A. Allgemeine historiographische, ideen- und literaturgeschichtliche sowie ideologiekritische Schriften zur Gesamtepoche Amo, Julián/Charmion Shelbey: La obra impresa de los intelectuales españoles en América, 1 9 3 6 - 1 9 4 5 , Stanford University Press 1950. Bibliografía española, I—IV, Madrid 1959—61, fortgesetzt durch „El libro español", V (1962), Madrid 1962 ff. Bibliografía general española e hispanoamericana, Madrid, Barcelona, I —XIV, 1923—1942. Burgo, Jaime del: Bibliografía de las guerras carlistas y de las luchas políticas del siglo X X . . . , Pamplona 1966. Diccionario de literatura española, Madrid 4 1964. Ferrater Mora, José: Diccionario de filosofía, Buenos Aires 4 1 9 5 8 . Foulché-Delbosc, R./L. Barrau-Dihigo: Manuel de l'hispanisant, New York 1959. Gómez Molleda, D.: Bibliografía histórica española, 1950—1954, Madrid 1955. Indice histórico español. Bibliografía histórica de España, Barcelona, I (1954) ff. Palau y Dulcet, Antonio: Manual del librero hispanoamericano, Bde. 1 — 15 (A—R), Barcelona 1948-62. Peers, Edgard Allison: Spain. A Companion to Spanish Studies, London 1956. Sánchez Alonso, Β.: Fuentes de la historia española e hispanoamericana. Ensayo de bibliografía sistemática, Madrid 1946. Serís, Homero: Manual de bibliografía de la literatura española, Syracuse (New York) 1954. Simón Díaz, J.: Manual de bibliografía de la literatura española, Barcelona 1963. Sobrino, José Antonio: Indice de los intelectuales españoles en Estados Unidos, Madrid 1963. Textos constitucionales españoles ( 1 8 0 8 - 1 9 4 7 ) : Archivos de Derecho Público (Universidad de Granada), V I - V I I , 1 9 5 3 - 5 4 . Tobío, Jesús: Bibliografía de traducciones españolas de obras sociológicas y publicadas de 1870 a 1915. In: Revista de Estudios Políticos (Madrid), L I X (1957), No. 92, 3 4 7 - 3 6 3 . Who's who in Spain? (¿Quién es quién en España?), Barcelona 1963. Butler Clarke, H.: Modern Spain, 1 8 1 5 - 1 8 9 8 , London 1906. Canals, Salvador: Los sucesos de España en 1909. Crónica documentada, Madrid 1910. Altamira, Rafael: Historia de España y de la civilización española, Barcelona 3 1 9 1 3 , 4 Bde. Curtius, E. R.: Vom spanischen Geistesleben der Gegenwart, Bonn 1914. Herre, Paul: Spanien und der Weltkrieg, München 1915. Froberger, J . : Mitteilungen aus Spanien, Berlin 1918. Sáinz Rodriguez, Pedro: Las polémicas sobre la cultura española, Madrid 1919. Pérez de Ayala, Ramón: Política y toros, Madrid 1920 [jetzt in: Obras completas, Madrid 1966, Bd. III].

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Kapitel IV Zu den im Text behandelten Romanautoren wird nur die jeweils erste Ausgabe der Romane verzeichnet. Auf eine Aufnahme von Sekundärliteratur zu den Autoren wurde verzichtet. Der interessierte Leser wird auf die umfangreiche Bibliographie im 2. und 3. Band von Eugenio G. de Noras „La novela española contemporánea (1898 — 1960)", Madrid 1962, verwiesen. 1. Allgemeine Darstellungen Buylla, Adolfo: La novela sociológica. In: La España Moderna (Madrid), 2 (Juni 1896), 5—26. Vézinet, F.: Les maîtres du roman espagnol contemporain, Paris 1907. Morote, Luis: Teatro y novela, Madrid 1910.

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Die Geburt des Prometheus als Thema der spanischen Literatur

Wenn die spanische Literatur der letzten fünfundzwanzig Jahre trotz ihrer ausgesprochenen Aktualität in Deutschland nur geringe Beachtung gefunden hat, so mag dies zum guten Teil an den heute üblichen Methoden der Literaturkritik liegen, die auf eine absolutistische, d. h. auf eine dem Stofferlebnis so nahe verbundene Welt wie Spanien schlechthin unanwendbar sind. Wer einmal gewohnt ist, die literarischen Phänomene stets nur als „Erscheinungen" zu werten, und den Gegenstand, der durch das „Erscheinende" an die Oberfläche gelangen soll, beständig außer acht läßt, wird niemals in ein Stoffgebiet eindringen können, in dem beide Dinge, Stoff und Form, nicht nur homogen sind, sondern umgekehrt das formelle Element dem stofflichen Interesse häufig untergeordnet erscheint. Diese Stofffreude des Spaniers hat sich aber noch gar nicht ausgelebt, geschweige denn «¿»erlebt. Bekannt ist ja die bei uns so beliebte Vertauschung der Begriffe „Gehalt" und „Stoff". Gehalt bedeutet dann nichts anderes als den Stil oder betrifft allenfalls die Ideologie eines Werkes, die man sich als Innenfläche der Form vorstellen kann, wogegen der eigentliche „ S t o f f " , die Fabel, als bloßer Anlaß eines künstlerischen Vorgangs gedacht wird. Natürlich folgte einer solchen Überbetonung der subjektiven und „gestalterischen" Potenzen das Versiegen jener lebensspendenden Faktoren, die dem künstlerischen Schaffen ursprünglich eigen waren. D a man keinen Stoff mehr darzustellen hatte, verlegte man sich aufs „Gestalten" und gab diesem Verbum einen intransitiven Sinn, den es von H a u s aus gar nicht besitzt. Der Keimpunkt jeder dichterischen Vision ist aber eine Situation, eine Szene, ein Ausschnitt aus der Welt, und niemals — eine Gestalt. Diese ist vielmehr das Ergebnis eines Rationalisierungsprozesses, es ist eine Formel, in der der ganze Erlebniskomplex auf eine Einheit gebracht wird und damit seine intuitive Totalität verliert.

Die Geburt des Prometheus als Thema der spanischen Literatur

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Gibt es aber für uns Mitteleuropäer tatsächlich keine Stoffe mehr? André Gide wandte sich einmal gegen die Hypertrophie des Formellen und den unheilbaren Pessimismus, der daraus entstehen muß, indem er zwei nationalökonomische Theorien in geistvoller Weise gegeneinander auszuspielen und einen völligen Analogieschluß ad casum zu gewinnen suchte. Der Engländer Richard behauptete nämlich, daß ein einwanderndes Volk sich zunächst auf die Kultivierung der fruchtbarsten Landstrecken werfe und erst, wenn diese verteilt oder erschöpft seien, auch weniger ertragreiche Felder in Angriff nehme, so daß bei wachsender Intensität des Anbaus die Produktion ständig zurückgehe. Demgegenüber stellte Carey fest, daß die „fruchtbarsten Ländereien stets der Schrecken der Einwanderer" gewesen wären. Denn die fruchtbarste Erde begünstigt ja nicht weniger das Gedeihen des Unkrautes als das Wachstum der ihr anvertrauten, künstlichen Anbauarten. Nur auf einer relativ entwickelten Stufe der Technik können auch ergiebigere Landstrecken dem Produktionsgebiet einverleibt werden. Die Moral dieser schönen Parabel braucht nicht erst unterstrichen zu werden. Es gilt, die „motorische Hemmung" auszuschalten, die unsere Kunst von ihrem eigentlichen Gebiet abhält und zur Unfruchtbarkeit verdammt. Der Intellektualismus konnte vielleicht den Erben einer humanistischen Tradition die annehmbarste Lösung bieten. Heute ist der Intellektualismus, nachdem er sich dieses seines Lebensgrundes längst entledigt hat, ein Kreis ohne Ausgang; er ist die Sackgasse für unser Zeitgefühl. In der ganzen Welt findet man wieder die Tendenz, die unfruchtbare Zwangsstellung im Zentrum aufzugeben und nach der Peripherie aufzubrechen. Mit einem Ausdruck der romanischen Ideologie nennen wir diese Bewegung „Zerebralismus". Wenn „Intellekt" die Anwendung eines Gedankens auf sich selbst bezeichnet, erweckt das Wort „zerebral" die Vorstellung einer anatomischen Region und läßt eine Welt von Nuancen, Farben und Lichtern im schroffen Übergang der Wachheit und des Traumes erstehen. Die drei Europäer, die den gewaltigen Sprung in die Gegenwart gewagt haben, mußten sich freilich von unverdrossener Seite Neoimpressionisten „schelten" lassen. Ich meine: Marcel Proust, Luigi Pirandello und den Spanier Miguel de Unamuno. Für Marcel Proust ist der Mensch ein Gewächs, mit einer Seele begabt, die sich in den letzten Blattspitzen auftut, aber am kahlen Stamm des Individuellen niemals erkennbar wird. Es gibt in seinen Romanen nur „atmosphärische" Äußerungen des Lebens, Beiträge zu einem Totalerlebnis der Welt, das man im Umriß und nicht mehr auf dem Entstehungspunkt zu suchen hat. Bei Pirandello erscheint die Problemstellung in dramatisch zugespitzter Form. Der Dualismus des Geschöpfes ist der zwi-

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sehen seiner Bestimmung und seinem Wesen, zwischen der Form, die ihm verhängt ist, und dem Leben, das es darstellt. Nun gibt aber Pirandello seinen Figuren die Fackel der Erkenntnis mit auf die Bühne. Das Fatum ihres Falles, ihres Festgenageltseins an eine Geschichte, mit einem Wort, ihre Form, kann natürlich durch das bloße Bewußtsein ihrer nicht behoben werden, wohl aber erhält sie dadurch die Weihe der Notwendigkeit; der Antagonismus verharrt jetzt nicht mehr im Stoff, sondern wird, indem er eben bewußt wird, zum metaphysischen Prinzip, und der Ort des Geschöpfes wird ein Ort der Schöpfung. Pirandello nennt sich mit Vorliebe einen „humoristischen Künstler". Der Gegensatz, der den Humorismus herbeiführt, zerspaltet nicht mehr den Stoff, wie das unbewußt Komische, sondern stellt ihn als gegebenen Punkt eines metaphysischen Vorgangs wieder her. Charakteristischerweise wendet sich Pirandello gegen den Symbolismus, der den Stoff zur leeren Abstraktion herabwürdigt. „Odio l'arte simbolica, in cui la rappresentazione perde ogni movimento spontaneo per diventar macchina, allegoria: sforzo vano e malinteso, perchè il solo fatto di dar menso allegorico a una rappresentazione da a veder chiaramente, che già si tien questa in conto di favola che non ha per se stessa alcuna verità ne fantastica ne effectiva . . . "

Manche Gedanken Pirandellos zeigen eine überraschende Ähnlichkeit mit Äußerungen, die Miguel de Unamuno vor langen Jahren mündlich oder schriftlich getan hat. „Das Kunstwerk ist einer Kanone vergleichbar. Wißt ihr, wie man die herstellt? Man nimmt ein zylindrisches Stück Luft, das nachher die Seele heißt, und panzert es mit einem Rohr, das wir die Form nennen." Den immanenten Gegensatz von Stoff und Form suchte Unamuno beträchtlich zu vertiefen und in einer religiösen Dialektik lebendig zu machen („Del sentimiento trágico de la vida". 1912). Das formelle Prinzip verkörpert er im Gott Ratio, das lebendige Prinzip ist aber nichts anderes als der lebendige Gott, an den wir glauben, den unsere Vernunft tausendmal hingerichtet hat und auf dessen Grab wir den Mut zu seiner letzten Bejahung finden: den Mut der Verzweiflung. Dieser voluntaristische Pessimismus ist nicht weniger spanisch als — im Grunde — katholisch. Es ist ein Überschuß an lebendigem, an stofflichem Sein, der selbst die Verzweiflung und den Zusammenbruch der Logik überwertet. Diese „Stofflichkeit" kennzeichnet geradezu die strukturale Besonderheit des spanischen Menschen: „Die Figuren unseres Theaters und selbst diejenigen unserer Geschichte bildeten sich immer mehr von außen nach innen als umgekehrt, man möchte sagen durch einen Kristallisationsprozeß und nicht durch eine organische Entwicklung" („En torno al casticismo").

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Den Eingang in die spanische Literatur kann man nur mit einem entschlossenen Schritt in die Welt der spanischen Stoffe erreichen. Damit soll allerdings nicht gesagt sein, daß eine Entwicklung, deren Ansätze man heute überall verfolgen kann, in Spanien bereits vollzogen wäre. Tatsächlich hat es in Spanien überhaupt keine Entwicklung gegeben. Die französische Romantik und später der Naturalismus haben beispielsweise auf die spanische Literatur mächtig eingewirkt, aber nicht, wie dies in andern Ländern der Fall war, eine einheitliche literarische Tendenz als Gesamthaltung einer Epoche geschaffen. Anregungen, die von außen kamen, wurden da und dort aufgenommen und mit einer Tradition verarbeitet, in der beide Elemente, die romantische Totalvision und die Vorliebe für einen fast anklägerischen Naturalismus, seit jeher bestanden haben. Versucht man etwa, die Werke der beiden Romanciers, die durch die Geschlossenheit ihrer Kunstabsicht wie durch die Breite der erzielten Wirkung an erster Stelle stehen, in ein stilkritisches Verhältnis zur zeitgenössischen Produktion zu bringen, so wird man finden, daß Pérez Galdós zwischen 1870 und 1900 einem kräftigen Naturalismus huldigte, während Pío Baroja, heute der eigentliche Fortsetzer Pérez Galdós', die naturalistische Komponente einerseits verbreitert, zu gleicher Zeit aber seinen Stoffen ein romantisches und sentimentalisches Relief zu geben trachtet. In Baroja — wird man sagen — reflektieren sich russische Einflüsse nicht weniger als die Strömungen der europäischen Modephilosophie, die um die Jahrhundertwende den Namen Nietzsches nach Spanien brachten. Im wesentlichen ist damit freilich gar nichts gesagt. Galdós hatte keineswegs den Ehrgeiz, der erste Naturalist seines Landes zu heißen. Er wollte vielmehr die Geschichte seiner Epoche schreiben, jene lebendige Geschichte eines Volkes, die dem Historiker ewig verschlossen bleibt: „die Geschichte in den Eingeweiden". Auch Pío Barojas Romane drängen trotz ihrer zerfahrenen Kompositionsweise letzten Endes nach einem einheitlichen Mythus des spanischen Lebens. Wenn aber Galdós, der Verfasser der „Nationalen Episoden", aus den sozialen und wirtschaftlichen Kämpfen seiner Zeit die charakteristischen Probleme herausschälte, glaubt Baroja den Rhythmus des Lebens nur im individuellen D r a m a auffangen zu können. Er stellt nicht mehr Probleme auf, die für Spanien typisch sind, sondern erfaßt die Typik des spanischen Menschen. Er nannte den Zyklus seiner Romane „Die Memoiren eines Tatmenschen" und verlegte sie in die politisch bewegte Epoche der Romantik. Die Geschichte einer Nation, die Galdós zu geben glaubte, wird nun zur Monographie der spanischen Seele, und dieser Wandel entspricht dem großen Einschnitt, den das Jahr 1898 für die spanische Literatur bedeutet. Die Generation, die dieses Jahr der

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äußeren Niederlage auf ihre Fahnen geschrieben hat, suchte zunächst einmal die Chinesische Mauer der Pyrenäen für immer zu durchbrechen. Mit dem £mbruch der Moderne sollte freilich kein Bruch mit der Tradition vollzogen werden. Die Tradition sollte im Gegenteil verinnerlicht werden, sie sollte fortan „ihren lebendigen Sinn aus der Gegenwart beziehen" (Unamuno), denn „die Wirksamkeit einer unvariablen Ideologie auf die Wirklichkeit verschiedener Völker mit verschiedenem Ursprung und verschiedener Geschichte zu übertragen, kann nur dazu führen, daß diese Ideologie sich in ein starres System von Etiketten verwandelt, unter dem eine scheinbare Uniformität die latente Revolution der besonderen Energien verbirgt" (Angel

Ganivet).

Es läßt sich leicht absehen, daß mit einem solchen Wahlspruch einem schrankenlosen nationalen Individualismus Tür und Tor geöffnet waren. Die spanische Literatur hat damit ihre letzte Etappe, d. h. die letzte Etappe ihres Stoffes, erreicht. Der Stoff ist nunmehr zum Gegenstand der Darstellung, er ist bewußt geworden. Ein oberflächlicher Blick auf die bekanntesten Hervorbringungen des spanischen Geistes genügt, um einen beständigen Antagonismus zu erkennen, der diese Literatur, ihre verschiedenen Gattungen und selbst die Individualitäten der einzelnen Künstler zerspaltet. Den nationalen und religiösen Stoffen, die in der Lyrik und im Mystizismus gesondert erscheinen und sich im Theater Lope de Vegas und Calderóne verschlingen, steht ein rigoroser Naturalismus gegenüber, den wir von der „Celestina" an über das Theater der Torres Naharro und Lope de Rueda bis zu den Gesellschaftssatiren Quevedos, den letzten Ausstrahlungen des Schelmenromans und den Verbrecherromanzen des achtzehnten Jahrhunderts verfolgen können. Im „Don Quijote" zeigt sich dieser Antagonismus auf seinem Höhepunkt, beide Tendenzen durchdringen sich, ohne indessen eine wirkliche Verschmelzung einzugehen. Die spanische Literatur gleicht somit am europäischen Kreis einer Tangente, die, aus der Unendlichkeit eines absolut religiösen Weltgefühls hervorgehend, in die Enge einer tausendfach abgeschnittenen Formenwelt einmündet. Inbrünstigste Mystik und abstrakteste Scholastik hier und krassester Realismus dort. Angel Ganivet hat in seinem „Spanischen Idearium" (1897) das Bild der unbefleckt Empfangenden als tiefstes Symbol spanischer Wesenheit heraufbeschworen. Wenn die Spanier in ihrer Plastik und Malerei die Immaculata öfter und inniger als andere christliche Völker darstellten, so wird man andrerseits nicht vergessen, daß der naturalistische Geist dieses

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Volkes das Urbild der Kupplerin geschaffen und in seiner Literatur mit immer neuem Gefallen abgewandelt hat. Im selben Jahr, in dem Ganivet mit den höchsten Tönen der Zuversicht die Geburt eines neuen Spaniens verkündete, erschien auch die erste Streitschrift Miguel de Unamunos: „En torno al casticismo". In ihr wurde der spanischen Nation die Diagnose auf eine Krankheit gestellt, von der es keine Rettung gebe; Unamuno, der unverdrossene Philologe, nannte sie „αβουλία" und fügte das böse Wort hinzu, es gebe in Spanien zwar junge Leute, aber keine Jugend ... Die Überwindung des mittelalterlichen Dualismus sieht man gemeinhin als ein Geschenk des italienischen Geistes an. Die neue Heilsbotschaft der Renaissance machte nicht nur das Reich des Menschen frei und gab dem Leben seine Unschuld zurück, sondern stellte auch den ursprünglichen, voluntaristischen Sinn der katholischen Religion wieder her. Der neue Geist konnte das spanische Wesen, das schon zu eigenwillig konstituiert war, nicht mehr umbilden. Dennoch mußte der Gedanke des Individuellen auch in Spanien auftauchen: er war das notwendige Ergebnis einer bis zum Äußersten geführten Dialektik der Gegensätze. Die Idee des Menschen hat in der spanischen Literatur eine durchaus eigenartige Darstellung gefunden; wir berühren damit den dritten Stoffkreis, der in einer vor wenigen Jahren erschienenen Novelle des Dichters Ramón Pérez de Ayala, „Prometheus", seine vollendete Form erhalten hat. Man hat schon anläßlich von Pío Barojas offenbar durch Gorki stark beeinflußten Abenteurerroman eine Parallele zwischen russischem und spanischem Wesen herzustellen gesucht. Das unverbundene Nebeneinander von penetrantestem Realismus und zügellosem Unendlichkeitsdrang kennzeichnet tatsächlich beide Literaturen. Wo aber der Russe Anfang und Ende ständig ineinanderstürzt und verflicht, um eine fließende Lebenslinie zu visieren, auf der eine Formenkultur natürlich niemals zur Bildung gelangen konnte, gleicht die spanische Welt, zwischen zwei Gesichtern gebannt, einem Strom, der in der Mitte seines unterirdischen Laufes nach einem Ausgang drängt. Dieser Schwerpunkt vereint die beiden widerstreitenden Tendenzen; das Göttliche wird endlich auf die Welt bezogen, und die Welt erhält einen göttlichen Sinn: das Leben. Der Kult des Lebendigen ist kein Gedanke, der in Spanien kulturbûàcnà geworden wäre, es ist vielmehr ein Gedanke, der auf dem Wege der theologischen Dialektik lag und der gefährlich werden mußte, wenn man ihn nicht zu Ende dachte. Darum erscheint dieses Thema stets in seiner abstraktesten und extremsten Form, das Lebendige wird von seinem natürlichen Lebenskreis abgesondert wie eine exoti-

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sehe Pflanze, die man unter fremdartigen Bedingungen in einem Gewächshaus züchtet. Der schmale Pfad eines individuell abstrahierten Lebens hält haarscharf die Mitte zwischen den Nebelhöhen der Mystiken und dem niederziehenden Pessimismus der gesellschaftlichen Realitäten; er ist die Abenteurerstraße, die nach dem „Lazarillo de Tormes" (1554), Mateo Alemáns „Guzmán de Alfarache" und Quevedos „Buscón" ein ganzes Heer von fahrenden Edelstromern und Glückskavalieren besiedelt hat. Der Schelm des Romans gibt sich bald als ein weitläufiger Vetter des nicht weniger berühmten Grazioso der Komödie zu erkennen, jenes gerissenen und dienertreuen Intriganten, dem es oblag, den verworrenen Knoten der Handlung zu lösen, dem Helden zum Sieg seiner Liebe, und dieser zur Gloriole des Rechtes zu verhelfen. Auf dem episch-lyrischen Theater Lope de Vegas erscheint jener Typus am vollkommensten ausgebildet; er vereinigt die Fäden der Handlung und überläßt dem behandschuhten Liebhaber die pathetischere Würde der Distanz. Dem burlesken Grazioso steht nun der satirische Held des Romanes entgegen als ein Lebenskünstler, der auf eigene Gefahr und Rechnung „arbeitet", der seine mannigfaltigen Künste für die eigene Tasche spielen läßt. Die Funktion des Grazioso ist es, auf eine bestimmte schon im Anfang durch die Gruppierung der Paare klar vorgezeichnete Konstellation hinzuwirken — der Schelm hingegen tritt aus dem Rahmen der Szene, d. h. der gesellschaftlichen Bindung, heraus, und sein mißleitetes Leben wird häufig geradezu als die Folge eines sozialen Ressentiments, einer schnöde geschändeten Jugend oder einer erblich überkommenen Haßeinstellung geschildert. An den Werken Quevedos und Alemáns bewundert man die unerbittliche Folgerichtigkeit der Gedanken wie die metaphysische Spannweite, die jeden echten Roman auszeichnet; ihre kleineren Nachahmer (und sie waren in Spanien bis zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts Legion) finden wir in eigentümlichster Weise zwischen der ausschweifenden Romantik des Kriminalromans und der ernüchternden Lehrhaftigkeit erbaulicher Traktate hinund herschwanken. Tatsächlich ist der religiöse Grundcharakter dieses üppig erblühten Zweiges der spanischen Literatur unbestreitbar. Es sollte durch die Parabel verdeutlicht werden, wie das isolierte Leben aus sich selbst heraus keinen Weg zur Erfüllung der Glückseligkeit und zum Totalen findet. Dieses ist vielleicht die bedeutsamste Antwort, die Spanien der aus dem Osten eindringenden Moderne entgegengehalten hat. Der Einwand, den der spanische Geist gegen das Ideal des Renaissancehelden gefunden hat, ist wesentlich theologischer und metaphysischer Art und damit von jener geistvollen Kritik unterschieden, die der französische Genius an dem

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Wunschbild des neuen Helden mit der amoralischen Moral geübt hat. Wenn Molière einen Don Juan mit den geschärften Waffen einer gesellschaftlich geschulten Psychologie zergliederte, so ließ der spanische Vorgänger seinem Frevler den Nimbus des Heldischen unbenommen. Die Taten von Tirso de Molinas Don Juan wiegen nicht schwer, wenn man bedenkt, was sich andere Galane auf diesem Theater und ganz speziell auf dem Theater dieses Autors herausnehmen durften, ohne darum ihrer Seele Seligkeit zu verlieren. Die Sünde des spanischen Don Juan ist mental und nicht sozial. Denn was Don Juan verbrach, paßt vorzüglich in den Rahmen der geschichtlichen Wirklichkeit des siebzehnten Jahrhunderts, und der König, der die mächtige Familie der Tenorios begünstigt, findet auf jeden Streich des Freibeuters ein familienpolitisches Arrangement, das alle Teile befriedigen und die gefährdete Moral wieder auf den Thron erheben könnte. Die Verdammung Don Juans ist die Verdammung des pantheistischen Weltvertrauens 1 , wie es in dem übermütig hervorgesprudelten „tan largo me lo fiais" (so lang vertraut ihr mir es an) zum Ausdruck kommt. Ramón Pérez de Ayala nennt Don Juan in seiner lichtvollen Betrachtung der legendären Gestalt 2 den Menschen, „der im Namen des Heiligen Geistes Werke des Teufels verrichtet". Die Idee des Natürlichen ist gewiß Gemeingut aller Völker, die der Renaissance überhaupt Eingang verschafft haben. Auf der Iberischen Halbinsel ist der Naturmythus durch zahlreiche Übersetzungen des Plautinischen „Amphitryon" schon zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts populär geworden. Die namhaftesten Dramatiker der Epoche (so Camöes, Pérez de Oliva, Juan de Timoneda) schenkten der Übertragung dieses allem christlichen Gefühl so tief widerstrebenden Stoffes ungewöhnliche Sorgfalt. Der Mythus des Amphitryon ist sogar in den Ritterroman eingedrungen. Im „Don Clarisel de las Flores", einem kostbaren, mit großer Eleganz stilisierten Werk, das in seinen Hauptteilen bis heute unveröffentlicht in der Bibliothek zu Zaragoza ruht, findet man die ritterlichen Abenteuer im Zeichen des Kreuzes mit den galanten Metamorphosen des heidnischen Göttervaters vermischt. Im Jahr 1602 erschien eine interessante Übersetzung von Plinius' „Naturgeschichte". Juan Huerta brachte das Werk heraus und bereicherte es mit aufschlußreichen Kommentaren. Der Skeptizismus des Spätrömers sieht im Menschen eine Anomalie, ein pathologisches Geschöpf, welches „das Leben überhaupt erst erlernen" müsse. An diesen Gedanken des Plinius knüpft Segismundos berühmter Monolog an die Freiheit („Das Leben ein Traum", erster Akt). Huerta, der katholische Spanier, stellt solchem Pessimismus die Macht des Willens und die freie Bestimmung entge-

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gen. Auch Calderóne berühmtes Schauspiel kreist, wie alle spanische T h e o logie, in halsbrecherischen Windungen um das Problem der Willensfreiheit. Arturo Farinelli3 und Alfonso Reyes4 haben die Fabel dieses Stückes in einer eingehenden Analyse von Boccaccio und dem persisch-arabischen Novellenzyklus hergeleitet. Die Gestalt des Segismundo aber, sein von aller menschlichen Beziehung abgeschnittenes Leben, die Idee, metaphysische Probleme post festum aufzustellen und gewissermaßen organisch aus dem Prozeß des Lebens herauszuentwickeln, für dieses Verfahren hat Calderón kein fremdes Vorbild finden können: es ist schlechthin spanisch. Die Geburt des Prometheus oder die Geschichte des reinen Menschen, des Menschen an sich — das war der ketzerische Mythus, der in der Literatur des siebzehnten Jahrhunderts immer wieder den luftleeren Raum zwischen Himmel und Erde ausfüllte. Miguel de Unamuno hat nun die Dämonie dieses Stoffes erkannt und ihm eine moderne Wendung zu geben gewußt. In seinem Roman „Amor y pedagogia" (1908) versucht ein Naturforscher, das unmittelbare Leben selbst im Brennspiegel der Vernunft einzufangen, den reinen Menschen, den „Sohn", gleichsam chemisch zu konstruieren. Ein jüngerer Schriftsteller, Ramón Pérez de Ajala, ist den Spuren Unamunos gefolgt, als er die lyrische Novelle „Prometeo" schrieb. Prometheus' Vater ist ein Professor der griechischen Sprache. 5 Gebürtiger Florentiner, aber spanischen Geblütes, zieht er den Gedanken des Übermenschen in einem adligen Körper groß. Der Zufall der Novelle verschlägt ihn schiffbrüchig, in seines Leibes Blöße, nach einem unbekannten Strand. Dort findet Odysseus die ihn erwartende Nausikaa. Die Ehe, die sie schließen, ist eine Idealehe. Ihre moralische Grundlage ist die Wahrheit der Empfindung. Denn die Braut, weniger schamhaft, als Spanierinnen es sonst authentischerweise zu sein pflegen, lernte die strahlende Nacktheit des schiffbrüchigen Körpers schon kennen, ehe er ihr Schicksal wurde. Solcher Bund muß mit dem Willen der Götter der Grundstein zu einem neuen Geschlecht werden. Prometheus wird der Sproß heißen. Aber der Sohn, den Nausikaa ihrem Odysseus schenkt, ist ein mißwachsener Teufel. Odysseus — bemerkt der Dichter in einem Begleitsonett — hätte statt des Pfeiles der List seine Seele in den Bogen spannen sollen. Eine solche Lösung, die inhaltlich mit Unamuno übereinstimmt und dem tragischen Weltgefühl der Spanier schmeichelt, konnte Pérez de Ayala auf die Dauer nicht befriedigen. Mit den im vorigen J a h r erschienenen R o m a nen „Luna de miei, luna de hiel" (Honigmond — Essigmond) und „Los trabajos de Urbano y S i m o n a " (Die Arbeiten Urbanos und Simonas) hat

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die Prometheus-Legende eine Fortsetzung erhalten. Das einmal geborene Leben durfte nicht einfach preisgegeben werden. Diese Folgerung Ayalas ist von einzigartiger Bedeutung, denn mit ihr ist die plastische Starrheit gelokkert und der Weg einer Entwicklung gewiesen: Urbano wurde nach dem herrischen Willen seiner Mutter in vollkommener Unwissenheit erzogen und tritt wie ein neugeborenes Kind in die Ehe mit Simona. Diese Ehe ist das Werk der ehrgeizigen Vorsorge seiner Mutter, aber das Leben, dem sie ihre gewalttätige Ideologie aufnötigen wollte, wendet sich schließlich gegen sie selbst. Auf dem Zusammenbruch beider Familien erhebt sich die neue Liebe des Urbano und der Simona. Das Vorbild zu diesem legendenhaften Stoff hat Ayala in der Literatur seiner Heimat nicht finden können. Es ist ein Stück achtzehnten Jahrhunderts, das er uns schildert. Oder man denkt an die Lichtgestalt des Apollo, die Velázquez als Offenbarung einer neuen, anonymen Welt den düsteren Schmiedegesellen des Hephaistos vorgaukelte ...

Anmerkungen 1 Salvador Madariaga nennt in einer Betrachtung R a m ó n Pérez de Ayalas (veröffentlicht in der Zeitschrift „La P l u m a " , 1 9 2 1 ) den Pantheismus „den tiefsten Gehalt des spanischen Geistes, der unter der Decke der philosophischen und religiösen Dogmen schlummert". 2 3 4 5

Las máscaras, Band 2, 1 9 1 7 . La vita è sogno, Turin 1 9 1 6 . La vida es sueño, Madrid 1 9 1 7 . Angel Ganivet soll, laut F. N a v a r r o y Ledesma, in einem Gespräch vor mehr als fünfundzwanzig Jahren geäußert haben: „Was würde eine etwas aufgeweckte und romantische Frau, die sich auf romantische Weise in einen M a n n verliebte, für ein Gesicht machen, wenn sie nach einem gipfelnden Augenblick in Erfahrung bringen würde, daß der Gegenstand ihrer Anbetung ein H e r r Professor der griechischen Sprache w ä r e ? "

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ι. Unter allen Schriftstellern, die heute in Spanien die Kunst des Romanes pflegen, ist die fesselndste Erscheinung ohne Frage Ramón Pérez de Ayala. Damit soll natürlich kein literarisches Werturteil ausgesprochen werden, das, wo es sich letzten Endes um delikate Dinge des Stiles und um die fast undurchsichtigen Tatsachenkomplexe der Stoffgeschichte handelt, einem Ausländer schwerlich zustehen dürfte. Es sollte vielmehr nur gesagt werden, daß wir es hier mit einem Schriftsteller zu tun haben, der die Attraktion einer neuen Gesinnung an eine bereits in Verruf geratene literarische Gattung zu knüpfen verstanden hat. Wenn wir sonst liebevoll das Falzbein an die noch jungfräulichen Blätter eines neuerschienenen Romanes legen, den man „gelesen haben muß", so leitet uns dabei die beruhigende Gewißheit, bewundern zu dürfen, der Respekt vor einer bekannten Größe, vielleicht auch die Wollust, die es gewährt, eine durch die Erfahrung schon tausendfach ausgerechnete Summe von inneren Erregungen aus einem neuen Anlaß zu beziehen, oder, wenn uns Pirandello pervertiert hat, das etwas sadistische Vergnügen, ein „bei concetto", die Idiosynkrasie eines Gehirns aufzuspüren, die auf der epischen Projektionsfläche eine ganze Welt, oder besser gesagt, eine Gegenwelt, hervorzuzaubern imstande war. Ein neuer Roman von Pérez de Ayala wendet sich an andere Lagen unseres Empfindungslebens: er ruft unsere Neugierde wach und läßt den historischen Blickpunkt vergessen, der dem Leser seiner Lektüre gegenüber den pathetischen Nimbus der Distanz verleiht. Marcel Proust stellte in seinem Artikel über die Lektüre 1 die zweierlei Wirkungsmöglichkeiten heraus, die das Buch auf die Seele der Leser ausüben kann. Im ersten Fall erscheint die Wahrheit nicht als ein Ideal, das wir von uns aus zu verwirklichen haben — das Ideal ist vielmehr materialisiert und ruht gleichsam zwischen den Blättern des Buches. Die Einstellung

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des Autors zu seinem Leser ist hier evidenterweise eine verkehrte, insofern nämlich, als sie genau gesehen gar nicht besteht. Die zweite Art der Lektüre läßt sich dahin definieren, daß die geistige Aktivität des Lesers einzusetzen hat, wo ihn der Autor im Stich läßt. „Nous sentons très bien que notre sagesse commence où celle de l'auteur finit, et nous voudrions qu'il nous donnât des réponses, quand tout ce qu'il peut faire est de nous donner des désirs." — Ortega y Gasset hat diesen Gedanken Prousts aufgenommen und in lichtvoller Weise auf die Technik von Dostojewskis Werken angewandt. 2 Das psychologische Verfahren ist hier ein induktives; die Fixierung des Individuum genannten Energiekomplexes bleibt der freien Kombination des Lesers überlassen; der Autor bringt nur die Elemente bei, welche diese Einheit bedingen: er stellt sie nicht vor uns hin, sondern läßt sie in uns erstehen. Mit dieser Darstellungsweise rückt die problematische Figur selbst in den Mittelpunkt der epischen Dynamik. Die seelische Intensität der Dostojewskischen Menschen beruht eben darauf, daß diese Menschen problematisch und gleichsam unfertig erscheinen. Der Zauber der Spannung ist der Zauber der noch unerschöpften Möglichkeiten. — Ist nun diese tanzende Welt der ineinanderfließenden Gegensätze, wie wir sie bei Dostojewski erleben, das Gelobte Land für eine „geistige Fauna" — um diesen Ausdruck Ortegas zu gebrauchen? Und was will das heißen, geistige Fauna? Wir haben schon gesehen, wie sich das Verhältnis des Lesers zu seiner Lektüre wandeln kann. Dieses kann von Seiten des Lesers ein Verhältnis der absolutesten Abhängigkeit sein, indem er einem suggestiven Zwang erliegt und sich eine geprägte Welt des Wünschenswerten, die visionsgeborene Welt des Dichters, das heißt, den dichterischen Mikrokosmos auferlegen läßt. Der Mikrokosmos des Romanes ist die Vergegenständlichung jener unbelichteten Halbkugel der Ideale, die auf die dichterische Individualität geschrieben sind und dem individuellen Prinzip des Dichters den Weg zum Totalsein weisen. Die Topographie dieser mikrokosmischen Welt ist darum naturgemäß ebenso fix und unvariabel wie der Umkreis eines individuellen Lebens begrenzt und in diesen seinen Grenzen unüberschreitbar ist. Der Mikrokosmos des Romanes läßt sich als die ins Imaginäre fortgesetzte Lebenslinie seines Autors bezeichnen. In sinnfälligster Weise bestätigt sich diese Behauptung an den Werken jener Schriftsteller, die (wie etwa Balzac) für ihre unbefriedigten sozialen Aspirationen oder (wie man dies von Zola behauptet hat) ihren unerfüllten erotischen Sehnsüchten ein Ventil zu schaffen suchten. Das Wunschbild kann selbstverständlich auch sublimere Formen annehmen, es kann zum metaphysischen Rechtfertigungsversuch eines individuellen Prinzips überhaupt verklärt wer-

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den (so bei Dostojewski). Aber auch in diesem Fall bleibt die Formel bestehen: der Roman als Versuch, die Persönlichkeit ins Totale zu erweitern, einen Kosmos, ein Universum aufzuschlagen, das ihr auf den Leib geschrieben ist. Das Romanuniversum ist eine Bühne mit einem beständigen Repertoire von Leidenschaften, Gesten, Landschaftsbildern und Idiosynkrasien. Gerade aus Dostojewskis Romanen läßt sich ein solch stereotyper Bestand von immer wiederkehrenden Gestalten und von immer wiederkehrenden Gesten herausschälen. Dostojewski schrieb sich seine Gestalten wie einen Alpdruck vom Leibe. Der russische Mensch — wie er ihn schildert — nimmt von Anfang an die Bürde seiner Problematik auf sich; es wird nicht das Problem dieses Menschen gestellt, sondern dieser Mensch mit seinem Problem erfährt eine Apologie. Sein unlogisches Verhalten wird zu einer Logik besonderer Art, sie wird zu einem eigenen Stil, zu einem Zustand, der einen Typus ausdrückt. Dostojewski trug in der Seele das Bild des Helden, den er in mannigfachen Abstufungen bildete, überzeichnete, umformte und umschrieb, bis er in der dreieinen Wesenheit der Gebrüder Karamasow zur kristallenen Symbolklarheit gerann. Die neue Kunst hat nun offenbar dem Bilde des Helden abgeschworen. Sie gebärdet sich weder messianisch noch dämonisch; sie will die Welt nicht verbessern und nicht verführen. Der Leser erscheint jetzt nicht mehr als das Subjekt, das absorbiert und dem künstlerischen Organismus einverleibt werden soll — der Leser begreift sich als Objekt, er wird zum Ziel der Darstellung, und die höchste Absicht und die tiefste Wirkung dieser Kunst ist es, ihn als geistige Einheit zu fassen und zu konstituieren; ihre Funktion ist — um mit Marcel Proust zu sprechen — der eines Arztes vergleichbar, der seinen überlegenen Willen einsetzt, um die Schwäche des Patienten zu stigmatisieren und ihn zu seinem verschütteten Ich zurückzuführen. Diese neue Kunst ist gläubig, weil sie die gegebenen Formen des Daseins gelten läßt und heiligt, sie ist optimistisch, weil sie die Überzeugung trägt, daß alles, was lebt, gerettet werden kann. Im neuen Roman wird man vergeblich nach Typen suchen, die im allegorischen Gewand einer Ideologie erstarren, die Gestalten, die er vorführt, sind realistisch, wenn Realismus das Höchstmaß von Beziehungsmöglichkeiten zum Lebendigen bedeutet, die ein Ding oder eine Person ausüben kann. Der neue Roman geht vom Totalen aus und endet beim Individuellen, er will nicht mehr rechtfertigen, sondern rechtgeben, er strebt das All im Einen auszudrücken und nicht das Eine mit dem All zu umgürten. Um einen Roman zu schreiben, muß man es machen wie ein Kanonengießer. „¿Sabéis cómo se hace un cañón? ¿No? Pués para

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un cañón se coge un agujero cilindrico, se le recubre de hierro y ya está hecho. — Y como al hueco del cañón se le llama alma, bien puedo decir: se coge un alma, se le pone cuerpo, y hete, c a ñ ó n " (Unamuno).

2. Ramón Pérez de Ayala ist, glaube ich, ein Schriftsteller unserer Zeit. Einen ersten Versband, „ L a paz del sendero" (1903), begrüßte Rubén Darío mit Worten der Bewunderung. Dieser große Dichter hatte Scharfblick genug, den schöpferischen Intellekt zu entdecken, wo andere vielleicht erst die talentvollen Anfänge eines durch fremde Vorbilder mannigfach inspirierten Poeten erkennen konnten. D a s lyrische Erlebnis Ayalas drängte bald über die formgegebene Grenze des Gedichtes hinaus. Die ersten Romane sind wesentlich biographischer Art und verraten dadurch den lyrischen Gehalt, der ihnen zugrunde liegt. Die lyrische Grundvision ist eine Vision des Körperhaften, die Expansion des Lyrikers ist ein Akt der „Verkörperung". D a s Geschehen wird im Rhythmus der eigenen Lebendigkeit als organisch empfunden. Für den Lyriker gibt es keine Problematik, sein Leiden befriedigt sich an sich selbst, indem es das Panzerkleid der Form annimmt, indem es Körper wird. Der biographische Roman ist diejenige epische Gattung, die dem lyrischen Ausgangspunkt noch am nächsten steht. Ayala hat in dieser Anfangsepoche seines Schaffens noch keine Lösungen gesucht. Seine drei ersten Romane („Tinieblas en las cumbres", „A. M . D . G . " und „ L a pata de la raposa") beschreiben die Abenteuer eines werdenden Menschen, der wie ein Blatt vom Baum seiner Kindheit losgerissen den Stürmen eines feindlichen Lebens preisgegeben erscheint. Nirgends sichtet man eine Grenze, die das Leben heimisch machen könnte, nirgends zeigt sich das Gefilde, das die Sehnsucht der Erfüllung entgegenreifen ließe, nirgends das Ziel, das die grausame Inkongruenz von Ich und Welt erträglich machen würde. Den Schritt vom Zentrum zur Peripherie (mit dem der Romanschreiber erst zum Romancier wird) hat Pérez de Ayala versucht, als er die „Troteras y danzaderas" schrieb. Es ist dies Werk ein kecker Griff in die spanische Wirklichkeit, eine schwermütig kontrapunktierte Groteske, voll geheimer Melodik und mit der ganzen Intensität des Madrider Kolorites behaftet. In der Novellensammlung „Prometeo" erprobte sich das gereifte Talent des Dichters an drei Stoffen, die der ältesten Tradition der spanischen Lite-

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ratur angehören. — Den letzten Abschnitt bezeichnen die Romane „Belarmino y Apolonio" sowie „Luna de miei, luna de hiel" und als Fortsetzung „ L o s trabajos de Urbano y Simona". Die Welt erscheint hier als ein durchsichtiges Gefüge von klarer Gliederung und in gebändigten Maßen. Belarmino formt sich aus dem Wörterbuch der Akademie sein individuelles Vokabular, seinen Kosmos. D a s Wörterbuch ist das Universum, die Sprache, die Idee der Dinge ist ihre Realität, und das Individuum tritt aus seiner romantischen Isoliertheit heraus. Der Schleier des metaphysischen Dualismus ist gefallen: es gilt nicht mehr Probleme aufzustellen, sondern Phänomene zu verzeichnen. Übersieht man das Gesamtwerk Ayalas, so wird man bald erkennen, daß dieses Werk keine geschlossene Welt im Sinne des epischen Mikrokosmos darstellt. Ayala hatte offenbar niemals den Ehrgeiz zum „Œuvre" gehegt; er wollte mit seinen Werken nicht einen Beitrag zu einer Epopöe des modernen spanischen Lebens liefern, wie sie Galdós und Baroja zweifellos erstrebten. Er trägt nicht Stein auf Stein zusammen, um das Gebäude eines ganzen Romanuniversums aufzuführen. Vergeblich würde man nach einer Gruppe von Gewächsen und Geschöpfen forschen, die wie bei Balzac, Gorki oder Baroja ihre eigene Spezies darstellten. Die Werke Ayalas folgen einander wie Projektionen auf der Leinwand: wohlabgerundete Bilder, die ihren verborgenen Zusammenhang zur Zukunft und zum Vergangenen nicht einfach reflektieren, sondern die ganze Aufmerksamkeit auf das Ereignis der Gegenwart lenken. D a s Geistige wird von Ayala als eine potentielle Kraft erfaßt, als ein lebenspendendes Prinzip, das die Verkörperung im Panzerkleide der Symbolfigur verschmäht. Der Geist will sich nicht verkörpern und nicht maskieren; er will schaffen. Er setzt nicht sich selbst, er setzt die Dinge. Die Geschöpfe Ayalas haben daher — wie alle geistigen Geschöpfe — nur zwei Dimensionen und nur eine einzige Realität.

3. Wenn man den Stil und das Volumen eines Schriftstellers im Zusammenhang mit den Strömungen der zeitgenössischen Literatur darzustellen versucht, ist es unumgänglich, diese Literatur als Ergebnis einer einheitlich befolgten Tendenz zu begreifen, ihre vielverzweigte Lebendigkeit auf die eintönige Fläche zurückzuführen, die den ganzen Nuancenreichtum und die Mannigfaltigkeit der individuellen Strahlungen ins Bild treten läßt.

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Es ist in Spanien häufig gesagt worden, daß man im Grunde genommen von einer spanischen Literaturgeschichte gar nicht sprechen, sondern höchstens die Geschichte spanischer Literaten chronologisch rekompilieren könne. Der extreme Individualismus, der in diesem Schrifttum überwuchere, habe eine einheitliche literarische Tendenz als Gesamthaltung einer Epoche niemals zur Bildung kommen lassen. Die Entwicklung der spanischen Literatur sei daher anorganisch (wenn dieses Paradoxon erlaubt ist), sprunghaft und willkürlich. Man kann diese Behauptung akzeptieren und wird sich jedenfalls hüten müssen, die unter andern Völkern des Kontinents herkömmlichen Terminologien und Methoden literarischer Kritik auf eine so absolutistische und dem Stofferlebnis noch so nahe verbundene Welt wie Spanien anzuwenden. Tatsächlich leben die meisten europäischen Literaturen schon seit langer Zeit von ihren Stoffen getrennt, eine Trennung, die mit dem Eindringen der „Klassik" zum sinnfälligen Ereignis wurde. Die Klassik war der erste Versuch, ein Abkommen über den Stoff zu treffen und diesen vom lebendigen Gehalt zu distanzieren. In Spanien hat es niemals eine eigentliche Klassik gegeben, wohl aber ist Spanien das einzige Land in Europa, das sich heute noch einer „nationalen Literatur" rühmen darf. Den Eingang in die neuere spanische Literatur kann man nur mit einem entschlossenen Schritt in die Welt der spanischen Stoffe erreichen. Wir sehen da zu Anfang des verflossenen Jahrhunderts eine überaus kraftvolle Generation von Dramatikern am Werk, die dem Mythos des alten Theaters seine endgültige Form ersannen. Diese bravourösen Romantiker stritten sich nicht nur unter sich um die Krone des Erfolges, sie wollten vielmehr mit jedem ihrer Werke eine Apotheose auf ein „klassisches" Werk, auf einen Stoff oder auf eine Figur aus dem Figurinenkabinett der Lope de Vega und Tirso de Molina geben. Sie wollten den Gehalt des alten Theaters vermenschlichen, der — nach Azorins Ansicht — nur in Umrissen bestünde und dem die Fülle des Lebendigen abginge. Zwischen 1870 und 1900 sehen wir dann Pérez Galdós die Geschichte einer Epoche niederzeichnen, jene lebendige Geschichte eines Volkes, die dem Historiker ewig verschlossen bleibt: „die Geschichte in den Eingeweiden". Auch Pío Barojas Werke drängen letzten Endes nach einer einheitlichen Sinngebung des spanischen Lebens. Wenn aber der Verfasser der „Nationalen Episoden" aus den sozialen und wirtschaftlichen Kämpfen seiner Zeit die charakteristischen Probleme herausschälte, glaubt Baroja den Rhythmus des Lebens nur im individuellen Drama auffangen zu können. Er stellt nicht mehr Probleme auf, die für Spanien typisch sind, sondern erfaßt die Typik des spanischen Menschen.

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Die Geschichte einer Nation, die Galdós zu geben glaubte, wird nun zur Monographie der spanischen Seele, und dieser Wandel entspricht dem großen Einschnitt, den das Jahr 1898 für die spanische Literatur bedeutet. Die Generation, die dieses Jahr der äußeren Niederlage auf ihre Fahnen geschrieben hat, suchte zunächst einmal die Chinesische Mauer der Pyrenäen für immer zu durchbrechen. Mit diesem Einbruch der Moderne sollte freilich kein Bruch mit der Tradition vollzogen werden. Die Tradition sollte im Gegenteil verinnerlicht werden, ihren ewigen Sinn aus der Gegenwart beziehen, wie Unamuno sagte, denn: „someter a la acción de una ideologia invariable la vida de pueblos diversos, de diversos orígenes e historia, sólo puede conducir a que esa ideología se transforme en una etiqueta o en un rótulo, que dé una unidad aparente, detrás de la cual se esconden las energías particulares de cada pueblo, dispuestas siempre a estallar (!)" (Angel Ganivet).

Es läßt sich leicht absehen, daß mit einem solchen Wahlspruch einem schrankenlosen Individualismus Tür und Tor geöffnet waren. Die spanische Literatur hat damit ihre letzte Etappe, d. h. die letzte Etappe ihres Stoffes, erreicht. Der Stoff ist nunmehr zum Gegenstand der Darstellung, er ist bewußt geworden. Wenn wir die Stoffnähe als ein wesentliches Merkmal der neueren spanischen Literatur hinzustellen suchten, so will das bedeuten, daß der Blickpunkt dieser Literatur — cum grano salis — ein historischer ist. Das Kulturideal, das ihre Schriftsteller beseelte, erscheint dann als das Produkt der vitalen und noch immer latenten Kräfte, die jeweils im Bilde der gesellschaftlichen oder politischen Wirklichkeit tätig gewesen sind. Der Schriftsteller ist eine Sammellinse für die verschiedenartigsten Ausstrahlungen des nationalen und geschichtlichen Lebens; er gibt der Nation die vielleicht verlorene Idee der Nation zurück. Es leuchtet nun ein, daß die Möglichkeiten dieses Stoffes unendlich und unerschöpflich sind. Die geringste Umstellung des Projektionsapparates ergibt schon eine völlig veränderte Strahlenkonstellation; die minimalste Veränderung der Distanz zaubert ein gänzlich neuartiges Lichterspiel auf die Fläche; die Nuancen sind Legion. Die neue spanische Literatur besitzt diese märchenhafte Mannigfaltigkeit der Form. Ein schrankenloser Individualismus beherrscht das Bild ihrer Geschichte. Doch ist dieser Individualismus nicht organisch, sondern, wenn man so sagen kann, vegetativ. Das Individuelle wird hier nicht als ein Mittel gewählt, um die Einheit zu vollbringen — es ist vielmehr das spielerische Ergebnis einer Einheit im Wesen. Ayala ist vielleicht der erste Schriftsteller, der diese Zusammenhänge aufgedeckt und mit Bewußtsein zerrissen hat. Dem statischen Ideal der histori-

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sehen Gesellschaft stellt er die bewegte, die tätige, die geistige Gemeinschaft gegenüber. Diese ist aber nicht mehr einfach die Zusammenfassung von divergierenden Elementen, sie kann nicht als der kollektive Ausdruck eines individuellen Prinzips begriffen werden. Die Gemeinschaft beraubt das Individuum seiner individuellen Gloriole, von Ayala „ensimismamiento" genannt, um es auf einen Zweck hinzuwenden, um es schöpferisch zu machen. Der Weg zur geistigen Gemeinschaft ist ein Weg der Sonderung. Alkestis' Alleinsein erscheint aber nicht als die Form, in der sein Geist zu sich selbst kommt, seine Einsamkeit ist seine Not, die ihn zwingt, seine Gesellschaft, die er nicht findet, auf sich selbst zu stellen. „El insociable cuanto más se aleja de los hombres, tanto más se les aproxima con el corazón y con la inteligencia, en una perspectiva de conjunto, abrazo de los ojos y del alma. Humana, esencialmente humana, ha sido la tarea esquiva de los grandes solitarios."

4. Clarín, der nach einem Worte Eugenio d'Ors' seine Flügel im Herzen trug, statt in den Augen, ist vielleicht der einzige Vorläufer, den man für den Romancier Ayala ausfindig machen kann. Damit soll freilich keine künstlerische Abhängigkeit behauptet werden, sondern eine Artverwandtschaft, die scheinbare Anklänge in Stil und Formgebung hinreichend erklärt. An anderm Ort stellt Eugenio d'Ors zwei Grundtendenzen auf, die das Bild der spanischen Literatur beherrschen und sich nur in seltenen Augenblicken — wie bei Cervantes — verschlingen: „ . . . Quevedo como Fernando de Rojas, como Santa Teresa, como Góngora, da la impresión de estar creando en cada momento el lenguaje, en que se expresa. Los dos Fray Luis, por el contrario, parece que lo hayan recibido ya hecho y que lo soporten. Cervantes ocupa un lugar intermedio; cierto que la lengua le lleva y no él a ella; pero en este dejarse llevar, él mismo se regala y regocija, y bien se nota que da aire y ayuda a quien le lleva, como un buen jinete a su caballo."

Clarín wie Ayala gehören nun evidenterweise dem ersteren Typus des sprachschöpferischen Schriftstellers an. Die Prosa Clarins besitzt wenig lebendige Fülle und klingt mitunter skeletthaft hager, aber in dieser äußersten Gerafftheit des Ausdrucks, der sich wie ein Panzerhemd dem Gedanken anschmiegt, liegt auch der ganze Reiz seines Stiles beschlossen. Clarín ist nicht nur Sprachschöpfer, sondern er erfaßte auch seine Gestalten schöpfe-

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risch, als in sich abgeschlossene Welten. In dem gar nicht genügend gewürdigten Roman „Su único hijo" (1890) ist dieses Verfahren einer rein subjektiven Darstellung in eigenartiger Weise durchgeführt. Man erfährt niemals, ob die einzelnen Figuren des Romanes mit ihren umständlich analysierten Gefühlen überhaupt einen Widerhall finden. Der Konfliktstoff des Romanes ist somit die Undurchdringlichkeit der individuellen Welten, und eine völlige Sonderung des sozialen Geschehens, das sich fatal und zwangsläufig erfüllt, und des die Welt reflektierenden Subjektes ist die Folge dieses Verfahrens. Clarín geht in seinem Phänomenalismus bis zum letzten und begreift selbst die Zeit und die Gesellschaft, gegen die seine Geschöpfe agieren, als Wesenheiten subjektiver Art, unfähig zu einem harmonischen Ausgleich der Kontraste. Auch Pérez de Ayala liebt es, seine Gestalten mit dem Attribut ihrer individuellen Grammatik zu begaben. Seine Geschöpfe sind indessen keine hermetisch abgeschlossenen und abgedichteten Wesen wie die Clarins, sondern in ihrer Vereinzelung sympathetisch. Der werktätige Geist, der die Trennung verursacht hat, vollbringt eben damit eine Tat der Einigung: er schafft eine neue Gemeinschaft. Belarmino, der eine neue Sprache erfindet, trägt eine neue Welt auf den Schultern, denn die Worte und die Dinge sind im Grunde identisch: „el diccionario es el universo." Als dann der spanische Sokrates einen Satz seiner eigensten Terminologie eines verborgenen Phonographen vernimmt, springt er von seinem Sitze auf, „como si le hubieran aplicado una corriente eléctrica". Die erträumte Welt ist durch Blendwerk plötzlich wirklich geworden; eine Stimme ist, die ihm antwortet und seine Einsamkeit entbindet! Diese Stelle ist eine der witzigsten und tiefsten in dem Buch, sie bietet zugleich die moderne Apotheose auf das in der spanischen Literatur traditionelle arabische Märchenmotiv vom Bettler, dem im Traum ein Königsthron vorgegaukelt wird 3 . Die Gegner Belarminos müssen sich nunmehr von der inneren Logik dieser Terminologie überzeugen, sie wenden sich nun gegen die Notwendigkeit, die herkömmliche Sprache zu verändern: — „¿De manera que el diccionario es el universo? ¿Y qué necesidad hay de mudarle el nombre?" — „Perfectamente. Ese es un reparo que cabe oponer a los más grandes filósofos ..." Es gibt, bei Lichte besehen, nichts anderes als Terminologie, und wer die Welt verbessern will, muß ihre Begriffe erneuern. Die Form ist — für Pérez de Ayala — der Materie nicht entgegengesetzt, sondern sie stellt diese in ihrer Lebendigkeit dar: „Materia y forma están unidas en consorcio indivorciable, y el agente, que hace fecundo este abrazo, es el espíritu, el espíritu vivificador."

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5. Ayalas erster Prosaband erschien 1907. „Tinieblas en las cumbres" besitzt als ein echtes Jugendwerk alle Reize der unmittelbaren Empfindung. Es wird darin die Liebe eines Dorfmädchens zu einem fahrenden Artisten erzählt. D a s Erlebnis dieser ersten Liebe, die nicht ohne Folgen bleibt, reißt die Liebende in den Abgrund, wo die Seele auf Knien demütig dem Käufer sich preisgibt. Reflexion und sentimentaler Gehalt marschieren hier noch getrennt. — In „A. M . D. G . " (Ad majorem Dei gloriam) schildert Ayala seine Jugendjahre in einem Jesuitenkloster. Die Handlung verflicht mit tagebuchartigen Aufzeichnungen anekdotische Züge, die in ihrer plastischen Starrheit den künftigen Novellisten verraten. „A. M . D. G . " ist eine zornige Anklage — aber die antiklerikale Tendenz erschöpft den Gehalt dieses sehr seltsamen Buches nur wenig. Hinter den Mauern des Stiftes formt sich der H a ß und die Liebe des erwachenden Menschen: Liebe zu allem, was einfach und stark ist; denn der Geist ist Kraft. „Die wahren Adler" — sagt Nietzsche — „stoßen gerade." Sein Haß gilt der Buchstabengelehrsamkeit und dem selbstgerechten Gehabe jener heuchlerischen Erzieher, die unter dem Gewand des Wohlwollens die abscheulichsten Irrungen des Gefühls verbergen. Unter allen Patern hat es ihm nur der Mystiker Sequeros angetan. Ihm gegenüber steht der einfältige Knabe Coste, der nur eine Lust kennt, die Lust seines Körpers. Aber geheime Fäden verbinden den schlichten Sinn des Bauern mit der glühenden Seele des Priesters und dem angeborenen Geistesadel des Protagonisten, der, um von sich zu berichten, stets Urteile über die Welt abgibt (ein sehr feiner Z u g der Psychologie des Knaben!). Die Gegenüberstellung der törichten, aber starken Jugend Costes mit dem weltfremden Gottsuchertum des Mystikers mag uns an den „Jüngling" und Iwan Makarowitsch erinnern. Freilich ließ der Russe das Samenkorn in der Seele des jungen Menschen Früchte tragen, und am Schluß der verwirrenden Aufzeichnungen Dostojewskis steht das eine fest: Arkadi wird leben! Der Spanier dagegen läßt sich von seinem fatalistischen Weltgefühl leiten und verwirft die Möglichkeit des Glückes. Er ist härter und künstlerischer (vielleicht auch künstlicher) als der Russe. An Aljoscha K a r a m a s o w s Brüderschaft mit den „kleinen Knaben" gemahnt die Begegnung des fliehenden Costes mit zwei Kameraden, die ihm ihre Ersparnisse und einen Gruß an das Schicksal auf den Todesweg mitgeben. Man hat schon anläßlich von Pío Barojas offenbar durch Gorki beeinflußten Abenteurerromanen die Parallele zwischen russischem und spanischem Wesen herstellen wollen. D a s unverbundene Nebeneinander von pe-

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netrantestem Realismus und romantischem Unendlichkeitsdrang kennzeichnet tatsächlich beide Literaturen. Wo aber der russische Naturalismus gleichsam der Taufe entgegenharrt und das russische Leben als Rohstoff und Keim von Verheißung erfüllt ist, setzt der Spanier, mit der Enttäuschung geboren, die grausame Realität post festum. Der Russe hat keine Achtung für die Individualität, weil sie für ihn nur ein Durchgangsstadium ist, ein Mittel, das niemals zur Form gerinnen kann. Der Spanier, der nur an Gott und an den Tod glaubt, hat die tänzerische Höflichkeit erfunden: er setzt auf den Abend des Lebens noch eine brillante Nummer. Das spanische Volk tendiert durchaus nach aristokratischen Formen, der russische Adel ist immer volklich, wo er überhaupt noch russisch sein will. Hier sucht der Abenteurer das Leben ganz zu erraffen (so Dimitri Karamasow) und der Verbrecher Gott gleich zu sein (Raskolnikow) — weswegen er schuldig werden kann —, dort glaubt der Missetäter mit dem Bewußtsein des Schöpfers die verfehlte Schöpfung zu zertrümmern: der spanische Verbrecher ist des Heiles im voraus versichert. Carayon, der Übersetzer Ayalas, hat aus den Werken des Dichters einmal einen Stammbaum von Geschöpfen abgeleitet, die alle von einer passiven Grundmacht des Lebens getragen werden. Der französische Kritiker hält es für ungemein charakteristisch, daß der Verfasser der „Troteras y danzaderas" sein kostbarstes ästhetisches Glaubensbekenntnis einer Gefallenen in den Schoß legt. ... Tatsächlich ist die sentimentale Emanzipation der Dirne einer der letzten Stoffe, die das junge Rußland dem europäischen Roman beigebracht hat. Wenn man aber bedenkt, daß zur Zeit der Abfassung von Ayalas Jugendwerken die neuesten Offenbarungen des russischen Geistes in Spanien noch nicht bekannt waren, wird diese Berührung der absolutesten Kontraste zu einem frappierenden Phänomen, das uns zu erneutem Vergleich herausfordert. Für den spanischen Literaten ist die Gefallene ein Anlaß zu metaphysischer Betrachtung, aber ihre gesellschaftliche Form, die ihre Tragik ist, wird dadurch keineswegs aufgehoben, daß sie zum Gegenstand einer Reflexion und daß ihre Schuld höheren Mächten in die Schuhe geschoben wird. Die Tragik des Spaniers hat mit der Schuld nichts zu tun; sie kommt erst dann zu ihrer höchsten Entfaltung, wenn die Fragestellung nach Schuld oder Unschuld überwunden ist. — Der Russe sieht in der Gefallenen Gott wirken. Der Russe, der mit verhängten Zügeln in jedes neue Ereignis taumelt, bringt auch jeder neuen Erscheinung die ganze Fülle seines unverbrauchbaren Gefühls entgegen. Der Spanier dagegen, der völlig unbewegt steht, hat die Hellsichtigkeit erworben, die man sich zulegen kann, wenn man auf einer

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Warte steht und schließlich durch lange Gewöhnung des Auges auch die geringfügigsten Veränderungen auf weite Ferne wahrnimmt... Der nächste Roman, den Ramón Pérez de Ayala dem sentimentalen Abenteuer „Tinieblas en las cumbres" und der Kindheitsgeschichte im Jesuitenkloster folgen ließ, ist seiner Form nach noch weniger gebunden als jene beiden Erstlingswerke. „La pata de la raposa" ist mehr als ein subjektives Bekenntnis einer Rechenschaftsablage — es ist der Versuch, den Leidensweg des Künstlers von der Welt zu sich selbst sinnfällig aufzuzeichnen. Die lyrische Grundhaltung, die wir vorhin als Charakteristikum der ersten Schaffensepoche Ayalas zugrunde legten, wird in den nachstehenden Sätzen analysiert: „En Alberto la forma particular de sentirse era el lirismo. Su temperamento engrandecía desmesuradamente el presente y le inclinaba a derramarse en frases torrenciales, a infundir sus emociones en imágenes pintorescas. Pero c o m o al mismo tiempo le inspiraba recio desvío la palabrería y retórica ajenas, se esforzaba a poner de continuo por delante del flujo vehemente de su corazón un dique de palabras austeras, áridas . . . "

Die Gefahren einer solchen lyrischen Vereinzelung erscheinen um so bedrohlicher, wenn ein Individuum die leichten Erfolge seines spielerischen Geistes mit den Annehmlichkeiten eines ungehemmten Lebens verbinden kann. Der lyrische Einheld fühlt sich Gott gleich und spielt sich selbst im Gefühl der Allmacht gegen die sinnberaubte Welt aus. Es ist dies die Hamlet-Situation, in der die Schauspieler auf den Plan zu treten haben. Das Schauspiel entläßt den Helden aus dem vielfach abgeschrittenen Gefängnis seines Ichbewußtseins und verleiht seinem Gefühl die ganze Fülle einer imaginären Realität. Alberto folgte einer Zirkustruppe und schrieb seiner Braut, die ihm hingegeben war, den Abschiedsbrief. Aber auch dieser schöne Traum eines ungestörten Glückes ist schnell zu Ende geträumt. Eine burleske Travestie auf eine biblische Szene bringt Alberto und seine Truppe in krassen Konflikt mit den Gesetzen. Im Gefängnis lernt er (wie einstmals im Kloster) die Not der Schöpfung an unbeschreiblicher Verbildung erkennen. Wenn aber der Knabe durch die Unmenschlichkeit und Verderbnis seiner Erzieher zum Charakter gebildet wurde, männlich richten und urteilen lernte, wird jetzt das Unzulängliche zum Anlaß seines neuen Erlebens. Es ist sinnlos, gegen die Dinge zu re agieren; wenn man die Dinge bis in ihre Wurzeln geschaut hat und die Einheit erfühlt, die alles Kreatürliche im Wesen verbindet, wird man sich angewöhnen, mit den Dingen zu agieren, statt ihre gewordene Form zu verlästern: „ . . . cada día soy más tolerante, y hasta llego a creer que la responsabilidad es algo confuso que comienza de rejas afuera. — Las frases del alcalde iban inscribiéndose en la mente de Alberto c o m o sentencias religiosas sobre tablas de b r o n c e . "

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Die Worte des Gefängnisdirektors fallen wie ein Himmelslicht auf Albertos wahrheitsdürstende Seele. Nur vergißt er, daß schon früher Fina ihm entgegengehalten hatte: „¿Puedes tú explicarte que haga nadie el mal por su gusto?" — Fina wird das Opfer auf dem Altar seines Lebens. Darum: „La pata de la raposa". Wenn der Fuchs in eine Falle gerät, reißt er die gefangene Pfote los und flieht mit den drei gesunden, die ihm bleiben. Der Fuchs ist Geist, die Tugend der List. Die Schlinge: Fatum des Todes. Diese Parabel enthält die Erkenntnis, daß man, um zu leben, sich beschränken muß. Ist aber das Opfer des Glückes notwendig, um die Freiheit des Geistes zu bewahren und dem Willen der Zukunft nicht frevlerisch vorzugreifen? Darf man Lebendiges morden, um dem Leben zu dienen, wie Alberto seine Geliebte mordete, um immer liebend sein zu können? Auf diese Fragen gibt das Buch keine Antwort. Ayala, der Romantiker, konnte sie auch nicht finden. Der Dichter von „Luna de miel" fand eine Antwort, indem er die Fragestellung als solche verwarf: was wirklich lebt, wird nicht untergehen, es wird am Leiden genesen und durch den Tod auferstehen.

6. Die drei in dem Bande „Prometeo" (1916) vereinigten Novellen bringen drei Stoffe, die in der spanischen Literatur aller Zeiten widergeklungen haben. Ayala nennt diese drei Kabinettstücke seiner gereiften Erzählerkunst „novelas poemáticas de la vida española". „Luz de domingo" ist ein doppeltes Sexualverbrechen, begangen an einem sonntäglich liebenden Paar. Dem Verbrechen der wilden Vergewaltiger folgt das Verbrechen der Gesellschaft (der Klatsch ist die Sexualität der Gesellschaft). In seiner Studie über die Don-Juan-Sage wollte Pérez de Ayala die legendäre Gestalt mit ihrem verwirrenden Sexualkomplex als die Ausgeburt einer wesentlich semitischen Sensualität aus dem Bereich der spanischen Seele weisen. Aber in „Luz de domingo" feiert das alte Motiv seine Auferstehung, und wir müssen die barbarischen Notzüchtiger Balbinas auf einen pathologischen Typus fixieren, dessen innere Verwandtschaft mit der Lichtgestalt des sevillanischen Burladors gar nicht zu verkennen ist. Das Leiden Don Juans ist sein Mangel an Vertrauen. Selbstverständlich hat der „fraile mercenario" seinen Helden nicht auf den psychologischen

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Operationstisch gebeten. Tirso de Molina schickte im Gegenteil den Don Juan in die Hölle, weil er ihm zuviel vertraute. Sein Don J u a n hatte das Leben entdeckt, diese anonyme, ketzerische Gewalt, die wir heute Z u g um Z u g entziffern zu können glauben. Der alte Don Juan frevelte nicht an den Weibern, sondern am Sakrament. Er bedurfte seines Beistandes nicht, weil er eine weitere Dimension ausfindig gemacht hatte, in der das Leben erträglich und sinnvoll werden konnte. Er ist der Erfinder der Natürlichkeit, und deswegen beeilt sich das Gedächtnis der Welt (die immer unnatürlich war), den Frevler in der Versenkung verschwinden zu lassen. Wenn wir heute an das Sakrament nicht mehr glauben mögen, so hat sich uns sein biologischer Sinn dafür um so tiefer eingeprägt. Die Leistung, die der männliche Sexus zu vollbringen hat, beschränkt sich nicht einfach auf den Tatbestand einer Besitzergreifung — es ist eine Transsubstantiation, ein Akt der Schöpfung, der von uns verlangt wird. Don Juan begnügt sich nun mit dem konditionalen (oder irrealen, wie der Doktor Marañón boshafterweise behauptet) Modus des Eroberers. Sein Empfinden erschöpft sich in einem leeren Zurschautragen einer Potenz, die er niemals ausübt. Was dem Don J u a n in unseren Augen völlig abgeht, ist die Dämonie des männlichen Menschen. Diese Dämonie ist ein Gelächter vor dem Abgrund, der „Optimismus der Verzweiflung" (wie Unamuno sagen würde) dessen, der sein Ich dem unbekannten Anderen tollkühn zum Preis setzt. Don Juan braucht im Verkehr mit den Frauen immer und unaufhörlich Beistand. Er wagt es nicht, ihr allein gegenüberzutreten. Er braucht den Applaus der Menge und: rühmt sich seiner Triumphe, wie wenn ein Stierkämpfer seinen Ruhm auf die Zahl von „descabellos" gründen möchte, die ihm — mißlangen. Der Fall Don Juan Tenorio ist in der spanischen Literatur keine vereinzelte Erscheinung. Man braucht nicht erst auf die zahlreichen dramatischen Vorlagen Fray Gabriel Téllez' zurückzugehen, um den sexuellen Tatbestand der Don-Juan-Legende wiederzufinden. Gleich das erste Werk, das in spanischer Sprache auf uns gekommen ist, enthält einen geradezu klassischen Fall jener pathologischen Gefühlsverwirrung, die uns Pérez de Ayala so kraß geschildert hat. D a s sind die Infanten von Carrion, deren perverses Verhalten gegen die Töchter des Campeador der „Cid"-Sänger mit epischem Behagen, fast möchte man sagen, mit geheimer Sympathie, ausgemalt hat („Cantar de M i o Cid"). Vom selben Holz sind Ayalas „Becerriles" geschnitzt. Wie die Valcárcel in Clarins genanntem Roman stellen die sieben Söhne des Alkalden von Cenciella eine soziale Rückbildung zur männlichen Sippe dar. Es ist die kollektive Rache der Horde, die an Castor vollzogen werden soll. Für das Empfinden dieses Geschlechtes beleidigt Castors feier-

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tägliche Liebe zu Balbina nicht nur ihre persönlichen Interessen, er erregt nicht nur ihre Eifersucht, sondern schlägt der Würde ihres „männlichen" Gefühls ins Gesicht. Nachdem das Verbrechen geschehen ist, greifen sie zur Palette des Malers und färben ihm Nase und Wangen rot, wie einem Bajazzo, wie einem Zauberer ... Wenn die Becerriles in die große Stadt niederkämen, würden sie die Atmosphäre einer Öffentlichkeit schaffen, in der den Frauen die Entfaltung und Ausbreitung ihrer Wesensart benommen und sie auf die sonderbare Funktion beschränkt blieben, der fetischistischen Selbstdarstellung der männlichen Geschlechtlichkeit Stoff zu bieten ... Wo immer Liebe, das heißt die Forderung einer absoluten Preisgabe an das Unbekannte, einem Individuum als Aufgabe gestellt wird, sucht der Überwältigte die Einheit seines Subjektes zu retten. Der Weg, auf dem das zerstörende Erlebnis fruchtbar werden kann, ist die Identifizierung des Subjektes der Liebe mit seinem Gegenstand, ein Tausch von Ich und Du, aus dem eine neue Einheit hervorgeht. Auf einer primitiveren Stufe steht das Individuum dem einströmenden Ereignis fassungslos gegenüber und setzt sich, statt aus der Not eine Tugend zu machen, gegen das Schreckgespenst zur Wehr. Nur die Vernichtung des Du kann dem erschütterten Ich wieder zu seinem Gleichgewicht verhelfen, ähnlich wie die primitiven Völker, ehe sie lernten, die unerforschten Naturkräfte jubelnd zu verehren, die Symbole des Unbekannten als feindliche Mächte durch die Darstellung beschworen. Eine ähnliche Problemstellung ist es, an der der Knabe Arias zum Verbrecher wird. Diese Geschichte („La caída de los Limones") ist darum ergreifender, weil dasselbe Phänomen der ungekonnten Liebe nicht mehr als das Ergebnis einer verirrten Sensibilität erscheint, sondern den kritischen Augenblick höchster Dramatik berührt, der jedes Leben in Frage stellt. Auch Arias' Mord will nichts anderes bedeuten, als daß er sich seiner Liebe schämt wie einer fremden Naturkraft, die ihn überkommt. Nicht er mordet, sondern es mordet in ihm. Es gibt ein Alter, in dem die Persönlichkeit ebenso wie die Fähigkeiten des Lebens sich vollkommen herangebildet haben, aber noch beziehungslos nebeneinander hergehen wie zwei Raubtiere, die ihre Kräfte messen und endlich aufeinander losstürzen. Auch für diesen Typus lassen sich zahlreiche Vorlagen in der älteren spanischen Literatur namhaft machen. Es ist der sentimentale Verbrecher, der auf dem Theater Lope de Vegas und seiner Vorgänger wahre Orgien feierte. Die Novelle „Prometeo" kann man aus dem dritten großen Stoffkreis der spanischen Literatur herleiten. Ein oberflächlicher Blick auf die hauptsächlichsten Hervorbringungen dieses Schrifttums läßt uns den beständigen Dualismus erkennen, der nicht nur die Epochen und die Werke der Künst-

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1er, sondern auch deren Persönlichkeit zerspaltete. Zwischen Gott und Welt gibt es keinen Mittler. Die religiöse Dichtung geht daher nicht auf den Gesamtsinn des Lebens, sie sucht vielmehr das Leben auf das Mindestmaß zurückzuführen, auf der die Anschauung Gottes höchster Preis ist: sie gebärdet sich mystisch. Die Satire der Spanier ist aber von allem Anfang an sarkastisch und zeigt eine hermetisch verschlossene Welt, in die kein Sonnenstrahl von dem fällt, was wir Ironie nennen. Aber irgendwo müssen sich die beiden Sphären berühren. Diese schmale Tangente zwischen zwei Kreisen ist nun nichts anderes als die Straße des reinen Lebens — es ist die Abenteurerstraße, die nach Lazarillo de Tormes und Mateo Alemáns Guzmán de Alfarache ein ganzes Heer von Edelstromern und Glückskavalieren bevölkert hat. Das sich selbst überlassene Leben — das nach der katholischen Doktrin weder gut noch böse ist — soll seine eigenen Gesetze finden. Das Ideal des vollkommenen Lebens ist auch das Alchimistenideal des Professors Marco de Setiñano. Er glaubt das Produkt seiner Gedanken gleichsam auf chemischem Wege materialisieren zu können, aber das Leben spielt ihm denselben Streich, der Bonifacio Reyes dem Gespött der Nachwelt preisgibt und den Vater Apolodoros (Unamuno: „Amor y pedagogía") zum Naturfrevler stempelt: Prometheus, der „reine" Sohn seiner Ehe mit dem „reinen" Weib ist ein mißwachsener Teufel. Odysseus hätte — wie der Dichter in einem Begleitsonett bemerkt — seine Seele in den Bogen spannen sollen. In seiner Novelle „Clib" hat Pérez de Ayala die verkehrte Einstellung zur Welt mit einem Begriffspaar ausgedrückt, das sich ergänzt und zwei Seiten eines und desselben Übels offenbart. „Ensimismamiento" ist das unfruchtbare Verharren bei sich selbst, es bezeichnet jenen Pseudoindividualismus, den man mit einem psychiatrischen Begriff als „Objektscheu" ansprechen könnte. „Enajenación" ist der Verlust der Persönlichkeit an die überwältigenden Eindrücke des Lebens. Die Sinne stellen dann keine Leitungen dar, die Subjekt und Umwelt ständig verbinden und durchströmen, sie sind vielmehr die Tore, durch die das gefangene Leben entflieht, um das Subjekt wie einen leeren Vogelbauer seiner trübseligen Sinnlosigkeit zu überlassen. — Professor Setiñano ist nun ein solcher Fall von „enajenación". Der Dienst an das Leben wurde bei ihm zum Götzendienst. Um Täter zu sein, genügt es nicht, aus sich selbst herauszugehen, man darf sich auch nicht zu weit von seiner Tat entfernen. Man darf seinen Ursprung nicht vergessen, um das Werk zu vollbringen und Zeitliches und Ewiges zusammenzuschlagen. Die Idee, die wie ein Samenkorn auf den Boden der Wirklichkeit fällt, muß das Gewicht ihrer lebendigen Schwere besitzen. Auch die Idee des Lebens

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ist zur Unfruchtbarkeit verdammt, wenn sie wie ein hohler Fangarm nach einem Ziel greift, statt ihr Ziel in der eigenen Fülle zu tragen und ihre Bestimmung dem blinden Wirken der Natur zu überlassen. Wie Unamunos Apolodoro stirbt auch dieser neue Prometheus einen elenden Tod. Im Rahmen der „Novelle aus dem spanischen Leben" wäre eine andere Lösung undenkbar gewesen. Für Ayala freilich konnte diese Lösung nicht befriedigend sein. Das einmal geborene Leben durfte nicht einfach preisgegeben werden. Dieser Gedanke von großer Einfachheit erfüllt die beiden letzten Romane Ayalas („Luna de miei, luna de hiel" und „Los trabajos de Urbano y Simona"). Es ist dieser Gedanke vielleicht der Sinnspruch einer neuen Literatur, die sich auf unserm ganzen Erdteil Bahn brechen und mit der die europäische Menschheit sehnsüchtig zu ihren Anfängen zurückkehren möchte, um dem rationalistischen Idealismus, der das philosophische Denken von zweieinhalb Jahrtausenden beherrschte, abzuschwören und sich einem einheitlichen, elementaren Lebensbegriff zu nähern, wie ihn die ionischen Physiker erstmals aufgebracht hatten.

7. Wir brauchen die beiden letzten Werke Ramón Pérez de Ayalas keiner umständlichen Analyse zu unterziehen. Es sind die Romane „Belarmino y Apolonio" und „Los trabajos de Urbano y Simona" Universalschöpfungen in dem Sinn, daß sie ihre eigene Analyse in sich selbst tragen. Nicht daß ein Universum in vollendeter Rundung dem Leser vorgegaukelt würde, sondern auf der weißen Fläche zeichnet sich eine nun schon klassisch vereinfachte Handlung ab, die ihre Ströme und Schwingungen aus dem Zentrum des Universums zu empfangen scheint. Die Linie des Geschehens verläuft, namentlich im letzten Roman Ayalas, so gerade und folgerichtig wie nur möglich. Die Geschichte Urbanos und Simonas besitzt etwas von der legendären Einfalt der Parabel. Auch die Sprache ist hier knapper gehalten als in irgendeinem andern Werk des Dichters, die Perioden sind weniger gedreht und besitzen vielleicht auch nicht mehr den heftigen Pulsschlag der „Prometeo"-Novellen: sie spannen sich nicht um die Handlung, sondern liegen ihr an wie ein schmuckloses Gewand, das aber die leiseste Bewegung des verhüllten Körpers anzeigt. Diese letzten Werke Ayalas sind voll intellektueller Beschaulichkeit. Wenn in den ersten Romanen der Kommentar die Handlung als gesonderte Reflexion begleitete, wie wenn sich der Dichter

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nicht mit seiner Talentprobe begnügen wollte, sondern auch den Beweis seiner intellektuellen Selbständigkeit zu erbringen hätte, so erscheinen die Kommentare jetzt nicht mehr als Fackeln, die ein Licht über der Handlung aufstecken sollen, sondern sie sind Ausstrahlungen des Geschehens, die sich wie Wellen von Etappe zu Etappe fortpflanzen. Belarmino und Apolonio verkörpern zwei Grundkräfte des menschlichen Geistes. Der Philosoph geht von einer einheitlichen Vision der Welt aus; er sieht in jedem Ding und in jedem Wesen das Weltsubjekt wirken: „Este hombre, cuando supo expresar todas las cosas que comprendía en una sola cosa, hablaba más que nadie. Los otros le llamaban charlatán. Pero este hombre, en lugar de ver tantas cosas en una sola cosa, en todas las cosas distintas no vió ya sino una y la misma cosa, porque había penetrado en el sentido y en la realidad de todo; al llegar a ésto, ese hombre ya no volvió a hablar ni una palabra. Y los demás le llamaban loco." —

Für den Dramatiker ist die Welt vom Gesetz der Entzweiung, von ,,ερις" beherrscht. „Cada hombre lleva su destino escrito en la frente." Für Belarmino fällt der Name und das Ding zusammen — der Tragiker Apolonio sieht im Namen den Ausdruck des Fatums. Belarmino hebt die Tragik auf, indem er das Einzelne auf dem Orte seiner höchsten Beziehungsmöglichkeit findet — Apolonio hebt die Schuld auf, indem er die Sonderung als allgemeines Prinzip des kreatürlichen Lebens aufstellt. Belarmino und Apolonio sind zwei Schuster, die der Menschheit auf den Weg einer besseren Zukunft verhelfen wollen. Aber je rückhaltloser sie der Stimme ihrer Sendung gehorchen, dem Dämon des „inteleto" und der „simulación", desto heilloser verwirren sich ihre bürgerlichen Verhältnisse. Belarmino nimmt den Standpunkt des Sirius ein, während der Dramatiker im individuellen Geschehen untertaucht. „El drama y la filosofía son las únicas maneras de conocimiento." Beide verlieren allmählich den Ortssinn durch das Leben. Die Geschichte Belarminos und Apolonios ist — materiell gesehen — die Geschichte ihres Niedergangs bis zur völligen Auflösung und Zerstörung ihrer sozialen Persönlichkeit. Während Apolonio sich von seinen Instinkten leiten läßt, liegt dem Verhalten Belarminos eine tiefere Erkenntnis zugrunde: die höchste Möglichkeit des Geistes ergibt sich stets unter niedrigstem Atmosphärendruck des Lebens. Nur durch äußerste Beschränkung wird der Geist schöpferisch, er nimmt dann die unentfaltete Vitalität in sich auf und gewinnt an Radialkraft, was er vielleicht an Volumen eingebüßt hat. Die günstigste Stellung gewährt dem Beschauer eines Panoramas die Warte, die so schmal ist, daß die Füße gerade auf ihr Platz haben. Sobald sich eine Horizontale vorbaut, wird der Ausblick einseitig, oder der Betrachter sieht sich gezwungen, eine Peripherie abzuschreiten: er verliert seine Stellung im Zen-

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trum. Diese gewaltsame Unterbindung der expansiven Tendenzen wird aber im Organismus schmerzlich empfunden. Es stellt sich das Leiden ein. Für den peripher gelagerten Menschen, der seinen eigenen Kosmos mit dem maßlosen Ehrgeiz nach Totalität vortreibt, stellt das Leiden nur eine Grenzzone dar. Der Rückzug in die vertrauten Regionen seines Mikrokosmos steht ihm nach jeder Niederlage auf seiner äußeren Linie offen. Das Leiden ist in diesem Fall höchst unfruchtbar; es verengt und verhängt die Horizonte. Sobald aber das Individuum sich entschließt, seinen Kosmos abzubrechen und den Anspruch auf totale Expansion zu Grabe zu tragen, das heißt statt eines Kreises einen Punkt zu bilden, dessen Umfang mit seiner Fläche zusammenfällt, wird das Leiden zum fruchttragenden Prinzip, denn jetzt leidet „es", w o „es" lebt: das Leiden erscheint nicht mehr als Grenze, sondern als die Schlüsselstellung, die dem preisgegebenen Subjekt die Herrschaft über das Universum in die Hände gibt. Diese Erkenntnis wurde mit der Parabel der Füchsin als ein dumpfes Fatum, als Verhängnis ausgedrückt: „rette sich, wer sich retten kann", oder, wie der Evangelist Matthäus sagt: „Y si tu mano derecha te fuere ocasión de caer, córtala, y échala de tí: que mejor te es que se pierda uno de tus miembros, que no que todo tu cuerpo sea echado al infierno." In „Belarmino y Apolonio" hat Ayala die evangelische Parabel zum Schwerpunkt des tätigen Geistes gemacht. Das Leiden ist nunmehr eine Stellung, die mit Bewußtsein gewählt wird. In seinem letzten Roman aber sehen wir, daß das Leben erst gewonnen werden muß, daß Leiden nicht nur ein Gebot der geistigen Hygiene, sondern ein biologisches Gesetz darstellt. Tatsächlich ist die Geschichte von Urbano und Simona eine köstliche Neudichtung des Mythos von Adam und Eva, ein Erziehungsroman, der an die glorreiche Vergangenheit der spanischen Prosa anknüpft. — Human nennt Pérez de Ayala die Kunst des Pérez Galdós: „ . . . excava en la aridez del hombre común y corriente, hasta sacar a luz un granito o simiente de santidad en el más pecador, de sapiencia en el más necio, de sensibilidad en el más romo, de bravura en el más pusilánime: esperanza del género humano, energía potencial son estas simientes como granitos de dinamita, que impensádamente revientan y nos ahondan."

Mit diesen Werten ist der christliche Grundgehalt des Galdósschen Werkes gekennzeichnet; dieser wütende Kirchenfeind ist der größte Nachfahre der Mystiker geworden und verkörpert eine Literatur, die das Mysterium der einen Seele zum Gegenstand hat und in Spanien traditionell ist. Im Gegensatz zu Galdós wird Juan de Valera als der Humanist gekennzeichnet, der eine strukturelle Typengebung erstrebt und also vom Einzelnen zum Allge-

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meinen schreitet. Auch diese Tendenz läßt sich als Kennzeichen einer spanischen Literatur aufstellen, die mit Don Juan Manuel und dem Satiriker Juan Ruiz ihren Anfang genommen hat und in den Gesellschaftssatiren des Quevedo gipfelt. Es handelt sich nun darum, das Individuum sozial abzurichten und auf einen Typus hinzuwenden, der bald der antiken Geschichte entnommen und klassizistisch verbrämt, bald als unsichtbares Gegenbild der entarteten Zeit vor Augen gehalten wurde. Die Einstellung dieser Literaten ist wesentlich zivilisatorisch und demokratisch, und Pérez de Ayala begrüßt sie als „buena profilaxia contra el delirio del individualismo y de la imaginación, que con movimiento progresivamente acelerando viene empujando a la civilización occidental desde las postrimerías del siglo 18".

Aber der latente Dualismus dieser beiden Strömungen vermag das Bild der spanischen Literatur nicht zu erschöpfen. M a n kann sich die humanreligiöse und die humanistisch-soziale Literatur als zwei üppig bewachsene Hügelmassen vorstellen, die zwar von einem unüberschreitbaren Strom getrennt sind, aber dank den Winden sich gegenseitig befruchten und die mannigfachsten Spielarten in ihrer Vegetation hervorbringen. Der Strom, der sie durchzieht, trägt aber eine Dichtung, die weder das Gewordene in seiner Beziehung zum Gegenwärtigen und Zukünftigen darstellt noch die Dinge und Menschen zum Sinnbild des Ewigen emporhebt, sondern das Leben aus sich selbst zu begreifen und an seinen eigenen Gesetzen zu entwickeln sucht. Die „novela picaresca" ist die bedeutsamste Hervorbringung dieser biographischen, das heißt „Leben aufzeichnenden" Literatur gewesen. Hier liegen auch die tiefsten Wurzeln des Ayalaschen Realismus, dieses zerebralen Realismus, den man heute als religiös empfinden möchte und der berufen scheint, die letzten Dämmergeburten einer tausendfach ausgeträumten und ausgelebten Romantik zu verscheuchen. [Zusatz des Bearbeiters: Die drei Anmerkungen oder Fußnoten, auf die Markierungen im Text verweisen, sind nicht überliefert, möglicherweise hat es sie nie gegeben. Die beiden ersten können durch Anm. 1 und 2 zu „Divagaciones en torno a las novelas de Ramón Pérez de Ayala" ergänzt werden (vgl. S. 315 dieses Bandes), zur dritten gibt es keine Entsprechung.]

Divagaciones en torno a las novelas de Ramón Pérez de Ayala

i

Microcosmos novelesco De todos los escritores españoles que cultivan el arte de la novela, sin disputa es Ramón Pérez de Ayala la figura más atractiva. Esta afirmación no implica, claro está, un juicio de valor literario, inadmisible por parte de un extranjero, cuando se trata en última instancia de cosas tan sutiles y delicadas como el estilo y la historia intrínseca de una nación, es decir la historia de sus predilecciones y asuntos literarios. Por el contrario, sólo quería observar, que nos encontramos aquí con un escritor que ha sabido infundir a un género literario, ya desacreditado, el encanto de una nueva mentalidad. Tal vez, en otra ocasión, al abrir con amorosa delectación las páginas vírgenes de una novela que „vient de paraître" nos dejamos arrastrar por la tranquila certidumbre de poder admirarla, ya por respeto a un valor contrastado, ya por voluptuosidad que suscita el aplicar a un nuevo tema la suma de emociones de que somos capaces y que mil veces hemos medido secretamente. Una novela nueva, con la firma de Ramón Pérez de Ayala, se dirige a otras zonas de nuestra sensibilidad; despierta la curiosidad y hace olvidar el punto de vista histórico que con frecuencia confiere al lector el nimbo patético de la distancia. En su ensayo sobre la literatura distingue Marcelo Proust 1 las dos maneras diferentes como un libro puede influir sobre el alma de los lectores. La primera muestra la verdad, no como un ideal que hemos de realizar por el propio esfuerzo, sino como un ideal ya materializado, y por así decir inerte entre las páginas del libro. La actitud del autor frente a sus lectores en este caso es, evidentemente, errónea porque en rigor no ha tomado ninguna. El otro tipo de lectura puede definirse por una actividad espiritual que se inicia justamente en el punto donde el autor abandona al lector. „Nous sentons très bien que notre sagesse commence où celle de l'auteur finit et nous voudrions qu'il nous donnât des réponses, quand tout ce qu'il peut faire est de nous donner des désirs."

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Ortega y Gasset ha visto también a la luz de un criterio análogo la técnica novelesca de Dostoiewski. 2 El procedimiento es en Dostoiewski inductivo. Abandona al lector la tarea de fijar, y establecer, en libre combinación, ese complejo único de energías dispersas que llamamos individuo. El autor se limita a apuntar los elementos que puedan producir esa unidad, más no la presenta acabada; antes por el contrario nos mueve a construirla en nuestra intimidad. Con tal manera de representación, esa problemática figura viene a ocupar el punto central del dinamismo novelesco. Justamente la intensidad anímica de las criaturas de Dostoiewski consiste en que su individualidad se presenta problemática, y por así decir a medio hacer. El encanto de nuestra emoción es el de las infinitas posibilidades que cabe agotar. Este mundo vacilante, de contrastes y antagonismos confluentes, el mundo de Dostoiewski, es realmente la tierra de promisión de la „fauna espiritual" según la expresión de Ortega y Gasset. Pero ¿qué puede significar „fauna espiritual"? Ya hemos visto que la actitud del lector puede variar. Esta puede ser una relación de absoluta dependencia cuando el lector sucumbe a la fuerza mágica del autor y se deja imponer de modo taumatúrgico, un mundo creado y formado por la visión original del autor, el mundo de los valores que juzga deseables, su microcosmos poético. El microcosmos de la novela es la objetivación de ese hemisferio de ideales, que se atribuyen al poeta y que señalan al principio individual de éste el camino hacia su integración. La topografía de este microcosmos es, por tanto, fatalmente fija e invariable, tanto como es delimitado el contorno de toda vida individual. El microcosmos de la novela puede definirse como la línea vital de su autor prolongada hasta lo imaginario. En ella se aspira a ampliar lo personal y convertirlo en lo total, es decir, a montar un cosmos adecuado a ciertas condiciones orgánicas e individuales. El mundo de la novela entonces viene a ser un escenario con un repertorio fijo de pasiones, gestos, paisajes e idiosincrasias. La obra de Dostoiewski, sobre todo, permite desentrañar una serie de figuras estereotipadas y gestos iguales repetidos. Dostoiewski parecía librarse de una pesadilla cada vez que escribía una novela. El hombre ruso — por él descrito — toma sobre sí, desde el principio, la carga de su problematismo. No es que Dostoiewski plantee el problema de este tipo humano, sino que presenta una apología del hombre problemático. Su conducta ilógica se convierte en una lógica sui generis, en un estilo propio, en estado que expresa y declara a un tipo. Dostoiewski llevaba en su alma la imagen del héroe, que reformaba, recreaba y transcribía en las diversas etapas de su desarrollo hasta

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que cuajó al fin en el claro simbolismo de la trinidad fraternal de los Karamasoff. Pero el arte nuevo ha suprimido, evidentemente, la figura del héroe. Detesta por igual los ademanes mesiánicas y los gestos demoníacos. No pretende mejorar ni seducir al mundo. El lector no aparece ya como el sujeto destinado a ser absorbido e incorporado al organismo artístico sino que se concibe como objeto, como sumo fin de la empresa novelesca. La intención más elevada, el efecto más profundo de este arte, es concebir y organizar al lector como unidad espiritual. La función de este arte es comparable a la del médico — para emplear las palabras de Proust — que impone su voluntad superior para estigmatizar la debilidad del paciente y reintegrarle al centro de su yo perdido. La vocación del médico, en efecto, no puede consistir en suprimir la enfermedad, de la que derivamos el principio de nuestra existencia. Recuperando el alto simbolismo religioso de su oficio, éste tomará sobre si la enfermedad, para que los enfermos queden salvos. 3 Realmente, la intuición de Proust, acusa un estado de hiperestesia morbosa, que a la par que iba conquistando el orbe de su sensibilidad, tenía que paralizar el mecanismo de su vida individual. La percepción, que actúa a través de sus obras, no se resume por la satisfacción que puede residir en su actitud ni por las posibilidades de entronizar „heroísmos contemplativos". Lejos de estancarse en la zona caduca del esteticismo donde la bella vegetación del lirismo se ha convertido en viciosa e impenetrable lozanía, viene a descubrir la libertad del pensamiento creador, hasta en las anónimas moradas del inconciente. Bríndanos todo el material que necesitamos para la reconstrucción de la vida. Gracias a esa ampliación de horizonte la novela llega hasta nosotros. Por otra parte, claro está, el mundo novelesco ha perdido con su energía céntrica la nítida claridad de sus contornos o cuando los conserva no parecen dictados por una ley orgánica sino por mero arbitrio de técnica. No sé si cabe hablar por eso del fenecimiento del género ni aventurar que su punto de gravitación se encuentre ya más allá de su forma. Lo cierto es que la forma estática de la novela se va transformando en puro dinamismo. La novela, esencialmente, trata de representar tiempo. Nace cuando el espacio empieza a achicarse o reducirse a la estrecha dimensión de lo heroico y alcanza su cumbre cuando se establece la coincidencia completa de la vitalidad con lo temporal. En Alemania y en Italia, donde nunca se llegó a una elaboración conciente del género novelesco 4 , la ideología bergsoniana fomentó la curiosi-

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dad por la estética de su forma. Reconocemos el influjo que ha dejado en Pirandello e incluso en Thomas Mann, genio desprovisto por cierto de todo lastre metafisico. 5 En España, a la inversa perdura el estatismo de la forma, no tanto por su rigidez sino más bien merced a cierta elasticidad que permite abarcar la crisis y sustraerse a sus consecuencias. La disgregación del individuo desde luego, para el novelista español es un asunto imposible. La obra de Ramón Pérez de Ayala nos ofrece una prueba de ello. Escritor de profundo arraigue tradicional rehuye el método analítico aunque aspira a hacerse intérprete de la evolución vitalista. Su técnica por el contrario, consiste en un notable esfuerzo de compresión, patente ya en el ciclo de las novelas poemáticas. Desfogado el lirismo de sus primerizas confesiones, se observa como los contornos y el trazado adquiere una singular energía que a veces casi llega a dureza. Bien es verdad que la posición antitética de Apolonio y de Belarmino aún no motiva verdadero cruce de intereses. La reflexión, admirable ensayo de tipología 6 acompaña la trama de la acción, sin entrar a pleno en ella ni truncar la independencia vital de esos personajes sumergidos en el selvático encanto que emana de la romántica provincia española. Si la novela zapateril aun profundiza en la movida penumbra de interior, la atmósfera, que respiramos en las últimas creaciones de Ramón Pérez de Ayala, parece despejada del todo. Llegamos a la altura de un arte clásico bajo la rara constelación de establecerse la proporción inquebrantable de harmonía perfecta entre la idea que origina los sucesos y el desarrollo de éstos que movilizan el pensamiento. En estas obras, la técnica novelesca más que cuadro de los sucesos, viene a ser el verdadero resorte de las figuras. La técnica que generalmente se emplea es la de aproximar los personajes al relieve dramático. No se aplica la sonda analítica para realizar el paso que separa el mundillo novelesco de aquel paisaje transcendental, donde la fatalidad se desprende del individuo como la niebla de la tierra. Pérez de Ayala, guiado por la orientación segura hacia la evolución epocal, también aspira a cimentar su pensamiento más allá del conflicto tradicional que surge entre dos voluntades, pero el procedimiento, que usa para el efecto, aunque no menos radical, se distingue esencialmente del que podemos estudiar en Proust. Ayala llega a la „catarsis" acerberando la lucha en vez de paralizarla y disecar sus elementos. La operación es inversa a la que produce la disgregación analítica. Pone costra a las figuras complaciéndose no pocas veces en descripciones escultóricas 7 e introduce la fatalidad como diosa siniestra para acelerar la catástrofe de donde ha de surgir la redención. Sus mismos asuntos revelan la condición del más acentuado dramatismo. La novela del „Tigre J u a n "

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parece elaborada a base de un bosquejo de teatro calderoniano. En efecto, la lucha que estalla entre los personajes, no llega nunca a sacudir el fundamento de su característica e irreductible actitud. No dudamos ni un momento ni de Urbano ni de Simona y tenemos la convicción de que Doña Micaela llevará al cabo su empresa. La involución sentimental, magistralmente estudiada en esta figura, no se declara antes que haya agotado todas las posibilidades que cabían dentro de su papel. Doña Micaela es „mujer que ha visto el infierno". Se ha criado en pleno mercado, ambiente que engendra también los sucesos acerca de „Tigre J u a n " . En mercado es el escenario apropiado para promover el drama. Con su rápida transición de luces y su vehemente contraste de „revoltijo informe y repugnante de codicias, lujurias, necedades, engaños, amarguras y miserias" al „hemisferio de s o m b r a " que aparece „como tedio irremisible, premonición de muerte" se caracteriza el lugar fantasmagórico donde ha de surgir la juglaresca figura del amante charlatán que desencadena tragedias sin saber responder de ellas. El mismo paisaje, en estas obras tiene algo de pintado y de teatral. En la mente del lector, siempre va unido con el suceso, a que sirve de fondo pero carece de la romántica dimensión de lo infinito. Podríamos multiplicar los aspectos dramáticos que abundan en las últimas obras del autor. El agrupamiento de los personajes entra en el esquema de aquel paralelismo, que ya en opinión de Julius Leopold Klein era la piedra de toque de la dramaturgia española. 8 La propia conducta de los protagonistas obedece a la fatalidad que el autor nos hace sentir casi iconográficamente. Por eso se diferencian de los héroes que se arrastran através de las novelas psicológicas, siempre experimentando y haciendo de su psicología la ciencia de evitar los compromisos y de sustraerse a su fato.

II

Las obras de Ramón Pérez de Ayala Ramón Pérez de Ayala es, a mi juicio, un escritor de nuestro tiempo. Cuando en 1903 publicó su primer libro de poesías, „La paz del sendero", Rubén Darío le saludó con palabras admirativas. La perspicacia del gran poeta había adivinado una inteligencia creadora allí donde tal vez otros no vieran más que un talento incipiente de poeta, inspirado en ajenos modelos. La lírica emoción de Ayala se sentía oprimida entre los límites formales del verso y pronto los rebasó. Las primeras novelas de Pérez de Ayala

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conservan ese poso lírico que se agita siempre en toda autobiografía porque en efecto todas ellas son, en cierto modo, autobiográficas. La visión lírica es una visión de lo corporal, y la única expansión posible al poeta lírico es un acto de corporalización. La vida se siente por el poeta con el mismo ritmo de su propia vitalidad, orgánicamente. Para el lírico no hay „problematismo"; su pasión se satisface consigo mismo al verterse en una forma y tomar cuerpo. „El trozo lírico" — dice Baroja — „es como un surtidor que puede surgir en la plaza pública; la novela como una caverna que tiene dentro sus surtidores." 9 La novela autobiográfica es el género épico más próximo al punto de partida lírico y pudiera definirse como un intento de exponer el sentimiento lírico al aire libre, mejor dicho, de envolver el chorro lírico en los bastidores de una realidad. En la novela autobiográfica, la sociedad no existe; el héroe se satisface con una actitud de espléndido aislamiento. Eleva su alma dentro de si mismo. Sin embargo, para formar sociedad, es preciso proyectar hacia fuera el alma. El individuo social posee un valor puramente complementario, ha perdido su posición sustantiva y se resigna con un lugar adjetivo o finge resignarse. Esta ficción es el ardid de oculta ironía que late en el fondo de la obra de todo novelista. A medida que el autor de la novela autobiográfica se interna en la técnica de este género, intentará aplicar el concepto sustantivo a todos los seres humanos que encuentre en sus paseos de monologuista cesante. Pero alguna vez se le ocurrirá a este héroe contemplativo de su propio yo, tomar posesión del mundo adjudicado a su egotismo en la forma que más satisfaga a su vitalidad. Entonces saldrá de si mismo y chocará con un móvil opuesto, tan exclusivista como el suyo. No habrá más que dos soluciones: una, el crimen, legalizado en la literatura novelesca desde que Raskolnikoff descuartizó a hachazos a los dos prestamistas, otra, el suicidio del protagonista. Pero el autor de la novela autobiográfica es siempre el que sobrevive a su suicidio. En la primera época de su producción, Ayala no ha querido ofrecer soluciones. Las tres novelas primerizas, „Tinieblas en las cumbres", „A. M. D. G.", „La pata de la raposa", describen la aventura del hombre en formación, que desgajado del árbol de su niñez se encuentra indefenso ante la vida hostil. Por ninguna parte otea la comarca donde la vida podría servirle de hogar, por ninguna parte descubre la tierra prometida de sus anhelos, la meta que hiciera soportable la cruel incongruencia del yo y el mundo. El paso del centro a la periferia en virtud del cual el escritor de novelas se convierte en novelista, „romancier", está representado en la obra de Pérez de Ayala por „Troteras y danzaderas". Con esta obra Ayala se

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introduce gallárdamente en la realidad española; en ella lo grotesco lleva un contrapunto de nostalgia recóndita, plena de melodía, infundida a través de la atmósfera madrileña en que se desarrolla su obra. Las tres novelas cortas de „Prometeo" ofrecen una demostración del estilo maduro del autor en tres asuntos arraigados en la tradición más honda de la literatura española. La postrera etapa está definida por las novelas tituladas „Belarmino y Apolonio", „Luna de miel, luna de hiél" y su continuación „Los trabajos de Urbano y Simona". En ellas el mundo adquiere una estructura traslúcida, una arquitectura de proporciones mesuradas. Belarmino 1 0 se compone, mediante el Diccionario de la Academia, un vocabulario individual, el „cosmos". El vocabulario es el universo; y la lengua, no tan sólo la idea de las cosas, sino algo más: su realidad. El individuo abandona su romántico aislamiento. El velo del dualismo metafisico ha caido. No se trata ya de plantear problemas, sino de registrar fenómenos. Basta una mirada superficial sobre la obra completa de Pérez de Ayala para reconocer que no representa un mundo cerrado a manera del microcosmos épico. Evidentemente, Ayala no ha tenido nunca la aspiración a la „Œuvre"; no ha querido contribuir a la epopeya de la vida moderna española como Galdós y Baroja. Ayala no afana piedra sobre piedra para levantar el edificio de un universo novelesco. En vano buscaríamos en sus páginas una especie zoológica única, que represente su propia especie, como en las obras de Balzac, Gorki o Baroja. Los personajes de estos novelistas llevan el sello y la ficha de procedencia. Como hombres que se achican o estiran, salen de la intimidad sentimental donde han sido preconcebidos y agrupados en un orden jerárquico y casi invariable. En contraposición a estos escritores que, en el fondo, sólo poseen el resorte de su propio drama, por mucho que muden de trajes y cambien los bastidores, el genio nervioso de Ramón Pérez de Ayala concibe el espíritu creador como fuerza potencial, principio vivificador que se resiste a encarnar en una figura simbólica. 11 La visión del drama es aplicable a todo ser viviente. El drama es como un mecanismo secreto que una vez calculado con rigor producirá un efecto siempre idéntico. Considerado el drama como principio universal (y si no fuera así no sería δράμα), el novelista sin preocuparse mucho de su asunto no tiene más que desempaquetarlo donde quiera que se le ofrezca. El autor es soberano respecto al tema y sin que sea forzoso el „quid demonstrativus ad quod", es decir el „porqué" de un asunto, el autor disfruta de plena libertad y escoge a su gusto los lances y personajes con la mayor resonancia de época. Así vemos a Pérez de Ayala rastrear la „infrahistoria" española

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para extraer sus asuntos del suelo de una tradición secular, idear personajes de raigambre popular, desprenderlos de su congènito fatalismo (doloroso procedimiento que Ayala suele llamar el drama) y sumirlos en una oleada de benévolo optimismo. Mas antes de llegar al plein air de su pensamiento, tenemos que acompañar al poeta Ayala por los senderos del lirismo latente en las primeras obras de todo novelista, inevitable y deliciosa enfermedad de puericia.

III E s c o r z o de la literatura española Quien quiera presentar el estilo de un escritor en su enlace con los cimientos de la literatura contemporánea deberá concebir esta literatura como el resultado de una tendencia uniforme, reducir su ramificada vitalidad a una superficie monocromática sobre la cual se destaque la riqueza de los matices y el espectáculo de las variadas irradiaciones individuales. En España se ha dicho a menudo que en rigor no se puede hablar de una historia de la literatura española sino recopilar en un orden cronológico la historia de los literatos españoles. Según esta teoría, el extremado individualismo no ha permitido nunca a una generación tomar una actitud característica para una época entera. Así, pués, la evolución de la literatura española sería anorgànica (si se permite esta paradoja), caprichosa y arbitraria. Esta hipótesis podría admitirse o no, pero en todo caso procuraremos no aplicar el método y la terminología de crítica literaria, usuales en otras naciones del continente, a un mundo empeñado en sacar a luz la visión de su propia sustancia, a un mundo tan absolutista y tan apegado a vivir su propia materia como el español. En realidad, la mayor parte de las literaturas europeas hace cosa de un siglo que viven apartadas de su propio tema o materia prima, separación que ocurrió al arraigar el clasicismo en estos países. El clasicismo fué la primera tentativa de establecer un acuerdo unánime respecto a los temas, distanciándolos de su contenido vital. En España no ha existido lo que llamamos propiamente un clásico, y España sigue siendo la única tierra de Europa que puede enorgullecerse de poseer una verdadera „literatura nacional". Así pues, el acceso a la actual literatura española sólo puede lograrse si con el decidido paso penetramos en el mundo de los temas primarios españoles. A principios del pasado siglo una vigorosa generación de dramaturgos

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intentó dar forma definitiva al mito del teatro mal llamado „clásico". Estos bravos románticos no solamente luchaban entre sí por el éxito sino también con los espectros de Lope y Tirso, a los que pretendían sobrepujar hasta ofrecer en su forma perfecta la sustancia de un asunto tradicional o de un tipo sacado de los desvanes del teatro clásico. Querían humanizar el contenido del teatro antiguo que, en opinión de Azorín, era mero contorno, falto de plenitud vital. Después, entre 1870 y 1900, Pérez Galdós traza la historia de su época, aquella historia viva de un pueblo, inaccesible a los historiadores: „la historia en las entrañas". Así mismo la obra de Baroja aspira en última instancia a dar un sentido único a la vida española. El autor de los „Episodios Nacionales" creía observar los problemas característicos a través de los hechos sociales y económicos de aquel tiempo; Baroja cree poder escuchar el ritmo de la vida española exclusivamente en el drama del individuo. No plantea ya los problemas típicos de España sino que quiere captar lo típico del hombre hispánico. La historia galdosiana de la nación se ha convertido en Baroja en una monografía de la psique española. Esta revirada coincide con el corte dado en la literatura española en el año 1898. La generación de este año pretendía derribar para siempre la muralla china de los Pirineos. Pero la invasión de lo moderno no significó una ruptura con la tradición. Se trataba por el contrario de profundizar en ella, de extraer, partiendo de la actualidad, su sentido eterno, como ha dicho Unamuno, porque en opinión del escritor más „chauviniste" que ha escrito español 1 2 „someter a la acción de una ideología invariable la vida de pueblos diversos, de diversos orígenes e historia, sólo puede conducir a que esa ideología se transforme en una etiqueta o en un rótulo, que dé una unidad aparente, detrás de la cual se esconden las energías particulares de cada pueblo, dispuestas siempre a estallar."

Fácilmente se explica que con tal lema quedarán abiertas de par en par todas las puertas a un ilimitado individualismo nacional. De esta suerte, la literatura española ha llegado a su etapa última, es decir, a la última etapa de sus propios temas en que asunto y tradición llegan a ser conscientemente el quid de la creación artística. Al insinuar como carácter esencial de la moderna literatura española su proximidad a la materia prima, queremos significar que el punto de vista de esta literatura es cum grano salís un punto de vista histórico. El ideal de cultura, que animaba a los escritores del 1898 aparece como el producto de las fuerzas vitales; siempre latentes, que sucesivamente actuarán en el cuadro de la realidad política o social. El escritor es un espejo convexo que concentra las radiaciones más varias de

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la vida nacional e histórica y devuelve por reflexión a su país la idea acaso perdida de la nación. El escritor hace resaltar que las posibilidades de esa materia prima son infinitas, inagotables. El más leve movimiento del aparato de proyección produce en la tela una constelación nueva; el más ínfimo cambio de distancia hace brillar sobre la superficie un juego de luces completamente distinto. La moderna literatura posee esta fabulosa variedad de formas. Un individualismo ilimitado reina en la imagen de su historia. Pero este individualismo español no es orgánico, sino vegetativo, si así puede decirse. No se escoge el individualismo como un medio para llegar a plena unidad; más bien es el resultado de una naturaleza unida y consciente de su unidad. „Imaginaban el valle de Congosto como el ombligo del mundo y cada cual se creía el ombligo de Congosto." 1 3 Ayala es tal vez el primer escritor que ha sabido encontrar esta mentalidad y oponerse a ella. Frente al ideal estático de la sociedad histórica erige una comunidad activa, agitada y espiritual. Pero ésta no ha de entenderse como simple síntesis de elementos divergentes ni tampoco como la explosión colectiva de un principio individual. La comunidad sustrae al individuo de su apogeo, que Ayala denomina „Ensimismamiento", para indicarle un fin, para hacerle productivo, creador. El camino que conduce a la comunidad espiritual es el mismo camino de la diferenciación. La soledad de Alkestis 1 4 no es la forma que se ofrece a su espíritu para llegar a si mismo; su soledad es una fatalidad que le fuerza a crear la sociedad que no encuentra. „El insociable cuanto más se aleja de los hombres, tanto más se les aproxima con el corazón y con la inteligencia, en una perspectiva de conjunto, abrazo de los ojos y del alma. Humana, esencialmente humana, ha sido la tarea esquiva de los grandes solitarios."15

IV La sombra de Clarín Clarín, que según la frase de Eugenio d'Ors tenía las alas en el corazón, no en los ojos, tal vez sea el único precursor del arte novelesco de Ayala. Con esto no insinuamos una relación de dependencia sino parentesco de porte y maneras literarios que explica bastante bien ciertas resonancias en el estilo y la composición.

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En otro lugar diferencia Eugenio d'Ors 1 6 dos tendencias fundamentales, que producen el cuadro de la literatura española y sólo en contadas ocasiones — como en Cervantes — se compensan y concillan. „ . . . Quevedo como Fernando de Rojas, como Santa Teresa, como Góngora da la impresión de estar creando en cada momento el lenguaje en que se expresa. Los dos Fray Luis, por el contrario, parece que lo hayan recibido ya hecho y que lo soporten. Cervantes ocupa un lugar intermedio. Cierto que la lengua le lleva y no él a ella, pero en este dejarse llevar, él mismo se regala y regocija, y bien se nota que da aire y ayuda a quien le lleva, como un buen jinete a su caballo."

Clarín y Ayala pertenecen evidentemente al primer tipo de escritor creador de lenguaje. La prosa de Clarín carece de plenitud vital, a veces suena a seca y dura, pero precisamente en esta rabiosa concisión reside el encanto de su estilo. Tal vez Clarín es el primer escritor español que haya buscado la pasión y emoción de su estilo en el dominio artístico de la sintaxis sin preocuparse mucho de tamizar palabras y giros idiomáticos. Su vocabulario es poco selecto y, con frecuencia, monótono pero entre sus manos el lenguaje conviértese en culebra ágil, mordaz y venenosa. Dejemos a un lado este aspecto de la prosa de Alas y veamos el mismo dualismo a través de su técnica novelesca. „Clarín" poseyó, en efecto, un concepto originalísimo del arte de hacer novelas. „Entre los amigos optimistas del autor asturiano hay uno que ha disparado contra él con la mejor intención el epigrama sangriento que se contiene en estas palabras: Clarín es mucho más novelista que crítico." 17 El Reverendo que espetó tal dictamen „nolens volens" ha tenido razón. La labor crítica 18 de Clarín, sus vacilaciones seudofilosóficas entre un positivismo algo ramplón y un neokantismo de segunda mano, afortunadamente han pasado al olvido. Pero el mejor Clarín, el novelista, ha inventado una técnica sumamente constructiva, que se distingue de la descriptiva y simplista de sus contemporáneos. En sus obras presenciamos dos espectáculos paralelos e incomunicantes. En la primera escena, el protagonista se encuentra dentro de su „bello ideal", dentro de la idea simbolizada en una imagen, significativa, lúgubre, mitológica o patética. 19 En este compartimento de primera clase cada figura tiene sus tópicos idealistas que, a guisa de leitmotives, les cuelgan de la boca como los letreros con que adornaban a sus santos ciertos pintores medievales y renacentistas. Pero la segunda escena ofrece, por el contrario, el vil espectáculo de los intereses y de las pasiones desenfrenados. Es el teatro de la vida en que „la mano izquierda ignora lo que hace la derecha". 20 Pero aunque atascados en el pántano, se columbra el arco iris, que conduce a las regiones sagradas del ideal. Los modismos y tópicos individuales

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que c o m o crestas de olas se yerguen de entre las movidas y punzantes descripciones de Clarín difieren el lugar trascendental de sus personajes y llevan sus acciones más viles a la altura de su fé individual. Las glosas psicológicas con que Clarín envuelve a sus personajes son el arma, tosca por cierto, que apunta una y otra vez hasta dar con el gesto o la palabra auténticas. Cada vez que uno de sus personajes suelta un dicterio suyo a manera de anáfora 2 1 o leitmotiv, Clarín crea y da vida a la figura. Su iconografía es idiomàtica, pudiendo transcribirse, por así decir, sus figuras entre las comillas de su giro o mote propio. (La de Stendhal, por ejemplo, es epigramática, es decir, sus personajes adquieren su mayor plenitud en el episodio, mientras la visión de Unamuno parece dialógica o sea que la realidad de sus protagonistas se hace palpable entre las vibraciones de sus altercados.) También Ramón Pérez de Ayala ha dotado a sus personajes del atributo de una gramática individual, de un lenguaje propio. Pero se distinguen, sin embargo, de los herméticos seres de Clarín, en que su aislamiento es simpático. El espíritu activo que ha producido la separación, precisamente realiza por virtud de ésta una acción unificadora; crea una nueva comunidad. Belarmino, inventor de un nuevo lenguaje, transporta un mundo nuevo sobre los hombros; las palabras y las cosas son, en rigor, idénticas: „el diccionario es el universo". Pero cuando oye una frase de su propia terminología reproducida por un fonógrafo oculto, salta de su asiento „como si le hubieran aplicado una corriente eléctrica". Por esta taumaturgia el mundo soñado se ha hecho de pronto real; hay una voz que le puede responder y desencantar de su soledad. Este pasaje, uno de los más ingeniosos y profundos del libro, ofrece además la apoteosis moderna del tema arábigo, tradicional en la literatura española: el mendigo que se ve en sueño ocupando un trono. Los contradictores de Belarmino tienen que admitir la lógica interna de su teoría. Pero aún convencidos no ven la necesidad de romper con la lengua tradicional: „¿De manera que el diccionario es el universo? ¿Y qué necesidad hay de mudarle el nombre?" — „Perfectamente. Ese es un reparo que cabe oponer a los más grandes filósofos . . . " Bien visto no hay más que terminología, y quien quiera mejorar el mundo tiene que renovar sus conceptos, y para renovar sus conceptos ha de cambiar sus vocablos. Para Pérez de Ayala la forma no se opone a la materia, sino que la presenta en su propia utilidad: „Materia y forma están unidas en consorcio indivorciable, y el agente que hace fecundo este abrazo, es el espíritu, el espíritu vivificador."

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V

Novela autobiográfica Ayala publicó su primer tomo de prosa en 1907. „Tinieblas en las cumbres" exhala c o m o toda obra juvenil el encanto de una sensibilidad reciente. En ella se cuentan los amores de una sencilla muchacha aldeana y un farandulero. La emoción violenta de este primer amor arrastra a la enamorada hasta el abismo, donde el alma se entrega a su comprador con un gesto de humildad. „A. M . D. G . " es una iracunda acusación, pero su fondo anticlerical no agota apenas el contenido singular y hasta místico de estas notas de colegio jesuítas. Tras de las murallas del colegio se forman el amor y el odio del adolescente: el a m o r a todo lo sencillo y fuerte. El espíritu es la fuerza. „Las verdaderas águilas" — decía Nietzsche — „apuntan y acometen en línea recta." Su odio persigue la erudición pedantesca y la vanidad de aquellos pedagogos que bajo el manto de la benevolencia esconden las aberraciones más repugnantes del sentimiento. De todos ellos, solamente el místico Padre Sequeros le ha cobrado alguna afición. A su lado vemos al simplote Coste, alma de primitiva complexión, que sólo conoce un placer, una alegría: la salvaje alegría de su cuerpo. Pero entre la simplicidad pagana de Coste y el fervoroso misticismo de Sequeros se teje un secreto lazo: ambos representan las dos haces de una mentalidad en el fondo idéntica. „Siempre que se ha visto libre de la vegetación de doctrinas dogmáticas — religiosas o filosóficas — que con frecuencia recubren su forma verdadera, la mente española ha ido a parar a esta actitud quizá en último término panteista, pero desde luego panhumana. H e aquí el secreto de la imparcialidad estética que distingue a los clásicos españoles desde el autor del , C a n t a r del Cid' y el Arcipreste hasta Pérez G a l d ó s . " 2 2

Este panteismo místico latente en el espíritu del pueblo español c o m o entre los rusos, ha incitado a algunos escritores a aventurar un paralelismo psicológico de las dos naciones situadas geográficamente en los extremos opuestos de Europa. En ambas literaturas se encuentra, en verdad, c o m o rasgo característico el naturalismo más pegajoso con el ansia más desencadenada de infinito. Pero lo que los rusos llaman su „realismo" es un estado de suspensión, momentos antes del bautismo que aun pintan con ese fiel detallismo con que nos fijamos en los objetos cercanos cuando los ojos del alma vislumbran la decisión del destino; los rusos no respetan ni adoran al individuo porque le consideran etapa, medio, que nunca puede tomar forma propia. La cortesía rusa es un gesto fraternal que nos ofendería si no nos encantara. Entre los rusos la cortesía más que un deber parece orgasmo del alma.

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El español a la inversa adopta una actitud de sumisión y resignación absoluta e inalterable, dando a conocer que las consecuencias de su conducta espontánea e individual son insoportables tan pronto c o m o tenga que someterse a un criterio social. El ruso adora la obra de Dios por ruin o incompleta que parezca y se precipita a rienda suelta en todo abismo incógnito, y ofrece a todo nuevo fenómeno la plenitud de su sentimiento inagotable. En cambio, el español completamente inmóvil ha adquirido la penetración y agudeza visual merced a la cual el espectador por largo acostumbramiento llega a discernir los movimientos y los cambios más sutiles que se desarrollan en el horizonte lejano. Establecido este paralelismo a distancia polar tendremos que reconocer el influjo que a principios de este siglo el pensamiento ruso ha tomado en la literatura occidental. Una ligera neblina de vagancia sentimental llegó a inundar la claridad meridional. Baroja c o m o Gorki se zambulle en la epopeya popular y la reivindicación de la prostituta es motivo predilecto en la obra juvenil de Ramón Pérez de Ayala. Pero con ello no se ha llegado a la concordancia anhelada y los valores destructivos aportados de Oriente sólo sirvieron en Occidente para afirmar el imperialismo militante del individuo. La novela que siguió a la aventura sentimental de „Tinieblas en las cumbres" y la historia de la infancia en el colegio era más que una confesión sujetiva y autobiográfica, una liquidación de cuentas: en „La pata de la raposa" recorremos el doloroso camino del artista para hacerse sensible el mundo. El fondo lírico, característico en las primeras producciones de Ayala es analizado en las siguientes palabras: „En Alberto la forma particular de sentirse era el lirismo. Su temperamento engrandecía desmesuradamente el presente y le inclinaba a derramarse en frases torrenciales, a infundir sus emociones en imágenes pintorescas. Pero como al mismo tiempo le inspiraba recio desvío la palabrería y retórica ajenas, se esforzaba a poner de continuo por delante del flujo vehemente de su corazón un dique de palabras austeras, áridas . . . "

Los peligros de tal aislamiento lírico parecen más amenazadores cuando un individuo puede juntar al seguro éxito de su espíritu las ventajas de una vida acomodada. El nuevo héroe lírico se sentirá Dios y esgrimirá su propio yo contra el mundo exhausto de sentido. Esta es la situación de Hamlet, que el autor ha de poner en primer plano. Llegado a la cumbre de su aislamiento necesita el espectáculo que le saque de la cárcel de su egoismo, de su jaula de monologuista, para rodearse de una realidad, si bien imaginaria. Alberto se enrola en una compañía de titiriteros y escribe a su amada la carta de despedida. Pero este bello ensueño de idilio anónimo pronto tendrá fin. Una pantomima burlesca [de una escena bíblica] representada

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por la „troupe" de Alberto será causa de su prisión. En la cárcel (como antes en el colegio) despierta su sensibilidad ante el espectáculo que le ofrecen los habitantes de la prisión. Ahora comprende el protagonista el absurdo de reaccionar contra las cosas; escudriñando las cosas hasta sus raíces, descubriendo el enlace que unifica todos los matices existentes, se acostumbrará a actuar con las cosas en lugar de calumniar la forma en que han advenido al mundo ... „Cada día soy más tolerante y hasta llego a creer que la responsabilidad es algo confuso que comienza de rejas afuera. Las frases del alcalde iban escribiéndose en la mente de Alberto como sentencias religiosas sobre tablas de bronce."

Ya anteriormente Fina le había advertido: „¿Puedes tú explicarte que haga nadie el mal por su gusto?" La propia Fina será su víctima en el altar de su vida. La raposa que cae en la trampa se arranca la pata prisionera y huye con las tres que le quedan. La raposa es el espíritu, la virtud del audaz. La trampa es el fatum de la muerte. Esta parábola enseña que para vivir es de rigor reducirse, limitarse. Pero ¿es preciso sacrificar la dicha para conservar la libertad del espíritu y dejar en blanco el porvenir? ¿Se debe asesinar algo viviente para servir a la vida como Alberto asesinó a su amada para seguir siendo amante eterno? El libro no da la respuesta. El primer Ayala, el romántico, tampoco podía encontrarla. Pero el autor de „Luna de miel" hallará contestación a tal problema, describiendo su planteamiento: lo que vive en realidad, no perecerá sino que se redimirá por el dolor y resucitará por su propia muerte.

VI Cosas de España Las tres novelas reunidas en un volumen bajo el título de „Prometeo" (1916) ofrecen tres asuntos arraigados en la literatura española de todos los tiempos. Ayala llama a estos tres modos de estudio: „Novelas poemáticas de la vida española". „Las novelas poemáticas", dice con razón Salvador de Madariaga en su citado artículo de estos cuentos de Ayala, „presentan nuevos modelos de esa perfecta adaptación a la forma, a la sustancia que es lo que hace el verdadero estilo — el de los grandes autores, no de los meros estilistas." Sin embargo, cabe hacer una distinción. El creador, claro está, no se adapta

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a la sustancia, sino que acomoda la sustancia o materia prima al concepto que le inspira hasta ponerla al sesgo en que se apodera de ella y la hace suya. En las novelas de „Prometeo" no ha obrado esa visión previa y por así decir tendenciosa, que se sobrepone al asunto literario, sino que el autor ofrece la misma sustancia en toda su plenitud. Las tres novelas „de la vida española" son tres documentos escritos en la época que Ayala interpuso entre sus obras autobiográficas y la última producción que denomínase sustantiva. Los tres cuentos suponen un lugar en la esfera de sus obras, están estilizadas a medida de sus asuntos y envueltos en una prosa „que suena al oído como un eco de la voz de Cervantes". „Luz de domingo" es el relato de un doble crimen sexual perpetrado en una enamorada pareja dominical por una horda de bárbaros y después por la sociedad (la murmuración es la sexualidad social). En un ensayo sobre Don Juan quiso Pérez de Ayala desterrar del recinto del alma española la legendaria figura y sus complejos eróticos. Sin embargo, en „Luz de domingo" despliega su virilidad un tipo masculino sin duda emparentado con el Burlador de Sevilla. La enfermedad de Don Juan es su falta de confianza. Indudablemente el fraile mercenario no ha inventado a su héroe a que se tendiera en la mesa de disección psicológica. Por el contrario, Tirso despachó a Don Juan al infierno por exceso de confianza. Aquel Don Juan había descubierto la vida, esta potencia anónima, y hereje que hoy creemos poder descifrar rasgo por rasgo. El Don Juan primigenio no ofendió a las mujeres sino al sacramento. El podía prescindir de socorro porque había inventado una nueva dimensión en que la vida se hace soportable y llena de sentido. Era el creador de lo natural, por lo cual la memoria del mundo encarnado justamente en un fantasma petrificado se apresuró a arrojarle al abismo de donde nunca ascenderá. Cuando hoy el sacramento ha perdido nuestro prestigio, estamos más dispuestos a prestarle un sentido biológico de que antes carecía. La obra del sexo viril no se limita meramente a una toma de posesión, va más allá y tiene que ser además una transubstanciación completa, un acto de creación. Pero Don Juan se contenta con el modo condicional (o irreal como afirma el Doctor Marañón) del conquistador. Su erotismo se agota en la vana ostentación de una potencia que nunca ejercita. Pero carece — a nuestros ojos — del demonismo del hombre humano, que es la risa ante el abismo, el optimismo de la desesperación — según diría Unamuno — del que se entrega con denuedo a lo desconocido. Don Juan en su comercio con las mujeres necesita siempre auxilio. Necesita aplausos de la masa y se jacta de sus triunfos como un torero que fundase su fama en el número de descabellos frustrados. 23

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El caso de Don Juan Tenorio no es un fenòmeno aislado en la literatura española. No es necesario acudir a los modelos que sirvieron a Fray Gabriel Téllez. Abriremos el primer libro en habla castellana. He aquí los infantes de Carrion, cuya perversa conducta con las hijas del Campeador se expone con prolijidad épica, casi diríamos con la secreta complacencia del que aplaude en el fondo. De la misma madera son los „Becerriles" de Ayala. Los siete hijos del alcalde de Cenciella, como los Valcárceles en la novela de Clarín 2 4 , representan un caso de involución social hacia la tribu primitiva. El atentado cometido contra Castor y su novia es la venganza colectiva de la horda. Los amores domingueros de Castor no sólo se contraponen a sus intereses personales y despiertan los celos, sino que además ofenden su concepto de la „dignidad viril". Satisfecha su venganza, cogen la paleta del pintor y le embadurnan la nariz y las mejillas como a un payaso, como a un brujo. Cuantas veces el individuo es obligado por una fuerza ciega a abandonarse al abismo anónima, intentará salvar a todo trance la unidad de su sujeto. Naturalmente esta nueva unidad se forjará por la identificación del sujeto con el objeto amado. Pero en otra etapa de su desenvolvimiento social el individuo queda suspenso ante los nuevos hechos que le acontecen y en vez de hacer de tripas corazón se pone a luchar con el espectro. Sólo cuando aniquile el „tú" recobrará el equilibrio perdido como la humanidad antes de levantar los altares de su adoración para las fuerzas anónimas de la naturaleza, las conjuraba con rudos símbolos privándoles del nimbo y hechizo de lo desconocido mediante mezquina encarnación o „caricatura". 2 5 Análogo es el problema del adolescente Arias. Su historia („La caída de los Limones") es más punzante porque el mismo fenómeno de amor impotente no aparece como resultado de una sensibilidad determinada, sino como el momento crítico de más alto dramatismo en toda vida juvenil. El crimen de Arias no significa sino que se avergüenza de su amor como de una fuerza ajena que le sobrecoja y domina. Hay una edad, en que la personalidad y la capacidad vital, llegadas a su pleno desarrollo, pero aun sin relación entre si, miden sus fuerzas como dos fieras incomunicadas que corren una a otra de cada lado de la reja hasta que saltan por encima y se despedazan. La novela „Prometeo" puede derivarse del tercer ciclo de asuntos tradicionales que forman la materia prima de la literatura española. Una mirada superficial nos da a conocer el constante dualismo que divide no solamente las épocas y las obras de los autores sino también su personalidad. Entre

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el mundo y Dios no hay ningún mediador. La literatura religiosa no se propone a abarcar la vida en su sentido más amplio y total; más bien busca reducir a lo que tiene mayor valor a los ojos de Dios, y adopta un continente místico. La sátira a la inversa, puramente sarcàstica, muestra el mundo de las formas petrificadas como en una casilla de cristal donde no penetra ese soplo liberador que llamamos ironía. Pero en algún punto tienen que tocarse las dos esferas que vemos completarse sin llegar nunca a una compenetración. Esa estrecha tangente no es otra cosa que el camino de la vida, la ruta de la aventura que después del Lazarillo y Guzmán de Alfarache han seguido una multitud de vagabundos y caballeros de industria. La vida a sí misma abandonada — que según la doctrina católica no es, en principio, buena ni mala — tiene que encontrar sus leyes propias. El ideal de la vida perfecta es el ideal de alquimista del profesor Marco de Setiñano. El cree poder materializar también el producto de su pensamiento por la vía química, pero la vida indomable se vuelve contra él como había hecho con el Bonifacio Reyes, el padre de „Su único hijo" y el padre de Apolodoro 26 . Prometeo, el hijo „único" engendrado en la mujer perfecta es un diablo raquítico. Odiseo tenía que tender su alma en el arco antes de disparar, como rezan los versos que van al margen del cuento. En la novela „Clib" 2 7 ha expresado Pérez de Ayala la actitud trastrocada respecto al mundo por medio de los dos conceptos que se complementan y presentan los dos casos de un mismo error. Ensimismamiento designa la estéril reclusión dentro de uno mismo, aquel pseudo-individualismo que en la psiquiatría se denomina inhibición motora, terror del objeto. Enajenación significa la pérdida de la personalidad, sumersión en el flujo de las impresiones externas. Los sentidos en vez de ser las vías de la osmosis entre el sujeto y el mundo en su torno, comunicándolos y permutándolos constantemente son más bien las puertas por donde se extravía y huye la vida prisionera dejando al sujeto abandonado a su taciturna soledad, como el pájaro a la jaula. El profesor Setiñano es un caso de esta enajenación. Falto de centro de gravedad, su destino es morir, morir sencillamente después de dolorosas torciones hacia un sol que no brilla. Como el Apolodoro de Unamuno, el nuevo Prometeo muere de muerte lamentable. En el cuadro de las „Novelas de la vida española" no se podía pensar en otra solución. Cierto es que, en realidad, esta solución no satisface a Pérez de Ayala. La vida una vez nacida, no puede ser abandonada. Este pensamiento de evangélica sencillez hinche las dos últimas obras de Ayala, pertenecientes a un género preclaro tradicional en la prosa castellana: la novela pedagógica.

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VII Producción sustantiva La historia de los amores de Urbano y Simona posee la encantadora simplicidad de las parábolas. La llamamos pedagógica por su entronque histórico con la picaresca y sus derivaciones sentimentales del siglo XVII y paradigmática o ejemplar por su hechura y orientación hacia el lector. Cervantes llamó ejemplares aquellas novelas de que „se puede sacar algún ejemplo provechoso" pero es notorio que el calificativo fue „ocurrencia posterior a haberlas escrito" 28 . La novela ejemplar presenta un caso que puede servirnos de ejemplo, más no por encarnar un símbolo teórico o moral sino por ser real o verídico hasta producir en nosotros la coincidencia con todo lo vivo, en que se engendra cada visión de conjunto. Pérez de Ayala, en sus novelas, usa mucho del comentario, lo que en opinión de algún crítico le ha valido la reputación de ser un ensayista disfrazado más que un novelista verdadero.29 Aquí es necesaria una distinción previa. Es cierto que en todas las novelas de Ayala abunda cierto bagaje intelectual. Sin embargo, en sus obras primeras, los comentarios son reflexiones separadas, al margen de la acción, como si en aquella época el novelista malcontento de la prueba de su talento narrativo quisiera ofrecer la de su altura de juicio e independencia espiritual. Pero en las últimas novelas no son ya los comentarios como encendidas antorchas que derraman su luz sobre los sucesos narrados sino irradiaciones de estos mismos propagándose como ondas de una a otra etapa del proceso novelesco. En „Belarmino y Apolonio" vemos obrar dos principios fundamentales del espíritu humano. El filósofo parte de una concepción unitaria del mundo en toda cosa y en todo ser descubre el sujeto del mundo operando. „Este hombre, cuando supo expresar todas las cosas que comprendía en una sola cosa, hablaba más que nadie. Los otros le llamaban charlatán. Pero este hombre, en lugar de ver tantas cosas en una sola cosa, en todas las cosas distintas no vió ya sino una y la misma cosa porque había penetrado en el sentido y en la realidad de todo; al llegar a ésto, ese hombre ya no volvió a hablar ni una palabra. Y los demás le llamaban loco . . . "

Por el contrario el dramaturgo ve el mundo dividido por la ley del contraste, de la discordia. „Cada nombre lleva su destino escrito en la frente." En la ideología belarminiana el nombre coincide con la cosa. Para Apolonio el trágico, el nombre es expresión de la fatalidad. Belarmino suprime lo trágico situando lo individual en el lugar máximo de su aplicabilidad, por-

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que, según dice aquel Colas, asistente intelectual del curandero de su honra, „en llegando al fondo de sí mismo, uno ya está libertado, y comienzan a crecer las alas de la felicidad". Apolonio por su parte suprime la culpa concibiendo como principio de la vida de las criaturas el aislamiento, la separación. Belarmino y Apolonio son dos zapateros que pretenden abrir a la humanidad el camino de un porvenir mejor. Pero cuanto más escuchan su vocación, — aquel al „inteleto" y éste a la „simulación" — tanto más tropiezan con la vida penosa de las relaciones cotidianas. Belarmino se coloca en el punto de vista de Sirio, mientras que el trágico por el contrario, se sumerge en el drama individual. „El drama y la filosofía son las únicas maneras de conocimiento." Y ambos pierden poco a poco el sentido topográfico de la vida. La historia de Belarmino es — vista materialmente — la de su decadencia hasta llegar a la pérdida completa de su personalidad social. Algo análogo ocurre a Apolonio. Pero mientras éste se deja guiar por sus instintos, la conducta de Belarmino se funda en un profundo conocimiento. La posibilidad suprema del espíritu se obtiene bajo la posición esférica más baja de la vida. Sabe que el espíritu solamente se hace creador mediante la limitación más extremada absorbiendo la vitalidad y ganando en fuerza radial lo que acaso ha perdido en volumen. La posición más favorable para el espectador de un panorama es colocarse en una atalaya la más estrecha posible. Tan pronto como la base se ensancha, se corta una parte del horizonte o se obliga al espectador a dar un rodeo por la periferia. 30 Pero la inhibición de sus tendencias expansivas produce, también, una sensación dolorosa. Para el hombre periférico, inspirado por la desmedida ambición de aproximar su propio cosmos a la totalidad, el dolor es sólo una zona limítrofe, ya que le queda el refugio en regiones interiores de su microcosmos después de cada derrota que sufre en el frente exterior más avanzado. En este caso el dolor es estéril, porque angosta y ensombrece el horizonte. Pero tan pronto como el individuo se decide a desmontar su cosmos y entierra sus aspiraciones a una expansión total, es decir, cuando en vez de un círculo constituye un punto, cuyo radio coincide con su superficie, el dolor se convierte en un fructífero principio, pués ahora se sufre, donde se vive: el dolor ya no es límite, sino clave, que proporciona al sujeto el imperio sobre el universo. En „Belarmino y Apolonio" Ayala ha buscado la obra del espíritu fecundo en la humildad y el sacrificio. El dolor llega a ser una posición elegida con toda conciencia. Después de caído el telón de su paraíso terrestre Urbano y Simona han de seguir el arduo camino de la separación que les lleva a la cumbre de la felicidad, aislamiento recíproco, que en la última novela de Ramón Pérez de Ayala se hace patente por la

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coordinación tipográfica de dos relatos dramáticos, que encierran la síntesis y convergencia de la vida futura. 31 Sólo a manera de alusión ligera podemos mencionar el uso peculiar que Ayala hace de la metáfora. Ella es, sin duda, el componente más delicado del estilo, calcañar de Aquiles o el ombligo, si queréis, en donde coliden el dinamismo y la ideación de una obra. En el siglo pasado, la metáfora arrastraba una vida truncada y opaca. Desacreditóla el romanticismo que abusaba de ella como puro medio de exaltación o prolongación sentimental. Realmente en la prosa romántica abundan las tertia comparationis como cáscaras o papeluchos usados que afean los senderos de los parques. Había una época en que la prohibición de la metáfora era el sexto mandamiento para todo prosista. Ramón Pérez de Ayala la restituye en su lugar de mayor eficacia. Para él, la metáfora no traza el valor aproximativo del „quid comparationis" sino su posición concreta. Con ella desnuda y precisa el mecanismo interno capaz de engendrar, como por entelequia, el desarrollo de la aventura novelesca. 32 Las peculiaridades de la sintaxis ofrecen el fiel reflejo de esa concepción. Para caracterizar o dar matiz Ayala usa dos sinónimos unidos por cópula. Sólo emplea el adjetivo en la forma energética del participio o acompaña el sustantivo de un torrencial de adjetivos que en sí parecen desconceptuados y sólo admisibles como valores dinámicos en oposición al sentido neto que aún les podía prestar Juan Valera. Pérez de Ayala ha reivindicado el gerundio y acude a toda clase de figuras sintácticas para expresar la coordinación y simultaneidad a que aspira. Su estilo cargado de intensidad, no tiene nada desharmonioso ni de musical. Aún cuando se complace en cierta redondez retórica, la oración arrastrando las palabras parece precipitarse por cauces subterráneos. Es un estilo fulgurante, pero su alta calidad dinámica no se agota con formar la línea de la sintaxis sino se comunica a los mismos vocablos que parecen imbuidos de viguroso movimiento. De aquí la falta de todo barroquismo en la prosa de Ramón Pérez de Ayala. Lo barroco llega al movido conjunto suprimiendo el dinamismo de las partes. La prosa barroca logra sus grandes efectos mediante convulsiones y erupciones vehementes que llenan el paisaje de inertes bloques erráticos. Había un tiempo en que las aposiciones quevedescamente acumuladas brindaban a la crítica el infallible criterio de estilo castizo 33 . La prosa de Ayala no acude nunca a la sospechosa violencia, que es el gran recurso de los débiles. No es un instrumento de que se sirve para el efecto. Es un estilo vital y su alma está en él. Podríamos decir

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que su lenguaje concreta, esa coincidencia de lo que hemos partido, de lo sujetivo con las fuerzas del tiempo, inmensurables e indivisibles, con aquellas „fuerzas primarias, trabajando a tientas, y las formas permanentes, que tan pronto se insinúan y en idéntica sazón se borran, y la luz con su prole de colores innumerables, que un punto lucen y luego se desvanecen, y la voz, en su curva desde el canto al lamento, que no se sabe de dónde nace ni en dónde fenece, germinando todo, sumiéndose y resumiéndose, derritiéndose en el vaho de la niebla".

Notas 1 „Pastiches et mélanges" (Ed. de la N . R . F . 1919). 2 „La deshumanización del arte". 3 H. Blüher bajo este criterio estudia la génesis de la psiquiatría moderna (Traktat über die Heilkunde, Jena 1926). 4 Empleo novela en el sentido de „Roman", „romanzo". 5 „Der Zauberberg" (S. Fischer, 1925). Las primeras páginas ofrecen una curiosísima reseña del tiempo en la novela. 6 Sólo de paso podemos mencionar la genial tipología de C. G. Jung. El contraste de Belarmino y de Apolonio, en la luz de esta psicología, vendría a coincidir con el antagonismo de los tipos extravertido e introvertido. 7 Realmente la visión que origina el drama es escultórica y pictórica la que favorece el nacimiento de la novela. Así se ha derivado de la escultura la tragedia ática y la dialéctica de Sócrates, mientras el florecimiento de la pintura helenística coincide con el surgimiento de la novela griega. 8 El paralelismo tan frecuente en las comedias españolas no se puede derivar de modelos que ofreciesen los dramaturgos latinos o italianos. Observamos que del desenlace resultan dos y muchas veces (ante todo en Tirso) cuatro matrimonios cuando hay más complicación y figuras en el juego. Sería interesante parangonar esa tendencia con numerosas locuciones que encontramos en el vocabulario vulgar dando un sentido especial a la cifra cuatro y a lo que es más de cuatro. Es conocida la teoría de Frobenius que relaciona el simbolismo de aquella cifra con las culturas denominadas „chthonisch" por él. 9 La nave de los locos. Prólogo. 10 La figura del zapatero filósofo en germen ya aparece en el „Fray Gerundio" de Isla cuando habla de un tal zapatero que había en el lugar „truhán de profesión y eterno decidor a quien llamaban en el pueblo el azote de los predicadores, porque en materia de sermones su voto era el decisivo". 11 Véase la opinión de Pirandello acerca del simbolismo literario: „Odio el arte simbólico, en el que la representación pierde su movimiento espontáneo para convertirse en máquina, en alegoría; esfuerzo vano y equivocado, porque el mero hecho de dar un sentido alegórico a una representación, hace ver claramente que se toma ésta a manera de fábula que por si misma carece de toda verdad moral" (Comedia 1, Enero 1925, Milán). 12 Angel Ganivet, „Idearium español". 13 R. Ρ. Α., „Clib". 14 R. Ρ. Α., „Clib". 15 Obra citada.

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„El valle de Josafat". Padre Blanco García, „La literatura española en el siglo X I X " . Estudiada por el Sr. Sáinz Rodríguez, „La obra de Clarín". „A los 18 años se le ocurrió que quería ser desgraciada, como las heroínas de sus novelas, y acabó un tormento muy romántico y muy divertido. Consistía en figurarse que ella era como el rey Midas del amor, que nadie podía quererla por ella misma, sino por su dinero, de donde resultaba una desgracia muy grande efectivamente." Véase el pasaje sumamente gráfico en que Clarín muestra el canonigo de Pas: „... cayendo de bruces del ,belétage' de su idealidad profesional en el piso bajo de la naturaleza salvaje..." Ofrecemos como ejemplo el carácter de Bonifacio Reyes lamentable representante de la fauna heroica de la novela. En primer término era el marido de su mujer, amador a lo romántico y artista. Reyes tiene conciencia de la duplicidad del mundo: Ladrón por amor! esta frase interior le satisfizo. Habla de la moral corriente de que se iba a emancipar. Lo atrae el bello ideal y le seduce la voz de la tentación. Cuando despierta suele abrir los ojos a la realidad. Salvador de Madariaga, obra citada. Por primera vez Ayala ha estudiado el caso de Don Juan en un ensayo incluido en el segundo tomo de las „Máscaras", donde le carecteriza como representante de lúgubres cultos semíticos. En la concepción de Pérez de Ayala se ha concretado la procedencia exótica del burlador y al obtener un puesto en su novela „Tigre Juan" le ha sacado cédula de vecindad (obra citada, página 62). Como el Don Juan de Edmond Rostand („La dernière nuit de Don Juan" — obra postuma), el personaje de la novela llegará a „un punto en que él mismo se sobrevive, muerto en vida, y ve su propio entierro". En la obra romántica del dramaturgo francés, el diablo cojuelo que según opinión de Luis Vélez de Guevara es el diablo de los títeres y de los saltimbanques, se lleva a Don Juan para encajarle en el repertorio de la farsa guiñolesca. A Vespasiano se le persona la vida, ya que „en el Juicio Final, todas las criaturas de Dios serán salvas".

24 Más instructiva aún es la sociología que aprendemos por los infamadores de Da. Mesalina en la magistral obra del malogrado López Pinillos. 25 Véase en este respecto lo que dice Eugenio d'Ors en la „Bien plantada": „Leí un día ... la siguiente expresión ..., referida a una pintura académica: ,esas desnudeces que dan rabia ...' Ese estado de espíritu en el cual una forma amable puede dar rabia, a mi personalmente, me cuesta mucho de comprender ... Creo, sin embargo, que semejante estado de espíritu dicta mucho de lo excepcional entre gentes ibéricas. Parece que al dinamismo apasionado del ibero fiero sientan como un insulto algunos aspectos de la belleza sencilla." Ya Casanova hizo observar que el amor causaba terror a los españoles: „La galanterie est sombre et inquiète dans ce pays, parce qu'elle a pour but des plaisirs qui y sont absolument défendus. Dans un sens, cela rend les jouissances plus vives et plus piquantes, parce que l'amour s'enveloppe de mystère . . . " Y tratando de la „Celestina", Menéndez y Pelayo escribe, que en aquella concepción „el amor es la deidad misteriosa terrible, cuyo maléfico influjo empozona y corrompe la vida humana y venga en los hijos los pecados de los padres." 26 Unamuno, „Amor y pedagogía". 27 Revista de Occidente. 28 Unamuno, Tres novelas ejemplares. Prólogo. 29 Es observación general que la novela española aunque libre de todo lastre intelectual se aproxima al ensayo y que el novelista agrupa los hechos de una manera espontánea y caprichosa a veces. Las aventuras picarescas v. gr. carecen de aquella coherencia íntima que sólo se consigue entregando el alma a los mismos sucesos. Poseen, a la inversa, ese lirismo flotante y revelan la agilidad mental que distinguen al hombre de alma céntrica y de constitución inmutable. Es de advertir la falta de verdadero paisaje en muchas novelas

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españolas y la tendencia encontrada de humanizar los objetos. Ofrecemos como ejemplos un pasaje de „Belarmino": „... si parece que las casas están dotadas de volución y de movimiento. Cada una tiene su personalidad, su alma, su fisionomía, su gesto, su biografía. Una medita, otra sueña, otra rie, otra bosteza" etc. (véase pág. 53) — y otro de „Tigre Juan", donde leemos: „Otra de las casas o de las vigas a quien la pesadumbre de los años y desengaño hace apática frente a las picardías del mundo, se alza de hombros desdeñosamente" etc. (pág. 10, obra citada). En las novelas de Baroja y de López Pinillos el paisaje se improvisa según los caprichos que entran al protagonista. La disposición psíquica de los personajes parece engendrar los bastidores de la naturaleza. Véase también lo que hemos insinuado acerca de cierta tendencia observada en algunas obras de Pérez de Ayala, donde el paisaje se concibe dentro del dramatismo de los sucesos o de las situaciones. El español, por nacimiento, tiene gran facilidad en ocupar ese sitio de resignación llena de porvenir. Así lo reconoce el filósofo de las casas de huéspedes cuando discurre: „El español tiene la piel tan recia, las entrañas tan enjutas y los sentidos tan mansuetos, que es ya asceta innato y por predestinación; ninguna aspereza le mortifica y apenas sí hay placer sensual que apetezca ..." Subrayamos ese detalle de la piel recia. Pérez de Ayala concentra toda su energía descriptiva en la superficie humana que es según un escritor francés, lo más p r o f u n d o que posee el hombre. De Doña Micaela dice azotando los adjetivos, que tenía la piel „como ahumada y color cordobán, adherido al hueso ..." y que era „cetrina y como curtida, sin nervios; un aislador. (Piel por lo demás, caliente, mate, tersa, unida, muy bella)", y de Tigre Juan, que „su piel así por la entonación como por la turgencia (piel jalde, tirante, bruñida) parecía de cobre purimentado". „El curandero de su honra", pág. 96 y sig. Ofrecemos como ejemplo el siguiente pasaje de „Luna de miel": „... Estaba trasvolada y traspuesta, en la penumbra entre el sueño y la vigilia, cuando le pareció su corazón una brasa que se le salga del pecho y caía en el mar, produciendo largo y lamentable chisporreteo. Se despejó con sobresalto y advirtió que aquel ruido, medio soñado, tanto de su corazón provenía de un carruaje, que llegaba haciendo crepitar el guijo en la avenida del parque. Saltó Simona de la cama y se asomó al ventanal: Urbano!" La prosa clásica española del 16 ofrece muy pocos ejemplos de usarse las figuras a que me refiero. Creo que son propias del género satírico pareciendo como holocausto lexicográfico de cuantas vanidades agitan a los humanos. Rabelais hace empleo muy mesurado de ellas. El alsaciano Fischart, traductor del primero y su compatriota Moscherosch, imitador de Quevedo, se precian de una verbosidad que llega a embriaguez llenando páginas enteras de aposiciones que parecen procrearse en proporciones logarítmicas. En España, prescindiendo de algunos eclecticistas de gran éxito popular, Galdós en las páginas más amenas inserta sin piedad figuras como esas: „Se eclipsó aquel astro. Por la calle abajo iba como si rodara, semejante a un globo de luz, deslumhrando los ojos de los transeúntes con los mil reflejos de sus antorchados y cruces, y siendo pasmo de los chicos, admiración de las mujeres, envidia de los ambiciosos y orgullo de si mismo." (Los ep. [?], pág. 13).

Rundschau über die spanische Literatur der Gegenwart „Ein Volk muß nicht nur siegen, sondern auch besiegt sein können. Es verrät eine Art von geistiger Armut, wenn man nicht gewillt ist, auch in der Niederlage eines der Gesichter zu erkennen, die das Leben annehmen k a n n . " J . Ortega y Gasset

I. Das Ereignis einer literarischen Moderne fällt in Spanien mit der militärischen Niederlage im Krieg gegen die Vereinigten Staaten zusammen, jener grausigen Blamage, die den letzten Hoffnungen auf einen politischen Wiederaufstieg ein Ende bereitete und den Verlust der spanischen Großmachtstellung für alle Zeiten besiegelte. Die Nation war im Herzen ihrer Illusionen getroffen; aber wie ein verwundeter Organismus alsbald die stillen Reserven seiner Vitalität aufbietet, hatte auch dieser Zusammenbruch eine ungeahnte Entfaltung aller aktiven und geistigen Energien zur Folge. Sowenig wie Frankreich nach 1870 war das Spanien von 1898 in der Lage des bankrotten Kaufmanns, der seine letzte Unternehmungskraft an ein verlorenes Geschäft verschwendet. Nationen mit einem ausgebreiteten, zivilisatorischen System oder einer unveräußerlichen, religiös verankerten Tradition können ungefährdet mit ihrer Vergangenheit brechen — und sich selbst dennoch getreu sein. Die Politik ist für solche Völker ein Mittel, das man versucht und einsetzt, aber gegebenenfalls auch modifizieren oder völlig zurückziehen kann. Der Wille zur Gemeinschaft äußert sich hier nicht nur kollektiv, sondern auch individuell, und zwar ausschließlich individuell in einem Land, dessen verfassunggebendes Prinzip die organisierte Anarchie ist. Tatsächlich stellt der spanische Mensch die betonteste Eigenart in der Fauna der europäischen Völker dar; seine Ideologie ist mit gewollter Einseitigkeit auf einen geprägten Typus eingestellt, und wo in der Geschichte die Entfaltung dieser Besonderheit einmal ernstlich bedroht war, haben Spanier stets ein individuelles Verteidigungssystem improvisiert, das viel wirksamer war als die Kunst ihrer Staatsmänner und die Macht ihrer Bataillone. Natürlich konnte im Spanien von 1898 kein Mensch daran denken, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und einen unzeitigen Patriotismus wieder aufzuwärmen. Wenn man indessen die Äußerungen herausgreift, die am

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Abend der Niederlage gefallen sind, wird man sehr bald das nationale Pathos vernehmen, das diese Generation im Grunde doch offenbar beseelte. Angel Ganivet weist in seinem „Idearium español" die Idee eines Völkerbundes mit Nachdruck zurück: „ D a s Leben von verschiedenen Völkern mit verschiedenem Ursprung und verschiedener Geschichte einer gemeinsamen Ideologie zu unterwerfen, kann nur dahin führen, daß diese Ideologie zur leeren Etikette herabsinkt, zu einem Schild, unter dem die besondern Energien nur darauf lauern, im gegebenen Augenblick zum Ausbruch zu k o m m e n . "

Unamuno aber äußert in seiner Streitschrift „En torno al casticismo" („Über das Rasseechte"): „Wie die Tradition die Substanz der Geschichte ist und die Ewigkeit die Substanz der Zeit, ist die Geschichte die Form der Tradition und die Zeit die Form des Ewigen. Die Tradition in der toten Vergangenheit suchen, heißt dann, d a s Ewige im Tod und im Vergangenen erhäschen wollen ... Die Tradition will als lebendige Gegenwart erlebt sein."

Dieselben Männer, die sich mit solcher Emphase für echteste Erben des spanischen Geistes ansprachen, waren die ersten gewesen, die den Einbruch der Moderne vorbereitet und die Gedanken der neudeutschen idealistischen Philosophie und des jungfranzösischen Symbolismus in Spanien verbreitet hatten. Der Einbruch der Moderne sollte aber nicht zum Bruch mit der Tradition, sondern diese zu den lauteren Quellen ihrer „übergeschichtlichen" Idealität zurückführen. Unamuno hat es einmal als charakteristisch hinstellen wollen, daß die Gestalten des klassischen Theaters „nicht von innen nach außen, sondern umgekehrt von außen nach innen sich bildeten, daß sie sich kristallisierten und nicht organisch aus sich selbst" herauswüchsen. Handelt es sich hier um ein charakterologisches Fatum, das auf die spanische Seele geschrieben ist? (Die spanischen „Regeneratoren" von 1898 hätten dann einen schweren Irrtum begangen, wenn sie, um Spanien spanischer zu machen, zunächst die Chinesische Mauer der Pyrenäen einreißen wollten.) Lesen wir aber, was derselbe Schriftsteller in seinem „Ikonographischen Versuch über den Ritter von der Traurigen Gestalt" aufstellt: „ F ü r D o n Q u i j o t e war die gute Philosophie naturgemäß seine eigene, d. h. die kastilische Philosophie, der kastilische Realismus, der die Taten am Gesichte der Menschen abliest, der von innen nach außen vordringt, der zentrifugal ist."

Solche Widersprüche finden sich in der Unamunoschen Ideologie nicht selten. Sie verraten die echt iberische G a b e einer Sensibilität, die ein jedes Ding in seiner Zweiheit wahrnimmt. Die beständige Dialektik der Gegensätze ist

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dem Denkstil und — man möchte auch sagen — dem Lebensstil des spanischen Menschen eigen. Joaquín Costa hat nun die in Spanien so beliebte dualistische Zweiteilung in eine soziologische Doktrin hineingetragen und das Substrat des spanischen Gesellschaftskörpers in zwei feindliche Hälften zerspalten. Dem Spanien der Regierenden, seiner lebensfeindlichen Ideologie und gefährlichen Romantik steht ein werktätiges, humanitäres Spanien gegenüber: „das bessere Spanien" („España perenne"). Costa (1846—1911) war Positivist; „ d a s Experiment der rationalistischen Wissenschaft war sein Werkzeug, während die Achtundneunziger sich vorzugsweise der Intuition bedienten. C o s t a sah in der Geschichte ein Tatsachenarsenal — die darauffolgende Generation wollte in der Geschichte das Bild der Seele entdecken." 1

Die Theorie von den „zwei Spanien", die Costa aufgebracht hat, lebt in der Gedankenwelt der Ganivet, Unamuno und Azorin weiter; sie führte zu einer Werteanarchie ohnegleichen und gab einer bald gefühlsästhetischen, bald philosophisch dilettierenden Geschichtsbetrachtung R a u m . Angel Ganivet zum Beispiel sah die platonische Idee des spanischen Menschen in der Gestalt des Philosophen Seneca (aus Cordoba!) verkörpert. Azorin will den Mythos des klassischen Theaters, auf dem Unmoral Trumpf gewesen sei, zerstören. Diese Unmoral bestand „in der Falschheit der Charaktere und in der Un Wahrscheinlichkeit des Geschehens ..., wir nehmen das Verdammungsurteil des 18. Jahrhunderts an, aber auf der G r u n d l a g e eines neuen Realismus, eines verfeinerten Beobachtungssinnes, der uns den lyrischen Ansporn gibt, die ästhetische Unabhängigkeit verbürgt und die intellektuelle Freiheit gewährt: die Freiheit zur Rebellion gegen jedes G e s e t z " (La voluntad, 1902).

Azorin hat, als folgerichtiger Impressionist, einmal bekannt, daß er im Grunde keine Realität anerkenne als die des Bildes. Die Vision des besseren Spanien ist ein Ideal, das gleichsam nur auf der Netzhaut besteht, dessen Projektierungen schattenhafte Umrisse sind und das den Dichter nötigt, Eindrücke beständig umzugruppieren und Werte beständig umzuwerten. Azorins beste Werke sind flüchtige Betrachtungen „ a m Rand der alten spanischen Literatur". Seine Hinneigung zum Typischen brachte ihn zum Klassischen, und der Nietzscheaner hat sich im Laufe der Jahre zum reinen Traditionalisten durchgehäutet. „Azorin, der in einem Jesuitenkloster erzogen wurde, bewahrte den feinen Kern, den man ihm eingepflanzt hat und der bei allen Jesuitenzöglingen das Versprechen einer Rückkehr früher oder später wahr m a c h t . " 2

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Klarer als Azorin hat Miguel de Unamuno die Äußerungen der unvergänglichen Tradition umschrieben, die er im Bilde der spanischen Gegenwart fortwirken sah. Die spanische Seele ist in die kastilische Landschaft verzaubert, „eine Landschaft voll scharfer Profile und übertriebener Verkürzungen, die fast ohne Umkreis in eine durchsichtige, überfeine Luft hineingestellt ist". 3 Die klimatische Eigentümlichkeit der großen kastilischen Landschaft hat der spanischen Malerei ihren transzendentalen Charakter gegeben. Es ist das eine Malerei, die ohne alle Atmosphäre malt, Figuren niemals in einen Zusammenhang hineinstellt, sondern diesen stets nur benutzt, um zu schichten, zu sondern und abzuheben. Die spanische Malerei ist vielleicht der reinste Ausdruck des frenetischen iberischen Individualismus. Wie die Landschaft das Gesicht, ist das Leben des Volkes der gegenwärtige Gehalt der „übergeschichtlichen" Tradition. „Die Nächstenliebe des spanischen Volkes beruht nicht auf der Sympathie, sondern ist als kategorische Forderung aus der Empörung hervorgegangen, den einen leiden zu sehen, während der andere das Leben in vollen Zügen genießt." 4 (Ähnlich Ganivet im „Idearium".)

Unamuno liebt dieses Volk; er empfindet volklich und möchte so schreiben, daß seine Worte zum Volke gehen: einen knorrigen Stil voller Hindernisse und drolliger Ausbuchtungen. Er ist dabei kein Stilverächter wie sein großer Landsmann Baroja. (Oh, diese Basken werden es niemals zu einem ordentlichen Spanisch bringen!) Er möchte seinen Stil gehaltvoll machen und „die innere F o r m " der Gedanken hervorkehren. Sein rauhes Temperament bewahrt ihn davor, ins Idyll zu verfallen. D a s Wort „Volk" hat bei Unamuno keinen russisch-sentimentalen, sondern den hart-tragischen Klang einer verzweifelten Liebe. Manchmal ist es, wie wenn er fürchten würde, an ein unaussprechliches Mysterium der spanischen Seele zu rühren, und dann redet er in fernen Vergleichen, wo er die nächste Gegenwart meint: „Als Pilatus, der g a l a n t u o m o , der Ästhet, der Rationalist, wenn ihr so wollt, seine K o m ö d i e geben und Christus verhöhnen wollte: hier habe ich euch den Menschen! — da drängte sich dieses Volk zusammen und brach in den Schrei aus: Kreuzige ihn, kreuzige ihn! D a s Volk will keine K o m ö d i e — es will — die T r a g ö d i e . " 5

Der tragische Geist des spanischen Volkes mußte den Ausweg verwerfen, den ihm die ästhetische Weltanschauung der Renaissance und der Rationalismus der Reformatoren aufzeigen konnten.

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„ G e w a l t s a m wurde Spanien in die Renaissance, in die R e f o r m a t i o n und in die Revolutionszeit hineingetrieben; Spanien hat dabei wohl etwas gelernt, aber die Seele des Volkes blieb dabei unberührt und bewahrte treulich die Erbschaft jener Epoche, die man heute d a s finstere Mittelalter nennt. Der Q u i j o t i s m u s aber ist nichts anderes als der verzweifelte K a m p f des Mittelalters gegen die Renaissance."

Unamuno hat sich immer wieder zum tragischen Lebensgefühl des mittelalterlichen und volklichen Spanien bekannt, und die Einheit mit dem heroischen Glauben seines Volkes bildet den Grund und das letzte Ziel seines Denkens. Man wird sich nun fragen, wo eigentlich die Wurzeln zu allem Unheil der Gegenwart liegen und wieso dieser unbeugsame und heldische Menschenschlag einer politischen Ataraxie anheimfallen konnte, die eine progressive Zersetzung aller Gesellschafts- und Gemeinschaftsformen zur Folge hatte? Unamuno weiß sehr wohl, daß Aufstieg und Niedergang ein und demselben Gesetz gehorchten. Er wagt es aber noch nicht, das Bild der beiden Spanien, deren gemeinsame Achse er im tragischen Welterleben gefunden hat, zusammenzuschlagen und die „romantische Scheidung" des „besseren" vom „schuldigen" Spanien aufzugeben. Erst Ortega y Gasset hat — 20 Jahre später — gezeigt, daß die spanische Gegenwart keine Erscheinung der Dekadenz, d. h. eines Abfalles vom Wesen, darstelle, sondern als Ausfluß einer Anomalie ab origine, eines Konstitutionsfehlers, zu begreifen sei. Tragisch ist ein Mensch, der das Bewußtsein eines unlösbaren Gegensatzes mit Willen erträgt. Trotz äußerster Anspannung des Gefühls braucht er seine Empfindlichkeit dabei nicht zu verlieren. (Beispiel: Die gotischen Maler, unerschöpfliche Entdecker anatomischer Details und psychologischer Kuriositäten!) Calderón hatte auf seinem Theater „alle Dinge angedeutet, wenn auch keines zu seiner vollkommenen Entfaltung gebracht". Aber dieser große Tragiker, der alle Dinge wahrnahm und „in harten Profilen" umriß, besaß die G a b e doch nicht, „ein Ding oder einen Gedanken aus seinem ideologischen Panzer zu entlassen und so darzustellen, daß er den Leser gleichsam in seinen N i m b u s einhüllen würde, in ihm Eingang fände, Wurzeln schlüge und aus ihm heraus sich weiterentwickeln könnte".

Der tragische Mensch sieht die Dinge beständig in ihrer Bipolarität, und die einzige Weisheit, die er für das Leben findet, ist eine magere Mittellinie zwischen den unvereinbaren Parallelen. „Ein Lear, ein H a m l e t , ein Othello sind unendlich reicher an verborgenem Inhalt als alle schematischen G e d a n k e n g ä n g e Calderóns zusammen. Ein Mensch! Ein Mensch! D a s ist der herrlichste G e d a n k e , voller Glorienschein, tiefer Schatten und zeugenden M y s t e r i u m s ! "

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In jedem Shakespeareschen Menschen versucht die Natur, ihr reines Bild als Ausgleich der streitenden Kräfte zu erschaffen. Dem spanischen Menschen fehlt dieser ständige Zug zur Mitte. Er ist nicht harmonisch veranlagt, sondern dynamisch geartet. Die widerstrebenden Elemente halten sich — günstigstenfalls — im Schach. Der spanische Staat wurde nur an seinen Zielen groß und zerfiel, sobald seine universalen Ziele versanken. Die spanische Sensibilität schuf Wunderwerke, als sie die beiden Pole des Himmels und der Erde in ihren Bogen zu spannen suchte. Mit dem Verlust seines weltbewegenden Stoffes begann der intransigente Geist des tragischen spanischen Menschen, den Pfeil gegen das eigene Sein zu richten. Die Sinne dienten nicht mehr dem Leben, sondern entwerteten die Gegenwart. Kein Wunder, daß die Selbstzersetzung allmählich alle Formen der Gemeinschaft ergriff und schließlich zerstörte. Die spanische Geschichte der letzten drei Jahrhunderte war eine logische Beweisführung gegen den Untypus des spanischen Menschen. Aber hier, im Abgrund der Selbstaufgabe, vor dem Scheiterhaufen der Vernunft, „die tausendmal ,nein' sagte", hier wächst der Glaube der Verzweiflung hervor: der Glaube an die Gestalt des Retters. „Damit das Genie komme" — schrieb Unamuno damals (vor 25 Jahren) an Ortega y Gasset — „muß man seiner würdig sein: man muß sein Erscheinen herausfordern. Wenn unsere Jugend wirklich an sein Kommen glaubt, würde es längst unter uns weilen. Der Glaube ist es, der sich seinen Gegenstand schafft."

II. Versuchen wir nunmehr, einen Überblick über die wichtigsten literarischen Erscheinungen zu gewinnen, die auf das ideologische Programm von 1898 zurückgehen. Gemeinsam ist dieser Generation vor allem die pädagogische Tendenz, das Bestreben, den traditionellen Stoffen eine humanistische Wendung zu geben und die schöpferischen Energien auf einen rassestarken, spanisch-universalen Typus hinzulenken.

Der

Roman

Das Heldische soll im täglichen, gestalt- und zusammenhanglosen Geschehen gleichsam in seine Strahlen zerlegt werden. Der Romanschreiber nimmt daher stets den Standpunkt des Individuellen ein, um die Möglichkeiten des

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gegenwärtigen Lebens zu ergründen, zu verneinen oder einfach abzugrenzen. Der Roman stellt nun diejenige Kunstform dar, die der individualistischen Denkweise des Spaniers am nächsten steht und sein pessimistisches Weltbild am vollkommensten auszudrücken vermag. Ein Bildnis des Velázquez ist eine Romanfigur „per novellare". Der erste Eindruck dieser Malereien ist stets ein beklemmender: man fürchtet, die Figur möchte in feindlicher Absicht aus dem Rahmen springen! Sie besitzt die Überlebendigkeit eines Pirandelloschen „personaggio". Diese Wirkung ist dadurch erreicht worden, daß die Figur stets in einem Mißverhältnis der Distanz, ja der Feindschaft und offenen Empörung gegen ihre atmosphärische oder gesellschaftliche Umgebung auftritt. Wie Velázques auf seinen Bildern, haben die Meister des klassischen Schelmenromans ihre Gaunerhelden in glänzender Vereinsamung auf die Freilichtbühne des Lebens herausgestellt, und nicht anders sind die Abenteurer- und Vagabundengeschichten eines Pio Baroja komponiert. Ein Ereignis folgt hier dem anderen, ohne daß doch niemals etwas geschehen würde, Landschaftsbilder tanzen in rascher Folge vorüber, Gestalten tauchen auf, man weiß nicht woher, und verschwinden wieder im Abgrund des anonymen Lebens, kaum daß man ihre flüchtigen Umrisse erkennen konnte. Es gibt in der Welt Barojas keine innere Logik und keine inneren Zusammenhänge als die erklärte Unlogik, an der die Helden ihr Heldsein vergeblich erproben. Aber diese gesellschaftlichen Zusammenbrüche sind doch — wie Ortega y Gasset bemerkte — moralisch und gefühlsmäßig als Zeichen und Vorboten eines Aufstieges zu werten. Die Treue gegen das individuelle Fatum ist die sicherste Bürgschaft für eine Gesellschaft der Zukunft. „Die Hauptsache haben wir schon erreicht" — bekannte Angel Ganivet kurz vor seinem tragischen Ende — „wir haben einen Menschen, einen Typus! Es fehlt uns jetzt nur die Entschlußkraft, um die Hand ans Werk zu legen ..." Gehalt und Technik der Barojaschen Romane verraten den Einfluß einer großen spanischen Erzählertradition, die mit dem „Lazarillo de Tormes" (1554) einsetzte und in Quevedos „Buscón" oder Mateo Alemáns „Guzmán de Alfarache" ihren Höhepunkt erreichte. Die Besonderheit der Barojaschen Themen wie die Typik seiner Figuren findet sich indessen auch bei Juan Valera und bei Pérez Galdós vorgebildet. Juan Valera (1824—1905), ein eleganter Skeptiker und echt humanistischer Geist, zeigte dieselbe Vorliebe für alle entwurzelten und gestrandeten Existenzen. Seine Romane (von denen „Pepita Jiménez", „Doña Luz" und „Doctor Faustino" die besten sind) möchte man einem menschlichen Raritätenmuseum vergleichen. Wenn Pio Baroja mit der Leidenschaft des Entdeckers Züge einsamer Größe aufspüren möchte, huldigte Juan Valera der adligeren Passion des Sammlers.

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Er schrieb während eines halben Jahrhunderts und verstand es dabei, sich seine Zeit vom Leibe zu halten. Die romantischen Modeströmungen fanden in seinen Werken keinen Eingang, und den Naturalismus, der zu Ende des Jahrhunderts in Spanien eingedrungen war, verabscheute er. Sein Stil ist ein delikater, weich modellierender, ein elegischer Stil. D a ß Juan Valera die Literatur im G r u n d e niemals ganz ernst genommen hat, gibt seinen Büchern einen bestechenden Reiz und die weltmännische Färbung, die man bei seinen Nachfolgern — trotz größeren intellektuellen Ernstes — so häufig vermißt. Der kühlen, leise dekadenten Klassik Valeras steht der heftige, halb mystische, halb protestantische Realismus Pérez Galdós' (1843 — 1920) entgegen. Galdós hatte keineswegs, wie man behauptet hatte, den Ehrgeiz, der erste Naturalist seines Landes zu heißen. Er wollte vielmehr die Geschichte seiner Epoche schreiben, jene lebendige Geschichte eines Volkes, die dem Historiker ewig verschlossen bleibt: „die Geschichte in den Eingeweiden". Auch Pio Barojas Romane drängen, trotz ihrer zerfahrenen Kompositionsweise, letzten Endes nach einem einheitlichen Mythus des spanischen Lebens. Wenn aber Galdós, der Verfasser der „Nationalen Episoden", aus den sozialen und wirtschaftlichen Kämpfen seiner Zeit die charakteristischen Probleme herausschälte, glaubt Batoja, den Rhythmus des Lebendigen nur im individuellen D r a m a auffangen zu können. Er stellt nicht mehr Probleme auf, die f ü r Spanien typisch sind, sondern erfaßt die Typik des spanischen Menschen. Die Geschichte einer Nation, die Galdós zu geben glaubte, wird nun zur Monographie der spanischen Seele, und dieser Wandel entspricht dem großen Einschnitt, den das Jahr 1898 für die spanische Literatur bedeutet. Unter den intellektuellen Vorkämpfern der neuen Epoche stand Clarín (Leopoldo Alas) in vorderster Reihe. Von einem unentwegten Positivismus ausgehend, gelangte er in den letzten Jahren seines Lebens, unter dem Einfluß der deutschen idealistischen Philosophie, zu einem kantisch verfärbten Katholizismus. Clarín hat — außer zahlreichen Novellen, kritischen Arbeiten und philosophisch-ästhetischen Studien — zwei Romane („La regenta" — „Die Senatspräsidentin" und „Su único hijo" — „Sein einziger Sohn") geschrieben, die als Zeitsatiren dauernden Wert besitzen. Er hatte sich vorgenommen, den Naturalismus eines Flaubert zu überbieten, und mit dem „Einzigen Sohn" wollte er den Spaniern ihre „ M a d a m e Bovary" geben. Die Menschen, die uns Clarín vorführt, sind freilich nicht einfach Produkte eines bestimmten Milieus, sondern dieses Milieu erscheint als das Produkt ihrer Vitalität — ein unmögliches, absurdes, romantisches Milieu: die Welt Clarins war der Mikrokosmos der spanischen Kleinstadt. Sein psychologisches Verfahren ist originell und nichts weniger als simplistisch. Cla-

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rin weiß sehr wohl, daß die Warte des Absoluten nur eine flache Perspektive des Lebens gewähren kann: die „bêtise humaine" als metaphysisches Prinzip. Der echte Satiriker will aber keineswegs die Schöpfung vom Standpunkt des Schöpfers aus entwerten, sondern umgekehrt zeigen, wie das Geschöpf, mit allen Anlagen zur Vollendung begabt, sich selbst entwertet hat. In Clarins Romanen gibt es keine Drahtpuppen, die ein deterministisches Fatum willkürlich hin- und herschiebt — seine Figuren bewegen sich automatisch, sie tragen ihren Gehalt in sich selbst, sie besitzen ihr eigenes, ideologisches Register und selbst ihr individuelles Vokabular. Wir sehen da einen alternden Kleinstadttenorio und einen seelenhungrigen Priester um die allertugendreichste Weiblichkeit von „Vetusta" streiten, während der Staatsanwalt a. D., ihr rheumatischer Gatte, nächtlicherweise Calderón rezitiert und einen verrosteten Degen bedrohlich über der Matratze tanzen läßt. Jede dieser Figuren verkörpert einen Unendlichkeitstraum. So viele Figuren, so viele hermetisch verschlossene Welten. Die Vision dieses Romanciers geht offenbar mehr auf ein plastisches Bild, als daß sie dem Fluß des Geschehens folgen würde. Die Gestalten Clarins treten in Überlebensgröße aus dem Rahmen der Handlung hervor. Es ist, als sträubten sie sich gegen das Schicksal, das ihnen der Dichter anheftet, um seinen Roman zum gefälligen Ende zu bringen. Sie wollen ihr eigenes Schicksal haben und erinnern an die bizarre Klage der Pirandelloschen Figurine: „Ma non è questo ... non è questo ... Io voglio la mia vita . . . "

Das

Drama

In Spanien hat man zwar immer viel Theater gemacht, aber das eigentliche Drama liegt dem heutigen Publikum noch so fern wie einst den Zuschauern der Lopeschen Mantel- und Degenkomödien. Das Drama, wie wir es heute verstehen, ist eine humanistische Schöpfung. Die Vision des Dramatikers will den Menschen in seiner kosmischen Fülle erfassen. Wir sahen aber, daß die spanischen Bühnendichter ihre Figuren stets nur im „harten Profil" umrissen haben. Ihr Darstellungsstil war ein Reliefstil. „Die spanische Komödie könnte durch einen Ballettkörper aufgeführt werden, und die Erinnerung, die man zurückbehält, ist dem Eindruck vergleichbar, den das Stampfen zahlreicher Füße in uns hinterlassen k a n n . " 6

Das spanische Theater besitzt nur zwei Dimensionen. Die Figuren, die auf ihm vorgeführt werden, bedürfen stets einer Ergänzung, und die Lösung

R u n d s c h a u über die spanische Literatur der G e g e n w a r t

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ihrer Probleme wird ihnen von außen zuteil, durch göttliche Gnade oder die Gunst eines Fürsten. Nichts ist auf dieser Bühne so strenge verpönt wie die Selbsthilfe des Helden. Und doch ist gerade der dramatische Held der Held, der sich selbst hilft oder an sich selbst zugrunde geht. Das neuere Drama läßt sich als das Diktat eines Individuums über eine Masse definieren: die Welt soll sich plötzlich in einem individuellen Schicksal erfüllen. Das Theater, wie es die Spanier betreiben, setzt, umgekehrt, das Publikum als letztes Ziel. Das Publikum will sich selbst gespielt sehen, es schreibt dem Dichter seine Stoffe vor und überläßt es ihm, durch die Wirksamkeit der Technik und den Schliff des Dialogs zu glänzen. Damit soll kein Werturteil ausgesprochen, sondern eine einfache Abgrenzung versucht werden. Das Theater steht in Spanien jenseits der Literatur und besitzt, wie das große Schauspiel des Stierkampfes, seine eigenen Gesetze und seine eigene, wenn schon noch ungeschriebene Ästhetik. — Nach Echegarays Tod war Jacinto Benavente (geboren 1866) der unbestrittene Alleinherrscher auf den Bühnen der spanisch sprechenden Welt. Benavente hat alle Möglichkeiten dieses Theaters ausgeprobt: er schrieb Gesellschaftskomödien mit leicht satirischer Tendenz, Märchenstücke („El príncipe que todo lo aprendió en los libros" — „Der Prinz, der alles aus Büchern lernte", 1909); „Operetten in Prosa" („La noche del sábado" — „Hexensabbat", 1904) und ein veristisches Bauerndrama („La malquerida" — „Die sündig Geliebte", 1901); man bewundert seine Verwandlungsfähigkeit nicht weniger als den sicheren Takt, mit dem er die dichterische Intuition dem Geschmack eines selbstherrlichen Publikums anzupassen versteht. Wo dieser Dramatiker es wagte, seine Zuschauer mit reiner Literatur zu überrumpeln, verrät er alsbald seine Abhängigkeit von der etwas gefühlsschweren Ideologie der „Achtundneunziger". „Der feurige D r a c h e " („El dragón de fuego", 1903) ist ein Kolonialstück, handelnd in einem asiatischen Reich, Nirwan, das der Protektion einer europäischen Großmacht mit Waffengewalt und mit allen Mitteln einer hinterlistigen Diplomatie unterworfen werden soll. Held des Dramas ist König Danishar, der reine Mensch, der haltlos zwischen der Partei der Rebellen und den verräterischen Anhängern „Silandias" hin- und herschwankt. Er möchte nicht durch Macht oder Betrug, sondern „allein mit der Liebe und dem Recht regieren". „ D a n i s h a r ist feige (dies ist sein Geheimnis!): wenn ich an den Tod denke, werde ich toll. M i t jedem G e d a n k e n geht mir das Herz über von allen Dingen, die auf der Erde leben. Der H i m m e l , das Licht, die Felder, das Meer, alle Liebe und alle W ü n s c h e der Welt sind in mir. Ich bin das ganze L e b e n , und Entsetzen erfaßt mich, wenn ich bedenke, d a ß all das vergehen wird, wenn ich vergehe . . . "

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Aber Danishar erntet nur H a ß und Empörung. „Ich konnte nur lieben. Den Ausländer liebte ich mehr als meinen Bruder und meinen Bruder mehr als mein eigenes Leben. Und das w a r nicht gut. Das w a r nicht gut. Ich habe mein Herz und mein Reich mit meiner Liebe zerstört, statt meine Liebe mit ihrem Hasse zu w a p p n e n . "

O b man in Spanien damals den tieferen Sinn dieses seltsamen Tropenspieles begriffen hat? — Acht J a h r e später schenkte Jacinto Benavente den Spaniern ihre Meisterkomödie. „Los intereses creados" 7 ist eine brillante Apotheose auf die alte commedia dell'arte. Als Held erscheint zwar wieder der spanische Einheld, ein mystischer Träumer, der keine Waffe besitzt als die edle Einfalt des Herzens, der mit dem Zauber seiner prachtvollen Jugend das Leben von sich überzeugen möchte. Aber Leandro ist nicht mehr allein wie Danishar. Crispin, sein Bedienter und Meister, treibt ihn von einem Ziel zum anderen, stößt ihn mit unglaublicher Kühnheit auf die glänzendste Höhe des Lebens, wo sein schuldloses Lächeln Wunder wirken und Herzen an sich ziehen mag. Crispin ist reiner Täter. „Seine Gleichgültigkeit gegen alle gesellschaftlichen Verhältnisse bringt ihn in unmittelbare Verwandtschaft zu unseren klassischen Schelmen, die, wie Guzmán Alfarache, halb zynisch, halb stoisch sind. Crispin ist freilich nicht ganz real; er ist der verkörperte Intrigengeist, der die menschlichen Satzungen alle verlacht und auf den Zehen eines seiner Füße einhertänzelt: der Phantasie, die alles heiligt und reinwäscht." 8

Leandro und Crispin — welche seltsames Paar! — ein hübscher Betteljunge und ein entlaufener Galeerensträfling, erscheinen in den Toren einer fremden Stadt. Vor dem ersten besten Wirtshaus schlagen sie Lärm, fordern großspurig Obdach und glänzende Bewirtung, verpflichten mit ihren verschwenderischen Aufträgen allmählich die ganze Stadt auf ihre Person. Es gibt nunmehr zwei Lösungen. Leandro und Crispin kommen an den Galgen, und ihre Gläubiger bleiben die Geprellten. Wie aber, wenn Leandro Silvia, die Tochter des schwerreichen Polichinela heiratete? Der Ball wird arrangiert, und Leandro verliebt sich wirklich in Silvia, was im Programme Crispins nicht vorgesehen war. Und damit hat die Parabel ihren Gipfel erreicht. Das „geschaffene Interesse" hat eine lebendige Beziehung hervorgebracht. Leandro wird nun als Liebender weiter handeln, und Crispin hat seine Schuldigkeit getan. Das heißt, durch Blendwerk der Liebe schließt sich die zynisch entzweigespaltene Person des Helden zu neuer Einheit, „und alles, was vorher abwegig, gemein und verächtlich war, erscheint nun plötzlich in Strömen des Lichtes geheiligt. Der Glaube ist es, der dieses Wunder gewirkt hat." 9 Auf der Grenze zwischen Theater und Roman stehen die Werke des Galiciers Ramón Maria del Valle-Inclán (geboren 1869). Er trägt das herrische

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Profil und hat den heißen Atem eines echten Dramatikers. Die einzige, zivilisierte Tugend, die man an seinen von ihm selbst „barbarisch" benannten "Werken bewundert, ist ein eminent geschliffener und prachtvoll gewogener Dialog, ein Dialog, der aus dem lautersten Gold aller lateinischen und romanzesken Sprachen zusammengeschmolzen scheint und seine Kostbarkeiten prahlerisch entfaltet, ohne jemals preziös oder manieriert zu wirken. Da aber die Möglichkeiten der Bühne für einen spanischen Schriftsteller wenig verlokkend sind, zog Don Ramón die szenischen Bemerkungen in seinen Stücken auseinander und machte sein Drama zur rhythmischen Novelle. Die Spanier haben in Valle-Inclán ihren D'Annunzio gefunden. In seiner Jugend trieb er sich in Amerika herum, verlor in einer mexikanischen Revolution den linken Arm und brachte, nach Madrid zurückgekehrt, über dies legendäre Ereignis eine Reihe von Lesarten auf, die nur so viel erahnen ließen, daß keine von ihnen — die authentische war. Don Ramón del Valle-Inclán verfaßte zuerst einen Zyklus von lyrischen Romanen. Es sind dies die „Memoiren des Marquis von Bradomin". Im Mittelpunkt des Werkes steht ein abenteuerlicher Chevalier und Nuntius seiner Heiligkeit. „Bradomin ist allerdings nicht nur ein Don Juan. Man findet andere, fesselnde Züge an dieser Gestalt. Er ist Katholik und Voltairianer zugleich. Er ist Traditionalist und liebt die Tradition, weil sie nicht mehr besteht. Der Karlismus gefällt ihm wie eine gotische Kathedrale, aber er möchte nicht, daß er triumphiert. Man sieht, Bradomin ist ein vollendeter Ästhet.""'

Aus der Reihe der Dramen und Dramoletten ragen die „barbarischen Komödien" hervor. Es wird darin das Leben und zügellose Treiben derer von Montenegro verherrlicht, ein ungezähmtes Raub- und Rittergeschlecht mit dunklen Instinkten, brutalen Manieren, aber sehr christlichem Gefühl. Der Übermensch Valle-Incláns ist der Traum eines Mittelmeermenschen, stark an Taten und weich im Herzen, immer eher blasphemisch als furchtbar. Das Heil erwartet ihn am Ende seiner Wege. Bemerken wir noch, daß unter allen Zeitgenossen Valle-Inclán es als einziger vermieden hat, über „nationale Probleme" zu reden und seine ästhetischen Ziele mit metaphysischen Wimpeln zu behängen.

Die Lyrik Die spanische Lyrik hatte im 19. Jahrhundert trotz aller Beschränkung im Formellen Weltenweite besessen. Bécquer, Zorrilla und Campoamor waren die drei glänzendsten Gestirne am lyrischen Himmelsgezelt der Romantik

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gewesen. In den 90er Jahren hatte dann Rubén Darío den gebundenen Vers gesprengt und mit seinem hymnischen Gedicht ein neues Zeitgefühl verkündet. Freilich fühlte sich dieser große Amerikaner und Weltenwanderer im Grunde mehr Lateiner als Spanier. Seine literarische Erziehung war ihm im Paris der „parnassiens" geworden, seine Prosa ist mit Gallizismen überladen, und sein dichterisches Werk verbindet Verlaines Symbolismus mit der enthusiastischen Dithyrambik eines Emile Verhaeren. D a s neue Spanien ist — mit seinen vielfältigen intellektuellen Sorgen und seinen tausenderlei nationalen Problemen — kein günstiger Boden für eine lyrische Renaissance gewesen. Was Dichter wie Manuel und Antonio Machado (geb. in Sevilla 1874 bzw. 1875) zu sagen haben, erhebt sich nur selten über das übliche Gefühlsniveau einer zartsinnigen Stimmungsmalerei: lauter seelisches Stilleben und viel sentimentale Landschafterei.

III. Die spanische Literatur der Gegenwart erhebt sich wie ein schwankender Pfahlbau auf den Schultern einer subjektivistischen Generation von dilettierenden Philosophen und dogmatisierenden Poeten. Und doch war es der Ehrgeiz dieser Literaten gewesen, den Grundstein für eine neue Tradition zu legen, eine Tradition zu formulieren, die national und universal in einem sein sollte und den Gedanken der Rasse als humanistisches Bildungsziel begriffe. Eine Tradition der Zukunft — man wird leicht einsehen, daß dieser ganze Traum in seiner gestaltlosen Fülle nichts anderes war als ein Stück verkappter Romantik und sich auch gar nicht anders auswirken konnte als in einem schrankenlosen Individualismus. Zur rechten Zeit ist dem spanischen Geist ein Mann zuteil geworden, der diese Stagnationsgefahr in ihrer ganzen psychologischen Tragweite durchschaut hat und die freigewordenen konstruktiven Energien auf ein konkretes Ziel hinzulenken verstand. Im Jahre 1904 erhielt Unamuno den Brief eines einundzwanzigjährigen Studenten, den er alsbald veröffentlichte: „Vielleicht werden Sie mir entgegenhalten, daß man, um zu wissen, nicht zu denken braucht, aber d a muß ich bekennen, daß dieser klassisch-spanische Mystizismus, der in Ihren Gedanken zuweilen durchbricht, mich bis heute nicht überzeugt hat. Er ist wie M o o s , d a s zu einsame Seelen, wie die Ihrige, allmählich überwuchert. Seelen, die zu intim sind und dem intellektualistischen Laster frönen, danach zu fragen, wie es in anderen Seelen aussehen m a g . Nur wer eine starke Intuition besitzt, wird mit wenigen Daten, d. h. mit

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wenigen Steinen, einen Tempel aufführen können; wenn er diese nicht besitzt, wird er ein stilloses und unzugängliches Gebäude herstellen, und wenn ihm auch die starke Intuition abgeht, wird er ewig — ein Stümper bleiben. Durch alle Geister unserer heutigen Intellektuellen weht ein Persönlichkeitswind, der fruchtlos ist, und dem, was bei uns not tut, gerade entgegengesetzt ist. Ein Genie würde uns sein Denkmal errichten, um dann abzutreten und uns dem gewohnten Fakirtum zu überlassen, einem törichten Messianismus, in dem wir uns wieder drei Jahrhunderte einwiegen und das neue Genie erwarten würden, das uns durch göttliche Fügung und ohne eigene Anstrengung zuteil werden soll."

Der Verfasser dieser Zeilen war José Ortega y Gasset. Unamuno hatte einmal das böse Wort gesprochen: „Es gibt in Spanien wohl junge Leute, aber es gibt — keine Jugend!" Ortega y Gasset hat diese Jugend — geschaffen: er hat sie vor allem denken gelehrt; sein Erziehungswerk ist ein Werk der Methode, die ins Detail geht und den künstlerischen Schwung doch niemals verliert. — Die spanischen „Ultraisten" haben ihr Programm auf die Theorien des Meisters gestellt; Pío Batoja — der schon fünfzig Bände geschrieben hatte — vervollkommnet seinen Stil und seine Technik unter dem Einfluß der Ortegaschen Gedankengänge. Pérez de Ayala bringt die Anwendung des „Perspektivismus" auf den Roman und auf die Novelle: die Welt ist ein dramatisches Zwiegespräch zwischen den Geschöpfen; es gibt keine Bilanzwahrheit, die als Ergebnis einer Dialektik von Gott zu Mensch errechnet werden könnte — die Wahrheit ist vielmehr in jedem gelebten Augenblick wirklich, und was lebt, kann darum auch gerettet werden. Die Metaphysik ist eine Vorschrift zur geistigen Hygiene, ein Werkzeug im Dienst der humanitären Idee, aber kein Selbstziel, wie es der protestantisch angehauchten Generation der Achtundneunziger zuweilen vorgeschwebt haben mag. „Das Ideal einer Sache" — sagt Ortega — „oder richtiger ausgedrückt, das, was eine Sache sein soll, erreicht man nicht einfach dadurch, daß man ihre reale Bildung unterdrückt, sondern im Gegenteil, durch deren Vervollkommnung. Jedes Urteil über ein Soll setzt also die demütige Betrachtung einer Realität voraus." 11 Die Hinwendung zum „objektiven Wert" ist die Grundtendenz dieses Systems. Ortega y Gasset nimmt damit in Spanien eine ähnliche Stellung ein, wie sie Benedetto Croce dem „barbarischen" Subjektivismus eines Papini und der Neuromantik d'annunzianischer Prägung gegenüber behauptet. „ C r o c e glaubt an keine allgemeinen Revolutionen, sondern an das langsame, begrenzte, aber beständig fortschreitende Werk. Was er vor allem fürchtet, das sind die Personen, die nicht an ihrem richtigen Platz stehen. Auch sentimental, klassizistisch durch seine Erziehung, ist er befähigt, das stille Heldentum zu schätzen . . . Hegel hatte dem Ideal eine sichere Grundlage gegeben, indem er es vom unerreichbaren Himmel des Absoluten herunterholte und auf die ewige und geheiligte Geschichte des Menschen übertrug. Auch C r o c e setzt das Ideal und die Pflicht — zwar nicht an denselben O r t , er verlegt es vielmehr in jeden einzelnen Augenblick des Lebens . . . " 1 2

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Wie Croce haßt auch Ortega y Gasset das Pfuschertum der dilettantischen Ideologen. „Das Übel in den Staaten — sagt Piaton — kommt daher, daß nicht jeder das Seinige tut. Und darauf kommt es doch gerade an: τα εαυτού πρδττειν; trefflich, daß ein Don Juan sein Herz an alle Weiblichkeiten der Welt verschwendet — was mir nicht ein will, ist, daß Don Juan auch über die Liebe spintisiert." 15

Das „Richtigtun" wird als das oberste Gebot aller Ethik hingestellt. Ein Weltbild, aus dem ein solches Postulat hervorwächst, kann natürlich kein dualistisches Weltbild mehr sein. Die Welt ist vollkommen gedacht und auf dem Ort eines jeden Geschöpfes auch wirklich vollendbar. „Die Wahrheit, die Realität, das Universum, das Leben — oder wie sonst ihr es nennen mögt — zerfällt in unzählige Facetten, deren jede ein Individuum zum Ziel hat. Wenn dieses seinem Gesichtspunkt treu geblieben ist und der ewigen Versuchung widerstanden hat, seine Netzhaut gegen eine andere, imaginäre, auszutauschen, wird es auch einen realen Ausblick des Weltalls haben."

Ortega y Gasset hat seinen philosophischen Perspektivismus zunächst auf die Psychologie angewandt. In einer geistvollen Studie, „Ästhetik in der Straßenbahn", stellt „der Betrachter" die Frage, ob unser ästhetisches Verhalten stets durch ein eingeprägtes Wunschbild bestimmt wird, an dem wir alle Gesichte der Wirklichkeit messen oder verbessern möchten. Ortega y Gasset verneint den Vulgärpiatonismus, der jeden Menschen mit einem auf ihn geschriebenen Typus begaben möchte. Wir suchen in den Zügen einer Frau nicht „unsern Typus" wiederzufinden, sondern den ihren, den sie gleichsam auf der Stirn trägt. „Ein jedes Ding bringt beim Geborenwerden sein unveräußerliches Ideal mit sich, und jeder Mensch trägt die Idee der eigenen Vollendung auf der Stirn." 14

Wie unser ästhetisches Urteil sein Objekt stets an seinen eigenen Zielen wertet, setzt auch der politische Instinkt einen Gegenstand der Entfaltung voraus. Die Gesellschaft besteht nur durch ihren Zweck. Es gibt daher keine völkische Tradition, an der man eine absolute Norm des politischen Verhaltens entwickeln könnte. Das Gemeinschaftsideal ist dynamisch zu begreifen und nicht statisch. Um einen neuen Typus des spanischen Menschen heranzuzüchten, muß man seine vitalen Möglichkeiten potenzieren und dem Traum einer romantischen Vergangenheit für alle Zeiten abschwören. Schon Joaquín Costa hatte gesagt, daß man „das Grab des Cid mit sieben Schlüsseln verschließen müsse". Die Nachfolger Costas fanden das

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prächtig, aber im Grunde waren doch gerade sie es gewesen, die den romantischen Stoff auf seine gefährlichste Formel getrieben und die geheiligten Bezirke der Tradition einem anarchischen Individualismus freigegeben hatten. Der neue Mensch muß — im Gedanken Ortegas — vor allem ein sachlicher Mensch sein. „Es gibt nur ein Mittel, um eine Reinigung und Wiedergeburt unseres ethnischen Wesens zu erzielen: den kategorischen Imperativ der Wahl. Er ist das ewige Werkzeug eines Willens, der scheidet und dann vorwärtsschreitet. Er ist der Meißel, den man anlegen muß, um das Bild eines neuen spanischen Typus herauszuschlagen."

IV. Es gibt in Spanien auch eine „integrale" Kunst, deren Ahnherr und heute einzig befugter Verwalter Ramón Gómez de la Serna heißt. Der jugendliche Verfasser einer Reihe von symbolistischen — in magische Totenkammern hineingezauberten — Dramen bemühte sich darum, die melancholischen Akkorde der lautersten Fin-de-siècle-Romantik ins Spiritistische und Metaphysische zu transponieren. Später, unter dem Einfluß des Italieners Marinetti, wandte sich Ramón einem extremen Impressionismus zu, der seinem unruhigen und sehr expansiven Temperament jedenfalls reichere Möglichkeiten bieten konnte. Die Dinge sollten nun nicht mehr isoliert ins Bild treten, sondern aus dem Gefängnis ihrer vernunftmäßigen und logischen Zusammenhänge befreit und derart gruppiert werden, daß ihre Einheit aus dem „unberührten Grund ihres eigenen Wesens flösse". Es galt, „ein Lächeln auszustreuen, den Dingen ihr Gesicht zu nehmen, den Star zu stechen, Ideen und Zusammenhänge auseinanderzuwickeln, die unbewegt waren, bald drohend wie Drachen, bald entschlußlos hindämmernd, aber die irgendwie doch einmal auseinanderfallen mußten" (Programmrede im Café Pombo).

Die nietzscheisch gefärbte Ideologie des jugendlichen Dramatikers verflüchtigte sich wie eine Wolke und machte dem breiten, jovialen Lachen des echten Humoristen Platz. Ramón Gómez hat übrigens seinen „kosmischen Seiltänzereien" eine höchst originelle Form gegeben: es ist dies die sogenannte „greguería" (zu deutsch: verworrener Schrei), ein Aphorismus mit einer explosiven Pointe, die aber, statt zu verwunden, Sterntaler ausstreut wie eine Rakete. Diese Greguerías besitzen — außer ihrer Unschädlichkeit

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— den großen Vorzug, elastisch zu sein. Am reizvollsten wirken die kleineren Aperçus und Geschichten („El circo", „El doctor inverosímil" u. a.); zuweilen wächst sich aber eine Greguería zur Novelle aus, oder sie fällt wie ein Regentropfen auf einen glühenden Stein: dann gibt es einen Roman ab („El chalet de las rosas", „La viuda, blanca y negra"), ein Roman mit einem gewollt romanhaften Sujet, das aber aus der üblichen Romanperspektive herausgehoben und durch die Kunst des Erzählers in unheimliche Lebensnähe gerückt wird. Dieser Trick öffnet der Wirklichkeit eine neue, unbekannte Dimension, die Dimension des Romans, und stellt zugleich einen vernünftigen Kompromiß mit dem Geschmack des stoffhungrigen spanischen Lesepublikums dar. Ramón Gómez de la Serna hat natürlich Schule gemacht. Unter der Schar seiner Nachahmer hat sich aber bis heute kein wirklich selbständiges Talent hervorgetan. Der „Ramonismus" ist mehr als der Beginn einer neuen literarischen Richtung das Werk eines glücklich veranlagten Temperamentes, in dem sich die angeborene Bonhomie des Madriders, die kastilische Energie des Ausdrucks, die ausschweifende Phantastik einer romantischen Seele mit der von Quevedo überkommenen barock-satirischen Wortgebung begegnen. Die Greguería, die hier als Beispiel dienen möge, ist in der Zeitschrift „La Pluma" (1923) erschienen: Greguería Gegen 9 Uhr schlug ich den gewohnten Heimweg ein. Zum Abendbrot. Die Tür sprang mit derselben Leichtigkeit auf wie alle Tage, und das Eßzimmer war schon hell erleuchtet. Die sieben Gedecke für die Meinen und mich warfen einen kalten und kahlen Glanz, einen Glanz, der etwas Verzweiflungsvolles hatte und meine Ungeduld noch erhöhte. Sonst waren sie nämlich zu dieser Stunde schon längst um die Tafel versammelt. Was mag ihnen passiert sein? — fragte ich mich. — Ist die Zeitung schon gekommen? — Gewiß! Hier! — sagte das Dienstmädchen und reichte mir das Blatt von einem Stuhl. Ich breitete es aus und bedeckte die blanken Teller damit wie meinen maßlosen Hunger. Zuerst stärkte ich mich mit einer Poesie, dann schlürfte ich den mageren Gehalt der Chronik aus, überflog die Auslandsnachrichten und den Sitzungsbericht des Kongresses, befleckte mich mit erstklassigem Schmieröl für Lastkraftwagen — so in einer Annonce angepriesen — und sank schließlich bis zur letzten Rubrik der Unfälle und Zusammenstöße herab. Immer, wenn ich bei dieser Rubrik lande, fürchte ich, eines Tages zu lesen, daß ich selbst überfahren worden bin. Ich schrie aber nicht etwa auf — denn das tut man nur im Drama oder in den Romanen — das Zeitungsblatt knirschte indessen unter meinen Fingern. Die fünf Angehörigen waren allesamt an fünf verschiedenen Orten von fünf verschiedenen Automobilen zur selben Stunde überfahren worden. Und alle fünf waren sie — schwer verletzt!

Anmerkungen

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Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Melchor Fernández Almagro, Vida y obra de Angel Ganivet. Valencia 1925. Cansinos-Assens, La nueva literatura. 1917. En torno al casticismo. 1897. Ebenda. El sentimiento trágico en la vida de los hombres y de los pueblos. E. Meredith, von Azorín zitiert. In Deutschland unter dem Titel des „Tugendhaften Glücksritters" bekannt und aufgeführt. Erasmo Buceta, Los intereses creados. Buceta, ebenda. Andrenio (Gómez de Baquero), El renacimiento de la novela española. 1924. España invertebrada. Peronzetti, La culture italienne. 1925. El espectador. 1916. Ebenda.

Bemerkungen über das neuere Theater der Spanier

I. Historischer Querschnitt Im Gegensatz zum höfischen Theater der Franzosen strebten die spanischen Dramatiker des sog. „goldenen" Zeitalters nach breitester Wirkung auf die Massen. Der große Lope de Vega hat in seiner kostbaren Dramaturgie eingestanden, daß er billigerweise dem Pöbel zu Gefallen schreibe, da dieser ihn ja bezahle. Sein künstlerisches Gewissen zwang ihn zu einer Unterscheidung. Die Werke, die Lope als Dichter verantworten zu können glaubte und die er seinen sorgloseren Produktionen als rühmliche Ausnahmen entgegenhielt, sind für unser Gefühl ungenießbar, pedantisch versifiziert und ausgesucht ledern. Anders die Komödien jenes Lope, der im Dienste des Volkes Theater machte. „Unser älteres Theater" — schreibt Unamuno — „ist eine kollektive Einrichtung, bei der das Publikum viel wichtiger ist als seine Autoren. Groß, ruhmreich und tief war bei uns immer das Drama, niemals aber der Dramatiker. Dessen einzige Arbeit bestand darin, aus dem quellenden Grund der lebendigen Traditionen zu schöpfen."

Die populäre und die nationale Tendenz, die sich in diesem Theater verschlangen, verkörperten Lope de Vega und Calderón de la Barca. Während Lope, der „Phönix", sein Volk in seinem innersten Gehalt, in seiner Geschichte dargestellt hat und sein Ehrgeiz dabei dem Universalen gilt[?], gibt Calderóns Werk dem Subjekt dieser Kollektivität Gestalt, die von ihm nicht mehr als Kosmos, sondern als Rasse begriffen wird. Ihm ist es darum zu tun, die unterschiedlichen Merkmale seines Volkes festzuhalten, er redet zu seinem Bewußtsein, und nicht zu seinem Gefühl. Calderón ist damit nationaler Dichter par excellence. Der Stoff der alten spanischen Komödie ist traditionell gebunden, aber diese Komödie ist in erster Linie Stoff. „All diese Stücke" — schreibt José Montesinos, einer der intelligentesten Kritiker der klassischen spanischen Literatur — „führen uns in die Nebelhöhen eines schönen Traums. Das

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A b e n t e u e r verneint die R e a l i t ä t des A l l t a g s , w i e d a s Wunder die physische R e a l i t ä t a u f h e b t . F ü r diese Helden gibt es keine andere Welt als die ihrer Sehnsucht, und ihr ergeben sie sich in blindem T a u m e l und mit brutaler F o l g e r i c h t i g k e i t . "

Die spanischen Dramatiker haben es niemals vermocht, das chaotische Stofferlebnis gebührend zu distanzieren; ihr Schaffen gehorchte den willkürlichen Gesetzen der Fabel, und dieser Grundmangel an Gehalt erklärt zu gleicher Zeit den eigentümlichen Reiz, den das Theater Lopes und Calderóns noch heute gewährt. Es ist der flüchtige Pulsschlag des Lebens, der durch die überstürzte Handlung dieser Stücke wirbelt. Der Engländer Meredith beschreibt diesen Eindruck treffend: „ E i n spanisches Schauspiel k ö n n t e durch einen B a l l e t t k ö r p e r dargestellt w e r d e n , und die E r i n n e r u n g , die m a n von der L e k t ü r e behält, k ö n n t e m a n dem verhallenden G e s t a m p f e zahlreicher Füße v e r g l e i c h e n . "

Auch Azorin, der lichtvolle spanische Ästhetiker, stellt fest, daß die ältere Komödie immer vom Z u f a l l , das heißt vom Ereignis des Stoffes, und nicht von der Schicksalhaftigkeit der Personen beherrscht war. Ähnlich urteilt Ortega y Gasset: das spanische Theater habe niemals Personen hervorgebracht, während auf französischen Bühnen von allem A n f a n g an seelisches Ereignis lebendig geworden sei. D e m Hoftheater der Franzosen und Deutschen steht das spanische Volkstheater gegenüber. Der exklusivere Charakter jener „klassischen" Bühnenkunst erklärt sich nicht allein aus der gesellschaftlichen Schichtung eines Publikums, das im Bourbonischen Frankreich den subtilen Demonstrationen der Racineschen Psychologie applaudierte, in Spanien aber mit unbedingter Souveränität „seine" Autoren zu sich herabzog und aus der D o m ä n e der phantastisch-legendären Tradition niemals entließ. M a n wird freilich dabei k a u m behaupten können, daß die Tempeltragödien der R a cine und Corneille die Schöpfungen eines L o p e de Vega, Alarcón oder M o reto [?] an Tiefe der Beobachtung und an Stärke des Lebensgefühls übertreffen. D a s klassizierende Theater der Franzosen zeigt den Genius dieses Volkes auf einer Höhe, auf der er den Blick von sich selbst abwenden konnte, nachdem die Mittel bereitet waren, um den Geist der Rasse an einer freien, durch die bedrohliche Lebensnähe des Stoffes nicht mehr gefährdeten Betrachtung zu erproben. Das spanische Theater des siebzehnten Jahrhunderts hat diese Stufe der freien Reflexion nicht erreicht, und es steht ihr heute nicht weniger ferne als damals. Um die Wende des vorigen Jahrhunderts versuchte Leandro Moratín, die zu jener Zeit arg verwilderte spanische Bühne zu reformieren und die

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Bemerkungen über das neuere Theater der Spanier

Charakterkomödie Molières auf ihr heimisch zu machen. Seine „ C o m e d i a nueva" (bekannter unter dem Titel „El café") sollte diesen etwas puritanischen Reformbestrebungen auf der Bühne Gehör verschaffen. D a s Werkchen, das sich durch einen Urbanen, wenn schon ein wenig nüchternen Dialog auszeichnet, wurde der Stammvater einer ganzen Gattung spanischer Prosalustspiele: der sentimentalen Madrider Kaffeehauskomödie. Jacinto Benavente hat in seiner „ L a losa de los sueños" („Das Grab der Träume"), einem Schauspiel, in dem die Schwermut des spanischen Lebens unvergleichlich kontrapunktiert ist, auf dieses Genre zurückgegriffen. Die Romantik, die mit des Herzogs von Rivas' „ D o n Alvaro" siegreich in Spanien einzog, gab dem traditionellen Trochäendrama einen neuen Vorwand, und bis zum Erscheinen Echegarays dominierte, von einigen verspäteten Nachahmern Racines und Alfieris abgesehen, die alte Schule mit den alten romanzenhaften Stoffen und der Regellosigkeit als Regel. Unter den Dramatikern jener Epoche hat es freilich nicht an bedeutenderen Talenten gefehlt. Gleich der „Don Alvaro", der spanische „Ernani", läßt das französische Vorbild durch die Stärke der dramatischen Empfindung und die größere Lebendigkeit der Charakteristik weit hinter sich. In J o s é Zorrilla feierte die spanische Romantik ihren größten Dichter. Sein bekanntestes Werk, der „ D o n J u a n Tenorio", der alljährlich am Allerseelentag über sämtliche spanischen Bühnen geht, hat seine späteren, ungleich wertvolleren Schöpfungen in den Schatten gestellt, was Zorrilla um so mehr beklagte, als er aus der beispiellosen Popularität seines in wenigen Stunden hingeworfenen und zu einem Schleuderpreis vergebenen Jugendwerkes keinerlei materiellen Nutzen ziehen konnte. Als Zorrilla 1893 zu Grabe getragen wurde, hatte der Mann die Feuerprobe schon bestanden, der ein Jahrzehnt lang die spanische Bühne beherrschen sollte und an dessen Namen die Geburt des modernen spanischen D r a m a s knüpft: J o s é Echegaray. In Deutschland sah man in dem Autor von „Wahnsinn oder Heiligkeit", „Der große Galeotto", „ K a m p f zwischen zwei Pflichten" u. a. einen spanischen Ibsen und Vorkämpfer im naturalistischen Lager. Ohne Frage hat Echegaray zuerst Personen im bürgerlichen Gewand der Gegenwart mit ebensolchen Problemen auf eine spanische Bühne gestellt. Clarín, der angesehenste spanische Kritiker jener Zeit, der in seiner Jugend die „ M a d a m e B o v a r y " zu überbieten gesucht hatte und dann später durch das Studium der deutschen Philosophie auf andere Bahnen gekommen war, begrüßte das Erscheinen Echegarays, aber er nannte ihn einen „großen Fortsetzer der Rivas und Hartzenbusch". Über den meisten Stücken Echegarays schwebt ein unentrinnbares Fatum, das in kraß aufgetragenen Symbolfarben zum Zuschauer sprechen

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soll. Dieses Fatum ist nun nichts anderes als die Gesellschaft selbst, der geometrische O r t aller Echegarayscher Tragik. Tatsächlich wird man dabei an zahlreiche Werke des Norwegers erinnert, die auf einer ähnlichen Konfliktstellung beruhen. „Kampf zwischen zwei Pflichten" zum Beispiel wirft die Frage auf, die Ibsen in den „Stützen der Gesellschaft" zu beantworten gesucht hat: Kann unrechtmäßig erworbener Reichtum durch ein einwandfreies Leben rechtmäßig werden, oder besteht eine absolute Pflicht zur Wahrheit, selbst über das G r a b fremden Glückes und über alle gesellschaftlichen Bindungen hinweg? Ibsen findet hier eine freimütige Lösung, indem seine Menschen die Gesellschaft letzten Endes bejahen und seine Gesellschaft somit menschlich werden kann. Für Echegaray ist die Gesellschaft ein überwältigendes Verhängnis, das seine Geschöpfe belastet und sie weder Zeit noch Atem finden läßt, um über ihr Geschick nachzudenken, geschweige denn, dagegen zu rebellieren. Diese individuelle Passivität geht im „Gran Galeotto" so weit, daß eine große Verleumdung genügt, einen nicht einmal in Gedanken begangenen Ehebruch wirklich werden zu lassen. In „Wahnsinn oder Heiligkeit" haben wir den Wahrheitsfreund Lorenzo, der für das feierliche Bekenntnis seiner illegitimen Geburt ausgerechnet den Zeitpunkt aussuchen zu müssen glaubt, an dem der Sohn einer Herzogin seine Tochter heimführen will. Die Gesellschaft kennt für solches Verhalten nur eine Maßregel: die Zwangsjacke, und Lorenzo steht diesem Urteilsspruch so ohnmächtig gegenüber, d a ß er ihn nicht nur selbst nachlallt, sondern wirklich wahnsinnig wird. — Unter dem beständigen Hochdruck dieses Theaterfatums gab es natürlich keine innere Handlung; Echegaray hat sich niemals damit abgegeben, Menschen zu schildern oder seelische Ereignisse nachzuzeichnen. „Er erreicht" — wie Angel Ganivet richtig bemerkt — „die höchste Wirkung, weil er die Situation plastisch erfaßt, aber nicht, weil er Typen geschaffen hat. Seine Figuren sind nur eine Staffage für das Bild der Szene." 1898, als Echegaray auf der H ö h e seines Schaffens stand, hatte die Geburtsstunde eines neuen Spaniens geschlagen. Das Versprechen, das die Führer der Wiedergeburtsbewegung („regeneración") damals programmatisch gegeben hatten, ist heute in Erfüllung gegangen. Spanien besitzt eine „Moderne" und eine geistige Aktivität in seiner Literatur, um die es manche Völker beneiden müssen. Das spanische Theater hat aber diesen Schritt in die neue Zeit nicht mitgemacht, sondern lebt sein eigenes Leben weiter, oder: zu Ende. Kann man Echegarays pseudonaturalistisches Theater überhaupt im Ernst den Bestrebungen jener neuen Generation an die Seite stellen? Nach Geist und Temperament wird Echegaray immer der kleinere Bru-

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Bemerkungen über das neuere Theater der Spanier

der der Guillen de Castro, Francisco Rojas, Rivas und Zorrilla sein. Treffend hat man von ihm gesagt, daß er „nur laufen, fliegen oder — fallen kann, aber niemals: gehen"! Er hat dem traditionellen Ausdruck des spanischen Theaters seinen letzten, im Grunde noch heute gültigen Stil gegeben. Echegaray zerstörte den bemalten Hintergrund einer märchenhaften Geschichte, deren Glorie die politische Schmach der Gegenwart auszulöschen drohte; auf den Trümmern des romantischen Bühnenbildes errichtete er die vier Wände eines bürgerlichen Zimmers, aber durch alle Ecken und Ritzen ließ er den leidenschaftlichen Sturmwind einer besseren Zeit hereinpfeifen, zum Teil sogar in geflügelten Trochäen. Bei der Zimmermannsarbeit mußten ihm Dumas, Augier und Sardou Pate stehen; ihr „savoir faire" hat er sich niemals völlig zu eigen gemacht, obwohl er alle drei Franzosen dichterisch und dramatisch turmhoch überragte. Beide Elemente, die theatralische Mache aus Frankreich und die stoffliche Intensität als Erbgut, bildeten fortan den eisernen Bestand der spanischen Bühnenkunst. Der Stoff war gleichsam seiner Geographie beraubt, und der Adler im Käfig eingefangen. Der Gefangene aber paßt sich seinen neuen Lebensbedingungen alsbald an und schafft sich eine topographische Illusion, nach der er seine beschnittenen Flügel regen kann. Winzige Details und alltägliche Situationen gewinnen einen mystischen Sinn und eine gesteigerte dramatische Bedeutung. Das Publikum nahm diese Beschränkung hin, unter der Bedingung, daß sein Herrenrecht auch fortan gewahrt bliebe. Das moderne spanische Theater ist ein engbegrenztes Repertoire von großen Theaterleidenschaften, die in einen bürgerlichen Lebenskreis hineingedichtet werden können. 1. Das Eifersuchts- und Ehebruchsdrama. — Für das spanische Gefühl verlangt ein vollzogener Ehebruch das bewaffnete Auftreten des beleidigten Gatten, nicht etwa, um, wie bei Calderón, den Makel von seiner Ehre (pundonor) zu tilgen, sondern um seine männliche Würde (dignidad) reinzuwaschen. Dieser intransigente spanische Ehemann ist weder eine passionierte Theaterfigurine italienischer Provenienz wie etwa Othello, noch aber der Heiland einer Bühnenmoral oder der „Wiederhersteller der sittlichen Gerechtigkeit", sondern ein waschechtes Produkt der fetischartigen Idolatrie männlicher Wesensart, die allen unbefangenen Beobachtern spanischer Sitten in die Augen springen muß. Manuel Linares Rivas, der in jeder Hinsicht der Nachfolger Echegarays geworden ist — wenn schon seine gepflegteren Hände etwas kultiviertere Arbeit leisten, als man dies von dem grobschlächtigen und immer etwas parvenühaften Basken behaupten konnte — Linares Rivas hat kürzlich ein Stück herausgebracht, das in Madrid gefallen hat, dessen These aber — scheint es — in der Provinz ausgepfiffen wurde.

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„Cuando empieza la vida . . . " („Wenn das Leben beginnt . . . " ) bricht eine Lanze für die individuelle Freiheit der Frau, d. h. für ihr Recht auf ihre eigene Geschichte. Um diese in Spanien gewagte These aufrecht zu erhalten, greift der Verfasser zu den gewaltsamsten Mitteln: Valerias Gatte hält die geladene Pistole so lange in der Hand, bis er sich von der Unschuld seines Nebenbuhlers überzeugen muß, aber als er erfährt, daß dessen Verhältnis zu seiner Frau einer früheren Periode vor ihrer Heirat angehörte, will er Valeria kurzerhand auf die Straße befördern. Die Madrider Pressekritik hat einstimmig hervorgehoben, daß durch ein bloßes Geständnis Valerias zu Anfang des Stückes die ganze Komödie überflüssig geworden wäre. Dieser Zug spricht eher für den dramatischen Instinkt und für die sichere feministische Psychologie des Verfassers: Valeria wollte ihrem Glück durch keinerlei erzwungenes Bekenntnis untreu werden, die Linie der Handlung aber ist bis zu ihrem Entstehungspunkt aufgerissen. Pirandello hat uns diese Aufrichtigkeit der Komödienschreiber lieben gelehrt. Man begreift leicht, daß der konservative Deputierte, der als Dramatiker die verwegensten Thesen auf eine gefällige Form zu bringen wußte, ein Lieblingsautor der Madrider Bourgeoisie ist. Man weiß, daß Don Manuel eifrig die Messe besucht, aber noch bekannter ist, daß er in einem 1914 unter großem Skandal uraufgeführten Drama „La garra" („Die Kralle") für die Ehescheidung plädierte. 2. Das soziale und politische Drama. — Der Widerstreit der politischen Meinungen ist kein Thema, das in der Seele des spanischen Volkes einen tieferen Widerhall finden könnte. Das Problem des Sozialismus ist in Spanien weder psychologisch noch wirtschaftlich latent. Die Grundhaltung selbst der niedersten Klassen dieses Volkes ist durchaus als aristokratisch zu bezeichnen

(man trifft in Spanien keine Gesamtbildung,

aber viel

menschliche Kultur). Es wäre immerhin denkbar, daß im gegebenen historischen Augenblick das spanische Volk sich einmal als Nation, aber niemals als Masse fühlen könnte. Joaquín Dicenta, einer der fruchtbarsten Vertreter der Echegaray-Schule, wollte mit seinem „Juan J o s é " Zola und Hauptmann übertrumpfen; die Handlung dieses Schauspiels artet aber bald in eine Verbrecherromantik aus, die durch keinerlei dichterische Vorzüge oder dialogliche Qualitäten versüßt wird. Bekannter wurde, auch jenseits der Pyrenäen, Pérez Galdós' „Elektra", ein antiklerikales Tendenzstück, das aber ohne tiefere Wirkung auf die dramatische Produktion des spanischen Theaters blieb, zumal der Gegensatz zwischen Antiklerikalen und Wohlgesinnten in Spanien zum Glücke längst zu Grabe getragen worden ist.

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3. „Haute comedie". — Diese Genre erfreut sich der besonderen Gunst des Publikums. Die Stücke, die der Spanier als „alta comedia" bezeichnet, führen in die Paläste der Aristokratie, und der gedämpftere Ton des Milieus gestattet dem Autor, seine psychologischen Waffen zu schleifen und das Florett seiner Dialogkunst zu erproben. Jacinto Benavente kultiviert diese Komödie des hochgestimmten Dialogs, dem er fast musikalische Wirkungen abzugewinnen weiß, mit besonderer Vorliebe, seit er es müde wurde, seinen persönlichen Stil in Stoffe mit stärkerer Symbolkraft zu kleiden. 4. Das poetische Theater wird durch Eduardo Marquina vertreten, der seine Stoffe teils der mittelalterlichen Geschichte entnimmt („In Flandern ist die Sonne untergangen"), zum Teil aber reine Märchenmotive in vollendeter Versifizierung auf die Bühne bringt („El pavo real" — „Der Pfau"). Der Gehalt des Marquinaschen Theaters ist ein wesentlich lyrischer, und es ist bezeichnend, daß auch das reine Versdrama ohne jede dramatische Komponente in Spanien immer ein Publikum findet. 5. Saínete, Entremés und Zarzuela. — Das Entremés ist das alte Zwischenspiel, das wir schon von Cervantes her kennen. Die Handlung tritt hier völlig zurück und beschränkt sich auf die einfachsten Motive, die keiner umständlichen Entwicklung bedürfen, aber mit einem Sprühregen schlagfertiger Witze und graziöser Situationen geladen sind. Das Saínete ist ein abendfüllendes Zwischenspiel; die Handlung ermangelt auch hier aller dramatischen Akzente und dient der gefälligen Charakteristik populärer Typen. Die Zarzuela endlich ist nichts anderes als ein „Saínete" mit volkstümlichen Gesangseinlagen: ein Singspiel. Saínete und Zarzuela wurden von R a m ó n de la Cruz (1731 — 1794) aufgebracht, der die französisierende Gesellschaft seiner Zeit in einem satirischen Spiegel zeigte. Die gefeiertsten Vertreter dieser in der Gunst des Volkes noch immer hochstehenden Gattung sind die Andalusier Serafín und Joaquín Alvarez Quintero und der Madrider Carlos Arniches.

II. Darstellungsstil Der größte und typischste spanische Schauspieler der Gegenwart ist ohne Frage Ricardo Calvo. Solange das von der Stadt Madrid subventionierte „Teatro Español" seiner Direktion unterstand, glänzte dieser gefeierte Darsteller allabendlich in den verschiedensten Rollen. Calvo ist Charakterspie-

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1er, Held und Liebhaber; er spielt mit gleicher Vorliebe Calderón, Tirso de Molina, Echegaray wie Benavente oder Marquina. Dabei besitzt er Verwandlungsfähigkeit nur in geringstem Maße, und die Kunst einer lebendigen Charakterisierung wird ihm von allen unbefangenen Zuschauern abgestritten. Man kann aber nicht sagen, daß Ricardo Calvo sich selbst darstelle. Seine Erscheinung und sein Organ lassen die bravouröse Note vermissen, die ihm eine leichte Eroberung des Publikums hätte sichern können. Calvo ist viel weniger Darsteller als Deklamator. Seine Deklamation ist aber nicht Sprechkunst, sondern eine dialektische Verlebendigung des sprachlichen Leibes der Dichtung. Man möchte sagen, daß Ricardo Calvo nicht die Verse, sondern die Syntaktik seiner Rollen vorträgt. Er macht aus jedem Drama, in dem er auftritt, einen einzigen Monolog mit Stichworten und zeigt die dramatische Vision im inneren Prisma auf: am Bild der Sprache. Ricardo Calvo ist natürlich der prädestinierte Calderón-Darsteller. Noch merkwürdiger vielleicht als die bedeutende Kunst dieses Mannes ist die bedingungslose Gefolgschaft, die ihm das Publikum niemals versagte. Dieselben Zuschauer, die jeden Versuch zu einem „neuzeitlichen, europäischen" Theater mit lautem Widerspruch zum Scheitern brachten, haben der sensiblen Wortkunst eines Calvo Triumphe bereitet. Im Gegensatz zu Calvo verfügt Enrique Borras über gewaltige stimmliche und darstellerische Mittel; sein großes Vorbild ist Zacconi, doch wirkt sein Realismus beseelter und nuancierter als die vielbewunderte Routine des Italieners. Wenn Ricardo Calvos Kunst letzten Endes rednerisch ist, so hat man in Borras den eigentlichen Rollenschauspieler zu erkennen. Die aufgeregte Mimik Calvos scheint das Spiel der Satzzeichen und Interjektionen zu verlebendigen — die gemessenen Gesten des Borras umschreiben immer ein plastisches Erlebnis. Seine Glanzrolle ist die Titelpartie von Pérez Galdós' „El abuelo" („Der Großvater"), einer spanischen Lear-Tragödie, in der der Wechsel und die tiefere Verbindung der Generationen geschildert ist. Enrique Borras unterscheidet sich auch darin von Calvo, daß er das Ensemble nicht einfach erschlägt wie dieser, sondern „seinen" Monolog lebendig gliedert und den Mitspielern den Stempel seiner Auffassung aufdrückt. Er hat auch als Regisseur beachtenswerte Leistungen hervorgebracht. Die Bühnendekorationen beschränken sich bei den meisten Aufführungen, selbst größerer Theater, auf das notwendigste Mindestmaß. Der Zauber der Illusion besteht für den spanischen Zuschauer nicht, der im Theater kein neues Stofferlebnis zu suchen braucht. Die wertvollen Nachrichten, die uns Cervantes und andere Prosaisten des 17. Jahrhunderts hinterlassen

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haben, beweisen, daß schon damals das Aufgebot an szenischen Hilfsmitteln denkbar gering war und selbst im Elisabethanischen England größer sein mochte als in Spanien. Während andererseits die Annalen des Schauspiels von mehr als einer Komödie berichten, daß sie ihrer Versifizierung wegen vor den verwöhnten Ohren des Volkes keine Gnade fand und erbarmungslos niedergezischt wurde. Die Kulissenoper und das Spektakeldrama, das sich später auf den Bühnen des vierten Philipp breitmacht, zeigt das spanische Theater in seinem vollen Niedergang; der Genius des Volkes, der die Komödien des Lope de Vega beseelt hatte, nahm an diesen posthumen Versuchen einer spanischen Hofbühne keinen Teil. Die Armut der szenischen Hilfsmittel braucht keineswegs ernüchternd zu wirken, solange eine Aufführung von der überlegenen Sprechkunst eines Darstellers oder der dem Spanier angeborenen Behendigkeit in der Dialogführung getragen wird. Peinlich fällt die Desorientierung dieser Ausstattungskunst erst ins Auge, wenn eine Bühne eine literarische Idee, die sie von ferne läuten hörte, — zumeist mit unzureichenden Mitteln — in die Praxis des Bühnenbildes umzusetzen sucht. Im vorigen Herbst mußte ich im „Teatro del Centro" die symbolistische Darstellung eines Versdramas von Valle-Inclán bewundern. Als Hintergrund hatte der Regisseur — der in Spanien auf dem Zettel niemals genannt wird — eine halb kubistische, halb futuristische Malerei in flammenden Farben anfertigen lassen. Die Szene aber, auf der die Schauspieler deklamierten, war mit einem dunkelgrünen Rasen gepolstert, mit Papierblumen übersät und mit einem romantisch verwitterten Granitblock bekrönt, der offenbar ein gefälliges Pendant zum Souffleurkasten bilden sollte. In Barcelona sah man in einem der vornehmeren Theater ein katalonisches Ballett vor einem Vorhang tanzen, der einen Tausendpesetenschein in Riesenformat (!) darstellte. Diese Beispiele ließen sich verhundertfachen. Unter den zahlreichen Sprechbühnen der Hauptstadt zeichnen sich „Princesa" und „ E s l a v a " durch einen gepflegteren Aufführungsstil aus. Besonders das Eslavatheater bringt unter der Leitung und persönlichen Regie des Dramatikers Martínez Sierra Vorstellungen heraus, die für nicht allzu hochgeschraubte Ansprüche durchaus annehmbar sind. Martínez Sierra hat eine Reihe beachtenswerter, psychologisch nicht unzarter Familientragödien verfaßt, deren Hauptrollen gewöhnlich der Catalina Barcena, Spaniens erster Schauspielerin, auf den Leib geschrieben sind. Als Bühnendekorateur steht ihm ein Deutscher, Burrmann, zur Seite. Seine Malerei hält stets das Niveau, ohne eine übertriebene Originalitätssucht zu verraten.

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III. Versuche zu einem literarischen Theater 1. Pérez Galdós. — Am Ende der neunziger Jahre, als Echegaray und seine Schule auf allen Bühnen der spanisch sprechenden Welt triumphierte, wandte sich Benito Pérez Galdós, dessen Ruhm als Romanschriftsteller seit 1877, dem Erscheinungsjahr der „Gloria", festgegründet stand, mit einem Male dem Theater zu. Er hielt, wie jeder denkende Spanier, das Theater seiner Zeit für reformbedürftig und setzte die Aufführung einer Reihe von Schauspielen durch, die in fühlbarem Gegensatz zu den Tendenzen des allmächtigen Bühnenbeherrschers Echegaray verfaßt waren. Pérez Galdós war zu sehr Dichter und stand als solcher zu hoch in der Achtung seiner Nation, als daß man dem Außenseiter (der er in den Augen der zeitgenössischen Kritik war) die Bretter hätte verschließen können. Seine wertvollsten dramatischen Schöpfungen haben sich bis auf den heutigen Tag auf dem Repertoire der meisten spanischen Bühnen gehalten (so „El abuelo", „Doña Perfecta", „Sor Simona" u. a.), aber eine tiefere Wirkung auf die Entwicklung des zeitgenössischen Theaters blieb ihm versagt. Schuld daran war weniger die angeblich „romanhafte Machart" seiner Stücke als seine literarische Ambition, die er auch auf der Bühne niemals verleugnen konnte. Wir rühren damit von neuem an das Grundübel des spanischen Theaters, das von seinen Autoren bedingungslose Unterwerfung verlangt oder ihnen die Möglichkeit einer dauernden Wirkung abschneidet. Wenn also Clarín die sogenannte „Galdóssche Reform" als „Ausflüge eines Romanciers" von der Hand zu weisen glaubte, so wird man diesem Urteil nur eine bedingte Gültigkeit ad casum, d. h. für die Wirklichkeit der heutigen Bühnenverhältnisse Spaniens, zusprechen können. Schärfer erfaßte Ganivet das Wesen des Galdósschen Dramas: „Im Gegensatz zu Echegaray sieht Galdós seine Gestalten durchaus plastisch, während die Situation in seinen Stücken nicht anschaulich, sondern durch ein rein logisches Verfahren zu entstehen scheint."

Die Hervorkehrung der Gestalt ist aber tatsächlich ein eminent dramatisches Element, das auf der spanischen Bühne eine völlige Neuheit darstellte und nichts Geringeres als den Vorstoß zu einem wirklichen Drama bedeutete. Selbst diejenigen Schauspiele Pérez Galdós', die wie „Elektra" und „Celia in der Unterwelt" eine markante soziale oder politische Tendenz enthalten, sind mit einer architektonischen Strenge und einer Plastizität gehalten, die den dramatischen Ursprung der dichterischen Vision deutlich verrät. „Seine Geschöpfe sind Seelen von Stein, auf groteske Art gemeißelt

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und umrissen in jenem blinden Wahrheitsdrang, mit dem die barbarischen Zeitalter ihre Kathedralen aufführten" (Ramón Pérez de Ayala). Die Mehrzahl dieser Schauspiele behandelt Probleme sozialer oder „zivilisatorischer" Natur, wie sie in Spanien mit dem Einzug des Kapitalismus zu Anfang des Jahrhunderts brennend wurden; einmal aber fand Galdós einen bedeutenderen Stoff, als er nämlich die Geschichte der italienischen Gräfin Barbara dramatisierte. Das Stück, das die Einheit von Kunst, Konvention und Opfer in einer genialen Vision vor uns entstehen läßt, ist eine Apotheose des italienischen Geistes und beleuchtet die Tragik des ewigspanischen Mittelalters im Spiegel der lebensnäheren Gesinnung des italienischen Brudervolkes. 2. Jacinto Benavente. — Ramón Pérez de Ayala, der geistvolle Romancier, wird in seinen dramaturgischen Studien der Größe Galdós' gerecht, dessen Kunst er im Gegensatz zu Benaventes „letztlich unfruchtbarer, stockkonservativer" Gesinnung „evangelisch" nennt. Bei einer anderen Gelegenheit stellte Ayala mit einer nur zu deutlichen Anspielung auf persönliche Dinge die Behauptung auf, Benavente sehe in seinen Werken niemals auf die Person, sondern immer nur auf das Geschlecht. Sieht man von der persönlichen Schärfe ab, die — für jeden Bewohner Madrids leicht erkennbar — in diesem Ausspruch liegt, so kann man die fast hellsichtige Sicherheit dieses Kritikers nur bewundern. Für Jacinto Benavente ist die Welt „ein uralter Wald voller hundertjähriger Bäume, mit undenkbar tiefen Wurzeln, die ihre Zweige wie Flügel regen und vergeblich Luft, Licht und Freiheit ersehnen" („Prinzessin Bebé"). Oder, wie Impero in „Hexensabbat" sagt: „Um etwas zu erreichen, muß man die Wirklichkeit zerstören und sich als einziger Richtschnur zu einer wahrhaftigeren Welt seinem Traum überlassen, in dem die Seele ihren Hexensabbat erreicht. Die einen nehmen dann ihren Flug zum Bösen, um sich als Nebelgeister zu verlieren, die andern folgen ihrer Bestimmung zum Guten und leben als Geister des Lichtes und der Liebe f o r t . "

Die Seele ist ein ungeschiedenes Chaos, das vor dem Prozeß der Individualisierung liegt und an diesem keinen Teil hat. Die Äußerungen des Lebens, das doch auf dieses individuelle Prinzip gestellt ist, sind also eine reine Maskerade, grotesk und kaum tragisch, aber in seltenen Augenblicken mit jener anonymen Weltseele verbunden. Alle Geschöpfe Benaventes kulminieren daher im Erlebnis einer tumultuarischen, aufwühlenden, zerstörerischen Liebe, in der sich das Weltgeschick in ihnen erfüllt. Die Figur ist bei Benavente niemals distanziert, seine Methode ist es im Gegenteil, ihr mit dem Ausbruch der Leidenschaft die Verhüllung des Charakters zu entreißen; das Gesetz des Individuellen scheint an die Schwelle des Benaventeschen Thea-

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ters überhaupt nicht gelangt zu sein. Der sichere Instinkt des intellektuellen Literaten Ayala hat seinen Partner erkannt. Benavente steht mit beiden Füßen in diesem populären, man möchte sagen „heidnischen" Theater, das noch diesseits des christlichen Erlebnisses der Seele steht und allen aktivistisch und fortschrittlich eingestellten Personen ein Greuel sein muß. Das dramatische Werk Jacinto Benaventes ist die sublimste Ausstrahlung dieses Volkstheaters, denn es bietet sich nicht nur mit allen Raffinements einer diskret gehandhabten Technik dar, sondern besitzt zudem die Attraktion einer geistigen Aufmachung, an deren Echtheit kein Zweifel erlaubt ist: mit Benavente ist das spanische Volkstheater zu seinem eigenen Bewußtsein gelangt. Sein Meisterwerk ist eine Komödie im Figurinengewand der alten „commedia del arte", aber mit dem abenteuerlichen Stoff des spanischen Schelmenromans. „Los intereses creados" (wörtlich: „Die geschaffenen Interessen") wurde kurz nach Kriegsende von Hermine Körner im Münchener Schauspielhaus unter dem weniger glücklichen Titel des „Tugendhaften Glücksritters" herausgebracht. Die deutsche Aufführung konnte allerdings von dem geflügelten Witz und dem tieferen Sinn des Lustspiels keine rechte Vorstellung geben. Die Handlung läßt sich dahin zusammenfassen, daß zwei Landstreicher, von denen der eine strahlende Jugend und der andere die erfahrene Gerissenheit des Gauners verkörpert, nach einer großen, unbekannten Stadt kommen, dort als große Herren auftreten und durch die Schulden, die sie überall machen, ihre besonderen Absichten mit dem Interesse der Allgemeinheit zu verquicken wissen, so daß der reiche Großkapitalist „Polichinela" unter dem Druck der ganzen Stadt seine Einwilligung zur Heirat seiner Tochter Silvia mit Leandro, dem Gauner und plötzlichen Liebhaber, gewähren muß. Sehr merkwürdig ist der Augenblick, in dem Leandro, dessen Liebhaberrolle eine Berechnung seines Genossen Crispin gewesen war, Silvia wirklich und aufrichtig zu lieben beginnt. Er will zunächst gegen Crispin rebellieren und begreift erst durch den glücklichen Ausgang des Abenteuers, daß Interesse und Liebe nicht nur vereinbare Dinge sind, sondern einander aprioristisch bedingen. Crispin ist eine Apotheose des alten Komödien-„gracioso", der Demiurg, der sich an fremdem Glück genügen läßt, ein Weiser, der erkannt hat, daß das Leben und die Form beliebig ist und beliebig angenommen werden kann, und der sich damit schmeichelt, dem Abbild dieses blinden, aber leidenschaftlichen Lebens in Gestalt eines unwissenden Jünglings Begleiter sein zu dürfen. „Der feurige Drache" („El dragón de fuego") verzaubert die spanische Seele in ein asiatisches Reich, das von einer „Silandia" getauften Kolonial-

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macht bezwungen wird. Auch hier erscheint die Seele als passive Grundmacht, die sich auf Knien dem Sieger darbietet, aber doch die H o f f n u n g auf ein neues Leben niemals verliert. Großen Erfolg hatte Benavente mit seinem Bauerndrama „La malquerida" („Die sündig Geliebte") erzielt. Unter den zahlreichen Gesellschaftsdramen des Dichters nennen wir „El collar de estrellas" („Das Sternenband"), „Alma triunfante", „El nido ajeno" („Das fremde Nest"), „Lo cursi" („Kitsch") usw. Eine eigene Gattung schuf Benavente mit einer Reihe von tragikomischen Schauspielen, die von einer seltsamen Fauna verbannter Prinzen, aristokratischer Hochstapler und exzentrischer Kokotten bevölkert sind („La princesa Bebé", „La noche del sábado" u. a.). Es ist dieselbe Welt, die in Deutschland Wedekind aufgetan hat: halb Zirkus, halb Operette. Ein fantastischer Kaiserhof, der hinter der majestätischen Schwere seiner Mauern ein Arsenal galanter Skandalgeschichten verbirgt, die flüchtige Scheinwelt eines Kabaretts, die der Beleuchtung des Tages nicht standhält, „klingende Namen aus einem fabelhaften Gothaischen Almanach und zweideutige Gestalten aus jenem andern Almanach des Verbrechens, die sich im Dreivierteltakt eines reißenden Walzers vermischen". Wo aber Wedekind den pedantischen Taktstock des Moralisten schwang, nimmt Benavente die spontane Äußerung des anonymen Lebens als lyrisches Erlebnis hin, das seinem Dialog die vielbewunderte, unterirdische Resonanz verleiht. „Aus seiner taumelnden Welt" — sagt Pérez de Ayala weiter — „kann eine geistige Erschütterung niemals entstehen, wohl aber ein Trugbild dieses Gefühls, das unsere Sinne in Beschlag nimmt und sich auf die Seele legt, eine Verwirrung, die zwar ungesund, aber darum nicht weniger ergötzlich ist."

3. R a m ó n del Valle-Inclán. — Das lyrische und groteske Theater ValleIncláns ist nicht mit den Gedanken an eine A u f f ü h r u n g geschrieben worden; dennoch hat die eine oder andere Bühne das Experiment einer solchen gewagt. Ein Publikumserfolg mußte diesen Vorstellungen von vorneherein versagt bleiben, zumal kein spanisches Ensemble den intensiven Darstellungsstil besitzt, den Valle-Incláns Komödien verlangen würden. Es sind das eigentlich eher dramatisierte Novellen, eine Gattung, die ja seit der „Celestina" in Spanien Heimatrecht besitzt. Valle-Inclán ist in erster Linie Stilist und als solcher fraglos von D'Annunzio beeinflußt worden, ohne jemals in die rhetorische Leere zu verfallen, die Gabriele D'Annunzio zuweilen ungenießbar macht. Sein Vokabular enthält eine Fülle von Wortprägungen mit romanzesken und italienischen Anklängen. Valle-Inclán ist Latinist, und das Bewußtsein dieser Latinität gibt dem Gehalt und Stil seiner

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Werke eine besondere Note. Der Dialog dieser „ K o m ö d i e n " fasziniert durch seine große Gehaltenheit und durch die innere Spannung, die mit dem philologischen Prozeß der Wortschöpfung gleichsam an die Oberfläche tritt. Valle-Inclán feiert in seinen Stücken das Gewaltmenschentum des galicischen Feudaladels, die Pracht des mittelalterlichen Helden mit der barbarischen Leidenschaft und der unbekümmerten Stoßkraft des Willens. Die besten dieser Stücke vereinigte er unter dem Titel „Barbarische Komödien". 4. López Pinillos (Parmeno). — Die Dramen, die der jung verstorbene Journalist „Parmeno" hinterlassen hat, haben sich allmählich in der Gunst des Publikums durchgesetzt, und man weiß heute, daß mit diesem Dichter die stärkste Hoffnung auf eine spanische Komödie ins Grab gesunken ist. Pinillos schilderte mit Vorliebe Typen aus dem andalusischen Volksleben, Stierkämpfer, Landstreicher, Bettler, Zuhälter, zerfallende und steigende Größen, die in ihrem kräftig modellierten Dialekt einen schlagfertigen Dialog bemeistern. Ganz ähnlich wie früher bei Galdós tritt die plastische Haltung der Figuren in den Vordergrund der dramatischen Vision. Freilich besitzt dieser Eindruck von Plastik nicht mehr die steinerne, unmitteilsame Strenge, wie sie die Handlung der Galdósschen Dramen fast immer zu erdrücken drohte; die Figuren des Pinillos treten vom Sockel der Rundplastik in das bewegtere Relief. Die Situationen, welche aus einer lebhaften Charakteristik entstehen, sind von echtester tragischer Wirkung, und diese ist mit dem gewaltsamen Einbrechen eines beständigen Theaterfatums in seltsamen Kontrast gebracht. Die besten Stücke Parmenos, „Flügel", „Sklaverei" und „ D a s Vermögen der Kinder" (1916/19), haben sich bis heute auf dem Repertoire gehalten.

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Über den Anteil der iberischen Urbewohner an der aus jahrhundertelangen Völkerbewegungen und Kämpfen hervorgewachsenen spanischen Einheit läßt sich nichts Sicheres angeben. Z w a r haben schon im 17. Jahrhundert Sprachgelehrte und Antiquitätenforscher die Geschicke der vorrömischen Stämme behandelt und aus ihnen die bestimmenden Wesenszüge zu erkennen geglaubt, die im Verlauf einer an jähen Katastrophen, ungeheuren Umwälzungen und dramatischen Entscheidungen überreichen Geschichte dem spanischen Menschen das Gesicht gegeben haben. An den Rändern der Pyrenäen verteidigen bis heute die Basken mit Zähigkeit eine Sprache, welche man — übrigens ohne zwingende Beweise — mit der iberischen Urbevölkerung in Zusammenhang bringen wollte. Im Spanischen sind die Anklänge an iberisches Wortgut jedenfalls bis auf verschwindende Ausnahmen untergegangen. Trotzdem hat man immer wieder versucht, im abenteuerlichen Dunkel der Vorgeschichte die Grundbestandteile eines spanischen Stiles aufzufinden. Auch neuere Kunstwissenschaftler wollten den Zug zur isolierten Form (besonders am Hufeisenbogen, d. i. dem Überhalb-Kreisbogen, dessen orientalische Herkunft Dieulafoy nachgewiesen hat) durch den Wandel der Stile und Ausdrucksweisen hindurch als den bleibenden Beitrag der iberischen Rasse hinstellen. Über geistreiche Unbestimmtheiten gelangte man dabei nicht hinaus. Wenn die iberischen Urbewohner den einwandernden Phöniziern, Griechen und Römern nirgends erfolgreichen Widerstand entgegensetzten, so mag man auch hierin die Tragik des spanischen Eigenwillens erblicken, der erst spät aus dem Gesetz in der Brust das Schicksal einer Gemeinschaft zu formen verstand. Wir werden uns hier darauf beschränken müssen, die einzelnen Elemente zu sichten und die Bedingungen aufzuzeigen, unter denen der Genius einer werdenden Nation in seine geschichtlichen Rechte trat und seine Sendung schließlich erfüllen konnte.

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Von den Punischen Kriegen bis zum Einfall der Westgoten befand sich die Halbinsel unter Herrschaft der Römer. Die kulturelle Durchdringung des ganzen Landes wurde mit großartiger Folgerichtigkeit durchgeführt, so daß die spanischen Provinzen schon am Anfang der Kaiserzeit zu den Kerngebieten des Römischen Reiches gehörten. Hispania belieferte Roms Wirtschaft mit Gold und Silber, Kupfer und Eisen; es versorgte das Imperium mit Soldaten und schenkte ihm drei seiner bedeutendsten Kaiser. Die spätrömische Literatur wird von Seneca, Lucan, Martial und Quinctilian glanzvoll vertreten. Wenn die Denkmäler der Architektur (Wasserleitungen in Segovia und Tarragona, Amphitheater, Circus und Marstempel in Mérida usw.) nirgends von dem über alle Teile des Römischen Reiches verbreiteten provinziellen Baustil abweichen, so könnte man aus der pointierten Satire des einzigen Martial oder aus der üppigen Rhetorik der cordobesischen Schule schon eher einen Vorklang der nationalen Eigenart heraushören. Den Seneca haben die Spanier (zuletzt Angel Ganivet) zu ihrem Nationalheiligen erhoben. M a n übersah das Schauspielerische und Ästhetenhafte an dieser Figur und behielt die Lehre der Selbstbeherrschung für sich, jene „diamantene Achse", die jeder spanische Mensch in der Seele trägt. Die stoische Gesinnung konnte leicht mit den Forderungen der christlichen Askese in Einklang gebracht werden, und aus dem fleischgewordenen Ideal der Selbstüberwindung mußte schließlich ein Typus hervorgehen, der gerüstet war, einer in den Grundfesten erschütterten Welt das Gebot seines Willens aufzuerlegen. Die Westgoten machten aus Spanien einen Schauplatz religiöser und dynastischer Kämpfe. Z u umfassenden kulturellen Leistungen war auf dem aufgewühlten Boden ihres Reichs kein Raum. Unter den ältesten spanischen Kirchen ist San J u a n Bautista de Baños bei Palencia die einzige, deren westgotischen Ursprung man nachweisen zu können vermeinte. Die Auseinandersetzung zwischen Römertum und Germanentum war noch nicht beendet, als die Mauren über die Halbinsel hereinbrachen und die versprengten Reste der christlichen Kämpfer an die Ränder der Pyrenäen drückten. Diese sahen sich mit einem Schlag in die Notlage versetzt, eine nationale Einheit zu improvisieren, zu der fast alle wichtigen Voraussetzungen fehlten. Die schwer bedrängten Völker mußten zunächst ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dem Ausbau einer wehrhaften Verfassung zuwenden. Die kulturelle Entwicklung kam unter solchen Umständen nur langsam in Fluß, und Jahrhunderte vergingen, bis aus den eigenmächtigen Lebensformen dieser kriegerischen Menschen ein künstlerischer Ausdruck wurde.

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Die mittelalterliche Baukunst bediente sich durchweg der Formensprache ihres Ausgangsgebietes: sie war in enger Anlehnung an französische Vorbilder entstanden, und zwar muß dies ebenso für die romanische wie für die gotische Zeit gelten. Kluniazenser richteten unter Alfonso VI. die berühmte Basilika von Santiago de Compostela wieder auf, die von den Arabern zerstört worden war. Zur selben Zeit (um 1100) wurde im hochromanischen Stil die Leoner Colegiata de San Isidoro, in Avila die Kathedrale in der kluniazensischen und die Kirche San Vicente schon in der burgundischen Bauordnung aufgeführt. Auch für die Skulptur kann trotz unvergleichlicher Einzelleistungen (Westportal von San Vicente in Avila) von einer selbständigen Weiterentwicklung der aus dem Languedoc übernommenen Anregungen schwerlich die Rede sein. Seit dem 13. Jahrhundert sehen wir zisterziensische Einflüsse am Werk (Tarragona, Lérida, Sigüenza). Die hochgotischen Kathedralen von Burgos, León und Toledo sind glückliche Variationen aus dem Geist einer größeren Tradition. Erst im 15. Jahrhundert versuchten spanische Baumeister eigene Wege zu gehen. Im Anschluß an den Riesenbau der Kathedrale von Sevilla zeigen Salamanca, Segovia und Granada eine neue Bauordnung, deren wichtigstes Merkmal die Ausgestaltung und Verbreiterung des Chores ist. Dieser wird vorverlegt in die Mitte des Baus; nach allen Seiten durch hohe Wände und Gitter abgegrenzt, scheint er eine Kirche in der Kirche zu bilden und den Abgrund zwischen Laien und Priestern bewußt zu vertiefen. Aus unbestimmten Höhen dringen schwache Lichtstrahlen in das undurchdringliche Schweigen der in mystisches Halbdunkel eingehüllten Kathedrale. Diese pathetische Bauweise hat sich bis ins 16. Jahrhundert erhalten (Granada und Málaga). Was an eigenartigen Zügen die Baukunst in diesem ganzen Zeitraum sonst noch aufzuweisen hat, das sind zumeist aus der arabisch-persischen Formenwelt übernommene Elemente. Vor allem fällt die Verwendung von Hufeisen- (besonders in der protomudéj arischen Kirche San Miguel del Escalada bei León) und Vielpaßbogen auf und dann vor allem die achtseitige Kuppel über der Vierung, dem „Crucero" (ζ. Β. in Burgos). Im Mudéjar (dem „Stil der unterworfenen Mauren") führte diese Vermischung morgenländischer und abendländischer Bauformen zu einem einheitlichen Typus, der eine Zeitlang in ganz Spanien die Stelle eines wahren Nationalstils einnehmen konnte. Die ersten Spuren maurischer Architektur haben sich in Mérida erhalten. Die neunzehnschiffige Moschee von Córdoba (La Mezquita) wurde unter den Omaijaden 785 begonnen und erhielt 987 ihre endgültige Gestalt. Sassanidischen Ursprungs ist das Muschelgewölbe des Mihrab (Gebetnische),

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an armenische Formen erinnert die Trompenkuppel der Maksura. Herrliche Mosaiken, von byzantinischen Künstlern ausgeführt, schmücken das Innere. Säulen wurden aus römischen und westgotischen Gebäuden zusammengetragen. Der Eindruck des Ganzen überwältigt in seiner beschatteten Farbenpracht, durch die lastende Schwere der gedoppelten Arkadenbogen, welche eine nur l i m hohe Decke tragen und einen unübersehbaren Wald von Säulen überwölben. Der Mangel eines abschließenden Baugedankens läßt diese Moschee, die ein Kanon der islamitischen Baukunst wurde, als unvergängliches Symbol eines ungemessenen, von tropischem Innenleben und geometrischer Phantasie erfüllten Eroberungsdranges erscheinen. Im Anschluß an Córdoba entstanden die Aljaferia von Zaragoza und Sto. Christo in Toledo. Der mittleren Zeit gehört die Moschee in Sevilla (heute Kathedrale) mit dem viereckigen Turm der Giralda an, dem weithin sichtbaren Wahrzeichen der andalusischen Hauptstadt. In die letzte „gotische" Periode fallen die Palastbauten der Nasriden. Die Alhambra, das Königsschloß in Granada (wörtlich „die R o t e " , im Hinblick auf die Farbe des Gesteins), wurde im 13. und 14. Jahrhundert aufgeführt, und zwar in einem Stil, der an die Kalaa (arab. = Burg) der Beni Hamad (Westalgerien) und vor allem an die Moscheen von Tlemcen in Nordafrika erinnert. Um die geöffneten Haupthöfe (Alberca oder Myrthenhof und Löwenhof) verteilen sich Hallen und Säle. Alles Konstruktive erscheint hier völlig aufgelöst und wie übersetzt in die bezaubernde Kalligraphie des Ornaments. Die Bauart ist die leichteste: das Gebälk besteht aus Holz und Stuck. Um die Wirkung der verfeinerten arabischen Kultur auf die unverbildete Seele der mittelalterlichen Spanier zu ermessen, muß man sich zunächst darüber klar sein, daß die Kirche anfangs hier keine besonders leidenschaftlichen Vertreter ihrer Sache besaß. Die humane Toleranz der mohammedanischen Eroberer ließ eine Märtyrerstimmung nicht aufkommen; aber was mit Gewalt nicht versucht wurde, das vermochte vielfach der Glanz einer weit überlegenen Zivilisation auf einzelne Geister, ja auf ganze Bevölkerungsteile, die sich dem Islam anschlossen (die späteren Moriscos). Die drei Religionen lebten jahrhundertelang in Spanien schiedlich-friedlich nebeneinanderher. Dieser Zustand änderte sich erst, als die durch fortdauernde Bruderkriege verursachte Verarmung der christlichen Monarchien die Könige veranlaßte, ihre Blicke über die Grenzen zu werfen und die Uneinigkeit der mohammedanischen Staaten zu großen Expansionszügen auszunützen. Es ist aber sehr bezeichnend, daß auf Ferdinand den Heiligen, den Eroberer Sevillas, ein König folgte, dessen ganze Liebe der arabischen Geistesbildung

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galt und der die Arbeit seines Lebens daran wandte, in großartigen, enzyklopädischen Unternehmungen das Wissen aller drei Kulturkreise zusammenzufassen. Wie Alfonso X . (der Weise), so galt auch Peter der Grausame (unter dessen Regierung die herrlichsten Mudéjarbauten entstanden) als ein Schützer des Islams, und dem unglücklichen Heinrich IV. haben die Chronisten seine würdelose Hinneigung zu maurischen Sitten und widerchristlichen Gebräuchen vorgehalten. Skrupelloses Proselytentum ist in der mittelalterlichen Geschichte Spaniens ebenso häufig wie die Beispiele übermenschlicher Askese und inniger Gläubigkeit. Die Geschichtsschreiber haben immer wieder betont, daß das spanische Volk die Einheit seines Wesens erst durch die Verschmelzung maurischer und christlicher Züge empfing. Die spanische Sprache mit ihren zahllosen arabischen Lehnwörtern scheint diese Annahme schon allein zu bestätigen. Wie einzelne Bauelemente und ornamentale Figuren den christlichen Bauwerken eingefügt wurden (selbst die Renaissancearchitektur bietet noch Beispiele dafür), so hat man technische Bezeichnungen und Ausdrücke aus dem täglichen Leben dem heimischen Wortschatz einverleibt. Und doch ist das Gefüge der Sprache unangetastet geblieben; ihre Syntax, ihre Lautstruktur hat sich nicht verändert, und Begriffe mit geistigem Vorstellungsgehalt, abstrakte und moralische Bezeichnungen aus dem arabischen Wortschatz haben überhaupt keinen Eingang in ihr gefunden. Die Beziehung zwischen den beiden Rassen macht den Inhalt von sieben Jahrhunderten spanischer Geschichte aus; sie hat der Schicksalsbahn des spanischen Volkes für alle Zukunft die Richtung gewiesen. Trotzdem läßt sich diese Beziehung nicht einfach auf den Ausdruck der Assimilierung einer überlegenen Kultur durch eine unverbrauchte zukunftgläubige Rasse bringen. Die Aufnahme arabischer Kulturformen durch die Spanier setzt vielmehr eine Aufnahmebereitschaft in den Tiefen der spanischen Volksseele voraus, eine Wahlverwandtschaft, die ihnen im Blick auf die zauberhaften Gebilde einer fremden Kunst den stärksten Anreiz zur Vollendung ihrer nationalen Eigenart verlieh. Worin besteht nun aber diese Wahlverwandtschaft, und wo ist die Grenze, an der sich Spanier und Mauren wie Wasser und Feuer scheiden? Am meisten hat den Christen gewiß das Ungestüm des entfesselten Galopps imponiert, mit dem die Söhne Allahs in dichten Scharen durch unermeßliche Räume jagten. Die Schnelligkeit ist das Geheimnis ihres Erfolges. Unbändige Bewegungslust saß diesen einst nomadischen Völkerschaften noch in den Knochen. Wie aus der Erde gestampft, tauchten sie stets auf, wo sie keiner erwartet hatte. Mit schwarzem Verderben erfüllten sie jäh den Horizont und verzogen urplötzlich, wie sie erschienen waren, rings überall lähmendes Entsetzen hinterlassend.

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Auch die kastilischen Könige (ein Sancho IV. oder ein Peter der Grausame) verstanden diese Überraschungstechnik meisterhaft zu handhaben. Als Schützer des beleidigten Rechtes, als immer schlagbereites Organ einer streitbaren Gerechtigkeit erlangten sie in den Augen des selbstbewußten Volkes ein mythisches Ansehen. Die dynamische Natur, der behende Ereignisstil, war den Völkern, die um den Besitz der Halbinsel stritten, gemeinsam. Der aufwühlende Rhythmus der spanischen „Cid"-Epopöe, der hinreißende Schwung der Romanzen, die Vorliebe für das reichbewegte Ornament (im Mudéjar, im plateresken und im churrigueresken Stil), die Freude am dramatischen Kontrast von Licht und Schatten, welche sich die größten spanischen Maler, Ribera und Velázquez, erst allmählich zugunsten feinerer und suggestiverer Wirkungen versagen lernten, das ballettartig Rhythmisierte, das Goethe an den Schauspielen Calderóne aufgefallen war, all diese Züge erzählen von der unbändigen Tatenlust eines Volkes, das nur in den gipfelnden Augenblicken seiner Geschichte durch ein kühl rechnendes Zielbewußtsein gezügelt wurde. Das Stilideal, welches die kastilische Kunstsprache bei ihren ersten Versuchen leitete, war auf Faßlichkeit der Gedanken und größte Bündigkeit im Ausdruck bedacht. Kein verwickelter Periodenbau — die Sätze mußten schlagend und wirksam sein. Tatsächlich hat die spanische Sprache zuerst als Gesetzessprache eine feste Form erhalten. Wie die Romane Stendhals, verdankt sie ihre Inspiration der herben und nüchternen Prosa juristischer Satzungen. Und zwar ist es da wiederum höchst bezeichnend, daß die Schöpfer der ersten Gesetzessammlungen, vor allem Ferdinand der Heilige und Alfonso der Weise, in ihrem Bestreben, das germanische Volksrecht durch eine geregelte Rechtsordnung zu verdrängen, mit der Einbeziehung der bürgerlich-städtischen „Fueros" (Privilegien) dem demokratischen Gefühl des spanischen Volkes sehr weit entgegenkamen. Dies demokratische Selbstbewußtsein beruht nicht zuletzt auf dem Eigenwert, der jedem einzelnen Vorkämpfer und Kolonisten auf den dünn besiedelten und hart umstrittenen Grenzbezirken der christlichen Reiche zukam. Gerade der demokratische und individualistische Geist hat es schließlich über die maurischen Dynastien vermocht; er entwickelte schon in früher Zeit ein Geschichtsbewußtsein, das sich in außerordentlichen literarischen Leistungen dokumentierte (der „Cid"-Epopöe, den Chroniken usw.), er schärfte die psychologische Beobachtungsgabe und ergötzte sich in verwegenen satirischen Visionen („Libro de buen amor" des Juan Ruiz, Arcipreste de Talavera, Coplas de Mingo Revulgo usw.). Die Kunst der Menschenbehandlung mußte gedeihen auf dem heißen Boden des zwischen selbstgerechten Bürgern und anma-

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ßenden Standesherren hin- und hergerissenen Königtums. Überall machte man die Erfahrung zur Lehrmeisterin; das Denken erhob sich nur in seltenen Augenblicken über den Bereich des Nützlichen und der nackten Zwecke. Die großen arabischen und jüdisch-spanischen Aristoteliker (Maimonides, Averroes, Ibn Tofail usw.) vermochten dem unentwickelten Geistesleben der mittelalterlichen Spanier keinen dauernden Antrieb zu geben. Die Spekulation besaß keinen Reiz für Menschen, die nach immer neuen Erfahrungen lechzten. Es konnte sie nicht verlocken, eine innere Welt vor sich aufzubauen, solange die äußere Welt mit lauter abenteuerlichen Möglichkeiten winkte. Die Spanier jener Zeit hatten mehr Einbildungskraft als Phantasie. Ihre hochgespannte Erwartung erging sich am liebsten in der drängenden und fragenden Zeichensprache des Ornaments. Im Mudéjarstil bricht die Vorliebe zum Ornamentalen zuerst hervor. Die lastende Pracht der omaijadischen Bauten, die verwirrende Grazie der nasridischen Paläste stand auch den christlichen Baumeistern unwillkürlich vor Augen, die mit vollem Bewußtsein dem Beispiel des Nordens nacheiferten. Man unterscheidet einen vormudéj arischen Stil für die am frühesten zurückeroberten Gebiete des Nordens, in denen man zuerst daran ging, Moscheen in Kirchen zu verwandeln oder die alten westgotischen Bauten wiederherzustellen (Tarrasa, Gerona usw.). Der eigentlich mudéjarische Baustil entfaltete seine höchste Blüte in Kastilien und in Andalusien nach der Reconquista, und zwar in einer Zeit, in der die christlichen Völker durch ihre politische Überlegenheit ein Recht der Unbefangenheit gegenüber dem Zauber der maurischen Kultur gewannen. Die wichtigsten Merkmale dieses Mischstiles sind die mit Flächenmustern überzogenen Außenwände, vielgliedrige Kuppeln, in Kassetten aufgeteilte Holzdecken, der Wechsel des gotischen Spitzbogens mit dem maurischen Hufeisen und als sichtbares Wahrzeichen die gleich Spitzen durchbrochenen, minarettartigen Kirchtürme. Als frühestes Beispiel ist die Kirche Santa Maria la Blanca in Toledo zu nennen (um 1200) — in höchster ornamentaler Pracht erstrahlt die Casa de Pilatos zu Sevilla (begonnen um 1500). Als gegen Ende des 15. Jahrhunderts die großen Vorbilder der italienischen Renaissance in Spanien bekannt wurden, da begann man, spätgotische Bauten mit ausschweifenden Flächenmustern zu bedecken, in denen neue Formgedanken phantasievoll an maurische und germanisch-gotische Ornamentsätze anknüpften. Das Ergebnis dieses sog. plateresken Stiles (eigentlich Goldschmiedestil) ist eine Fassadenkunst von tropischem Reiz (Chor der Kathedrale von Cordoba, Kolleg San Pablo in Valladolid, dann vor allem der Renaissancebau des Rathauses von Sevilla, ein Werk des

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Diego de R i a ñ o , neben hervorragenden Bauwerken in Salamanca und Alcalá de Henares). Die eigentliche Hochrenaissance ist durch einen Flügel des wuchtig aufgesetzten Alcázars von Toledo und durch die neue Alhambra Karls V. in Málaga vertreten. Einen großen Nationalstil hat erst Juan Herrera (1530—1597) zu geben vermocht. Sein Streben nach vereinfachten und gedrängten Formen ist zunächst als eine Reaktion auf die Orgien des ornamentalen Geschmackes aufzufassen, in denen sich die spanische Frührenaissance ausgetobt hatte. Im Auftrag Philipps II. erbaute der Architekt das Königliche Kloster von Escorial, das, dem Heiligen Laurentius geweiht, durch die rostartige Form des Grundrisses an den Opfertod dieses Märtyrers erinnern sollte. Die ganze Anlage ist im dorisch-klassischen Stil gehalten und mehr auf die malerische Wirkung von Licht und Schatten abgestimmt als organisch gegliedert. Niemand kann sich der düsteren Gewalt dieses Bauwerks entziehen; der Eindruck von erhabenem Schweigen ist so zwingend, wie man ihn sonst nur von den größten Wundertaten der religiösen Malerei, von Zurbaráns Mönchsbildern, von Grecos „Begräbnis des Grafen O r g a z " empfängt. Mit Herrera ist der entscheidende Übergang vom Ornamentalen zum Malerischen gelungen, ein Umschwung, der in der Entwicklung des spanischen Geisteslebens begründet ist. Durch Glück und dynastisches Geschick ist das spanische Weltreich zusammengekommen. Der Anspruch auf Herrschaft konnte nur aufrechterhalten werden, wenn es gelang, die Menschheit durch ein Programm von universaler Überzeugungskraft zu fesseln. Die Spanier konnten die Herrschaft über das gegenreformatorische Europa ausüben, nicht weil sie ihnen zugefallen war, sondern weil sie darauf vorbereitet waren. Weil sie einen neuen Typus Mensch darstellten, der allein befähigt war, die Zügel des Schicksals zu ergreifen. Die Spanier traten als Retter des Glaubens in die Bresche. Auf dem Tridentiner Konzil standen die spanischen Bischöfe und Sachverständigen in vorderster Reihe. Ignatius von Loyola stellte die Kunst der Menschenbehandlung, die in Spanien seit jeher gepflegt worden war, in den Dienst des Papstes und der Kirche. Die großen Mystiker (Santa Teresa von Avila und der heilige Johannes vom Kreuz) entwarfen ein System der religiösen Erfahrung von hinreißendem Schwung der Gedanken. Der Spanier hat dem katholischen Menschen das Gesicht der modernen Zeit gegeben, er hat die Ideale der Renaissance mit katholischem Geist erfüllt, er hat der zweifelnden Menschheit gezeigt, daß die Lehre der Kirche ein lebendiger Wille war und aus dem modernen Persönlichkeitsgefühl heraus vertreten werden konnte.

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Das 16. Jahrhundert zeigt die spanische Kunst auf dem Weg der Einkehr und Verinnerlichung. Die abenteuerliche Weltfreude hatte sich in den Fiktionen der Ritterromane ebenso phantasievoll ausgelebt wie in den krausen Zeichnungen des plateresken Ornamentes. An dem genialen Realismus der „Celestina" (1501) kann man ermessen, mit welchen Griffen diese Menschen das Leben zu meistern verstanden. Um die Mitte des Jahrhunderts änderte sich das Bild. Die wuchernde Fülle muß den Zwang von Gesetzen erleiden; die philosophische und ästhetische Reflexion gewinnt an Geltung. Im renaissancehaften Dessin des Schäferromans („Diana" des Montemayor, 1559) erscheinen die Leidenschaften gebrochen durch den Spiegel schöngeistiger Gespräche. Der Schelmenroman, ursprünglich ein verwegenes Sittengemälde, folgt mehr und mehr dem nachdenklichen Zug der Zeit: er gibt die unerbittliche Bilanz des gescheiterten Lebenswillens. Mit dem „Quijote" des Cervantes (1605) wird diese Richtung offenbar: der Roman geht den Weg beschaulich, satirisch oder melancholisch zurück, den er voll Siegvertrauen, voll Abenteurerlust und Entdeckerfreude nach vorwärts gegangen war. Der Hang zur Verinnerlichung und Selbstbesinnung bereitete die Stimmung vor, aus der heraus die große spanische Malerei entstehen sollte. Das Interesse der Menschen zog sich von den Reizen der Welt zurück auf den Standpunkt des Betrachters: die Dinge verflüchtigten sich zu Erscheinungen. Die strenge Kunst Juan Herreras wirkte weiter in der Barockarchitektur, die freilich von keinem ernsten schöpferischen Impuls mehr getragen wurde. Fortschreitende Verarmung lähmte die Unternehmungslust der Auftraggeber. Erst unter Karl II. sehen wir neue Einflüsse am Werk, und zwar im Sinne einer äußersten Durchdringung der ornamentalen und malerischen Elemente, die bis zur völligen Auflösung der baulichen Struktur getrieben wurde. Man hat diese Kunst José Churrigueras (vor und um 1700 tätig) auch neuplateresk genannt. In der Tat erinnert die erstarrte Grazie, der wirre Traum der schwellenden Ornamente, welche illusionistisch bewegte Gruppen wie in einem Dornröschenschlaf umranken, an verklungene Weisen und an vergangene Stile. Die schönsten und maßvollsten Beispiele dieser eigenartigen Kunst findet der Reisende in der zu wenig bekannten andalusischen Stadt Ecija, einer Hochburg des „Churriguerismus". Die Plastik gestaltete sich in Spanien unter ähnlichen Bedingungen und zunächst im engen Anschluß an die Architektur. Nordfranzösische, burgundische, flämische und rheinische Künstler brachten die Formen der nordischen

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Bildnerei nach Spanien. Z u größerer Selbständigkeit entwickelte sich der Retablo (Holzschnitzaltar). Auf blauem und goldenem Grundton erheben sich die farbigen Figuren, zu lebhaften Gruppen zusammengedrängt. Der dramatische Akzent der Erzählung, der packende Realismus in der leidenschaftlichen Verzerrung des Schmerzes wie in der heftigen Verzückung der Ekstase bannt den Beschauer. Die hervorragendsten Retabeln sind in den katalonischen und aragonesischen Schulen des 15. Jahrhunderts gearbeitet worden (Kathedrale von Tarragona, Museum von Lérida). Bis zum Ende des Jahrhunderts war die Beliebtheit dieser ihrem Ursprung nach germanischen Kunst in stetem Steigen begriffen, und selbst ein Gil Silöe, welcher einen der prächtigsten seiner Retabeln mit dem ersten von Columbus heimgebrachten Goldklumpen vergoldet haben soll, blieb in der Mehrzahl seiner Arbeiten dieser linearen Tradition verhaftet. — Eigenartige Leistungen hat die Grabskulptur in Spanien hervorgebracht. Wir wissen, daß der Eigenwert der Persönlichkeit durch die spanische Kunst keinen sinnlichen Ausdruck findet, es sei denn in der Ironie oder in der Hingerissenheit der Trauer. Auch hier stellen wir zunächst die Abhängigkeit von den bekannten Vorbildern des Nordens fest. Der krasse, makabre Naturalismus burgundischer Meister wird indessen gedämpft, der Ausdruck maßvoller Würde und verhaltenen Schmerzes durch das Zurückgehen auf archaische Stilmittel, durch eine streng parallele Faltengebung erzielt (San Eustaquio in Sigüenza. Andere Plastiken aus dieser Zeit in der San-Nicolás-Kirche in Guadalajara; besonders die Werke des San Ginés). Eine freiere Behandlung versuchte Silöe mit dem Grabmal des J u a n Padilla, eines Lieblingspagen der Königin Isabella, der bei der Erstürmung von Granada, den Heldentod durch einen Pfeilschuß fand. D a s Werk ist ein Vorklang an die herrliche Schöpfung des Damián Ferment (gest. 1533), den „Don Martín Vázquez de Arce", in der Kathedrale zu Sigüenza. Der herbe Liebreiz dieser geharnischten Jugendgestalt, mit ihrem zwischen gestrafften Locken träumerisch erglänzenden Antlitz, erinnert von ferne an Donatello. Die italienischen Einflüsse haben sich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts auch in der Plastik durchgesetzt. Die bedeutendsten Vertreter dieser Richtung, Bartolomé Ordoñés (Marmorrelief der Eulalia, Grabmäler Philipps des Schönen und Johannas der Wahnsinnigen in der Kgl. Kapelle zu Granada) und der Burgunder Felipe Vigarni (gest. 1543; Passion am Trascoro in der Kathedrale zu Burgos) entfernen sich in ihrer weltlichen und lässigen Grazie sehr weit von der spanischen Empfindungsweise. Eine wahrhaft nationale Plastik konnte sich erst herausbilden, als man die Auseinandersetzung mit der mittelalterlichen Tradition wieder aufnahm und, zugleich

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an Michelangelo und seine manieristischen Nachahmer anknüpfend, sich daran wagte, dem menschlichen Körper den Ausdruck seelischer Bewegungen zu entringen. Nach wie vor bleibt die spanische Plastik indessen auf die religiöse Stoffwelt beschränkt. Ihr häufigster Gegenstand ist die Immaculata, ein Vorwurf, welcher die spanische Phantasie unablässig beschäftigte, und daneben die Gestalt des gekreuzigten Erlösers. Die Erscheinung der Unbefleckten wurde in aller leuchtenden Kraft wiedergegeben und der Kruzifixus mit den gräßlichen Zuckungen einer Agonie, deren Schmerzgewalt sich ins Gewissen des Betrachters einbohrt. So bekam die Plastik schon vom Stofflichen her die Richtung zum Malerischen. Die Schule von Valladolid hat diese Behandlungsweise bis zu den letzten Konsequenzen der Ausdruckssteigerung durchgeführt; die andalusische und die granadische Schule bringen den klassizistischen Rückschlag auf die Unruhe der Kastilier. Der erste Künstler von ganz eigener Prägung ist Alonso de Berruguete (1490— 1561). Er lernte in Italien, wurde als Bewunderer Michelangelos von Vasari genannt und wirkte seit 1520 in seiner Heimat (Chorgestühl der Kathedrale zu Toledo — Retablo Mayor in San Andrés zu Olmedo mit unverkennbaren Reminiszenzen an Donatellos Verkündigung in Santa Croce, Florenz — andere Arbeiten im Provinzialmuseum von Valladolid, in Salamanca, Huete, Cáceres usw.). Berruguete (so charakterisiert ihn ein spanischer Gelehrter) „macht aus dem Schmerz einen einzigen Schrei, welcher weder an den J a m mer erinnert noch an die zerwühlten Gesichter, wie man sie sonst bei menschlichen Tragödien beobachtet. Die Körperbewegungen scheinen aus dem Körper heraus überhaupt nicht zu entstehen." Bei ihm ist keine mystische Vielbestimmbarkeit des Ausdrucks. Seine Geschöpfe reagieren wie wilde Tiere unter dem Schlag der Peitsche. Riesige Flächen bleiben so gut wie unausgefüllt; mit zwei oder drei Zügen umreißt er ein Kleid; willkürlich werden Falten hier und dort herausgetrieben ohne andere Bedeutung als diejenige der Betonung und Untermalung einer Gebärde. Juan de Juni übersteigert diese Bewegung und verirrt sich in einem Verismus, der den letzten Schimmer von religiöser Weihe zerstört. Sein wichtigstes Werk ist die „Kreuzabnahme" in Segovia. Mit Gregorio Hernández (1566 — 1636) erreicht die kastilische Schule ihren Gipfel (die Mehrzahl seiner Werke in Valladolid). Hernández befreite seine Technik von den manieristischen Ubertreibungen der Vorgänger. Seine Bedeutung liegt vor allem darin, daß er die malerischen Reize des Inkarnats entdeckte und mit einer sinnlichen Leidenschaft vorzutragen verstand, die in dem Reichtum der Modulationen und in ihrer „Morbidezza" den Namen Riberas heraufbeschwört. Bei alldem war Hernández ein Bildner des Volkes. Seine Typen sind in einer ganz

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neuen Weise individualisiert, die Schergen und Teilnehmer der Prozessionen wie aus einem Schelmenroman entsprungen. Die Reaktion auf die naturalistische Kunst Valladolids ging vom Süden aus. Montañés (1580—1649) gibt den polychromen Figuren (welche man noch heute bei der Osterprozession in Sevilla bewundern kann) den Schmelz und die Geschmeidigkeit, die ihnen das herbere Naturell Kastiliens versagte. Die Idealisierung folgt keinem ästhetischen Kanon; sie liegt in der Anschauung des Andalusiers begründet. Montañés wirkte in Sevilla nicht weniger volkstümlich, als es Gregorio Hernández in Valladolid gewesen ist. Unter seinen Nachfolgern nennen wir in erster Linie Alonso Martínez, Pedro Roldán (gest. 1700) und seine Tochter Luisa Roldán, die ins Rokoko überleitet. Die Schule von Granada knüpft an den Namen eines großen Malers, Alonso Cano (1607—1667). Im Banne Raffaels stehend, verzichtete er auf das Helldunkel, mit dem sich all seine Zeitgenossen abquälten, und führt die Komposition auf das klassische Maß der Einfachheit zurück. Als Plastiker ist Cano Meister einer zarten Schönheit. Pedro de Mena, der zu seinen Nachfolgern gerechnet wird, hat eine nervigere Hand. Seine vollendetsten Schnitzereien bewundert man in der Kathedrale zu Málaga. Er strebt einem gedämpften Schönheitsideal nach, welches er anfänglich mit realistischen Mitteln verwirklicht. An seinen späteren Werken glaubte man Einflüsse Grecos zu erkennen. Die kastilische Bildnerei hatte ihren Charakter aus der manieristischen Ausdruckskunst der italienischen Spätrenaissance entwickelt. Alle Möglichkeiten der Darstellung wurden im Dienst einer leidenschaftlichen Gebärdensprache versucht, ja, man gelangte schließlich dazu, die sinnliche Oberfläche des menschlichen Körpers selbst als seelisches Ausdrucksfeld zu behandeln. Damit sahen sich die Holzschnitzer vor Aufgaben gestellt, deren eigentliche Lösung auf dem Gebiet der profanen Malerei lag. Die Anregungen des Gregorio Hernández wurden in der bildsamen Atmosphäre Andalusiens ausgetragen, seine Formen dem lyrischen Klassizismus des Südens angeglichen. In der Entwicklung der Plastik haben wir den Gang der großen spanischen Malerei schon vorgezeichnet. Auch hier gibt Kastilien um die Mitte des 16. Jahrhunderts den Ton an, auch hier entsteht aus der Seelenlage der Gegenreformation heraus eine manieristische Ausdruckskunst, die, aus verschiedenen Quellen gespeist, die Lebensstimmung der Zeitgenossen des zweiten Philipp in unvergleichlichen Gesichten festhält. Die Kunst des Luis Morales (gest. 1586), seine ekstatischen Schilderungen des Schmerzes, das

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gehaltene Pathos einer unendlichen Melancholie, der trauervolle Gesang seiner Linien, die aus dem mailändisch verblasenen Kolorit aufleuchten, hat für Grecos Genie die Wege geebnet. Am Hof des Königs war Alonso Sánchez Coello (gest. 1588) der angesehenste Bildnismaler. Von Antonis Mor aufs stärkste beeinflußt, entwarf er die suggestiven Porträts der Menschen, die — im eisigen Zeremoniell erstarrend — die gedrückte Umgebung des einsamen Monarchen bildeten. An Velázquez gemahnt die gesammelte Haltung der Dargestellten, die Art, wie die Insignien gesellschaftlicher Würde als malerische Attribute dem physiognomischen Ausdruck untergeordnet werden. Der begabteste unter Coellos Schülern war Pantoja de la Cruz (1551 — 1609). All diese Künstler aber stellt der kretische Maler in den Schatten, der — in Tizians Werkstätte geschult und von Tintorettos Botschaft erfüllt — nach Spanien getrieben wurde, um seiner neuen Heimat die Erbschaft einer langen und geheimnisvollen Tradition im Glänze apokalyptischer Visionen wiederzuschenken. Das Verständnis für Greco (Domenico Theotocópuli; 1541 — 1614), den Herold des „finsteren" Zeitalters Philipps II., ist dank Maurice Barrés unserm Jahrhundert neu aufgegangen. Zwar fanden seine verwegenen Entwürfe keine Gnade vor den Augen des Königs, der, ohne engstirnig zu sein, dem Flug des Greco so wenig folgen konnte wie später ein Mann von der künstlerischen Vielseitigkeit des Pacheco. Die für den Escorial bestimmte „Mauritius-Marter" mißfiel dem Monarchen; zu wenig hatte Greco dem Verlangen nach einer übersichtlichen, einprägsamen Darstellungsweise Rechnung getragen. Vorgänge, die eine detaillierte Schilderung erforderten, waren in einer gewitterhaften Zeichensprache atmosphärisch angedeutet, die Kernszene selbst schien nur erklärt, nicht geschildert durch die Gebärden der Vordergrundfiguren. Trotz der Ablehnung Philipps fand Greco in Toledo empfängliche Herzen, und die Jahre, die er dort wirkte, genügten, um dieser mit Denkmälern aus allen Zeiten überfüllten Stadt den Stempel seines Geistes aufzudrücken. Die erhabenste seiner Schöpfungen, welche dort gezeigt werden, ist das „Begräbnis des Grafen Orgaz". Andalusien hatte, nachdem die hier sehr starken niederländischen Einflüsse bewältigt und verarbeitet worden waren, auch in der Malerei eine mehr klassizistische Richtung eingeschlagen. Ruelas (gest. 1625), der Vater der Sevillaner Schule, geriet anfänglich unter den Bann der effektvollen Manier Caravaggios. Entscheidende Anregungen erhielt er später durch das Studium Tintorettos, dessen leuchtendes Kolorit unter dem glücklichen Himmel Andalusiens milder und satter wurde, dessen rhythmisierte Kompositionsweise schon jetzt die anmutige Geschlossenheit gewinnt, die man

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an Murillo so sehr bewundert hat. Von Ruelas vielfach abhängig zeigt sich das verwilderte, von den modernen Impressionisten vielfach überschätzte Talent Francisco Herreras. Seine Figuren besitzen freilich nicht die klassische Würde der Ruelas'. Er ersetzt sie durch einen gesprächigen Naturalismus. Die Schwungkraft und Breite seiner Pinselführung, das Reißerische seiner Kompositionsweise bestrickt an seinen besten Stücken. Philipp IV. wurde bei einem Besuch in Sevilla durch ein Hermengildo-Bild überrascht, dessen Urheber, wie man ihm erzählte, der Falschmünzerei überführt worden war. Zu Unrecht hat man dem Herrera eine Reihe von Genrebildern (Bodegones) zugeschrieben. Am Ausgang der sevillanischen Malerei stehen zwei Gestalten, von denen die eine durch ein Jahrhundert kanonisches Ansehen genoß. Noch heute schmeichelt sich Murillo in unsere Liebe ein. Die Kunstwissenschaft hat mit Recht versucht, die Bewunderung für den „spanischen Raffael" auf das richtige M a ß zurückzuschrauben. Nannte man doch einst Murillo (1617—1682) mit Velázquez in einem Atemzug, und eine gerechte Würdigung des liebenswürdigsten Madonnenmalers wird durch diesen die Rangordnung der Geister mißachtenden Vergleich sehr erschwert. Sicher stammt von seiner Palette die gewinnendste Formulierung des spanischen Wesens, dessen Klippen und Tiefen der andalusische Charme mit Geschick umgeht und anmutig zu verhüllen weiß. Nirgends erreicht der Realismus des Schelmendichters Murillo den sarkastischen Ernst des Narrenmalers Velázquez, und an Grecos ekstatische Leidenschaft darf man so wenig denken wie an die verhaltene Innigkeit des Zurbarán. Murillo ist der sorglose Künder eines jugendseligen Schönheitskultes, einer Welt des Glanzes und der naiven Entzückungen. Die Grenzen zwischen Naivität und Effekthascherei sind freilich oft fließende. Gelernt hat Murillo von Velázquez und van Dyck; er hat sich, wie alle sevillanischen Maler, zu Anfang mit dem Tenebrosostil der Caravaggio-Schule abgemüht und das Licht schrittweise erobern müssen. — Von tieferer Eigenart ist der letzte große Künstler, den Sevilla im 17. Jahrhundert hervorgebracht hat: Valdés Leal (1622—1690). Das ist eine für Sevilla einzigartige Leidenschaftlichkeit, eine Pracht des Kolorits, die, nach dem Urteil von A. L. Mayer, in Andalusien nie übertroffen wurde. Das Interesse an der Zeichnung tritt völlig zurück. Die Hast der Pinselführung verrät ein hinreißendes Temperament mehr als den Unfrieden einer gestaltflüchtigen Seele. Am berühmtesten sind die für Don Juan Mañara angefertigten goyesken Allegorien von Tod und Vergänglichkeit. Das Werk der Verwesung ist noch nie mit so höhnischer Sorgfalt auf die Leinwand gebracht worden: es sind die grauenvollsten Werke der späten spanischen

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Malerei — sie sind ihr höchster Triumph in einer romantischen, aus zerfallenden Särgen aufschwelenden Farbenorgie. Schon früher war in Sevilla ein Künstler tätig, welcher als einziger den Westen Spaniens mit einem sehr glanzvollen Namen vertritt. Es ist Francisco de Zurbarán (1598 — 1661), der fromme Mönchsmaler aus Estremadura. Auch er mußte sich erst langsam aus den Banden Caravaggios befreien. Er malte in den ersten Jahren mit den schroffsten Kontrastwirkungen. Je reifer sein Stil, desto lichter wurde sein Kolorit. Eine Mitgift seiner Heimat ist die Derbheit der Charakteristik, das Drastische und Monumentale der Gestaltauffassung, in welcher die zartesten Regungen der Seele, das Leuchten einer ergreifenden Frömmigkeit wundersam mitsprechen. Wie alle wirklich großen spanischen Maler bewegte sich Zurbarán mit unbeirrbarer Folgerichtigkeit auf das Porträt. Im Ausdruck der religiösen Individualität entfaltet sich sein volles Können. Figurenreiche Gemälde zeigen eine vereinfachende Kompositionsweise, aber trotz übersichtlicher Anordnung wird der Blick nicht von den einzelnen Statisten auf die Mitte des Geschehens hingelenkt und andächtig gesammelt im Erschauen eines weihevollen Auftritts oder wunderbaren Geschehens — rasch gleitet er vielmehr von der Kernszene zurück, um bei den umstehenden Gestalten zu verweilen und das religiöse Erlebnis in den Abstufungen der Charaktere und Haltungen widerzuspiegeln. Die Wirkung ist vielfältig, die Einheit liegt beim Betrachter, welcher — selbst ergriffener Zeuge eines Vorgangs — seine seelischen Regungen und Erschütterungen — in den verschiedenen Gestalten verkörpert findet. — Zurbarán war ein Altersgenosse des Velázquez. Als Jünglinge lernten sich die beiden in Sevilla kennen. Beide Maler gelangten, von ganz entgegengesetzten Bedingungen ausgehend, zu ähnlichen Ergebnissen; beide Maler wenden sich an die geistige Aktivität des Betrachters und zwingen ihn, am Aufbau der szenischen Einheit mitzuwirken. In ihrem Streben nach Illusion und naturgetreuer Darstellung gerieten die großen spanischen Maler bis hart an die Probleme heran, welche später von den Impressionisten des 19. Jahrhunderts erfaßt und gelöst worden sind. So ist es nicht verwunderlich, daß man in der Kunst des Diego Velázquez (1599—1660) den Inbegriff der Malerei zu sehen lernte. Wenn Velázquez die sinnliche Gestalterfreude als Erbteil seiner andalusischen Heimat nach Madrid brachte und in der gesammelten Darstellungsweise seiner Porträtkunst an eine kastilische Tradition anknüpfen konnte, so hat er die nervige Zeichnung, die dramatische Gespanntheit der Bewegungen bei Ribalta und Ribera (1588 —1656; er wirkte in Neapel, bekannt unter dem Namen Lo Spagnoletto), den großen Vertretern der valencianischen Schule, studieren können. Velázquez ist wie

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ein Zusammenklang all dieser Stimmen. Mit ihm ist ein unbestreitbarer Höhepunkt der europäischen Malerei überhaupt erreicht; er hat zugleich den tiefsten Ausdruck des spanischen Wesens gefunden. Man hat nun gesagt, daß Velázquez gerade die wichtigste Seite am spanischen Charakter vernachlässigt habe. In der Tat war er der erste Maler, der sich zu geistlichen Motiven nur sehr wenig hingezogen fühlte. Seine Tätigkeit als Hofmaler füllte ihn restlos aus (außer ein paar frühen Versuchen sind ein Kruzifixus und eine Immaculata die einzigen Bilder mit religiösem Inhalt). Velázquez malte allerdings keine Märtyrer und keine Heiligen, aber er zwingt die Stiefkinder der Natur in seinen Zauberspiegel; er findet in der verzeihenden Geste des siegreichen Spinola („Las Lanzas" im Prado) den erlösenden Ausdruck der Menschlichkeit, der den waffenstarrenden Wald der Lanzen in einen vielstrebigen D o m der Nächstenliebe verwandelt. Velázquez ist keine ekstatische Natur, aber die religiöse Spannung ist so mächtig in ihm wie in irgendeinem Spanier seines Jahrhunderts. Sie verdichtet sich auf dem Ort des Kreatürlichen. Velázquez sah den Menschen in den unentrinnbaren Grenzen des Charakters, einzigartig in seinen Mängeln und unerlösbar in seinen Süchten. Aber er verwandelt die Armut in Reichtum, die Not in ein Bacchanal: ein Gesicht wird zum Kontinent, ein Kleid durch die Gnade seines Pinsels zum gestirnten Firmament. Seine Ekstase ist die Liebe zum Handwerk, sein Glaube die Offenbarung in den Erscheinungen. Velázquez malte nicht für die Menge. Er brauchte ihren Beifall nicht zu suchen, der für Murillos Talent so verderblich geworden war. Er durfte es wagen, die höchsten Anforderungen an die Intelligenz eines so kunstsinnigen Auftraggebers, wie es Philipp IV. war, zu stellen (man denke an das sinnreiche Spiegelbild „Las M e n i n a s " im Pradomuseum, Madrid). Sobald die Malerei sich von ihren religiösen Aufgaben abwandte, mußte sie auch den Zusammenhang mit der Masse des Volkes verlieren. Sie wurde zum Gegenpol einer volkstümlichen Bühnenkunst, die durch die Namen Lope de Vega, Tirso de Molina und Calderón de la Barca auch in Deutschland berühmt geworden ist. Diese Dichter bemühen sich, das spanische Leben in seiner epischen Fülle und Mannigfaltigkeit zu schildern. Die Leidenschaft des Theaters ergriff alle Kreise des Volkes. Es wurde Zeuge seiner heldischen Vergangenheit, es wurde vertraut gemacht mit der klassischen Mythologie, man stellte ihm selbst die schwierigsten theologischen Probleme im Sinnbild eines allegorischen Figurenspiels (auto sacramental) vor Augen. Alle Schauplätze der Geschichte zogen vor dem Beschauer vorüber; hoch und niedrig, Könige, Ritter, Heilige, Glücksfahrer, Bauern und Schäfer belebten die Szene und verbanden sich in der leichten Idealisierung einer

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beschwingten Verssprache. Der Gegenstand dieses Theaters war das spanische Universum. Der Maler braucht nicht so viel Stoff, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu fesseln. J e mehr er sich seiner Kunst bewußt wurde, desto größer seine Vorliebe für erbärmliche, verächtliche, ja unwürdige Gegenstände. Narren, Kretins und Zwerge stehen ihm Modell. D a s häßliche Gesicht des Papstes, der ihn mit seinem Auftrag ehrte, entzündete sein Künstlerauge mit einem Rausch. Die lange Schule der spanischen Askese trägt ihre letzte Frucht in diesem Sieg des schöpferischen Geistes über die gebrechliche Natur. Weder Ribera noch Velázquez haben sich damit begnügt, die Effekte der Kellermalerei auszuspielen oder den Glanz ihres artistischen Könnens über zerlumpten Bettlern und Schelmengesichtern auszubreiten. Ribera hat im Lauf der Jahre die aufwühlende Manier seiner Marterszenen abgelegt und seinen Vortrag auf stillere Wirkungen eingestellt. Velázquez' Meisterschaft erstrahlt so gut am außerordentlichen Vorwurf wie in der Schilderung des Gewöhnlichen und des Alltäglichen. D a s Elend und die Armut ist wie eine hämische Verkleidung derselben Natur, die heute in Fetzen, morgen im Brokat erscheint. Diese spanische Natur hat einen abenteuernden Zug. Sie ist voll unerschöpflicher Einfälle und besitzt entschieden mehr Phantasie als ordnenden Verstand. An der Stätte, an der Velázquez gewirkt hatte, gedieh kein dürftiges Mittelmaß. D a s spanische Weltreich war schon in allen Fugen erschüttert, die Tradition einer ruhmreichen Literatur versank im M a r a s m u s des politischen Zusammenbruchs und der gesellschaftlichen Entartung (die eindrucksvollsten Zeugnisse eines grauenhaft verwilderten Geschmacks sind die Verbrecherromanzen und die rohen Komödien der unwürdigen Nachfahren Calderóns), und noch immer wirkte am H o f des dekadenten Carlos II. ein Maler vom außerordentlichen Rang des Carreño (1614— 1685). Künstler wie Rizi, Cerezo, Claudio Coello verraten mit keinem Z u g die Atmosphäre, aus der ihre Werke entstanden sind. Erst im folgenden Jahrhundert versiegte der schöpferische Strom. D a s 18. Jahrhundert wurde für Spanien auf allen Gebieten ein Jahrhundert der Ernüchterung, der methodischen Arbeit, des langsamen Fortschrittes. Wie ein Meteorschein zog Goya (1746 — 1828) über diese Epoche hinweg. Er verstand sich auf alle Instrumente seiner Zeit, aber er fand keine Heimat in ihr. Er verschleuderte ihre Erbschaft in titanischen Scherzen. In wirren Traumfetzen einer besessenen Phantasie schwanken die Bilder des spanischen Mythos noch einmal an uns vorüber. Goya zersetzte die Themen der Epoche mit dem gärenden

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Stoff seiner Leidenschaft. Das Porträt wurde zur Fratze, der artige Schäferfrieden umgetönt durch den Kontrapunkt seines Weltschmerzes. Die Aufklärung bedeutete ihm nicht den Sieg der Vernunft, sondern den Krieg wider die Kirche. Das Empire war ihm nicht Wille zur Form, sondern der Ausbruch der Mordlust, des Sadismus und aller gräßlichen Instinkte. Indem Goya das Empire in seinem stofflichen und triebhaften Unterbau aufwühlte, wurde er zum ersten Künder der Romantik. Die spanische Malerei hat damit ihren Epilog gefunden. Eine Steigerung über Goya hinaus war innerhalb der spanischen Tradition nicht mehr denkbar. Pablo Picasso (in Málaga 1881 geboren), Juan Gris und Ismael Gómez de la Serna haben das Temperament und den Zauber der spanischen Vortragsweise als Mitgift ihrer Heimat der modernen französischen Malerei gebracht, die in ihren impressionistischen Anfängen dem Studium der spanischen Meister so viel zu verdanken hatte.

Versuch über Amiel. Die Tragödie eines Bürgers aus dem neunzehnten Jahrhundert

ι Amiel heißt eines der merkwürdigsten Kapitel in der Geistesgeschichte der verflossenen Epoche. Durch Herkunft und Bildung zwischen die beiden Nationen gestellt, die seinem Jahrhundert das Gesicht geprägt haben, wird dieser Genfer von allen Erschütterungen im Umkreis europäischen Denkens ergriffen. (Erst eine spätere Zeit konnte die Tragweite der Bewegungen ermessen, die Amiel mit der Überempfindlichkeit und Treue des Seismographen angezeigt hat.) Seinem Schicksal und seiner Bildung nach müßte Amiel als Deutscher gelten — mit Blut und Nerven ist der Schüler Hegels und Schleiermachers Franzose. 1 Wie Stendhal, Schopenhauer, Nietzsche hat Amiel sich mit dem, was die Nachwelt als sein Werk empfangen hat, der Zukunft verschrieben. (In einer Geschichte der großen Hagestolze dürfte Amiel die erste Etage mit diesen Geistern teilen.) Wo uns die Schatten des vergangenen Jahrhunderts bedrükken, können wir seinen Manen getrost die Führung überlassen. Amiel hat die Problematik seines Zeitalters durchlebt und bis in ihre letzten Schwingungen verfolgt. Er hat sein Leben der Neugier der Ungeborenen geopfert. Amieis Fall ist bei alledem ohne Hoffnung; es ist der Sündenfall des Geistes selbst in der verworrenen Deklination der nachromantischen Denklage. In allen wirklich großen Gestalten des neunzehnten Jahrhunderts erkennen wir die Spannung, vernehmen wir den Flügelschlag des Räume und Zeiten umgreifenden Willens. Wir hören bei Schopenhauer etwas von der rauschenden Antithetik des Barock, wir stoßen in Nietzsches Sätzen auf die Kristalle des adligen, vorvergangenen Jahrhunderts. Amiel allein — darin höchstens Hebbel vergleichbar — begnügt sich mit dem Gewand einer peinlichen, ungelüfteten und trotz aller universalen Beweglichkeit doch ganz und gar ungeschmeidigen Modernität.

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Der erste Eindruck beim Eintritt in Amieis Welt ist daher nichts weniger als erhebend. Man glaubt sich bei einem jener achtbaren Bürger zu Gast, die ihre kleine Herzlichkeit und ihr stilles Heldentum bei jeder Gelegenheit durchscheinen lassen. Amieis Leben ist blaß und ärmlich gewesen, von Luft und Sonne gemieden, eine schmächtige Arabeske am Rande der übermächtigen Tagebücher, die allesamt gedruckt, über achtundvierzig Bände füllen würden ...

II Die M o d e des Tagebuchs ist eine Schöpfung des empfindsamen Zeitalters; zur Würde der literarischen Gattung hat ihm erst eine spätere Epoche verholfen. Aus dem breiten Strom der skandalösen Chroniken, der galanten Bekenntnisse, des höfischen Klatsches und der politischen Memoiren führt ein stiller Arm in die Verschwiegenheit der einsamen Seelen, die in täglicher Kommunion mit sich selbst dem Kult der schönen Gefühle frönen. Das Tagebuch ist [unleserliche Einfügung], aus dem Geist jener „sensibilité" heraus geboren, in welcher die Frauen des achtzehnten Jahrhunderts ihren Eigenwert entdecken und stilisieren lernten. Sie waren es lange müde, den aussichtslosen Wettkampf mit der männlichen Vernunft fortzusetzen und sahen das wirksamere Mittel der Emanzipation in einer ungehemmten Ausbildung aller typisch weiblichen Gemütskräfte. Das Tagebuch war ein angenehmer Helfer auf dem Wege der Selbstbeobachtung und Gefühlserziehung. Im bräutlichen Schmucke tritt die Seele vor den Spiegel, der nichts verbirgt und doch niemals entmutigt. Das Tagebuch begleitet das Leben der Frau wie der zartsinnige Vertraute ihre Träume. Es übt auf schonende Weise die Pflicht des Erziehers, es füllt mit Grazie den leeren Raum, den im Dasein der meisten Frauen die Roheit und Verständnislosigkeit des Gatten läßt. In den Denkwürdigkeiten der Aufklärungszeit konstruiert der Mann die Welt nach seiner Weise — aus der Frauenbewegung läßt sich das Tagebuch herleiten. Wenn der Mann die Wollust der analytischen Entblößung im Dienste der Wahrheit betreiben konnte, so machte die Frau aus den Ergötzungen ihrer irrationalen Seele ein lebenspendendes Prinzip. Die Zukunft ist — gegen den Ausgang des Jahrhunderts — dem weiblichen Entwicklungsglauben und der religiösen Empfindsamkeit zugefallen. Mit der Wendung zum Religiösen können wir den Ursprung des Tagebuchs in dem Bedürfnis nach Rechtfertigung erkennen.

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Die Gewohnheit täglicher Rechenschaftsablegung ist dem Kalvinisten Amiel von Haus aus vertraut. Schon einundzwanzig J a h r e vor seinem Ableben erschreckte ihn die Vorstellung, der Tod könne seine Bücher ungeordnet antreffen. „Man muß sterben, um sich über sein Leben auszuweisen. So lautet in aller Einfachheit die große Lehre der Krankheit. Tue so bald wie möglich, was du zu tun hast. Bring dich in Ordnung, denke an deine Pflicht, m a c h dich bereit für die Abfahrt: so ruft das Gewissen und die Vernunft. Das Leben ist kurz und groß; es ist uns geliehen worden auf die Rechnung Gottes, damit wir dem Guten dienen und die Nächsten glücklich machen. Sei ernsthaft, rette deine Seele, bereite dir das Ruhekissen eines guten Gewissens für dein Totenbett."

Mehr legt ihm der Ausblick auf ein mögliches Ende nicht auf die Seele. Es sind das die Grundsätze eines Kaufmanns, deren Gediegenheit alle Zusammenbrüche überdauert. Wie die Buchführung, statt als ein Werkzeug wirtschaftlichen Handelns zu dienen, der Fetisch eines monomanischen Ordnungsgeistes werden kann, so hat das Verlangen nach Rechenschaft das religiöse Bewußtsein und die ethische Urteilskraft selbst überlebt. Das Denken an sich wird zum religiösen Prozeß. Schleiermacher, dessen „Monologen" Amiel zu seinem Katechismus machte, hat diese Richtung auf die Spitze getrieben: „Was sie Gewissen nennen, kenne ich nicht mehr; es straft mich kein Gefühl; es braucht mich keines zu mahnen ... In stiller Ruhe, in wechselloser Einfalt führe ich ununterbrochen das Leben der ganzen Menschheit in mir."

Wenn die Rechtfertigung durch den Glauben den Eckstein der Genfer Lehre bildet, so muß der Glaube an die Prädestination als ihr Hauptpfeiler angesehen werden. Aus dem starren Dogma der Vorsehung wächst die lebendige Idee des Berufes hervor, den tätig auszufüllen das in sich wertlos gewordene Dasein allein rechtfertigen kann. Die Einsicht aber in die gottgewollte Natur des Bösen gibt dem Unternehmungslustigen die Bahn frei, welche der Katholizismus durch ein weitläufiges System der Rücksichtnahme und der Kompensationen verbaut hat. Die neue Lehre versetzte den sich bildenden Nationen den stärksten Antrieb zur Macht- und Wertentfaltung; das Gefährliche der Stellung, die dem einzelnen zufiel, mußte aber zutage treten, sobald der Mensch das Vertrauen in die Gültigkeit der vorgesetzten Zwecke verlor. Schon mit Jean-Jacques Rousseau sichten wir diese Grenze. Im optischen Schein der Utopien, im Wunschtraum einer arkadischen Gemeinschaft verflüchtigt sich die Beziehung zur handelnden Menschheit. Das Gefühl der Vorsehung gibt sich in diesen Bekenntnissen eine neue, selbstgerechte Bestimmung. Die Spannung zwischen einzelnem

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und Gesellschaft ist fühlbar geworden, aber das Band, das beide ursprünglich verbunden hielt, ist noch nicht gerissen: die Sehnsucht richtet den Menschen auf neue Ziele — die Eitelkeit legt ihn auf die gegebenen Verhältnisse fest. So konnte Rousseau, dessen Leben unbegnadet und fruchtlos blieb, den kommenden Geschlechtern die lockenden Leitbilder des Handelns finden. — Die letzte Etappe dieser Entwicklung scheint mit Benjamin Constant und mit Henri-Frédéric Amiel erreicht. Der Zauber der Utopie ist nunmehr gebrochen, und ausgelöscht die Fata Morgana der geeinigten Menschheit. Amiel wälzt Hegeische Antithesen durch den sinnentleerten Raum, und die subjektivistische Religion der „Monologen" wird ihm zur Offenbarung. Der Gedanke, daß „alles wahre Handeln innerlich und unvergänglich" sei, leuchtet ihm ebenso ein, wie Constant sich durch Schleiermachers Religion ohne Gott bestätigt findet. Zwischen beiden Schweizern bestehen Gemeinsamkeiten. Die ewige Unzufriedenheit, das Weltschmerzlerische treibt sie auf immer neue Reisen ins Herz von Europa, deren geheimes Ziel die deutsche Unendlichkeit ist. Aber gerade in der Art zu reisen, offenbart sich ihre Verschiedenheit. Constant wird sein ganzes Leben lang zwischen Frauen und zwischen Ländern hin und her geworfen, in denen er eine Fülle von Beziehungen und von Weltverhältnissen eingehen kann. Seine Unstetheit und „malaise" ist aus dem Überfluß entstanden — diejenige Amieis aus dem Mangel. Constant ist einsam, weil er zuviel gesehen und erfahren hat. Amiel, weil ihm die Welt zu fern ist und weil er die Menschen zuwenig kennt. Amieis Reisen haben etwas Gespenstisches. — Die dialektischen Widersprüche, in denen sich Amieis Denken verfing, begeht Constant mit seinem Leben. Wenn Rousseau, und auf ihm fußend irgendwie auch Amiel, dem weiblichen, empfindungsmäßigen achtzehnten Jahrhundert angehört, so steht Constant auf dem männlichen Pol der Aufklärung: unter jenem Geschlecht von heißen Köpfen und kalten Herzen, denen Denken eine Leidenschaft, die Liebe eine Qual und das Leben eine Selbstverständlichkeit war. Macht über Menschen zu erringen fällt Constant leicht, aber gerade darin sieht er die Gefahr der Vereinsamung: Chacun cède, mais chacun s'écarte. Entscheidend aber ist, daß Constant sich mit einem Werk aus seiner Krise rettete. Amiel ist mit all seinen Nöten und Problemen ins Pleinair gehoben worden, aber das Schicksal hat ihm die Hand und den Pinsel zur Gestaltung versagt. Er ergötzte sich damit, die leeren Stellen seiner Beichte mit süßen Niedlichkeiten zu füllen, die Natur anzuschwärmen oder den Wechsel der Jahreszeiten zu besingen. Fehlte es ihm an Phantasie? Seine Einbildungskraft beherrschte seinen Geist, aber sie war mehr das Vermögen der Darstellung als dasjenige der

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Vorstellung. Er spielte sich vor, was er sich nicht vorstellen konnte. Er grimassierte wie ein Primitiver, der ein unbekanntes Lebewesen durch Identifikation zu bannen glaubt. Sein geistiger Leib ist von protoplasmatischer Art, aus Notwehr zur Allverwandlung bereit. Er hat keine Struktur. Die Züge des Charakters sind die Beiträge der Vorstellungen zum Bilde des Menschen: was einer vorgestellt hat, das wird er. Amiel hat sich nichts vorgestellt — er hat sich zur Beute jeder Vorstellungen hingegeben. Amiel besaß keinen Stolz und auch die Eitelkeit nicht, durch die JeanJacques Rousseau gesund blieb. Er klagt über Einsamkeit, aber die seltene Gelegenheit des Glückes macht ihn schwach und verdrießlich. Er wird zum Liebling und Vertrauten der Damen, die ihre Herzensgeheimnise für ihn aufsparen. Der Dämon vermag es nicht über ihn. Seine Klugheit erspart ihm den lästigen Umweg des Bösen. Für den ästhetischen Zustand, die fruchtbare Unentschiedenheit zwischen Gestalten und Erkennen, brachte er keine Begabung mit: er war zu ehrlich und zu ernst. (Mit seinem fürchterlichen Ernst ist Amiel ganz Kind seines Jahrhunderts.) Für das Ethische fehlte ihm die Sprungkraft und aller dramatische Instinkt. So verlief Amieis Leben zwischen Weder und Noch. Gegen das Ende festigte sich seine Seele. Er starb mit stoischem Anstand. In den Tagebüchern bietet sich Amiel Gott an, mit dem Reichtum seiner Gedanken, dem unberührten Schatz seiner Gefühle, der Fülle seiner ungenützten Möglichkeiten. Er ist unfähig, von Gott Besitz zu ergreifen. Amieis weibliche Seele konnte Gott nicht habhaft machen. „Du bist zartfühlend und liebend" — so redet er zu sich selbst — „du verlangst Sympathie, aber aus Schüchternheit nimmst du die Maske der Gleichgültigkeit an. Du bist ein falscher Stoiker, ein falscher Egoist . . . Du stellst dich, als wärst du aus Stein, wie die Rothäute, die sich fühllos stellen, um ihren Feinden keinen Gefallen zu erweisen . . . Du wagst nicht zu leiden, und in Gesellschaft unterdrückst du alle Klagen und alle Wünsche. Du machst dich leicht aus unüberwindlicher Schüchternheit. Das ist geistiger Selbstmord aus Scham. Du möchtest erraten sein wie eine Frau, und etwas für dich verlangen oder dich anzubieten, widerstrebt dir, wie die Handlungsweise einer Kurtisane, wie eine Niedrigkeit, fast wie eine Unkeuschheit der Seele. Es ist dein Unglück, mein armer Junge, daß deine Fehler die Vorzüge eines anderen Geschlechtes sind."

Und ein Jahr vor seinem Tode: „Es ist furchtbar gefährlich, sich als Engel zu geben, wenn man ein Mensch, als Jungfrau, wenn man ein Mann ist. Die Natur rächt sich entsetzlich dafür, daß man ihr das Recht aus Feigheit oder aus Zurückhaltung verweigert hat." Amieis Weiblichkeit war spröde und keusch. Die Scham verschleierte ihm die Hoffnung auf Gnade; sie machte ihn unempfänglich und taub für die Stimme der Verführung; sie machte ihn zage und schwach vor den Ein-

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gebungen des eigenen Gewissens. Der Weg der Mystik war ihm versperrt. Wohl wußte Amiel um die verbindende Kraft des Gebetes, aber er selbst vermochte es nicht, die Hilfe Gottes für sich in Anspruch zu nehmen. Dieselbe Scheu hinderte ihn dabei, die ihm die Hingabe an die Leidenschaft der Liebe versagte. Amiel wagte nicht zu glauben. Er redet über Gott, aber nicht zu ihm. Sein Credo erscheint bald eingebettet in die süßlich verblasenen Murillo-Farben des Pantheismus, bald verschwimmend in den Hintergründen eines entwicklungsfreudigen Seelenglaubens. Z w a r sieht er in seinen täglichen Monologen eine Art von Gebet, „eine Unterhaltung der Seele mit ihrem Schöpfer, einen Dialog mit G o t t " . Aber dieses Beten ist ihm etwas wie ein „Schlafen im Bewußtsein, in welchem wir aufhören zu handeln und zu wollen und zu streben . . . " . Seine Stimme dringt nicht zu Gott. „Wer nicht spricht, den hört Gott nicht" — sagt ein spanisches Sprichwort. Nichts beleuchtet Amieis religiöse Haltung so scharf wie sein Urteil über die Artung und geistige Herkunft des jungverstorbenen Romantikers Maurice de Guérin. D a s schlichte Nazarenertum dieses Jünglings, der sich im Traum in gotische Kathedralen versetzt und die silberne Stimme einer Beatrice vernimmt, der seinen schwachen Kräften in täglichem Gebet den groß skandierten, rhythmischen Stil seiner Naturgesänge entringt — Amiel findet in dieser Erscheinung nur den Geist, den er begreift, „den Geist des allzugroßen Mangels an Vertrauen und diese Art von Leidenschaft, die ihn unablässig dazu führt, seine eigenen Fähigkeiten herabzusetzen und zu belasten, indem er sie der nicht enden wollenden Marter einer geistigen Autopsie [sorte d'autopsie morale] unterzieht";

ja, die Erhebung und Begeisterung seines hymnischen Landschaftsgefühles zeugt ihm für die Inspiration einer heidnischen Phantasie, für die „Vertrautheit mit der geheimnisvollen Kraft der Isis". Amiel hatte den Scheitel der Romantik hinter sich; ihr früher Blütentraum konnte ihm nichts mehr bedeuten. Ihr Streben, die Individualität in Gott hineinzubilden, war ihm ebenso fremd wie ihr luziferischer Abfall im Personalismus eines Benjamin Constant oder Stendhal. Amiel blieb dem bürgerlichen Leben verhaftet. Er dachte nicht daran, den Gesellschaftsvertrag mutwillig zu kündigen, wie dies Baudelaire und die aus seiner Schule hervorgegangenen Symbolisten getan hatten. Nicht allein, weil ihm der Rechtstitel echter Künstlerschaft dazu gemangelt hätte, Amiel war viel zu einsichtig und verantwortungsbewußt, um den Anspruch des emanzipierten Selbstbewußtseins zu erheben, solange er die Selbständigkeit seiner Stellung gegenüber Gott nicht behaupten konnte. Denn dies ist genau die Situation jener späten Erben der Romantik. D a sie unfähig wa-

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ren, ihrer Selbstbestimmung eine denkbare Grundlage zu geben und in ein neues Verhältnis zur Philosophie zu treten, wurden sie notwendig in den Bann der Kirche zurückgetrieben, einer innerlichen und ekstatischen Kirche allerdings, deren Gnadenmittel die weiße Droge und der grüne Trank waren. Wenn somit die Symbolisten eine noch nicht fällige Erbschaft antreten wollten und die Geste der Zukunft verwegen adoptierten, so war umgekehrt Amiel zu schüchtern, um sein geistiges Besitztum sich zu eigen zu machen und mit dem, was ihm zu sagen auferlegt war, vor die Schranken der Zeit zu treten. Mit seiner Problemlage wurzelt Amiel in der Mitte seines Jahrhunderts. Die Waffen der Hegeischen Dialektik waren ihm zugefallen. Um sie zu handhaben, fehlte ihm indessen ein sicherer Ausgangspunkt, der Fernblick in die Geschichte und die durchgreifende Methode. Friedlos gemacht durch das Schicksal, das ihn unentschieden zwischen den beiden Nationen hin und her schwanken ließ, glaubte er die ersehnte Synthese im irisierenden Regenbogen seiner nächtlichen Improvisationen zu erhäschen. Seine geistige Bewegung wurde zum Spiel mit irrlichthaften Möglichkeiten, die ihn selbst so wenig mitreißen konnten, wie die okkulten Manifestationen das Medium von seinem Lebenskern loszulösen vermöchten. Sein Verzicht auf die metaphysische Konstruktion war nicht eine bewußte Tat, wie bei Kierkegaard, sondern ein Unvermögen im Grunde seines Wesens. Die Scham, die ihm aufs Herz gelegt war, hielt seine Impulse nieder: sie nahm seinem Denken die Gewichte. Sein Denken war ohne Grund. Jedes Buch, jedes System trat ihm verheißungsvoll, wie eine Offenbarung aus dem Absoluten entgegen — und mußte ihn alsbald enttäuschen. Daher die Hypertrophie seiner kritischen Fähigkeiten, daher seine oft unverzeihliche Banalität und Stillosigkeit. Joubert, den man unter den geistigen Vorfahren Amieis nicht vergessen darf, hat in einem liebenswürdigen Abschnitt die Scham als den Schleier der unentfalteten Kostbarkeit dargestellt. Sie schützt den Geist vor überstarken Eindrücken, die einen zarten Organismus überwältigen müßten. Amiel hat dieses Schutzbedürfnis seiner Sensibilität niemals aufgegeben, auch nicht, als er die Hoffnung auf ein erneuertes Leben verlieren und sein Fatum in der ewigen Unentschiedenheit aller Zustände erkennen mußte. Was er einst als ein Geschenk Gottes hingenommen hatte, das galt ihm jetzt als die schicksalhafte Hemmung, die ihm alles verwehrte und verdarb. Sehr gut hat einer der Biographen Amieis, José de la Luz, gezeigt, wie der Überreichtum an Synonymen in Amieis Sätzen die Stillosigkeit eines verschämten Charakters verrate: „Wenn jeder Satz ein solches Aufgebot zu seiner Bedekkung braucht, so ist das ein Anzeichen der Schüchternheit und des mangeln-

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den Mutes, ohne Begleitung von Vasallen aufzutreten." Stil ist die ununterbrochene Einheit von Zufall und Notwendigkeit. „La rature y est défendue" — heißt die Losung von Gides westlichem Raskolnikow, Lafcadio, der nichts ist und nichts sein will als die Verkörperung eines Stilvermögens. Der Stil zeigt den Menschen gerade da, wo er sich eigenwillig gefährdet und schuldig macht: er zeigt den Menschen, wie er zur Person wird. Der Stil ist darum das Geheimste und Offenbarste, das einer zu geben hat. Amiel hatte nichts zu geben als seine Tagebücher. Im Tagebuch allein konnte er sich entblößen, ohne das Siegel der Scham zu zerbrechen. Im Tagebuch findet jeder Treppenwitz seines Daseins ein mütterliches Asyl. Hier wird aus seiner Ohnmacht eine Waffe. Es gibt der Eintracht von Vergangenheit und Zukunft eine Stätte — es gibt dem Menschen ein unschätzbares Mittel an die Hand, um aus jeder Niederlage das Versprechen eines Sieges, aus jeder Sünde die bessere Einsicht zu schöpfen. Das Tagebuch läßt den Menschen in den vorteilhaften Stand der unendlichen Reue treten. Gefühle, im Widerfahrnis der Scham schmerzhaft gestaut, durchbrechen hier die D ä m m e nach allen Seiten. Die peinigende und bannende Gegenwart einer überwertigen Vorstellung geht in die versöhnliche Ferne des Vorsatzes über, der wie ein entlegenes Gestade grüßt und von übereilter Einkehr freundlich abrät. Amiel hat sich selbst als „esprit de métamorphose" bezeichnet. In der Unfähigkeit zu wollen findet indessen die Kraft der Verwandlung eine genaue Grenze. Amiel rezipiert, ohne zu assimilieren. Sein kritisches Vermögen ist nicht das wertende Kriterium, das seiner geistigen Gestalt die Umrisse geben könnte. Seine Bewegung setzt dem Sein nur die Unruhe, das Nichtsein entgegen, nicht aber den Fortschritt. Sein Geist besaß keinen Körper, an dem er sich hätte bilden und die charakteristischen Linien seines Schicksals eingraben können; er hatte keinen Raum, um ein Besitztum zu erwerben und abzugrenzen. Erst im Schatten des Todes gewannen seine Konturen an Festigkeit und Schärfe. Amiel trug den Fluch eines malerischen und musikalischen Jahrhunderts mit sich herum, ohne seine Tröstungen und Seligkeiten zu genießen.

III Amiel hatte keine Kraft zum Glauben und zur Liebe, und dennoch war er eine gläubige Natur. Seine Seele konnte sich nicht zum Gebet aufschwingen, aber in heimlichen Feierstunden öffnete sie die Tore der Andacht. Sein Ta-

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gebuch ist die tägliche Messe, welche er mit priesterlicher Würde zelebriert. Die Welt, die ihn zermürbte und elend machte, erfährt in den lauteren Symbolen solchen Kultes eine nachträgliche und glanzvolle Auferstehung. Amiel hat in seinem Glauben nichts von der glühenden und unersättlichen Innigkeit des Cherubs. Die seraphische Vielfalt der Formen hat es ihm vielmehr angetan, die im Symbol des Kreises um den Schöpfer gelagert sind. Gott war ihm nicht Inbegriff, sondern Allbegriff. Amiel konnte seinen Willen nicht brauchen, um seinem Gott zu dienen. Und gerade hier liegt der Sinn dieser „vie manquee", dieses langwierigen, mit so viel hoffnungslosem Scharfsinn protokollierten Martyriums. Der Wille, seiner Bestimmung beraubt, gab seinem Dasein die Problematik. Sie drängte seinen Gedanken den neuartigen Gegenstand auf, der mit der Profanierung des Willens aufs engste zusammenhängt: die Psychologie. Das Christentum hatte im Willen das neue Mittel der Einigung zwischen Geschöpf und Gott, zwischen einzelnem und Gesellschaft gefunden. Die moderne Psychologie wollte diese Erbschaft liquidieren, indem sie den Menschen aus seiner metaphysischen Umklammerung entließ. Sie befreite ihn von der Anstrengung des Strebens und belastete ihn dafür mit seinem problematischen Leben. Der Roman ist die Erlebensform, in der sich der neue Weltzustand aufs sinnfälligste verdichtet. Die Weitläufigkeit der epischen Bewegung drängt sich im Spielraum des selbstentzweiten Individuums zusammen. Leben wird zum Abenteuer, das man im eigenen Innern besteht. Die Umwertung des Willens setzt mit Schopenhauer ein. Für den Christen war die Vorstellung eine Lockung zur Sünde und eine Quelle der Täuschung gewesen; die Heilkraft des Willens hatte ihm als die einzig sichere Gewähr der Erlösung gegolten. Schopenhauer kehrt dieses Verhältnis um. Die Welt der Vorstellung tritt in die Verklärung des ästhetischen Scheins und der metaphysischen Ideen, und der Wille als universales Ärgernis erhält das Gewicht des Gegensinns, er behält die ungebrochene Macht eines Weltprinzips. Die dramatische Spannung im Verhältnis des Menschen zum Ewigen hatte damit ihren äußersten Grad erreicht. Schopenhauers negatives Christentum sammelt alle abendlichen Strahlen der gotischen Mystik und des barocken Illuminismus. Erst durch die Scheidung von Wille und Trieb wurde das Bollwerk gebrochen, auf dessen Ruinen die Psychologie der folgenden Zeit ihr Handwerk betreiben konnte. Es ist bemerkenswert, wie Amiel sich mit Schopenhauer auseinandersetzt:

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„ S c h o p e n h a u e r sagt: Alles Leben ist Tätigkeit, alle Tätigkeit M ü h e , alle M ü h e S c h m e r z , folglich ist das Leben ein Übel. Pessimismus. — Indessen ist es nicht wahr, d a ß alle Tätigkeit M ü h e ist; häufig ist Tätigkeit Elan, das heißt Freude, M a c h t g e f ü h l ; der Vogel, der seine Kreise zieht, leidet nicht beim Fliegen, sowenig wie der Spaziergänger durch sein G e h e n . Die bloße T a t s a c h e eines fehlenden Wortes, läßt hier die Anwendung der M a c h t mit der Anstrengung, die E x p a n s i o n mit dem Willen, die Tätigkeit mit der M ü h e verwechseln; die spontane mit der gewollten Aktivität; die erstere ist so mühelos wie die Tätigkeit des Unbewußten [l'activité inconsciente] . . . "

Mit dem Auseinandertreten von Wille und Lebensdrang war die metaphysische Einheit des Menschen durchbrochen, zugleich aber wurde durch die Ergänzung von Bewußtsein und Unbewußtsein der Grund zu einer psychologischen Einheit gelegt. Diese Einheit kann nur durch die Ausbildung von Typen realisiert werden: sie ist eine bewegte Einheit, keine statische mehr, sie liegt nicht fest im Gedanken, sondern instrumentiert sich im Gespräch. „Eine äußerst frappierende Tatsache, die an den Degentausch im , H a m l e t ' g e m a h n t , ist, daß die abstrakten Geister (die von den Ideen zu den Tatsachen gehen) sich stets für die k o n k r e t e Wirklichkeit einsetzen, während die konkreten Geister (die von den Tatsachen zu den Ideen gelangen) gewöhnlich für die abstrakten Gesichtspunkte k ä m p f e n . J e d e r erhebt seine Ansprüche da, w o er seine Kraft nicht hat. J e d e r legt den Wert auf das, w a s er sichtet, und sichtet instinktiv, was ihm fehlt. Das ist der Protest des Unbewußten gegen die Unvollständigkeit unserer N a t u r . "

Und anläßlich der Tagebücher Maine de Birans: „Warum m a c h t Biran aus dem Willen das G a n z e des M e n s c h e n ? Weil er selbst zu wenig Willen besaß. D e r M e n s c h bewertet vor allem, was ihm fehlt und vergrößert alles, was er haben m ö c h t e . Ein anderer, der nicht fähig ist zu denken und einsam [recueillement] zu sein, h ä t t e das Selbstbewußtsein zum höchsten G u t e r k l ä r t . "

In der Analyse, im Durchbrechen der Grenzen, bewährt sich diese Begabung, nicht in der Begrenzung, der Definition. Das schwankende Gelände der Psychologie ist die Heimat seines Geistes geworden. Hier wittert man Morgenluft. Die Unermeßlichkeit und Unendlichkeit seiner Aufgabe widerstrebte der Enge des Systems; ihr unvollendbarer Gegenstand rechtfertigte die Ohnmacht zu gestalten und zu realisieren. „Unser inneres Leben beschreibt alltäglich die regelmäßigen Kurven des B a r o m e t e r s , unabhängig von den zufälligen Störungen, welche die verschiedenen G e w i t t e r der G e f ü h l e und Leidenschaften in uns hervorrufen k ö n n e n . J e d e Seele hat ihr Klima und ist ein K l i m a ; sie hat ihre besondere M e t e o r o l o g i e in der allgemeinen M e t e o r o l o g i e , und die Psychologie wird sich vor der Physiologie unseres Planeten niemals vollenden lassen . . . "

Der notwendig fragmentarische Charakter dieser Wissenschaft verlangte nach einer Form, wie sie das Tagebuch darstellte. Die täglichen Einträge

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waren nun nicht mehr die Ausgeburt einer freudlosen Muße, sondern konnten von Amiel mit vollem Ernst als wissenschaftliche Leistung gebucht werden. Er sah selbst seinen Beruf darin, „die Individualitäten zu verstehen und ihnen, wie Sokrates, als Geburtshelfer beizustehen, alle Elemente der menschlichen Natur ans Licht zu ziehen und den psychologischen Reichtum zu vervielfältigen". J a , er besaß die Macht [spécialité involontaire], die er sich nur mit Schaudern eingestehen wollte, die Macht des Psychoanalytikers, „die hochmütigen Naturen zu unterwerfen, den Geschmack der Sklaverei den Seelen zu geben, welche das Joch jeden Gehorsams abschüttelten". Die Faszination der Psychologie war Amiel vertraut. Aber es war nicht die barbarische Leere, die blinde Allbestimmbarkeit eines verschmähten Liebhabers des Geistes, der in der Kenntnis und Handhabung der Denkprozesse das Mittel zur Macht und zugleich ein willkommenes Werkzeug der Rache findet. Amiel hat seine Psychologie als eine Waffe in berechtigter Notwehr gebraucht. Die Vorsehung hat ihn auf den gefährlichen Kreuzpunkt zweier Kulturen gestellt und den Gegensatz in seine Brust hineingetragen. Was er dachte, fand in seiner Sprache keine Resonanz — seine Empfindung griff in die Reflexion nicht ein. Im Schatten des Deutsch-Französischen Krieges träumte Amiel von einer Germanisierung Europas. D a ß Paris ihn nicht entdeckt hatte, war der heimlichste und tiefste Kummer seines Lebens. Amieis flüchtige Notizen zur Charakteristik der beiden Nationen sprechen am vernehmlichsten in unsere Gegenwart. Die Psychologie, die sich im Leerlauf bewegt und daran Vergnügen nimmt, Stürme im Wasserglas zu entfachen, ist unserer Zeit gründlich entleidet, aber in der aufwühlenden Diskussion um die Kulturwerte 2 bereitet sich ihr eine neue Aufgabe. Es mag wunderbar anmuten, wenn wir hierfür die heimlichen Zeugnisse eines Mannes benützen, dessen Leben und Denken ohne alle fühlbare Nachwirkung geblieben ist. Gewiß, seine Einsamkeit machte ihn ungeschickt für den Austausch seiner geistigen Habe. Z u furchtsam, um seine haltlose Stellung zu befestigen und dadurch die Aufmerksamkeit der Mitwelt zu ertrotzen, mußte Amiel stets in die Mitte der Gegensätze treten. Sein Geist war weder produktiv noch kriegerisch: in der Mittlerschaft hätte er seine eigentümliche Fähigkeit ausüben können. Die Zeit war nicht reif, um sie zu nützen, wie Amiel nicht reif war, um in die Zeit einzugehen. Sie rächte sich damit, daß sie den Staub auf seine verborgenen Notizen ablagerte. Amiel bemerkte es nicht. Oder wer möchte aus den Tagebüchern Amieis „heimliche Z e i t " erahnen, die dem trägen Fluß des Geschehens vorausgeeilt wäre

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und mit irgendeinem Herzton des Erlebens die Stunde seines Schicksals verkündet hätte? Amiel gedachte vielmehr die Zeit auf ehrlichste Weise zu überlisten, indem er die Beweise seiner geistigen Bedeutung am Rande seines Lebens zusammentrug. Dabei war er naiv genug, von den Menschen zu erwarten, daß sie ihn errieten. Mit den geschulten Augen des Analytikers konnte er sich allerdings den durch sein heimliches Treiben immer heilloser werdenden Zwiespalt unmöglich verhehlen. Er hörte nicht auf, über das Mißverhältnis zu jammern, in das er zu aller Welt geriet. Im Grunde hielt er den Zustand bis an sein Ende für aufhebbar. Seine einfache Natur konnte die Lebensbedingungen nicht anerkennen, denen nur ein amphibisches Geschöpf gerecht geworden wäre. Er besaß kein ästhetisches Organ, um die schillernde Zweideutigkeit fruchtbar zu machen. In den Tagebüchern warf er die drückende Last seines Alltags von sich. Er hängte die Zwangsjacke an den Nagel und fand hier die Ellbogenfreiheit, um sich dem weitausgreifenden Plan seiner Organisierung des geistigmenschlichen Verkehrs zu überlassen. Ohne sich im Raum irgend auszukennen war Amiel ein Bewegungskünstler. Auf häufig unternommenen Reisen befriedigte er den neurasthenischen Drang nach Weite und Expansion. Er ließ sich mitreißen von dem Zug der Bilder; in jedem Ausschnitt der Natur fand er die Ganzheit der Schöpfung wieder. Amiel war auch als Reisender Psychologe. Jede Situation war ihm vollendbar; jede Landschaft gab ihm die ganze Spannweite seines Erlebens wieder. Dabei verlockte es ihn nicht, neue Bindungen einzugehen, die besonderen Akzente der Vertrautheit ausfindig zu machen und in der Landschaft seine Wahlverwandtschaft zu entdecken. Er kannte nicht den ewigen Abschied; das Gefühl seiner Grenzen bedrängte ihn nicht, wenn er reiste. Die Richtung der Amielschen Bewegung ist — wenn man im räumlichen Gleichnis reden darf — eine horizontale. Sie breitet sich von Westen nach Osten; sie oszilliert zwischen dem Genfer Protestantismus und dem buddhistischen Nirwana; sie verdichtet sich in dem Gegensatz Deutschland— Frankreich, der in die Fundamente seiner Natur eingebaut war. Auf dieser Ebene findet sich Amiel zu Hause. Die zweite Dimension blieb ihm verborgen, die dem Achsenkreuz unseres Kontinents die Senkrechte gibt, die sich in mannigfachen Nuancen, in bewegten Akzenten und gebirgigen Übergängen von der Ethik des Nordens zu der Dämonie des Mittags erstreckt. Die Schicksalstraße Europas geht von Norden nach Süden. Amiel hat sie nie betreten. Er hat die Probleme unseres Jahrhunderts; er schlägt sich mit ihnen herum; er denkt nicht daran, die Problematik als Gesamtzustand zu bejahen. Die Krankheit, die Neurasthenie empfindet er wie den Eingriff

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Versuch über Amiel

einer feindlichen Macht, die seine besten Vorsätze stört. Er begegnet ihr mit stoischer Verbitterung. Sein Leben bewegte sich in qualvoller Unentschiedenheit auf der Grenze zweier Zeitalter. Amiel hatte das christliche Bürgerrecht verloren. Er fand im Leiden weder die Kraft, um seine Seele in Gott zu verankern, noch den Anstoß zur bürgerlichen Arbeit, die Gewißheit einer irdischen Sendung. Er schaute sehnsüchtig nach der verlorenen Kindheit und sah sich ohnmächtig einer ungewissen Zukunft gegenübergestellt. Die Gefährlichkeit seiner Lage richtete seinen Stolz nicht auf. Die labile Nervenverfassung mußte aber zur elastischen Konstitution verfestigt werden, damit Nietzsches Wille zum Wert, Maurice Barrés' Kultus des Ich sich erheben konnten. Das Bewußtsein der Gefahr konnte den Menschen allein ermächtigen, die Beziehung, die Gott einst zu ihm angeknüpft hatte, nunmehr von sich aus wieder aufzunehmen und das sichtbare Wahrzeichen des Kreuzes, welches einst die Menschen aus allen Richtungen der Welt zur Dienstbarkeit und Nachfolge des lebendigen Gottes geleitet hatte, als geheimes Sinnbild der Selbstbestimmung in der Zeit und der Freiheit über den Raum zu erwählen.

Anmerkungen 1 Henri-Frédéric Amiel wurde 1821 in Genf geboren und starb daselbst 1881. Früh verwaist, wurde er im Hause seines Onkels erzogen. Er studierte in Heidelberg und Berlin, wo die Nachfahren Hegels lehrten (Rosenkranz, Vatke u. a.). Später wirkte er als Professor der Ästhetik und der Philosophie in seiner Vaterstadt. Die erste Ausgabe seiner Tagebücher wurde von Edmond Scherer bald nach seinem Ableben veröffentlicht. Ernest Renan und Paul Bourget beschäftigten sich eingehend mit dem Phänomen Amiel, der junge Hofmannsthal widmete ihm einen seiner schönsten Aufsätze. Aus neuerer Zeit nennen wir die Arbeiten von Albert Thibaudet, Charles Du Bos, L. Bopp, José de la Luz und Fritz Ernst. 2 Höchst interessant ist z. B. eine Äußerung, die Amiel anläßlich der Lektüre von Schillers Briefwechsel mit Humboldt und Goethes mit Zelter getan hat: „Je suis frappé de bien des choses: de l'absence d'esprit religieux chez les deux grands poètes allemands, du manque d'instruction de Schiller, de la sécheresse de Goethe, du déplacement et de l'élargement de l'horizon intellectuel d'alors. On sent un autre âge et d'autres hommes, et le monde a marché. L'absence de religion donne au sérieux de ces deux grands hommes quelque chose de superficiel. Le manque de faits, de réalité, de base rend parfois les idées de Schiller tranchantes et fragiles comme l'abstraction. Goethe reste étranger à l'histoire, et toutes les luttes de son pays, de 1800 à 1815, ne lui arrachent ni un soupir, ni une réflexion. L'égoïsme a été l'étroitesse de cet esprit si large, et par une juste punition l'a rendu incomplet et petit par un côté. Initié à la vie de la nature et à la vie de l'individu, Goethe ne comprend pas la vie historique, l'évolution des peuples. Et quels pas géants ont faits toutes les sciences de la nature et de l'intelligence depuis le cénacle de Weimar! Comme le point de vue du siècle a changé! Comme notre univers physique et moral est plus complexe et plus riche! Mais c'est encore Schiller qui nous comprendrait le mieux!" (Mitgeteilt von Berthe Vadier in ihrer Biographie Amiels).

Deutschland als Thema der französischen Literatur Probevorlesung, gehalten vor der philosophischen Fakultät der Universität Marburg am 29. Februar 1932

Wer heute sich anschickt, über Deutschland als Thema der französischen Literatur zu reden, wird leicht die Erwartung erregen, als hätte er etwas Neues zu sagen über die Möglichkeit einer geistigen Verständigung zwischen den beiden Völkern. Nichts liegt uns ferner als diese Absicht. Im Rahmen einer verstehenden Untersuchung müssen die Forderungen des Alltags schweigen, die auf Ausgleich und Überbrückung, auf ein Verwischen und Verdecken der Gegensätze hindrängen. Verständnis und Verständigung sind zweierlei Dinge. Es sind zwei Verhaltungsweisen, die sich bei näherem Zusehen auszuschließen scheinen. Der Ruf nach Verständigung wird immer ertönen, wo die Wege des echten Verstehens ungangbar geworden sind. Die Verständigung wird erstrebt, weil das Verständnis versagte. Die Verständigung ist der Versuch, mit dem Partner, mit dem man sich nicht mehr versteht, eine Einigung in einer Ebene der gemeinsamen Zwecke anzubahnen. Die verstehende und deutende Geschichtsschreibung kann diesen Zwekken in keiner Weise gefügig sein. Sie muß es vielmehr auf sich nehmen, in der Erkenntnis des fremden Geisteslebens den Widerstreit zu enthüllen, der zwischen den beiden Nationen nicht nur als Wettstreit um den Lebensraum in die Erscheinung trat, sondern als Wettlauf um die Zeit und als ein schicksalhaftes Auseinanderleben in ihr, als „désaccord entre deux rhythmes nerveux", wie Jacques Rivière gesagt hat. Die Frage, inwieweit Franzosen uns je gerecht geworden sind, soll also in diesem Zusammenhang überhaupt nicht aufgerührt werden. Dagegen gilt es, in flüchtigen Umrissen deutlich zu machen, wie die französische Literatur im 19. Jahrhundert die deutschen Gedanken ergriff, um in der Auseinandersetzung mit ihnen ein Bewußtsein ihrer eigenen Sendung zu erringen.

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Während die deutsche Literatur in den früheren Jahrhunderten im wesentlichen von den Anregungen des Westens zehrte, ist ein nennenswerter Einfluß Deutschlands auf Frankreich vor dem beginnenden 19. Jahrhundert nirgends verspürbar. Die deutsche Kultur konnte sich nicht in der Auseinandersetzung, sondern zunächst nur in der von Lessing vollzogenen Abgrenzung gegenüber Frankreich entfalten. Wenn Friedrich Schlegel auf seiner Pariser Reise im J a h r e 1802 nichts anderes fand als „den auffallenden Hang der Natur zur Verschwendung, daß sie eine solche Menge gleicher Individuen hervorgebracht hat, da doch der Charakter, den diese Nation auszudrücken bestimmt scheint, in einem einzigen vielleicht hinreichend dargestellt werden k ö n n t e " , so wirkt das befremdlich im Mund des allverstehenden Mannes (Europa, 1803, S. 18 f.). Und doch war es vielleicht notwendig gewesen, dies einmal so auszusprechen und die Übermacht des durch die Jahrhunderte fortwirkenden Einflusses in der Sinngestalt eines einzigen Gegenspielers zu fassen, wenn Deutschland je überhaupt zur Wahrnehmung und zum Besitz seines zerstreuten und verborgenen Reichtums gelangen wollte. Die Vorbildlichkeit der französischen Geisteshaltung verblaßte, noch ehe die französische Nation den Weg zur Weltmacht betreten hatte. Statt aber trotzig in den gesicherten Lebensraum seiner Tradition zurückzuweichen, wandte der französische Geist seine ganze Spannkraft daran, die neuen Wege mitzugehen und seinen Kulturbegriff auf der H ö h e der in Deutschland einsetzenden dialektischen Bewegung zu erneuern. Frankreich begab sich in die deutsche Lehre, freilich nicht ohne Hemmung und Zögern. Die Auflehnung gegen die dargebotenen Proben romantischer und germanischer Kunst wird vor allem als eine Auflehnung des guten Geschmacks in Erscheinung treten. Im Geschmack begegnen wir dem Hüter der Schwelle; wir müssen seine Rolle mit ein paar Worten kennzeichnen, um die Tragweite des romantischen Einbruchs ins 19. Jahrhundert verständlich zu machen. „Le goût" —, das war für Boileau und seine Zeitgenossen ein Organ der Vernunft, für Voltaire, der sich von Montesquieu leiten ließ, eine Instanz des Schönen in der Natur gewesen: „Notre raisonnement se réduit à céder au sentiment." „ G o û t " galt in beiden Fällen nicht nur als ein Organ ästhetischer Wahrnehmung, sondern als das ästhetische Gewissen schlechthin. Der Geschmack konnte darum sein Wächteramt übernehmen, weil die klassische Geistesverfassung ihrem Wesen nach kritisch gerichtet war, weil sie die Entscheidung über Wert und Nichtwert einer Sache allein in der Gegenwart gelten ließ. Das Ungeheure und das Wunderbare, das Geschichtliche

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und das Christliche konnten im Reich der klassischen Gesinnung keinen Boden gewinnen. Tatsächlich ist am Ende des 17. Jahrhunderts der Kampf gegen die klassische Auffassung um ein historisches und christliches Epos, um Desmarets' „Clovis", entbrannt. Zugleich erwachte das Bedürfnis nach einer geschichtlichen Motivierung, nachdem die Künstler den Boden der klassischen Tradition zu verlassen begannen. So sehen wir aus der Querelle des anciens et des modernes die ersten Anfänge einer geschichtsphilosophischen Spekulation erwachsen. Die Vorkämpfer der Moderne, ein Perrault, ein Fontenelle, glaubten ihre These vom Fortschritt der Künste allein im Rückgang auf die Geschichte sinnvoll begründen zu können. Die romantische Zuwendung zur Geschichte findet in jenem Anlauf der Modernes ihr Vorbild, und auch der Gedanke an eine Entwicklung erscheint bei Perrault im Entwurf. 1 Schon Brunetière hat mit sicherer H a n d die Verbindungslinien gezogen zwischen der Querelle des anciens et des modernes und dem Vorstoß Frau von Staëls und der Romantik; vor allem hat Brunetière auf die Rolle hingedeutet, welche den französischen Frauen in diesem literarischen Streit zugefallen war. Perrault hatte nämlich seinen geschicktesten Z u g getan, als er den Verdacht der Frauen auf eine männliche Liebhaberei hinlenkte, die sich wie eine dunkle Konspiration ausnahm: die Beschäftigung mit der Antike. Tatsächlich war die Kenntnis des Altertums nicht nur dem Buchstaben nach ein Geheimnis der Männer. Die kritische Fähigkeit zur Aneignung des humanen Stoffes wurde zu allen Zeiten für eine spezifisch männliche Fähigkeit gehalten. Die Misogynie war ein ewiges Thema der Humanisten, und auch Boileau hat sich zu einer unbesonnenen Satire auf die Frauen hinreißen lassen, womit er seiner Sache vielleicht mehr Abbruch tat, als ihr die klugen Überlegungen seines Gegners schaden konnten. Im übrigen wird schon in Perraults „Parallèle des anciens et des modernes" gesagt, worin das künstlerische Vermögen der Frauen besteht, das nunmehr den Forderungen des menschlichen Geschmacks gegenüber in die Waagschale fällt: es ist die „sensibilité". Frau von Morinet, durch die emphatische Vorlesung einer Pindarschen Ode neugierig gemacht, läßt sich den griechischen Text von ihrem Gatten übersetzen. Sie wundert sich über die Gehaltlosigkeit und Plattheit der Strophe, worauf der Gatte zurückgibt: „ J e ne pense pas que ce soit un grand reproche à un poète comme Pindare de n'être pas entendu par M m e la Présidente Morinet, ni qu'en général le goût des dames doive décider notre contestation." D a s war ungalant und vielleicht auch ungerecht. Ein dritter Teilnehmer des Gesprächs, der Abbé, legt sich ins Mittel. Die Frauen zeichnen sich ebenso aus durch „la justesse

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de leur discernement" qu'elles ont „pour les choses fines et délicates" wie durch die „sensibilité qu'elles ont pour ce qui est clair, vif, naturel et de bon sens, et le dégoût subit qu'elles témoignent à l'abord de tout ce qui est obscur, languissant, contraint et embarassé ..." 2 Aus der Querelle des anciens et des modernes gehen ins nächste Jahrhundert die beiden großen Strömungen, die nebeneinander und häufig unverbunden miteinander bestehen. Neben der männlichen Welt der Aufklärung gewinnt im 18. Jahrhundert die sentimentale und romaneske Literatur eine immer wachsende Macht. Am Ende des Jahrhunderts erringt die sentimentale Richtung den Sieg über die Aufklärung. Das weibliche Gefühl wirft sich zum Richter auf über den männlichen Geist, und das männliche Selbstbewußtsein zersetzt sich, einer moralischen Pervertierung verfallend, wie sie Laclos in seinen „Liaisons dangereuses" aufgedeckt hat. Der Sturz des männlichen Selbstgefühls durch die hingebende Begeisterung wirkt als das beherrschende Motiv in allen Werken Frau von Staëls. Bisher lebte man in einer Welt des Mißtrauens. Wie Descartes das Mißtrauen zum Hebel seiner Philosophie gemacht hatte, so beleuchtete die niederziehende Ironie Voltaires das ewige Mißverständnis zwischen Mensch und Mensch. Eine weckende Kraft konnte allein vom Vertrauen ausgehen, das, den Weg zur philosophischen Spekulation freilegend, die Beziehung zwischen den Geschlechtern zu bereinigen und den geistigen Austausch zwischen den Nationen neu anzubahnen versprach. So tief Frau von Staël in die Werke deutschen Geistes einzudringen glaubte, so hat sie doch Zeit ihres Lebens das französische Kriterium des Geschmacks aufrechterhalten und die Verstöße gegen diese Instanz auch Schiller nicht nachgesehen, obwohl sie gerade ihm den ehrenvollsten Platz in ihrer Darstellung einräumte. Frau von Staël zeigt sich hierin viel konservativer als etwa ein Literat von der Art Sébastien Merciers, der schon 1784 dem „homme de goût" das Genie gegenüberstellt und den Dichtern geraten hatte, es lieber den Wilden in den amerikanischen Urwäldern nachzutun als den Götzen der Französischen Akademie. Solche Stimmen waren am Vorabend der Revolution nicht selten gewesen, und es ist darum nicht weiter erstaunlich, was Villers, der in Hamburg lebende Emigrant, Frau von Staël entgegenhielt: „Les lettres germaines sont bien au-dessus de ce qu'on appelle le goût en France. Cette décrépite déité de nos boudoirs avec son grêle archet ... et sa perruque à la Louis XV n'est pas faite pour s'asseoir sur le pittoresque Parnasse de la Germanie. Il y a longtemps qu'un coup de pied de la Muse Teutone l'a précipitée dans le bourbier."

In ihrer Antwort bestritt Frau von Staël die Unvereinbarkeit von Geschmack und Genie. 3 Sie war im Gegenteil überzeugt davon, daß der deut-

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sehe Individualismus die in Frankreich ausgebildeten Spielregeln annehmen müsse, wie sie die französische Literatur durch das Vorbild der schöpferischen Ungebundenheit vor der Erstarrung zu behüten glaubte. Das Heil lag nicht in der Verleugnung der nationalen Überlieferungen, sondern in der Annäherung der nationalen Gegensätze. Frau von Staël bemühte sich darum, die Antithese zwischen Frankreich und Deutschland auf einer möglichst breiten Grundlage aufzuzeichnen. Es ist die Antithese zwischen Gesellschaft und Individuum, zwischen Erfahrung und Vernunft. Das Selbstbewußtsein der Nationen sollte durch solche gewagten Formulierungen wachgerüttelt werden. In Deutschland, in Italien, in Rußland war es ihr höchster Ehrgeiz, ein Nationalgefühl zu entfalten und diese Völker in ihre historische Rolle hineinzustoßen. Selbstverständlich kann es nicht die Absicht der Staël gewesen sein, den Universalismus der Aufklärung durch einen wie auch immer gearteten Nationalismus zu verdrängen. Das Versprechen, welches die Aufklärung der Menschheit gegeben hatte, sollte nunmehr durch das vielstimmige Zusammenwirken der frei gewordenen Völker eingelöst werden. Von dieser Seite aus betrachtet, will es nicht allzu paradox erscheinen, daß Madame de Staël, die Politikerin, zu den Anstiftern der Heiligen Allianz gehört. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in Deutschland Sturm zu säen und alle noch unerwachten Völker des Kontinents in Bewegung zu bringen. Dagegen glaubte sie durch die Offenbarung der deutschen Geisteswelt die Franzosen zur Einkehr und zur Vertiefung zu zwingen. Die Idealisierung und Versöhnung des deutschen Lebens ergab sich aus diesem Bestreben, die deutsche Welt zu einem Thema der französischen Literatur umzuformen. Man hat schon häufig auf die idyllischen Züge dieses Gemäldes hingewiesen, auf das Überwiegen der musikalischen Töne, auf den schönen Schwung der Antithesen. Von deutscher Landschaft hat Frau von Staël nur wenig gesehen, aber sie hat es verstanden, auf den Rhythmus des deutschen Alltags hinzuhorchen. Die Ungebundenheit und die oft preziose Herzensbildung der deutschen Frauen, welche den seltsamsten Gegensatz bildet zu dem mangelnden Schliff der Sitten, hat ihr den tiefsten Eindruck gemacht. Wie Frau von Staël, so konnte auch der schärfer beobachtende Benjamin Constant diesen Widerspruch nicht anders erklären als aus dem Naturzustand einer unausgeprägten Zivilisation, aus der Fortdauer jenes Goldenen Zeitalters, in dem die Frauen noch fetischartige Ehren genossen: „C'est assez l'idée des Allemands qui ont gardé, à la civilisation près, le caractère de leurs ancêtres. Plaisirs grossiers, imagination enthousiaste, de là respect pour les femmes." 4 Charles Nodier redet zu seinen Landsleuten in den überschwenglichsten Tönen über „cette Allemagne, la

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dernière patrie des poésies et des croyances de l'Occident", so etwa, wie Don Quijote den Ziegenhirten die Schönheiten der Saturnischen Zeit vor die Seele gestellt hatte. Tatsächlich ist es nicht schwer, in dem romantischen Deutschland-Bild die Umrisse der verzauberten Pastorale wiederzufinden. Das Thema des natürlichen Menschen hatte das 17. Jahrhundert in die Hände der Schäfer gegeben. Später wand man dem Schäfer einen Turban um den Kopf, und schließlich wurde aus dem Usbek ein Candide. Schon bei Voltaire liegen also die Ansätze der bukolischen Deutschland-Auffassung. Aber um von neuem Gewalt über die Menschen zu gewinnen, mußte das abgegriffene Motiv sich mit neuen Vorstellungen vermischen. Die Versenkung in das deutsche Idyll bahnte zugleich die Rückkehr an zu den eigenen Ursprüngen in der Geschichte. Wie jedes historisch gerichtete Zeitalter, so war auch die Romantik in ein doppeltes Verhältnis zur Geschichte geraten. Dem Marsch der von Buffon aus vorwärtsdringenden Entwicklungsgedanken läuft eine andere Bewegung gerade zuwider: die Idee der Rückkehr zu den verschütteten Quellen, zu Rousseaus Natur, zu Fichtes Urvolk und zum Urmonotheismus Schellings. In ihrem ersten Werk, „De la littérature", hatte Frau von Staël den Willen zum Fortschritt aus dem geschichtlichen Handeln erschlossen. Das Deutschland-Buch gibt dem Handeln das Vorbild einer geistigen Verfassung, in der die Schöpferkräfte der Jugend und Züge der Urgeschichte geheimnisvoll weiterwirken. Der enthusiastische Vorstoß Frau von Staëls hat der Romantik in Frankreich zum Durchbruch verholfen. In der Auseinandersetzung mit der deutschen Philosophie versuchen nunmehr die führenden Geister den gelösten Impulsen die neue Richtung zu weisen. Michelet, Edgar Quinet, Amiel gehen den Weg nach Deutschland. Wenn die Staël, von Schlegels Theorien geblendet, den Tatsachen häufig Gewalt antun mußte, um den deutschen Idealismus Frankreich (dem cartesianischen Frankreich!) gegenüber auszuspielen, so hat ihre Vision doch im Hinblick auf Hegels Philosophie eine fast prophetische Bedeutung gewonnen. Durch Hegel wird tatsächlich die Umkehr des Cartesianischen Systems vollzogen: das Bewußtsein, das vordem in der Raumwelt die Gegenstände seiner Tätigkeit wahrgenommen hatte, entfaltet sich nunmehr im Zeitbereich der Geschichte. Durch Hegels Philosophie wurde in Frankreich die Brücke zwischen Romantik und Positivismus geschlagen und zugleich der Anschluß ermöglicht an die soziologische und historische Tradition M o n tesquieus und Voltaires. Nach allen Seiten ebnete sich jetzt der Horizont, und vor dem Räume und Zeiten umspannenden Blick zerfielen die Gegensätze, die noch gestern unversöhnlich erschienen waren. Vor allem trat die

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Antithese zwischen Frankreich und Deutschland mehr und mehr zurück hinter den Leistungen der an Hegel orientierten Einzelwissenschaften, der Geschichtsschreibung Michelets, den Bemühungen Renouviers und Cousins, das Erbe des deutschen Idealismus für Frankreich zu gewinnen. Unter den Jüngern Frau von Staëls wird als einziger Edgar Quinet die Auseinandersetzung zwischen deutschem und französischem Geiste weiterführen. Erleuchtet von „ D e l'Allemagne", begab er sich, wie Michelet und später Amiel, zum Studium nach Heidelberg. Der Zusammenbruch des deutschen Idealismus erfüllte ihn mit Bitterkeit, die sich nach dem Siebziger Krieg zu chauvinistischen Haßausbrüchen steigerte. Ein funkelndes journalistisches Temperament, voll spekulativen Übermutes, hat Quinet fast 50 Jahre lang das deutsch-französische Verhältnis durch all seine Etappen hindurch gesehen. In seinen effektvoll aufgerissenen Perspektiven ist der Akzent für jede einzelne Phase getroffen. Im Anfang wollte Quinet das Verhältnis der beiden Länder in den Gegensatz von Tat und Reflexion auseinanderlegen. Die Entwicklung der idealistischen Philosophie wäre demnach denselben Weg gegangen wie die Französische Revolution. „ K a n t a le même caractère que la Constituante; mêmes espérances illimitées, même enthousiasme du devoir, mêmes acclamations sur sa réforme inattendue. Lui aussi croit retenir l'avenir sur le seuil qu'il entr'ouvre; et puis l'héroïsme est la condition de sa philosophie morale, c o m m e il le devait être de la société enfantée par la Déclaration des droits . . . "

Fichte dagegen „règne couronné de son seul vouloir. Il décrète ... il fait, il défait la création éternelle, comme le génie de la convention dispose de l'histoire qui se fait autour d'elle." 5 D a s Kaisertum stellt Schelling in der Philosophie dar; wie Napoleon mit den Waffen, so erobert Schelling mit seinen Gedanken den Osten. Zusammenfassend: „ L a France est à l'Allemagne ce que l'action est à la réflexion dans le génie d'humanité; et ces deux mondes croissent ensemble et forment l'un pour l'autre l'unité de la société moderne." Frankreichs kulturelle Mission kann nur aus dieser täterischen Anlage hergeleitet werden. Denn sowenig Frankreich den Wettbewerb mit der englischen Wirtschaft aufnehmen könnte, sowenig wird es den Vorsprung einholen, den Deutschland durch seine Wissenschaftlichkeit und Italien durch seine künstlerische Kultur besitzen. Was Frankreich zu geben hat, das ist die Sicherheit seines zivilisatorischen Instinktes. Die vergleichende Nationalpsychologie wurde von Henri-Frédéric Amiel weiter ausgestaltet und in Genf zum Thema einer öffentlichen Vorlesung gemacht, der ersten (unseres Wissens), die sich mit diesem Gegenstand befaßte. Unter allen Spätromantikern ließ sich Amiel am tiefsten von der

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deutschen Welle ergreifen. Mit einem mütterlichen Erbteil germanischer Rasse behaftet, wäre er wie kein anderer dazu berufen gewesen, die Auseinandersetzung um die nationalen Kulturwerte zu einem geistesgeschichtlichen Abschluß zu führen. Amiel ist in Deutschland hängengeblieben, und als er nach fünfjährigem Studium der von den Nachfahren Hegels gelehrten Philosophie nach Genf zurückkehrte, sah er sich außerstande, den Reichtum seiner Ideen in eine schlüssige Form zu binden. Was er dachte, fand in seiner Sprache keine Resonanz; sein Empfinden griff in seine Reflexion nicht ein. Die Situation Amieis war darum heillos, weil Hegelscher Panhistorismus mit dem religiösen Psychologismus Schleiermachers in ihm zusammenstießen. Sein Hunger nach absoluter Wahrheit mußte unerfüllt bleiben an einem relativierten Denken und an einem zur Selbstspannung verkehrten Gottesglauben. Außer dem Tagebuch, der unendlichen Form seiner unbezwingbaren Antinomien, hat Amiel keine wesentlichen Werke geschaffen. Sein Fall läßt indessen gerade in dieser hoffnungslosen Komplikation ermessen, in welcher Tiefe die Ideen Frau von Staëls bis in die innersten Bereiche des Geistes eingedrungen waren. Die Problematik Amieis und die Ernüchterung Quinets blieb den positivistischen Denkern zunächst erspart. Schon durch Hegels Dialektik waren die romantischen Antithesen in Fluß gekommen. Nationale Gegensätze verschwinden jetzt völlig, um einer geistigen Symbiose der Gelehrten Raum zu geben. Durch die Verwissenschaftlichung des Geistes und durch die Vorherrschaft der Naturwissenschaft innerhalb der Wissenschaft wird eine neue übernationale Solidarität des Denkens aufgerichtet. Freilich hatte die kosmopolitische Gesinnung der Wissenschaft damals weniger als je einen Einfluß auf die realen Faktoren. Was hätte auch eine Wissenschaft, die jede Tatsache zu billigen und zu heiligen sich beeilte, der Macht der Verhältnisse entgegensetzen sollen? Der Ausbruch des Siebziger Krieges war für Taine und seine Zeitgenossen ein jähes Erwachen aus einem ängstlich behüteten Schlaf. Die Ratlosigkeit und Verwirrung konnte nicht größer sein. M a n sah sich plötzlich einer chaotischen Welt gegenübergestellt, die bisher geübten Methoden versagten, den veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Im Verhältnis zu Deutschland lassen sich während des Krieges drei Phasen unterscheiden. Man fühlt sich verraten; man zeiht die Deutschen des Abfalls von einem gemeinsamen Kulturideal. Das ist die Note, die in der Polemik Ernest Renans immer wieder durchschlägt. Der Einmarsch der Deutschen in Frankreich wird zum Anlaß einer nationalen Kritik am Habitus der Sieger. Maupassant schildert in einer kleinen Novelle „Mademoiselle

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Fifi" das deutsche Temperament, zwischen hart und weich, zwischen brutalen Ausbrüchen und sentimentalen Anwandlungen hemmungslos hin und her schwankend. Die Kunst der psychologischen Zergliederung ist noch roh, gemessen an dem, was 50 Jahre später ein Jacques Rivière, ein Gaston Riou über Deutschland vorzubringen haben. Schließlich sucht man das Geheimnis des deutschen Erfolges zu entschleiern. Der Sieg der Waffen war ein Sieg der Bildung. „L'instruction supérieure a fait vaincre la France." 6 Diesen Vorsprung Deutschlands einzuholen wird für Frankreich das wichtigste Ziel. Der Kontakt wird wieder aufgenommen mit der deutschen Wissenschaft. Das deutsche Unterrichtswesen wird an Ort und Stelle besichtigt und in einer umfassenden Darstellung als Vorbild einer Neuordnung gewürdigt. Die wissenschaftliche Arbeit wird jetzt von einer neuen Gesinnung getragen, einer Gesinnung, die langsam zur Umkehr und schließlich zum Bruch mit allen Gepflogenheiten des positivistischen Denkens führen mußte. Der Glaube an die Allmacht der Psychologie beginnt zu weichen. Die Wendung Taines zur nationalen Geschichte, der Anschluß Brunetières an die Tradition des 17. Jahrhunderts und die Bekehrung Paul Bourgets sind die wichtigsten Etappen auf diesem Wege. Mit seinem „Disciple" wollte Bourget das Gewissen der französischen Jugend aufrütteln und die Liquidation der lebenszerstörenden Wissenschaftlichkeit vornehmen. Statt aber seine Sache mit einem Zeichen der Wiedergeburt zu verkünden, findet dieser Dekadente gerade in der Aufgelöstheit seiner geistigen Verfassung den Ankergrund seines neuen Glaubens. Im Verhältnis zu Deutschland bildet sich ein dialektischer Nationalismus, der Einsicht zum Trotz, daß der Deutschenhaß das schlimmste aller Vorurteile sei. „La haine de l'Allemagne? Je m'étais appliqué à la détruire en moi, comme le pire des préjugés, par dégoût des camarades imbéciles que je voyais s'exalter dans un patriotisme ignorant, et aussi par admiration, par religion pour le peuple à qui la psychologie doit Kant et Schopenhauer, Lotze et Fechner, Helmholtz et Wundt." 7

Tatsächlich bedurfte der französische Geist von neuem den Beistand der deutschen Philosophie, um den Weg, den diese Vorbereiter gefunden hatten, bis zum Ende zu gehen und die neue Form eines nationalen Selbstbewußtseins zu erringen. Die ganze Paradoxie der französischen Situation, wie sie zwischen 1880 und 1890 bestand, ist damit ausgesprochen. Maurice Barrés hat sich mit allen Reizen der deutschen Nachromantik gesättigt, ehe er das Programm des jungen Frankreich verkündigte. Das geschah durch den „Homme libre", der im selben Jahre herauskam, in dem auch Bourgets „Disciple" erschienen war, 1887. Barrés indessen hatte mit einem Bourget

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nichts mehr gemein. D a s Christentum war für Barrés nicht mehr das Ende einer zersetzten Gedanklichkeit, sondern eine Quelle der Kraft, ein Medium der Konzentration. Bourget war mit seiner überfeinerten Seelenkunst den Weg des Taineschen Determinismus zu Ende gegangen; Barrés verwirft die erklärenden Methoden einer Psychologie, die mit all ihrem Zergliederungsvermögen nicht das einfachste Gefühl verständlich machen könne. Er befreit die Jugend aus dem Netzwerk einer wissenschaftsgläubigen Zeit und weist ihr den Weg zur Wiedergewinnung des Ich. D a s Ich ist nicht ein behaglicher Besitz, sondern eine ständig bedrohte Festung, die mit allen Mitteln einer kriegerischen Frömmigkeit gehalten und täglich neu besetzt werden muß. Im Dienste des Ich wird Barrés asketisch-kontemplativer Priester einer neuen Religion. D a s Verhältnis zur Welt regelt sich jetzt nicht mehr nach Gesetzen, sondern es ist zu denken als eine Bereicherung und Verlängerung der Seele. Alles, was dem Ich identisch ist: alles, was dem Ich zuwächst, wenn es ohne zu suchen die Kräfte des Instinktes benutzt, kann dem Ich angegliedert und einverleibt werden. Ein neues Verhältnis zur Vergangenheit bahnt sich an. Die Sehnsucht nach physiognomischer Freundschaft veranlaßt den rückschreitenden Geist in vergangenen Gestalten Züge der Vertrautheit zu entdecken. Wie die Überlieferung, so trägt auch die Landschaft die wechselnden Konturen seelischer Zustände — das hatte vor Barrés schon Nietzsche und vor Nietzsche schon Amiel gesehen — : in ihren beredten Konturen tastet der betrachtende Geist zurück zur Legende, zu dem mythischen Vorleben des Volkes. Die Landschaft ist darum für Barrés kein Jungbrunnen mehr, der sie für die Romantik gewesen war: die Landschaft wird wegen ihres ehrwürdigen Charakters geliebt. Sie ist Geschichte geworden, wie umgekehrt die niederbrechenden Kulturen sich wieder in Natur verwandeln. Barrés suchte in dieser Zone der Vermischung von Menschenwerken und Naturgewirktem die Inspiration der Folklore. Der jungfräulichen Natur des Hochgebirges, welche einst Senancour der Romantik erschlossen hatte, zieht Barrés das von Leidenschaften ausgeprägte und ausgesengte Gesicht der spanischen Landschaft oder das zerklüftete, in den Dunstkreis des Sterbens gehüllte Venedig vor. Die Mischung der Kontraste und der Wechsel der Kulissen ist nicht aus dem Bedürfnis nach romantischer Flucht hervorgegangen. Im Abstand der fremden Bilder glaubte sich Barrés mit immer wachsender Sicherheit wiederzuhaben, und an der Berührung mit den fremden Kulturen schärfte sich die Wahrnehmung für die wertvollen und entscheidenden Züge der Heimat. Der Geburt des Nationalismus ging die emotionale Entdeckung der Landschaft voraus. Ohne Regionalismus kein Nationalismus! Es hält nicht

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schwer, die deutschen und romantischen Elemente in Barrés' neuem Naturverhältnis zu erkennen, aber es wäre verfehlt, die historische Stunde des Nationalismus durch genetische und motivgeschichtliche Betrachtungen zu verdecken. Der Nationalismus wurde erst jetzt eine Doktrin, denn erst jetzt wird die Nation als Wert der Werte gesichtet und allen anderen Werten übergeordnet. Die katholische Kirche gilt jetzt als ein Gefäß der Ordnung für die französische Seele, und die fremden Nationen treten in den Gesichtskreis, je nachdem sie den Zug zur Sonderung und zum Eigenbewußtsein verstärken oder abzuschwächen drohen. Wie alle jungen Menschen seiner Generation hatte auch Barrés bei Schopenhauer den Mut zur Einsamkeit gefunden, und wie viele von ihnen war er den Weg von Schopenhauer zu Nietzsche gegangen. „Als Tigrane" — so liest man im „Voyage de Sparte" — „mir sagte, daß die Macht dem Geist weichen mußte, da ließ ich durchblicken, daß ich einem Geist mißtraute, der nach so viel Jahrhunderten noch nicht zur M a c h t geworden war." Dem Anteil Nietzsches am Kultus des Ich gesellt sich ein anderer, schwerer zu fassender Einfluß hinzu: Der Einfluß Wagners auf die Thematisierung der Folklore, auf die Tönung und Gliederung der symbolistischen Prosa, welche die impressionistische Aufgelöstheit und Nebenordnung durch den hypotaktischen Ausdruck von Licht und Schatten, von Motiv und Symbol ersetzte. Erwachsen im rhapsodischen Geist der späten deutschen Romantik, bewegte sich der Nationalismus des jungen Frankreich in jenem lyrischen Zustand, in dem die Grenzen des Selbstgefühls zugleich die Grenzen der Erkenntnis bilden. Eine unbefangene Stellungnahme zu dem deutschen Geschehen wurde von diesen Franzosen nicht einmal angestrebt. Die Diatriben, die Barrés, der Politiker, gegen Deutschland gerichtet hat, können daher in diesem Zusammenhang übergangen werden. Barrés war sich seines romantischen und barbarischen Ursprungs bewußt. In Hellas beschleicht ihn Heimweh nach nordischer Landschaft; Griechenland ist für sein Fühlen eine Grenze. Für Charles Maurras, der neben dem neuromantischen Barrés als Führer des französischen Nationalismus steht, war Griechenland eine Erweckung. Maurras, der Südfranzose, hat in der mystischen Klarheit des Lichtes die Heimat des klassischen Geistes gefunden. Der Einfluß Nietzsches ist auch bei ihm wirksam. Er liegt in seiner Konzeption der Griechenheit und in seinem Kampf gegen das evangelische Christentum. Nietzsches männlicher Protest gegen die romantische Zersetzung und Verweichlichung wird von Maurras weitergetragen. Nietzsche ist aber nicht nur der Kronzeuge im Feldzug wider Romantik und

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Revolution, zwei Namen, die für Charles Maurras dasselbe Übel bedeuten: auch bei dem Versuch, die Quelle dieses Unheils aufzudecken, wird Maurras streckenweise in Nietzsches Spuren gehen. Maurras wittert eine jüdischchristliche Verschwörung gegen den abendländischen Geist, den Geist der Ordnung und sozialen Gebundenheit. Der Einbruch in diese gegliederte Welt des Okzidentes konnte nur an der Stelle ihres geringsten Widerstandes erfolgen, da nämlich, wo die römische Zivilisation die Seele der barbarischen Massen nicht gehörig ergriffen und gegen den Anprall der aufrührerischen Gedanken gefestigt hatte: in Deutschland. Die deutsche Innerlichkeit, durch Luthers Aufstand als Dauerzustand des Protestes verewigt, wird damit zur Erbsünde an der europäischen Zivilisation, und es ist nur folgerichtig, wenn Maurras die deutsche Monarchie und den deutschen Militarismus zu bewundern vorgab und als diejenige Organisation ansah, durch die das Chaos der deutschen Subjektivität gebändigt und zusammengehalten wurde. Versuche einer kritischen Deutung des deutschen Zustandes konnten erst sinnvoll werden, wenn sie in einem geistigen Schwerpunkt sich verankern ließen. Diese bindende Mitte sollte das junge Frankreich in Bergsons Lebenslehre erhalten. Hatte einst Pascal durch die Unerkennbarkeit der Extreme den Menschen in seine geschöpfliche Lage zurückgeschleudert, so wird jetzt Bergson versuchen, das menschliche Leben zu deuten als einen glücklichen Grenzfall zwischen dem reinen Gedächtnis, das in zusammenhangslosen Urbildern zeugt, und dem mechanischen Reproduktionsvermögen, der „mémoire motrice". Das Leben des Menschen erscheint wie ein gelungenes Kompromiß zwischen Kontemplation und Routine. Die Bedeutung Bergsons erklärt sich zum großen Teil aus der sicheren Stellung, die seine Lehre in der Mitte des französischen Geisteslebens behauptet. Ihre integrierende Kraft bewährt sich gerade an der Feindschaft, die sie ringsum hervorrufen mußte. Der Bergsonismus versetzte seinen Gegnern den mächtigsten Anstoß der Selbstbesinnung. Durch Bergson wurde der Aufstand der in die dienende Rolle zurückgedrängten Ratio entfesselt (ich erinnere an J . Benda, an Seillière, Lasserre oder auch an Jacques Maritains Neothomismus), durch Bergson der romantische Individualismus ermutigt, den Kult des heroischen und tragischen Menschen wieder ins Leben zu rufen. Der optimistische Schwung des Bergsonschen „élan vital" flöß bei Romain Rolland in die musikalische Innerlichkeit zurück, und die romantische Antithese zwischen Deutschland und Frankreich wurde von ihm noch ein-

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mal in seinem „Jean Christophe" ausgetragen. Wenn Frau von Staël den deutschen Individualismus aus seiner politischen Indifferenz hatte erlösen wollen, so glaubt sich Rolland einem Deutschland gegenüber zu befinden, das in der selbstgewählten Knechtschaft sein geschichtliches Fatum offenbart, den Mittelweg zwischen radikaler Freiheit und absoluter Gebundenheit ewig zu verfehlen. Die Anschauung Deutschlands als eines zweiseeligen Wesens mit Potsdam als Waffenlager und Weimar als Herzkammer durchzieht das ganze Werk, dieselbe Anschauung, die wenige Jahre später das wichtigste Argument der französischen Kriegsführung werden sollte. Viel bedeutsamer als die romantischen Formeln, in denen sich die edle Menschlichkeit Rollands verfangen hatte — hin- und hergerissen zwischen der radikalischen Innerlichkeit des Musikalischen und den radikalen Forderungen des politischen Handelns —, bedeutsamer sind die jüngeren Versuche zweier von Bergson entscheidend beeinflußter Geistiger, die deutschen Widersprüche in einer Strukturbeschreibung der deutschen Seele zu versöhnen. Beide Werke sind in der deutschen Kriegsgefangenschaft entstanden. Es ist das „Journal d'un simple soldat" von Gaston Riou und Jacques Rivières „L'Allemand". Riou hatte schon vor dem Krieg mit einer aufsehenerregenden Schrift „Aux écoutes de la France" in die Diskussion des jungen Frankreich eingegriffen und die Theorie des Niedergangs der lateinischen Rasse als ein aus Deutschland eingeschlepptes D o g m a angefochten. Die Nation sei dem Gesetz der Entwicklung nicht unterworfen, sondern durch ihre schöpferische Freiheit befähigt, sich selbst in jedem Augenblick der Geschichte zu erneuern. Diese bergsonisch gefärbte Auffassung der Nation ließ sich mit dem eigennützigen Patriotismus der Action Française so wenig in Einklang bringen wie mit dem Kirchturm- und Winkelnationalismus eines Maurice Barrés. Frankreich war stets universal, solange es bei sich selber war. Jeanne d'Arc, Coligny und die anonymen Helden der Revolution glaubten, indem sie Frankreich dienten, die Sache der Menschheit zu vertreten. Der französische Patriotismus ist immer idealistisch gewesen. Er ist „en fonction d'humanité". Von dieser Erkenntnis aus fühlt sich Riou gedrängt, einen doppelten Kampf zu führen gegen den katholischen Atheismus der Nationalisten wie gegen den Mißbrauch, den die Dekadenten vom Schlag eines Bourget mit der Kirche treiben. „Was die Kinder des Jahrhunderts von der Kirche verlangen, das ist vor allem, ihnen nicht zu gleichen, ihrer durch Selbstkritik zersetzten Intelligenz den festen, über alle Meinungen erhabenen Punkt zu geben und ihrer durch die Revolution und ihr ewiges Wiederaufflakkern aus dem Gleichgewicht geworfenen Sensibilität das beruhigende Schauspiel einer sich selbst gleichen Kraft vorzuführen."

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Im Gegensatz zu Charles Maurras sieht Riou die Revolution nicht an als den Abfall des französischen Menschen von seinem Wesen, sondern als seinen größten Aufschwung, bei dem er seine Kräfte notwendig überspannen und eine lange Ermattungskrise nach sich ziehen mußte. Die Franzosen haben Angst bekommen vor ihrem eigenen Mut. Das Frankreich des Fin de siècle ist den Konsequenzen der eigenen Geschichte ästhetenhaft oder psychologistisch ausgewichen. In der deutschen Kriegsgefangenschaft wird Gaston Riou den Zustand eines Volkes analysieren, das den Mut zu einer solchen Revolution überhaupt nicht aufgebracht hat, und darum, weil es ihm nie gelungen war, seine innersten Kräfte in eine sammelnde Bewegung hineinzuwerfen, ein nationales Selbstgefühl aus sich heraus gar nicht entwickeln konnte. Die Masse der Deutschen lebt Riou zufolge in einem vegetativen Zustand, ähnlich wie die Masse der Franzosen vor 1789 gelebt hatte, nur um die nächsten Sorgen sich kümmernd und von blindem Respekt vor den Obrigkeiten erfüllt, die wie Regen und Sonnenschein eine unberechenbare Schicksalsmacht über sie besitzen. Wenn einst, zu Frau von Staëls Zeiten, die geistige Z o n e die einzige war, in der sich der Deutsche mit Freiheit und Glück bewegen konnte, so ist heute das wirtschaftliche Gebiet seinem individuellen Unternehmungsdrang freigegeben. „Ii se targuait d'être Grec; aujourd'hui il se contente d'être Carthaginois." Die persönlichen Erfahrungen der Kriegsgefangenen ergänzen dieses Bild: die neuen Gefangenenwärter, die jedesmal voll böser Gedanken ins Lager kamen, hätten alsbald vor der überzeugenden französischen Vitalität kapituliert. Bald sei alles wieder in seine alte Ordnung geraten, allerdings nicht in die deutsche, sondern in eine französische Ordnung. „Unsere jungenhafte Unbefangenheit, unsere liebenswürdige Impertinenz tun ein übriges. Sie bewachen uns nicht mehr, sie schauen uns zu, sie w o h n e n unserem Leben bei . . . Wenn wir ihnen auf den B a u c h klopfen, so wissen sie nicht recht, o b wir sie lieben oder o b wir uns über sie lustig machen . . . "

Ein solcher Zustand der Eintracht wäre allerdings in dem bayrischen Lager nicht wohl eingerissen ohne die stillschweigende Duldung des Kommandanten, von dem Riou im Ton der unbedingten Ehrfurcht redet. Die vitale Schwäche ist darum nicht das letzte Wort, das Riou über Deutschland zu sagen hat. Die überlegene Menschlichkeit dieses Lagerkommandanten wurde von Riou dankbar anerkannt, und auf der andern Seite hat er es verstanden, in den flüchtigen Begegnungen die dauernden Züge des bayrischen Stammes, seine drollige Einfalt, seine artstolze Haltung und seine

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tiefwurzelnde Katholizität festzuhalten. Riou vermied es, aus seinem Zustand zu allgemeineren Schlüssen vorzudringen. Aus seinem Glauben an die Fortdauer der Französischen Revolution als einer geistigen Haltung wird es verständlich, daß er den deutschen Willen zur Wirtschaft und zum Sachlichen als mechanistischen Leerlauf in die Zukunft auffassen mußte und auf der anderen Seite die deutsche Humanität mit den Farben einer aufklärerischen Anciennität ausschmückte. Die französische Vitalität bewegt sich zwischen diesen beiden Extremen. Die Ausdeutung des französischen Nationalgefühls als „élan vital" ist auch das Grundmotiv einer graziösen, in der Nachkriegszeit entstandenen Geschichte von Jean Giraudoux: „Siegfried et le Limousin". Man sieht hier einen kriegsverletzten Franzosen, der das Gedächtnis verloren hat, in einem süddeutschen Staat zu diktatorischer Macht aufsteigen und auf dem Instrument der dienstbereiten Verwaltung ein revolutionäres Furioso aufspielen. Aus einer Vermischung mechanischer Verhältnisse mit einem vitalen Impuls entsteht die komische Wirkung, die Bergson in seiner Schrift über das Lachen auseinandergelegt hat. Tatsächlich hat die französische Sensibilität durch Bergson ihre metaphysische Rechtfertigung erhalten. Erst Bergsons Philosophie hat es den Franzosen möglich gemacht, das Ereignis der Revolution zu ertragen und sich selbst in ihren Impulsen zu begreifen. Damit hat auch der Streit um die Romantik, von Seillière, Lasserre, Maurras wieder entfesselt, einen möglichen Abschluß gefunden. Hatte einst die Romantik in Deutschland das Gegengift gegen die revolutionären Konsequenzen der französischen Haltung gesucht, so bahnt sich jetzt ein Gleichgewicht an zwischen Spontaneität und Tradition, zwischen den ausbruchsbereiten und den erhaltenden Kräften in der französischen Seele. Nur aus dieser klassischen Wiederbesinnung heraus konnte der Anreiz entstehen, den Nachbarn im Osten ins Auge zu fassen und die gewohnte Schablone durch eine originäre Deutung zu ersetzen. Ein solcher Versuch liegt vor bei Jacques Rivière, der seine dreijährige Kriegsgefangenschaft dazu benützte, sich die Deutschen von der Seele zu schreiben. Rivières Klassik — um dies gleich vorwegzunehmen — ist nicht die einfache Rückkehr in die Ruhe der Tradition. D a s Wiedererstarken der klassischen Richtung hat einige Frankreich-Kenner — Sieburg vor allem — in den letzten Jahren veranlaßt, das Geistesleben dieses Volkes wie einen inmitten aller Erschütterungen stehengebliebenen Kulturschutzpark anzusehen. Nichts ist irriger als diese Auffassung, die unlängst von Ernst Robert Curtius mit Recht angegriffen wurde. Wenn wir auf die Klassik eines André Gide oder eines Jacques Rivière hinsehen, so ist da von einer Beruhigung

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und von einem Rückfall in die erloschenen Kategorien nichts zu verspüren. Geschmack ist nicht Geschmäcklertum, gegründet auf die Übereinstimmung, den Beifall der Mittelmäßigen, sondern Ruf einer Sensibilität, die durch den Anblick und durch die Auseinandersetzung mit dem Bösen erstarkt ist. Rivière findet die Kraft der Selbstbestimmung erst in der Gefahr, die Sphäre der Reflexion erst in der Bewegtheit des Lebens. „Je ne vois clair qu'au contact de la vie." Das Erlebnis Deutschland bedeutet für ihn mehr den Anlaß und die Folie zur Ausmalung des französischen Klassizismus, die schicksalhafte Frage an Frankreich, welche man gehört und beantwortet haben muß, um eine gültige Entscheidung für Frankreich zu treffen. Sein Buch ist gewiß von hellsichtigem Haß diktiert und nicht von verstehender Liebe. Die Bedeutung dieses „Allemand" ist aber darum unbestreitbar, weil Rivières Erkenntniswille sich nicht an irgendwelchen letzten nationalen oder religiösen Positionen bricht, sondern die Sache Frankreichs in den Zweifel hineinreißt und in der schmerzlichen Gewißheit ausläuft, daß Frankreichs Zukunft nur noch in dem M u t zu einer Vergangenheit bestehen kann. Der Ausgangspunkt Rivières ist bergsonianisch wie der Ausgangspunkt Rious. Überall behauptet sich der französische Lebenswille, auch in der Unterworfenheit der Gefangenschaft und auch in den Niederlagen, welche in jenen Jahren den Nimbus Frankreichs verdunkelten. Dieser Lebenswille offenbart sich in der Sicherheit des Instinktes, der auf jede Lebenslage eine entschlossene und gefühlsbetonte Antwort weiß, er äußert sich in einer artikulierten Sensibilität, in dem spontanen Vermögen, zwischen schön und häßlich, zwischen recht und unrecht, gut und böse, zwischen Wert und Nichtwert zu entscheiden. Die Unmittelbarkeit des Franzosen steht im Gegensatz zu der amorphen Seelenverfassung des Deutschen, zu der ursprünglichen Unentschiedenheit seiner Gefühle und der naiven Unfähigkeit, in der eigenen Seele die Elemente für eine entschlossene Stellungnahme zu finden. Verhalten und Denken des Deutschen bewegt sich daher nicht in der Entscheidung zwischen den Werten, sondern in der grenzenlos geöffneten Sphäre des Möglichen. Hier ist der Punkt, wo Rivières Kritik an den Deutschen sich berührt mit Lasserres Kritik an der Hegeischen Philosophie und an der von ihr vorgenommenen Identifizierung von Subjekt und Objekt, von Denken und Sein. Rivière glaubt, die entscheidenden Züge dieser geistigen Verfassung schon bei Kant vorzufinden. Schon Kant habe die Vernunft ihres unmittelbaren Erkenntnischarakters entkleidet, schon Kant die Rolle der Ideen modifiziert und sie zu Forderungen umgebogen. Rivière analysiert dann einen Aufsatz Natorps über die kulturellen Aufgaben des Deutsch-

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turns. Er demonstriert an diesem zufällig gegriffenen Beispiel, wie der deutsche Geist die partikularisierende und analytische Funktion für seine synthetischen Leistungen überall voraussetzte, ohne sie selbst zu vollziehen. Der deutsche Geist beanspruche das Recht für sich, über Zusammenhänge zu spekulieren und hinwegzuspekulieren, die er in ihren Einzelheiten nicht vorher erkannt und zergliedert habe. Die deutsche Kultur bemächtigt sich aller Ideen und verwandelt sie alle: „Der innere Widerstand der Ideen wird gebrochen, sie lehnen sich ermattet aneinander, sie legen den Kopf auf die Schultern des Nachbarn wie eine zusammengedrängte Gruppe von Schläfern." Rivière bleibt bei solchen Bildern nicht stehen, welche die dynamische Natur der Sache verfehlen. Wie Rivière für die fehlende Spontaneität des Deutschen eine Urschöpfung des Willens annimmt, so muß er auch zugeben, daß die mangelnde Artikulation der Ideen durch ihre Bewegtheit und Bezogenheit ausgeglichen werde. Die deutsche Kultur erscheint ihm deutlich als Aufbruchsbewegung des Geistes, als Aufbruch um jeden Preis. Auch der deutsche Krieg sei aus diesem faustischen Willen zum Aufbruch geboren. Nachdem Rivière den Zug des deutschen Geistes einmal wahrgenommen hat, bleibt ihm kein Recht mehr der Kritik, sondern nur noch die Wahl, sich ihm anzuschließen oder entsetzt zurückzutreten. Rivière sagt dann auch ganz klar, daß er den Deutschen nichts vorzuwerfen habe, aber daß er sie verabscheue. Der einzige Vorwurf, der sie trifft, ist der, daß sie sich zuwenig schuldig gemacht haben. Sie haben den Krieg nicht mit dem Ehrgeiz geführt, den anderen Völkern die Form ihrer Herrschaft aufzudrängen, sie zu beglücken oder zu unterwerfen, sondern aus der bloßen Sehnsucht, sich selbst durch das Erlebnis des Krieges zu gewinnen. Dieser Krieg sei von selten Deutschlands aus ein interrogativer Krieg gewesen und könne daher geschichtsnotwendig von Deutschland nicht gewonnen werden — Rivière schrieb das im Sommer 1918 —. Trotz dieses vorausgesehenen Ausgangs ist sich Rivière bewußt, daß eine Niederlage Deutschlands den Sieg Frankreichs nicht mehr aufrichten kann. Er weiß, daß letztlich die Zukunft dem Werden gehört, auch wenn dieses Werden seinen Ausgang in der Allbestimmbarkeit einer unentschiedenen Seele genommen hat, und daß das Sein, auch wenn dieses Sein in der Tätigkeit, im „être en acte" erschlossen wird, doch in die Defensive gedrängt ist, daß Frankreich in der führenden Rolle sich nicht mehr bewähren kann. „Ich kenne die Wirkung nur zu gut, die wir Franzosen auf die Deutschen ausüben. Über alles, was man ihnen vorhält, werden sie ohne Zweifel nur lachen. ,Ihr seid viel zu verkrustet', werden sie uns sagen, ,ihr laßt euch durch all das lahmen, was ihr einmal wahrgenommen habt. Ihr kennt nur die Pflichten gegen die Vergangenheit, und wir — wir kennen nur eine Verpflichtung gegenüber der Z u k u n f t . ' "

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Anmerkungen 1 Man glaubt sich dadurch berechtigt, von einer romantischen Einstellung als einer typischen literarischen Haltung zu sprechen. Das Übergreifen des Romantischen ins Allgemeine soll aber nicht dahin führen, daß die Romantik aus ihrem geschichtlichen Lebensraum herausgehoben und daß der Akzent ihrer geschichtlichen Einmaligkeit verwischt wird. Auch kann es sich nicht darum handeln, einen Begriff in Umlauf zu setzen, der nunmehr in zwei verschiedenen Bereichen eine verschiedene Bedeutung besitzt. Die Aufstellung des romantischen Typus wurde erst möglich dadurch, daß die romantische Anlage in einer bestimmten historischen Situation einen Träger fand, daß sie sich geschichtlich durchsetzte. Man wird daher sinnvoll von einer romantischen Haltung stets nur im Hinblick auf die romantische Bewegung und ihre Träger reden. Die konkrete Geschichte kann allein die Quelle sein für eine etwaige historische Typologie. 2 Parallèle des anciens et des modernes. Paris 1688 (Coignard), S. 27 ff. 3 Die Korrespondenz zwischen Villers und der Staël findet sich bei Jan Allan Henning: „L'Allemagne" de Mme de Staël et la polémique romantique. Paris 1929, S. 9 ff. 4 Journal intime. Ed. Melegari, Paris o. J. [1928], S. 7. 5 Edgar Quinet. Ed. Gautier, Plön 1917, S. 73 f. 6 Flaubert, Corr. IV, S. 80. 7 Le disciple. Paris o. J. [1910], S. 169.

Bonald und die Theorie der Restauration

Bonald 1 gehört zu jenen zielbewußten Geistern, die an die Grenze der Zeiten treten, um die Menschen zu ihrer Ordnung zurückzurufen. Kampfgenosse Joseph de Maistres, weiß er sich im Besitz jener Lehre, die allein den philosophischen Anwandlungen der französischen Restauration die Würde und Geschlossenheit eines Systems geben konnte; sie bewahrt ihn davor, den Lockungen Lamennais' zu verfallen und die zeitlose Wahrheit in den Tumult der demagogischen Leidenschaften zu stürzen. Sein reaktionärer Standpunkt hindert ihn nicht, die Gesetze zu erkennen, welche die Unruhe der Gegenwart bewirken. Die Kraft seiner Diktion, die Unbedingtheit seiner Haltung und die Weite seines historischen Maßstabs heben sein Werk über all das hinaus, was im romantischen Frankreich an religiösen Impulsen verflackerte. Bonald tritt mit voller Bewußtheit dem neuen Jahrhundert als Hüter der Schwelle entgegen. In seinem unversöhnlichen Geist sammeln sich noch einmal die herrschenden Gedanken der christlich-katholischen Epoche, um Gericht zu halten über den Aufruhr des „Menschen". „Ancien habitant de cette contrée dévastée, j'indique à ceux qui sont nés après les jours de désolation les antiques limites de notre c o m m u n héritage" („Als alter Bewohner dieses verwüsteten Raumes zeige ich denen, die nach den Tagen der Zerstörung auf die Welt gekommen sind, die alten Grenzen unserer gemeinsamen Erbschaft.") (II, 174).

Bonald weiß, daß die alten Ordnungen zerbrochen sind; er sieht voraus, daß mit ihrem Zerfall das menschliche Selbstbewußtsein sich zum Herrn der Leere aufschwingt und vergeblich trachten wird, in sich selbst einen Halt und eine Grenze zu sichten. Ohne den Verlauf der idealistischen Philosophie in Deutschland zu kennen, nimmt er doch ihr Ergebnis voraus. „In stiller Ruhe, wechselvoller Einfalt" wähnte Schleiermacher „ununterbrochen das ganze Leben der Menschheit in sich zu führen." Aber die alles

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bestimmende Reflexion hatte selbst keine andere Bestimmung gefunden als die freie Bestimmbarkeit, in der sich der ästhetische Zustand der deutschen Klassik auslegt. Das Selbstbewußtsein besaß keinen konkreten Standpunkt in der Welt; indem es das Ganze zu seinem Gegenstand gewann, wurde es weltlos. Die kritische Methode mußte zu einem Kritizismus führen, der in einer aufgelösten Kulturordnung seinen Gegenschein hatte und schließlich fassungslos den Aufruhr der entbundenen Lebensmächte über sich kommen ließ. Bonaids geschärftem Blick entgehen die Zeichen nicht, die den Untergang des „Menschenreiches" verraten. Von den freiheitlichen Ideen sagt er, daß sie den Assignaten gleichen: sie täuschen dem ersten Besitzer einen falschen Reichtum vor und machen seine Kinder zu Bettlern. Das Zeitalter der bürgerlichen Freiheit, das die Gesellschaft auf die Natur „des Menschen" gründet und seine Natur in die Abstraktheit der Reflexion verlegt, dieses Zeitalter ist nach Bonaids Auffassung der erklärte Abfall der Menschen von ihrem eigenen Wesen. Denn der Mensch „ist böse von Natur, gut allein durch die Gesellschaft" (VI, 118). Indessen hat die Anarchie die Menschen nicht einmal heiterer gemacht, sondern ihnen jenen lastenden Ernst aufgeprägt, den wir an allen großen Söhnen des vergangenen Jahrhunderts finden. Nur wo die Bindungen noch bestehen, kann der Geist sich zu sorgloser Freiheit erheben. In einem aufgelockerten Dasein muß er an jede Entscheidung das ganze Gewicht einer absoluten Verantwortlichkeit herantragen. Die Krise wird zum Dauerzustand, zur Problematik, in der die Verzweifelten ihre Heimat finden. Das aus seiner Ordnung gefallene Dasein wird in seiner letzten Tiefe als Schmerz empfunden. Das christliche Jammertal hat alle Kennzeichen einer irdischen Hölle angenommen. Daher das beständige Streben, durch Reiz und Rausch, durch Lustgewinn die Einsicht in die Unerträglichkeit des D a seins zu übertäuben. D a ß das menschliche Glückverlangen durch die Lustbegierde der isolierten Individuen abgelöst wurde, ist für Bonald das schlimmste Anzeichen einer heillosen Werteverwirrung. In dem Verhalten von Mensch zu Mensch ist diese Wandlung noch klarer erkennbar. Die Nächstenliebe verflüchtigt sich und verdirbt in der unbestimmten, modernen Philanthropie. Sie vermag es nicht einmal, die von der Kirche in jahrhundertlangen Bemühungen erkämpfte Achtung des Menschen vor dem Menschen zu wahren und den schmählichen Sklavenhandel zu drosseln. „Les institutions les plus charitables ont été établies par des h o m m e s austères, et détruites par des philanthropes. En France, on a substitué moralité à morale; en Allemagne, religiosité à religion; partout, honnêteté à vertu. C'est à peu près la même chose que le crédit,

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substitué à la propriété" („Die menschenfreundlichsten Einrichtungen sind immer von unerbittlich strengen Naturen geschaffen und von Philanthropen wieder zunichte gemacht worden. In Frankreich hat man die Moral durch einen M o r a l i s m u s , in Deutschland die Religion durch eine Religiosität, in aller Welt die Tugend durch den gesellschaftlichen Anstand ersetzt. D a s ist ungefähr dieselbe Sache wie der Kredit, der an die Stelle des Eigentums tritt.") (VI, 273).

Die soliden Einrichtungen sind ersetzt worden durch vage Prinzipien, in denen das entwurzelte Individuum die Spielregeln für seine eigennützigen Interessen wahrnimmt oder einen Freibrief für das Elend findet. Die Auflösung der gesellschaftlichen Einrichtungen wirkt auf das Individuum zurück, auf sein Wertgefühl und auf seine Urteilskraft, und zwar in dem Sinne einer schwindenden Sicherheit des moralischen Reaktionsvermögens, einer allgemeinen Verwischung der Gegensätze. Die Menschen sind keineswegs verderbter, wohl aber oberflächlicher geworden: „ L a révolution a moins corrumpu les mœurs qu'elle n'a affaibli les esprits. La connaissance des h o m m e s et de la société paraît surtout entièrement effacée; et on ignore à la fois ce qu'il y a de mauvais dans le cœur de l ' h o m m e et ce qu'il y a de bon . . . " („Die Revolution hat weniger die Sitten korrumpiert, als die Geister geschwächt, die Kenntnis des Menschen und der Gesellschaft scheint überall vollkommen erloschen zu sein: man weiß ebensowenig mehr, w a s d a s menschliche Herz Gutes, wie w a s es Böses v e r b i r g t . . . " ) (VI, 192).

Bonaids Kritik der Revolution unterscheidet sich von jener Eintagskritik, die wie eine Staubwolke hinter den großen Ereignissen dreinzog. Niemals gerät er in die schiefe Lage eines laudator acti temporis. D a s Verderben wird nicht von ihm aus dem Mangel des Glaubens hergeleitet, sondern auf eine grundsätzlich falsche Orientierung des Menschen zurückgeführt, die sich auf allen Gebieten des zeitgenössischen Lebens gleich verhängnisvoll auswirken mußte. So gelangt Bonald dazu, die moderne Zeit in ihrer Gesetzlichkeit zu fassen als einen Zusammenhang von miteinander verflochtenen Erscheinungen. Seine Kritik an der entstehenden Zeit ist nicht weniger radikal als die rückblickende Kritik der spät- und nachromantischen Philosophen. Während aber die romantische Kulturkritik aus der Selbstkritik eines gegenstandslos gewordenen Bewußtseins aufbricht, sieht man Bonald mit dem Maßstab einer Wahrheit umgehen, deren Geltung völlig außerhalb der Subjektsphäre zu liegen scheint. Es ist die Wahrheit des katholischen Glaubens, aus dessen Traditionen Bonald das Werkzeug seiner Geschichtsinterpretation schmiedet. Das Christentum an und für sich war kein hinreichend starker Schutz gegen die Verführung der Romantik. Im Gegenteil: für die auf sich selbst zurückgeworfene Existenz war das Christentum die Verheißung einer Bindung, die man in der eigenen Reflexion vergebens ge-

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sucht hatte. Es bildete sich die Notwendigkeit des Glaubens heraus, d. h. der Glaube war der geometrische Ort, in dem die Selbstwidersprüche des modernen Individuums zusammenliefen. Damit ist nun aber gerade die Problematik der modernen Situation vor diesem Christentum bezeichnet. Der Glaube als Forderung vermochte die Tatsache des Glaubens nicht zu ersetzen. Während noch Pascal von der Gewißheit des Glaubens aus die Widersprüche des menschlichen Daseins aufzeigen konnte, entsteht jetzt aus der unhaltbaren Lage des Menschen das Bedürfnis nach Glauben. Kein Wunder, daß dieses Verlangen nach übergreifender Wahrheit die verschiedensten Inhalte an sich zog. Chateaubriand führte den Beweis für das Christentum aus der Poesie, und Lamennais sucht dem christlichen Gebot das Gewicht der proletarischen Forderung anzuhängen. Solch ein Glaube spiegelt offenbar nur die Unruhe des Menschen wider; er ist keine Kraft, die sie aufhebt, sondern nur eine Projektion, die auf einer „höheren" Stufe dasselbe Grundverhältnis in Erscheinung treten läßt. Bonald hat nichts von den Komplikationen des romantischen Glaubens. Sein Glaube ist kein Bedürfnis aus dem Innern, sondern eine Bestimmung, an der sich sein Dasein mit unweigerlicher Konsequenz ausrichtet. Dieser Glaube ist nicht die ultima ratio des bankerottierenden Menschen. Er hat keinen Fraglichkeitscharakter, er ist gerade das, was seiner Natur nach jenseits von allem Zweifel liegt. Die Ungebrochenheit der Bonaldschen Glaubenshaltung bewährt sich schon auf der elementaren Ebene des Stiles. Wir haben bei Bonald zwei Typen der Diktion zu unterscheiden. Die scharfgegliederten Perioden der systematischen Aufsätze drängen sich in den aphoristischen „Pensées", die Bonaids ganze Lebensarbeit begleiten und erhellen. Die Keimblätter seiner Lehre hängen in diesen Aphorismen zusammen. Sie bergen eine Wahrheit, die der Leser entwickelt; sie stellen kein Gleichnis dar, in dem sich die Abgründigkeit des Subjektes auftut. Bonaids Pensées haben nichts gemein mit den ziselierten Aphorismen des zuviel bewunderten Joubert, in dessen eklektischer Formkunst eine ewig schwankende Seele verhärtet: „ J e suis comme une harpe éolienne", sagte Joubert von sich, „qui rend quelques beaux sons, mais qui n'exécute aucun air. Aucun vent constant n'a soufflé sur moi" („Ich bin wie eine äolische H a r f e " — sagte Joubert von sich — „welche manchmal schöne Töne von sich gibt, aber die nicht den langen Atem für eine Melodie hat. Kein beständiger Wind hat mich jemals getrieben.").

Die verbale Stoßkraft der Bonaldschen Sätze behauptet sich gegen alle Versuchungen der romantischen Prosa, in der alle Dinge evoziert und als Erscheinungen alsbald verflüchtigt werden. Bonald schreibt nicht, um sich in

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ein Verhältnis zur Wahrheit zu setzen, noch um die Wahrheit zu suchen, sondern er sucht die Menschen zu ihr. Und hierin eben liegt seine schriftstellerische Mission begründet, daß das Publikum ein wesentliches Element seines Stiles ist. Weder begnügt er sich damit, die Wahrheit erkannt zu haben, noch fühlt er sich dazu verurteilt, dem Absoluten in der Unendlichkeit nachzustreben. Bonald ist in der Wahrheit, indem er sie anerkennt, d. h. indem er den Irrtümern antwortet. Das Gefühl dieser Sendung ist bei Bonald nicht das Ergebnis einer langen und krisenreichen Entwicklung. Zweifel und Schwankungen bleiben ihm erspart. Die Intoleranz ist für ihn kein Vorwurf, da sie dem höchsten Wesen anhaftet. Gott ist „intolérant de toutes les erreurs" (Gott ist „intolerant gegen alle Irrtümer".) (VI, 349). Unparteiisch kann man wohl in bezug auf die Menschen sein; die Sache aber will, daß man für sie Partei ergreife: „L'impartialité à l'égard des personnes est la justice; l'impartialité dans les opinions est de l'indifférence pour la vérité ou de la faiblesse d'esprit" („Die Unparteilichkeit gegenüber den Personen ist Gerechtigkeit; Unparteilichkeit in den Ansichten ist Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit oder Geistesschwäche.") (VI, 323).

Der Grundzug im geistigen Leben Bonaids ist unerbittliche Sachlichkeit. Sie ist der unverlierbare Rückhalt seiner moralischen Überzeugungen, der unbedingte Maßstab, mit dem er sich selbst und alle Menschen mißt. Das Maß der Sachlichkeit allein entscheidet über das Bestehen der Verhältnisse. Nicht auf den Menschen kommt es an, sondern auf die Sache allein: „Les faibles se passionnent pour les hommes, et les forts pour les choses" („Schwache Naturen begeistern sich für die Menschen und die starken für die Sachen.") (VI, 84). Aus dem subjektiven Menschentum, aus der Innerlichkeit kann kein Anrecht auf echte Größe erwachsen. Groß ist ein Geist nur, insofern ihn große Gegenstände ergreifen. „Ii n'y a de grandes pensées que sur les grands objets" („Große Gedanken gibt es nur über große Gegenstände.") (XI, 447). In den Einrichtungen steckt viel mehr Geist als in den Menschen, die sie benutzen, „car à la longue les bonnes institutions rendent les hommes meilleurs" („denn auf die Dauer machen die guten Einrichtungen die Menschen besser".) (VI, 95). Die Religion hat „dem Menschen" nichts zu geben, wohl aber kann sie ihn behüten, „de devenir trop mauvais" (ihn behüten, „zu schlecht zu werden"). Die Unselbständigkeit und Schwäche des Menschen ist für Bonald — wie für Pascal — ein Axiom. Während aber die Jansenisten den Glauben an die Vernunft unterwühlen und damit die Schwäche des Menschen verunendlichen, sucht Bonald in der Richtung auf die positiven Bindungen das Heil.

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In dem irrationalen Rigorismus von Port-Royal sieht er nur eine Larve des Subjektivismus, dem die moderne Philosophie huldigt, wenn sie das Wesen des Menschen verlegt in den „état faible, misérable, ignorant, barbare, de la vie sauvage" („schwachen, erbärmlichen, unwissenden und barbarischen Zustand des wilden Lebens".) (II, 48). Aufgabe der Gegenwart ist es, den Menschen zu den wesentlichen Werten zurückzuführen, ihm Halt und Festigkeit in der Hingabe an die Sache zu verleihen. Diese Forderung ergeht vor allem an die Vertreter der Religion: „ O n avait assez considéré la religion c o m m e un besoin de l'homme; les temps sont venus de la considérer c o m m e une nécessité de la société" („Man hatte lange genug die Religion als ein Bedürfnis des Menschen angesehen, die Zeiten sind gekommen, um sie als eine gesellschaftliche Notwendigkeit zu betrachten.") (VI, 2 9 4 ) .

Der Mensch ist an einem Punkt seiner Geschichte angelangt, auf dem es unerläßlich wird, das Wesen der Ordnung und die Grundgesetze der Gesellschaft zu kennen. Der Geist schlägt dabei dasselbe Verfahren ein wie in den exakten Wissenschaften, wo es notwendig geworden war, „pour aller plus loin, de considérer la quantité en général, et d'inventer l'analyse" („um weiter zu gehen, die Quantität im allgemeinen ins Auge zu fassen und die Analyse zu erfinden".) (I, 13). Denn wie die sensible, so wird auch die moralische Welt von konstanten Gesetzen beherrscht. Wenn die Algebra mit positiven oder negativen Größen operiert, so scheidet sich in der geistigen Welt alles in gut oder böse, und die falschen Beziehungen trennen, die richtigen verbinden die Wesen in ihr. Die Moralphilosophie hat es also mit den Beziehungsgesetzen des gesellschaftlichen und geistigen Lebens zu tun. Ihre Rolle besteht nicht darin, den Menschen mit sich selbst und mit seinen undurchdringlichen Rätseln zu beschäftigen, sondern ihm unablässig die Beziehungen zu seinesgleichen deutlich zu machen; denn nur durch die Richtung auf die gültigen Verhältnisse kann aus dem unfestgelegten Subjekt eine Person werden, d. h. ein denkender und sprechender Mensch (II, 100). Die von Gott gewollte Wirklichkeit, mit der sich der Mensch auseinanderzusetzen hat, ist laut Bonald die Gesellschaft. Man wird sogleich bemerken, daß Bonald mit dieser Wendung in den Soziologismus seiner Epoche einschwenkt. Zwar hat in der Lehre der katholischen Kirche jener Begriff der Gesellschaft immer seinen theologischen Rang besessen. Neu ist, daß er hier erstmals in den Brennpunkt der Betrachtung gerät und zugleich die Tönung einer bestimmten historisch-politischen Wirklichkeit annimmt. Auch diese Verlagerung des geschichtlichen Akzentes hat nichts auf sich, was den theologischen Gepflogenheiten widersprechen würde. Der Katholizismus besitzt

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per definitionem die Kraft, von einem gefestigten Zentrum aus die Peripherie zu beschicken und über jedem geschichtlichen Augenblick das ungeteilte Licht der Wahrheit zu sammeln. Bonaids Soziologismus liefert keinen Einwand gegen seinen Katholizismus. Die Frage ist vielmehr umgekehrt, inwieweit der theologische Begriff der Gesellschaft die angetroffene Realität noch erreicht und zu umspannen vermag. Denn in dem geistigen Wollen Bonaids liegt ohne Frage der Anspruch auf ein Höchstmaß der Übereinstimmung zwischen Begriff und Sache, zwischen Theologie und historisch-zeitlichem Leben. Bonald faßt die Gesellschaft als die „réunion des êtres semblables pour la fin de leur reproduction et de leur conservation" („Vereinigung ähnlicher Wesen zum Zwecke ihrer Reproduktion und Erhaltung"). Eine Gesellschaft geistiger Wesen reproduziert sich durch „instruction de la vérité" („durch Unterweisung in der Wahrheit") und bewahrt sich durch „connaissance de la vérité" („die Erkenntnis der Wahrheit"), d. h. sie erhält sich, indem sie an der Wahrheit teilhat (II, 129ff.). Diese Konzeption der Gesellschaft ist nichts weniger als naturalistisch. Zwischen der natürlichen und der geistigen Gesellschaft besteht wohl ein Verhältnis, aber ein Verhältnis, das weder eine kausale Abhängigkeit zwischen der einen und der anderen herstellt, noch durch eine dialektische Bewegung entsteht. Zwischen beiden waltet vielmehr das Verhältnis der Analogie. Beide sind Abbilder einer höheren Wirklichkeit, und die Kenntnis dieser höheren Wirklichkeit vermittelt die Einsicht in die Gesetze, nach denen die Gesellschaft gegliedert ist. Im Bauplan der Gesellschaft findet man ein Haupt, das Machtträger ist, ferner die Organe oder die Beamtenschaft und schließlich die Untertanen. Diese Dreigliederung ist nicht einfach eine heuristische, sondern sie ist in der Struktur des Seins überhaupt begründet: in ihr wie in allem Seienden wiederholt sich die Heilige Dreifaltigkeit. Es verhalten sich zueinander Ursache (cause), Mittel (moyen) und Zweck (effet) wie Vater, Sohn und Heiliger Geist, und auf dieses Verhältnis gehen alle denkbaren Wesenserscheinungen zurück, wie auch aller ideologische Irrtum und alle geschichtliche Wirrnis durch eine Umkehrung oder ein Abgehen von diesem Grundverhältnis entstanden ist. Wenn ζ. B. die „moderne Philosophie" im Menschen den Geist und die Organe, im Universum Gott und die Natur, in der Gesellschaft den Souverän und die Untertanen verwechselt, so verwechselt sie Ursache und Zweck (II, 30). Wie die Familie, so kann auch die Gesellschaft nur durch einen einzigen Willen zusammengehalten werden. Bonald beweist die Wahrheit dieses Satzes durch die Geltung, die ihm selbst in einer demokratischen Staatsform zukommt. Auch im parlamentarisch regierten Staat

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setzt sich ein einziger Wille durch; nur daß dieser Wille — so führt er aus — keine konstante Größe ist, sondern durch den Zufall an diesen oder jenen fällt. Der Parlamentarismus ist daher ein dauerndes Lotteriespiel um die politische Macht. 2 In der Macht des Souveräns einigen sich der Wille und die Tätigkeit. Macht ist absoluter Wille, der sich in der Aktion begrenzt. Wie Gott durch die Natur und ihre Gesetze seine Handlungsweise festlegt, so findet die Gewalt des Monarchen ihre Schranke an der passiven Resistenz der Untertanen, diejenige des Despoten an ihrem aktiven Widerstand. Das Recht der Auflehnung gegen den Tyrannen fand schon in der Staatslehre der Jesuiten eine Stelle. Bonald geht aber noch weiter, wenn er in der passiven Resistenz der Untertanen eine natürliche, die Gesellschaft in ihrem Gleichgewicht erhaltende Gegenkraft wahrnimmt, so wie Hegel die private Sphäre von Familie und bürgerlicher Gesellschaft als Gegenstand der Staatsführung abgrenzt. Für Hegel ist der Staat die Wirklichkeit der sittlichen Idee. Bonaids Gesellschaft stellt sich als Abbild der göttlichen Weltordnung dar. Dieser handelt darum von Bürgern, während jener es mit Untertanen zu tun hat. Aber die sachliche Annäherung der beiden Systeme läßt sich doch noch weiter verfolgen. Das Mittleramt zwischen Souverän und Untertanen schreibt Bonald dem „öffentlichen Stande" zu. Und bei Hegel heißt es: „In dem Mittelstande, zu dem die Staatsbeamten gehören, ist das Bewußtsein des Staates . . . " Wenn dann Hegel den regierenden Mittelstand „von der isolierten Stellung einer Aristokratie" abhebt, so lenkt Bonald den Adel auf seine öffentlichen Pflichten hin und legt ihn fest auf seine vermittelnde Funktion. Seine Mittlerschaft drückt sich in einer doppelten Abhängigkeit aus: „Un noble n'est pas seulement sujet, il est le plus subordonné" („Ein Adliger ist nicht nur Subjekt, er ist das untergeordnetste aller Subjekte.") (VI, 84). Bonald ist also weit entfernt davon, in seiner Theokratie die Ritterromantik zu verklären. Nicht der feudale abendländische Ritterstaat, in dem sich der vermittelnde Stand zur Allmacht emanzipierte, schwebt Bonald vor, sondern das Reich der Mitte, die chinesische Beamtenhierarchie, die schon den Physiokraten als Vorbild gegolten hatte. Der Adel dient dem Wohl der Öffentlichkeit, nicht aber ihrem Vergnügen: „II est aussi noble de servir les intérêts du public, qu'il est abject de servir à ses plaisirs. De là vient la différente acception du mot public appliqué aux hommes et aux femmes" („Es ist ebenso edel, den öffentlichen Interessen zu dienen, wie es verwerflich ist, dem Dienst der öffentlichen Vergnügungen zu gehören. Daher die verschiedene Bedeutung des Wortes öffentlich in der Anwendung auf Männer und Frauen.") (VI, 216).

Für die Romantik ist es bezeichnend, daß sie die beiden Kategorien des Wohles und des Vergnügens vermischte. Wie sollte auch das Subjekt in

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seinem Erleben einen sicheren Maßstab finden, um Freude und Lust, „bonheur" und „plaisir" zu scheiden? Daher kommt Baudelaire dazu, die Prostitution zu adeln, in der Bonald gerade die Umkehrung des Adels erkannte. 3 Und die Hierarchie, die Baudelaire verkündigt, erhebt sich aus der Vernichtung der Allgemeinheit. „II n'existe que trois êtres respectables: le prêtre, le guerrier, le poète. Savoir, tuer et créer" („Es gibt nur drei achtbare Wesen: den Priester, den Krieger, den Dichter. Wissen, Töten und Schaffen.").

Was für den romantischen Baudelaire das Ziel der Geschichte sein muß, das ist für Bonald der ärgste Schaden im Organismus der Gesellschaft: die Emanzipation eines Standes von der Gesamtheit. Darum bekämpft er — wie später der deutsche Katholik Frantz — die Entwicklung des modernen Heeres, in dem die Macht sich isoliert und der Kontrolle entgleitet. Dem Heerwesen gibt er die Schuld daran, daß die modernen Völker sich angewöhnten, die Taktik mit der Stärke, die Disziplin mit der Ordnung zu verwechseln. Ehe wir aber die Bewegung der Gesellschaft im ganzen verfolgen, müssen wir ihren konkreten Standort in der Verfassung des Menschen wahrnehmen. Die Gesellschaft ist eine Ordnung, in der sich die Menschen aufeinander richten, so wie in der Sprache die Gedanken aufeinander Bezug nehmen. Mit der Sprache erhält Bonald den Gesichtspunkt, von dem aus die historische und theoretische Kategorie der Gesellschaft zugleich als eine existentielle erscheint. Die Untersuchung des Sprachursprungs nimmt daher einen breiten Raum in den philosophischen Schriften Bonaids ein. Denn nur wenn sich dartun läßt, daß die Sprache an die Menschheit verliehen und nicht, wie es Condillac lehrte, von ihr erfunden wurde, läßt sich die Gesellschaft als eine übergreifende Ordnung in der Natur des Menschen nachweisen. Hat nämlich der Mensch die Sprache erhalten, so bekam er notwendig die Erkenntnis der Wahrheit mit. Nimmt man dagegen an, der Mensch hätte Worte und Gedanken selbst hervorgebracht, so hätte er auch die Gesellschaft gewollt und besäße die Freiheit, die Gesellschaft gegebenenfalls wieder aufzulösen. Dies ist nun in der Tat die naturrechtliche Theorie, deren Ursprünge Bonald schon in der Theologie des Protestanten Jurieu findet und deren Irrtümer in der Revolution einen katastrophalen Charakter angenommen hatten. Bonaids Auffassung der Sprache ist demnach eine logizistische. In der Sprache liegen die Grundkategorien des Seins, und die Philologie, so wie sie Bonald konzipiert, hätte sich vor allem mit diesen Beziehungen abzuge-

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ben. Schon die Konjugation wiederholt das dialektische Verhältnis der Dreieinigkeit: „ J e " , das ist die Person, die spricht, der Urheber, „ t u " die Person, mit der man spricht, der Mittler, und „il" die Person, von der man spricht, der Zweck, die Untertanen (VIII, 155 ff.). Dasselbe Verhältnis läßt sich in den zeitlichen Aspekten des Verbums aufdecken. Endlich könne man selbst in den primitiven Sprachen wenigstens bis drei zählen. Wenn das Hebräische den Superlativ durch dreimalige Wiederholung des zu steigernden Ausdrucks ersetzt, so bewahre eine Reminiszenz daran das französische „très", das Bonald mit „ter"(! — W. K.) in Verbindung bringt. Z u dem Kapitel der wilden Etymologien, die das Schicksal jeder spekulativen Sprachforschung sind, finden sich seltsame Beiträge in den Werken Bonaids. So behauptet er (XII, 100): „Les Anglais appellent la femme w o m a n , h o m m e de mal, de malheur, de souffrance. Cette locution remarquable peut s'entendre, dans le sens religieux, du mal introduit dans le m o n d e par la faute de la première f e m m e " („Die Engländer nennen die Frau w o m a n , d a s heißt: schlechten M a n n , unglücklichen M a n n , leidenden M a n n . Diese bemerkenswerte Wendung kann man verstehen im religiösen Sinn des in die Welt durch die Verfehlung der ersten Frau eingeführten Übels.").

D a die Sprache ein einmaliges Geschenk der Gottheit darstellt, so ist sich ihre Grundform gleich, so wie die Struktur des Menschen trotz aller rassischen und zivilisatorischen Verschiedenheiten ein und dieselbe ist. „Le langage est partout le même, quoique les idiomes soient différentes" („Die Sprechart ist dieselbe, obwohl die Sprachen verschieden sind."). Die Sprache hat von vorneherein die für jede Gesellschaft notwendigen Elemente besessen. Die Sprachveränderungen aber sind als ein Abfall von einem ursprünglichen Zustand aufzufassen: „ C e sont les hommes qui se corrompent et alors les langues changent, et elles expriment des pensées fausses c o m m e elles en auraient exprimé de vraies" („Zuerst verderben die Menschen, und dann wandeln sich die Sprachen, und sie drücken jetzt falsche Gedanken aus, wie sie zuerst in der Wahrheit der Gedanken standen.").

Die Sprache der heutigen Wilden sei daher nicht eine Ursprache, sondern das Ergebnis eines Sprachverfalls, sie sind „déchus à divers degrés d'un meilleur état" („von einem besseren Zustand verschiedene Stufen abgefallen"). Welches ist nun die Sprache, die diese ursprüngliche Reinheit am besten gewahrt hat? Es ist diejenige, die, am feinsten durchgegliedert, die exaktesten Nuancen zur Wiedergabe der gesellschaftlichen Beziehungen bereitstellt. Eine solche Sprache wäre reich. Reichtum und Überfluß einer Sprache

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stehen in einem konträren Verhältnis zueinander. Der Überfluß ist zugleich die Armut einer Sprache; sie ist wahrhaft reich nur „par la propriété des expressions et la c o r r e s p o n d a n c e de chacun de ses mots à c h a c u n e des idées du peuple qui la p a r l e " („durch die Eigentümlichkeit ihrer Ausdrücke und die Entsprechung ihrer Worte zu allen Ideen des sie sprechenden Volkes".) ( X I , 2 9 8 ) .

Das Deutsche ζ. B. leidet an diesem Überfluß, der Armut ist: Es kennt Dutzende von Synonyma für die Bezeichnung „Pferd", aber es muß „gant" durch zwei Ausdrücke umschreiben: „Handschuh". Es bedarf keiner weiteren Beispiele, um das Leitbild dieser idealen Sprache aufzufinden. Offenbar nährt sich Bonald von den Überlieferungen des klassischen Jahrhunderts. Das Französische mit seiner bis zum Äußersten getriebenen analytischen Tendenz schwebt ihm vor Augen. Wenn Bonald die Sprachgeschichte im Dunkel der Theologie untergehen läßt, so setzt er dafür die Entwicklung der Literatur, die zu der einzigartigen Vollkommenheit des klassischen Zeitalters hinführt, in ein um so helleres Licht. Die Entwicklung des Schrifttums fußt auf den beiden Grundformen des menschlichen Zusammenseins: auf Familie und Gesellschaft, zwischen denen vermittelnd die Nation steht. Im „Genre familier" bewegt sich die Antike. Die zu dieser Gattung gehörende Stilsprache nennt Bonald mehrfach — darin mit Schiller übereinstimmend — „naïf". Auch die „Ilias" läßt sich unter diesen Stilbegriffen verstehen: „Tout est privé dans le sujet du p o è m e . . . L ' h o m m e privé l'emporte donc sur l ' h o m m e public . . . C'est ici le lieu d'observer q u ' o n ne peut prendre le sujet d'une épopée que dans l'histoire d'une société m o n a r c h i q u e . Il faut l'unité de pouvoir pour produire l'unité d ' a c t i o n " („Alles ist privat im S t o f f dieser dichterischen G a t t u n g . . . Die private Person hat hier den Vorrang vor der öffentlichen . . . D a s ist der O r t , um zu b e m e r k e n , daß der S t o f f einer E p o p ö e nur aus der G e s c h i c h t e einer m o n a r c h i s c h e n Gesellschaft gegriffen werden k a n n . U m die Einheit der H a n d l u n g zu erzeugen, b e d a r f es der Einheitlichkeit der Gew a l t . " ) ( X , 3 9 1 ff.).

Darum ist Tassos „Gerusalemme liberata" für Bonald Inbegriff aller epischen Dichtung: „Tout est public dans le sujet du poème" („Alles ist öffentlich im Stoff dieses Dichtwerks.") ( X , 400). Für ein sippenmäßig organisiertes und also rückständiges Volk wie die Schweizer wäre es kennzeichnend, daß sie es in der Schäferdichtung zu einem Geßner brachten. In der Schäferdichtung erreicht die familiäre Gattung nämlich ihre klassische Reife. Die meisten christlichen Literaturen halten aber — dem Stand der durch sie ausgedrückten Gesellschaftsform entsprechend — zwischen der naiven und der öffentlichen Gattung eine mehr oder weniger glückliche Mitte, häufig

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in bizarre oder phantastische Stilmischungen verfallend. Nur in der klassischen französischen Literatur ist die öffentliche Gattung vollkommen ausgebildet worden. Die Eigenart dieser Literatur ist es, daß sie keineswegs in einem einzigen Nationalwerk gipfelt, wie etwa die italienische Literatur in Tassos christlichem Epos. „Les Français n'ont point proprement d'ouvrage national, parce qu'ils ont une littérature toute nationale. Q u a n d une littérature tout entière est l'expression de la société, un ouvrage particulier ne peut être l'expression d'un peuple" („Die Franzosen haben nicht eigentlich ein Nationalwerk, weil sie eine durchaus nationale Literatur besitzen. Wenn eine Literatur vollkommen zum Ausdruck der Gesellschaft wird, kann ein einzelnes Werk nicht mehr der Ausdruck eines Volkes werden.") (VI, 2 3 9 ) .

Mit Voltaire, Frau von Staël und Barante teilt Bonald die soziologistische Betrachtung literarischer Erscheinungen. Die Blüte der Literatur ist das Werk der lebendigen Kräfte in einer Gesellschaft, die zur Übereinstimmung mit ihrer providentiellen Aufgabe gelangt ist. Wie für die Literatur, so bedeutet das klassische Zeitalter für die Ausgestaltung der politischen Wirklichkeit eine Epoche der Erfüllung. M i t der Aufrichtung der absoluten Monarchie gelangt die Christenheit auf den Gipfel ihrer geschichtlichen Entwicklung. Der Absolutismus bindet die religiöse und die politische Sphäre, eine Synthese, um die in früheren Jahrhunderten vergeblich gerungen wurde. „Ii faut considérer la religion en h o m m e d ' E t a t , et la politique en h o m m e religieux: Suger, Ximénès, Richelieu ne les ont jamais séparées" („Man muß die Religion als Staatsmann betrachten und die Politik als religiöser Mensch: Suger, Ximénez, Richelieu haben beides niemals getrennt.") (VI, 4 3 ) .

Was Richelieu für Frankreich, das war der Kardinal Ximénez für Spanien. Bonald richtet immer wieder voller Sympathie seine Blicke nach der Nachbarmonarchie im Süden. Denn hier bewahrte eine aufrechte Nation das Ideal, dem der französische Staat sich nach furchtbaren Konvulsionen erst langsam wieder anzunähern schien. Auf dem Hintergrunde dieses verschönten Geschichtsgemäldes sammelt Bonald die Schlaglichter, die das Dunkel der Gegenwart zerteilen: „II n'y a eu en Europe pendant 2 0 ans que des vues courtes et fausses en politique, parce qu'il n'y a pas eu aucune vue religieuse; c a r il n'y a que la religion qui entende la politique" („Es hat in E u r o p a während der letzten zwanzig J a h r e nur kurzsichtige und falsche Meinungen in der Politik gegeben, weil es keine religiöse Meinung gegeben hat; denn nur die Religion kann das Politische verstehen.") (VI, 4 3 ) .

Die Verbindung von Politik und Religion, d. h. von politischer Praxis und politischer Theorie im Zeitalter Richelieus kennzeichnet in der Tat die

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Größe einer Staatskunst, die sich unvergleichlich abhebt von der politischen Perspektivenlosigkeit des 19. Jahrhunderts. Es ist ein wertvoller Gedanke, daß alle schöpferische Politik mit der Einsicht in die Seinsgesetze verknüpft sein muß. Und Bonald vergleicht die Politikaster seiner Epoche, jene politischen Handwerker, die sich um Europas Wohl und Wehe sorgen, mit gewissen „ouvriers en tapisserie", die „sans voir ce qu'ils font ... seraient bien étonnés s'ils pouvaient voir le revers de leur ouvrage" (mit gewissen „Tapezierern", die, „ohne zu sehen, was sie tun ... sehr erstaunt wären, wenn sie die Kehrseite ihres Werkes bemerken würden".) (VI, 76).

Das einmalige Ereignis des französischen Absolutismus begründet für Bonald einen dauernden Herrschaftsanspruch der französischen Gesellschaft. „La France, premier-né de la civilisation européenne, sera la première à renaître à l'ordre ou à périr" („Frankreich, die Erstgeborene der europäischen Zivilisation, wird auch die erste sein, in der Ordnung wiederzuerstehen oder unterzugehen.") (VI, 9).

Freilich sind die Franzosen von der Höhe ihrer Sendung abgefallen. Die Korruption, die Staat und Gesellschaft im 18. Jahrhundert zersetzte und schließlich zur offenen Empörung „des Menschen" hintrieb, wurde durch einen neuen historischen Irrtum abgelöst. Bonaparte besaß wohl ein dunkles Gefühl für die Aufgabe, die Frankreich in Europa beschieden war, aber er täuschte sich „en prenant dans un sens matériel ce qui doit être entendu au moral, et en mettant une domination à la place d'une magistrature" („indem er in einem materiellen Sinn auffaßte, was auf geistige Weise begriffen werden muß, und an die Stelle einer Magistratur eine Gewaltherrschaft setzte".) (VI, 42).

Die elementare Gewalt dieser Revolution ist für Bonald gerade ein untrügliches Zeichen für die Größe des Spieles, das die Vorsehung mit Frankreich noch wagen wird. Die Negation aller Werte, als welche die Revolution zu gelten hat, enthält doch insofern ein Moment des Fortschritts, als sie die verlorene Vollkommenheit sichtbar macht. Denn nur von der Vollkommenheit ist ein Absturz in die Bodenlosigkeit des radikal Bösen möglich. Der negative Entschluß ist wertvoller als die sittliche Indifferenz. Der Irrtum, der bis zu seiner letzten Konsequenz getrieben wird, führt sich selbst ad absurdum. „Ii n'y aurait point d'erreurs qui ne périssent d'elles-mêmes, rendues clairement" („Es würde keine Irrtümer geben, die nicht an sich selbst vergehen würden, wenn man sie klarlegt") — hatte schon Vauvenargues gesagt. 4 Solch ein Irrtum ist vielleicht heilsamer als manche Halbwahr-

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heiten, die sich im Schutz eines trüben Zwielichts durch die Zeiten schleichen. Ein Atheist ζ. B. besitzt vor dem Deisten den Vorrang größerer Entschiedenheit: „Un déiste est un homme qui, dans sa courte existence n'a pas eu le temps de devenir athée" („Ein Deist ist ein Mensch, der in seinem kurzen Dasein nicht die Zeit gehabt hat, Atheist zu werden.") (VI, 253). Es ist bemerkenswert, wie durch diesen sittlichen Dezisionismus Bonaids Verhältnis zu Deutschland getönt wird. Er fand hier — aus eigener Anschauung — ein Volk „tranquille dans ses goûts, modéré dans ses désirs" („beruhigt in seinen Neigungen, mäßig in seinen Begierden".) (XI, 267). Eine Begierdelosigkeit, die man bewundern könnte, verriete sie nicht den mangelnden Pulsschlag des geistigen Willens. Wenn Bonald sich gelegentlich über die deutsche „Zurückgebliebenheit" aufhält, so stellt er sich damit auf die Seite des Fortschritts, durch den das Bewußtsein — trotz aller Irrungen — in den Bannkreis der sittlichen Entscheidung eingedrungen ist. Gerade im Leben der Staaten ist der Aufruhr bedeutsamer als eine Ruhe, die nur auf der Unentschlossenheit gründet: „L'histoire des sociétés anciennes qui étaient en révolution permanente, et celle des sociétés modernes, dans le temps qu'elles ont été en révolution passagère, est plus intéressante que celle des Etats constamment tranquilles, parce qu'elle est plus anecdotique et qu'il y a plus d'incidents et d'épisodes dans le désordre. On fait l'histoire de la maladie d'un homme, mais comment faire celle de sa santé?" („Die Geschichte der antiken Gesellschaften, die sich in einer beständigen Revolution befanden, und die Geschichte der modernen, in der Zeit, in der sie sich in einer vorübergehenden Revolution befanden, ist viel interessanter als die Geschichte der beständig unbewegten Staaten, weil sie anekdotischer ist und weil es mehr Zwischenfälle und Episoden im Zustand der Unordnung gibt. Man macht Geschichte aus der Krankheit eines Menschen, aber wie soll man die Geschichte seiner Gesundheit machen?") (VI, 49).

Die Revolution selbst ist ein mit untauglichen Mitteln unternommener Anlauf zur Selbstheilung, so wie die Krankheit eine Abwehrmaßnahme des bedrohten Organismus ist: „La révolution ... n'est que l'effort que fait une société pour revenir à l'ordre" („Die Revolution ... ist nichts als die Anstrengung, die eine Gesellschaft unternimmt, um zur Ordnung zurückzukehren.") (II, 160).

Durch das Schauspiel der Revolution wird die Ursprünglichkeit der Tradition vor dem Bewußtsein wiederhergestellt. Die Revolution hat keinen schöpferischen Akzent; dieser fällt allein auf die Interpretation, die sie bei der Nachwelt auslöst. Die Revolution erscheint daher wie ein Experiment, das an und für sich wertlos ist und nur im Rahmen einer vermuteten oder schon gegebenen Gesetzmäßigkeit Sinn erhält:

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„ Q u a n d la politique a perdu de vue les principes, elle fait des expériences et tente des découvertes" („Wenn die Politik die Prinzipien aus den Augen verloren hat, m a c h t sie Experimente und strebt nach Entdeckungen.") (VI, 7).

Man kann die Revolution auch den Kometen vergleichen, welche „malgré l'excentricité de leur orbite, l'apparente irrégularité de leurs mouvements . . . soumises à l'observation et au calcul, rentrent dans les lois générales du système planétaire" („trotz ihrer exzentrischen Bahn, trotz der scheinbaren Unregelmäßigkeit ihres Laufes auf Grund der Beobachtung und der Berechnung in die allgemeinen Gesetze des Planetensystemes eingehen".) (I, 16).

Die Revolution ist also m. a. W. eine kathartische Veranstaltung Gottes. Wie die Kirche die Häretiker braucht, um das Bewußtsein der Gläubigen im Hinblick auf den Irrtum zu erleuchten, so findet die Gesellschaft ihr Gleichgewicht, ihre „prästabilierte Harmonie" durch die Erschütterungen des Umsturzes wieder. Die Bewegung der Geschichte ist gekennzeichnet durch den Einbruch der Katastrophen, in denen die innere Notwendigkeit des Glaubens zu einer weltlichen Erfahrung ausreift. Das geschichtliche Subjekt wird gezwungen, sich zum Objekt der göttlichen Vorsehung herzugeben und die vermittelnde Stellung wiederzufinden, die ihm die Erlösungstat angewiesen hatte und die von der Kirche durch die Flucht und Verfinsterung der Zeiten hindurch immer festgehalten wurde. Wenn aber dergestalt das Verhältnis des Menschen zur Wahrheit in allen Wandlungen der Geschichte bestehenbleibt, so geht mit dieser Wendung offenbar der Gedanke der Geschichtlichkeit und der Entwicklung verloren, in dem wir schon den tiefsten Affekt des Bonaldschen Denkens zu erkennen glaubten. Die Urgeschichte drängt sich zusammen auf den Zeitraum der Heilsgeschichte, und mit ihr müßte alle weitere geschichtliche Bewegung versiegen. Tatsächlich sieht Bonald in diesem religiösen Urprozeß die endgültige Entfaltung der Seinselemente, die in der Beziehung von cause, moyen und effet sich auseinanderlegen. Die Juden haben durch ihren Gott die Ursache offenbar gemacht; die Philosophie und die Kultur der Heiden war bei den Wirkungen (effets) stehengeblieben, bis das Christentum kam, um die Menschheit durch das universale Heilsmittel zu erleuchten. Wenn der Mittler am Kreuz sagte: „Es ist vollbracht", so bedeutete das in der Tat den Abschluß aller denkbaren Entwicklung. „La grande énigme de l'univers fut résolue. Il n'y eut plus rien à révéler à l'homme, rien à prescrire à la société" („Das große Welträtsel w a r gelöst. Es gab nichts mehr dem Menschen zu offenbaren, nichts mehr, der Gesellschaft vorzuschreiben.") (II, 2 3 ) .

Um für den Fortgang der Menschheitsgeschichte einen Gesichtspunkt zu haben, bedarf Bonald einer weiteren Bestimmung: der Analogie. Die Analo-

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gie erhellt den inneren Zusammenhang der verschiedenartigsten Erscheinungen, indem sie die gemeinsame Ebene zwischen ihnen ausmittelt. Eine Nation ζ. B. zerfällt in zwei Gruppen: die einfältige Masse und die zerstreuten Lichter des Geistes in ihrer Mitte. Eine Welt scheint beide zu trennen, und dennoch muß das Verhältnis beider das Schicksal der Nation bewirken. Wie läßt sich dieser Abgrund überbrücken? Man braucht nur das Verhältnis der beiden Gruppen zu den wesentlichen Dingen zu betrachten, und schon berühren sich die Extreme. Beide wollen im Grund das Gute und erkennen es. Aber die Einfalt hat keine Ubersicht über die Gefahren, die aus dem Bösen kommen. Man braucht das „lumière", wie Bonald sagt, um gut und böse zu kennen. Die Einfalt bedarf daher der „erleuchteten" Führung, die nicht nur einer Zielsetzung fähig ist, sondern dazu eine richtige Einschätzung der Gefahren besitzt. Aber der Gehorsam der einfachen Naturen ist nicht eine letzte Tatsache, die einen Herrschaftsanspruch begründen könnte. Der geistige Mensch findet in der Einfalt gleichsam die Spiegelschrift seines eigenen Wesens. Dem wirklich vollendeten Geist ist simplicité angeboren. „Ii faut beaucoup d'esprit pour avoir de la simplicité" („Es gehört viel Geist zu einem einfachen Wesen.") (XI, 442). Das Verhältnis zwischen Volk und Geistigkeit ist demnach kein konflikthaftes; dadurch, daß beide ein und derselben Wahrheit gehorchen, löst sich der scheinbare Gegensatz zwischen ihnen in ein Gleichnis auf, aus dem die Besonderheit ihrer Aufgabe hervorgeht und zugleich das Bewußtsein des Zusammengehörens erwächst. Natur und Menschengeschichte werden durch das analogisierende Verfahren in den Spiegel der Schöpfung und der Heilsgeschichte verzaubert. Die politische Geschichte der Menschheit stellt sich dar als eine Wiederholung der religiösen „Urgeschichte". In ihr kehrt das Verhältnis der Seinselemente wieder, sie treten auseinander in der Beziehung von cause, moyen und effet. Die soziologischen Formen, durch welche diese geschichtliche Bewegung hindurchgeht, heißen: Familie, Nation und Gesellschaft. „Fortschritt, Entfaltung und Erfüllung der religiösen Geschichte bestand darin, daß man von der häuslichen Religion der Primitiven zu der nationalen der Juden und von dieser zu der allgemeinen des Christentums überging" (II, 406).

Als Entelechie, als Tendenz der Entwicklung, ist dieser Weg von einem sippenhaften Zustand zur gesellschaftlichen Allgemeinheit allen Völkern vorgezeichnet. Die Gesetzlichkeit, die hier waltet, ist zugleich eine Gesetzlichkeit der Natur. Wie der einzelne Mensch, so wandelt sich die Gesellschaft von einer Stufe zur anderen (II, 408).

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Ehe wir die Linien dieser Entwicklung im einzelnen nachziehen, müssen wir feststellen, daß hier zwei miteinander konkurrierende Auffassungen vorliegen, daß der Geschichtsphilosoph sich mit dem katholischen Exegeten in einen unabsehbaren Widerspruch begeben hat. Für den letzteren ist Geschichte nur eine Wiederholung, insofern der heilsbedachte durch Christus versöhnte Mensch je und je in die Mitte der Gegensätze tritt. Die wirkliche Kontinuität liegt für ihn nicht in der Geschichte, sondern in den von Gott gewollten Einrichtungen, die sich mit mehr oder weniger Erfolg gegen die Verderbnis der Zeiten bewahren. Nicht jedes Zeitalter steht „gleich vor Gott". Renaissance und Aufklärung sind offenbar Epochen des Abfalls, zu dem sich eine von der Weisheit der Griechen betörte Menschheit hinreißen ließ. Dagegen wäre durch den politischen Absolutismus des 17. Jahrhunderts das Mittel der Genesung bereitet, ein neues Gleichgewicht der christlichen Gesellschaft hergestellt worden. Die Einwände gegen eine derartige Betrachtung der modernen Geschichte liegen auf der Hand. Sie sind zunächst von gegenständlicher Art. Die Geschichtsschreibung wird in der absolutistischen Politik nichts anderes finden als die Entfaltung eines Wertmaßstabes aus den im 16. Jahrhundert errungenen Grundsätzen der Staatsführung, und wenn die Kunst- und Kulturgeschichte zu Anfang unseres Jahrhunderts die Antithese von Barock und Renaissance wieder aufbrechen läßt, so kann ihre Geltung doch nur im Hinblick auf eine höhere Einheit „Humanismus" bestehen. Schon hier ist festzustellen, daß Bonald aus dem Bild des „gesellschaftlichen" Jahrhunderts bestimmende Züge ausmerzt und mit solchen, die aus der theologischen Einsicht gewonnen wurden, übergoldet. In der „Honnêteté" sieht er nicht — wie wir — die eigentümliche Gesittungsform jener Epoche gleichsam an ihrem Lebensstamm emporwachsen. Sie gilt ihm vielmehr als späte Zerrform einer echten Geistigkeit, die dem Ganzen zu Dienste war und sich in letzter Synthese mit der christlichen Einfalt des Volkes vermählte. Sie löste sich los vom Mutterboden des Volkes und ließ dieses sich selbst und allem höheren Leben entfremden. Aber nachdem diese Honnêteté ihren verderblichen Totalitätsanspruch über das ganze Leben durchgesetzt hatte, da „entdeckte" sie mit einemmal die Sache des verstoßenen und gerichteten Volkes. In falschem Mitleid beugt sie sich nun zu ihm herab, um eine sophistische, widerspruchsvolle Einheit der Gegensätze anzustreben. Hat nicht Bonald damit die Grundlinien der Entwicklung aus dem 17. Jahrhundert selbst heraufgeführt? Man braucht nur an das erstarrte Mitleid La Bruyères zu erinnern: wie er mit jenem unbewegten Maß der Betrachtung, das man für das Entsetzliche und völlig Hoffnungslose

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aufbringt, die Entmenschung der unter langem Joch vertierten Bauern fühlen ließ. Aber mit all dem ist das Problem noch nicht in seiner ganzen Tiefe erschöpft. Die rationale Methode, die Bonald aus der Theologie ableitet, mißt den Wahrheitsgehalt der Geschichte an der jeweils erreichten Übereinstimmung der Menschheit mit ihrem Begriff, d. h. mit ihrem von Gott verliehenen Wesen. Die Wahrheit setzt sich gleichsam gegen die Geschichte durch; sie gelangt zum Durchbruch, je mehr die Menschen die Verlockungen ihrer zeitlichen Natur fürchten lernen. Es ist nun klar, daß solche „übergeschichtliche" Gerechtigkeit zugleich eine Gerechtigkeit wider die Geschichte ist. Der Gedanke der Versöhnung ist in ihr ausgelöscht, und man sieht nicht ein, worin sich die Menschheit auf dieser Stufe von ihrem vorchristlichen (alttestamentarischen) Zustand abhebt. Darum ist das Verhältnis Gottes zur Geschichte als ein okkasionelles nur ungenügend bezeichnet. Man wird zunächst einwenden, daß Gottes Verhältnis zur Geschichte sich im Schöße seines unerforschlichen Ratschlusses verbirgt, und trotz seiner Unerkennbarkeit oder gerade um ihretwillen von den Menschen als sinnvoll geachtet werden muß. Gläubige Naturen werden in jedem aufwühlenden Geschehen die H a n d Gottes ahnen, in den „Katastrophen" den Eingriff der Vorsehung ehren: „Toutes les fois qu'une grande question s'élève dans la société, on peut être assuré qu'un grand motif est présent, et qu'une grande décision n'est pas éloignée" („Jedes Mal wenn eine große Frage in der Gesellschaft auftaucht, kann man versichert sein, daß ein großer Beweggrund da ist und daß eine große Entscheidung nicht mehr lange

ausbleibt.")

(XI, 269).

Aber eine derartige Auffassung würde nur auf ein Gottesvolk zutreffen, dessen Geschichte — wie die Geschichte der Juden — von Katastrophe zu Katastrophe treibt und dennoch in einer, wenn auch unergründlichen Weise den Plan der Vorsehung ausspricht. Bedeutet das Christentum nicht gerade die „ O f f e n b a r u n g " dieses Planes? Bonald selbst hat das, wie wir an anderer Stelle sahen, aufs entschiedenste betont. Freilich sollte durch die Offenbarung kein Schöpfungsgeheimnis verraten werden, aber sie gibt den Menschen die Erleuchtung über die von ihnen zu ergreifenden Mittel, sie klärt sie auf über die Art, wie die Geschöpfe den Sinn der Schöpfung erreichen können. Die menschliche Freiheit ist das Geschenk des christlichen Gottes an die Menschheit und zugleich ihr entscheidender Wendepunkt im Schöpfungsplane: erst jetzt ist eigentlich Geschichte möglich geworden. Hatte doch Christus, auf dem Kreuzpunkt aller räumlichen Richtungen, die Freiheit über die Zeit errungen. Sie ist das wichtigste Vermächtnis, sie öffnet

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die neue Dimension, in der sich nunmehr die Geschichte der Menschheit abspielt. Nachdrücklich erkennt Bonald in der Zeit die Sphäre geschichtlicher Verwirklichung an: „II y a des pertes manque à l'un, et aber es gibt keine vgl. dazu auch II,

irréparables pour l'homme; il n'y en a p a s pour la société. Le temps non à l'autre" („Es gibt unwiederbringliche Verluste für den Menschen, für die Gesellschaft, die Zeit mangelt diesem und nicht jener.") (VI, 43; 145).

Wird hiermit der Verlauf der Geschichte an und für sich als sinnvoll, d. h. in seiner Zeitlichkeit gewürdigt, so ist man auf eine völlig neue Ebene übergetreten. Geschichte wird nun nicht mehr „aufgehoben" durch die vermittelnde Einsicht, sondern durchdrungen von einer immanenten Kraft der Bewegung. Die Gegensätze, in deren Mitte sich der gläubige Mensch einschaltete, verwandeln sich in Widersprüche, und aus ihrer Berührung geht die höhere Einheit hervor. Die Geschichte geschichtlich sehen, heißt sie dialektisch fassen. Sobald man aber in der geschichtlichen Bewegung, und d. h. in ihrem Fortschreiten, einen Sinn walten glaubt, wird die „Sünde" zur „Negation", zur treibenden Kraft. Die Menschheit sieht in diesem Prozeß um ihr Schicksal spielen; sie fühlt sich versucht, den Bann über der Sünde zu brechen. Sie „wächst hina u s " über Gott, oder glaubt über ihn hinauszuwachsen; dieser wird in der Weiterbildung des theologischen Geschichtsbildes, an der sich der französische Sozialismus lebhaft beteiligte, zu einem verständnislosen Gegner der Menschheit, wie es Proudhon klar aussprach, oder, in der drastischeren Diktion von J . Bahnsens Metaphysik der Verzweiflung: zum Weltkrokodil. Gegen solche Folgerungen mußte Bonald seine Geschichtsdeutung sichern. Es kam darauf an, dem Fortschritt wirksame und gleichsam selbsttätige Bremsen einzubauen. Die geschichtliche Entwicklung wurde in ontische Grenzen gezogen. Durch diese theologische „Beschränktheit" brachte Bonald die katholische Restauration auf den politischen Ausdruck der Reaktion. Der Flug der Geschichtsspekulation wurde durch das Gewicht der Bindungen niedergehalten, der Fortschritt auf jene geschichtlichen Grundverhältnisse zurückgeführt, in denen sich der christliche Heilsplan bewährte. Kein Zweifel: die Richtung des Fortschrittes war mit dem Christentum in die Geschichte gekommen. Im Fortschritt entfaltet sich die geistige Wahrheit, um alle Gebiete der Wirklichkeit mit ihrem wachsenden Licht zu durchdringen. Die moderne Gesellschaft ist ihrem Wesen nach totalitär und progressiv. Die Nation, die sich nach ihrem Gesetz konstituiert, erhebt einen Geltungs-

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anspruch über alle anderen Nationen, insofern sie aufs Allgemeine gerichtet ist. Die Mission Frankreichs ist darum eine universale, die nationale Begrenztheit durch die gesellschaftliche Versachlichung aufgehoben. Die Sachlichkeit der mit ihr ausgebildeten Verhältnisse verweist zugleich in eine fortschreitende Richtung. „Die Primitiven haben mehr Erinnerung als Voraussicht; der zivilisierte Mensch besitzt mehr Voraussicht als Erinnerung. Der Wilde ist festgelegt durch seine Eltern, und er haftet an seiner Erde, das ihr Grab ist; dagegen sind die Kinder die Sorge der Zivilisierten" (VI, 319). Daher ist die Verfassung der Primitiven stationär, diejenige der entwickelten Völker progressiv. Die Staatsmänner müssen, wollen sie nicht verhängnisvollen Trugschlüssen anheimfallen, diesen Grundzug der modernen Gesellschaft im Auge behalten. Sie brauchen nicht an das Ressentiment der Bürger zu appellieren, sie müssen mit ihrer Sorge rechnen. „Le regret d'avoir perdu tourmente bien moins les esprits, aigrit bien moins les cœurs, que la crainte continuelle de perdre" („Das Bedauern, etwas verloren zu haben, quält die Geister viel weniger und erbittert die Herzen bei weitem nicht so sehr wie die beständige Furcht, etwas zu verlieren.") (VI, 157).

In der modernen Gesellschaft werden alle subjektiven Restbestände aufgelöst, alle persönlichen Werte in sachliche Verhältnisse übergeführt. Wir sahen schon, wie Bonald den Vorrang der klassischen Literatur Frankreichs darauf gründet, daß sie gesellschaftlichen Charakter besitzt und daß sie — im Gegensatz etwa zur italienischen Literatur — in ihrem Verlauf von dem Ereignis einmaliger Genietat unabhängig ist. Der Fortschritt im ganzen ist daher keineswegs mit einem geistigen Wachstum der einzelnen Individuen verknüpft. „Si le temps amène le développement de la vérité, l'homme qui la développe aujourd'hui n'a plus d'intelligence que celui qui l'a développée ..." („Wenn die Zeit zur Entfaltung der Wahrheit führt, so hat der Mensch, der sie heute entfaltet, nicht mehr Verstand als der, der sie am Anfang entfaltet hatte.")

Man könnte sogar glauben, daß mit dem Fortgang der Zeit der Mensch weniger Intelligenz benötigt, um der Wahrheit neue Fortschritte abzuringen. So könne man bezweifeln, ob der größte Physiker der Gegenwart an Newton herankomme, und doch habe die Wissenschaft, insbesondere die Naturwissenschaft, einen höheren Stand erreicht als zu Newtons Zeiten. Damit sind wir an die Schwelle des „zulässigen" Fortschritts geraten. Die Menschheit ist in ihrem Fortschritt durch Gott begrenzt. Sobald der Mensch seinen Ursprung vergißt, gereichen ihm die Segnungen des Fortschritts zum Fluch. Er nimmt dann die im Verlauf langwieriger Geschichte aufgehäufte Wahr-

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heit als Verdienst seines Selbstbewußtseins in Anspruch; er macht die Wahrheit zu einer Waffe, um seine Selbständigkeit gegenüber seinem Schöpfer zu behaupten. Ein Beispiel dafür gibt die moderne Technik mit ihren vermessenen Leistungen. Bonald bezweifelt ihre Nützlichkeit. Er lehnt sie ebenso ab wie die mit ihr verknüpfte Ökonomie. Er möchte die Gesellschaft in einen physiokratischen Autarkismus zurückbetten und verfällt damit in Vorstellungen, die dem ausgehenden 18. Jahrhundert teuer waren und die selbst noch einen Fourier behexen sollten. Wirtschaft und Technik werden keineswegs in ihrem Zusammenhang mit dem sonst von Bonald so klar herausgestellten Versachlichungsprozeß der modernen Gesellschaft begriffen. Es wird übersehen, daß die Versachlichung und Veröffentlichung aller Lebensverhältnisse das Entstehen einer „Technik" gebieterisch fordert und daß die Mißstände nicht in den technischen Errungenschaften liegen können, wo anders man nicht die Entwicklung überhaupt leugnen wollte, sondern allein in dem irrigen Gebrauch, in der verkehrten Organisation. Die Mißstände sind, nach Bonaids eigener Lehre, mit der Verfälschung der Prinzipien eingerissen. „Vous croyez qu'un déficit dans les finances a été la cause de la révolution; creusez plus bas, et vous trouverez un déficit dans les principes même de l'ordre s o c i a l " („Ihr glaubt, ein Defizit in den Finanzen sei die Ursache der Revolution gewesen; grabt etwas tiefer nach, und ihr werdet ein Defizit in den Prinzipien der gesellschaftlichen Ordnung antreffen.") (VI, 88).

Solche Verwirrung der gesellschaftlichen Grundverhältnisse wird durch den Rückfall in die Eigensucht und Selbstgerechtigkeit angerichtet, von der die unentwickelten Gesellschaftsformen beherrscht waren. Die menschliche Solidarität wird auf einer falschen Grundlage hergestellt. Denn die Bosheit liegt in der Natur des Menschen, der sich den bindenden Kräften der Gesellschaft entzieht. „ N o u s sommes mauvais par nature, bons par la société" („Wir sind schlecht von Natur, gut durch Gesellschaft."). Die Krise, in die Bonald hineingeboren wurde, bedeutet daher — wenn wir an seine eigenen Gedanken anknüpfen dürfen — nichts anderes, als daß die progressive Tendenz der Gesellschaft auf eine regressive Lebensform stieß. Der Mensch wird dadurch zum Gefangenen seiner selbst, zum Sklaven seiner Schöpfung: „Partout où il y a beaucoup de machines pour remplacer les h o m m e s , il y aura beaucoup d ' h o m m e s qui ne seront que des m a c h i n e s " („Überall, wo es viele Maschinen gibt, um die Menschen zu ersetzen, wird es viele Menschen geben, die nur noch Maschinen sind.") (VI, 42).

Indem aber Bonald mit der Organisationsform der modernen Gesellschaft ihre Produktionsmittel verurteilt, wird er gezwungen, auf die fragwürdigen

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Theorien der Physiokraten zurückzugreifen und die „natürlichen" Voraussetzungen in einer territorial gebundenen Wirtschaftsweise zu suchen. Sein theologischer Radikalismus begnügt sich nicht mit einer Kritik der Erscheinungen des modernen Lebens: Er geht den Voraussetzungen des Daseins selbst an die Wurzel und stellt sich damit außerhalb eines Lebens, das in seiner Verwerflichkeit sich selbst überlassen bleiben muß. An die Stelle der verworfenen Wirklichkeit schiebt sich die Utopie, erscheint das rationalistische Bild eines natürlich wirtschaftenden Menschen. Bonaids theologischer Radikalismus trifft den Reichtum mit besonderer Schärfe. Seit dem Erscheinen von Groethuysens „Entstehung der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung" ist es deutlich geworden, wie widerwillig die Kirche die moderne Tendenz der Geldanhäufung hinnahm. Bonald ergreift in dieser Frage einen unversöhnlichen Standpunkt, er schürzt seine Anklagen mit den unerbittlichsten Grundsätzen der frühen Patristik. Die Revolutionserfahrungen hatten ihm zudem den Reichtum als eine wolkenhaft unbeständige Größe erscheinen lassen. Notwendig stößt das Kapital die Arbeitermassen, die es anlockt und vermehrt, ins sichere Verderben, „lorsque ces fortunes colossales, qui vont rarement à la seconde génération, seraient tombées" („wenn einmal die kolossalen Vermögen, die selten an die zweite Generation gelangen, zerfallen sind".) (VI, 169 f.).

Der Reichtum wird nicht erkannt als notwendiges Ergebnis der gesellschaftlichen Freizügigkeit, sondern er treibt wie eine flüchtige Erscheinung einher, die mit vielen anderen schnell zerrinnenden Ausgeburten des modernen Wahns von der Bildfläche der wiederhergestellten Gesellschaft zu verschwinden hätte. Um den Reichtumsbegriff Adam Smiths aufzulösen, bedient sich Bonald der Malthusschen Gesetze. Seine Kritik der klassischen Nationalökonomie widerlegt in der Tat deren additive, mechanistische Vorstellung des Volksvermögens: „La richesse des particuliers n'est donc pas richesse des nations, si par richesse on entend la force d'existence et de conservation d'une société" („Der Reichtum der einzelnen ist nicht nationaler Reichtum, wenn man unter Reichtum die Kraft des Daseins und der Erhaltung einer Gesellschaft versteht.") (XI, 557 f.).

Statt nun aber den mechanischen Reichtumsbegriff durch einen organischen abzulösen, verwirft Bonald den Reichtum im ganzen, und zwar ebenso als individuelles wie als gesellschaftliches Faktum. Die Begriffe Bonaids versagen an dieser neuen Ordnung der Erscheinungen. Aber gerade hier, an der Grenze der ihm faßbaren Wirklichkeit, spürt man noch einmal die synthetische Kraft dieses durchgreifenden Geistes.

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Wie in der Sprache Reichtum und Überfluß verwechselt werden, wirft man fälschlich im Leben der Gesellschaft Reichtum und Tugend durcheinander. Tugend ist das elastische Vermögen, aus der Klarheit der Verantwortung heraus den Plan des Ganzen in jeder Einzelerscheinung durchzuführen. Bonald sah allerdings nicht, daß die Verwerfung der materiellen Tatsachen die Unterwerfung unter sie bedeuten mußte. Unter dem Anspruch der durch den Fortschritt „angerichteten" Tatsachen muß die Flucht vor eben diesen Tatsachen die Rückkehr in eine subjektive Sonderhaltung anbahnen. Sie gibt, ohne es zu wollen, den Weg zur Romantik frei. Bonald ist ihn niemals gegangen. Innerhalb seiner historischen Beschränktheit bleibt die Integrität seiner Haltung bedingungslos gewahrt. Man kann nun feststellen, daß Bonald trotz seiner erklärten Abneigung gegen die neue Wissenschaft der Ökonomie Vergleiche aus ihrem Umkreis häufig heranzieht, um die Unruhe der Gegenwart möglichst schlagend zu kennzeichnen. Eine Annäherung an die Gegenwartskritik der Sozialisten ist hier nicht von der H a n d zu weisen. Freilich umspannt diese Berührung einen polaren Gegensatz. Denn während der Sozialismus die aus der Vergangenheit überkommenen Gesellschaftsformen ökonomistisch auflöst, glaubt Bonald, die geistige Unbeständigkeit seiner Gegenwart aufzudecken, indem er sie ökonomischen Bestimmungen verfallen läßt. Zweifelsohne ist dieser Vorgang ein weitgehend unbewußter bei ihm. Er zeugt indessen für die durchdringende Kraft und die Totalität eines Denkens, wogegen der romantisierende und demagogische Idealismus Lamennais' peinlich abfällt. Bekanntlich scheute sich Lamennais nicht, in die politische Nachbarschaft des Sozialismus zu geraten, aber gerade hier war er bemüht, die Härte der ökonomischen Gesetze durch eine enthusiastische Religion des Herzens zu erweichen. Bonald ist aus seiner gegebenen Sphäre niemals herausgetreten. Die Ökonomie, die seine Zeitgenossen beschäftigte, ist ihm christliches Ärgernis, und als solches erhält sie eine kategorielle Würde, die ihr Lamennais trotz seines „Sprunges" nicht abzugewinnen vermochte. Die moderne Entwicklung muß Bonald schon darum zum Trugbild werden, weil sie die Schöpferkräfte des Menschen in einer bis dahin unerhörten Weise aufschwellen läßt und den Irrtum des homo faber zu verewigen scheint. Wie Bonald so wird auch Joseph de Maistre nicht müde, das menschliche Selbstbewußtsein zu dämpfen: „ L ' h o m m e peut tout modifier dans la sphère de son activité, mais il ne crée rien: telle est sa loi au physique c o m m e au m o r a l " („Der Mensch kann in der Sphäre seiner Aktivität alles verändern, aber nichts erschaffen, das ist im Physischen wie im Geistigen sein Gesetz.") (Considérations sur la France).

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Welches ist das Bild „des Menschen", das die beiden Restaurationsphilosophen dem Tumult ihrer Zeit entgegenhalten? Es ist der Mensch der Mitte, der, sein besseres Teil bewahrend, mit verschränkten Armen der Flucht der Ereignisse standhält ... Mit all seiner geistigen Dezisionskraft also noch immer ein „theoretischer" Mensch, in dem sich, wenn auch von religiösen Zügen verdunkelt und in ihrem Fortschrittsdrang gelähmt, entscheidende Tendenzen eines rationalistischen Utopismus zusammenfinden. Die Hinneigung zu der physiokratischen Gedankenwelt verriet uns einige Merkmale dieses Utopismus. Bedeutsamer noch ist die Wahlverwandtschaft, die Bonald immer wieder zu der spanischen Nachbarnation anbahnt. Es klingt kaum glaublich, aber doch gilt ihm die ausgepowerte und wirtschaftlich verkümmerte Monarchie im Süden als nicht genug zu rühmendes Vorbild. Was ihm an dem zurückgebliebenen Spanien Ferdinands VII. gefällt, ist nicht nur der ritterlich zur Schau getragene Bettelstolz eines in sich gekehrten Volkes, es sind die Rückstände einer partikularistischen Verfasssung, die Überbleibsel uralter Städtefreiheiten, der mangelhaft ausgebildete Zentralismus, der hier auf unüberwindbare Hindernisse stieß. 5 Die Vorliebe für eine horizontal gegliederte Verfassung teilt Bonald mit den meisten neueren katholischen Geschichtsschreibern. Durch das föderative System schimmert die alte Ständeordnung hindurch, in der einst das zersplitterte Dasein der Menschen seine universale und religiöse Bestimmung erhalten hatte. Indessen würde Bonald gegen die Grundgesetze der französischen Staatsbildung verstoßen, wollte er grundsätzlich den Zentralismus bekämpfen und durch einen Föderalismus ablösen, wie ihn etwa später in Deutschland Konstantin Frantz vorzutragen wagte. Dieser konnte die föderalistische Losung aus der Fülle deutschen Lebens gewinnen, das von einem mannigfachen und vielschichtig verästelten Partikularismus durchzogen war. Der Föderalismus, den der Deutsche in seinem geeinten Vaterland antraf, mochte keine politische Zukunft mehr haben: Er besaß noch genügend Gegenwartskräfte, in denen die unermeßlichen Spannungen eines tausendjährigen Schicksals sich verlagert hatten. Die schwerpunktlose Vielfalt des aufgelösten Reichs konnte auf Bonald keine Anziehung üben. Er wendet darum seine Blicke nach Spanien, wo die politische und religiöse Einigung durchgeführt und das Eigenleben der Landschaften doch nicht völlig erstickt war. Es geht ihm vor allem darum, der von den Revolutionsmännern verschuldeten Überspannung eines Prinzips entgegenzuwirken, das als gesellschaftliches schlechthin für das 17. Jahrhundert seine Geltung nicht völlig verlieren durfte. Denn dieses 17. Jahrhundert heißt ja für Bonald das religiöse Jahrhundert. Es gilt ihm als das Jahrhundert einer durchgeführten Weltlichkeit, die

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sich endlich im Geiste des Christentums ausgerichtet hatte. Die Versenkung in diese glanzvolle Epoche verbindet Theologie und Geschichte zu glücklicher Eintracht. Der christlichen Erfüllung entspricht die politisch-kulturelle Erfüllung, die sich hier im Frankreich Ludwigs XIV. anbahnt. So wie der Prozeß der Hegeischen Weltvernunft in einer wohlgesicherten Gegenwart versöhnlich ausklingt und zum Stillstand gelangt, so fällt der Höhepunkt christlicher Geschichte für Bonald mit dem Gipfelpunkt der geistigen und politischen Machtentfaltung im 17. Jahrhundert zusammen. Wenn freilich Hegel bei der Apotheose der Gegenwart stehenbleibt, so greift Bonald auf das Ideal einer Vergangenheit zurück, das ihn zwingt, alle zukunftweisenden Züge aus ihr zu tilgen. Das 17. Jahrhundert wird von ihm in einem statischen Sinne umgedeutet. Bonald verhehlt sich die Gefahren nicht, die aus Descartes' methodischen Zweifeln hervorspringen. Wenn man als Naturwissenschaftler — so führt er aus — den Zweifel bis zum Äußersten treibe, so sei dies methodisch richtig und unbedenklich; das Notwendige vollziehe sich ohnehin, ob angezweifelt oder nicht. Dagegen bewirke in den moralischen Wissenschaften der Zweifel einen katastrophalen Bruch in der Kontinuität des Handelns. Descartes' Zweifel entzog in der Tat der von ihm ausgesprochenen Anerkennung des Glaubens als einer geltenden Wahrheit den Boden. Nicht anders — so werden wir weiter sagen — als die spekulierende Vernunft verhielt sich die Vernunft des Staates, die sich mit der Kirche als einer gültigen oder noch gültigen Institution abfand. Die Gründung der Gesellschaft Jesu brachte diese neue Lage auf ihren historisch genauesten Ausdruck: Die Kirche bedurfte fortan einer in ihrem Geist konstituierten „Gesellschaft", um die verweltlichten Staaten mit ihrem Wesen zu durchsetzen. Und zwar ist es bezeichnend, daß die jesuitische Religiosität bei diesem Versuch, die gegebenen Formen der Weltlichkeit zu schonen, weltliche Maßstäbe selbst weitgehend übernehmen mußte, während die strengere Frömmigkeit von Port-Royal die Bande zur Welt gänzlich zerriß. Konformismus und Rigorismus sind Endzustände der französischen Kirchlichkeit, die, im weltlichen Leben entartend, als Libertinage und Hypokrisie ihr Wesen trieben. Bonald wollte die Gesellschaftlichkeit nur als das Ergebnis einer christlichen Entwicklung gelten lassen, als einen Zustand der sich erfüllenden Gesetzlichkeit, in der ein Höchstmaß an Widerstandskraft gegenüber den subjektiven Irrungen „des Menschen" bereit lag. Aber das konnte ihn doch nicht hindern, die Gegenkräfte im Schöße des großen Jahrhunderts zu bemerken, die unaufhaltsam zum Ausbruch aus dem Rahmen der christlichen Weltverfassung drängten. Naturgemäß konnte er dieses „Entwachsen" nur

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negativ einschätzen. In solchen noch ungeklärten und später tumultuarisch sich auslösenden Bestrebungen erblickte er keine Verheißung dafür, daß in der menschlichen Existenz selbst allmählich die Anlage zum Allgemeinsein durchbrechen sollte. Bonaids historische Bedeutung ist vielmehr darauf beschränkt, daß er den Akzent der Betrachtung auf das klassische Jahrhundert zurückwarf und dieses als eine geistige Einheit zu begreifen lehrte. Bonald nimmt als erster Franzose im 17. Jahrhundert das Ereignis einer sich festigenden nationalen Lebensordnung wahr und führt die klassischen Instinkte, die in schwächlichen Wiederholungen zu verseichten drohten, auf ihren schöpferischen Lebensgrund zurück. Diese traditionalistische Haltung ergibt einen selbstverständlichen und bleibenden Zug jenes französischen Konservativismus, der nach mannigfachen Anlehnungsversuchen an den katholischen Glauben in Charles Maurras' klassizistischer Konzeption einer „Kirche ohne Gott" sein wahres Gesicht enthüllen wird.

Anmerkungen 1 Bonald zog mit 36 Jahren als konstitutioneller Abgeordneter in die Nationalversammlung. Der antiklerikale Verlauf der Revolution veranlaßte ihn zur Emigration. In Deutschland schrieb er die „Théorie du pouvoir", die in Konstanz erschien und von der Polizei des Direktoriums alsbald beschlagnahmt wurde. Es war unausbleiblich, daß Bonaparte im Verfolg seiner Konkordatspolitik die Verwendbarkeit eines solchen Mannes erkannte. Nach Frankreich zurückgerufen, verblieb Bonald unter den drei Monarchien bis zur Julirevolution im Staatsdienst, zuletzt die literarische Zensur betreuend. Bonald war ein erklärter Gegner der Pressefreiheit. Unter Ludwig XIV. sei niemand auf den Gedanken gekommen, eine Freiheit zu fordern, die nur für die Schreibenden begehrenswert sei. „Cette différence dans les opinions s'explique aisément: on ne demande des lumières que lorsqu'on n'y voit plus" (VI, 143). Über Bonald vgl. Baldensperger, „Le mouvement des idées dans l'émigration française", II, S. 137 ff., wo auf die Arbeiten Maine de Birans, Faguets, Bourgets und H. Mouliniés verwiesen wird. Ferner Carl Schmitt, „Politische Romantik", insbesondere S. 164 ff. Die Zitate im Text gehen zurück auf die 12bändigen „Œuvres", Paris 1817 ff. 2 H.-F. Amiel erkannte in der spätromantischen Bewußtseinslage ein Abbild des parlamentarischen Systems. „Dans le gouvernement intérieur de soi-même la forme parlementaire succède à la forme monarchique. Le bon sens, la conscience, le désir, la raison, le présent et le souvenir, le vieil homme et l'homme nouveau, la prudence et la générosité prennent tour à tour la parole. Le règne des avocats commence, le chaos remplace l'ordre et le crépuscule la lumière. La volonté simple, c'est le régime autocratique, la discussion interminable, c'est le régime délibératif de l'âme" („In der inneren Regierung seiner selbst folgt die parlamentarische Form auf die monarchische. Der gesunde Menschenverstand, Gewissen, Begehren, Vernunft, Gegenwart und Erinnerung, der alte und der neue Mensch, Vorsicht und Großmut ergreifen der Reihe nach das Wort. Die Herrschaft der Advokaten beginnt, das Chaos tritt an die Stelle der Ordnung und die Dämmerung an die Stelle des Lichts. Der einfache Wille ist das autokratische Regime, die endlose Diskussion ist das beratende Regime der Seele.") (Journal intime, éd. Bouvier, I, 153). Und Charles Maurras knüpft

Anmerkungen

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o f f e n b a r an diesen Ausspruch an, wenn er erklärt: „La maladie libérale et parlementaire, c'est la maladie d'Amiel étendue au corps d ' E t a t " („Die liberale und parlamentarische Krankheit ist die Krankheit Amieis, ausgedehnt auf den S t a a t . " ) . 3 „II n'est m ê m e pas de plaisir noble qui ne puisse être ramené à la p r o s t i t u t i o n " („Es gibt kein edles Vergnügen, das nicht auf die Prostitution zurückgeführt werden k ö n n t e . " ) (Variétés critiques, II, S. 7 5 ) . — „L'être le plus prostitué, c'est l'être par excellence, c'est Dieu, puisqu'il est l'ami suprême pour c h a q u e individu, puisqu'il est le réservoir c o m m u n , inépuisable de l ' a m o u r " („Das prostituierteste Wesen ist das Wesen par excellence, ist G o t t , weil er der höchste Freund jedes Individuums, weil er das gemeinsame, unerschöpfliche Reservoir der Liebe ist.") (Ebenda, S. 115). 4 Die Berührungspunkte zwischen B o n a l d und Vauvenargues sind wie die K o n j u n k t i o n e n zweier Gestirne. Beide gelangen von einem gänzlich verschieden gelagerten S c h w e r p u n k t aus zu einer ähnlichen H a l t u n g . Dazu etwa Vauvenargues, Pensée C C X I V : „Le sot qui a beaucoup de m é m o i r e est plein de pensées et de faits; mais il ne sait pas en c o n c l u r e " („Der D u m m k o p f , der ein gutes G e d ä c h t n i s hat, ist voll von G e d a n k e n und T a t s a c h e n , weiß aber keine Schlüsse aus ihnen zu ziehen."). — C C L X I X : „II nous est plus facile de nous teindre d'une infinité de connaissances que d'en bien posséder un petit n o m b r e " („Es fällt uns leichter, uns mit einer Unzahl von Kenntnissen zu übertünchen als eine kleine Anzahl davon wirklich zu besitzen."). 5 Die H a u p t s t a d t M a d r i d ist, Bonald zufolge, unter all ihren europäischen Schwestern darum bevorzugt, weil sie, von keinem schiffbaren S t r o m bespült, in ihren W a c h s t u m s m ö g l i c h k e i ten aufs engste begrenzt erscheint (VI, 5 0 ) . — Fast 1 0 0 J a h r e vorher hatte der A b b é de Vayrac in seinem „Etat présent de l ' E s p a g n e " , Paris 1 7 1 8 , IV, p. 4 5 1 , darauf hingewiesen, d a ß eine holländische Unternehmung an den spanischen König Karl II. herangetreten war, um den T a j o und den M a n z a n a r e s schiffbar zu machen und M a d r i d auf diese Weise über Portugal mit dem M e e r zu verbinden. Vayrac, der offenbar merkantilistische Ideen hat, meint, daß „jamais proposition ne fut plus digne d'etre e c o u t é e " („niemals ein Vorschlag würdiger war, gehört zu w e r d e n " . ) . Die Spanier seien indessen auf den Vorschlag nicht eingegangen, und zwar mit folgender Begründung: „Si Dieu eut voulu que ces deux rivières eussent été navigables, il n'avait pas besoin du secours des h o m m e s pour les rendre telles, puisqu'un seul ,Fiat' sorti de sa b o u c h e était c a p a b l e de produire ce grand e f f e t " („Wenn G o t t gewollt hätte, d a ß diese beiden Flüsse schiffbar seien, so brauchte er nicht die Hilfe der M e n s c h e n , um sie schiffbar zu m a c h e n , da ein einziges ,Fiat' aus seinem M u n d e imstande war, diese große W i r k u n g hervorzubringen.").

Falange Española und das spanische Geschichtsbild

Als die Gärung der Völker zwischen den beiden letzten Kriegen die Energien der Mitte heraustreten ließ, schlugen die Wellen der Erregung nach allen Ländern. Auch der spanische Falangismus verdankt dieser Ausstrahlung den ersten Antrieb zum Dasein. Es versteht sich aber, daß auf dem tief durchwühlten und von Formen verstellten Boden spanischer Geschichte eine Bewegung im Spiegel fremden Gesetzes nicht leicht durchdringen konnte. Die offenkundige Fremdbeziehung des Falangismus hemmte den Anfang seiner Entfaltung, und später, als mit der Führerschaft José Antonio Primo de Riveras (1933) und durch den Zuzug des nationalsyndikalistischen Kampfbunds der J O N S (1934) die Schwelle der Nichtbeachtung überschritten war, sammelte sich das Ärgernis in dem peinlichen Gerede von der „spanischen Zweigstelle eines ausländischen Regimes". Einen unvergleichlich günstigeren Stand besaß damals vor der spanischen Öffentlichkeit die 1931 (dem Geburtsjahr der Zweiten Spanischen Republik und der JONS) gegründete Acción Española, in deren Reihen Männer wie Ramiro de Maeztu, Pedro Sáinz Rodríguez, Pradera, Eugenio Montes, José María Pemán zusammengeschlossen waren. Diese Gruppe bildete den spanischen Traditionalismus zu einem konservativen Geschichtsbild von lückenloser Geschlossenheit um. Ihr radikales Nein zum 18. und 19. Jahrhundert ergab von selbst die grundlegende Forderung, den spanischen Menschen von seinem aufklärerischen und revolutionären Abfall aufzuheben und zurückzugliedern in den Geschichtsraum des spanischen Imperiums. Spanien brauchte — nach dieser Lehre — nur anzuknüpfen an die im Stich gelassenen Unternehmen seiner Größe, um alle Gegenwartsproblematik von sich zu tun. Natürlich kommt diese gegenrevolutionäre Strömung aus dem Bezugsfeld der französischen Institutionalisten, eines De Maistre, Bonald, und ih-

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rer spanischen Nachhut: Balmes, Donoso Cortés usw. Nichts kann diese Herkunft deutlicher machen als ein dem Sammelband der Acción Española von 1937 entnommenes Wort: „Wenn man Ideen nicht ausmerzt, werden sie schließlich unabwendbar zur Herrschaft k o m m e n . " Der Geist hängt an den Einrichtungen — die Freisetzung der Ideologie führt den Menschen in die Katastrophe des „Menschenreichs", zu einer verderblichen und unerträglichen Freiheit, zur Entfesselung des Kampfes aller gegen alle, so daß der Verlust der Harmonie auch den Untergang des natürlichen Menschen besiegelt. D a s sind die leitmotivisch wiederholten, bekannten Axiome der französischen Gegenrevolution. Auf Spanien angewandt, erklären sie einen Abschnitt der nationalen Geschichte ziemlich eindringlich: die Epoche des Bürgerkriegs des 19. Jahrhunderts, als der Leerlauf der Ideologien wahre Orgien des Grauens veranstaltete. Während aber die Heimat der französischen Gegenrevolutionäre, das „Ancien regime", enthauptet worden war und durch die Restauration ebenso schnell wieder inthronisiert werden konnte, war das spanische, wiederzubringende Imperium, die spanische Weltmacht, besiegt und von innen zermürbt, ohne Beihilfe eines Henkers eines langsamen Todes gestorben, d. h. nach traditionalistischer Auffassung war das Imperium auf voller Fahrt von seiner Besatzung verlassen worden. Die Restauration kann darum nicht durch einen bloßen politischen Eingriff erfolgen. Ramiro de Maeztu fordert Bekehrung, d. h. die Umkehr der Spanier zu ihrem im Stich gelassenen Reich. Der Mensch braucht durch Bekehrung sein Wesen nicht zu ändern — entscheidend ist die Anerkennung der ihm zum Halt gewährten Einrichtungen und Begriffe, die in Spaniens glorreichen Jahrhunderten geschaffen wurden und die spanische Lebensform zur N o r m des Universums, zum menschlichen Maßstab erhoben. „ D a s spanische Volk", so schrieb Maeztu in seiner „Verteidigung der Hispanität" 1934, „ist ein Pfeil, der auf halbem Weg liegenbleibt und nur auf den Arm wartet, der ihn wieder aufliest und seinem Ziel entgegenwirft." War das nicht eine klare Ermächtigung für die angetretene Schar der Jugend, für Falange Española? Aber diese Jugend konnte und wollte dem angetretenen Gesetz nicht entfliehen. Sie fühlte sich berufen, die spanische Vorhut einer neu entstehenden Welt zu bilden. D a s Gesetz ihrer Zeit umschrieb den Umkreis ihrer Aufgabe genau in einer doppelten Richtung: Lösung der sozialen Frage, an der sich die Ideologie der Linken vergeblich verbissen hatte, und ein klares Verhältnis zu den geistig verwandten Nationen in der Mitte Europas. Spanien — sowohl Ledesma R a m o s wie J o s é Antonio vermaßen sich zu solcher Hoffnung — ist mit seinem verspäteten Beitrag vielleicht dazu ausersehen,

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kraft der angeborenen Kühnheit seiner Formgebung das Muster universaler Ordnung für alle Nationalismen zu entwerfen! Während des Bürgerkrieges steigert sich diese Stimmung zur messianischen Erwartung. 1937 erklärte Pemán in Lissabon, die um Franco gescharten Kämpfer aller Nationen stehen nicht nur im Zeichen des Kreuzes, sondern würden selbst schon das erste Fragment der neuen Menschheit verkörpern, den Ansatz der wiederaufzurichtenden „Civitas D e i " . So geschwellt waren die Hoffnungen in den Herzen der Führer. Der Einwand mußte sie um so tiefer betreffen, Falange habe nicht die spanische Erneuerung im Sinn, sondern nur die abgehörte Doktrin eines ausländischen Nationalismus. Die ganze Frühzeit der Bewegung (1931 bis 1933) ist durch solche Vorurteile beschattet. Wenn schon der Diktator Primo de Rivera mit seiner abgemilderten spanischen Übersetzung des Mussolinismus gescheitert war, was sollte man sich von einem rigorosen Faschismus versprechen? José Antonio Primo de Rivera war nicht nur durch die Erbschaft des Vaters belastet, als er 1933 die Führung der Falange übernahm, viel lähmender wirkte das vorgehaltene Beispiel Italiens auf den Flügelschlag der Bewegung im ganzen Raum der Nation. Die Gegensätze der beiden, in der Gemeinschaft der Geschichte, des Bluts, der Sprache geformten Nationen schienen so weit gespannt, daß eine politische Partei in Spanien sich nicht schlechter empfehlen konnte. Für diese Stimmung ist äußerst bezeichnend ein Aufsatz des Philosophen Ortega y Gasset aus dem J a h r 1926. Die Gegensätze zwischen italienischer und spanischer Sensibilität ließen sich an dem Gelingen einer Konstruktion aus echt italienischem Geist, dem faschistischen Staat, sehr deutlich ermessen. Während der Italiener von innen nach außen lebt, im Kult der Feste und in der Gliederung des Staates sich verschwendet, immer bereit, die geheiligten Rechte der Person dem überzeugenden und wirksamen Ausdruck zum Opfer zu bringen, verläuft die spanische Lebensrichtung im umgekehrten Sinn von außen nach innen. Diese mystische und introvertierte Grundhaltung — so behauptete Ortega — würde niemals dem Staat den Preis der Innerlichkeit bezahlen. Das heidnische Erbe der Italiener erwacht in ihrer wiedererstandenen Polis. Für Spanien ist die Sphäre der Person eine Grenze, an der sich der Wille des Staates bricht. Ortega y Gasset war ein schlechter Prophet, aber er hatte ein sicheres Wissen um die spanische Seele, und die spanische Seele gab sich willig dem Zauber seiner geschliffenen Formulierungen gefangen. Wenn es schließlich dem Falangismus doch gelang, ein faschistisches Spanien in Bewegung zu setzen, so mußte Falange dieses Gesetz der spanischen Seele vernommen haben: der Personalismus wurde zur Achse des falangistischen Staates.

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José Antonio Primo de Rivera hatte keinen Augenblick die weckende Macht der mitteleuropäischen Staatsbewegungen bestritten. 1934 erklärte er anläßlich der Vereinigung der Falange mit den J O N S in Valladolid: „Wenn diese Länder — Italien und Deutschland — die Wendung vollzogen haben zu ihrer Ursprünglichkeit und wenn wir nun dieselbe Wendung in Spanien vollziehen, so wird unsere Ursprünglichkeit die spanische sein und nicht die deutsche oder italienische. Und wenn sich hier wiederholen wird, was schon in Italien und Deutschland Ereignis wurde, so werden wir darum nur spanischer werden als bisher auf irgendeinem Abschnitt spanischer Geschichte."

Einwänden in der Art des von Ortega y Gasset vorgebrachten begegnet José Antonio mit der grundlegenden Versicherung, daß erst der falangistische Staat der Person zur Geltung, Freiheit und Würde verhelfen könne. Diese Freiheit wird allerdings nicht gewährleistet, wenn man den einzelnen seiner Einsamkeit zurückgibt. Den Anspruch, „in Ruhe gelassen zu werden", das Anrecht auf ungeschmälerten Selbstgenuß kann der einzelne nur als Individuum haben. Das Individuum steckt in der Person, aber personenhaft ist eben das, was in jedem Augenblick über individuelles Dasein hinausgreift. Die Person instrumentiert das Bewußtsein des Individuums, das immer erst an der Grenze aufleuchtet, d. h. im Verhältnis zu andern Personen. „Niemand ist Einer, wenn nicht die andern zugleich existieren ... Was uns zu Personen macht, das ist die Existenz der andern, die sich als Personen von uns abgrenzen." Mit diesen Thesen hat José Antonio Primo de Rivera die entscheidende Waffe gegen den separatistischen Nationalismus wie überhaupt gegen die selbstgenügsame Intransigenz der naturgegebenen Einheiten geschmiedet, in deren Individualismus die Rückzugsbewegung der spanischen Nation ihren letzten Unterschlupf fand. Wenn der monadenhafte Individualismus die Behauptungsform einer zersetzten Welt ist, so erschließen die personellen Einheiten der Einzelperson, der Familie, der Gemeinde, der Gewerkschaft („sindicato") den Pluralismus einer organisch ineinandergreifenden Ordnung. In der Zeit der Auseinandersetzung der Falange mit dem radikalen Flügel der J O N S , die mit der Ausschließung ihres geistigen Führers Ledesma Ramos endete (1935), standen nicht eigentlich diese Prinzipien in Frage. Gerade Ledesma Ramos' Verherrlichung der Masse bestätigt die zwischen allen Gegensätzen durchdringende Konzeption des spanischen Personalismus. José Antonio blieb immer dem Gedanken verhaftet, d a ß M ä n n e r Geschichte machen, und er glaubt, d a ß man sich nur auf den Standpunkt der vergangenen Bewirker spanischer Größe zu versetzen brauche, um die erleuchtende Einsicht der Tradition für die anders gestellten Probleme der

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Falange E s p a ñ o l a und d a s spanische Geschichtsbild

Gegenwart zu gewinnen. Nach der gegenteiligen Meinung von Ledesma R a m o s ist heute die geschichtliche Repräsentanz vom Individuum auf Personengebilde höherer Ordnung übergegangen: auf die formungswilligen, homogeneren, von der Vorhut der Jugend zum Bewußtsein geführten Massen. Der Untergang des individuellen Stils ist ein fortgesetztes Motiv in Ledesma R a m o s ' Weckruf an die spanische Jugend (1935). Jugend drängt nicht zur Einkehr in die Innerlichkeit, sondern nach Klarheit bündischer Symbole. Der einzelne hat kein Verlangen, sich selbst zu gehören, da das machtvolle Über-Ich seiner Gruppe ihn stärker verlockt, beteiligt und entfaltet als die Ausbildung eines wie immer vorgezeichneten Persönlichkeitsideals. Dem Gesetz dieser Gegenwart versagen sich die vergangenen Träger der Geschichte. „Für die Wirksamkeit unserer G e g e n w a r t " — so sagt Ledesma R a m o s — „ h a t geschichtliche Überlieferung k a u m eine Geltung. Schätzenswert ist an ihr nur, w a s als lebendiger Wert, im Guten und Bösen, auf uns gekommen ist ... U m aber auf die Frage, w a s die Geschichte uns gebracht hat, eine Antwort zu finden, braucht man nicht lange die Chroniken oder sonstweiche Bücher aufzuschlagen, sondern man muß nur fest der eigenen Zeit ins Gesicht sehen — denn in ihr, in ihrem Klima, da müssen wir die gegebenen Antworten vernehmen."

Geschichte ist grundsätzlich für den Vorsatz der Gegenwart nur bemerkenswert, insoweit diese Gegenwart von vergangenen Spuren bedeckt ist. Theoretisch wird damit der Gegenwartswille in seine Freiheit versetzt, aber die lange, stolze und entsetzliche Erbschaft, die den spanischen Boden bedrückt, haftet sich auch an Ledesma R a m o s ' Weckruf, dem bezeichnenderweise ein Entwurf der spanischen Vorzeit vorangeht. Falange Española hat den am Anfang des Bürgerkrieges umgekommenen Gründer der J O N S mit einer posthumen Ausgabe seines wichtigsten Werkes geehrt und damit nicht nur Pietät bekundet, sondern ein vernehmliches Bekenntnis zu dem unversöhnlichen, radikalen Teil der falangistischen Thesen abgelegt. In der bündigen Einheit der J O N S hatte Ledesma R a m o s ein Werkzeug der spanischen Zukunft ersonnen, um die leidenschaftlichen Kräfte des Nationalismus an die syndikalistische Revolution zu wagen. Die Motive des Nationalen und des Revolutionären reihen sich nicht eklektisch aneinander, sondern sie fallen zusammen — wie Ledesma R a m o s mit scharfsichtiger Formulierung nachweist — für den „halbkolonialen" Zustand eines Landes, dessen Reichtum den Monopolen des Auslands verfallen war (1935!). Die nationale Befreiung und die Stärkung der Staatsmacht gewinnt daher im Weltmaßstab das Ansehen eines revolutionären Vorgangs. Mit solchen und anderen Thesen versuchte die J O N S , tief ins Lager des feindlichen Anarcho-Syndikalismus zu stoßen. Aber die nicht verborgenen

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Embleme eines spanischen Faschismus, Bündel und Joch, hemmten den Einbruch nach dieser Seite und brachten keinen Zuzug für die durch den herausfordernden Tonfall einer radikalisierten Intelligenz zurückgestoßenen Kreise. Jedenfalls fand sich die Gruppe zur Verschmelzung mit Falange 1934 veranlaßt, in der Erkenntnis, daß ein weiterer Ausgriff in den politischen Raum nicht gelingen konnte, ohne ihr eigenes Wesen bis zur Unanstößigkeit zu verleugnen oder den Schutz einer stärker auf die Allgemeinheit einwirkenden Partei zu genießen. Diese Partei war Falange Española. Mit ihrer Bedeckung wollte Ledesma Ramos den Geist seines Kampfbunds in seiner Reinheit erhalten als erste Zelle des erneuerten Spanien. Die unentwegte Selbstbehauptung des Gruppengeistes machte den Konflikt mit der Parteiführung unvermeidlich. In ihrem Kern war diese Auseinandersetzung kein Austrag der bestehenden weltanschaulichen Gegensätze zwischen Ledesma Ramos und Primo de Rivera, sondern durch die Dringlichkeit breiter Werbung in der die Machtergreifung vorbereitenden Phase entfesselt. Was Ledesma Ramos in seiner JONS schon verwirklicht sah, galt auch José Antonio als letztes Ziel des falangistischen Kampfes: die Aufhebung der entseelten Allgemeinheit durch die „Syndikalisierung" der spanischen Gesellschaft, Gliederung in Verbände personenhaften Charakters, darinnen die kleineren Einheiten (Einzelperson, Familie, Gemeinde) sich organisch einfügen ließen. Aber für diese Zukunft war der eigenmächtige „Kantonalismus" (José Antonio gebrauchte dieses Wort, das zuerst für die aufständischen andalusischen Kommunen 1868 bis 1870 in Gebrauch kam) eine unerträgliche Hypothek. Da die einzigartige Gabe des Wortes, das Prestige des Namens und das werbende Charisma der Gedanken des Herzens von Primo de Riveras Führung ausstrahlte, konnte der Konflikt im Schöße der Bewegung nicht anders enden als durch die Ausstoßung Ledesma Ramos'. José Antonio hatte sich indessen die Losungen des Jonsistenführers völlig zu eigen gemacht, so daß die äußere Trennung die Richtung der Bewegung nicht mehr änderte. José Antonio und Ledesma Ramos vertreten im Prozeß des Falangismus zwei Pole, deren Spannung eben das geistige Leben der Bewegung hervorbringt. Eindrücke im Vaterhaus, der Prozeß der Vaterbindung und ihre langsame Distanzierung, die Fülle der Begegnungen mit den Feldherren und den Trägern spanischer Politik, diese biographische Mitgift ist im Weltbild José Antonios eingeschlossen. Alles geschichtliche Geschehen erscheint ihm, der so tief hinter die Kulissen der öffentlichen Kulissen einzudringen Gelegenheit hatte, als Wirkung persönlicher Einflüsse und Kräfte, als Strahlung berufener Genien oder Machenschaft aus dem übermächtigen Ressentiment

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der belasteten und zersetzenden Geister. Die überragenden Konstrukteure vom Typus des heiligen Ignatius verraten ihm die Plangedanken des vergangenen Weltreichs — er entwirft mit packenden Zügen die Verschlingung der Gedanken in der kranken Psyche Jean-Jacques Rousseaus. D a s Vernehmen solcher „Tatintentionen" bringt das D r a m a einer ganzen Epoche in die Suggestion der Hörer. Immer, wo anonyme Kräfte das Feld beherrschen, sieht J o s é Antonio den Absturz von der erreichten Höhe einer Klassik. Auf die Katastrophe der Klassik folgen die langen Zeiten der Sehnsucht, noch befangen im kollektiven Traum der neuen Bildung: das sind die „Mittelalter". Auch heute — so José Antonio 1935 — steht die kulturelle Einheit des Abendlands vor einer Katastrophe. Vorbereitet durch zwei Jahrhunderte der Lockerung, hat sich Europa dem Einfall der neuen Barbareninvasion aus dem Osten bedenklich geöffnet. Zweierlei Haltungen zeichnen sich ab. Die einen sehen in der unabwendbaren Zerstörung das neue Mittelalter aufdämmern — die andern schlagen, ihre Angst bezwingend, die Brücke über den Abgrund, um die Einheit in der Anerkennung der gewandelten Verhältnisse (der sozialen Revolution innerhalb der Nationen) zu sichern. Die gewahrte Klassik, das neue Imperium, muß diese Zeichen verstanden haben und die Integration der Massen vollbringen. Hier laufen die Gedankengänge von Ledesma Ramos und Primo de Rivera wieder zusammen. Für Ledesma R a m o s ist allerdings der nationale Faktor eine Funktion der Revolution — J o s é Antonio hatte aus der doppelten Prägung seines Geistes die Wahl, je nachdem seine Hörer es verlangten, den Sozialismus als ein unerläßliches Übel oder die nationalen Kräfte als die unentbehrliche Dynamik der Revolution in Anspruch zu nehmen. Die weckende Kraft der Tradition hatte schon der neuromantische Nationalismus eines Maurice Barrés in eine seltsam irrisierende Zwischenstellung ästhetischer Symbolik und religiösen Kultes verlagert. Die Meditation an den Gräbern der großen Toten verleiht der Gegenwart unwiderstehliche Kräfte. In seinem vielfach angeregten und programmatisch gedachten Werk „Genio de E s p a ñ a " (1932) suchte der früheste Wegbereiter des Falangismus, Ernesto Giménez Caballero, „das Geheimnis eines jeden Nationalismus" im Appell des Lebens an den Tod, in der Versöhnung des neu ausgreifenden Willens der geführten Völker mit den überragenden Genien ihrer Geschichte. Nur dieser Pakt macht das Rätsel der nie versagenden Erfolge verständlich, die den Lenkern der erwachten Nationen auf ihren legendären Wegen treu blieben und Widerstände von historischem, fast erdgeschichtlichem Beharrungsvermögen wie die Kulissen eines Berges zurückweichen

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ließen. Die Gegenwart der zu sich selbst zurückgekehrten Nationen hat die Seele ihrer ganzen Geschichte verpflichtet. In seinem Bürgerkriegsepos „Der Engel und die Bestie" (1937) hat der Dichter José Maria Pemán diese Vision in neuen Glanz versetzt: an den Gräbern der Vergangenheit ihrer Völker sieht er die Völker, sieht er die Führer meditieren, beten, in kultischer Andacht versunken und die magische Gabe der Erweckung von den teuren Toten ihrer Geschichte erwerben. Was bei José Antonio das Vermögen der freien geistigen Bildekraft war (Entwurf der Geschichte aus den Tatgedanken der berufenen Genien), das ist bei Pemán, der, ursprünglich im Raum der Acción Española stehend, später zu Falange stieß, ein kultischer Zwang. Ramiro de Maeztu findet den schlechthin christlichen Tatbestand, den das ästhetische Spiel verbirgt und den der Ahnenkult der Neuromantik poetisch verrätselt: der Glaube an die den Menschen sammelnde Wunderkraft des Gebets. Zwischen dem späten, bekehrten Maeztu und dem an den Fragestellungen einer deutschen Philosophie geschärften Radikalismus Ledesma Ramos' ist keine polare Spannung, sondern ein schlechthin unüberbrückbarer Abgrund. Dennoch, diese zu keinem Dialog vereinbarten Geister haben noch etwas mehr gemeinsam als die Sprache: den Glauben an Spaniens universale Sendung, an die konstruktive Begabung der Nation und die immer wiederkehrende geschichtliche Konstellation, die Spanien vortreibt an die Spitze des Abendlandes. Es bleibt keine Wahl, als diesen Beruf zu ergreifen oder, in Selbsthaß verfallend, den Begriff der Nation zu verlieren. Die Auffassung der Nation ist bei allen Gruppen im nationalistischen Lager dieselbe: fanatisch unitarisch und jedem Regionalismus abhold. Doch spricht im Gefühl für die spanische Einheit nicht die Stimme des Blutes, sondern der Wille zum größeren, universalen Spanien. Der Kampf mit dem regionalistischen Nationalismus der Basken, Galicier, Katalonier, entwertet den Begriff des Nationalismus und nimmt ihm die Eignung, um den falangistischen Vorsatz zu nennen. José Antonio erklärte daher einmal geradezu „das Nationalistsein für eine reine Dummheit ..." „Wir sind keine Nationalisten, weil der Nationalismus nur der Individualismus der Völker ist. Wir sind Spanier — eines der wenigen ernsthaften Dinge, die man auf Erden sein kann!" — Der katalonische, baskische, galicische Nationalismus wird also keineswegs als Komplott einer Fremdmacht, als Hirngespinst politischer Romantik angesehen, sondern für eine überaus natürliche und naturhafte Tatsache. In diesen spanischen Regionen übt Sitte, Rasse, Sprache oder Dialekt eine ungeheure und an keinem Glied dieser Stämme jemals zu verwischende

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Prägekraft. Die Abwehr dieser Separatismen kann den Ernst und die Tiefe und Wahrheit der aufgebotenen Gefühle keinen Augenblick übersehen; was sie verwirft, ist gerade die Suprematie der natürlichen Gemeinschaft über den geistigen Beruf der spanischen Nation. Diese Völker haben — um die Kategorien José Antonios zu gebrauchen — ein Höchstmaß an Individualität, aber der Versuch ihrer politischen Personifizierung und Selbständigkeit ist nur Symptom der spanischen Ohnmacht. Immer streikten die Glieder, wenn Spanien irre wurde an seinem Beruf der Führung. Diese Prozesse entstehen im Gefolge der spanischen Rückzugsbewegung aus seiner Geschichte in die Vielfalt der iberischen Geographie; sie sind der begleitende Ausdruck des Rückfalls in die Grenzen der „Natur". Der Schauplatz spanischer Geschichte hat keine Konturen. Er ist das Universum. Jedoch dehnt sich im Herzen Spaniens die Landschaft, die im Zeichen der Selbstüberwindung den politischen Vorsatz ermächtigt. Die Entdeckung der kastilischen Landschaft, das Ja zu ihrer asketischen Furchtbarkeit, gehört zu den Errungenschaften der sogenannten Generation von 1898, zu dem Entschluß der Selbstversenkung, den die beschämende Liquidation der spanischen Weltmacht und die ernüchternde Stimmung der sog. Restaurationsperiode den Besten nahegelegt hatte. Das romantische Naturbild Spaniens war überwiegend auf die das heiße kastilische Herz umlagernden Randgebiete abgestimmt mit ihren idyllischen oder romanesk-alpinen Schauräumen. Es entzog sich der kahlen baumlosen Steppe der Meseta. Ihre Geschenke sind, wie der Dichter Machado sagt: „blinde Sonne, Durst und Müdigkeit". José Antonio pries in seiner Valladolider Rede von 1934 in unvergeßlichen Worten die versengte Landschaft mit ihren drohenden furchtbar entblößten Formen, die sich nach allen Seiten dem Himmel öffnet, so wie die Geschichte Kastiliens das fortgesetzte Opfer der eigenen territorialen Erfüllung zugunsten der universalen Sendung Spaniens gebracht hat. Den Vorrang der kastilischen Landschaft, deren Großheit ein Azorin, ein Unamuno, Machado sehen lehrten, verbindet sich nunmehr mit der falangistischen Abwehr gegen die in den Randgebieten aufbrechenden widerkastilischen Regionalismen. Das Geschichtsbild der Falange Española hat keine Bedeutung als Beitrag zur Erkenntnis der Historie. Überall liegen offensichtlich die Spuren früherer Generationen, Lehren und halbverarbeitete Reminiszenzen. Menéndez Pidal hatte den kastilischen Imperialismus in seiner mittelalterlichen Vorform entdeckt. Die Elemente seines Geschichtsbilds sind in die vielverbreitete parteioffiziöse Schrift von Tovar über das Imperium („El imperio de España") gelangt. Noch weiter ausgestreut liegen die Thesen Ortega y Gas-

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sets: im Widerspruch Giménez Caballeros und in der rückhaltlosen Gefolgschaft José Antonios gleich wirksam für die geistige Vorbereitung des falangistischen Unternehmens. Wenn Falange keine grundsätzlich neue Weise des Sehens von Geschichte eröffnet, so liegt die große Bedeutung ihres Umgangs mit der Vergangenheit darin, daß die aktivistische Jugend sich auf die Lehren einer früheren theoretisch befangenen Generation verpflichtet und damit den Fortgang geistiger Bewegung sichern konnte. Schon diese Haltung allein macht den spanischen Beitrag zu einem höchst beachtlichen Signal am abendländischen Horizont. Ertragreich wird das falangistische Geschichtsbild erst vom Standpunkt falangistischen Wollens, d. h. als Auslegung ihrer eigenen Tatintention im Spiegel der Vorzeit. Während der Bürgerkriege des 19. Jahrhunderts bedeckte jede Partei ihr Kampfziel mit einem Geschichtsbild der wahren und wiederzubringenden Tradition. Auf der Rechten glaubte man sich zur Nachfolge der habsburgisch-katholischen Reichsüberlieferung berufen, während die Liberalen in der genossenschaftlichen Organisation und den Volksfreiheiten des mittelalterlichen Spaniens den unüberschreitbaren Höhepunkt fanden. Die Elemente des spanischen Geschichtsprozesses trieben in den Sturmlauf des Parteikriegs. Das wehrhafte Nebeneinander zweier in tödlicher Feindschaft zerrissener Spanienbilder ist das beredte Dementi des Irrwahns, als ob einem Volk zu seiner Erfüllung nur eine einzige Form überlassen wäre, als ob nicht die Zeit ihr Gesetz dem nationalen Wesensausdruck von einer Epoche zur andern auferlege. Die geistigen Bildner der Falange haben diese Einsicht besessen. Wenn z. B. der Liberalismus keine haltbare Form für das Gesetz dieser Zeit erstellen kann, so will das nicht sagen, daß er im 19. Jahrhundert nicht eine Sendung an Spanien zu vollbringen hatte. Im Gegenteil! Ledesma Ramos klagt den vergangenen Liberalismus an, nicht weil er die Tradition verraten hatte, sondern die Macht der Durchsetzung nicht aufbrachte, um nach seinem Bild ein „jakobinisches, patriotisches Spanien" zu formen. Es bleibt den Liberalen, trotz ihrer „aberwitzigen Doktrinen" das unschätzbare Verdienst, im Umkreis der Macht „den großen und fruchtbaren Wert der spanischen Einheit" unbedingt und fanatisch sichergestellt zu haben. Während im ersten karlistischen Bürgerkrieg die Anhänger der Tradition skrupellos das Bündnis mit dem Separatismus schlossen, Basken und Katalonier mit hochverräterischen Versprechungen zum Aufstand gegen die Zentralgewalt trieben, haben die Liberalen mit dem Blut der Milizen die Einheit der Nation gerettet. Aber dieselben Liberalen versagten sich dem Begriff der geschichtlichen Einheit Spaniens. Die Negation von zwei Jahr-

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hunderten der Größe (des habsburgischen Reichs) überließ stillschweigend dem Gegner zur Rechten die legitime Vertretung der geistigen Erbschaft. Castelar, der Schöpfer der Ersten Spanischen Republik (1868), erklärte geradezu, es könne „nichts Abscheulicheres geben als jenes große spanische Reich, das ein einziges über die Erde gespanntes Schweißtuch war". Mit solchen Blasphemien fielen die Liberalen des 19. Jahrhunderts in den Stil der spanischen Aufklärer zurück, die den Zweifel an Spanien bis zum äußersten Selbsthaß vergiftet hatten. Freilich war der Liberalismus diesem Stadium grundsätzlich entwachsen, seit er es verstand, sich einen geschichtlichen Abschnitt spanischer Sinnerfüllung zuzuordnen. Aber die in den Abfall verworfene habsburgische Zeit fiel ja doch zusammen mit der Blüte spanischer Kultur und führte darum den Namen eines Goldenen Zeitalters („siglo de oro"). Um diese Werte zu retten, bzw. ihre fortdauernde Wirkung auf alle Völker begreiflich zu machen, mußten die Liberalen die politische Kraftentfaltung des Imperiums und die Wachstumsfülle des geistigen Lebens im Siglo de oro auseinanderreißen. Der spanische Genius befand sich demnach in vollkommener Gelöstheit oder in versteckter Opposition zu den das spanische Leben treibenden Mächten. War nicht auf der Höhe der Zeit der größte Anlauf zum Epos das Werk des Cervantes, die erbarmungsloseste Satire des heldischen Menschen, und ist es nicht seltsam, daß erst im Zeichen des niedergehenden Reiches die ästhetische Verklärung der Tatintentionen geglückt ist, die Anthropologie des Graciánischen Über- und Universalmenschen? Diese Trennung der bewirkenden und der geistigen Mächte ergab trotz ihrer methodischen Roheit ein Schema, um aus dem verwickelten Prozeß der Verflechtung von Formgeschichte und politischer Formung Ergebnisse zu ziehen. Im falangistischen Weltbild kehrt die liberale Erklärungsweise deutlich wieder, mit der Umkehr der Wertung, die das Bekenntnis zum universalen Reichsgedanken gebietet. Ernesto Giménez Caballero hat sich nicht gescheut, Cervantes auf die Stammtafel des spanischen Defätismus zu setzen, und das ist nur die falangistische Konsequenz der liberalen Auffassung von Cervantes als einem „Oppositionsschriftsteller". In einer Rede während des letzten Bürgerkriegs erklärte Fr. Cossio, die ungeheure Spannweite des weltumgreifenden Imperiums hätte in den großen Jahrhunderten die spanische Kunst in ihrem Flug nicht mitgerissen. Spanien lebte sein inneres Leben, unergriffen von der gewaltigen Regung seines geschichtlichen Genius. „Wie zu einem Traumvorgang stand man damals zu diesem Geschehen." Das Imperium war eine dem spanischen Geist noch gar nicht faßbare, fremde Größe.

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„Es ist ein nationales Gebrechen, daß der Spanier sein Reich niemals hat als Kraft des Ausgriffs („centrifuga"), sondern als ein unberührbares und in äußerster Fragwürdigkeit verfangenes Gebilde, das, durch Legende verwoben, sich nur von außen her unserer Wahrnehmung aufdrängt!" —

Neben der liberalen Trennung der beiden Substanzen (politischer Wille — künstlerische Vollbringung) mischt sich ein anderes Motiv in die Linie der Betrachtung. Der Gedanke, daß Spanien in seiner ganzen bisherigen Geschichte noch gar nicht bewußt geworden ist, gehört zu den Axiomen der in der Niederlage von 1898 zur Selbstbesinnung gerufenen Geistigkeit. Kurz bevor die spanische Flagge über zwei Weltteilen niederging und die über zweihunderjährige Agonie des letzten Weltreichs durch den Sieg der jüngsten Großmacht beendet wurde, konnte Angel Ganivet im spanischen „Idearium" (1897 — 1898) behaupten, „daß der Geist der Nation ihren Taten bisher fremd geblieben ist und daß ihre Seele mitten unter den Kindern ihres Fleisches einsam war". Auf diese Weise werden alle Widersprüche im Gefüge der vergangenen Werke, das Problem des Niedergangs und vor allem die furchtbaren Ausbrüche sinnlos verschwendeter Volkskraft in den ideologischen Bürgerkriegen des 19. Jahrhunderts entrückt in die unwirkliche, szenenhafte Atmosphäre eines Traumspiels, wo die kühnsten Gipfel und die tiefsten Abgründe des spanischen Genius zusammenrücken. Diese Verheißung einer noch unerfüllten Zukunft wurde falangistische Überzeugung. Das „Imperium" ist nicht eine wiedergeholte Tradition, sondern lebendige Regung der Zukunft in den Scharen der kämpfenden Jugend. Die geistige Versöhnung der atlantischen Tochterstaaten, die „Hispanität" des erneuerten Spaniens weist auf das wirkliche Ziel der universalen Sendung, zu der die Nation sich berufen glaubt. Aber dieses einzige über einen Erdteil ausgeworfene Pfand stellt das begehrte „Imperium" zugleich vor seine unüberschreitbare Schranke. Unterschiede der Ideologien brauchen keine ewige Scheidewand aufzurichten zwischen Völkern, die eine Verbindung suchen. Anders natürlich, wenn solche Prinzipien auf dem Spiel stehen, mit denen Wesen und Bestand der Nation verknüpft ist. Es erscheint unvorstellbar, daß die vom spanischen Weltreich im Namen der nationalen Selbstbestimmung abtrünnigen transozeanischen Territorien ihr Heil nun plötzlich in der Wiederkunft eines spanischen Imperiums begreifen, wenn die Verwirklichung einer solchen Macht im politischen Raum der Verneinung ihrer ganzen Geschichte und ihres staatlichen Eigenlebens gleich ist. Die wirkliche Dimension des imperialen Entwurfs strebt natürlich nicht in anachronistischer Weise der bestehenden Gliederung geschichtlicher

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Räume entgegen. Sie erstreckt sich auf eine Gemeinsamkeit überräumlicher Art. Universum ist ja nicht die Ballung von Ländern und Kontinenten. Hispanität meint geistige Einheit der durch Sprache, Sitte und jahrhundertlange Schicksale verbundenen Bürger einer spanischen Welt „zu beiden Seiten des Meeres". Die europäischen Spanier stützen dabei ihren Anspruch auf die hispanische Vorhut weniger auf geschichtlichen Vorrang als vielmehr auf den erlebten Prozeß der falangistischen Wandlung. Dieser Prozeß zielt nach einer „Haltung im Dasein"; einer Haltung, die José Antonio vollständig menschlich durch „Tiefe und Kraft der Umfassung" nannte. Er sprach von dem „Sinn für das Ewige", mit dem der Falangist die rechte Entscheidung nie verfehlen kann. Das Gesetz in der Brust ist das Gesetz, „das die Welt erschafft und zusammenhält, ordnender Wille und liebende Einheit". In dieser Gesinnung mußte sich Falange Española von Anfang an über jede politische Zielsetzung erheben. Das Politische konnte hier niemals den Rang eines Urphänomens bekommen, wie für Machiavell und seinen Schüler Mussolini. Nach italienisch-faschistischer Denkart gibt es keine Theorie, die aus sich heraus einen Vorzug für die Idee des eigengesetzlichen Staates besäße. Welche Theorie wäre nicht denkbar? Welche unmöglich? Der schöpferische Augenblick im Leben des Staates entscheidet allein über ihre Eignung und Verwertbarkeit. Der politische Mensch steht in der Freiheit zur Metaphysik („Disordine creatrice"). Das spanische Menschenbild läßt sich im Rahmen des Politischen nicht fassen. Daher kann auch Falange Española ihr Ziel nicht in der Ablösung vieler Parteien durch eine Einheitspartei erblicken. José Antonio hatte kein Bedenken, die Partei der Falange die Gegenpartei („Antipartido") zu nennen. Das Endziel bringt die Aufhebung des politischen Zustande durch die spanische Eintracht. Falange sichtet ihre eigene Auflösung, wenn sie das ganze Gebiet ihrer Sendung einmal durchdrungen und den letzten spanischen Menschen aus der Selbstentfremdung erlöst hat, wenn die „öffentliche Meinung", dieser Fetisch und lahme Teufel der unverantwortlichen Allgemeinheit, für immer verstummt und eine Ordnung von Person zu Person an die Stelle der verdinglichten Beziehung getreten ist, wenn, mit einem Wort, der Traum Don Quijotes im Licht der spanischen Wahrheit von morgen erfüllt wird. Wie die spanischen Zeitungen während des Bürgerkriegs berichteten, wurden die neuen Funktionäre der Partei auf das Kreuz, auf die Heilige Schrift und auf den „Don Quijote" vereidigt. Das Unterpfand ihres Schwurs war natürlich nicht die Satire des Cervantes, mit der schon Unamuno zu Gericht ging, sondern der Held, von dem Cervantes' unruhiger Geist abfiel, in der Reinheit seiner Absicht, die Welt zu ihrer Ordnung zurückzuführen.

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Im Zeichen der Liebe soll, wie José Antonio sagte, der Vorsatz des Reichs gedeihen, durch den Vollzug jener einzigen Kraft, die sich selbst Instrument ist. Die falangistische Urtat, die Setzung des Imperio, greift nicht über die Grenzen, und — wie mitten im Waffenlärm des Bürgerkriegs die Zeitschrift „Falange Española" schreiben konnte, — es besteht das „Imperio auch nicht in der Ausbildung einer militärischen Macht, sondern allein in der Bereitschaft der kollektiven Seele. Imperio ist die Bilanz der Bildung aller einzelnen und der Ausbildung einer einzigen Truppe." Fernando Cortés geht noch weiter, wenn er in derselben Zeitschrift fragt: „Wie? Und wenn das Imperium nichts wäre als die Züchtung eines menschlichen Typus? Einen Menschen von universaler Geltung zu bilden, das heißt einen Menschen zum Träger der ewigen Werte zu machen?"

Vorbemerkung zu: Gedichte von Dionisio Ridruejo

Unter den in Spanien verbleibenden Dichtern gibt Dionisio Ridruejo die stärkste und sicherste Hoffnung, daß hier eine große poetische Bewegung nach drei Jahrzehnten ihres erstaunlichen Aufschwungs sich in den Herzen behauptet und in der charakteristischen Umformung einer jüngeren Generation neue Impulse zeitigt. Dionisio Ridruejo wurde 1912 in dem alten kastilischen Burgo de Osma (Prov. Soria) geboren. Gemeinsam mit einigen Dichtern verschiedenen Alters und von sehr verschiedener Artung wie Gerardo Diego, Jorge Guillén, José María Alfaro steht Ridruejo auf dem kastilischen Gegenpol der zuerst von den großen Andalusiern Juan Ramón Jiménez, Rafael Alberti und Federico García Lorca durch den poetischen Raum getragenen Bewegung. In Soria wurde dem Schüler Ridruejo das Glück zuteil, Unterweisungen in spanischer Literatur von Antonio Machado zu erhalten. Zu diesem großen Dichter bekennt sich Ridruejo noch einmal ausdrücklich in dem Vorwort der von ihm angeregten, 1941 herausgebrachten Gesamtausgabe („Poesías completas", Madrid, Espasa-Calpe): „Ningún otro poeta contemporáneo ha entrado en mí más hondo, ni, por lo tanto, ha podido salir más patentemente en mí." Die frühsten Verse wurden in dem Bändchen „Plural" (Segovia 1935) vorgelegt. Es folgten: „Primer libro de amor", Barcelona (Yunque) 1939; „Poesía en armas", Madrid (Escorial) 1940. 1942 sollen noch erscheinen: „Sonetos a la piedra" (zum Teil schon veröffentlicht in der Zeitschrift „Escorial", 1941) und das Poem „La doncella en el río" (verfaßt 1935). Ridruejo erwacht zum Leben der Dichtung, nachdem der Kult Luis de Góngoras gerade seinen Höhepunkt überschritten — 1927: Dreihundertjahrfeier Góngoras, dessen berufener Interpret Dámaso Alonso sich als Vertreter der neuen Lyrik ausdrücklich von diesem verehrungswürdigen Vorbild lossagt — und der „creacionismo" eines Gerardo Diego die Unmittelbarkeit der Bildschöpfung in programmatischen Gegensatz zu der konstruktiven Syntax und

Vorbemerkung zu: Gedichte von Dionisio Ridruejo

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Metaphorik der in Góngoras Bann Stehenden gebracht hatte. Ridruejos erste Dichtungen lassen verschiedene Einflüsse erkennen. Er selbst nennt außer Antonio Machado: Ronsard, Quevedo, Juan Ramón Jiménez ... Indessen ist, wie bei anderen Dichtern seines Alters, die Wiederkunft Góngoras unverkennbar, freilich in einem anderen Zeichen als bei den Dichtern der zwanziger Jahre. Bei Ridruejo findet man die gongorinischen Themen: vor allem in seiner Anschauung der Natur als eines in der Verwandlung der Elemente gestaltenden Vorgangs, in der kosmogenischen Metamorphose aller seelischen Erregung. Ridruejo hat 1940 die Monatszeitschrift „Escorial" gegründet, die große Hoffnungen erregte und in den bisher erschienenen 16 Heften dem Bestreben diente, alle echten Werte des spanischen Geistes, unabhängig von ihrer doktrinären Abstempelung, zu erfassen und zu ermutigen. Die hier erstmals veröffentlichten Verse zeigen einen Dichter der Zeit am Werk, der kein Zeitdichter ist. Sie sind in Rußland geschrieben, wo Ridruejo als einfacher Soldat mit der spanischen Division kämpft. C a m p o de batalla

I. Si se sueña la p a z es en la nieve. ¡Oh, blancura sencilla y extasiada! ¡Oh, flor continua, delicada y yerta! ¡Oh, planeta vestido de p a l o m a ! B a j o el blando silencio ya se detiene, t o m a cuerpo la luz en la llanura y la calma de vastedad del tiempo duerme su eternidad resplandeciente. Unica faz concreta e infinita que detiene los pies y hasta los ojos intimida de ilesa mansedumbre. Si acecha el corazón es su sosiego, su inmensa libertad sin movimiento, su plenitud desnudamente alegre. Si se sueña la paz, absorta y frágil, es en la majestad que se recrea bajo la virgen soledad del aire. Si se sueña la p a z es en la nieve. II. Pero una ronca voz, súbitamente, sopesa y estremece su descanso. Una a l a r m a d a , urgente trayectoria raya el cristal donde dormía el viento, gime, rechina y cruza penetrante.

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Vorbemerkung zu: Gedichte von Dionisio Ridruejo Un fragor sofocado se levanta y un vendaval de hierro hacia las nubes invierte la nevada bruscamente. Herida está la soledad, herida la blancura incansable y la profunda tierra, sangre será de su martirio. Ya es incendio la bruma delicada, la plateada vaguedad, el velo alboreante de las lejanías. Esgrimen fuego, casi deslumhrado, los concretos abismos: hierro en vela que retrocede, avanza y tensa airado su poderío activo e impasible. Un puente de parábolas sonoras cruza sobre los lienzos inmutables ajenos al acecho que recatan en su misterio hostil los horizontes. Brama el espeso cielo y lo desgarran constelaciones libres, las muertas, lunas vertiginosas, voladoras, de vaguedad y de furor tranquilo. Se derrumban pesadas verticales con un gemido que progresa y hiere despertanda volcanes, oleadas, en que el fragor se ensancha y se reúne. Vasta aurora del fuego. El tiempo nace con sonido y color, mientras perdura aquella eternidad enajenada, mortaja de la luz, en el espacio. Pero ya en el tambor terso y helado redobla duramente la batalla. Aves de hierro cantan, centellean, llenan el aire de silbantes redes