Das römische Privatrecht, v. 2 - Die Nachklassischen Entwicklungen

636 99 12MB

German Pages 478 [502] Year 1959

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Das römische Privatrecht, v. 2 - Die Nachklassischen Entwicklungen

Citation preview

HANDBUCH DER ALTERTUMSWISSENSCHAFT BEGRÜNDET

VON IWAN VON MÜLLER

ERWEITERT FORTGEFÜHRT

VON WALTER OTTO VON HERMANN

ZEHNTE

ABTEILUNG,

DRITTER

DRITTER

BAND, ZWEITER

BENGTSON

TEIL

ABSCHNITT

RECHTSGESCHICHTE DES ALTERTUMS IM RAHMEN HANDBUCHS

DES

DER ALTERTUMSWISSENSCHAFT

DRITTER

TEIL,

ZWEITER

C. H. BECK'SCHE

DRITTER

BAl\'D,

ABSCHNITT

VERLAGSBUCHHANDLUNG

MONCHEN MCMLIX

DAS •• ROMISCHE PRIVATRECHT ZWEITER

DIE

ABSCHNITT

NACHKLASSISCHEN

ENTWICKLUNGEN

VON

MAX KASER 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT HAMBURG

C. H. BECK'SCH E VERLAGSBUCHHANDLUNG

MONCHEN MCMLIX

Copyright t 959 bT C. H. Beck'scbe Verlagsbuchhandlung (Oscar Deck) JilQncbcn Prlnted ln Germanr Druck der C. H. Beck'schen Buchdruckerei NGrdllngen

ERNSTLEVY in dankbarer

Verehrung

VORWORT Mit diesem zweiten Teilband, der den „Dritten Teil: Die nachklassischen Entwicklungen" enthält, kann ich die Darstellung des römischen Privat• rechts nunmehr abschließen. Ich hoffe, damit zugleich endgültig bewiesen zu haben, daß es zweckmäßig und fruchtbar war, diesen Stoff einmal in entwicklungsgeschichtlicher Sicht zu betrachten und ihn dabei in die hier gewählten Perioden zu gliedern. Daß dieser Aufbau keine Ausschließlichkeit beansprucht, habe ich schon seinerzeit hervorgehoben. Vor allem für die Behandlung im Rechtsunterricht bin auch ich davon überzeugt, daß eine systematische Gliederung vorzuziehen ist. Dem Historiker und namentlich dem Rechtshistoriker aber können die umwälzenden Veränderungen, denen das römische Recht in den spätantiken Jahrhunderten unterworfen war, wie mir scheint, am eindrucksvollsten damit nahegebracht werden, daß man sie in ihren Erscheinungen und Hintergründen vom klassischen Recht gesondert darstellt. Daß die Aufgabe, vor die ich mich bei diesem zweiten Teilband gestellt sah, ungleich schwieriger war als beim ersten, wird jedem Kundigen einleuchten. Von den bisherigen Gesamtdarstellungen hat, was das Recht der nachklassischen Periode anlangt, noch keine das volle Gewicht auf die historische Fragestellung gelegt. Ja, die richtige Würdigung der mannigfachen Kräfte, die diese nachklassischen Entwicklungen beherrschen, ist überhaupt erst in der jüngsten Zeit in Fluß geraten, so daß man sich fragen darf, ob die Zeit für den Entwurf eines Gesamtbildes schon reif ist.Immerhin hoffe ich zeigen zu können, daß die wesentlichen Züge des Geschichtsbildes bereits hinlänglich geklärt sind, um den Versuch einer solchen Gesamtdarstellung gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Es ist das überragende Verdienst Ernst Levys, in den letzten drei Jahrzehnten die Eigenart des nachklassischen Vulgarrechts entdeckt zu haben; zunächst des weströmischen und neuerdings auch des oströmischen. Erst seit seinen bahnbrechenden Forschungen sehen wir deutlich, daß vom klassischen Recht zur Synthese im Corpus iuris Justinians keine geradlinige Entwicklung geführt hat, sondern daß das römische Recht nach dem Ende der Klassik in der westlichen wie in der östlichen Reichshälfte einen tiefen Niederbruch erlitten hat. Im Westen hat dieser Absturz das endgültige Schicksal des römischen Rechts bestimmt; in den Schulen des Ostens dagegen und zum· Teil auch in der Kompilation Justinians ist ihm eine klassizistische Umkehr gefolgt. Vom weströmischen Vulgarrecht hat Levy das Sachenrecht und das Obligationenrecht - mit Einschluß wesentlicher Stücke aus den allgemeinen Lehren des Privatrechts - in seinen beiden letzten umfassenden Werken auf mustergültige Weise dargestellt. Seinen Ergebnissen ebenso wie den methodischen Richtlinien, die er hier und in anderen Schriften bietet, bin ich nach genauen Überlegungen weithin gefolgt. Von diesen Erfahrungen geleitet,

Vill

Vorwort

hoffe ich, eine brauchbare Übersicht über die von der Vulgarisierung beeinßußten Entwicklungen auch für die Rechtsgebiete vorlegen zu können, die Levy bisher nicht behandelt hat. Dabei ist für das Personen- und Familienrecht allerdings zu bedenken, daß hier die vulgarisierende Abwandlung des klassischen Rechts vielfach hinter den Positivismus der Kaisergesetzgebung zurücktritt. Diese Gesetzgebung zeigt gewiß allenthalben die Züge des vulgaristischen Denkstils; ihre christlichen oder wohlfahrtsstaatlichen Motive haben aber häufig zu völliger Loslösung von den überkommenen klassischen Einrichtungen und Gedanken geführt. Beim Erbrecht ist demgegenüber die Anlehnung an die klassische Tradition und ihre vulgaristische Umformung deutlicher erkennbar. Für dieses Gebiet hat mirLevy aus seinenAufzeichnungen eine Reihe wertvoller Hinweise erteilt. Auch seine für das oströmische Vulgarrecht grundlegende Abhandlung „West-östliches Vulgarrecht", die in SZ 76 (1959) 1 ff. erscheinen wird, sowie die Abhandlung über „Vulgarrecht und Kaiserrecht", die für die Festschrift Gutzwiller bestimmt und einstweilen in Bull. 62 (1959) 1 ff. erschienen ist, hat mir Levy schon im Manuskript zugänglich gemacht. Anders war meine Lage gegenüber dem Privatrecht Justinians. Zwar hat die jahrhundertelange Bearbeitung des Corpus iuris bereits viele Fragen mit dogmatisch-juristischen Methoden durchleuchtet; und die moderne Textkritik hat die Haltung dieses Kaisers gegenüber dem überkommenen Recht in vielen Einzelheiten geklärt. Eine Gesamtdarstellung, die das Recht Justinians aus seinen geschichtlichen Grundlagen zu deuten versucht, liegt jedoch bisher nicht vor. Eine solche Bearbeitung wird sich heute davon leiten lassen müssen, daß die jüngste Vulgarrechtsforschung auch die Position J ustinians in ein neues Licht gerückt hat. Im Vordergrund steht jetzt die Frage, inwieweit dieser Kaiser einerseits, gestützt auf die oströmische Rechtswissenschaft, eine klassizistische Rückkehr zu den klassischen Einrichtungen und Denkformen angestrebt hat, inwieweit er andererseits aber auch die vulgarisierende Richtung seiner Vorgänger fortgesetzt hat. Die beiden Bücher Levys haben, soweit sie reichen, auch diese Frage verschiedentlich erörtert, ohne doch den ganzen Stoff erschöpfen zu wollen. Es blieb mithin meine Aufgabe, über diese Hinweise hinaus ein Gesamtbild des justinianischen Privatrechts zu entwerfen, wobei versucht werden sollte, dieses Recht aus den inneren und äußeren Kräften zu deuten, die es geformt haben. Zugleich sollten, soweit möglich, die Grenzen bezeichnet werden, in denen die Kompilation in der Praxisihrer Zeit lebendige Geltung erlangt hat. Im Vulgarismus und im Klassizismus hat die jüngste Forschung die Faktoren erkannt, die vornehmlich die Schicksale des spätrömischen Privatrechts in unterschiedliche Bahnen gelenkt haben. Andere Faktoren haben demgegenüber auf die Rechtsentwicklung dieser Periode in einheitlichem Sinn eingewirkt. Zu ihnen rechnen wir die Evolution aus den schon in der Klassikangelegten Ansätzen und vor allem die neuen Kräfte: das Christentum, die verfassungsrechtliche Erneuerung, die völlige Verstaatlichung des Zivilprozesses, teilweise auch die wirtschaftlichen und sozialen Wandlungen; schließlich den hellenistischen Einßuß, der sich indessen auch im Osten in engeren Grenzen hält, als man bisher vielfach angenommen hat.

Vorwort

IX

Der Gegenstand meiner Darstellung war im wesentlichen auf das römische Reichsrecht vom 3. hie zum 6. Jh. zu beschränken, wobei ich hier und dort Einzelheiten fttr das klassische Recht nachgetragen habe. Auf die nichtrömischen Volksrechte, die in den östlichen Provinzen nach deren Eingliederung in das Römische Reich noch vielfach fortbestanden haben, bin ich im allgemeinen nicht eingegangen. Das ließ sich um so eher verantworten, als für das wichtigste Teilgebiet, das Recht der gräko-ägyptischen Papyri, eine gesonderte Darstellung in diesem Handbuch vorgesehen ist. In welchen Grenzen die Papyri gleichwohl auch rttr meine Darstellung heranzuziehen waren, ist in § 195 II 4 genauer umschrieben. Den zeitlichen Abschluß bezeichnet für den Westen die Geltung des römischen Rechte fttr die Untertanen römischer Nationalität; darum waren die westgotischen und burgundiechen Römergesetze und das Edikt Theoderiche noch einzubeziehen. Das Fortleben römischer Rechtegedanken im Mittelalter, um dessen Erfassung sich ein groß angelegtes internationales Gemeinschaftswerk auf den Spuren Savignye bemühen wird, gehört dagegen nicht mehr in die Privatrechtegeschichte der Antike. Ebenso durfte die östliche Entwicklung des römischen Rechte mit der Gesetzgebung Justiniane abgeschlossen werden. Was auf sie folgt, ja teilweise schon die Novellengesetzgebung des Corpus iuris seihet, ist nach dem kulturellen Typus und nach den Kräften, die darauf eingewirkt haben, nicht mehr römische, sondern byzantinische Rechtsgeschichte. Ihre Neubearbeitung bleibt seit Zachariäs grundlegender Zusammenfassung des „Griechisch-römischen Rechte" (1892) ein dringendes Anliegen an die rechtegeechichtliche Forschung. Die Gliederung meines dritten Teile folgt hie auf wenige, mir sachlich geboten erscheinende Abweichungen dem Aufbau des zweiten; war doch der Stoff des klassischen Rechte zum Ausgang zu nehmen und auf die Umformungen, Ersetzungen und Wiederherstellungen zu prüfen, die er in den mannigfachen räumlichen und kulturellen Sphären der nachklaesiechen Ära erfahren hat. Auf ein innerlich geschlossenes System dürfen dabei die nachklaesiechen Ordnungen noch weniger Anspruch erheben als die klassische. - Zu der fttr das klassische Recht (und damit auch fttr die nachklassiechen Entwicklungen) gewählten Stoffeinteilung sei bei dieser Gelegenheit bemerkt: Wenn mein Aufbau auf weite Strecken mit dem mancher Pandektenwerke übereinstimmt, eo beweist dies nicht meine Abhängigkeit von der pandektietischen Methode, sondern ee erklärt sich einfach aus der stofflichen Gemeinsamkeit, die jeden Darsteller des antiken wie des neuzeitlichen römischen Privatrechte unausweichlich dazu zwingt, eich in irgendeiner Weise an das gajanieche Inetitutioneneyetem anzulehnen. Dieses römische Schulsystem wird in seinen Grundgedanken - trotz mancher Schwächen im einzelnen - dem römischen Privatrecht immer noch am besten gerecht. Seine säkulare Kraft bewährt eich noch heutzutage in den römisch beeinßußten Zivilgesetzbüchern des europäischen Kontinents, die sämtlich mehr oder minder deutlich diesem Aufbau folgen. Über Einzelheiten freilich wird man immer streiten können, etwa, ob man die einzelnen Schuldverhältnisse als „Besonderen Teil des Obligationenrechte" herausheben und ob man,

X

Vorwort

wie es die italienische Romanistik bevorzugt, das Erbrecht in einen allgemeinen und einen besonderen Teil gliedern soll. Alle diese Systematisierungen haben ihre Vorzüge und ihre Nachteile und können keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Vielfach sind sie von den subjektiven Anschauungen des einzelnen Forschers beeinflußt, besonders von der in seiner Heimat geltenden Zivilrechtsordnung. So wichtig die Systemfrage an sich ist, sollte sie für die historischen Darstellungen doch nicht überschätzt werden. In der Anführung der Literatur bin ich den Grundsätzen gefolgt, die ich schon im Vorwort zum ersten Teilband angedeutet habe. Wo es sich zwanglos durchführen ließ - also keineswegs überall-, habe ich auch die Literaturangaben für das klassische Recht ergänzt. Die Quellenstellen habe ich für das nachklassische Recht, bei dem ich mich in geringerem Umfang auf literarische Vorarbeiten stützen konnte als für das klassische, reichlicher zitiert als für dieses. Auf mehrfachen Wunsch habe ich diesem Teilband ein Quellenverzeichnis für das Gesamtwerk beigegeben. Mein besonderer Dank gilt diesmal Ernst Levy und Artur Steinwenter. Beide hervorragenden Kenner des spätrömischen Rechts, deren freundschaftliche Gesinnung mich zutiefst beglückt, haben das Manuskript durchgesehen und mir eine Fülle nützlicher Ratschläge erteilt. Die wertvollen Hilfen, die mir Levy durch zahlreiche briefliche Hinweise sowie durch die Zusendung der Manuskripte seiner beiden letzten Abhandlungen gewährt hat, habe ich schon erwähnt. Ohne die Grundlagen, die er in seinen meisterhaften Untersuchungen geschaffen hat, wäre meine Darstellung nicht möglich geworden. Ich bin darum hocherfreut über die Anerkennung, die er meiner Arbeit durch die Annahme der Widmung dieses Bandes bezeugt hat. Artur Steinwenter, dem verehrten Lehrer, der uns vor wenigen Monaten entrissen wurde, kann ich schmerzerfüllt meinen Dank nur noch ins Grab nachrufen. Herr Professor Alberto Burdese (Padua) hat auch diesmal einige Zitate in italienischen Werken für mich nachgeprüft. Die Korrektur haben mein Assistent Herr Assessor Dr. Dieter Medicus und Herr Dr. Henryk Kupiszewski (Warschau), der in diesem Jahr in meinem Institut gearbeitet hat, mitgelesen; beide haben das Werk mit ihren Ratschlägen gefördert. Zuletzt hat mir noch Herr Professor Bengtson an Hand der Druckbogen nützliche Hinweise ei't'3ilt,.Allen diesen H~lfern gilt mein herzlicher Dank. Münster, im September 1959

Max Kaser

INHALT DRITTER

TEIL

DIE NACHKLASSISCHEN Abkürzungen.

ENTWICKLUNGEN

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ERSTER

ABSCH:-.IITT. GRUNDLAGE~

XV

UND GRUNDBEGRIFFE

I. Einlei,tung § 192. § 193. § 194. § 195.

Allgemeine Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . Die nachklassische Vulgarisierung des Privatrechts . . . . Der oströmische Klassizismus. Die Gesetzgebung J ustinians Die ·Oberlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Recht,

§ 196. § 197. § 198. § 199.

Rechtsordnung

und

3

13 19

23

Rechtsbefugnis

Die Rechtsordnung . . . . . . . . . . . Die ethische Durchdringung des Rerhts . . . Rechtsbegriff, Rechtsbefugnis, Rechtsausübung Aetio und exceptio. Verjährung . . . . . . .

32

38 40 42

III. Die Rechtsgeschäfte

§ 200. § 201. § 202. § 203. § 204.

Rechtsgeschüfte. Formalismus ............. . Auslegung und \Villensmängel . . . . . . . . . . . . . . Unwirksamkeit, Verbotswidrigkeit, Gliiubigerbenachleiligung Bedingung, Befristung, Auflage Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ZWEITER

AflSCHNITT.

§ :20.5.Die Weilerentwieklung

PEHSONEN-

47 55 61

64 66

UND FAMILIENRECHT

des Familienrechts

72

I. Die Personen § 206. Begriff und Eigenschaften der Person . § 207. Die Handlungsfähigkeit § 208. Das Bürgerrecht . . . . . . . .

II. Sklaven § 209. § 210. § 211. § 212. § 213.

und

75 78 81

andere

Cn tertünige

Die rechtliche Stellung der Sklaven Entstehungsgründe der Unfreiheit . . . . Beendigung der Unfreiheit, insbes. Freilassuug Freigelassene und Patronat . . Coloni und andere Untertänige ...... . III.

§ 214. Personenverbände.

Körperschaften Piae causae

und

83 87 90 94

96

Stiftungen 103

XII

Inhalt IV. Die Ehe

§ 215. § 216. § 217. § 218. § 219. § 220. § 221. § 222. § 223. § 224. § 225.

Kennzeichnung der nachklassischen Ehe Das Verlöbnis . . . • . . . . . . . . Die Voraussetzungen der Ehe . . . . . Die Eheschließung. Wirkungen der Ehe . Auflösung der Ehe, insbes. Scheidung Die Wiederverheiratung Der Konkubinat . . . . . . . . . . Die dos. Wesen und Bestellung . . . Die Herausgabe der dos nach beendeter Ehe Die Eheschenkung: donatio ante (propter) nuptias Die parapherna . . . . . . . . . . • . . • . V. Väterliche

§ 226. § 227. § 228. § 229. § 230.

Gewalt

und Verwandtschaft

Die Rückbildung der patria potestas. Kindschaft und Verwandtschaft Eheliche Abstammung. Adoption . . . . . . . . Beendigung der patria potestas, insbes. emancipatio Die Vermögensfähigkeit der Hauskinder . . . . Uneheliche und Konkubinenkinder. Legitimation VI. Vormundschaft

107 109 1t t 115 119 120 125 127 130 134 Ht

tu U6 U9 152 156

und Pflegschaft

§ 231. Die allgemeine Entwicklung des Vormundschattsrechts § 232. Der tutor impuberis. Seine Bestellung • . . . . . . . § 233. Die Aufgaben des Vormunds • • • . . . . . . . . . § 234. Der Rechtsschutz des Mündels gegenüber dem Vormund § 235. Die cura . . • . . . . • • • • . . . . . . . . . .

158 160 164 166 168

DRITTER ABSCHNITT. SACHENRECHT

I. Allgemeines § 236. Die Weiterentwicklung des Sachenrechts § 237. Die Sachen . . . . . . . . . . . . . . .

II.Besitz

und Eigentum

§ 238. Die Sachgewalt im Vulgarrecht § 239. Die Besitzbegriffe Justinians . . . § 240. Der Besitzschutz . . . . . . . . § 241. Das Eigentum. Begriff und Grenzen § 242. Abgeleiteter Eigentumserwerb . . . § 243. Die Ersitzung • • . . . . . . . . § 244. Sonstiger ursprünglicher Eigentumserwerb § 245. Der Eigentumsschutz . . . . . . . . .

III. Dingliche

172 175

177 181 184 189 197 204 207 210

Nutzungsrechte

§ 246. Die Servituten . . . . . . . . . . . . . . . § 247. Ususfructus und andere persönliche Nutzungsrechte § 248. Das Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . § 249. Die Erbpacht (ius perpetuum und emphyteusis) . .

215 219 222 223

XIII

Inhalt IV. Die Pfandverhältnisse

f 250. Die Entwicklung der Pfandverhältnisse . •

226 228 232

§ 251. Entstehung und Erlöschen des Pfandrechts

f 252. Inhalt und Schutz des Pfandrechts . . . .

VIERTER ABSCHNITT. OBLI GATIONENRECHT § 253. Die Weiterentwicklung des Obligationenrechts . . . . . . . . .

I. Wesen,

Arten

und Inhalt

der Obligationen

§ 254. Obligatio und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . • . . . § 255. Obligatio und actio. Strenge und freie Klagen. Naturalis obligatio § 256. Der Inhalt der Obligationen . . . . . . . . . . . . . . § 257. Ersatzleistung und Buße. Naturalleistung und Geldleistung . . . § 258. Haftungbegründendes Verschulden . . . . . . . . . . . . . § 259. Die Tatbestände der Obligationsverletzung. Verzug, Rechtshängigkeit

II. Die Entstehungsgründe.

236

Einzelne

240 242 245 250 253 260

Obligationen

§ 260. Die Gliederung der Obligationen . . . . . . . . . . . . . .

262

A. Obligationen aus Kontrakten und Quasikontrakten

264 270 273 281 288 291 297 300 302 304

§ 261. Wesen und Arten der Schuldverträge. Arra . § 262. Darlehen, Leibe, Verwahrung, Verpfändung § 263. Stipulation und andere Schuldversprechen

1264. Der Kauf

. . . . . . . . . . . . . . .

§ 265. Die Schenkung . . . . . . . . . . . . § 266. Miete und Pacht, Dienstvertrag, \Verkvertrag § 267. Gesellschaft und Gemeinschaft . . . . . . § 268. Auftrag und Geschäftsführung ohne Auftrag § 269. Actio praescriptis verbis; lnnominatkontrakte . § 270. Ungerechtfertigte Bereicherung . . . . . . .

B. Obligationen aus Delikten und Quasidelikten § 271. Delikte und Quasidelikte. Allgemeines . . . . . . § 272. Diebstahl, Raub und andere Sachentziehungen § 273. Vermögensschädigung. Beleidigung. Weitere Delikte

III. Erlöschen

der Obligationen

§ 274. Erfüllung und andere Erlöschungsgründe § 275. Novation und Delegation . . . . . . . . . . . . . .

IV. Subjektswechsel

308 313 316

und Subjektsmehrheit

§ 276. Forderungsabtretung und Schuldübernahme § 277. Gläubiger- und Schuldnermehrheit . § 278. Bürgschaftsgeschäfte .

1 279. Interzession • . • • . . . . . . .

318 324

bei den Obligationen 326 328 330 333

XIV

Inhalt FÜNFTER ABSCHNITT. ERBRECHT

§ 280. Die Weiterentwicklung des Erbrechts § 281. Die Erbfolge . • . . . . . . .

I. Die Berufung

334 336 zur Erbfolge

§ 282. Die Beru!ungsgründe . . . . . . . . . . . . . . .

340

A. Die testamentarische Erbfolge § 283. § 284. § 285. § 286.

Die Erscheinungsformen der Testamente. Eröffnung und Vollstrerkung Testier!ähigkeit und Erbfähigkeit . . . . . . . . . . . Der Inhalt der Testamente. Unwirksamkeit und Widerruf . Das Kodizill . . . . . • . . . . . . . . . . . . . .

341

347 350 354

B. Die lntestaterbfolge § 287. Die Inteslalerbfolge § 288. Die Inlestaterbfolge

bis zu den Novellen Juslinians nach Novellenrecht . . . . .

355 362

C. Die Erbfolge gegen das Testament § 289. Enterbung und Übergebung § 290. Das Pflichtteilsrecht . . . . . . . . . .

II. Erbschaftserwerb

364 365

und Erbenstellung

§ 291. Der Erwerb der Erbschaft

. • . . . § 292. Erwerbsunfähigkeit, Erbunwürdigkeit § 293. Die Rechtsstellung des Erben . . . . § 294. Erbenmehrheit. Akkreszenz und Kollation § 295. Die Haltung für Erbschaftsschulden § 296. Der Schutz des Erbrechts . . . . . . . . III. Vermächtnisse

und sonstiger

371 375 376 378 381 383 Erwerb

§ 297. Legate und Fideikommisse. Allgemeines

von Todes

wegen

§ 298. Die Regelung der Einzelvermächtnisse . . . . . § 299. Erbschaftsvermächtnisse . . . . . . . . . . . § 300. Schenkung von Todes wegen. Mortis causa capio .

386 390 395 397

Sachregister

399

Quellenregister zu Band I und II

415

ABKURZUNGEN ABari . . . . . . . . . . . . . . . . . • Annali della Facolta di Giurisprudenza della Universita di

Abb. (SBer.) Berl. ....... Abh. (SBer.) Sächs. Ak. (Ges.) ACam. . . . . . . . . . . . . . . . . . ACat ................... ACI Bologna . . . . . . . . . . . ACI Roma . . . . . . . . . . . . . ACI Ver. ............... ACJI . . . . . . . . . . . . . . . . . . Acta Juridica ............ Aeg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

AfP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AG .................... AHDE . . . . . . . . . . . . . . . . . AHDO-RIDA ..........• Albertario

1-VI .......

Albertario,

Introd. . ...

Alibrandi, Opere ...... AMac. . . . . . . . . . . . . . . . . . AMess. . . . . . . . . . . . . . . . . . ANap. . ................ Ann. dir. comp. . . . . . . . . .

Ann. Ist. . .............. Anz. Ak. Wien . . . . . . . . . . APal. . . . . . . . . . . . . . . . . . • APer. . . . . . . . . . . . . • . . • • . Arangio-Ruiz,

Ist ....•

'Apx. l3w-r. 3uc•........• Archi . . . . . . . . . . . . . . . . • ASD . . . . . . . . . . . . . . . . . • •

Bari (Nuova serie seit 1938) Abhandlungen (Sitzungsberichte) der Berliner Akademie der Wissenschaften Abhandlungen (Berichte) der philologisch-historischen Klasse der Sächsischen Akademie (Gesellschaft) der Wissenschaften (Leipzig) Annali della Universita di Camerino, Sezione giuridica Annali del Seminario giuridico della Universita di Catania (Neapel, seit 1951 Mailand) Atti del Congresso internazionale di diritto romano, Bologna 1933, 2 Bde. (Pavia 1934) Atti del Congresso internazionale di diritto romano, Roma 1933, 2 Bde. (Pavia 1934) Atti del Congresso internazionale di diritto romano e di storia di diritto, Verona 1948, 4 Bde. (Mailand 1953) Acta congressus iuridici internationalis, Roma 1934, 4 Bde. (Rom 1935) Acta Juridica (seit 1958 Nachfolger von: Butterworths South Africa Law Review, Kapstadt) Aegyptus, Rivista italiana di Egittologia e di Papirologa, (Mailand) Archiv für Papyrusforschung (Leipzig) Archivio giuridico 'Filippo Serafini' (Bologna, Pisa, seit 1921 Modena) Anuario de historia de derecho espaiiol (Madrid) Archives d'histoire du droit oriental - Revue internationale des droits de l'antiquite (Brüssel) Emilio Albertario, Studi di diritto romano I (Mailand 1933), II (1941), III (1936), IV {1946),V (1937), VI {1953) Emilio Albertario, Introduzione allo studio del diritto romano giustinianeo I (Mailand 1935) llario Alibrandi, Opere giuridiche e storiche I (Rom 1896) Annali della Universita di Macerata Annali dell'lstituto di Scienze giuridiche, economiche, politiche e sociali della Universita di Messina Atti della Accademia di Scienze morali e politiche di Napoli Annuario di diritto comparato e di studi Iegislativi, 3• serie (Rom) Annales de Ja Faculte de Droit d'lstanbul Anzeiger der phil.-hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien) Annali del Seminario giuridico della Universita di Palermo Annali della Facolta di Giurisprudenza dell'Universita di Perugia Vincenzo Arangio-Ruiz, Istituzioni di diritto romano, 13. Aufl. (Neapel 1957) 'Apxciov .l3L-n.xoü 3ucat(ou(Archives de droit prive, Athen) Oian Oualberto Archi, L'Epitome Gai (Mailand 1937) Annali di storia del diritto (Mailand)

XVI

Abkürzungen

ATor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atti della Accademia delle Scienze di Torino ATri. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annali Triestini, a cura della Universitä di Trieste AVen. . ................ Atti dell'lstituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti (Venedig) Bas .................... Berger

................

Basilicorum libri LX, edd. 0. E. Heimbach u. a., 6 Bde. (Leipzig 1833-70); neue Ausgabe begonnen von H. J. Scheltema u. a. (Haag, seit 1953) Adolf Berger, Encyclopedic Dictionary or Roman Law (Transact. or Amer. Philos. Soc., 43, 333-808 [Philadelphia 1953])

Beseler 1-V ........... B etti, Dir. rom ......... Betti, Ist .............. BGU .................. Biondi 1-111 ........... Biondi, Ist ............ Biondi,

Succ. test. .....

Bonrante,

I, II, III, VI .

Bonrante,

Scr.........

Brandileone

I, II ......

Bruns . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bull. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C., Cl1 ................. Castelli, Scr........... CE .................... CGreg.................. CHerm ................. coll. . .................. Collinet, ~t. . ......... Conr. Mil. . . . . . . . . . . . . . . Conr. Pavia ............. Conrat,

Gaius .........

Gerhard von Beseler, Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen I (Tübingen 1910), II (1911), III (1913), IV (1920), V (Leipzig 1931) Emilio Betti, Diritto romano I: Parte generale (Padua 1935) Emilio Betti, Istituzioni di diritto romano I, 2. Aufl. (Padua 1942) Ägyptische Urkunden aus den Museen zu Berlin: Griechische Urkunden (s. u. Papyrus) Biondo Biondi, Ildirittoromanocristiano I (Mailand 1952), II (1952), III (1954) Biondo Biondi, lstituzioni di diritto romano, 3. AuO. (Mailand 1956) Biondo Biondi, Successione testamentaria e donazioni, 2. Aufl. (Mailand 1955) Pietro Bonfante, Corso di diritto romano I (Rom 1925), II 1/2 (1926/28), III (1933), VI (1930) Pietro Bonrante, Scritti giuridici I (Turin 1926), II (1918), III (1921), IV (Rom 1926) Francesco Brandileone, Scritti di storia del diritto privato italiano I, II (Bologna 1931) Fontes iuris Romani antiqui I: Leges et negotia, ed. C. 0. Bruns, septimum edidit Otto Gradenwitz (Tübingen 1909, Neudr. Aalen 1958) Bullettino dell'lstituto di diritto romano (Rom, seit 1940 Mailand; Bd. 42 [1934] = Bd. 1 der Nuova serie •Vittorio Scialoja•, Bd. 62 [1959] = Bd. 1 der III• serie) Codex Iustinianus, Corpus iuris civilis, vol. II, ed. Paul Krüger, 11. Aufl. (Berlin 1954) Guglielmo Castelli, Scritti giuridici (Mailand 1923) Codex Euricianus, in MGH, Leges I 1, ed. K. Zeumer (Hannover-Leipzig 1902) Codex Gregorianus, ed. P. Krüger in: Collectio librorum iuris anteiustiniani III (Berlin 1890; s. auch FIRA II 656ff.) Codex Hermogenianus, s. CGreg. (FIRA II 665) collatio legum Mosaicarum et Romanarum (FIRA II 541rr.) Paul Collinet, ttudes historiques sur le droit de Justinien I (Paris 1912) Conferenze {>eril XIV centenario delle pandette (Pubbl. Univ. Cattohca di S. Cuore, Mailand 1931) Conferenze romanistiche, tenute nella R. Univ. di Pavia 1939 (Mailand 1940) Max Conrat (Cohn), Die Entstehung des westgothischen Gaius (Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam VI 4, 1905)

• zu den Datierungen s. u. f t 95•.

Abkürzungen Conrat,

XVII

Paulus ........

Max Conrat (Cohn), Der westgothische Paulus (Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, VIII 4, 1907). cons. . . . . . . . . . . . . . . . . • • consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti (FIRA II 591 ff.) CPL ................... Corpus Papyrorum Latinarum, ed. R. Cavenaile (Wiesbaden 1958) CT1 •••••••••••••••••••• Codex Theodosianus, ed. Th. Mommsen - Paul M. Meyer, 2. Aufl. (Berlin 1954) D.....................•

Digesta, Corpus iuris civilis, vol. 1., edd. Th. Mommsen Paul Krüger, 16. Aufl. (Berlin 1954) De Dominicis, Riflessi • M. Antonio De Dominicis, Riflessi di costituzioni imperiali del Basso Impero nelle opere della giurisprudenza postclassica (1955) Dupont ............... Clemence Dupont, Les constitutions de Constantin et le droit prive au debut du IVe siecle: Les personnes (Lille 1937) ER .................... :ßt. Girard .............. Ferrari 1-111 ..........

Ferrini 1-V ......•...• Fg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fg. Bekker . . . . . . . . . • . . • Fg. Simonius . . . . . . . . . . . Fschr. . . . . . . . . . . . . . . . . . Fschr. Hanausek . . . . . . . . Fschr. Koschaker ........ Fschr. Lewald • . . . . . . . . . Fschr. Rabel II . . . . . . . . . Fschr. Schulz ........... Fschr. Steinwenter ...... Fschr. Wanger . . . . . . . . . . Filang. . . . . . . . . . . . . . . . . . FIRA . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Edictum Rothari, ed. F. Beyerle, Die Gesetze der Langobarden (Weimar 1947) :ßtudes d'histoire juridique offertes a Paul Frederic Girard, 2 Bde. (Paris 1913) Giannino Ferrari dalle Spade, Scritti giuridici I (Mailand 1953), II (1954), III (1956) Contardo Ferrini, Opere, 5 Bde. (Mailand 1929/30) Festgabe ••• Aus römischem und bürgerlichem Recht, Festgabe für Emst Immanuel Bekker (Weimar 1907) Aequitas und bona fides, Festgabe zum 70. Geburtstag von August Simonius (Basel 1955) Festschrift ... Abhandlungen zur antiken Rechtsgeschichte, Festschr. f. Gustav Hanausek (Graz 1925) Festschrift Paul Koschaker, 3 Bde. (Weimar 1939) Festschrift Hans Lewald (Basel 1953) Festschrift für Ernst Rabel II (Tübingen 1954) Festschrift Fritz Schulz, 2 Bde. (Weimar 1951) Festschrift Artur Steinwenter (Graz-Köln 1958) Festschrift für Leopold Wenger, 2 Bde. (München 1944/45) II Filangieri, Rivista giuridica, dottrinale e pratica (Rom) Fontes iuris Romani anteiustiniani, 2. Aufl., I (Leges, ed. S. Riccobono, Florenz 1941), II (Auctores, edd.I. Baviera et I. Furlani, 1940), III (Negotia, ed. V. Arangio-Ruiz, 1943)

Form. . ................

Formulae Merovingici et Karolini aevi, in: MGH, Leges V, ed. K. Zeumer (Hannover 1886)

fr. de iure fisci . . . . . . . . . . fragmenta de iure fisci (FIRA II 627 ff.) fr. Dos. . .............•• fragmentum incerti auctoris quod vulgo Dositheanum dicitur (FIRA II 618 ff.) fr. Gaudenz •.........•.• fragmenta Gaudenziana, in: MGH, Leges I 1,469 ff., ed. K. Zeumer (Hannover-Leipzig 1902) Fritz, Studien ......... Karl-Heinz Fritz, Studien zur Justinianischen Reformgesetzgebung (Diss. Berlin 1936) 1

II

Zu den Datierungen s. u. f 19li'. HdA X 3. 3, 2 (Kaser II)

Abkürzungen

XVIII

GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gai fragmenta Augustodunensia (FIRA II 205 ff.) Gai. ................... Gai institutionumcomm. IV (ed.Bernhard Kühler, 8.Aufl., Leipzig 1935; ed. Martin David, Leiden 1948) Gaudemet, Form. Jean Gaudemet, La formation du droit seculier et du droit de l'~glise aux IVe et vesiecles (Publ. Inst. de droit romain de l'Univ. de Paris XV, 1957) GE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gai institutionum Epitome {FIRA II 229 ff.) Georgescu, '€t ......... Valentin-Al. Georgescu, ~tudes de philologie juridique et de droit romain I (Bukarest-Paris 1940) Chr. Fr. Glück, Ausführ!. Erläuterung der Pandekten (66 Glück ................. Bde., seit 1790), Serie der Bücher ... (Erlangen) Gnom. . . . . . . . . . . . . . . . . . Gnomon, Krit. Zeitschrift f. d. gesamte klass. Altertumswissenschaft (Berlin, seit 1949 München) Gnom. Id. . . . . . . . . . . . . . . Gnomon des Idioslogos (Berl. Griech. Urk. V nr. 1210); vgl. o. I § 5318 Gothofredus ad CT .... Codex Theodosianus cum perpetuis commentariis Iacobi Gothofredi ... editio nova, 6 Bde. (Leipzig 1736-45) Gradenwitz, Itpp ...... Otto Gradewitz, Interpolationen in den Pandekten (Berlin 1887) GrünhZ. . .............. Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart (hgg. von Grünhut, Wien) btt tjj i~1XXocrL&'"Jp(8L -rij~ . . . T6µo~ KC1>va-rccv-r(wu 'Apµevo1tou'>-ou 'E~«ßlß'>-ou«ö-roü(Saloniki 1952) Heimb. . . . . . . . . . . . . . . . . s. Bas. Heumann-Seckel ..... Heumanns Hanälexikon zu den Quellen des römischen Rechts, in 9. Aufl. neu bearb. v. Emil Seckel (2. Abdr. Jena 1926)

Harmenopoulos-Fschr.

JBI. .................. IG ................... I H ................... JJP .................. Ind. . .................

. . . . .

INMai ................. . INllc. . ............... . INSev ........... .' .... .. Inst ................... . INT .................. INV ................ IP ....................

. · .. .

JRSt. . ................ IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ltp., itp. . . . . . . . . . . . . . . . Iura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jur. Rev. . ............. Jus ....................

Juristische Blätter (Wien) Interpretatio zu CGreg. lnterpretatio zu CHerm. The Journal of Juristic Papyrology (Warschau) Index interpolationum quae in Iustiniani digestis inesse dicuntur I (Weimar 1929), II (1931), III (1935), Suppl. I (1929) Interpretatio zu NMai. Interpretatio zu NMc. Interpretatio zu NSev. lnstitutiones, Corpus iuris civilis, vol. I, ed. Paul Krüger, 16. Aufl. (Berlin 1954) Interpretatio zu NT Interpretatio zu NV lnterpretatio zu PS, ed. G. H aenel in: Lex Romana Visigothorum (Berlin 1849); edd. M. Kaser u. Fr. Schwarz (Köln-Graz 1956) Journal of Roman Studies (London) Interpretatio zu CT Interpolation, interpoliert IVRA, Rivista internazionale di diritto romano e antico (Neapel) The Juridical Review (Edinburgh) JUS, Rivista di scienze giuridiche (Mailand)

Abkürzungen Karlowa

.............

Krit. Vjschr ............ Kühler,

RRG

........•

Kunkel

..............

1., leg. . ............... Lab ................... LB ................... LBai .................. Lenel,

EP ............

Lenel, Paling. . ....... Levy I ............... Levy II .............. Levy,

Konk ...........

Levy,PS

.............

LQR ................ LV (Ant.) .............

. Otto Karlowa, Römische Rechtsgeschichte I (Leipzig 1885), II 1 (1901) . Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. (München) Bernhard Kühler, Geschichte des römischen Rechts (Leipzig-Erlangen 1925) , Römisches Privatrecht, auf Grund des Werkes von Paul J örs in 2. Aufl. bearb. v. Wolfgang Kunkel, 3. Aufl. (Berlin-Göttingen-Heidelberg 1949) . lex, leges (für die inschriftlich überlieferten Gesetzestexte sei verwiesen auf die Ausgaben: Bruns, Fontes I und FIRA

I)

. Labeo, Rassegna di diritto romano (Neapel) . Lex Burgundionum, in: MOH, Leges I 2, ed. L. R. von Salis (Hannover 1892) . Lex Baiuvariorum, in: MGH, Leges V 2, ed. E. Frh. von Schwind (Hannover 1926) . Otto Lenel, Das Edictum perpetuum, 3. Aufl. (Leipzig 1927, Neudr. Aalen 1956) . Otto Lenel, Palingenesia iuris civilis, 2 Bde. (Leipzig 1889) . Ernst Levy, West Roman Vulgar Law, The Law of Property (Washington 1951) . Ernst Levy, Weströmisches Vulgarrecht, Das Obligationenrecht (Weimar 1956) . Ernst Levy, Die Konkurrenz der Aktionen und Personen, I (Berlin 1918), II 1 (1922) . Ernst Levy, Pauli sententiae, A Palingenesia of the Opening Titles as a Specimen of Research in West Roman Vulgar Law (lthaca, N. Y., 1945) · .· The Law Quarterly Review (London) . Lex Visigothorum (Antiqua), ed. K. Zeumer, s. CE

Mansi ................. Marini ................ Mel. Cornil . . . . . . . . . . . . .

Mel. Oirard ... : . . . . . . . . . Mel. de Visscher ......... Mel. Levr-Bruhl ........ · ·' Mem. Bol. . . . . . . . . . . . . . . · · Mem . .Ist. Ven ........... Mem. Koschaker . . . . . . . .

:&lern.Mod. .. . . . . . . . . . . . . Mem. Tor ............... Mer~a ...............

Meyer!

;.

Jur. Pap ........

MGH ..•.............. Mitteis ................

XIX

,.

J. D. Mansi, Sacrorum Conciliorum nova et amplissima collectio, 60 Bde. (Paris 1899-1927) Gaetano Marini, I papiri diplomatici (Rom 1805) Melanges de droit romain dedies ä Georges Cornil, 2 Bde. (Gent-Paris 1926) Melanges Paul Frederic Girard, 2 Bde. (Paris 1912) Melanges Fernand de Visscher = RIDA 2-5 (1949/50) Droits de l'antiquite et sociologie juridique, Melanges Henri Levy-Bruhl (Publ. Inst. de droit romain de l'Univ. de Paris XVII, 1959) Memorie della Accademia di Scienze e Lettere dell'lstituto di Bologna, Classe di scienze morali · · · Memorie del (Reale) lstituto Veneto di scienze, lettere ed arti L'Europa e il diritto romano, Studi in memoria di Paolo Koschaker, 2 Bde. (Mailand 1954) . Memorie della Accademia di Scienze e Lettere di Modena Memorie dell'lstituto giuridico della Universitä di Torino Paulo Mer~a, Estudos de direito Visig6tico (Coimbra 19U) Paul M. Meyer, Juristische .Papyri (Berlin 1920, s. u. Papyrus) · ·· . . . . Monumenta Germaniae Histori~a (Leipzig u. a., seit 1826) Ludwig Mitteis, Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians I (Leipzig 1908)

XX

Abkürzungen

Mit teis, Grdz. Mitteis,

RR ...........

Mnem.................

Ludwig Mitteis, Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde von L. Mitteisu. U. Wilcken, II (Jurist. Teil) 1 (Grundzüge) von L. Mitteis (Leipzig 1912) Ludwig Mitteis, Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des römischen Kaiserreichs (Leipzig 1891, Neudr. 1935) . Mnemosyne, Bibliotheca philologica Batava (Leiden-Leipzig)

Mnem. Pappoulias ...... . MVYJµoaovcx Ilannrou>.&i(Athen 1934) Mommsen, JSchr. . ... . Theodor Mommsen, Juristische Schriften(= Gesammelte Schriften 1-111) I, II (Berlin 1905), III (1907) Mommsen, StR ....... . Theodor Mommsen, Römisches Staatsrecht, I, II (3. Aufl. Leipzig 1887), III (1. Aufl.1888); Neudr. Tübingen 1952 Mommsen, StrR ...... . Theodor Mommsen, Römisches Strafrecht (Leipzig 1899, Neudr. Darmstadt 1955) Monier ............... . Raymond Monier, Manuel elementaire de droit romain, I (6. Aufl. Paris 1947), II (5. Aufl. 1954) Nallino

IV ............

Carlo Aironso Nallino, Raccolta di scritti editi e inediti IV (Rom 1942) 1 NAnth. •••••••••••••••• Novellae Anthemii, in: Leges Novellae ad Theodosianum pertinentes (ed. Paul M. Meyer, 2. Aufl., Berlin 1954) NMai.1 • • . • • • • • • . • • • • • • • Novellae Maioriani, s. NAnth. Novellae Marciani, s. NAnth. NMc.1 ••...••..••.•••••• Nov .................... Novellae, Corpus iuris civilis, vol. III, edd. R. Schoell0. Kroll, 6. Aufl. (Berlin 1954) Nov. Leon .............. Novellae Leonis Philosophi (ed. C. E. Zachariae v. Lingenthal, Collectio librorum iuris Oraeco-Romani ineditorum III [1852] 65U.; edd. J. u. P. Zepos, Ius OraecoRomanum I [1931] 5Uf.; vgl. auch Wenger, Qu. 693f.; 705). NRH.. . . . . . . . . . . . . . . . .. . Nouvellerevuehistorique de droitrran~s et etranger (Paris) NSev. 1 • • • • . • • . . • • • . • • • • Novellae Severi, s. NAnth. Novellae Theodosii, s. NAnth. NT 1 ••••••.•••.••.•••••• NV1 • • • • • . • • • • • • • • • . . . . Novellae Valentiniani, s. NAnth. P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Papyrus (wegen der Zitierweise für die Papyrusausiaben sei verwiesen auf die papyrologische Fachliteratur, s. Jetzt insbes. Raphael Taubenschlag, The Law of Oreco-Ro1nan Egypt•, Warschau 1955) Pardessu11 ............. Diplomata chartaeepistolae leges aliaque instrumenta ad res Gallo-Francicas spectantia, ed. J. M. Pardessus, Paris I (1843), II (1849) Partsch, Nachgel. Sehr•. Joseph Partsch, Aus nachgelassenen und kleineren verstreuten Schriften (Berlin 1931) Per il XIV cent. . . . . . . . . . Per il XIV centenario della codificazione giustinianea, Studi di diritto (Pavia 1934) Pernice, Labeo ......... Alfred Pernice, Labeo, Römisches Privatrecht im ersten Jahrhdt. der Kaiserzeit, I (Halle 1873), II (2. Auß., 1/2, 1895/1900) III 1 (2. Aufl. 1892) Perozzi I, II ........... Silvio Perozzi, Istituzioni di diritto romano, 2 Bde., 2. Aufl. (Florenz 1928, Neudr. 1949) ·Perozzi, Scr ........... Silvio Perozzi, Scritti giuridici, 3 Bde. (Mailand 19U) PO .................... Patrologia Oraeca, ed. I. P. Migne, 161 Bde. (1857-66) • Zur Datierung •· u. 1 t 95'.

Abkürzungen

XXI

PL .................... Patrologia Latina, ed. I. P. Migne, 221 Bde. {1844-M) PS ...................• Pauli sententiae receptae (FIRA II 317ff.) PSI • . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pubblicazioni della Societä ltaliana, Papiri greci e latini (s. o. Papyrus) Pubbl. Mod. . . . . . . . . . . . . Pubblicazioni della Facolta di Giurisprudenza della Universita di Modena Rabel, Grdz ............

Ernst Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts (in: Holtzendorff-Kohler, Enzyklopädie der Rechtswissenschaft I, 7. Aufl. 1915, 399-558; 2. [unveränd.] Aufl. Darmstadt 1955) RAC .................... Reallexikon für Antike und Christentum (Stuttgart) RAL . .................. Accademia Nazionale di Lincei, Rendiconti della classe di scienze morali, storiche e filologiche (Rom) RB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lex Romana Burgundionum, s. LB (auch FIRA II 711ff.) RC .................... Lex Romana Raetica Curiensis, in: MGH, Leges V, ed. K. Zeumer (Hannover 1875-89) RE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul y s Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, neue Bearb. v. G. Wissowa, W. Kroll; K. Mittelh aus, K. Z i e g I er (Stuttgart; in der zweiten Reihe, beginnend mit R, sind die Bände mit 1 A, 2 A ... bezeichnet) Rec. Lambert I .......... Introduction a l' etude du droit compare: Recueil d'etudes en l' honneur d' ~douard Lambert I (Paris 1938) Rev. ~t. Lat. . . . . . . . . . . . Revue des ~tudes Latines (Paris) Rev. Soc. Arg. Der. Rom. . Revista de Ja Sociedad Argentina de Derecho Romano (Cordoba, Arg.) RH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Revue historique de droit fran~ais et etranger (Paris) Riccobono l .......... Salvatore Riccobono, Scritti di diritto romano I (Palermo 1957)

RIDA .................

Revue lnternationale des droits de l'antiquite (Brüssel, = 3. Serie ab 1954) RIL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rendiconti dell'lstituto Lombardo di scienze e lettere (Mailand) Riv. it. . . . . . . . . . . . . . . . . Rivista italiana per le scienze giuridiche (Turin, seit 19i 7 Mailand; Nuova serie seit 1926 und wieder seit 1947 Rotondi 1-111 ......... Giovanni Rotondi, Scritti giuridici, 3 Bde. (Mailand 1922) 1. Serie ab 1948, jetzt RIDA 1

Sargenti

..............

SBer. Ak. Wien . . . . . . . . . SBer. Berl. . . . . . . . . . . . . . SBer. Heid. . . . . . . . . . . . . . SBer. Sächs. Ges......... SC., SCta. . . . . . . . . . . . . . . scb. Sin. . . . . . . . . . . . . . . . .

Manlio Sargenti, 11 diritto privato nella legislazione di Costantino (Mailand 1938) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, phil.-hist. Kl. s. Abb. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der W1Ssenschaften, phil.-hist. Kl. s. Abb. Senatusconsultum, -ta scholia Sinaitica ad Ulpiani libros ad Sabinum (FIRA II 635ff.)

Schelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . s. Bas. Schulz, Einf •.......... Fritz Schulz, Einführung in das Studium der Digesten (Tübingen 1916) Schulz, Ep. Ulp ........ Die Epitome Ulpiani des Codex Vaticanus Reginae 1f28, hgg. von Fritz Schulz (Bonn 1926) Schulz, Hist •.......... Fritz Schulz, History of the Roman Legal Science (Oxford 19116,Neudr. 1953) Scialoja ..............• Vittorio Scialoja, Studi giuridici 1, II (Rom 1933/3i)

Abkürzungen

XXII

Scr. . . . . . . . .. . . . . . . . . .. Scrit.ti (giuridici) Scr. Cedam ............. Scritti giuridici in onore della CEDAM nel cinquantenario della sua fondazione, 2 Bde. (Padua 1953) Scr. Ferrini Mil. . . . . . . . . . Scritti in onore di Contardo Ferrini pubblicati in occasione . della sua beatiricazione, 4 Bde. (Pubbl. Univ. Cattolic~ S. Cuore, Mailand 1947-49) Scr. Ferrini Pav. . . . . . . . . Scritti di diritto romano in onore di Contardo Ferrini pubblicati dalla R. Universita di Pavia (Mailand 1946) Scr. Jovene . . . . . . . . . . . . . Scritti giuridici raccolti per il centenario della Casa Editrice Jovene (Neapel 1954) Scr. Mancaleoni ......... Scritti in onore di Flaminio Mancaleoni = StSass. 16 (1938) SD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studia et documenta historiae et iuris (Rom) Seeck ................. Otto Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste (Stuttgart 1919)

Sem .................... shv., sv ................. Biber ................. S olazzi I, II ........... SRR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . St. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . StCagl. .............. . StParm ................ . StPav ................. .

Seminar, Annual extraordinary number or: The Jurist (Washington) sub hac voce, sub voce Heinrich Siber, Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung II: Römisches Privatrecht (Berlin 1928) Siro Solazzi, Scritti di diritto romano I (1955), II (1957) Syrisch-römisches Rechtsbuch (s. u. § 195 11 ) Studi ... Studi economico-giuridici della Universita di Cagliari Studi Parmensi (Parma) Studi nelle scienze giuridiche e sociali pubblicati dell'lstitulo di esercitazioni presso la Facolta di Giurisprudenza dell'Universita di Pavia Studi sassaresi (Sassari) Studi senesi (Siena) Studi urbinati (Urbino) Studi in memoria di Emilio Albertario, 2 Bde. (Mailand 1953) Studi in memoriadiAldoAlbertoni, I (Padua 1934), II (1937)

StSass ................. StSen ................. StUrb ................. St. Albertario .......... St. Albertoni ...........

. . . . .

St. Arangio-Ruiz. .......

. Studi in onore di Vincenzo Arangio-Ruiz, 4 Bde. (Neapel

III {1938) 1953)

St. Besta .............. St. Bonrante ........... St. De Francisci ....... St. Fadda ............

·. Studi di storia e diritto in onore di Enrico Besta, 4 Bde. (Mailand 1939) . Studi in onore di Pietro Bonrante, 4 Bde. (Mailand 1930) . Studi in onore di Pietro De Francisci, 4 Bde. (Mailand 1956) : . Studi giuridici in onore di Carlo Fadda, 6 Bde. (Neapel 1905)

St. Perozzi ............ St. Ratti .............. St. Riccobono ..........

.

. Studi in onore di Silvio Perozzi (Palermo 1925) . Studi in memoria di Umberto Ratti (Mailand 1934) . Studi in onore di Salvatore Riccobono, 4 Bde. (Paler.mo 1936)

.

. Studi di diritto romano, di ·diritto modemo e di storia del diritto pubblicati in onore di Vittorio Scialoja, 2 Bde. (Mailand 1905) St. Solazzi . . . . . . . . . . . . . . Studi in onore di Siro Solazzi (Neapel 1948) Symb. Lenel . . . . . . . . . . . . Symbolae Friburgenses in honorem Ottonis Lenel (Leipzig St. Scialoja ............ J

,

1935)

Symb. Taubenschlag 1-111 Symbolae Raphaeli Taubenschlag dedicatae, in: Eos, Com. . . mentarii Societatis Philologae Polonorum vol. 48 (1956), 1-3 SZ . • . . . . . . . . . • . . . . . • . . Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, romanist. Abt. (Weimar)

Abkürzungen Taubenschlag

XXIII

.........

Raphael Taubenschlag, The Law of Greco-Roman Egypt in the Light of the Papyri, 2. Aufl. (Warschau 1955) Taubenschlag, Op..... Rafael Taubenschlag, Opera minora I, II (Warschau 1958) Taubenschlag, RPR .... Rafael Taubenschlag, Das römische Privatrecht zur Zeit Diokletians, in: Bulletin de l'Academie Polonaise des Sciences et des Lettres Cracovie 1919-20 (Krakau 1923) tU-281 = Op. I 3-177 Tjäder ................ Olaf Tjäder, Die nichtliterarischen lateinischen Papyri Italiens aus der Zeit 445-700, I (Lund 1955) TS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis - Revue d'histoire du droit (Haarlem, seit 1950 Groningen, Djakarta, Brüssel, Haag) Ulp. (wo keine weitere Rechtsquelle angegeben) tituli excorpore Ulpiani (FIRA II 259ff.; Schulz, Ep. Ulp.) Vaccari

...............

Pietro Vaccari, Scritti di storia del diritto privato (Padua 1956) Filippo Vassalli, Studi giuridici, 2 Bde. (Rom 1939) fragmenta Vaticana (FIRA II 461 ff.)

Vassalli, St. ............ vat. . .................. Weiß, Inst. ............ Wenger,

Ist. ...........

Wenger,

Qu............

Wieacker,

Vulg ........

Windseheid-Kipp

Zachariä

..............

ZRG ................... ZvglRW ...............

....

Egon Weiß, Institutionen des römischen Privatrechts, 2. Aufl. (Stuttgart 1949) · Leopold Wenger, Istituzioni di procedura civile romana (Mailand 1938, Neubearbeitung von: Institutionen des röm. Zivilprozeßrechts, München 1925; engl. Obers.: Institutes of the Roman Law of Civil Procedure, New York 1940) Leopold Wenger, Die Quellen des römischen Rechts (Wien 1953) Franz Wieacker, Vulgarismus und Klassizismus im Recht der Spätantike (SBer. Heid. 1955) Lehrbuch des Pandektenrechtsvon Bernhard Windseheid, 9. Aufl. bearb. v. Theodor Kipp, 3 Bde. (Frankfurt a. M. 1906) Karl Eduard Zachariä v. Lingenthal, Geschichte des griechisch-römischen Rechts, 3. Aufl. (1892, Neudr. Aalen 1955) Zeitschrift für Rechtsgeschichte (Weimar, Vorläuferin der Ztschr. d. Savigny-Stiftung) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft (Stuttgart)

DRITTER TEIL

DIE NACHKLASSISCHEN

ENTWICKLUNGEN

ERSTER

GRUNDLAGEN

ABSCHNITT

UND GRUNDBEGRIFFE I. EINLEITUNG

§ 192. Allgemeine Kennzeichnung

I. Mit den politischen Wirren, die nach dem Tod des Kaisers Alexander Severus (235) das römische Reich an den Rand des Abgrunds führten und alles wahrhaft schöpferische Geistesleben erstickten, erlosch auch die klassische Rechtswissenschaft. Als ein halbes Jahrhundert später Diokletian (284-305) die Ordnung wiederherstellt, gelingt es ihm zwar, die Tradition der juristischen Klassik in den wesentlichen Stücken zu bewahren ;1 ihre produktive Kraft aber kann er nicht mehr erneuern. Das absolute Kaisertum, das er aufrichtet, gewährt einer freien, nur dem eigenen Gewissen verantwortlichen Jurisprudenz, wie sie noch der späte Prinzipat den Klassikern offengehalten hat, keinen Raum mehr. In einem Staat, der alle Rechtsschöpfung dem Kaiser vorbehält und als Organe der Rechtsanwendung nur unselbständige Beamte duldet, lebt die Klassik nicht wieder auf. Bald danach, unter Konstantin (307-337), 1 beginnt sich mit der gesamten Kultur auch das Rechtsleben von der bisherigen Tradition abzuwenden. Die Bindungen an die Klassik werden preisgegeben, neue äußere und innere Kräfte bestimmen die Rechtsentwicklung. Unter ihnen ragen die Vulgarisierung und der Hellenismus, das Christentum und der absolutistische Staatsaufbau in enger Verbindung mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandlungen hervor. Mit dem Ende der Klassik verliert die römische Rechtsentwicklung ihre einheitliche Linie. Zwar wird die römische Rechtslehre strengster Observanz, das klassische Recht, das auf den exklusiven Kreis der großen Meister beschränkt war, in voller Reinheit schon bisher nur in der hauptstädtischen Gerichtsbarkeit angewandt worden sein (o. § 53 II), weil nur in Rom selbst die großen Juristen auf die Rechtsbildung unmittelbar einwirken konnten. In Italien und besonders in den Provinzen hat man auch vor römischen Gerichten nur ein mehr oder weniger deutlich vergröbertes, ein 'vulgarisiertes> Recht gesprochen. Im Osten haben sich zudem die einheimischen hellenistischen 'Volksrechte> auch nach der Ausbreitung des römischen Bürgerrechts in weitem Umfang behauptet. Nun aber versiegt mit der Klassik der starke und einheitliche Quell, aus dem das reine römische Recht Vgl. unten § 193 11 • Zu diesem Kaiservgl. Burckhard t, Die Zeit Konstantins d. Gr.1 {1880; Neuausg. 1929); Seec k, Gesch. d. Untergangs der antiken Welt I' (1921 )42rr.; 111 (1921) pass.; 1

1

E. Stein, Gesch. des spätrömischen Reiches I (1928) 1ft4 ft; J. Vogt, Konstantin d. Gr. u. sein Jahrh. (1949); RAC III (1956) 306 ff.; H. Dörries, Das Selbstzeugnis Kaiser Konstantins (Abb. Ak. Gött. 34, 1954).

4

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

geflossen ist. Damit geht die zentrale geistige Führung verloren, die bisher von Rom aus das Schicksal des offiziellen Reichsrechts gelenkt hatte. Die mannigfachen Unterströmungen, die, besonders in den Provinzen, auf den Rechtsunterricht wie auf die Praxis eingewirkt hatten, gewinnen die Oberhand. Im Lauf des 4. Jh. bringt es dann die verfassungs- und verwaltungsmäßige Teilung des Reichs 3 mit sich, daß sich die Rechtsentwicklung in einen westlichen und einen östlichen Strang scheidet. Die Reichsteilung bereitet sich schon in der staatsrechtlichen Konzeption Diokletians mit ihren zwei Augusti und daneben als Thronfolgern zwei Caesares vor. Nach der Alleinherrschaft Konstantins führt der Thronstreit unter seinen Nachfolgern eine feste räumliche Trennung der Staatsaufgaben herbei,' die sich im Lauf des 4. Jh. trotz vorübergehender Vereinigung der Reichsteile in einer Hand 6 immer stärker durchsetzt. Mit der Neuordnung von 395, die auf den Tod Theodosius' I. folgt, wird die Teilung endgültig. Die Überreste der Reichseinheit, die jetzt noch erhalten bleiben, wie die Verkündung der Gesetze im Namen aller Kaiser, sind bloßer Schein. In Wahrheit geht die Rechtsentwicklung und besonders die Gesetzgebung in beiden Reichshälften getrennte Wege. Nur vereinzelt werden die Rechtsschöpfungen des einen Reichsteils im anderen berücksichtigt oder gar, wie im Fall des Cod. Theod., als ganzes übernommen (u. § 196 II 2). die die Privatrechtsgeschichte 6 dieser letzten II. 1. Unter den Faktoren, Periode beherrschen,7 ragt am Anfang die Vulgarisierung hervor (u. § 193 III). Sie bedeutet die Preisgabe des klassischen Denkstils und das Absinken auf ein primitives, unwissenschaftliches Niveau. Dabei werden viele klassische Rechtseinrichtungen umgeformt und zumeist entstellt, nur vereinzelt in fortschrittlichem Sinn weiterentwickelt. Die Vulgarisierung hat sich in den erwähnten unklassischen Unterströmungen schon in der klassischen Zeit vorbereitet. 8 Im Zeitalter Konstantins gewinnt der Vulgarismus in bewußtem Gegensatz zur klassischen Tradition allgemein die Führung. Ja, indem sich die Kaisergesetze das Vulgarrecht und seine Methoden zu eigen machen, dringt es sogar in das offizielle Reichsrecht ein und verdrängt dort vielfach die klassischen Grundsätze. Die Vulgarisierung ist am Anfang das gemeinsame Schicksal des römischen Rechts im Westen und im Osten. Sie bringt eine große Reihe der von ihr geprägten Erscheinungen schon vor der Reichsteilung hervor, besonders unter Konstantin. Aber auch nachher verläuft der Vulgarisierungsprozeß • Gaudemet, Form. 17 ff. 'Zunächst 337-340 ein Dreikaisertum: Konstantin II. (West), Konstantius II. (Ost), Konstans (Mitte); dann bis 350 ein Doppelkaisertum des Konstantius II. (Ost) und Konstans (West). 1 Vor allem 350-364: Konstantius II. von 350 (oder, nach Überwindung des Gegenkaisers Magnentius, 353) bis 361; Julian 361-363; Jovian 363-364. • Eine kurze Zusammenf assungdesPrivatrechts dieser Periode, die er die 'römischhellenische• nennt, gibt De Francisci, Sintesi storicadeldir.rom. (1948) 507-547.

7 Übersicht über diese Faktoren bei Albertario V 147 ff. = SD 1 (1935) 9 ff. = Introd. 81 ff.; Chiazzese, Introduzione allo studio del. dir. rom. 1 (1947)

286 ff.; 320 ff.

• Über vulgarrechtliche Erscheinungen schon in der klassischen Zeit s. etwa Levy I 6 f.; Kunkel, Herkunft u. soziale Stellung d. röm. Juristen (1952) 371 r.; Wieacker, Vulg. 30; Kaser, SZ 73 (1956) 445; 75 (1958) 412 1 , alle m. weit. Hinw. Vgl. insbes. die Inschriften, z. B. über Grabrecht (o. § 92 II 1 b).

§ 192. Allgemeine

Kennzeichnung

5

aus Gründen, die noch zu betrachten sind (u. § 193 III 4), in beiden Hälften zunächst vielfach parallel und führt namentlich in der Gesetzgebung zu gleichartigen Erscheinungen. So schafft auch die Zusammenfassung westlicher und östlicher Gesetze im Cod. Theod. und seine Einführung in beiden Reichshälften keine umstürzende Neuerung. Danach freilich trennen sich die Wege alsbald endgültig. Im Westen schreitet die Vulgarisierung fort. Mit der Auflösung des weströmischen Reichs (476) endet dort zwar die römische Gesetzgebung, nicht aber die Geltung des römischen Rechts. Es lebt in den germanischen Nachfolgestaaten, besonders in den Königreichen der Westgoten, Ostgoten und Burgunder, als die für die Untertanen römischer Abstammung geltende Ordnung weiter. Nach dem Versiegen der römischen Gesetzgebung erleidet dieses weströmische Recht eine verstärkte Vulgarisierung und tritt in Wechselwirkung mit den germanischen Rechten. In der völlig verflachten Gestalt dieses späten Vulgarrechts haben sich gleichwohl viele römische Rechtsgedanken noch jahrhundertelang erhalten und wirken in den westeuropäischen Rechtsordnungen bis in die Gegenwart nach. Im Osten dagegen wird der Verfall der Rechtskultur von einer klassizistischen Richtung aufgehalten, die von den Rechtsschulen ausgeht, namentlich von der von Beryt, die im 5. Jh. zu hoher Blüte aufsteigt. 9 Diese Richtung bemüht sich um die Wiedergewinnung und Nutzbarmachung der klassischen Rechtsliteratur und erstrebt damit eine Erneuerung der Rechtswissenschaft. Freilich hat diese Wissenschaft einen völlig anderen Charakter als die Klassik. Sie sucht nicht wie diese die enge, wechselseitig befruchtende Verbindung mit der Praxis, sondern will die literarische Hinterlassenschaft der Klassiker nur mit theoretisch-spekulativen Mitteln durchdringen und didaktisch verwerten. Immerhin zeigen sich die Spuren dieser Umkehr seit dem späten 5. Jh. auch in der Gesetzgebung. 10 Zu vollem Durchbruch gelangt der Klassizismus aber erst in der Renaissancepolitik J ustinians, der in wesentlichen Stücken seines Corpus iuris civilis die klassische Rechtswissenschaft und das von ihr befruchtete Kaiserrecht der Prinzipatszeit wenn auch mit starken Modifikationen - zu neuer Geltung erweckt. Mit diesem Sieg des Klassizismus werden die Auswirkungen der Vulgarisierung im Osten teilweise beseitigt oder doch gemildert. Auf einigen Gebieten, vor allem im öffentlichen Recht, aber zum Teil auch im Privatrecht, setzt allerdings auch Justinian die vulgarisierende Richtung fort. Wir haben diese Erscheinungen des Vulgarismus und des Klassizismus alsbald näher zu würdigen (§§ 193, 194). 2. Die Einwirkung des He 11e n i s m u s auf das römische Privatrecht reicht in ihren Anfängen schon bis in die Republik zurück und besteht auch in der klassischen Periode fort (o. § 46 II). In der nachklassischen Zeit, besonders unter Konstantin und später unter J ustinian, wird dieser Einfluß verstärkt; dabei sind mehrere Erscheinungen auseinanderzuhalten. 11 • Lit. u. § 1941 • °Für die letzten Kaiser vor Justinian bleibt dies noch zu untersuchen, vgl. Wieacker, Vulg. 56 m. Hinw.; ebenso 1

für die

Gesetze Justinians vor Aufstellung des Digestenplans (u. § 19416 ). 11 Grundlegende Hinweise bei Levy, SZ 49 {1929) 253 ff., der diesem Einfluß

6

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Gewisse a 11gemeine Elemente der griechischen Kultur sind schon längst in die römische eingegangen. So ist besonders die Vorliebe für die Schriftlichkeit, wie das Urkundenwesen der vorklassischen und klassischen Periode gezeigt hat (o. § 57 III), frühzeitig in die Geschäftspraxis eingedrungen. Die Errichtung von Urkunden zur Sicherung des Beweises wird allgemein geübt, obschon die Rechtsanschauung der Klassiker an den überkommenen mündlichen Wortformen festhält und die Schriftform nur ausnahmsweise fordert. Nach dem Ende der Klassik gewinnt die vulgäre Meinung, daß alle wichtigeren Rechtsgeschäfte, namentlich die Stipulationen, der Beurkundung bedürfen, die Vorherrschaft und bewirkt geradezu die Umwandlung der stipulatio in einen Skripturakt (u. § 200 II 2b, § 263 1). Einflüsse der griechischen Rhetorik und Philosophie haben schon 11 das bisherige Recht berührt, sie wurden aber vom traditionellen Denkstil der Klassiker in festen Schranken gehalten. Nach dem Versiegen der Klassik überfluten diese geistigen Strömungen das juristische Denken in breiter Welle, indem der rhetorische Denk- und Ausdrucksstil sowohl die kaiserlichen Kanzleien 13 wie insbesondere die Rechtsschulen durchdringt. H Stehen diese Einwirkungen zunächst, der allgemeinen geistigen Verflachung entsprechend, auf einem niedrigen Niveau, so zeigt die spätere östliche Rechtsschule mit ihrer solideren Bildungsgrundlage einen bemerkenswerten geistigen Aufschwung. So entnimmt etwa die östliche Schuldoktrin und ihr folgend die justinianische Erneuerung den philosophischen, zuweilen auch theologischen Lehren wesentliche Gedanken für die Fortbildung der Willens- und der Schuldtheorie. 16 Nach dem Ende der Klassik werden schließlich auch konkrete Rechtseinrichtungen und Rechtsgedanken aus dem Osten in verstärktem Maß in das römische Reichsrecht übernommen. Diese Erscheinungen haben teils griechische,18 teils orientalische 17 Wurzeln, sie wurden aber im gesamten Umkreis des ehemaligen Alexanderreichs allmählich zu einer „hellenistischen mit Recht enge Grenzen zieht. Weitergehend G. Segre, Scr. vari {1952 ex 1924) 443 ff. zu den griechischen und orientalischen Einflüssen, einschränkend Cassandro, ACI Ver. II 385 f., s. auch Wieacker, Vulg. 28. 11 Ob.§ 46', s. auch Biondi I 100 rr.m. weit. Hinw. 18 Dies gilt schon für die Zeit Diokletians (vgl. die praef. zum Edictum de pretiis rer. ven., u. § 26411 ), jedoch offenbar nicht für seine Reskriptenkanzlei, die den klassischen Stil zu bewahren sucht; vgl. Kaser, SZ 69 {1952) 8576 m. Hinw. Für die Kanzleien Konstantins und der Späteren steht der rhetorische Einfluß fest. 1' Über die Beziehungen, die zwischen dem römischen Recht und der Rhetorik im allgemeinen bestehen, vgl. Wenger, Qu. 234 ff. und die Hinweise bei Stein wenter, SZ 65 {1947) 69 ff.; insbes. Stroux, Summum ius summa iniuria {1926, dazu o. § 581 , s. auch die dort angef.

Kritiker; vfl. ferner u. § 198'); Lanfranchi, I diritto nei retori romani {1938), dazu Kühler, SD 5 (1939) 285ff. Aus neuerer Zeit E. Meyer, SZ 68 (1951) 30 rr.; Santa Cruz, SZ 75 {1958) 91 ff.Speziell zu den rhetorischen Einflüssen auf die nachklassische Rechtsentwicklung Steinwenter 92 ff.; 111 ff. (insbes. zum Zivilprozeß); Wenger 255 rr. H Vgl. Kaser, SZ 69 (1952) 85f.; u. § 1948 • Zu den Zweifeln Riccobonos vgl. u. A. 20. 11 Zur Entwicklung gemeingriechischen Privatrechts und zu seinem Anteil am hellenistischen Rechts. Mitteis, RR 61 ff.; Pringsheim, Ausbreitung u. Einfluß d. griech. R. (SBer. Heid. 1952). 17 Über ihren Einfluß auf das spätrömische Recht grundlegend Volterra, Dir. rom. e dir. or. (1937) 239 ff.; Nachträge zu diesem Werk in Riv. it. 5 (1951) 134 ff., s. auch RIDA 8 2 (1955) 135 ff.

§ 192. Allgemeine

Kennzeichnung

7

Koine des Privatrechts" zusammengeschmolzen. 18 Daß sie auch unter der Römerherrschaft erhalten blieben, erklärt sich daraus, daß das römische Recht in der östlichen Reichshälfte in weit geringerem Umfang praktische Geltung erlangt hat als im Westen. Wie wir hauptsächlich aus den ägyptischen Papyri wissen, waren im Osten die vorrömischen lokalen 'Volksrechte>, geduldet von der römischen Staatsgewalt und zuweilen durch provinzielle Satzungen gefördert, bestehen geblieben und hatten ihre Geltung auch noch über die allgemeine Bürgerrechtsverleihung mit der const. Antoniniana von 212 hinaus behalten (o. § 53 II, III). Die Romanisierung des Rechts der Ostprovinzen beschränkte sich zunächst auf die Einführung gewisser zwingender römischer Gesetze und auf manche äußerliche Überlagerungen. Auch in der nachklassischen Zeit, ja sogar noch nach der Einführung des Corpus iuris hat sich das hellenistische Volksrecht in der tatsächlichen Anwendung des Ostens gegenüber dem römischen Reichsrecht behauptet (u. § 19576 ). Seit Konstantin dringt nun hellenistisches Rechtsgut verschiedentlich auch in das offizielle Reichsrecht ein. 19 Die Einbruchsstelle dieser östlichen Rechtsgedanken ist vornehmlich die Kaisergesetzgebung. Doch ist nicht zu bezweifeln, daß daneben auch bei der Bearbeitung der Juristenschriften durch die östlichen Rechtsschulen hellenistisches Rechtsgut aufgenommen wurde, 20 wenngleich es sich dabei, der Funktion der Schule entsprechend, mehr um Spuren allgemeiner hellenistischer Rechtsgedanken handelt als um konkrete Rechtseinrichtungen. 21 Soweit nun die Gesetze, die östliche Rechtsgedanken hereintragen, auch für den Westen galten, wie besonders die Konstantins, oder nachträglich, etwa mit dem Cod. Theod., dort in Geltung 18

Wieacker, Vulg. 28. Unabhängig vom Christentum, Ehrhard t, sz 72 (1955) 136 f. ao Für eine starke Einwirkung des Hellenismus auf die nachklassische Rechtswissenschaft sind vor allem Partsch (vgl. Nachgelass. Sehr. (1931) 346 ff. und seine Abhandlungen über Synallagma, Negotiorum gestio und Scheingeschäft, o. § 591 ; § 1371 ; u. § 201at; § 26114 ) und Pringsheim eingetreten (Kauf mit fremdem Geld (1916); die Abb. zur animus-Lehre o. § 58'; zuletzt SZ 69 (1952] 398 ff.). Ablehnend besonders Riccobono, entgegen seiner früheren Haltung (darüber Näheres bei Levy, SZ 49 (1929] 2541 ), in vielen neueren Schriften, vgl. namentlich APal. 3/4 (1917) 587 ff.; Mel. Cornil II 235 ff.; APal. 12 (1928) 500 ff.; 546 ff.; ACI Roma I 319 rr. (weitere bei Albertario, lntrod. 836 ). Er stellt sich das Schicksal des spätrömischen Rechts als eine von inneren Kräften und von der Praxis (APal. 12, 527 f.; ACI Roma I 317 ff., vgl. auch Collinet, RH 7 (1928] 560 ff.), nicht aber von fremden Rechten beeinflußte geradlinige Evolution vor (APal.12, 563 ff.). Aber was er •Praxis• nennt, ist seinen Beispielen (ACI Roma I 328 ff.) zufolge der Einbruch des Vulgarrechts; und dieser bedeutet 1t

keine geradlinige und organische Entwicklung, sondern einen tiefen Absturz, der nur im Osten später durch den justinianischen Klassizismus teilweise wieder überwunden wird. Was dagegen den östlichen Einfluß anlangt, so wird R.s These dadurch stark abgeschwächt, daß er eine Einwirkung hellenistischer Rechtsgewohnheiten, besonders auf das Kaiserrecht, keineswegs leugnet (APal. 12, 511 ff.). Daß aber auch die östliche Schuldoktrin hellenistische Elemente aufgenommen und an die Digesten Justinians weitergegeben hat, wird heute wohl nicht mehr bezweifelt. Wie Riccobono besonders auch Chiazzese, vgl. AG 103 (1930) 87 rr.; 165 rr.; APal. 16 (1931) 86 ff.; 514 ff.; 528 ff.; Introduz. allo studio del dir. rom. 1 (1947) 324 rr.; 412 ff. Gegen Riccobono jedoch (außer den schon Genannten) bereits Rabel, SZ 47 (1927) 480ff. und insbes. Albertario, Introd. 83 rr.(m. reicher Lit.); V 69 rr.(= St. Bonfante I 6tt ff.); 147 rr.(= SD 1 (1935] 9 rr. = Introd. 86 ff.); De Francisci, Conf. Mil. 3 ff. Übersicht mit weit. Lit.: Kaser, SZ 69 (1952) 81 rr., dazu noch etwa Kunkel 54 f.; Biscardi, ACI Ver. II 231 rr. (s. Wieacker, Vulg. 58101 ). 11 Vgl. z. B. zum Surrogationsprinzip u. § 24211 •

Dritter

8

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

gesetzt wurden, haben sie auch auf die westliche Entwicklung eingewirkt. So sind z. B. mit den konstantinischen Gesetzen die manumissio in sacrosanctis ecclesiis, die arra sponsalicia und die donatio ante nuptias nach dem Westen gelangt. Andere Einbrüche hellenistischen Rechts, die erst auf Justinian zurückgehen, wie z.B. die Abschwächung der Adoption zur sog. 'adoptio minus plena>, blieben dagegen auf den Osten beschränkt. Im ganzen wird man die Herübernahme hellenistischen Rechtsguts in das römische Reichsrecht nicht überschätzen dürfen. Sie findet sich am häufigsten im Personen-, besonders im Familienrecht; in den anderen Bereichen des Privatrechts dagegen nur vereinzelt. 11 Dabei bleibt hier wie dort verschiedentlich die Frage offen, ob sich die Neuerungen wirklich aus hellenistischem Einfluß erklären oder aus einer folgerichtigen Fortbildung des römischen Rechts und seiner Anpassung an den Wandel der Bedürfnisse. Das Recht des Corpus iuris ist jedenfalls auch am Ende der antiken Entwicklung noch römisches Recht. Wer es ein 'hellenistisches> oder gar ein 'byzantinisches> nennt, wie es vor einem Menschenalter beliebt war, wird seinem unverändert römischen Gesamtcharakter, um dessen Bewahrung sich J ustinians Klassizismus erfolgreich bemüht hat, nicht gerecht. 3. Unabhängig von den anderen Kulturgütern des Ostens, die in dieser Zeit die Vorherrschaft gewinnen, hält das Christentum in Rom seinen Einzug. In den Toleranzedikten von 313 anerkannt und unter Theodosius I. 381 zur Staatsreligion erhoben, gewinnt es bei der Reichsgewalt wie beim Volk eine überragende Macht; es wirkt als eine der stärksten Triebkräfte ebenso für alles staatliche Handeln wie als Richtschnur für das allgemeine sittliche Bewußtsein. Das Maß und die Zeit seiner Einwirkung auf das römische Privatrecht 23 bilden freilich einen auch heute noch nicht abschließend geklärten Problemkreis. 14 Die Kirchenväter haben, gestützt auf die 11

Vgl. außer den schon erwähnten Beispielen die Hinweise u. § 205 a. E., § 236 8 , § 253 III a. E., § 280 1• 18 Zur umgekehrten Frage nach der Haltung der Kirche gegenüber dem römischen Recht und seiner Bewahrung durch die Kirche s. Biondi 1 28 ff.; auch Gaudemet, Form.199 ff. Vgl. besonders zur Stellung des justinianischen Rechts in der Ostkirche Herman, ACJI II 145 ff., auch Amaduni, ebd. 225 ff. " Eine sorgfältige Ausbreitung des umfassenden Materials bietet Bio n d i, Dir. rom. cristiano 1-1 II (1952/4), der aber den christlichen Einfluß im ganzen offenbar überschätzt (s. bes. 1 51 ff.; 63 ff.; 70 ff.). Kritische Übersicht über die bisherige Lit. ebd. I 13-27 (vgl. auch Kunkel§ 3111 m. Nachtr.; Monier 1 102 f.; zuletzt Luzzatto, lura 8 [1957) 145 ff.). Daraus seien angeführt: Troplong, De l'influence du christianisme sur le droit civil des Romains (1. Aufl. 1843, 3. Aufl. 1868, Neuausg. von Ba y I e 1902); Ricco bon o, Scientia 5 (1909) 122 ff.; Riv. dir. civ. 3 (1911) 37 ff.; ACI Roma II 59ff.; Lineamenti della sloria

etc. (1949) 178ff.; Baviera, Mel. Girard I 67 ff.; Marchi, StSen. 38 {1924) 61 ff. (m. Lit.); Chiazzese, APal. 16 {1931) 399ff.; Introd. 1 (o.A. 20) 286ff.; 354 ff.; Bull. 51/52 {1949) 222 ff.; Albertario V 15ft ff. (= SD 1, 9 ff. = Introd. 86 ff.); Beck, ACI Roma II 89 ff.; Biondi, ACJI I 99 ff.; Giustiniano Primo principe e legislatore cattolico (1936); vgl. auch die Beiträge anderer Autoren in ACJI I u. II, ferner den Sammelband: Cristianesimo e diritto romano (1935) mit Beiträgen von Roberti, Bussi u. Vismara (dazu Steinwenter, SZ 56 [1936) 378 ff.); Hohen I oh e, Der Einfluß des Christentums auf das Corp. iur. civ. {1937), dazu Leifer, SZ 58 (1938) 185 ff.; Rutgers, De invloed van het Christendom op het romeinsche Recht (1940); Brasiello, Scr. Ferrini Mil. II 1 ff. Neuestens gibt eine nutzbringende Übersicht Gaudemet, Form. 177 ff. (insbes. 194 ff., s. auch St. Albertario II 173ff., m. Lit.) und zuletzt L'f:glise dans l'empire romain (1959) 507 ff. Zu den einzelnen Gegenständen s. bei diesen; zu christlichem Einfluß auf die

§ 192. Allgemeine

Kennzeichnung

9

Heilige Schrift, eine Verhaltensordnung für den christlichen Menschen entwickelt, die sich mit allen Bereichen des staatlichen und sozialen Lebens auseinandersetzt. 26 Ihre Lehren sind indessen zwar die Grundlage für die Moraltheologie und zum Teil, wo sie sich zu festen Rechtssätzen erhärteten, für ein frühes Kirchenrecht geworden; sie bilden aber kein verbindliches Recht des römischen Staates. Auch die auf den Konzilien geformten Rechtssätze?.ebinden unmittelbar nur die Kirche, nicht den Staat. Wenn sich die Kaiser in ihrer Gesetzgebung häufig auf die christlichen Dogmen und Prinzipien berufen, so bleibt doch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit ihre Maßnahmen wirklich von christlichen Motiven geleitet werden. Auch ist zu bedenken, daß Konstantin und seine Zeit bei aller Aufgeschlossenheit für die neue Lehre die Folgerungen, die daraus für die Sozialordnung und damit auch für das Privatrecht abzuleiten waren, nicht sogleich in ihrer ganzen Fülle und Vielseitigkeit erfaßt haben ;21 erst später, namentlich unter Justinian, 28 dringt dieses Verständnis allgemein durch. Immerhin steht fest, daß vor allem im Eherecht und den daran anknüpfenden familienrechtlichen Beziehungen die heidnisch-profane Ordnung schon seit Konstantin von Grund aus in christlichem Geist umgeprägt wurde. Die Gesetzgebung hat, unterstützt von der Praxis, die Voraussetzungen der Ehe teilweise neu geregelt, die Scheidung eingeschränkt und die Wiederverheiratung erschwert. Auch mannigfache andere Neuerungen in den Einzelheiten des Personenund zuweilen auch des Vermögensrechts, die man auf die Milde und Barmherzigkeit zurückführt, mithin auf Züge, die der heidnischen Welt im Grunde fremd geblieben sind, lassen sich aus christlichen Beweggründen erklären.• Dagegen ist das Gebot der Menschlichkeit immerhin schon der Stoa vertraut ;30 wo es jetzt in den Rechtsquellen auftritt, kann es gewiß aus christlicher Gesinnung, aber ebensogut aus der hellenistischen Philosophie stammen, die, vermittelt durch die Rhetorik, erneut auf die Rechtswissenschaft einwirkt. An den Grundpfeilern der antiken Sozialordnung, zu denen auch die Sklaverei gehört, hat jedenfalls auch das Christentum nicht gerüttelt. röm. Agrargesetzgebung Biondi, Bull. 61 (1958) 81 ff. (m. Lit.). 11 Lit.-Übersichten zum röm. R. bei den Kirchenvätern geben Steinwenter, SZ 52 (1932) 412 und Biondi I 89 f.; 92ff., s. auch W enger, Qu. 176 f.; 261 ff. (Ambros., Hieron.); 281 ff. (Augustin); 299 ff. Vgl. etwa Beck, Röm. Recht bei Tertullian und Cyprian (1930, dazu Steinwenter 412ff.); Nonnoi, Riv.it. 9 (1934) 531 ff. (zu Augustinus, weit. Hinw. bei Cohen, RIDA 3 1 (1954] 173); Violardo, II pensiero giuridico di San Girolamo (1937, dazu Steinwenter, SZ 58 (1938] 370 ff.); Biondi in: Sant' Ambrogio nel XVI centenario della nascita (1940) 337 ff.; ferner Carusi, St. Fadda II 69 ff.; Roberti, Riv. filos. neoscolast. 23 Suppt. (1931) 305 ff.; Jonkers, RIDA 2 (1950) 493 ff. • Über ihr Verhältnis zum röm. R. vgl. Lardone, ACJI II 101 ff.; Steinwenter, Mnem. Pappoulias (1934) 245 ff., vgl.

auch ACJI II 123 ff.; SZ kan. Abt. 54. (1934) 1 ff.; J onkers (o. A. 25). Starke Skepsis gegenüber christlichem Einfluß auf die Gesetze Konstantins zuletzt bei Ehrhardt, SZ 72 (1955) 137 ff. Vgl. auch Beck, ACI Roma II 99 ff. 28 Vgl. Biondi, Giustiniano (o. A. 24); aufschlußreich auch Schubart, Justinian und Theodora (1943). Über das Verhältnis von Kirche und Staat unter Justinian s. Kaden, Mem. Fac. Droit Geneve 6 (1948) 59 ff. u. insb. 9 (1952) 109 ff. (Iura 5 (1954) 17

565). 19

Zu •clementia, misericordia• usw. s. u.

§ 197 12- 14 ; vgl. auch im folg. A. 40. 10

Zu •humanitas'

und

'pietas'

s. o.

§ 46 10 • 11 m. Lit.; u. § 197 11 • Allgemein zu

den heidnischen Vorläufern, besonders zu den Einflüssen der Stoa auf die Gesetzgebung einzelner Principes und auf die klassischen Juristen, s. Biondi I 98 ff. m. Qu. u. Lit., außerdem o. § 46'.

10

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Eine unmittelbare Heranziehung religiöser Mittel für staatliche Zwecke bedeutet die vielseitige Verwendung des Eides im gesamten Rechtsbereich, 11 obschon die ältere Patristik zum Teil, gestützt auf ev. Matth. 5, 33, den Eid ablehnt. 11 Mannigfache Sonderbestimmungen gelten für Zuwendungen an die Kirche oder überhaupt für fromme Zwecke.aa Im übrigen ist hier auf die Organisation der Kirchen und ihre Berücksichtigung in der welUichen Rechtsordnung nur insoweit einzugehen, als sie für das staatliche Recht bedeutsam ist; so vor allem beim Recht der Körperschaften und Stiftungen (u. § 214 V, VI). Wirksame Hilfe im Dienst der Gerechtigkeit hat die bischöfliche Gerichtsbarkeit (episcopalis audientia) geleistet." Sie arbeitete im ganzen sachlicher und unbestechlicher als die staatliche und konnte den einzelnen zuweilen wirksam auch gegen Übergriffe der Staatsbeamten schützen. Sie ist im Zivilprozeßrecht darzustellen; die Formung der staatlichen Privatrechtsordnung hat sie kaum beeinflußt. Daß schließlich die Ungläubigen und Abtrünnigen, wie überall, so auch in allen Teilen des Privatrechts verschiedenen Nachteilen und zuweilen grausamen Härten ausgesetzt wurden, versteht sich aus dem Anspruch der christlichen Lehre auf Ausschließlichkeit. 86

4. Neben den kulturellen und sittlichen Kräften hat auf das nachklassische Privatrecht der staatliche Umbau Einfluß gewonnen. 38 Der Übergang vom Prinzipat zum sog. 'Dominat> hat zwar die tatsächliche Machtposition des Kaisers kaum noch vermehrt. Dennoch bringt die offene Anerkennung der absoluten Monarchie einen Wechsel der Staatsgesinnung mit sich, der auch die Rechtsschöpfung und die Rechtspflege auf neue Grundlagen stellt. Der Kaiser ist nun verfassungsmäßig der einzige Gesetzgeber, und auch die Anwendung des Rechts hat sich nach seinem Willen zu richten. Freilich gehen auch hierin die Entwicklungen in den beiden Reichshälften alsbald getrennte Wege; die westliche Kaisergewalt erlischt mit dem Zusammenbruch Westroms. Von den Maßnahmen zur Erneuerung des Staates, die mit dem Verfassungswechsel zusammenhängen, ist die Neuordnung der Verwaltung, soweit sie mit dem flächenstaatlichen Aufbau des Reiches Ernst macht und die Reste des alten Stadtstaates überwindet, mehr für das öffentliche Recht bedeutsam als für das private. Soweit diese Neuerung jedoch dazu dient, den Staatssozialismus der absoluten Monarchie zu verwirklichen, der mit seinem verzweigten Beamtenapparat alle Lebensbereiche regeln und überwachen will, dringt sie vielfach auch in die Privatrechtsordnung ein. Hatte schon der Prinzipat dem Ideal des Fürsorgestaates nachgestrebt, so wird dieser Leitgedanke jetzt in allen Bereichen staatlicher Wirksamkeit dominierend. Damit ist freilich vereinbar, daß das Wohl der Untertanen allenthalben den Staatsinteressen untergeordnet wird. Die häufig angerufene bedeutet jetzt nicht mehr als die Staatsräson. 87 Die indiÜbersicht: Biondi III 391 ff. Vgl. Thudichum, Geschichte des Eides (1921) 6 ff.; weiteres bei Biondi 409 f. 33 Zusammengestellt bei Biondi II 206 ff.; einiges dazu unten bei den einzelnen Gegenständen. " Zur Bibliographie sei hier nur auf Biondi I 445fr. und Gaudemet, L'tglise (o. A. 24) 230ff. verwiesen, dazu s. noch Bossowski, ACJI I 359 ff.; Suntne in iure Romano, suadente usu forensi audientiae episcopalis, quaedam praecepta ad 11

81

instar iuris privati hebraici introducta? (Roczn. Prawn. Wilenski 10, 1939), der hier eine Einbruchsstelle orientalischer Rechtsgedanken auch in das materielle Recht erwägt. 86 Übersicht bei Biondi I 253 rr. Zum Begriff der Häretiker s. Berger, RAL (ser. 8) 10 (1955) 353 ff.; zu den Manichäern Kaden, Fschr. Lewald 55 ff. 30 Vgl. Albertario V 158 ff. ( = SD 1, 13 ff. = Introd. 90 ff.). 37 Steinwenter, Fschr. Koschaker I 92; 93-100; Biondi, lst. 3 5917 ; s.o.§ 461 •

§ 192. Allgemeine

Kennzeichnung

11

viduelle Freiheit, 38 die der Prinzipat wenigstens im Grundsatz geschont und geschützt hatte, weicht der vollkommenen Unterordnung. Am deutlichsten tritt dieses Zwangssystem hervor in den nach Berufsklassen abgestuften Verbänden (corpora) mit unlösbarer und vererblicher Zwangsmitgliedschaft (u. § 214 IV); in der Landwirtschaft außerdem im Kolonat, der den Landpächter an die Scholle bindet und mit dieser 'Bodensklaverei> (servi terrae) ein neues Verhältnis personenrechtlich geminderter Freiheit begründet (u. § 213 II). In engem Zusammenhang mit diesen Erscheinungen stehen die staatlichen Lasten, seien es die mannigfachen Steuern und Abgaben, seien es naturale Zwangsleistungen (munera) verschiedener Art, die den Untertanen aufgebürdet werden. Mit der Haftung für diese Lasten beschwert man in den Städten die für den Rat und die Ämter der Gemeinde Wählbaren (curiales), die gleichfalls in einem Zwangsverband zusammengeschlossen und drückenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen werden. Doch ist auf alle diese verwaltungsrechtlichen Maßnahmen hier nur insoweit einzugehen, wie sie das private Personenrecht berühren. Auch die privatrechtliche Selbstgestaltung wird im absolutistischen Verwaltungsstaat vielfach verkürzt. Die privaten Rechte, vor allem das private Eigentum (u. § 241 II) und der Abschluß der Kaufverträge (u. § 264 8 ), werden durch zahlreiche verwaltungsrechtliche Normen eingeschränkt. 5. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die Veränderungen in der Wirtschaft und Gesellschaft. 39 Der Rückgang des Wirtschaftslebens, der sich schon im späteren Prinzipat vorbereitet, führt eine Verarmung der großen Massen herbei, die den Kampf ums Dasein verschärft. Diese Notlage zu lindern, 40 sind die Kaiser, insoweit christlichen Postulaten folgend, ebenso bemüht wie die kirchlichen Organisationen, besonders die wohltätigen Stiftungen zur Pflege der Armen, Kranken und sonstigen Bedürftigen (u. § 214 VI). Soweit die Gesetzgebung eingreift, durchziehen ihre Maßnahmen wie das öffentliehe so auch alle Teile des Privatrechts. Diese Maßnahmen bezwecken teils unmittelbar die Beseitigung von Notlagen, teils die Bekämpfung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen zum Nachteil der Schwächeren. Hierher zählen die Ausgestaltung der familienrechtlichen Unterhaltsansprüche, der dotalrechtliche Schutz der gewesenen Ehefrau, der erbrechtliche Schutz der armen Witwe, die Schutzvorschriften für die Erb- und Zeitpächter, vereinzelte Maßnahmen 111Zur römischen Freiheit s. o. § 46 8 , dazu noch Biondi II 348 ff. m. Lit.; MayerMaly, Österr. Ztschr. f. öff. R. 6 (1954) 399 ff. und jetzt grundlegend Kunkel, sz 75 (1958) 333 rr. m. Lit. 11 Vgl. allgemein Vinogradoff, Cambr. Medieval Rist. I (1911) 543 ff.; Rostovtz e ff, Gesellschaft u. Wirtschaft im röm. Kaiserreich II (o. J ., 1930) 21O ff.; 231 ff. (Lit. 372 ff.); Heichelheim, Wirtschaftsgeschichte des Altertums (1938) 766 rr. (Anm.: 1191 ff.). Siehe insbes. Mickwitz, Geld u. Wirtschaft im röm. Reich des 4. Jh. (1932); Johnson-West, ByzantineEgypt: Economic Studies (1949); Mazzarino,

Aspetti sociali del quarto secolo (1951). Weitere Hinweise bei Monier I 98 ff. '° Vgl. die Übersichten bei Biondi II cap. 15 (174 ff.: Arme, Bedürftige, Unterdrückte; 201 ff.: die Organisation der Wohltätigkeit und ihre Förderung durch den Gesetzgeber; 209 ff.: Frauen und Witwen [zu diesen auch Mayer-Maly, RE 8A, 2105 f.: Vidua]; 229 ff.: Minderjährige und Geisteskranke; 241 ff.: Gefangene und Gelöste; 249 ff.: Verstorbene, Grabrecht); s. auch Brassloff, Sozialpolit. Motive in der röm. Rechtsentwicklung (1933) 101 ff.; Bolkestein, Wohltätigkeit u. Armenpflege im Altert. (1939).

12

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

zur Begünstigung des Schuldners, das Verbot des Verfallpfandes, mannigfache Preisund Zinsvorschriften und vieles andere mehr.

Neben diesen Maßnahmen der Fürsorge stehen noch andere Folgen des wirtschaftlichen Rückgangs. Der Verfall der Währung und des Geldwesensn verursacht zum Teil eine Rückkehr zu den primitiven Erscheinungen der Naturalwirtschaft. Man vereinbart Naturaldarlehen und setzt Ersatz- und Bußleistungen in Naturalien fest. Der wirtschaftliche Bedarf des Staates, der mit dem Ausbau der Verwaltung und des Heeres und mit der Erweiterung der öffentlichen Aufgaben ins Ungemessene steigt, löst einen Fiskalismus aus, der auch auf das Privatrecht einwirkt; so schafft man etwa um der Sicherung der Staatsabgaben willen neue Rechtsformen (u. § 20QH,18 , § 242 III 1, 2). Blickt man dagegen auf die sozialen Wandlungen, so tut sich eine immer breitere Kluft auf zwischen den wenigen unermeßlich reichen senatorischen Familien, die - neben dem Kaiser - den Großgrundbesitz beherrschen, und der verarmten Masse. Zu ihr gehören die schon erwähnten Kolonen und andere kleine Leute (procuratores, actores usw., u. § 213 II, III), die allmählich ihre personenrechtliche Selbständigkeit verlieren und mehr und mehr den Sklaven angenähert werden. Von den Unterdrückungen, denen man die gehobene Schicht des städtischen Bürgertums in den Verbänden der Kurialen unterworfen hat, war schon die Rede. 6. In einem loseren Zusammenhang mit dem Wechsel der Staatsform steht schließlich die endgültige Verdrängung des Formularprozesses durch den Kognitionsprozeß. An die Stelle des geteilten Zivilprozeßverfahrens, bei dem die Prüfung der Beweise und die Urteilsfällung einem privaten Geschworenen (iudex privatus) anvertraut war, tritt ein völlig staatliches Verfahren, das sich von der Ladung bis zum Urteil (oder bis zum Entscheid über die Appellation) vor dem staatlichen, an Weisungen der Vorgesetzten gebundenen Beamten abspielt. Auch dieser Wandel hat sich schon in der klassischen Zeit vorbereitet; am stärksten in den Provinzen,u aber mit der Ausbreitung der , also außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Prätors und der Ädilen, auch in Rom. Vermutlich schon im 3. Jh. tritt das Formularverfahren auch dort immer stärker zurück und lebt nur in degenerierter Gestalt weiter. Die kunstvoll von der klassischen Jurisprudenz ersonnenen formulae werden nicht mehr verstanden und schließlich 342 als abgeschafft. a Das materielle Privatrecht, nach dem in der Kognition zu entscheiden ist, ist zwar anfangs noch das überkommene. Schon die vulgaristische Umformung des Privatrechts führt jedoch mit der Absage an die klassischen Denkformen auch die völlige Loslösung aus dem festen Rahmen des Formularprozesses herbei. Aber auch die klassizistische Umkehr unter J ustinian stellt die strengen Grundsätze des Formularprozesses mit ihren Bindungen an den Formelwortlaut nicht wieder her. Die wechselseitige Durchdringung von Privatrecht und Prozeßrecht (o. § 4 II, § 55) wird überwunden, das Privatrecht und die Verfahrensordnung gehen weithin gesonderte Wege. ' 1

Lit. zur Geldentwertung bei Levy II

2102n.

42

°

Vgl. u. § 1991 •

C. 2, 57, 1, dazu u. § 1993 •

§ 193. Die nachklassische

Vulgarisierung

des Privatrechts

13

§ 193. Die nachklassische Vulgarisierung des Privatrechts

I. Das Schicksal des römischen Rechts der nachklassischen Periode wird zunächst im wesentlichen beherrscht vom Prozeß der Vulgarisierung, also des Zurücksinkens der Jurisprudenz von der hohen Stufe der Klassik auf primitivere Denkformen. 1 Wir haben bereits gesehen, daß dieser Vorgang vorbereitet wurde durch vulgäre Rechtsanschauungen, die es, wie zu allen Zeiten, so auch schon neben der Klassik gegeben hat ;2 sie gewinnen nach deren Versiegen die alleinige Herrschaft und dringen sogar in das Reichsrecht der Kaisergesetze ein. II. Eingeleitet wird diese Entwicklung durch Vorgänge aus der 'frühnachklassischen> Zeit, die einen Abbau, teilweise auch den Verlust des Quellenbestandes aus der klassischen Periode herbeiführen.• Zwischen 250 und 330 wird das gesamte Material der überlieferten klassischen Juristenschriften und der Kaiserkonstitutionen einer entstellenden und simplifizierenden Überarbeitung unterworfen. Träger dieser Textveränderungen sind offenbar im wesentlichen die uns nicht namentlich bekannten Lehrer an den Rechtsschulen der westlichen Reichshälfte.' Sie fertigen Neuausgaben der Klassikerschriften an, die sie zwar häufig unter den alten Titeln veröff entlichen, 6 in denen sie aber die echten Texte mit schulmäßigen Erörterungen 1 Das Verdienst, das nachklassische Vulgarrecht, und zwar zunächst das weströmische, erkannt und erschlossen zu haben, gebührt Ernst Levy; vgl. SZ 49 {1929) 230 ff.; Amer. Hist. Rev. 48 (1942) 20 ff.; Vulgarization of Roman Law in the Early Middle Ages (Medievalia et Humanistica I [1943] 14 ff. = Bull. 55/56 Suppl. [1951] 222 ff.); grundlegend jetzt seine Darstellung des vulgären Sachen- und Obligationenrechts (West Roman Vulgar Law: The Law of Property [1951]; Weström. Vulgarrecht: Das Obligationenrecht [1956]; zur Kritik u. A. 20); vgl. insbes. I 1-18; II 1-15; auch SZ 75 {1958) 451 ff. und jetzt zum östlichen Vulgarrecht SZ 76 (1959) 1 rr. Zu Vulgarismus und Vulgarrecht vgl. ferner Wieacker, Vulgarismus u. Klassizismus im Recht der Spätantike (SBer. Heidelb. 1955; dazu Kaser, SZ 73 [1956] 440 ff.; Gaudemet, Iura 7 [1956] 202 ff.); St. De Francisci III 115 ff.; auch Gnom. 24 {1952) 491 ff.; ferner - vom Standpunkt der italienischen Rechtsgeschichte des Mittelalters aus - Calasso, ACI Ver. II 359 ff.; 11Medio evo del diritto I: Le Conti {1954) 57 ff. (m. weit. Lit.); Cassandro, ACI Ver. II 383 ff.; zuletzt auch Gaudemet, Form.119ff.; 123ff.; Paradisi, TS 27 {1959) 75 ff. - Der Name des Vulgarrechts geht auf H. Brunner, Z. Rechtsgesch. d. röm. u. germ. Urkunde (1880) 113; 139 zurück. • Vgl. o. § 1929• 1 Vgl. die Übersicht bei Kaser, SZ 69

{1952) 60 rr. S. insbes. Niedermeyer, ACI Roma I 351 ff.; Schulz, Hist.142ff.; Scr. Ferrini Mil. IV 254 ff.; SZ 68 (1951) 1 rr.; AHDO-RIDA 2 {1953) 381 ff.; Wieacker, SZ67 {1950) 360ff.; RIDA3 {1950) 577 ff.; Fschr. Schulz II 101 ff.; St. Arangio-Ruiz IV 241 ff.; Wolff, Sem. 7 (1949) 69 ff.; Scr. Ferrini Mil. IV 64 ff.; Fschr. Schulz II 145 ff.; SZ 69 {1952) 128 ff.; lura 3 {1952) 132 ff. Alle diese Untersuchungen wollen mit den Mitteln einer •Textstufenforschung>, gestützt besonders auf die außerhalb der Digeslen überlieferten Quellen, die in Schichten vollzogenen Überarbeitungen der klassischen Originale aufdecken. - Levy II 3 nennt die beiden letzten Drittel des 3. Jh. die •quasiklassische• Periode. ' Von den weströmischen Schulen wissen wir wenig; vgl. die Andeutungen bei Levy, SZ 49 {1929) 233 f.; Massei, Scr. Ferrini Pav. 421 ff., bes. 4221 ; Volterra, Cambr. Law Journ. 10 (1949) 196 ff.; ASD 1 {1957) Vulg. 53 f. - Vorberei51 ff.; Wieacker, tet hat sich diese Entwicklung schon in der Schuljurisprudenz der klassischen Periode, vgl. o. § 46 IV, insbes. Kaser, SZ 70 {1953) 127 ff. Meine Opponenten Guarino, Scr. Jovene 227 ff., und van Oven, TS 23 {1955) 240 ff., von denen ich mich nicht ganz verstanden fühle, verweise ich einstweilen auf Wolff, Gnom. 28 {1956) 377 f. 5 Werke unter den Namen klassischer Juristen, die aber vielleicht im ganzen erst nachklassische Schöpfungen sind, bei Fel-

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

aufschwemmen oder gar durch ihre eigenen Geistesprodukte ersetzen. Stücke aus diesen überarbeiteten Schriften, sei es eines einzelnen J uristen, 8 sei es mehrerer Juristen und Kaiser, werden dann in Florilegien zusammengefaßt. 7 Daneben werden kurzgefaßte Regelwerke aus dem klassischen Stoff für die Zwecke des Unterrichts und der Praxis angefertigt, von denen die unter dem zugkräftigen Namen des Spätklassikers Paulus verbreiteten eine besondere Bedeutung erlangt haben. 8 Großer Beliebtheit als Grundlage weiterer didaktischer Bearbeitungen erfreute sich außerdem das Institutionenwerk des Gaius, 9 das auch in einem dem Ulpian zugeschriebenen Elementarwerk () ausgiebig verwertet worden ist. 10 Nur vereinzelt stehen Veröffentlichungen solcher Art unter den Namen ihrer wahren Verfasser, wie die des Hermogenian. 11 Alle diese Bearbeitungen, denen man heute die große Masse der vorjustinianischen Textverfälschungen 11 zurechnet, halten an der Substanz des klassischen Rechtsstoffs noch im wesentlichen fest. Zu bewußten Neuerungen wissen sich die nachklassischen Rechtslehrer nicht berufen. Immerhin fehlt ihnen bereits die Anschauung der Rechtszustände, die die Klassiker voraussetzen; kennen sie doch im ganzen nur die provinziellen Verhältnisse, unter denen sie selbst leben. Vor allem ist ihnen der Formularprozeß unbekannt, der in dieser Zeit mindestens in den Provinzen bereits außer Übung steht. Auch die Verwaltung und besonders die Gerichtsverfassung beurteilen sie nach den veränderten Zuständen ihrer eigenen Zeit. Diese Wandlungen in den Grundlagen der Privatrechtsordnung, außerdem die Unfähigkeit der Bearbeiter, dem Geistesflug der klassischen Juristen zu folgen, vereinzelt wohl auch der Wahn, es besser zu wissen als sie, all dies hat mehr oder mingen traeger, Symb. Lenel 357 ff., s. auch Gaudemet, Form. 86 r. • Eine solche Sammlung aus den Werken eines Autors nannte man offenbar sein •corpus•; vgl. zum •corpus Papinianum' im Zitiergesetz (CT 1, 4, 3) De Dominicis, St. De Francisci III 337 ff.; Gaudemet 98 1 ; anders Schulz, Ep. Ulp. (1926) 20. 7 Typisch für die Fragmentensammlungen der zweiten Gruppe sind die fragm. Vaticana; Lit. bei Wenger, Qu. 543 ff.; Schulz, Hist. 310 f.; Gaudemet 69 ff. 8 Zu ihnen grundlegend Levy, Bull. 55/56 Suppl. 226 ff., weit. Lit. bei Schulz, Hist. 176 ff.; De Dom i nicis, St. ArangioRuiz IV 507 1, s. insbes. Volterra, ACI Bologna I 35 ff. Ihren Kern (Levys Schicht A) setzt Levy 239 vor 300 an; noch etwas früher Wolff, Traditio 3 (1945) 414 f. Eben dieser Schicht rechnet Levy auch das neu aufgefundene PS-Fragment (strafrechtlichen Inhalts) zu, vgl. Pauli sent. fragm. Leidense (1956) 71 ff., anders Serrao, II frammento Leidense di Paolo (1956), dazu Seidl, Lab. 3 {1957) 257 f. Weiteres zu PS u. § 195 I 1 m. A. 13. • Zur Frage nach Wesen und Herkunft

der 'res cottidianae sive aurea' s. die Lit. bei Schulz, Hist.167 f., dazu noch Wolff, St. Arangio-Ruiz IV 171 ff. (m. Lit.); Pringsheim, SZ 72 (1955) 54 ff.; Fuhrmann, SZ 73 (1956) 341 ff.; Gaudemet 87 f. Arangio-Ruiz, Mel. Cornil I 93 ff. und insbes. St. Bonfante I 493 ff. (s. zuletzt Storia del dir. rom. 7 (1957] 3681 ) rechnet mit zwei unterschiedlichen Fassungen östlichen Ursprungs, die in den Dig. und den Inst. I ust. benutzt wurden; skeptisch di Marzo, Bull. 51/52 {1948) 1 ff.; für westlichen Ursprung Schulz 167; Kaser, SZ 69 (1952) 79, vgl. auch Levy II 18; abweich. \Volff, St. Arangio-Ruiz IV 193f. - Zu Gai. Aug. s. u. § 195 18, zu Gai ep. § 19520 ; Ar chi 67 vermutet auch als Bearbeitungsgrundlage für GE eine Schulparaphrase über Gai inst. 10 Dazu grundlegend Schulz, Die Ep. Ulp. (1926), s. auch Hist. 180 ff. m. weit. Lit. Seine Auffassung wird durch die Hypothesen Schönbauers, St. De Francisci III 303 ff. nicht wirksam erschüttert. 11 Vgl. Schulz, Hist. 222 r. 11 Nicht alle; das unterstreicht Pringsheim, SZ 69 (1952) 398 ff.; JJP 7/8 (1953/ 54) 163 ff.

§ 193. Die nachklassische

Vulgarisierung

des Privatrechts

15

der unbewußt dann doch auch den stofflichen Bestand des klassischen Rechts verändert und verzerrt. Freilich treten diese Abweichungen zunächst noch nicht in neuen Rechtsregeln oder Rechtseinrichtungen zutage, sondern nur in ungenauer oder unrichtiger Wiedergabe der klassischen Gedanken, vor allem in unzutreffenden schulmäßigen Verallgemeinerungen, Begriffsbestimmungen und Einteilungen. 13 III. 1. Unter Konstantin vollzieht sich jedoch eine neue Wendung. Hatte sich die umfangreiche Reskriptpraxis Diokletians noch darum bemüht, die klassischen Rechtsgedanken gegen den inneren Verfall und die Überfremdung von außen her zu verteidigen,1' besonders das Eindringen unrömischer provinzieller Übungen aus dem Osten in das Reichsrecht abzuwehren, 15 so fühlt sich Konstantin der klassisch-römischen Tradition nicht mehr verpflichtet. 111 Seine Rechtspolitik läßt jetzt der Vulgarisierung, die sich in der provinziellen Praxis und neuerdings auch in den Verfälschungen der klassischen Rechtsliteratur längst vorbereitet hat, freien Lauf. Das nachklassische Vulgarrecht ist seiner Substanz nach römisches Recht, wenn auch gegenüber dem klassischen ein verderbtes und verfälschtes. Als römisches Recht hebt es sich von den mannigfachen 'Volksrechten> ab, also den lokalen Rechten nichtrömischer Völker, die nach der römischen Unterwerfung in Geltung geblieben sind. 17 Das Vulgarrecht ist ferner allgemeines Recht, es ist nicht wie das Fremdenrecht (Peregrinenrecht, o. § 50) auf einen personell oder wie das Provinzialrecht (o. § 5324 ) auf einen räumlich begrenzten Bereich beschränkt. 2. Das Vulgarrecht hat seine Wurzeln in den Rechtsanschauungen des Volkes, es dringt aber nun auch in das Bewußtsein der fachlich wenig gebildeten Juristen dieser Zeit ein, und zwar ebenso in den provinziellen Rechtsunterricht wie in die dortige Praxis. 18 Sein literarischer Niederschlag (u. 11 Das eindrucksvollste Beispiel bietet die Darstellung der Hartungsmaßstäbe nach dem verallgemeinerten Utilitätsprinzip in Mod. coll. 10, 2 (u. § 258 II). 1' Zu den Grenzen dieser bewahrenden Tendenz vgl. o. § 19213 • - Zur zwiespältigen Rolle dieses Kaisers s. etwa Balogh, St. Albertoni II 151 rr. 16 Zur Frage o. § 461' m. Lit. (anders Schönbauer, zuletzt in J JP 9/10 [1955/6] 53 ff.). Eindrucksvolle Beispiele für eine solche Abwehr bei Taubenschlag, Das röm. Privatrecht zur Zeit Diokletians (Extr. Bull. Acad. Polon., Cracovie 1919/20, 141 rr. = Op. I 3 ff.), s. ferner Felgentraeger, Antikes Lösungsrecht (1933, vgl. V 195 ff.; 207 f. u. § 242 19 ); Albertario Zum östlichen Ursprung der meisten Reskripte Diokletians Mitteis, RR 11 f. 11 Zu seiner privatrechtlichen Gesetz11 diritto privato gebung vgl. Sargenti, nella legislazione di Costantino, Persone e Camiglia (1938), dazu Koschaker, SZ 59 (1939) 686 lf.; Dupont, Les constitutions

de Constantin et le droit privc au debut du IV siecle: Les personnes (1937); vgl.ferner, besonders zum christlichen Einfluß, Biond i I 119 ff. ; genaue Bibliographie 125 ff., dazu noch Ehrhardt, SZ 72 (1955) 127 ff. 17 Levy I 5 rr.; SZ 76, 24 rr.;vgl. auch Mit leis, RR 3 ff. Damit ist vereinbar, daß auch das römische Recht dort, wo es - besonders seit der const. Antoniniana - die östlichen Volksrechte überlagert hat, in vulgarisierten Denkformen aufgetreten ist. Vgl. dazu die (bevorstehende) Darstellung des Rechts der Papyri in diesem Handbuch. 18 Wieacker, Vulg. 18 f. Darum vermochte die neuzeitliche Forschung, solange sie nur solches Recht gelten ließ, das vom Gesetzgeber oder von der Wissenschaft geformt wird, das Vulgarrecht nicht zu erkennen; Wieacker 11. -Zum Einfluß der Praxis s. Riccobono, ACI Roma II 307 lf.; 328 ff., dazu o. § 19210 •

16

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 195 I 1), vor allem die 'Interpretationen> (IP und IT) und die Gaiusepitome, in denen die vulgären Rechtsgedanken am deutlichsten hervortreten, stammen zwar vermutlich aus der Schule, wenngleich diese Werke entweder von Anfang an auch der Praxis zugedacht waren oder ihr doch alsbald nutzbar gemacht wurden. Indem aber seit Konstantin auch die Kaisergesetze die vulgarrechtlichen Einrichtungen und Rechtssätze als Elemente der geltenden Ordnung voraussetzen und darauf weiterbauen, werden die vlilgarrechtlichen Institutionen geradezu Bestandteile der von Staats wegen gebotenen Rechtsordnung. 19 Ja, im Privatrecht des 4. und 5. Jh. werden die vulgarrechtlichen Züge sogar dominierend. 10 Doch bleibt festzuhalten, daß auf das Reichsrecht dieser Zeit daneben auch andere rechtsformende Kräfte eingewirkt haben; sowohl innere, besonders das organische Weiterwachsen des überkommenen Rechts, 11 wie auch äußere Kräfte, darunter namentlich der Hellenismus 12 und das Christentum. 28

3. Die Vulgarisierung äußert sich im Verlust der geistigen Zucht, die das klassische Recht ausgezeichnet hatte.M In der Rückkehr zu primitiveren Denkformen zeigt der vulgäre Rechtsstil, ähnlich dem Frührecht, 26 ein Bedürfnis nach sinnfälliger Anschaulichkeit. Man verdeutlicht den Rechtsformalismus, indem man die unverständlich gewordenen Verbalakte (mancipatio, in iure cessio, stipulatio) durch private oder öffentliche Beurkundung -ersetzt, und man begeht den Denkfehler, den Anschein des Rechts (z. B. den Besitz) mit dem Recht selbst (dem Eigentum) gleichzusetzen oder den Bestand eines Rechts mit seiner Beweisbarkeit zu verwechseln.M Dem Vulgarrecht ist weiter das Hervortreten aff ektbestimmter Vorstellungen eigentümlich. Man beruft sich auf eine Billigkeit, die nicht von juristischer Sachlogik, sondern von rational nicht faß baren Emotionen, vor allem von sitt19 Levy I 2 ff.; Wieacker 15 f. In gleicher Richtung wirkt es, wenn Konstantin den Paulussentenzen gesetzesgleiche Geltung zuschreibt, CT 1, 4., 2 (328); vgl. auch eod. 3 (426) i. f. • 0 Gleichwohl wäre es ungenau, das vulgarisierte Reichsrecht einfach dem Vulgarrecht gleichzusetzen. Vgl. zuletzt Levy, SZ 75 (1958) 455, s. zur Frage auch Pugliese, AG 141 (1951) 119 ff.; 122 f.; 152 (1957) 149 ff.; Feenstra, SZ 74. (1957) 501 ff.; 521 f.; Archi, SD 23 (1957) 410ff., ferner Kaser, Iura 3 (1952) 290 f.; Grosso, Iura 8 (1957) 487 ff.; neuestens zum Verhältnis von Vulgarrecht und Kaiserrecht wieder Levy, Bull. 62 (1959) 1 ff. ( = Abb. in: Festschr. Gutzwiller). Für das gesamte Recht der •Zwischenperiode• -zwischen Diokl. und Just. hat man sich auf einen prägnanten Namen noch nicht geeinigt. Doch erscheint es mir zulässig, •Vulgarrecht> (mit Levy) auch alles durch die Vulgarisierung entscheidend gekenn-zeichnete Recht zu nennen, also auch solches, das in die Gesetzgebung eingegangen ist. Freilich wird damit nicht das ge-

samte Recht der Zwischenperiode getroffen. 11 Wieacker 40 ff. Hierher zählen etwa der Sieg des Kognitionsprozesses über den Formularprozeß, die Verschmelzung von ius civile und ius honorarium, der Abbau der klassischen Formalakte (dazu auch u. A. 29), die Abstoßung entbehrlicher Parallelakte (wie sponsio und fidepromissio neben fideiussio, fiducia neben pignus, teilweise Legat neben Fideikommiß). 11 S. ob. § 192 II 2, insbes. A. 11. 11 Ob. § 192 II 3. Im Christentum begegnet sich die hellenistische Komponente mit der vulgaristis~hen; Wieacker 4.6f., anders freilich B ion di, SD 17 (1951) 342 ff. " Zum folgenden insbes. Wieacker 20ff. 16 Ober Gemeinsamkeiten des Vulgarrechts mit dem primitiven altrömischen (am deutlichsten in der Struktur des Eigentums, s. u. § 2368 , § 238) vgl. Levy I 71f.; Wieacker 31. • Typisch etwa GE 2, 1, 2 (obligationes ... scriptae, vgl. u. § 2611 ). S. auch u. § 2361 •

§ 193. Die nachklassische

Vulgarisierung

des Privatrechts

17

liehen Empfindungen, bestimmt wird. Hiernach begreift sich der Einfluß der Rhetorik 27 mit ihrer Vorliebe für eine affektiv bestimmte Gesinnung und für flaches Moralisieren. Auch die vertiefte sittliche Läuterung durch das Christentum fand im Vulgarrecht einen besonders aufnahmebereiten Boden. Wohl am bedeutsamsten für die Fortbildung des Rechts aber wirkt eine zuweilen naive Zielstrebigkeit, mit der sich das Vulgarrecht dem Wandel der wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse anzupassen weiß.118Hatte sich das klassische Recht in strengem dogmatischem Denkstil, vor allem in sorgfältig abgewogener Abstraktion, seine Prinzipien erarbeitet, so gibt das Vulgarrecht, ohne sich um die dogmatischen Konsequenzen zu kümmern, zuweilen, wenn es ihm um seiner praktischen Zwecke willen geboten erscheint, diese Grundsätze preis. An die Stelle formalen Rechtsdenkens tritt ein funktionsbestimmter Naturalismus. Ein Beispiel bietet etwa die laienhafte Verwischung des Gegensatzes zwischen dem Kausalverhältnis (Kauf, Schenkung usw.) und der Übereignung. Diese Wandlungen im Stil des Rechtsdenkens, die sich im Rechtsschrifttum anbahnen und von der Gesetzgebung bereitwillig auf genommen und vorwärtsgetrieben werden, setzen sich mehr oder minder bewußt über die Errungenschaften der klassischen überlief erung hinweg. Mit dieser unbekümmerten Haltung gegenüber der Klassik weicht das Vulgarrecht von der 'frühnachklassischen> Richtung ab (o. II), die sich noch in 'klassizistischem, Geist, wenngleich mit unzulänglichen Kräften, um die Bewahrung des traditionellen Rechtsguts bemüht hat. Trotz des Verlustes an Rechtskultur, den die Vulgarisierung bedeutet, bringt sie gleichwohl hier und dort auch sachliche Fortschritte mit sich. War die Klassik gerade durch die Bindung an ihre überkommenen Prinzipien allmählich in eine gewisse Starre verfallen, so daß sie den Wandlungen der Zeitbedürfnisse nur noch widerstrebend zu folgen vermochte, so versucht jetzt das Vulgarrecht, sich gleichsam auf einer niedrigeren Ebene diesen Veränderungen anzupassen. Zu seinen Errungenschaften zählen etwa die Verbindlichmachung jedes zulässigen Vertrages, die Ausbreitung der Schriftform an Stelle der Verbalakte, 19 die Anfechtung des Geschäfts durch den Bedrohten oder Getäuschten (statt der in integrum restitutio), die erleichterte Zulassung einer unmittelbaren Stellvertretung durch Gewaltfreie, die Anerkennung einer begrenzten Rechtsfähigkeit der Sklaven und einer allgemeinen Vermögensfähigkeit der Hauskinder, überhaupt ein Abbau der Agnationsbeziehung, die Vereinheitlichung des Erbschaftserwerbs (ohne Unterschied der Haus- und Außenerben), die Zulässigkeit einer Nacherbfolge und anderes mehr. Hier überall hat das Vulgarrecht bald bloße Ansätze des klassischen Rechts ausgebaut, bald aber auch völlig neue Wege beschritten. Wieacker 45 ff., vgl. o. § 192a. Dieser Wesenszug berührt sich mit dem von Albertario V 174 f. ( = SD 1 [1935) 27 ff.= lntrod.107 ff.) hervorgehobenen „empirismo della decadenza", für den er selbst in V 293 ff. Beispiele bietet. 17

18

2 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

11 Obschon hier neben der vulgaristischen Komponente auch die innere Weiterbildung des klassischen Rechts {o. A. 21) und der Einfluß des der Schriftform zuneigenden Hellenismus (o. § 192 II 2) mitsprechen.

18

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

4. Die Vulgarisierung ist, wie wir sahen (o. § 192 II 1), der westlichen und der östlichen Entwicklung gemeinsam. 30Daß sie hier wie dort vielfach zu den gleichen Erscheinungen geführt hat, 31wird damit zu erklären sein, daß die Ausbildung vieler vulgärer Rechtsgedanken und Rechtseinrichtungen schon in die Zeit vor der endgültigen Reichsteilung zurückreicht. So hat, abgesehen vom Fortleben mannigfacher vulgärer Vorstellungen schon aus der klassischen Periode, vor allem bereits die Gesetzgebung Konstantins eine gemeinsame Grundlage geschaffen; und in der gleichen Richtung wirkt im Westen und Osten die hohe Autorität der Paulussentenzen, die in ebendieser Zeit ihre erste vulgarisierende Bearbeitung erfahren haben. 31 Aber auch nach der Reichsteilung hat es, obschon die Kaisergesetze nur für den eigenen Reichsteil verbindlich waren (u. § 196 II 2), an einer Rücksichtnahme auf die Gesetze des anderen Teils nicht völlig gefehlt. Zuletzt hat die Verkündung des Cod. Theod. in beiden Reichshälften die Gemeinsamkeit begünstigt. In der Rechtswissenschaft trennen sich dagegen die Wege, indem der westliche Zweig einer fortgesetzten und gesteigerten Vulgarisierung erliegt, der östliche aber zu einer klassizistischen Richtung zurückkehrt, die zum Teil die klassische Gedankenwelt neu zu beleben vermag. So begreift es sich, daß zwar die östliche Rechtsliteratur im Westen möglicherweise hier und dort Eingang gefunden hat, die verflachte westliche aber von den hochgebildeten Rechtslehrern des Ostens schweigend mißachtet wird. 33 Im Westen nimmt das römische Recht des 5. Jh. mit dieser verschärften Vulgarisierung die Gestalt an, in der es zum Fortbestand in den westlichen Nachfolgestaaten und zur Begegnung mit den germanischen Rechten überhaupt erst fähig geworden ist;M stand doch deren archaischer Naturalismus dem degenerativen des Vulgarrechts weit näher als der klassischen Hochkultur.36 Auch die erneuerte römische Rechtswissenschaft des Hochmittelalters, das Werk der Glossatorenschule von Bologna, hätte sich für die zeitgenössische Praxis nicht fruchtbar machen lassen, hätte nicht das fortwirkende Vulgarrecht dazu die Anknüpfungen geboten. 36 ao Zur Frage östlichen Vulgarrechts s. Vulg. 28. Levy I 10 ff.; Wieacker, Neuestens insbes. Levy, SZ 76 (1959) 1 ff. 11 Vgl. zu den Parallelen De Dominicis, Ann. Ist. 4/5 (1954) 214 ff., 218 ff.; Scr. Cedam II 572'8; Gaudemet, Form. 102 rr. 88 Levys Schicht B, vgl. u. § 19511• Zur gesetzesgleichen Geltungskraft der PS s. o.A.19. 88 Levy I 13 f.; SZ 68 (1951) 428 u. ö.; zweifelnd Feenstra, SZ 74 (1957) 511; 517 f.; 521 f. Das Gegenteil wird weder durch die Gegenüberstellungen bei Wieacker, Symb. Lenel 269ff.; 322ff. noch bei De Dominicis, Scr. Cedam II 557 ff. (s. auch Ann. Ist., o. A. 31) bewiesen, vgl. zuletzt Levy, SZ 76, 28 ff. Die textlichen Parallelen können überall auf klassische (oder frühnachklassische, o. II} Äußerun-

gen oder auf die Urfassungen der im CT entstellt überlieferten Kaisergesetze zurückgehen. 84 Zum Problemkreis der Kontinuität zwischen der antiken und der mittelalterlichen Rechtskultur vgl. die Lit. bei Wieacker 87,insbes. H. Mitteis, Die Rechtsgesch. u. d. Problem der Kontinuität (SBer. Berl. 1947); Steinwenter, Iura 2 (1951) 15 rr.; Relaz. X Congr. int. di scienze storiche VI (1955) 547 ff.; Calasso, ebd. 521 ff., vgl. auch Ewig, ebd. 561 ff.; Soloviev, ebd. 599 ff. 86 Wieacker 32 ff. Es ist das Verdienst Levys I 14 ff. u. ö., endgültig den für die frühmittelalterliche Rechtsgeschichte bisher verhängnisvollen Irrtum beseitigt zu haben, daß das römische Recht auf die germanischen Rechte in seiner klassischen Gestalt eingewirkt hätte. 341 Zu alledem Wieacker 62 ff.

§ 194.

Der oströmische

Klassizismus.

Die Gesetzgebung

Justinians

19

§ 194. Der oströmische Klassizismus. Die Gesetzgebung Justinians 1. Während das römische Recht im Westen in einen unaufhaltsamen Ver-

fall der Rechtskultur versinkt, gelingt den oströmischen Rechtsschulen eine späte Erneuerung seines alten Glanzes. Sie vermögen das klassische Recht zwar nicht mehr mit innerem Leben zu erfüllen; sie erfassen aber seine Größe und verstehen es, seine Schöpfungen zu bewahren und für ihre Zeit und die Nachwelt nutzbar zu machen. 1 Die Gesetzgebung Justinians, die das Werk dieser Schulen krönt, bedeutet mit dem Höhepunkt dieser Entwicklung zugleich ihren Abschluß. 1 unter denen im 5. Jh. die von Von den oströmischen Rechtsschulen, Beryt hervorragt, geht, gestützt auf das Erbe der klassischen Jurisprudenz, eine Erneuerung des rechtswissenschaftlichen Denkens aus, die ein bedeutendes Niveau erreicht, und ohne die das Gesetzgebungswerk Justinians nicht möglich geworden wäre. Die oströmischen Rechtslehrer sind durch eine vertiefte philosophische, teilweise auch theologische Bildung für das Verständnis der klassischen Gedankenschöpfungen viel besser vorbereitet als die mehr und mehr verflachenden Schulen des Westens. Sie haben zunächst das Verdienst, die gesamte noch erreichbare Hinterlassenschaft an Rechtsquellen der Vergessenheit entrissen und gesammelt zu haben; sie greifen damit über die Schriften der fünf Juristen Papinian, Paulus, Gaius, Ulpian und Modestin weit hinaus, auf deren Werke das 'Zitiergesetz' von 426 die Verbindlichkeit als Rechtsquelle vorerst beschränkt hatte. 8 Das gesamte wiedergewonnene Material haben sie sodann in ihren Kommentaren (Scholien), die sich schon als Literaturtypus höherer Art von den bloßen Umschreibungen und Verkürzungen des Westens vorteilhaft abheben,' mit den Methoden der begrifflichen Analyse und Synthese bearbeitet. Diese Dialektik ist seither zum Gemeingut aller juristischen Dogmatik geworden und beherrscht über die mittelalterliche Glosse5 und die späteren Entwicklungen hinweg noch unser heutiges rechtswissenschaftliches Denken. Die Leistung dieser Schulen liegt mithin vornehmlich auf dem theoretischen Feld.• Hatte das intuitive Genie der Klassiker das Recht von der Praxis her ge1 Zum oströmischen Klassizismus s. namentlich Wieacker, Vulg. 50 ff.; Vom röm. Recht {1944) 171 ff. (u. A. 12). 1 Zu ihnen vgl. den Lit.-bericht bei Wenger, Qu. 616-632, auch Gaudemet, Form. 79 f.; 81 rr.Vgl. insbes. Collinet, Etudes hist. de droit de Justinien II: Histoire de l'ecole de Beyrouth {1925), insbes. 271 ff. (dazu Pringsheim, SZ 47 [1927] 463ff.); Etudes III: La genese du Digeste, du Code et des Institutes du Justinien {1952) 115 ff.; 257 ff.; 279 ff. • CT 1, 4, 3. Das Gesetz ist für den Westen erlassen und erst mit dem CT auch im Osten eingeführt worden. Zur Frage der Interpolierung vgl. Gradenwitz, SZ 34 (1913) 275 ff., weit. Lit. bei Kunkel 42 1

2•

und Wenger, Qu. 533 15 ; für Echtheit zuletzt Scherillo, SD 8 (1942) 5 ff. gegen Biscardi, StSen. 53 (1939) 406 ff., für Überarbeitung Ebrard, ACl Ver. I 75 ff. = JBI. 72 {1950) 287 ff.; Wieacker, SZ 67 {1950) 385; Levy, SZ 75 {1958) 453. S. auch u. § 195 1 0. "Levy, SZ 49 {1929) 236f. 5 Übereinstimmungen in der Methode zwischen der oströmischen Schule und den Glossatoren bei Pringsheim, Fschr. Lenel {1921) 204 ff.; ACI Roma I 453 1• •Vgl.zum Doktrinarismus dieser Rechtsschulen Albertario V 176 ff. = SD 1 {1935) 29 ff. = Introd. 109 ff. S. auch die Beispiele bei Guarino, Scr. Ferrini Pav. 307 ff.

20

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

staltet, so steht die Methode der oströmischen Schulen, die die klassischen Schöpfungen erstmals mit spekulativ-scholastischen Mitteln verarbeitet, dazu in schroffem Gegensatz. Demgemäß liegen auch die eigenen schöpferischen Leistungen der Schulen, wie zahlreiche Beispiele beweisen,7 vornehmlich auf dem Gebiet der Begriffsbildung und der Systematik. Daneben haben sie aus ihrer schon erwähnten philosophisch-theologischen Bildung die allgemeine Willenslehre für die Beurteilung der rechtserheblichen menschlichen Handlungen, besonders der Rechtsgeschäfte, nutzbar gemacht 8 und die Verschuldenstatbestände sorgfältiger differenziert, 9 wenngleich sie dabei durch eine extreme Berücksichtigung des subjektiven Moments zu ungesunden Übertreibungen neigen. Zu selbständigen neuernden Eingriffen in die stoffliche Substanz der Rechtssätze und Rechtseinrichtungen fühlen sie sich jedoch ebensowenig berufen wie die Rechtsschulen des Westens. Den Entwicklungen des lebenden Rechts ihrer Zeit bleiben sie ziemlich fern; eine innere Durchdringung des überkommenen Rechtsstoffs mit den Neuerungen der Kaisergesetze, die zugleich eine Anpassung an die veränderten Zeitumstände und eine Ausscheidung des Überholten bedeutet hätte, haben sie bestenfalls in Ansätzen versucht. 10 Nach alldem wird man auch einen Einbau konkreter hellenistischer Rechtsgedanken in das klassische Recht von der vorjustinianischen Schule nur selten erwarten dürfen. II. In Justinians 11 Gesetzgebungswerk, 12 das im neugeeinten Reich ein Recht von der Größe und dem Charakter des klassischen wiederherstellen will, treffen gegensätzliche Tendenzen auf einander. Indem das Corpus iuris zu den klassischen Juristenschriften und zum Kaiserrecht der Prinzipatszeit zurückkehrt, offenbart es die klassizistische Gesinnung des Kaisers, die sich die Errungenschaften der oströmischen Schule, das wiederentdeckte und ehrfürchtig bewunderte klassische Recht, zu eigen macht und mit der Autorität des Gesetzes ausstattet. Zugleich aber führt der Kaiser die praktische Politik des Dominats fort, indem er in seinen umfassenden gesetzgeberischen Maßnahmen die absolute Monarchie mit ihrem Fiskalismus und ihrem ständisch-korporativen Aufbau 18 weiter ausgestaltet. Aus dem Gedanken einer von christlichen MotivenH gelenkten Wohlfahrt durchdringt er erEinige bei Kaser, SZ 69 {1952) 87 (nach Levy): der weite Servitutsbegriff, der die Personalservituten einschließt, die Trennung der superficies von den Servituten, die Konstruktion der Emphyteuse. 8 Ob. § 192 16• Vgl. die animus-Lehre (o. § 54•, u. § 201 IV); ferner die Einflüsse der Philosophie und Theologie auf die Behandlung des simulierten Geschäfts, u. § 201 V. • Kunkel, SZ 45 {1925) 344 ff. S. unten § 258 IV, insbes. 2. 1o Günstiger urteilt Wieac ker 54. Die spärlichen Quellenbelege vgl. bei Kaser 88 ff. (mit Lit.). S. auch u. § 195 II 1. 11 Zu seiner Persönlichkeit vgl. statt aller Erman, Fschr. Koschaker I 157 ff. mit der einschlägigen Lit. 12 Zum folgenden s. vor allem \Vie7

acker,

Vom römischen Recht {1944) 146

ff. ( = Ztschr. ges. Staatswiss. 102 (1942] 444 ff.); 171 ff. und jetzt Vulg. 50 ff. Zum

Hergang der Kompilation und den dabei auftretenden Tendenzen s. grundlegend Pringsheim, ACI Roma I 449 ff.; LQR 56 {1940) 229 ff.; auch St. Arangio-Ruiz I 515ff.; RIDA 5 (1950) 383ff. Zur allgemeinen Würdigung des Corpus iuris vgl. auch die Beiträge zu dem Sammelwerk Conf. Mil. {1931), besonders den von De Francisci (1 ff.). 11 Zu gewissen Abschwächungen s. u. § 21416• 1t Zum christlichen Einfluß auf die Gesetze Justinians vgl. die Übersicht bei Biondi I 135 ff. pass.; im übrigen die Lit. o. § 192tt.

§ 194. Der oströmische

Klassizismus.

Die Gesetzgebung

Justinians

21

neut mit zahlreichen Gesetzen die private Sphäre des Bürgers. Es begreift sich, daß dieser Dualismus zwischen den akademisch-restaurativen und den praktisch-politischen Bestrebungen eine Spannung schafft, die auch innerhalb des Corpus iuris zutage tritt und seine praktische Handhabung als geltendes Gesetz stark erschweren mußte. Der Schauplatz, auf dem sich die klassizistische Neigung Justinians hauptsächlich entfaltet hat, sind die Digesten, mit deren Planung die gesamte Rechtspolitik des Kaisers und besonders seine Gesetzgebung einen deutlichen Impuls in der klassizistischen Richtung empfängt ;16 daneben die Institutionen und die Konstitutionen des Codex bis auf Diokletian einschließlich. Die Kompilatoren benutzen die klassische Hinterlassenschaft in dem Bestand und in der Gestalt, in der sie jetzt noch vorliegt. Sie mögen die frühnachklassischen Bearbeitungen (o. § 193 II), die sich als Werke klassischen Ursprungs ausgeben, für unverfälschte Originale gehalten haben; immerhin verwerten sie damit Darstellungen, die im allgemeinen keine bewußte Abweichung vom klassischen Rechtszustand bezweckt haben. Dagegen hat die hohe Gelehrsamkeit des Ostens die auf tieferer Stufe stehenden literarischen Arbeiten des westlichen Vulgarrechts offenbar mit Absicht ignoriert, obschon sie der damaligen Wirklichkeit des Rechtslebens auch im Osten viel näher gestanden hätten als das Klassikerrecht. 18 Die klassischen (oder pseudoklassischen) Texte, die Justinian in großen Stücken wörtlich in sein Sammelwerk aufnimmt, gehen indes von kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen aus, die bereits mehrere Jahrhunderte zurückliegen. 17 Die gemäßigte Monarchie ist der absoluten gewichen, die tolerierte persönliche und wirtschaftliche Freiheit dem Staatssozialismus, die heidnische Religion dem Christentum. Die oströmische Reichskultur im ganzen hat sich trotz der Bewahrung ihres römischen Kerns beträchtliche griechische und orientalische Beimengungen gefallen lassen müssen. Für das Privatrecht besonders bedeutsam ist sodann der Umbau der Gerichtsverfassung und die endgültige Ersetzung des Formularprozesses durch das Kognitionsverfahren. Von allen diesen umwälzenden Neuerungen zeigen die Digesten nur schwache Anzeichen. So hat man vor allem den längst verschollenen Prätor als Gerichtsherrn und das Formularverfahren mit seinem Aktionensystem treulich aufbewahrt. Auch die Interpolationen, die das Recht an die veränderten Verhältnisse anpassen sollen, begnügen sich im wesentlichen mit der äußerlichen Beseitigung gewisser überholter Einrichtungen und Grundsätze und mit einer oft nur flüchtig durchgeführten Abstimmung der Texte auf die neueren Kaisergesetze, 11

Pringsh ei m, ACI Roma I 451 ff.; 459 rr. datiert den Digestenplan auf den Sept. oder Okt. 530, nach Abschluß des ersten Codex von 529, der noch das Zitiergesetz enthielt (s. Schulz, Rist. 282). Zu den weittragenden Auswirkungen dieses Planes auf die spätere Gesetzgebung s. Pringsheim 465 ff., ferner Archi, Riv. it. 5 (1951) 220 ff.; 236, hierzu und zu weiterer Lit. Wieacker, Vulg. 57; 59; 61111 • - Vgl. auch ebd. 56 zur Rechts-

politik der Vorgänger Justinians (o. § 19210). 19 Näheres o. § 19311 • 17 Über einzelne geradezu carchaistische• Tendenzen Justinians, die ihn auf das altrömische Recht zurückgreifen lassen, vgl. Pringsheim, St. Bonfante I 551 ff.; doch s. ablehnend Riccobono, Conf. Mil. 237 ff.; auch Schulz 343. Zur konservativen Gesinnung des Kaisers s. auch Donat u t i, StParm. 3 (1953) 207 ff.

22

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

besonders auf die Reformgesetze Justinians selbst. Auf weite Strecken hin aber bleibt die Kluft zwischen Einst und Jetzt unüberbrückt bestehen. Sie erklärt sich am deutlichsten daraus, daß die Konservierung des klassischen Gedankenguts zu einem beträchtlichen Teil von der Rücksicht auf die Schule bestimmt worden ist. Um ihretwillen läßt man die Meister der klassischen Rechtsliteratur noch in ihrer eigenen, dem Osten ungeläufigen Sprache und in ihren eigenen Formulierungen zu Wort kommen, man bewahrt neben den Rechtsregeln weithin die verzweigte Kasuistik und die Kontroversen auf und man ehrt die Klassiker durch die genauen Quellenangaben in den Inskriptionen. Dennoch darf nicht verkannt werden, daß Justinian, indem er die Sammlung der Juristenfragmente in den Digesten und Institutionen mit Gesetzeskraft ausgestattet hat, ihren Inhalt in die lebendige Praxis umgesetzt wissen wollte. Es ist mit seiner Ehrfurcht vor dem klassischen Erbe wohlvereinbar, daß er mit seinen Interpolationen in die überlieferten Texte ändernd eingriff; wollte er damit doch die Überreste des alten Rechts für die Gegenwart lebensfähig machen. Gleichwohl wird man die Stücke der Rechtsordnung, die zu seiner Zeit praktische Wirklichkeit waren oder wenigstens nach seinem Willen praktisch angewandt werden sollten, weniger in diesen Teilen des Corpus iuris zu suchen haben als im Codex und den Novellen. In den Codex hat er auch die Gesetze Konstantins und seiner Nachfolger aufgenommen, die der Rechtspolitik des Dominats mit seinen veränderten religiösen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen entsprechen; und seine eigenen Gesetze führen, wie erwähnt, diese Rechtspolitik fort. 18 In dieser Sphäre befolgt auch Justinian den Denk- und Ausdrucksstil des Vulgarismus, der seit Konstantin die Kaisergesetzgebung beherrscht. Eine Würdigung des Ertrages, den die römische Privatrechtsgeschichte der Kompilation J ustinians verdankt, wird vor allem die Fortschritte hervorzuheben haben, die in der Richtung auf die Einheit der Rechtsordnung erzielt worden sind: die eingeleitete oder vollzogene Überwindung der Gegensätze zwischen Juristenrecht und Kaiserrecht, zwischen ius civile und ius honorarium, auch (wie z. B. bei den Legaten und Fideikommissen) zwischen Formularverfahren und Kognitionsprozeß. Daneben steht eine Reihe konkreter Errungenschaften, aus denen etwa der Abbau der agnatischen Familienbeziehung im Familien- und Erbrecht, besonders durch die Anerkennung der Vermögensfähigkeit der Hauskinder und der Erbfolge nach der Mutterseite, und weiterhin die Verdrängung des altrömischen Formalismus durch die Beurkundung hervorgehoben seien. In alldem setzt Justinian die schon in der klassischen Periode eingeleitete Richtung organisch fort. 19 Wo der Kaiser dagegen Entwicklungen aus den nachklassischen Jahrhunderten, die weit von der klassischen Tradition weggeführt haben, gewaltsam auf die klassische Linie zurückbiegen will, bekundet er eine unglückliche 18 Vgl. Levy II 58 r., hier auch zu Biscardi (o. § 19220 a. E.), insbes. 249. Über vulgarrechtliche Elemente, die aus den vorjustinianischen Gesetzen in die östliche Schuldoktrin und in die Gesetze Justinians

eindringen, vgl. Levy, SZ 76 (1959) 5 rr.; 14 f., auch 26 ff. 19 Im Sinn Riccobonos, vgl. o. § 19210 ; Wieacker 60 f.

§ 195. Die Überlieferung

23

Hand. So am deutlichsten mit dem aussichtslosen Versuch, die längst. verschollene mündliche Stipulation neu zu beleben (u. § 263 I 5); hier erwies sich die an der bewährten Übung festhaltende Praxis als stärker als der Gesetzgeber. In anderen Fällen, wie beim precarium (u. § 26652 ) und bei der privatprozessualen actio furti (u. § 272 II), muß sich wohl auch der Kaiser dessen bewußt gewesen sein, daß die wiederbelebte klassische Regelung nur für den Unterricht, aber nicht für die Praxis sinnvoll war. Zuweilen auch verdeckt er die Gegensätze mit äußerlichen Kompromissen (wie bei usucapio und longi temporis praescriptio) oder läßt die Disharmonie unaufgelöst bestehen (wie beim Eigentum des Mannes an der dos). Alle diese Spannungen bringen es mit sich, daß das Corpus iuris als Ganzes so, wie es verkündet worden ist, zu keiner Zeit wirklich gegolten hat. 20 Das wird in den ägyptischen Papyri von der Praxis her bestätigt. 21 J ustinians Gesetzgebung hat den im Corpus iuris zusammengetragenen Rechtsstoff noch nicht zu einem inneren System verarbeitet. Dieser Umstand trennt das justinianische Recht vornehmlich vom römisch-gemeinen Recht des 19. Jh., mit dem es ja die Quellen gemeinsam hat. 11 Erst die theoretisch geschulte Denkkraft der neuzeitlichen Pandektenwissenschaft hat mit den Mitteln der juristischen Methode, deren Grundlagen von der oströmischen Schule, von der mittelalterlichen Glosse und von den Naturrechtslehrern des 17. und 18. Jh. entwickelt worden sind, aus dem heterogenen Stoff des römischen Rechtsbuchs ein geschlossenes System geformt. Die unvollkommene Arbeit der Kompilatoren ist dagegen von einem solchen Ziel noch weit entfernt, ja sie hat es nicht einmal bewußt angestrebt. Die Spannungen und offenen Widersprüche innerhalb des Corpus iuris müssen darum als geschichtliche Gegebenheiten hingenommen werden; sie aufzulösen, ist nicht Sache des Historikers. Auch wo das Werk Lücken zeigt, hat er nur zu fragen, wie die Zeitgenossen sie gefüllt haben mögen, nicht wie wir Heutigen sie füllen würden. Die Aufgaben der Geschichtsschreibung von denen der modernen Rechtsdogmatik getrennt zu halten, ist ein zwingendes Gebot der Methode.

§ 195. Die Überlief erung 1 Unsere Kenntnis des Rechts dieser Periode gründet sich für beide Reichshälften hauptsächlich auf zwei Massen: einmal die Juristenschriften und anderen Sammlungen, die das aus der Vergangenheit überkommene Recht wiedergeben und weiterbilden, und zum anderen die Kaisergesetze, mit denen das einzige im Absolutismus dazu berufene Organ neues Recht setzt. Von der Bedeutung dieser Quellen als Grundlagen der damals geltenden Rechtsordnung ist später zu handeln (u. § 196 II); wir betrachten hier nur im Überblick die Erkenntnisquellen, auf denen unser Wissen vom Recht dieser Periode beruht. Daneben soll auch auf die ergänzenden Mittel unserer Information, die nichtjuristischen Schriftsteller, die Formulariensammlungen und die Rechtsurkunden, hingewiesen werden. Levy, SZ 49 (1929) 2406 ; I 14. Dazu unten § 195 bei A. 75, 79. 11 Vgl. auch Biondi, Prospettive romanistiche (1933) 17 ff. 1 Auch für diesen Teil sei auf die künftige Darstellung der Quellengeschichte ver10

11

wiesen und einstweilen auf Schulz, Hist. und Wenger, Qu. (o. § 471 ), ferner auf Gaudemet, Form. und die überblicke bei Monier I 104 ff. und ArangioRuiz, Storia del dir. rom. 7 (1957) 305 ff. pass.

Dritter Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

I. 1. Unsere Quellen zum weströmischen Privatrecht 2 gliedern sich im wesentlichen in drei Blöcke, die sich an die Kaisergesetze, die Paulussentenzen und die Gaiusinstitutionen anschließen. Unsere umfangreichste und auch stofflich reichhaltigste Quellenmasse sind für diesen Bereich die Kaisergesetze 3 von Konstantin bis zum Untergang des weströmischen Reichs, soweit sie im Westreich in Geltung getreten sind.' Was von diesen Gesetzen auf uns gekommen ist, entnehmen wir hauptsächlich dem Codex Theodosianus, den sog. posttheodosianischen Novellen 5 und dem Codex Iustinianus; daneben einzelnen Stücken, die uns in den fragm. Vaticana, 1 in der Collatio,7 der Consultatio 8 und an anderen Orten 9 überliefert sind. Auf die mannigfachen Wege, auf denen uns die Stücke aus dem Cod. Theod. und den Novellen erhalten geblieben sind, soll hier nicht eingegangen werden. 10 Hingewiesen sei nur darauf, daß auch bei diesen Quellen mit der Möglichkeit späterer Überarbeitungen zu rechnen ist, 11 und zwar vor, bei und nach der Aufnahme der Gesetze in den Cod. Theod., vereinzelt auch bei der Einfügung eines Auszugs aus diesem Codex in das westgotische Gesetzbuch. Beim Cod. Iust. kommen außerdem die Interpolationen Justinians hinzu. Den Stücken aus dem Cod. Theod. und den posttheod. Novellen, die in das Westgotengesetz übernommen wurden, ist häufig eine Interpretatio aus Paraphrasen, die nicht selten klarer gefaßt sind als die Gesetze selbst, sowie aus Kommentaren und Erläuterungen beigegeben.11Diese Int. wurde offenbar in mehreren Schichten um die Mitte des Übersicht bei Kaser, SZ 69 (1952) 62 ff. Für die spätere westliche Entwicklung grundlegend Co n rat, Gesch. d. Quellen u. Lit. des röm. R. im früheren MittelStoria alter (1891); vgl. ferner Paradisi, del diritto italiano: Le Conti (1951); Ast u ti, Lezioni di storia del diritto italiano: Le fonti {1953) und jetzt insbes. Calasso, Medioevo deldiritto I (1957). Vgl. auch Halban, Das röm. Recht in den german. Volksstaaten 1-111 (1891-1907). • Statt aller Wenger, Qu. 424 ff.; 432 ff. pass. 'Dazu u. § 196 II 2. Zu den Datierungen vgl. grundlegend Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste (1919); soweit im folgenden die Jahreszahlen von den (nach den Editionen) überlieferten abweichen, sind sie diesem Werk entnommen. 5 Von ihnen sind die Gesetze des Valentinian III., des Majorian, des Severus III. und des Anthemius im Westen erlassen, die des Theodosius II. und des Marcian im Osten. Die westlichen sind in den Osten niemals übernommen worden; zur Übernahme der östlichen in den Westen vgl. u. § 196 II 2. • Die Gesetze vat. 32-37; 248 f.; 273 r.; 287; 290 f. sind später hinzugefügt, Lit.: Schulz, Hist. 311, weitere bei Kaser (o. 1

A. 2) 71 11• 7

Das Gesetz von 390 in coll. 5, 3 ist

späterer Zusatz, Lit. bei Schulz 313 1 ; Wenger 546; Kaser 7111 • 8 Auch hier sind die späten Gesetze in cons. 9, 1-7 (angeblich •ex corpore Hermogeniani>)sowie in 3, 12 f.; 7, 1-3; 8 §§ 2, 5, 7; 9, 12 f. ('ex corp. Theod.') später beigefügt; Wenger 535 41 • • Übersicht bei P. Krüger, Gesch. d. Quellen• (1912) 333 ff.; Gaudemet 66 ff. 1 0 S. die Lit. o. A. 1, insbes. Wenger 536 ff.; 541 f. und Gaudemet 44 U.; 6311. 11 Ein Verzeichnis der bisher im CT und in den posttheod. Nov. vermuteten Glosseme und Interpolationen gibt De Dominicis, Bull. 57/58 (1953) 383 ff. Vgl. etwa Gradenwitz, SZ 34 {1913) 274 ff.; 38 (1917) 35 ff.; Bull. 37 (1929) 231 rr.;SD 2 (1936) 1 ff.; Solazzi, SD 9 (1943) 193 ff.; 10 (1944) 208 ff.; 13/14 {1947/48) 199 rr.; Archi, SD 2 (1936) 44 ff. S. auch Wen62 r. Zum Zitierger 536' 0 ; Gaudemet gesetz CT 1, 4, 3 (426) s. o. § 194 1 • Einschränkend gegenüber Neuerungen der Westgoten Levy, SZ 75 (1958) 452 r. (gegen De Dominicis). 11 Dazu vor allem Wieacker, Symb. Lenel 259 ff. Weitere Lit. zu den Problemen der IT und IP ebd. 261 1 ; s. insbes. Fitting, ZRG 11 (1873) 222 ff.; Checchini, Scr. Monticolo (1913) 71 ff.; jetzt Gaudemet 95 ff.; Levy 451 rr.

§ 195. Die Überlieferung

25

5. Jh. geschaffen, vermutlich in den Rechtsschulen, aber doch mit dem Blick auf die Bedürfnisse der Praxis. Die vulgarrechtlichen Denkformen treten dort noch deutlicher zutage als in den erläuterten Gesetzen. 18 sind, wie erwähnt (o. § 193 II), in ihrem Kern Die Paulussentenzen ein wahrscheinlich gegen 300 geschaffenes1&kurzgefaßtes Destillat aus den Schriften des Paulus und vielleicht noch anderer später Klassiker, 15 das auf die breite Kasuistik und die Kontroversenberichte der klassischen Originalschriften verzichtet. Dieser 'frühnachklassische> Kern gibt der Sache nach im wesentlichen noch die klassischen Rechtsgrundsätze wieder. Das Werk wurde aber später in mehreren Schichten einer Überarbeitung unterzogen, 18 die die fortschreitende Vulgarisierung erkennen läßt; allerdings heben sich diese Schichten von jenem Kern äußerlich nicht ab und können nur durch Vergleich mit den Kaisergesetzen und anderen zeitgenössischen Quellen ermittelt werden. Auch den Pauli sent. ist im Westgotengesetz eine Interpretatio beigefügt,17 die nach Herkunft und Charakter der Int. zum Cod. Theod. gleicht und wie diese die Vulgarisierung auf einer weiter fortgeschrittenen Stufe zeigt als die erläuterte Quelle. Die Bearbeitungen der Institutionen des Gaius gewähren uns, weil sie dem Originalwerk in breiter Front gegenübergestellt werden können, in die Veränderungen seit der klassischen Zeit einen besonders deutlichen Einblick. Von ihnen sind die Gaiusparaphrase von Autun 18 und die unter dem Namen 'tituli ex corpore Ulpiani> überlieferte Schrift, die aber gleichfalls in der Hauptsache auf dem Gaiuswerk aufbaut, 19 offenbar bloße Schulwerke, die auch den überholten Stoff mitschleppen und die späteren Wandlungen im allgemeinen nicht berücksichtigen. Anders dagegen die Epitome Gai, 80 die im Westgotengesetz überliefert ist. Sie ist zwar gleichfalls auf der Basis der Gai inst. (oder einer frühnachklassischen Paraphrase) entstanden, steht aber den Interpretationen zum Cod. Theod. und zu Pauli sent. nahe. 81 11

Zu ihnen grundlegend die Arbeiten Levys, vgl. insbes. Bull. 55/56 Suppl. (o. § 1931 ) 226 ff. und Pauli sententiae, A Palingenesia of the Opening Titles (1945), ferner SZ 50 (1930) 272 ff. Aus der älteren Lit. vgl. Conrat, Der westgothische Paulus {1907). Lit.-übersicht auch bei Schulz 176 ff.; Wenger 518807 ; Gaudemet 88 f., s. ferner die Hinweise bei Kaser, SZ 69 (1952) 69 ff. 1& Dazu o. § 1931 • 11 So besonders Lauria, AMac. 6 (1930) 33 ff., skeptisch Levy, Bull. 55/56 Suppl. 2301 m. weit. Lit. 11 Levy 238 f. unterscheidet für den Westen die Schichten B (300--450) und C (verwandt der IP, 400--450). Einflüsse nachklassischer Kaisergesetze (bis 445) auf die PS beobachtet De Dominicis, Riflessi di costituzioni imperiali del Basso Impero nelle opere della giurispr. postclass. (1955, dazu Gaudemet, Iura 8 [1957] 439 ff.); Einflüsse der nachklassischen Praxis: De

Dominicis, St. Arangio-Ruiz IV 507 ff. 17 Neuausgabe: Kaser-Schwarz, Die lnterpretatio zu den Paulussentenzen (1956). Zur Lit. vgl. Wenger 557 und Gaudemet 95 ff. 18 Wie GE aus dem 5. Jh., aber stofflich ärmer und darstellerisch schlechter; Lit.: Schulz 301 f.; Wanger 509111 • Keine östlichen Einflüsse: Gaudemet 77 f. (gegen Bonfante, Scr. I 315 f. u. insbes. Albertario VI 398 ff.), s. auch u. § 2811 • •• Dazu o. § 19310 • H Eine sorgfältige und ergiebige Analyse des gesamten Werkes bietet Archi, L'Epitome Gai (1937), dazu Kühler, SZ 58 (1938) 375 ff.; Vorläufer: Hitzig, SZ 14 (1893) 187 ff.; Conrat, Die Entstehung deswestgothischen Gaius (1905). Weit. Lit. bei Schulz 302 rr. (Albertario auch in V 269 ff.). 11 Archi 34 ff.; 56 rr., insb. 62; 67. Zur Auffassung als •Jnterpretatio ohne Grundtext• s. die bei Wenger 557 Zitierten.

Dritter

26

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Sie stammt wie diese Int. vermutlich aus der Mitte des 5. Jh. 22 und paßt den Inhalt den Bedürfnissen der zeitgenössischen Praxis an. Für die sachlichen Veränderungen gegenüber dem klassischen Recht ist die Feststellung, welche Stücke des Originals sie stillschweigend übergeht, oft nicht weniger aufschlußreich als das, was sie an die Stelle des echten Gaius setzt. Von den weiteren sicher oder vermutlich westlichen Überlieferungen gehören die in die fragm. Vaticana, die Collatio und die Consultatio 13 aufgenommenen Texte aus Juristenfragmenten und Kaiserkonstitutionen (der vorkonstantinischen Zeit), soweit sie überarbeitet sind, schon der •frühnachklassischen• Periode (o. § 193 II) an. Die Scholien zu den fragm. Vat. sind eine nur teilweise ergiebige Schulbearbeitung. 14 Dagegen wird die Interpretatio zu den Codd. Gregorianus und Hermogenianus, die sich wieder bei den in das Westgotengesetz übernommenen Stücken rindet, 21 nicht anders zu beurteilen sein als die zum Cod. Theod.

2. Nach der Eroberung weströmischer Gebiete durch germanische Völkerschaften blieb nach dem Personalitätsprinzip 28 das römische Recht für die Untertanen römischer Nationalität in Geltung. Die germanischen Könige haben das in ihren Reichen bestehende Recht verschiedentlich zusammengefaßt und ihre Sammlungen mit verbindlicher Kraft ausgestattet. Im Westgotenreich 27 hat das Gesetz des Königs Eurich (der sog. Codex Euricianus) 28 aus der Zeit um 475, wie erst die jüngste Forschung erkannt hat, wesentliche Gedanken aus dem weströmischen Vulgarrecht übernommen. 29 Ihm folgte 506 das Gesetz Alarichs II., das herkömmlich Lex Romana Visigothorum oder Breviarium Alaricianum genannt wird. 30 Dieses Werk schließt sich in der wortgetreuen Aufnahme der benutzten Quellen und in den sorgfältigen Zitierungen dem Vorbild der nachklassischen Florilegien an; es enthält große Stücke aus dem Cod. Theod. und den posttheod. Novellen, die Gaiusepitome, Stücke aus den 11 Archi 73 ff.; 75: 2. Hälfte des 5. Jh.; zwischen 384 und 428: die bei Wenger 510 311 Zitierten. 11 Zu diesen Quellen s. die Lit. o. A. 1. Zum westlichen Ursprung von vat. und coll. s. Levy, SZ 49 (1929) 234 rr., zur consult. Schulz 323; Gaudemet 78. 14 Co s e n t in i, Miscellanea romanistica (1956) 25 ff. = St. De Francisci III 493 ff.; doch vgl. jetzt auch Levy, SZ 76

(1959) 16 88 •

Letzte Ausg.: FIRA II 656 ff. Dazu o. § 6 I 1, u. § 196 V. 17 Wichtige neuere Forschungen bei Mer ea, Estudos de direito Visig6tico (1948). - Umstritten ist die Zuweisung der Fragmenta Gaudenziana, hgg. von Zeumer, MGH Leges I 1 {1902) 469 ff. Zu ihnen Merea 121 rr. und u. A. 38, vgl. auch d'Ors, Cuadernos del Inst. Jur. Esp. 5 (1956) 11060 ; 123 m. weit. Lit. 18 Cap. 274-336 sind, teilweise lückenhaft, auf einem Pariser Palimpsest erhalten. Ausgaben: Zeumer, MGH Leges I 1 (1902), ebenda auch die aus der Lex Baiuvariorum restituierten Stücke; Wohlha upter, Gesetze der Westgoten (1936) 16 19

1 ff. Zur Erschließung weiteren Inhalts des CE aus der LV s. insbes. Z e um er, Gesch. der westgot. Gesetzgebung, in: Neues Archiv d. Ges. r. ält. dt. Geschichtskunde 23 (1898) n rr.; 419 ff.; 24 {1899) 39 rr.; 571 ff.; 26 (1901) 91 ff. Weit. Lit. bei v. Schwerin-Thieme, Grdz. d. dt. Rechtsgesch.' (1950) 65. Zur Vorgeschichte s. Fr. Beyerle, SZ germ. Abt. 67 {1950) t rr., dazu d'Ors (o. A. 27) 110 rr. n Vgl. insbes. Levy, ACI Roma II 49 f.; Amer. Hist. Rev. 48 (1942) 20 ff.; d 'Ors (o. A. 27) 113 ff. mit Lit., s. vor allem v. Schwerin, AHDE 1 (1924) 27ff. D'Ors 105 ff. bestreitet darin jeden Einfluß eines gotischen Gewohnheitsrechts; doch vgl. dagegen Levy, SZ 75 (1958) 451. -Zur Datierung zuletzt Garcfa Garrido, AHDE 26 (1956) 701 ff. 80 Zu den (hiervon abweichenden) Bezeichnungen in den Handschriften s. Wenger 555n 1 • Zum Werk ebd. 555 rr. m. Lit., insbes. Conrat, Brev. Alar. (1903); v. Wretschko in Mommsen, Theodosianus I 1 {1905, Neudr. 1954) CCCVII ff.

§ 195. Die Überlieferung

27

Paulussentenzen und aus den Codd. Greg. und Herrn., sowie ein einzelnes Fragment aus dem 1. Buch von Papinians Responsen. 31 An der herrschenden Meinung, daß der Cod. Eur. für die Westgoten und das Brev. Alar. für die Römer bestimmt waren, dürfte festzuhalten sein gegenüber dem Versuch, beiden Gesetzen (die nebeneinander in Geltung blieben) die Verbindlichkeit für alle Untertanen des Westgotenreichs zuzuschreiben. 32 Den Cod. Eur. hat Leovigild (568-586) durch eine verbesserte und ergänzte Neufassung ersetzt. Dieser sog. Codex revisus ist uns als solcher nicht erhalten, doch wurden Stücke daraus, die als 'Antiqua> gekennzeichnet sind, in die 654 von Rekkesvind verkündete 'Lex Visigothorum (Reccesvindiana)>, den 'Liber iudiciorum>, übernommen. 88 Alle diese Gesetze spiegeln nach wie vor in weitem Umfang das römische Vulgarrecht wider und geben es der Nachwelt weiter. Eine Epitome des Brev. Alar. mit stärkerem germanischem Einschlag ist die im 8. Jh. in Churrätien entstandene Lex Romana Curiensis." Der Cod. Eur. hat auch auf 11 Vorläufer der Lex Baiuvariorum und schwächer auf den Pactus Alamannorum eingewirkt.•

Ein einheitliches Werk, das sich auf die Codd. Greg., Herrn. und Theod., auf Pauli sent. und vielleicht noch auf weitere Quellen stützt, ist uns als 'Edictum Theodorici> überliefert. 37 Man hat es bisher als Ausdruck der Vereinheitlichungspolitik Theoderichs d. Gr. (489-526) genommen, der Römer und Ostgoten demselben Recht unterstellen wollte, doch ist diese Zuweisung neuerdings fraglich geworden. 38 Im Burgunderreich ließ Gundobad (474-516) eine Gesetzsammlung herstellen, die (um Nachträge vermehrt) als 'Lex Burgundionum> (Lex 39 Gundobada) bezeichnet wird. Sie war in erster Linie für die Burgunder 11 Dazu Schulz, Hist. 237; s. Lenel, Paling. Pap. nr. 401. 12 Solches versuchen Garcfa Gallo, AHDE 13 {1936-41) 168 ff. und jetzt ausführlich d'Ors (o.A.27) 91ff. m. weit. Lit.; doch vgl. die Bedenken bei Alfred Schultze, Über westgot.-span. Eherecht (SBer. Sächs. Ak. 1943) 105 ff. undMerea (o.A. 27) 199ff.; 209ff. Die Regelungen der beiden Gesetzbücher stimmen keineswegs immer überein, vgl. z. B. u. § 21831 (CE 307, 319 gegenüber CT 3, 13, 3 [422] mit IT und PS 2, 23, 2/5 mit IP 2, 24, 2/5); § 2459 (CE 289 gegen PS 2, 17 1-3 mit IP); § 256' 1 (CE 285 gegen CT 2, 33, 2 [386] mit IT); briefl. Hinw. von E. Levy. aa Ervig hat 681 den Text neuerdings revidiert und um Novellen vermehrt (Lex Visig. renovata); darauf (und auf weiteren Zusätzen) beruht dann die 'Lex Visigoth. vulgata•. - Zu allen westgot. Gesetzen s. die Ausgaben o. A. 28, insbes. die von Zeumer. "MGH Leges V 289 ff., ed. Zeumer (1875-89). Lit.: v. Schwerin-Thieme (o. A. 28) 65 f., s. auch Berger, RE 12,

2406 f. (Lex Romana Raetica Curiensis); neuestens Meyer-Marthaler, Lex Rom. Curiensis, Rechtsquellen des Kantons Graubünden (im Erscheinen). 15 MGH Leges V 2, ed. E. v. Schwind {1926); s. auch Eckhardt, Germanenrechte II 2 {1934) 74 ff. • Zum Einfluß des CE auf die alemannischen und bajuvarischcn Gesetze s. von Schwerin-Thieme 55; Ausgaben u. Lit. 1 ff. 61 f.; vgl. auch Eckhardt 17 Lit. bei Wenger 560 f. 18 Rasi, AG 145 (1953) 105 ff.; St. De Francisci IV 347 ff. schreibt es dem Odoaker (479-493) oder dem Westgotenkönig Theoderich II. (453-467) zu, Vismara, Cuadernos de Inst. Jur. Esp. 5 (1956) 49 rr. (s. auch Settimane di studio del Centro ital. di studi sull' alto medievo 3 [1956] 409 ff.) dem Letztgenannten; zweifelnd jedoch d'Ors (o. A. 27) 111'° und besonders Merea, Ed. Theod. e Fragm. Gaudenz. (Bol. Fac. Dir. Coimbra 32 [1957] 305 rr.). 18 Hierzu und zum folgenden Wenger 558 ff. m. Lit., vgl. auch v. SchwerinThieme 66.

Dritter

28

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

bestimmt, wurde aber auch auf die Römer angewandt und zeigt beträchtliche Einflüsse des römischen Vulgarrechts. Gemäß einer ausdrücklichen Verheißung Gundobads 40 wurde für die Römer, wohl Ende des 5. Jh., noch eine besondere Sammlung geschaffen, die als 'Lex Romana Burgundionum> überliefert ist. Sie benützt die Codd. Greg., Herrn. und Theod., die posttheodos. Novellen, die Gaiusepitome und die Paulussentenzen, bietet aber nicht den Wortlaut dieser Vorlagen, sondern einen eigenen Text, auch keine Quellenangabe in Inskriptionen. 41 Schwächere Einriüsse des römischen Rechts zeigen von den sog. •leges barbarorum• 0 die Gesetze, Kapitularien und Privaturkunden des Frankenreichs,n ferner das langobardische Recht, der 'Edictus Rothari> von 643."

3. Eine wichtige Ergänzung bilden die Formelsammlungen,' römisches Vulgarrecht gleichfalls noch lange erhalten bleibt.

5

in denen

Aus dem 1. Drittel des 7. Jh. stammen die Formulae Visigothicae. WesUränkischer Herkunft sind aus dem späten 6. oder frühen 7. Jh. die Formulae Andecavenses (Angers)," aus dem 8. Jh. die Form. Bituricenses (Bourges), Turonenses (Tours), Senonenses (Sens); salfränkisch die Form. Marculfi, Salicae Bignonianae, Lindenbrogianae (2. Hälfte des 7. Jh.).

4. Die nichtjuristischen Schriftsteller' 7 sind für die Erkenntnis des weströmischen Privatrechts bisher nur wenig erschlossen. Abgesehen von den Kirchenväterncs und den Papstbriefen,' 1 kommen für das 4. Jh. besonders Symmachus, 60 für das. 5. und 6. Jh. Cassiodor, Isidor von Sevilla und Boethius in Betracht. 5. Aus dem Urkundenmaterial 61 ragen hervor, abgesehen von zwei PaInschriften aus Präneste (Ende des 4. Jh.), 62 die ravennatischen 63 pyri (Mitte des 5. bis Anfang des 7. Jh.) über Kaufverträge (auch Tausch u LB 1, 7. n Vgl. neuestens Roels,

Bronnen van Romeins Recht in de Lex Rom. Burg. {1958). Nach dem Untergang des Burgunderreichs wurde die praktische Geltung dieser Sammlung allmählich vom Brev. Alar. zurückgedrängt. .. Vgl. Conrat, SZ 34 {1913) 14 ff. S. auch schon o. A. 36. aa Vgl. die reichhaltige Übersicht bei Gaudemet, TS 23 {1955) 149 rr. m. Lit., daraus Flach, Mel. Fitting I 383 rr.; Stouff, ebd. II 165 ff. Über die Ausgaben und die Lit. vgl. ferner v. SchwerinThi em e 61 f. "Bluhme, Edictus ceteraeque Langobardorum leges (1869), s. MGH Leges IV (1868); Fr. Beyerle, Die Gesetze der Langobarden (1947), hier auch die Novellen Liutprands (8. Jh.). Über die Beziehungen zum röm. R. vgl. Oiardina, St. Besta III 71 ff. ' 6 MGH Leges V, Formulae Merovingici et Karolini aevi, ed. Zeumer (1886); weit. Ausgaben und Lit. bei v. SchwerinThieme 57 f.; 62.

"Zu diesen Felgentraeger, Fschr. Koschaker III 366 ff. ' 7 Vgl. für West und Ost zu den Historikern Wenger, Qu. 199 ff., zu den Grammatikern 212 f., zu den Verwaltungsschriftstellern (Symmachus, Cassiodor) 220 ff., zu den Dichtern 233 f. Zur Rhetorik o. § 1921' . '8 Vgl. ob. § 192 31 ; zur frühchristl. Lit. auch Wenger, Qu. 285 ff., ferner Steinwenter (u. A. 50) 3; 630 • "Zu denen Gregors d. Gr. vgl. Conrat,

sz 34

(1913) 33

rr.

S. jetzt Steinwenter, SZ 74 (1957) 1 ff. m. Lit. 61 Zu den fränkischen Urkunden s. o. bei A. 43. Vgl. insbes. Pardessus, Diplomata, chartae et instrumenta aetatis Merovingicae I, 11 (1842/49). 62 FIRA III nr. 43 (Schenkung) und 54 (Testament), beide Ende des 4. Jh. 63 Vgl. Tjäder, Die nichtliterarischen latein. Papyri Italiens aus der Zeit 445700, bisher erschienen I {1955), dazu Levy, SZ 74 (1957) 477 ff. Einzelne ravenn. Urkunden in FIRA III nr. 58, 60

§ 195. Die Überlieferung

29

und Emphyteuse), Schenkungen, Testamente, Quittungen, eine Freilassung, eine Vormundsbestellung; ferner die Holztäfelchen aus dem Vandalenreich (Ende des 5. Jh.) mit Kaufverträgen und einer Dosbestellung. 64 II. 1. Auch für die oströmische Entwicklung sind unsere Hauptquelle die Kaisergesetze, soweit sie in der Osthälfte des Reichs verkündet oder nachträglich in Geltung gesetzt worden sind. 66 Sie sind uns wieder vornehmlich68 im Cod. Theod., in den posttheod. Novellen und im Cod. Iust. erhalten (o. I 1). Dabei gestattet eine Gegenüberstellung der Wortlaute solcher Gesetze, die sowohl in einer vorjustinianischen Sammlung wie im Cod. I ust. enthalten sind, eine sichere Erkenntnis der justinianischen Interpolationen und damit der Neuerungen dieses Kaisers. Schlechter unterrichtet sind wir für die Zeit vor J ustinian über das 57 Feststeht, daß die oströmiöstliche Schicksal der Juristenschriften. schen Schulen den gesamten damals noch erreichbaren Bestand an Klassikerschriften und Kaiserkonstitutionen aus dieser Zeit (oder an frühnachklassischen Bearbeitungen dieses Materials) gesammelt haben. In die ehrfürchtig betrachteten Textfassungen dieser Schriften ändernd eingegriffen haben die östlichen Schulen vermutlich viel seltener als die vorangegangene Zeit. 58 Die eigenen literarischen Schöpfungen der Schulen, die sich, anders als die westlichen, um eine Bewahrung des klassischen Erbes und um seine wissenschaftliche Ausdeutung bemühen, 58 sind uns leider nur in wenigen Bruchstücken überliefert. Unser wichtigstes Zeugnis sind trotz ihres geringen Umfangs die scholia Sinaitica; 80 die übrigen Stücke geben wenig Aufschlüsse.81 Mittelbare Zeugnisse, die noch keineswegs ausgeschöpft sind, enthalten die griechischen Kommentare zum Juristen- wie zum Kaiser82 überliefert sind. Soweit diese recht, die uns in den Basilikenscholien 99, HO. - Ausführliche Verzeichnisse über den gesamten Bestand an lat. Rechtsurkunden aus dieser Zeit bei Tjäder 33 ff. Weitere Ausgaben: Marini, I papiri diplomatici (1805); s. auch Spangenberg, Iuris Romani tabulae negotiorum sollemnium (1822). w Tablettes Albertini, edd. Courtois, Lesehi, Perrat, Saumagne (1952), dazu Levy, SZ 70 (1953) 499 ff.; Macqueron, TS 23 (1955) 333 ff.; weit. Lit. u. § 213 11 , § 264 18 • Ein Bsp. auch in FIRA III nr. 139 (daselbst weit. Lit.). 16 Dazu u. § 196 II 2. 11 Zu sonstiger Überlieferung (in Konzilsakten, Papyri usw.) s. Wenger, Qu. 542. 17 Bericht über den Forschungsstand bei K aser, SZ 69 (1952) 81 ff. m. Lit. 18 Kaser, ebd.; jede Veränderung seit 330 verneint Wieacker, SZ 67 (1950) 387 ff., doch vgl. auch Arangio-Ruiz, AG 153 (1957) 150 ff. 11 Vgl. dazu o. § 194'. '° Wenger 550 f.; Kaser 89 r., beide m. Lit. Aus ihnen erschließt Wieacker 394 hauptsächlich die Erstarrung der

Juristentexte. 11 Vgl. Collinet, itudes II: Histoire de l'ecole de Beyrouth {1925) 279 ff.; Wanger 626 ff.; Kaser 88"; Gaudemet 79 f.; 98 f.; zu den Papyri Seid!, Fschr. Rabe! II 254 ff. Einige dieser Texte bieten CPL nr. 70-101 und Sierl, Nachträge zu Lenels Paling. (Diss. Köln 1958). Hierher gehören etwa der sog. Dialogus Anatolii (Schulz 327 ff.); P. Heid. inv. nr. 1272 (= CPL nr. 87); PSI I 55 (ArangioR uiz, Scr. Ferrini Pav. 107 ff.; Seid! 255 f.; zuletzt Wodke, vgl. SZ 74 [1957] 523); die sog. Collectio definitionum (PSI XIII 1348, Erstedition von A. Segre, St. Bonfante III 421 ff.); PSI XIII 1349, 1350; P. Berol. inv. 16976/77 (Schubart, Fschr. Wenger II 184 ff.; Seid! 258 f. m. Lit.); P. Ryl. III 475 f. (Wanger 627 f.); der griechische Aktionenkatalog (u. § 199 19 ); auch die Scholien zum Gai. Flor. (Arangio-R uiz, PSI XI S. 47 ff.) gehören hierher, sowie der den Dig. beigegebene Index Florentinus (Wenger 588). u Neben die bisherige Bas.-ausgabe von Heimbach tritt jetzt die neue von Scheltema (ab 1953). Zu ihrer Be-

30

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Kommentare noch ins 6. Jh. zurückgehen, 83 berichten sie gelegentlich über Lehrmeinungen und Kontroversen aus der vorjustinianischen Schule.H Indem sie in ihren Erläuterungen bisweilen von Texten ausgehen, die von den Fassungen des Corpus iuris abweichen, ist anzunehmen, daß sie sich auf vorjustinianische Literatur stützen. 86 Insoweit sind diese Abweichungen auch für die Interpolationenkritik bedeutsam. 88 Auch die dem Theophilus zugeschriebene Institutionen paraphrase gewährt zuweilen Aufschlüsse über das vorjustinianische Recht. 87 Eine Quelle, die weder der Gesetzgebung noch dem offiziellen Rechtsunterricht nahesteht, 68 ist unter dem Namen 'Syrisch-römisches Rechtsbuch, 89 bekannt und in mehreren orientalischen Handschriften überliefert. 70 Das noch nicht abschließend gedeutete Werk scheint auf einen griechisch abgefaßten Kern aus der Zeit um 475 zurückzugehen. Es behandelt u. a. ausgewählte Stücke aus dem Privatrecht, vielleicht angelehnt an eine alte Darstellung des ius civile, 71 doch zitiert es auch nachklassische Kaisergesetze. Neben römischem Reichsrecht, das von dem nicht fachkundigen Verfasser in vulgarisierter Entstellung geboten wird, sind auch volksnutzung verweisen wir für die Editionsprobleme auf Berger, TS 22 (1954) 182 ff.; Wieacker, SZ 71 (1954) 474 ff.; Pringsheim, Zum Plan einer neuen Ausgabe der Basiliken {1956); Scheltema, TS 25 (1957) 284 ff. 63 Die auf die vorjustinianischen Rechtslehrer {Cyrillus, Domninus, Demosthenes, Eudoxius, Patricius, Amblichus) zurückverweisenden Stücke sind zusammengestellt bei Seckel-Kübler, Iurispr. anteiust. II 26 (1927) 515 ff. "Näheres dazu bei Wenger 723 ff. m. Lit. "Vgl. etwa Alibrandi, Opere I 49 ff.; Riccobono I 337 ff.; 351 ff.; 367 ff.; 393 ff. = St. Moriani I ( = StSen. 22, 1906) 383 ff.; St. Fadda I 289 ff. ( = AG 76 [1906] 457 ff.); Mel. Fitting II (1908) 463 ff.; Bull. 18 (1906) 197 ff.; Albertario V 425 ff.; Sontis, Die Digestensumme des Anonymos (1937) 13 ff., dazu Wieacker, SZ 58 {1938) 385 ff.; Arangio-Ruiz, Scr. Ferrini Pav. 98 ff.; Guarino ebd. 307 ff. - Zum Codex s. P. Krüger, SZ 36 (1915) 82 ff. 118Zur Frage 'direkter' Beweise vorjustinianischer Interpolationen auf Grund der schol. Sin. und der Bas.-Scholien vgl. Collinet, Byzantion 3 (1926) 1 ff.; La genese du Digeste etc. (1952) 121 ff. (zu sch. Sin. 18); 128 ff. (zu D. 4, 8, 13, 1 und C. 2, 55, 5 pr.); doch vgl. auch Bohätek, St. Riccobono I 337 ff.; zuletzt Kaser, sz 69, 88 ff. 17 Zu ihr Wenger 682ff.; Schulz 305; Arangio-Ruiz, Scr. Ferrini Pav. 83 ff.; Maschi, ebd. 319 ff.; ATri.16 (1947) 75 ff. Über ihr Verhältnis zu Gai inst. s. Ferrini I 15 ff.

Über die Schrift des Julian aus Askalon (Ferrini I 443 ff.) s. Wenger 553. "Ausgaben: Bruns-Sachau, Syr.röm. Rechtsbuch (1880); Sachau, Syrische Rechtsbücher I (1907, auf Grund von R 1-111, dazu folg. Anm.). Lat. Übersetzung in FIRA II 759 ff. Zum heutigen Forschungsstand Wenger 319 f.; 551 ff. m. reicher Lit.; Seidl, RE 4 A, 1779 ff. (Syr.-röm. Rechtsb.); Gaudemet 99 ff. Vgl. aus neuerer Zeit namentlich die Studien von N allino, gesammelt in Raccolta di scritti editi e inediti IV (1942), inbes. aus Riv. di studi orient. 9 (1923) 577 ff.; 10 (1923) 58 ff.; 78 ff.; RAL (ser. 6) 1 (1925) 101ff.; 709ff.; 744ff.; 2 (1926) 479ff.~ St. Bonfante I 201 ff.; St. Riccobono III 321 ff. Zu N allino s. Levy, SZ 51 (1931) 549 r. Vgl. ferner Carusi, ACI Roma II 557 ff. und neuestens Taubenschlag, JJP 6 (1952) 103 ff.; Volterra,. RAL 8 (1953) 21 ff. (Iura 5 [1954] 458). 70 Mehrere syrische (aramäische) Handschriften in London (L), Paris (P), drei erst zu Anfang dieses Jh. erschlossene in Rom (R 1-111, zu diesen Mitteis, Überdrei neue Handschriften des syr.-röm. Rechtsb. [Abb. Berl. 1905]; Partsch, SZ 28 [1907] 423 ff.; Sachau, s. vor. A.), ferner eine arabische Übersetzung (Ar.) und eine armenische (Arm.). Über spätere Quellen aus dem Rechtskreis der nestorianischen Kirche vgl. Syr. Rechtsbücher II (G. Reimer, 1908) und III (Sachau, 1914), dazu P artsch, SZ 30 (1909) 355 ff.; Taubenschlag, SZ 45 (1925) 493 ff. 71 Ohne sich aber auf dieses Gebiet zu. beschränken, vgl. z. B. u. § 28713 • 31 • 18

§ 195. Die Überlieferung

31

rechtliche Elemente auf genommen worden, 72 die aber vom oströmischen Vulgarrecht nicht immer deutlich zu scheiden sind. Das Werk dürfte eher für einen elementaren Rechtsunterricht als für eine primitive Praxis verfaßt worden sein. Es hat aber in der Praxis der Ostprovinzen noch jahrhundertelang nachgewirkt und beweist, wie wenig sich die justinianische Gesetzgebung mit ihren hohen geistigen Anforderungen außerhalb der großen Zentren durchzusetzen vermochte. 2. Bei der Gesetzgebung Justinians steht für uns das Problem im Vordergrund, welche Rechtsgedanken und Rechtseinrichtungen erst von diesem Kaiser eingeführt und in die Kompilation hineingetragen worden sind. Diese Neuschöpfungen sind am sichersten feststellbar in seinen eigenen Gesetzen und in den darauf verweisenden Stücken der Institutionen. Dagegen bleibt es eine offene Frage, in welchem Ausmaß Justinian auch außerhalb dieser Reformgesetze Neuerungen getroffen hat, die nur in den interpolierten Stücken der Digesten, Institutionen und des Codex enthalten sind. Wir können auf die weitläufigen Probleme der Interpolationenkritik am Corpus iuris hier nicht eingehen. Mit der sich heute wohl durchsetzenden Meinung nehmen wir aber an, daß die bewußten Neuerungen des Kaisers den Bereich der erwähnten Reformgesetze nicht wesentlich überschritten haben. 73 Wo er dagegen die Texte zwar gleichfalls sachlich umgestaltet hat, ohne jedoch in der gewohnten Weise seine Verdienste zu rühmen, da wird vielmehr anzunehmen sein, daß die sachlichen Veränderungen schon vor ihm eingetreten sind; sei es daß er sie bereits in älteren (wenn auch nachklassischen) Gesetzen antraf, sei es daß er seine neue Ansicht auf eine, wenngleich umstrittene, manchmal wohl auch von ihm selbst mißdeutete Äußerung in den überlieferten Juristenschriften stützen zu können glaubte. Vor allem wird er in solcher Weise auch viele Neuerungen übernommen · haben, die in den Lehren der oströmischen Schule durchgedrungen waren, und die er demgemäß als bloße Fortbildungen des klassischen Rechts deutete. 7' Daneben hat er ältere Texte häufig ohne viel Aufhebens der veränderten Staatsform oder Gerichtsverfassung oder dem Kognitionsprozeß angepaßt. Sieht man von diesen wirklichen Neuerungen und den Angleichungen an den bereits gewandelten Rechtszustand ab, so haben sich die Eingriffe der Kompilatoren im übrigen auf bloße Verkürzungen, Zusammenfassungen, auf Streichungen überholter Stücke und auf die Bereinigung vieler der überaus zahlreichen Klassikerkontroversen beschränkt. Daß sich gleichwohl mancherlei Unklarheiten, Widersprüche, Unstimmigkeiten und Verzerrungen in das unorganische Gebilde dieses eigenartigen Sammelwerks eingeschlichen haben, ist begreiflich und bei der Textkritik ständig zu berücksichtigen. 71

Zu den griechischen und orientalischen Gedanken besonders Mitteis, s. RR 30 rr. und o. A. 70. Nallino lehnt volksrechtlichen Einfluß ab; das ist nicht haltbar. 71 Auch danach bleibt es immer noch wahr, wenn Justinian c. Tanta 10 sich

rühmt, daß es multa et maxima sunt, quae propter utilitatem rerum transformata sunt. 7' Vgl. einige Beispiele o. § 19"7. S. auch C. 8, 54, 2 gegenüber Diocl. vat. 283 (Eigentum auf Zeit, o. § 9811 , u. § 20310 , § 241 III).

32

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Die andere Frage, vor die uns das justinianische Gesetzgebungswerk stellt, ist die, wieviel von seinem Inhalt lebendiges Recht seiner Zeit geworden, wieviel dagegen toter Buchstabe geblieben ist, den man nur dem Klassizismus des Kaisers zuliebe aufbewahrt und bestenfalls in der Schule nutzbar gemacht hat. Daß das Corpus iuris nicht in allen Teilen des Ostreichs wirklich in volle Geltung gesetzt worden ist, läßt schon die erwähnte Weiterbenutzung des Syrisch-römischen Rechtsbuches erkennen. Auch der Anschauungsstoff aus der Praxis, den uns die ägyptischen Papyri bieten, zeigt die Spuren der justinianischen Gesetzgebung verhältnismäßig selten, wohl aber wiederholt das Fortleben der alten Volksrechte. 75 3. Aus der nichtj uristischen Literatur 78 seien auch hier vornehmlich die Kirchenväter und die weiteren kirchlichen Quellen angeführt, 77 daneben die rhetorischen Schriftsteller, unter ihnen besonders Libanius. 78 4. An Urkunden aus dem Rechtsleben des Ostens besitzen wir auch für diese Periode ein besonders reichhaltiges und aufschlußreiches Material in den ägyptischen Papyri. Wie erwähnt, lassen sie aber deutlich erkennen, daß die hellenistischen Volksrechte, die sich allmählich zu einer einheitlichen Rechtsordnung gefestigt haben, ihre Geltung bis in die Spätzeit gegenüber dem römischen Reichsrecht zu behaupten vermochten. 79 Eine erschöpf ende Betrachtung dieser lokalen Abweichungen ist hier nicht möglich; sie ist um so eher entbehrlich, als das Recht der gräko-ägyptischen Papyri in einem weiteren Band dieses Handbuchs dargestellt werden soll. Wir werden daher die Papyri neben anderen Quellen nur insoweit heranzuziehen haben, als mit ihrer Hilfe die hellenistische Herkunft einzelner in das Reichsrecht eingedrungener Rechtsgedanken dargetan werden kann; daneben hier und da auch, um zu zeigen, daß das Reichsrecht nicht in allen seinen Teilen gegenüber den lokalen Ordnungen des Ostens durchgedrungen ist.

II. RECHT, RECHTSORDNUNG UND RECHTSBEFUGNIS § 196. Die Rechtsordnung

I. Die Rechtsordnung der nachklassischen Zeit strebt der Vereinhei tlich ung zu. Die Schichten, aus denen sich das klassische Recht zusammengesetzt hat, werden mit dem fortschreitenden Abbau ihrer Voraussetzungen gegenstandslos; eine Entwicklung, die sich schon im Lauf der klassischen Periode vorbereitet hat. 1 So verliert der Gegensatz zwischen ius civile n Steinwenter, Aeg. 32 {1952) 131 ff.; Gerstinger, Anz. Ak. Wien 1955, 115 Cf.; s. auch die Übersicht bei Taubenschlag, St. Bonfante I 434 ff. (jetzt auch in Op. I 280ff.); Byzantion 15 {1941) 280ff.; Aeg.1 Law 51 ff.; ferner Arangio-Ruiz, (1920) 21 ff.; Seidl, Fschr. Rabel II 260f. 79 S. die Hinweise o. A. 47 (Wanger). n Ob. § 192 26 ' 11 •

78 Zu ihm Beseler, Byz.-neugriech. Jahrb. 14 (1937/38) 1 ff. 79 Lit. o. A. 75. 1 S. besonders Riccobono, o. § 5t1 1 , § 192 20 ; vgl. insbes. APal. 3/4 {1917) SZ 44 588 ff.; einschränkend Partsch, (1924) 559 rr. Übersicht bei De Francisci, Storia del dir. rom. III 1 (Neudr. 1943 ex 1935) 175 ff.

§ 196. Die Rechtsordnung

33

und ius gentium seine praktische Bedeutung, seitdem die const. Antoniniana alle freien Reichsuntertanen zu römischen Bürgern gemacht und damit auch dem ius civile unterworfen hat. 2 Im westlichen Vulgarrecht ist das ius gentium verschwunden. 3 Aber auch der Gegensatz zwischen ius civile und ius honorarium (ius praetorium) wird hinfällig mit dem Verschwinden der prätorischen Gerichtsbarkeit• und mit der Verdrängung des Formularprozesses durch das Kognitionsverfahren. Immerhin finden sich noch Spuren des Gegensatzes 6 im Erbrecht, solange der Unterschied zwischen hereditas und bonorum possessio nicht völlig ausgeglichen ist; besonders auch - in mißverstandener Weise - zur Bezeichnung unterschiedlicher Testamentsformen. 6 'Civilis' wird jetzt immer stärker als Gegensatz zu 'criminalis' gebraucht. 7 Die innere Einheit, der das spätrömische Recht hiernach zuneigt, wird auch durch das Nebeneinander zweier großer Massen von Rechtsquellen, nämlich der Juristenschriften und der Kaisergesetze, nicht in Frage gestellt. Wohl aber geht die äußere Einheit mit den unterschiedlichen Entwicklungen in den beiden Reichshälften mehr und mehr verloren. II. Die Rechtsquellen, aus denen das von Staats wegen als verbindlich anerkannte Recht fließt, gliedern sich, wie erwähnt, in die beiden Massen des aus der Vergangenheit überkommenen Rechtsstoffs und der neuen Rechtsschöpfungen der Kaiser. Herkömmlich stellt man diese Massen als 'ius' und 'leges' einander gegenüber. 8 1. Der überkommene Rechtsstoff ist enthalten in den Juristenschriften und Kaiserkonstitutionen der Prinzipatszeit. In der Geltungskraft dieses Rechtsstoffs tritt aber nach dem Ende der Klassik ein bedeutsamer Wandel ein. Den unmittelbar verbindlichen Quellen des klassischen Rechts, also den leges, plebiscita, senatusconsulta, edicta magistratuum, constitutiones principum und responsa prudentium, war eine unterschiedliche und nach den Grundsätzen der Verfassung wohlabgestufte Geltungskraft zugekommen. Dieses Geltungsverhältnis hatte freilich schon viel von seiner alten Bedeutung verloren, seitdem im 1. Jh. die Volksgesetzgebung versiegt war 1 •Jus gentium• werden gewisse Grundtatsachen des Gemeinschaftslebens, die auch bei anderen Völkern als den Römern vorkommen, von der frühnachklassischen Schule genannt, vielleicht schon nach spätklassischen Mustern (o. § 50 IV); vgl. Herrn. D. 1, 1, 5 (wohl frühnachklass. Original; anders Lombardi, Sul concetto di i. g. [1947] 260 ff.), s. auch Ulp. rr. Vind. 1, 2 (FIRA II 305; Lombardi 380 f.); vgl. etwa Lombardi, SD 16 (1950) 266ff. 1 Archi 1077 , s. auch Conrat, Gaius 20 r. - Zu •civilis• in den nachklassischen Rechtsquellen s. Gaudemet, Fschr. Lewald (1953) 45 ff. • Inst. 2, 10, 3. Vgl. Archi 21 f. Zu den beschränkten jurisdiktionellen Aufgaben des Prätors in den Hauptstädten der

3 HdA X

a. 3. 2 (Kaser II)

Zeit des Absolutismus s. Wesenberg, RE 22, 1602 ff. (Prätor). 1 Ganz vereinzelt ist c. Sirmond. 1 (333) causae (Prozesse), quae 11elpraetorio iure 11elci11ili tractantur. Zur Überwindung in GE, PS und IP s. Conra t, Gaius 21 ff.; Paulus 72 ff. Zur fortbestehenden Kenntnis vom edictum perpetuum in der Kaisergesetzgebung s. De Francisci, RIDA 4 (1950) 338 ff. • Unten § 281 III, § 283 II 1. 7 Vgl. Archi, Scr. Ferrini Mil. I 1 ff.; Gaudemet (o. A. 3) 47 f. 8 Den technischen Gebrauch dieser Bezeichnungen bezweifelt Gau dem et, I ura 1 (1950) 223 ff.; Form. 7 f. Über •Iex• im Vulgarrecht s. Co n rat, Paulus 69 ff. -Allgemein zu den Rechtsquellen dieser Periode Lauria, Ius (1956) 108 ff.; 177 ff.

34

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

und im 2. Jh. die Jurisdiktionsedikte erstarrt, die Senatuskonsulte verkümmert waren. Mit dem Übergang zur absoluten Monarchie und mit der endgültigen Verdrängung des Formularprozesses, der noch streng an die Edikte und die daran geknüpfte Juristenauslegung gebunden war, durch die freiere Beamtenkognition wurde das Geltungsverhältnis der alten Rechtsquellen vollends bedeutungslos. 8 Die vulgarrechtliche Anschauung, der die alten Unterschiede nicht mehr verständlich waren, konnte sich darum unbedenklich über sie hinwegsetzen. Sie sieht jetzt die Juristenschriften und Kaiserkonstitutionen selbst als die verbindliche Rechtsquelle an, trotz ihrer äußeren Uferlosigkeit und trotz der unübersehbaren Fülle, Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit ihres Inhalts. 10 Ohne nach den alten Geltungsgrundlagen zu fragen, entnimmt sie diesem Material mit den Vereinfachungen, die dem Vulgarrecht eigentümlich sind, die Einrichtungen und Grundsätze, die ihr für die Praxis und Lehre ihrer Zeit noch brauchbar erscheinen. 11 Auch die höherstehende Wissenschaft des Ostens hat die abgestorbene Rechtsquellenlehre der Klassik nicht neu belebt. 2. Von der Kaisergesetzgebung der absoluten Monarchie ist, was ihre Erscheinungsformen und ihren Inhalt anlangt, der zuweilen von der Kasuistik, zumeist aber vom Bedürfnis nach allgemeiner Regelung bestimmt ist, hier nicht zu handeln. 11 Der mögliche Inhalt der Gesetze wird, der kaiserlichen Allmacht entsprechend, über die sinnvollen materiellen Begrenzungen, die noch die Klassik der Rechtsordnung gezogen hatte, hinaus auf alle denkbaren Gegenstände ausgedehnt. Für den Geltungsbereich der Gesetze18 ist zu beachten, 1' daß trotz der angeblichen beständigen Einhelligkeit zwischen den Herrschern der beiden Reichshälften die Gesetze offenbar schon seit 33815 und notwendig jedenfalls seit der endgültigen Reichsteilung von 395 jeweils nur für den eigenen Reichsteil erlassen wurden. Eine Rücksichtnahme auf die Gesetzgebung der anderen Reichshälfte oder • Justinian leitet auch die Geltung des Juristenrechts vom Willen des Kaisers her; u. A. 42. - Über die Zitierung der Juristenschriften in J ustinians Gesetzen vgl. Schulz, SZ 50 {1930) 212 f.; in Kaisergesetzen überhaupt Massei, Scr. Ferrini Pav. 401 ff. 10 Allerdings hat sich die im Westen benutzte Juristenliteratur alsbald auf den Kreis der fünf 'Zitierjuristen' (o. § 194 1), ·a sogar nur auf die unter deren Namen umaufende Gebrauchsliteratur beschränkt; Wieacker, SZ 67 {1950) 382 f. - Zu den sog. Zitiergesetzen CT 1, 4, 1-3 (321, 327, 426) s. statt aller Wenger 531 ff.; Massei (o. A. 9) 435 ff.; Gaudemet 72 ff. Zu c. t zuletzt De Dominicis, St. De Francisci IV 322 ff.; zu c. 3 o. § 194 1 • Zur geringen Resonanz der Zitiergesetze in der Praxis Steinwenter, SZ 74 (1957) 8. 11 Über die Zusammenfassung in •regulae', die auch in den ägypt. Papyri zitiert werden, s. Steinwenter 20 m. Lit., insbes.Seid l, Fschr. Rabe] II 235 ff.

l

11 S. die Quellengeschichte, etwa Wenger 424 ff.; 431 ff. und jetzt Gaudemet 9 ff. Zur Datierung (o. § 195') und ihrer Bedeutung Gaudemet 59 ff. 13 Zur Frage der Gebundenheit des Kaisers an seine eigenen Gesetze (D. 1, 3, 31, s.o.§ 75 16 ; zu Dio 53, 18 s. Mommsen, StR II 752 1 ) vgl. Messina-Vitrano, St. Brugi I {1910) 323 ff. (s. auch ebd. 330 zu Nov. 105, 2, 4 [536)); De Francisci, Bull. 34 (1925) 321 ff.; Biondi I

235 ff.

H Zum folgenden s. die Aufstellung bei De Dominicis, RIL 87 (1954) 329 ff., ferner Gaudemet, SD 21 {1955) 319 ff.; St. De Francisci II 317 ff.; Form. 17 ff.; Levy, SZ 75 {1958) 454 f.; 76 (1959) 2 ff. Aus der älteren Lit. s. Biondi, Bull. 44 {1936/37) 363 ff. (zu Zeno C. 8, 10, 12). 16 Die von De Dominicis für die Zeit zwischen 338 und 395 behaupteten Ausnahmen bestreitet Gaudemet, St. De Francisci II 339 ff.; Form. 20 ff.

§ 196. Die Rechtsordnung

35

gar eine Abstimmung der Gesetze auf einander bleibt zwar möglich, wird uns aber nur selten bezeugt. Nach der Neuordnung von 42918 hat man den Cod. Theod., der 438 zunächst im Osten verkündet worden war, auch im Westen in Kraft gesetzt. Mit dieser Sammlung sind demnach auch die nur für den einen Reichsteil ergangenen Gesetze, soweit sie aufgenommen wurden, auch im anderen verbindlich geworden. Nachher aber sind hauptsächlich nur noch die Novellen des Theodosius Il. 17 und des Marcian 18 in den Westen übernommen worden. 19 Dagegen haben die späteren westlichen Gesetze, besonders die Novellen Valentinians III. und seiner Nachfolger, im Osten niemals Geltung erlangt (o. § 1956). Gesetze wirken nicht zurück, CT 1, 1, 3 (393 Ost), doch gestattet es C.1, 14, 7 (440), die Rückwirkung ausdrücklich anzuordnen.1° Die c. Tanta 23 läßt die Geltung der Inst. und Dig. nur auf die noch anhängigen Streitsachen zurückwirken. - Einen Vorrang allgemeiner Gesetze vor dem •speciale beneficium• enthält CT 1, 1, 4 (393 Ost). Die Begriffe 'beneficium', 11 •privilegium•,•• •ius singulare, ius commune' 18 sind dem Systembedürfnis der nachklassischen Schule willkommen, ihre Anwendung wird erweitert.

III. Eine allgemeine Theorie der Rechtsquellen wird von den nachklassischen Schulen gefördert. Das von staatlichen Organen gesetzte Recht wird vermutlich schon in frühnachklassischer Zeit als 'ius quod ex scripto constat> zusammengefaßt und ihm das 'ius quod sine (ex non) scripto constat> gegenübergestellt,M gestützt auf die aristotelische Lehre vom v6µ.oi; fyypottpoi;und v6µ.oi;&ypcxcpoi; ,16 die über die Stoa in die römische Rhetorik bald die Sitte, bald das eingegangen ist. Während aber der v6µ.oi;&ypcxcpoi; ideale Naturrecht bedeutet, 28 dient 'ius ex non scripto> zu einer Begründung u CT 1, 1, 5 (429 Ost). Danach sollten die Gesetze vorbehalUich einer •emendandi vel revocandi potestas• (ebd. i. f.) auch im anderen Reichsteil eingeführt werden. Das ist aber bis zum CT offenbar nicht geschehen. 17 Vgl. NT 2 (447), zögernd übernommen von NV 26 (448). 18 Nicht überliefert, aber aus der Aufnahme in die westlichen Sammlungen zu folgern. 19 Nach NT 1, 5 (438) sollen Gesetze im anderen Teil nur gelten, wenn sie dorthin geschickt und vom anderen Kaiser gebilligt worden sind. Doch wissen wir, abgesehen von den in A. 17 und 18 genannten Fällen, nur noch von der Übernahme eines Gesetzes des Leo im Westen nach NAnth. 2 (468). • 0 Marky, Bull. 53/54 (1948) 241 ff. Zu griechischen Vorbildern Maridakis, RIDA 5 (1950) 169 ff. 11 Hierzu und zum folgenden die Lit.hinweise o. § 52 III. Zu •beneficium• in justinianischer Zeit Arangio-Ruiz, Ist. 32 f. Das Wort zeigt auch jetzt erst bloße Ansätze zu einer technischen Bedeutung beim benef. inventarii, separationis, divisionis (D. 46, 6, 12, vielleicht angeregt 3•

durch Gai. 3, 121, doch s. Ind.). Vgl. auch Beseler, SZ 53 {1933) 57; die Stellen D. 4, 4, 7, 5; 29, 2; 42 könnten aber vom Wortlaut der lex Plaetoria beeinflußt sein. 11 Orestano, AMac. 11 (1937) 108 ff.; zum erweiterten technischen Gebrauch 127 ff.; zum neuen Ausdruck •praerogativa• 130 ff. S. auch Guarino, Ann. dir. comp.18 (1946) 51 f. 11 Für nachklassisch hält die Erweiterung über die •privilegia' hinaus Guarino 35 f.; 50 f. " Ulp. inst. D. 1, 6, 1; Inst. 1, 2, 3/9; Pomp. D. 1, 2, 2, 5/12 (unecht, vgl. jetzt B arger, Fschr. G. Kisch (1955] 129 ff.); unecht auch D. 1, 3, 32, 1; 36. Vgl. Steinwenter, St. Bonfante II 432 ff.; Schulz, Hist. 73 f.; 342, beide m. Lit., insbes. Perozzi I 41 ff.; s. auch Scherillo, RIL 64 (1931) 1271 ff.; Maschi, ATri.16 (1947) 124 ff.; Lombardi, SD 18 (1952) 32 ff.; 58 ff. m. Lit. 16 Pol. 3, 16, 1287b; Rhet. 1, 10, 1368b. 18 Die weiteren Belege aus Philosophen, Rhetorikern usw. bei Steinwenter 430f. m. Lit. Vgl. auch Erik Wolf, Griechisches Rechtsdenken III 1 (1953) u. 2 (1955) pass. (s. Sachregister); Jones, The Law and Legal Theory of the Greeks (1956) 62 ff.

36

Dritter

Teil.

des Gewohnheitsrechts, selten beruft.

Die nachklassischen 17

Entwicklungen

auf das man sich freilich im Privatrecht nur

Anknüpfend an griechisch beeinrlußte rhetorische Äußerungen {auct. ad Her. 2, 13, 19; Cic. de inv. 2, 22, 67), führt die frühnachklassische Doktrin, die die Gewohnheit erstmals unter den Rechtsquellen nennt, 18 die Bildung ungeschriebenen Rechts auf den •tacitus consensus omnium• zurück," der auch den Gesetzen zugrunde liege; darum könne das Gewohnheitsrecht auch Gesetze ändern. Anders dagegen zunächst die Kaisergesetzgebung: CT 5, 20, 1 (363 Ost) handelt noch (wie die Klassiker) von bloßem langbewährtem Herkommen, 80 und auch C. 8, 52, 2 (319) versagt der Gewohnheit die gesetzändernde Kraft. Immerhin stellt schon IT 5, 20, 1 die Gewohnheit dem Gesetz gleich, 81 ebenso im Osten C. 8, 52, 3 (469); damit beugt sich die Gesetzgebung der Macht der rechtsbildenden Tatsachen, und zwar dem Vulgarrecht ebenso wie den örtlichen Gewohnheiten und Satzungen. Die oströmische Schule nimmt dann die frühnachklassische Doktrin wieder auf und reiht die consuetudo unter die gesetzesgleichen Rechtsquellen ein. 11

IV. Die Methode der Rechtsanwendung erschöpft sich im wesentlichen nach wie vor in der Auslegung (interpretatio, o. § 52 II), die sich Justinian als sein Monopol vorbehält. 33 Die richterliche Analogie, also die Anwendung eines Rechtssatzes auf einen zwar ähnlichen, aber doch eindeutig von diesem Satz nicht umschlossenen Tatbestand, hat auch die spätere Kaisergesetzgebung in bloßen Ansätzen anerkannt. 34 Um der Uferlosigkeit der in den Kaisergesetzen enthaltenen Rechtsgedanken zu steuern, bestimmen CT 1, 2, 2 (315) ;85 eod. 11 (398) und C. 1, 14, 2/3 (426), daß das für Lit. o. § 48 11 , dazu noch Gaudemet, RH 17 (1938) 141 Cf.; Lab. 2 (1955) 147 rr. = Form. 106 rr. (m. weit. Ang.); v. Lübtow, Das röm. Volk (1955) 512 ff.; Schönbauer, JJP 9/10 (1955/6) 39 rr.; Lauria (o. A. 8) 157 ff.; Steinwenter, Lab. 4 (1958) 131 rr.; s. auch Paradisi (o. § 195s) 228 rr.; Calasso (o. § 195 1 ) 52 rr.; De Dominicis, Scr. Cedam II 570f. n Ulp. 1, 4 (textkrit. Lit. bei Volterra, Riv. stor. dir. it. 8 [1935] 392; Gaudemet, Form. 110 1 ); insbes. D. 1, 3, 32, 1 (unecht, s. die Lit. o. A. 24, 27); Herrn. eod. 35; Inst. 1, 2, 11 i. r., s. auch eod. § 9. 11 Steinwenter (o. A. 24) 421 rr.; 434 ff., s. auch schon Pernice, SZ 20 {1899) 156 rr.; 22 (1901) 59 ff. und jetzt insbes. Lombardi, SD 18 (1952) 31 ff. m. weit. Hinw. - Die Rechtfertigung des Gewohnheitsrechts aus der 'ratio• (C. 8, 52, 2 [319]; D. 1, 3, 39 itp. u. a.; Nov. 24, 3 [535]; 134, 1 [556]) findet Gaudemet, RH 17,162 rr.; Form.113 bei den Kirchenvätern. ao Ebenso offenbar die Papyri, vgl. Taubenschlag, JJP 1 (1946) 41 rr. Allgemein zu 'mos• und 'consuetudo' (außer den o. A. 27 Angef.) Kaser, SZ SD 17 59 (1939) 74 rr.; 984 ; Lombardi, (1951) 281 ff.; 18 (1952) 21 ff. Zur gewohnheitsrechtlichen Geltungsgrundlage des Vulgarrechts s. neuestens Levy in der o. § 193to angef. Abh., vgl. auch Paradisi, TS 27 (1959) 78 ff. 17

81

Zum Brev. Alar. s. Scherillo, Riv. stor. dir. it. 5 (1932) 459 ff. 81 Vgl. außer Inst. 1, 2, 3 cit. insbes. D. 1, 3, 32-40 und C. 8, 52, 1 ff., beide unter der Rubrik 'De .•. longa consuetudine', in den Dig. im Zusammenhang der Rechtsquellenlehre. Genaue Analyse der stark überarbeiteten Stellen bei Lombardi, SD 18, 21 ff.; 38 ff.; zu C. eod.1 in SD 17,281 ff. Vgl. auch Scialoja I 39 ff.; 302 rr. Beispiele einer Entkräftung von Gesetzen durch Gewohnheitsrecht: c. Deo auct. 10 = C. 1, 17, 1, 10 (530); Nov. 89, 15 pr. (539); Gaudemet, Form. 118 8 • 83 Vgl. C. 1, 14, 1, isoliert aus CT 1, 2, 3 (317), u. § 1972 ; C. 1, 14, 12, 3-5 (529), dazu u. A. 36. Zur kaiserlichen Rechtsauslegung Gaudemet, Fschr. Rabel II 182 ff.; Lauria (o. A. 8) 154 ff. Vgl. auch Justinians Verbot einer Kommentierung der Digesten, dazu B erger, Bull. 55/56 Suppl. (1951 ex 1945) 124 ff.; Pringshe1m, RIDA 5 (1950) 383 ff.; zuletzt Berger, Lab. 4 (1958) 66 ff. (gegen Maridakis, SZ 73 [1956] 368 ff.). 34 Lit. o. § 5211 • Die Stellen zur Methodenlehre D. 1, 3, 12-16 sind für den Zweck zurechtgemacht und zeigen rhetorische Einflüsse; Steinwenter, St. Albertario II 116 ff. Zur 'ratio>, auf die man sich häufig beruft, s. ebd. 123 rr.m. Qu. u. Lit. 85 Dazu Ehrhardt, SZ 72 (1955) 133ff. m. weit. Hinw. Zum folgenden auch De Francisci, Storia III 1, 80; \Venger, Qu. 431 f.

§ 196. Die Rechtsordnung

37

den Einzelfall erlassene Gesetz nur auf diesen angewandt werden darf, sofern es sich nicht selbst allgemeine Bedeutung beilegt. Die unzulässige Heranziehung für andere Fälle wird mit strengen Strafen bedroht. Justinian hat die c. 2/3 übernommen, zugleich aber allen für Einzelfälle ergangenen Reskripten, soweit er sie in den Codex aufnimmt, die Allgemeinverbindlichkeit von Gesetzen verliehen, C. 1, 14, 12 pr. (529; zu diesem Gesetz gehören auch C. 7, 45, 13/14). Darüber hinaus behält er sich die alleinige Auslegung der Gesetze vor (o. A. 33), womit dem Richter zwar nicht die Sinnermittlung, wohl aber die schöpferische Lückenausfüllung genommen ist. 38 Verboten bleibt auch weiterhin die Gesetzesumgehung (fraus legi facta), u. § 202 II.

V. Die Frage des Geltungsbereichs der römischen Rechtsordnung hat sich in dieser Periode verschoben. Nach der allgemeinen Verleihung des Bürgerrechts durch die const. Antoniniana von 212 (o. § 53 II, III) sind Personen, die nicht dem römischen Recht unterstehen, nur noch die Ausländer, also die 'Barbaren>, die jenseits der Grenzen leben. Innerhalb des Imperiums ist für ein Nebeneinander verschiedener Rechtsordnungen kein Raum mehr. 87 Die Grenzen, in denen das römische Recht gilt, werden aber neuerdings fraglich in den germanischen Reichen, die an die Stelle des weströmischen getreten sind. Nach dem Personalitätsprinzip (o. § 6 I 1) gilt die römische Ordnung weiter für die Untertanen römischer Nationalität, soweit nicht die Gesetzgebung anderes bestimmt hat. Von den Regelungen, wie sie vor allem bei den Westgoten, Ostgoten und Burgundern bestanden, war schon die Rede.38 Das Bedürfnis nach Normen, die die Geltungsgrenzen genauer abstecken, wird hier deutlich sichtbar. 89 Andererseits zeigen die ägyptischen Papyri für den Osten, daß sich die hellenistischen 'Volksrechte> auch in dieser Periode gegenüber dem römischen Reichsrecht in weitem Umfang behauptet haben.' 0 • Zu alldem Stein wen ter, St. Arangio-Ruiz II 183 ff. Im Fall der Lückenausfüllung ist der Richter verpflichtet, die kaiserliche Entscheidung einzuholen, C. 1, 14, 12, 4; c. Tanta-Ai86>xev 18, 21; vgl. auch schon NMc. 4 pr. (45~) = C. 1, 14, 9; eod. 11 (474). Über clxoiou&(cx•gesetzestreue Rechtsanwendung• in den Papyri s. Steinwen ter, JJP 4 (1950) 219 ff. 17 Auch die Latini Iuniani und die dediticii, die es formell noch bis Justinian gibt (u. § 208 1), werden nicht mehr als Nichtrömer angesehen, sondern als römische Untertanen, die nur in wenigen Beziehungen einem Sonderrecht unterworfen sind. 11 Ob. § 195 I 2 m. A. 32. Übersicht bei Gaudemet, TS 23 (1955) 157 f. • Vgl. z. B. CE 276; 277; 312 (zu diesen Levy, Symb. Taubenschlag II 367 ff.); ET 32, 34, 43, 44. Zur Frage eines •internationalen Privatrechts• bei den Römern (o. § 501 ) s. jetzt Wesenberg, Lab. 3 {1957) 227 ff. - Zum Eheverbot zwischen Römern und Barbaren s. u. § 21716• Über Sonderrecht der Juden vgl. u. § 21740 , ferner Juster, tt. Girard II 275 ff.

im Westgotenreich); Ferrari II 267 ff. = Fschr. Wenger II 102 ff.); 279 ff. = Scr. Ferrini Mil. I 239 ff.). '° Lit. o. § 19571 • - Die lebhaft umstrittene Frage, ob die Fortgeltung der lokalen Rechtsgrundsätze nach der c. Antonin. auf bloßer Duldung Roms oder auf der Idee eines Doppelbürgerrechts beruht (o. § 53 II m. reicher Lit.), bleibt auch für die spätere Periode bedeutsam. Soweit nicht nachgiebiges römisches Recht eine stillschweigende Unterwerfung unter die lokalen Grundsätze ermöglichte (wie in weiten Bereichen des Verkehrsrechts), scheint man sich indessen über manche zwingende Sätze des römischen Rechts einfach hinweggesetzt zu haben. Neueste Lit. zur c. Ant. und zur Frage des Doppelbürgerrechts: Taubenschlag 71 ; 40; v. Lübtow, Das röm. Volk {1955) 655 ff.; Wolff, SZ 73 (1956) 1 ff.; Symb. Taubenschlag I 367 ff.; Schönbauer, Symb. Taubenschlag I 473 ff.; JJP 9/10 (1955/ 56) 15 ff.; Oliver, ebd. 503; de Vissc her, St. De Francisci I 37 ff.; d'Ors, Emerita 24 (1956) 1 ff.; Sasse, Die const. Ant. (1958) mit ausführ}. Lit.-angaben; vgl.

i

38

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

VI. Von den beiden Bedeutungen von (o. § 49 IV) tritt die als Recht staatlichen Ursprungsn zurück; die absolute Monarchie leitet alles Recht, auch soweit es in den Juristenschriften steht, aus dem kaiserlichen Rechtswillen her.es meint jetzt nur noch die staatlichen Angelegenheiten und ihre Regelung, die Angelegenheiten des einzelnen. 63 § 197. Die ethische Durchdringung des Rechts Die nachklassischen Quellen zeigen deutlich die Neigung, das Recht unter ethische Anforderungen zu stellen. 1 Diese Tendenz tritt in den rhetorisch und christlich beeinflußten Kaisergesetzen seit Konstantin 1 und später besonders unter Justinian zutage; in seinen Gesetzen, aber auch in den Interpolationen, in denen er sich auf die Vorarbeit der oströmischen Schule stützt. Die klassische Auffassung hatte und noch begrifflich auseinandergehalten. Aus den sittlichen Grundlagen des Rechts, die sie dem entnahm, hatte sie praktische Folgerungen nur in begrenzten Zusammenhängen hergeleitet, in denen sie sich auf die , die usw. berief. 8 Die nachklassische Anschauung dagegen beurteilt das Recht in allen seinen Beziehungen nach sittlichen Maßstäben; sie zieht ethische Beweggründe auch dort heran, wo die klassische mit rein rechtlichen auskam.' Ja, sie macht die Geltung der positiven Rechtsgrundsätze geradezu von ihrer Übereinstimmung mit den sittlichen Prinzipien abhängig.& Die Gerechtigkeit (iustitia), 8 die die Kaiser gern im Munde führen, vor allem auch die Hinweise bei Seidl, SD 21 (1955) 472 f., und Luzzatto, Jura 8 (1957) 192 ff., ferner schon A. S egre, Riv. it. 2 (1948) 419 ff. u So noch vereinzelt CT 1, 2, 2 (315). ._ Const. Deo auct. 10 = C.1, 17, 1, 10 (530). u Zu ius publ. vgl. C. 9, 51, 13, 2 c (321); CT 12, 1, 2 (353); die späteren Belege bei Nocera, Ius publicum {1946) 236 ff.; 240 ff., s. auch Lauria (o. A. 8) 128 ff. Griechische Vorbilder dieser Unterscheidung, insbes. Demosth. 24 (in Timocr.), 192, bei Maridakis, RIDA 5 (1950) 160 rr. Zu 'ius privatum• als privates Bodeneigentum mit und ohne Zinspflicht s. Levy I 44; 46; 66 ff. - Zu 'publicum ius privatorum pactis mutari non polest• (o. § 48 IV) s. zuletzt Magdelain, Le consensualisme dans l'edit du preteur (1958) 71 117 • 1 Zur christlichen Komtionente mit etwas einseitiger Betonung Jetzt Biondi II 1 ff. pass., ebd. reiche Belege. Zurückhaltend Ehrhardt, SZ 72 (1955) 139 ff. 1 C. 3, 1, 8 (314; u. § 255 7 ; Gaudemet, St. Solazzi 656 f., s. aber jetzt Ehrhardt 139 f.); CT 1, 2, 3 (317) = C. 1, 14, 1 (dazu Solazzi, SD 13/14 [1947/48] 199 f.);

CT 1, 5, 3 (331); vgl. auch c. Sirmond. 13 (419) Anf. Weitere Stellen und Lit. bei Biondi II 31 ff. Den spezifisch vulgarrechtlichen Quellen liegt diese spekulative Denkweise fern . 1 Ob. §48 III; jetzt auch Biondi II 44 ff. (Lit.: 46); v. Lübtow, Das röm. Volk (1955) 572 ff. 'Kaser, SZ 60 {1940) 140 ff.; Biondi 61 ff. (Patristik); 64 ff. (Kaisergesetze); 71 rr. (Interpolationen). Die Ethisierung wird besonders deutlich sichtbar in den neuen Deutungen von 'bona fides• (ebd. 75 ff.; Gegensatz zu •malignitas, malitia, machinatio• usw.), 'dolus• (78 ff., s. auch 305 ff.; 314 ff.), 'vis• (80 ff.), 'naturalis obligatio• (83 f.); s. ferner den Schutz der 'pudicitia• (265 rr.); die •gratitudo• {285ff.). Zu 'fides' auch Hermesdorf, ACJI I 161 ff. 1 Grundlegend Pringsheim, SZ 42 {1921) 645 ff.; weiteres im folgenden. •oben §48 1 ; Biondi II 94ff.; 105ff.; er stellt der 'publica utilitas• im klassischen Sinn (o. § 46 8 , § 52 II m. Lit.; zur nachklass. Deutung o. § 19217 ) die christliche Anschauung der Kirchenväter {99 f.) und der Kaiser (101 f.; seit Konstantin, vat. 273 [315]) gegenüber.

§ 197. Die ethische

Durchdringung

des Rechts

39

aber die Billigkeit (aequitas), ist nun nicht mehr nur die Richtschnur für den Rechtsetzer bei der Gestaltung der Rechtsgrundsätze und Rechtseinrichtungen (o. § 48 5), sondern auch für den Richter, dem damit erlaubt wird, entgegen den Bestimmungen des positiven Rechts zu entscheiden. 7 Diesem vielfältig mißbilligten positiven Recht, dem (oder einfach 'ius>), tritt das (die ) mit einer deutlichen Vorrangstellung gegenüber. 8 DieWurzeln dieser Denkweise gehen auf Aristoteles zurück ;9 sie läßt in dieser Zeit aber eindeutig die christliche Färbung erkennen.10 Auch in 'f a s>, das seit Konstantin in Kaisergesetzen beliebt ist, klingt die sittlich und religiös bestimmte Rechtmäßigkeit und Erlaubtheit an. 11 Droht die nachklassische , indem sie das individuelle Gerechtigkeitsgefühl über die festen Rechtsgrundsätze stellt, die Bindungen des Rechts zugunsten einer uferlosen Billigkeit preiszugeben, so schaffen doch einerseits die vertiefte philosophische Bildung und mit ihr das stoische Humanitätsideal (o. § 46 III), andererseits - und nun ständig zunehmend die Erfüllung mit christlichem Geist eine sinnvolle Begrenzung. Die christliche Gesinnung wird bestimmt vom Postulat der Nächstenliebe 12 und entfaltet sich in Menschlichkeit und Mitleid, 18in Milde und Barmherzigkeit,1' die das Recht und seine Anwendung in allen ihren Teilen durchdringen. Vgl. zu •aequum, aequitas• die Lit. o. ferner E. Wolf (o. § 19611 ), insb. III 2, § 481 ' 6 , zu der der christlichen Kaiser 118f.; Jones (o. §196 11 ) 64ff. 10 Zur christlichen aequitas vgl. insbes. insbes. Pringsheim, ACJI I 119 ff. Vgl. ferner Biondi II 28 ff. m. weit. Hinw.; Pringsheim (o. A. 7), ferner Albertario s. d ers., Scr. Ferrini Pav. 210 ff.; Symb. V 107 ff. = St. Bonfante I 641 ff.; Beck, lus ACI Roma II 111 ff.; Bastnagel, Taubenschlag II 196 ff.; Lauria, Bull. (1956) 145 ff.: Condanari-Michler, St. 45 (1938) 361 ff. und jetzt B iondi II Besta III 503 ff. Mayer-Maly, Ost. 28 rr., insbes. 31 ff.; 38 rr. m. weit. Lit. 11 Biondi Ztschr. f. öff. R. 9 (1958) 169 rr. Zu den II 88 rr.mit reichem Material. rhetorischen Vorläufern Lanfranchi, 11 Vgl. auch lsid. 5, 2, 2 fas lex diPina, ius diritto nei retori romani (1938) 95 ff. m. lex humana. Zu den unechten juristischen weit. Lit. Zur •naturalis aequitas• vgl. auch Texten vgl. De Martino, La giurisdizione Devilla, Scr. Mancaleoni 125 ff. (gegen (1937) 281 ; Biondi 93 f. 11 Hierzu Maschi, La concezione naturalistica del und zum folgenden jetzt diritto [1937] 211 ff.). Bio n d i II 119 ff. pass. Zu den Quellen 8 'lus strictum• ist überall unklassisch; mit •caritas• s. ebd. 121 f. m. Lit., insb. die Belege hierfür und für 'ius aequum• Albertario SZ 56 V 23 ff.; Beseler, bei Pringsheim, SZ 42,643 rr.,vgl. auch (1936) 32 f.; schon mit klassischem Gezu aequitas und bona fides Conf. Mil. brauch rechnet dagegen Maschi, ATri. 18 188 ff.; zu 'bonum et aequum• SZ 52 (1932) (19~8) 311 rr.(estr. 51 ff.). Zur nichtjuristi97 ff. (CT 3, 5, 11, 4 [380] ist östlich); schen Lit. s. Petre, Rev.~t.Lat.12 (1934) 125ff.; 148ff. (einschränkend Riccobono, 376ff.; Bolelli, Riv. filol. class. 28 (1950) 127 ff. - Über die Entfaltungen der Bull. 53/54 [1948] 53 ff.; Mayer-Mal7 156 ff.); zu •actio stricti iuris• s. u. § 2551 • Nächstenliebe s. Biondi 173 ff.; vgl. Das positive Recht wird mit den Attri- schon o. § 192 bei A. 29 und nach A. 40. 11 Zur buten der Enge, Strenge, Härte, Bechristlichen 'humanitas' und schränktheit, Bitterkeit, Spitzfindigkeit 'pietas' gegenüber der heidnischen (o. verbunden. § 4610 • 11 ) s. Biondi 146 ff.; 150 rr.,auch • Eth. Nie. 5, 14, 1137 b, wo die mLe:bce:r.ctMise. Galbiati II (1951) 81ff.; Diritto dem v6µLµov3(xatLovim Sinn des iixpLßo3(- romano (1957) 612 rr.; Perozzi I 114; XatLOC v6µoc vorgezogen wird. Vgl. dazu Maschi (o. A. 12) 291 ff. (31 ff.); auch Coing, SZ 69 (1952) 39 ff.; Stoffels, Jus 1 (1950) 266 ff.; Riccobono jun., Billijkheid in hct Oud-Griekse Recht ACI Ver. II 207 ff. Zu •misericordia' und (1954), dazu Fuhrmann, SZ 73 (1956) •miseratio• (Nachsicht) s. B iondi II 381 ff.; auch Michelakis, Platons Lehre 164 ff., zu 'moderamen, -atio, temperavon der Anwendung des Gesetzes usw. mentum• ebd. 127 ff.; 131 ff. (1953), dazu Wolff, sz 72 (1955) 383 ff.; H Zu 'benignitas• und 'clementia' (auch 7

40

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Mit dem verstärkten Einfluß der Philosophie, vor allem aber mit der christlichen Überlagerung gewinnt auch 'ius naturale> einen vertieften Sinn. 16 Die Schuljurisprudenz der klassischen Zeit hatte sich nur selten auf die natürliche Vernunft berufen, hauptsächlich um zu begründen, daß manche Einrichtungen (als 'ius gentium>) für alle Menschen ohne Unterschied der Nationalität gelten sollten. 18 Die nachklassische Schule17 dagegen greift wieder auf die philosophische Lehre von einem unverrückbaren, zu allen Zeiten und für alle Menschen gültigen Naturrecht zurück. Sie sieht aber darin nicht mehr nur ein Idealrecht als das Vorbild, dem jeder Gesetzgeber nachzustreben hat, 18 sondern die auf Erden gültige Ordnung, in der sich die Gerechtigkeit (aequitas, iustitia) verwirklicht, und die darum den Vorrang vor den positiven Satzungen des Staates hat. 19 Die Entstehungsquelle dieses ewigen natürlichen Rechts findet sie in der göttlichen Vorsehung, die sie nun im christlichen Sinn deutet. 10 § 198. Rechtsbegriff, Rechtsbefugnis, Rechtsausübung

I. Zur Klärung des Rechtsbegriffs hat das Vulgarrecht nichts beigetragen. 1 Die Vorliebe der vulgarrechtlichen Quellen aller Art, mit 'i u s> das Vermögen einer Person schlechthin zu bezeichnen, 1 zeigt den Verlust der •benevolentia, mansuetudo') s. Biondi II 138 ff. (zu den Gegenbegriffen 144 f.). Zu •benignus, -itas' auch Beseler II 32 f.; Albertario, Bull. 33 (1923) 64 ff. (nicht in Studi I); zu •clemens, -ntia' Solazzi, AG 94 (1925) 66 ff.; Beseler, SZ 56 (1936) 38. Sie erscheint aber schon im Vulgarrecht, vgl. PS 4, 12, 5, dazu Riccobono in: Essays in Legal History (1913) 110 f.; Solazzi 66; Volterra, ACI Bologna I 149. Doch vgl. zu •in dubiis benigniora' Berger, ACI Ver. II 185 ff. = Sem. 9 (1951) 36 ff., anders Biondi, Ist.• 74". 11 Ob.§ 50 V m. Lit., dazu noch M aschi, Mem. Koschaker II 425 ff.; Burdese, Riv. it. 7 (1954) 407 ff.; v. Lübtow (o. A. 3) 574 ff., s. auch Flückiger, Gesch. des Naturrechts I (1954) 257 ff. Neuestens in christlichem Sinn Biondi, RIDA 4 (1950) 129 ff. = Jus 1 (1950) 2 ff. und besonders Dir. rom. crist. Ii 4 ff., einschränkend Gau dem et, AHDORIDA 1 (1952) 445 ff.; 459 rr. 11 Davon abweichend die Trichotomie 'ius naturale, ius gentium, ius civile', vgl. Ulp. inst. D.1, 1, 1, 2 (Inst. 1, 1, 4); 6 pr., s. auch Isid. 5, 4-6. Für Echtheit Maschi, Concez. nat. 160 rr. (m. Lit.), insbes. gegenPerozzi 19Hf., für vorjustin. Ursprung Arangio-Ruiz, Ist. 27 r. m. Lit. Zur (wenig klaren) Deutung nach justinianischem Recht vgl. auch Biondi II 22 r. 17 Dem Vulgarrecht ist der Begriff

fremd; vgl. zum Fehlen im CT Gaudemet 459 r. 18 Die nachklassischen Belege für die christliche Umdeutung der •natura' als Richtschnur vgl. bei Biondi II 16 f.; 17 rr.; 24 f. 1• Zu aequitas und ius naturale Pringsheim, SZ 42,667; s. auch die Lit. o. A. 7. • 0 Vgl. Inst. 1, 2, 11 iura naturalia, quae apud omnes gentes peraeque ser11antur,di11ina quadam pro11identia constituta semper f irma atque immutabilia permanent (Albertario V 279 ff.; Maschi, Concez. nat. 221 ff.;

Mayer-Maly, o. A. 7; weitere Lit. bei Biondi II 81 ; 10 8 ); ähnlich Nov. 98pr. (539). Zu •providentia' Albertario VI 163 ff. Frezza, RIDA 2 (1949) 308 denkt an die stoische np6votot, anders d' Ors, Orientalia christ. period.13 (1947) 134ff. Vgl. auch Paul. D. 1, 1, 11 semper aequum ac bonum (Lombardi, II concetto di ius gent. [1947] 224 ff.). Reiche Lit.-angaben zur christlichen Naturrechtslehre bei Biondi 4 ff.; 91 ; vgl. noch •zur christlichen Begründung des Naturrechts' Wenger, SZ 69 (1952) 5 ff. m. weit. Hinw. 1 Die Bedeutungen von •Iex' und 'ius' fließen bezeichnenderweise ineinander; Archi 70 f. 1 Grundlegend Steinwenter, Iura 4 (1953) 124 ff. Vgl. GE 2, 1, 1 (dazu Archi 225 r.; SD 3 [1957] 15 rr.); typische Wendungen: •res mei, tui, alieni iuris' für Sachen in meinem usw. Eigentum; •ius proprietasque (dominiumque)' in CT 13, 6, 2

§ 198. Rechtsbegriff,

Rechtsbefugnis,

Rechtsausübung

41

alten Sinngehalte. Aber auch die oströmische Schule hat nichts getan, um den Begriff des Rechts in seiner oder Bedeutung über den klassischen Stand hinaus (o. § 48 I, II) zu verdeutlichen. II. 1. Das Verbot des Rechtsmißbrauchs, also einer Rechtsausübung, die dem Berechtigten nichts nützt, aber einen anderen schädigt (o. § 54 1), wird in den Kaisergesetzen und in überarbeiteten Juristentexten wiederholt als allgemeiner Grundsatz ausgedrückt. 3 Dieses Verbot stammt aus philosophisch-rhetorischen Wurzeln,'wird aber in dieser Periode auch aus der christlichen Ethik gerechtfertigt worden sein, 6 die den mißbilligt. 6 2. Stark eingeschränkt wird in der absoluten Monarchie, die alle Rechtsverfolgung dem Staat vorbehält, die erlaubte Selbsthilf e.7 Vor allem die eigenmächtige Besitzergreifung, die die Ruhe und Ordnung im Gemeinwesen gefährdet, hat man verboten und mit strengen kriminellen Strafen bedroht. 8 Auch die Selbstverteidigung (o. § 118 II 2) hat man vielfach unterdrückt und durch prozessuale Rechtsmittel ersetzt. 9 (365); 16, 5, 12 (383) u. a.; •ius privatum• (o. § 196'8). Vgl. auch •rundus cum omni iure• (mit dem gesamten Vermögensbereich), •rundus iuris patrimonialis, enfyteutici>, •ius ecclesiarum• usw. Zu 'succedere in ius• o. § 1581 und u. § 280 I. a Zahlreiche Belege (neben den o. § 54' angeführten) bei Biondi III 264 ff. Vgl. auch CT 9, 12, 1 (319) = C. 9, 14, 1 (willkürlich Sargenti 55). - Lit. o. § 542 , vgl. auch Mario Rotondi, Riv. dir. civ. 15 (1923) 209 ff., insbes. 244 rr.; Per il XIV centenario della codif. giust. (1934) 865 rr.; Riccobono, Bull. 46 (1939) 28 ff. (zu Justinian 32 ff.). 'Vgl. zu •alterum non laedere• o. § 488 , zu •non omne quod licet honestum est• (Paul. D. 50, 17, 144 pr., o. § 481') Cic. p. Balbo 3, 8. Auch das Sprichwort •summum iussummainiuria' (vgl. Kornhardt, Hermes 81 [1953] 77ff.) bedeutet, wie bei Terenz, Heaut. 796; Colum.1, 7,2und Hieron. ep. 1, 14 (PL 22, 330), so vielleicht auch bei Cicero de off.1, 10, 33 nichts anderes als die rücksichtslose, den anderen schädigende Rechtsverwirklichung, vgl. dazu neuestens Büchner, Humanitas Romana (1957) 80 rr.;103f. = Riv. Cilol.class.35 (1957)117 rr.; 147 r. gegenüber Stroux, Summum ius summa iniuria (1926, s.o. § 581 ); Levy, sz 48 (1928) 669. 5 Obschon das die Quellen bei Bio n d i III 261 ff. nicht ausdrücklich sagen. • D. 39, 3, 1, 12; eod. 2, 9; 6, 1, 38; vgl. LQR 49 o. § 54'; u. § 241"; Pringsheim, (1933) 49 ff., s. auch Rabel, Grdz. 409 (Neudr. 12). 7 Vgl. zuletzt Wesener, Fschr. Steinwenter 100ff. Schon das decretum divi Marci (o. § 54 II) hat den eigenmächtigen Zugriff des Gläubigers auf die (geschuldeten

oder nicht geschuldeten) Sachen des Schuldners mit Forderungsverlust bestraft. Nach Aru, APal. 15 (1936) 175 rr.; 185 r. und Luzzatto, Proc. civ. rom. I (1945/46) 133 ff.; 142 habe erst Justinian das decr. auf bewegliche Sachen erweitert; doch vgl. dagegen Pugliese, II proc. form. I (1947/48) 31 ff.; Wesener 104 f.; s. auch Archi, RIDA 3 4 (1957) 229 f. Dagegen ist die Erweiterung des decr. auf das Verbot der Wegnahme der geschuldeten Geldsumme durch den Gläubiger in D. 4, 2, 13 itp. (fehlt in Call. D. 48, 7, 7, Lit. im Ind. u. bei Wesener 10411 ). Zur Wegnahme der eigenen Sachen durch den dinglich Berechtigten s. Wesen er 111 rr. Die eigenmächtige Ergreifung der verpfändeten Sache ist verboten in C. 8, 13, 3 und 9, 33, 3 (beide itp.) gegenüber PS 5, 26, 4 und ET 124; vgl. u. § 25218, 17 , ferner Levy I 21570 m. Lit., dazu Aru 178 r.; Luzzatto 141; Wesen er 105 ff. S. auch die Verallgemeinerungen in Paul. D. 50, 17, 155, 1 und 176 pr. (Lit. bei Wesener 108'8; 120). • Näheres u. §240 I 1, s. insbes. Levy I 243; 246 ff.; Wesener 114 ff. Vgl. etwa CT 9, 10, 3 (319) = C. 9, 12, 7; CT 2, 26, 2 (330) = C. 3, 39, 4; CT 4, 22, 2 (380) = C. 8, 4, 6; CT eod. 3 (389) = C. eod. 7; CT 2, 29, 2, 3 (394) = C. 4, 3, 1, 3; C. 4, 65, 33 = 8, 4, 10 (484); eod. 11 (532). S. ferner CT 9, 42, 14 r. (396), dazu Levy I 213. Bestraft wird jetzt auch, wer die geraubte bewegliche Sache für die eigene hält, Inst. 4, 2, 1; D. 47, 8, 2, 18, beide itp., s. Ind., ferner Volterra, Nota critica a I. 4, 2, 1 (1930); Bull. 38 (1930) 91; Aru 163 rr.; Luzzatto 152 r. • Vgl. D. 43, 24, 7, 3 itp. (Wesener 116 f. m. Lit.) u. a.; s. zur offensiven und de-

42

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 199. Actio und exceptio. Verjährung

I. 1. Der Begriff der actio, einer der elementaren Bausteine des klassischen Privatrechts und Zivilprozeßrechts, wird in der nachklassischen Periode von Grund aus umgeformt; damit erhält das Privatrecht in allen Teilen ein stark verändertes Aussehen. Die klassische actio, primär verstanden als und davon abgeleitet als materiellrechtlicher (o. § 55 I), war streng an den Formularprozeß gebunden; dem klassischen Kognitionsverf ahren war der Begriff als ein technischer fremd. 1 Bereits im Lauf der Prinzipatszeit wird jedoch der Formularprozeß, der in einem Teil der Kaiserprovinzen nie gegolten hat, auch in den anderen Provinzen und zuletzt in Rom selbst vom Kognitionsverf ahren mehr und mehr zurückgedrängt. 2 Der Umgang mit den kunstvollen Formelschöpfungen und den verfeinerten Methoden ihrer Handhabung, wie sie die Klassiker ausgebildet hatten, stieß in den Provinzen, in denen keine so hohe juristische Bildung heimisch war wie in der Hauptstadt, wohl seit alters auf Schwierigkeiten. In den Wirren des 3. Jh. verliert dann die Rechtskultur auch in Rom selbst ihr hohes Niveau. So wird man annehmen dürfen, daß die strengen Regeln des hochentwickelten Formularverfahrens in der Praxis längst entartet und verfallen waren, als schließlich die Söhne Konstantins den Gebrauch der Formeln, die sie als mißdeuten, endgültig verbieten. 8 Demgemäß werden sich schon die formalen Textbearbeitungen des späteren 3. und frühen 4. Jh. von den Bindungen an die klassischen Aktionenbegriffe freigemacht haben. cActio• bedeutet den Rechtslehrern dieser Zeit nur mehr den materiellrechtlichen Anspruch ohne Unterschied der angewandten Verfahrensart. Damit vollzieht sich eine gewisse Loslösung vom •aktionenrechtlichen• Denken der Klassiker' und verstärkt sich der schon seit der späten Klassik fühlbare Übergang zu einer mehr normenmäßigen Anschauung des Rechts. Die Einschmelzung der alten Rechtsquellen in die einheitliche Masse des Juristenrechts (o. § 196 II 1) hat diesen Vorgang begünstigt.

2. Das Vulgarrecht zeigt den Aktionenbegriff in voller Auflösung. 6 Das Wort selbst wird nur noch selten gebraucht und nimmt untechnische Bedeutungen an. Vor allem aber verschwinden die einzelnen, scharf profilierten actiones als die individualisierten privatrechtlichen Ansprüche, die hauptsächlich in den Edikten gesammelt waren und ein Kernstück der fensiven Selbsthilfe Riccobono in: Essays in Legal History (1913) 64 ff., auch u. § 241 IV 2. Zur Umdeutung der alten Fälle einer als Selbsthilfe erlaubten Tötung (o. § 41 III) in Notstandshandlungen vgl. D. 48, 8, 9 und Inst. 4, 3, 2 (die Beziehung auf das cpericulum• nachklassisch); D. 9, 2, 5 pr. (•metu mortis• itp., vgl. coll. 7, 3, 2); W 1 eac k er, Fschr. Wenger I 139 ff. 1 Ob. § 189 20 • Vgl. auch Biondi, Conf. Mil. 159 ff. s Zur provinziellen Entwicklung s. vor allem Wlassak, Zum römischen Provinzialprozeß (1919), dazu Mitteis, SZ 40 {1919) 360 ff.; Balogh, ACI Roma II 267

ff.; Bull. 43 (1935) 216 ff. Das Nähere gehört in den Zivilprozeß. 1 C. 2, 57, 1 (342) luris formulae aucupatione syUabarum insidiantes cunctorum actibus radicitus amput,mtur. Zu den rhetorischen Wurzeln des Vorwurfs gegen die Juristen (Cic. de orat. 1, 55, 236; p. Caec. 23, 65) s. Steinwenter, SZ 65 (1947) 95 11 m. weit. Hinw. 'Ob. § 55H; vgl. Rabel, Grdz. 404 f. (Neudr. 4). 6 Zum folgenden grundlegend Levy I 202 ff., s. auch schon SZ 49 (1929) 241 ff.; Erman, Mel. Fitting II 583 ff. Zum östlichen Vulgarrecht Levy, SZ 76 (1959) 6 f.

1 199.

Actio

und exceptio.

Verjährung

43

klassischen Privatrechtsordnung ausgemacht hatten. An die Stelle der festen Aktionennamen treten mannigfache Umschreibungen, die zeigen, daß die technischen, vom Edikt und von der Juristensprache geprägten Begriffe verloren gegangen sind.• Wie die beiden Abschnitte des Formularverfahrens nicht mehr auseinandergehalten werden, 7 wie der außerordentliche Charakter des Kognitionsverfahrens in Vergessenheit gerät, 8 so wird auch das ordentliche Verfahren mit der 'querela>,• dem 'interdictum>, 10 der 'in integrum restitutio>, 11 ja sogar mit dem privaten Schiedsgericht zusammengeworfen.12 'Condictio> verschwindet. 18 'Actio utilis> ist nicht mehr eine nach dem Muster einer ediktalen gebildete, sondern einfach eine 'erfolgreiche> Klage. 1' 'Vindicare> hört auf, die dingliche Klage zu bezeichnen, und wird mit Vorliebe von der außergerichtlichen, eigenmächtigen Ergreifung gesagt. 16 Ja, der Gegensatz zwischen dinglicher und persönlicher Klage wird überhaupt verwischt, ebenso der Zusammenhang mit dem Unterschied zwischen den dinglichen und persönlichen Rechten, der als solcher erhalten bleibt. 1• 'Actio in personam> bezeichnet jetzt eine Klage auf eine Geldsumme, 'actio in rem> die Klage auf einen anderen Vermögensgegenstand; nicht mehr der Grund, sondern das Ziel bestimmt die Eigenart dieser Klagengruppen. 17 3. Die oströmische Schule, der Justinian folgt, kehrt nur zum Teil und auch insoweit nur äußerlich zu den klassischen Vorstellungen von der actio zurück. 18 Die alten Klagindividualitäten mit ihren festen Aktionennamen werden großenteils wiederhergestellt, ja neue Aktionen, wie die 'actio condicticia>, die 'actiones protutelae> und 'curationis>, und neue Klagtypen allgemeiner Art wie die 'condictio generalis> und die 'ex lege> sowie die • Eindrucksvoll die Gegenüberstellung von PS und IP bei Levy I 203 rr., ferner INV 35 i. f.; IT 2, 4, 6. Vgl. auch Levy 209 1.; Conra t, Paulus 5111.; 6111. zu den untechnischen und von den klassischen abweichenden Bedeutungen, die die Aktionennamen annehmen. 7 PS 1, 13a, 1 u. a., Näheres bei Levy, sz 49, 2411 • • Zu •extra ordinem• in neuer Bedeutung Levy, SZ 49, 2431 • • Levy, SZ 49, 2427 ; I 207; 20823 ; s. auch u. § 290 8 • Spätklassische Belege, die die querela inoff. test. •actio• nennen, bei H. Krüger, Bull. 47 (1940) 66. 10 Vgl. zu den Besitzklagen (actio momenti, momentaria) Levy I 210 und insb. 243 ff.; u. § 240 I. Zu anderen Interdikten Conrat, Paulus 126 rr. (PS 5, 6, 14 mit IP 5, 7,12 zum interd. de homine libero exhibendo; PS 4, 7, 6 zum interd. de tabulis exhibendis). Zu •actio interdicti' vgl. Collinet, RH 8 (1929) 3311. 11 Levy, SZ 49, 2411 und insbes. 68 (1951) 381 ff.; s. u. § 207 I 3. 11 IP 1, 18, 1, dazu Levy, SZ 49, 243 1• 13 Levy I 203 1 ; II 299-.

u Levy I 20711 zu CT 2, 32, 1 (422). Schon zur frühnachklassischen Kognition gehört wohl D. 3, 5, 46, 1 = PS 1, 4, 10; Levy, PS 100 ff. (nicht annehmbar Kreil er, Fschr. Koschaker II 225 f.). 11 Daneben wird 'vindicare (posse)' auch einfach für 'Eigentümer sein• gebraucht, ferner für •eine geschuldete Sache verlangen' (ohne Beziehung auf ein dingliches Recht). Zu alldem Levy I 210 rr.und zum östlichen Vulgarrecht SZ 76, 6 f. 11 Levy I 232. 17 Levy I 219 rr.; SZ 76, 6. Vgl. etwa CT 12, 11, 1, 1 (320) = C. 11, 33, 2, 1 a; CT 4, 11, 2 (349 Ost); 13, 6, 6 (372 West); 4, 14, 1 (424 Ost) = C. 7, 39, 3 und insbes. PS 1, 7, 4 mit IP. Konkurriert die dingliche Klage mit einer aus Kontrakt, so nimmt das Vulgarrecht nur noch eine einzige Klage an; Levy I 228 rr.mit Einzelheiten. Im übrigen zum Sinnverlust der Klagenkonkurrenzen Levy, SZ 49, 243. 18 Zum folgenden Collinet,gtudesV: La nature des actions, des interdits et des exceptions dans l'oeuvre de Justinien (1947), insbes. 27 ff.; 221 ff.; vgl. auch Monier I 204 ff.; Levy, SZ 76, 6f.

44

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

'actio praescriptis verbis> werden hinzugefügt. 19 Die Unterschiede zwischen actio und interdictum, actio und querela, actio und in integrum restitutio (u. § 202 1) erschöpfen sich allerdings hauptsächlich im Namen, mögen auch einzelne Überreste der verfahrensrechtlichen Eigenarten, besonders bei den Interdikten, bestehen bleiben. 20 Auch die 'actiones utiles>21 und 'in factum>22 leben wieder auf, ja sie werden sogar vermehrt ;23 freilich versteht man darunter nun nicht mehr analoge Ergänzungen des geschlossenen Kreises der ediktalen Klagen, sondern einfach Klagen nach dem Muster bereits bestehender." Vor allem aber kehrt Justinian zu dem alten Gegensatz zwischen dinglichen und persönlichen Klagen zurück, 25 wenngleich dieser Gegensatz jetzt abgeschwächt und durch Zwischentypen verdunkelt wird. 2a. Alle diese Anzeichen eines formalen Anschlusses an die klassischen Quellen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Aktionenbegriff inzwischen ein anderer geworden ist. Seitdem die actio von der formula und damit vom Prozeßverfahren losgelöst ist, erschöpft sich ihr Inhalt im materiellrechtlichen Anspruch, also im Recht, von dem Verpflichteten ein bestimmtes Verhalten zu verlangen. 27 Diese Vorstellung eines Rechts auf Leistung wird jetzt auch auf die 'actiones in rem> ausgedehnt.~8 Der Besitzer, zuweilen auch ein bloß fingierter, wird mit wirksameren Mitteln als bisher zur Einlassung gezwungen und haftet nun dem dinglich Berechtigten persönlich für Herausgabe und Schadensersatz (u. § 245 II 3, 4). Der Anspruch, die 'actio> im neuen Sinn, wird nicht mehr vom feststehenden Typus der Klagformel individualisiert, sondern von den Umständen, die ihre materiellrechtliche Eigenart bestimmen, vor allem von der Grundlage und daneben vom Ziel. Dabei wird jetzt der Inhalt der Aktionen auf gelockert und erweitert, so daß die Fälle wahlweiser Konkurrenz vermehrt werden. 29 Diese materiellrechtliche Eigenart der actio ist mit der 18 Levy I 202 r. Zu den •actiones geneciy6>yotl)s. Collinet, gt. I rales' (ycvLxott 200 ff. In den Umkreis der oströmischen Schule gehört auch der kleine Aktionenkatalog bei Zachariä, SZ 14 (1893) 88 rr., weit. Hinw. bei Wenger, Qu. 549 f. 10 Zum Aufgehen der Interdikte in der allgemeinen Kognition vgl. Inst. 4, 15, 8; s. auch pr. Zu den ltpp. Albertario IV Fschr. Koschaker II 115 rr.; Riccobono, (o. A. 18) 479 rr.; im 368 rr.; Collinet übrigen Wenger, Ist. 326 rr. 11 Collinet (o. A. 18) 415 ff.; zu den reszissorischen Klagen 457 ff. 22 Collinet 337 ff. Über ihre Bezeichnung als •actiones subsidiariae• (Theoph. 1, 24, 2) s. Brugi, Mel. Girard I 143 fr. u Unklassische actiones in factum stellt zusammen De Francisci, Synallagma II (1916) 83 ff.; 176 ff. (gegenüber 61 ff. zum klass. R.); s. Stoll, SZ 47 (1927) 546 f. Vgl. auch u. § 26811 (act. neg. gest.); zu Albanese (act. leg. Aqu.) o. § 144 II. Neuestens zu den •actiones ad exemplum• Wesener, SZ 75 (1958) 22orr. H Riccobono, APal. 3/4 (1917) 638 ff.

Zur Analogie o. § 1961'. Zur •rei vindicatio utilis' u. § 245 II 6. 15 Levy I 238 f. Daß erst Justinian diese Einteilung auf alle Klagen ausgedehnt hätte, ist unwahrscheinlich, s. o. § 559 ; Levy 239208 • • •Actiones mixtae• (z. B. die Teilungsklagen), Inst. 4, 6, 20 (anders Ulp. D. 44, 7, 37, 1); die Präjudizien, Inst. 4, 6, 13; •actiones in rem scriptae• (Ulp. D. 4, 2, 9, 8; 44, 4, 4, 33; o. § 5922 ); die N oxalklagen (u. § 271 III); die •vindicationes utiles• (u. § 245 II 6). Vgl. Grosso, I problemi dei diritti reali {1944) 63 ff.; 265 ff.; Biondi, Le servi tu prediali 1 ( 1954) 2 7. 17 Zur Verschmelzung von •actio (in personam)' und •obligatio' Collinet (o. A.18) 319 ff. S. auch o. § 113'. 18 Vor allem werden auch die dinglichen Ansprüche der Verjährung unterworfen (u. III); vgl. Kunkel 81 f. Zu •teneri> bei actiones in rem s. Lenel, SZ 46 (1926) 9; Betti, Dir. rom. I 76 5 • Weiteres bei Carcaterra, Ilpossesso deidirit.ti (1942) 31ff. und u. § 245 II 3. 111 Collinet 253 ff.

§ 199. Actio

und exceptio.

Verjährung

45

oftgenannten 'natura actionis> gemeint, 30 nach der sich ihre Gattung, die 'forma>, das 'genus>, bestimmt, das sich im individuellen Namen ausdrückt.31 Gründet sich die actio auf einen Vertrag, so leitet sich die natura actionis aus der 'natura contractus> her und damit, der oströmischen Willensdoktrin entsprechend (u. § 201), aus dem Willen der Vertragspartner, der den Vertragstypus bestimmt. 31 Diesen materiellrechtlichen Aktionenbegrif f konnte die oströmische Schule gewiß bereits aus klassischen Ansätzen und aus den frühnachklassischen Fortbildungen ableiten; sie hat sie aber selbständig ausgebaut, und J ustinian hat sie auf das Drängen der Rechtslehrer hin in seine Kompilation übernommen. 33 II. Ein ähnliches Schicksal wie die actio hat die exceptio. Als ein dem Beklagten günstiges Rechtsmittel, mit dem er die Klagabweisung erreichen kann, wird sie im Kognitionsprozeß von der praescriptio verdrängt." Im westlichen Vulgarrecht ist der Begriff der exceptio verschwunden, 35 auch in dem vormals wichtigsten Anwendungsfall der exceptio doli.36 Die Quellen sprechen statt von der exceptio einfach von Nichtigkeit,3 7 womit es freilich vereinbar ist, daß man ihre Geltendmachung und ihren Beweis in bestimmten Fällen dem Beklagten überläßt. Justinian 38 stellt zwar mit der Rückkehr zu den Juristenschriften auch die exceptio wieder her, stattet aber auch sie nun mit einem materiellrechtlichen Inhalt aus, der sich von dem des Vulgarrechts nicht wesentlich unterscheidet. Sie bedeutet nicht ein selbständiges Recht, die Leistung zu verweigern (wie heutzutage), sondern einfach eine Unwirksamkeit, deren Geltendmachung und Beweis dem Beklagten überlassen ist. Demgemäß sind Unwirksamkeit 'ipso iure> und 'per exceptionem> nicht mehr scharf voneinander getrennt und fließen in der Überlieferung ineinander. 39Wie der 30 Vgl. C. Longo, St. Scialoja I 605 rr.; Bull. 17 (1905) 34 ff., auch zu den byzantinischen Quellen; ferner Collinet, tt. I 192 ff.; 200 ff.; RH 8 (1929) 16 ff.; Lanature (o. A.18) 173 ff.; Pringsheim, SZ 42 (1921) 289 ff.; ACI Roma I 474 ff.; SO 1 (1935) 73 ff.; Rotondi II 227 ff.; Albertario, Introd.124 129 ; Biondi, lst. 3 18331 • Zum klassischen Begriff der 'natura' s. M asc hi, Concezione naturalistica (1937) 95 ff., insbes. auch zu Gai. 4, 33 (zu 3, 149 rest. s. Rotondi 167 f., zu beiden Stellen o. § 5017 ). 31 Im Libellprozeß muß der Kläger den Anspruch nach wie vor namentlich bezeichnen; Brugi, St. Pepere (1900) 16 ff.; St. Amari II (1910) 284 ff.; weit. Hinw. bei Rotondi 267 1 , s. auch Mit teis, Zur Lehre von den Libelli (SBer. Sächs. Ges. 1910) 61 rr. 11 Vgl. die Lit. o. A. 30, ferner grundlegend Rotondi II 159 ff. S. auch u. § 261 II a. E. 33 Pringsheim, ACI und SD cit. (o. A. 30). 14 Zu ihr Wenger, lst. 148 f.; Stein-

wenter, SZ 65 (1947) 98 ff. und neuestens Kolitsch, SZ 76 (1959) 265 rr. In den typisch vulgarrechtlich beeinflußten Quellen ist sie selten, sie bezeichnet hier meist die Verjährung (IP 5, 2, 4; IT 4, 9, 1; INV 31; RB 31 rubr., § 1), nur in IT 1, 2, 5 (moratoria und peremptoria pr.) Stundung oder Schulderlaß als kaiserlichen Gnadenakt. Zur praescr. ten_iporis s. u. III. 36 Levy, PS 51. Östlich: CT 8, 12, 8 pr. (415) und 2, 3, 1 (428), unbestimmbar 4, 11, 2 (349). CT 11, 36, 18 pr. (365) bezieht sich auf ein 'ius antiquum'. 341 Levy II 103 f.; 146; Archi 2la9 f. 17 Bezeichnend PS cons. 4, 4 und PS 1, 1, 2 gegenüber IP 1, 1, 2; Levy, SZ 49, 2417; PS 49 ff. 38 Collinet (o. A. 18) 487 ff. 11 Vgl. u. § 202 7 , § 263 I 4. Unechte Stellen, in denen zum Ausgleich von ius civile und ius honorarium die exceptio doli durch die Nichtigkeit ersetzt ist, bei Riccobo no, SZ 43 (1922) 288-305 (vgl. auch Kreller, St. Riccobono II 286 fC.). Doch gehen R.s Annahmen zu weit. Man wird hinter den Itpp., die ja auch keineswegs folgerichtig

Dritter

46

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Inhalt der actio wird auch der der exceptio aufgelockert und aus der dieses Einrederechts erweitert.• 0 III. Auf Wurzeln im römischen Provinzialrecht geht die Verjährung zurück, der man jetzt die große Masse der persönlichen und dinglichen Ansprüche unterwirft.' 1 Im klassischen Recht waren hauptsächlich 42 nur die prätorischen Strafklagen befristet, 43 und zwar einjährig; die anderen konnten noch nach beliebig langer Zeit geltend gemacht werden. 44 Doch hat man seit der Severerzeit die actio in rem aus dem eigentumsähnlichen Recht an Provinzialgrundstücken durch eine Einrede, die , gehemmt, wenn sich der Beklagte auf einen in bestimmter Weise qualifizierten Besitz von zehn oder zwanzig Jahren berufen konnte (o. § 101 II). Konstantin läßt auch bei einem nicht durch 'iustum initium> qualifizierten Grundstücksbesitz eine solche Hemmung der Sachverfolgung eintreten, aber erst nach vierzig Jahren. 46 Bald danach verschwindet die 10- oder 20jährige Ersitzung vollständig, die Hemmung kommt auch dem iusto initio erworbenen Besitz erst nach vierzig Jahren zugute. 46 Eine Frist von fünf oder zehn Jahren bestimmten die Statthalter in Ägypten schon im 1. Jh. auch für die Hemmung anderer als dinglicher Ansprüche ;47 ebendort kennt man eine longi temporis praescriptio, wenn der Kläger zehn oder zwanzig Jahre nach der litis contestatio geschwiegen hat.'8 Vermutlich von Vorbildern solcher Art beeinflußt, bestimmt dann Theodosius II., daß alle bisher zeitlich unbegrenzten 68 Ansprüche (actiones perpetuae) nach dreißig Jahren der 'praescriptio (longi temporis)> unterdurchgeführt wurden, keine bewußte Neuerung zu suchen haben, sondern bloße Gleichgültigkeit gegenüber dem bedeutungslos gewordenen Unterschied. Zur exc. doll bei Justinian s. Riccobono, APal.

386 f.; Am e I o t t i 63 1") wird von J ustinian aufgehoben, C. 7, 40, 1 (530). 0 Oben§ 142 V 5, u. § 271 18 ; vgl. Amelotti, SD 22 (1956) 185 ff.; Prescrizione 26 ff.; 42 ff., s. Cass.-Paul. D. 44, 7, 35 pr.

3/4 (1917) 591

"Eine Vermutung, daß die Schuld nach längerer Zeit nicht mehr bestehe, so daß der Schuldner das Erlöschen nicht mehr zu beweisen brauchte (Siber 20), hat es nach allgemeinem Recht bestenfalls im Kognitionsprozeß gegeben. - Über Unvordenklichkeit (o. § 10586 , s. auch Paul., Scaev. D. 39, 3, 2 pr. § 3; 26) vgl. u. § 246 II 2. n Levy (o. A. 41) 357 f.; 359 {181 f.). Das konstantinische Gesetz (326-333) wird in P. Columb. inv. 181/2 = FIRA 111 nr. 101 II 3 ff. und in C. 7, 39, 2 (365) zitiert,

,oCollinet

rr.

(o. A. 18) 497 ff. Zur 'exceptio utilis• jetzt Nicosia, SZ 75 (1958) 251 ff., der sich aber etwas zu eng an Riccobono anschließt. Neuschöpfungen Justinians sind etwa die 'exceptio non numeratae dotis• (u. § 223'1); die 'exc. veluti pacti ex compromisso• (u. § 263 71 ). u WindseheidKipp I 543 ff. (§§ 105 ff.); Siber 18 ff.; zuletzt Amelotti, La prescrizione delle azioni in dir. rom. (1958) 211 rr.,vgl. auch Levy, Bull. 51/52 (1948) 352 ff.; 361 ff. ( = I 176 ff.; 184 ff.). Einen Namen für die Verjährung haben die Römer nicht; 'praescriptio• bezeichnet die Einrede (im nachklassischen Sinn, o. II) schlechthin, wenngleich die Mehrzahl der Stellen die pr. temporis betrifft. Bei den Sachen ist in der 'praescriptio longi temporis (pr. temporalis usw.)• zugleich die Verjährung und die (erwerbende) Ersitzung begriffen, u. § 243 I. es Zur lex Furia de sponsu s. o. § 155 17• Die 'exceptio annalis pignoris 1talici> (o. § 110", s. auch Beseler, SZ 44 [1924)

s. u. § 243 3 • " Diese Erweiterung wird in CT 4, 11, 2 (349) vorausgesetzt. ' 7 P. Flor. 61 = Mitteis, Chr. nr. 80 (85 n. Chr.) Z. 45 ff., dazu Mi tteis, SZ 27 (1906) 225 ff.; Taubenschlag 427 m. weit. Lit. 48 P. Berol. inv. 16976/7, ed. Schubart, Fschr. Wenger 11 184 ff., vgl. o. § 101n; Schönbauer, St. Arangio-Ruiz III 501 ff. u Zu kürzeren Fristen in der neuen Gesetzgebung s. die Hinweise bei Levy 366 7' (189'2'); Amelotti 244 ff.

§ 200. Rechtsgeschäfte.

Formalismus

47

liegen, 60 also der vom Beklagten geltend zu machenden Unwirksamkeit ausgesetzt sein sollten. 61 Für bestimmte Ansprüche beträgt die Frist vierzig Jahre; 61 andere sind der Verjährung entzogen. 63 Unterbrochen (interrumpere) wird die Verjährung durch Klage;" wenn sie nicht möglich ist, durch Erklärung vor dem Statthalter oder, wenn dieser nicht angegangen werden kann, schriftlich beim Bischof oder defensor, notfalls durch öffentlichen Anschlag einer von einem tabularius und drei Zeugen unterschriebenen Erklärung, C. 7, 40, 2 (531).66 Die Verjährung ruht gegen Unmündige (pupilli), CT 4, 14, 1, 2 (424) = C. 7, 39, 3, 1 a; Nov. 22, 24 i. f. (535);" gegen Kinder, die unter patria potestas stehen, oder an deren Vermögen der Vater den ususfructus hat, C. 6, 61, 4, 3 (472); C. 7, 40, 1, 2 (530); gegen die Ehefrau bei Ansprüchen auf Dotalgegenstände, bis sie die Herausgabe der dos verlangen kann, C. 5, 12, 30, 2 (529). Bei der Unterbrechung ist die bereits abgelaufene Verjährungszeit verloren; beim Ruhen wird sie auf die Verjährungsfrist angerechnet. Das Ruhen ist von verspätetem Fristbeginn 57 nicht scharf getrennt.

III. DIE RECHTSGESCHÄFTE § 200. Rechtsgeschif'te. Formalismus

I. Zur Ausbildung einer allgemeinen Theorie der Rechtsgeschäfte 1 oder der Verträge haben die nachklassischen Entwicklungen nichts Wesentliches CT 4, 14, 1 (424) = C. 7, 39, 3; Amelotti 217 ff. Zur Vorgeschichte (vulgarrechtliche Entwicklung der 30jährigen Frist für dingliche Ansprüche) s. Levy 361 ff. (184 Cf.); ebd. 364 ff. {187ff.) zur allgemeinen Anerkennung dieser Frist im Westen, s. insbes. NV 27 (449); 35, 12 f. (452); ET 12 (dazu Levy 355 (179]). Von der Ersitzung läßt sich diese Verjährung, soweit sie Ansprüche auf Sachherausgabe betrifft, nicht trennen; vgl. Levy 367 ff. (190 ff.) und unten § 243 I. 61 CT 4, 14, 1, 3 = C. 7, 39, 3, 2 spricht von 'extingui>, aber C. eod. 4 rr.; 7, 40, 1, 2 (530) und andere spätere Gesetze handeln immer wieder von 'praescriptio' oder 'exceptio (temporalis)'. Zur Frage einer nach der Verjährung fortdauernden Naturalobligation s. Amelotti 261 ff. 61 Levy 366 71 (188418 ); Amelotti 230 ff.; 240 ff. So als subsidiäre Frist nach Anast. C. 7, 39, 4-6; ferner nach C. eod. 7 (525) für die actio hypothecaria gegen den Schuldner selbst, die nach CT 4, 14, 1 pr. = C. 7, 39, 3 pr. cit. noch unverjährbar war (s. u. § 252 a. E.); für die bisher unverjährbaren Ansprüche der Gemeinde gegen ihre cohortales, C. 12, 57, 12, 1 (itp. aus CT 8, 4, 30, 2 (436)); für rechtshängige Ansprüche, die vor dem Urteil liegen geblieben sind (vgl. o. A. 48), nach C. 7, 39, 9 (529). Für letztwillige Zuwendungen, Schenkungen und Verkäufe an Kirchen und wohltätige Stiftungen sowie für Zuwendungen zum Loskauf von Gefangenen Bull. hat C. 1, 2, 23 (530; Gradenwitz, 60

41 (1933) 1 ff.) die bisherige Unverjährbarkeit durch eine 100jährige Verjährung ersetzt, vgl. auch Nov. 9 (535). Dagegen lassen Nov.111 (541) und 131, 6 (545) in diesen Fällen für alle Ansprüche, die sonst in 10, 20 oder 30 Jahren verjähren, die 40jährige Verjährung eintreten (n. § 243 III). Vgl. auch P. Co). (o. A. 45),dazuArangioRuiz, Aeg. 21 (1941) 261 ff.; 270. 61 Amelotti 242 ff. Unverjährbar sind (außer den Fällen der A. 52) die Ansprüche der Gemeinde gegen ihre Kurialen, Anast. C. 7, 39, 5; Steuerforderungen des Fiskus, Anast. eod. 6; der Freilassungsanspruch (vgl. die Aufnahme von C. 7, 22, 3 (314) in den Cod.); die Ansprüche der Grundherren gegen die Kolonen auf Rückkehr, C. 11, 48, 23 pr. (531-34). Weitere Fälle, die auch als Unersitzbarkeit gedeutet werden können, s. u. § 243 III. 14 CT 4,14,1,1 cit. = C. 7,39,3,1; durch compromissum: C. 2, 55, 5, 3 (530). 11 Zu Unterbrechung und Rubens. Amelotti 252 ff., s. auch 255 f. zur Unterbrechung durch stillschweigende Anerkennung des Anspruchs. " Gegen mmores XXV annis läuft die klassische longi temp. pr. nicht, Diocl. C. 7, 35, 3 (anders die usucapio, vgl. Bonfan te I 4441 m. Qu.). Nach C. 2, 40, 5, 1 (531) sollen alJe kürzeren Fristen als die 30- oder 40jährige gegen minores nicht laufen (zu diesem Gesetz Fritz, Studien 30ft). 67 Er tritt regelmäßig mit 'actio nata• ein; Amelotti 248 ff. 1 Ob. § 56 I, II. Eine Übersicht gibt

48

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

beigetragen. Vom Vulgarrecht gilt auch hier, daß es die überkommenen Begriffe eher auflöst als festigt oder neue bildet. 2 Aber auch die oströmische Schule ist trotz mancher Bemühungen um eine theoretische Fundierung bei diesen allgemeinsten Begriffen des Privatrechts über den klassischen Stand nicht hinausgelangt. Der scharfe Gegensatz zwischen den verpflichtenden und den verfügenden Geschäften, den das klassische Recht herausgearbeitet hatte (o. § 56 1), wird vom Vulgarrecht über Bord geworfen (u. § 242 I, III). Auch in der östlichen Praxis werden Kauf, Tausch und Schenkung - unter dem Einfluß der konstantinischen Gesetze (u. A.12f.), aber wohl auch der hellenistischen Rechtsanschauung - im Prinzip als Bargeschäfte angesehen, die zugleich der Übereignung dienen. Erst Justinians Klassizismus kehrt auch insoweit zu der klassischen Unterscheidung zurück. 'Contractus• umfaßt bald alle diese Geschäfte, bald nur die entgeltlichen. 1

II. 1. Im Formalismus des Privatrechts, im äußeren wie im inneren, treten in den nachklassischen Jahrhunderten tiefgreifende Veränderungen ein, deren Wurzeln schon in die klassische Zeit zurückreichen. Die alten nationalrömischen Formalakte verschwinden oder leben nur noch in entstellten Gestalten fort.' Ihre Formelemente, vor allem die ihnen eigentümliche Bindung an bestimmte gesprochene Formeln, verlieren ihren Sinn, seitdem man die Ursache der rechtlichen Wirkung nicht mehr im förmlichen Handeln, sondern im erklärten Willen sieht; zugleich wird damit die Bindung der Geschäfte an bestimmte Typen preisgegeben. 6 Einige Geschäfte sind schon mit dem Wegfall ihrer Voraussetzungen untergegangen; so mit dem Aufhören der Führung von Hausbüchern der Litteralkontrakt (o. § 129 I a. E.), mit der conventio in manum (u. § 215 III) die confarreatio, coemptio und remancipatio. Von den Übereignungsgeschäften ist die in iure cessio in dieser Anwendung schon nach Gai. 2, 25 selten. Die mancipatio wird in der späteren Klassik von der honorarrechtlich wirksamen formlosen traditio zurückgedrängt, sie verblaßt vermutlich zu einem Urkundsakt und verschwindet spätestens in der 1. Hälfte des 4. Jh. endgültig (u. § 242 1). Konstantin schafft für die Schenkung und für den Grundstückskauf, die beide nun zugleich die Übereignung bewirken, neue Formen. Von den zusammengesetzten Akten degeneriert die klassische Form der emancipatio im Vulgarrecht zu dreifacher 'manus traditio' vor der curia (GE 1, 6, 3 ff., dazu u. § 228'); ähnliches ist für die Adoptionen zu erwägen (u. § 22711). Später kommt die Emanzipation im Osten durch Kaiserreskript zustande, sie und die Adoption auch durch Erklärung zu den Akten der Behörde. Die in jetzt Alvarez-Suärez, EI negocio jurfdico en derecho romano (1954). - Zu den Geschärten mit Wirkung 'post mortem' s. u. § 256 II a. E., § 268 11• Rabie, L'acte juridique post mortem (1955) behauptet für das klassische Recht Nichtigkeit nach ius civile, aber Gültigkeit nach ius honorarium (503 ff.) und Ausgleich in nachklassischer Zeit (518 ff.). 1 'Negotium' bedeutet mit Vorliebe den 'Prozeß', daneben aber immer noch Geschäfte aller Art, Levy II 296 (zu •neg. gerere'). •Contractus' wird zu einem „beinahe uferlosen Begriff", es bezeichnet „eine bindende Übereinkunft irgendwelcher Art", Levy 21 ff.; u. § 261 I. 'Condicio' verblaßt jetzt zur allgemeinen Bedeutung 'Vertrag, Vertragsklausel' (Levy 88ff., s. u. § 203 1). Zu •actio' s. o. § 199 I 1.

1 Näheres hierzu u. § 261 I, s. insbes. Pringsheim, SZ 42 {1921) 274 rr. - Zu 'negotium (gerere)' in der Sonderbedeutung des außerhalb des Kontraktsystems liegenden verpflichtenden Verhaltens, das den Innominatkontrakt begründet, s. Pringsheim 278 rr. und u. § 269 10 • - Zu 'declarare voluntatem• in der oströmischen Doktrin, in der es nicht mehr nur das 'Klarstellen, Fixieren, Bekanntgeben', sondern das willentliche Anordnen bedeutet, vgl. Betti, St. Albertario II 455 rr. (s. Kaser, I ura 5 [1954] 231); o. § 56 9 • - Zu den 'stillschweigend• begründeten Geschäften vgl. o. § 561', u. § 20118 • 'Vgl. Archi 439 ff. Zur Mißbilligung der Verbalakte bei Justinian und in seiner Umwelt Riccohono, SZ 43 (1922) 379 ff. 6 Vgl. Betti, Dir. rom. I 222 ff. m. Lit.

§ 200. Rechtsgeschäfte.

Formalismus

49

iure cessio zur Bestellung oder Aufhebung von Nießbrauch und Servituten ist am Ende der Klassik bereits durch die formlosen honorarrechtlichen Geschäfte verdrängt. Die manumissio vindicta ist schon in vorklassischer Zeit von der in iure cessio losgelöst (o. § 69111) und besteht nur noch in abgewandelter Gestalt fort (u. § 211 III). Das zivile Testament hat unter dem Einfluß der honorarrechtlichen Lockerungen das Erfordernis der Manzipation abgestreift und lebt in der entstellten Form eines Fünfzeugentestaments weiter (u. § 283 II 1). Auch die cretio, deren Bedeutung schon in klassischer Zeit stark zurückgegangen ist, bleibt offenbar nur in degenerierter Form noch bis ins 5. Jh. erhalten (u. § 291 II 1). Bei der stipulatio verdichtet sich die seit langem übliche Beurkundung zur Schriftform. Der mündliche Formelaustausch gerät in der Praxis außer Übung, und auch Justinians Versuch einer Neubelebung bleibt ohne praktischen Erfolg. Die acceplilatio, deren Bedeutung schon in der klassischen Zeit durch das honorarrechtlich wirkende pactum de non petendo eingeschränkt wurde, versinkt am Ende der Klassik mit der Entwicklung der konstitutiven Schuldurkunden.

Den neuen Formen, die in dieser Periode auftreten, ist gemeinsam, daß sie, dem vorhin erwähnten Sinnwandel gemäß, nur noch dem Schutz der Rechtssicherheit dienen; daneben zuweilen auch zur Sicherstellung von Steuern und Gebühren. Diese neuen Formen, die nicht mehr den Geschäftstypus bestimmen, lassen sich im wesentlichen auf zwei Grundtatbestände zurückführen, die Beurkundung (mit oder ohne tabellio) und die Mitwirkung einer Behörde. Von sonstigen Formen ist das Nachbarzeugnis von Konstantin für die Schenkung (vat. 249, 6 [323] ad"ocata "icinitate) und den Grundstückskauf (vat. 35, 6 [337] testificantibus vicinis) eingeführt worden.• Justinian verlangt in vielen Fällen die Mitwirkung von Geschäftszeugen ;7 so beim Widerruf des Testaments, C. 6, 23, 27, 2 (530), und namentlich in den zahlreichen Fällen, in denen er die Errichtung einer Zeugenurkunde vorschreibt. 8 Hierher gehören vor allem das Testament (u. § 283 II), ferner die Quittungen über höhere Beträge, C. 4, 2, 17 (528); die Fraueninterzession nach C. 4, 29, 23, 1 f. (530); die Unterbrechung der Verjährung, C. 7, 40, 2, 1 (531); die Freilassung per epistulam und inter amicos, C. 7, 6, 1, 1 c/2 (531); die Inventarerrichtung des Erben, Nov. 1, 2, 1 (535); die qualifizierten Verwahrungs-, Darlehens- und andere Verträge, Nov. 73, 1 f. (538); die Feststellung der Ehelichkeit nach Nov. 117, 2 (542, u. § 2309 ); das Ehebruchszeugnis, Nov.117, 15 pr. Vgl. ferner zu den Erklärungen Schreibunfähiger Nov. 73, 8 (538). Der Eid ist nicht Formmittel; er dient, abgesehen von der promissio operarum des Freigelassenen (u. § 21215), nur der Bekräftigung bereits bestehender Schuldverpflichtungen (u. § 26332 ).

2. Bei der Beurkundung ist nach wie vor die Schriftform, von deren Einhaltung die Wirksamkeit des Geschäfts abhängt, von den bloßen Beweisurkunden zu unterscheiden. 9 • Vorbilder aus griech. und hellenist. Rechten erwägt Partsch, Fschr. Lenel (1921) 88 rr.;weit. Lit. bei Meyer, SZ 46 (1926) 333. Aber die Papyri erwähnen solche Zeugen offenbar nicht, und die entsprechenden griechischen Normen liegen etwa ein halbes Jahrtausend zurück; vgl. Ehrhardt, SZ 51 (1931) 173; Archi, Scr. Ferrini Pav. 669'; Taubenschlag 321; zurückhaltend auch Pringsheim, RIDA 6 (1951) 171. Mit hellenistischem Einfluß auf die beiden Gesetze Konstantins (unt. 2a) rechnet auch Levy nicht mehr; vgl. I 127 f. (und brieflich), anders noch ACI 4 HdA X 3. 3. 2 (Kaser 11)

Roma II 41"; 45. 7 Kaser, RE 5 A, 1027 (Testimonium); Levy, Hergang der röm. Ehescheidung (1925) 27 ff.; zu Justinians Vorliebe für feste Zeugenzahlen auch Pringsheim, St. Bonfante I 561. Keine wirklichen Geschäftszeugen sind die, die bei der venia aetatis über den Lebenswandel aussagen sollen, CT 2, 17, 1 (324) = C. 2, 44, 2 pr ./1, dazu Levy 301• 8 Vgl. Kaser 1039 und (zum Testament) 1045 f.; Wenger, Qu. 747118 • • Archi, Scr. Ferrini Pav. 710 ff. Vgl. auch Brasiello, ebd. 547 ff.

50

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

a. Von den wenigen klassischen Akten, die an die Schriftform gebunden sind, ist nach dem Wegfall des Litteralkontrakts (im alten Sinn) und der Prozeßformula nur noch das Testament übriggeblieben, bei dem sich aus der (anfangs nicht obligatorischen) Beurkundung ein besonderer Formtypus entwickelt. Das schriftliche Testament in mehreren Erscheinungsformen und daneben das Kodizill treten dem (in der Praxis allerdings seltenen) mündlichen Testament gegenüber. 10 Bei den anderen Rechtsgeschäften hat man bisher die Beurkundung als bloßes Mittel zur Beweissicherung benutzt. Die Errichtung der Urkunde war durch keine Rechtsvorschrift geboten, die Wirkung des Geschäfts hing nicht von ihr ab (o. § 57 III). Dennoch steht fest, daß schon seit langem alle wichtigeren Geschäfte beurkundet zu werden pflegten, weil im Streitfall die Urkunde erfahrungsgemäß das sicherste Beweismittel ist. In der nachklassischen Zeit sieht man die Beurkundung der wichtigeren Geschäfte als selbstverständlich an. Zu dieser Anschauung trägt bei einmal, daß die Beweiskraft der Urkunde über die der anderen Beweismittel hinaus verstärkt wird (unt. c), und zum anderen, daß in der vulgären Rechtsanschauung die Wirksamkeit eines Rechtsakts und seine Beweisbarkeit ineinanderfließen.11 Demgemäß können die beiden Gesetze Konstantins, die die Schenkung 11 und den Grundstückskauf 13 an weitere, über die Schriftlichkeit hinausgehende Formerfordernisse binden, die Beurkundung als ein bereits feststehendes und ständig beobachtetes Erfordernis unterstellen. Auch andere Gesetze betrachten, einer gleichförmigen Praxis folgend, die Schriftlichkeit als geboten und darum einer besonderen Einführung nicht bedürftig.tc So verlangt man die Beurkundung für die Bestellung einer dos,16 und die Errichtung der 'instrumenta dotalia> entwickelt sich allmählich zum regelmäßigen, in einzelnen Fällen sogar erforderlichen Mittel für den Nachweis der Eheschließung. 18 Auch für die Ehescheidung bürgert sich die schriftliche Form ein. 17 b. Bei der stipulatio war die Errichtung von Beweisurkunden schon seit der jüngeren Republik so allgemein verbreitet, daß eine vulgäre Rechtsanschauung, beeinflußt von hellenistischen Rechtsgrundsätzen, dieses Ge10

Näheres u. § 283 II, § 286. Ob. § 193 III 3. Damit hängt zusammen, daß man auf die formale Wirksamkeit und Unwiderruflichkeit des Geschäftes jetzt zuweilen mehr Gewicht legt als auf seinen materiellen Inhalt; Archi 663 ff. - Zur Publizität der nachklassischen Rechtsformen s. u. § 24211 • 11 Genaue Einzelheiten über den Urkundeninhalt in vat. 249, 5 f. (323); Arch i (o. A. 9) 670 ff. Die Beurkundung war auch hierfür längst üblich, u. § 242". Zur öffentlichen Registrierung alsbald unter 3. Alles Nähere u. § 242 III 2. 11 Die Beurkundung folgt aus vat. 35, 4 (337) contractus sollemniter explicatur; § 5 solkmnia celebrentur; vgl. Levy I 129; Are hi, 11trasferimento della proprieta (1934) 11

173 rr.;Scr. Ferr. Pav. 668 f.; s. u. § 242". Die ltp.-annahmen Riccobonos, SZ 34 {1913) 224 ff. in Dig. und Cod. sind freilich nicht alle berechtigt. - Zu den Verkäuferhomologien im byzant. Ägypten vgl. Ehrhardt (o. A. 6) 164. H Im Westen neigt man später dazu, die Erfordernisse der Grundstückskäufe auf gewisse Käufe beweglicher Sachen auszudehnen, vgl. u. § 24221 ; Levy I 131. Die Beurkundung ersetzt zuweilen die traditio, Levy, SZ 49 (1929) 2546 , aber wohl (trotz ebd. 254', gestützt auflP 1, 7, 7 gegenüber PS 1, 7, 8) nicht die - bereits abgestorbene-mancipatio; zu ihr u. § 242 I. 11 Vgl. u. § 222 III. 11 Näheres u. § 218 I. 11 Vgl. u. § 219 II 2.

§ 200. Rechtsgeschäfte.

Formalismus

51

schäft ohne weiteres mit der darüber errichteten Urkunde gleichsetzen konnte. 18 Während die Klassiker diese Anschauung noch bekämpften und an der ausschließlichen Verbindlichkeit des mündlichen Formalaktes festhielten, gewinnt nach dem Ende der Klassik die vulgarrechtliche Auffassung die Oberhand. Die verpflichtende Wirkung geht allmählich auf den Schuldschein über, dessen Errichtung man als unerläßlich ansieht. 19 Die mündliche Form gerät außer Übung, ja selbst der Gebrauch der typischen Stipulationsworte wird im Formular der Urkunde später abgestreift. Die stipulatio hat sich in ein beurkundetes Schuldversprechen verwandelt. Justinians Klassizismus versucht zwar, die mündliche Form neu zu beleben, findet aber damit in der Praxis seiner Zeit keinen Widerhall. Die Wirkung der nachklassischen Schuldurkunde bleibt hinter der einer vollen Dispositivurkunde zurück: Sie reicht zwar zum Beweis der Schuldbegründung hin, doch können Einreden aus solchen Umständen, die aus der Urkunde nicht ersichtlich sind, der beurkundeten Verbindlichkeit entgegengehalten werden. 20 c. Alle Rechtsurkunden erfahren jetzt eine Steigerung ihres Beweiswerts. Seitdem im nachklassischen Prozeß der Grundsatz der freien Beweiswürdigung preisgegeben ist, mißt man der Urkunde stärkere Beweiskraft zu als den Zeugen und anderen Beweismitteln; dies gilt für den Westen 21 wie für den Osten. 12 Regelmäßig kann der Urkunde die Beweiskraft nur durch den Nachweis der Fälschung genommen werden. Dieser Nachweis ist im Strafprozeß zu führen, in dem der Richter durch Zeugenaussagen, Schriftvergleichung und alle anderen Beweismittel die objektive Wahrheit festzustellen hat. 23 Mündlich abgeschlossene Geschäfte, vor allem solche des Alltags, bleiben neben den beurkundeten nach wie vor in beiden Reichsteilen weit verbreitet." Justinian hat, an den klassischen Konsensualkontrakt anknüpfend, die mündliche Form für Kauf, Tausch, Schenkung (soweit sie nicht der öffentlichen Form bedarf, u. Z. 3) und Vergleich neben der schriftlichen ausdrücklich offengehalten, C. 4, 21, 17 pr. (528); Inst. 3, 23 pr. (u. §264 9 ). 11

Hierzu und zum folgenden alles Nähere u. § 263 1. 11 Über die hieran anknüpfenden mittelalterlichen Wurzeln des Wertpapierrechts s. die Lit. bei Wenger, Qu. 73610 , vgl. insbes. Freundt, Wertpapiere im antiken und frühmittelalt. Recht II (1910) Ztschr. f. d. ge12 ff.; 24 ff.; Partsch, samte Handelsrecht 70 (1911) 437 ff.; Schultze-v. Lasaulx, Beitr. z. Gesch. d. Wertpapierrechts (1931) 5ff.; 25ff.; vgl. auch Steinacker (u. A. 26) 106. so Näheres u. § 263 I 4. Insofern ist die verbreitete Anschauung, daß die Stipulationsurkunde in der nachklassischen Zeit zu einer Dispositivurkunde geworden sei (vgl. etwa Brunner [o. § 1931] 54; 60 ff.; Freundt I [1910] 7ff.; 59ff.), einseitig; vgl. Levy II 48161 und u. § 26316 • Die kaiserliche Kanzlei unterscheidet nicht zwischen Beweis- und Dispositivurkunden, 4•

Archi, Scr. Ferrini Mil. I 36. 11 Riccobono, SZ 34 (1913) 244 ff.; 35 (1914) 297 zu PS 5, 15, 4 und 2, 17, 13 (dazu auch Levy II 29 f.); CT 11, 39, 6 (369). 11 Riccobono, SZ 34, 236 ff.; 239 ff. Aus dem Osten sind CT 11, 39, 4 (346) und 5 (362); vgl. ferner C. 4, 20, 18 (528); 8, 37, 14, 2 (531); s. auch Bas. 21, 1, 25 (C. 4, 20, 1) mit Schol. (Heimb. II 401 f.). 11 Vgl. CT 9, 19, 2 (320) = C. 9, 22, 22; CT 11, 39, 4 (346); Archi, Scr. Ferrini Pav. 677 ff.; 714 ff.; Scr. Ferrini Mil. I 36 ff., vgl. überhaupt ebd. 17 ff.; 47 ff. Zu Justinians.C.4,2, 17 (528);4,21, 20 (530); Nov. 49, 2 {537); 73, 1 r. (538), dazu Archi, ebd. 51 ff.; Scr. Ferrini Pav. 724 ff. Einschränkend Ast u t i, I contratti obbligatori I (1952) 118 ff. " Übersicht für das byzantinische Ägypten bei Taubenschlag 303.

Dritter

52

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

d. Die vulgäre Rechtsanschauung, die schon in der klassischen Zeit das Schuldversprechen an die Beurkundung bindet, hat, wie erwähnt, ihren Ursprung in den hellenistischen Rechten. Nach ihnen bedürfen alle wichtigeren Geschäfte der Beurkundung; eine Auffassung, die dem klassischen Römerrecht widerstreitet und von den Severern und Diokletian noch abgewehrt wird, 26 aber später im Rechtsbewußtsein beider Reichshälften auch über die schon betrachteten Fälle hinaus allgemeine Geltung gewinnt. Davon abgesehen, zeigt sich in dieser Zeit ein deutlicher Einfluß der östlichen Urkundenpraxis, 28 die hauptsächlich von den Prinzipien des griechischen Urkundenwesens 27 beherrscht wird, auf die westliche. 28 • Die westlichen Urkundenformulare übernehmen, wie sich besonders bei den Kaufurkunden beobachten läßt, den Stil wie den Inhalt von ihren Vorbildern. 29 Wenngleich diese Einwirkung nicht überschätzt werden darf, 30 hat sie doch eine bedeutsame Parallelentwicklung im Urkundenwesen selbst, aber auch im Recht der beurkundeten Geschäfte herbeigeführt. 81 e. Die Gestalt der Urkunden wandelt sich am Beginn dieser Periode, indem die objektiv stilisierten Urkunden um die Mitte des 4. Jh. verschwinden.82 Bei den subjektiv gefaßten (chirographa) wird um diese Zeit die ErBelege bei Mitteis, RR 5a ff.; Taubenschlag, RPR 251 ff. = Op. I 140 ff. 11 Zum spätrömischen Urkundenwesen, hauptsächlich auf Grund der äg_ypt. Papyri, aber auch der westlichen Oberlieferung, vgl. Mitteis, Grdz. 87 ff.; Steinacker, Die antiken Grundlagen der frühmittelalterlichen Privaturkunde (1927) 73 bis 122 {zu diesem Werk kritisch Dölger, Byz. Ztschr. 29 (1929) 324 rr. = Byz. Diplomatik (1956) 338 rr.; Schönbauer, SZ 50 (1930) 691 ff.; Steinwenter, Krit. Vjschr. 23 (1930] 158 ff.; Ferrari II 422 ff.); Wenger 744 rr. (m. weit. Lit.). Vgl. besonders Steinwenter, Beiträge z. öffentl. Urkundenwesen der Römer {1915); Studien zu den kopt. Rechtsurkunden aus Oberägypten (Wesselys Studien z. Paläogr. u. Papyrusk. 19, 1920); v. Druffel, Papyrolog. Studien z. byz. Urkundenwesen (1915, dazu Ehrhardt, SZ 51,128 f.). 17 Zur griechischen und gräko-ägyptischen Urkundenlehre vgl. Steinacker, 25-66; 124-170 m. reicher Lit.; Mitte i s, Grdz. 48 ff.; A. B. Schwarz, Die öffentl. u. private Urkunde im röm. Ägypten (Abb. Sächs. Ak. 31, 1920); im Verhältnis zur römischen auch Wenger 734 rr. m. weit. Hinw. 18 Für die verstreute Lit. zum westlichen Urkundenwesen sei verwiesen auf das grundlegende Werk von H. Bru nner, Zur Rgesch. d. röm. u. germ. Urkunde I (1880), insbes. 50 ff.; für die ravennatischen Urkunden auf die Angaben bei Tjäder (o. § 195 53 ) und für die Kaufverträge auf Kircher, SZ 32 (1911) 100 ff.; Ehrhardt, sz 51 (1931) 164 rr.; Wenger 778 475 ; für 16

die Urkunden aus dem Vandalenreich auf die Lit. o. § 195"; für die fränkischen auf Gaudemet, TS 23 (1955) 149 rr.und die ebd. 150 1' 1 angef. Arbeiten von StoufC (auch NRH 11 [1887] 249 Cf.), Flach, Garaud und Lemarignier; für das mittelalterliche Italien auf die reichen Hinweise bei Calasso, II medio evo del diritto I {1954) 236 rr.,vgl. zur west-östlichen Beziehung insbes. Ferrari I 133 ff.; 265 ff. (= Byz. Arch. 4, 1910), überhaupt die jetzt in den Scritti gesammelten Schriften von Brandileone und Ferrari; schließlich auch die Lit. o. A. 19. •• Zu den Ähnlichkeiten der demotischen und gräko-ägyptischen Kaufformulare mit den ravennatischen und fränkischen s. bes. Rabel, Hartung d. Verkäufers (1902) 34 rr.; zu den byzantinischen Kaufverträgen in Ost und West Ehrhardt, SZ 51 (1931) 126 ff.; vgl. auch A. Segre, Aeg. 11 (1931) 129 ff.; weit. Lit. bei Levy I 70 111 • 3 o S. Ehrhardt 164 ff.; 186 f.; Wolff, TS 14 (1936) 418 f.; Levy I 70300 • 11 Vgl. vor allem Levy, SZ 49 (1929) 2541 , daselbst am Ende weit. Lit.; s. insbes. Schulz, SZ 43 (1922) 213 f.; G. S egre, jetzt in Scritti vari (1952) 459 ff.; 463 ff.; ferner Arangio- Ru i z in: Orientamenti culturali 1 (1945) 3 ff. Gegen Riccob o n o, der in seinen neueren Schriften (insbes. APal. 12 [1928) 522 ff.) den östlichen Einfluß auf das Urkundenwesen bestreitet und alle Neuerungen auf die innere Entwicklung in der Praxis zurückführen will, s. schon Levy aO., ferner o. § 192 20 • 11 Die jüngsten uns erhaltenen •testationes' (o. § 57 III) - es sind Soldaten-

§ 200. Rechtsgeschäfte.

Formalismus

53

richtung mit Hilfe eines tabelli o üblich. 33 Die Beurkundung durch diese privaten beruflichen Urkundenschreiber3' dürfte sich daraus entwickelt haben, daß schon in der Prinzipatszeit beamtete Schreiber, die in den Provinzen und Munizipien, außerdem überall in der kaiserlichen Verwaltung beschäftigt waren, neben ihrem Dienst - und insoweit als Private - den Parteien bei der Urkundenabfassung als Schreiber und Berater behilflich waren. 36 Justinian bindet die Ausübung ihres Gewerbes an staatliche Konzession36 und macht ihnen persönliche Ausübung zur Pflicht. 87 In der Praxis dieser Urkundenschreiber entwickeln sich für die bei allen Rechtsakten zu. 18 Der Osten begnügt sich demgegenüber mit der unbestimmten, die Geltendmachung durch Einrede einschließenden Rechtsfolge der Unwirksamkeit. 19 Auch die allgemeine Irrtumslehre, außerhalb der Rechtsgeschäfte, wird von der östlichen Schule weitergebildet, 10 hauptsächlich durch die Aufstellung allgemeiner, an die klassische Kasuistik angeknüpfter Regeln. Hierher gehören die Sätze •plus est in re quam in existimatione' 11 und entgegengesetzt •plus est in opinione quam in veritate' 11 sowie die verallgemeinerte Berücksichtigung der 'iusta causa erroris (ignorantiae)•.u

IV. Über die Auslegung hinaus beherrscht das nachklassische Willensdogma weite Bereiche der Rechtsordnung mit der - zuweilen überspitzten Berücksichtigung der konkreten Absicht (animus).H Die in der klassischen Zeit entwickelten Ansätze (o. § 581) werden von der östlichen Schule16 ins Uferlose erweitert. Bei den Rechtsgeschäften ist es dieser zweckgerichtete Wille, der die Rechtsverhältnisse gestaltet, und die Erklärung ist nur das untergeordnete Mittel zu seiner Verwirklichung. 16 Vor allem bei den Verträgen kommt es auf die Übereinstimmung der Parteiabsichten an; dieser innere Konsens bestimmt jetzt die klassischen Konsensualkontrakte, aber darüber hinaus alle Schuldverträge. 117 Dabei beachtet man auch den nicht 11 Auch hierzu vgl. die Stellen o. A. 4 f., die Lit. in A. 6. - Zur 'ambiguitas' vgl. Himmelschein (o. A. 6) 409 ff. 17 Vgl. Ulp. D. 50, 17,116, 2 Non videntur qui errant consentire (z. d. St. Kaden, Fschr. Koschaker I 343 C.); Lit. o. § 5817 , s. inbes. Dulckeit, Fschr. Schulz I 172 rr.; 189 f.; zuletzt Kaden, vgl. Lab. 2 (t 956) tat rr. 18 PS t, 7, 2 mit IP, dazu Levy II 26 f. Zu •Anfechtung' u. A. ft3. 19 Unten § 202 I. In diesem Sinn wollen die klassischen Äußerungen, daß der Vertrag oder das Testament nicht gültig zustande gekommen sei, nunmehr verstanden werden (Qu. u. Lit. o. § 58 II). so Vgl. zu den Fragen des Rechtsirrtums und der Entschuldbarkeit Quellen u. Lit. o. § 58 III. - Zur westlichen Erweiterung des rechtserheblichen Rechtsirrtums der Frauen vgl. Levy II 27, s. auch Biondi II 223 ff. (m. weit. Hinw.); Ist.• 20157 • 11 D. 22, 6, 9, lt; ta0, 2, lt, 1; tat, lt, 2, 1~ 11 D. 29, 2, 15. Zu beiden Regeln zuletzt Provera, St. De Francisci II 159 ff.; weit. Lit. o. § 10018 • 13 Vgl. etwa D. ft2, 6, 1, 17; la3, 2ft, 15, 5; Rabel, SZ ft6 (1926) 460 r. zu Donatuti, AG 86 (1921) 223 ff. (zu den Bas. ebd. 230 Cf.); zur Ersitzung u. § 2ta311•

Auch •arrectus, -tio, mens, voluntas, 'contemplatio• (dazu Dulckeit, Erblasserwille 6ft ff.; 73 rr.).Zum 'animus' grundlegend Pringsheim, SZ ft2 (1921) 273 ff.; LQR ta9 (19ft3) ft3 ff.; 379 rr.; doch s. einschränkend u. § 265H m. Lit., § 26811 • Die Polemik Riccobonos (bes. St. Bonrante I 123 rr.) wendet sich nur gegen P.s Unterschätzung der klassischen Ansätze, dazu o. § 58 I, ferner Biondi, Ist. 8 17ft f. Vgl. aber auch Albertario V 125 ff. = St. Bonfante I 655 ff. (m. weit. Lit.), sowie die Lit.-angaben bei Guarneri Citati, Indice delle parole etc. (1927) shv., ergänzt in St. Riccobono I 707; Fschr. Koschaker I 122. Zu •animus' u. ä. in der Rhetorik s. Lanfranchi (o. A. 11) 113 ff. 16 In Justinians Gesetzen scheint 'animus' in der Bedeutung 'Absicht' erst nach Auftauchen des Digestenplans vorzukommen (dazu o. § 19la11 ); vgl. C. 4, 5, 11 pr./1 (kal. Oct. 530); 2, 58, 2 pr. {531); 6, 30, 22, tb (531); 8, 37, 15pr. (532). Das rechtfertigt es aber noch nicht, mit Biondi II 322 die ltp. von animus-Stellen für nur •formal• zu halten. 11 Zu 'declarare voluntatem' s. o. § 2001 • 17 Vgl. Theoph. 3, 19, 8 und die Bas.Schol. bei Prrngsheim, LQR cit. 379 f. Zu den bonae fidei iudicia Boeth. ad. Cic. 14

8L erklärten Willen; man begnügt sieh mit dem in ein bestimmtes Verhalten hineingedeuteten, fiktiven Vertrag.28 Am deutlichsten sichtbar wird die neue animus-Lehre bei der Schenkung; der 'animus donandi• ist nicht mehr nur der in der causa donationis enthaltene Schenkungswille (o. § 140 II), sondern eine freigebige, uneigennützige Gesinnung, die auch ein auf eine andere causa gestütztes Geschäft, einen Kauf, eine Bürgschaft usw., zur Schenkung macht (u. § 265 II). Den Gegensatz bildet die Absicht, für die Leistung eine Gegenleistung zu verlangen, wie bei den Innominatkontrakten, oder wenigstens einen Aufwendungsersatz, wie bei der negotiorum gestio, 11 sofern nicht ein besonderer Vertragstyp vorliegt. Die Hinweise auf den animus als Grundlage der Schuldverträge mögen hier und dort, etwa bei societas 10 und Mandat, 81 schon auf klassische Wurzeln zurückgehen, doch hat die östliche Schule dieses Element allenthalben unterstrichen und erweitert. 31 Aus ebendieser Schuldoktrin stammt die Wesensbestimmung der Novation durch den 'animus novandi' (o. § 275 1). Der bloße Wille genügt ferner in weiterem Umfang als nach klassischem Recht, um den Besitz aufrechtzuerhalten (o. § 95 bei A. 31; u. § 239 bei A. 21), er bestimmt in vielen Fällen das Schicksal des Eigentums 18 und der Ehe," er entscheidet über den Erbschaftsantritt (o. § 175, 2, u. § 29i11 ) und über die Aufrechterhaltung des Testaments.• Außerhalb der Rechtsgeschäfte gewinnt der animus neues Feld 18 etwa beim Rechtsmißbrauch (o. § 198 II 1). top. 17, 65 f. in his enim (sc. iudiciis) qui fuerit animus contrahentium quaeri solet. Zur Frage christlicher Einflüsse vgl. Brasiello, Scr. Ferrini Pav. 503 ff.; zurückhaltend Biondi III 214 f. S. auch u. § 261 II. 18 Vgl. zu •tacita conventio (stipulatio, hypotheca, relocatio, dos), pactum tacitum• (o. § 561') Koschaker, Fschr. Hanausek 151 ff.; Steinwenter, St. Bonfante II 425so (m. weit. Ang.); Pringsheim 380 f. Vgl. insbes. die actio ex stipulatu als Dotalklage auf Grund einer stillschweigend abgeschlossenen stipulatio, u. § 223 II 2. Auch CT 8, 15, 6, 2 (380) ist östlich. Zu C. 8, 14, 3 s. u. § 251', zur stillschweigenden Verpfändung überhaupt § 251 I 2. Zum •tacitus consensus poP.itli• als Rechtfertigung des Gewohnheitsrechts s. o. § 196 III. Unbedenklich klassisch ist dagegen die •condicio tacita•, Kaser, Symb. Taubenschlag I 427 ff. 19 'Animus recipiendi>, dazu u. § 268 II. • 0 D.17, 2, 31; 321.; 37; 44; 65pr.; nach Pringsheim, LQR cit. 382 ff. alle itp., vgl. auch C. 4, 37, 6 (531); zurückhaltender jedoch (zu fr. 31) ArangioRuiz, La societä. (1950) 66 ff., vgl. auch Wieacker, SZ 69 (1952) 494 gegenüber Societas (1936) 273 ff. pass. (alle mit weit. Lit.). 11 Scaev. D. 17, 1, 60, 4, unecht nach Pringsheim 381 f. (u.a., s. Ind.); zweifelhaft. 11 Vgl. zur Stipulation D. 2, 14, 1, 3; eod. 7,12;2,15,5; 13,5,1,4;4~1, 83,1; 137, 1, alle itp., s. Pringsheim 387 ff. Vgl. auch Anon. schol. 24 f. zu D. 12, 1, 9,

8 f. (Bas. 23, 1, 9; beide Heimb. II 601),

anders noch Steph. schol. 8 zu D. 2, 14, 27, 2 (Bas. 11, 1, 27; Heimb. I 601 = Schelt. B I 248 Z. 35 ff.), dazu Pringsh eim, SZ 42,274. 18 Zum Willen, Eigentum zu übertragen oder zu empfangen, s. D. 44, 7, 55; 39, 5, 10; 47, 2, 14, 17; C. 4, 50, 9, alle itp., Pringsheim, LQR cit. 58 ll. Zum 'animus derelinquendi' vgl. PS 2, 31, 27, aber auch Gai. 4, 153 (unbedenklich, anders B erger, Bull. 32 [1922) 149 ff., auch 172 ff., doch vgl. hiergegen Bonfante, Scr. II 348 f.; Romano, Studi sulla derelizione [1934) 21 f.). Der 'animus domini' steht nach Pringsheim 54 nur in Theoph. 2, 1, 40, der 'animus sibi (alteri) possidendi> ist unecht nach Beseler, SZ 44 {1924) 375 f., der 'animus possidentis' o. ä. vielleicht unecht in D. 12, 1, 41; 41, 2, 1, 20 und 41, 3, 4, 2, aber wohl echt in Cels. D. 41, 2, 18, 3; Paul. eod. 3, 3 (Ind.). N Vgl. unten § 21510 , § 2181 ; zur Scheidung u. § 219 II 2. Dagegen ist die 'affectio maritalis• (Ehegesinnung) für klassisch zu halten, vgl. o. § 17 I. 81 Zur stillschweigenden Kodizillarklausel u. § 2861'. - Weitere erbrechtliche St~llen mit •a~imus• o. dgl. bei Pringshe1m, LQR c1t. 401; vgl. D.10, 2, 49; 28, 6, 10, 5; 31, 53pr.; eod. 85; 32, 20; 33, 4, 2pr.; 34, 2, 18pr.; 35, 1, 72, 8; 35, 2, 11, 3. • Zum klassischen Deliktsvorsatz, besonders zum 'animus furandi>, s.o. § 585, § 1431 und u. § 2721s.

60

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

V. Aus der östlichen Willenstheorie folgt weiter, daß das Scheingeschäft,37 weil nicht wirklich gewollt, nun als nichtig behandelt wird. 38 Wie es scheint, sind an dieser Auffassung philosophische und theologische Lehren beteiligt. ae VI. Bei den erzwungenen Rechtsgeschäften 40 bewirkt das Willensdogma, zusammen mit der Überwindung des Gegensatzes von ius civile und ius honorarium, daß man im Vulgarrecht diese Geschäfte 41 ohne weiteres als nichtig ansieht. 42 Wer durch das erpresserische Geschäft benachteiligt worden ist, kann auf Schadloshaltung klagen; zu diesem Ersatzanspruch ist die in integrum restitutio degeneriert. 43 Justinian stellt zwar auch hier das materielle Recht der klassischen Zeit wieder her, verschmilzt aber die 'actio quod metus causa> und die in integrum restitutio zu einem einheitlichen Rechtsmittel." Damit kann der Benachteiligte, wenn er das erzwungene Geschäft nicht gelten lassen will, von jedem, der etwas daraus erlangt hat, das Erlangte und vom Täter 17 Lit. o. § 591 , dazu noch Riccobono, noch Castello, AG 121 (1939) 145 ff. u Bei den Tatbeständen steht in dieser St. Bonfante I 156 ff.; Siber 436 f.; Betti, Esercitazioni romanistiche (1930) Zeit die Erpressung durch Beamte oder 175 ff.; Dir. rom. I 275 ff.; Atti IV Congr. sonstige •potentiores• im Vordergrund, naz. studi rom. 4 (1938) 33 rr.; Ist. 1 CT 3, 1, 9 (415) mit IT; IP 1, 7, 1 f.; 131 ff.; G. Longo, AG 115 (1936) 117 ff.; Levy, SZ 68, 403 r. Gewisse Kaufge116 (1936) 35 ff.; Maschi, Studi (o. A. 6) schäfte waren den Inhabern öffentlicher Ämter schon nach spätklassischem Kai8 f. m. weit. Hinw. 18 Vgl. zum •simulatum divortium• D. 24, serrecht verboten, Ulp. D. 1, 16, 6, 3; 1, 64; C. 5, 17, 3, 3, beide itp.; C. 5, 12, Marci., Mod. D. 18, 1, 46; 62pr.; Kaser, 30, 2 (529); Nov.12, 3pr. (535); Partsch, St. Arangio-Ruiz II 165 ff., vgl. auch SZ 42 (1921) 255. Im übrigen s. C. 2, 4, 21; Gnom. ld. 70. Diese Geschäfte sind un4, 2, 6, 1; 4, 29, 17; 4, 38, 3 u.10; 4, 49, 8; wirksam, der Kaufpreis verbleibt aber, 5, 16, 20; D. 18, 1, 38 u. 55; 19, 2, 46; soweit er nicht dem Fiskus verfällt, dem 24, 1, 5, 5; eod. 7, 5 u. 31, 3; 44, 7, 54, Verkäufer; CT 8, 15, 2 (334); C. 2, 19, 11 alle itp., dazu insb. Partsch 256 ff., auch (340). Als im 5. Jh. diese Verbote aufgePugliese, La simulazione nei negozigiuri- hoben werden, bleiben doch die erpressedici (1938) 219 ff. - Zur Umgehung des Ver- rischen Geschäfte ausgenommen, CT 3, 1, bots der Ehegattenschenkung s. u. § 21830 • 9 cit.; NY 32pr./1 (451). 11 Zu n CT 15, 14, 8 (389); 9 (395); 2, 9, 3 Einflüssen der antiochenischen Philosophie P artsch 241; 261 f.; zu (395); cons. 1, 2 ff.; PS 1, 7, 10 (D. 4, 2, theologischen ebd. 2591; Nachgel. Sehr. 22; 5. Jh.); IP 1, 7, 8 u. a.; Levy 404 ff. 132, es geht dabei um die Bekämpfung &a Man kann diese der Geltendmachung des Benachteiligten überlassene Nichtigdes simulierten Glaubensbekenntnisses, vgl. Iust. C. 1, 5, 16, 4 f.; 1, 11, 10, 6. keit •Anfechtbarkeit• nennen; Levy 408 Einflüsse der Lehre von der Gesetzesum- m. Lit., s. auch u. § 202 I. "Schulz 229 ff. und v. Lübtow218ff., gehung: Partsch, Nachgel. Sehr. 126 ff.; 131 f.; u. § 2021a. freilich beide mit der Unterstellung, die '° Grundlegend jetzt Levy, SZ 68 klassische actio sei nicht auch gegen Dritte (1951) 398 rr.; 420 ff., s. auch II 2561 (zu gegangen; doch s. o. § 5913 • Im übrigen PS 1, 7, 5 Bull. 55/56 Suppl. (1951] 232 f.); vgl. Levy 4211"; 423 f. - Daß die NaVgl. außerdem Schulz, SZ 43 (1922) turalrestitution den Beklagten nach klassischem Recht nur befreit habe, wenn sie 202 ff.; 228 f.; v. Lübtow, Ediktstitel Quod metus causa (1932) 73 ff.; G. H. vor der litis contestatio geschah, und erst Maier, Prätor. Bereicherungsklagen (1932) bei J ustinian auch während des Prozesses 116 f.; Sanfilippo,ACam. 7 (1934) 101ff., bis zum Urteil, erwägt Monier II 67 f. Studi sulle 117 ff.; weiteres o. § 59 III. - Daß der im Anschluß an Biondi, Satz •coactus tarnen volui> (o. § 59H) actiones arbitrariae (1913) 38 ff. (der dies nicht stoisch ist, lehrt Wyszynski, für alle actiones arbitrariae behauptet); Symb. Taubenschlag III 475 ff. - Zu den doch s. Lenel, Fg. Sohm (1914) 201 ff.; Tatbeständen der Furchterregung vgl. Levy, SZ 36 (1915) 6 f.

§ 202. Unwirksamkeit,

Verbotswidrigkeit,

Gläubigerbenachteiligung

61

außerdem als Strafe das Dreifache fordern.' 6 Daneben steht ihm aus erpresserischen Verpflichtungsgeschäften die zur Geltendmachung der Unwirksamkeit offen.16 VII. Auch das mit Arglist (dolus) herbeigeführte Geschäft wird im Vulgarrecht als anfechtbar angesehen.' 7 Der Geschädigte kann, wenn er die Fehlerhaftigkeit geltend machen will, auf Schadensersatz klagen. 68 Justinian stellt die (oder jetzt )49 wieder her, in der die in integrum restitutio aufgeht; 50 ebenso die imVulgarrecht verschwundene61 .62

§ 202. Unwirksamkeit, Verbotswidrigkeit, Gläubigerbenachteiligung

I. Die Begriffe der Unwirksamkeit,1 um deren Klärung sich schon das klassische Recht nur wenig bemüht hat, werden auch in der Folgezeit nicht weiter durchgebildet. Die vielfältige und vieldeutige Terminologie bleibt bestehen. Mit der Überwindung des Gegensatzes zwischen ius civile und ius honorarium wird der Unterschied zwischen der zivilen Nichtigkeit und der bloß honorarischen Entkräftung durch Denegation, exceptio oder in integrum restitutio verwischt. Immerhin unterscheidet man auch weiterhin Fälle, in denen die Unwirksamkeit von Amts wegen beachtet wird, von anderen, in denen sie nur dann zu berücksichtigen ist, wenn sich der aus dem Geschäft Benachteiligte darauf beruft; man kann hier von sprechen. 2 Dem Vulgarrecht sind die alten Rechtsmittel der actio, exceptio und in integrum restitutio fremd geworden. In den Fällen der Anfechtbarkeit erhält der Betroffene ohne weiteres das Recht, seine Leistung zu verweigern oder die erbrachte zurückzufordern. 3 Nur für den Fall des wird der (leicht abgewandelte) Name der , wenn auch nicht die alte Einrichtung, beibehalten (u. § 207 I 3). " Das klassische Strafquadruplum wird in die Sachkondemnation und die poena tripli zerlegt, vgl. D. 4, 2, 14, 10 f. itp., dazu Maier 114 r. S. unten§ 271 II 2. " Das ist gleichfalls Anfechtung (o. A. 43); Levy 421; 426283 • - Zu den Papyri Taubenschlag, SZ 54 (1934) 137ff.; Law 314; Levy 424211 • ' 7 CT 15, 14, 8 f. (o. A. 42); NV 32 pr./1 (451) mit INV; Levy 414. n Vgl. etwa CT 2, 15, 1 (319) = C. 2, 20, 8 (s. auch IT; Gradenwitz, SZ 34 [1913] 293 ff.; Wieacker, Symb. Lenel 276 ff.); IP 1, 7, 1 f. (die fraude vel errore decepti erhalten eine 'integri restitutio'), ferner die Texte aus A. 47. Näheres bei Levy 410 ff.; II 103; Conrat, Paulus 84. "Oben § 1468 • Auch diese Klage war schon im klassischen Recht arbiträr, s. o. A. 44 gegen Monier 71 und die dortAngef.

50 G. Longo, Contributi alla dottrina del dolo (1937) 247 ff. (zu den Tatbeständen 145 ff.). Zum dolus in contrahendo s. o. § 11413 , u. § 25516 • 61 Levy II 103 f. 61 Auch von ihr gilt das o. A. 46 Gesagte. Ihre Kennzeichnung als •generalis• ist bereits klassisch, Ulp. D. 44, 4, 4, 33; anders Monier 721• Zum Rückgang ihrer Bedeutungs. o. § 19931 , u. § 202 I. 1 Zur Lit. o. § 60 I, dazu noch Oradenwi tz, Die Ungültigkeit obligatorischer Rechtsgeschäfte (1887); Betti, Dir. rom. 1 332 rr.; lstit. 1 183 ff. 1 Vgl. schon o. § 199 II, § 201 III, VI, VII (inbes. A. 43). Zur Testamentsanfechtung durch querela inofficiosi testamenti u. § 290 1. 1 Grundlegend Levy, SZ 68 {1951) 360 ff.; s. auch Conrat, Paulus 83 ff.

62

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Justinian kehrt zwar zu den Bezeichnungen, aber nicht zu den Einrichtungen des klassischen Verfahrensrechts zurück. Actio und in integrum restitutio' werden bei ihm zu einheitlichen Klagansprüchen verschmolzen, die darauf gerichtet sind, die schon bewirkten Geschäftsfolgen rückgängig zu machen. 6 Die exceptio bedeutet das Recht eines Verpflichteten, sich auf die Unwirksamkeit des Geschäfts zu berufen, wofür er im Prozeß die Beweislast trägt.• Zuweilen, besonders dort, wo im klassischen Recht dieEinschaltung der exceptio erzwungen werden konnte (o. § 5516), spricht Justinian einfach von Nichtigkeit, 7 doch hat man die exceptio offenbar nicht planmäßig beseitigt. Zur Konvaleszenz, hauptsächlich beim Eigentums- und beim Pfandrechtserwerb, 19 s. u. § 245 , § 2511. - Die Konversion, 8 also die Umdeutung eines unwirksamen Geschäfts in ein wirksames von anderem Typus, wird von der oströmischen Schule zuweilen durch Annahme eines •pactum tacitum• ermöglicht; so bei der Umdeutung der ungültigen acceptilatio in einen stillschweigenden Erlaß.•

II. Von den Gründen der Unwirksamkeit seien hier Verbotswidrigkeit und Sittenwidrigkeit erörtert. 10 Die Steigerung der staatlichen Autorität und die ethisierenden Tendenzen führen jetzt allenthalben zu einer Verschärfung. Geschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot 11 verstoßen, werden seit dem 5. Jh. stets als nichtig angesehen.u Dagegen werden an bestimmte Eheverbote auch in der nachklassischen Gesetzgebung zumeist nur Straffolgen geknüpft; erst Justinian verschärft dies zur Ungültigkeit der Ehe (u. § 217). - Verallgemeinert wird von ihm auch der Satz, daß die 'in fraudem legis>, also zur Gesetzesumgehung, geschlossenen Geschäfte nichtig sein sollen.1a 'Die Jahresfrist für die in int. rest. verlängert Justinian auf ein •quadriennium continuum', C. 2, 52, 7 (531); zu den Sonderfristen für die Anfechtung wegen Minderjährigkeit s. u. § 20717 • - Zur in int. rest. im allgemeinen vgl. Näheres im Zivilprozeß; s. etwa Levy 360 ff.; Riccobono, APal. 3/4 (1917) 635 ff.; Biondi, SD 2 St. Bonfante IV 97 ff.; Carrelli, (1936) 141 ff.; 446 ff.; 3 (1937) 20 ff.; 305 ff.; 4 (1938) 5 lt.; St. Barillari (1937) 53 ff.; ABari 1 (1938) 129 ff. Zu den Tatbeständen auch Burdese, Fschr. Schulz I u. 74 ff.; zur Gläubigerbenachteiligung III. 1 Levy 420 ff. •Oben§ 199 II. 7 Hierher gehören insbesondere die Stipulationen aus unsittlicher causa, Inst. 3, 19, 24; D. 45, 1, 26 f.; C. 8, 38, 4, alle insoweit itp., vgl. Siber, St. Bonfante IV 106 ff.; Mezger u. a., oben § 6080 , auch Grosso, Obbligazioni 1 (1955) 69ff.; 88; anders, wie es scheint, Bio n d i, Contratto e stipulatio (1953) 344. Die exc. doli wird schon in sch. Sin. 4 nicht mehr erwähnt. Noch weitergehend (zu allen Stipulationen aus mangelhafter causa) R icco-

bono, SZ 43 (1922) 287 ff., dazu o. § 19939 • Bezeichnend D. 45, 1, 25 [quia ..• quasi nulla sit exceptione obstante] itp. 8 Dazu Betti, Dir. rom. I 339 ff.; Ist.• 187ff.; teilw. bedenkliche Itp.-annahmen bei Beseler, SZ 47 (1927) 357 f. • Oben § 1508 , dazu noch Koschaker, Fschr. Hanausek (1925) 154. 10 Zu den Willensmängeln oben § 201, zu den Folgen unzulässiger Bedingungen u. § 203 II, zu denen mangelnder Geschäftsfähigkeit u. § 207, zur Unmöglichkeit der Leistung u. § 259. 11 •Lex• schließt jetzt alle Rechtsquellen ein; Conrat, Paulus 69 f.; 167 f. 11 Ausgebend von NT 9pr./2 (439; über das Verhältnis zu C. 4, 65, 30 und INT vgl. Albertario V 214 ff.), verallgemeinert von Justinian in C. 1, 14, 5; vgl. ferner PS 1, 1, 4a (spät, vgl. Levy, PS 56 Cf.); IT 8, 12, 1 (Z. 11 ff.); s. Levy II 25. Partsch, Nachgel. Sehr. 131 folgert aus NT cit. den Wegfall der leges imperfectae und minus quam perfectae. 11 D. 1, 3, 29 f.; vgl. auch schon NT 9pr.-4 (439) = C.1, 14, 5 cit.; NV 15, 3 (444); zu einem Einzelfall C. 4, 35, 23 (531 f.). Lit. o. § 6021 , s. insbes. Partsch

§ 202. Unwirksamkeit,

Verbotswidrigkeit,

Gläubigerbenachteiligung

63

Das Verbot der unsittlichen Geschäftet&wird nun in allgemeine Regeln 16 gefaßt. Die ethische Durchdringung des Rechts bringt es mit sich, daß man sich auf die sittliche Mißbilligung auch dort beruft, wo schon eine andere Vorschrift das Geschäft entkräftet. 18 Die allgemeine Folge der Sittenwidrigkeit ist jetzt die Unwirksamkeit. 17 III. Beim Gläubiger betr u g18 wird anzunehmen sein, daß die klassische in integrum restitutio, nicht anders als bei 'metus> und in den anderen Fällen, 19 im westlichen Vulgarrecht versunken ist. Der benachteiligte Gläubiger behält jedoch den Anspruch gegen den, der etwas aus der betrügerischen Maßnahme des Schuldners erlangt hat. 20 Justinian verschmilzt die in integrum restitutio und das interdictum fraudatorium zu einer einheitlichen actio, die dem curator bonorum, aber auch jedem Gläubiger 21 zusteht und binnen Jahresfrist gegen jeden bösgläubigen 12 Erwerber 23 geltendgemacht werden kann;" fallweise auch gegen den gutgläubigen. 26 Vereinzelt wird die Klage 'actio Pauliana> genannt.• Daneben bleibt es dabei, daß aus Verpflichtungsgeschäften, die der Schuldner in der Absicht des Gläubigerbetrugs eingegang~n ist, dem mitschuldigen Gläubiger die Klagen abgeschnitten werden (D. 42, 5, 25, oben § 60' 0 ). 126; 132; Rabel, Grdz. 409 (Neudr.12); Rechts zum Gläubigerbetrug; Dupont, auch Levy II 10211• Das westliche Vul- AHDO-RIDA 1 {1952) 423 f.; s. auch garrecht steigert •in fraudem legis• (PS 3, 0. Segre, Bull. 48 {1941) 38 ff. Solazzi, 5, 13) zu •contra leges•, IP 3, 7, 10. Da- La revoca degli atti fraudolenti 1 I {1945) gegen folgt GE 1, 2, 3 dem Gai. 1, 46; 94 ff.; 101 erwägt in c.1 bei ac si rell. Conrat, Paulus 70. eine Itp. der Kompilatoren des CT, in u Lit. o. § 60•, dazu jetzt Bio n d i II C. 2, 27, 2 et adl'ersus rell. eine vortheo47 ff.; 61ft. Übersicht bei Rabe], SZ 46 dosianische Glosse; aber das interd. fraud. (1926) 469 f. in c. 1 ist eher eine Reminiszenz an klassi11 PS 1, 1, 4 (Levy, PS 53ff.); cons. 4, sehe (oder frühnachklassische) Äußerungen 8-10; C. 2, 3, 6 (teilw. = cons. 1, 7); D. als die Schöpfung einer Zeit, in der die 22, 1,5 (unecht); Kaser,SZ 60 (1940) 142; alten Rechtsmittel vollständig verfielen. 144f.; Levy 1125; 94. Vgl. auch IT 2, 16, 1; zuletzt lmpallou Kaser 104 ff.; 1381 ; 139 ff., vgl. auch meni 58; 641 • 11 Itp. D. 42, 8, 1 pr. Pel ei, cui u ea re Kunkel, SZ 45 {1925) 339; Biondi II 67 ff. Zu PS 1, 1, 4 (o. A. 15) u. a. {bei actionem dare oporiebit; das ist jeder Kaser 144 ff.) s. Levy II 25. - Den über- Gläubiger, seitdem der Einzelverkauf auch kommenen Maßstäben folgt noch C. 2, 3, im Konkursfall an die Stelle der venditio 30, 3 (531), dazu u. § 2821 • bonorum getreten ist (Inst. 3, 12 pr.; s. u. 17 Oben A. 7; wohl nicht nur die •An§254 10 ); Solazzi II 16ff.; 71 f.; nach fechtbarkeit> (Levy II 25). - Abweichun- ebd. II 3; 119 ff. setzt die Klage den gen für die unsittliche Bedingung s. u. Abschluß der distractio bonorum voraus. 11 Zu D. 41, 4, 8 i. f. itp. vgl. Solazzi § 20317• 11 • I 11 Lit. o. § 6016 , dazu Impallomeni, 132 f., zu D. 42, 8, 10, 5 ebd. 152 f. 11 Auch gegen den fraudator Studi sui mezzi di revoca degli atti fraudoselbst; lenti nel dir. rom. class. {1958). - Zu den D. 42, 8, 1pr. i. f., dazu Solazzi II 43 ff. Maßnahmen gegen Freilassungen zum "D. 42, 8, 1 pr. und 10pr. (vgl. oben Nachteil der Gläubiger vgl. u. § 211 III § 6086 18 ), beide 1tp. Dagegen steht Inst. 4, a. E. Weitherzige Auslegung der •fraus• 6, 6 dem klassischen Recht näher, indem in Inst. 1, 6, 3 und D. 40, 9, 10, beide hier noch die Reszission des Veräußerungsitp., s. Schulz, SZ 48 {1928) 249 ff.; geschärts genannt wird; aber die justiBeseler, TS 10 {1930) 207, vgl. auch nianische Klage ist keine dingliche mehr, Guarneri Citati, Mel. Cornil I 427 ff. - vgl. Solazzi I 122. 11 Eod. 10 pr. i. f. in factum actionem Zur Freilassung in fraudem patroni s. u. § 290 a. E. permittam itp., nach Lenel, EP 497; 11 Vgl. oben I und § 201 VI, VII. Solazzi I 79 ff.; Impallomeni 63 ff. to Von •interdictum fraudatorium• für ein klassisches interdictum. spricht noch CT 2, 16, 1 {329), wenn ich • D. 22, 1, 38, 4 Pauliana, per quam recht sehe, die einzige Quelle vulgarisierten quae in frauum creditorum alienata sunt

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 203. Bedingung, Befristung, Auflage I. Dem westlichen Vulgarrecht1 steht die Denkform der Bedingung zu hoch, als daß es mit ihr noch umzugehen verstünde; die klassischen Begriffe werden hier völlig aufgelöst. verblaßt zu den Bedeutungen , überhaupt .Wo wirklich noch von einem Wirksamkeitsvorbehalt die Rede ist, fließt die potestative Bedingung - eine andere ist unbekannt - mit der Auflage zusammen.• Die unmögliche Bedingung entkräftet nicht mehr das Geschäft, sondern wird gestrichen, so daß das Geschäft wirksam bleibt. 3 Die verbotswidrige und die unsittliche Bedingung werden gleichfalls gestrichen;' doch führt die Gleichsetzung von und jetzt dazu, daß man zuweilen auch das ganze Geschäft als gesetzwidrig oder unsittlich und daher als nichtig ansieht. 5 II. Die östliche Schule und Justinian kehren dagegen zu den klassischen Quellen und Begriffen zurück. Ihre Neuerungen bedeuten im allgemeinen, besonders bei der aufschiebenden Bedingung, 6 mehr einen Aushau der von den Klassikern geschaffenen Ansätze als grundsätzliche Reformen. So behandelt man die aufschiebend bedingte Forderung jetzt nicht nur in den Fällen des Damnationslegats (o. § 61 I 2), sondern allgemein schon von ihrer Entstehung an als zum Vermögen des Gläubigers gehörig; vgl. allgemein D. 50, 16, 10. 7 Oberhaupt werden die Wirkungen des Geschäfts während schwebender Bedingung verstärkt. 8 Der Gedanke einer Rückwirkung des Bedingungseintritts ist damit gleichwohl nicht revocantur itp., vgl. Ind., ferner Kipp, Rev. derecho priv. 11 (1924) 1 ff.; Lenel, EP 439 f.; Solazzi I 83 ff.; Monier II 247; Impallomeni t1, alle mit weit. Lit. Vgl. ferner Theoph. 4, 6, 6; Steph. schol. 1 zu D. 9, 4, 36 (Bas. 60, 5, 36, Heimb. V 369); nach einer Glosse des Labbaeus (Otto, Thes. III 1740) heißt die Klage so nach dem Juristen Paulus, von dem fr. 38 cit. stammt. 1 Zum folgenden Levy II 88 ff.; s. auch schon ACI Homa II 31 ff.; Conrat, Paulus 79 ff. 1 IT 8, 12, 1; IP 3, 6, 7. Auferlegt ist dem Beschenkten oder Erben immer eine Zuwendung, doch bleibt die Frage ihrer Durchsetzbarkeit ungeklärt. Zur donatio mortis causa u. § 300 I. 3 IT, IP citt. Zum klassischen und zum justinianischen Rechts. u. II. • IT 8, 12, 1 (3./4. Satz). Im klassischen Recht half der Prätor fallweise mit besonderen Rechtsmitteln, vgl. zur condicio iurisiurandi Ulp. D. 28, 7, 8 pr. ff.; Lenel, EP 362; Perozzi I 160; jetzt Astolfi, SD 23 (1957) 265 ff. Das Vulgarrecht nimmt hier einfach Unwirksamkeit an, PS 3, 4b, 2; Levy II 88; 93. 6 So IT 8, 12, 1 (7. Satz), vgl. auch cons. 4, 8 mit PS 3, 4b, 2; Levy II 93 f., anders Vassalli, Mise. crit. III {1917)

45 ff. = StCagl. 8 {1916) 232 ff. {dazu Rabel, SZ 46 [1926] 470 f.); wieder anders Cosentini, Condicio impossibilis (1952) 40 rr. • Zu 'condicio iuris' und •condicio tacita• s. jetzt Kaser, Symb. Taubenschlag I 421 ff.; zu Pendenzverhältnissen Gioffredi, SD 22 (1956) 113ff.; zu bedingten Schenkungen unter Lebenden Legier in: Varia III (1958) 155 ff. 7 S. auch D. 44, 7, 42 pr. quamvis rell. itp.; zur pluris petitio tempore Inst. 4, 6, 33 b (gegenüber Gai. 4, 53 b, s. zuletzt Provera, La pi. pet. I [1958] 97 ff., vgl. auch D. 12, 1, 9 pr.; 36 i. f. itp.); zur lex Falcidia D. 35, 2, 73, 1; zur missio in bona D. 42, 4, 6 pr.; zur separatio bonorum D. 42, 6, 4 pr., alle itp., Lit. im Ind. und in A. 8. 8 Das ist zuzugeben, auch wenn es nicht angeht, diese Wirkungen mit Vassalli, Bull. 27 {1914) 192 ff.; Riv. it. 56 {1915) 195 ff. den Klassikern vollständig abzusprechen. S. schon o. § 6t13 , auch Perozzi 1162 1 ; B etti, Dir. rom. I 361 f.; Arangi oR ui z, Ist. 87 f.; r.lonier II 29i f. - Vgl. insbes. zur bedingten Novation die Lit. o. § 152 11 • Überarbeitete Texte (wie D. 12, 1, 36; 45, 1, 56, 8 u.a.) haben statt der klassischen exceptio doli das Erlöschen der Schuld, s. vor allem Koschaker,

§ 203. Bedingung.

Befristung,

Auflage

65

folgerichtig verbunden worden.• Andererseits ist die Vererblichkeit der bedingten Berechtigung bereits für klassisch zu halten (o. § 61 8 • 11 ).

Die auflösende Bedingung gewinnt dadurch ein weiteres Feld, daß sich mit den nachklassischen Wandlungen des Eigentumsbegriffs auch die Vorstellung eines Eigentums auf Zeit durchsetzt, die dem klassischen Recht noch fremd war (o. § 98 II). Damit wird der Weg frei, eine auflösend bedingte Übereignung anzuerkennen. 10 Entsprechendes gilt für die Servitutsbestellung, 11 nicht aber für die Freilassung 12 und für die Erbeinsetzung. 13 Der Bedingungsei n tri t t1' wird stärker nach Billigkeitsgrundsätzen beurteilt. So wird die •cautio Muciana> auf Erbeinsetzungen erweitert. 16 - Bei der Fiktion des Bedingungseintritts dringt jetzt die Lehre durch, die sie auch bei schuldloser Unmöglichkeit, Bedingung macht die Potestativbedingung zu erfüllen, bejaht hat. 11 - Die unmögliche Geschäfte unter Lebenden wie bisher hinfällig. Ebendies gilt jetzt für die verbotswidrige und die unsittliche Bedingung, 17 bei denen Unwirksamkeit und exceptio 7 doli ineinanderfließen (o. § 202 ). Bei den testamentarischen Verfügungen dagegen schließt sich Justinian der sabinianischen Meinung an und streicht die unmögliche Bedingung,18 so daß die Verfügung bestehen bleibt. Ebenso verfährt er bei der verbotswidrigen und der unsittlichen Bedingung, die beim Testament nach klassischem Recht ebenso wie die unmögliche dem Schulenstreit unterworfen waren. 18 Auch die widersinnige Bedingung (condicio praepostere concepta), z.B. 'si navis ex Asia venerit, hodie dare spondes>, wird gestrichen, und zwar von Leo bei der Dosbestellung, von Justinian allgemein, Inst. 3, 19, 14; C. 6, 23, 25 (528).10 Fschr. Hanausek (1925) 118 ff.; das wird auch hier damit zu erklären sein, daß die exc. doli im neuen Recht ihren Sinn verloren hat, o. § 202 I. •Vgl.oben§ 61 1 , 11 m.Lit.; Biondi, Ist.• 190. Auch Paul. D. 45, 1, 76 pr. (sachlich klassisch) und vat. 55 = D. 45, 3, 26 (o. § 6111 m. Lit.) enthalten keine Rückwirkung; s. zuletzt Bio n d i, Succ. lest. 541 ff. 10Am deutlichsten ist die ltp. von C. 8, 54, 2 gegenüber Diocl. vat. 283 (oben § 9811 ). Vgl. ferner zur donatio mortis causa die itp. Stellen u. § 300 16 ; zur in diem addictio und zur lex commissoria beim Kauf die ltp. u. § 264 18 ; schließlich den Rücktrittsvorbehalt beim Pfandverkauf, D. 13, 7, 13 pr. it~. Befristete Vermächtnisse gewähren em Eigentum auf Zeit vermöge der ihnen nun allgemein zugeschriebenen dinglichen Wirkung, vgl. ausdrücklich C. 6, 37, 26 (532) für alle Legate und Fideikommisse. 11 D. 33, 2, 1 itp., dazu u. § 24616 • Itp. ist ferner D. 8, 3, 33, 1 i. f., u. § 24611 , s. auch Rabel, SZ 46 (1926) 461 ff. (zu Riccobono, o. § 10511 ). 11 Trotz ihrer Widerruflichkeit, u. § 212 I. 13 Näheres u. § 285 III. H Zu C. 6, 25, 8 (531) vgl. Gradenwitz, sz 53 (1933) 409 ff. 11 D. 35, 1, 7 pr. und 18, beide itp. Miscellanea ro(o. § 6118 ); Cosentini, manistica (1956) 79 ff. (m. Lit.) sieht 5 HdA X 3, 3. 2 (Kaser II)

darin eine frühnachklassische westliche Erweiterung. - Im übrigen vgl. Nov. 22, 44, 9 (536); danach ist die cautio auch dem gesetzlichen Erben zu leisten, dazu Levy, SZ 24 (1903) 140 ff. 11Donatuti, SD 3 (1937) 77 ff., anders Grosso (o. § 613°), der diese Lehre überhaupt erst für justinianisch hält. Vgl. auch etwa C. 6, 46, 6 (532, dazu Gradenwitz, SZ 54 [1934] 156). Zum Namen der 'condicio potestativa> (C. 6, 51, 1, 7 [534]) s. o. § 61 III. 17Ober die Bedingung der Ehelosigkeit der Witwe s. u. § 2206 zu C. 6, 40, 2 (531) und Nov. 22, 43 f. (536). Christlichen Einfluß zeigen auch D. 28, 7, 27 pr. itp. (Ind.) und C. 1, 3, 52, 13 (531). 18Ob. § 6111 ; s. gegen Cosentini jetzt auch Biondi, Succ. lest. 546 ff. 18Vgl. gegenüber PS 3, 4b, 2 (o. A. 5) jetzt die Verallgemeinerungen in C. 6, 41, 1,1 (528); Inst. 2,20,36 i.f.; Pringsheim, ACI Roma I 488, s. auch Rabel, SZ 46, 471. Übrigens gilt die Streichung schon im klassischen Recht nach der siegreichen sabinianischen Lehre außer für Legate (o. § 61 vor A. 35) auch für die Erbeinsetzungen, vgl. Pomp., Paul. D. 28, 7, 7; 9, anders noch Pap. eod. 15 (dazu zuletzt Mayer-Maly [o. § 197 7] 164 ff. m. Lit.). - Ober die Bedingungen und Befristungen, die den Pflichtteil belasten, s. u. § 29088 • 10 Dazu Fritz, Studien 23 ff.

66

Dritter

Teil.

III. Für die Befristung für die Bedingung.

Die nachklassischen

Entwicklungen

gilt, wie schon bisher, in vielemÄhnliches wie

Die aufschiebende Befristung wird bei der Erbeinsetzung nach wie vor gestrichen (u. § 285 III). Vermächtnisse aller Art können jetzt auch 'post mortem heredis aut legatarü• hinterlassen werden. 11 Die auflösend befristete Übereignung oder Servitutsbestellung, mag sie auf bestimmte Zeit oder auf Lebenszeit gewährt sein, wird jetzt ebenso zugelassen wie die auflösend bedingte, oben 11.11 Auflösend befristete Vermächtnisse aller Art werden gestattet in C. 6, 37, 26 t532). 11

IV. Die Auflage (modus)K wird, nachdem das Vulgarrecht die Bedingung vielfach als Auflage gedeutet hatte (o. 1), erst von Justinian terminologisch und systematisch erfaßt und um der frommen Zwecke willen, denen sie häufig dient, begünstigt. Er erzwingt die Erfüllung der Auflage, 25 außerdem verstärkt er das Rückforderungsrecht dessen, der unter Auflage geschenkt hat, für den Fall, daß die Auflage nicht vollzogen worden ist. 28 § 204. Die Stellvertretung

I. Die Stellvertretung im weitesten Wortsinn, also das erlaubte rechtliche Handeln für einen anderen mit dem Ziel, damit in seiner Person Rechtswirkungen auszulösen, hat in der klassischen Periode keine hohe Entwicklungsstufe erreicht. Die Regelung genügte zwar im allgemeinen den praktischen Bedürfnissen; in dogmatischer Hinsicht aber vermag sie durch ihre Unvollkommenheit und Lückenhaftigkeit nur wenig zu befriedigen. Die nachklassischen Jahrhunderte 1 haben mit den Wandlungen im Familienrecht und mit den mannigfachen Anpassungen des Rechts an den Wechsel der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse gewiß manche Fortschritte gebracht; zur dogmatischen Klärung des Rechts der Stellvertretung haben sie jedoch kaum beigetragen. Das erscheint begreiflich, wenn man bedenkt, daß die Verbesserungen bei diesem Gegenstand mehr dem westlichen Vulgarrecht verdankt werden als der oströmischen 11 C.8,37,H (528); 4,H,1 (531); Inst. 2, 20, 35; Näheres u. § 256 II. J ustinian

stellt auch hierin die Fideikommisse den Legaten gleich. 11 Vgl. C. 8, 54, 2 u. a., oben A. 10. 11 Dazu Amelotti, SD 19 (1953) 233 f. st Näheres o. § 61 V mit Lit., dazu noch Biondi (o. A. 9) 566-573; 7H-716. Zu 'modus• o. § 61". Auflagen zugunsten heidnischer Zwecke werden u. U. in solche zugunsten der Gemeinde umgewandelt, C. 1, H, 9 (ex Bas., vermutlich Just.). Solche im Interesse der Armen oder zum Loskauf von Gefangenen begünstigt Nov. 65 (538). 16 Richterlicher Zwang zur Ausführung der Auflage beim Vermächtnis in D. 33, 1, 7 i. f. itp.; bei der Freilassung in D. 40, 4, 44 i. f. itp. Die •actio praescriptis verbis (incerta civilis)• in den Stellen o. § 6110 ist wohl immer unecht; dagegen ist ein klas-

sischer Ansatz denkbar bei 'praescriptis verbis agere• in Ulp. D. 10, 2, 18, 2 (Cür Itp. jedoch De Francisci, Synallagma II (1916) 163 f.; s. auch Ind.). Unergiebig sind die Papyri, v_gl.Modrzef· ewski, J JP 7/8 {1953/4) 229. über bischöf iche Zwangsmittel vgl. C. 1, 3, 28, 1 (468); 45 pr. (530); 48, 2 (531); Nov. 131, 10 f. (545); Biondi II 204 ff. • Neben die condictio (o. § 61"' "; vgl. •actio condicticia• in Diocl. C. 8, 54, 3 [ = vat. 286), zdSt. s. außer o. § 6110 noch Biondi [o. A. 9) 714•) tritt die 'vindicatio utilis• in Val. Gall. eod. 1, 1, itp. nach Manc al eo n i, StSass. 1 (1901) 31 ff.; Haym an n, Schenkung unter einer Aufl. (1905) 137 u. a.; zweifelnd Biondi 715 1• 1 Lit. o. § 62 1 ; zum folgenden grundlegend Levy II 60-87.

§ 204. Die Stellvertretung

67

Schule und der Gesetzgebung Justinians. Von der unmittelbaren Stellvertretung im modernen Sinn, also von dem Prinzip, daß eine unabhängige Person im Namen einer anderen ein Rechtsgeschäft vornehmen kann mit dem Erfolg, daß die Wirkungen aus diesem Geschäft ausschließlich beim Vertretenen eintreten, war jedenfalls auch die jüngste Stufe der römischen Entwicklung noch weit entfernt. 2 Das Bedürfnis, das rechtliche Handeln durch unabhängige Stellvertreter zu erweitern, stellte sich ein, als nach dem Ende der klassischen Zeit Hauskinder und Sklaven, die bisher als Vertretungsorgane zu Gebote gestanden hatten, für diesen Zweck immer weniger in Betracht kamen. Die Stellung der Hauskinder wurde mit der Auflockerung der Familienverbände mehr und mehr verselbständigt; und die Zahl der Sklaven ging schon am Beginn dieser Periode stark zurück. Auch der , der ohne weiteres zu Veräußerungen oder Zahlungen für und an den Geschäftsherrn als ermächtigt galt,' sinkt zu einem ganz untergeordneten Hilfsorgan herab, das mit den unselbständigen Kolonen (u. § 213 II) ungefähr auf einer sozialen Stufe steht. 6 Seine Ermächtigung zum Handeln für den Geschäftsherrn reicht jetzt nicht mehr weiter als das ihm erteilte, inhaltlich meist eng begrenzte Mandat. 8 Dem procurator dieser Zeit ist hiernach wesentlich, daß er nur mehr zu einzelnen, begrenzten Aufgaben bestellt wird, 7 wie es schon in der klassischen Zeit für den Prozeßprokurator gegolten hat. 8 In der späteren westlichen Entwicklung verschwindet dann der Name des Klagen anerkannt, wenn der Handelnde als Gewaltunterworfener, ausnahmsweise (beim institor oder magister navis) auch als Gewaltfreier, in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Geschäftsherrn stand. In der nachklassischen Zeit haben sich die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen dieser Abhängigkeitsverhältnisse stark gewandelt; die adjektizische Haftung wird darum von Grund aus umgestaltet. 13 Bestehen bleibt die der bisherigen 'actio quod iussu> entsprechende Haftung, wenn einer der Abhängigen, deren Kreis etwas erweitert wird, dem Gläubiger gegenüber ausdrücklich zur Eingehung dieser Schuld ermächtigt worden ist. u Die Haftung aus den Geschäften des institor wird umgedeutet, weil dieser jetzt von einem bloßen Betriebsleiter zum selbständigen Geschäftsinhaber aufsteigt. 16 Er haftet darum nun selbst, nicht mehr sein dominus. Vielmehr haftet der institor nun seinerseits aus den Geschäften seiner Lehrlinge, freien Angestellten usw. ;18 ja er haftet sogar für alle Schäden, die diese 11 Levy II 73 f.; Conrat, Paulus 81 f. Vgl. insbes. PS 5, 2, 2 (Schlußsatz un• klassisch) mit IP. - Zum Erwerb durch Gewaltunterworfene und durch den Nießbrauchssklaven (zu diesem PS 5, 7, 3; Conrat, Paulus 145) vgl. GE 2, 1, 7, dazu Conra t, Gaius 59 ff.; Archi 250 ff. 11 Levy 75 ff. Vgl. etwa CT 5, 19, 1 {365); 2, 30, 2 (422). Ein Anfechtungs- und Rücklöserecht des Herrn, dessen Sache ohne Wissen des Herrn vom Sklaven veräußert worden ist, enthält CE 287. - Im klassischen Recht genügt auch die nachträgliche Genehmigung, vgl. z. B. Paul. D. 13, 7,20pr. (o. §62 22 ). 13 Levy II 77 ff.; s. auch Conrat, Paulus 158 fC. H Vgl. für die Schulden des •servus, colonus, conductor, procurator actorve• (zu diesem Personenkreis s. alsb. und u. § 213 III) CT 2, 31, 1 (422) = C. 4, 26, 13

mit IT; Levy 77. Fehlt es an der Weisung des Geschäftsherrn und läßt sich der Gläubiger gleichwohl auf das Geschäft ein, so wird ihm die Forderung strafweise versagt. (Zuletzt zur actio quod iussu Sautel,Mel. Levy-Bruhl 257 ff.; 264 ff.) 16 Der Name 'institor• geht allerdings alsbald verloren, Levy 81 f. Der 'magister• in PS 2, 8, 3 hat nichts mehr mit dem magister navis zu tun, sondern bedeutet vielleicht den 'Lehrherrn' (ebd.). - Zum 'exercitor•, der jetzt verschwindet, s. Levy 72871 ; Conrat 159 f. (zur klass. •actio exereitoria• zuletzt Pugliese, Lab. 3 [1957] 308 ff.; De Martino, Lab. 4 [1958] 273 ff.). ia Nach dem \Vortlaut von PS 2, 8, 3 und IP haftet er allein, der dominus wird nicht erwähnt. Diese weitgehende Angleichung an eine vollentwickelte direkte Stellvertretung bezweifelt Levy 83.

§ 204. Die Stellvertretung

69

Untergebenen gegenüber Dritten anrichten, gleichgültig ob die Schädigung mit einer geschäftlichen Verpflichtung zusammenhängt oder nicht. 17 Die Erteilung eines peculium wird nicht mehr als eine generelle Ermächtigung aufgefaßt. 18 Dieses Sondergut erhält einen veränderten Sinn; es ist nicht mehr nur das einem Gewaltunterworf enen anvertraute Vermögen, sondern auch alles Vermögen von Menschen in bloß sozialer Abhängigkeit. Auch das Gut der coloni, actores, procuratores usw. (u. § 213' 2• 68 ) wird als ihr bloßes peculium angesehen, über das sie nur mit Zustimmung ihres dominus verfügen können.lll Wie diese Personen aber doch insoweit als frei gelten, als man sie in eigener Person für ihre Schulden einstehen läßt, so macht man jetzt umgekehrt auch die Sklaven haftbar; darin liegt die Anerkennung einer beschränkten Rechtsfähigkeit, besonders Vermögensfähigkeit, der Sklaven, die sie den Kolonen, Prokuratoren usw. insoweit gleichstellt.20 Der Gewalthaber haftet nicht mehr. 21 Das Gut der Hauskinder endlich wird im Vulgarrecht auf Grund der Erweiterung ihrer Vermögensfähigkeit als ihr Eigenvermögen aufgefaßt (u. § 229 II). Können hiernach alle Pekuliumsträger selbst haftbar gemacht werden, so bleibt doch der Gewalthaber dadurch gesichert, daß dem Gläubiger der Zugriff auf das peculium erst dann offensteht, wenn der Gewalthaber mit allen seinen Forderungen befriedigt worden ist. 22 Die Haftung aus , die im klassischen Recht mit der Pekuliarhaftung gekoppelt war, bildet sich im Vulgarrecht allmählich zurück. 28 III. Überblickt man diese vom Vulgarrecht getragene Entwicklung, so zeigt sie beträchtliche Fortschritte, abgesehen von der beschränkten Vermögensfähigkeit der Sklaven, vor allem in der Anerkennung des Rechtserwerbs durch Gewaltfreie und in der Haftung des Geschäftsinhabers aus den Geschäften seiner freien Untergebenen. Demgegenüber bringt Jus tinian mit der Rückkehr zu den klassischen Quellen wieder einen deutlichen Rückschlag. 24 1. Der Rechtserwerb per liberam personam wird wieder ausgeschlossen; 25 auch der Satz wird wiederhergestellt.• Nur der Levy 81 ff. zu PS 2, 8, 3 (spät) mit IP sowie IP 2, 8, 2. Damit erscheint im Vulgarrecht die Gehilfenhaftung (o. § 132", u. § 266") stark erweitert. 18 Levy 70 ff. 1• CT 5, 19, 1 {365) mit IT u. a.; Levy 17

7f'H. to Levy 72; 78, s. auch SZ 49 (1929) 249; Conrat 160 rr. Vgl. insbes. IP 1, 4, 5 (Levy, PS 95); CT 2, 32, 1 (422) = C. 4, 26, 13, 4 (zur 'actio utilis' o. §1991') mit IT. Zur Vermögensfähigkeit der Sklaven nach den hellenistischen Rechten vgl. Taubenschlag, SZ 50 (1930) 156 f.; Law 87100 ; 89 m. weit. Hinw.; u. § 20919• 11 S. die Stellen in A. 20, ferner IP 2, 32, 21; ET 121.

CT 2, 32, 1 cit. mit IT; fr. Gaudenz.16. Levy 80; Conrat 162 f. PS 2, 9, 1 (i. f. unklassisch) verlangt, daß das Geld dem Gewaltunterworfenen zum Zweck der versio gegeben ist. IP denkt an eine Bereicherungshaftung. H Levy 86 f. - Zu den Papyri vgl. Taubenschlag, St. Bonfante I 438 f.; Law 53; 311 f.; wie weit die dort angeführten Stellen aus byzantinischer Zeit wirklich eine über das Reichsrecht hinausgehende direkte Stellvertretung beweisen, bedürfte erneuter Nachprüfung. 16 Inst. 2, 9, 5 mit Theoph. u. a. Zu den Papyri Taubenschlag, SZ 50, 159 f.; Law 89-91 ; s. auch u. A. 29. •Oben§ 12828 , s. § 11517 ; unten§ 256 II. 11

18

70

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Besitzerwerb und der mit ihm bewirkte Eigentumserwerb durch einen gewaltfreien Mittelsmann werden zugelassen, und zwar jetzt allgemein, also ohne die klassische Beschränkung auf den procurator und den tutor. 17 Immerhin werden auch die sonstigen Ausnahmen des klassischen Rechts, die einen Erwerb durch Gewaltfreie gestatten, übernommen und vereinzelt erweitert. 28 Sieht man hiervon ab, so wirkt die Rückkehr zur klassischen Regel um so einschneidender, als der Erwerb durch Sklaven• mit deren Zahl praktisch zurückging (oben I) und der Erwerb durch den Haussohn dem Vater nur mehr dann zufiel, wenn er mit den Mitteln des vom Vater erworbenen peculium (profecticium) geschah. 80 2. Bei den Verfügungsgeschäften reichte die vom klassischen Recht erarbeitete Befugnis des Nichtberechtigten, formfreie Geschäfte mit ausdrücklicher oder stillschweigender, vorher oder nachher erteilter, besonderer oder allgemeiner Zustimmung des Berechtigten wirksam vorzunehmen, für alle Bedürfnisse aus. 81 3. Für die Verpflichtungsgeschäfte nimmt Justinian zwar die 'adjektizischen> Klagen wieder auf; daneben auch die sonstigen schon in klassischer Zeit anerkannten Ausnahmefälle einer Vertretung bei der Schuldverpflichtung.81 Es fragt sich aber, in welchen Grenzen er damit das alte Recht wirklich zu neuem Leben erweckt hat. Für die Fälle der 'actio q u o d i u s s u>läßt er das Gesetz von 422 bestehen, wonach der Gewalthaber aus der Kreditaufnahme des 'servus, colonus, conductor, procurator, actor> haftet, wenn er ihn zu dem Geschäft ausdrücklich ermächtigt hat. 38 Diese Haftung bleibt mithin über die Sklaven hinaus auf den weiteren Kreis Abhängiger erstreckt. 34 Daneben sieht man Inst. 2, 9, 5 mit Berufung auf C. 7, 32, 1, vgl. auch D. 41, 1, 20, 2; 53; C. 4, 27, 1 pr., alle itp.; Kniep, Vacua possessio I (1886) 219 ff.; Mitteis 212 f., weit. Lit. im lnd., s. zuletzt Meylan, Fschr. Lewald 105 ff. 18 Oben § 62 II 2. Hat ein procurator oder eine Bank in fremdem Namen kreditiert, so ist der Anspruch des Vertretenen schon für klassisch zu halten; o. § 6211, in gleichem Sinn Levy 87 mit Lit. Nur der Pfandrechtserwerb zugunsten des Vertretenen ist neu, C. 4, 27, 3 (530, dazu Fritz, Studien 15 ff.); vgl. D. 13, 7, 11, 6 mit Ind. - Die im Vulgarrecht vorbereitete Einordnung des Prokurators in die Fälle des Mandats hat gewiß erst Justinian abgeschlossen, vgl. Arangio-Ruiz, II mandato (1949) 77 f., s. die Itp.-vermutungen in D. 3, 3, 63; 3, 5, 23; 13, 7, 11, 7; 19, 1, 13, 25; 20, 6, 7, 1; 41, 2, 42, 1; 43, 26, 6, 1 nach Bonfante, Scr. III 250 ff.; Corso III 304 ff. Die Ansätze (durch Annahme eines Generalmandats an den selbständigen :procurator) gehen aber schon in die klassische Zeit zurück. 11 Ob. A. 11. Zum Erwerb durch Miteigentumssklaven vgl. C. 4, 27, 2 (530), da17

zu Schulz, SZ 50 (1930) 230 ff.; D. 45, 3, 37 i. f. itp.; Gaudemet, Indivision (u. § 24161 ) 459ff.; neuestens Bretone, Servus communis (1958) 92 f. Über Erwerb durch Nießbrauchssklaven (o. § 5815 ) s. zuletzt Grosso, Usufrutto 1 {1958) 205 bis 220. - Über Erwerb durch Sklaven auf Grund einer Stipulation (Schuldschein) s. C. 8, 37, 14 (531) und zur Praxis nach den Papyri Taubenschlag, St. Bonfante I 421; Law 91; 397'. 80 C. 6, 61, 6 (529); Inst. 2, 9, 1; 3, 28 pr. 11 Näheres, auch zur dogmatischen Emordnung dieser Fälle, o. § 62 III. 81 Sie stammen hauptsächlich aus dem Honorar- und dem Kaiserrecht, s. oben § 62 IV a. E., vgl. auch u. § 23311 • Hierhin wird man auch die in den Papyri überlieferten Fälle einer direkten Stellvertretung bei der Obligierung eingeordnet haben, die Taubenschlag, St. Bonfante I 432; 438 r.; Law 416 f. erwähnt. 11 C. 4, 26, 13 pr. - 3 = CT 2, 31, 1 (o. A.14). "Allerdings wird ihnen in C. 11, 50, 2, 3 (396) ein eigenes Vermögen versagt; vgl. zu diesem Widerspruch Levy 70161 • In den Papyri der römischen Zeit ist der Sklave in

§ 204. Die Stellvertretung

71

aber, indem man klassische Ansätze weiterbildet, auch den Gewalthaber selbst als Vertragspartei an und gibt dem Gläubiger die gewöhnliche Vertragsklage. 86 Die 'actio de peculio> stellt Justinian wieder her. 86 Daß daneben der 'actor servus procuratorve praediorum> selbst aus seinen Geschäftsschulden verklagt werden konnte, sofern er nur vorher seinen Gewalthaber befriedigt hatte, war trotz der Übernahme des Gesetzes von 42287 wohl nicht beabsichtigt. 88 Die Pekuliarhaftung der Hauskinder wird eingeschränkt durch ihre immer weiter ausgedehnte Vermögensfähigkeit, die es nun ermöglicht, sie selbst zu belangen. 88 Die 'actio de in rem verso'' 0 wird auf die Haftung des Geschäftsherrn aus dem Handeln Gewaltfreier erweitert ;' 1 darin liegen die Ansätze zu einer allgemeinen 'Verwendungsklage>, wenn jemandes Vermögenswerte zum Nutzen eines anderen verwendet worden sind. Inwieweit schließlich die Haftung des Geschäftsherrn aus der 'actio insti toria> und ihrer analogen Erweiterung auf den procurator sowie aus der 'actio exercitoria> praktische Bedeutung behalten oder neu gewonnen hat, bleibt eine offene Frage. 62 Nach alldem hat Justinian das Recht der Stellvertretung in ungefähr dem gleichen unabgeklärten Zustand der Nachwelt hinterlassen, den es schon am Ende der Klassik erreicht hatte. 43 der Regel vermögensunfähig; Ausnahmen unter hellenistischem Einfluß bei Taubenschlag 88101 ; 891.,., s. auch St. Bonfante I 38411 , 11 ; SZ 50, 157 f. 18 D.12,1,29;14,3, 17,5;17,2, 84,alle itp., s. auch Inst. 4, 7, 8; Lit. o. § 62st ; anders Riccobono, APal. 3/4. (1917) 623 ff., der diese Stellen auf die Bereicherungskondiktion bezieht. Vgl. aber zuletzt Solazzi, SD 21 (1955) 308 ff. (zu fr. 84.). • Zur Frage ihrer Erstreckung auf Pönalklagen s. u. § 27161 • 17 C. 4., 26, 13, 4. = CT 2, 32, 1 (o. A. 22). 'Utilis actio de peculio• meint offenbar die Zuständigkeit der regulären Pekuliarklage. 18 Inwieweit die oströmische Schule in das Recht der regelmäßigen actiones de peculio und de in rem verso neue Gedanken hineingetragen hat, ist fraglich. Die Studien von Solazzi (o. § 14.tl) stehen jetzt in Scr. I 99 ff.; 161 ff.; 247 ff. (dazu neuestens AG 152 [1957] 3ff.); 269ff.; dazu Kaser, SZ 73 (1956) 4.20ff. • Zur hellenistisch beeinflußten Vermögensfähigkeit der Hauskinder nach den Papyri s. Taubenschlag, SZ 37 {1916) 223 ff.; Law 14.6f.; auch St. Bonfante I 4.07; 4.35.

,oS. oben

A. 38. Zur versio in rem (o.

§ 14.111 ) neuestens Gay in: Varia II (Paris

1956) 155 ff. (dazu Niederländer, SZ 75 [1958] 4.15ff.). Die 278 r. behauptete Annäherung an das Recht der condictio bedürfte der Nachprüfung. 41 C. 4., 26, 7, 3 itp., vgl. auch C. 4., 2, 13; 8, 15, 1.; D.12, 1, 27; 17, 2, 82, alle insoweititp.; Lenel, Arch. ziv. Prax. 78 {1892) 354.ff.; Mancaleoni, Filang. 24. (1899) LVII ff.; zuletzt Gay 278 r. m. weit. Lit. &1 'Institor• und •actio institoria•, ebenso 'exercitor• und 'actio exercitoria' sind den eigenen Gesetzen J ustinians fremd; im übr. vgl. Levy 82 mit Hinw.; o. A. 15. Neben den sozial aufgestiegenen und verselbständigten Kaufleuten wird es immerhin auch abhängige gegeben haben, für die die Haftung des dominus bedeutsam blieb. Auch bei der actio ad exemplum institoriae actionis wird man das Absmken der sozialen Stellung des procurator (o. I) zu berücksichtigen haben. "Anders etwa Riccobono, APal. 14. (1930) 393. Von einer allgemeinen Anerkennung des Prinzips der Stellvertretung bei Justinian kann aber keine Rede sein. Vgl. auch Rabel, SZ 4.7 {1927) 4.83r.

ZWEITER

PERSONEN-

ABSCHNITT

UND FAMILIENRECHT

§ 205. Die Weiterentwicklung des Familienrechts

Die Geschichte des nachklassischen Familienrechts 1 wird hauptsächlich von zwei Faktoren beherrscht: von den weiteren Fortschritten der Individualisierung, die schon in der klassischen Periode das Gefüge des alten Hausverbandes verschiedentlich durchbrochen hatte, und von den Einflüssen der christlichen Lehre, die die Familienordnung überlagert und teilweise durchdringt. Die Geschlossenheit des Familienverbandes, in dem die Hauskinder der Vollgewalt des paterf amilias unterworfen sind, hatte sich schon in der Prinzipatszeit weithin verflüchtigt. Die konservative Gesinnung der Klassiker zeigte sich jedoch nach wie vor darum bemüht, den festen Rahmen der Familie als eines Rechtsverbandes zu erhalten. Damit blieb die Rechtsordnung, die die alten Bindungen zu bewahren suchte, hinter der sozialen Wirklichkeit, die nach der Verselbständigung der Familiengenossen drängte, immer weiter zurück. Die nachklassische Periode dagegen, die sich der klassischen Tradition nicht mehr verpflichtet fühlt, zeigt sich eher geneigt, den geschlossenen Familienverband mit seinen Verhältnissen der Über- und Unterordnung aufzulockern und teilweise preiszugeben. 1 Es handelt sich dabei, nachdem die Ehefrau schon in der klassischen Periode mit dem Verschwinden der manus-Ehe ihre Selbständigkeit gegenüber dem Mann und seiner Familie erreicht hat, nur noch um die Hauskinder. Zwar hält man, der Tradition folgend, an der lebenslänglichen väterlichen Gewalt 3 über sie fest; doch treten die Schutzvorschriften zu ihren Gunsten und vor allem die Maßnahmen zu ihrer vermögensrechtlichen Verselbständigung immer stärker hervor. Dabei geht die Rechtsschöpfung dieser Zeit zum Teil neue Wege. Um den Hauskindern an bestimmten Gütern, besonders an dem von der Mutterseite stammenden Gut, eine, wenn auch beschränkte Vermögensfähigkeit zu gewähren, wählen Konstantin und seine Nachfolger die vulgarrechtliche Denkform eines : der Vater erhält ein , das Kind ein auf die restlichen Beziehungen beschränktes Eigen1

Zur Kennzeichnung Archi 82 ff., ferner Sargenti und Dupont o. § 193 18 • 1 Damit vergrößert sich der Abstand von der hellenistischen Hausgemeinschaft. Bei ihr ist jeder Hausgenosse zur Verfügung über die Rechte (Sachen und Forderungen) des anderen befugt, er haftet aber auch für dessen Schulden. Umgekehrt ist zu gewissen Verfügungen (Veräußerungen, Freilassungen) die Zustimmung der Hausgenossen erforderlich, die im Todesfall zur

Erbfolge berechtigt sind (eine Spur davon in Bas.19, 10, 66 erwägt Brassloff, Zvgl. RW 27 [1912] 267). Vgl. etwa Taubenschlag, RPR 229 ff. = Op. I 112 ff.; St. Bonfante I 438; Law 55; 411 r. und insbes. Kreller, Erbrechtl. Unters. (1919) 178 ff.; 19l3; vgl. u. § 211n, § 241n, zur Anwartschaft der nächsten Erben auch § 290 I 1 a. E.

• Zur Frage einer 'mütterlichen' Gewalt nach hellenistischem Volksrechts. u. § 2269 •

§ 205. Die Weiterentwicklung

des Familienrechts

73

turn. Eine gleichartige Eigentumsteilung wird dann auch in anderen ähnlichen Fällen angewandt. Justinian jedoch deutet dieses Verhältnis überall in klassizistischer Weise in einen gesetzlichen Nießbrauch (ususfructus) des Vaters am Eigentum des Kindes um. Daneben faßt er die seit Konstantin entwickelten Erweiterungen des 'peculium castrense> als 'peculium quasi castrense> zusammen und knüpft damit beim klassischen Pekulienrecht an. Auch die Gewalt des paterfamilias über die Person wird gemildert, vor allem das 'ius vitae necisque> wohl schon am Beginn dieser Periode beseitigt, die 'noxae datio> der Hauskinder gerät außer Übung. Mit alldem hat man die überkommenen Grundsätze der patria potestas so weit ausgehöhlt, daß sich diese Gewalt im wesentlichen in einer pflichtgebundenen sozialen Schutz-, Leitungs- und Aufsichtsposition über das minderjährige Kind erschöpft, die von den entwickelten Stufen anderer geschichtlicher Rechte, aber auch von den heutigen Verhältnissen nicht mehr allzuweit entfernt ist.' Nur in einigen wenigen Beziehungen, namentlich beim Vermögenserwerb von der Vatersseite (sog. 'peculium profecticium>), bleiben gewisse Überreste der Vatersgewalt auch über das erwachsene Hauskind erhalten. Die weitreichende Verselbständigung der Hauskinder im Familienrecht setzt sich im Intestaterbrecht und im Noterben- und Pflichtteilsrecht fort, wo die Spuren der Agnation, also der von der Verbandszugehörigkeit abgeleiteten Verwandtschaft, endgültig abgelöst werden von der Kognation, d. h. von der Blutsverwandtschaft. Weiter folgt aus dem Zurücktreten der Hausgewalt, daß auch die Entlassung aus ihr durch Emanzipation an Bedeutung verliert, und daß die Adoption aus einem Wechsel der Verbandszugehörigkeit abgeschwächt wird zu einem bloßen Übertritt in die Kindesstellung beim Adoptierenden. Diese ganze Entwicklung bedeutet, wie gesagt, nur zum Teil eine Reihe sachlicher Neuerungen und Vervollkommnungen, zum anderen Teil die bloße Anpassung des Rechts an eine bereits eingetretene soziale Wirklichkeit. Ähnliches gilt für die Rechtsstellung der Sklaven. Unter dem Einfluß der vom Christentum begünstigten Idee einer natürlichen Freiheit aller Menschen gewährt man auch den Sklaven einen verstärkten Schutz, wenngleich er weit hinter dem der Hauskinder zurückbleibt. Man billigt ihnen wenigstens in Ansätzen sogar eine rechtlich anerkannte Vermögensfähigkeit zu, die sie vermöge des Pekuliums gewiß schon seit langem, aber bisher nur als eine faktische hatten. Die Sklaven gehen in dieser Periode in einer weiteren Schicht abhängiger Menschen auf niedrigster sozialer Stufe auf, deren Rechtsstellung mannigfache Schattierungen zeigt. Bei diesen Gruppen einer 'Untertänigkeit>, 5 denen auch die 'coloni> und 'adscripticii> (u. § 213 II) sowie die 'procuratores> und 'actores> (o. § 204 1) zugehören, verwischt sich die bisher scharf gezogene Grenze zwischen Freiheit und Unfreiheit. Die Entstehung solcher Zwischentypen wird, außer vom Vulgarrecht, auch von hellenistischen Vorbildern beeinflußt worden sein.8 " Damit ist freilich vereinbar, daß die Idee der Familiengemeinschaft als Rechtsgemeinschaft auch noch im Mittelalter fortbesteht; vgl. z•1letzt Vismara, SD 22

(1956) 238ff. 6 Treffender Ausdruck von Levy II 70ff. 8 Vgl. insbes. Arangio-R uiz, Persone e famiglianeldiritto deipapiri (1930) 1 ff.; srr.

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Am tiefsten greift in den bisherigen Bestand des Familienrechts und wohl des gesamten Privatrechts die Erneuerung des Eherechts ein. Hatte das klassische Recht in diesem traditionsgebundenen Sachbereich im wesentlichen an den altrömischen Grundsätzen festgehalten, die die Ehe als profanen sozialen Tatbestand beurteilen, so machte hier die christliche Lehre einschneidende Reformen unerläßlich. In zahlreichen Einzelgesetzen seit Konstantin, die Justinian ergänzt und in seinen Novellen zusammenzufassen sucht, haben die Kaiser die Voraussetzungen der Ehe dem neuen Glauben angepaßt, vor allem aber die Eheauflösung stark erschwert und die Wiederverheiratung eingeschränkt. Andererseits wird der Konkubinat, sofern er den christlichen Anforderungen an eine Ehe genügt, als eheähnliche Verbindung anerkannt. Im Güterrecht haben die Kaiser, teilweise unter hellenistischem Einfluß, das Recht der Mitgift (dos) weitergebildet und die aus der hellenistischen Praxis stammende 'donatio ante (seit Justinian: propter) nuptias> reichsrechtlich geregelt, um diese beiden Einrichtungen ihren christlichen und sozialpolitischen Bestrebungen unterzuordnen. - Die Stellung der Frau, auch der unverheirateten, wird unter christlichem Einfluß allenthalben weiter verbessert (u. § 207 II). Im Vormundschaftsrecht wird der Gegensatz zwischen der und der , dessen geschichtliche Ursachen längst in Vergessenheit geraten waren, vom Vulgarrecht ausgeglichen. Justinian hält ihn zwar notdürftig aufrecht, nimmt ihm aber jede praktische Bedeutung. Die Vormundschaft über Frauen war schon am Beginn dieser Periode gegenstandslos geworden, wenngleich im hellenistischen Volksrecht ihre Spuren fortbestehen. Das Reichsrecht lehnt sie ab und läßt vielmehr die Mutter sogar als Vormünderin ihrer Kinder zu. Die Aufsicht über die Vormünder und Pfleger wird im absolutistischen Verwaltungsstaat verstärkt. Im ganzen ist zu beobachten, daß die kaiserliche Gesetzgebung in kein Gebiet des Privatrechts so stark und so vielfältig eingegriffen hat wie in das Personen- und Familienrecht. Das erklärt sich zum Teil aus der planvoll durchgeführten Christianisierung, zum anderen Teil aus der wohlfahrtsstaatlichen Politik, die auf diesem Rechtsgebiet ein besonders reiches und wichtiges Betätigungsfeld fand. Die kaisergesetzlichen Reformen, die schon unter Konstantin beginnen, folgen zumeist, wenn auch nicht überall, in beiden Reichshälften den gleichen Richtungen; sie stützen sich hier wie dort auf parallele Erscheinungen des religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Auch Justinian fand hier weniger als sonst Gelegenheit, in seiner klassizistischen Manier die klassischen Regelungen wiederaufzunehmen, sondern setzte zumeist die Rechtspolitik seiner Vorgänger fort. Indem die Reformgesetze im Familienrecht dieser Periode vielfach neue Wege gehen, ohne bei den Erscheinungen und Denkformen des klassischen Rechts anzuknüpfen, treten hier ttuch die anderwärts beobachteten Gegensätze zwischen Vulgarismus und Klassizismus zurück. Mit alldem zeigt das nachklassische Familienrecht eine einheitlichere und geradlinigere Entwicklung als die anderen Zweige des Privatrechts.

§ 206. Begriff

und Eigenseharten

der Person

75

Neue hellenistische Einflüsse sind im Personen- und Familienrecht stärker sichtbar als auf den anderen privatrechtlichen Gebieten. Sie erklären sich aus dem kulturellen Gewicht der östlichen Reichshälfte; teilweise begegnen sie sich mit den Umformungen durch die Vulgarisierung. Soweit sie schon am Anfang dieser Periode auftreten, haben sie auch den Westen ergriffen; hierher gehören etwa: die manumissio in ecclesiis, die revocatio in servitutem, die arra sponsalicia und die donatio ante nuptias, der Scheidebrief, ferner allgemein die Abschwächung der patria potestas, die Stellung der Mutter, vielleicht auch ihre Zulassung zur Vormundschaft. Dagegen sind die Neuerungen, die erst J ustinian nach hellenistischen Vorbildern geschaffen hat, auf den Osten beschränkt geblieben; so die adoptio minus plena, die Stellung des Mannes gegenüber der dos und die Generalhypothek für den Dotalanspruch ; wohl auch die parapherna und vielleicht die Wirksamkeit der Freilassung durch den Miteigentümer (u. § 21168 - 60 ) und der Verzicht auf den Patronat (u. § 212 II).

I. DIE PERSONEN § 206. Begriff und Eigenschaften der Person

I. Zu einer Theorie der Rechtsfähigkeit dringen auch die nachklassischen Entwicklungen nicht vor. 'Persona> und 'caput> bezeichnen wie bisher in erster Linie den einzelnen Menschen. Immerhin beschränkt man hier und da im Westen wie im Osten diese Ausdrücke auf die Freien 1 und scharrt damit einen Ansatz für den Begrirr der 'Rechtsfähigkeit>. Ein weiterer liegt in dem Gebrauch von 'persona> bei den Körperschaften und in der Behandlung der Stiftungen; dazu Näheres u. § 214 IV. 'Ca pi t i s dem in u t i o>bleibt ein systematischer Hilfsbegrirr für Fälle, in denen jemand aus seinem Verband ausscheidet; der Begrirr wird auch jetzt häufig dem Tod als Ursache des Rechtsverlusts an die Seite gestellt.• Während der BegriU im westlichen Vulgarrecht versinkt, 3 nimmt ihn die ost1 Vgl. NT 17, 1, 2 (439) serPos ... quasi Cap. dem. III (o. § 64 7) 1 ff. PS 3, 6, 29 nec personam hahentes; Cassiod. var. 6, 8; (ohne IP) nennt als Fälle der cap. dem. ferner cinp6anoc;in Theoph. 2, 14, 2; Deportation, Bergwerksstrafe und Sta3, 1 7 pr. ol olxhotL cinp6aC1>1tOL llv-rcc;ix tusänderung durch Arrogation und Adoption; GE 2, 3, 5 nur die Kriegsgefangennpoa7t6>v -rwv olxe(Ca>v 8e für den Verlust des Bürgerrechts und 'minima> für das Ausscheiden aus der Familienstellung nun allgemein durch.' II. Die Rechtsstellung (status) 5 der Personen wird nach wie vor von den Kriterien bestimmt, die dieser Dreiteilung der capitis deminutiones zugrunde liegen, doch wandelt sich ihre Bedeutung. 8 Bestehen bleibt der Gegensatz zwischen Frei7 und Unfrei, wenngleich man einerseits sogar den Sklaven eine beschränkte Vermögensfähigkeit zuerkennt, andererseits gewisse Personen aus ursprünglich freier Herkunft, wie coloni, adscripticii, actores, procuratores, 8 nun weithin den Sklaven gleichordnet. Dagegen tritt der Unterschied zwischen Bürgern und Nichtbürgern mit der Ausbreitung des Bürgerrechts stark zurück. Nichtbürger ist jetzt nur noch der regelmäßig außerhalb der Reichsgrenzen lebende Fremde, außerdem der Deportierte, der das Bürgerrecht strafweise verliert und vielfach mit dem Unfreien auf eine Stufe gestellt wird (u. § 208 II). Die Stellung im Familienverband schließlich verliert an Bedeutung, seitdem der agnatische Familienaufbau mehr und mehr zurückgebildet wird; doch bleibt ein Restbestand der väterlichen Gewalt mit ihren familien- und erbrechtlichen Folgen auch in der Spätzeit erhalten. 8 III. Den Beginn der Rechtsfähigkeit des freien Menschen beurteilt der Westen wie bisher bei ehelicher Abkunft1° nach der Empfängniszeit, bei unehelicher nach der Zeit der Geburt. 11 Soweit Ausnahmen aus dem 'favor in IP vgl. Conrat, Paulus 84 ff.; Levy, SZ 68 {1951) U7. 'C. 3, 33, 17 pr./1 (531) stammt erst aus der Zeit nach Aufstellung des Digestenlanes (s. oben § 19416 ); hieri.~ D. 33, ~. 1; nst. 2, 4, 3; 3, 10, 1, alle 1tp. Weitere ltpp. in Inst. (1, 16, 6; 1, 22, 4) und Dig. bei Coli, Saggi critici I: Capitis deminutio {1922); neuere Lit. bei Kaser, lura 3 {1952) 50 1 ; 5118 • Im übrigen i.um justin. Recht Desserteaux, TS 8, 210ft. {Cap. dem. III 82 ff.). 6 Zu •status' in GE 1, 1 pr. vgl. Archi 104 f. • Die christliche Lehre von der Gleichheit aller Menschen vor Gott klingt i.war in einigen auf natura und ius naturale gestützten Texten an {C. 8, 37, 13, 2 [530), vgl. auch D. 50, 17, 32; Inst. 1, 2, 2; 1, 5 pr.), die insoweit schon auf ältere philosophische Lehren i.urückgehen werden (o. § 67 1), mögen sie jetzt auch im christlichen Sinn umgedeutet werden. Praktische Folgerungen für die staatliche Rechtsordnung scheint man daraus jedoch im allgemeinen nicht gezogen i.u haben; anders Biondi II 327 ff.; 330 ff. Zur Sklaverei u. § 209 I, II. 7 Der Freie, und i.war der civis Romanus,

f

heißt im Westen jeti.t 'ingenuus', vgl. GE 1, 1 pr.; IP 5, 28, 1, s. auch GE 1, 4, 9; Archi 104 f.; Conrat, Paulus 92. Anders bei Justinian, der damit wieder den Freigeborenen bezeichnet, vgl. C. 6, 4, 3, 2 (529). S. auch Bartosek, Czasopismo l>rawno-historycme 3 {1951) 25 f.; 29 f. (lura 3 (1952) 420). 8 Vgl. o. § 204 1, u. § 213 II, III. - Keine Statusminderung bedeutet es, wenn bestimmte Religionsverbrecher mit dem Ausschluß von bestimmten Geschäften oder Erwerbsarten bestraft werden; vgl. u. § 284 1 und III, ferner i.. B. für die Manichäer und andere CT 16, 5, 40, 3 f. {407) = C. 1, 5, 4, 2 f. • Gewaltunterworfene, 'personae alieni iuris', sind nach dem Verschwinden von manus und mancipium nur noch die Hauskinder und Sklaven; Archi 192 ff. 10 Nach klassischem Recht kommt es auf die Abstammung nach ius civile an (lul. D. 1, 5, 26, i.dSt. zuletzt Kaser, SZ 75 (1958] 169). 11 GE 1, 4, 9, dai.u Archi 133 ff., s. auch Conrat, Gaius 56 f. {Zu Ulp. D. 1, 5, 24 s. jebt Volterra, Symb. TaubenIura 9 (1958) schlag I 5U ff.; Santoro, 113 ff.)

§ 206. Begriff

und Eigenschaften

der Person

?7

libertatis> vielleicht schon im klassischen Recht anerkannt waren, 12 leben sie im Vulgarrecht fort. 13 Nach Justinian dagegen wird aus dem 'favor liberorum> der status eines Menschen immer nach der Zeit der Geburt beurteilt. 14 Für die Fälle, in denen die persönliche Rechtsstellung des Kindes nach dem Zeitpunkt der Geburt ungünstiger wäre als nach dem der Empfängnis, soll jedoch allgemein die Regel gelten, daß die Leibesfrucht als schon geboren fingiert wird, wenn es dem Kind vorteilhaft ist. 16 Die Auslegungsregeln, die die klassische Kasuistik für den Tod mehrerer in gemeinsamer Gefahr Umgekommener aufgestellt hatte (o. § 64 II 2), werden von dernachklassischen Schule und Praxis in Beweisregeln für den Prozeß umgedeutet. 18 Der Eintritt in ein Kloster bewirkt den Verlust des gesamten Vermögens an das Kloster und damit offenbar einen Verlust der Vermögensfähigkeit. Nur den Kindern des Eintretenden bleibt ein Viertel gewahrt, auf das jedoch Schenkungen sowie die dos oder donatio propter nuptias angerechnet werden. 17

IV. Einen Schutz der Persönlichkeit und ihrer individuellen Freiheit kennt die nachklassische Periode nur in engen Grenzen. 18 Die absolute Monarchie, die alle Lebensbereiche mit ihrer Machtentfaltung und ihren Wohlfahrtsbestrebungen durchdringt, findet es vereinbar, daß einerseits der einzelne gegen unbefugte Einsperrung oder Versklavung gesichert wird, 19 daß es aber andererseits an jeglicher politischer oder religiöser Freiheit mangelt (o. § 19238 ). Die Eingliederung in die Zwangsverbände und die Unterwerfung unter die öffentlichen Lasten ziehen der persönlichen Freiheitsentfaltung enge Schranken. 10 Auch der Schutz der Ehre wird jetzt den veränderten staatlichen Zwecken angepaßt. 11 Die Tatbestände der Ehrlosigkeit (infamia) faßt Justinian aus der klassischen Kasuistik zusammen (D. 3, 2, 1, Inskription und Anfang itp.). Zu ihnen gehören nach Inst. 1, 4 pr. (Marcellus) läßt eine nachgajanische Kontroverse vermuten; s. auch Marci. D. 1, 5, 5, 3 (anders Albertario I 29 f.). Vgl. u. § 2103 • 11 PS 2, 24, 2f. Lit. zur Echtheitsfrage o. § 681 • u C. 5, 27, 11, 4 {530); Nov. 89, 8, 1 (539). Vgl. Albertario I 35 ff. Biondi III 196 scheint auch hier mit christlichem Einfluß zu rechnen. - Zum Lebensbeweis s. die Lit. o. § 641' (Perozzi I 189 ff.). 16 Iust. c. 11, 4 cit. Damit wird die schulmäßige Regel Qui in utero est, perinde ac si in rebus humanis esset custoditur, quotiens de commodis ipsius partus quaeritur (D. 1, 5, 7, ähnlich D. 50, 16, 231) verallgemeinert (o. § 68 I, Lit. ebd. A. 5, ferner Siber 24; für Echtheit auch Stella Maranca, Bull. 42 (1934) 238ff.). Zur Frage, ob die Kirchenväter der Leibesfrucht schon ein selbständiges Dasein zuerkannten, vgl. Robert i in: Cristianesimo e diritto romano {1935) 65 ff., anders jedoch Steinwenter, SZ 56 {1936)380f.; Biondi II 339 f.; Succ. test. 1178 • - Über die praktischen Folgerungen der angeführten Regel für die Erbfolge der postumi 11

sui und alieni s. unten § 28418 , § 28720 , § 289 I, II. 11 Vgl. die unechten Zusätze in D. 34 ,5, 9, 2-4; Lit. o. § 6411 • 17 Nov. 5, 5 (535); 76 (538); 123, 38 (546); Orestano, St. De Francisci III 561ff.; 571 ff. Zu den gleichwohl überlieferten Mönchstestamenten s. u. 28410 , zum Anfall erblosen Nachlasses § 28788 • - Zum 'bürgerlichen Tod' dessen, der sich mönchischem Leben zuwendet, und zur Beendigung seiner Ehe s. u. § 219 I. 18 Zum folgenden Biondi II 342 ff. 19 Belege bei Biondi 348 f. Zur Frage der Veräußerung oder Verpfändung der Kinder s. u. § 226 II. ao Unten§ 214 IV; vgl. Biondi 355 ff.; 358. Zur Zwangsarbeit u. § 26681 • 11 Vgl. Kaser, SZ 73 {1956) 220 ff. m. weit. Lit. - Die Einteilung in 'honestiores' und 'humiliores• hat hauptsächlich strafrechtliche Bedeutung; dazu zuletzt Cardascia, RH 28 {1950) 305 ff.; 461 ff. (insb. 478 ff.); St. Albertario II 653 ff. Zu den •potentiores• Mit teis, Mel. Girard II 225 ff. und zuletzt Biondi II 1 92 ff. mit Lit.

78

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

wie vor die schimpfliche Entlassung aus dem Heer, das Auftreten als Schauspieler, die Kuppelei, die Verurteilung in bestimmten Strafprozessen sowie aus bestimmten privatprozessualen Delikts- und Kontraktsklagen, schließlich Trauerverletzung, Doppelverlobung und Doppelehe. Von den Rechtsfolgen dieser Infamie kommen aus dem bisherigen Recht in Betracht: der Ausschluß von der Befugnis, vor Gericht Anträge zu stellen (postulare), der Ausschluß von der Strafanklage sowie einige weitere Beschränkungen; dagegen nicht mehr die Unfähigkeit, Prozeßvertreter zu sein oder solche zu bestellen, seitdem Justinian die hierauf bezüglichen Einreden beseitigt hat. 11 Im Vordergrund steht jetzt aber die Unfähigkeit zu den Ämtern und sonstigen öffentlichen Funktionen, zu denen auch die advocatio, also die berufsmäßige Prozeßbeistandschart, gehört. Der Ausschluß vom Gemeinderat, den Gemeindeämtern und anderen Aufgaben, der entweder für immer oder häufiger auf begrenzte Zeit verhängt wird, geht bereits in das Kognitionsverfahren der späten Prinzipatszeit zurück 11 und wird dort als Strafmaßnahme angeordnet. Diese 'kognitionale• Infamie ist nicht an die festen Tatbestände und Rechtsfolgen der Gesetze und Edikte gebunden, auf sie wirkt auch die allgemeine soziale Beurteilung des einzelnen in der Gesamtheit (existimatio, dignitas) ein." Aus diesen kognitionalen Maßnahmen entwickelt sich die Infamie seit Konstantin 11 zu einer besonderen 'Ehrenstrafe•, die in vielen Kaisergesetzen angeordnet wird, sei es als alleinige, sei es als Nebenstrafe neben anderen, besonders bei Amtsvergehen, und als 'infamia perpetua•, verbunden mit Intestabilität und Kaduzität, für die Glaubensverbrechen der Manichäer, Donatisten und Apostaten.

§ 207. Die Handlungsfähigkeit

I. Die Gliederung nach den Altersstuf en 1 wird in mehreren Beziehungen abgewandelt. 1. Für die Stufe der inf antes setzt sich die Grenze des vollendeten siebenten Lebensjahres allmählich durch. CT 8, 18, 4 (329? 339?) spricht von 6 Jahren; nach eod. 8 (407 Ost) entscheidet im allgemeinen noch das •fari posse•, die 7-Jahres-Grenze wird nur für den Erwerb der bonorum possessio festgesetzt. Ähnliches gilt nach C. 6, 30, 18 pr./4 (426 West) für den Erwerb der hereditas. 1 In D. 23, 1, 14 (Verlöbnis) und 26, 7, 1, 2 (Vertretung durch den Tutor) wird die 7-Jahres-Grenze auf Justinian zurückgehen (Lit. im Ind.). Doch wird sein Wille, daraus eine allgemeine Regel zu machen, nicht deutlich sichtbar.• - Zum Besitzerwerb des infans und des impubes s. o. § 9511 , u. § 23913 •

2. Für den Eintritt der pubertas läßt man es im Westen wie im Osten bei Knaben auf das vollendete 14. Lebensjahr ankommen.' Justinian er1 Solazzi, Bull. 49/50 (1948) 357 ff. Ob im pr. id est minori septem annis glossiert ist, macht nichts aus (für ltp. Faber u. a.; Perozzi I 4621). - Zum Erwerb der hereditas und der bonorum 11 Ebd. 231; 265 f. possessio s. u. § 29121• aa. 8 Die 15 Zur Zeit des Absolutismus ebd. 272fC.; Gruppe der 'infanti proximi" vgl. auch Brasiello, La repressione penale (o. § 65 I) hält Solazzi, Lab.1 (1955) {1937) 477ff.; 560ff.; Pommeray, Etu- 7 ff. für unklassisch. Sie mag auf die frühdes sur l'infamie en droit romain (1937) nachklassische Schuldoktrin zurückgehen; wohl nicht auf Justinian, dem es ja offen205 ff. 1 Die terminologische Fünfgliederung bar um genaue Fixierung zu tun war. Vgl. AG 150 (1956) 58 ff. in CT 2, 17, 1, 3 (324) bleibt vereinzelt. auch Burdese, Die Ausdrücke 'pueritia' für die impuberes (zum klass. R. 10 ff.). 'CT 4, 8, 6, 3 (323) mit IT; 2, 17, 1, 1 und 'firmata aetas' für solche, die die venia aetatis erhalten können, bleiben unge- (324) mit IT; ferner lT 4, 3, 1; 4, 14, 1; bräuchlich, 'senectus• wird kein Rechtsbe- INT 11; SRR L 5. - Zu den Papyri Taubenschlag 147" m. Lit. griff. Vgl. S argen ti 175 f. 11 Inst. 4, 13, 11, Lit. bei Levy, PS 71aa. Anders noch im Vulgarrecht, vgl. PS 1, 2, 1/3 mit IP, dazu Levy 66 ff.; 73 ff.; Conrat, Paulus 120 ff. 18 Kaser 256 ff. m. Qu. u. Lit.

§ 207. Die Handlungsfähigkeit

79

hebt das zur allgemeinen Regel.6 Für die Mädchen bleibt es beim vollendeten 12. Lebensjahr. Die Bedeutung dieser Altersstufe verblaßt jedoch, seitdem vor allem unter Konstantin die Tendenz hervortritt, impuberes 1 und minores einander anzugleichen; 7 eine völlige Gleichstellung wurde freilich weder im Westen noch unter Justinian erreicht. Dieser Annäherung entspricht die zwischen Tutor und Kurator (u. § 231 III). 'Minores> sind nunmehr alle Personen unter 25 Jahren, die impuberes inbegriffen. 11 Folgerichtig sieht man alle Geschäfte, durch die solche Minderjährige benachteiligt werden, als anfechtbar an. 8 Justinian kehrt zwar zu den klassischen Quellen zurück und behandelt die Geschäfte, die impuberes ohne auctoritas tutoris abschließen, als ungültig, soweit sie damit Rechte aufgeben oder verpflichtet werden. 10 Doch ist schwerlich vorstellbar, daß diese Regelung, soweit sie von der für die minores (u. 3) abweicht, praktische Bedeutung erlangt hat. Vereinzelt wird die pubertas in PS 3, 4a, 2 {für die Testierfäbigkeit) mit dem 18. Lebensjahr bestimmt; 11 ebenso in Inst. 1, 11, 4 für den Altersunterschied der Adoptionsparteien {hier als 'plena pubertas• bezeichnet).

3. Die entscheidende Stufe für den Eintritt der vollen Geschäftsfähigkeit ist jetzt das vollendete 25. Lebensjahr. 12 Der 'minor viginti quinque annis>18 erhält, wenn er nicht unter patria potestas steht, regelmäßig einen Kurator, dessen Aufgaben vermehrt und damit, wie erwähnt, denen des Tutors weithin angeglichen werden. 1' Mit dieser Entwicklung verringert sich die Geschäftsfähigkeit des minor, dessen Geschäfte vom consensus curatoris abhängig gemacht werden, sowie seine Prozeßfähigkeit. 16 Außerdem steht dem 6 C. 5, 60, 3 (5291; Inst. 1, 22 pr. Die Prüfung des körper ichen Reifezustandes, soweit er noch neben der Altersstufe beachtet wurde {vgl. A. B. Schwarz, SZ 69 [1952) 345 ff.), wird endgültig als anstößig beseitigt. • Den vulgarrechtlichen Quellen sind die Ausdrücke 'puberes• und 'impuberes• nicht mehr geläufig; IP 3, 6, 11 tam puberes quam impuberes ... , hoc est in pupillos et in adultos; INT 11 filio inpubere, id est infra annum quartum decimum. S. auch ob. A. 4. 7 Solazzi, La minore eta nel dir. rom. (1912) 239 ff.; 251 ff.; Sargen ti 153 ff.; 159 ff.; Biondi II 233; s. auch Levy, SZ 49 (1929) 241 8 • Vgl. CT 8, 12, 2 i.f. (317); 2, 16, 2, 1 (319) = C. 2, 52, 5 pr.; CT 9, t.3, 1, 2 (321) = C. 9, 51, 13, 2. Zu den Papyri s. die Lit. bei Wenger, Qu. 813, insbes. Taubenschlag, Aeg.12 {1932) 141 ff. • Von 'minor• mit Einschluß des pupillus sprechen CT 3, 30, 1 (314) = C. 5, 37, 20; CT eod. 2 (320) = 8, 12, 1 pr. i. f. = C. 5, 37, 21 (hier ist minorum ersetzt durch pupillorum seu minorum); CT 2, 4, 1 pr. (318); 2, 16, 1 (329) = C. 2, 27, 2 (hierzu u. § 234H); s. ferner

IP 2, 28, 1 {gegen PS 2, 27, 1); 2, 30, 1 (gegen PS 2, 29, 1 ). • Unten 3. - Unbedenklich ist dagegen D. 4, lt, 34 pr. {ex PS), gedeckt durch Ulp. eod.11, 6 (auch§ 7; anders zu§ 6 Beseler, SD 1 [1935) 287). 10 Inst. 1, 21 pr./1, s. ob. § 65 1 , u. § 233 III {zu Ulp. D. 19, 1, 13, 29 vgl. Levy, SZ 52 [1932) 519; Niederländer, Bereicherungshaftung [1953) 90 f.). - Das Zurückbehaltungsrecht in Paul. D. 18, 5, 7, 1 (s. Ind. und Beseler, SZ 50 [1930) 20; 53 [1933) 37) ist keine planmäßige Neuerung, sondern ein vereinzelter unklassischer Gedanke eines Schulbearbeiters. 11 Unt. § 2847 ; Lit. bei Biondi, Succ. test. 958 • 11 Für einen christlichen Einfluß auf den Schutz der Minderjährigen und Geisteskranken (Biondi II 229ff.) fehlen greifbare Anzeichen. 18 Zur Terminologie 'adulescens, adul. . , s.o. § 6511 . t us, mvems H Hierzu und zum folgenden vgl. u. § 235 1. 16 Eingehend Solazzi (o. A. 7) 195 ff.; Lenel, SZ 35 (191ft) 197 ff. ltp. z.B. D. 26, 7, 1, 3; 36, 4, 5, 20; 42, 1, 45, 2; eod. 54 pr. (ex PS 1, 13a, 1d-e; zu 1e

80

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Minderjährigen 18 die Anfechtung der ihm nachteiligen Geschäfte durch 'in integrum restitutio> offen. Aber dieses Rechtsmittel wird im Westen seit dem 5. Jh. völlig umgestaltet :17 Die Entscheidung über den Restitutionsgrund und die Klagen zur Durchführung der Restitution werden zu einem einheitlichen Rechtsmittel verschmolzen, das 'in t e g r i r es t i tut i o>heißt, 18 und in dem auch die exceptio (legis Plaetoriae) aufgeht. 19 Ähnlich dürfte die Lage im Osten gewesen sein, wo das klassische Rechtsmittel wohl niemals Fuß gefaßt hat. 20 Justinian kehrt dann zwar zum klassischen Privatrecht - mit Abweichungen 31 - zurück, nicht aber zum klassischen Verfahren; was er 'in integrum restitutio> nennt, ist gleichfalls eine auf Durchführung der Restitution gerichtete actio oder exceptio. 22 Nach vereinzelten Vorläufern in der Kaiserkognition des 3. Jh. 23 verleiht Konstantin auf Antrag Männern vom vollendeten 20. und Frauen vom vollendeten 18. Lebensjahr an die venia aetatis und damit die Beendigung ihrer Minderjährigkeit, sofern sie außer dem Alter auch ihre honestas morum und probitas animi nachweisen.M Die Veräußerung von Grundstücken bleibt ihnen jedoch verwehrt. 25 Die 30- oder 40jährige Verjährung war nach CT 4, 14, 1, 2 {424) = C. 7, 39, 3, 1a (mit IT) gegen impuberes gehemmt, nicht aber gegen (puberes) minores. Justinian übernimmt dies, läßt aber kürzere Hemmungsfristen als die genannten auch gegen minores nicht laufen, C. 2, 40, 5, 1 (531).11

II. Die Frauen erhalten die volle Geschäftsfähigkeit mit dem endgültigen Verschwinden der manus (u. § 215 III) und der Geschlechtsvormunds. Levy, Bull. 55/56 Suppl. (1951] 245ff.). drucks Levr 396 rr.Das Mittel steht nach Das Erfordernis des consensus curatoris PS 1, 7, 4 'm rem• und 'in personam• zu, bei Diocl. C. 2, 26, 4; 3, 6, 2 und 7, 62, 10 d. h. auf Naturalherstellung oder auf Zahverdächtigt Solazzi 242 f. Zu Einzelhei- lung (o. § 19917). Zu den Besonderheiten ten {Lauf der Prozeßfristen usw.) s. CT 3, in RB 36, 7-9 s. Levy 387 ff.; Roels 17, 1 (318) = C. 5, 34, 11; CT 2, 4, 1 (318) (o. §195 41 ) 14511. 19 Levy 4322 ", s. auch 392 rr. Vgl. PS 1, teilw. = C. 5, 40, 2; CT 4, 8, 5, 3 (322); 3, 30, 4 (331); 4, 8, 8 (332); allgemein CT 3, 7, 1 J ntegri restitutio est redintegrandae rei 32, 1 (322); Inst. 1, 23, 2. (Rückerstattung des Geleisteten) 1Jelcausae 11 Zu seinem Schutz gegen die exceptio (Entkräftung des noch unerfüllten Genon numeratae pecuniae s. C. 2, 40, 5 pr. schäfts) actio. 20 Näheres bei Levy 422 r.; SZ 76 (1959) (531); zudem gegen Verjährungu. beiA. 26. 17 Grundlegend Levy, SZ 68 (1951) 12 f.; zu den Papyri Taubenschlag 16911 ; 375 ff.; 381 ff.; s. auch Conrat, Paulus 180. 11 Einzelheiten bei Levy, 87 ff. - Während die klassische i. i. r. SZ 68, 420 r.; binnen einem annus utilis nach erreichter zu den Fristen o. A. 17. 22 Levy Volljährigkeit begehrt werden konnte, 420 ff. (mit den Gesetzen und gelten nach CT 2, 16, 2 (319) neue Fristen: itp. Stellen); 433 f. - Auch die exceptio in Das Verfahren muß in Rom bis zum voll- Paul. D. 44, 1, 7, 1 ist jetzt im neuen Sinn endeten 30. Lebensjahr, in Italien bis zu verstehen, s. o. § 199 II. 28 Ulp. D. 4, 4, 3 pr. (echt? s. lnd.); zum 29., in den anderen Provinzen bis zum 28. Lebensjahr erledigt werden (weitere C. 2, 44, 1 (274). 16 CT 2, 17, 1 (324) = C. 2, 44, 2. Vgl. Quellen bei Levy 375 ff.; zu CT 2, 7, 2 (327] = C. 2, 52, 6 s. Gradenwitz, auch Cassiod. var. 7, 41. Lit. bei Berger SZ 34 [1913] 284 ff.; Levy 383). Anders 760. 25 CT 2, 17, 1 pr. i. f.; anders C. 2, 44, 2, 1 Justinian, der für die Geltendmachung der i. i. r. eine Vierjahresfrist, gerechnet vom (beschränkt auf die Frauen). Justinian Beginn des 26. Lebensjahrs, einführt, versagt allen durch die venia Begünstigten C. 2, 52, 7 (531), o. § 2024 , dazu Levy außer der Veräußerung von Grundstücken 427 ff. (gegen Schulz, St. Bonfante 1 auch deren Belastung mit Hypotheken, 346 ff.); Beretta, Riv. it. 2 (1948) 357ff. C. 2, 44, 3 (529). 18 Zur Bedeutung se Vgl. o. § 19958 ; Levy 385; 424 f. dieses neuen Aus-

§ 208. Das Bürgerrecht

81

schaft. 27 Überhaupt macht die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter 28 starke Fortschritte, wofür - mindestens bei Justinian - christliche Motive anklingen. 29 Die Frau wird fähig, zu arrogieren (u. § 227 18) und Vormünderin zu werden (u. § 232 III), die erbrechtlichen Beschränkungen verschwinden (u. § 28413• 18). Immerhin bleiben Sondervorschriften zum Schutz der Frau bestehen; 80 zu ihnen rechnet, abgesehen vom SC Vellaeanum (u. § 279), auch ihr Ausschluß von der Prozeßvertretung8 1 sowie die Berücksichtigung ihres Rechtsirrtums. 31 III. Die Rechtsstellung der furiosi 88 bleibt im ganzen die bisherige. 34 Entmündigte prodigi sind von aller Verfügung über die Gegenstände ihres Vermögens ausgeschlossen und erhalten einen curator. 86

§ 208. Das Bürgerrecht 1. Nachdem die const. Antoniniana von 212 (o. § 53 II, § 196' 6 ) den freien Untertanen des römischen Reichs das römische Bürgerrecht verliehen hatte, blieben - abgesehen von den außerhalb des Reichs lebenden, von Rom unabhängigen Ausländern (Barbaren) - nur wenige Gruppen freier Nichtbürger übrig, die unter der römischen Staatsgewalt stehen. 1 Sklaven, die wegen ihrer Verbrechen in bestimmter Weise streng bestraft worden sind, können nach der lex Aelia Sentia (o. § 69 IV) nur in die Stellung der dediticii freigelassen werden. 1 17 Unt. § 231 II; ebenda auch zum 'ius liberorum•. 18 Reiche Übersicht bei Biondi II 209 rr.; s. auch Inst.• 129 81 • - Über die Zustimmung der Mutter zur Eheschließung der Kinderu. § 21710 ; Wenger, Qu. 816 r. 1 • Vgl. c. 6, 28, 4, 1 (531); 6, 58, 14 pr. rr. (531); Inst. 2, 13, 5. ao Biondi 213 rr.; 216 ff. Zu 'infirmitas sexus> s. o. § 651 ; rhetorische Quellen bei Lanfranchi, II diritto nei retori romani (1938) 621 f. 11 Nur als Vertreter in rem suam werden sie zugelassen nach PS 1, 2, 2 mit IP (Levy, PS 72 f.). Vgl. auch CT 2, 12, 5 (393); D. 3, 1, 1, 5 itp. (Lit.: Kaser, SZ 73 [1956] 236 71, dazu Niedermeyer, St. Riccobono I 201 ff.). 11 Die Frage ist besonders für das Strafrecht umstritten, s. Biondi 223 ff. m. Qu. u. Lit. Zu klassischen Vorläufern im Privatrechts. o. § 58 III, § 20i2°. n Internierung, soweit nicht die Angehörigen für sie sorgen, schon bei Pius- Ulp. D. 1, 18, 13, 1. 3 ' S. oben § 65 IV. Die Gültigkeit der Geschäfte, die in den 'lichten Zwischenräumen• abgeschlossen werden, wird im Westen und Osten allgemein anerkannt, vgl. PS 3, 4a, 5 und GE 2, 2, 3 (Archi

6 HdA X 3. 3, 2 (Kaserll)

5458 ); Justinian in C. 5, 70, 6 + 6, 22, 9 (Sept. 530, vielleicht schon unter dem Einfluß der Schuldoktrin; o. § 19411); Bonfante I 476 ff. m. Lit. Ob und wie Justinian den 'demens• vom 'furiosus• scheiden wollte, bleibt ungewiß; er stellt sie auch in C. 5, 4, 25, 3 (Okt. 530) gleich. Einzelheiten zur Behandlung des furiosus in C. 5, 70, 7 (530). Zum curator u. § 235 II. aa Ob. § 65 V, u. § 235 III. 1 Taubenschlag, RPR 155 = Op. I 21. Zu den «1t6>.L3e:i; vgl. Volterra, St. Messineo IV (1959) 471Cf.; RIDA 3 5 (1958) 591 ff. (D. 32, 1, 2; 48, 19, 17, 1, beide überarb.). 1 Zur umstrittene~. Frage, ob die Kopfsteuerpflichtigen in Agypten und anderen Provinzen als dediticii galten, s. Taubenschlag, Law 593 rr. m. Lit. Neuestens zu den dediticii Volterra, St. Paoli 702 ff. und eingehend Sasse, Die const. Antoniniana (1958) 70 ff.; 119 (,,Kapitulanten, die in näherem zeitlichem Zusammenhang mit der Leistung bewaffneten Widerstandes und anschließender Dedition ... zunächst ohne geordnete Rechtsstellung 'in dicione populi Romani> verblieben waren"); dazu Wolff in SZ 76 (1959).

82

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Latinisches Recht galt seit der const. Antoniniana nur noch für die •Latini Iuniani>, also für solche, die in den erleichterten Formen des prätorischen Rechts oder im Alter von noch nicht 30 Jahren freigelassen worden waren (o. § 66 III). Konstantin gibt latinisches Recht auch dem Kind aus dem contubernium zwischen einer freien Frau und einem servus fiscalis (o. § 6711 ), CT 4, 12, 3 (320; in den CI nicht übernommen). Ferner wird der Sklave, der einen Frauenraub anzeigt, mit dem latinischen Recht beschenkt, der Latiner mit dem römischen, CT 9, 24, 1, 4 (326); Justinian gibt hier immer das römische Recht, C. 7, 13, 3. Als cives Romani Freigelassene können wegen Delikts (culpa) unter die Latini versetzt werden, CT 2, 22, 1 (320) mit IT (von Justinian nicht übernommen).

Obschon hiernach Konstantin die Sonderstellung der Latiner noch kennt, sieht doch das Vulgarrecht alle freien römischen Untertanen als römische Bürger an. 3 Auch die 'dediticii>' und die 'Latini>6 sind Römer, aber mit festumrissenen Zurücksetzungen: Sie sind unfähig, ein Testament zu errichten und aus einem Testament zu erwerben. Dabei sieht man die Lage der dediticii als endgültig an, 8 während die Latini durch einen zum römischen Bürgerrecht führenden Freilassungsakt noch cives Romani werden können. 7 Justinian hebt die 'dediticia libertas> auf. 8 Den in den erleichterten Formen Freigelassenen 8 gibt er das römische Bürgerrecht, 10 ebenso dem wegen Hinfälligkeit derelinquierten Sklaven 11 und der mit der Abrede 'ne prostituatur> verkauften Sklavin, die ohne solchen Vorbehalt weiterverkauft wird. 11 In allen anderen Fällen des bisherigen latinischen Rechts wird keine Freiheit mehr erworben. II. Ganz anders ist dagegen die Lage der Römer, denen ihr Bürgerrecht strafweise entzogen wurde, 13 eine Folge, die vor allem mit der Deportationsstrafe ·allgemein verbunden war.H In diesen Fällen machte man mit • GE 1, 1 pr.; IP 5, 28, 1 f.; Conrat, Paulus 96 ff., s. auch Gaius 35 f.; 54 ff. Vgl. o. § 2067 (ingenuus). - •Romanus• (z. B. GE 1, 4 pr.) ist der Römer im Gegensatz zum Germanen; Conrat, Gaius 38, doch s. auch Archi 144. 'GE 1, 1 pr./3 f. nennt sie nicht mehr •peregrini dediticii>, vgl. zum Bedeutungswandel von •peregrinus• u. A. 16; Archi 105; 110. 'Dediticius• noch in CT 7, 13, 16 (406), aber nirgends in IT und IP. - Zu PS 4, 12, 3-8; IP 4, 11 §§ 4, 5, 8 vgl. Conra t, Paulus 99 f. 11 GE 1, 1, 2 erwähnt nur die in den vormals prätorischen Formen Freigelassenen und nennt sie, nachdem die anderen Gruppen von Latinern weggefallen sind, einfach 'Latini> (Archi 110); ebenso CT 2, 22, 1 (320) mit IT; CT 4, 12, 3 (320) mit IT; IP 4, 11, 1; RB 44, 5. - Zum Schicksal des latinischen Rechts in West und Ost Steinwenter, RE 12, 922 (Latini Iuniani). a Näheres in GE 1, 1, 3; Archi 119 f. 7 Zu alldem GE 1, 1, 4; Archi 120ff.; 142 ff.; Conrat, Gaius 35 ff.; zu PS 5, 1, 2 mit IP s. Conrat, Paulus 93. Vgl. auch u. § 211 III, § 21711. 8 C. 7, 5, 1 (530), s. auch Inst. 1, 5, 3. • Die Altersgrenzen der lex Aelia Sentia

werden beseitigt, u. § 211". 1° C. 7, 6, 1 (531), s. auch Inst. 1, 5, 3; ferner C. 5, 27, 1 pr. gegenüber CT 4, 6, 3 (336). 11 C. 7, 6, 1, 3/3a; s.o. § 67 II. 11 C. 7, 6, 1, 4; s. o. § 69 I. 18 Bürgerrechtsverlust zur Strafe ohne Deportation: CT 4, 6, 3 (336) = C. 5, 27, 1 pr. bei standeswidriger Ehe (u. § 21710 ); CT 16, 5, 36 (399) für die Glaubensfrevel der Eunomianer. Doch ist, mindestens im zweiten Fall, auch hier wohl nur der Entzug der Fähigkeit, zu testieren und aus Testament zu erwerben, gemeint. u Zu ihr o. § 66 I 2; sie ist in GE 1, 6, 1 mit 'exilium• gemeint. Näheres bei Archi 177 ff. Auf Deportation bezieht sich ferner CT 3, 30, 4 (331) zum untreuen Vormund (o. § 2068 ). - Dem begnadigten Deportierten gestattet Konstantin den Rückerwerb der patria potestas, CT 9, 43, 1 (321) = C. 9, 51, 13; Inst.1, 12, 1, s. auch PS 4, 8, 22; vgl. Desserteaux, TS 7 (1926) 281 ff.; Donatuti, Bull. 42 St. Barillari (1934) 228 ff.; Carrelli, (1937) 53ff.; Archi 185ff.; Sargenti 100 ff. - Zeitliche Verbannung läßt das Bürgerrecht bestehen, IP 3, 6, 2 zu PS 3, 4a, 9; Conrat, Paulus 98 f.

§ 209. Die rechtliche

Stellung

der Sklaven

83

dem Bürgerrechtsverlust ernst: Da es kein ius gentium mehr gab, galten die Bestraften nach dem Verlust ihrer Bürgerrechtsordnung als rechtlos, ähnlich wie die Kriegsgefangenen. 16 Der Bürgerrechtsverlust brachte diese 'peregrini>18einer Versklavung nahe. 17

II. SKLAVEN UND ANDERE UNTERTÄNIGE

§ 209. Die rechtliche Stellung der Sklaven

I. Die soziale

Stellung der Sklaven 1 wird zwar von der fortschreitenden Verschlechterung der Wirtschaftslage beeinträchtigt, 11vom Wandel der sittlichen Anschauung jedoch begünstigt. Die Masse der Sklaven, deren Zahl mit dem Verfall der Wirtschaft und mit dem allgemeinen Bevölkerungsschwund seit dem 3. Jh. stark zurückgeht, dient nach wie vor als Handarbeiter in den verschiedensten Lebensbereichen, vor allem in Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und Bergbau. 3 Daneben kommen noch vereinzelt gebildete Sklaven in gehobenen Funktionen vor.' Das Christentum 6 hat, indem es die Gleichheit der Menschen vor Gott erkennt• und darum die Gleichordnung der Sklaven mit den 'res> verwirft, 7 die Behandlung der Sklaven verbessert; beseitigt hat es die Sklaverei nicht. 15

GE 2, 3, 5; IT 2, 19, 1; vgl. auch PS 4, 8, 22 (dazu Brasiello [u. A. 17] 441 m. Lit.). Die Deportation wird jetzt zuweilen mit der Bergwerksstrafe zusammengestellt, die seit alters Freiheitsverlust bewirkt (u. § 210 II 1), vgl. hierzu Boeth. ad. Cic. top. 4, 18 u. a. Zu alldem Archi 188 r.. 11 'Homo peregrinae condicionis errectus' ist in GE 1, 6, 1 der Deportierte; vgl. auch CT 16, 5, 36 (399). Zu alldem Archi 105 rr.In den Gesetzen meint 'peregrinus' meist 'provinzfremd', vgl. auch CT 6, 37, 1 (364); untechnisch steht es in CT 4, 6, 3 (336; C. 5, 27, 1 pr. hat alienos, dazu Volterra, o. A. 1). In IT, IP usw. fehlt das Wort. 17 Vgl. B rasiello, La repressione penale (1957) 535 rr.; 537 rr. 1 Lit. o. § 671 , insbes. Westermann, RE Suppl. 6, 1063 ff. (Sklaverei) und jetzt The Slave Systems of Greek and Roman Antiquity (1955) 128 ff. pass., dazu Wolf(, Iura 7 (1956) 308 ff.; ferner Biondi II 373-44 7. Aus der älteren Lit. vgl. vor II tramonto della schiaallem Ciccotti, vitu nel mondo antico (1899, 2. Aufl. 1940); Seeck, Gesch. d. Untergangs d. antiken Welt I' (1921) 308 rr. Zu den Papyri Bell, Journ. Egypt. Arch. 4 (1917) 87 ff. 1 Zur Sklavenflucht Bio n d i 400 r.; in den Papyri Taubenschlag, RPR 226 =

s•

Op. I 108; Law 83 ff. • Zu den anderen Abhängigen auf niedriger sozialer Stufe, die den Sklaven nahestehen, s. u. § 213 II, III. ' Vgl. die Sätze für die Wertberechnung: RB 2, 6 im Westen, C. 7, 7, 1, 5-5b (530); 6, 43, 3, 1 (531) im Osten (artifices, medici, notarii u. a.); Ehrhardt, SZ 68 (1951) 115 ff. Einen 'Einheitswert• von 20 solidi für den Durchschnittssklaven läßt Justinian zuweilen für den konkreten Wert (Hadr.-Tryph. D. 37, 14, 23, 1) eintreten; D. 5, 2, 8, 17; eod. 9; 40, 4, 47 pr.; C. 7, 4, 2; alle itp. nach Kühler, Fschr. Vahlen (1900) 574 rr. 5 Zur Lit. vgl. Biondi II 383 f.; Ist.• 10911• S. aus neuerer Zeit insbes. J o n k e rs, Mnem. 3 1 (1934) 2ft1 ff.; Imbert, RIDA 2 (1949) 445 ff. • Biondi II 330 ff.; 373 ff. Vgl. o. § 2061 • 7 Zur älteren, von den Philosophen entwickelten Lehre, daß die Sklaverei auf die Kriegsgefangenschaft zurückgehe und dem ius naturale widerstreite, s. schon o. § 676 • Sie findet sich jetzt unter dem Einfluß der Schuldoktrin auch bei Justinian, C. 7, 24, 1 pr. (531 ff.); Inst. 1, 2, 2; 1, 3, 2 r. Inwieweit sie von der christlichen Doktrin übernommen worden ist, bleibt fraglich; s. dazu Castello, St. Albertario II 197 ff. (christl. Quellen 209 ff.); Biondi 385 r. Vgl. auch o. § 2061 •

84

Dritter

Teil.

Die nacbklassischen

Entwicklungen

Während die Kirchenväter8 die Freilassung als gottgefällig predigen, hält doch die Kirche am Bestand der Sklaverei fest, deren Abschaffung die wirtschaftliche und soziale Ordnung revolutioniert hätte, und auf die die Kirchen auch für ihre eigenen Landbesitzungen als Kern ihrer Vermögen nicht verzichten konnten. Die christliche Lehre sucht darum nur die Härten der Sklaverei durch die Pflege der caritas zu mildern, die sie dem einzelnen Herrn zur Pflicht macht. Diesem sittlich-religiösen Gebot hat sich auch die Rechtspolitik der Kaiser unterworfen. 9 Abgesehen von den mannigfachen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Milderung der Sklaverei (u. III), erheben sie jetzt die Begünstigung der Freiheitsstellung, den , zu einem allgemeinen und vielfach befolgten Rechtsprinzip. 10 II. In der rechtlichen Stellung der Sklaven bringt die Kaisergesetz11 gebung seit Konstantin für beide Reichshälften mannigfache Verbesserungen, die - abgesehen vom Fortwirken der humanitären Philosophie - jetzt unzweifelhaft auf christliche Einflüsse zurückgehen. 12 Daneben haben vulgäre Rechtsanschauungen, die, anknüpf end an die Pekulienordnung, den Sklaven seit alters eine wirtschaftliche Selbständigkeit zuerkennen, dazu geführt, daß die Sklaven im westlichen Vulgarrecht in begrenztem Umfang als vermögensfähig anerkannt wurden (u. III). Im Osten wirken in gleicher Richtung die hellenistischen Volksrechte, die den Sklaven ebenfalls einen gewissen Anteil an der Rechtsgemeinschaft, 13 vor allem eine begrenzte Vermögensfähigkeit einräumen.1' Justinian dagegen hält am Prinzip ihrer Rechtsunfähigkeit, auch was die Vermögensrechte anlangt, fest. Die Vollgewalt des Herrn wird besonders eindrucksvoll dadurch beschränkt, daß ihm das Tötungsrecht genommen wird. Die Tötung des eigenen Sklaven wird als bestraft; nur die Todesfolge verdienter körperlicher Züchtigung bleibt straffrei. 15 Doch sind mit Todesstrafe bedrohte Verbrechen, die von einem Sklaven begangen worden sind, der Hauszucht entzogen und vom öffentlichen Richter abzuurteilen. 18 Auch gegen körperliche Mißhandlung werden die Sklaven geschützt. 17 8 Zu ihrer Haltungs. Salvioli, Riv. it. 29 (1900) 214 ff.; Carusi, St. Fadda II (1906) 94 ff.; weit. Hinw. bei Biondi 378 f. - Der Priesterstand setzt die Freiheit voraus; Näheres bei Gaudemet, L'~glise dans l'empire romain (1959) 136ff. •Vgl.schon C. 5, 37, 22, 2b/c (329). 10 Vgl. außer der o. § 676 angeführten Lit. Rotondi III 476 ff.; Beseler, SZ Ann. 43 (1922) 418 ff.; De Dominicis, Ist. 4/5 (1954) 222; Castello, SD 22 (1956) 348 ff. und insbes. Biondi II 386 ff.; 393 ff. pass.; 407 ff. (auch Ist. 8 111 f.) mit reichem Material. Äußerungen Justinians als Vorkämpfer der Freiheit ebd. 410 f. 11 Übersicht bei Dupont 31 ff. 11 Biondi II 432 rr. 18 Vgl. auch D. 28, 1, 20, 7 Ser11us . ..

cum iuris ci11iliscommunionem non habeat [ in iotum]; Bonfante, Ist. 10 (1946) 401 •

1' Belege bei Taubenschlag, RPR 225 = Op. I 107 f.; s. auch St. Bonfante I 435; Law 51 f. für die Zeit Justinians. 11 CT 9, 12, 1 (319) = C. 9, 14, 1; CT eod. 2 (329); Sargenti 50ff.; De Dominicis, Riflessi 24 ff. (zu PS 5, 23, 6 ex coll. 3, 2, 1). Die Milderung in c. 1 nec 11ero immoderate suo iure utatur verdächtigen Solazzi, ANap. 57 (1936) 281; Sargenti 53. - IT 9, 12, 2 läßt nur die unbeabsichtigte Todesfolge der Züchtigung straflos. 18 GE 1, 3, 1, dazu Archi 131 ff.; De Dominicis 27 ff. 17 CT 12, 1, 39 (349). - Inwieweit die G~währung der actio iniuriarum 'servi nomine• wegen Verletzung des Sklaven von dritter Seite eine Neuerung darstellt, in Ulp. D. 47, 10, ist fraglich; für 15, 35/48 Perozzi 209; Biondi II 440.

ltf.

§ 209. Die rechtliche

Stellung

der Sklaven

85

Wer freie oder unfreie Kinder aussetzt, kann sie nicht wieder zurückfordern, CT 5, 9, 1 (331); eod. 2 (412) = C. 8, 51, 2. Wer freie oder unfreie Neugeborene gekauft und aufgezogen hat, muß sie dem Vater oder Herrn herausgeben, aber nur gegen Leistung eines gleichwertigen Sklaven oder gegen Geldzahlung, CT 5, 10, 1 (319) = C. 4, 43, 2; vat. 34 (329). Zu alldem Näheres u. § 210 III, § 226 II.

Die Sklavenfamilie wird zwar nicht rechtlich anerkannt, doch sollen bei Aufteilungen Kinder nicht von den Eltern, Ehegatten oder Geschwister nicht voneinander getrennt werden. 18 Die Ehe unter Sklaven, von der Kirche als vollgültig anerkannt, bleibt reichsrechtlich bedeutungslos, ihre faktische Anerkennung setzt sich aber, besonders in ländlichen Kreisen, mehr und mehr durch. 19 Die 2 o wird von Justinian nun auch in der IntestaterbColge berücksichtigt, indem, wenn Eltern und Kinder freigelassen werden, die Kinder ihre Eltern oder Geschwister beerben und den Patron ausschließen. 21 Christliche Einflüsse zeigen sich beim Verbot, den 'in ludum vel in metallum• Verurteilten zu brandmarken, CT 9, 40, 2 (316) = C. 9, 47, 17; vielleicht auch in dem Verbot der Kastration, C. 4, 42, 1 (um 337); Leo eod. 2; und in dem der Prostitution, Leo C.1, 4, 14.12 - Auch der christliche Glaube der Sklaven wird geschützt: Werden christliche Sklaven von Juden gekauft und beschnitten, so erhalten sie die Freiheit, CT 16, 9, 1 (335; vgl. c. Sirm. 4).18 Oberhaupt sollen christliche Sklaven in jüdischem Besitz an die Kirche verkauft werden, Konst. nach CT 16, 8, 22 i. r. (415); das bedeutet nach Euseb. vit. Const. 4, 27 die Freilassung." Nach Just. C. 1, 3, 54, 8-11; 1, 5, 20, 6; 1, 10, 2 sollen christliche Sklaven nichtchristlicher Herren allgemein zur Freiheit gelangen. 11

Der Schutz des Herrn gegen Angriffe seiner Sklaven wird, seitdem man die Eigenmacht des Herrn beschränkt, zum Teil von der Strafgerichtsbarkeit übernommen. Der Sklave, der seinen Herrn wegen Verbrechens anzeigt, wird auch im Fall des 1Iajestätsverbrechens mit dem Tod bestraft; 11 doch wird dieser Fall später ausgenom CT 2, 25, 1 (325) = C. 3, 38, 11 (betrifft Sklaven auf kaiserlichen Grundstücken; IT bezieht solche auf Privatland ein, Dupont 35 ff.); hier sprechen neben humanitären wohl auch ökonomische Interessen mit. Im übrigen vgl. auch D. 21, 1, 35; 39; 33, 7, 12, 7 (alle überarbeitet). S. Leicht, Scr. Ferrini Mil. I 305 ff.; Sargenti 56 f. und insbes. Solazzi, SD 15 (1949) 187 rr.; Biondi II 438 r.; III 90. 11 Vgl. Costa, AG 42 (1889) 210 rr.; Orestano, Bull. 55/56 (1952) 319 ff.; zu den Papyri Taubenschlag, Law 91 f.; SZ 50 (1930) 161; St. Bonfante I 435; vgl. insbes. BGU III 725 (618 n. Chr.). Zur Ehe mit der Freien s. u. § 217, 4. • 0 Die •servilis adfinitas• (Schwägerschaft) als Ehehindernis in D. 23, 2, 14, 3; 38, 10, 4, 9 ist unecht; Guarino, Adfinitas (1939) 89 rr. 11 C. 6, 4, 4 §§ 10, 11, 11 a (531); Inst. 3, 6, 10; u. § 28768 , 83 • 12 Vgl. auch CT 15, 8, 1 (343); D.13, 7, 24, 3 i. r. itp. Zur Befreiung prostituierter Sklavinnen s. u. § 211•· 6 • 18

Solazzi, SD 10 (1944) 237 f.; Volterra, RAL (ser. 8) 13 (1958) 87 rr. "S. Ehrhardt, SZ 72 (1955) 182 f. Vgl. auch CT 16, 9, 2 (339); 3, 1, 5 (384); 16, 9, 4 (417); 5 (423); c. Sirm. 6 i. r. (425); aus CT 16, 9, 1; 2; 4 ist C.1, 10, 1 kontaminiert, vgl. De Dominicis, Riflessi 47 f. 26 Zu alldem Biondi 394; 407 f. • CT 9, 5, 1 (320) = Bruns I nr. 94 = FIRA I nr. 94 Z. 28 Cf. Vgl. Erkell, SZ 74 (1957) 394; Fridh, SZ 75 (1958) 361 ff. - Daß Sklaven im Majestätsprozeß ausnahmsweise zum Zeugnis gegen ihren Herrn gezwungen werden können, folgt schon aus Sev. Ant. C. 9, 41, 1 pr. (unbedenklich trotz Biondi 443); Paul. C. 9, 8, 6, 1 und PS Leid. 10, dazu Levy, Pauli sent. fragm. Leidense (1956) 65 f.; anders Archi, ebd. 105 f.; Serrao, II frammento Leidense di Paolo (1956) 128. Zum Sklavenzeugnis im Prozeß wegen Bedrohung des Lebens des Ehegatten oder wegen Ehebruchs vgl. CT 9, 7, 4 (385), teilw. = C. 9, 9, 31 + 9, 16, 8. 23

86

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

men. 17 Die Todesstrafe droht ferner dem Sklaven, der durch Anzeige gegen den Herrn die Konfiskation seiner Güter anstrebt, NT 17, t, 2 (439).

III. Die Rechtsunfähigkeit der Sklaven war schon in der klassischen Zeit abgeschwächt durch das peculium, das in manchen Beziehungen wie ein Eigenvermögen der Sklaven gehandhabt wurde (o. § 67 III 5) und nach vulgärer Rechtsanschauung als ein solches anerkannt war. 28 Diese Auffassung, die auch den hellenistischen Rechten entsprach, 29 setzt sich, wie erwähnt, im westlichen Vulgarrecht durch 80 und stellt die Sklaven insoweit gewissen anderen untertänigen Personen auf niedriger sozialer Stufe gleich (u. § 213' 2• 88). Doch hält sich diese Eigenberechtigung der Sklaven in engen Grenzen: 81 Verfügen kann über das Gut nur der Herr; der Sklave bedarf seiner Einwilligung. Belangt werden kann dagegen aus den Schulden des Sklaven nur dieser selbst, doch haftet sein peculium den Gläubigern erst, nachdem daraus alle Forderungen des Herrn befriedigt worden sind. Der Erwerb des Sklaven fällt nach wie vor dem Herrn zu.32 - J ustinian kehrt demgegenüber im allgemeinen zum klassischen Pekulienrecht zurück. 33 Die Prozeßf ähigkeit der Sklaven im Kognitionsverfahren bleibt auf bestimmte Sonderfälle beschränkt. st Aus den Delikten des Sklaven wird die Noxalhaftung des Herrn jetzt dadurch eingeschränkt, daß man den Sklaven dem Richter zur Bestrafung übergibt, oder daß die Tat von vornherein kriminell bestraft wird. 36 IV. Der Rechtsstreit um die Freiheit oder den Sklavenstand eines Menschen86 steht im Zeichen des . • Vgl. die Lit. o. § 68 11 , dazu noch Biondi II 241 rr. Die Zweifelsfrage der Rückwirkung (Gai. 1, 129) wird im Westen (GE 1, 6, 2; Archi 192 f.) wie im Osten (Inst. 1, 12, 5) bejaht; vgl. Gioffredi, SD 16 (1950) 55 f.; Amirante, Captivitas e postliminium {1950) 173 ff. Daß aber der Gedanke einer während der Gefangenschaft teilweise fortbestehenden Rechtsfähigkeit überall itp. sein müsse (Gioffredi 48 ff.; Amirante 181 ff., s. auch die Lit. o. A. 2), überzeugt nicht, vgl. o. § 68 hinter A. 10. Auch der Fiktionsgedanke beim postlim. (Inst. 1. c.) ist trotz Amiran te 175 ff. keine justinianische Neuerung, vgl. schon PS 2, 25, 1 (insoweit sachlich klassisch). 7 Sie hatte nur den Inhalt, das Testament zu konfirmieren, das der in Kriegsgefangenschaft Geratene errichtet hatte; Erweiterungen zur Aufrechterhaltung anderer Testamente oder auf die gesetzliche Erbfolge sind nachklassisch, vgl. Wolff, TS 17 (1941) 136ff., insbes. 147f. zu UnverPS 3, 4 a, 8 (vulgarrechtlich). dächtig ist dagegen wohl der (vielleicht schulmäßige) Fiktionsgedanke (anders ebd. 148 ff. zu Paul. D. 35, 2, 1, 1 u. a.). 8 Lit. o. § 681'; Faiveley, Redemptus ab hoste (1942) 109 Cf.; Levy II 277698 und jetzt eingehend Amirante, Lab. 3 (1957) 7 rr.;1 n rr. 11 Nach Amirante hat der Kaisererlaß aus dem späten 2. Jh. zwar dem Löser ein Zurückbehaltungsrecht am (freien) Gelösten gegeben, das postliminium aber nicht bis zur Erstattung des Lösegeldes aufgeschoben (vgl. 57 f.). Dieser Aufschub stütze sich erst auf c. Sirm. 16 (408) = CT 5, 7, 2 = C. 8, 50, 20 (vgl. ebd. 186 rr.; 193 ff.). 1ovgl. CT 5, 7, 2, 4 cit. = C.1, 4, 11; Leo C. 1, 3, 28 (468); Iust. C. 1, 2, 21, 2 (529); 1, 3, 45, 1 b (530); eod. 48 (531); 8, 53, 36 pr. (531); Nov. 7, 8 (535); 65, 1 (538); 115, 3, 13 und 4, 7 (5lt2); 120, 10 (544); 131, 11, 2 (545). Zu alldem Levy, Bull. 55/56 Suppl. (1951) 90 ff.; Ami-

ran te 209 ff. (zur Haltung der Kirche 198 ff.); Biondi 243 ff. Vgl. auch C. 8, 50, 15 f., dazu Pampaloni, Bull. 17 (1905) 132 rr. 11 Das Aufenthaltsverbot der lex Aelia Sentia (Gai. 1, 27; o. § 68 lll) wird spätestens mit der Aufhebung der 'dediticia libertas• (o. § 208 I) hinfällig, aber wohl schon vorher unpraktisch. 11 Lit.: Perozzi I 233 f.; Albanese, Appunti sul SC Claud. (estr. Circolo Giur. 1951); Rado, Ann. Ist. 3/4 {195ft) 44 ff.; s. auch A. 13. 13CT 4, 12, 1 (314) u. a., vgl. Sargenti 44 ff.; Biondi II 402 ff.; Iura 3 (1952) 142 ff. Zum Fehlen in GE s. Conrat, Gaius 122 f. 1' Duldet der Herr den Verkehr, wird die Frau nach dem SC liberta; das steht zwar nicht bei Gai. 1, 84, wohl aber bei Tac. ann.12, 53; s. auch PS 4, 10, 2; fr. de iure lisci 12 (FIRA II 629). Zu ex pactione bei Gai. l. c. vgl. Biondi II 403 1, zur ganzen Frage Hoetink, Mel. Levy-Bruhl 153 ff. 15 Für den Widerspruch des Herrn verlangt man nun dreimalige denuntiatio, CT 4, 12, 4 (331); 5 (362); 7 {398); IT eod. 2; C. 7, 24, 1 (531 ff.). Die Dreizahl ist nachklassisch, s. Levy, Hergang der röm. Ehescheidung (1925) 28 f.; SZ 76 {1959) 16 r.; aus westlicher Praxis erklärt sie De Dominicis, St. Arangio-Ruiz IV 512 ff. zu c. 4 cit. und PS 2, 21 a, 17. Die denuntiatio muß in feierlicher, d. h. schriftlicher Form geschehen, CT 10, 20, 3 (365) = C. 11, 8, 3; nach IT 4, 12, 2 septem testibus civibus Romanis praesentibus. Die Versklavung wird vom Beamten über die Frau verhängt, PS cit.; cons. 9, 7 (365). Zu alldem Biondi, Iura 3, 146 rr.Daß Konstantin in CT 4, 12, 4 cit. auf die denuntiatio verzichtet und jeden Verkehr der Freien mit dem Sklaven geahndet habe, ist nicht glaubhaft; Sargen ti 43 r.- Zu den Besonderheiten des SRR L 48 (m. Parall.) vgl. Mitteis, RR 364fl.; Taubenschlag, JJP 6 {1952) 105. 18 C. 7, 24, 1 (531 ff.); Inst. 3, 12, 1. Es verschwindet auch im Westen, vgl. Levy, ACI Roma II 48 f. zu CE ex LV 3, 2, 3 f.

§ 210. Entstehungsgründe

der Unfreiheit

89

Kinder aus der Ehe 17 zwischen einer Freien und ihrem eigenen Sklaven oder Freigelassenen werden als Sklaven des Fiskus geboren, NAnth. 1, 3 (468).18

Die Versklavung als Folge der Bergwerksstrafe 19 hebt Justinian auf. 10 Bestehen bleibt der Freiheitsverlust als Folge des Selbstverkaufs •pretii. participandi causa>.11 Hinzu tritt der Fall dessen, der sich dem Statusprozeß in servitutem entziehen will,12 sowie des Kolonen, der zu entfliehen droht. 11

2. Seit Konstantin kann der Freigelassene wegen Undanks in die Sklaverei zurückgerufen werden (revocatio in servitutem); dazu Näheres u. § 212 I. III. Obschon Konstantin den Grundsatz bekräftigt, daß der paterfamilias seinen Kindern nicht die Freiheit entziehen kann, 24 gestattet er doch den Verkauf neugeborener Kinder. 25 Der Käufer erwirbt an ihnen Eigentum• (im weiten Sinn dieser Zeit), die Kinder werden unfrei. 17 Der ursprüngliche Gewalthaber bleibt aber berechtigt, das Kind durch Geldzahlung oder Hingabe eines Ersatzsklaven zurückzulösen. 28 Justinian gestattet den Verkauf der Neugeborenen nur noch aus Not und ohne Befugnis zumWeiterverkauf. 18 Wer ein ausgesetztes freies oder unfreies 80 Kind aufzieht, kann ihm die Stellung eines eigenen Kindes oder eigenen Sklaven geben ;11 die Rückforderung durch den ursprünglichen Gewalthaber ist ausgeschlossen. 19 Justinian verleiht allen überlebenden Ausgesetzten die Freiheit ohne Patronat. 11 Zur Frage ihrer Nichtigkeit u. § 21719 • Heimlicher Geschlechtsverkehr der freien Frau mit dem eigenen Sklaven wird mit dem Flammentod bestraft, CT 9, 9, 1 pr. (326) = C. 9, 11, 1 pr.; die Kinder sind von allen dignitates und von jeglicher Beerbung der Mutter ausgeschlossen (eod. § 2). - Zur Eheschließung mit dem eigenen Freigelassenen s. u. § 217, 4. 11 Die Verurteilten fielen wohl seit alters an den Fiskus, Mommsen, StrR 9481, anders Bonfante I 161 u. a. Verurteilung auf Zeit bewirkt keinen Freiheitsverlust, IP 3, 6, 2 (o. § 20814 ). - Zur Deportation o. § 208 II. 20 Nov. 22, 8 (536). Wird ein Freigelassener zur Strafe in die Sklaverei zurückversetzt, so treten nach eod. 9 die gleichen Folgen ein, wie wenn er gestorben wäre. 11 Das steht für diese Periode fest (s. o. § 68 III); Inst. 1, 3, 4; 1, 16, 1. Vgl. auch IT 4, 8, 6 i. r. 11 C.7,17,1,2 (528): wer sich trotz Aufgebots ein Jahr lang verborgen hält. 18 CT 5, 17, 1, 1 (332) mit IT; doch s. auch Biondi II 402. 14 Vat. 33 (315); CT 4, 8, 6 pr. (323) = C. 8, 46, 10. Diese Verbote müssen auf nicht mehr neugeborene Kinder eingeschränkt werden, die jederzeit ohne Entschädigung zurückgefordert werden können, CT 3, 3, 1 (391). 25 Alles Nähere u. § 226 II. • Vat. 34 (329) ius dominii possidere. Vgl. Bonfante I 82; Archi 131; Sargenti 27 rr. u. a., anders Biondi III 28 r. Nach CT 5, 10, 1 (329) darf der Käufer 11 18

das Kind weiterverkaufen, wenn er den Erlös zur Schuldenzahlung braucht. 17 Freilich sind jetzt die begrifflichen Grenzen der Unfreiheit nicht mehr so scharr gezogen wie früher; s. auch u. § 213 II. 28 S. die Stellen o. A. 26 und u. § 22631 • Post seriem annorum in CT 5, 10, 1 cit. bedeutet wohl kein Erfordernis; anders Sargen ti 29, doch vgl. auch CT 3, 3, 1 (391) mit IT; Mayer-Maly, SZ 75 (1958) 138. Solazzi, SD 10 {1944) 224 ff.; Riv. it. 3 {1949) 16 f. hält c. 1 für itp., das Gesetz habe nur den Verkauf des Hauskinds, nicht auch des Sklaven behandelt; vgl. auch Biondi III 21. at C. 4, 43, 2 {itp. aus CT 5, 10, 1). Fortbestand der Freiheit verkaufter Kinder bei Justinian vermutet Mayer-Maly 141. 8 ° Für das unfreie in CT 5, 9, 1 {331) bestritten von Solazzi, SD 10, 223 ff.; Riv. it. 3 (1949) 14 ff.; anders Volterra, St. Besta I 472 ff. {er hält wegen der erst späteren Konzilien von 442 und 453, Man s i VI 445; VII 884, die c. 1 überhaupt für apokryph); Biondi III 22. 81 Nach den ägypt. Papyri wird das Kind Sklave; Taubenschlag, SZ 50 (1930) 146. aa CT 5, 9, 1 (331; zur Textkritik o. A. 30); 2 (412) = C. 8, 51, 2; zu beiden auch IT; Sargenti 33 ff., zur Aussetzung alles Nähere u. § 226 II. 88 C. 1, 4, 24 = 8, 51, 3 (529), vgl. auch Nov. 153 {5U); Rotondi III 25 ff.; 31 r., s. auch u. § 22622 •

Dritter

90

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 211. Beendigung der Unfreiheit, insbes. Freilassung

I. Die Gründe des Freiheitserwerbs ohne Freilassung bleiben großenteils bestehen. Weitere Fälle, sei es zur Belohnung des Sklaven, sei es zu seinem Schutz, treten in der nachklassischen Kaisergesetzgebung hinzu. 1 Bestehen bleibt das SC Silanianum. 1 - Wegen Hinfälligkeit derelinquierte Sklaven, die nach dem Edikt des Claudius die latinische Freiheit erlangt hatten, macht Justinian zu Vollbürgern und entzieht dem Herrn das Patronatsrecht.• Gleiches gilt für die Sklavin, die entgegen der Klausel des Kaufvertrags vom Käufer prostituiert worden ist,' doch hat man schon früher jede wider ihren Willen prostituierte Sklavin frei werden lassen. 6 - Hat der Herr von einem Dritten Geld erhalten mit der Auflage, daß er einen Sklaven manumittiere, so kann bei Unterbleiben nicht mehr nur das Geld kondiziert, sondern die Freilassung erzwungen werden.• - Mit der Freiheit belohnt werden Sklaven für die Aufdeckung bestimmter Verbrechen: 7 Raub, 8 Falschmünzerei,• Geschlechtsverkehr der Herrin mit einem eigenen Sklaven, 1°Fahnenflucht; 11 - ferner für freiwilligen Heeresdienst, 11 für den Dienst als kaiserliche cubicularii, 18 in einem Sonderfall für bloße Treue gegenüber dem Herrn.1' Unter einem Tyrannen Versklavte werden wieder befreit, CT 5, 8, 1 (314). Justinian fügt (außer o. A. 3, 4) noch weitere Fälle hinzu: Der libertus ingratus in servitutem revocatus kann die Freiheit vom Kaiser zurückerhalten.1 1 Mit dem Tod des Unverheirateten werden seine unfreie Konkubine und die von ihr geborenen Kinder, sofern er nicht anderweitig über sie verfügt hat, ohne Patronat frei. 11 Ebendies gilt, wenn der Herr in der vindicatio in servitutem gesiegt, aber vom Gegner oder von einem Dritten den Geldwert des Sklaven erhalten hat; 17 ferner wenn der Herr seinen Sklaven eine militia oder dignitas bekleiden läßt.1 8 Zu den Ausgesetzten s. o. § 210 III. Hat der Herr seine Sklavin (oder seinen Sklaven) in irriger Annahme der Freiheit mit einer freien Person verheiratet, wird auch der unfreie Teil frei, Nov. 22, 11 (536). Schließlich werden alle Kastraten befreit, auch wenn sie wegen Krankheit kastriert worden sind, Nov. 142, 2 (558). Aus religiösen Gründen werden befreit: Sklaven zum Schutz ihres christlichen Glaubens in den oben § 209 II aufgezählten Fällen (ein weiterer in CT 16, 6, 4, 2 [405]); 1

Lit. o. § 691, ferner Biondi II 393 ff.; 407 f. 1 Oben § 69 I. Vgl. D. 29, 5; C. 6, 35, insbes. c. 11 f. (531 f.). • C. 7, 6, 1, 3/3a (351); vgl. auch Nov. 22, 12 (536), dazu Rotondi III 25 ff. (SZ 45 [1925] 582); Perozzi I 2638 • ' C. 7, 6, 1, 4 (531). 11 NT 18, 1 (439); C. 1, 4, 14 (Leo); 6, 4, 4, 2 (531). • D. 40, 12, 38, 1; 40, 1, 19; nach D. 19, 5, 5, 2 und fr. 7 mit actio praescriptis verbis, alle itp., vgl. Haymann, Freilassungspflicht u. Reurecht (1905) 35 ff.; 39ff.; Perozzi I 265. Entsprechend, wenn das Geld von einem Mitsklaven gegeben worden ist, C. 4, 6, 9; 7, 16, 8, beide itp., Buckland (o. § 2101) 643; Beseler IV 169 f. 7 Auch für Aufdeckung des Urhebers einer Schmähschrift, D. 47, 10, 5, 11 itp. {Ind.). 8 CT 9, 24, 1, 4 {326) gibt Latinität, C. 7, 13, 3 wandelt das in Vollbürgerrecht um.

• CT 9, 21, 2, 1 (318) = C. 7, 13, 2 (veränd.). 1 ° CT 9, 9, 1 pr. (329) = C. 9, 11, 1 pr. 11 CT 7, 18, 4 pr. (380) = C. 7, 13, 4. 11 CT 7, 13, 16 (406). 11 C. 12, 5, 4 (473). 1' Bei Grundstücksschenkung an den Sklaven als Treuhänder des emanzipierten infans, CT 8, 12, 2 (317); gestrichen in C. 8, 53, 26, 1. 11 C. 6, 7, 2, 1, nach Biondi II 291 unechte Zutat zum pr., dieses verändert aus CT 4, 10, 1; anders Seeck 161; 169, der die c. 1 cit. ins Jahr 313, die c. 2 ins Jahr 320 datiert. 18 C. 7, 15, 3 (531); 6, 4, 4, 3 (531). Nach Nov. 78, 4 (539) werden auch die schon früher geborenen Kinder der Sklavin frei, wenn sie nach Freilassung den gewesenen Herrn heiratet. 11 c. 7,6,1,8 (531); 6,4,4,4 (531). Zu C. 7, 17, 1, 3 (Verwirkung des Eigentums) s. o. § 209". 11 C. 12, 33, 7 (531); 6, 4, 4, 1 (531).

§ 21 t. Beendigung

der Unfreiheit,

insbes.

Freilassung

91

bei Aufnahme mönchischen Lebens mit Erlaubnis ihres Herrn, C.1, 3, 37 (484); beim Eintritt in ein Kloster nach Ablegung eines dreijährigen Noviziats, doch verlieren sie die Freiheit bei späterem Austritt, Nov. 5, 2 (535); 123, 35 (546). Die Priesterweihe macht frei, wenn sie mit Wissen des Herrn geschieht, andernfalls kann der Herr innerhalb eines Jahres den Sklaven zurückholen, Nov. 123, 17. Auch die ordinatio zum Bischof macht frei, Nov. 123, 4.

II. Die Ersitzung der Freiheit 19 wird erweitert. Konstantin bestätigt ein Gesetz, wonach dem Unfreien, der 16 Jahre bona fide in Freiheit gelebt hat, eine Einrede (praescriptio) zusteht; 20 später gilt, wer 20 Jahre offen als Freier gelebt hat, ohne weiteres als frei. 21 Justinian übernimmt dagegen ein jüngeres Gesetz, das den Freiheitserwerb an ungestörten 40jährigen Besitz der Freiheit knüpft. 22 III. Die Freilassung 23 wird durch Einführung neuer Formen und Erleichterung der bisherigen, außerdem durch wohlwollende Auslegung im Sinn des favor libertatis begünstigt. :u Die augusteischen Beschränkungen werden weithin abgebaut. Wo im klassischen Kaiserrecht ein Zwang zur Freilassung bestand, 26 läßt man jetzt den Freiheitserwerb zumeist unmittelbar kraft Gesetzes eintreten (oben 1). Bei den Formen 28 der Freilassung besteht ein Überrest der klassischen Einteilung in solche des ius civile und des ius honorarium fort, solange nur bestimmte Formen das römische Bürgerrecht, andere das latinische Recht geben. 27 Zur ersten Gruppe gehören drei Formen: die staatliche, die kirchliche und die testamentarische. 28 In der Freilassung vor dem Staats o r g a n 29 lebt die 'manumissio vindicta> fort, deren ursprünglicher Formgehalt allerdings schon in klassischer Zeit 11 Oben § 691 • - Kein Freiheitsverlust durch Zeitablauf: o. § 2101• 1 ° CT 4, 8, 7 (331); unbegründete Echtheitszweifel bei Sargenti 781 , vgl. Du1 pon t 53; Biondi II 395 . Zur erwerbenden Wirkung der praescriptio s. u. § 243 I. Kinder einer unfreien Mutter und eines freien Vaters, in dessen Haus sie leben, erhalten die Vergünstigung nur, wenn ihr Freiheitsbesitz ein 'iustum initium• hat, etwa wenn der Vater das Kind vom Eigentümer der Mutter gegen Geld oder gegen einen servus vicarius cum peculio eingelöst hat (c. 7 cit.). 11 CT 4, 8, 9 (393). 11 C. 7, 39, 4, 2 (491). 18 Übersicht für Konstantin bei Du p o n t 41 ff., für Justinian bei Buckland (o. § 210 1) 552 ff.; vgl. auch Monier I 222 f. Zur Mischung von Reichs- und Volksrecht im SRR s. Taubenschlag, JJP 6 (1952)

109 f.

" Auch die Freilassung wird als Schenkung im weiten Sinn der Spätzeit aufgefaßt, s. Pringsheim, St. Albertario I 668 f. m. Belegen. 11 Vgl. o. § 69 hinter A. 2, zur Durchsetzung im Prozeßweg o. § 6711 ; 20914• S.

außerdem o. § 711 ; Pap. coll. 2, 3, 1 ist trotz Solazzi, ANap. 57 (1936) 273 ff. für klassisch zu halten, s. auch die Lit. bei Erbe, Fiduzia (1940) 172 f. Vgl.ferner Inst. 4, 8, 3. 11 Für die servi publici haben die privatrechtlichen Formen offenbar nie gegolten, Gord., Diocl. C. 7, 9, 1-3; Perozzi I 245'. - Zu volksrechtlichen Formen (Urkunde, pactum) s. Taubenschlag, RPR 226 r. = Op. I 109. 17 Doch hat der Unterschied nur noch für die Fähigkeit, zu testieren und aus Testament zu erwerben, l>raktische Bedeutung; o. § 208 I; Arch1 142 ff. 28 Eine Beurkundung ist noch bei Diocl. C. 7, 16, 25 f. (c. 25 itp., Riccobono, SZ 34 (1913) 229) nicht vorgeschrieben (anders Steinacker [o. § 20021 ) 82); sie ist aber, wie bei allen bedeutenden Geschärten, allgemein üblich. Zur urkundlichen Überlieferung für den Westen T j ä der I 246 zu der (stark zerstörten) nr. 9 = Marini nr. 141; s. auch Gaudemet, TS 23 (1955) 178 f. 19 Nach C. 7, 1, 4 {320) vor dem kaiserlichen consilium 11elapud consules praetores praesides

magistratus11e earum ci11itatum,

92

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

längst vergessen ist. 80 Im nachklassischen Westen ist ihr Name verschollen, er verschwindet auch im Osten 81 und wird erst von Justinians Klassizismus für die Freierklärung vor dem Beamten wieder aufgenommen. 82 Die seit Konstantin 88 anerkannte M könnte auf Anregungen aus dem hellenistischen Rechtsleben, vielleicht aus der Hierodulie, zurückgehen, 86 sie wird aber auch von der römischen manumissio inter amicos beeinflußt sein; 88 im ganzen kennzeichnet sie sich jedenfalls als eine römische Neuschöpfung von christlicher Prägung. Sie geschieht vor dem Bischof und der versammelten Christengemeinde. 37 Die testamentarische Freilassung besteht in der wie in der fideikommissarischen Art weiter. Sie teilt die allgemeine Lockerung der Formgebote für den Testamentsinhalt (u. § 285 1).88 Ihre Auslegung gibt in weitem Umfang dem favor lihertatis Raum. 39 Wird ein Christ gewordener Abkömmling enterbt, so wird das Testament hinfällig, aber die Freilassungen bleiben bestehen, CT 16, 8, 28 (426). Ebenso, wenn die übergangenen Geschwister das Testament angefochten haben, sofern der überschuldete Erblasser den Sklaven mit Freilassung eingesetzt hat, IT 2, 19, 3 (nicht in CT eod. (313]). Freilassung der Leibesfrucht wird zugelassen, C. 7, 4, 14/16 (530). - Schon seit einem quibus huiusmodi ius est; Sargenti 59 f. Nach GE 1, 1, 1/4; 1, 2, 1 heißt der Akt offiziell noch 'manumissio ante consulem• (Archi 115 ff., anders Conrat, Gaius 78 ff.), obschon er in den Provinzen regelmäßig vor den Munizipalmagistraten geschieht, PS 2, 25, 4. Auf ihn (und seine Beurkundung) wird sich auch CT 2, 8, 1 (321) = C. 3, 12, 7 mit IT beziehen (zu diesem Gesetz vgl. Ehrhardt, SZ 72 (1955] 181). 80 Oben § 69 II 1. Vgl. auch Perozzi I 2461 . Zu ihr auch die Quellen bei Taubenschlag, RPR 149 10 = Op. I 1471 (Dessau, loser. Lat. sei. 8268; Quint. decl. 342). 81 Mitteis, RR 377 ff.; zu den Papyri Taubenschlag, Law 99, vgl. St. Bonfante I 405 (Freilassung vor dem Staatsnotariat seit dem 3. Jh.). 82 D. 40, 2; s. auch C. 7, 1 De vindicta libertate et apud consilium manumissione. Vgl. ferner C. 6, 22, 10 pr. (531). Zur Tendenz, alle weltlichen Freilassungsarten unter Lebenden in der manum. vindicta aufgehen zu lassen, s. Devilla, St. De Francisci II 273 ff. 33 CT 4,7,1 (321) = C.1,13,2 (abweichend RB 3, 1); C. eod. 1 (nach Seeck 88; 173 von 323; darin angespielt auf das Gesetz von 321). Vgl. auch IT 4, 9, 1; SRR L 21 (m. Parall.); Inst. 1, 5, 1. Bei GE 1, 1, 1 tritt sie an die Stelle der manumissio censu. 8' De Francisci, RIL 44 (1911) 619ff.; Partsch, Mitt. a. d. Freiburger Papyrussammlung II (SBer. Heid. 1916) 44 f. zu P. Freib. 10, dazu auch Wilcken, ebd. III (1927) 106; ferner Mor, Riv. stor. dir.

it. 1 (1928) 80 ff.; RIL 65 (1932) 544 ff.; Dupont 42 ff.; Sargenti 60 ff.; s. auch Perozzi I 249 f.; Biondi II 397 ff., beide mit weit. Hinw.; Volterra, Dir. rom. e dir. orient. (1937) 256 f.; Weiß, RE 14, 1373 f. (Manumissio). 35 Zur Hierodulie Mitteis, RR 375 ff.; W. Otto, Beitr. z. Hierod. im hellenist. Äg. (SBer. Bayer. Ak. 1950). Doch s. auch Kunkel 7011 zu der durch Inschriften und Papyri bezeugten sakralen Freilassung vor der versammelten Volksgemeinde. Zu Verkauf und Weihe an die Gottheit vgl. ferner Taubenschlag 96 ff. m. Lit., auch St. Bonfante I 405260 ; Sokolowski nach JJP9/10 (1955/56) 512f. 88 Westlichen Ursprung vermutet dagegen Danieli, StCagl. 31 (1948) 263 ff. (Jura 1 (1950] 580). 87 Quellen o. A. 33. - Priester können ihre eigenen Sklaven auch formlos freilassen, CT 4, 7, 1, 1 cit.; das meint aber wohl eine letztwillige Erklärung ohne Testamentsform. 38 Zulassung der griechischen Sprache: NT 16, 8 (439) = C. 7, 2, 14. Freilassung in einem Kodizill genügt, Inst. 1, 5, 1; ebenso Erbeinsetzung des Sklaven sine libertate, C. 6,27,5pr.-1c (531); Inst. 1, 6, 2; zur Streitfrage für das klassische Recht s. Inst. 2, 14 pr. Zur Tutorenernennung sine libertate s. u. § 2321 • 81 Zahlreiche Beispiele für eine begünstigende Auslegung in itp. Dig.-stellen, vgl. Perozzi 248; Biondi 417 ff., insbes. Albertario I 61 ff. Zum statuliber C. 6, 46, 6 (532, o. § 20311).

§ 211. Beendigung

der Unfreiheit,

insbes.

Freilassung

93

Reskript Mark Aurels (Inst. 3, 11, 1) kann ein testamentarisch Freigelassener die Einweisung in den erblosen Nachlaß beantragen (addictio bonorum libertatis causa), wenn er mit Sicherheitsleistung verspricht, die anderen letztwilligen Anordnungen auszuführen; Justinian erweitert dies, C. 7, 2, 15 (531 f.). - Durch den Erbschaftsstreit sollen die Freilassungen nicht verzögert werden; ist die hereditatis petitio anhängig, so steht den Freigelassenen binnen Jahresfrist seit dem Erbfall die Freiheit zu, C. 3, 31, 12, 2b (531). - Besonders zur fideikommissarischen Freilassung:'° Kommt der Belastete in Verzug, wird die Freiheit ohne weiteres erworben, C. 7, 4, 15 (530). Ist der Sklave mit Freilassungsauflage vermacht, läßt sich der Erbe aber aus dem Vermächtnis in Geld verurteilen, so wird der Sklave nach zwei Monaten frei (Näheres in C. 7, 4, 17 [530)). Ist ein fremder Sklave fideikommissarisch freigelassen, so wird die Freilassung aufgeschoben, bis der Belastete dazu fähig ist, Inst. 2, 24, 2; C. 7, 4, 6 itp. u

Zur Latinität führen private Freilassungsformen: vor Zeugen (inter amicos),62 durch Urkundenerteilung (per epistulam)'8 und durch Zuziehung zur Tafel (per mensam). 44 Ob, wie bisher, auch jede andere ausdrückliche Kundgabe des Freilassungswillens genügt, ist fraglich. 45 Justinian stellt alle diese Freilassungsformen, indem er auch mit ihnen den Erwerb des römischen Bürgerrechts verbindet, den vorher genannten gleich.46 Gemeinsam ist allen Freilassungen, daß sie vom Eigentümer des Sklaven geschehen müssen. 47 Für den Fall des Miteigentums gelten Besonderheiten, 48 '° Zum Sonderfall in IP 4, 12, 3 (gegenüber PS 4, 13, 3) s. Conrat, Paulus 93 ff. u Pernice, Labeo III 1 {1892) 292 f. Anders Gai. 2, 272, dem GE 2, 7, 8 folgt. ._ GE 1, 1, 2; PS 4, 12, 2; zu den Papyri Taubenschlag 99; St. Bonrante I 405. J ustinian verlangt fünf Zeugen, C. 7, 6, 1, 2 (531). n GE, PS citt.; Papyri: Taubenschlag 1001"; St. Bonfante I 421 (zu P. Cairo Masp. 67089 = 67294). Justinian verlangt auch hierzu fünf Zeugen, C. 7, 6, 1, 1c (531). " GE cit. con11i"ii adhibitione; RB 44, 5. Zur Frage ihrer hellenistischen Herkunft s. o. § 6911 • Sie verschmilzt offenbar allmählich mit der manumissio inter amicos und wird darum in Iust. C. 7, 6, 1 cit. und Inst. 1, 5, 1 nicht mehr erwähnt. Vgl. Biscardi, Manumissio per mensam (1939) 43-56. u Die Aufzählung in GE cit. gibt vielleicht nicht nur Beispiele (anders Archi 118 f.). Justinian versucht in C. 7, 6, 1 offenbar eine erschöpfende Aufzählung, ebenso in Inst. 1, 5, 1, wo sich die 'alii multi modi' (wie in § 3 i. f.) auf die Fälle gesetzlichen Freiheitserwerbs beziehen werden (o. 1). Immerhin führt C. 7, 6, 1 aus der bisherigen Praxis noch weitere Fälle an: wenn der Sklave mit Willen des Erblassers oder Erben mit der Freiheitsmütze (pileatus) am Begräbnis teilgenommen hat (§ 5); wenn der Herr die Sklavin einem Freien zur Frau gibt und für sie eine

dos bestellt (§ 9, u. § 21811); wenn er den Sklaven in öffentlicher Urkunde für frei erklärt (§ 2) oder als seinen Sohn bezeichnet(§ 10; Inst. 1, 11, 12; bewirkt aber keine Adoption); wenn er dem Sklaven die Beweisurkunden für dessen Sklavenstand übergibt oder sie vernichtet, und zwar jetzt vor 5 Zeugen (§§ 11, 11 a). "C. 7, 6, 1 cit.; Inst.1, 5, 3; Nov. 78pr. (539). Danach sind D. 40, 2, 4 pr. (Kaser, SD 16 (1950) 73 f.) u. a. Stellen itp. Ein weiterer Fall, Freilassung eines schon im Testament bedingt Freigelassenen durch den Erben, in C. eod. § 7. n Über Abwehr hellenistischer Rechtsgedanken, die die Zustimmung der nächsten Erbberechtigten verlangen (o. § 2051 ), s. Mitteis, RR 372 ff.; Kreller, Erbrechtl. Unters. (1919) 19111 • - Freilassung vom Nichteigentümer ist nichtig und strafbar, Näheres in CT 4,9,1 (319) = C. 7, 10, 7. - Ist der Sklave mit einem Nießbrauch belastet (o. § 69 II vor 1), so wird er zwar libertus des Eigentümers, bleibt aber 'quasi servus' des Nießbrauchers, solange dessen Recht dauert; C. 7, 15, 1 (530). u Zum klassischen Recht o. § 696 m. Lit., dazu Wenger, ACJI I 201 ff.; Gaudemet, Indivision (u. § 24161 ) 455 ff.; Biondi 415 f.; Bretone, Servus communis (1958) 140 ff. Die Akkreszenz bei ziviler Freilassung durch einen Miteigentümer (PS 4, 12, 1) wird im Westen verallgemeinert, IP 4, 11, 1; Conrat, Paulus 99.

Dritter

Teil.

Die nacbklassischen

Entwicklungen

vielleicht unter hellenistischem Einßuß.' 8 Doch bleibt die dem Hellenismus bekannte Teilfreilassung der römischen Ordnung fremd. 60 Von den augusteischen Gesetzen zur Beschränkung der Freilassung 61 wird die lex Fufia Caninia im Westen noch bezeugt ; Justinian hebt sie auf. 61 Von der lex Aelia Sentia, die gleichfalls im Westen belegt ist, 68 beseitigt Justinian die Altersgrenzen" und die 'dediticia libertas> (o. § 208 1) und läßt nur das Verbot der Freilassung in fraudem creditorum bestehen. 66 § 212. Freigelassene und Patronat

I. Die Patronatsgewalt über die 'liberti>1 wird in der nachklassischen Zeit in mehreren Beziehungen verstärkt. Vermutlich hat dabei das Vorbild der griechischen und hellenistischen 1totp0t!',OVl)mitgewirkt, 1 die eine personenrechtlich begrenzte Freiheit gewährt und dem Freilasser als Überrest seiner Herrengewalt ein durch Eigenmacht, also ohne Prozeß, durchsetzbares Recht auf Dienstleistung verschafft. 8 Die römische Ordnung geht auch in dieser Periode nicht ebenso weit.' Immerhin gewährt Konstantin dem Patron das " In Weiterbildung spätklassischen Kaiserrechts soll nach Justmian, wenn nur ein Miteigentümer freilassen will und die anderen nicht zustimmen, die Freilassung gültig sein, der Freilasser aber den anderen Miteigentümern ihre Wertanteile am Sklaven in Geld auszahlen oder die Beträge öffentlich hinterlegen, C. 7, 7, 1 (530); Inst. 2, 7, 4. Hat der Miteigentümer dem Sklaven selbst seinen Anteil an diesem vermacht, so wird das als Freilassung ausgelegt und wie eben verfahren, C. eod. 2 (530). Zu möglichen östlichen Vorbildern s. die Lit. A. 48, 50. 60 Vgl. zu ihr (mit der Wirkung einer bloß partiellen Freiheit) P. Edmondst. = Mitteis, Chr. nr. 361 (360 n. C.) u. a.; abweichend PSI V 452 (4. Jh., dazu Meyer, ZvglRW 39 [1921) 222 f.; SZ 52 [1932) 365); vgl. Arangio-Ruiz, Persone e famiglia (1930) 8 ff.; Taubenschlag, St. Bontante I 405 m. Lit.; SZ 50 (1930) 166 ff.; Law 100; zum Orient Rotondi III 60 ff.; Volterra, Dir. rom. e dir. or. (1937) 251. 11 Ausführlich GE 1, 2 (Archi 127 f.); s. ferner PS 4, 14, 4. 61 C. 7, 3, 1 (528); Inst. 1, 7. 18 GE 1, 1, 5-7; Archi 126 f. Die Altersgrenze von 30 Jahren für den Freizulassenden wird in GE nicht mehr erwähnt; Conrat, Gaius 37. 64 C. 7, 15, 2 (530). Auch die Altersbeschränkung für testamentarische Freilassungen (o. § 16211 ) fällt damit fort. Als Mindestalter des Freilassers bestimmt Justinian 17 Jahre, Inst. 1, 6, 7. Später können alle testierfähigen minores freilassen, Nov. 119, 2 (544).

16 Dazu die Lit. o. § 6031 • Zur Freilassung in fraudem patroni vgl. Schulz, SZ 48 (1928) 254 rr.; im übrigen u. § 290 III a.E. Zu D. 40, 7, 1, 1 (überarb.) s. die Lit. im Ind. 1 GE 1, 1 pr. unterscheidet drei 'status libertorum• nach den •~enera libertatum•, d. h. je nachdem, ob die Freilassung zum civis Romanus, zum Latinus oder zum dediticius macht; Näheres bei Archi 109 ff., s. auch o. § 208 I. Zur Terminologie von 'ingenuus• s.o. § 206 7 , zu der von 'libertus• Perozzi I 2742 • - Über den Zugang der Freigelassenen zu den Ämtern s. im einzelnen CT 4, 10, 3 (426), verändert in C.

6, 7, 4. 1

Vgl. zu dem reichen Material an delphischen Inschriften und ägyptischen Papyri Koschaker, Über einige griech. Rechtsurkunden aus den östl. Randgebieten des Hellenismus (SBer. Sächs. Ak.1931) 24-49 (auch 9 ff. pass.), dazu Schönbauer, SZ 53 (1933) 422 ff. m. weit. Lit.; J. Lambert, Les operae liberti (1934) 59 ff.; Westermann, JJP 2 (1948) 9 ff.; Slave systems (o. § 2091 ) 25 f.; 35 ff. pass.; 135. a Zur Auffassung als 'geteiltes Eigentum• Koschaker, SZ 58 (1938) 255 ff. (gegen Schönbauer) m. weit. Lit. ' Unbekannt ist ihr die nach griechischem Recht zulässige Freilassung mit Vorbehalt des Rückfalls, vgl. dazu Mitteis, RR 384 ff.; 391 ff. Vgl. ebd. 395 zu Diocl. C. 7, 16, 36. Zur größeren Beweglichkeit des griechischen Freigelassenenrechts gegenüber dem römischen auch Harada, SZ 58 (1938) 148 ff. Zur römischen Abwehr volksrechtlicher Minderungen der Freigelassenenstellung s. ferner Taubenschlag, RPR 228 = Op. I 110 f.

§ 2t2.

Freigelassene

und Patronat

95

Recht, den undankbaren Freigelassenen 6 wegen Verletzung seiner Ehrenpflichten oder wegen sonstiger Verfehlungen in die Sklaverei zurückzuholen, . 8 Dieses Widerrufsrecht knüpft wohl zunächst bei der accusatio ingrati liberti nach der lex Aelia Sentia 7 und bei weiteren römischen Sonderfällen einer Rückholung in die Sklaverei an,8 vielleicht aber auch bei den erwähnten hellenistischen Vorbildern. 8 Im Westen wird das Recht später eingeschränkt. 10 Die nachklassische Auffassung löst ferner den Patronat aus seiner bisherigen Bindung an die Familie des Patrons. Die Ehrenrechte und die 'ingrati actio>werden über die Deszendenten des Patrons 11 hinaus auch den 'extranei heredes> zugewandt. 11 Während aber im Westen später die Ehrenrechte den Erben überhaupt aberkannt werden, 13 hat Justinian die Erstreckung auf die 'extranei> bestätigt und den Patronat zu einem nach den allgemeinen Regeln vererblichen Recht umgestaltet. 14 Im Zusammenhang damit wird, offenbar unter dem Einfluß der oströmischen Schule, die Dienstleistungspflicht aus dem eidlichen 16 oder stipulierten Versprechen des Freigelassenen erweitert. Hatte man im klassischen Recht alle 'operae• auf das officium, die sittliche Pflichtbindung des libertus, zurückgeführt, so unterscheidet man jetzt zwischen Handwerkerdiensten (operae fabriles) und anderen (officiales). Der Anspruch auf jene geht immer auf die extranei heredes über, der auf diese (vor der Rechtshängig11 Auf die das klassische 1 Übersicht über seine Behandlung bei Recht die Biondi II 286 ff. - Einsetzung des liber- Ehrenrechte beschränkt hatte, s. o. § 24 II, § 30 III a. E., § 70 III. tus ingratus berechtigt die übergangenen 11 CT 4, 10, 2 (423), s. auch eod. 3 (426), Geschwister zur Testamentsanfechtung, vgl. C. 3, 28, 27 (aus CT 2, t 9, 1/3 (319/313), beide westlich. 18 NV 25, 1 (447), o. A. 10. Zur Frage aber abweichend); u. § 29011• • De Francisci, Mel. Cornil I 297 ff.; der Berücksichtigung in GE 1, 1, 6 vgl. 315 ff.; Lambert (o. A. 2) 87 ff.; Dupon t Archi 327 ff. Im übrigen übergeht die GE 51ff.Vgl.CT4,10,1 (313,s.Seeck92; 156; die Patronatsrechte mit Stillschweigen; 161), von Justinian in C. 6, 7, 2 pr. auf die Archi 211 ff.; 324 rr. erklärt dies mit den umwälzenden Veränderungen dieser EinKinder des libertus erweitert. Erstreckung auf die heredes patronorum in CT eod. 2 richtung im nachklassischen Recht. 16 Lavaggi, (423) = C. eod. 3; CT eod. 3 (426) = C. La successione nei beni dei eod. 4. Insoweit unklassisch sind lost. 1, liberti nel dir. postclass. (1947) 15 ff.; St. 16,1; 1,22,1; D. 40,9,30,4; C. 6, 3, 12 De Francisci II 105 ff. Just. übernimmt (Taubenschlag, RPR 276 = Op. I 171) CT 4, 10, 2 in C. 6, 7, 3; vgl. außerdem u. a. S. auch Biondi II 290 ff. C. 2, 2, 2 itp., Mitteis, RPR 10311 ; Ca7 Ob. § 7010 m. Lit. Studi sui stelli, Scr. 95 ff.; Cosentini, 8 Paul. D. 40, 9, 16, 3 (dazu Iod. und liberti II (1950) 17 ff. (s. auch 181 ff. zum Biondi 418 f.); Marci. D. 49, 14, 30. Schicksal der operarum obligatio bei Arro• Vgl. hierzu und zur attischen Blx'I)llno- gation des Patrons). - Justinian gibt die cncccnou (Koschaker [o. A. 2] 30 f.) Patronatsrechte den Hinterbliebenen des Mitteis, RR 384 ff.; De Francisci 313 Freilassers auch über den libertus o rc in u s, ff., zweifelnd jedoch Biondi II 288 r. (m. C. 6, 4, 4, 27 (531); vgl. die Lit. o. § 6916 , Bull. 34 (1925) weit. Lit.). Diocl. C. 7, 16, 26 und 33 weh- insbes. Loreti-Lorini, ren den Widerruf noch ab, vgl. auch Tau - 41; 61 ff., dazu noch Bonfaote I 177 ff.; H arada, SZ 58,145 ff. (s. auch 136; 159 f. benschlag, RPR 227 = Op. I 110; Felgentraeger, Antikes Lösungsrecht (1933) zu C. 6, 4, 3 pr. (529], ferner Fschr. Ko32 f. schaker I 401 ff. zu C. 7, 6, 1, 7 [531] und 10 Keine Verfolgung durch die Erben des Inst. 3, 11, 1). Zu den Papyri Harada Freilassers: NV 25, 1 (447) u. a. De FranSt. Bon145 ff.; s. auch Taubenschlag, cisci 318 ff. sieht darin christlichen Ein- fante I 406. 11 Der Eid auch in GE 2, 9, 4; Archi fluß. Im Osten dagegen (ebd. 321 ff.) bleibt das Widerrufsrecht in vollem Umfang be- 410. stehen, Nov. 78, 2 pr. (539).

96

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

keit) wegen ihres stärker persönlichen Charakters nur für die Vergangenheit (praeteritae), D. 38, 1, 4 u. a. itp. 11 Zur Vormundschaft des Patrons über die Freigelassenenkinder s. u. § 232 II 2; zu seinem lntestaterbrecht nach dem Tod des libertus u. § 287 Vl. 17

II. Justinian hat andererseits die Freigelassenen dadurch begünstigt, daß er in bestimmten Fällen die Freiheit ohne die Beschränkung durch den Patronat gewährt. 18 Dazu gehört besonders der aus hellenistischen Vorbildern entnommene Verzicht des Freilassers, sei es mit, sei es ohne Zahlung einer Ablösungssumme. 19 Die Pflicht zur reverentia und die actio ingrati bleiben allerdings in allen diesen Fällen aufrecht. 20 Später gibt Justinian den Freigelassenen allgemein, also ohne besondere Verleihung der oder des (o. §70 1), die Stellung der Freigeborenen. 21 Die Patronatsrechte, besonders die revocatio des Undankbaren in die Knechtschaft, bleiben jedoch auch hiernach im bisherigen Umfang bestehen; die Vergünstigung betrifft daher hauptsächlich das öffentliche Recht und die soziale Anerkennung. Schließlich hebt J ustinian das Eheverbot zwischen den Freigelassenen und bestimmten Würdenträgern auf. 22

§ 213. Coloni und andere Untertinige I. Von den bisherigen Verhältnissen geminderter Freiheit 1 bedeutet einen Fall rechtlicher Minderung nur der des Hauskinds ; aber dieses Verhältnis verschwindet schon im Vulgarrecht 2 und wird von Justi11 Lit. o. § 7011, insbes. Albertario IV 15 ff. (auch 3 ff.), teilw. gegen Biondi, APer. 28 (1914) 55 ff.; s. ferner Lambert SD 11 (1945) 237 ff.; 285 rr.; Lavaggi, Successione (o. A. 14) 18 f.; St. De Francisci II 91 ff., abweichend Cosentini, Studisuiliberti II 93 ff., s. auch I 125ff.; 176. 17 Erweiterungen der adsignatio libertorum (o. § 70 IV) auf die emancipati und auf Anordnungen außerhalb des Testaments (D. 38, 4, 1, 3; eod. 7 f.; Inst. 3, 8, 3) vermutet La Pira, La successione ered. (1930) 203ff. Vgl. auch Harada, SZ 59 (1939) 498 ff. (zur adsign. liberti orcini). 18 Aufzählung in C. 6, 4, 4 pr. ff. (531): Verzicht des Freilassers (u. A. 19); Zuwendung einer militia oder dignitas an den eigenen Sklaven (§ 1); Prostitution der eigenen Sklavin, Vernachlässigung des hinfälligen Sklaven (§ 2); Erhebung der eigenen Sklavin zur Konkubine (§ 3, befreit auch die Kinder vom Patronat); Geldabfindung des im Freiheitsprozeß siegreichen Herrn; Abfindung des Herrn aus dem peculium ('suis nummis emptus•, dazu Harada, SZ 58,156 f.) (§ 4); vereinbarte Geldablösung für versprochene Dienste, Versprechen der Ehe- oder Kinderlosigkeit an den Freilasser (§ 5); Kollusion mit dem Freilasser im Ingenuitätsprozeß (§ 6); Vereitelung oder Verzögerung der fideikommissarischen Freilassung (§ 7); ungerecht-

fertigte Kapitalanklage oder vindicatio in servitutem (§ 8). Über klassische Vorstufen zu einigen dieser Fälle s. etwa Bonfan te I 176 1 ; 177H; 180 f. - Ein Vorläufer: C. 6, 4, 2 (367) läßt den Patronat erlöschen bei dem vom Patron geduldeten contubernium zwischen dem libertus und der kaiserlichen Sklavin oder Kolonin. Vgl. ferner C. 12, 5, 4 pr. (473), o. § 21118 • 11 Vgl. außer c. 4, 1 cit. insbes. C. 6, 4, 3 (529); Nov. 78, 2 (539); La Pira (o. A. 17) 201 ff.; Studi it. di filol. class. 7 (1929) 145 ff.; Harada, SZ 58, 136 ff., beide eingehend zu den hellenistischen Vorbildern. 80 C. 6, 4, 3, 3; eod. 4, 26 citt. 21 Nov. 78, 1/2, s. auch c. 5 (539). 112 Nov. 117, 6 (542). 1 Ob. § 71. - Zum 'bona fide serviens' vgl. Studien außer o. § 71 III noch Partsch, zur neg. gestio I (1913) 95 rr.;Ricco bon o, APal. 3/4 (1917) 679 ff. (SZ 49 [1929) 660); Berger, SZ 43 (1922) 398 ff.; Beseler, SZ 44 (1924) 382 ff.; Reggi, StParm. 5 (1955) 188 ff.; 243 rr.;Liber homo bona fide serviens (1958); - zu den 'auctorati> St. De Francisci (o. § 7i1 1 ) s. Biscardi, IV 107 ff.; Kunkel, Symb. Taubenschlag III 207 ff. 1 Archi 129 rr. - Zur Umformung der adoptio und emancipatio s. u. § 227 II, § 228 I; zum Schwinden der noxae datio von Hauskindern u. § 271 III.

§ 213. Coloni

und andere

Untertänige

97

nian planmäßig aus den Quellen beseitigt. 8 Der nachklassische Kinderverkauf dagegen führt, entsprechend der Vergröberung der Rechtsbegriffe, zur Unfreiheit (o. § 210 III). II. Die Unfreiheit zeigt indes in dieser Periode nicht mehr so scharfe Umrisse wie in der Klassik. Neben die Sklaverei treten eine Reihe anderer Verhältnisse einer Untertänigkeit, die in mehreren Abstufungen eine sklavenähnliche Unterordnung unter einen Herrn mit sich bringen. Sie hängen mit der vom Staat erzwungenen Eingliederung in die erblichen Stände zusammen. Die privatrechtliche Unterwerfung ist in diesen Fällen aber weder klar durchdacht noch für uns immer deutlich erkennbar. Die wichtigste Gruppe bilden die an die Scholle gebundenen kleinen Landpächter, die coloni.' 1. Die Herkunft des Kolonats ist lebhaft umstritten. 6 Feststeht, daß zu seiner Ausbildung im Westen und im Osten unterschiedliche Umstände zu verschiedenen Zeiten beigetragen haben. Die Wurzeln gehen bereits in die Prinzipatszeit zurück. Der Westen kennt freie •inquilini•, die aber doch zum Vermögen des Grundherrn gehören,• und die er nur zusammen mit den •praedia quibus adhaerent• vermachen kann. 7 Im Osten, besonders in Ägypten, hat sich als Überrest der ursprünglichen Leibeigenschaft eine Aufenthaltsund Arbeitspriicht am Wohnsitz (l8(or:,origo) 8 erhalten.• Zur Ausbildung des Kolonats mit seiner Bindung an die Scholle haben dann mehrere Gründe zusammengewirkt, 10 vor allem der Liturgie- und der Steuerdruck, die zugleich die Bildung des Großgrund1 Vgl. Pampaloni, Bull. 17 {1905) 123 ff. • Die ält. Lit. bei Seeck, RE 4, 485 (Colonatus) und Kühler, RRO 3471 , die neuere bei Volterra, Bibliografia di diritto agrario romano (1951) 133. Vgl. etwa Oothofredus zu CT 5, 9; Savigny, Verm. Sehr. II 1 ff.; Heisterbergk, Die Entstehung des Kolonates (1876); Fustel de Coulanges, Recherches sur quelques problemes historiques (1885, 3. Aufl. 1913) 1-186; Karlowal 918 ff.; 0. Segre, AO 42 {1889) 467ff.; 43 {1889) 150ff.; 44 {1890) 36 ff.; 46 {1891) 261 ff.; Seeck 483ff. (grundlegend); Kühler, Fschr. Vahlen (1900) 561 ff.; Bolkestein, De colonatu Romano eiusque origine (Diss. Amst. 1906); Rostowzew, Studien zur Geschichte des röm. Kolonates {AfP Beih. 1, 19!_0); Oelzer, Studien z. byz. VerwaltungAgyptens{1909) 63ff.; 69ff.; Kühler, RRG (1925) 347 ff.; Clausing, The Roman Colonate, The Theories of its Origin (Diss. Columbia Univ. 1925); aus neuerer Zeit vgl. etwa Preaux, Rec. Soc. Bodin 2 {1937) 35 ff.; Collinet, ebd. 85 ff.; E. Stein, ebd.123 ff.; Dupont 167 ff.; Collinet, Atti V Congr. Studi Bizantini I (1939) 600 ff.; Saumagne, Byzantion 12 (1937) 487 ff.; Ganshof, L'Ant. Class. 14 (1945) 261 ff.; A. Segre, Traditio 5 {1947)

7 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

103 ff.; Pallasse, Orient et Occident a propos du colonat romain du Bas-Empire (1950); RH 33 (1955) 267 ff.; Biond1 II 356 ff.; Peter, Schweiz. Beitr. z. IV. Congr. int. dr. comp. (1954) 27 ff. = Riv. dir. agr. 33 {1954) 423 ff.; de Malafosse, Riv. dir. agr. 34 (1955) 45 ff. (Iura 7 [1956] 459 f.). 6 Übersicht über den neuesten Stand bei de Malafosse aO.; ältere Übersichten bei Bolkestein und Clausing {o. A. 4). • Er muß sie beim census angeben, Ulp. D. 50, 15, 4, 8. 7 Marci. D. 30,112 P.r. - Seeck setzt diese westlichen •inqmlinP mit den freigelassenen germanischen Kriegsgefangenen gleich, die Mark Aurel zum Ausgleich für den Bevölkerungsschwund in allen Teilen des Reichs ansiedelte, und denen er die gleiche Rechtsstellung verlieh, wie sie die Germanen ihren eigenen freigelassenen Kriegsgefangenen als •Liten• gewährten (Tac. Germ. 25); zweifelnd jedoch Clausing 193 ff. 8 Zur 'origo• o. § 661 und Pallasse, Orient etc. (o. A. 4) 18 ff.; zur l8(or:(KC:,µ7J) zuletzt Braunert, JJP 9/10 {1955/56) 211 rr. • Vgl. zu Ägypten Rostowzew 74 r.; 211 ff.; ähnlich 305 ff. zu Kleinasien. Kritisch Clausing 229 f. 10 Rostowzew 224 f.; 396 ff.

98

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

besitzes und der Großpacht begünstigt haben, sowie die Verödung des Landes und seine Zwangszuteilung (bnßoi.iJ, u. § 2r.1 II 2).

2. Auch die weitere Entwicklung des Kolonats verläuft nicht einheitlich. Während Diokletian bei der privaten Pacht noch jede personenrechtliche Beschränkung ablehnt, 11 gehen doch schon in seine Zeit die Anfänge eines Kolonats auf den kaiserlichen Domänen zurück. 12 Die den Fiskalgütern zugehörigen Kolonen 13 stehen den Sklaven nahe;H sie werden von öffentlichen und privaten Funktionen ausgeschlossen, 16 die Kinder aus ehelichen Verbindungen zwischen ihnen und 'ingenui' folgen dem Recht der Mutter. 11 Das Recht, den Flüchtigen auf das Land, dem er zugehört, zurückzuholen, ist unverjährbar; 11 wer ihn zurückhält, macht sich bußfällig. 18

Die Entwicklung des Kolonats auf dem privaten Großgrundbesitz geht im Osten und Westen getrennte Wege. 19 Die Bindung der Kolonen an die Scholle, die ihnen verbietet, das Land, zu dem sie gehören, zu verlassen, aber auch den Grundherren untersagt, sie von ihrem Land zu trennen, liegt im wirtschaftspolitischen Interesse der Kaiser, vor allem um den Landbau sicherzustellen, daneben auch, um die Kolonen zu versorgen. In der Mehrzahl der Provinzen des Ostens werden die Kolonen (Kleineigentümer und Pächter) in den Steuerlisten gemeinsam mit dem Boden erfaßt; die 2 o ist mit der verbunden. Hier sorgt mithin schon das Steuersystem für die Bindung der Kolonen an das Land, dem sie zugeschrieben sind. Daneben hat es aber im Osten stets freie Kolonen gegeben, die nicht adskribiert waren und nur kraft besonderer Gesetzesnorm der Freizügigkeit entbehrten. 21 In eine stärkere persönliche Abhängigkeit vom Grundherrn geraten die adskribierten Kolonen erst im späteren 5. Jh. mit dem fortschreitenden Wirtschaftsverfall. Sie treten den , die persönlich frei sind und nur der Freizügigkeit ermangeln, 22 als gung in die census-Liste heißen sie •censiti', C. 7, 14, 11; 7, 16, 18. Pallasse 21 ff. vgl. C.11, 50, 2 pr. coloni censibus dumtaxat 13 Von 'ius colonatus' spricht bei ihnen adscripti. - Zum Namen 'inquilini' Pallasse 2638 ; gemeint sind wohl Pächter CT 12, 1, 33 (342 Ost). u. C. 3, 26, 8 (358); 11, 68, 3 (364) u. a. ohne eigenen Landbesitz, die auf dem fremnennen sie neben den 'servi', eod. 4 (367) den Gut wohnen. 11 Hierher gehören die weithin von den stellt sie den 'ingenui' gegenüber. 16 C.11, 68, 2 (319); CT 12, 1, 11 (325) öffentlichen Lasten befreiten Grenz- und Wehrbauern ('limitanei', Pallasse 49 ff.), = C. eod. 1. 1• C. 10, 32, 29 (365); 11, 68, 4 (367); vgl. ferner die Kolonen der von der Kopfsteuer zur rechtlichen Gebundenheit der Kinder befreiten Gebiete, Illyrien (C. 11, 53, 1 auch C. 11, 68, 3 (364); 11, 64, 1 (386). [371]), Palästina (C. 11, 51, 1 [386]) und 11 C. 7, 38, 1 (367), s. auch 11, 63, 3 (383). Thrakien (C. 11, 52, 1 [393]). Freie Kolo1e C. 11, 64, 2 (386). nen sind ferner offenbar nach CT 11, 1, 14 19 P all asse 28 ff. (371) = C. 11, 48, 4 qui in suis conscripti so Vgl. Deleage, La capitatio du Bas- locis proprio nomine libris censualibus detiEmpire (1945); weit. Lit. bei B erger 380 nentur, vgl. Levy I 62. Zu den 'homologi shv.; s. auch Seston, Diocletien et la coloni' s. u. A. 23. Zum Fall, daß (Staats-) tetrarchie (these Paris 1946), insbes. 274ff.; Pächter zugleich eigene Grundstücke haKarayannopulos, Finanzwesen d. früh- ben, vgl. CT 12, 1, 33 (342); Nov. 128, 14 byz. Staates (1958); ders., Byz. Ztschr. (545); de Malafosse 49 f.; auch sie sind 49 (1956) 420 ff. zu neuerer Lit. - Die aber an ihr Land gebunden. 21 Nov. 162, 2 (539); Gelzer 69 ff. Zum kopfsteuerpflichtigen Kolonen sind vermutlich auch mit 'tributarii' gemeint, Verlust der Freizügigkeit durch 'praevgl. Saumagne 493 ff. Nach ihrer Eintrascriptio' s. u. A. 59. 11

11

§ 213. Coloni

und andere

Untertänige

99

gegenüber, 23 die den Sklaven nahestehen. 24 Sie unterliegen der körperlichen Züchtigung durch den Herrn, 26 ihr Vermögen (peculium) gehört dem Herrn, 26 die Ehe mit einer Freien (aus der freie Kinder geboren werden) ist dem Eingriff des Herrn unterworfen, 27 das Recht des Herrn am adscripticius ist unverjährbar. 28 Im Westen dagegen, 29 wo entweder (wie in Italien) Befreiung von der Kopfsteuer galt oder die Kolonen (und andere Kopfsteuerpflichtige) unabhängig vom Boden registriert wurden, beruht die Bindung der Kolonen an ihren Wohnsitz (origo)30 nicht auf dem Steuersystem, sondern auf ihrer machtmäßigen Abhängigkeit von den Grundherren, 31 die die Kolonen am Verlassen des Landes hindern können. Die Kaiser machen aus den erwähnten wirtschaftspolitischen Gründen die Verbindung der Kolonen mit dem Boden zum Rechtsgebot. 32 Gleichwohl hat es daneben auch im Westen freie Pächter gegeben.83 Allmählich nähert man mit dem allgemeinen Verfall die abhän13

Pallasse 63 ff. Erstmals in C. 1, 12, 6, 9 (466), vgl. auch C. 1, 3, 36 pr. (484); 11, 48, 19 (Anast.); 8, 51, 3 pr. (529); 11, 48, 23, 4 (531 ff.); const. de adscripticiis et colonis (540; Schoell-Kroll, Corp. iur. civ. III 796); ferner C. 3, 38, 11 itp. aus CT 2, 25, 1; C. 8, 51, 1 itp. (G. Segre, AG 46 [o. A. 4], vgl. D. 50, 15, 4, 8). Zu den Papyri (iw1t6ypc:upoL)Wilcken, Grdz. 325 f.; 9elzer 69 ff. Nach ihm (75 ff.) sind in Agypten auch die 'homologi coloni' (CT 11, 24, 6 pr./3 [415]) später zu adscripticii geworden. H Eindrucksvoll C. 11, 48, 21, 1 (530). Um der schweren Folgen dieses Verhältnisses willen verlangt Justinian zu seiner vertraglichen Begründung über die Schriftlichkeit hinaus die adscriptio publici census oder die Hinterlegung inter acta, C. 11, 48, 22 pr. -2 (531). Eine eidliche Unterwerfung in P. Oxy. I 135 = FIRA III nr. 13 (579 n. Chr.). 16 c. 7, 24, 1, 1 = 11, 48, 24, 1 (531 ff., dazu Fritz, Studien 39 ff.); Nov. 22, 17 (536), u C. 11, 48, 19 (o. A. 23). 17 Er kann den adscripticius züchtigen und die Verbindung lösen; C. 7, 24, 1, 1 = 11, 48, 24, 1 cit.; Näheres u. A. 45. Heiratet ein Freier eine adscripticia, so folgt das Kind der Rechtsstellung der Mutter, C. 11, 48, 21 (530); u. A. 55. 18 C. 11, 48, 23 pr. (531 rr.), vgl. auch eod. 22, 3 (531). 19 Pallasse 31 rr. ao Danach heißen sie auch 'originales, originarii>, vgl. C. 11, 68, 1 (325); 11, 48, 7 pr. (371); CT 10, 20, 10, 1 (380) = C. 11, 8, 7, 1; C.11, 48, 11 (396); CT 5, 18, 1 pr./1 (419) = C. eod. 16 u. a. Im Osten wird die origo einfach durch den Grundbesitz bestimmt, dem sie zugeschrieben sind; aus dem Osten stammt CT 11, 1, 14 (371) C. 11, 48, 4 pr. 7•

81

A. Segre (o. A. 4) nimmt an, die Kolonen hätten sich dem 'patrocinium', der Schutzgewalt eines 'potentior• gegen die Härten der Steuereinziehung, unterstellt; im Westen früh und allgemein, im Osten später und nur teilweise. Doch s. dazu kritisch Pallasse 7 ff. Zum patrocinium vgl. CT 11, 24; C. 11, 54; Gelzer 69; 72ff.; de Z ulueta, De patrociniis vicorum (1909), dazu Lewald, SZ 32 (1911) 473 ff., weitere Lit. bei Berger 622; zuletzt Harmand, Libanius, Discours sur les patronages (1955), dazu Grelle, Lab. 4 (1958) 189ff. 31 Flüchtige Kolonen sind zurückzuführen, die Statthalter haben dafür zu sorgen; vgl. schon CT 5, 17, 1 (332) und später C. 11, 48, 6 (365); CT 10, 12, 2, 2 (368); C. 11, 48, 8 (371); CT 14, 18, 1 (382) = C. 11, 26, 1; C. 11, 48, 11 (396); 12 (396); CT 5,18,1,1 (419); NV 31,1f. (451; dazu Levy I 212); u. A. 50. Andererseits dürfen auch die Herren das Land nicht ohne die Kolonen (oder umgekehrt) veräußern, u. A. 52. 88 Solche sind namentlich die afrikanischen Erbpächter, deren Besitzungen schon in einer lex Manciana um die Mitte des 1. Jh. geregelt wurden; vgl. die ausführlichen Bestimmungen in den Inschriften Bruns I nr. 114/6 = FIRA I nr. 100/1. Auf sie bezieht sich auch C. 11, 63, 1 (319), dazu insbes. Mitteis, Erbpacht (u. § 249 1) 37 f.; Monier, Fschr. Simonius (1955) 259 ff. Vgl. ferner die Urkunden aus dem Vandalenreich (Ende des 5. Jh.), die eine freie Veräußerung der Bodenrechte enthalten, s. Saumagne, Tablettes Albertini (o. § 1951•) 97 ff., dazu Levy, SZ 70 (1953) 502 f., auch I 92 f.; 195; Lambert, Rev. Africaine 97 (1953) 196 ff.; Pallasse, RH 33 (o. A. 4); de Malafosse (o. A. 4) 44 ff.; weit. Lit.: Pezzana, AG 144 (1953) 15 ff.; J. Ph. Levy, RH 32 (1954) 324 f. (mit Hinw.).

100

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

gigen Kolonen im kirchlichen 8' wie im weltlichen Bereich mehr und mehr den Sklaven an. 86 In den germanischen Nachfolgestaaten 88 wird dieser Druck weiter verstärkt. 87 3. Die Rechtsstellung der Kolonen schillert; dies trifft für die 'freien> Kolonen ebenso zu wie später im Osten für die adscripticii. Von allen Kolonen wird zwar gesagt, daß sie frei sind; dennoch gelten sie zugleich als einer Art Knechtschaft unterworfen, 88 wobei sich die Ausdrücke allmählich verschärfen.38 Sie sind fähig, neben dem Pachtgut 40 eigenes Vermögen zu haben, 41 das aber ihr bloßes 'peculium> ist, 42 und aus dem sie, damit die Sicherheit für die Pachtforderung erhalten bleibt, ohne Zustimmung des Herrn nichts veräußern dürfen. 48 Sie können eine eheliche Verbindung" untereinander und mit Freien eingehen, 46 aber auch mit Sklaven. 46 Sie sind prozeßfähig, " Keine Priesterweihe, kein Klostereintritt ohne Willen des Herrn: Leo Magn.ep. 4, 1 (PL 54, 611); Gelasius decr. 14 (PL 67, 306), beide 5. Jh.; Gaudemet (o. § 209 8 ) 138 1. 11 Man stellt sie immer häufiger mit den •servi• zusammen, vgl. etwa C. 11, 48, 12 (396); eod. 13 (400); CT 12, 19, 1 (400); besonders bei der Zulassung von Körperstrafen, CT 16, 5, 52, 4 (412); 54, 8 (414); NV 23, 3 (447); bei der Mißbilligung ihrer Ehe mit Freien, NMai. 7 pr. (458); NSev. 2 (465). • Unterschiedlich ist die Haltung Justinians in den eroberten Westländern: In Italien sind die geflüchteten Kolonen zurückzuführen {Schoell-Kroll, Corp. iur. civ. III 799 rr.: App. II nov. 7, 16 [554)), im Vandalenreich nicht (ebd. nov. 6 [552] und 9 [558)); Pallasse 78 m. Lit. 87 ET 80 behandelt servus und originarius bei der Rückholung durch den dominus gleich; die Ehe zwischen der originaria und dem ingenuus ist nur ein contubernium, ET 64, s. auch 65. Weiteres bei Pallasse 75 rr. zu Italien, 80 rr. zu Gallien (83 r. zu RB 6, 2; 12, 2; 14, 4/6; 37, 6; 46). 88 C. 11, 50, 2 pr. (396) Coloni censibu.s dumtaxat adscripti ••• ab his liberi sunt, quibu.s eos tributa subiectos non faciunt •.. paene est ut quadam serr,itute dediti. r,i.deantur; C. 11, 52, 1, 1 (393) licet condicione r,ideantur ingenui, serr,i tamen terrae ipsius cui nati sunt aestimentur. st Der Grundherr heißt in CT 5, 19, 1 (365 Ost) noch •patronus•, in IT und rubr. bereits •dominus•. Der Wechsel tritt gegen 400 ein, vgl. noch C. 11, 52, 1, 1 (393) possessor eorum iureutatur et patroni sollicitudine et domini potestate, auch 11, 50, 2, 4 {396), gegenüber C. 11, 48, 11 f. (beide 396) u. a. Nach CT 5, 18, 1, 2 (419) stehen die Kolonen in der 'P.roprietas• ihres Herrn, auch stellt man ihnen die •ingenui• {NV 31, 6 [451] mit INV) und die 'liberi> (C. 11, 48, 16 [419); 21 [530]; 24 [531 ff.]) gegen-

über. Doch unterscheidet man nachmals im Osten die 'liberi coloni• von den 'adscriptii', vgl. Zeno C. 11, 69, 1; Anast. C. 11, 48, 19 (o. A. 26); Nov. 162, 2 {539, u. A. 56). '° Daran haben sie keine possessio, L e v y I 62. Dem Herrn gebührt aus dem Pachtverhältnis eine Abgabe (reditus, -ril.oi;), die dem Währungsverfall entsprechend als ein Teil des Ertrages festgesetzt ist, C. 11, 48, 5 (365); 8, 1 (371); seit Justinian auch in Geld, eod. 20 (529); 23, 2 f. (531 ff.). Sie ist fest bemessen; zur Überforderungs. u.A. 4 7. n Grundstücke: CT 12, 1, 33 (342); 5, 19, 1 (365) mit IT; 11, 1, 14 {371, o. A. 21); CT 5, 3, 1 (434) = C. 1, 3, 20; - die Ernte (nach Abzug der Abgabe an den Herrn): C.11, 48, 8, 1 (371). Unter Justinian bezahlen sie ihre Steuern selbst, C. 11, 48, 20, 3 (529) more solito; Nov. 128, 14 (545). Doch vgl. andererseits auch C. 11, 50, 2, 3 {396) nec propria qui.dem leges sui iuris habere voluerunt (Levy II 70163 ); C. 11, 48, 19 (Anast., o. A. 26). 41 C. 11, 48, 8, 1 (371); 11, 50, 2, 3 {396); CT 16, 5, 54, 8 {414); 5, 18, 1, 2 (419); 5, 3, 1 (434) = C.1, 3, 20, 1; NV 27, 4 (449); Nov. 162, 2, 1 {539). IT 5, 19, 1 unterscheidet •terra' und •peculium•. Zu den adscripticii s. o. A. 23, 26. taCT 5, 19, 1 (365) mit IT; C.11, 50, 2, 3 (396); vgl. auch CT 5, 3, 1 (434) = C. 1, 3, 20, 1. "Zeno C. 11, 69, 1 nennt sie •matrimonium• und 'contubernium• in einem Satz. u CT 12, 19, 1 {400 West); NV 31, 5 f. (451); NMai. 7 pr. (458); C. 11, 69, 1 (Zeno). Heiratet em adscripticius eine Freie, so ist die Ehe gültig, aber der Herr kann den Mann bestrafen und von der Frau trennen, C. 7, 24, 1 = 11, 48, 24 (531 ff.); von diesen Eingriffen steht nichts mehr in Nov. 54 pr. (537); 162, 2 (539, dazu u. A. 56). - Ehen zwischen Kolonen, die verschiedenen Grundstücken adskribiert sind, darf der Herr nicht scheiden, Nov. 157 {542). "C. 11, 48, 21 (530).

§ 213. Coloni

und andere

Untertänige

101

auch gegenüber dem eigenen Herrn.'7 Vom Grundstück dürfen sie aber bei Androhung strenger Strafen auch nicht vorübergehend entfernt werden. u Ebensowenig dürfen sie selbst es verlassen ;0 die Entflohenen kann der Herr, notfalls mit Prozeß, zurückholen. 50 Da seine Gewalt über sie an sein Eigentum am Grundstück gebunden ist, 51 kann er sich des Rechts an ihnen nur zusammen mit dem Grundeigentum entäußern ;52 doch darf er sie (im Westen) innerhalb seiner Güter versetzen. 53 4. Begründet wird der Kolonat durch Abstammung. Ist ein Elternteil Kolone, der andere vollfrei," so folgt das Kind nach allgemeiner Regel der Mutter; 55 doch hat man dies später zum Nachteil des Kindes geändert. 66 Sind beide Eltern Kolonen, aber verschiedenen Herren untertan, werden die Kinder unter diese verteilt. 57 Der Kolonat kann ferner ersessen werden: Von dem, der einen fremden männlichen Kolonen 30, einen weiblichen 20 Jahre besitzt, kann der bisherige Herr ihn nicht mehr zurückfordern. 58 Im Osten verlieren später auch Freie, die als Kolonen gelebt haben, die Freizügigkeit. 59 Barbaren, die als Kriegsgefangene oder durch freiwilligen Übertritt auf römisches Reichsgebiet gelangt sind, werden vom Kaiser als Kolonen angesiedelt, CT 5, 6, 3 (409), s. auch CT 13, 11, 10 (399); Amm.19, 11, 6. Freie Bettler, die gesund und arbeitsfähig sind, werden denen, die sie anzeigen, als Kolonen zugewiesen, CT 14, 18, 1 (382) = C. 11, 26, 1. Schließlich können freie Römer Kolonen werden, indem sie sich einem Grundherrn unterwerfen, NV 31, 5 (451); s. auch Salv. gub. dei 5, 8, 43 f.; Justinian bindet diese Verträge an strenge Form (o. A. 24). • 1 C. 11, 50, 1 (325); in eod. 2 (396 Ost) eingeschränkt auf Klagen wegen übermäßiger Pachtzinsforderungen und auf Strafanzeigen, in C. 11, 48, 20 (529) erweitert auf Klagen zur Ermittelung des Eigentümers des von ihnen bewirtschafteten Landes. "C. 11, 48, 15 (414). n Vgl. insbes. C. 11, 51, 1 (386). Zur Bestrafung der Flüchtigen CT 5, 17, 1 (332); C. 11, 53, 1, 1 (371); zur Bestrafung derer, die sie aufnehmen, CT 11, 24, 1 (360 Ost); 10, 12, 2, 3 (368 West); CT 5, 17, 2 (386 Ost) = C.11, 64, 2; CT eod. 3 (386 f.); C. 11, 53, 1, 1 (371 Ost); 11, 52, 1, 2 (393 Ost). 60 Vgl. o. A. 32, ferner C. 11, 53, 1 (371); 11, 51, 1 i. f. (386) (zu beiden o. A. 21 ), schließlich C. 11, 48, 23, 4 f. (531 ff.); frgm. de actionibus 33 (Zachariä, SZ 14 [1893] 92) in rem adiecta causa. 61 C. 11, 52, 1, 1 (393 Ost) servi ... terrae ipsius cui nati sunt; vgl. auch 11, 53, 1, 1 (371); 11, 48, 15 (414) 'glebis inhaerere'; C. 11, 48, 23 pr. (531 ff.) •membra terrae', •terrae inhaerere'; s. schon Aug. civ. dei 10, 1, 2 (PL 41,278). 61 CT 13, 10, 3 (356) = C.11, 48, 2: Veräußerung des Grundstücks ohne die Kolonen ist unwirksam; nach C. eod. 7 (371.) gilt dies auch für Umgehungsgeschäfte; vgl. ferner C.11, 50, 2, 1 (396);

11, 48, 21, 1 (530). 18 CT 11, 1, 12 (365) = C.11, 48, 3; eod. 13, 1 (400); NV 35, 18 (452). " Sind beide Eltern Kolonen oder ist es keiner, folgt das Kind der väterlichen condicio, C. 11, 48, 13 pr. (400). 66 Ob. A. 16, ferner CT 5, 18, 1, 4 (419), teilw. = C.11, 48, 16; 11, 69, 1, 1 (Zeno); 11, 48, 21 (530); 24 pr. (531 ff.); Nov. 54 pr./1 (537). Einen Sonderfall betrifft CT 12, 19, 1. (400). 141Vgl. für den Westen NV 31, 6 (451); für den Osten Nov. 162, 2 (539): das Kind der freien Mutter wird zwar frei, aber an die Scholle gebunden, sofern es nicht selbst ausreichendes Grundeigentum hat. Die const. de adscripticiis et colonis (o. A. 23) läßt vollends das Kind dem Vater in den Kolonenstand folgen. 67 Im Westen erhält der Herr der Mutter ein Drittel, CT 5, 18, 1, 3 (419); NV 35, 19 (s. INV gegen Ende). Im Osten gibt später Nov. 162, 3 (539, s. auch Nov. 1.56, beide zu den adscripticii) jedem Herrn die Hälfte (nach dem Los), bei ungerader Kinderzahl erhält der Herr der Mutter eines mehr. 68 CT 5, 1.8, 1 (419 '\Vest); eingeschärft in NV 27, 6 (449). 18 Anast. C. 11, 48, 19; in eod. 23, 1 (531 ff.) auf die Abkömmlinge erstreckt.

102

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

5. Beendet wird der Kolonat, wenn der Herr den Kolonen freigibt, sofern er zugleich auf das Eigentum an dem Grundstück verzichtet. 60 Außerdem endet der Kolonat, wenn der Kolone mit Willen des Herrn zum Kleriker geweiht wird oder in ein Kloster eintritt; 11 ferner wenn er mit Einverständnis des Herrn in einer •militia• dient; doch wird das später aufgehoben. 12

Schließlich wird der Kolonat auch durch eine Art Verjährung (Ersitzung) beendet. Hat der Kolone 30 Jahre in der bisherigen oder 40 Jahre in einer anderen Provinz sich als decurio oder in einem anderen Stand betätigt, so kann der bisherige Herr ihn nicht mehr zurückholen, CT 12, 19, 2 (400 West); er ist dann an den neuen Stand gefesselt. ea Später wird dem Herrn die Rückholung des Kolonen allgemein abgeschnitten, wenn ein männlicher 30, ein weiblicher 20 Jahre unangefochten außerhalb des Gutes gelebt hat. Hat er in dieser Zeit einem anderen als Kolone gedient, fällt er diesem zu (o. 4), andernfalls wird er frei, CT 5, 18, 1 (419 West); NV 27, 4-6 (449). Doch wird ihm solcher Freiheitserwerb alsbald wieder genommen: NV 31 (451) weist ihn dem zu, bei dem er sich während dieser Frist (oder von mehreren dem, bei dem er sich den längsten Teil dieser Frist, bei gleich langen Fristen dem, bei dem er sich zuletzt) befunden hat, und gibt diesem Herrn gegen den früheren die praescriptio." Lebt nur der Sohn des Kolonen in Freiheit, so sieht Justinian den Besitz des Herrn am Sohn als fortbestehend an, solange der Vater als Kolone lebt; die Frist beginnt also frühestens mit dem Tod des Vaters zu laufen, C. 11, 48, 22, 3 (531). Bei den adscripticii läßt Justinian den Kolonat durch Zeitablauf überhaupt nicht mehr erlöschen, C. eod. 23 pr. (531 ff.).

III. Neben dem Kolonat kennt diese Periode noch andere Verhältnisse einer sklavenähnlichen Unterworfenheit. 65 Unter den Dienstpflichtigen auf niedriger sozialer Stufe werden häufig procuratores oder actores genannt, Verwalter fremder Vermögen, vor allem von Landbesitz, die zwar persönlich frei sind, aber den Sklaven und Kolonen vielfach gleichgehalten werden. 66 · Auch ihr Vermögen ist bloßes •peculium•, 87 über das sie nur mit Zustimmung ihres Herrn verfügen dürfen; auch sie haften ihren Gläubigern erst, nachdem alle Forderungen ihres Herrn befriedigt worden sind. Als Vertreter ihres Herrn können sie ihn durch Geschäfte gegenüber Dritten nur verpflichten, wenn er sie ausdrücklich dazu ermächtigt hat. 88 Dagegen gehören die mannigfachen, äußerst drückenden Beschwerungen und Beschränkungen, die den Dekurionen auferlegt sind, 68 sowie die aus der Zugehörigkeit zu einem beruflichen Zwangsverband folgenden Beschränkungen und Lasten 10 trotz der hier wie dort allmählich anerkannten Vererblichkeit in das Verwaltungsrecht und nicht ins Privatrecht. 80 C. 11, 48, 21, 1 (530) adscripticium herren untertänigen Soldaten, vgl. C. 9, cum terra suo dominio expellere; vgl. auch 12, 10 (468); CE 310 u. a.; Seeck, RE 3, Sid. Ap. ep. 5, 19 (PL 58, 5la9). 934 ff. shv. 91 C.1, 3, 16 (409); 36 (484); keine Be• Besonders bei der Anwendung von freiung jedoch im Westen nach NV 13, 8 Körperstrafen. Vgl. des näheren Levy II (445). Nach Nov. 123, 4 (546) befreit die 62 f. m. Belegen; auch 276 f. m. Lit. 81 Ebenso das der •burgarii•, CT 7, 14, 1 Bischofswürde stets. 81 Die Aufhebung aller Befreiungen und (398 West) und der •muliones•, CT 8, 5, 58 Vergünstigungen wird wiederholt einge- (398 West). 18 Zu alldem o. § 204 II 3. Inwieweit schärft, vgl. C. 11, 63, 4 (386); 11, 48, 11 (396); 18 (426); NV 13, 8 (445). Justinian daran festhält, ist fraglich, 88 C. 11, 66, 6 (aus CT c. 2 cit.) hat nur s. ebd. III 3. die 30jährige Frist. •• Belege und Quellen bei Kühler, " Die vor Fristablauf geborenen Kinder RE 4, 2343 ff. (Decurio); RRG 341 ff.; gebühren dem früheren Herrn, doch eingehend Gau demet, Iura 2 {1951)4Hf.; können statt ihrer, um sie nicht von den 71 ff. Zu Ehebeschränkungen u. § 21711• 10 Übersicht bei Kornemann, RE 4, Eltern zu trennen, Sklaven geleistet werden; ebenso statt eines auszuliefernden 466 ff.; 471 ff. (Collegium); De Robertis, Diritto associativo romano {1938) 432 ff. Ehegatten; NV 31, 2-4 cit. 15 Zu den 'bucellarii>, ihren Grund- Zu Eheverboten u. § 2Ht11•

§ 214. Personenverbände.

III. KÖRPERSCHAFTEN

Piae

causae

103

UND STIFTUNGEN

§ 214. Personenverbände. Piae causae

I. Die ältere und noch die klassische Auffassung vermochte die Körperschaften nur aus ihren physischen Mitgliedern zu deuten; sie sah als Träger der Rechte die an, die Gesamtheit der Mitglieder in ihrem wechselnden Bestand, und nicht eine davon abstrahierte (o. § 72). Die spätere Entwicklung war vor allem mit dem Wandel der Staatsauffassung und mit der Ausbildung der kirchlichen Anstalten und Stiftungen einer Anerkennung juristischer Personen als selbständiger Rechtssubjekte gewiß günstig. Indessen hat sich die Theorie, also die oströmische Schule, einer dogmatischen Erfassung des Staates und der kirchlichen Einrichtungen nicht zugewandt. In der Deutung der Gemeinden, Vereine und Verbände aber, bei der sie an die klassischen Quellen anknüpfen konnte, ist sie über deren Auffassung nicht wesentlich hinausgekommen. Wir haben uns auch im folgenden auf die privatrechtlichen Erscheinungen zu beschränken. II. Die Auffassung des römischen Staates als der wechselnden Gesamtheit der Bürger, die durch die verfassungsmäßig berufenen Organe handelt, war schon unter dem Prinzipat fragwürdig geworden, besonders seitdem die Volksgesetzgebung erloschen war und damit die Bürgerschaft an der staatlichen Willensbildung nicht mehr teilhatte. Unter dem Absolutismus hatte diese Auffassung vollends ihre Grundlage verloren. Eine neue konstruktive Erfassung des absolutistischen Staates aber hat weder die Gesetzgebung noch die Jurisprudenz dieser Zeit versucht. Am Privatrechtsverkehr nimmt der Staat als fiscus teil,1 der sich aus dem privaten Vermögen des Princeps zu staatlichem Vermögen, das dem jeweiligen Princeps zusteht, entwickelt hat. Als mit dem Übergang zum Einheitsstaat das im fiscus aufgeht, 2 bleibt es dabei, daß der Staat als Vermögensträger am Privatrecht teilnimmt. 3 III. Die Gemeinden (municipia, civitates) hatten die private Rechtsfähigkeit und die Parteifähigkeit im Zivilprozeß schon in der vorigen Periode erreicht (o. § 72 IV; Weiteres u. IV a. E.). 1

Oben§ 72 III 2 mit Lit. Bolla, Die Entwicklung des Fiskus zum Privatrechtssubjekt (1938) 76 f. In den Kaisergesetzen (CT und Cl) wird der Fiskus häufig als 'aerarium> bezeichnet, doch ist dieser Ausdruck den spezifisch vulgarrechtlichen Quellen bereits völlig fremd geworden. - Innerhalb des Fiskus wird auch in dieser Periode die 'res privata' (= (3toc; Myoc;, vgl. Mitteis 36017 ), also das Krongut, das privatrechtlichen Verfügungen entzogen ist (vgl. o. § 7220 , dazu noch Liebenam, RE 1 A, 2

631 ff. shv.), auch jetzt noch vom 'patrimonium', dem Hausvermögen, über das privatrechtlich verfügt werden kann, unterschieden, obwohl seit Konstantin das patrimonium der Verwaltung des comes rerum privatarum unterstellt wird. Dies wird unter Anastasius wieder aufgehoben. Vgl. His, Domänen (u. § 249 1 ) 72 f.; Mitteis, Erbpacht (u. § 2ft91 ) t.2 f. 1 Bolla 66 f. Vgl. ebd. 78 ff. zu den 'privilegia fisci>, 96 ff. zu den Fiskalprozessen; die Erscheinungen gehen bereits in die Prinzipatszeit zurück.

10~

Dritter

Teil. Die nacbklassiscben

Entwicklungen

IV. Ebendies gilt in ungefähr gleichem Umfang für die Vereine (collegia usw.),' bei denen sich der schon bestehende öffentlich-rechtliche Einschlag in dieser Periode deutlich verstärkt. Ihre Bedeutung steigert sich vor allem dadurch, daß der Staat die Mitgliedschaft zu bestimmten Berufsvereinigungen (corpora, collegia), um die ihnen obliegenden Lasten sicherzustellen, erzwingt und diese Zwangsmitgliedschaft sogar vererblich macht ;5 doch hat Justinian diese Zwangsorganisation wieder stark aufgelockert. Die Zwangsbindung hat sich in der 2. Hälfte des 3. Jh. in der Praxis unter staatlichem Druck, wenn auch offenbar ohne gesetzlichen Befehl entwickelt, seitdem sich die freiwilligen Mitglieder der schon bisher bestehenden Berufsvereine den steigenden Lasten mehr und mehr zu entziehen suchten.• Betroffen werden bestimmte für die Versorgung lebenswichtige Berufszweige wie Reeder (navicularii), 7 Müller und Bäcker (pistores), Viehhändler (suarii, pecuarii) usw. sowie die Arbeiter in gewissen kaiserlichen Betrieben: in Bergwerken (metallarii), in Waffenschmieden (fabricenses), in der Münze (monetarii), in Webereien (gynaecearii, lintearii), die Purpurschneckenfischer (murileguli) u. a. 8 Doch scheint es daneben immer noch freiberufliche navicularii, pistores usw. und freie Berufsvereine gegeben zu haben.• Die Mitglieder der Zwangsverbände sind von anderen persönlichen und Vermögenslasten befreit, aber dafür den beruflichen Lasten (munera, onera, functiones usw.) mit ihrer Person und ihrem ganzen Vermögen unterworfen.10Die Vererblichkeit entspricht wie bei den Kolonen (o. § 213 II~) der allgemeinen Entwicklung. 11 Gehört nur ein Ehegatte einem Verband an, so zeigt die Gesetzgebung das Streben, auch den anderen Ehegatten und die Kinder den Zwangsbindungen zu unterwerfen. 11 Gehören die Eltern verschiedenen Verbänden an, so muß der Erbe, der die Erbschaft vom Angehörigen des anderen Verbandes angenommen hat, die Lasten beider Verbände tragen. 11Befreiung von den Lasten kann erreicht werden nach einwandfreier Ableistung aller Funktionen bis zur höchsten innerhalb des Verbandes, durch Eintritt in den geistlichen Stand (soweit zulässig) und durch kaiserliche Vergünstigung. Der Eintritt in andere staatliche Funktionen, der Aufstieg in die gehobenen Stände und • Ob. § 72 V mit Lit. - Zum sehr aufschlußreichen Recht der Paprri vgl. San Nicolö, Ägyptisches Veremswesen I, II 1 (1913/15); weitere Hinweise bei Taubenschlag 57; 62•. - Zu den landwirtschaftlichen Vereinigungen und ihrer mittelalterlichen Fortentwicklung im Westen s. Rasi, Le corporazioni fra le agricoltori (19~0) 19 ff.; 31 ff. 6 Matthiass, Zur Geschichte u. Organisation der röm. Zwangsverbände (Fg. Buchka 1891); Waltzing, J;}tude bist. sur les corporations professionelles II (1896) pass.; Kornemann, RE 4, 442 ff. (Collegium); Seeck, Gesch. d. Untergangs der antiken Welt Il 1 (1921) 303 ff.; Kühler, RRG 345 ff.; Schnorr von Carolsfeld, Gesch. d. jur. Person I (1933) Contributi 12 ff. pass.; De Robertis, alla storia delle corporazioni romane (1933) 202 ff. und insbes. Diritto associativo romano (1938) 418 ff.; II fenomeno associativo nel mondo romano (1955) 125 ff.; Nuovi contributi alla storia delle corporazioni romane (1954, s. Jura 6 (1955] 394); Orpheus 2 (1955) 45 ff. (Jura 7 (1956] 397); vgl. ferner Charanis, Byzantion 17 (1944/45) 39 ff.; Gaudemet, ACI Ver. III 19 ff.; Jura 2 (1951) 44 ff.;

Nuyens, RIDA 1 5 (1958) 519 ff. (zu den nachklassischen 'munera'). • Zu den parallelen Erscheinungen beim Dekurionat vgl. die Lit. o. § 21361 ' 70. 7 Zu ihnen insbes. De Robertis, Riv. dir. navig. 3 (1937) 189 ff. 8 Über spätere Zusammenlegungen De R obertis, II fen. ass. 224 ff. 1 Ebd. 209 ff. 10Zu den Vermögensbindungen De Robertis, Dir. ass. rom. 426 ff.; u. § 241 II 5. Doch haben die Lasten nach De Robertis, Fen. ass. 214 ff. keineswegs die ganze Arbeitskraft erschöpft; die Fluchtversuche auf das Land in CT 12, 19, 1 (400) u. a. seien aus den politischen Wirren oder aus dem Streben nach wirtschaftlicher Verbesserung zu erklären (ebd. 221 ff.). 11 'Navicularius originalis' (vgl.o.§21330 ) erstmals in CT 13, 5, 1 {314); weitere Belege bei De Robertis, Dir. ass. rom. 43471. 11Vgl. CT 10, 20, 5 (371); 14, 3, 14 (372); 14, 4, 8 pr. (408). Zum Teil bestehen sogar Eheverbote mit Verbandsfremden, CT 10, 20, 10, 2 (380) = C.11, 8, 7, 2; CT 14, 3, 21 (403). 1aCT 13, 5, 2 (314).

§ 214. Personenverbände.

Piae causae

105

der Übertritt in eine andere Korporation sind ausgeschlossen.1' Justinian hat nur einen kleinen Teil dieser Beschränkungen übernommen.1 1

Obschon nun die allgemeine Entwicklung auch bei den Vereinen und besonders bei den Gemeinden zu einem von den Mitgliedern verselbständigten Rechtssubjekt hindrängt, lassen doch die Quellen keinen merklichen Fortschritt erkennen. 18 Soweit der Verband kollektiver Rechte teilhaftig war, über die die einzelnen Mitglieder nicht verfügen konnten, erschien er schon bisher als eine Einheit, die mit 'corpus> oder 'universitas> bezeichnet werden konnte; 17 daran hat auch die nachklassische Doktrin nichts geändert. 18 V. Eine Entwicklung vom Personenverband zur Anstalt als verselbständigter juristischer Person zeigt die christliche 19 Kirche 20 mit ihren Einrichtungen. Als rechtliche Einheit, 'ecclesia>, erscheint innerhalb der allumfassenden christlichen Glaubensgemeinschaft 21 die einzelne Bischofskirche, die sich unter Konstantin noch als der Personenverband der Christengemeinde darstellt. 112 Indem jedoch die Willensbildung auch hier nicht der 1' Belege zu alldem bei De Robertis, Dir. ass. rom. 436 ff. Doch gibt es Zwangsversetzungen, vgl. ebd. 439101 • 11 De Robertis, Fen. ass. 205ff.; 233 rr. mit Hinweis auf die allgemeine Schrumpfung der Wirtschaft sowie darauf, daß die Lasten, soweit sie fortbestanden, im 5. und 6. Jh. von den Verbänden auf den gesamten Stand (z. B. den ordo naviculariorum) übertragen worden seien (226 ff.), der zur Zwangseingliederung der Freiberuflichen (vacui) befugt gewesen sei; CT 13, 9, 3, 4 (380). 1• Das ergibt die sorgfältige Quellenausbreitung bei Schnorr (zu ihm auch Kühler, KrVjschr. 27 [1935] 110 ff.); vgl. zum Verbandsvermögen etwa 215f., ferner die Zusammenfassungen 175 f. und 205 r. 11 Zu diesen Begriffen o. § 72'' "; gegen übertriebene Textkritik zu •universitas> (bei Albertario I 97 ff.; 104 ff.) s. Philipsborn, SZ 71 (1954) 58 ff. und neuestens insbes. Biondi, Jus 6 (1955) 254 ff. = Bull. 61 (1958) 1 rr.;vgl. auch St. De Francisci IV 17 ff. sowie u. § 2811 • Auch die Lehre vom •corpus mysticum> (Roberti, St. Besta IV 35 ff., vgl. Biondi II 341 f., s. auch u. A. 22) ist insoweit nicht schlüssig. In D. 3, 4 ist •universitas• gewiß itp., nach Lenel, EP 1005 (m. Lit.) für •corpus•, nach Schnorr 136 rr. für •municipium• oder •civitas•; aber diese Ersetzung des speziellen Begriffs durch einen generellen beweist noch nicht einen Wechsel der dogmatischen Auffassung. Auch die Papyri zeigen offenbar keinen Übergang zu emer selbständigen juristischen Person, vgl. Taubenschlag 62 (zu den Dorfgemeinschaften, xwµcu); 64 (zu den Vereinen). 18 Auf die ruhende Erbschaft (u. § 293 I) beziehen sich Flor. D. 46, 1, 22 (personae

'1ice fungitur) und 30, 116, 3, vgl. schon o. § 721 , § 1761 ; ebenso Inst. 2, H, 2, anders dagegen 3, 17 pr. heredilas in plerisqu.e personae defuncti '1icem austinet, u. § 29a I. 19 Zu den Judengemeinden Schnorr 69 rr. 80 Vgl. Knecht, System des justinian. Kirchenvermögensrechts (1905); 0 illet, La personnalite juridique en droit ecclesiastique (1927) 3 ff.; 41 ff.; Lammeyer, Die jur. Personen der katholischen Kirche SZ kan. Abt. (1929) 29 ff.; Steinwenter, 50 (1930) Hf.; 35 f.; Schnorr 14 rr.;165ff.; P. W. Duff, Personality in Roman Private Law (1938) 171 ff.; Eliachevitch, La personnalite juridique {1942) 335 ff. (m. ält. Lit.); Hagemann, Die Stellung der Piae Causae nach justin. Rechte (1953) 13 ff.; Gaudemet (o. § 2098 ) 288 ff. Vgl. auch Herman, SD 3 (1937) 253 ff. Zu den vorkonstantinischen Kirchen o. § 7238 , dazu noch Duff 169 f.; Bavini, La proprieta ecclesiastica e la condizione giuridica della Chiesa in eta precostantiniana (1948), dazu Catalano, lura 1 (1950) 517 ff. Zu den lmmunitäten der Kirchen und der Kleriker vgl. Ferrari III 125 rr. = AVen. 99 (1939/40) 107 rr. (dazu Branca, SD 7 [1941] 213 ff.). 11 Die organisatorische Entwicklung zur Reichskirche führt noch nicht zu ihrer Anerkennung als Vermögensträger; zuletzt Hagemann 13 r. m. Lit. 12 Schnorr 165 ff. Vgl. das Reskript des Licinius von 313 nach Lact. de mort. pers. 48, 2 rr.; ferner das Reskript Konstantins bei Euseb. bist. eccl. 10, 5, 15 ff. Zu den Grundlagen der Anschauung vom •corpus Christian um• s. eingehend Ehrhard t, SZ 70 (1953) 299 ff.; 71 (1954) 25 ff.; vgl. auch o. A. 17 zum •corpus mysticum•.

106

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Gesamtheit der Mitglieder, sondern den kirchlichen Organen zukommt, tritt später, wie besonders die justinianische Gesetzgebung zeigt, diese körperschaftliche Anschauung zurück. Unter der stellt man sich nicht mehr die Versammlung der Gläubigen vor, sondern die im Gotteshaus verkörperte kirchliche Anstalt. Das Kirchenvermögen ist zwar Gott zugewendet, 23 aber es gehört der Kirche 24 und steht unter der Verfügung des Bischofs. Um eine klare juristische Deutung hat man sich freilich auch hier nicht bemüht. Indem die Verwaltungsbefugnisse des Bischofs sehr weit reichen, nähert sich die praktische Handhabung zuweilen der Vorstellung eines treuhänderischen Eigentums in der Person des Bischofs.25 Die Kirche ist seit alters fähig, Erbe oder Legatar zu werden, CT 16, 2, 4 (321) = C. 1, 2, 1; eod. 23, 3 und 25 (530); u. § 28', 91 • Das Gut der Kleriker, Mönche usw. fällt ihr an, wenn keine Intestaterben da sind, CT 5, 3, 1 (434) = C. 1, 3, 20; u. § 287 88 • Sie schließt durch ihren Bischof (oder seinen oeconomus) Rechtsgeschäfte ab, C. 1, 2, 24 (530); Nov. 120, 5-7 (544), und führt Zivilprozesse, C. eod. 14, 4/10 (470); 15, 2 (Zeno); 21 pr. (529).

Noch stärker tritt bei den Klöstern neben der vorherrschenden Anerkennung als selbständige Anstalten die Vorstellung eines Treuhandeigentums des machtvollen Klostervorstehers hervor. 28 Daneben gibt es aber auch Klöster und später sogar Kirchen im privaten Eigentum eines Grundherrn. 27 VI. Die wohltätigen Stiftungen 28 des 5. und 6. Jh., die - wohl untechnisch- heißen, 29 sind Vermögenschaften, besonders Häuser, die zur Aufnahme und Versorgung frommer und schutzbedürftiger Personen 23

Die Idee des göttlichen Sakraleigentums lebt aus der heidnischen Anschauung weiter; vgl. Wenger, Zum Cippus Abellanus (SBer. Münch.1915) 51; Duff 177. H Zu •res ecclesiasticae' o. dgl. s. C. 1, 2, 14, 3 ff. (470); 24 pr. ff. (530) u. a. Zu 8lxoctov als Kirchen- oder Klostervermögen (nicht als 'juristische Person') s. Steinwenter (o. A. 20) 31 ff.; Iura 4 (1953) 138 ff.; vgl. auch o. § 1982 • 16 Vgl. Du ff 17 5 ff. Doch läßt sich dies nicht etwa daraus erschließen, daß sich die gesetzlichen Verbote, kirchliches Gut zu veräußern, an die kirchlichen Organe wenden, C.1, 2, 14 pr. (470); Nov. 7, 1 (535); 55 (537); 120, 1 pr. (544); oder daß Justinian, um eigennützige Verwendung durch die Bischöfe zu unterbinden (C. 1, 3, 41, 3 [528]), alles, was der Bischof nach der Ordination (außer von den nächsten Angehörigen) erwirbt, für Kirchengut erklärt (eod. §§ 5-10; Nov. 123, 4 [546]; 131, 13 pr. [545]). "Vgl. Steinwenter (o. A. 20) 37 ff.; 41 f. (Amtseigentum); Schnorr 394 ff. Weit. Lit.: Granic, Byz. Ztschr. 29 (1929) 6 ff.; 30 (1930) 669 ff.; Schäfer, ACJI I 173 ff.; Biondi I 421 ff.; Orestano, St. De Francisci III 561 ff. 17 Zu Eigenklöstern vgl. grundlegend

Steinwenter 3 ff. (die ält. Lit. ebd. 31 ; 3 50 ); zu Eigenkirchen 36; s. auch I ura 2 (1951) 38 ff. Vgl. zu jenen CT 16, 2, 33 (398) = C. 1, 3, 11; 1, 5, 10 (472) u. a. Verbote der Veräußerung von Kirchen und Klöstern an Private in Nov. 7, 11 (535); 120, 7, 1 (544). 18 Lit. (außer o. § 72• 8 ): Saleilles, Mel. Gerardin (1907) 513ff.; Levy, SZ48 21 ff.; Duff (1928) 687 f.; Schnorr 340 ff.; Philips177 ff.; Eliachevitch born, RIDA 6 (1951) 141 ff.; SZ 71 (1954) 66ff.; Hagemann (o.A. 20) 5ff.; 25ff., dazu Steinwenter, SZ 71 (1954) 493 ff.; Savagnone, Bull. 59/60 (1956) 93 ff.; Biondi II 201 ff.; Feenstra, RIDA 3 3 (1956) 245ff.; Hagemann, ebd.265ff.; weitere Lit. bei Berger 629 f. (Piae causae). Zu den Papyri Preaux, ebd. 145 ff.; Taubenschlag, ebd. 173 ff., s. auch Law 64 f. Zu den anderen antiken Rechten vgl. mehrere Abh. in RIDA 3 2 (1955), zum klass. röm. Recht de Visscher, ebd. 197ff., zum späteren Westen Gaudemet, ebd. 275 ff. 29 C.1, 2, 19 (528); 1, 3, 45, 1a (530, eucre:ße!t;ochlotL), vgl. auch C. 8, 53, 34, 1a (529) u. a.; Cugia, St. Fadda V (1906) 229 ff.; Du ff 203 ff.

§ 215.

Kennzeichnung

der nachklassischen

Ehe

107

dienen. 30 Neben solchen, die zum Vermögen einer Bischofskirche oder eines Grundherrn gehören, gibt es auch selbständige mit eigener Verwaltung. 31 Sie nähern sich einem Zweckvermögen mit selbständiger Rechtsfähigkeit, doch hat man in dieser Zeit auch bei ihnen noch keine dogmatische Klärung angestrebt. 32

IV. DIE EHE

§ 215. Kennzeichnung der nachklassischen Ehe

I. Das Eherecht hat in den nachklassischen Jahrhunderten in allen seinen Teilen starke Wandlungen erfahren, die vor allem vom Christentum beeinflußt sind; das steht fest, obschon das Maß dieser Einwirkungen umstritten ist. 1 Daß die Ehe stärker als die anderen privatrechtlichen Einrichtungen religiösen Einflüssen offensteht, lehrt eine allgemeine Erfahrung, die sich schon für das heidnische Rom bestätigt hat. 2 Die christliche Lehre sieht in der Ehe seit alters geradezu eine Einrichtung des religiösen Lebens, 3 eine sakrale Bindung von unzerstörbarer Kraft. Darin bereitet sich die im 10. Jh. vollzogene Anerkennung der Ehe als Sakrament vor, an die sich der Anspruch auf kirchliche Regelung und kirchliche Gerichtsbarkeit in Ehesachen knüpft. Aus der Heiligen Schrift, aus den Konzilsakten und besonders aus den Lehren der Kirchenväter formen sich allmählich die Grundsätze eines kirchlichen Eherechts,' an denen auch die Gesetzgebung der römischen Kaiser nicht vorübergehen kann. 6 80 Vgl. C.1, 3, 34 (472); 1, 2, 15 (Zeno); 19 (528) u. a., s. auch einzelne Papyri (P. Cairo Masp. 67151 Z. 182 ff. u. a.). Als solche 'venerabiles domus' (eö,xyd'; otxoL) kommen hauptsächlich vor: Bethäuser (oratoria), Klöster und Klosterzellen (monasteria, dazu Stein wen ter [o. A. 20] 6), Häuser für Bußübungen (asceteria), Krankenhäuser (xenones, xenodochia, nosocomia), Armenhäuser (ptochia, ptochotrophia), Kinderbewahranstalten (orphanotrophia, brephotrophia), Altersheime (gerontocomia). Zur Errichtung, Verwaltung und den Privilegien der Stiftungen vgl. Hagemann (o. A. 20) 42 u.; 49 ff.; 59 rr. 11 t3loe 3Lolxl)aL; (gubernatio) unter einem 8LoL> bereits am Beginn dieser Periode abgestorben, 11 also noch vor der allgemeinen Zurückbildung der Hausgewalt. Der Gegensatz zwischen der • Das unterstreicht Hieron. ep. 77, 3 ad. Oe. (PL 22, 691) aliae sunt leges Caesarum, aliae Christi: aliud Papinianus, aliud Paulus noster praecipit. Weit. Qu. bei Orestano, Bull. 55/56 (1952) 283 f.; allgemein Gaudemet, St. Albertario II 171 ff. (m. weit. Hinw.). 7 Vgl. insbes. Nov. 22, 3 (536) TC>viv 1 «v&pwrtoti;rtlXp!XXOAOu&oUVTV TO3e&~v iirtixv ÄuT6v'; vgl. auch cap. 4; u. § 219' 0 • 8 Die Ehedefinitionen (o. § 731 ) werden in christlichem Sinn umgedeutet. Der auf Fortpflanzung gerichtete Zweck der Ehe (o. § 17 11 ) wird auch jetzt anerkannt. Vgl. Biondi III 77 ff. 'Vgl. Wolff, SZ67 (1950) 26lff. 10 Nach Levy, Hergang der röm. Ehescheidung (1925) 96 rr.; Ged.-schr. Seckel (1927) 165 ff. ist die Ehe im 5. Jh. unter dem christlichen Einriuß zum •reinen Rechtsverhältnis> erstarkt, das auf dem

Anfangskonsens beruht. Ähnlich V o l t er r a, La conception du mariage (1940) 58 ff., vgl. auch Albertario I 195 ff.; 211 ff.; 229 ff. (zu Augustin); Bidagor, Miscell. Isidoriana (1936) 253 ff.; D'Ercole, SD 5 (1939) 18 ff.; Pringsheim, LQR 49 (1933) 398 ff.; Ballini, II valore giuridico dclla celebrazione nuziale cristiana (1949) 65 rr.; Gaudemet, St. Albertario Il 182 Cf. Hierzu und zu weit. Lit. Wolff 264 ff.; zweifelnd Biondi III 79 ff. Vgl. zur nachklassischen Eheauffassung (kritisch gegenüber Levy, Albertario usw.) auch Orestano, Bull. 48 (1941) 88 rr. (weit. Lit. 92); 55/56 (1952) 267 ff. (dazu K aser, SD18(1952]307ff.); G.Longo,Dir. rom., Dir. di famiglia 1 (1953) 13 rr.; 26 rr. 11 Serv. ad Aen. 4,103; 3'i4; ad Georg. 1, 31 hat von ihr keine lebendige Anschauung mehr; anders Manigk, RE 14, 1382 ff. (Manus) m. Lit.

§ 216. Das Verlöbnis

109

römischen und der peregrinenrechtlichen Ehe {o. § 73 II) wird mit der Ausbreitung des römischen Bürgerrechts praktisch bedeutungslos; doch veranlaßt die Berührung mit den Barbaren nun neue Eheverbote (u. § 217H). Die römische Ordnung kennt nur noch einen einzigen Typus der gültigen Ehe, das (im Sinn ihrer Verschmelzung, u. § 231 III) die Rede, vgl. CT3, 5, 5 (332, s.o. §2161'); C. 5, 4, 20, 1 (409); CT 3, 5, 12 (422) = C. 5, 1, 4, 1; SRR L 88; P. Lips. 41 = Mitteis, Chr. 300 (Taubenschlag, Law 179 12), vielleicht veranlaßt durch die zur Eheschließung gehörige Errichtung der Dotalurkunden (u. § 218 I); s. zur Frage Bonfante I 200 r.; Solazzi II 147 ff. = ATor. 51 (1916) 749 rr. (SZ 49 [1929} 657).

112

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

3. Daß, wer schon gültig verheiratet ist, keine zweite Ehe eingehen kann, 11 wird erneut eingeschärft, auch gegenüber solchen Untertanen, deren Religion die Polygamie zuläßt. 11 4. Die Ehebeschränkungen aus dem Mangel des Bürgerrechts werden mit der Ausbreitung der civitas Romana gegenstandslos; zugleich versinkt der Begriff des 'conubium,. 13 Im Westen verbietet man die Ehe mit den Barbaren und bedroht sie mit Kapitalstrafe.H Die Ehe zwischen Freien und Sklaven ist nach wie vor unwirksam; sie wird im Osten wie im Westen mißbilligt. 16 Die Ehe zwischen Freien und Kolonen ist gültig.11 Wer gutgläubig eine Sklavin heiratet, die ihm vom Herrn als Freie in die Ehe gegeben wird, schließt eine gültige Ehe, weil die Sklavin als stillschweigend freigelassen gilt, Nov. 22, 11 (536, s. auch cap. 10; 12).

Von den bevölkerungspolitischen Ehegesetzen des Augustus 17werden die meisten Gebote und Verbote schon im 4. und 5. Jh. auf gehoben 18 oder geraten außer Übung. 19 Nur die Verbote bestimmter Ehen für Senatoren leben Ober eine angeblich von Valentinian I. zu seinen eigenen Gunsten geschaffene Ausnahme vgl. Volterra, St. ArangioRuiz III 139 ff.; Gualandi, St. De Francisci III 173 ff. 11 C. 1, 9, 7 (393) gegen den 'mos I ~daeorum'; s. auch „ schon allgemein D1ocl. C. 5, 5, 2. Vgl. zuAgypten Taubenschlag 102 ff., zum Orient Vol terra (o. A. 5) 120 f. - Zum Konkubinat neben der Ehe s. u. § 221'. 11 Archi Ht2 f.; Volterra, St. Albertario II 368 f.; das Wort bezeichnet jetzt die Ehe selbst. Auch mit den latinischen und deditizischen Freigelassenen war die Ehe offenbar zulässig, vgl. Archi 142 ff. zu GE 1, 4 pr. gegenüber Conrat, Gaius 38. H CT 3, 14, 1 {368?) mit IT; Archi 142; Gaudemet, RIDA 2, 348m. Zur westgotischen Entwicklung der Mischehen Mer~a, Estudos 231 ff.; d'Ors, Cuadernos del Inst. Jur. Esp. 5 (1956) 102 ff. 11 Vgl. zur 'Ehe' des decurio mit einer Sklavin CT 12, 1, 6 {318), verschärft in C. 5, 5, 3 pr.; NMai. 7 pr. (458). Justinian gestattet dem Herrn, die Verbindung seines Sklaven mit einer Freien zu lösen und den Mann zu züchtigen, C. 7, 24, 1, 1 (531 ff., s. o. § 21316 ). Vgl. Gaudemet 350 ff.; Iura 2 {1951) 74 f.; auch De Dominicis, Riflessi 31 ff. (zu PS 2, 19, 6). Auch die Kirche lehnt solche Ehen ab, Orestano, Scr. Ferrini Pav. 366 ff.; Bull. 55/56 (1952) 306 ff.; Gaudemet, St. Albertario II 188; Biondi 88 rr. Endgültig zugelassen wird die Ehe zwischen Freien und Sklaven erst in der Nov. Leon. 100. Ober die Ehe unter Sklaven s.o. § 20919• 11

Näheres o. § 213 II 3; zu der mit dem adscripticius ebd.". 17 Justinian mißversteht sie als 'lex lulia miscella' (o. § 756 ), die er einem 'lulius Miscellus• ( 1) zuschreibt, Nov. 22, 43 (536). - Lit. zur Sache: Dupont 79 f.; Nardi, La reciproca posizione successoria dei coniugi privi di conubium (1938) 58 ff.; 67 ff., dazu Erdmann, SZ 59 {1939) 621 f.; weitere im folg. 18 Vgl. Biondi 139 f.; 142 f., doch äußert Gaudemet, St. Albertario II 185 f. gegen christliche Einflüsse berechtigte Skepsis. Zu Euseb. vita Const. 4, 26 vgl. Ehrhardt, SZ 72 (1955) 183 ff. Die persönlichen Rechtsnachteile bei Eheund Kinderlosigkeit werden aufgehoben in CT 8, 16, 1 {320) = C. 8, 57, 1; die gegenseitigen Erwerbsbeschränkungen unter Ehegatten (o. § 177 bei A. 11) in CT 8, 17, 2 (410) = C. 8, 57, 2; die Kaduzitätsfolgen in C. 6, 51, 1 (534); u. § 292 I. Zum 'ius liberorum' s. u. § 231 II. Die Vorschriften über die 50- und 60jährigen (o. § 75 III, § 80 geg. E.) werden als Eheverbote mißdeutet und aufgehoben, C. 5, 4, 27 (531 f.); 6, 58, 12, 1 f. (532); Gaudemet, RIDA 2, 333; Biondi 87. - Eine Mißbilligung der Kaduzitätsgesetze drückt sich besonders in c. Tanta 6b; C. 6, 51, 1 pr./1 (534) aus. 19 Hierzu und zum folgenden De Robertis, ABari 2 {1939) 45 ff., s. auch Solazzi, SD 13/14 (1947/48) 269 ff.; Biondi 85 ff.; Cardascia, St. Albertario II 653 ff. - Ehen zwischen Personen von ungleicher 'honestas• sind gültig, bedürfen aber der Form der Errichtung von Dotalurkunden, u. § 218n. 18

§ 217. Die Voraussetzungen

der Ehe

113

mit veränderter Zwecksetzung in abgewandelter Gestalt fort als Eheverbote zwischen Würdenträgern (dignitatibus praediti) und Frauen von niedriger Abkunft oder in verwerflicher Lebensstellung (humiles vel abiectae). 20 Justinian beseitigt auch diese Beschränkung. 21 Die Ehe zwischen dem libertus und der eigenen patrona wird im Westen bestraft und für ungültig erklärt. 0 Justinian läßt diese Ehen ausnahmsweise zu. 11 Er verbietet aber die Ehe der Freien mit dem fremden Kolonen, Nov. 22, 17 (536). - Über Eheverbote für Angehörige bestimmter Berufsverbände s. o. § 214 11•

5. Die Eheverbote unter Verwandten wieder verschärft. 26

und Verschwägerten

werden

Diokletian verkündete die bestehenden Inzestverbote neu, um die in manchen Provinzen heimischen Verwandtenehen zu unterdrücken, coll. 6, 4 (295), s. auch 6, 5 (291). Das Verbot der Ehe zwischen Onkel und Nichte, dessen Aufhebung Claudius für seine eigene Ehe erwirkt hatte (o. § 74 I 5), wird wieder eingeführt, CT 3, 12, 1 (342). 1• - Das Verbot der Ehe zwischen Vetter und Kusine (Geschwisterkinder, •consobrini>) wurde unter Theodosius I. eingeführt; 11 es wurde in C. 5, 4, 19 (405) wohl nur für den Osten wieder aufgehoben, bestand aber im Westen weiter (GE 1, 4, 6) und wurde nur fallweise durch kaiserlichen Dispens entkräftet, CT 3, 10, 1 (409). 17 Justinian hat es beseitigt.18 - Unter Verschwägerten" wird die Ehe mit der gewesenen Frau des Bruders oder mit dem gewesenen Mann der Schwester verboten. 30 - Die Folge der incestae nuptiae ist nach CT 3, 12, 1 (342) cit. die Kapitalstrafe. In eod. 3 (396) = C. 5, 5, 6 so CT 4, 6, 3 (336) = C. 5, 27, 1 (Lit. SD 2 [1936] o. A. 19, dazu Gradenwitz, 12 ff.); NMc. 4, 2 (454) = C. 5, 5, 7. Von Nichtigkeit ist nicht die Rede, erwähnt sind Infamie und Vermögensnachteile, 348. Erst Justinus C. 5, 4, Gaudemet 23 (520-23) erlaubt den Würdenträgern die Ehe mit ehemaligen Schauspielerinnen (freigeborenen und freigelassenen) von wiederhergestelltem Ruf fallweise mit Kaiserdispens, auf den Justinian C. 1, 4, 33, 2 (533) verzichtet; vgl. auch C. 5, 4, 29, 6 ff. Die Neuerung ist durch Justinians Ehe mit Theodora veranlaßt. C. eod. 28 (531/32) läßt die Ehe mit der liberta fortbestehen, wenn der Mann Senator wird (o. A. 2). Nov. 78, 3 (539) erlaubt den Würdenträgern die Ehe mit der liberta bei Einhaltung der in A. 19 erwähnten Form (u. § 218 12); vgl. auch Nov. 117, 6 (542). Zur Haltung der Kirche vgl. Orestano, Bull. 55/56 (1952) 301 ff.; Biondi 86. 21 Nov. 117, 6 (542). 19 NAnth. 1, 3 (468); vorher war die 353 ff. Ehe wohl gültig, vgl. Gaudemet Zur Bestrafung auch PS 2, 19, 9 mit IP 2, 20, 6, dazu Conrat, Paulus 95; 113. 28 D. 23, 2, 13 itp., Ind. und Gaudemet 362, anders Perozzi I 343 8 • H Übersicht: Guarino, SZ 63 (1943) 228 ff., zur Bestrafung 258 ff. Zur Stellungnahme der Kirche s. Biondi 94 f.; Cas tello, RIL 72 (1938/39) 319 ff.; vgl. auch 8 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

Gaudemet, St. Albertario II 187; 190 ff. - Zur Geschwisterehe im Orient, besonders in Ägypten, reiche Lit. bei 111 (s. insbes. die Abb. Taubenschlag von Kornemann); Modrzej ewski, J JP 9/10 (1955/6) 342 ff. 15 Auch zwischen Tante und Neffen, s. GE 1, 4, 3/4; Archi 147 f. Zur Straf es. alsb. • Das wissen wir aus Ambros. ep. 60, 9 (PL 16, 1236); Aug. de civ. dei 16 (PL 41, 457 ff.) u. a. 11 Zur Frage Gothofredus ad CT 3, 10, 1; Rotondi I 216ff.; Bonfante I 203; zu Symm. ep. 9, 133 s. Steinwenter, SZ 74 (1957) 17. Ober Schwankungen in der kirchlichen Auffassung in Ost und West vgl. Biondi 95. 18 Inst. 1, 10, 4, vgl. C. 5, 5, 6 und 5, 8, 1 mit CT 3, 12, 3 und 3, 10, 1. Wiedereinführung im späteren byzantinischen Recht: Bonfante 203•. 29 Zu 'adfinitas' vgl. Guarino, Adfinitas (1939) 85 ff.; das Wort wird auf das Verlöbnis und teilweise auf Verwandte ausgedehnt. Vgl. zum Westen auch Conra t, Paulus 106 290 • 1 ° CT 3, 12, 2 (355) mit IT und GE 1, 4, 7; Archi 148; De Dominicis, Riflessi 57. Vgl. auch CT eod. 3 cit. uxorisPe eius; 4 (415); C. 5, 5, 5 (387); eod. 8 (475); 9 (476 ff.). Zu SRR L 108 s. Mitteis, RR 223 1 • - Zur Sanktion Gau dem et (o. A. 1) 346 111 , zur kirchlichen Lehre Biondi 95.

114

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

treten an ihre Stelle erhebliche Vermögensstrafen, werden. 11

11

Entwicklungen die in Nov. 12 (535) neu festgesetzt

6. Stark verschärft wird das Verbot der Wiederverheiratung für die Witwe innerhalb der Wartezeit. Außerdem werden Wartefristen auch nach der Scheidung eingeführt; für die Frau in allen Fällen, zeitweise für den Fall grundloser Scheidung sogar für den Mann. Die Witwe, die die Frist verletzt, wird nicht nur infam, 81 sie verliert alles, was ihr der erste Mann hinterlassen hat, zugunsten der 'decem personae• (o. § 167 III) oder zuletzt des Fiskus, sie verliert die Fähigkeit zu jeglichem Erwerb aus Verfügungen von Todes wegen (auch von dritter Seite), und zwar zugunsten der Erben oder Miterben dieses Verstorbenen, sie verliert auch die Fähigkeit zur Intestaterbfolge über den 3. Grad hinaus; dem zweiten Mann kann sie nur ein Drittel ihres Vermögens als dos geben oder hinterlassen, C. 5, 9, 1 (380; pr. = 6, 56, 4 pr.). Mit kaiserlichem Dispens kann die Frau diese Folgen durch Abtretung der Hälfte ihres Vermögens an die Kinder der ersten Ehe abwenden; sterben einzelne dieser Kinder als intestati, fällt das Gut den anderen zu, und erst, wenn keines mehr übrig ist, an die Frau zurück, C. 6, 56, 4,1 ff. (380). Die Wartefrist der Witwe wird von 10 Monaten auf ein Jahr verlängert, CT 3, 8, 1 (381) = C. 5, 9, 2." - Für den Fall der Scheidung (u. § 219 II 1) werden zunächst abgestufte Fristen bestimmt, und zwar für die Frau strenger als für den Mann, CT 3, 16, 2 (421). Die spätere Regelung betrifft nur noch die Frau und bestimmt für die aus anerkanntem Grund Geschiedene eine Jahresfrist nach C. 5, 17, 8, 4b (449); Nov. 22, 16 pr. (536). Für die Frau, die sich grundlos geschieden hat, gilt eine Fünfjahresfrist, C. eod. 8, 4, bei einverständlicher Scheidung eine einjährige nach eod. 9 {497).36 - Zu weiteren Beschränkungen der Wiederverheiratung außerhalb der Wartezeit s. u. § 220.

7. Die Eheverbote aus bestimmten Funktionen des Mannes bestehen weiter. Das Eheverbot zwischen Vormund und Mündel wird in itp. Stellen erweitert, besonders auf die Kuratoren.• Die Eheverbote für Provinzialbeamte und -offiziere mit Angehörigen ihrer Provinz bestehen fort. Wer immer eine öffentliche Stellung benutzt, Der Täter gilt als unverheiratet, er verliert die dos, kann diesem Ehegatten und den Kindern aus dieser Verbindung (die als unehelich gelten) nichts schenken oder von Todes wegen hinterlassen (das Zugewandte verfällt dem Fiskus) und verliert die Testierfähigkeit außer zugunsten bestimmter nächster Verwandter. Vgl. ferner C. 5, 5, 9 und 5, 8, 2 (Zeno); 5, 4, 17 (itp. aus coll. 6, 4, 5 cit.); Inst. 1, 10, 3. Nach Nov. 89, 15 (539) erhalten diese Kinder nicht einmal die Stellung von Konkubinenkindern und darum keinen Unterhaltsanspruch. 11 Den Schuldigen trifft vor allem Vermögensverlust, und zwar, wenn Kinder aus früheren Ehen da sind, an sie (die sui iuris werden) als Erben, andernfalls an den Fiskus (cap. 1/2). Die Tat bleibt aber straflos, wenn der Mann die Frau binnen zwei Jahren verstößt; dann fällt nur ein Viertel an den Fiskus, die Kinder behalten ihr Erbfolgerecht, und zwar, wenn keine legitimen da sind, ganz, sonst zu einem Viertel (Näheres in cap. 3). Zu Nov. 89, 15 (539) s. o. A. 31. 81

C. 5, 9, 1 pr. = 6, 56, 4 pr. (380); CT 3, 8, 1 (381) = C. 5, 9, 2. Im klassischen Recht wird die Frau selbst noch nicht infam, sondern nur ihr Mann oder Gewalthaber. " Zusammengefaßt werden diese Bestimmungen (mit geringfügigen Abweichungen) in Nov. 22, 22 (536). - Lit.: Volterra, St. Albertoni I 415 ff.; Rasi, Scr. Ferrini Mil. I 408 f.; jetzt auch Mayer-Maly, RE 8 A, 2099 ff. (Vidua). Zur kirchlichen Doktrin Biondi 100 r. Die gleichen Straffolgen gelten für die Frau, die in der Trauerzeit unehelich gebiert, Nov. 39, 2, 1 (536); ferner für die, die bei der Wiederverheiratung den Kindern keinen Vormund beantragt, s. u. § 232". 15 Volterra, St. Ratti (1934) 435 ff. Zugleich entwickelt sich die Strafbarkeit des Bigamieverbrechens, ebd. 423 ff.; 432 rr.; 439 f. zu c. 5, 5, 2; 9, 9, 18 (beide itp.); Theoph. 1, 10, 6. 88 S. ob.§ 74118 (Solazzi jetzt II 152 ff.). Bas. 28, 5, 36 (ex C. 5, 6, 1) behandelt die Ehe als nichtig. 83

§ 218. Die Eheschließung.

Wirkungen

der Ehe

115

um eine Ehe mit einer Untergebenen herbeizuführen, wird bestraft, CT 3, 11, 1 (380) ;17 Justinian erklärt die Ehe ausdrücklich für ungültig, C. 5, 7, 1 pr. (aus CT cit. itp.).1 8 Das Verbot der Soldatenehen gehört längst der Vergangenheit an, vgl. Nov. 22, 14 (536); 74, 4, 3 (538).

8. Neue Eheverbote folgen aus dem christlichen Glauben. 89 Die Ehe zwischen Christen und Juden ist mit strengen Strafen bedroht.' 0 Davon abgesehen, hat die Zugehörigkeit zu einer nicht rechtgläubigen Religionsgemeinschaft offenbar kein Ehehindernis begründet.n Streng bestraft wird die Ehe mit geweihten Jungfrauen oder Witwen.' 2 Die Priesterweihe läßt die vorher geschlossene Ehe bestehen ;'3 doch verbietet J ustinian übereinstimmend mit den 'heiligen canones> die Ehe dem, der bereits zum Priester, Diakon oder Subdiakon geweiht ist." Wer nach diesen Weihen heiratet, verliert die geistliche Funktion.u Die Bischofseinsetzung verlangt Ehe- und Kinderlosigkeit." Verboten ist schließlich auch die Ehe mit dem Taufpaten.'7 9. Justinian verbietet der Ehebrecherin bei Strafe und Nichtigkeit die Ehe mit dem Mitschuldigen,'8 dem Frauenräuber mit der Geraubten.' 9

§ 218. Die Eheschließung. Wirkungen der Ehe 1. Die römische Anschauung, die in der Eheschließung nichts anderes sieht als die Herstellung der vom beiderseitigen Ehewillen getragenen 'verwirklichten Lebensgemeinschaft> (o. § 76 II), besteht auch in den nachklassischen Jahrhunderten fort. 1 Daneben zeigt sich aber, unterstützt von der christlichen Lehre, eine Richtung, die die Ehe als Rechtsverhältnis und darum ihre Eingehung als Rechtsgeschäft versteht; doch darf man die Tragweite dieser neuen Deutung nicht überschätzen. Grundlage der Eheschließung ist 87

Zur Anfechtbarkeit

sz 68 (1951) 401 f.

der Ehe Levy,

aa Gaudemet, RIDA 2,348 r. 19 Vgl. Gaudemet, St. Albertario II 188 ff. '° Kapitalstrafe: CT 16, 8, 6 (339); gleiche Strafe wie bei Ehebruch: CT 3, 7, 2 = 9, 7, 5 (388) = C. 1, 9, 6. Über Nichtigkeit ist nichts gesagt. Vgl. Biondi 91 r.; Solazzi, ANap. 59 (1938) 16ft ff.; Guarino, SZ 63,229. u Vgl. C.1, 5, 18, 8 r.; 19 (529), wonach Kinder aus solchen Mischehen rechtgläubig werden, und nur die Rechtgläubigen ihre Eltern beerben können (u. § 284 a. E.). Zum Rücktrittsrecht vom Verlöbnis bei Religionswechsel des anderen Teils s. C. 5, 1, 5, 3 = 1, 4, 16 (472). Vgl. Albertario I 189 rr. 42 Kapital nach CT 9, 25, 2 (364) = C. 1, 3, 5; Nov. 6, 6 (535); milder im Westen nach NMai. 6, 2 r. (458), doch verweist RB 9, 4 wieder auf CT cit.

•• CT 16, 2, 44 (420) = c. Sirm.10 = C. 1, 3, 21. Vgl. auch Nov. 6, 5 (535). Hierzu und zum folg. Biondi I 420f.; Gaudemet (o. § 209 8 ) 157 ff. •• C. 1, 3, 44 (530); Nov. 5, 8 (535); 22, 42 (536). ° C. 1, 3, 44, 1 cit.; Nov. 6, 5 (535); s. auch Nov. 123, 15 pr. (546). "C. 1, 3, 47 (531); Nov. 6, 1, 3 (535); 123, 1 pr. (546); 137, 2 (565). 7 • C. 5, 4, 26, 2 (530). n Nov. 134, 12 (556), dazu Biondi III 96 f. Zum klassischen Recht s. o. § 757 ; die Ehe war trotz der Strafdrohung (die aber nicht die Frau, sondern nur den Mann traf, Mommsen, StrR 7007 ) gültig; anders jetzt Mayer-Maly, SZ kan. Abt. 73 (1956) 385 ff. •• C. 9, 13, 1, 2 (533); Nov. 143 und 150 (563). Vgl. Biondi III 93. Zur Bestrafung auch schon CT 9, 24, 1 (326). 1 Vgl. wour, sz 67 (1950) 288 rr.; 311 ff.

116

Dritter

Teil,

Die nachklassischen

Entwicklungen

jetzt wie früher der Ehekonsens. Auf den inneren Willen, die Ehegesinnung der beiden Teile, 2 hat schon das ältere Eherecht entscheidendes Gewicht gelegt; darin kann man einen Vorläufer der animus-Lehre sehen, die nachmals von der oströmischen Schule auf den gesamten Bereich der Rechtsgeschäfte erstreckt worden ist (o. § 201 IV). Das neue Zeitalter fordert aber nun eindeutige Anzeichen dafür, daß wirklich eine Ehe beabsichtigt ist und nicht bloß der in dieser Zeit erweiterte Konkubinat. 3 Man verlangt deshalb eine stärkere und deutlichere Publizität der Eheschließung;' man begnügt sich dafür regelmäßig nicht mehr mit der bloßen Herstellung der Lebensgemeinschaft (durch 'domum deductio>),6 sondern hält sich an die Errichtung von 6 Der Brauch, die Dosbestellung Ehe- und besonders von Dotalurkunden. zu beurkunden, stammt vermutlich aus dem Orient 7 und dringt, vermittelt durch die Kirche, in die Gesetzgebung und Praxis des Ostens 8 wie des Westens 9 ein. Sind Dotalurkunden errichtet worden, sieht das Reichsrecht die Ehe ohne weiteres als geschlossen an. 10 Gleichwohl hat man die Einhaltung dieser Form für die Gültigkeit der Ehe nur ausnahmsweise bindend vorgeschrieben, und zwar hauptsächlich im Osten fUr solche Fälle, in denen 1 Auf diesen inneren Willen berufen sich besonders Levy und Albertario, s.o. § 21510 • • Dazu besonders WolU 291; 299. • Sie wird besonders unterstrichen von Orestano, Bull. 48 (1941) 88 ff., steht aber mit der Ehegesinnung, wie sie die in A. 2 Genannten fordern, nicht im Widerspruch. Auch die Kirche verlangt die Kundmachung des Ehewillens und untersagt die heimliche Eheschließung, Orestano 115 ff., s. auch Scr. Ferrini Pav. 353 ff., weit. Lit. bei Biondi III 821 • Vgl. damit C. 5, 17, 7 pr. (337) gegen 'nuptiae furtivae•. 1 Orestano, Bull. 55/56 (1952) 279 1038 m. Lit. Unerheblich ist nach kirchlicher wie nach staatlicher Auffassung die Beiwohnung; das drücken Sätze aus wie Nuptias non concubilus, sed consensus facit (D. 50,17,30; 35,1,15; 24,1,32,13, vgl. o. § 17 8 , s. auch Wolff 296 ff.), die insoweit beeinflußt sein mögen von Äußerungen wie Aug. de cons. Evang. 2, 1, 2 (PL 34, 1071); sermo 51, 13, 21 (PL 38, 344 f.); vgl. Ores tano, Bull. 48, 88ff., s. auch 105ff. zu vereinzelter Lehre der Kirchenväter, die die Geschlechtsgemeinschaft fordern. Zu C. 5, 5, 8 (475) s. Mitteis, RR 223 f. • Kühler, RE 4 A, 1952 ff. (Tabulae nuptiales); W olff, Written and Unwritten Marriages in Hellenistic and Postclassical Roman Law (1939) 90 ff.; s. auch Arangio-Ruiz, Persone e famiglia (1930) 83 f.; Castello, SD 4 (1938) 208 ff.; Orestano, Bull. 55/56, 272 ff.; Biondi III 82 f. 7 Für hebräischen Ursprung und Eindringen in das römische Recht durch die Vermittelung der Kirche vgl. Vismara

in: Cristianesimo e diritto romano (1935) 295 ff. (doch s. auch u. § 224'); Volterra, Dir. rom. e dir. orient. (1937) 248 f.; Wolff, (o. A. 6) 88 ff.; 97ff.; ablehnend aber Ores tano, Bull. 55/56, 332 ff. 8 •Instrumenta dotalia' o. ä.: CT 9, 42, 15 (396) = C. 9, 49, 9 pr.; CT 3, 7, 3 (428) = C.5,4,22; 2,7,23,4 (506); 5,27,6pr. (517); 5, 4, 23 §§ 1a, 5a, 7 (520-23); 4, 30, 14, 1 (528); 5, 27, 10 pr./1 (529); 11 pr. ff. (530); 7,6,1,9 (531); 5,17,11pr. (533) u. a.; in C. 5, 27, 10 und 11 gleichbedeutend 'nuptialia instrumenta•. Noch unerheblich ist die Errichtung der Urkunden nach Diocl. C. 5, 4, 13, dazu Wolff 87. Zu den Papyri s. Mitteis, Grdz. 228 ff.; Taubenschlag 118 f. m. weit. Hinw. Zur kirchlichen Auffassung Orestano 273 f.; 328 ff. • NMai. 6, 9 (458) verlangt Dosbestellung für jede gültige Ehe; aufgehoben in NSev. 1 pr. (463). Auch RB 37, 1 f. ist, obwohl nicht die dos, sondern die Eheschenkung gefordert wird, wohl von NMai. 6, 9 cit. beeinflußt (vgl. B ru nn er [u. § 223 7] 90; Vaccari 72 ff.), aber vielleicht auch vom germanischen Brautkauf, s. Mitteis, RR 228 f.; Lemaire, Mel. Fournier (1929) 415 ff. (dazu Levy, sz 50 [t 930) 652); Wolrr 89 rr.; 100 ff.; SZ 67, 296 100 ; Orestano 349 ff. Vgl. auch Leo Magn. ep. 167, 4 (PL 54, 1205) sowie die Quellen bei Castello 220 f. Im späteren Westen verschmelzen dos und Eheschenkung miteinander (als 'dos'), s. u. § 22439 ; ihre Bestellung ist für eine gültige Ehe unerläßlich, vgl. Merea 28 ff. (ebd. 30 zu form. Visig. 20). 10 Eine Rechtsvermutung nimmt Ore-

§ 218. Die Eheschließung.

Wirkungen

der Ehe

117

der Gedanke an einen Konkubinat abzuwehren war: bei Standesungleichen, 11 bei Frauen in geminderter Ehrenstellung 12 und bei der gewesenen Konkubine.13 Ist in allen übrigen Fällen die Ehe ohne diese Form geschlossenH - und das meint jetzt 16oder fortbestehen, C. 5, 16, 24, 2 (nicht enthalten in CT 9, Leben zugewandt, 42, 1 [321]); Nov. 22, 13. 1 - Hat sich ein Ehegatte mönchischem so bewirkt das seinen 'bürgerlichen Tod•, vermöge dessen er den anderen Teil ohne Scheidung verlassen kann, C. 1, 3, 52, 15 (531). Will der andere wieder heiraten, muß er die Scheidung (bona gratia) erklären; darauf verzichtet Nov. 22, 5, vgl. auch Nov. 123, 40 (546). 10

II. Wohl die stärkste Einwirkung der christlichen Lehre auf das Privatrecht zeigt das Recht der Scheidung. 11 Die Freiheit jedes Ehegatten, die Ehe jederzeit einseitig zu lösen,12 weicht in der staatlichen Ordnung zwar nicht vollständig dem christlichen Dogma, das die Ehe zu Lebzeiten beider Gatten für unauflöslich erklärt; 18 doch werden jetzt nur noch bestimmte Scheidungsgründe zugelassen. Die ohne anerkannten Grund einseitig vollzogene Scheidung ist zwar wirksam;H der Teil aber, der sie erklärt hat, wird mit Strafen bedroht. 16 Sie treffen ihn hauptsächlich am Vermögen, daneben beschränken sie die Wiederverheiratung. J ustinian verhängt sogar lebenslängliche Verbannung in ein Kloster. Unter ihm wird auch die einverständliche Scheidung, die zunächst noch freigestanden hatte, eingeschränkt. 1. Die Neuordnung des Rechts der einseitigen Scheidung 18 zeigt ein eigentümliches Hin und Her, indem die Vorstöße der Gesetzgebung, je nach der wechselnden Haltung der Kaiser gegenüber den rechtspolitischen Prinzipien, zuweilen wieder ganz oder teilweise zurückgenommen wurden. Das erste, energische Gesetz ist von Konstantin, CT 3, 16, 1 (331).17 Es läßt die Scheidung nur wegen bestimmter 'crimina• zu: Der Frau wird sie gestattet, wenn der 8 Zu alldem Levy 176 ff. (s. auch 182 ff. zu anderen antiken Rechten, insbes. SRR R I 64); Wolff 273 ff.; Biondi III 153ff. Oberhaupt keine Beendigung der Ehe durch Abwesenheit kennt erst N ov.Leon.33. • Die Neuerung geht wohl trotz Nov. 22, 13 nicht schon auf Konstantin zurück; Bonfante 243, anders Perozzi I 362 1 ; Bio n d i 161 f. Zu den itp. Stellens. o. § 77', dazu Wolff 308 ff. 10 Tabera, ACJI I 189 ff.; Wolff 271 f. 11 Übersichten bei Bonfan t e I 256 ff.; Corbett, Marriage (1930) 218 ff.; Dupont 111 ff.; Wolff, SZ 67 (1950) 261 ff.; G. Longo (o. §215 18 ) 73ff.; 98ff.; Gaudemet, St. Albertario II 194 ff.; Biondi III 163 ff. Weitere Lit. im folgenden. Zu Jonkers, Invloed op de romeinsche wetgeving betreffende het Concubinaat en de Echtscheiding (1938) vgl. Wenger, SZ 60 (1940) 298 ff.; Wolff 26711• S. auch Delp in i, Divorzio e separazione dei coniugi nel dir. rom. e nella dottrina della chiesa fino al sec. V (1956), insb. 107 ff. 11 Eine klassische Scheidungsbeschränkung liegt im Verbot des Augustus, daß die mit dem Patron verheiratete liberta sich 'invito patrono• scheide (o. § 7512 ). Das Verbot bleibt bestehen, eine neue Ehe der liberta wäre nichtig, Nov. 22, 37 (536); Biondi 178 f.

11 Die kirchlichen Quellen aus der Offenbarung und den Kirchenvätern bei Bio n d i 164 ff., s. auch die Lit. bei Wolf! 266 f., insbes. J. Peters, Die Ehe nach der Lehre des hl. Augustinus (1918) 28 ff.; 41 ff.; Albertario I 236 ff.; B as a noff (u. A. 17); D'Ercole, SD 5 (1939) 56 rr. Zu den Konzilien Castello, RIL 71 (1938) 201 rr. Umstritten war, ob wegen Hurerei (1topvelix, ev. Matth. 5, 32; 19, 9), allenfalls noch wegen weiterer schwerer Vergehen, die Scheidung zugelassen werden sollte. H Zu Nov. 134, 11 pr. (556) s. u. A. 32. 16 'Poenae• in D. 49, 15, 8 und 45, 1, 19, beide itp., Lit. bei Wolf( 27816 und Kaser, SZ 60 (1940) 123'. - Ober die 'retentiones ex dote• (o. § 81 III 1 mit A. 23, u. § 22311 ) gehen diese Strafen weit hinaus. Zum Einfluß dieser Neuordnung auf die Struktur der römischen Ehe s. u. 2. 11 Scheidung durch den Gewalthaber gibt es nicht mehr, ebensowenig bedarf es seiner Zustimmung; o. § 7711• 11• Anders nach Volksrecht, vgl. Taubenschlag, St. Bonfante I 408 f. zur Eheauflösung durch den Vater oder die Mutter. S. auch Arangio-Ruiz, FIRA III 56 zu Nr. 21 (u. A. 27). 17 S. auch RB 21, 2 f.; ET M (dazu Levy I 38 f.). -Vgl. Basanorr, St. Riccobono III 175 ff.; Ca es, De wettige gronden

§ 219. Auflösung

der Ehe, insbes.

Scheidung

121

Mann Totschlag, Giftmischerei (Zauberei) 18 oder Grabschändung begangen hat, dem Mann wegen Ehebruchs, 11 Giftmischerei (Zauberei) oder Kuppelei der Frau. Die Frau verliert bei unbegründeter Scheidung die dos (nach IT auch die Eheschenkung), sie selbst wird deportiert. 10 Der Mann muß bei grundloser Verstoßung der Frau die dos herausgeben und darf nicht wieder heiraten; verletzt er dieses Verbot, so darf die erste Frau in erlaubter Eigenmacht die für die zweite Frau bestellte dos wegnehmen. Julian hat das Gesetz wieder aufgehoben. 11 Das (westliche) Gesetz des Konstantius III., CT 3, 16, 2 (421, itp. in C. 9, 9, 34) stuft die Folgen der Scheidung nach dem Gewicht der Gründe ab. Scheidet sich die Frau grundlos, so verliert sie dos und Eheschenkung, sie wird deportiert, ohne das ius postliminii zu haben, und darf nicht wieder heiraten. Scheidet sie sich wegen bloßer 'morum vitia• oder 'mediocres culpae• des Mannes, so verliert sie immer noch dos und Eheschenkung und darf bei Gefahr der Anklage wegen stuprum nicht wieder heiraten. Nur bei •graves causae• und •magna crimina• (des Mannes) erleidet sie keine Nachteile, doch wird ihr eine neue Ehe erst nach fünf Jahren gestattet. - Der Mann verliert bei grundloser Scheidung dos und Eheschenkung und darf nicht wieder heiraten, seine verstoßene Frau darf es erst nach einem Jahr. Bei bloßer •morum culpa• der Frau verliert er die dos, erhält aber die Eheschenkung zurück und darf nach zwei Jahren eine neue Ehe eingehen. Bei •grave crimen• der Frau behält er dos und Eheschenkung und darf sofort wieder heiraten. - Dieses Gesetz wurde 438 mit dem CT auch im Osten eingeführt, aber schon 439 durch die NT 12, 1 wieder aufgehoben, die zu den 'veteres leges responsaque prudentium', also zur klassischen Scheidungsfreiheit zurückkehrt. Die NT 12 trat auch im Westen in Kraft, wurde dort aber durch die NV 35, 11 (452) beseitigt, mit der die Regelung von CT 3, 16, 2 (421) wiederhergestellt wurde. Auch im Osten kehrt Theodosius II. in C. 5, 17, 8 (449)11 im wesentlichen zur Regelung von 421 zurück. Er schafft aber Milderungen durch Vermehrung der Scheidungsgründe und bei den Folgen. Das Gesetz nennt als Scheidungsgründe (§§ 2, 3) für beide Ehegatten (mit Unterschieden im einzelnen): Ehebruch (auch den des Mannes), Menschentötung, Giftmischerei, Staatsverbrechen, Fälschungsverbrechen, Grabschändung, Diebstahl aus geweihten Gebäuden, Straßenraub, Viehdieberei, Menschenraub, unsittlichen Lebenswandel des anderen Teils, Lebensnachstellung, körperliche Mißhandlung. Die schuldige Frau verliert Eheschenkung und dos an den Mann und darf fünf Jahre lang nicht wieder heiraten (§ 4); andernfalls wird sie infam, die Ehe ist nichtig (§ 4 a), jeder kann sie (wegen stuprum) anklagen. Der schuldige Mann verliert dos und Eheschenkung an die Frau (§ 5). Wenn Kinder aus der Ehe da sind, erhalten sie an dem, was •ex nuptiis lucratum est•, also bei Schuld des Mannes an der Eheschenkung, bei Schuld der Frau an der dos, das 'Eigentum' und der schuldlose Teil die bloße Nutzgewalt (§ 7). 13 Der schuldige Teil darf aus der dos oder Eheschenkung nichts veräußern oder verpfänden (§ 7 a).H tot eenzijdige echtscheiding in Constantijns wet de repudiis (1939); Volterra, RAL (ser. 8) 13 (1958) 76 ff.; weit. Lit. bei Wolff 2621 • 18 CT hat •medicamentarius•, IT •maleficus•. 11 Zur Zulassung der Ehebruchsanklage •constante matrimonio•, Ulp. D. 48, 5, 27 pr.; CT 9, 7, 2 (326) = C. 9, 9, 29 (veränd.), vgl. Solazzi, AG 133 (1946) 3 ff.; De Dominicis, SD 16 (1950) 221 ff., dazu Kaser, lura 2 (1951) 324 r. so Die Deportation begründet für sie aber wohl nur ein faktisches, kein rechtliches Ehehindernis; anders Bio n d i 172. 11 Vgl. Aug. de utr. test. mixt. 115 (PL 35, 2348). Ein Fragment seines Gesetzes ist CT 3, 13, 2 (363) mit IT; zur ltp.-frage s. Solazzi, SD 13/14 (1947/48) 209 ff.

Das pr., das die Strenge gegenüber der klassischen Scheidungsfreiheit mit dem 'favor liberorum• rechtfertigt, stammt aus NT 12 pr. (439). aa Das ist daraus zu folgern, daß die Kinder diese Vermögensvorteile, wie § 7 sagt, nach dem Tod des schuldlosen Teils erhalten sollen; mit dessen Tod erlischt die Nutzgewalt und die Kinder werden Alleineigentümer. Vgl. auch Brunner, Abb. zur Rechtsgesch. II (1931 ex 1894) 97 ff. Nach ET 54 erhält der schuldlose Mann die zugunsten der Kinder beschränkte Gewalt an dos und Eheschenkung, die schuldlose Frau dagegen nur an der Eheschenkung. u Zum Charakter der 'Nutzgewalt• (als vulgarrechtliches Eigentum) s. u. § 238 II m. A. 17. 11

122

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Justinian vermehrt die Scheidungsgründe um Impotenz des Mannes, C. 5, 17, 10 (528),2&sowie um Abtreibung, bestimmtes unzüchtiges Verhalten der Frau und ihr Bemühen, die Ehe mit einem anderen Mann einzugehen, eod. 11, 2 (533). Außerdem ordnet er weitere Vermögensstrafen an: Der schuldige Mann oder die schuldige mulier indotata haben dem anderen Teil ein Viertel des Vermögens, aber höchstens 100 Pfund Gold herauszugeben; sind Kinder da, gilt für dieses Gut Gleiches wie schon bisher für die Ehevorteile im Falle grundloser Scheidung (vgl. vorhin zu C. 5, 17, 8, 7); s. zu alldem C. 5, 17, 11 §§ 1a-c; 2a. 11

Eine abschließende Neuregelung trifft Justinian, nach Vorläufern in Nov. 22 (536), in Nov. 117 (542). Unter dem Eindruck der kirchlichen Doktrin schränkt er die Scheidungsgründe ein und verschärft die Strafen für grundlose Scheidung. 27 Als Scheidungsgründe für den Mann werden anerkannt (Nov. 117, 8): Mitwisserschaft der Frau bei Hochverrat, gerichtlich bewiesener Ehebruch, Lebensnachstellung gegen den Mann oder deren Begünstigung sowie gewisse Tatbestände unzüchtigen oder liederlichen Verhaltens wider Willen des Mannes; für die Frau (cap. 9): Hochverrat des Mannes, Lebensnachstellung gegen die Frau oder deren Begünstigung, Preisgabe der Frau zum Ehebruch {aber nicht mehr eigener Ehebruch des Mannes), falsche Anschuldigung der Frau wegen Ehebruchs, VerächUichmachung der Frau durch unzüchtiges Verhalten. Andere Scheidungsgründe sind nicht mehr zugelassen (cap. 12), nicht einmal Mißhandlung der Frau, die ihr nur einen Anspruch auf eine Zuwendung aus dem Vermögen des Mannes im Wert eines Drittels der Eheschenkung gibt (cap. 14). Die Strafen für unberechtigte Scheidung sind hart: Die Frau verliert bei grundloser Scheidung (cap. 13) und ebenso, wenn sie einen Scheidungsgrund gegeben hat (cap. 8 pr./2), die dos an den Mann; wenn Kinder da sind, erhalten sie das Eigentum und der Mann nur den Nießbrauch (ususfructus). Darüber hinaus wird die Frau wegen unbegründeter Scheidung auf Lebenszeit in ein Kloster verbannt, 18 ihr Vermögen fällt zu zwei Dritteln an die Kinder, zu einem an das Kloster; wenn keine Kinder da sind, zu zwei Dritteln an das Kloster, zu einem an die Eltern; bei Mitschuld der Kinder oder der Eltern erhält das Kloster alles. 11 Der Mann verliert bei grundloser (cap. 13) oder von ihm verschuldeter Scheidung (cap. 9 pr.) an die Frau dos und Eheschenkung sowie im ersten Fall einen Zuschlag im Wert eines Drittels der Eheschenkung; sind Kinder da, erhalten sie an der Eheschenkung und an diesem Zuschlag das Eigentum und die Frau nur den •ususfructus'. 30 Verstößt der Mann grundlos die mulier indotata (cap. 5), so 111 Sie

muß in den beiden ersten Ehejahren erwiesen sein. Nov. 22, 6 (536) verlangt drei Jahre. 18 Vgl. auch Nov. 22, 18 {536); 53, 6 (537); 74, 5 (538); 117, 5 (542), alle mit weiteren Einzelheiten. Im übrigen wiederholt Nov. 22, 15 f. nur die Scheidungsgründe und -folgen aus den Gesetzen von 449 und von Justinian. - C. 5, 17, 12 (534) verbietet eine Scheidung zur gewollten Schädigung der Eltern, die die dos oder Eheschenkung gegeben oder empfangen haben; die Eltern, die der Scheidung nicht zugestimmt haben, haften in solchem Fall nicht für die Herausgabe dieser Zuwendungen; ebenso Nov. 22, 19 (verweist auf Diocl. C. 5, 17, 5 pr., nisi rell. itp., Grad enwi tz, Bull. 2 [18891 10 f.). 17 Urkunden aus der Praxis: FIRA III nr. 18 (P. Lond. 1711); 21 (P. Oxy. I 129), beide 6. Jh. Vgl. auch Taubenschlag, St. Bonfante I 423 f.; Law 122 m. weit.

Lit. - Zum Unterhalt der Kinder s. u. § 226 a. E. 18 Cap. 13. Verletzt der Richter diese Vorschriften, wird sogar er mit Geldstrafen bedroht. 29 Verstößt der Mann die Frau wegen Ehebruchs, so erhält er neben der dos bei Kinderlosigkeit einen Zuschlag aus dem Frauenvermögen im Wert eines Drittels der dos; außerdem wird auch der Mitschuldige mit Vermögensverlust zugunsten seiner Ehefrau und der Kinder, allenfalls des Fiskus bestraft; cap. 8, 2; s. auch Nov. 134, 10 pr. (556). Nach eod. 10, 1 kann der Mann seiner ehebrecherischen Frau binnen 2 Jahren verzeihen und sie aus dem Kloster zurückholen. 30 DenZuschlag erhält die Frau auch.wenn der Mann sie fälschlich des Ehebruchs beschuldigt hat.sofern keine Kinder da sind,9, 4; ferner, wenn der Mann mit einer anderen Frau zusammenlebt (Näheres 9, 5).

§ 219. Auflösung

der Ehe, insbes.

Scheidung

123

erhält sie ein Viertel seines Vermögens oder, wenn mehr als drei Kinder (aus dieser oder einer anderen Ehe) da sind, neben diesen einen Kopfteil, und zwar neben Kindern den Nießbrauch (das Eigentum fällt an die Kinder), wenn keine Kinder da sind, das Eigentum. Die Nov. 127, 4 (548) geht noch weiter und droht die harten Strafen, die die Frau bei grundloser Scheidung zu erwarten hat, vor allem die Verbannung in das Kloster, auch dem Mann an, wenn er die Frau grundlos verstößt. Nov. 134, 11 (556) zählt die Strafen 11 ausdrücklich auf und deutet erstmals die Nichtigkeit der grundlosen Scheidung an. 11

2. Da die römische Auffassung, die die Ehe auf die dauernde Ehegesinnung der beiden Gatten gründet, in dieser Periode fortbesteht, bedeutet auch die einseitige Erklärung des Scheidungswillens noch kein Rechtsgeschäft, sondern eine bloße Absage, die die Ehegemeinschaft tatsächlich beendet. 33 Aus den Scheidungsverboten folgt daher zwar eine Pflicht, an der Ehegesinnung festzuhalten, sie verhindern aber nicht, daß auch die verbotswidrige Scheidung zunächst wirksam ist.:u. Damit ist gleichwohl vereinbar, daß sich nach Vorbildern aus der östlichen Reichshälfte eine feste Form der Scheidungserklärung herausbildet, nämlich die Beurkundung der Absage im Scheidebrief (libellus repudii). 85 Unter dem Einfluß vulgärer Rechtsanschauungen entwickelt sich dann dieser Scheidebrief aus einer bloßen Beweisurkunde allmählich zu einer echten Schriftform, 88 die zur Auflösung der Ehe hinreicht, die man aber für die Gültigkeit der Scheidung als erforderlich ansieht. 87 Eine andere Form, Scheidung vor Zeugen, hat sich nur im Westen eingebürgert. 38 3. Die ein verständliche Scheidung (communi consensu)39 bleibt, anders als die einseitige (repudium), lange Zeit zulässig.40 Erst die Nov. 117, 10 (542) verbietet sie nahezu vollständig, 41 doch stellt sie Justinus II. wieder her. 42 111 Mit leichten Abwandlungen. Nach cap. 11, 3 wird auch 'tätige Reue• zugelassen. 11 11 pr. cit. IL1J3evl -rp6rt prnou3t« ylvca&«t; anders aber Theod. schol. 1 zu Nov. 134, 11 (Bas. 28, 7, 6, Heimb. III 227) x«xC>~µcvylvtr«t, rtAYJV lppw-r«t.Abweichend Gaudemet, RIDA 2 (1949) 356 ff.; 363. 88 Vgl. Wolff 261 ff.; 312 ff.; 318 f., hauptsächlich gegenüber Levy, Hergang der röm. Ehescheidung (1925) 84 ff. pass.; 96 ff.; Ged.-schr. Seckel (1927) 171 ff. " Anders erst Nov. 134, 11 pr. (556), oben A. 32. 11 Levy, Ehescheidung 104ff.; 125f. mit reichem Material. Vgl. aus den römischen Rechtsquellen D. 24, 2, 7 und C. 5, 17, 6, beide überarbeitet, dazu L e v y 60 ff. 88 Levy 117 ff. Zu prnou3t« ypixqmvo. ä. (z. B. in Nov. 22, 19) ebd. 127 ff. Urkundlicher Beleg eines Scheidebriefs: P. Oxy. 129 = FIRA III nr. 21 (o. A. 27). 37 Vgl. zu NT 12 pr. (439) = C. 5, 17, 8 pr. (449) misso repudio Levy 104 f.; 125, anders W olff 301 f. Zur späteren Anwendung im Westens. die Formulariensammlungen bei Levy 132 f. 38 Levy 130 ff. mit Belegen; s. auch Pringsheim, St. Bonfante I 560 f. 89 C. 5, 13, 1, 16b (530) spricht hier von

Scheidung 'bona gratia•, s. auch Nov. 140 pr. (566), doch vgl. zu diesem Ausdruck auch o. A. 3. - Urkunden über einverständliche Scheidung bei Taubenschlag 12371 ; vgl. FIRA III nr. 22 (569 n. C.) = P. Flor. I 93; neuestens eine Urk. von 586 bei Bell-Rees, Symb. Taubenschlag I 175 ff. (eine Art Austauschvertrag). Aus späterer Zeit P. Nessana inv. 14 (689 n. C.), vgl. Steinwenter, SZ 63 (1943) 415 ff.; St. De Francisci I 841 gegen An. Christophilopoulos, SZ 65 (1947) 352 rr.,s. auch 'Apx. l3twT. 3tx. 2 (1946) 214 ff. '° Sie ist es noch in C. 5, 17, 9 (497), wonach der schuldlosen Frau die Wiederverheiratung nach einem Jahr gestattet wird, und in Nov. 22, 3 (536) mit der Begründung, für alles Menschenwerk gelte, daß Gebundenes auch lösbar sei (o. § 2157 ). u Die Strafen sind die der grundlosen Scheidung. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall beiderseitigen Entschlusses zur Keuschheit: Dos und Eheschenkung fallen dann an die Kinder, Wiederverheiratung wird mit Vermögensstrafen bedroht. n Nov. 140 (566). Zum bösen 3«ljJ,t.>v, der die Ehen entzweit (Nov. 140 pr.), s. weitere Belege bei Taubenschlag 12377 ; Wenger, Qu. 810 f.

124

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 220. Die Wiederverheiratung Die Eingehung einer neuen Ehe nach Auflösung der ersten, von Augustus seinerzeit aus bevölkerungs- und sozialpolitischen Gründen zur Pflicht gemacht (o. § 75), wird in der nachklassischen Zeit zwar nicht geradezu verboten, aber doch mißbilligt. 1 Diese Umkehr beruht ebenso wie die Scheidungsbeschränkungen auf der christlichen Lehre von der unauflöslichen Wirkung der Ehe. 1 Die Nachteile, die die Gesetze an die Wiederverheiratung knüpfen, 8 dienen indessen hauptsächlich nur dem Zweck, die Kinder aus der früheren Ehe vor Beeinträchtigungen zu schützen,' und zwar besonders dadurch, daß der wieder heiratende Teil das aus der ersten Ehe erworbene Vermögen an die Kinder aus dieser Ehe verliert und an diesem Gut eine bloße Nutzgewalt behält. Die Regelung ist allerdings unübersichtlich und schwankt in den Einzelheiten; Justinian hat sie in Nov. 22 (536) zusammengefaßt. Die wieder heiratende Frau muß, abgesehen von weiteren Nachteilen, 1 nach CT 3, 8, 2 (382) = C. 5, 9, 3 (vgl. Nov. 22, 23, überhaupt cap. 23-30) die aus der ersten Ehe stammenden Vermögensvorteile (dos, Eheschenkung, aber auch sonstige unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden oder von Todes wegen), wenn sie Kinder aus erster Ehe hat, auf diese übertragen und ihnen die Substanz oder wenigstens den Wert dieses Guts erhalten. Die Frau behält an diesem Gut nur eine unveräußerliche 'possessio', die später auch 'ususfructus' heißt,• also ein Nutzeigentum im Sinne des Vulgarrechts; erst Justinian versteht darunter den bloßen Nießbrauch. 7 Stand es ihr nach CT cit. frei, welchem dieser 1

Bonfante 1394 ff.; Biondi III 140ft. (s. auch 149 zu Sargenti 131 f.); MayerMaly, RE 8 A, 2105 (Vidua). Zu den Papyri Taubenschlag 124 f. Die Mißbilligung klingt besonders bei Justinian an, vgl. etwa C. 5, 37, 22, 5 (wohl itp.); Nov. 22, 1 (536); von 'Strafen' sprechen Nov. 2, 2, 1 und 3 pr. (535); 22 cap. 23 u. 41. Zur Wiederverheiratung nach Kriegsgefangenschaft s.o.§ 219 I; zu der unter Verletzung der Wartezeit o. § 217, 6. 1 Die kirchlichen Quellen bei Bio n d i 140 f.; 143 f.; vgl. Stanghellini, AG 81 (1908) 149 ff.; zurückhaltend - kaum mit Recht - Gaudemet, St. Albertario II 186 f. 1 Ob davon Befreiung im Testament des Erstverstorbenen erteilt werden konnte, ist fraglich; s. zu Nov. 2, 2 (535); 22, 2 (536) Bonfante I 401. • Anders Bio n d i 149 f. Nicht hierher gehört (trotz ebd. 147) C. 6, 56, 4 pr. (oben § 217, 6); daß hier luctus nur versehentlich fehlt, beweist C. 5, 9, 1 pr. - Immerhin werden wegen des sittlichen Vorwurfs gegen die Wiederverheiratung solche, die in zweiter Ehe leben oder mit einer Witwe oder Geschiedenen verheiratet sind, vom geistlichen Stand ausgeschlossen, vgl. Nov. 6, 1, 3 u. 5pr. (535); 22, 42 (536); 123, 14, 2 (546); 137, 1 f. (565). S. auch A. 5. 1 Sie verliert das Recht, die Schenkung an ein Kind (erster Ehe) wegen groben Un-

danks zu widerrufen, CT 8, 13, 1 (349) = C. 8, 55, 7 pr.; CT eod. 4 (358); eingeschränkt in Nov. 22, 35. - Hat sie die Vormundschaft beantragt, muß sie (bei Justinian eidlich) für die Zukunft Ehelosigkeit versprechen, CT 3, 17, 4 (390) = C. 5, 35, 2, vgl. eod. 3 pr. (530). Heiratet sie dennoch wieder, ist sie zur Tutel unfähig, und wenn sie Ehelosigkeit geschworen hat, erleidet sie die gleichen Nachteile wie bei Verletzung der Wartezeit, Nov. 22, 40; ebenso (ohne die Voraussetzung des Eides) Nov. 94, 2 (539). - Die wieder heiratende Mutter gilt als unfähig zur Erziehung ihrer Kinder (wohl nurdererauserster Ehe), Nov. 22, 38. - In C. 6, 40, 2 (531) hatte Justinian die einer letztwilligen Zuwendung beigefügte Bedingung, daß die Bedachte schwört, sie werde nur um der Kindererzeugung willen wieder heiraten, gestrichen (o. § 75 IV); in Nov. 22, 43 f. erklärt er diese Bedingung erneut für wirksam und schreibt u. a. Sicherheitsleistung für die Herausgabe des Erworbenen bei Wiederverheiratung vor; vgl. Biondi, Succ. test. 556 f. • C. 5, 9, 3 cit. fügt das 'frui' hinzu. Vgl. ferner CT 3, 8, 3 (412) mit IT; CT 5, 1, 8 {426, s. alsb.); RB 16, 2 u. a. 7 Levy I 26; 34; u. § 238 II. Vgl. auch die Umschreibungen in NT 14, 3/6 (439), dazu alsb. Zum Übergang vom vulgarrechtlichen Nutzeigentum zu Justinians Nieß-

§ 221. Der Konkubinat

125

Kinder sie die Eheschenkung zuwenden wollte, so weist NMai. 6, 8 (458) allen Kindern gleiche Teile zu ;8 ebenso im Osten Nov. 2, 1 (535); 22, 25. - Stirbt ein Kind aus erster Ehe, das von der Mutter neben Geschwistern beerbt wird, so erhält sie gleichfalls nur das Nutzeigentum, CT eod. 2, 1 (382) = C. eod. 3, 1a (etwas veränd.); CT 5, 1, 8 (426) = C. 6, 56, 5, 1. Nov. 2, 3 pr. (535) gibt ihr den vollen Erbteil, Nov. 22, 46 beschränkt sie im wesentlichen wieder auf den Nießbrauch. - Hat der Mann der Frau den Nießbrauch an seinem Vermögen vermacht, so verliert sie ihn mit der Wiederverheiratung zugunsten der Kinder, C. 5, 10, 1 (392); CT 3, 9, 1 (398) mit IT; aufgehoben in Nov. 22, 32. - Das Recht der Kinder an dem Gut, an dem die wieder heiratende Mutter die bloße Nutzgewalt behält, steht ihnen zu, auch wenn sie die väterliche Erbschaft ausschlagen.• Dieses Recht wird verschiedentlich gesichert, vgl. C. 5, 9, 6, 4ff. (472); Nov. 22, 45.18 Justinian läßt Veräußerungen oder Verpfändungen aus der Eheschenkung, 11 wenn Kinder da sind, durch die nachfolgende Wiederverheiratung nichtig werden, 11 und zwar ohne Rücksicht auf die Kreditsicherheit sogar mit rückwirkender Kraft; die Nichtigkeit wird nur durch den Tod der Kinder geheilt, und zwar jeweils nur für ihre Erbquote, Nov. 2, 2; 22, 26. Der Mann verliert mit seiner Wiederverheiratung die Nutzgewalt an dem den Kindern hinterlassenen Vermögen der ersten Frau und behält nur die Stellung eines Tutors, CT 8, 18, 3 (334); aufgehoben durch C. 6, 60, 4 (468), s. auch C. 6, 59, 11, 1 (529). - Daß der Mann das, was er aus der ersten Ehe erworben hat, den Kindern dieser Ehe zuwenden solle, wird ihm in CT 3, 8, 2, 3 (382) nur empfohlen; erst NT 14, 2 rr. (439) = C. 5, 9, 5 macht es ihm zur Pflicht und stellt ihn der Frau (s. o. zu CT 3, 8, 2) gleich. 11 Dem Ehegatten der späteren Ehe kann der wieder verheiratete Teil unentgeltlich (auch als dos oder Eheschenkung) oder von Todes wegen nicht mehr zuwenden, als das am wenigsten bedachte Kind aus der früheren Ehe erhält. Wird dem zweiten Ehegatten mehr zugewendet, so fällt dies zu gleichen Teilen (ohne Rücksicht auf die Erbteile) an die Kinder der ersten Ehe, C. 5, 9, 6 pr. er. (472). Justinian beteiligt daran auch die Kinder aus der zweiten Ehe, C. eod. 9 (529), kehrt aber in Nov. 22, 27 r. zur früheren Regelung zurück.H

§ 221. Der Konkubinat Auch der Konkubinat wird im christlichen Zeitalter anders beurteilt als im heidnischen. 1 Konstantin hält sich an das Dogma, das jede Geschlechtsbrauch vgl. Ca es, Le statut juridique de la sponsalicia largitas (1949), dazu Wenger, SZ 67 (1950) 585 Cf.; Sanfilippo, Jura 1 (1950) 503 Cf.; Solazzi, SD 17 (1951) 252ff. • Zur Verallgemeinerung in NSev.1 (463) für den Westen s. u. § 224 II 2 b. • NT 14, 4/6 (439) = C. 5, 9, 5, 2/6; eod. 6, 11 (472); eod. 8, 1 r. (528). - Sterben die Kinder zu Lebzeiten des wieder verheirateten Elternteils, so fallen die Vermögensvorteile, die sie von ihm erhalten haben, nicht mehr ohne weiteres an diesen (so CT 3, 8, 2, 2 [382) = C. 5, 9, 3, 2; eod. 6, 6 [472)), sondern an die Erben der Kinder, sofern nicht - in den Dotalinstrumenten, in der Eheschenkung usw. - vereinbart ist, daß diese Güter, wenn die Kinder selbst kinderlos versterben, dem überlebenden Elternteil zukommen sollen; das bestimmt ein verschollenes Gesetz Justinians (vgl. P. Krüger ad C. 5, 9, 11), zitiert in Nov. 2, t; eod. 2 pr.; 4 (535); 22, 45, 1 (536);

68 (538); Monnier, Mel. Gerardin 437 ff.; Anne (o. § 2161 ) 282 f.; 348 f.; 353 r. 10 Gesetzliche Generalhypothek an diesem Out: C. 5, 9, 6, 9 (472); 8, 3 (529); s. auch C. 6, 61, 6, 4 (529). 11 Einverständliche Herabsetzung der Eheschenkung oder dos ist nicht zulässig, C. 5, 3, 19, 3 (527). 11 Nov. 22, 24. Die Ansprüche der Kinder auf Herausgabe verjähren in 30 J ahren, die Verjährung beginnt erst zu laufen, wenn die Kinder gewaltfrei geworden sind. 11 Vgl. Nov. 22, 23 f., hier auch entsprechend zum Veräußerungs- und Verpfändungsverbot an der dos. Folgerichtig erhalten die Kinder auch eine Generalhypothek an seinem Gut, C. 5, 9, 8, 3 (529). H Zu dem in A. 9 erwähnten Gesetz vgl. Nov. 68 (538). - Ingrati liberi sind ausgeschlossen, C. 5, 9, 10 (529). 1 Lit. o. § 781, vgl. P. M. Meyer, Der röm. Konkubinat (1895) 125 ff.; Bonfante I 233 rr.;Scr. iV 563H. (dazu Levy,

126

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

gemeinschaft außer der Ehe verurteilt, 2 und unterdrückt mit besonderer Strenge den Konkubinat zwischen Würdenträgern und Frauen in geminderter rechtlicher oder sozialer Stellung, 3 also zwischen Personen, die, weil ihnen die Ehe verboten ist (o. § 217, 4), den Ausweg im Konkubinat zu suchen pflegten (o. § 784 ). Daneben setzt sich jedoch allmählich die Auffassung durch, daß eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die den christlichen Anforderungen einer Ehe genügt, von Staats wegen auch dann geduldet werden kann, wenn es an dem vom Staat für die gültige Ehe geforderten Ehewillen mangelt. Freilich werden für diesen erlaubten Konkubinat Erfordernisse auf gestellt, die dem klassischen Recht noch unbekannt waren: Er wird neben einer bestehenden Ehe nicht geduldet' und verlangt eine dauernde Verbindung (consuetudo) 5 mit einer Frau, mit der auch die Ehe zulässig wäre. 8 Eine solche Verbindung, die sich von der Ehe nur durch das Fehlen der 'dignitas> unterscheidet, die aus der 'maritasli affectio> folgt, 7 wird hauptsächlich unter Standesungleichen eingegangen und als eine Ehe minderen Rechts, ein 'inaequale coniugium>, anerkannt. 8 Zur Stellung der Konkubinenkinder und ihrer Legitimation s. u. § 230. CT 4, 6, 4 (371 West) läßt es zu, der Konkubine und ihren Kindern (filii naturales, dazu u. § 2303 ), wenn legitime Abkömmlinge oder Eltern da sind, ein Zwölftel des Vermögens zu schenken oder zu hinterlassen, wenn keine da sind, ein Viertel. Die weitere SZ 46 [1926] 418); Dupont 122 ff.; Castello, RIL 71 (1938) 201 ff.; Jonkers, Invloed {o. § 219 11 ; W enger, s. ebd.); Rebro, Konkubinat {1940) 183 ff.; G. Longo {o. § 215 10 ) 67 ff.; Biondi III 125 ff. Vgl. auch J aneau (u. § 230 19 ) 29ff. 1 Zur christlichen Lehre Quellen und Lit. SD bei Biondi 127 ff.; s. auch Charvet, 3 (1937) 336ff.; Danieli, St. ArangioRuiz III 175 f. 8 Vgl. CT 4, 6, 2 (336, verstümmelt) und eod. 3 (336) = C. 5, 27, 1 {o. § 21720 ). Die c. 3 {dazu Solazzi, SD 13/14 [1947/48] 270 ff. m. Lit.) droht den Würdenträgern, die ihren Abkömmlingen aus einer Verbindung mit Sklavinnen, Freigelassenen oder Frauen in verächtlicher sozialer Stellung durch Adoption oder Kaiserdispens die Stellung Freigeborener verschaffen wollen, strenge Ehren- und Vermögensstrafen an; außerdem werden den Würdenträgern Schenkungen, auch verhüllte, an solche Frauen und Kinder verboten. Vgl. auch NMc. 4, 1--4 (454) = C. 5, 5, 7 pr.-2 (stellt fest, daß 'pauperes ingenuae feminae' nicht unter das Verbot fallen). Aufgehoben wird das Verbotsgesetz erst in Nov. 89, 15 (539). ' Das gilt für den Westen wie für den Osten, vgl. einerseits PS 2, 20, 1 (unklassisch, s. Volterra, ACI Bologna I 134) mit IP 2, 21, 1, andererseits C. 5, 26, 1 (326, wohl verkürzt); das penes se habere in c. 1 enthält trotz De Dominicis, Scr.

Cedam II 558 ff. (vgl. auch Riflessi 40 ff.) kein zusätzliches Erfordernis; s. jetzt auch Levy, SZ 76 (1959) 20f. Vgl. ferner D. 24, 2, 11, 2 i. f. itp., zuletzt Wolff, SZ 67 (1950) 280 f. m. Lit.; C. 5, 27, 5 pr. {477); C. 7, 15, 3, 2 (531); Nov.18, 5 {536); 89, 12, 5 (539); hiernach werden auch mehrere Konkubinen nebeneinander nicht anerkannt. Gegen Danieli 175 ff. s. Biondi 133'. • C. 5, 27, 10 pr. (529); Nov. 12, 4 (535). • C. eod. 7 pr. (519); 10 pr. (530); 11 pr. {530); Nov. 12, 4 {535). Zu D. 25, 7, 1, 3 f. s. Bonfante I 2833 •'. Echt ist Ulp. D. 23, 2, 56, Biondi 1358 • 7 Vgl. D. 32, 49, 4 sane rell. itp., Bio n d i 136. Zu PS 2, 20, 1 (o. A. 4) und D. 25, 7, 4 vgl. Wolff, Marriages (o. § 218 8 ) 95 ff. m. weit. Lit. Aus einer solchen Lebensgemeinschaft auf eine Ehe zu schließen (so noch Mod. D. 23, 2, 24), geht immer weniger an, je mehr sich für die Eheschließung die Form der Dotalinstrumente einbürgert, s. o. § 218 1. 8 NT 22, 1, 8 (443) = C. 5, 27, 3, 2 (anders in CT 14, 7, 1 [397 West]: standesungleicho Ehe, vgl. IT). Von 'legitima coniunctio' spricht CT 4, 6, 7 (426), von 'licita consuetudo' C. 6, 57, 5, 2 (529). Eine Mißbilligung folgert dagegen Co n rat, Paulus 106 f. aus IP 2, 21, 1; IT 2, 19, 1 (pro inhonesto affectu); aber IP ist indifferent, und IT betrifft wohl nicht die Konkubine.

§ 222. Die dos. Wesen

und Bestellung

127

Regelung schwankt.• J ustinian 10 gestattet es in C. 5, 27, 2 (ausCT4, 6, 6 itp.) und Nov. 89, 12, 2 (539), der Konkubine und ihren Kindern neben der Mutter 11 oder legitimen Abkömmlingen ein Zwölftel zuzuwenden; wenn keine Kinder von der Konkubine da sind, ihr selbst ein Vierundzwanzigstel. Erben weder die Mutter noch legitime Abkömmlinge, darf der Konkubine und ihren Kindern die Hälfte hinterlassen werden, C. eod. 8 (528), den illegitimen Enkeln oder Enkeln von illegitimen Kindern sogar das Ganze, eod. 12 (531). In Nov. 89, 12, 3 wird erlaubt, wenn keine legitimen Abkömmlinge da sind (und die Aszendenten ihren Pflichtteil erhalten), auch den illegitimen Kindern das Ganze zuzuwenden. - Die Nov. 18, 5 (536, wiederholt in Nov. 89, 12, 4) gibt der Konkubine und ihren Kindern, wenn weder legitime Kinder da sind noch eine Ehefrau,1 1 sogar ein Intestaterbrecht in Höhe eines Sechstels. Schließlich erhalten die Konkubinenkinder einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater und sogar gegen seine legitimen Kinder (u. § 230 bei A. 7). Der Konkubinat lebt im Westen noch bis ins 11. oder 12. Jh. fort; im Osten wird er, als von der Kirche mißbilligt, durch die Nov. Leon. 91 abgeschafft. 13

§ 222. Die dos. Wesen und Bestellung

I. Die Maßnahmen zur Weiterbildung des klassischen Dotalrechts dienen vornehmlich dem Zweck, den Bestand der dos während der Ehe zu erhalten und sie nach Auflösung der Ehe der Frau und den Kindern zukommen zu lassen. Diese Tendenzen sind zwar schon im klassischen Recht wirksam, sie treten aber jetzt, unterstützt offenbar von hellenistischen Anschauungen,1 viel eindringlicher hervor. 2 Justinian vor allem sieht die wesentliche Funktion der dos darin, der Frau nach beendeter Ehe als Versorgungsgrundlage zu dienen. 8 Für diesen Zweck verstärkt er einerseits die Pflicht des Vaters, seiner Tochter eine dos zu bestellen;' andererseits schwächt er die Rechte des • CT 4, 6, 5 (397 West) schließt die filii naturales zugunsten des Fiskus aus. Eod. 6 (405) übernimmt die Regelung der c. 4 für den Osten. Die c. 7 (426) dagegen, bestätigt durch c. 8 (428 Ost), gestattet es, den filii naturales und ihrer Mutter (neben legitimi, s. INT 22, 1; RB 37, 4) bis zu einem Achtel zuzuwenden (neben der Eheschenkung); was darüber hinausgeht, fällt an die legitimen Erben. 10 Die Zulassung des Konkubinats mit freien Frauen in geringer sozialer Stellung ist wohl keine Neuerung Justinians, vgl. o. § 783 (gegen Solazzi), ebd.' (gegen Castelli u. a.), s. auch Wolff (o. A. 7) 94 m. weit. Hinw., anders Biondi 137. 11 Nov. 89, 12, 2 nennt die Mutter nicht. 11 Die der Mann nämlich nach Beendigung des Konkubinats geheiratet hat, vgl. o. A. 4. 1• Biondi 138 m. Lit. 1 Die bisher herrschende Lehre, die im griechischen und hellenistischen Recht das Eigentum an der Mitgift der Frau und dem Mann den bloßen Nießbrauch zuweist (statt aller Mitte i s, RR 237 ff.; Tau benschlag 1261.), ist zwar neuerdings

durch die Feststellungen Wo lffs zweifelhaft geworden, vgl. RE 23, 147 ff. zur ~pot~shv., ebd. 1681. zur cpepvlj.Ein hellemstischer Einfiuß auf die spätrömische Entwicklung bleibt damit gleichwohl vereinbar. Schon die spätklassischen Kaiser wehren volksrechtliche Vorstellungen von einem Dotaleigentum der Frau, die vielleicht vulgären Rechtsanschauungen entspringen (Wolff 1471.), wiederholt ab, vgl. Alex. C. 5, 12, 3; Diocl. eod. 11; 12; 17 f.; 22-24; Mit t eis 242 f. Zu den byzant. Papyri s. Partsch, Nachgel. Sehr. (1931 ex 1915) 344f.; Taubenschlag 128. 1 Zum Verhältnis zwischen dos und Eheschenkung s. u. § 224 II, 111, zu den Ansätzen einer Gütergemeinschaft § 22440 • 8 Christliche Motive sucht dafür Biondi II 218 f.; vgl. auch Maschi, Concezione naturalistica {1937) 314 ff.; Humanitas 91 ff.(= ATri. 18 (1948] 351 ff.). ' Unt. II. - Die von dritter Seite bestellte dos wird nunmehr als Schenkung aufgefaßt, s. Archi, St. Albertario II 262 ff. Vgl. C. 5, 12, 31 pr.-2 (530); 5,13, 1, 13b (530) u. a.

128

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Mannes an der dos zu einem bloß formalen Eigentum ab, 6 dessen Inhalt über einen Nießbrauch kaum hinausreicht. Überdies stattet er die Frau mit neuen Ansprüchen, Sicherungen und Privilegien aus, die sie vor dem Verlust der dos und damit vor der Armut bewahren sollen.• II. Die sittliche Pflicht zur Dotierung verdichtet sich unter Justinian 7 zu einer Rechtspflicht. 8 Sie besteht für den paterfamilias der Frau,• überhaupt für den Vater, auch wenn er die patria potestas nicht hat, 10 ausnahmsweise auch für die Mutter. 11 Nach C. 5, 11, 7 (530) hat der Vater, wenn in den Dotalurkunden nichts anderes vereinbart ist, die dos (und die Eheschenkung) aus seinem eigenen Vermögen zu geben, nicht aus dem Kindesvermögen, an dem er den gesetzlichen Nießbrauch hat. Ist vereinbart, daß er sie aus beiden Vermögen {ohne nähere Abgrenzung) bestelle, soll der bedürftige Vater sie aus dem Kindesvermögen, der wohlhabende aus dem eigenen nehmen. Heiratet die Tochter ein zweites Mal, hat ihr der Vater nach Nov. 97, 5 {539) die zweite dos in gleicher Höhe zu bestellen wie die erste, sofern sich sein Vermögen nicht inzwischen ohne seine Schuld vermindert hat.

III. Bei der Bestellung der dos11 ist wie bisher zwischen ihrem Versprechen für die Zukunft und ihrer Hingabe zu unterscheiden. Für das Dotalversprechen wird die Errichtung von Urkunden (instru18 menta dotalia) über den Inhalt, die Gewährung und das weitere rechtliche Schicksal der dos so allgemein üblich, daß diese Urkunden allmählich als ein schlüssiges Anzeichen für den Willen zur Eheschließung angesehen C. 5, 12, 30 pr. {529) res (dotales) et ab initio uxoris f uerant et naturaliter in eius permanserunt dominio. non enim quod legum subtilitate transitus earum in mariti patrimonium yidetur f ieri, ideo rei yeritas deleta yel confusa est; vgl. auch eod. § 1; Nov. 22, 20, 1 (536); aber kein •geteiltes Eigentum•, L ev y I 81 ff. Dagegen ist PS 4, 1, 1 proprium recipere Yidetur {für die Zeit der beendeten Ehe und untechnisch gesagt) nicht bedenk.lieh, vgl. Albertari o I 374. Im übrigen s. o. § 80 I, insbes. die Lit. A. 4, auch Pringsheim, LQR 59 (1943) 244 ff. Zu den Papyri Taubenschlag 128. • Mit dem Verlust der dos bestraft wird die Frau bei Justinian nur noch selten; etwa nach Nov. 117, 13 (542), wenn sie ins Kloster verbannt wird (o. § 219 II 1 ). 7 Klassische Vorläufer: Marci. D. 23, 2, 19, dazu o. § 74 7 , § 80u. Vgl. auch die 'leges• in C. 5, 11, 7, 2 (531). 8 Lit. o. § 801&, vgl. Bonfante I 297 ff.; weitere bei Sachers, RE 22, 1126 (Potestas patria); Orestano, Bull. 55/56 (1952) 277 1028 • Den Anspruch auf Dotierung hat die Frau, nicht der Mann. Nicht verpflichtet ist folgerichtig die Frau selbst; lul. D. 12, 6, 32, 2 handelt auch im unechten Teil nur von ihrer sittlichen Pflicht, 1

F. Schwarz, Grundlage der condictio (1952) 104. Ebendies gilt auch von den vollbürtigen Geschwistern (Gegenschluß aus Paul. D. 26, 7, 12, 3). • D. 23, 2, 19; 37, 6, 6 (überarb.). 10 C. 5, 11, 7, 2 (531); Nov. 97, 5 (539). Zu 'dos profecticia• o. § 8011• Daß sie auch die dos umfaßt, die der Vater seiner emanzipierten Tochter bestellt, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß Justinian als 'extraneus' jeden Besteller bezeichnet, der die Tochter nicht in seiner Hausgewalt hat, C. 5, 12, 31, 3 (530); 5, 13, 1, 13/13c (530). Zu 'extraneus• s. auch u. A. 17; § 22311 • 11 Diocl. C. 5, 12, 14 [nisi - causa] itp., Bonfante I 302 u. a. - Nicht rechtgläubige Eltern müssen die rechtgläubige Tochter dotieren, C. 1, 5, 19, 3 (529). 11 Als Höchstmaß scheinen 100 librae Gold üblich gewesen zu sein; Nov. 22, 18 (536); Zachariä, SZ 13 (1892) 14 f. Zu älteren Höchstbegrenzungen vgl. K. Ay it er, Ann. Ist. 4/5 (1954) 204 ff. 13 Kühler, RE 4 A, 1949 ff. (Tabulae nuptiales); Castello, SD 4 (1938) 208 ff.; Orestano, Bull. 55/56 {1952) 271 ff.; 328 ff.; 336 ff., s. auch o. § 21s•. Zu Tabl. Albertini (o. § 195H) nr.1 s. Pezzana, AG 144 (1953) 55 ff.

§ 222. Die dos. Wesen

und Bestellung

129

werden (o. § 218 1). Die Dotalurkunden treten an die Stelle der klassischen Formalakte stipulatio 1' und dotis dictio. 16 Der allgemeinen Lockerung des Formalismus entsprechend, verwandeln sich diese Akte in eine schriftliche Zusage, die nicht mehr an bestimmte Stichworte gebunden ist. 16 Justinian 17 beseitigt dann die dotis dictio endgültig aus den Quellen18 und begnügt sich mit einem schriftlichen oder auch mündlichen Versprechen. 18 Bei der Hingabe der dos fließt im Vulgarrecht das kausale Geschäft der Dosbestellung mit der Übereignung zusammen (u. § 242 III 3). Dazu bedarf es der körperlichen Übergabe der Dotalsachen, aber keiner weiteren Form. 20 Erst J ustinian trennt wieder die Dotierung als causa von der traditio als Übertragung des Eigentums; doch verlangt auch er dafür weder eine Beurkundung noch eine Registrierung. 21 Die Haftung des Bestellers für Eviktion, die das klassische Recht wohl nur aus Dotalversprechen, nicht aus sofortiger Hingabe gewährt hat, wird von Justinian auf alle Arten der Dosbestellungerweitert, C. 5, 13, 1, 1 b (530).11 Er gewährt außerdem (ebd.) an allen Arten der dos dem, der sie bekommen soll, eine Generalhypothek am Vermögen des Bestellers für die Leistung der dos und für die Eviktionshaftung. Werden die Dotalgegenstände nicht sofort übergeben, erhält der Empfänger, wenn seit der Eheschließung zwei Jahre verstrichen sind, von nutzbaren Grundstücken und Rechten die Nutzungen, von Geld Zinsen in Höhe von 4% jährlich, ebenso von der Schätzsumme bei •res aestimatae• (o. § 81 geg. E.), schließlich von sonstigen Sachen alles, was dem Kläger nach der Litiskontestation gebührt, C. 5, 12, 31, 5-8 (530). - Ist der Empfänger der dos ein Haussohn, so fällt die von der Mutterseite bestellte dos nicht in die Gewalt (nach IT das •dominium•) seines paterfamilias, CT 8, 19, 1 (426) = C. 6, 61, 1; RB 22, 2.

IV. Das Verbot der Veräußerung von Dotalgrundstücken nach der lex lulia (o. § 80 I) wird von Justinian erweitert. Die Anwendung auf Provinzialgrundstücke, die offenbar zweifelhaft geblieben war (vgl. auch schol. Sin. 8 f.), wird ausdrücklich festgesetzt, C. 5, 13, 1, 15a (530). Darüber hinaus wird eine angebliche Bestimmung der lex Julia, die die Verpfändung der DotalVgl. Riccobono, SZ 34 {1913) 175ff. Sie wird noch in GE 2, 9, 3; CT 3, 12, 3 (396) und 3, 13, 4 (428) (nicht in IT und CT 3, 13, 3 [422]) erwähnt, obwohl sie damals längst außer Übung war; Archi 73f.; 402ff. m. Lit.; Scr. Ferrini Pav. 682 ff.; Conrat, Gaius 70 ff.; Paulus 114 ff. 11 CT 3, 13, 4 + 3, 7, 3 (428); IT 3, 7, 3; schol. ad vat. 113; vgl. Levy I 170; II 38f.; Archi (A.15); etwas anders Riccobono 176; ACI Roma I 333 f.; Collinet, tt. I 291 ff.; s. auch Cosentini, St. De Francisci III 518 ff. 17 Zur Verurteilung des Versprechenden •in id quod facere potest• s. o. § 11311 m. Lit.; die Erstreckung auf extranei (außer der Frau und ihrem Gewalthaber) ist wohl unecht, D. 23, 3, 33; 84; 42, 1, 41 pr., alle itp. - Zu unbestimmten Dosbestellungen o. § 8011• H

11

9 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

18 Vgl. die itp. Fassungen in C. 5, 5, 6, 2 (aus CT 3, 12, 3) und 5, 11, 6 (aus CT 3, 13, 4) sowie zahlreiche itp. Stellen (Lit. o. § 8019 ), die das 'dicere' durch 'promittere, polliceri• usw. ersetzen. 11 C. 5, 11, 6 cit. itp.; 5, 13, 1, 1d (530). Das gemeine Recht spricht hier von einem 'pactum legitimum'. 10 Levy I 1701. Die Übergabe wird durch das Dotalinstrument nicht ersetzt (anders Riccobono 176). Einreichung zu den Akten war auch bei Grundstücken nicht vorgeschrieben. 11 C. 5, 12, 31 pr./1 (530); 5, 13, 1, 1 d (530). Eine Registrierung kommt erst in der späten östlichen Praxis auf, vgl. Ed. praef. praet. 2 (=Nov. 167); Levy 171. 11 Zur Frage Bonfante I 314 ff., der D. 23, 3, 34 (i. f. unecht) und vat. 269 für zwei Fassungen desselben Urtexts hält.

130

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

grundstücke sogar mit Zustimmung der Frau untersagt habe (eod. § 15), dahin ausgedehnt, daß der Mann diese Grundstücke auch mit Zustimmung der Frau weder wirksam veräußern noch verpfänden könne, eod. § 15b; Inst. 2, 8 pr. 18 Die Nov. 61, 1/3 (537) mildert dies; die Veräußerung oder Verpfändung soll gültig sein, wenn die Frau ihre Zustimmung nach zwei Jahren wiederholt hat, sofern das Vermögen des Mannes eine ausreichende Sicherheit bietet. H

§ 223. Die Herausgabe der dos nach beendeter Ehe

1. Völlig neu gestaltet wird das Schicksal der dos nach Auflösung der Ehe. 1 Hier tritt jetzt deutlich die Zweckbestimmung hervor, die dos der Frau für ihre Versorgung zuzuwenden. Ist die Frau verstorben oder trägt sie die Schuld an der Scheidung, dann soll die dos, wenn Kinder da sind, in deren 'Eigentum> fallen, der Mann soll, ähnlich der Regelung für die 'bona materna> (u. § 229 IV), eine bloße 'Nutzgewalt> (ususfructus) erhalten, die Justinian als (qualifizierten) Nießbrauch versteht. Auf diese Entwicklung hat offenbar die im Osten verbreitete Anschauung eingewirkt, die der Frau das Eigentum an der dos zuweist und den Mann auf eine bloße Nutzgewalt beschränkt. 2 Für die oströmische Regelung besitzen wir neben CT und CI die Berichte über Gesetze des Theodosius II. und des Leo, die im syr.-röm. Rechtsbuch enthalten sind ;1 doch bleibt zu erwägen, ob und inwieweit diese Berichte das Reichsrecht durch Einsprengungen aus östlichem Volksrecht verfälschen. Die (echten) Gesetze des Theodosius (CT und NT) sind auch in den Westen übernommen, daselbst aber teilweise modifiziert worden. Im ganzen ergibt sich das folgende Schema:

a) Wird die Ehe durch den Tod des Mannes aufgelöst, fällt die dos im Westen wie im Osten an die Frau.• b) Wird die Ehe durch den Tod der Frau aufgelöst, bleibt die dos dem Mann ;5 sind Kinder da, erhält der Mann die erwähnte 'Nutzgewalt>, und die 11 Zur weiteren Entwicklung im Mittelalter vgl. Boye, RH 3 (1924) 473 rr. "Näheres bei Bonfante 329 ff. Vgl. Noailles, L'inalienabilite dotale et la Novelle 61 (o. § 8011), dazu Pringsheim, sz 44 (1924) 551 ff. 1 Lit. o. § 801 ; § 81'; Übersicht bei Bonfante I 347 rr. - Zu den Dotalfrüchten vgl. IP 2, 23, 1 (zu PS 2, 22, 1), dazu Conrat, Paulus 116 rr. 1 Näheres o. § 2221 • Vgl. Tripiccione, L'actio rei uxoriae e l'actio ex stipulatu nella restituzione della dote secondo il diritto di Giustiniano (1920). 8 Vgl. zu Theodosius SRR L 29 und insbes. Ar. 44, zu Leo L 29 und 92 (jeweils m. weit. Parallelen); s. eingehend Mi tteis, RR 248 ff.; auch Partsch, SZ 30 (1909) 380 rr.

'Vgl. einerseits CT 3, 13, 3 pr. (422 West) = C. 5, 18, 11, andererseits SRR L 92. - Heiratet sie wieder, so werden die Kinder Eigentümer, und sie behält nur die Nutzgewalt (possessio, fructus), CT 3, 8, 2 (382 Ost) = C. 5, 9, 3; s. o. § 220. Nach Brandileone I 139 r. soll das (bis NT 14, 3 [439]) nicht gegolten haben, wenn das als Eheschenkung Empfangene als dos bestellt worden war; zweifelhaft. Zur •dos profecticia• s. u. A. 9. 1 Kraft Rechtssatzes, nicht erst kraft eines 'pactum de lucranda dote•; vgl. Brandileone I 162 ff.; Vaccari 83 ff.= Per il XIV centenario della codif. giust. (1934) 255 rr., s. auch Anne (o. § 2161) 277. Doch waren Abreden dieser Art, vor allem für den Fall, daß die Ehe kinderlos bleibt, üblich; vgl. o. § 2209 , u. § 22438 •

§ 223. Die Herausgabe

der dos nach beendeter

Ehe

131

Kinder bekommen das sonstige Eigentum.• Auch darin stimmen offenbar Westen 7 und Osten8 überein. Doch bestimmt später NV 35, 9 (452) für den Westen, daß der Mann (wenn kein(: Kinder da sind, s. § 8) die Hälrte der dos den Eltern der Frau herausgeben muß; abweichende Vereinbarungen sind zulässig. - Für den Osten soll, dem SRR zufolge,Theodosius weiteres angeordnet haben: Sind die Kinder vorverstorben, behält der Mann für jedes Kind ein Sechstel bis zur Hälfte, der Rest kommt dem Vater der Frau zu. Sind nie Kinder dagewesen, erhält der Mann einen nach der Dauer der Ehe abgestuften Teil der dos, den Rest wieder der Vater.• Doch weiß NT 14 (439) von diesen Einzelheiten nichts; darf man dem SRR Glauben schenken, so müßten sie jedenfalls durch NT 14 aufgehoben worden sein. Leo soll (nach dem SRR) dem Mann beim Tod der Frau die halbe dos gegeben haben, die andere Hälfte dem Vater der Frau; wenn er nicht mehr lebt, ihren Erben. 10 Diese Regelung ist der von NV 35, 9 cit. immerhin ähnlich.

c) Bei unberechtigter Scheidung Ehegatten verwirkt. 11

gilt die dos als zugunsten des anderen

Aus C. 5, 17, 8 §§ 4, 5, 7 (449, o. § 219 II 1) folgt, daß jeder schuldige Teil die dos an den schuldlosen verliert; wenn Kinder da sind, offenbar so, daß bei Schuldlosigkeit des Mannes dieser die 'Nutzgewalt• erhält, und die Kinder das übrige Eigentum. 11 Auch nach Leo (SRR L 92) soll die sich grundlos scheidende Frau die dos verlieren.

II. J ustinians ausführliche Neugestaltung verfolgt vornehmlich das Ziel, die dos nach Auflösung der Ehe der Frau zu erhalten, um zu verhüten, daß die 'infelix mulier indotata' 18 in Not gerät und der Öffentlichkeit zur Last fällt. Daneben tritt späterhin auch der Zweck hervor, die dos den Kindern zu erhalten. • Levy I 35. Ungenau Boeth. ad Cic. top. 4, 19 quod ex dote conquiriturliberorum est. Mit dieser Regelung ist vereinbar, daß die dos, wenn der Mann ein Haussohn ist, nicht in die Gewalt seines paterfamilias fallen soll, CT 8, 19, 1 (426) = C. 6, 61, 1 (o. § 222 III a. E.), vgl. auch Leo eod. 4 (472); - und daß die dos, wenn der Mann als Haussohn stirbt und Kinder hinterläßt, nicht 'iure peculii' an seinen paterfamilias, sondern 'iure hereditatis' an die Kinder fällt, NT 14, 8 (439) = C. 6, 61, 3 pr., s. auch § 1. 'CT 3,13, 3, 1 (422) = C. 5, 19, 1 (dazu Solazzi, SD 13/14 (1947/48] 211 f.) spricht von 'proprietas• der Kinder und Unveräußerlichkeit durch den Mann, IT von 'ususfructus' des Mannes. - Zu NV 35, 10 (452) vgl. Vaccari 84 ff. (256 ff.) gegen Brunner, Abh. z. Rechtsgesch. II (1931 ex 1894) 97 f. 8 NT 14, 3 f. (439); nach INT soll diese Regelung nicht nur für den Fall der Wiederverheiratung gelten. Nach SRR (o. A. 3) gibt Theodosius die dos dem Mann 'für die Kinder'; auch damit ist offenbar die erwähnte funktionelle Eigentumsteilung gemeint. • Nach dieser Regelung scheint es nicht darauf anzukommen, ob die dos (als

profecticia) vom Vater der Frau stammt oder nicht. Nach C. 6, 61, 2 (428) fällt aber eine dos profecticia nach dem Tod des Mannes, wenn die Frau unter patria potestas steht, in die Gewalt des Vaters der Frau. Anders allerdings im Westen, wo der Unterschied zwischen dos profecticia und adventicia später gegenstandslos wird, vgl. Vaccari 86 ff. (258f.). 10 Dazu Partsch 382 f. 11 CT 3, 16, 1 (331); 2 (421 West). Vgl. o. § 219 II 1. Zur Wiederverheiratung o. § 220. 12 Anders ET 54; vgl. zu alldem o. § 21923 • - Aus SRR L 29 und R II 44 folgern Mitteis 249; 308 und Partsch, SZ 28 (1907) 4374 , Theodosius habe die dos im Scheidungsfall immer an die Frau fallen lassen, auch wenn sie schuldig war. Ja, Partsch erwägt deshalb sogar ltp. in C. 5, 17, 8; doch liegt es näher anzunehmen, daß das SRR entweder undeutlich ist oder dem Theodosius eine in hellenistischem Sinn (s.o. § 2221 ) verfälschte Regelung zuschreibt. - Zu Andeutungen eines Retentionsrechts wegen der Schuld der Frau (o. § 81 III 1 b) im SRR vgl. Partsch 426. S. auch NT 14, 4 (439). 1:1 C. 5, 12, 31 pr. (530).

132

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

1. Beim Tod des Mannes

oder einer nicht von der Frau verschuldeten kommt die dos der Frau zu.16 Beim Tod der gewaltfreien Frau fällt sie an ihre Erben; 18 nach Novellenrecht wird sie Eigentum der Kinder, aber unter dem des Mannes. 17 Der Mann behält die dos nur, wenn die Frau die Scheidung verschuldet hat oder sich grundlos von ihm scheidet; 18 außerdem, wenn es so vereinbart ist."' Der paterfamilias der Frau soll nach ihrem Tod die von ihm bestellte dos (pror ecticia) zurückbekommen. 20 Ein extraneus, 21 der sie bestellt hat, erhält sie nur dann zurück, wenn er sich das durch stipulatio oder pactum ausdrücklich vorbehalten hat. 22 2. Für die Rückforderung der dos ersetzt J ustinian die actio rei uxoriae durch ein hybrides Gebilde, eine actio ex stipulatu, 23 die aber nicht den Abschluß der Stipulation voraussetzt, sondern auf der bloßen Unterstellung ihres Abschlusses beruht.H Diese actio ist auch nicht mit der Strenge behaftet, die der Stipulationsklage im klassischen und anderwärts auch im justinianischen Recht eigentümlich ist; vielmehr stattet sie Justinian mit dem weiten Inhalt der actio rei uxoriae, ja darüber hinaus allgemein mit den Vorzügen eines aus. 2o Die Bezeichnung als wird freilich außerhalb des einführenden Gesetzes kaum gebraucht; in den Digesten tritt an die Stelle der actio rei uxoriae allenthalben eine oder vgl. Bonfante 385; Volterra, Dir. rom. e dir. or. {1937) 249; Vismara 399; Anne 3151 • Ober Bevorzugung einzelner Kinder nach westgotischen und langobardischen Gesetzen vgl. Mer~a 36; Ferrari II 73 ff. pass. 1t Zu NMai. 6, 8 und NSev. 1 vgl. Caes (o. § 2207 m. weit. Hinw.); Vaccari

63 ff.(= StPav. 21 [1936] 85 ff.). Für ihren 'ususfructus> braucht die Frau keine Sicherheit zu leisten, NSev. 1, 1. - Nach INT 14 Z. 83 ff. soll aller Erwerb des einen Ehegatten vom anderen, und zwar an allen Gegenständen und aus jeglichem Titel, an die Kinder fallen, der Ehegatte nur den 'ususfructus> erhalten; dazu Levy I 3591 ; 41118 • ao Dazu Anne 382 ff. 11 Die ganze Eheschenkung auch nach Leo, vgl. SRR L 92; R III 92, dazu Partsch, SZ 30 (1909) 381 f. (von irriger Lesung geht noch Mitteis, RR 2521 ; 309 f. aus; nach Anne 335 rr. soll sie die halbe Eheschenkung bei Kinderlosigkeit behalten, Arm. 48 u. a.). Leo gibt der Frau die donatio wohl auch dann, wenn es nicht vereinbart ist; doch wird eine Abrede, daß sie sie behalten soll, vor allem für den Fall, daß die Ehe kinderlos bleibt (vgl. auch o. § 2208 ), eine typische Klausel der Vertragsurkunden gebildet haben (sog. •ractum de lucranda donatione'). Darau bezieht sich vermutlich C. 5, 14, 9 (468). Vgl. Brandileone I 160 ff.; Anne 276 ff.; 280 U.; 334 f. m. Lit. (291 f.: keine gleichartigen Abreden im Westen).

138

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

c) Wird die Ehe geschieden, so verwirkt der schuldige Teil die Eheschenkung (wie die dos) zugunsten des anderen Teils.82 Bei Schuldlosigkeit der Frau bekommt sie, wenn Kinder da sind, die und 'pietas> (o. § 197), besonders die Pflicht der Kinder zu honor, obsequium und reverentia, nun auch als Rechtspflichten aufgefaßt werden." Diese Bindungen entfalten sich in vielen Einzelbestimmungen, zu denen neue hinzutreten. Der Vater hat das Vermögen des minderjährigen Kindes sorgfältig zu verwalten, CT 9, 43, 1, 2 (321) = C. 9, 51, 13, 2/2a. Die Befugnisse des Vaters sind, abgesehen von den unter II betrachteten Verboten, durch weitere Schutzbestimmungen eingeschränkt: Er darf die Tochter nicht der Prostitution preisgeben (u. § 2281•). Eltern dürfen die Tochter nicht zum Eintritt ins Kloster zwingen, 16 aber die Kinder auch nicht zum Ausscheiden aus dem Kloster oder aus dem Priesterstand. 11 Umgekehrt braucht der Vater für den ususfructus an den bona materna (u. § 22916) dem Kind nicht die cautio usufructuaria zu leisten, C. 6, 61, 8, 4d (531). Unehrerbietiges Verhalten der Kinder rechtfertigt allenfalls den Widerruf der Emanzipation (u. § 22818 ) oder der Schenkung (u. § 265 III) oder die Enterbung (u. § 290 I 3).

Die Unterhaltspflicht unter Verwandten in auf- und absteigender 87 Linie wird, wohl ebenfalls unter christlichem Einfluß, erweitert. 88 Auch die 19 Zur späteren westlichen Praxis s. die Lit. bei Sachers 1100. CE 299 und LV 4, 4, 12 verbieten den Kinderverkauf, vgl. Levy (o. A. 23); Mer~a 4; doch lassen ihn spätere römisch beeinriußte Quellen - mit Lösungsbefugnis - wieder zu; Näheres bei Mayer-Maly 144 ff. 8 ° C. 4, 43, 2 (ex CT 5, 10, 1 itp., o. § 21019). 81 Inst. 4, 8, 7. Näheres u. § 271 III. 81 Dazu auch u. § 2271 • 81 Ob. § 84 I. Übersicht bei Sachers 1130 ff. u Kaser, SZ 58 {1938) 113 ff.; Biondi III 40 ff. » Näheres NMai. 6pr.-2 (458). 11 Namentlich nicht durch Vorenthaltung des Pflichtteils, Iust. C. 1, 3, 54, 5. 17 Ober Unterhaltspflichten unter Seitenverwandten s. Albertario I 265 f. (zu D. 25, 3, 5, 2 itp.); über solche unter familienfremden Erbberechtigten ebd. 272 ff.; unter Ehegatten o. § 21829 • Allgemein zu Unterhaltspflichten außerhalb der Familie B iondi 296 f.; nach den Papyri Wenger,

to HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

Qu. 828 ff. Öffentliche Kinderfürsorge in CT 11, 27, 1 (315? 329 ?) ; 2 (322). 88 Lit. o. § 8441, dazu Sachers 1120 ff.; Fschr. Schulz I 360 ff.; Biondi III 290ff.; auch Albertario I 278 f. Zur Patristik Roberti, Mise. Vermeersch II (1935) 25 ff. Vgl. C. 6, 61, 8, 4d (531). Die Pflicht besteht auch gegenüber Kindern aus blutschänderischen Ehen, Nov. 12, 2 (535); aufgehoben in Nov. 89, 15 (539). Eine Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kind lehnt Ulp. D. 25, 3, 5, 6 noch ab (anders Albertario I 263 ff. wegen eod. 5, 1; aber pel ex alia causa sui iuris constitutos meint Fälle wie u. § 228 II). Dagegen gewährt Nov. 89, 12, 6; 13 (539) dem Konkubinenkind einen solchen Anspruch gegenüber dem Vater und sogar gegenüber dessen ehelichen Kindern (u. § 230 1). - Ist die Ehe der Eltern geschieden, sind die Kinder vom schuldlosen Teil aufzuziehen, bei Mittellosigkeit des schuldlosen Vaters von der Mutter, Nov. 117, 7 (542); Papyri bei Taubenschlag 124.

146

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Erziehung der Kinder wird als Gegenstand einer Rechtspflicht auf gefaßt st und für die Fälle der Scheidung der elterlichen Ehe 40 und der Wiederverheiratung der Mutter 41 geregelt. § 227. Eheliche Abstammung. Adoption

Die Tatbestände, die das Kindschaftsverhältnis und die patria potestas herbeiführen, sind wie bisher die eheliche Abstammung und die Adoption ;1 doch wandelt sich ihre Bedeutung. I. Mit dem Verblassen der patria potestas sieht man bei der ehe 1ich e n Abstammung gewiß nach wie vor auf die Familiengewalt, die mit der Geburt begründet wird, daneben aber stärker als bisher auch auf die Stellung, die das ehelich geborene Kind als nächster Blutsverwandter seiner Eltern erhält. Diese eheliche Kindschaft setzt wie bisher voraus, daß das Kind in gültiger Ehe vom Ehemann erzeugt ist. 1 Auf Feststellung der Ehelichkeit des Kindes kann geklagt werden. 3 II. Auch die Adoption' soll gewiß die patria potestas herstellen, aber überhaupt ein Kindschaftsverhältnis begründen, das der natürlichen Abstammung nachgestaltet ist. Der Satz 'adoptio naturam imitatur> kann bereits klassisch sein, 6 er bezweckt aber nur eine unverbindliche Motivierung für bestimmte Rechtssätze: Der Adoptierende muß •• Zum klassischen Kaiserrecht o. § 83 I a. E. Übersicht bei Sachers 1126 ff. '° Zuweisung an einen Elternteil schon nach Diocl. C. 5, 24, 1. u Sie verwirkt damit das Erziehungsrecht, Nov. 22, 38 (536). 1 Die Sonderbestimmungen über den Erwerb der Vatersgewalt mit dem des Bürgerrechts (o. § 82 I 2, vgl. auch § 66 I 1) sind schon mit der Ausgleichung der bürgerrechtlichen Unterschiede weggefallen. 1 Zur Beurteilung der für den status des Kindes maßgebenden Umstände nach der Zeit der Geburt- im Interesse des Kindes s. o. § 206 III. - Zum klassischen Recht zuletzt Solazzi, Iura 7 (1956) 131 ff. a Näheres o. § 82 I 1. Für das klassische praeiudicium auf Feststellung der Vaterschaft behauptet jetzt Marrone, APal. 24 (1955) 380 ff. eine Fassung 'an filius sit' (gegen Lenel, EP 3117) und Urteilswirkung nur zwischen den Parteien; beides ist mir zweifelhaft. Ebenso ist mir fraglich, ob wirklich die Kompilatoren eine Verschmelzung dieses praeiudicium mit dem Kognitionsverfahren ex SCtis. angestrebt haben {Lenel 311'), oder ob nur unüberlegte Textverfälschungen vorliegen; die Frage bedarf erneuter Prüfung. - Im westlichen Vulgarrecht ist für die Schwangerschaftsanzeige der geschiedenen Frau, bei deren

Unterlassung der Mann dem Kind den Unterhalt verweigern darf, die Frist von 30 Tagen gestrichen {IP 2, 25, 5 gegen PS 2, 24, 5). Die Entsendung der custodes durch den Mann, dem die Schwangerschaft angezeigt worden ist, wird (ebd.) zusammengeworfen mit der 'inspectio ventris', die im klassischen Recht nur nach dem Tod des Mannes vorgesehen war (Edikt D. 25, 4, 1, 10). Dabei treten an die Stelle der 5 'mulieres liberae' (§ 10 cit.) 5 Hebammen (Ärztinnen), PS 2, 24, 8; IP 2, 25, 8. Haben sie die Schwangerschaft festgestellt, dann muß der Mann (oder sein Vater) die Geburt eines suus heres anerkennen (IP 2, 25, 5); offenbar folgert man die Anerkennung der Vaterschaft schon aus der Entsendung der custodes {anders noch Ulp. D. 25, 3, 1, 11). Vgl. Conrat, Paulus 108 ff. ' Lit. o. § 8215 ; Bonfan te I 23 rr.;27 ff.; Perozzi I 448 ff.; Biondi III 59 ff. Nach ihm hat die Kirche die Adoption als Akt der Nächstenliebe begünstigt. - Vgl. Pitzorno, L'adozione privata {1914) 15 ff. pass. {ebd. 39 ff.; 47 ff. die kirchliche Lehre, 51 ff. die germanischen Rechte und insbes. 101 ff. das Westgotenrecht). 6 Inst. 1, 11, 4 (s. auch Theoph. 1, 11 pr.); Iav. D. 1, 7, 16; anders, für Itp., Bonfante 28 ff.; G. Longo, Dir. rom., Dir. di famiglia 2 (1953) 172 f.; Arch i 149 (zu

§ 227. Eheliche

Abstammung.

Adoption

um eine •plena pubertas•, d. h. bei Justinian 18 Jahre, älter sein als der Adoptierte.• Obwohl die Adoption vornehmlich Kinderlosen zugute kommen soll,7 wird sie nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Adoptierende schon Kinder hat. Zeugungsunfähige (spadones} können adoptieren, nach Justinian aber nicht Kastraten. 8 Streng verboten wird die Adoption (Arrogation) von Kindern aus einem Konkubinat zwischen Würdenträgern und Frauen in verächtlicher Stellung.• In den sonstigen Fällen wird die Arrogation der eigenen Konkubinenkinder von Anastasius zugelassen, C. 5, 27, 6, 1 (517). Justinus dagegen verbietet sie wieder: Der Mann soll die Konkubine heiraten und dadurch die Kinder legitimieren, vgl. eod. 7 (519).10

Mit dem Zurücktreten des Gegensatzes zwischen Gewaltfreien und Gewaltunterworf enen, besonders mit der zunehmenden Vermögensfähigkeit der Hauskinder, verliert auch der Unterschied zwischen adrogatio und adoptio an Bedeutung, besonders im Westen; 11 doch bleibt er der Sache nach bis in die Spätzeit erhalten. 1. Bei der adrogatio wird die Form 12 nun auch in Rom von der , die Diokletian für die Provinzen eingeführt hatte, verdrängt. 18 Ob sich daneben in den westlichen Provinzen noch eine andere Form, ähnlich der adoptio, herausgebildet hat, 1' ist nicht zu entscheiden. Die Lockerungen in den Erfordernissen aus der klassischen Zeit 15 werden beibehalten. 18 GE 1, 5 pr.); 151; doch s. auch Biondi, Ist.• (1956) 54317 ; III 66 f.; christliche Quellen ebd. 61. •Inst.eil.; D. 1, 7, 40, 1 i. f. itp. (lnd.). 7 Theoph. cit. Schon bisher galt, daß auch der Unverheiratete adoptieren kann, Ulp. 8, 6; daß in die Stellung eines Enkels auch adoptieren kann, wer keine Kinder hat, Inst. 1, 11, 5 f.; Paul. D. 1, 7, 37 pr. Wer dagegen schon einmal adoptiert worden ist, kann von derselben Person (nach Emanzipation oder datio in adoptionem) nicht noch einmal adoptiert werden, Paul. eod. 37, 1. Unzulässig bleibt die Adoption auf Zeit, Lab.-Paul. eod. 34. • Inst, 1, 11, 9 i. f. itp. gegen Gai.1, 103; GE 1, 5, 3. Vgl. Archi 160 ff. gegen Chiazzese, APal. 16 (1931) 446 ff., s. auch Bonfante, AG 101 (1929) 6 ff. (o. § 2175 ). • CT 4, 6, 2 {336); 3 (336} = C. 5, 27, 1, dazu Biondi III 67 f.; aufgehoben in Nov. 89, 15 (539). Vgl. o. § 2213 • 10 Ebenso Justinian: Nov. 74, 3 (538}; 89 cap. 7 u. 11, 2 (539). S. auch die Lit. u. § 23019• 11 Die technischen Bezeichnungen geraten außer Anwendung. 'Adrogare (-atio)' im technischen Sinn ist dem CT und den vulgarrechtlichen Quellen völlig fremd bis auf GE 1, 5, 1 und PS 3, 6, 29, die sich an klassische Quellen anlehnen. Ebensolche Abhängigkeit gilt für 'adoptare (-tio)' in GA 10; GE 1, 5 und 2, 2, 1 sowie PS cit. Bezeichnend IT 5, 1, 2 adopti1Jum, id est gestis ante curiam adf iliatum. 11

Sie ist nach dem Ende der Klassik als-

bald verschollen, obwohl GA 10 und GE 2, 3, 3 (nur Gai inst. folgend; anders Conrat, Gaius 74 f.) sie noch nennen, Archi 155 ff. (in GE 1, 5 pr./1 wird sie verschwiegen); s. auch Cas telli, Scr. 189 ff. (SZ 49 [1929) 658 f.). 11 C. 8, 47, 2, 1; 6, beide itp., o. § 82" m. Lit. Inst. 1, 11, 1 kennt nur diese Form. Vgl. auch SRR L 52 (u. A. 22). Vernachlässigt ist die Form in P. Oxy. XVI 1895, dazu Arangio-Ruiz, Persone e famiglia {1930) 5 f.; Wenger, Qu. 816; Taubenschlag 15214 • 14 Dies erwägt Archi 445; 447. 15 Vgl. o. § 82 II 1. Zur Arrogation des libertus s. die Lit. o. § 8211 , dazu noch Biondi III 64 f. Nach Lavaggi, SD 12 (1946) 123 ff. wurde sie in nachklassischer Zeit verboten, auch Justinian habe nur die des eigenen libertus gestattet; abweichend Cosentini, ACat. 2 {1948) 235 ff. 11 Zur Arrogation von Unmündigen jetzt auch C. 5, 59, 5, 1/3 (531). Zu der von Frauen GE 1, 5, 2; C. 5, 27, 6, 1 (517);Malal. (o. § 22628 ) 16,401. Lit.: Cas telli 165 rr. (vgl. SZ 49 [1929] 658); Albertario V 202 f. (zu C. 8, 47, 8 itp. gegen Taubenschlag, RPR 268 = Op. I 161); Biondi 641• - Zu der durch Frauen GE eil.; Inst. 1, 11, 10; C. 8, 47, 5; Lit. o. § 8222 , vgl. auch Perozzi I 4508 ; ferner Albertario 203 f. (gegen TaubenschlagaO.); Biondi II 212. - Zu der der Konkubinenkinder vorhin. - Verboten bleibt die Arrogation durch den eigenen Tutor oder Kurator, damit er sich nicht dadurch der Pflicht zur Rechnungslegung entzieht; Ulp. D. 1, 7,

H8

Dritter

Teil.

Die nachkl assischen

Entwicklungen

Die Wirkungen der Arrogation werden mit der vermögensrechtlichen Verselbständigung der Hauskinder im Westen 17 wie im Osten stark abgeschwächt. J ustinian beläßt dem Arrogierten sein Vermögen, der Arrogierende erwirbt daran den bloßen ususfructus. 18 Aus den Schulden des Arrogierten kann der Arrogierende nur 'nomine filii>verklagt werden; will er den Arrogierten nicht defendieren, werden die Gläubiger in dessen Vermögen eingewiesen.19 2. Bei der adoptio Gewaltunterworfener spricht im Westen die sich selbst überlassene Praxis von einer Errichtung vor der curia 20 und läßt die Manzipationen und Manumissionen verwildern. 21 Aber auch in der östlichen Praxis verfällt offenbar die alte Form. 22 Justinian hebt sie endgültig auf und verlangt eine Erklärung des in Adoption gebenden Gewalthabers zu den Akten vor dem zuständigen Beamten in Gegenwart des zu Adoptierenden, der dem Akt mindestens stillschweigend zustimmen muß, sowie eine Erklärung des Adoptierenden. 18 Im Osten" bürgern sich nach einem auf orientalische Wurzeln zurückgehenden hellenistischen Vorbild schriftlich abgeschlossene Verträge mit schwächerer Wirkung ein,16 und zwar für die Annahme von Gewaltfreien 17 pr./1 (unechte Billigkeitsausnahmen in §§ 1, 4). - Auch die Aufzählung bei Bonfan te I 32f. gibt größtenteils schon den klassischen Rechtszustand wieder. 17 Gai. 3, 83 f. hat in GE keine Entsprechung, und auch die anderen westlichen Quellen sind unergiebig. 18 Inst. 3, 10, 2. Nach § 1 erlöschen nur noch die 'operarum obligatio• (Gai. 3, 83) und das 'ius adgnationis•, aber nicht mehr usus und ususfructus, C. 3, 33, 16 (530), u. § 24711 • 1• Inst. 3, 10, 3, dazu Desserteaux, NRH 36 (1912) 471 f.; Bonfante VI 33 f. '°Bei GE 2, 3, 3 noch •perpraetorem• nach Gai. 2,138 (anders Conrat, Gaius 73ff.). 11 IT 5, 1, 2 (o. A.11); Archi 157 ff.; vgl. auch 445 ff. zu Form. Visig. 34 (hier ist die mancipatio noch erwähnt). Die Manzipationen (und Manumissionen) werden in der entstellten Weise vollzogen worden sein wie bei der emancipatio, u. § 228 I. 11 C. 8, 47, 11 {530) erwähnt immerhin noch die wiederholten 'emancipationes• ( 1) und •manumissiones•. Den Papyri sind die römischen Formen völlig fremd; Tauben schlag, SZ 37 (1916) 211 rr.; Law 13519 ; vgl. auch SRR L 52 i. f.; ferner Collinet, Urkun:8t. 152 rr.,anders Steinwenter, denwesen (o. § 20018 ) 69 r. 13 C. 8,47,11 (530); Inst. 1,12,8; D. 1, 7, 5 i. f. itp. Die Zustimmung des zu Adoptierenden war bisher nicht erforderlich, vgl. noch C. 8, 47, 10 pr. i. f. (530), dazu Lavaggi, SD 12 (1946) 49 ff. Zu C. 8, 47, 4 itp. u. a. s. Riccobono, SZ 34 (1913) 229, vgl. auch Taubenschlag, RPR 2353 = Op. I 119 908 • Formungültige

Adoptionen konnten schon unter dem Prinzipat durch kaiserlichen Gnadenakt wirksam gemacht werden, Marcell., Ulp. D. 1, 7, 38 f. Adoption unter Abwesenden oder durch Vertreter ist (wie bisher) unzulässig, Ulp. eod. 24; 25, 1 ; zulässig aber die des infans, Mod. eod. 42. H Keine Adoption durch Testament ist nach richtiger Lesung aus SRR L 37 zu entnehmen;vgl.NallinolV471 f. =RAL (ser. 6) 1 (1925) 827 f. (gegen Mitteis, RR 339 rr.1. H Vgl. P. Lips. 28 ( = Mitteis, Chr. 363, 4. Jh.); P. Oxy. IX 1206 (335 n. C.) = FIRA III nr.16 (m. Lit.); Mitteis, Grdz. 274 f.; Wenger, Qu. 814 f., ferner insbes. Taubenschlag 135 f. m. weit. Hinw.; s. SZ 37,211 ff.; St. Bonfante I 408; JJP 7/8 {1954) 180 ff., hier auch Lit. zum altbabylon. Recht, vor allem David, Die Adoption im altbabyl. R. (1927), s. jetzt auch Driver-Miles (o. § 2248 ) 383 ff. Vgl. ferner SRR R II 100 (L 52); 103 (L 58), dazu Bergman, Beitr. z. röm. Adoptionsrecht (1912) 11 ff. (ebd. 7ff. pass.auch zu weiteren Wurzeln der just. Neuerung); - ferner D. 45, 1,132 pr. (überarb.), dazu Bergman 21 ff.; Peters, SZ 33 (1912) 583 ff.; Albertoni, L'apokeryxis (1923) 88 ff. (weit. Lit. im lnd.). - Orientalischen Ursprungs ist auch ein Verbrüderungsvertrag (sog. •adoptio in fratrem•), den Diocl. C. 6, 24, 7 zurückweist, s. auch SRR L 86; Cu q, Rev. d'Assyriol. 28 (1931) 51 ff.; Volterra, Bull.41 (1933) 289 rr.;N alli n o IV 585 ff.= St. Riccobono III 319 rr.und insbes. Koschaker ebd. 359 ff. mit weit. Hinw.; ferner Marongiu, St. Solmi II (1941) 259 ff.;

§ 228. Beendigung

der patria

potestas,

insbes.

emancipatio

149

wie von Hauskindern. Diese Verträge lassen keinen Wechsel in der Hausangehörigkeit eintreten und geben dem Adoptierten nicht die Stellung eines Hauskindes, sondern verpflichten nur den Übernehmer, das Kind aufzuziehen, sein Vermögen treu zu verwalten und ihm eine Erbberechtigung zu verschaffen. Dieses Verhältnis ist zwar volksrechtlich eine Adoption (uto-8-Emac), wurde aber von Rom nicht anerkannt ;18 gleichwohl hat es der justinianischen Regelung als Vorbild gedient. Justinian zieht aus der Abschwächung der Hausgewalt, aus der Beschränkung der Vatersgewalt am Kindesvermögen auf den bloßen Nießbrauch und aus der längst vollzogenen Umstellung der Erbfolge ab intestato und contra tabulas auf die Blutsverwandtschaft nun die Folgerungen. 27 Er läßt das Kind aus der angestammten Familie nur noch dann ausscheiden und in die des Adoptierenden übertreten, wenn der paterfamilias es einem Aszendenten (der Mutter, der Großmutter, nach Emanzipation des Vaters dem Großvater usw.) in Adoption gibt. 28 In allen übrigen Fällen bleibt das Kind in der angestammten Familie; die Adoption erschöpft ihre Wirkung darin, ihm zu den Rechten in seiner eigenen Familie hinzu ein Intestaterbrecht als suus heres nach dem Tod des Adoptierenden - nicht auch gegenüber seiner Familie - zu geben. 19 Ein unrömischer Sprachgebrauch unterscheidet hiernach zwischen 'adoptio plena> und 'minus plena>.ao § 228. Beendigung der patria potestas, insbes. emancipatio Das Freiwerden des Kindes von der patria potestas 1 ist 'capitis deminutio (minima)> (o. § 206 1); sie verliert aber mit dem Verblassen der Vatersgewalt an Bedeutung. 3 Micbaelides-Nuaros, HarmenopulosFschr. (1952) 251 ff. (Iura 4 [1953] 470 f.). • Das folgt aus den Warnungen bei Gord. C. 8, 47, 1; Diocl. eod. 4 Adoptio non tabulis, licet per tabellionem conficiendis ••• solet copulari (o. A. 23); 4, 19, 13 f. 17 C. 8,47,10 (530); Inst. 1,11,2; 3,1, 14; Mitteis, AfP 3 (1903-6) 173 ff.; Grdz. 274 f.; Peters 582 ff.; teilw. anders Bergman 3 ff. Das Gesetz (10 pr.) geht von einer Klassikerkontroverse darüber aus, ob der vom leiblichen Vater übergangene die querela inofficiosi testamenti geltend machen könne; dazu und zum folgenden Bergman 41 ff.; Bonfante I 34 f.; s. auch u. § 29040 • 18 C. 8, 47, 10, 1 a-c. Auch § 4 enthält nicht etwa den weiteren Fall, daß der Großvater bei Lebzeiten seines Sohnes den Enkel (einem beliebigen Gewaltfreien) in Adoption gegeben hat; Mon i er, St. Albertoni I 233 ff. Bei Emanzipation vom Adoptierenden leben die Rechte in der angestammten Familie wieder auf, § 1 c. 19 Eod. § 1 d-g. Über itp. Stellen im Zusammenhang mit dieser Reform s. Bergman 99 ff. 80 Die Beschränkungen der adoptio mi-

nus plena gelten nicht auch für die Arrogation, § 5. Doch führt Lavaggi (o. A. 23) 45 ff. aus, daß die Wirkungen der Arrogation denen der ad. minus pi. nahekamen, wenn ein filius emancipatus zu Lebzeiten des Vaters oder Großvaters arrogiert wurde. 1 Sie erlischt nach GE 1, 6 pr.-2, abgesehen vom Tod des Gewalthabers, auch durch Deportation oder Kriegsgefangenschaft, dazu Ar chi 105 ff.; 177 ff.; s. o. § 2061 , § 2081', § 2101 • Die weiteren Gründe im folgenden. - Zum Freiwerden von der Hausgewalt mit der Volljährigkeit nach hellenistischem Rechts. o. § 226'; im \Vesten findet sich das germanische Prinzip der Befreiung von der Vatersgewalt mit der wirtschaftlichen Verselbständigung in form. Visig. 34; Mer8a 17 ff.; 21. • Im Westen wie im Osten, De Dominicis, Ann. Ist. 4/5 {1954)221. - Justinian läßt mit der capitis deminutio minima nicht mehr erlöschen: den ususfructus und den usus, C. 3, 33, 16, 3 (530); Inst. 2, 4, 3; 3, 10, 1; s. auch D. 33, 2, 1 (alle itp.); die habitatio, D. 4, 5, 10; 7, 8, 10 pr. (beide itp. nach Perozzi I 7921, s. auch Grosso, Usufrutto• [1958] 501 ff.); die societas, D. 17, 2, 63, 10 und 65, 11 (beide itp., Ind.).

150

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

1. Dies gilt besonders von der emancipatio.

Entwicklungen 3

Die Verselbständigung der Hauskinder hat sich schon in der klassischen Zeit vorbereitet. Das peculium gab ihnen wirtschaftlich, das peculium castrense auch rechtlich eine beschränkte Vermögensfähigkeit. Außerdem hat der Prätor bei der Berufung zur Erbfolge ab intestato und contra tabulas den filius emancipatus mit den unter der Gewalt verbliebenen Kindern gleichgestellt. Als in der nachklassischen Zeit die Vermögensfähigkeit der Hauskinder stark erweitert wird, bringt ihnen die vollständige Entlassung aus der Vatersgewalt nur noch ein geringes Mehr an Selbständigkeit. Gleichwohl bleibt die emancipatio auch in dieser Periode im Westen' wie im Osten eine lebendige Einrichtung. Die klassische Form mit den Manzipationen und Manumissionen entartet im Westen völlig; 6 das Wesentliche sieht man jetzt in dem Vollzug des Aktes vor der Behörde. 8 Im Osten wird es nicht anders gewesen sein. 7 Anastasius führt die Entlassung durch kaiserlichen Gnadenakt ein, den der Gewalthaber zu beantragen hat. 8 Justinian 11läßt daneben auch ohne Kaiserreskript die Emanzipation durch Erklärung des Gewalthabers vor dem zuständigen Beamten zu. 10 Die Fälle des Zwangs gegen den Hausvater, das Kind zu entlassen, werden erweitert und verallgemeinert. 11 • Lit.: Bonfante I 64 ff.; Sargenti 105 ff.; Dupont 161 rr.;Biondi III 53 rr. ' Der Ausdruck ist der IT geläufiger als den Gesetzen, obwohl er auch dort vorkommt; CT 2, 22, 1 (320) und 5, 1, 1 (321) umschreiben ihn mit •ius agnationis amittere• o. ä., CT 5, 1, 2 (369) und 6 (420) mit •capitis deminutio•, anders überall IT. Lehrreich auch CT 5, 1, 3 (383; verändert in C.6, 57, 4), verglichen mit IT (filiaquam f iduciatam nomina11it, hoc est emancipata). li GE 1, 6, 3 verlangt bei Söhnen drei •emancipationes• ( 1 - so auch C. 8, 47, 11 [530]), bei Töchtern eine, und definiert diese •emancipatio• als manus traditio, quaedam similitudo 11enditionis • • • mancipat, hoc est manu tradit; damit vgl. •a sua manu dimittere• auch in C. 8, 48, 6 (531), s. schon Tac. ann. 15, 19. Zur remancipatio und manumissio vom leiblichen Vaters. GE 1, 6, 4, dazu Levy, SZ 49 (1929) 2401 m. Lit.; 2501• Im übrigen vgl. Archi 193 rr., auch 447 zu Form. Turon. 23. • 'Ante curiam• und vor 7 Zeugen, Näheres in GE 1, 6, 4; Archi 199 ff. Vgl. auch CT 2, 8, 1 (321) = C. 3, 12, 7; CT 15, 14, 5 (352); 8 (389); 9 (395). 7 Die letzte Anlehnung an die klassische Form zeigt FIRA III nr. 14 (3. Jh., o. § 16'). Östliche Versuche, eine formfreie Emanzipation durchzusetzen, wehrt Diocl. C. 8, 48, 3 ab. Doch findet sich vermutlich schon vor Justinian die Form der Emanzipation durch öffentliche Urkunde, vgl. SRR L 3 (m. Parall.), R II 21, dazu Mitte i s, RR 216 f.; Ober drei neue Handschriften dessyr.-röm. Rb. (Abb. Berl.1905) 33 r.

8 Sog. 'emancipatio Anastasiana•, C. 8, 48, 5 (502), hauptsächlich dazu bestimmt, die Emanzipation abwesender Hauskinder zu ermöglichen. Die erforderliche Zustimmungserklärung des Hauskindes (wenn es kein infans ist) vor der Behörde verdächtigt Bonfan t e I 62; im übrigen s. noch WindseheidKipp III 10411 (§ 525). Vgl. auch o. § 82° zu PS 2, 25, 5; ferner Nov. 89, 11 pr. (539). Dem Emanzipierten können die 'legitima iura• im Hinblick auf Erbfolge und Vormundschaft vorbehalten werden, C. 6, 58, 11 (502). 1 Er beseitigt endgültig die Überreste der klassischen Form; C. 8, 48, 6 (531) erwähnt noch die 'venditiones' und von den Manumissionsbräuchen das Herumdrehen und den Backenstreich (o. § 30 I 2) als 'vana observatio'. Bloße Reminiszenz ist Inst. 3, 2, 8 contracta f iducia filium .•. emancipat; C. 6, 4, 4, 25 (531). 10 Sog. 'emancipatio Iustiniana•, C. 8, 48, 6 cit.; Inst. 1, 12, 6; itp. sind D. 1, 7, 25pr.; C. 8, 48, 2 r.; 4, 21, 11; Riccobono, SZ 34 (1913) 229 r.; 239. Vgl. ferner Levy, SZ 49, 2403 (auch zu Collinet, f:t. I 55ff., s.o. § 22791); zu SRR s. o. A. 7. 11 Ob. § 82u m. Lit. (Solazzi jetzt II 465 ff.), dazu Biondi, Succ. test. 2951 ; Sachers, RE 22, 1173 f. (Potestas patria). Zu C. 3, 28, 33, 1 (529) (gegenüber Nov. 117, 1 [542]) s. auch Solazzi II 494 ff.= AG 86 (1921) 207 f. Zu einem Sonderfall (Vermögensverschleuderung durch den verurteilten und begnadigten Vater) s. CT 9, 43, 1, 3 (321) = C. 9, 51, 13, 3. Unecht D. 27, 10, 16, 2 C. (Ind.).

§ 228. Beendigung

der patria

potestas,

insbes.

emancipatio

151

Die emancipatio bewirkt die Beendigung der Vatersgewalt, 11 doch sind die erbrechtlichen Folgen schon in der klassischen Zeit stark eingeschränkt, 18 auch pflegte der paterfamilias dem Emanzipierten schon bisher das (profektizische) peculium zu belassen. Am peculium castrense (und jetzt am quasi castrense) verliert der Hausvater, soweit der Haussohn nicht darüber testiert hat, das Heimfallsrecht.i« Vor allem aber verliert er den Nießbrauch an den bona materna, also an dem Vermögen, das das Hauskind von der Mutterseite erworben hat. 15 Als Lohn für die emancipatio gibt Konstantin dem Hausvater ein Drittel der bona materna; 18 Justinian ersetzt dies durch den Nießbrauch an der Hälfte des Kindesvermögens (ausgenommen das peculium castrense und quasi castrense). 17 Konstantin gestattet dem Hausvater, die Emanzipation (und die dabei gemachten Schenkungen) wegen groben Undanks zu widerrufen. 18 In den Ostprovinzen hält sich auch noch in byzantinischer Zeit die Verstoßung 11 obschon sie nach Diocl. C. 8, 46, 6 Romania nach griechischem Recht (cbrox-fip~Le;), legibus non comprobatur. Sie setzt eine schwere Verfehlung des Kindes voraus und geschieht durch Erklärung an das Gericht, das über ihre Berechtigung entscheidet und das Erkenntnis öffentlich verkündet. Das verstoßene Kind wird ~evoe;und scheidet damit aus der Familie aus; es verliert das Intestaterbrecht, behält aber einen Pflichtteil.'° Einen ähnlichen Rechtszustand zeigt SRR L 58 (m. Parall.), das zwischen Verstoßung und Emanzipation unterscheidet. 11

II. Neue Gründe für die Beendigung der patria potestas 12 sind durch den Zweck veranlaßt, den Hausvater zu bestrafen; so etwa, wenn er Ab18 kömmlinge aussetzt oder die Tochter prostituiert" oder eine blutschänderische Ehe eingeht. 15 Justinian läßt außerdem die Vatersgewalt erlöschen über Hauskinder, die zu den höchsten staatlichen oder kirchlichen Würden aufsteigen. 18 11

Zu weiteren Wirkungen o. A. 2. Zur gesetzlichen Vormundschaft des parens manumissor u. § 23210 • 11 S. ob.§ 167 II 1, § 172 I; vgl. auch die SCta. Tertullianum und Orfitianum, o. § 168. H Hierzu und zum folgenden u. § 229. 15 Darin liegt wohl der wirtschaftliche Hauptgewinn, um deswillen man die emancipatio noch beibehalten hat; vgl. zur Erbfolge Archi 93 ff. und u. § 287 IV 4. GE geht auf die Rechtsstellung des filius emancipatus nicht ein; zu den Gründen Archi 25 f.; 88 ff. gegen Conrat, Gaius 32 ff.; doch s. auch unten § 28716 • 11 CT 8, 18, 1, 2 (315); 2 (319). 11 C. 6, 61, 6, 3/3a (529); Inst. 2, 9, 2. 18 Vat. 248 (330); CT 8, 14, 1 (367) = C. 8, 49, 1; Biondi II 294 f. 19 Albertoni, L'apokeryxis (1923); N alli no IV 383 ff. = RAL (ser. 6) 1 (1925) 709 ff.; Düll, SZ 63 (1943) 71 ff.; 85 ff.; weit. Lit. 7111 ; Taubenschlag 13711 ; Wenger, Qu. 815 f. Vgl. P. Cairo Masp. 67097 und 67353 (567/69 n. Chr.), dazu

Düll 106ff., weit.Lit. bei Taubenschlag, St. Bonfante I 435 f.; Law 52; 138H, s. etwa SZ 37 (1916) 215 f. zu P. Oxy. IX 1206, 13 f. (335 n. Chr.). toq,cwcl3Lov (P. Masp. cit.); Düll 109; u. § 290 8 •11 • 11 S. Nallino, insbes. 385 ff.; 388 ff. (711 ff.; 714 ff.), berichtigend zu Mitteis, RR 212 ff. u. a.; vgl. D üll 110 ff. 11 Ohne capitis deminutio. Vgl. Bonfante I 134 f.; Sachers, RE 22, 1171 ff. 11 CT 5, 9, 1 (331); 2 (374) = C. 8, 51, 2, 1; o. § 22610 •11 • H CT 15, 8, 2 (428) = C. 11, 41, 6. 16 Nov. 12, 2 (535). • Patriziat: C. 12, 3, 5 (531 ff.); Inst. 1, 12, 4. Nov. 81 (539) nennt in c. 1 pr. die Konsuln und Konsularen, praefecti praetorio und urbi, die magistri militum, in § 1 alle, die durch ihre Würde von den Lasten des Dekurionats befreit werden (C. 10, 32, 67 (529]), in c. 3 die Bischöfe. Nach c. 2 sollen aber die Familienzugehörigkeit und die gesetzlichen Rechte, also vor allem das Intestaterbrecht, gewahrt bleiben.

152

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 229. Die VermögensfAhigkeit der Hauskinder

I. Die Verselbständigung der Hauskinder offenbart sich am deutlichsten in der Ausgestaltung ihrer Vermögensfähigkeit, 1 also darin, daß man sie allmählich als Träger eigenen Vermögens anerkennt. Auch mit diesen Reformen wird ihre rechtliche Stellung einer längst erreichten Lebenswirklichkeit angeglichen; konnte doch der erwachsene Haussohn schon seit der jüngeren Republik vermöge seines Pekuliums eine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und damit ein soziales Ansehen gewinnen, das hinter dem des paterf amilias nicht notwendig zurückstand. Die nachklassische Entwicklung knüpft einerseits bei den Ansätzen an, die das peculium und besonders seit Augustus das peculium castrense boten. Zum anderen aber gehen Konstantin und seine Nachfolger auch eigene Wege; sie erfassen das von der Mutterseite erworbene Gut mit einer funktionellen Teilung des Eigentums, indem sie dem Hausvater ein und dem Kind ein 'Resteigentum> geben. Diese Denkform, die dem klassischen Recht fremd war, stammt aus dem Vulgarrecht. 11 Justinians Klassizismus ordnet auch diese Beziehung in die klassische Begriffswelt ein, indem er sie in einen gesetzlichen des Vaters zu Lasten des Alleineigentums des Kindes umdeutet. Seine eigenen Reformen führen diese von den bona materna ausgehenden Maßnahmen fort, gestalten daneben aber auch das klassische peculium castrense, erstreckt auf die Fälle des 'peculium quasi castrense>, weiter aus. Gleichwohl hat auch Justinian das Ziel einer einheitlichen, vollen Eigenberechtigung der Hauskinder an ihrem gesamten Vermögen nicht erreicht. An die Stelle des ursprünglich einheitlichen Hausvermögens unter der Herrschaft des paterfamilias ist vielmehr eine Mehrheit verschiedenartiger, ungleichförmig behandelter Gütergruppen getreten, an denen gewiß dem Hauskind, daneben aber zumeist immer noch dem Hausvater eine nach unterschiedlichen Prinzipien abgestufte Rechtsherrschaft zusteht. II. Das peculium des klassischen Rechts, also Vermögen des paterfamilias, das er dem Haussohn auf freien Widerruf zur Verwaltung überläßt, wird im Vulgarrecht ohne weiteres als Eigenvermögen des Haussohns angesehen, nicht anders als beim Sklaven, procurator, colonus usw. (o. § 204 II 3). Folgerichtig kann nun gegen den verklagten und verurteilten Haussohn selbst vollstreckt werden. 3 Inwieweit es dem Hausvater hiernach noch freistand, vermöge seiner Hausgewalt in dieses Vermögen einzugreifen, bleibt eine offene Frage (s. auch u. V). Übersichten: Bonfante I 100 ff.; 103 rr.; Sargenti 88 rr.; Dupont 145 ff.; Biondi III 47 ff. 1 Näheres u. § 238 II. Mit hellenistischem Einfluß rechnet Arangio-Ruiz, Persona e famiglia (1930) 59 r. Vgl. auch SRR L 54 (m. Parall.), dazu Mitteis, RR 211. Nach den ägyptischen Papyri besteht die helle1

nistisch-volksrechtliche Vermögensfähigkeit der Hauskinder auch in der bvzantinischen Zeit fort, vgl. Taubenschlag, SZ 37 (1916) 223ff.; Law 146ff. • Die Haftung ist allerdings auf das beschränkt, was nach Befriedigung des Hausvaters noch übrig ist; o. § 20422 ; Levy II 78 f.

§ 229. Die Vermögensfähigkeit

der Hauskinder

153

Justinian kehrt beim einfachen 'peculium>' zum klassischen Rechtszustand zurück, er beschränkt es aber nun auf solches Vermögen, das der Haussohn vom paterf amilias selbst erhalten hat. 6 Es steht nach wie vor im Eigentum des Hausvaters, das Kind erhält daran nur die frei widerrufliche Befugnis zur Verwaltung (o. § 67 III 5). 6 III. Das 'peculium castrense>7 ist schon am Ende der Prinzipatszeit eigenes Vermögen des Haussohnes, über das er unter Lebenden und von Todes wegen frei verfügen kann. Nur wenn er nicht verfügt hat, fällt es bei seinem Tod an seinen paterfamilias zurück (o. § 83 III 4).8 Von Konstantin an werden aber dem peculium castrense die Vermögen gewisser Zivilbeamter und Geistlicher gleichgestellt. Dabei geht die Regelung zum Teil eigene Wege, etwa dadurch, daß in manchen Fällen nach dem Tod des Hauskinds an diesem Gut auch eine Intestaterbfolge zugelassen wird. Justinian faßt alle diese Tatbestände, ohne sie völlig zu vereinheitlichen, als 'peculium quasi castrense> zusammen. 9 Hierher gehören: aller Erwerb der Hofbeamten (palatini) aus der Zeit ihres Hofdienstes, CT 6, 36, 1 (326) = C. 12, 30, 1; aller Berufserwerb der adsessores, CT 1, 34, 2 (422 Ost) = C. 1, 51, 7, sowie der advocati beim östlichen Kaisergericht, CT 2, 10, 6 (422) = C. 2, 7, 4, in C. 2, 7, 7 (439) erweitert auf Illyricum, in eod. 8 (440 Ost) auf andere Advokaten, in NV 2, 2, 4 (442) entsprechend auf den Westen; der Erwerb der Kanzleibeamten des östlichen praefectus praetorio, C.12, 36, 6 (444),der Bischöfe,Priester und Diakone, C. 1, 3, 33 (472 Ost), der Kammerherren (silentiarii), C. 12, 16, 5 (497 ff.). Justinian C. 3, 28, 37, 1 a/e (531) verweist auf ältere Gesetze, er nennt consules, praefecti legionum, praesides provinciarum und alle übrigen kaiserlichen Beamten, weiter Sachwalter, Kanzleisekretäre, agentes in rebus, auch die magistri studiorum liberalium, archiatri und sonstige öffentliche Gehalts- und Lohnempfänger. Hinzugefügt werden noch Schenkungen vom Kaiser und von der Kaiserin, C. 6, 61, 7 (530). Den Geistlichen (C.1, 3, 33 cit., auf niedrige Geistliche erweitert in Nov. 123, 19 [546]) und den Kammerherren (C. 12, 16, 5 cit.) wird darüber hinaus zugestanden, daß sie auch ab intestato beerbt werden können. Testieren können die in C. 3, 28, 37 Genannten im ordentlichen Testament, aber (nach dem Vorbild des Soldatentestaments) mit Befreiung von den Schranken des Pflichtteilsrechts, §§ 1 e/f; C. 6, 22, 12 (531); ebendies gilt nach C.1, 3, 49 (531) für die Geistlichen. ' In C. 3, 28, 37, 1 (531) 'peculium paganum•. Unrömisch ist •pecuhum profecticium• im Gegensatz zu dem von anderer als der Vatersseite zugewendeten •pec. adventicium•. Die Ausdrücke stammen von der dos (o. § 80 II); vgl. auch Iav. D. 42, 5, 28 ex adflenticio; für Unechtheit Albertario, RIL64 (1934) 503 rr. 6 C. 6,61,6, 1 (529); 8 pr. (531); Inst. 2, 9, 1. • Gewisse Verfügungen sind ihm entzogen, auch wenn es die 'libera administratio• erhalten hat, s. o. § 6781 und zur concessio administrationis ebd. 17 .1tp. ist die generelle Vergünstigung für Senatoren und andere Würdenträger in D. 39, 5, 7, 3 (Ind.). 7 Lit. o. § 8317, zu La Rosa vgl. Kaden, Jura 6 (1955) 214 ff., s. ferner La Rosa, St. De Francisci II 391 rr.; G. Longo, AMac. 21 (1957) 3 ff. - Zum Westen vgl. d'Ors, AHDE 24 (1954) 638 f. zu LV Ant. 4, 5, 5 (Iura 6 [1955] 374).

• Einschränkend

Inst. 2, 12 pr. nullis superstitibus. Dieser (sicher unechte) Vorbehalt steht in keinem justinianischen Reformgesetz; soll er nur für die Ausnahmefälle gelten, in denen auch am pec. castr. eine lntestaterbfolge zugelassen wird (s. alsb.)? Vgl. hierzu und zur Frage, ob das Heimfallsrecht an den Vater durch Nov. 118 (543) beseitigt worden ist, Bontante I 107 f.; La Rosa, I peculii speciali in dir. rom. (1953) 170 ff. • C. 3, 28, 37 (531); Inst. 2, 11, 6; 2, 12 pr.; in den Dig. (24, 1, 32, 17; 36, 1, 17, 12; 37, 6, 1, 15; 39, 5, 7, 6) immer itp. Lit.: Archi, St. Besta I 117 ff.; La Rosa (A. 8) 197 ff. Zu C. 3, 28, 37 cit. in Verbindung mit C. 1, 3, 49 und 6, 22, 12 s. auch Schulz, ACJI I 92 ff.; Fritz, Studien 54 ff. - Zu GE 2, 1, 7 vgl. Archi, Ep. Gai 85 ff. - Zu den Klerikern vgl.jetzt Gaudemet (o. §2098)17Hf. liberis fiel fratribus

154

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

IV. Eine ganz andere, stärker von vulgarrechtlichen Vorstellungen beeinflußte Regelung haben Konstantin und die Späteren für eine Gütermasse eingeführt, die zunächst das von der Mutter ererbte Gut (bona materna) erfaßt und allmählich erweitert wird. An dieser Gütergruppe besteht ein nach seinen Inhalten geteiltes Eigentum: Der paterfamilias erhält ein Nutzungsund Verwaltungseigentum, 10 das aber durch seine Pflicht zur Sorgfalt 11 und namentlich durch das Verbot der Veräußerung 12 und der Verpfändung 13 stark eingeengt wird. Dieses Recht wird im untechnischen Sinn des Vulgarrechts als 'ususfructus> bezeichnet, 1' es ist aber in Wahrheit ein beschränktes Eigentum und von den Beschwerungen des regelmäßigen Nießbrauchsrechts befreit. 16 Neben dieser Gewalt des paterfamilias hat auch das Hauskind an diesem Gut ein Eigentum, das auf die übrigen Funktionen beschränkt ist und durch die väterliche Nutzverwaltung stark ausgehöhlt wird. Das Hauskind kann über diese Gegenstände weder testieren noch ohne Willen des paterfamilias sie veräußern oder verpfänden. 16 Nach dem Tod des paterfamilias fällt dieses Gut nicht in seine Erbschaft, sondern unmittelbar dem Kind zu. Nach dem Tod des Kindes unterliegt es einer besonderen Intestaterbfolge (u. § 287 IV 5). Justinian, der das geteilte Eigentum nicht mehr kennt, deutet diese Rechtsfigur um, indem er das regelmäßige Eigentum an diesem Gut dem Kind zuweist und dem Vater einen qualifizierten ususfructus (o. A. 10). Die Nutzverwaltung des Vaters endet außer mit seinem Tod (oder seiner capitis deminutio) auch mit der emancipatio des Kindes (Näheres o. § 22811). Die Beendigung mit 1 °CT 8, 18, 1 pr./1 (315), verändert in C. 6, 60, 1 (Textkritik zu CT cit. bei Solazzi, SD 10 [1944) 229). Zu solchem funktionell beschränktem Eigentum s. u. § 238 II, insbes. Levy I 34 ff. und zu RR hellenistischen Vorbildern Mitteis, 238 ff.; s. auch u. A. 14. - Zum Erwerb der Erbschaft, die dem Kind von der Mutterseite anfällt, s. insbes. u. § 291 II 2; vgl. zum klassischen Recht auch Denoyez, Mel. Levy-Bruhl 77 rr. (zu Scaev. D. 5, 3, 58). 11 CT 8, 18, 1, 3 = C. 6, 60, 1, 3, vgl. auch C. 6, 61, 8, 4:a (531); damit vereinbar auch eod. 6, 2a. - Nach CT cit. ( = C. cit.) handelt und P.rozessiert der Vater allein, und zwar 'fihi nomine>. In C. 6, 61, 8, 3 dagegen wird der Konsens des Sohnes verlangt, sofern er volljährig und anwesend ist; doch betrifft c. 8, 1 rr. nur die Erbschaftsprozesse. Vgl. Winds c h e i dK i p p III 747 (§ 517). 12 CT 8, 18, 2 (318); C. 6, 61, 6, 2 (529); 8, 5 (531). Später wird das Veräußerungsverbot auf allen Erwerb von den mütterlichen Vorfahren durch Schenkung oder Intestaterbfolge erweitert, CT 8, 18, 6 (379); 7 (395) = C. 6, 60, 2. Justinian gestattet die Veräußerung, wenn damit die Mittel zur Erfüllung der Erbschaftsschulden und der Vermächtnisse beschafft

werden sollen, sowie die Abstoßung lästiger oder schädlicher Erbschaftssachen, C. 6, 61, 8, 4-5. Verbotene Veräußerungen sind nichtig, die Ansprüche der Hauskinder verjähren nicht (was auf eine Unersitzbarkeit der Sachen hinausläuft, u. § 243 1), CT 8, 18, 1, 3 (315) = C. 6, 60, 1, 2. Nach C.6,61,4,3 (472); 7,40, 1,2 (530); Nov. 22, 24 (536) beginnt die Verjährungsfrist erst zu laufen, wenn das Kind gewaltfrei geworden ist; Amelotti (o. § 199'1) 258. 13 C. 6, 61, 4, 3 (472); eod. 6, 2 (529); 8, 5 (531); s. auch CT 8, 18, 7 (395) = C. 6, 60, 2, o. A. 12. H CT 8, 18, 1, 3 (315) 'utendi fruendique potestas>; eod. 3 (334) 'usufructuarius>; s. ferner CT eod. 9 (426); 10 (426); C. 6, 61, 2 (428); NV 35, 10 (451) mit INV Z. 156; RB 26, 2. Von Justinian sind C. 6, 61, 6 §§ 1, 1 a, 2a (529); 8, 1 (531). Zur ält. Lit. vgl. Triantaphyllopoulos, SZ 25 (1904) 406 ff.; doch s. Levy I 36101 • 16 Der Vater braucht keine cautio usufructuaria zu leisten, C. 6, 61, 8, 4 d. Er ist nicht zur Rechnungslegung verpflichtet; das Kind hat am Vermögen des Vaters keine gesetzliche Hypothek, C. eod. 6, 2; 8, 4d (doch besteht eine solche auch beim regelmäßigen Nießbrauch nicht). 1• C. 6, 61, 8, 5a (531).

§ 229. Die Vermögensfähigkeit

der Hauskinder

155

der Wiederverheiratung des Vaters, die ihm nur die Stellung eines Tutors beläßt, CT 8, 18, 3 (334), wird in C. 6, 60, 4 {468) wieder aufgehoben (o. § 220).

Die Regelung für die bona materna wird später ausgedehnt auf allen Erwerb von den mütterlichen Vorfahren durch Schenkung oder von Todes wegen,17 weiter auf den Erwerb des Hauskinds von seinem Ehegatten 18 und nach Auflösung seiner Ehe auf seinen Erwerb an der dos oder der Eheschenkung.19 Justinian schließlich erweitert diese Grundsätze auf allen Erwerb, der den Hauskindern von anderer Seite als aus dem väterlichen Vermögen zugekommen ist. 20 Ausnahmsweise gibt J ustinian diese Güter dem Sohn unbelastet vom Verwaltungsnießbrauch des Vaters :21 wenn der Vater das dem Sohn von dritter Seite Zugewandte zurückweist ;22 wenn ein Schenker oder Erblasser dem Kind etwas mit Befreiung vom väterlichen Nießbrauch zugewandt hat ;13 wenn das Kind neben dem Vater ein Geschwister ab intestato beerbt;" wenn der Sohn einen Vermögensteil von der Mutter erwirbt, die wegen verbotener Scheidung ins Kloster verbannt worden ist. 26 V. Alle diese Anordnungen führen zu einer weitreichenden, aber doch nicht zu einer vollständigen Vermögensfähigkeit der Hauskinder.• Das westliche Vulgarrecht hat sich indes über die noch verbliebenen Beschränkungen wohl überhaupt hinweggesetzt; es macht den Erwerb des Hauskindes für den Vater von dessen Zustimmung abhängig 27 und läßt Schenkungen zwischen Hausvater und Hauskind zu. 28 Justinian dagegen ist augenscheinlich, soweit nicht er selbst oder seine Vorgänger das ältere Recht abgeändert haben, zu dessen Grundsätzen zurückgekehrt. Er nimmt damit Beschränkungen in Kauf, 29 die auch im Osten nicht mehr der Praxis entsprochen haben 30 und darum vermutlich toter Buchstabe geblieben sind. 17 CT 8, 18, 7 (395) = C. 6, 60, 2. Zum Veräußerungsverbot s. schon CT eod. 6 {379), o. A. 12. 18 CT 8, 19, 1 {426) = C. 6, 61, 1; 2 (428); 3 (439; pr. = NT a, 8). s. o. § 222 III a. E., § 22421 • 1•cr 8, 19, 1 = c. 6, 61, 1 cit.; 4 (472); 5 (473). - S. ob. § 223 8 - 8 , § 22411 - 21 • 2 ° C. 6, 61, 6, 1 (529); 8 pr. (531): omnia, quae extrinsecus ad filios familias per11eniunt, et non ex paterna substantia; Inst. 2, 9, 1. Unrömisch sog. 'bona adven ticia•; s. auch o. A. 4. 21 Unrömisch sog. 'bona adventicia irregularia•. Ihre Stellung ist der am peculium castrense ähnlich, doch kann über diese irregularia vermutlich nicht testiert werden, Inst. 2, 12 pr.; C. 6, 22, 11 (531). Zur Frage, ob darüber Geschäfte zwischen Hausvater und Kind möglich waren, s. Bonfante I 113 f. - Zur Entziehung der Verwaltung bei Mißbrauch der Vatersgewalt s. CT 9, 43, 1, 2 {321) = C. 9, 51,

13, 2 a. 21 C. 6, 61, 8, 1 (531); das Gesetz spricht nur von der Erbschaft. Schlägt sie dagegen der Sohn aus, kann sie der Vater für sich antreten; Näheres in eod. §§ 1-1 c. 2 3 Nov. 117, 1 (542). 1• Nov. 118, 2 (543). u Nov. 134, 11 (556). n Ergänzt wird diese Regelung durch eine erweiterte Prozeßfähigkeit der Hauskinder, vgl. Solazzi 1 1 ff. = Bull.11 {1899) 113 rr., dazu Kaser, SZ 73 (1956) 419 f. 21 Oben § 204 II 1. Vgl. Levy II 73 zu GE 2, 1, 7 und CT 8, 18, 6 (379) mit IT. 28 Vgl. PS 5, 11, 3, dazu Volterra, ACI Bologna I 157. 11 Zum Rechtserwerb durch Hauskinder o. § 204 1I 1 1, insb. A. 30. Zu den {begünstigten) Schenkungen zwischen Eltern und Kindern u. § 242 III 2. 30 Vgl. o. A. 2.

156

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 230. Uneheliche und Konkubinenkinder. Legitimation 1. Für die unehelichen Kinder 1 bleibt es bei dem Rechtszustand, daß sie nu:r· mit der Mutter und den mütterlichen Verwandten verwandt sind 1 und auch nur mit der Mutter und ihren Vorfahren in einem Verhältnis gegenseitiger Unterhaltspflicht stehen (o. § 84 II, § 22638). Begünstigt werden jedoch die 8 wenngleich ihre Behandlung in den nachKinder aus einem Konkubinat, klassischen Gesetzen wechselt; darin spiegelt sich die schwankende Haltung, die die Kaiser gegenüber dem Konkubinat selbst beobachtet haben (o. § 221).' Zu den erlaubten Zuwendungen des Vaters an die Konkubinenkinder s.o. § 221. Kinder aus einem standeswidrigen Konkubinat dürfen weder arrogiert noch beschenkt werden. 6 Anderen Konkubinenkindern gegenüber werden dagegen Schenkungen und Zuwendungen von Todes wegen seit CT 4, 6, 4 (371) bis zu einer - später wechselnden Quote gestattet.• J ustinian gibt der Konkubine und ihren Kindern, wenn weder eineEhefrau noch legitime Kinder erbberechtigt sind, nach dem Tod des Mannes sogar ein lntestaterbrecht in Höhe eines Sechstels, Nov. 18, 5 (536); 89, 12, 4/13 (539); außerdem den Konkubinenkindern einen Unterhaltsanspruch gegen die legitimen Kinder, eod. 12, 6, und offenbar auch gegen den Vater. 7 Soweit die Väter diesen Kindern erlaubterweise etwas zuwenden, sind sie auch befugt, ihnen Vormünder zu bestellen (u. § 232 II 1).

II. Konkubinenkinder - nicht auch andere Uneheliche - können auf drei Wegen in die Stellung der 'le gi timi> aufsteigen :8 durch nachfolgende Ehe der Eltern, durch Eintritt in den Dekurionat und durch kaiserlichen Gnadenakt." nique (1905) 132 f.; immerhin erkennt •Vulgo quaesiti (concepti)', 'spurii'; zu diesen und den anderen Bezeichnungen auch die Kirche einen Konkubinat an, Lanfranchi, StCagl.30 (1943-46) 30 ff. - wenn er den kirchlichen Anforderungen Zu Kindern aus blutschänderischen Ehen einer Ehe entspricht, o. § 221. 6 Näheres o. § 2213 , § 2271 • s.o. § 21711 ; zu GE 1, 4, 8 Conrat, Pau191 lus 108 • • Vgl. o. § 221 (Text und A. 9). 1 Zur Erbfolge u. § 28714 • Zuwendungen 7 Das wird aus Nov. 89 cap. 13 und 15 von Todes wegen oder Schenkungen an zu folgern sein; nach cap. 13 ist die Verspurii,dievon einermaterillustris und einem pflichtung eine wechselseitige. 8 Davon unrömisch 'legitimatio'. pater incertus stammen, verbietet C. 6, 57, Christ5 (529); Archi, Riv. it. 5 (1951) 232. liche Motive bei Zeno C. 5, 27, 5 pr. (477). a Zu ihrer Bezeichnung als 'liberi naLit.: Bonfante I 273 ff.; B1ondi III turales• vgl. W olff, Sem. 3 (1945) 24 rr.; 196 ff. m. weit. Hinw.; vgl. Pitzorno, 30 rr.Zu vermutbaren Einflüssen aus dem La legittimazione nella storia delle istihellenistischen Brauchtum s. ebd. 40 ff. tuzioni ramiliari del medio evo (1904); (weit. Lit. bei Berger 473 sv. Filius na- Genestal (o. A. 4) 105 rr. turalis). Zu denken ist besonders an die • Keine Legitimation bezweckt Nov. 117, Kinder aus der 1tcxll«xla:, die aber vom 2 (542), wonach unbestreitbar als ehelich römischen Konkubinat verschieden ist; gilt, wer in einer öffentlichen Urkunde diese Kinder leben im Haus des Vaters oder in einer privaten mit Unterschrift und gelten als seine Nachkommen. dreier Zeugen oder in einem Testament ' Zur Stellung der Konkubinenkinder oder zu den Akten der Behörde vom Vater vgl. Gide, NRH 4 (1880) 377ff.; 409ff.; als sein Kind anerkannt worden ist, sofern Biondi III 189 ff., hier 190 f. auch die das Kind von einer freien Mutter stammt, patristischen Quellen. Zur Haltung der mit der die Ehe möglich ist. Diese BeKirche, die einerseits die außereheliche stimmung dient nur dem Beweis und will Verbindung verwirft, andererseits aber die eheliche Abstammung gegen den Versich auch der unehelich Geborenen er- dacht, daß das Kind von einer Konkubine barmt, s. Genestal, Hist. de la legitima- geboren sei, außer Streit stellen; Bon tion des enfants naturels en droit cano- fante 276 f. 1

§ 230. Uneheliche

und Konkubinenkinder.

Legitimation

157

Die verzweigte vorjustinianische Regelung wird in Nov. 89 (539) zusammengefaßt und dabei aus christlich-humanitären Motiven verbessert. 10 1. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe 11 geht auf Konstantin zurück. 11 Zeno läßt die Kinder aus dem Konkubinat eines Unverheirateten, der keine ehelichen Kinder hat, mit einer Freigeborenen durch die Eheschließung ehelich werden; diese zunächst nur für die Vergangenheit getroffene Regelung, C. 5, 27, 5 (477), wird von Anastasius auch für die Zukunft gewährt, eod. 6 (517). Justinus verbietet, um die Eheschließung und damit die Legitimation zu begünstigen, die Adoption der Konkubinenkinder, eod. 7 (519) (o. § 227 II). Auch Justinian läßt die Legitimation durch nachfolgende Ehe zu, 13 bindet sie aber später an die Zustimmung des Kindes (o. A. 10).

2. Die Einführung der Legitimation durch Übertragung des D ekuriona ts ist ein ver-z.weifelter Schritt des Gesetzgebers, um das unbeliebte und mit gefährlicher Vermögenshaftung belastete Amt eines Gemeinderats schmackhafter zu machen.H Der Vater, der keine ehelichen Kinder hat, kann einem oder mehreren filii naturales durch Schenkung oder Testament sein ganzes Vermögen 16 zuwenden mit der Bestimmung, daß diese filii in der Gemeinde, wo er wohnt oder Grundbesitz hat, Dekurionen werden sollen; die Ablehnung wird dem Kind versagt; NT 22, 1, 4 ff. (442), teilw. = C. 5, 27, 3 pr.-3; vgl. auch eod. 4 (470). Die filia naturalis genießt die gleiche Vergünstigung, wenn sie einen curio heiratet, NT 22, 2, 11 (443) = C. eod. 3, 4. Leo gibt diesen Kindern ad instar legitimi filii die lntestaterbfolge nach dem Vater, eod. 4 cit. Justinian gewährt ihnen ausdrücklich die Stellung ehelicher Kinder, und zwar auch dann, wenn daneben eheliche -da sind, C. eod. 9 pr./8 (528), allerdings mit beschränkter Wirkung: Sie erhalten ein lntestaterbrecht nur nach dem Vater, nicht nach seinen Verwandten, eod. 9 pr./1; Nov. 89, 4. Ist der Vater ohne eheliche Kinder verstorben, kann sich der filius naturalis -durch Eintritt in die Kurie selbst ehelich machen, Nov. 89, 2, 1. 16 3. Die Legitimation durch kaiserlichen Gnadenakt führt Justinian in Nov. 74, 1 (538) ein, sofern keine ehelichen Kinder da sind, die Mutter eine Freie ist und die Eheschließung nicht möglich ist; etwa wenn die Mutter verstorben oder nicht erreichbar oder unwürdig ist. 17 Das Gesuch kann der Vater stellen; nach seinem Tod, wenn er den filius naturalis mit dem Willen, daß er ehelich werden sollte, zum Erben eingesetzt hat, auch dieser Sohn selbst. 18 Das Kind erlangt wie durch nachfolgende Ehe die Stellung eines ehelichen. 1' 10

Nov. 89, 11 pr./1 verlangt für alle mierten Kinder wie die ehelichen berufen, Arten der Legitimation die Zustimmung Nov. 89, 8 (539). H S. die Lit. o. § 21311 • des Kindes selbst. Die Pflicht zur 're11 Nach NT 22, 1, 6 (nicht in Cl) beverentia' besteht auch gegenüber dem natürlichen Vater, Nov. 89, 13; itp. D. 2, halten Aszendenten den Pflichtteil (in 4, 6, Kaser, SZ 58 (1938) 118. Höhe eines Viertels). 11 Sog. 'legitimatio :per subsequens ma11 Über die Intestaterbfolge nach dem trimonium'; Sargenti 135 f. Tod des so Legitimierten s. u. § 28711• 11 Sein verschollenes Gesetz (vielleicht 17 Eod. 2 pr., ebenso Nov. 89, 9, hier noch CT 4, 6, 1) kennen wir nur aus C. 5, 27, weitere Gründe, etwa religiöse Gelübde 5 pr. (477), vgl. auch NMc. 4, 4 (454). eines Elternteils. - Stets bedarf es der ZuDie überlieferten nachkonstantinischen stimmung des Kindes selbst, Nov.89, 11 pr. 18 Nov. 74, 2, 1; 89, 10; De Gesetze über die Legitimation stammen Sarlo, alle aus dem Osten. SD 3 (1937) 348 ff. 11 C. eod. 10 (529); Inst. 18 Janeau, 1, 10, 13; De l'adrogation des liberi 3, 1, 2 a. Entscheidung von Streitfragen naturales a la legitimation par rescrit du in C. eod. 11 (530), vgl. auch Nov. 18, 11 Prince (1947), s. auch Conferences Inst. (536); 78, 4 (539) zur Legitimierung von Dr. Rom. (1950) 131ff. (Iura 2 [1951] 387 f.), Kindern aus dem Konkubinat mit der sieht den Vorläufer dieser Legitimation Sklavin, die nachher freigelassen wird. - in der Arrogation der Konkubinenkinder; Der Legitimierung steht es nicht im Wege, dagegen aber La Rosa, Jura 1 (1950) wenn daneben aus einer vor Eingehung 498 ff. - Dem Westen ist diese Art der des Konkubinats aufgelösten Ehe legi- Legitimation unbekannt, vgl. Kogler, time Kinder da sind, Nov. 12, 4 (535); Die legilimatio per rescriptum von Just. 19 (536). - Zur Erbfolge sind die legiti- bis zum Tode Karls IV. {1904) 12 f.

158

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

VI. VORMUNDSCHAFT UND PFLEGSCHAFT § 231. Die allgemeine Entwicklung des Vormundschaftsrechts I. Bei der tutela und der cura treten in dieser Zeit die Eigeninteressen des Vormunds und Pflegers völlig hinter den Schutzzweck zurück. Zum Wohl derer, die wegen ihrer Jugend, Geisteskrankheit oder aus anderen Gründen der Betreuung bedürfen, hat man die Aufgabenbereiche der nach Familienrecht zu ihrem Schutz Berufenen erweitert und die staatliche Aufsicht über sie verstärkt. In dieser Fürsorge für die Schutzbedürftigen begegnen sich die Zielsetzungen des Wohlfahrtsstaates mit christlichen Geboten. 1 II. Die tutela wird auf die Unmündigen (impuberes) beschränkt, nachdem die Geschlechtsvormundschaft römischer Prägung unter Konstantin, 1 vielleicht schon unter Diokletian, 8 verschwunden ist. Damit ist vereinbar, daß die hellenistische Einrichtung, die den Ehemann, allenfalls den Sohn, als xupLoc; der Frau behandelt,' in den Ostprovinzen weiterlebt. 6 Daß dies, obwohl Konstantin vereinzelt daran anknüpft, 8 nicht Reichsrecht geworden ist, beweisen die Gesetze, die nun die Frau selbst als Vormünderin zulassen. 7 Das 'ius (trium, quattuor) liberorum> bleibt zwar - mit immer engerem Inhalt - bis zur Gesetzgebung Justinians bestehen, 8 bedeutet aber nicht mehr die Befreiung von der untergegangenen tutela mulierum. III. Tutela impuberum und cura minorum rücken einander immer näher, seitdem wohl schon im Lauf der klassischen Zeit der curator für jeden 1 Allg. Lit. o. § 2i1, dazu Biondi II 229 ff., vgl. auch Dupont 177 rr. • Er setzt ihr Nichtbestehen in CT 2, 17, 1, 1 (324) = C. 2, 44, 2, 1 (zur venia aetatis) voraus; auch in CT 3, 17, 2 (326) wird an die tutela impuberis gedacht sein. Die vulgarrechtlichen Quellen schweigen von jener, vgl. zu GE Archi 208 f.; Conrat, Gaius 118283 • S. auch Dupont 197 ff. 1 Anders Taubenschlag, RPR 166 = Op. I 34; Sachers, RE 7 A, 1598 f. (Tutela); vgl. auch Bio n d i II 211. In Diocl. vat. 326 tam puellam tutore auctore quam adultam braucht die auctoritas tutoris nur auf die Unmündige bezogen zu werden. Die Papyri aus dieser und aus späterer Zeit betreffen nicht mehr den tutor mulierum römischer Art, s. u. A. 5; will auch in vat. 325 sine tutoris auctoritate nur den hellenistischen Geschlechtsvormund ausschließen? 'Vgl. yai. 1, 193; Mitteis, RR 218 ff. 1 Zu Agypten vgl. Taubenschlag, Law 170 ff. (m. Lit.), insb. ders., Vormundschaftsrechtliche Studien {1913)69 ff., dazu Bruck, SZ 34 (1913) 448 ff. Papyri aus byzant. Zeit bei Taubenschlag, St. Bonfante I 410319 ; s. auch P. Mon. 9, 5 (585 n. Chr.), dazu Wenger, Qu. 818.

• Sein von Kaiser Julian in CT 3, 1, 3 (362) aufgehobenes Gesetz bestimmt, daß minderjährige Ehefrauen zum Verkauf von Grundstücken der Zustimmung des Ehemannes bedürfen; o. § 218 II. 7 Zuerst CT 3, 17, 4 (390) = C. 5, 35, 2, dazu u. § 232 III. 8 Es wird manchen Gruppen generell gewährt, z. B. in CT 13, 5, 7 (334), und in einzelnen seiner Wirkungen aufgehoben, z. B. in CT 9, 42, 9, 1 (380 Ost) zur Intestaterbfolge. Es ist aber noch lebendes Recht in CT 15, 14, 9 (395 West) Z. 8; 8, 17, 1 (396 Ost); rubr. CT 8, 17 und NV 21, 1, 3 (~46); vgl. auch SRR L 10. Auch J ustinian sieht es noch als fortbestehend an, wenn er die Intestaterbfolge nach dem SC Tertullianum von diesem Erfordernis befreit, C. 8, 58, 2 (528); Inst. 3, 3, 4. Die Aufhebung in CT 8, 17, 3 (410) betrifft daher zunächst nur die gegenseitigen Erwerbsbeschränkungen unter Ehegatten, CT eod. 2 (410) = C. 8, 57, 2, obwohl schon die Gesetzgeber des CT das einheitliche Gesetz in c. 2 und 3 geteilt haben. Die endgültige Aufhebung vollzieht erst J ustinian mit C. 8, 58, 1 ( = CT 8, 17, 3 cit. itp.), vgl. auch Nov. 22, 47, 2 (536). S. Solazzi II 2301 = RIL 51 (1918) 5881 •

§ 231. Die allgemeine

Entwicklung

des Vormundschaftsrechts

159

minor XXV annis bestellt wird (dazu u. § 2353 ) und so gut wie immer auch dessen Vermögen zu verwalten hat (o. § 90 1). Die nachklassische Periode setzt die Angleichung fort: Wie der curator wird auch der tutor von der Behörde ernannt oder bedarf doch in den meisten Fällen ihrer Bestätigung. Die beschränkenden Vorschriften für die Vermögensverwaltung des Tutors und die Rechtsmittel für seine Haftung werden planmäßig auf den Kurator ausgedehnt. Der Unterschied in der Mitwirkung bei den Geschäften des Schutzbefohlenen, daß der Tutor seine auctoritas persönlich beim Geschäftsabschluß zu erteilen hat, während der consensus curatoris auch nachträglich erteilt werden kann, bleibt zwar noch bei J ustinian bestehen, doch wird sich auch dieser Gegensatz ausgeglichen haben (u. § 235 1). Damit ist in der Praxis die Gleichstellung in allen Beziehungen vollzogen. Die Neigung, den Unterschied zwischen tutela und cura ebenso wie zwischen impuberes und minores (o. § 207 I 2) auch terminologisch zu verwischen, wird schon an der Schwelle zur nachklassischen Zeit sichtbar. 11Im westlichen Vulgarrecht geht diese Entwicklung weiter. 10 Seit Konstantin treten 'tutor et (vel) curator> häufig ohne Unterschied nebeneinander 11 oder werden als 'minorum defensores>zusammengefaßt. 11 Nicht anders kennt der Osten nur eine einheitliche Vormundschaft bis zum 25. Lebensjahr. 13 Aber auch Justinian hält den Unterschied nur noch formal aufrecht, er vertauscht häufig 'tutor> und 'curator> oder nennt beide in einem Atem. 14 Wie so oft, hat er indes auch hier den sachlich gebotenen letzten Schritt seinen klassizistischen Neigungen zuliebe nicht getan. • De Dominicis, Ann. Ist. 4/5 {1954) 220 f. - Die Vertauschung tritt schon beim Kompilator der frg. Vat. (123-247) zutage, s. msb. vat. 231; Albertario I Minore eta 4.29ff. (m. Lit.); Solazzi, {1912) 171 ff., zu weit. Hinw. s. Kaser, SZ 69 {1952) 72 und Wieacker, Vulg. 44™; -ferner bei Diokletian, vgl. Partsch (u. A. 13) 948 (anders Solazzi 83 ff., der überall ltpp. annimmt). 10 Vgl. zu GE 1, 8 pr.-2 und RB 36, 3 Archi 221 ff. (zu Hitzig, SZ 14 [1883] 200 und Conrat, Gaius 39 f.). S. ferner Levy, Bull. 55/56 Suppl. (1951) 246 f.; Sargenti 149 ff. m. Lit.; Dupont 207ff.; Biondi II 233. 11 CT 3, 30, 1 (314.); 3 (329) = C. 5, 37, 22; 5, 72, 4 (329); CT eod. 4 (331); 5 (333); 3, 17, 3 (389); 3, 31, 1 (400) u. v. a. Vom •tutor minorum' sprechen CT 2, 16, 1 (329) = C. 2, 27, 2 (hier eingefügt seu curatorum) mit IT; IT 3, 18, 1; 3, 30, 6; IP 2, 28, 1 u. a. 11 CT 2, 4, 1, 1 (318) = C. 5, 40, 2 mit IT; vat. 249, 4 (323) = CT 3, 30, 2 (323; veränd.) = 8, 12, 1 pr. = C. 5, 37, 21 (eingefügt pupülorum seu); CT 3, 30, 4 (331, dazu Solazzi, SD 10 [1944] 222 (.); 4, 8, 8 (332) mit IT; 3, 17, 4, 4 (390) = C. 5, 35, 2, 4. (vgl. IT); CT 3, 5, 12 (422) = C. 5, 1, 4.

11 Zu den östlichen Volksrechten und zu den Verschmelzungen in SRR L 7 und 34 (m. Parall.) vgl. Mit teis, RR 155 f.; 217 f.; De Francisci, Saggi romanistici RPR 272f. I (1913) 1 ff.; Taubenschlag, = Op. I 166 f.; J JP 6 {1952) 107 ff. Die ägyptischen Papyri zeigen den Unterschied nur, soweit sie vom römischen Recht beeinflußt sind, vgl. Mitteis, Grdz. 231; Partsch, Studien zur neg. gestio I (1913) 90; 92 ff.; Gleiches wird den Belegen bei Taubenschlag, Law 167 f.; 178 ff. zu entnehmen sein. Vgl. insbes. P. Oxy. VI 888 = Mitteis, Chr. 329 Sammel{287 n. Chr.): hier ist XTJ8e(J.6>V -tjTOL xou[p«Topoct;(5f.). name für fflL"C'p67t'out; Vgl. auch Taubenschlag, St. Bonfante I 424"'· Im übrigen s. zum griechischen Sprachgebrauch schon bei Modestin Altmann, SD21 (1955) 3ff. 14 Vgl. z. B. C. 5 tit. 31-34, 36--42, 44, 57, 60, 61; D. 26, 5-10; 27 tit. 5, 7, 9; (538). Nov. 94, 1 f. {539) nennt Nov. vfo>v nur noch die cura minorum (Tv XTJ8t(J.ov(oc;anders die rubr.). ltp.-Annahmen in Dig. und Cod.-Stellen bei Albertari o I 407 ff.; Näheres o. § 908 - 10 • S. auch P. Cairo Masp. 67151, 228 ff. (570 n. Chr.), dazu Taubenschlag, St. Bonfante I 437; Law 53; 180.

n

160

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 232. Der tutor impuberis. Seine Bestellung

I. Schon die klassische Entwicklung hat die Unterschiede in der rechtlichen Behandlung der Tutel je nachdem, ob der Vormund im Testament ernannt, vom Gesetz berufen oder vom Magistrat eingesetzt worden ist, nahezu ausgeglichen. Die nachklassischen Jahrhunderte verstehen die Tutel als eine einheitliche Einrichtung ;1 vor allem wird nach dem Schwinden des Abtretungs- und des Ablehnungsrechts das Exkusationsrecht nun auf alle Vormünder erstreckt. Auch die Auf gaben des Tutors und der Rechtsschutz des Mündels gegenüber dem Vormund sind jetzt ohne Unterschied des Berufungsgrundes gleichförmig geregelt. II. Die Bestellung

knüpft an die bisherige Ordnung an.

1. Das Recht, im Testament einen Tutor zu ernennen, 1 stand schon im klassischen Recht auch anderen Personen als dem paterf amilias zu und wurde damit von der patria potestas gelöst.8 Der Kreis der Berechtigten wird später noch erweitert.' Der Gebrauch einer bestimmten Wortformel wird, wie für das Testament überhaupt (u. § 285 1), im 4. Jh. preisgegeben ;5 auch die Auslegung wird freier gehandhabt. 8 Justinian gestattet dem Vater, seinen Konkubinenkindern (liberi naturales) einen Tutor zu ernennen für das, was er ihnen gültig schenkt oder hinterläßt, C. 5, 29, 4 + 5, 35, 3 (530); Nov. 89, 14 (539); confirmatio ist erforderlich.'

2. Die gesetzliche Tutel der Agnaten, 8 die die lex Claudia beseitigt hatte, lebt in der frühnachklassischen Zeit wieder auf. 9 Die des Patrons hat immer Archi 207 r.; einzelnes im folgenden. Zum Westen vgl. Levy, Bull. 55/56 Suppl. (1951) 255; s. auch 252 rr. zu PS 3, 6, 15 mit Paul. D. 48, 10, 18, 1. 1 Hierzu und zur •confirmatio•, die anderen als den vom Vater ernannten Tutoren nur nach Tauglichkeitsprüfung erteilt wird, s. o. § 86 II. - Zu P. Cairo Masp. 67151, 228 U. s. Kreller, Erbr. Unters. (1919) 288 f. ' Zur Ernennung durch die Mutter vgl. D. 26, 2, 4; C. 5, 28, 4; Echtheit fraglich, die confirmatio ist hier abhängig gemacht von einer Zuwendung des Erblassers an den Mündel, quasi in rem potius quam in personam tutorem dare videatur; Lit. o. § 866 (Solazzi jetzt II 297 ff.), dazu Peters, SZ 32 (1911) 257 f. - Zu SRR L 90 s. Partsch, SZ 28 (1907) 4M. Sicher unecht ist die Ernennung durch einen 'extraneus•, D. 26, 3, 1, 1; 4; 27, 1, 32; Solazzi II 303 ff. = RIL 53 (1920) 373ff. 11Archi 214 r. zu GE 1, 7, 2 und IP 4, 12, 3 (gegen PS 4, 13, 3). Griechische Sprache: NT 16, 8 (439) = C. 5, 28, 8. • Ernennung des eigenen Sklaven ohne 1 1

ausdrückliche Freilassung: s. schon Paul. D. 26, 2, 32, 2; Ulp. D. 40, 5, 24, 9; Val. Gall. C. 7, 4, 10 pr.; Iust. C. 6, 27, 5, 1b (531); Wlassak, SZ 26 (1905) 409 ff. Zur Ernennung des fremden Sklaven (unter der Bedingung künftiger Freiheit) s. D. 26, 2, 10, 4 (mit Iod.); C. 7, 4, 10, 1 itp., Eisele, SZ 11 (1890) 27 f.; Sachers 1527. 'Itp. D. 26, 3, 7 pr., Solazzi II 289 u. a., s. Ind. 8 Sie wird in GE 1, 7, 1 vorangestellt; vgl. Archi 209 f. • CT 3, 17, 2 (326) unterstellt sie als bestehend; nach C. 5, 30, 3 (472) hat Konst. (c. 2, wohl verkürzt) die lex Claudia aufgehoben. Vgl. ferner Inst. 1, 15 pr./1 (D. 26, 4, 7) ex Gai. 1, 155 r., wo § 157 übergangen wird. Vermutlich hat die allgemeine Verarmung bewirkt, daß die Testamente und damit die Tutorenernennungen immer seltener wurden. Inwieweit das Vulgarrecht den antiquierten Begriff der •agnati> noch verstanden hat, ist fraglich; CT 3, 17, 3 (389) spricht von 'legitimi>, IT von 'propinquitas•.

§ 232. Der tutor

impuberis.

Seine Bestellung

161

fortbestanden; ebenso die des parens manumissor. 10 Anastasius bevorzugt bei der Berufung der Verwandten zur Vormundschaft ebenso wie zur Intestaterbfolge die Blutsverwandtschaft vor der Agnation. 11 Justinian folgt ihm, 12 indem er zur Tutel dieselben Personen beruft wie zur gesetzlichen Erbfolge. 13 Zur gesetzlichen Vormundschaft der Mutter s. u. III. 3. Für die behördliche Vormundsbestellung 1' wird im Westen, mit dem Cod. Theod. auch im Osten, der praef ectus urbi unter Zuziehung von zehn Senatoren und des praetor tutelaris zuständig gemacht. 16 Justinian übernimmt dies und ordnet außerdem an, es sollte bei einem Mündelvermögen bis zu 500 solidi der defensor civitatis zusammen mit dem Bischof oder anderen publicae personae, in Alexandrien der iuridicus, den tutor oder curator bestellen, ohne Weisungen des Statthalters abzuwarten. 16 Die der Mutter obliegende Pflicht, die Bestellung eines Vormunds zu beantragen (o. § 86 IV), wird in einem verschollenen Gesetz (s. CT 3, 18, 2) durch eine Strafdrohung verstärkt; Versäumnis dieser Pflicht zieht Verlust der Fähigkeit zu testieren und zu schenken sowie Infamie nach sich, vgl. INT 11. Anders und milder NT 11, 1 (439) = C. 6, 56, 6; 6, 58, 10; RB 36, 4: Die zur Erbfolge nach dem pupillus Berufenen verlieren, wenn sie den Antrag nicht binnen Jahresfrist nach dem Tod des Vaters stellen, ihr Erbrecht.17Ebendies gilt für die Mutter, wenn sie gesetzliche Vormünderin ist und bei Wiederverheiratung nicht für Bestellung eines anderen Tutors gesorgt hat, NT 11, 2 = C. 6, 56, 6; RB cit. 18 Für 'liberi naturales' ist die Mutter antragspflichtig nach C. 5, 31, 11 (479),

4. Bei den Tutoren, die für besondere Zwecke bestellt werden, tritt in der Kompilation an die Stelle des häufig der ; inwieweit sich darin eine bewußte Neuerung oder nur eine fortschreitende Angleichung der beiden Einrichtungen ausdrückt, bleibt indessen fraglich. 19 10

Obwohl GE beide schweigend übereht; Archi 211 ff. - Zu Justinian s. nst. 1, 19 ; vom 'parens manumissor• zu sprechen ist anacnronistisch, seitdem sich die emancipatio nicht mehr der manumissio bedient, o. § 228 I. Ober das Verhältnis von Inst. cit. zu Nov. 118, 5 (543) vgl. Bonfante I 420 f. 11 C. 5, 30, 4 (498) beruft den emanzipierten Bruder vor den gradferneren Agnaten und Kognaten. 11 Vgl. auch C. 6, 58, 15, 4 (534). Sukzessive Berufung: C. 6, 4, 4, 20a (531), dazu La Pi r a, La successione ered. (1930) 132 r. 11 Nov. 118, 5 (543). Bei einer Mehrheit gesetzlich berufener Tutoren entscheidet der Richter. 16 Zu 'tutor dativus• s. o. § 8619• Der behördlich ernannte heißt so in C. 5, 30, 5, 2 (529). - Urkunden aus dem Westen: Marini nr. 79 = Tjäder I nr. 7 (557 n. Chr.); aus dem Osten vgl. etwa bereits FIRA 111 nr. 28 = P. Rend. Harr. 28 (225 n. Chr.). Waisenhäuser als Vormünder: Nov. 131, 15 (545). u CT 3, 17, 3 (389) = C. 5, 33, 1; vgl. IT primi patriae cum iudice. GE 1, 7, 2 hat nur ex inquisitione iudicis; vgl. auch

f

t t HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

CT eod. 4, 4 (390) = C. 5, 35, 2 (praefectus urbi mit dem praetor tutelaris), dazu IT (electio iudicis vel provincialium). Zur Deutung und zur Frage einer Zuständi~keit der curia in der provinziellen Praxis s. Archi 215 rr. Itp. ist der praefectus urbi in D. 27, 1, 45, 3. - Zu den Munizipalmagistraten s. o. § 86•; Solazzi nimmt an, daß ihre Zuständigkeit aus der volksrechtlichen Praxis des Ostens erst unter Justinian ins Reichsrecht übernommen wurde, II 211 rr.; 225 rr. = AVen. 77 (1917) 20 rr. und jetzt Lab. 2 (1956) 7 rr. (die tab. Herculan. beweise nur für die tutela mulieris); 4 (1958) 150 rr.Über die Zuständigkeit zur Tutorenernennung vgl. auch Solazzi, Studi sulla tutela II (Mem. Mod. 13, 1926). Zu den Papyri Wenger, Qu. 819 f. m. Lit. 11 C. 1, 4, 30 (531); Inst. 1, 20, 4 r. S. schon Ulp. D. 1, 20, 1 f. 17 Wie schon nach klassischem Kaiserrecht, Sev.-Mod. D. 26, 6, 2, 2; Tryph. eod. 4, 3. 18 Näheres u. III. Zu den Strafen bei Wiederverheiratung u. A. 34. 11 Vgl. Inst. 1, 23, 5 f. Näheres in der o. § 86u genannten Lit., s. insbes. Solazzi, Curator impuberis (1917) gegen-

162

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

III. Für die Fähigkeit zur Vormundschaft 20 gelten nunmehr, gleichgültig, worauf sie beruht, einheitliche Grundsätze. Die verstärkte staatliche Fürsorge führt zu einer Vermehrung der Unfähigkeitsgründe. 21 Da in dieser Periode alle Vormundschaft unter verschärfter staatlicher Aufsicht steht und ihre Bestellung häufig der behördlichen datio oder confirmatio bedarf, fließen die Gründe für die Unfähigkeit mit denen, die die bloße excusatio rechtfertigen, zuweilen ineinander; so etwa (außer in den Fällen der A. 21) bei Stummheit und Taubheit 22und bei Geisteskrankheit. 23 Justinian gewährt die 'immunitas• von jeglicher Vormundschaft den Bischöfen, Priestern, Diakonen, Subdiakonen und Mönchen, C. 1, 3, 51 (531); Nov. 123, 5 (546) (s. u. A. 36). Nach Nov. cit. dürfen Priester, Diakone und Subdiakone die Vormundschaft freiwillig übernehmen, wenn sie dies binnen vier Monaten der Behörde erklären." Schuldner und Gläubiger des Mündels dürfen die Vormundschaft nicht übernehmen, Nov. 72 (538), damit sie den Mündel nicht schädigen; wer erst nachträglich Schuldner des Mündels wird, bleibt Vormund; notfalls ist ein Sondervormund zu bestellen (cap. 2). Eine Ausnahme von diesem Verbot für die Mutter bestimmt Nov. 9ft pr./1 (539).

Die wichtigste Neuerung ist die Zulassung von Frauen zur Vormundschaft.26 Nachdem schon die Klassiker Wege gefunden haben, 28 um der Mutter die Vermögensverwaltung 27 und, wenn auch nur neben dem tutor, eine Inst. 1, 25, 14, ferner Ulp. vat. 138, 140über Taubenschlag, Vormundschaftsrechtliche Studien (1913) 47 ff. - Be- 145, 222; D. 27, 1, 23, 1; Mod. eod. 8, 1; stellung des Tutors für ein einzelnes Ge- 10, 5; Ant. C. 6, 37, 8; Phil. C. 5, 34, 4. 11 Im klassischen Recht Unfähigkeit der schäft ist nicht zulässig,s.schon Ulp.,Pomp., Marci. D. 26, 2, 12-14; Inst. 1, 14, 4 •tutores dati•, Pomp.-Paul. D. 26, 1, 1, 2 f.; (anders die Papyri, vgl. Mitteis, SZ 29 bei Herrn. auch der gesetzlichen Tutoren, [1908) 402; Solazzi II 416 f. = Aeg. 2 D. 26, 4, 10, 1; Exkusation der magi(1921) 173; Taubenschlag, Law 17417 ); stratischen, Ulp. (off. praet. tut.) vat. wohl aber für einzelne Vermögensteile, 238 f.; vgl. auch die Regelung bei Gai. 1, Ulp. D. 26, 2, 15; Herrn. D. 26, 5, 27 pr. - 180; Paul. D. 26, 1, 17; o. § 86 V. S. BonI 4681 ; Von Bestellung eines curator zur Ver- fante 4306 , anders Perozzi mögensverwaltung oder Prozeßführung, Scr. III 158 ff.; 167 f. PS 2, 27, 4 gibt bei wenn der pupillus während des Prozesses nachträglichen körperlichen oder geistigen mündig geworden ist, handelt CT 3, 17, 1 Gebrechen nur ein Exkusationsrecht; das (318) = C. 5, 34, 11, s. auch (abweichend) ist nachklassische Verallgemeinerung. 21 Vorübergehende Unfähigkeit des testaIT. Nichts zu tun hat damit (trotz Sachers, RE 5 A, 1522) die Ersetzung des mentarischen Tutors nach Ulp. D. 26, 2, •tutor praetorius> durch den curator für 10, 3; Paul. D. 26, 1, 11; Inst. 1, 14, 2; Prozesse zwischen Vormund und Mündel, Aushilfsmaßnahmen im Fall des tutor Inst. 1, 21, 3; D. 26, 1, 3, 2-4; 5 pr.; 26, 2, legitimus nach Gai. 1, 180; Paul. D. 26, 1, 24, alle itp., s. Ind. - Zum curator bei 17, s. allgemein Mod. D. 27, 1, 10, 8; Geisteskrankheit des Tutors oder körper- 12 pr. (o. A. 19); Tryph. eod. 45, 4. Lit. lichen Gebrechen in Mod. D. 27, 1, 10, 8; o. A. 22; ebd. auch zu PS 2, 27, 4. 12 pr. s. Solazzi, Cur. imp. 41 ff.; " In ägyptischen Papyri kommen mehrSachers 1521; 1531. fach Mönche als Vormünder vor, vgl. 18 Bonfante St. Bonfante I 425. I 428 ff.; Sachers 1527ff. Taubenschlag, 16 Sachers m. weit. Hinw. 1528 ff.; 1583 f.; Biondi II 11 Einzelne Fälle sind bereits klassischen 236 ff. 28 Oben § 85. Abwehr weitergehender Rechts. Personen, die sich selbst erbieten oder sogar Geld anbieten, sind nicht zu Volksrechte in Pap. D. 26, 2, 26 pr.; bestellen, Mod. D. 26, 5, 21, 6. Feinde des Alex. C. 5, 35, 1; s. auch Herrn. D. 26, 4, Mündels oder seiner Eltern werden nach 10 pr. 17 Z. B. durch Einsetzung PS 2, 27, 1; Mod. D.27, 1, 6, 17; Inst.1, als Allein25, 11 exkusiert, bei testamentarischer erbin und Belastung mit ErbschaftsfideiTutel sind sie u. U. abzusetzen, s. fr. kommiß zugunsten der (enterbten) Kinder, 6, 17 cit., Ulp. D. 26, 10, 3, 12. Soldaten Ulp. D. 38, 17, 2, 46; Paul. D. 36, 1, 76, werden auch gegen ihren Willen befreit, 1.

§ 232. Der tutor

impuberis.

Seine Bestellung

163

Geschäftsführung zuzuwenden, 28 gibt die nachklassische Gesetzgebung dem Druck der hellenistischen Rechte nach, die in weitem Umfang Frauen als Vormünderinnen oder als Beistände neben dem Vormund zulassen. 29 Seit dem späten 4. Jh. kann die Witwe, wenn sie sich verpflichtet, 30 nicht wieder zu heiraten, auf ihren Antrag als Vormünderin ihrer Kinder bestellt werden; dabei werden die Kinder für den Fall, daß sie dennoch eine neue Ehe eingeht, mit bestimmten Sicherheiten ausgestattet. 31 Justinian erweitert diese Vormundschaft auf die Mutter von Konkubinenkindern, 32 ja er beruft die Mutter, allenfalls die Großmutter, sogar als gesetzliche Vormünderin mit Vorrang vor den Seitenverwandten, aber hinter den testamentarisch ernannten, 83 und verstärkt die Sicherheiten. 34 Das Mindestalter für die Vormundschaft setzt Justinian auf 25 Jahre 36 hinauf. IV. Das Recht des testamentarischen Tutors zur Ablehnung (abdicatio) ist bereits in der spätklassischen Zeit durch den Übernahmezwang verdrängt worden (o. § 86 II). Noch früher ist das Abtretungsrecht des gesetzlichen tutor impuberis verschwunden (o. § 86 III). Dafür wird das ExkuVgl. Pap. D. 3, 5, 30, 6; Pap.-Ulp. mannes werden mit einer gesetzlichen D. 26, 7, 5, 8. - Hat sie den Vormündern Hypothek zugunsten der Kinder belastet Schadloshaltung versprochen, dann hat (u. § 234 16 ); auch der zweite Mann haftet man ihr den Schutz des SC Vellaeanum für den schuldhaft dem Kind zugefügten versagt, vgl. Pap.-Ulp. D. 16, 1, 8, 1; Schaden (§ 2). Zur Antragspflicht für die Bestellung eines neuen Vormunds (§§ 3, 4) PS 2, 11, 2 u. a., dazu zuletzt Solazzi, Z. s. o. II 3. SD 19 (1953) 321 rr.; Medicus, 11 Sofern der Vater nichts anderes beGesch. d. Sc. Velleianum (1957) 87 ff.; anders L e vy II 203. Dagegen wird sie stimmt hat und sie sich verpflichtet, nicht geschützt, wenn sie selbst ungeeignete wieder zu heiraten, und auf den Schutz Tutoren beantragt und (den Gläubigern des SC Vellaeanum verzichtet, C. 5, 35, 3 gegenüber) die Gefahr auf sich genommen (530), s. auch Nov. 155 (533); 89, 14 (539); hat, Alex., Diocl. C. 5, 46, 1 u. 3; 4, 29, 6, 2 94, 1 i. f. (539). 83 Nov. 118, 5 (543). Andere Frauen als (c. 3 und 6, 2 überarb., Solazzi 324). Wieder anders IP 2, 11, 2 (hier hat die die Mutter und die Großmutter bleiben Frau nicht Schadloshaltung versprochen, ausgeschlossen. sondern die Fidejussionsbürgschaft für " Geht die Frau ihrem Eid zuwider eine neue Ehe ein, ohne für die Kinder einen die Tutoren übernommen, s. Conrat, Paulus 119). - Im übrigens. zur Geschäfts- neuen Vormund beantragt zu haben, so führung der Mutter die Lit. o. § 85', treffen sie außer dem Verlust des Erbrechts insbes. Solazzi, ANap. 58 (1937) 3 ff. nach den Kindern die Strafen, die auf Verzu Paul. D. 3, 5, 33 (zdSt. auch die Lit. letzung der Wartezeit gesetzt sind, Nov. 22, 40 (536). Nov. 94, 2 (539) verlangt o. § 87 18 ). Zu PS 1, 4, 4 s. Levy, PS 93 f. n Vgl. o. § 23i7, zur 'mütterlichen nicht mehr den Eid, hält aber an den Gewalt' o. § 226 9• Im römischen Ägypten Folgen fest. S. o. § 220 6 • 36 C. 5, 30, 5 (530, dazu Albertario V wird die Mutter als ein neben den Vormund tretender Beistand (rnaxoi.ou-&-lrrpL«) 360 ff. = SD 3 [1937] 155 ff.); Inst. 1, 25, genannt (dazu im Vergleich mit dem römi- 13 (zu diesen Stellen und Inst. 1, 19 vgl. schen Recht insbes. Sol a z z i, ANap. 55 Fritz, Studien 4 ff.). Danach sind viele [1933] 377 ff., anders Frezza, o. § 85' Stellen itp., vgl. Solazzi II 316 ff. = m. weit. Lit.), daneben als eine Art cura- Riv. it. 64 (1920) 8 ff.; Cur. imp. 45 ff. trix (cppovT(cnpLoi:); vgl. Taubenschlag, Der testamentarisch bestellte minor XXV SZ 49 (1929) 125 f.; Law 154 f.; 158 f., auch annis wird mit 25 Jahren Tutor, Inst. 1, 1259 f.; Wenger, Qu. 818, 14, 2. Im klassischen Recht gab Alter Sachers beide m. weit. Hinw. unter 25 Jahren nur ein Exkusationsrecht, ao Nach Justinian durch Eid, vgl. C. 5, Inst. 1, 25, 13; Ulp. vat. 223 f. (s. auch 35, 2 pr. itp. 151; 182); CT 3, 17, 4, 3 (390) = C. 5, 35, 11 CT 3, 17, 4 (390) = C. 5, 35, 2. Ihr 2, 3; doch s. schon SRR L 7, dazu De Vermögen und das des zweiten Ehe- Francisci, Saggi romanistici I (1913) 21. 18

tt•

164

Dritter

Teil. Die nacbklassischen

Entwicklungen

88 des magistratisch bestellten Tutors allmählich auf alle Vorsationsrecht mundschaftsfälle ausgedehnt; auf die testamentarischen schon seit Claudius, 17 auf die gesetzlichen erst in nachklassischer Zeit. 88 Doch werden die Tatbestände der excusatio, wie sich gezeigt hat (o. III), von denen der Unfähigkeit zur Vormundschaft nicht mehr scharf abgegrenzt. Die (o. § 86 IV) besteht im Westen weiter, 89 sie wird aber von Justinian beseitigt.

,o

§ 233. Die Aufgaben des Vormunds

I. Bei den Pflichten des Tutors unterstreicht man in dieser Periode die sittlichen Bindungen. 1 Die Fürsorge für die Person des Mündels erschöpft sich auch jetzt im wesentlichen in der Bereitstellung der Mittel aus dem Mündelvermögen für den Unterhalt• und für die Erziehung, die wie schon bisher vor allem der Mutter anvertraut wird (o. § 85, § 232 III). II. Für die Vermögensverwaltung' werden die Verpflichtungen des Vormunds genauer geregelt und strenger gestaltet. Kapitalien sind, um sie der Geldentwertung zu entziehen, in Grundbesitz oder, soweit dies nicht möglich ist, zinsbringend anzulegen; Gold, Silber und andere wertbeständige Sachen sind an sicherer Stelle zu hinterlegen.' Die Inventarerrichtung, schon bisher als nützlicher Behelf zur Rechnungslegung geboten, wird nun zur Ermittlung des Umfangs der Herausgabepflicht vorgeschrieben. 6 Die oratio Severi (o. § 87 III) wird beträchtlich erweitert: Seit Konstantin dürfen alle (auch städtische) Grundstücke und bewegliche Sachen • Zur excusatio tutoris s. neuestens '° Dazu Solazzi II 27 f. = Riv. it. 54 Debbasch in: Varia II (Paris1956) 55 ff., (1914) 23 f. 1 Biondi dazu Niederländer, SZ 75 (1958) 413ff.; II 236; Fscbr. Schulz 155ff. Gennaro Ferrari, Lab. 3 (1957) 399 ff.; Eid des Vormunds über die Führung der Solazzi, Iura 8 (1957) 541 ff. Dem Cha- Vormundschaft: Nov. 72, 2/8 (538). 1 Vgl. CT 3, 30, 6, 1 (396); Nov. 72, rakter der Vormundschaft als eines •munus' entsprechend, wird die Befreiung 7 f. (538). Beistandschaft in Strafsachen: zuweilen als •immunitas• bezeichnet, vgl. C. 5, 59, 4 (531). Mitwirkung des Tutors CT 13, 5, 7 (334). - Einzelheiten bei oder Kurators beim Verlöbnis und bei der Sachers 1534 ff. m. Lit.; zu den Fristen Eheschließung: o. § 21110 • ebd. 1537, sie bestehen noch in PS 2, 27, 3, • Die Führung der Vormundschaft beißt erscheinen aber beseitigt in D. 26, 7, 5, 10 in IP 2, 30, 1 •actio tutelae'; Levy I 206. 'CT 3, 30, 6, 1 (396) = C. 5, 37, 24, t (unecht), dazu Solazzi II 34 f. = Riv. it. 54 (1914) 32 f. Zur Zuständigkeit (verändert), s. auch IT; vgl. auch CT 5, 37, Kipp, RE 2, 202 (Appellatio). Zur Be- 22, Sa (329); D. 26, 7, 5 pr. itp. (lnd.). Die Anlegung muß binnen 6 Monaten seit freiunf der Kleriker s. (Giannino) Ferrari II 178 ff. = AVen. 99 (1939/40) Amtsbeginn (D. eod.15 aus PS) und binnen 171 ff. Zu Symm. ep. 1, 77 vgl. Stein2 Monaten nach Eingang der Gelder geschehen (D. eod. 7, 11 •Iaxamentum'; wen ter, SZ 74 (1957) 17. 17 Lit. o. § 861'. Vgl. Gai. 1, 182, dazu Solazzi, Minore eta [1912) 123 f.); Nov. 72, 6 r.(538). Nach diesem Gesetz wird nicht auch o. § 86". Einzelheiten bei Sachers 1538. mehr notwendig zinsbringende Anlegung • CT 3, 17, 2 (326); 13, 5, 7 (334); verlangt, sondern nur noch sichere Hinter3, 17, 3, 1 (389) = C. 5, 33, 1, 3; CT eod. legung, immer auf Gefahr des Vormunds. 1 CT 3, 30, 6 pr. (396) = C. 5, 37, 24 pr. 4, 3 (390) = C. 5, 35, 2, 3; C. 5, 30, 4 (498). Hierzu und zu den itp. Stellen Solazzi, (veränd.); C. 5, 51, 13, 2 f. (530, dazu Minore eta (1912) 272 ff.; Bonfante Albertario V 357 ff. = SD 3 [1937] 4331 (ungenau Sachers 1534 f.; Paul. 153 f.); diesem Gesetz zufolge kann der vat. 244 und Mod. D. 27, 1, 6, 19 be- Erblasser Befreiung erteilen. Zur Inventreffen nicht die tutela legitima). tarpflicht s. Solazzi II 21 f. = Riv. it. • PS 2, 28/29; IP 2, 29, 2; 2, 30, 1. 53 (1913) 290 f.; Sachers 1571 f.

§ 233. Die Aufgaben

des Vormunds

165

von Wert nur noch aus zwingenden Gründen und mit gerichtlicher Erlaubnis verkauft,• verpfändet oder als dos gegeben werden. 7 Justinian verlangt die behördliche Erlaubnis auch zur Einziehung von Forderungen. 8 III. Die auctoritas tutoris, deren es bisher zu allen Geschäften bedurfte, die der impubes inf antia maior nicht allein vornehmen kann, fließt im westlichen Vulgarrecht mit dem consensus curatoris zusammen. 8 Justinian scheint zu der mündlich beim Geschäftsabschluß zu erteilenden auctoritas tutoris zurückzukehren ;10 inwieweit dies ernstzunehmen ist, bleibt fraglich. Das Handeln des Vormunds cdomini loco> für den Mündel (o. § 87 II) wird auf Geschäfte zum Vorteil des Mündels eingeschränkt. 11 Die Prozeßführung des Vormunds für den Mündel wird über den klassischen Zustand hinaus erweitert. 11 • Im Vulgarrecht fließen Verkauf und Übereignung zusammen, vgl. u. § 242 III. Bei Justinian dagegen soll für die anderen entgeltlichen causae der Veräußerung die oratio offenbar wieder in ihrem klassischen Umfang gelten, vgl. Val. Gall. C. 5, 71, 4; Diocl. eod. 8; 15. Für die Schenkung gilt Besonderes, vgl. schon o. § 8711 ; Diocl.

• Oben § 207 I 2/3. Schon Diocl. vat. 326 i. f. (o. § 2311 ) ist unbestimmter gefaßt

als C. 3, 6, 2; vgl. dazu Solazzi, Minore eta (1912) 223 f.; 242; Bonfante I 506 f. Die Begriffe 'auctor, auctoritas•, angewandt auf den Vormund, sind dem Vulgarrecht fremd; IP 4, 12, 3 schöpft aus PS 4, 13, 3, dieser Text und D. 4, 4, 34, 1 C. 5, 37, 16. (ex PS) gehen auf klassische Quellen zu7 CT 3, 32, 1 (322) verlangt die Erlaubnis rück. 'Auctor> ist jetzt technischer Name für den Verkauf ländlicher Grundstücke für den Erblasser (immer in IP, häufig und Sklaven; vgl. auch eod. 2 {326) = in IT u. a.). 10 C. 5, 71, 18, beide für die 'minores•, die Inst. 1, 21, 2 = Gai. D. 26, 8, 9, 5; jetzt die impuberes einschließen (o. § 207 8 ). aufgelockert schon in eod. § 6 (dazu lnd. Eingebend sodann CT 3, 30, 3 (329), fast und Bonfante 1 440'). Vgl. auch rubr. nur in C. 5, 37, 22 überliefert: Hier miß- D. 26, 8 De auctoritate et consensu tutorum billigt Konst. die Vorschrift, die dem Vor- et curatorum. Zum 'curator> für Prozesse mund den Verkauf aller Mündelsachen zwischen Vormund und Mündel (Inst. außer 'praedia et mancipia rustica• zur 1, 21, 3) s. o. § 232 11• - Zur BereicherungsPflicht macht, und ordnet an (aber wohl haftung des Mündels aus den ohne aucnicht bindend), daß alle Grundstücke und toritas tutoris abgeschlossenen Geschäften wertvolle Sklaven überhaupt behalten vgl. o. § 87 IV über die umstrittenen Erwerden sollen. Ohne Erlaubnis des Prä- weiterungen des rescriptum divi Pii. Zur tors (vgl. CT 3, 32, 2 = C. 5, 71, 18 cit.) Bereicherungshaftung des Mündels aus frei verkäuflich sind nur alte Kleider dolus tutoris (Ulp. D. 14, 4, 3, 1; 15, 1, sowie Früchte und sonstige Erträgnisse, 21, 1; Pomp., Pap. D. 26, 9, 1; 3 u. a.) Bereicherungshaf§ 6 = C. 5, 72, 4, s. auch C. 5, 37, 28, 5 vgl. Niederländer, (531). Zur Anwendung des Verbots auf tung (1953) 129ff. m. Lit., insbes. Sobeschränkte Sachenrechte vgl. D. 27, 9, lazzi I 505 ff. = Bull. 24 (1911) 116 ff.; 3, 4 f. (lnd.); C. 5, 71, 13, dazu Riccos. auch Talamanca, AG 146 (1954) 66 ff. 11 D. 26, 7, 27 itp., s. auch D. 41, 4, 7, 3 bono, APal. 3/4 (1917) 385 1• - Justinian gestattet dem gewesenen Mündel, das (Lit. o. § 871 ). - Zum Erbschartsantritt nichtige Geschäft innerhalb von fünf C. 6, 30, 18, 2 (426), dazu u. § 29116 • 11 Während nach Gai. 4, 99; 101 der Jahren nach Vollendung des 25. Lebensjahres zu bestätigen; bei verschenkten Tutor regelmäßig Sicherheit leisten muß, Grundstücken beträgt die Frist 10 Jahre ist er nach spätklassischem Recht davon 'inter praesentes•, 20 Jahre 'inter ab- befreit, wenn er wegen infantia oder absentes• (zu diesen Begriffen u. § 243 12), sentia des Mündels zur Prozeßführung für diesen gezwungen ist, also diesen nicht C. 5, 74, 3 (529); C. 5, 73, 4 itp., Alberselbst (tutore auctore) prozessieren lassen tario I 493. 8 C. 5, 37, 25 (531); Inst. 2, 8, 2. Ausgekann, Ulp. D. 26, 7, 1, 2, dazu Solazzi 1 nommen sind die regelmäßigen Einkünfte, 374 ff. = Bull. 22 {1910) 8 ff. Auch die nach eod. 27 (531) auch die Zinsen für actio iudicati geht nur in diesen beiden Fällen aus dem Prozeß des Tutors gegen höchstens zwei Jahre bis zu 100 solidi.

166

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

IV. Zu einer Mehrheit von Tutoren kann es wie bisher bei testamentarischer, gesetzlicher 13oder behördlich bestellter Vormundschaft1' kommen. 15 Justinian läßt, wenn die Verwaltung nicht besonders auf die mehreren Vormünder18 verteilt und darum gemeinsam zu führen ist, die auctoritas eines von ihnen genügen; nur für Akte, die die Vormundschaft überhaupt beenden, wie die datio in adrogationem, ist die auctoritas aller erforderlich. 17

§ 234. Der Rechtsschutz des Mündels gegenüber dem Vormund Auch die Rechtseinrichtungen zum Schutz des Mündels gegenüber dem Tutor werden jetzt auf jeglichen Vormund ohne Unterschied der Bestellungsart angewandt. I. Das Verfahren gegen den tutor suspectus mit dem Ziel seiner Entfernung und lnfamierung 1 wird verallgemeinert. 2 Aus zwingenden Anlässen kann die Absetzung des Vormunds auch ohne Anklage von Amts wegen verhängt werden. 8 Anknüpfend an die freie Absetzbarkeit des vom Magistrat bestellten Tutors,' entfernt man jeden ungeeigneten Vormund, auch wenn er schuldlos ist; die Inf amiefolge trifft ihn dann nicht. 6 den Mündel, Ulp. eod. 2 pr., Solazzi 377 f. (12 f.). Justinian dagegen scheint die Kautionspflicht allgemein beseitigt und die actio iudicati gegen den pupillus immer zugelassen zu haben, vgl. die l tpp. in fr.1, 2; 2 pr. cit., doch s. auch Kaser, SZ 73 (1956) 423 zu C. 5, 37, 26, 3; Solazz i 387 ff. (25 ff.). Auch die actiones utiles zugunsten und gegen den pupillus aus Geschäften des Tutors scheinen in itp. Stellen verallgemeinert worden zu sein, s. Solazzi I 393 ff.; 453 ff. = Bull. 22, 33 ff.; 23 (1911) 119 ff. - Einen Prozeßvertreter bestellen (actionem pupilli mandare) kann der Tutor nicht, sondern nur einen actor; dazu Näheres bei Solazzi II 167 ff. = RIL 49 (1916) 212 ff. Abweichend die Papyri, dazu auch Taubenschlag 165 f. 13 Sind mehrere Kognaten nebeneinander zur Tutel (wie zur Intestaterbfolge) berufen, soll der Beamte einen oder mehrere auswählen. Es haften aber alle, auch die Generalhypothek trifft alle; Nov. 118, 5 (543).

H Ob.§ 87 V. Vgl. CT 3, 17, 3 pr. (389) = C. 5, 33, 1 pr., o. § 232u. 16 Auch die tutores honorarii erhalten jetzt eine Aufsichtspflicht, D. 26, 7, 3, 2, u. § 234 11 • Der propter rei notitiam datus kann nun auch behördlich bestellt werden, D. 27, 3, 1, 7 itp. (lnd.); seine Aufgaben werden erweitert, C. 5, 38, 1 sive ea rell. itp., Lit. o. § 8716 • 18 Zu CT 2, 4, 1, 1 (318) = C. 5, 40, 2 vgl. Gradenwitz, SZ 38 (1917) 63 ff.; Solazzi, SD 12 (191t6) 21 ff.

C. 5, 59, 5 (531), dazu Solazzi, ANap. 57 (1935) 212 ff. - Zur Haftung bei Tutorenmehrheit s. u. § 234 III. 1 Vgl. jetzt auch C. 5, 51, 13, 3 (530); 5, 37, 28 pr. §§ 1, 2 a (530); zu D. 26, 10, RH 28 (1950) 3, 16 itp. vgl. Cardascia, 312 ff. - Die impuberes selbst sind nicht postulationsfähig, Inst. 1, 26, 4 und Ulp. D. 26, 10, 7 pr.; ltp. trotz Solazzi, Bull. 37 (1929) 13 ff.; 20 nicht gesichert. 1 Inst. 1, 26, 2 = D. 26, 10, 1, 5; Lit. Le crimen o. § 88 10 , 11, insbes. Laprat, suspecti tutoris (1926) 331 ff.; Solazzi jetzt in II 101 ff. Zur Absetzung des tutor cessans vgl. Inst. 1, 26, 5, dazu Solazzi II la55 ff. = StPav. 6 (1921) 172 ff. Andere itp. Erweiterungen in D. 26, 10, 1, 7 i. f. I und C. 5, 43, 6, 3 vermutet Bonfante 449. Zur Zuständigkeit des Prätors s. CT 3, 32, 2 (326), o. § 2337• 3 D. 26, 10, 3, 4 itp. (Ind.). Ob die ägypt. Papyri aus der klassischen Zeit eine solche Absetzung bereits kennen, ist fraglich; zu P. Catt. v 0 • ( = Mitteis, Chr. 88) I 25 ff.; II 14; 23 ff. (2. Jh.) vgl. Taubenschlag, St. Bonfante I 390 m. Lit., anders aber Solazzi II 459 f. = StPav. 6,180 f. 'Ob. § 88 11 ; die Stellen betreffen die vom Vater oder von der Mutter im Testament Ausgeschlossenen. Zum Feind des Mündels o. § 232 11 • 6 Ulp. D. 26, 10, 3, 12/18; Val. Gall. C. 5, la2, 2 pr.; Diocl. C. 5, 43, 9; Inst. 1, 26, 6. Zur Echtheitsfrage s. die Lit. o. § 8811 • Das Gestionsverbot wird der Absetzung gleichgehalten, Ulp. D. 26, 10, 4, 3 (überarb., Ind.). 17

§ 234. Der Rechtsschutz

des Mündels

gegenüber

dem Vormund

167

II. Die actio rationibus distrahendis verbirgt sich im Vulgarrecht hinter einer Doppelung der Haftung bei dolus des betrügerischen ctutor curatorve>.8 J ustinian stellt die actio wieder her; für ihn ist sie eine Strafklage, die zugleich der Sachverfolgung dient. 7 III. Das allgemeine Rechtsmittel zur Sicherung des Mündels, die actio tute 1a e auf der Grundlage der bona fides,8 wird mit der Auflösung des klassischen Aktionenbegriffs nun in einzelne Ansprüche aus Pflichtverletzungen aufgespalten, 9 die der Vormund bei den einzelnen ihm obliegenden Aufgaben begangen hat. 10 Die Haftung für cculpa>wird jetzt allgemein anerkannt, 11 daneben nennen einzelne Stellen - unter dem Einfluß der oströmischen Schule - eine Haftung für cdiligentia quam suis rebus•.12 Der Erbe des Tutors dagegen haftet (außer für eigene Schuld) nur aus dem dolus und der culpa lata des Erblassers. 13 Bei einer Mehrheit von Vormündern bleibt es, wenn die Geschäftsführung ungeteilt ist, bei der Solidarhaftung, doch gewährt Justinian ein beneficium divisionis.H Der tutor cessans haftet nicht mehr nur subsidiär. 16 Auch der Ehrenvormund haftet aus Verletzung seiner Aufsichtspflicht. 1• • PS 2, 30 ist unk.lassisch, Solazzi, Minore eta (1912) 117; II 202 = RIL 50 (1917) 179. 7 Zu den für das klassische Recht umstrittenen Fragen vgl. die Lit. o. § 88 II. Solazzi (jetzt II 287 ff.) führt die sachverfolgende Funktion erst auf justinianische Verschmelzung mit der actio tutelae zurück; s. auch Bonfante 453 r. 8 Zur Konträrklage o. § 88", u. § 261 IV. CT 3, 32, 2 (326) ist sicher unrichtig ergänzt; dem Vulgarrechtist derBegrifffremd. •Levy, SZ37 (1916) 24ff.; s. die dort zit. Collectio de contutoribus (Ep. lul. App.); vgl. auch zur Anspruchskonkurrenz Levy, Konk. I 220 ff. 10 Quasikontrakt: u. § 260. - Zum untätigen Vormund (tutor cessans) o. § 88 IV. 11 Die spätk.lassischen Ansätze (o. § 8830 ) bestreiten auch Bonfante I 456 ff. und neuestens De Robertis, La responsabilita del tutore nel dir. rom. giust. (1954) 71 ; 17 ff. ; 441 ; 48 rr.'N eglegentia• in CT 3, 30, 5 (333) mit IT ('culpa vel dolo• in C. 5, 37, 23); IT 3, 30, 1 r. Sicherlich wird die culpa in vielen Stellen neu hinzugefügt sein, vor allem auch dort, wo in klassischer Zeit eine 'objektive• Haftung galt (o. § 8811 ; das 'periculum• wird jetzt umgede~te_tin 'Haftung•, vgl. 'pe~cul~m culpae• o. a. m D. 26, 7, 39, 12/14, 40, De Robertis 44 ff.; 58 ff.). Aber einzelne culpaStellen werden gleichwohl bereits für klassisch zu halten sein. 11 D. 26, 7, 33 pr.; 27, 3, 1 pr., beide itp.; Nov. 72, 8 (538). Lit. im lnd. und o. § 11810 sowie bei Sachers, RE 5 A, 1573, s. auch Arangio-Ruiz, Resp. contr. 1 (1933) 60; 257 ff. (dazu u. § 258"); Ehrhard t, Mnem. Pappoulias 109 rr.;

De Robertis 12rr.; 29rf.; 33rf. Die von der Schule eingeführte Milderung (u. § 258 IV 3) läuft Justinians fürsorgestaatlichen und christlich-moralisierenden Tendenzen, den Mündel möglichst wirksam zu schützen, zuwider; vgl. ausdrücklich C. 5, 51, 7 tuwris dolo vel lata culpa vel levi culpa (zur ltp. Lenel, SZ 35 (1914] 207 r.; 38 (1917] 267 f.; Haymann, ACI Roma II 454; Solazzi, SD 4 (1938] 147 f.; De Robertis 228 ); s. auch Anon. sch. 4 zu D. 27, 3, 1 :pr. (Bas. 38, 3, 1, Heimb. III 712). Justiman mag sich daher im Fall des Tutors diesen Haftungsmaßstab nicht als Milderung zurechtgelegt haben, sondern als Steigerung: Der Vormund hat äußerste Sorgfalt anzuwenden, wie er sie auch in seinen eigenen Angelegenheiten anzulegen gewohnt ist (u. §258 60 , 61 ); De Robertis aO.; zu christlichen Einflüssen 38 ff. 11 C. 5, 54, 1; D. 26, 7, 39, 6; 27, 8, 4, alle itp., Rotondi II 300 rr.;305. H Zu den itp. Stellen s. o. § 15410 , u. § 2778 • Vgl. insbes. Levy, SZ 37, 26 ff. zu Solazzi II 37 Cf. = Riv. it. 54 (1914) 52 ff.; Bonfante 467 r.; Archi, Conr. Pavia (1940) 299 rr.; 306 r.; 326 f. Zur 'actio utilis (neg. gest. ?)• für den Rückgriff unter Mitvormündern in Ulp. D. 27, 3, 1, 13; Ant. C. 5, 58, 2 s. Partsch, Studien zur neg. gestio I (1913) 42 ff.; Levy, Konk. I 230 ff.; Are hi cit. 304111 ; 326117• Zum beneficium cedendarum actionum s. u. § 277 II 2. 11 D. 26, 7, 39, 11; eod. 55, 3; C. 5, 55, 2, alle itp., Levy, SZ 37, 66ff.; Lecomte, Pluralite des tuteurs (1928) 217 f.; 232 rr. 1• D. 26, 7, 3, 2 itp., Levy 7210 zu Solazzi II 61 f. = Riv. it. 54, 69 r. Zum

168

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Wer, ohne Tutor zu sein, die Geschäfte eines Vormunds führt, hattet nach klassischem Recht mit der actio negotiorum gestorum, vielleicht als actio utilis. 17 Justinian nennt, offenbar der oströmischen Schule folgend, hier eine 'actio protutelae'. 11 - Zur 'actio subsidiaria' s. o. § 88 V. 11

IV. Der Sicherung des Mündels 10 dienen weiterhin die 'satisdatio rem pupilli salvam fore>11 und das Mündelprivileg im Konkurs des Vormunds (o. § 88 a. E.). Das Pfandrecht an der Sache, die der Tutor mit Mündelgeld gekauft hat, wird verstärkt. 12 Vor allem aber erhält der Mündel, wohl unter Konstantin nach hellenistischen Vorbildern, 18 eine Generalhypothek am 16 Vermögen des Vormunds," die später noch erweitert wird. § 235. Die cura I. Von den nachklassischen Tendenzen in West und Ost, die cura 1 minorum mit der tutela impuberum zu verschmelzen, war schon die Rede. 1 Die Bestellung eines Kurators für jeden Minderjährigen wird als selbstverständlich angesehen, 8 und die Zuständigkeiten für die Bestellung sind für Namen •tutor honorarius• Levy 72; Bontante 4661 • 17 De Robertis, ABari 15 (1958) 67 ff. vermutet jetzt eine 'actio tutelae utilis', wenn der Nichtvormund 'pro tutore• auftritt, anderenfalls die actio negotiorum gestorum; anders Partsch (o. A. 14) 62 ff.; Solazzi II 603 ff. = AG 91 (1924) 163 ff. Zu PS 1, 4, 8 (actio neg. gest. pro tutore) Levy, PS 97 r. mit Lit.; vgl. auch C. 5, 6, 8 (472), itp. nach Peters (u. A. 18) 250; Albertario I 415, dagegen De Robertis 12 f.; 37 r. estr. 18 D. 27, 5, 1 pr. §§ 6, 8; C. 5, 28, 4. Vgl. Ind., insbes. Peters, SZ 32 (1911) 243 ff.; P artsch 62 rr.; weit. Hinw. bei Levy 98' 72 ; jetzt De Robertis (o. A. 17); er hält die actio protutelae für zuständig nur bei Ungewißheit, ob der Handelnde Tutor ist, D. 27, 5, 1 pr.; sonst die actio neg. gest.; vgl. 6 ff.; 37 ff. estr.; doch wirkt daneben die klassische Auffassung weiter; D. 27, 5, 1, 7 animo tutoris gessit; s. auch eod. § 6 (ebd. 12 ff.). 1• Pfandrecht der Mündel aus dem Stand der clarissimi am Vermögen der Dekurionen, die für die Vormundsbestellung zuständig sind, in C. 5, 33, 1, 5 (389); fehlt in CT 3, 17, 3. 0 • Von einer 'in integrum restitutio' aus 'tutorum insidiae• spricht CT 2, 16, 1 (329) = C. 2, 27, 2; Levy, SZ 68 (1951) 379; nach Solazzi, SD 10 (1944) 213 ff. eine nachkonstantinische Verfälschung. 11 Ob. § 88 III. Zur Konkurrenz mit der actio tutelae vgl. Rotondi II 268 ff.; 278 ff.; Levy, Konk. II 1, 130 ff.; Solazzi, Istituti tutelari (1929) 142 ff. - Statt der sponsio genügt jetzt Erklärung ad acta

der Behörde, D. 27, 7, 4, 3 itp. (Ind.). 11 Durch eine vindicatio utilis, D. 26, 9, 2 itp. (Ind.). 11 Zum griechischen Recht und seinem Einfluß Weiß, PfandrechU. Unters. I (1909) 129 ff.; 138 ff. u CT 3, 30, 1 (314) = C. 5, 37, 20, vgl. auch C. 5, 30, 5, 2 (529); 6, 61, 6, 4 (529); Nov.118,5i.f. (543); Biondi II 2336 m. Hinw. Das Recht ist zunächst nur 'pfandähnlich', vgl. u. § 251IO. Dem klassischen Recht ist sie noch unbekannt, Rabel, Grdz. 4941 (Neudr. 1601) m. Qu. u. Lit. 16 Auf das Vermögen des zweiten Ehemannes der Frau, die als Vormünderin entgegen ihrem Versprechen wieder geheiratet hat, ohne für die Kinder aus erster Ehe einen neuen Vormund zu beantragen, CT 3, 17, 4, 2 (390) = C. 5, 35, 2, 2; NT 11, 3 (439) = C. 8, 14, 6; Nov. 22, 40 (536); vgl. o. § 23211. 1 GE 1, 8 sieht die cura als einheitliche Einrichtung an; Archi 223 f. - Das altertümlichere •curatio' steht noch in vat. 137 und 231 (dazu Albertario I 431; 439) und in GE 1, 8 rubr.; es ist später auch im Osten wieder beliebt. 1 Ob. § 231 III. - Übersicht zu Konstantin: Dupont 203 ff. 1 Vgl. zum Westen GE 1, 8 pr.-2; RB 36, 3; Archi 221 ff.; zum Osten NT 11 pr. (439). S. Solazzi, Minore eta (1912) 250 f. u. insbes. Len el, SZ 35 (1914) 130. Für Justinian vgl. D. 4, 4, 1, 3 itp. (Ind.); Inst. 1, 23 pr.; Bonfante I 500 ff.; daß der minor selbst Einfluß auf die Auswahl der Person haben sollte (ebd. 502), ist aber zweifelhaft.

§ 235. Die cura

169

tutor und curator gleich geregelt.' Wenn demgegenüber noch Justinian behauptet, es stehe dem mündigen minor frei, den curator zu beantragen, 6 dann ist dies kaum angewandtes Recht geworden. Immerhin bleiben Unterschiede in der Berufung bestehen. Der tutor setzt die Betreuung mit Eintritt der Mündigkeit nicht einfach als curator fort; vielmehr hat der gewesene tutor wie in klassischer Zeit ein Exkusationsrecht. 8 Auch gilt wie im klassischen Recht, daß der curator in allen Fällen vom Beamten bestellt oder wenigstens bestätigt werden muß ;7 dabei werden jetzt allerdings die Regeln über die confirmatio des vom Vater usw. ernannten Tutors (o. § 232 II 1) auf den curator übertragen. 8 Davon abgesehen, sind die Regeln über die Fähigkeit zur cura und über das Exkusationsrecht nun völlig denen über die Tutel angeglichen. 9 Ebendies gilt von der Vermögensverwaltung, die wohl schon im späteren klassischen Recht die Hauptaufgabe auch des Kurators geworden ist (o. § 90 1). Sie gleicht jetzt der des Tutors so vollkommen, daß man alle Rechtsgrundsätze, die für die Verwaltung des Tutors ausgebildet worden sind, über das am Ende der klassischen Zeit erreichte Maß hinaus auch auf den Kurator überträgt. 10 Neben der Sicherheitsleistung 11 und den Veräußerungs- und Verpfändungsverboten, die auf die oratio Severi zurückgehen und nun erweitert werden, 12 trifft dies jetzt auch für die accusatio suspecti tutoris zu18 und für anderes mehr.H Der consensus curatoris wird der auctoritas tutoris angenähert, indem man einerseits die äußeren Erfordernisse für die auctoritas abschwächt (o. § 233 III), andererseits auch die Zustimmung des Kurators für alle Geschäfte zu fordern beginnt, die für den minor einen Rechtsverlust oder eine Verpfiichtung mit sich bringen. 16 Für den Prozeß erhält der curator eine potestas agendi für den minor. 18 ' Die nach klassischen Gesetze o. § 232113 beziehen sich alle auf tutor und curator. Vgl. auch Inst. 1, 23, 1. • Inst. 1, 23, 1 ltem im,iti adulescentes curatores non accipiunt, praeterquam in litem; s. Bonfante (o. A. 3), anders Kunkel 306. Zur Prozeßführung vgl. auch CT 2, 4, 1 (318), teilw. =C. 5, 40, 2; CT 3, 17, 1 (318) = C. 5, 34, 11. • Inst. 1, 25, 18; Ulp. vat. 200; 220; Alex. C. 5, 62, 5; PS 2, 27, 2; Lenel 194. Vgl. auch PS 1, 4, 2 (u. A. 16). Zum SRR LH; 32;116 (m.Parall.) s. De Francisci, Saggi rom. I (1913) 28 rr. 7 Inst. 1, 23, 1. Es bliebe jedoch zu untersuchen, ob die Praxis dieser Zeit nicht auch für alle Tutoren, mithin auch für alle testamentarisch und für die gesetzlich berufenen, eine confirmatio als erforderlich ansah. • Inst. 1, 23, 1; 1, 25, 18 u. a., itp. nach Solazzi (o. A. 3) 19 rr.;Bontante 507 f. ' Ob. § 232. Vgl. auch CT 3, 31, 1 (400) = C. 5, 62, 24. Zum klassischen Recht s. die Lit. o. § 9010. 10 Zur Vorgeschichte s. die Lit. o. § 907, hierzu und zu den provinziellen Einflüssen

vgl. noch insbes. Partsch, Studien z. neg. gestio I {1913) 80 ff.; 88 ff. Für die nachklassische Zeit folgt die Verwaltung durch den curator bis zu Volljährigkeit eindeutig aus CT 2, 16, 2, 1 (319) = C. 2, 52, 5 pr. 11 Dazu o. § 90 8 • 11 Oben § 90' und 2337 ; Lit. auch bei Biondi II 2341. Zu SRR R III 19; Ar. 7 s. De Francisci (o. A. 6) 38 ff. 11D. 26, 10, 3 §§ 2, 6, 8 (überarb.). Vgl. Solazzi (o. A. 3) 259 rr.;II 1061' = Bull. 28 (1915) 1371 ; Curator impuberis {1917) 136 f.; SD 2 {1936) 399 f.; Lenel 182 ff. Die Absetzung des ungeeigneten Kurators ohne Infamiefolge war schon bisher möglich. H Zum Konkursprivileg Lenel 185 ff. gegen Solazzi 169 f. - Zur actio subsidiaria o. f 9010 • 11 D1ocl. C. 2, 21, 3; 3, 6, 2, nach Bonfan te I 502 ff.; 505 ff. itp., während Solazzi 5ff.; 241 f. schon mit einer Auflockerung des klassischen Prinzips unter Diokletian rechnet. D. 6, 2, 7, 4 ist 1tp. (Ind. Suppl.), Mod. D. 45, 1, 101 ist ungeschickt verkürzt (Lit. im Ind., anders Siber 47). 18 D. 8,5,15; 12,3,4pr.; 26,7,1,3f.;

170

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Die Klage für die Ansprüche des minor gegen den curator aus dessen Geschäftsführung, besonders aus der Vermögensverwaltung, bisher die , führt jetzt noch andere Namen :17 ,18 ,19 ,90 n oder einfach .aa Dieser schwankende Sprachgebrauch, in dem sich das Hervortreten der Vermögensverwaltung unter den Aufgaben des Kurators ausdrückt, wird auf die oströmische Schule zurückgehen. II. Auch der curator f uriosi 13 bedarf bei Justinian immer der behördlichen Bestätigung oder Ernennung. 24 Zu bestellen ist zunächst der vom Vater im Testament Bestimmte, 25 danach der gesetzlich berufene Verwandte, schließlich ein sonstiger Geeigneter.• Zuständig sind der praefectus urbi, in den Provinzen der Statthalter zusammen mit dem Bischof und drei primates. 27 Dem Pfleger des Geisteskranken obliegt wie bisher die Sorge für die Person• und die Vermögensverwaltung. 29 Auch er hat Sicherheit zu leisten 80 sowie ein Inventar zu errichten, auch an seinem Vermögen wird dem Pflegling eine gesetzliche Generalhypothek gewährt. 81 Vernachlässigen die zur lntestaterbfolge berufenen Kinder, Eltern oder Seitenverwandten als Kuratoren ihre Pflichten und nimmt sich ein Außenstehender des Geisteskranken an, so kann dieser u. U. an Stelle der (als erbunwürdig aufgefaßten) Verwandten zur Erbfolge berufen werden, Nov. 115, 3, 12; eod. 4, 6 (542).81

III. Auch der curator prodigi 88 wird nunmehr wie der des furiosus immer vom Beamten eingesetzt ;34 überhaupt wird er dem curator furiosi 46, 7, 3, 6 u. a., alle itp., Solazzi 204 ff.; Lenel 199 ff. Zu PS 1, 4, 2 vgl. Levy, PS 87 f. m. weit. Lit. Siehe auch o. § 20716 • 17 Zum folgenden Alibrandi (o. § 9011 ); Partsch 66 ff. 18 Nach Thale!. schol. 21 zu Bas. 17, 2, 8 (Zachariä, Suppl. Bas. 158) hat Ant. C. 2, 18, 8 ursprünglich die regelmäßige actio negotiorum gestorum gegen den curator minoris gegeben. •Utilis' steht in C. eod. 17; C. 5, 51, 7, beide itp.; C. 5, 37, 26, 1 (531). Zu den Bas.-scholien s. Partsch 6S-; 69 3 ; Lenel 205 f. Vgl. auch Bonfante 508'. 11 D. 26, 8, 11 itp. 10 Ruhr. D. 27, 3. 11 C. 5, 51, 3 itp. Vgl. auch zum •contrarium iudicium• D. 27, 4, 1, 2 (mit§§ 1, 3). 11 Vgl. D. 15, 1, 9, 4; 27, 3, 20 pr.; 27, 9, 10; C. 5, 54, 2, alle itp. Zu C. 5, 51, 7 s. die Lit. o. § 23411• 13 GE 1, 8, 1 spricht vom •insanus'. - Zu D. 26, 5, 8, 3 s. Frigione, Lab. 3 {1957) 359 ff. "Vgl. die umfassende Neuregelung in C. 5, 70, 7 (530), teilw. = C. 1, 4, 27. Lit.: Bonfante 479 ff. m. weit. Hinw., insbes. Audibert, NRH 15 {1891) 310 ff.; Solazzi II 537 ff. = RIL 55 {1922) 381 ff. (zu Ulp. 12, 1, o. § 2011 ); zu Einzelheiten

(insbes. C. 5, 70, 7, 8) auch Niedermeyer, SZ 46 (1926) 490 ff. In den 'lichten Zwischenräumen' ruht die cura, C. 5, 70, 6 (530); DeFrancisci, Bull. 30 {1921)154ff. 16 C. 5, 70, 7, 5 (530). • Näheres in eod. § 6, vgl. auch § 1; D. 27, 10, 4 itp. 17 Näheres C. eod. §§ 5, 6, 6c. 18 D. 27, 10, 7 pr. (o. § 90H); für ltp. die Lit. im Ind., s. auch Biondi 240. 19 Zur Frage der Anwendung der oratio Severi vgl. D. 27, 9, 8, 1 itp., dazu Bonfante 494 ff.; Solazzi, SD 16 {1950) 269 ff. und Ind. Zur remotio suspecti C. eod. § 10. 30 Ausnahmen sind möglich, vgl. C. eod. §§ 4, 6a. - Eid über die Geschäftsführung: eod. §§ 5, 6b, c. 11 Zu beidem eod. §§ 5a, 6c, zum Inventar auch § 7. 81 Im übrigen s. zur Erbfolge nach dem furiosus C. 5, 70, 7, 8. 33 GE 1, 8, 1 spricht vom 'eversor•. Auf Unterschlagung bezieht das Wort CT 8, 7, 14 pr. (377) = C. 12, 23, 2. IT 9, 43, 1 (Z. 13) hat •ev.' neben 'prodigus•. " Inst. 1, 23, 3 erstreckt die Regelung in C. 5, 70, 7 insoweit auch auf den curator prodigi. S. auch A. 35.

§ 235. Die cura

171

mehr und mehr angeglichen. 35 Seine Verwaltung erstreckt sich auf das gesamte Vermögen.36 IV. Darüber hinaus können wie bisher Kuratoren für besondere Fälle bestellt werden. 37 In ihrer Gruppe gehen nunmehr auch die erwähnten, für begrenzte Aufgaben bestellten Tutoren auf. 88 • Vgl. Audibert, Btudes d'histoire du droit rom. 1: La folie et la prodigalite (1892) 313 ff. (zu D. 27, 10, 1 pr. itp.: exemplo furiosi). 31 Ob. § 65 V, § 90 III. 11 Oben § 90 IV. Stumme, Taube, dau-

ernd Kranke nennt Inst. 1, 23, 4.

Oben §232 II 4, zu den Itpp. §868 m. Lit. Zum •curator pupilli (-ae), impuberis' in den just. Quellen s. Solazzi, Curator impuberis (1917) 78 ff. gegenüber Taubenschlag, Vormundschaftsrechtl. Studien (1913) 67 f. 38

DRITI'ER ABSCHNITI'

SACHENRECHT I. ALLGEMEINES § 236. Die Weiterentwicklung des Sachenrechts

I. Das Personen-, besonders das Familienrecht hat den Neuerungen des spätrömischen Gesetzgebers zur Verwirklichung der staatlichen Wohlfahrt und der christlichen Ethik ein reiches Feld geboten. Im Sachenrecht dagegen treten diese Motive weit weniger hervor; hier beschränken sich darum auch die reformierenden Eingriffe der Kaiser, wenn man etwa vom verschärften Schutz des Besitzes gegen unbefugte Eigenmacht oder von den neuen Formvorschriften für gewisse Veräußerungsgeschäfte absieht, auf Einzelheiten. Blieb mithin die Entwicklung des Sachenrechts im allgemeinen sich selbst überlassen, so begreift es sich, daß gerade hier die ftlr das 4. und 5. Jh. kennzeichnende Vulgarisierung einen besonders tiefen und eindrucksvollen Einbruch in die überkommene Ordnung herbeiführen konnte. Das vulgarisierte Recht dieser Stuf e1 gibt die scharfen Differenzierungen preis, die die Klassiker in ihrer sorgsamen Durchdringung des Stoffs erarbeitet hatten. Eigentum und Besitz, in der klassischen Begriffsbildung streng geschieden, fließen ineinander; das Eigentum ist nichts anderes mehr als eine qualifizierte possessio. 9 In dem umfassenden Bereich dieser possessio haben außer der Vollherrschaft, die dem Eigentum wesentlich ist, auch die begrenzten Sachgewalten Platz, wie sie die verschiedenen Verhältnisse einer Erbpacht sowie der ususfructus und die ihm nahestehenden familienrechtlichen Nutznießungsrechte gewähren. Das vulgarrechtliche kehrt damit zu dem uferlosen und inhaltlich undifferenzierten Begriff der Sachherrschaft zurück, den, wie andere Rechte auf primitiver Stufe, auch schon das altrömische Recht gekannt hat. Mit diesem Zurücksinken des vulgären Rechts auf die Stufe archaischer Denkformen 8 liefert die Geschichte des Eigentums in dieser Zeit geradezu das Modell einer vulgarrechtlichen Rückbildung. Daneben verzichtet das Vulgarrecht auf die wohlüberlegte klassische Trennung der Übertragung des Eigentums von den ihr zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäften. Kauf, Schenkung usw. werden Bargeschäfte, die zugleich das Eigentum verschaffen; auch darin kehrt das Vulgarrecht zu altrömischen Anschauungen zurück. GrundlegendjetztLevy, West Roman Vulgar Law: The Law of Property (1952), besonders 19 ff. 1 Das ist typisch vulgäre Verwechslung von „Beweisbarkeit und Existenz, An1

schein und Wirklichkeit eines Rechts", Wieacker, Vulg. 23. • Oben § 19316 • Eine Einwirkung germanischer Rechtsanschauungen liegt offenbar fern, s. auch Wieacker 36.

§ 236. Die Weiterentwicklung

des Sachenrechts

173

Die justinianische Renaissance der klassischen Rechtswissenschaft hat diese Vulgarisierung des Eigentums wenigstens in wesentlichen Stücken wieder überwunden. Indem die oströmische Schule die Auflösung der klassischen Eigentumsordnung nicht mitmacht, kann J ustinian das klassische System der Sachenrechte und die Sonderung der sachenrechtlichen von den obligatorischen Geschäften im ganzen unbeirrt von den vulgarisierenden Abweichungen übernehmen. Nur dort, wo die Gesetzgebung der Zwischenperiode stärker eingegriffen hat, wie beim Besitzschutz und bei den neuen Geschäftsformen, muß sich auch Justinian mit den Zwischenlösungen und ihrer Begriffswelt auseinandersetzen. Er strebt dabei zumeist Kompromisse an, die seiner klassizistischen Grundtendenz keinen Abbruch tun. II. Dem klassischen Sachenrecht war der Gegensatz zwischen ius civile und ius honorarium eigentümlich, auf dem die Scheidung zwischen 'dominium ex iure Quiritium> und 'in bonis habere> beruht. Die altertümlichen Formalakte mancipatio und in iure cessio, die Ersitzung durch usucapio und der Rechtsschutz durch rei vindicatio betrafen nur das quiritische Eigentum; die mancipatio war zudem auf die res mancipi beschränkt. Alle diese Unterschiede und Besonderheiten, die schon im Lauf der klassischen Zeit viel von ihrer Bedeutung verloren hatten,' sind am Beginn der nachklassischen Periode verschwunden. r; Seitdem ferner Diokletian auch den italischen Boden der Grundsteuer unterwirft, 6 sind damit zugleich alle Grundstücke des gleichen Eigentums fähig geworden. Das Vulgarrecht kennt nur mehr ein Eigentum. Für seine Übertragung, bei der, wie erwähnt, das obligatorische und das dingliche Geschäft zusammenfließen, schafft Konstantin, anknüpf end an die üblich gewordene Beurkundung, für den Grundstückskauf und für die Schenkung neue, dem gewandelten Rechtsbewußtsein angepaßte Formen. Diese neuen Formen sind nicht mehr, wie die alten, Verkörperung des Rechtsakts, sondern wollen nur noch den Beweis und daneben den staatlichen Steueranspruch sichern (o. § 200 II 2). - Die klassische usucapio versinkt überhaupt, an ihre Stelle tritt die Verjährung des Herausgabeanspruchs. Der Eigentumsschutz wird vereinheitlicht und dem vulgären Rechtsdenken angepaßt, das weder dingliche und persönliche Ansprüche auseinanderzuhalten noch die Rechtsfrage von der Beweisfrage klar zu scheiden vermag. Für die actio Publiciana ist kein Raum mehr. Justinian stellt die klassischen Denkformen nur zum Teil wieder her. Er kehrt zwar zur Unterscheidung zwischen den Verpflichtungsgeschäften und der Übereignung zurück. Doch bedarf es für die Obereignung nun bei allen Sachen der traditio, bei der er das Erfordernis körperlicher Übergabe ab'Nämlich mit der Verdrängung der zivilen Übereignungsakte, auch an res mancipi, durch die traditio; vgl. ferner zur in iure cessio o. § 10011 (Gai.2, 25). Auch die mancipatio wird in der späteren Klassik für die Sachübertragung, also außerhalb der familienrechtlichen Geschäfte, nur

noch wenig angewandt worden sein; sie wird außerdem wohl nicht mehr wirklich vollzogen, sondern nur noch beurkundet, s. u. § 2421 • 1 Zu alldem Archi 97 ff. • Vgl. Levy I 20.

174

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

schwächt. Die abgestorbenen Formalgeschäfte schafft er endgültig ab. Soweit die Zwischenzeit neue Formen hervorgebracht hat, macht er sie sich zu eigen. Die usucapio belebt er neu, um die klassische überlief erung zu retten, und ordnet sie mit leichten Zutaten seinem System ein. Auch die klassische rei vindicatio bedarf aus Rücksicht auf die veränderte Prozeßordnung gewisser Veränderungen. Die publizianische Klage wird mit beschränktem Aufgabenkreis wiederhergestellt. III. Die Freiheit des Eigentums, die in der klassischen Periode ihr höchstes Maß erreicht hat, weicht unter dem Absolutismus der Eingriffsgewalt des Staates, die alle Lebensbereiche durchdringt und eine unantastbare private Sphäre nicht mehr kennt. Die Enteignung, unter dem Prinzipat nur in Ansätzen entwickelt, wird - mehr in der praktischen Anwendung des allmächtigen Staates als in einführenden Gesetzen - als feststehende Einrichtung geübt. Auch begrenzte Eingriffe in den privaten Güterbereich muß sich der einzelne im öffentlichen Interesse gefallen lassen. Hierher rechnen mannigfache Maßnahmen: die Zwangsbewirtschaftung der Ödländereien, die bergrechtlichen Beschränkungen, die Eingriffe, die sich aus der Mitgliedschaft zu den Zwangsverbänden ergeben, weiter Baubeschränkungen, schließlich unterschiedliche Veräußerungsverbote. In alldem entfaltet sich die Neigung des absolutistischen Staates, seine Verwaltungsaufgaben ohne Schonung der privaten Individualsphäre zu verwirklichen. Neben diesen staatlichen Beschränkungen der Eigentumsfreiheit treten im christlichen Zeitalter auch die sittlichen Bindungen, die Pflichten zur Rücksicht auf den Nächsten, deutlicher hervor; sie wenden sich aber vornehmlich an die Gesinnung und Haltung des einzelnen und schlagen sich in der Gestaltung des Sachenrechts bestenfalls vereinzelt nieder. 7 - Gering ist auf das Sachenrecht dieser Periode offenbar auch der hellenistische Einfluß. 8 Den Interessen der Verkehrssicherheit dient das spätrömische Recht noch schlechter als das klassische. Ein Schutz des Vertrauens auf den Anschein des Rechts wird auch jetzt nicht anerkannt. Die erwähnten Formen, die in dieser Periode neu eingeführt werden, dienen zwar der Beweissicherung, nicht aber einem Schutz des guten Glaubens. Ein Erwerb des Eigentums vom Nichteigentümer etwa zugunsten dessen, der auf die Richtigkeit des Urkundeninhalts vertraut, bleibt unbekannt. Am nachteiligsten wirkt der Mangel des Verkehrsschutzes im Pfandrecht, wo neben der fehlenden Publizität auch die Generalhypotheken und die Pfandprivilegien die Kreditsicherheit gefährden. Hierin erweisen sich die Schwächen einer unüberlegten Gesetzgebung als besonders unheilvoll. Eine innere Durchdringung des Eigentumsbegriffs mit der christlichen Idee eines Gotteseigentums behauptet Biondi III 298 ff.; doch s. u. § 2383 • 8 Zur Frage einer Einwirkung der griechischen Eigentumsvorstellung auf die 7

nachklassische Auflösung des römischen Eigentumsbegriffs s. u. § 238 a. E. Im übrigen vgl. etwa zum Surrogationsprinzip u. § 242a1,zur Emphyteuse u. § 2493 , zum Pfandrecht (insbes. zu den Generalhypotheken) u. § 25011 •

§ 237. Die Sachen

175

§ 23 7. Die Sachen 1. Die klassischen Vorstellungen von der res 1 werden im Vulgarrecht nicht weitergebildet und von der oströmischen Schule im wesentlichen unverändert übernommen. Dies gilt besonders von der Einteilung in die und die Gegenstände. 2 Bei den Einteilungen der Sachen nach ihrer Stellung im Rechtsverkehr gelangt der Westen zu einer Dreigliederung in 'res privati iuris aut divini aut publici>, verstanden als Sachen im privaten, kirchlichen oder öffentlichen Eigentum. 3 Die östliche Schule dagegen, der Justinian folgt, teilt in engerer Anlehnung an die Schuldoktrin der klassischen Zeit die Sachen danach ein, ob sie dem Privateigentum zugänglich sind oder nicht.' Zur zweiten Gruppe rechnet sie, Marcian D. 1, 8, 2 pr. = Inst. 2, 1 pr. folgend, die Sachen im Gemeingebrauch 1 und solche, die dem Staat gehören (publica) oder den Gemeinden und anderen Verbänden (universitates) oder niemandem.• Die ehemaligen 'res divini iuris• erscheinen dann - wenig logisch - unter den •res nullius•,7 obschon sie, wie sogleich zu zeigen, im öffentlichen oder privaten Eigentum stehen.

II. Unter den Sachen, die nicht oder nur beschränkt der Privatrechtsordnung teilhaftig sind, wird die Behandlung der bisherigen vom Christentum beeinflußt. 1. Bei den res sacrae 8 läßt sich die Auffassung göttlichen Eigentums mit der christlichen Gottesidee nicht mehr vereinigen. Die vom Bischof 8 geweihten Sachen, Kultgebäude und Kultgeräte, 10 gelten nunmehr als zweckgebundenes Eigentum der einzelnen Kirche. 11 Sie sind unveräußerLit. zum folg.: o. § 921• Der Gegensatz wird in Überarbeitungen, die auf die oströmische Schule zurückgehen werden, mit der Antithese •corpus ius• unterstrichen, vgl. D. 5, 3, 18, 2; 37, 1, 3 pr./1; 39, 2, 13, 1; 39, 3, 8; 39, 5, 9 pr.; 43, 26, 2, 3; 44, 2, 7 pr. (die letzte Stelle vielleicht echt, s. Provera [u. § 25610 ] 251 ); Lit. bei Arangio-Ruiz, Ist. 1632 • Vgl. ferner Cugia (o. § 921 ). 8 GE 2, 1, 1, dazu Archi 225 ff. und insbes. SD 3 (1937) 15 ff. Zu •ius• als 'Eigentum, Vermögen• vgl. Steinwenter, Iura 4 {1953) 126 f.; 138. 'Archi, SD 3, 5 ff. versteht in Gai. 2, 1 f. die •res extra nostrum patrimonium• gleich den •res divini iuris>, doch s.o. § 9211 • Justinian jedenfalls deutet die •res extra nostrum patrimonium• als die Sachen, die nicht im Privateigentum stehen können, Inst. 2, 1 pr., teilw. = Marci. D. 1, 8, 2 pr. Zu Theoph. 2, 1 pr.s. Branca (u. A. 5) 247. 1 Justinian hat diese Gruppe, die gegenüber den •res publicae• keine scharfe Grenze hat, von der klassischen Überlieferung wohl ohne wesentliche Eingriffe übernommen, vgl. o. § 92 II 2 m. Lit.; teilw. anders etwa Branca, ATri. 12 (1941) 5 ff.; 246 ff.; Lombardi, Ricerche in tema di ius gentium (1946) 49 ff.; Scherillo, Lezioni di dir. rom.: Le cose (1945) 87 f. Die schul1

1

mäßigen Textverfälschungen entsprechen aber offenbar keiner bewußten Neuerungstendenz. - Zum Gebrauch der öffentlichen Flüsse s. Branca 29 ff. (vgl. CT 15, 2; C. 11, 43), s. außer der Lit. o. § 92' 0 auch Lauria, AMac. 8 (1932) 243 ff. Zum Meer und den Meeresufern (o. § 92 II 2) vgl. Branca 5 ff., s. auch Biondi, St. Perozzi {1925)269 ff.; Maroi, Scr. I (1956) 453ff.; • Zu dieser Dreiteilung Inst. 2, 1, 1-6; Branca M ff.; 80 ff. 7 Inst. 2, 1, 7 (vgl. Marci. D. 1, 8, 6, 2) erläutert sie als •nullius in bonis•, also als in niemandes Privateigentum stehend. 8 Scialoja, Teoria della proprieta I (1928) 151 ff.; Bonfante II 1, 17-20; Scherillo 44 ff.; Biondi 1148 ff.; 393 f.; weit. Lit. bei Berger 679 shv. Zur Christianisierung vgl. insoweit Conrat, Gaius 18 ff., auch Paulus 65 ff. • Nicht von anderen, C. 1, 3, 26 (459), vgl. auch Nov. 5, 1 (535); 67, 1 (538); 131, 7 (545). 10 Inst. 2, 1, 8, vgl. Marci. D. 1, 8, 6, 3. Unveräußerlich sind auch die Reliquien der Märtyrer, CT 9, 17, 7 (386) = C. 1, 2, 3; Biondi II 261. 11 Vgl. o. A. 3 zu GE 2, 1, 1, ferner etwa CT 16, 2, 40 (411) = c. Sirm. 11 = C. 1, 2, 5; eod. 14, 2 (470); 22 pr. (529); 23 pr. (530); s. auch A. 12.

176

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

lieh und unverpfändbar, 11 sofern nicht das erlöste Geld zum Freikauf von Gefangenen dienen soll.13 Auch über das sonstige Kirchenvermögen ist die Verfügung, besonders die Veräußerung, Verpfändung oder Vergabung in Erbpacht, beschränkt. H 2. Bei den Grabstätten (res religiosae) 111 verschwindet die Vorstellung eines Eigentums der dii Manes,18 doch verbleiben sie unter religiösem Schutz. Aus der religiösen Pflicht, dem Toten im Hinblick auf die Auferstehung des Fleisches zu seinem Grabesfrieden zu verhelfen, 17 lockert man jetzt aber vielfach die Bindungen des an die Person des privaten Berechtigten. Der Unterschied zwischen sepulchra familiaria und hereditaria wird verwischt, die Beerdigung Familienfremder auch in Familiengräbern gestattet. 11 Das Miteigentum am Grab wird ermöglicht, ein Gemeinschafter kann dort auch invitis ceteris bestatten. 18 Im Erbgrab kann regelmäßig auch der Enterbte bestattet werden. 10 Billigkeitshalber wird die Bestattung in Grundstücken zugelassen, an denen Rechte Dritter bestehen. 11 Auch die Unveräußerlichkeit der Grabstätten wird gelockert. 11

3. Die Gruppe des res sanctae, in den auf.H

im Osten umgedeutet,

13

geht im Westen

III. Unter den Einteilungen der privatrechtsfähigen Sachen tritt, nachdem die längst veraltete Gliederung in res mancipi und nec mancipi mit der mancipatio verschwunden ist (u. § 242 1), die in bewegliche Sachen und Grundstücke wieder stärker hervor. 1111 11 C. 1, 2, 21 pr./1 {529); Inst. 2, 1, 8. Die Kirche kann solche Gegenstände ohne weiteres vindizieren, von verarbeiteten oder verlorenen Sachen den Wert fordern. Der Erwerber hat keinen Anspruch auf Rückgabe des seinerseits geleisteten Kaufpreises. 11 C. 1,2,21,2; Nov. 65 (538); zu den Motiven Biondi I 393 f.; 11 246. 16 Vgl. im einzelnen C. 1, 2, 17 (Anast.); eod. 24 (530); Nov. 7 (535); 46 (537); 54, 2 (537); 55 (537); 67, 4 (538); 120 (544); 131, 13 f. (545). Zur Unersitzbarkeit von Kirchengut s. u. § 243 III. 11 Bonfante II 1, 27 ff.; insbes. Biondi II 249 ff., s. auch St. Riccobono IV 40ff. Zu den christlichen Anfängen der gemeinschaftlichen Bestattung in Friedhöfen, ausgehend von den Katakomben, vgl. Scialoja I 198 ff. und insbes. de Visscher, Analecta Bollandiana 69 {1951) 39 fr. 11 Vgl. CT 9, 17, 4 (357) mit C. 9, 19, 4; CT eod. 5 pr. (363) mit C. eod. 5. Ober •Iocus religiosus = ecclesia' s. ET 125; Conrat, Paulus 67f. Zu D. 11,7,4 itp. s. Biondi II 249 f. 17 Weitere Folgerungen aus dieser Pflicht bei Biondi II 256 ff.; vgl. D.11, 7, 14, 13; 28; 28, 7, 27 pr., alle itp. Ober weitere christlich beeinflußte Neuerungen im

Grabrecht vgl. G. Longo, Bull. 59/60 (1956) 237 ff.; 249 ff. - Zur actio funeraria auf Ersatz von Bestattungskosten s. o. § 14616 , u. § 26811 und Biondi 259 f. 18 Albertario II 3 ff. Vgl. C. 3, 44, 4; 8; 13, alle überarb. Vormals bedurfte es dazu der Erlaubnis des Gründers der Grabstätte, s. die Inschriften bei Albertario 14 f. - Vgl. zu dieser Unterscheidung der sepulchra auch D ü 11,Fschr. Schulz 1 203 ff. 1• Inst. 2, 1, 9; D. 1, 8, 6, 4; 10, 3, 6, 6; 11, 7, 6 pr., alle überarb., Albertario II 41 rr.Vgl. auch u. § 24111 • 10 D. 11, 7, 6 pr. itp., Albertario 18 ff. 11 D. 7, 1, 17 J.>r,; 11, 7, 2, 7-9; eod. 4; 43, alle insoweit 1tp.1 vgl. Taubenschlag, SZ 38 (1917) 244 ff.; Albertario II 58 rr. 11 D. 18, 1, 22/24, dazu Albertario V 296 u. Ind. u Inst. 2, 1, 10 benennt die res sanctae nach der Strafsanktion für den Fall ihrer Verletzung. Zum klass. Recht Solazzi, SD 19 {1953) 109 fr.; Iura 8 (1957) 1 ff. (fragwürdig), dagegen Fantetti, Lab. 2 {1956) 94 rr. "GE 2, 1, 1, dazu Archi, SD 3, 17 f., auch zu Albertario V 274 f. = ACI Roma I 502 r. 11 Grundlegende Hinw. bei Levy I tags&, s. insbes. Kühler, St. Bonfante II 347 ff., auch Albertario V 1651 = SD 1 (1935)

§ 238. Die Sachgewalt

im Vulgarrecht

177

IV. Die Lehre von den Sachteilen, vom Zubehör• und von den Früchten wird ohne tiefere Veränderungen beibehalten. ·

27

Gewisse Rechte können als Realrechte so an ein Grundstück gebunden sein, daß sie dessen jeweiligem Eigentümer zustehen. War dies im klassischen Recht nur für die Servituten anerkannt, deren Inhalt ausschließlich in einem Dulden oder Unterlassen bestehen kann (o. § 105 11), so werden jetzt derartige Rechte auch auf Leistungen verschiedener Art zugelassen, etwa auf bestimmte Brotrationen, die mit dem Hauseigentum verknüpft werden (annona civica). 28 - Von anderer Art ist die Bindung des grundherrlichen Rechts am colonus an das Grundeigentum, das den Kolonen rechtlich als Bestandteil des Grundstücks erscheinen läßt. 11

II. BESITZ

UND EIGENTUM

§ 238. Die Sachgewalt im Vulgarrecht I. Die Vulgarisierung der klassischen Eigentumsordnung 1 gibt, wie schon erwähnt (o. § 236 1), die Grenzen des Eigentumsbegriffs nach zwei Seiten hin preis: gegenüber dem Besitz und gegenüber den beschränkten Sachenrechten. Gegenüber dem Besitz wird die terminologische Schranke niedergerissen, die von trennt. Von sprechen die Quellen seit Konstantin nicht mehr nur dort, 2 wo sie die mehr oder weniger stark juristisch qualifizierte - tatsächliche Gewalt bezeichnen, sondern ohne weiteres gleichbedeutend mit dem Eigentum 3 20 18 • Zu Ulp. 19, 6/8 (gegenüber Gai. 1, 121; 2, 42-44) vgl. Schulz, Ep. Ulp.

mann, zur Studien Bodenpacht (1958) 88 f. - Zur Bestimmung des Zubehörs

adhl. Die Dreiteilung •res mobiles, immobiles, se moventes• steht erstmals in NT 22, 2, 3 f. (443), vgl. ferner C. 7, 37, 2 pr. (Zeno); 5, 12, 30 pr. (530). Sie ist beemtlußt vermutlich von der neuplatonischen Philosophie, Schiller, ACf Roma II 431 ff., hier auch zu den ägypt. Papyri, dazu zuletzt W olff, SZ 75 (1958) 400. Zum Vorbild der •res quae anima carent• s. Pringsheim, Lab. 4 (1958) 259 ff.; 273. Zur westlichen Entwicklung Rasi, ACI Ver. IV 413 ff. - Für den Verfall der Einteilung in •res mancipi' und 'nec mancipi' vgl. zuletzt Gallo, Studi sulla distinzione fra r. m. e res n. m. {1958)

nach der destinatio, entsprechend der oströmischen animus-Lehre, vgl. Steinwenter, Fundus 77ff.; 90ff.; Rasi, St. Arangio-Ruiz II 105 ff. .., Zum partus ancillae (o. § 93 11) s. zuletzt Kaser, SZ 75 (1958) 156 ff. 18 Vgl. CT 14, 17, 1 (364), dazu Kühler (o. A. 25) 351 ff.; Levy I 59; Wieacker, Vulg. 1636 • 29 Oben § 213 II 2; K übler 350 f. 1 Grundlegend Levy I 19 ff. Vgl. ferner Biscardi, Studi sulla legislazione del Basso Impero: Diritti reali e possesso {1942) = StSen. 54 {1940) 276 ff.; 56 {1942) 275 ff.; Kaser, Wesen und Wirkungen der Detention (Dtsch. Landesreferate z. III. Intern. Kongr. f. Rechtsvergl. [1950] 27 ff. = Atti III Congr. Dir. Comp. I [1953] 290 ff.). 1 Für den daneben fortdauernden herkömmlichen Sprachgebrauch s. die Belege bei Levy 21. • Reiche Quellenübersicht bei Levy

197 11

rr.

Von vulgärem Sprachgebrauch geht die in nachklassischer Zeit häufige Verwendung von 'ius• (8lxotLov)für das gesamte Zubehör aus ('fundus cum omni iure• o. ä.); vgl. Steinwenter, Fundus cum instrumento (SBer. Wien 1942) 52 ff.; Jura 4 (1953) 133 ff.; s. auch Herr12 HdA X 3. 3. 2 (Kaser 11)

178

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

oder den beschränkten Sachenrechten, die jetzt im Eigentum aufgehen (u. II). Um in diesem uferlosen Begriff der possessio die Fälle, in denen das Volleigentum oder ein anderes Sachenrecht gemeint ist, von der rechtlich nicht weiter qualifizierten Sachgewalt, dem Besitz im herkömmlichen Sinn, abzugrenzen, bedarf es beschreibender Zusätze. So wird die possessio, wo sie Eigentum oder ein sonstiges Sachenrecht bedeutet, mit Vorliebe als 'dauernder>, 'unangreifbarer> Besitz qualifiziert.' Den Gegensatz zu bloß tatsächlicher Beherrschung drückt am deutlichsten das 'i u re possidere> gegenüber dem 'corpore tenere (possidere)> aus. 5 Der klassische Unterschied zwischen Besitzerwerb 'animo> und 'corpore> wird umgedeutet, indem das 'animo possidere> mit dem Eigentum gleichgesetzt wird. 8 Umgekehrt wird aber auch 'domini um>, 'proprietas> oder einfach 'ius> von Verhältnissen qualifizierter Sachherrschaft gesagt, bei denen die Klassiker von 'possessio> sprachen. 7 Gleichwohl erscheinen Eigentum und Besitz nicht vollkommen verschmolzen: Die tatsächliche Gewalt und das Recht zu dieser Gewalt bleiben als solche immer getrennt. Der gewaltsam aus dem Besitz Verdrängte ist nicht mehr •possessor•.• Im Eigentumsprozeß wird der •petitor> dem verklagten 'possessor' gegenübergestellt;• wer unberechtigt die faktische Gewalt hat (corpore possidere), muß dem, der das 'ius possidendi' hat, die Sache herausgeben.

Wer faktisch besitzt, wird bis zum Gegenbeweis als der Berechtigte vermutet; doch gilt dies nur für den, der 'suo nomine> besitzt. Dem 'alieno (alterius) nomine>Besitzenden, also Angehörigen (propinqui), Prokuratoren (o. § 204 1), Freigelassenen, Sklaven, aber auch Pächtern, Mietern usw. kommt diese Vermutung nicht zugute. 10 Der alieno nomine possidens gilt nicht einmal als 'corpore possidens>,11 er ist bloßer Stellvertreter im Besitz; nur der andere 12 besitzt. 22 r.; 64 rr.Diese typisch vulgarrechtliche Erscheinung läßt sich nicht mit Biondi III 297 ff.; 302 ff. aus der christlichen Lehre erklären, daß alles Gut Gott gehöre und den Menschen nur zu Gebrauch und Nutzung überlassen sei. Vgl. ferner Leiter, SZ 58 (1938) 197 ff. gegen Hohenlohe, Einfluß des Christentums (1937) 183 rr. 'Z.B. •securus possessor> CT 4, 11, 1 (316); 3, 32, 1 (322); 'firmiter possidere' CT 5, 10, 1 (319); 10, 8, 3 (326); 'perpetuo (dominii) iure' CT 10, 17, 1 (369) = C. 10, 3, 5; INT 20; INV 32 Z. 91; 'inconcusse' C. 11, 62, 6 pr. (384); 'intemerata• C. 11, 59, 11, 1 (400) u. v. a., vgl. Levy 64 f. 6 C. 7, 32, 10 (314), dazu Biscardi 21 rr. (54, 292 ff.) und Levy 26 ff. m. weit. Belegen (zur Überarbeitung 2854 ); vgl. CT 2, 14, 1 (400) 'rei et iuris possessor' = Besitzer und Eigentümer; s. auch CT 9, 42, 22 (408); Aug. sermo 356, 4 (PL 39, 1576). Über Laiensprache, die dem Dieb die possessio überhaupt abstreitet, s. Levy 30 f. - Zu 'ius possessionis' in unechten Texten s. o. § 94'; u. § 23921•

• 'Animo possidet•, wer zur Eigentumsklage aktivlegitimiert ist, also nur mit dem Willen, aber nicht körperlich die Sachgewalt ausübt, IP 5, 2, 1; Levy 31. 7 Levy 32 rr. Vgl. CT 2, 26, 1 (330); 5, 15, 15 (364); 4, 22, 2 (380) mit IT; NV8, 1, 1-3 (440) u.a.; 'ius': CT2, 26, 1 eil.; 11, 36, 25 (378); PS 5, 6, 8 mit IP 5, 7, 6; IT 5, 18, 1; vgl. auch Steinwenter, lura 4 {1953) 127 r. • IT 4, 22, 1; 5; weitere Belege bei Levy 31. 1 1T 2, 6, 4; IP 1, 11, 2; 5, 6, 1 u.a.; Levy 31. Demgegenüber heißt der Besitz als Gegenstand des possessorischen Streits jetzt 'momentum', u. § 240 I 1. 10 Levy 61 ff. Vgl. CT 4, 22, 1 (326) = C. 8, 5, 1 (erweitert) mit IT; CT eod. 4 (397) mit IT; CT 5, 7, 2, 3 (408) = c. Sirm. 16 = C. 8, 50, 20, 4; IP 5, 2, 2; Kolonen: CT 11, 1, 14 (371) = C. 11, 48, 4 u. a.; Zeitpächter: C. 7, 39, 2 (385) usw. 11 C. 7, 32, 10 (o. A. 5). 11 In C. 3, 19, 2, 1 (331) und CT 5, 7, 2, 3 cit. heißt er 'dominus possessionis'.

§ 238. Die Sachgewalt

im Vulgarrecht

179

II. Wie die Grenze zwischen Eigentum und Besitz, so verwischt sich auch die zwischen dem Eigentum und den anderen Sachenrechten. Die Vorstellung des 'ius in re aliena> ist dem Vulgarrecht fremd, ebenso die Bindung an einen geschlossenen Kreis dinglicher Rechte. 13 So kennt diese Zeit neben dem rechtsgeschäftlich bestellten u s u s f ru c tu s eine Reihe familienrechtlicher Nutznießungsrechte: das des paterf amilias an den bona materna,1' das des wiederverheirateten Elternteils an dem Erwerb der Kinder vom anderen Elternteil,1 6 das des überlebenden Elternteils an der dos oder Eheschenkung 18 und das des Vaters oder der Mutter an den mit der Scheidung erworbenen Ehevorteilen (Eheschenkung, dos usw.). 17 Alle diese Berechtigungen werden nun auch als 'ususfructus> bezeichnet 18 und, ebenso wie der rechtsgeschäftlich bestellte Nießbrauch, gegen alle klassischen Prinzipien als eine Art 'Eigentum auf Zeit> aufgefaßt. 19 Umgekehrt nennen die neuen Quellen auch den ususfructus in dieser Bedeutung 'possessio>,10 aber auch 'dominium> oder 'proprietas,. 11 Die gleiche unbestimmte Terminologie findet sich für die dinglichen Dauerpachtverhältnisse (ius perpetuum, emphyteusis), die stark an Bedeutung gewinnen (u. § 249), und für das Erbbaurecht (u. § 248). Daneben zeigen sich Ansätze einer 'Reallast>, etwa des Rechts einer Person, vom jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks die Leistung einer Rente in Geld oder Naturalien zu fordern; 11 eine Vorstellung, die mit der klassischen Ordnung unvereinbar gewesen wäre. 23 Dagegen treten Name und Einrichtung der Servituten in diesem Bereich zurück (u. § 246 1). Auch beim Pfandrecht steht die Beziehung des Gläubigers zum Schuldner stärker im Vordergrund als sein dinglicher Schutz gegenüber Dritten. 24 Aus alldem folgt, daß auch die beschränkten Sachenrechte, die nicht mehr an einen festen Kreis gebunden sind, nur noch Erscheinungsformen eines und desselben Rechts sind. Sie stehen zum Volleigentum nicht mehr im Levy 40 ff. Als neue Typen beschränkten Eigentums, die nach klassischen Maßstäben nicht als Eigentum aufgefaßt worden wären, nennt er auch die Nacherbfolge (u. § 285 III), die genossenschaftlichen Bindungen an •terrae limitaneae• und gewisse öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen (zu diesen beiden u. § 241 II 5). Vgl. Wieacker, Vulg. 23"b. H Oben § 229 IV m. A. 14. 16 Oben§ 220 m. A. 7. 11 Oben § 223 I, II 1, § 224 II, III. 17 C. 5, 17, 8, 7/7a (449) spricht noch nicht von ususfructus; anders Nov.117, 13 (M2). Vgl. o. § 219 II m. A. 23. 18 Levy 34 rr. mit zahlreichen Belegen aus West und Ost für die Gleichsetzung von ususfructus und proprietas (36 ff.) und für •possidere in usufructu• (IT 3, 8, 2 Z. 20) o. dgl. (S. 39); einschränkend H. Lange, Gött. Gel. Anz. 212 (1958) 139. Ein Vorläufer des gesetzlichen ususfructus am Vermögen bei Augustus: Ulp. 15, 3; 11

t2•

o. § 177 11 • 11 Dazu o. § 203 II, III, u. § 241 III. 18 Levy 24 ff. m. vielen Belegen, auch (S. 26) zu Bruns nr. 183 = FIRA III nr. 43 (4. Jh.) Z. 9ff. Mitder•quasi possessio• (o. § 94 IV) und der •iuris possessio• (u. § 239 IV) hat das nichts zu tun. 11 L evy 34 ff., s. o. A. 18, u. § 247 I. 11 Vgl. Levy 25 r. zu Ambros. ep. 82 (PL 16, 1331 ff.), wo dieses Recht ~leichfalls als •ususfructus• bezeichnet 1st; s. ferner Levy 58 t., wonach die Verpflichtung des emphyteuticarius zur Bezahlung des Erbzinses (canon) in solcher \Veise verdinglicht ist. - Zum umgekehrten Verhältnis einer •Realberechtigung• s. o. § 237 IV. 23 Im klassischen Recht war eine solche Belastung undenkbar, weil eine Servitut nur in einem Dulden oder Unterlassen bestehen kann, s. o. § 105 bei A. 22-24; zuletzt (zu Paul. D. 33, 1, 12) Bund, sz 73 (1956) 188 r. "Unt. § 252 II. Vgl. Levy 60 r.

180

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Gegensatz, das deshalb wieder durch Zusätze, die seine unbegrenzte Dauer, seine Veräußerlichkeit, Vererblichk.eit, seinen umfassenden Inhalt usw. unterstreichen, umschrieben werden muß. 26 Auch wer nur eine beschränkte Sachherrschaft ausübt, beherrscht die Sache als ihm gehörig; folgerichtig können die Verhältnisse des Nießbrauchs, der Erbpacht usw. auch so verstanden werden, daß mehrere Eigentümer in verschiedener Weise nebeneinander an der Sache berechtigt sind. 26 Auch manche öffentlieh-rechtliche Beschränkungen des Eigentums (u. § 241 II 5) werden in ähnlichem Sinn gedeutet worden sein. Die Ausweitung des vulgarrechtlichen Eigentumsbegriffs bringt es mit sich, daß sein konkreter Inhalt, der vom zeiUich begrenzten Nutzungsrecht des Nießbrauchers bis zum Volleigentum reichen kann, in jedem Einzelfall näher beschrieben werden muß. Darin begegnet sich das vulgarrechtliche Eigentum mit Denkformen, wie sie schon in der vorklassischen Zeit, außerdem in der klassischen für die Herrschaft am Provinzialboden anzutreffen sind. Hier wie dort findet sich die Beschreibung des Eigentums mit seinen konkreten Funktionen, 17 vor allem mit •ususfructus possessio•.• Ja, man wird in diesen Verhältnissen am Provinzialboden geradezu den Ansatzpunkt für die Entwicklung des neuen Eigentumsbegriffs erkennen dürfen; erscheint doch, seitdem Diokletian die Grundsteuer auf Italien erstreckt hat, der Status des Provinzialbodens auf alle Grundstücke erweitert (o. § 2361). Daneben ist eine zweite Wurzel der vulgarrechtlichen Anschauung im hellenistischen Umkreis denkbar, dessen Eigentumsvorstellung der vulgarrechtlichen nahesteht.n Auch dort werden Eigentum und Besitz nicht scharf gegeneinander abgegrenzt; xpocmv und xupt.eUC,v,in den Bedeutungen nicht scharf auseinandergehalten, werden ebenso für das Volleigentum wie für bestimmte Verhältnisse begrenzter Sachherrschaft gebraucht, und auch die Struktur des Rechtsschutzes zeigt gewisse Parallelen (u. § 2458 ). Gleichwohl fehlt es an greifbaren Anzeichen für einen bewußten Bruch mit der römischen Überlieferung und für eine offene Hinwendung zu griechischen Denkformen. Weder die Kaisergesetzgebung noch die Urkundenpraxis läßt eine solche Tendenz erkennen. Eine echte Rückbildung des klassischen Gedankenguts liegt darum näher als eine - bestenfalls vereinzelte - hellenistische Einwirkung. 30 11 Reiche Belege bei Levy 40, s. auch 97 (1953) 208 rr.; vgl. auch u. § 244 I 2. B iscardi 11 rr. (54, 282 ff.). Vgl. etwa Zur Spätzeit etwa C. 1, 2, 14, 9 (470), CT 8, 18, 1, 3 (315) = C. 6, 60, 1, t 'so- dazu Biscardi 18 r. (54, 289 (.); Levy lidum perfectumque dominium•; CT 3, 8, 38. 21 Reiche Lit. bei Levy 69211 ; vgl. 2, 2 (382) = C. 5, 9, 3, 2 pleni p_roprietate iuris obtineat; CT 8, 18, 10, 1 (426) 'per- etwa Mitteis, RR 69 rr.;499 rr.;Rabel, petuum ius dominii', s. auch die 'libera Haftung des Verkäufers I (1902) 50 rr.; potestas alienandi' in CT 8, 18, 1, 2 cit.; Seligsohn, Iusta possessio (Freib. Diss. eod. 2 (318) u. a. 1927) 6 rr.; Koschaker, Ober einige • Klar erfaßt wird diese - dem klassi- griech. Rechtsurkunden (Abh. Sächs. Ak. schen Rechte fremde - funktionelle Eigen- 42, 1931) 46 ff.; Arangio-Ruiz, AG 108 tumsteilung allerdings nicht; Näheres (mit (1932) 245 ff.; Pringsheim, The Greek Hinweisen auf die deutschrechtlichen Er- Law of Sale (1950) 9 rr.; s. auch A. B. scheinungen) bei Levy 67 rr. Sch~!lrz, Die öff. u. priv. Urkunde im 27 Darin liegt ein 'naturalistisches' Mo- röm. Agypten (Abh. Sächs. Ak. 31, 1920) ment, Wieacker, Vulg. 2348 b. 170 ff.; Simonetos, Fschr. Koschaker 21 Vgl. zum älteren 'uti frui habere III 173 rr.;Taubenschlag, SZ 55 (1935) possidere' o. § 97 11; s. etwa Kaser, 278 rr.; Law 230 ff.; 245 rr.; Biscardi SZ 62 (1942) 1 rr. pass.; zum Provinzial- 122 rr. (56, 340 ff.); Kaser, SZ 64 (1944) eigentum Gai. 2, 7 (Lit. o. § 978 ). Zur 134 ff.; 179 rr.,dazu WolU, SZ 74 (1957) lex Manciana (Bruns nr. 114 = FIRA I nr. 40 rr.; auch Kaser, Detention (o. A. 1) 100) I 22 und zu den Tabl. Albertini 24 rr. (286 ff.). ao Levy 69 ff. Rev. Africaine (o. § 195") s. Lambert,

§ 239. Die Besitzbegriffe

Justinians

181

§ 239. Die Besitzbegriffe Justinians

1. Indem die vulgarrechtliche Entwicklung Besitz und Eigentum teilweise ineinanderßießen läßt, hat sie sich weit von den klassischen Grundsätzen entfernt. Demgegenüber kehrt Justinian, der oströmischen Schule folgend, in engerem Anschluß an die Klassiker wieder zu einer scharfen Scheidung von possessio und dominium (proprietas) zurück. 1 Der Vindikationskläger gilt nicht mehr als einer, der (o. § 2388), der Besitz begründet nicht mehr eine Vermutung des Eigentums (o. § 238 vor A. 10). Klassikerstellen, die den faktischen Charakter der possessio unterstreichen und sie dem Eigentum gegenüberstellen, werden unbedenklich in die Kompilation übernommen. Gleichwohl sind J ustinians Besitzbegriffe nicht einfach wieder die klassischen. Vielmehr zeigt sich unter dem Einfluß der oströmischen animusLehre eine Fortbildung, die im Begriff des Besitzes den Schwerpunkt von der tatsächlichen Gewalt (corpus) auf den Besitzwillen (animus) verschiebt 2 und damit den Besitz stärker, als es der klassischen Anschauung entsprach, einem Recht nähert. Auf diese Entwicklung werden neben den Schulen des Ostens auch die vulgarrechtlich geprägten Kaisergesetze eingewirkt haben, die sich darum unverändert in die Kompilation übernehmen ließen. 3 II. Wie der Begriff der possessio schon im klassischen Recht nicht zu voller Schärfe durchgebildet worden ist, so behält er auch bei J ustinian einen mehrdeutigen und schillernden Charakter; doch tritt jetzt ein Gegensatz deutlich hervor, der dem älteren Recht noch unbekannt war. Als die wahre, echte, eigentliche possessio, der aller andere Besitz als Sachgewalt geringeren Ranges gegenübertritt, versteht man jetzt nur den Besitz mit animus domini,' also den Besitz des Eigentümers sowie des Ersitzungsbesitzers, der mit Fristablauf Eigentümer wird. Dieser ist nicht mit dem klassischen gleichzusetzen, 6 also mit dem Herrschaftswillen, der die körperliche Machtergreifung (corpus) begleiten und in ihr offenbar werden muß, damit Besitz erworben wird (o. § 95 III). Justinians ist vielmehr der Glaube, Eigentümer zu sein.0 1 Albertario II 130 (gegen Bonfante, Zum folgenden Levy I 72 ff.; vgl. Bonfante, Scr. III 526 ff. - Eine Über- Scr. III 531 f. und Rotondi III 102 C.). sicht bei d'Emilia, St. Albertario II Unecht sind auch die Texte, die das •animo possidere' dem •corpore possidere' 515 ff. 1 Vgl. Pringsheim, II 209 LQR 49 {1933)53f. gegenüberstellen, vgl. Albertario Weiteres u. III. ff. zu D. 41, 2, 25, 2; 43, 16, 1, 24/26; 43, 1 Belege bei Levy 73. Vgl. besonders 26, 15, 4. Daß P. Col. 123, 13 ff. für den klassischen animus possidendi etwas ausC. 7, 32, 10 (o. § 2386 ). • Vgl. C. 6, 2, 21, 3 (Okt. 530) •domini gibt, ist trotz Seidl, SD 21 (1955) 459 f.; cogitatio'; D. 6, 2, 13, 1; 9, 4, 22, 1; 43, 26, St. Calderini-Paribeni II (estr. 1957) 313 r. ~2 pr., alle itp.; ljiuxii8Ecm6-rou(3Ecm6~ov-rot; wenig glaubhaft; vgl. zur unsicheren Deum Theoph. 2, 9, 4; 3, 29, 2; Bas. 50, 2, 61. tung dieses Textes die Hinw. u. § 25211• Dazu Albertario II 129 ff. Übersicht bei • In D. 41, 2, 3, 22 itp. (Albertario 129) Kaser (o. § 2381) 33 ff. (297 ff.). Vgl. zu- wird damit auch der Ausdruck •possidere letzt Iglesias Cubrfa, Rev. Fac. Der. bona fide' vermengt, indem die bona fides den bloßen 'Putativtitel' (o. § 101 I 3) Oviedo 3 (1955) 189 ff.; 218 ff. 1

182

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Dieser Begriff des Vollbesitzes wird sowohl auf die terminologische Verschmelzung von Besitz und Eigentum im Vulgarrecht zurückgehen wie auf Justinians Neubelebung der inzwischen untergegangenen Ersitzung (u. § 243). Alle faktische Sachgewalt, die nicht in dieser Weise als Vollbesitz qualifiziert ist, gilt bei Justinian als bloße 'corporalis possessio>,' die aber terminologisch und sachlich bei klassischen Ansätzen und bei den Gesetzen des 4. und 5. Jh. anknüpft. 8 Auf diese Unterscheidung zwischen Vollbesitz und sonstiger Sachgewalt überträgt man nun auch das von den Klassikern übernommene Begriffspaar 'civilis> und 'naturalis possessio,.9 •Naturaliter> oder •corporaliter possidere> sagt man jetzt von jedem Inhaber der tatsächlichen Sachgewalt, der nicht Eigentümer oder Ersitzungsbesitzer ist, gleichgültig oh er durch die Besitzinterdikte geschützt ist oder nicht. 'Naturalis possessio> ist mithin neben der faktischen Gewalt, soweit sie ohne Rücksicht auf ihre juristische Qualifikation betrachtet wird, 10 sowohl die ungeschützte Detention 11 wie auch der Interdiktenbesitz des Nichteigentümers, etwa des Prekaristen, 11 des Pfandgläubigers 11 oder des Sequesters, H wie endlich auch der bösgläubige oder untitulierte und darum nicht zur Ersitzung führende Besitz. 16 •1us t a possessio>, ursprünglich nur der im lnterdiktenstreit bessere Besitz, heißt jetzt jeder gutgläubige oder aus einem gültigen Rechtsverhältnis erworbene Besitz. 11 •Iusta' ist demnach auch die possessio des Prekaristen. 11

III. Der Einfluß der oströmischen animus-Lehre und wohl auch die Annäherung des Besitzes an das Eigentum im Vulgarrecht bewirken weiterhin, daß der justinianische Vollbesitz nicht mehr, wie in klassischer Zeit, nur als eine, wenn auch in mannigfacher Weise qualifizierte tatsächliche Sacheinschließt; vgl. Kaser (o. § 2381 ) 33188 (297187 ). Auch •possessio pro suo• nimmt jetzt die Bedeutung dieses Vollbesitzes an, indem der Erwerbsgrund 'pro suo> alle anderen Titel mitumfaßt; vgl. D. U, 10, 1 pr. itp., Albertario 188 Cf., doch sind nicht alle seine Stellen unecht, auch nicht das untechnische 'pro alieno> in Paul. D. 41, 3, 13 pr. 7 Albertario 132ff.; 209ft; SD 1 (1935) 424 f. (Alex. C. 7, 30, 1), weit. Lit. bei Kaser 34 191 (298191). Vgl. die Dig.stellen o. A. 5, ferner D. 41, 2, 23, 1; 24; tl1, 3, 4, 13; 46, 3, 79. Andere Stellen mit •corpore (corporaliter) possidere• werden aber klassisch sein; vgl. auch PS 5, 11, 2 (trotz Beseler, St. Bonfante II 79); zu Pomp. D. 41, 2, 25, 2 s. Albertario selbst 253 (anders 211). Unbedenklich sind auch Pap. D. 13, 7, 40, 2 und Paul. D. 41, 2, 1, 15; 'corporalis (-iter)> qualifiziert nicht die possessio, sondern kennzeichnet das Besitzpfand gegenüber der 'besitz.losen• Verpfändung. 8 SieheeinerseilsA.7,andererseits o. §238 I, insbes. A. 5; Levy I 27 ff. • Eingehend Albertario II 134; 213 Cf.; 299 ff. sowohl gegen Riccobono (o. § 946 , insbes. Scr. Chironi I [1915] 377 ff.), demzufolge Justinian, um ius civile und

ius honorarium zu vereinheitlichen, den titulierten und den Interdiktenbesitz als 'possessio civilis> zusammengefaßt habe, wie auch gegen die vermittelnde Meinung Bonfantes, Scr. III 592 ff. 10 Paul. D. 41, 2, 1 pr./1 werden wohl zu Unrecht verdächtigt von Albertario II 166; 225; Peterlongo, APer. 50 (1938) 169 rr. u. a. (Ind.). 11 •Delinere, detentio' sind auch im nachklassischen Recht keine technischen Ausdrücke, s. die Lit. o. § 94 7• Wie die Spätzeit •possidere' in wechselnden Bedeutungen und ohne feste Abgrenzung verwendet, so verfährt sie auch mit voµiJ und > beim Sequester, wohl nicht mit Recht. 11 Z. B. der des beschenkten Ehegatten 217ff. in D. 43, 16, 1, 9 f. itp., Albertario 1• Lit. o. § 94 11 • 17 D. 6, 2, 13, 1; 9, 4, 22, 1; 10, 3, 7, 4, alle itp., Albertario 207 f.

§ 239. Die Besitzbegriffe

Justinians

183

herrschaft aufgefaßt wird. Vielmehr nähert sich die possessio jetzt einem Recht von eigener Art, das zwar vom Eigentum verschieden ist, aber doch von der faktischen Sachbeherrschung zuweilen losgelöst erscheint. 18 Sieht man das entscheidende Merkmal im animus, so vermag man einen Vollbesitz auch dort anzuerkennen, wo es an der physischen Gewalt fehlt. Animus und corpus sind nicht mehr Elemente eines einheitlichen Tatbestandes, in dem beim Erwerb oder Verlust die faktische Gewalt durch den Besitzwillen qualifiziert wird; vielmehr kann der Besitz selbst auch ohne tatsächliche Sachbeherrschung auf dem bloßen animus beruhen, der damit vom corpus verselbständigt wird. 19 Dies gilt zwar nicht für den Besitzerwerb, für den an der körperlichen Ergreifung, besonders an der traditio, festgehalten wird. 20 Wohl aber erweitert die oströmische Doktrin zur Erhaltung eines bestehenden Besitzes die klassischen Ansätze eines auf Fälle, in denen von einem auch nur mittelbaren Fortbestand der Sachgewalt keine Rede sein kann. 21 Diese des Besitzbegriffs drückt sich in Stellen aus, die mit den Besitz geradezu als Recht kennzeichnen. 22 Folgerichtig wird auch der Besitzerwerb stärker einem Rechtsgeschäft angenähert. 23 IV. Ausgehend von Ansätzen, die vielleicht schon die Rechtsschule der klassischen Zeit entwickelt hat, 24 erweitert Justinian, auch insoweit der oströmischen Schule folgend, den Besitzbegriff 25 ferner dahin, daß er neben dem Sachbesitz einen Rechtsbesitz anerkennt. 26 Hatten die Klassiker dem 18

Zur Vererbung des Besitzes s. schon o. § 95"; vgl. außer lav. D. 41, 2, 23 pr. auch Ulp. D. 47, 4, 1, 15; zur Vollendung der Ersitzung während ruhender Erbschaft Ner., Pap. D. 41, 3, 40; 44, 3; Paul. D. 4, 6, 30 pr. Die Stellen werden sachlich für klassisch zu halten sein, s. jetzt auch Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 86 ff. 11 Vgl. insbes. Rotondi III 167 ff.; 201 ff. S. auch o. § 20i33 • ao Wenn auch mit Lockerungen, vgl. Schulz, Einf. 66 ff. und u. § 24288 • Keine Neuerung bedeutet der Besitzerwerb durch das sog. •constitutum possessorium•, das schon die Klassiker kennen; o. § 95 III m. Lit. - Die scriptura ersetzt nicht die traditio, vgl. u. § 242n• .. ; zu CT 2, 29, 2, 2 (394) = C. 4, 3, 1, 2 s. Levy 141 f., anders Arangio-Ruiz, Ist. 206; Albertario 132. 21 Grundlegend Rotondi III 9ft ff. pass.; 269 ff. Zu den Ansätzen im klassischen Recht vgl. o. § 95 IV m. Qu. u. Lit., insbes. Rabel, St. Riccobono IV 219f.; 228; Wieacker, Fschr. Lewald (1953) 195 ff. Diese Ansätze werden jetzt verallgemeinert und ausgebaut. S. etwa zum fortbestehenden Besitz am servus fugitivus Rotondi 143 ff. und die Lit. o. § 9521 , zum Erwerb durch den flüchtigen Sklaven Pringsheim, St. Solazzi 625 ff., auch

Fschr. Schulz I 279 ff. pass. Vgl. ferner Rotondi 167 ff. zum fortdauernden Besitz des Abwesenden, des Kriegsgefangenen und durch die Vermittelung von Detentoren (o. § 95 IV m. weit. Hinw., s. auch u. § 2la036 zum Besitzschutz); C. 7, 32, 12 (531); 8, 4, 11 (532). 22 D. 4, 6, 19; U, 2, la4 pr.; 49 pr./1; 43, 8, 2, 38; 48, 6, 5, 1; C. 7, 16, 5, 2, alle itp., Lit. o. § 944 ; Levy I 27 f. 23 Der Besitzerwerbswille setzt pubertas voraus; die Streitfrage um den Besitzerwerb des impubes wird dahin entschieden, daß er, soweit er selbst nicht hinreichend verständig ist, der auctoritas tutoris bedarf, D. 41, 2, 1, 3 i. f. itp., Albertario 240 f. 14 Vgl. die Lit. o. § 9425 , insbes. Carcaterra, II possesso dei diritti (1942) 1 ff. pass. 15 Zur Anwendung der •possessio> auf den status von Personen s. o. § 67'1 m. Lit., dazu noch Carcaterra la3ff. 28 Vgl. insbes. Albertario II 137 ff.; 309-490, dazu die Weiterführung durch Sargenti, Scr. Ferrini Mil. II 226ff., ferner Carcaterra 129 ff.; zu christlichen Einflüssen ebd. 22 ff.; 175, vgl. Biondi I 2711 • - Zum Rechtsbesitz bei der Erbschaft s. u. § 29611•

184

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Nießbraucher bloße Detention und die Besitzinterdikte nur als zugestanden, so gewährt eine frühe, vielleicht schon in die Klassik zurückreichende Schuldoktrin ihm eine .17 Sie fließt später, seitdem der Unterschied zwischen interdictum directum und utile gegenstandslos wird, mit dem regelmäßigen Besitz zusammen. 28 Darüber hinaus erhält aber jetzt auch, wer, ohne Nießbraucher zu sein, das faktisch ausübt, eine e dem Eigentumsstreit als der 'causa principalis> o. dgl.7 gegenüber. Der erste Schritt zur Weiterentwicklung über den klassischen Zustand hinaus besteht in der Beseitigung der exceptio vitiosae possessionis :8 Um jede angriffsweise geübte Selbsthilfe zu unterdrücken, entzieht man dem Beklagten die Berufung darauf, daß der Kläger selbst ihm zuvor den Besitz eigenmächtig entzogen habe. Damit wird die Besitzklage zu einem allgemeinen Rechtsmittel, mit dem jede gewaltsame Besitzentziehung, auch die Selbsthilfe des an der Sache Berechtigten, rückgängig gemacht werden soll. Die Anwendung dieses Rechtsmittels wird ferner dadurch erweitert, daß es bloßen Inhabern alieno nomine, selbst Sklaven, zusteht, CT 4, 22, 1 {326) = C. 8, 5, 1 pr.; CT eod. 4 (397); 6 (414) = C. 3, 6, 3. Die Jahresfrist wird zugunsten Abwesender verlängert, c. 1 cit.• Das Verfahren wird erleichtert durch einen Gerichtsstand am Tatort, C. 3, 16, 1 (366), durch Beschränkungen der Berufung usw. 10

Neben diesem Verfahren stehen Maßnahmen des Kriminalrechts. 11 Konstantin bestraft die Gewaltverbrechen kapital 11 und bedroht auch die Selbsthilfe mit Strafe: Der gewaltsam entzogene Besitz ist zurückzugeben; wird der Eindringling im Eigentumsstreit als Nichtberechtigter befunden, so tref1

Anders de Malafosse 33 ff., insbes. 38 f., der aus CT 4, 22, 1 (326) die selbständige Einführung eines interdictum momentariae possessionis neben dem unde vi herleitet, geschaUen für die Kolonen, Angehörigen, Sklaven usw., die in Abwesenheit ihres Herrn aus dem Besitz verdrängt worden waren und bei dessen fortdauernder Abwesenheit das Rechtsmittel auch nach Jahresablauf geltend machen konnten. • Zum Aufgehen der interdicta in den actiones s. o. § 19910 • 'CT 4, 22, 1 (326) = C. 8, 5, 1 pr. (s. auch Gradenwitz, SZ 38 [1917) 59 ff.); 3, 16, 1 (366); CT 2, 1, 8, 1 (395) = C. 8, 4, 8 u. a.; zuweilen einfach •momentum•, vgl. CT 4, 22, 4 (397); Symm. rel. 28 pr./10; ein 'Bürowort• (Wieacker, Vulg. 23), das indes keineswegs schlechthin mit •possessio• gleichzusetzen ist. Die Bezeichnung ist westlich und östlich, Levy, SZ 76 (1959)

7.

1

Vgl. IP 5, 6, 1; Isid. etym. 5, 25, 33

(interdictum); Levy 249 f.; abweichend de Malafosse 35. • Zahlreiche Belege aus IT {z. B. 4, 23, 1; 11, 37, 1), IP (5, 6, 1; 5, 7, 14) usw. bei Levy 244 f. 7 Levy 245 f. Vgl. etwa CT 9, 10, 3 {319) = C. 9, 12, 7; zuweilen einfach •negotium•, CT 4, 22, 2 {380), oder •causa", CT 2, 14, 1 (400) = C. 2, 14, 1. • CT 9, 10, 3 (319) cit. u. a., ferner IP 5, 7, 5 gegen PS 5, 6, 7; vgl. Levy 246 ff. m. Lit., anders de Malafosse 31; 52; 121; 147 ff. Nichts beweist dagegen ET 76: Ist der Depossedierte selbst fehlerhafter Besitzer, fällt der Besitz vermutlich an den Fiskus, Levy 248. • Näheres bei Levy 263; anders de Malafosse 151 f. 111 Einzelheiten bei Levy 249, s. auch Biondi, Bull. 30 (1920) 220 ff.; 246 ff. 11 Das folgende nach Levy 250 ff. 11 CT 9,10,1 {317) = C. 9,12,6; CT eod. 2 (318).

186

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

fen ihn Deportation und Vermögenseinziehung; wird er als Berechtigter erwiesen, so erhält er wegen seiner unerlaubten Selbsthilfe nur die Hälfte des ergriffenen Guts zurück, die andere Hälfte verfällt dem Fiskus. 13 Spätere Gesetze verzichten jedoch bei der Selbsthilfe auf die öffentliche Bestrafung. Wer sich zur Selbsthilfe, also wegen eines wirklichen oder vermeintlichen Rechts an der Sache, ihrer gewaltsam bemächtigt hat, verliert nur noch den Besitz an den Gegner und wird, auch wenn er der Berechtigte gewesen ist, von jeder Rückforderungsklage ausgeschlossen; er hat durch seine Gewalttat sein Recht an der Sache verwirkt, so daß sie dem Gegner verfällt. War er nicht der Berechtigte, dann muß er die Sache zurückgeben und dem Gegner außerdem Strafe leisten; anfangs eine Geldbuße im Wert der entzogenen Sache, nachher als Naturalleistung eine andere Sache gleicher Art. u Diese Regelung, die entweder zum Verfall oder zur Sühneleistung führt, war zunächst vielleicht nur für Sonderfälle bestimmt, 16 sie gilt aber später allgemein. 16 In diesem Verfahren muß der Richter die Berechtigung an der Sache prüfen, um entscheiden zu können, welche der beiden Folgen, Verwirkung oder Sühneleistung, eintreten soll. Da er aber damit auch über das Schicksal der Sache bereits endgültig entscheidet, ist nach diesem Verfahren für einen weiteren Eigentumsprozeß kein Raum mehr. 17 Folgerichtig verschwindet der Ausdruck 'momentum' aus dem Bereich dieses Verfahrens.18 Das momentum-Verfahren wird auf die Fälle eingeschränkt, die nicht zu Verwirkung oder Strafe führen; so bei gewaltsamen Entziehungen, die nicht zum Zweck der Selbsthilfe, also nicht wegen eines behaupteten Rechts verübt wurden, 19 ferner bei Ergreifung einer Sache, die der Ergreifer für eine von niemandem corporaliter besessene hält, 10 schließlich bei Entziehungen, die durch die Leute eines anderen (seine Kolonen, Angehörigen, Sklaven usw.) ohne seine Kenntnis vorgenommen worden sind. 21 18 Vgl. insbes. CT 9, 10, 3 (319), s. auch RB 8, 2. Vgl. zu CT cit. und IT (Levy 255) auch Wieacker, Symb. Lenel 346 f.; de Malafosse 30 ff. H Zu alldem CT 4, 22, 3 (389). Die Geldbuße steht hier, die Naturalleistung (veranlaßt durch die Geldentwertung) in IT. In dieser Art der Sühneleistung drückt sich der Talionsgedanke aus, vgl. die Hinweise und Parallelen bei Levy 252 ff., s. auch u. § 271 bei A. 13. - In NV 8, 1 (440) werden Verwirkung und Sühne sogar gehäuft und auch dem berechtigten Eindringling auferlegt, doch geht schon NV 8, 2 (441) wieder davon ab, vgl. Levy 254 f.; de Malafosse 52 f. 16 Wenn die Eigenmacht während des anhängigen Rechtsstreits verübt worden ist, bevor das erbetene Kaiserreskript oder der richterliche Zwischenbescheid ergangen ist, CT 4, 22, 2 (380); ebenso wenn ein Vermögen, das ein Thronprätendent konfisziert hat, nach dessen Absetzung eigenmächtig wieder ergriffen worden ist, eod. 3

(389). 18 CT 4, 22, 3 cit. quod quidem etiam in privatis observandum negotiis generali lege

sancimus, nach Levy 254 erst bei Aufnahme in den CT eingefügt (s. auch 255 zu IT); er bezieht die Erweiterung auf alles öffentliche und private Vermögen, Grundstücke und bewegliche Sachen, auf berechtigte und nichtberechtigte Parteien, auf Entziehungen vor und während des Prozesses; einschränkend de Malafosse 149 f., der den Satz nicht für itp. hält. 11 Levy 251; 255 f.; anders de Malafosse 51 (vgl. 150 f.), der eine Prüfung der Eigentumsfrage in einem besonderen Verfahren vermutet. 18Vor allem seit dem CT (438); Nachweise bei Levy 256 f. Seitdem ist die actio momenti auch nicht mehr einfach mit der actio ex interd. unde vi gleichzusetzen, s. ebd. 262 m. Lit. 1• IT 9, 10, 3; 9, 20, 1; Levy 255; 256 f. so So deutet Levy 257 f. IP 5, 6, 1; hier ist das utrubi zuständig. 11 CT 4, 22, 1 (326) = C. 8, 5, 1 mit IT; CT 2, 26, 1 (330) = C. 8, 4, 5; CT 4, 22, 6 (414) = C. 3, 6, 3, vgl. auch ET 76 mit Cass. 4, 39; 5, 12. Zur Auslegung dieser umstrittenen Stellens. Levy 259 ff. (wohl mißverstanden von de Malafosse 151).

§ 240. Der Besitzschutz

187

Nur in diesem der actio momenti noch verbliebenen Anwendungsbereich dient sie auch weiterhin der Vorbereitung des Eigentumsstreits; nur für dieses Verfahren gilt - als Regel (o. A. 9) - die einjährige Befristung. Mit dem Vordringen germanischer Rechtsanschauungen, die ein besonderes Besitzverfahren nicht kennen, weichen die Besitzstreitigkeiten im Westen den Verwirkungs- und Strafmaßnahmen. 11

2. Die übrigen Tatbestände, für die in klassischer Zeit Besitzinterdikte vorgesehen waren, treten neben den Maßnahmen gegen gewaltsame Entziehung stark zurück. 28 Verfahren aus bloßer Besitzstörung fehlen offenbar völlig. Die Quellen erwähnen neben dem interdictum unde vi nur noch das quorum bonorum (u. § 296 II) und das utrubi. 24 Auch beim interdictum utrubi wird die exceptio vitiosae possessionis und damit die Beschränkung der Klägerrolle auf den nicht fehlerhaften Besitzer verwischt. 16 Der Prozeß über das Eigentum (oder über Gewaltverbrechen) bleibt nach Durchführung des utrubi offen.• Die Entscheidung über das utrubi hängt nach wie vor von der längeren Besitzdauer im letzten Jahr ab.11

II. Just in i an stellt das materielle Recht der Besitzinterdikte - nicht auch das Verfahren - in stärkerem Anschluß an die klassischen Quellen wieder her, er behält aber auch die Verwirkungs- und Strafnormen der nachklassischen Kaisergesetze bei, ohne die beiden Einrichtungen hinlänglich klar und sorgfältig auf einander abzustimmen. 1. In den Vordergrund tritt das interdictum und e v i28 zum Schutz gegen gewaltsame Entziehung der possessio.29 Das unde vi wird, wie schon vor Einführung der Verwirkungsnorm, wieder zuständig auch für die Fälle der Selbsthilfe, also der Gewaltanwendung aus einem wirklichen oder vermeintlichen Recht. 30 Die nachklassischen Neuerungen, namentlich die Beseiti• gung der exceptio vitiosae possessionis31 und die Erleichterungen des VerLevy 266 mit Belegen. Zum folgenden Levy 263 ff. "übereinstimmend CT 4, 21-23 und Auson. Gryph. 63 f. - Das 'interd. u ti possidetis' verschwindet; seine Rolle, den Eigentumsprozeß vorzubereiten, ist mit dem Wegfall der exceptio vitiosae possessionis im Westen ausgespielt. Das 'interd. de precario' wird mit der Umgestaltung des precarium, dessen weiteres Schicksal mit der Pacht verbunden wird (u. § 266 II 2), hinfällig. Zum 'interd. de clandestina possesc;ione' s. Levy I 265. 16 Ihn meint zwar noch CT 4, 23, 1 (400) = C. 11, 48, 14 mit 'bonae fidei possessor', aber IT gibt das Rechtsmittel Jedem Besitzer; Levy 24 7; 257 321 • • Levy 258. 11 Levy 249 271 ; 258; SZ 49 (1929) 239; s. auch I 263 zu IP 5, 6, 1; danach ist das Interdikt nicht mehr 'duplex' (o. § 96 III). 18 Näheres bei Levy 1 266 Cf.; s. auch 12

11

sz 76

(1959) 7.

• Indem im Wort 'possessio• der ursprüngliche Sinn der faktischen Sachbeherrschung wieder stärker hervortritt,

werden •momentum• und 'momentaria possessio' preisgegeben; sie stehen nur noch m einzelnen Gesetzen, die in den Cod. Iust. übernommen werden; Levy, SZ 76, 7. Mißverstanden wird der Gegensatz zwischen 'momentum' und 'principale negotium', das statt auf den Eigentums- auf den Besitzstreit bezogen wird, in den griechischen Kommentaren, vgl. Thalel. schol. 2 l:'l)µ.e(c.>aotL zu C. 9, 12, 7 (Bas. 60, 18, 26, Heimb. V 605) u. a., Levy I 267; s. u. A. 37. ao C. 8, 4, 8 (ex CT 2, 1, 8, 1, o. A. 4) und ausdrücklich eod. 11 (532); dazu auch de Malafosse 90 ff. 81 Inst. 4, 15, 6 gegenüber Gai. 4, 154 f., vgl. D. 43, 16, 1 pr., dazu o. § 96 23 ; itp. D. 43, 16, 3, 9; C. 8, 4, 1. Damit verschwindet der klassische Unterschied zwischen den interd. unde vi und de vi armata. Zwischen bewaffneter und unbewaffneter Gewalt wird jetzt vielmehr nur unterschieden, um die Tat den Strafen der lex Julia de vi publica oder de vi privata zu unterstellen; Inst. cit. und 4, 18, 8; Mommsen, Strafr. 658 r.

188

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

fahrens, 82 läßt man bestehen. Aber auch die 'Verwirkungsnorm> besteht fort, wonach, wer unbefugte Selbsthilfe übt, nicht nur den Besitz zurückzugeben hat, sondern, wenn er an der Sache der Berechtigte ist, das Eigentum verliert, wenn er nicht berechtigt ist, den Wert der Sache als Strafe schuldet. 83 Diese Norm wird jetzt ins Interdiktsverfahren eingebaut, so daß zu unterscheiden ist: Soweit diese Norm reicht, wird um ihrer Straffolgen willen im Besitzprozeß auch die Eigentumsfrage geprüft, so daß für einen besonderen Eigentumsprozeß kein Raum bleibt;" insoweit ist das Interdikt vermutlich auch wegen eigenmächtiger Entziehung beweglicher Sachen und auch noch nach Jahresfrist zulässig. Ist jedoch die Gewalttat von einem Gutgläubigen nicht zur Selbsthilfe verübt worden, 86 dann hat das Interdikt keine Verwirkungs- oder Straffolgen, es dient nur der Vorbereitung des Eigentumsprozesses, es bleibt auf Grundstücke beschränkt und an die Jahresfrist gebunden. 88 War der Täter dagegen bösgläubig, so dehnt man nun die kriminelle Verfolgung wegen Gewaltverbrechens auch auf die Fälle der Selbsthilfe aus. 111 2. Das interdictum uti possidetis für Grundstücke wird neu belebt; es untersagt wie bisher Gewaltanwendung gegen den letzten fehlerfreien Besitzer und dient damit vornehmlich der Abwehr einer Besitzstörung. 38 Da es sich aber nach wie vor an beide Teile wendet, ist es auch dazu tauglich, dem gewesenen fehlerfreien Besitzer den Besitz vom gegenwärtigen Besitzer, der jenem gegenüber fehlerhaft besitzt, zurückzuverschaffen. 89 Die exceptio vitiosae possessionis bleibt hier 'bestehen, das Interdikt dient damit auch weiterhin zur Vorbereitung des Eigentumsprozesses, indem es dem 'besseren> Besitzer für diesen Streit die vorteilhaftere Beklagtenrolle zuweist.• 0 3. Das interdictum utrubi für bewegliche Sachen wird bei Justinian dem Musterdes uti possidetis nachgeformt; es behält die exc.vitiosae possessionis, ordnet aber den Besitz nicht mehr dem zu, der im letzten Jahr den längeren aa Die Belege bei Levy 268. Vgl. C. 8, 5, 1 (ex CT 4, 22, 1); 3, 16, 1 citt. u. a. 88 Vgl. C. 8, 4, 10 = 4, 65, 33 {484) und insbes. C. 8, 4, 7 (ex CT 4, 22, 3), ferner Inst. 4, 15, 6; 4, 2, 1; Levy 268; abweich. Wieacker, Symb. Lenel 324 ff. "Zu folgern aus C. 8, 4, 7 und Inst. cit., Levy 269. Damit macht sich die Um-

wandlung des Besitzes in ein Recht (o. § 239 III) auch im Verfahren geltend. 85 So bei Besitzergreifung durch die Leute eines anderen ohne dessen Wissen (o. A. 21), C. 8, 5, 1 (ex CT 4, 22, 1) u. a., Levy 270; ferner außerhalb der (im Glauben an das eigene Recht geübten) Selbsthilfe und in den Fällen der Besitzergreifung an einer vermeintlichen •vacua possessio', also einer Sache, die in niemandes körperlichem Besitz zu stehen scheint, C. 8, 4, 11 (o. A. 30), dazu Rotondi III 179 ff.; Levy 258 881 ; 270; anders de Malafosse 90'.

• Die Verwirkungs- und Strafnorm tritt in der Auslegung der Kompilation deutlich hinter das Interdikt zurück, Levy 271 f.; anders, ähnlich wie auch im späteren Westen (o. A. 22), erst wieder die spätere byzantinische Entwicklung, vgl. ebd. 273 ff. 17 C. 9, 12, 7 (ex CT 9, 10, 3, o. A. 13), itp. si criminalis quaestio agitetur, vgl. o. A. 29; s. auch Inst. 4, 15, 6; Levy 267; die Auslegung zeigt sich aber gegenüber dieser Ausdehnung der Strafbarkeit zurückhaltend, s. ebd. 270 f. 18 Inst. 4, 15, 4/4 a; vgl. auch o. § 96 7 • Zu P. Cairo Masp. 67295 (522 n. C.) s. 2481'. - Die SchadensTaubenschlag ersatzpflicht wird jetzt in D. 43, 17, 1 pr. itp. unterstrichen; Bonfante III 355. n Das bestreitet zu Unrecht Siber 155; anders offenbar Scr. Ferrini IV 100. Die Interdikte uti possidetis und utrubi sind immer noch •duplicia', vgl. Inst. 4, 15, 7. '° Inst. 4, 15, 4.

§ 241. Das Eigentum.

Begriff

und Grenzen

189

fehlerfreien Besitz gehabt hat, sondern dem, der zur Zeit der Litiskontestation dem Gegner gegenüber fehlerfrei besessen hat. '1 4. Das interdictum de precario ist, wie das precarium selbst, bei Justinian eine überlebte und - trotz der Aufnahme zahlreicher klassischer Texte in die Kompilation - nicht mehr recht verstandene Einrichtung.' 2

§ 241. Das Eigentum. Begriff und Grenzen

I. Das vulgarrechtliche Eigentum wird, wie erwähnt (o. § 238), dadurch gekennzeichnet, daß es vom Besitz nicht scharf abgegrenzt ist und daß es die beschränkten Sachenrechte einschließt. Von 'dominium (proprietas)>, gleichsinnig aber auch von 'iure possidere> ließ sich sprechen, wann immer jemand kraft eigenen Rechts (suo nomine) die Sachgewalt beansprucht, gleichgültig ob er die Sache ganz oder nur teilweise, dauernd oder nur auf Zeit beherrschen will. Gleichwohl kennt auch das Vulgarrecht bestimmte typische Erscheinungsformen der Sachherrschaft, die sich mindestens zum Teil mit den bisherigen Sachenrechten decken. Unter diesen Erscheinungen ragt das V o 11eigen tu m hervor, das im Vulgarrecht das klassische Eigentum ablöst; in ihm sind neben dem dominium ex iure Quiritium auch das in bonis habere und die eigentumsähnliche Gewalt am Provinzialboden auf gegangen. 1 Diese überlebten Unterscheidungen stellt auch Justinian nicht wieder her. Im übrigen aber kehrt er zum scharf umgrenzten Eigentumsbegriff der Klassiker zurück und hebt das 'dominium>, die 'proprietas>, wieder eindeutig vom Besitz und von den beschränkten Sachenrechten ab. 2 Damit ist vereinbar, daß das Eigentum bei ihm stärkere inhaltliche und zeitliche Beschränkungen zuläßt als nach klassischem Recht. II. Unter den Beschränkungen des Eigentums 3 führen die Eingriffe des Staates im ö ff e n tl ich e n Interesse, mögen sie dem Gemeinwohl schlechthin oder fiskalischen Zwecken dienen wollen, im absolutistischen Kaiserstaat eine Umwälzung herbei, in der die Idee der Freiheit des Eigentums versinkt. Die Republik und zunächst auch noch der Prinzipat hatten die Unantastbarkeit des privaten Eigentums, obschon sie in Rom auf bloßer Tradition beruhte und zu keiner Zeit von der Verfassung gewährleistet war, im Prinzip bewahrt, wenngleich sich diese Rücksicht mit der steigenden Macht tiJnst. 4,15,4a; D. 43,31,1 itp.; Levy, SZ 49, 239'. Zum Westen s. o. I a. E. " S. u. § 266 III a. E.; Levy, SZ 66 (1948) 6 rr. 1 Spuren eines •relativen' Eigentums (o. § 31 IV) in östlichen Volksrechten vermutet Taubenschlag, RPR 247 = Op. I 135 nach Diocl. vat. 43 = C. 3, 33,

11; vat. 315, teilw. gleichlautend C. 3, 32, 15, 2. 1 Zur Terminologie Levy I 74. - Freilich hat das justinianische Eigentum nicht mehr ganz die gleiche absorbierende Kraft wie das klassische; vgl. u. A. 46. 1 Zum folgenden Levy I 100 ff.; H0ff.; s. auch 122 ff. zur Weiterentwicklung in den Germanenreichen. - Zur christlichen Deutungs. o. § 2383 •

190

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

des Kaisers mehr und mehr verflüchtigte.' Unter dem Absolutismus jedoch hat der Gedanke, daß ein ungeschriebenes Gebot dem Staat den freien Eingriff in die private Sphäre verwehrt, keinen Raum mehr. Vielmehr haben gerade die vielfältigen Pflichten, die der Staat dem Eigentümer auferlegt, die erwähnte Auflösung des Eigentumsbegriffs begünstigt, so daß den Eigentümer, der zur Landbestellung gezwungen wird und Grundsteuer bezahlen muß, von einem bloßen Erbpächter keine scharfe Grenze mehr trennt. 6 Daneben führen die mannigfachen Eigentumsbeschränkungen aus öffentlichem Interesse 6 zur Ausbildung neuer Zwischentypen beschränkter Sachherrschaft. In dieser Entwicklung bringt auch Justinian keine Umkehr: Er setzt hier die wohlfahrtsstaatliche und fiskalistische Politik seiner Vorgänger fort, ohne seine klassizistischen Neigungen entfalten zu können. 7 Betrachten wir die wichtigsten Erscheinungen im einzelnen. 8 1. Der stärkste Eingriff in das Privateigentum, die Enteignung, 11 von der sich die Staatsgewalt der Prinzipatszeit noch weithin zurückgehalten hat, wird nun unbedenklich ausgeübt, obschon man sie weder dem Namen noch der Sache nach als Einrichtung von eigener Art erfaßt. Sie betrifft hauptsächlich Grundstücke für die Zwecke öffentlicher Bauführung, 10 daneben auch Lebensmittel zur Behebung von Notlagen. 11 Immer wird sie mit öffentlichen Interessen begründet. Da in allen Fällen eine Entschädigung in Geld oder Naturalersatz gewährt wird, herrscht die Vorstellung eines Zwangskaufs vor. 12 2. Den Enteignungen stehen nahe die Maßnahmen zur Urbarmachung der Ödländereien (agri deserti). 13 Können die Dekurionen einer Gemeinde die auf dem Brachland liegenden Steuern nicht aufbringen, dann ordnet Konstantin 1' an, daß diese Lasten auf alle Grundbesitzer der Gemeinde verteilt werden, C. 11, 59, 1. Das Ödland wird den bisherigen Berechtigten weggenommen und durch 'Zwangsauflage• (imßo).~) den anderen Grundbesitzern zu' Das zeigt sich deutlich mit dem Übergang vom 1. zum 2. Jh. n. Chr., vgl. Levy 104 ff.; 108 ff. • Levy 100 r. Zwischen Grundsteuer und Grundzins hat man in Rom nie scharf unterschieden, vgl. auch ebd. 44; u. § 249 1 • Zum Charakter des 'vectigal' s. Mario Pugliese, Per il XIV cent. della codif. giust. (1934) 527 ff. • Zur •utilitas publica•, auf die man sich allenthalben beruft, s. o. § 192 37 • 7 Levy 121 f.; Wieacker, Vulg. 58. 8 Nicht im Privatrecht darzustellen ist das verzweigte Recht der Grundsteuer, dessen spätrömische Regelung vor allem auf der Neuordnung Diokletians aufbaut; vgl. statt aller K übler, RRG 363 ff. mit weit. Hinw.; Sehwahn, RE 7 A, 53 f.; 70 rr. (Tributum); s. auch die Lit. o. § 213 20 • • Vgl. o. § 98 2 , s. insbes. De Robertis, La espropriazione per pubblica utilita (1936) 179 ff.; Emptio ab invito (ABari

7/8 [1945/46]) 184 ff.; Levy 111; Biondi III 307 r.; unbegründete Einschränkungen bei Bonfante II 1,249 ff. 1 ° CT 15, 1, 30 (393) = C. 8, 11, 9; CT eod. 50 (412); 51 (413) = C. eod. 18; CT eod. 53 (425). Vgl. auch die Anekdote vom Bau der Hagia Sophia (Glycas Sie. ann. 4 u. a.; De Robertis, Espr. 196ff.); ferner Nov. 7, 2, 1 (535) zu Eingriffen sogar gegenüber der Kirche; solche auch in Ambr. ep. 20 (PL 16, 1036 ff.); Levy 110 f. - Zu CT 15, 1, 39 (396) = C. 8, 11, 14 s. u. A. 21. 11 C. 10, 27, 1 r. (491 ff.), vgl. auch CT 11, 15, 2 (384); 14, 15, 3 (397) = C. 11, 23, 2. - Einen anderen Charakter hat die Freiheitsverleihung an Sklaven zum Lohn für die Aufdeckung öffentlicher Verbrechen, o. § 211 I. 12 Später wird das abgeschwächt, vgl. De Robertis, ABari 7/8, 219 ff. 13 Zu ihnen auch u. § 244 I 2. u Nach C. 11, 59, 1 Aurelian folgend.

§ 241. Das Eigentum.

Begriff

und Grenzen

191

gewiesen.11 Zugleich wird, indem die Besitzer fruchtbaren Landes die auf dem Ödland liegenden Steuern übernehmen müssen, eine gleichförmige Verteilung der Steuerlast (peraequatio) durchgeführt. 11 Von der Wegnahme ebenso wie von der Zwangszuteilung betroffen sind zunächst die Erbpächter von Domänenland, die aber später davon befreit werden (u. § 2497); ferner die Erbpächter von Privatland und die Volleigentümer, also alle, die unter den weiten Eigentumsbegriff des Vulgarrechts fallen. Die Zwangsübernehmer genießen, wenn sie Grundstücke mittlerer Güte erhalten haben, eine zweijährige Immunität, CT 5, 14, 30 (389) = C. 11, 59, 7, 1. Sie können aber nicht die fruchtbaren Böden behalten und die weniger fruchtbaren zurückweisen, CT eod. 34 (394) = C. eod. 9.

3. Die räumliche Erstreckung des Eigentums ins Erdinnere wird eingeschränkt durch die Sonderregeln des Bergbaurechts, die bisher nur am öffentlichen Boden anerkannt waren und nun auf das Privatland ausgedehnt werden. 17 Unter dem Prinzipat konnte eine besondere Bergbauberechtigung nur an öffentlichem Boden erworben werden. 18 Wer auf Grund eines freien Besitzergreifungsrechts (ius occupandi) den Bergbau in öffentlichem Boden beginnt, erwirbt damit vom Fiskus ein Recht von eigener Art, und zwar zur Hälfte sofort, zur Hälfte nach Bezahlung eines feststehenden Preises; doch unterliegt dieses Recht mancherlei Beschränkungen, es wird namentlich bei längerer Unterbrechung der Arbeit verwirkt. Der Unternehmer wird als •occupator•, •emptor> oder •colonus• bezeichnet, sein Recht als •proprietas•; in dieser Terminologie zeigt sich die vulgarrechtliche Anschauung vom Eigentum schon im provinziellen Recht der Prinzipatszeit. Seit dem 4. Jh. - sicher seit CT 10, 19, 10 (382) = C. 11, 7, 3, aber vielleicht schon vorher - wird nun der Bergbau auch in fremdem Privatland gestattet. Nach c. 10 hat der Unternehmer je ein Zehntel des Ertrags dem Staat und dem Eigentümer herauszugeben; der Rest fällt dem Unternehmer zu, dessen Recht veräußerlich und vererblich ist und in den gleichen Wendungen umschrieben wird, die im Vulgarrecht für Eigentum und Erbpacht typisch sind.lt

4. Sehr einschneidend waren die Beschränkungen und Eingriffe bau polizeilicher Art, 10 von denen vermutlich nur ein Bruchteil auf uns gekommen ist. Einer Enteignung kommt es gleich, wenn Konstantin nicht nur die Errichtung privater Gebäude in der Nachbarschaft der öffentlichen Kornspeicher, um sie vor Brandschaden zu bewahren, verbietet, sondern verbotswidrig errichtete konfisziert, CT 15, 1, 4 (320), und wenn in eod. 38 (398) die Niederreißung solcher privater Gebäude angeordnet wird. Durch ähnliche Maßnahmen sollen auch andere öffentliche Bauten geschützt werden.11 - Seit dem 5. Jh. begegnen dann auch Zwangsanordnungen im privaten Lit.: M. Weber, Röm. Agrargesch. {1891) 209 ff.; Monnier, NRH 16 (1892) 125 rr.; 330 rr.; 497 ff.; 637 ff.; 18 (1894) 433ff.; 19 {1895) 59ff.; Seeck, RE 5, 1184 ff. (Discussor); 6, 30 ff. (Epibole); Mitteis, Erbpacht (u. §249 1 ) 391.; 64 f.; de Zulueta, De patrociniis vicorum (1909) 68ff., dazu Lewald, SZ32 (1911) 479 ff.; A. Segre, Traditio 5 (194.7) 124 ff.; Levy 44; 112; de Malafosse, Riv. dir. agr. 34 (1955) 40 ff. S. auch Dölger, St. Albertoni II 1 rr.Vgl. C. 11, 59, 5 (377/78); CT 10, 3, 4 (383) = C. eod. 6 u. a. 18 Vgl. z.B. für Afrika CT 11, 1, 10 (365), anders eod. 31 (412) = C. 11, 59, 12; im übrigen CT 13, 11; C. 11, 58 pass. 11

17

Levy 112 ff. m. Lit., insbes. Schönbauer, Beiträge z. Gesch. d. Bergbaurechts (1929); SZ 55 (1935) 183 ff. 18 S. die lex metallis dicta, Bruns nr.113 = FIRA I nr.104 (Hadr.), auch die sog. lex metalli Vipascensis, Bruns nr. 112 = FIRA I nr. 105 (2. Jh., beide aus Lusitanien); zuletzt d'Ors, Iura 2 (1951) 127 ff. lt Justinian läßt die Freiheit des Bergbaus bestehen, verpflichtet aber den Unternehmer zur Zahlung einer Vergütung an den Eigentümer nach dem Herkommen, D. 8, 4, 13, 1 i. f. itp. (lnd.); Levy 122; Biondi III 308 r. 20 Levy 114 ff. 11 Auch zur Bewahrung der Schönheit

192

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Interesse. Hatte man es bisher den Eigentümern überlassen, sich durch Bestellung einer servitus luminis vel aeris gegen eine Beeinträchtigung von Licht und Luft durch den Nachbarn zu sichern, so werden solche Baubeschränkungen jetzt gesetzlich vorgeschrieben." Vor allem Zeno gibt in C. 8, 10, 12 eine umfassende und ins einzelne gehende Bauordnung.11 Justinian erstreckt ihre Geltung auch auf andere Städte als Konstantinopel, C. eod. 13 (531), und bildet sie weiter.H

5. Von anderer Art ist die Beschränkung in den Fällen, in denen der jeweilige Eigentümer zu einem Dienst verpflichtet ist. Solches gilt für bestimmte Grundstücke im Grenzgebiet, die in den Händen von Soldaten bleiben mußten, 16 und weiter für die Grundstücke von Angehörigen beruflicher Zwangsverbände (corpora): Diese Güter waren an die Funktion gebunden;• sie waren zwar veräußerliches Eigentum, doch mußte bei einer Veräußerung der Erwerber die Funktion übernehmen oder das Land dem Veräußerer zurückübertragen. 17 6. Stark vermehrt werden darüber hinaus im öffentlichen Interesse die 28 Veräußerungsverbote. Sie haben unterschiedliche Motive. Verboten und strafbar ist der Verkauf von Lebensmitteln, Waffen und anderen Hilfsmitteln an die 'barbari• außerhalb des Römerreichs;• von Getreide, das für öffentliche Bedürfnisse bestimmt ist; 30 von Luxusgegenständen ihres Anblicks, CT 15, 1, 25 (389), allgemeiner eod. 46 (406) = C. 8, 10, 9. Beseitigung von Erkern oder Balkonen zum Feuerschutz: CT eod. 39 (398), erweitert in C. 8, 11, 14, s. auch C. 8, 10, 11 (423). 11 Vgl. das in RB 17, 6 zitierte Gesetz (Levy 55), ferner C. 8, 10, 11 cit., auch SRR L 120. Zu GE 2, 1, 3 (ius fenestrae) s. Levy 116106 m. Lit., dazu Solazzi, Specie ed estinzione delle servitu prediali {1948) 89 f.; anders Biondi, La categoria romana delle servitutes (1938) 112 ff. S. auch u. V. 13 Biondi (o. A. 22) 23ff.; 107ff.; zur Lesung ders., Bull. 44 (1936/37) 363ff.; Capocci, SD 7 (1941) 155 ff. Einen Vorläufer unter Leo erwähnt c. 12, 1 a. Im einzelnen regelt das Gesetz namentlich die Abstände der Gebäude, das Höherbauen und die Fenster, ferner die Erker, Balkone, Außentreppen usw., aber auch die äußere Ausstattung (Säulen) und die Verzierungen und versucht, schikanöse Prozeßführungen zu bekämpfen. "C. 3, 34, 14, 1 (531); Nov. 63 (538); s. auch C. 8, 11, 14, o. A. 21. Itp. Stellen bei Biondi (A. 22) 51 ff.; 115 ff.; 289 f., vgl. D. 8, 2, 10; 11 pr.; 14; 31; C. 3, 34, 1 (Riccobono I 358 = AG 76 [1906) 464); 8, 10, 1; s. auch die Billigkeitsentscheidungen D. 7, 1, 30; 8, 2, 10, vgl. Biondi 110f. 16 'Terrae limitaneae•, CT 7, 15, 1 (409); NT 24, 4 (443) = C.11, 60, 3; s. auch CT 2, 23, 1 (423); 7, 15, 2 (423) = C.11, 60, 2. Werden sie an einen Ungeeigneten

veräußert, sind sie zurückzugeben, CT 2, 23, 1, 1. Vgl. Levy 41 f. m. Lit., s. Biscardi (o. § 238 1 ) 80 ff. (StSen. 56, 298 ff.); Wieacker, Vulg. 34. • 'Praedia obnoxia (functioni)' o. ä., vgl. CT 13, 5, 3, 1 (314); 20 (392); 14, 4, 8, 2 (408). 17 CT 13, 6, 2 (365); 4 (367); 6 (372); 7 pr. (375) = C. 11, 3, 2; CT eod. 8 (399) = C. eod. 3; CT eod. 9 (417) für die navicularii, CT 14, 3, 1 (319); 3 (364); 13 {369) für die pistores, CT 14, 4, 5 (389); eod. 8, 2 (408) für die suarii. Näheres bei Levy ~tude bist. 42 f. m. Lit., s. Waltzing, sur les corporations professionelles II (1896) 285ff.; 372ff.; De Robertis, II diritto associativo romano (1938) 418ff.; 426U.; Biscardi 85ff. (303ff.). S. auch o. § 2146 • Eine Art Verbandseigentum an dem gebundenen Gut scheint in CT 13, 6, 2/4 cit. anzuklingen. 18 Bonfante II 2, 48 f.; Levy I 119; II 206 f. Die bisherigen bestehen fort und werden noch erweitert, vgl. insbes. zu denen an Grundstücken der dos oder Eheschenkung o. § 222 IV, § 22464 ; zu dem des Vormunds am Mündelgut o. § 233 II. Veräußerung von 'res li tigiosae• ist stets nichtig nach CT 4, 5, 1 pr. (331) = C. 8, 36, 2 (mit IT); CE 298; RB 35, 4; vgl. auch C.eod.5 (532); Levy, SZ49 (1929) SZ 53 (1933) 412 ff. 250 7 ; Gradenwitz, 19 C. 4, 41, 1 (368); 4, 63, 2 (374); 4, 41, 2 (455 ff.), s. auch D. 39, 4, 11 pr. (ex PS). ao C. 4, 40, 3 (397); 4 (410).

§ 241. Das Eigentum.

Begriff

und Grenzen

193

(z.B. Purpurstoffen), deren Gebrauch dem Kaiserhof vorbehalten ist; 11 von Eunuchen römischer Volkszugehörigkeit; 11 von Zauberbüchern. 81 Verboten ist weiter die Veräußerung durch oder an bestimmte Personengruppen;H sind Handelsgeschäfte in gewissen Außenbezirken. 11 Sodann sind verboten Kaufgeschäfte, die die Hinterziehung von Steuern oder munera begünstigen.• Dekurionen dürfen ihre Grundstücke oder Sklaven nicht verkaufen (außer in Notlage, zur Bestellung der dos oder der Eheschenkung), damit ihre Haftungsgrundlage gegenüber dem Staat erhalten bleibt. 17 Justinian verbietet die Veräußerung vermachter Sachen (u. § 29811); von Kirchen und Klöstern an Private, Nov. 7, 11 (535); 120, 7, 1 (54~) (o. § 21411). Dem Nutzeigentümer nach Familienrecht, etwa dem Hausvater an den bona materna, dem Ehegatten nach Scheidung oder Wiederverheiratung, dem Mann nach dem Tod der Frau an der dos usw., gibt seine Nutzgewalt nicht die Befugnis zur Veräußerung.• An die Scholle gebundene Kolonen oder Sklaven dürfen nicht ohne das Grundstück veräußert werden, dem sie zugehören.• Von Volksrechten, und zwar anfangs im Osten, später auch imWesten,beeinflußt ist offenbar ein Vorkaufsrecht, wonach Grundstücke einer Dorfgemeinschaft zunächst den anderen Dorfgenossen zum Kauf anzubieten sind.'° Eine Abhängigkeit der Verfügungen eines Eigentümers von der Zustimmung seiner nächsten Erben ist dagegen dem römischen Recht unbekannt. 41 Veräußerungsverbote in privatem Interesse, die durch Vertrag oder Testament angeordnet werden, waren dem klassischen Recht fremd;" Justinian läßt sie zu.61

III. Eine Übertragung privaten Eigentums auf beschränkte Zeit war dem klassischen Recht unbekannt (o. § 98 II); Diokletian weist volksrechtliche Vorstellungen, die ein Eigentum auf Zeit kennen, zurück." Aber schon das Vulgarrecht, das Erbpacht und Erbbaurecht im erweiterten Eigentumsbegriff aufgehen läßt, rechnet mit solchem Eigentum auf Zeit.' 5 Justinian gibt ihm ohne Bedenken Raum.u C. 4, 40, 1 f. (383-392); CT 10, 20, = C. 11, 9, 5. 11 C. 4, 42, 2 (459 ff.). 81 PS 5, 23, 18; Ulp. D. 10, 2, 4, 1 i. f. itp. Ihr Besitz ist strafbar, sie sind einzuziehen und öffentlich zu verbrennen. M C. 4, 63, 2 (374); CT 3, 1, 5 (384); 10 (415-421); C. 4, 44, 18 (402). 11 C. 4, 63, 4 (409); 6 (423). 11 CT 11, 3, 1 (313) = C.4, 47, 2; CT eod. 2 (327); vat. 35, 3 f. (337) = CT 3, 1, 2 = C. eod. 2 i. f.; CT 11, 3, 3 (363) = C. eod. 3; CT 3, 1, 8 (399) = C. 4, 44, 17. 17 CT 12, 3, 1 {386) = C. 10, 34, 1, s. auch lust. eod. 4 r. (nach Heimbach, Anecdota I [1838] 93); einschränkend Zeno eod. 3. •Vgl. o. §229 IV zu CT 8, 18, 2 (318) u. a. ; § 219 bei A. 24 zu C. 5, 17, 8, 7 a (449); § 220 zu CT 3, 8, 2 (382) = C. 5, 9, 3 u. a.; § 2237 zu CT 3, 13, 3, 1 (422) = C. 5, 18, 1; Entsprechendes gilt für die Eheschenkung, s.o. § 224 II 2, III. 88 CT 13, 10, 3 (356) = C. 11, 48, 2 u. a., o. § 21311• '° In CT 3, 1, 6 (391 West, s. auch IT) aufgehoben, in CT 11, 24, 6, 1 (415 Ost) aber anerkannt, s. auch C. 11, 56, 1 (468), ferner C. 4, 38, 14 i. f. itp. (ex CT 3, 1, 6). Über Vorkaufsrechte in westlichen und 11

18 (436)

13 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

östlichen Rechten s. die Hinweise bei Levy I 119; zu Taubenschlag (Law• 3209 ) vgl. aber Pringsheim, Greek Law of Sale 2801 • Östliches Volksrecht wird in Diocl. C. 4, 52, 3 noch abgewehrt; Taubenschlag, RPR 246 = Op. I 133 f. u Vgl. zu den Papyri Kreller, Erbrechtliche Untersuchungen {1919) 188 rr., insb. CPR 19 = Mitteis, Chrest. 69 {330 n. Chr.) und P. Cairo Masp. 67 089 (6. Jh.), weit. Lit. bei Taubenschlag, RPR 229 = Op. I 112 f.; St. Bonfante I 438; Law 212; s. auch die Abwehr bei Diocl. C. 8, 55, 6 u. a.; Mitteis, RR 372ft. Vgl. o. § 2051 , § 21147 , u. §290 I 1 a. E. ca Ob. § 98H. Vgl. Marci. D. 30, 114, 14 {überarb.), auch Pomp. D. 2, 14, 61. 48 C. 4, 51, 7 + 4, 54, 9 (531; De Francisci, Bull. 27 [1914] 49 ff.); Bonfante II 2, 50 r. Zu Marci. D. 20, 5, 7, 2 (überarb.) s. auch u. § 25019 • "Vat. 283; C. 3, 33, 9; 6, 37, 20; Levy 36; Taubenschlag, RPR 249 = Op. I 137. "Ob. § 238 II. Vgl. auch zum Osten C. 1, 2, 14, 9 (470); Levy 38. "Vgl. Senn, tt. Girard I 283 ff.; Scialoja, Teoria della proprieta II (1931) 329 rr. pass. S. die Belege o. § 2031°'11 , ferner bei der dos in C. 5, 12, 30 pr./

194

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

IV. 1. Eine Mitberechtigung mehrerer Eigentümer' 7 an derselben Sache kennt das Vulgarrecht als funktionelle Teilung des Eigentums, wenn das Eigentum mit der Erbpacht, mit anderen beschränkten Sachenrechten oder mit der familienrechtlichen Nutzungsgewalt konkurriert, die ja alle gleichfalls als (beschränktes) Eigentum verstanden werden.• Bei Justinian, der nur mehr das Volleigentum anerkennt und die Erbpacht usw. als Rechte von eigener Art,' 9 die familienrechtliche Gewalt als (qualifizierten) ususfructus auffaßt, ist diese Vorstellung eines funktionell geteilten Eigentums wieder verschwunden. 50 2. Daneben besteht das klassische Miteigentum nach Bruchteilen fort. 51 Bei ihm wird in der absoluten Monarchie die Eigenmacht unter den Miteigentümern zugunsten des Eingreifens der Staatsgewalt ausgeschaltet. Maßnahmen eines Miteigentümers 61 sind nicht mehr so lange rechtmäßig, wie die anderen sie stillschweigend dulden und ihr Widerspruchsrecht (ius prohibendi) nicht durch Eigenmacht, allenfalls unterstützt durch das interdictum quod vi aut clam, geltendmachen. Vielmehr bedarf es zu diesen Maßnahmen jetzt der Zustimmung der socii, wobei jedoch die der Mehrheit genügt. 11 Die Unterlassung oder Beseitigung solcher Maßnah1 (529; o. § 223 II 2), bei der Eheschenkung in C. 5, 3, 15,1 itp. (ex CT 3, 5, 2; o. § 22418). Vgl. auch Biondi III 3161 und 317 f., wo er eine Abneigung Justinians gegen die absorbierende Kraft des Eigentums behauptet (ius tollendi, superficies). - Mit der Anerkennung eines zeitlich begrenzten Eigentums wird es auch zusammenhängen, daß Justinian, gestützt auf die oströmische Schule, bereit ist, ein bereits erloschenes Eigentum wiederaufleben zu lassen, wo die Klassiker ein bloßes Ruhen des Eigentums annahmen; vgl. Guarneri Citati, AMess. 1 (1927) 19 rr., dazu San Nicolö, SZ 49 (1929) 527 ff., und im einzelnen u. § 244 III. ' 7 Über Spuren einer fortdauernden A~argemeinschaft hellenistischer Prägung mit periodischer Teilung bei Pap. D. 10, 1, 11; Diocl. C. 3, 39, 1 r. vgl. Taubenschlag, RPR 237 ff. = Op. 1 123 ff. • Andeutungen solchen Eigentums •duorum in solidum' als Vorläufer des mittelalterlichen Ober- und Untereigentums bei Levy 67 ff. Dagegen scheint am Weideland kein Gemeinschaftsverhältnis besonderer Art (nach dem Muster des •ager compascuus', o. § 31') mehr bestanden zu haben, ebd. 87. "Nach dem Vorgang Zenos, s. u. § 249 III. 18 Es erscheint nicht einmal dort, wo es nach den Umständen naheläge, wie beim ablösbaren Eigentum des Pfandgläubigers, dem die Pfandsache durch impetratio dominii zugewiesen wurde (C. 8, 33, 3, 3 a-c [530], u. § 25218 ), und bei der dos (C. 5, 12, 30 [529]; Nov. 91, 1 [539]); vgl. Levy 81 ff., s.o. § 22328 •

11 Zum folgenden Bonfante II 2, 26ff.; Scr. III 382 ff.; 422 ff.; Riccobono in: Essays in Le_gal History (1913) 57 ff.; Gaudemet, Etude sur le regime juridique de l'indivision en dr. rom. (1934) 453-484; s. auch neuestens van Warmelo, TS 25 (1957) 125 ff. - Über das Verhältnis zwischen Miteigentum und Servitut vgl. Biondi, Cat. rom. (o. A. 22) 299 ff. m. Lit. - Zu •paries communis' s. IP 5, 11, 2 (zu PS 5, 10, 2), dazu Conrat, Paulus 140, s. auch lav. D. 33, 3, 4 u. a. Stellen bei Bonfante,Scr.III 400ff., ferner P. Mon. 16 = FIRA III nr. 107 (6. Jh.); weit. Lit. bei Berger 618 shv. 11 Zu den Verfügungen des Miteigentümers vgl. insbes. Bonfante, Scr. III 434 ff.; G. Segre, La comproprieta (Corso 1931) 66 ff.; 72 rr.pass.; van Warmelo 168 ff. Im einzelnen zur Freilassung des Miteigentumssklaven o. § 211"; zum Erwerb durch Miteigentumssklaven o. §204•. Bei Dereliktion galt im klassischen Recht Akkreszenz; das ist verdeckt in D. 41, 7, 3, Bonfante II 2, 18 ff. u. Ind. - Zur Bestattung auf dem ~emeinsamen Grundstücks. D.11, 7, 41 itp., Bonfante 38 f.; Biondi III 314 f., vgl. auch o. § 23711• 18 Vgl. D. 8, 2, 26; 8 3, 11; 10, 3, 6, 12; 1 eod. 14, 2; 39, 3, 10 pr./1, alle itp. nach Riccobono 103 ff.; Gaudemet 480 ff. Dabei wird unterstrichen, daß der Richter die Maßnahmen aufrechterhalten kann, wenn sie im Interesse der Gemeinschaft liegen, vfl. Riccobono 93 ff.; Gaudemet 479 . Immerhin wird mit klassischen Ansätzen zu rechnen sein, vgl. etwa Iul.Ulp. D. 10, 3, 6, 12 cit.

§ 2ft1. Das Eigentum.

Begriff

und Grenzen

195

men, zu denen die Zustimmung der socii fehlt, kann nur noch durch Klage erzwungen werden; hierzu und zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadens- oder Aufwendungsersatz unter den socii wird die actio communi dividundo schon während bestehender Gemeinschaft zugelassen." Der Rechtsstreit gegen einen Gemeinscharter wirkt nicht gegen die übrigen. 16

V. Die nachbarrechtlichen Beschränkungen des Eigentums 66 im privaten Interesse fließen jetzt zum Teil mit den öffentlich-rechtlichen zusammen, indem der Wohlfahrtsstaat Beschränkungen, deren Vereinbarung bisher der privaten Initiative überlassen war, gesetzlich anordnet. Er bedient sich dabei der Denkform der Legalservitut: Beschränkungen solcher Art werden, auch wo sie nicht auf Rechtsgeschäft, sondern unmittelbar auf der Rechtsordnung beruhen, als aufgefaßt. 67 Hierher zählen die oben (11 ft) angeführten Baubeschränkungen, soweit sie an die Stelle der servitutes luminum und allenfalls altius tollendi treten,u ferner die Pflicht zur Duldung des vom höherliegenden Nachbargrundstück abfließenden Regenwassers, 11 möglicherweise noch weitere Fälle.'°

Die bisherige Regelung nachbarrechtlicher Beschränkungen bei Oberhang,61Überfall, Überbau, 81 Notweg,83 Immission" wird übernommen und hauptsächlich nur der veränderten Verfahrensordnung angepaßt. 66 " In diesem Sinn gelten als itp. D. 8, 2, 26;10,3,12;eod. 28;33,3,ft;39,1,3,1f.; Riccobono 58 ff.; 76 ff.; Bonfante II 2, 27 ff.; Scr. lll 390 ff.; Biondi, Cat. rom. (o. A. 22) 299 ff.; 318 ff.; Wesener, Fschr. Steinwenter (1958) 119; weitere Lit. im Ind. Die Klage unter Gemeinschaftern während bestehender communio wird mit der Lockerung des Aktionensystems schon dem westlichen Vulgarrecht angehören, vgl. PS 5, 10, 2 (unklass., s. auch IP 5, 11, 2, o. A. 51); Riccobono, Essays 87 f.; Perozzi I 7ft81, einschränkend Bonfante 37; Volterra, ACI Bologna I 156 f. Vgl. auch u. § 26711• Zu den sonstigen Klagen unter Miteigentümern D. 8, 5, 1t (überarb.), s.o. § ~9•, vgl. i_nsbe_s. dazu die ebd. zit. L1t.; vgl. ferner u. A. 60; Bonfante 22 ff. Zu den Klagen gegenüber Dritten s. ebd. 20 rr.und u. § 2778 • 16 Vgl. Konstantin CT 2, 5, 1; anders eod. 2 (362) = C. 3, ft0, 1, aber s. wieder CT 2, 12, 2 (364) = cons. 3, 12 = C. 3, 40, 2; Gaudemet ft66 ff.; ft77 ff.; Marrone, APal. 24 (1955) ft92 f. 11 S. auch Biondi III 309 ff. 117Die Vorstellung findet sich in RB 17, 6 im Westen und bei Zeno C. 8, 10, 12, 2b (o. A. 23) im Osten. Vgl. Biondi (o. A. 22) 211 ff.; 323 ff. (auch Le servitu prediali 1 [1954] 67 ff.), der 330 ff. zeigt, daß die Vorstellung nicht griechischen Ursprungs ist, der aber S. 329 zu Unrecht schon mit klassischen Vorläufern rechnet; dagegen Levy 1201• und Solazzi, Specie (o. A. 22) 1071117• Weit. Lit.: CiaP.essoni, Spunti critici in tema di servitu legali (St. Pavia 22 [1937) 107 ff.); Levy 77. 13•

Ob. § 10511- 11• D. 8, 2, 24 ist itp., Biondi, Cat. rom. (o. A. 22) 6ft. Zu GE 2, 1, 3 s. o. A. 22. - Vgl. auch u. A. 6ft. 18 D. 39, 3, 1, 22 f.; 2 pr.; eod. 21, alle insoweit itp., vgl. •quasi servitus• in eod. t, 23; Biondi 143 ff.; 163 f. m. Lit., doch s. auch Levy 77318 • '° B i o n d i 200 f. rechnet hierher auch den Überhang (u. A. 61), D. 43, 27, t, 5 quia rell. itp. Fraglich sind dagegen die analogen Anwendungen auf Wurzeln (ebd. 190 ff.), vgl. Alex. C. 8, 1, 1; Pomp. D. ft7, 7, 6, 2; und auf überhängende Bäume, Pomp. D. ft3, 27, 2 (ebd. 199 f.). Vgl. auch Bohä~ek, Bull. ft6 (1939) 163 rr. - Daß man dagegen auch die Beschränkungen unter Miteigentümern als Legalservituten verstanden hätte, wie Biondi, Cat. rom. 304 rr.; 318 f. wegen D. 8, 2, 26; 8, 5, 11 (o. A. 53, 54) annimmt, ist fraglich; s. Solazzi, SD 18 (1952) 224. 11 Das interdictum de arboribus caedendis (dazu zuletzt Ceglie, Lab. 3 [t 957] 363 ff.) ist im Vulgarrecht verschwunden, PS 5, 6, 13. Im übrigens. A. 60. 11 Zu D. 8, 5, 17 pr. (o. § 9817) s. jetzt Biondi III 313. 13 Zum 'iter ad sepulchrum• o. § 9811 ; zur Billigkeitsregelung Justinians in D. 11, 7, 12 pr. i. f. itp. s. Levy 122, auch Biond1, St. Besta I 265 ff.; Cat. rom. 261 ff.; D anieli, St. Albertario II 310 ff.; Lange (o. § 23818 ) 143. " Zur Abwehr einer Beeinträchtigung durch Rauch und Feuchtigkeit in D. 8, 5, 8, 5 und eod. 17, 2 s. u. § 24617 • • 11Lit. zu alldem o. § 98 III, einschränM

196

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Die actio aquae pluviae arcendae" dehnt Justinian auf Fälle aus, in denen die Beeinträchtigung durch das Regenwasser nicht auf einem opus manu factum,sondern auf Naturkräften beruht, 17 oder in denen das Wasser entzogen wird. 18 - Die cautio damni infecti wird schon vor Justinian durch Verwaltungsmaßnahmen eingeschränkt,• das Recht auf Kautionsleistung wird mit einer nicht mehr fiktizischen •actio damni infecti> durchgesetzt. 70 - Bei der operis novi nuntiatio 71 kommen das bedingte Dekret, mit dem der Prätor das private Bauverbot aufhebt, und die Kautionsleistung außer Übung. Wird dem Bauenden die Fortsetzung des Baus von der zuständigen Behörde verboten, so muß er den Bau auf ein Jahr unterbrechen, sofern nicht vorher im Prozeß über das ius prohibendi entschieden wird. Um Verschleppungen zu bekämpfen, strebt Zeno eine Beschleunigung des Prozeßverfahrens an, C. 8, 10, 12, 7-8. Justinian verkürzt die Jahresfrist auf 3 Monate; die Bauführung kann ausnahmsweise schon vor dem Entscheid gestattet werden, wenn der Bauende der Behörde Sicherheit leistet, er werde, wenn er unterliegt, den Bau auf eigene Kosten beseitigen, eod. 14 (532). 71 - Das interdictum quod vi aut clam 71 wird bei Justinian als eine allgemeine Klage zur Abwehr von Behinderungen durch Tätigkeit des Nachbars behandelt.?& Die actio finium regundorum für den Streit um den 5 Fuß breiten Grenzstreifen besteht zwar der Sache nach fort, 76 wenngleich die Unterschiede zwischen diesem und dem Eigentumsstreit zeitweise verwischt werden . .,. Dieser Grenzstreifen wird der Ersitzung (oder der Verjährung des darauf gerichteten Anspruchs) entzogen; 77 erst Justinian führt auch hier die 30jährige Verjährung ein. 78 Die symbolische Behinderung dessen, der kend gegenüber den weitreichenden ltp.auf fremdem Grundstück baut, durch Vermutungen Biondis (o. A. 57). 11 Lit. o. § 9811 , dazu Sargenti, St. De Steinwurf des daran Berechtigten (iactus Francisci III 349 ff. lapilli, Ulp. D. 8, 5, 6, 1; 39, 1, 5, 10; 17 D. 39, 3, 2, 5 f., beide i. f. itp., Ind. Paul. D. 43, 24, 20, 1) wird entgegen den und Sargenti, L'actio a. pi. arc. {1940) im Ind. Genannten (auch David 27; 431 ; II 454f.) 61 ff.; anders Derine, RIDA 1 5 (1958) 51; zurückhaltender Albertario 449 ff. (wenig überzeugend). eine klassische Wurzel haben, ähnlich dem 18 D. 39, 3, 1, 12; eod. 2, 9, beide itp., •surculum defringere• (o. § 34 I a. E.) und s. auch o. § 54', § 198' (animus nocendi, der •vis ex conventu• (o. § 9618 ). 71 Branca, dazu auch Sargenti 196 f.); s. ferner SD 7 (1941) 313 ff.; 337; D. 50, 13, 2 itp. Zu den Motiven und Vor- 367ff. 71 Lit. o. § 9817• läufern der Neuerung Levy 117 f. Vgl. ferner D. 39, 3, 1, 22 (Sargenti 96 ff.). ?&Die Erweiterung auf ein den Nach19 Branca, Danno temuto (1937, o. barn beeinträchtigendes facere in suo § 9813 ) 398 rr. (Paul. D. 43, 24, 16 pr. u. a.) wird bereits 70 D. 39, 3, 11, 3 u. a. itp., Branca, klassisch sein, Branca, SD 7, 358 ff.; St. Ratti (1934) 178 ff., zu den spätklassi421 u. a. David 40 rr., anders Bonfante schen Vorstufen ebd. 172 rr. Dabei wan- Daß es in dieser Anwendung bei Justinian delt sich auch der Charakter der missio- mit dem Verfahren aus der operis novi nes in possessionem. Branca, Danno nuntiatio verschmolzen worden sei, ver404 ff.; 413-539 (s. auch St. Albertario I mutet Branca 367 ff. 365 ff.) vermutet im ganzen Recht des 76 Sie heißt jetzt •controversia finalis• damnum infectum tiefgreifende Verände1 r. (330) = C. 3, 39, 3 f. o. ä., CT 2, 26, rungen; vor allem sei die Hartung eineru. a. Wer sich des Streifens gewaltsam seits unter dem Einfluß animistischer Vorbemächtigt, verliert ihn durch Verwirstellungen der Noxalhaftung angenähert kung und hat zur Strafe noch ein ebenso worden (vgl. auch o. § 42 16 ), andererseits großes Grundstück zu leisten, c. 2 cit. sei die Klage, soweit sie sich gegen ein I 252). (Levy gegenwärtiges opus richtet, den Rechts71 CT eod. 4 (385) = C. eod. 5 finalis mitteln der oper1s novi nuntiatio und dem iurgii vel locorum; Näheres bei Levy 209; interd. quod vi aut clam angenähert s. auch Biscardi (o. § 238 1) 32 ff. (54, worden. Doch bleiben diese Thesen nach303 ff.). zu,:rüfen. 77 CT 2, 26, 4 cit.; 5 (392); 4, 14, 1 pr. 1 Bonfan te II 1,398 f.; Marcel David, i. r. (424); cons. 9, 4 i. f. (365); anders :E:tude sur l'interdit quod vi aut clam INV 35 i. f. (1947) 50 ff.; 70 ff.; s. auch Cosentini, 78 C. 3, 39, 6 (ex CT 2, 26, 5 itp.). Miscell. romanist. (1956) 117 ff.; 140 ff. -

§ 242. Abgeleiteter

Eigentumserwerb

197

§ 242. Abgeleiteter Eigentumserwerb

I. Von den überkommenen Geschäften zur Übertragung des Eigentums 1 ist die in iure cessio in dieser Verwendung offenbar schon am Ende der ist vielleicht schon in klassischen Periode verschollen. 2 Die mancipatio der vulgären Praxis des späteren klassischen Zeitalters nicht mehr wirklich vollzogen, sondern nur beurkundet worden. 3 In der nachklassischen Zeit wird sie zwar vereinzelt in Gesetzen' und in der Rechtsliteratur6 angeführt. Sie ist aber keine lebende Einrichtung mehr, 6 wenngleich ihr Name in den Urkundenformularen noch bis tief ins Mittelalter festgehalten wird. 7 Justinian hat sie aus den Quellen beseitigt. 8 Übrig bleibt die traditio, die aber zunächst aufhört, ein selbständiger und unerläßlicher Übereignungsvorgang zu sein. Vielmehr ist die vulgarrechtliche Entwicklung dadurch gekennzeichnet, daß die scharfe Unterscheidung, die das klassische Recht zwischen dem obligatorischen Verpfiichtungsgeschäft und dem dinglichen Verfügungsakt herausgearbeitet hat, preisgegeben wird. 9 Hatten bisher Kauf, Schenkung usw. nur den Rechtsgrund Der Gedanke der Übertragung (dominium transferre, transire), den De Francisci u. a. (o. § 1001) erst dem nachklassischen Recht zuweisen, war als untechnische Vorstellung (ohne rechtsdogmatische Folgerungen) wohl schon der klassischen Zeit geläufig, vgl. Kaser, SZ 74 (1957) 433 ff. (m. weit. Lit.) zu Gallo, Studi sul trasferimento della proprieta in dir. rom. (1955). Vgl. die unverdächtigen Belege SZ 74, 435'. 1 Gai. 2, 25. Nicht schlüssig Diocl. cons. 6, 10. Den vulgarrechtlichen Quellen ist sie unbekannt. Zu •cedere' als vulgarrechtlichem Ausdruck für die Übereignung schlechthin s. u. § 2761 ; Kaser, SZ 75 (1958) 4121 • • Schon für die Mitte des 2. Jh. vermuten dies Naher, Mnem. Pappoulia 183 ff. und insbes. Archi, Trasf. (u. A. 6) 170ft Immerhin wird sich die strenge Form in Rom länger erhalten haben als in den Provinzen. Von einer Gleichsetzung der ägyptischen x0t-r0typ0tcp-fi mit der mancipatio (s. Meyer, SZ 50 [1930] 531; 54 [1934] 365 m. Lit.) wird man erst sprechen können, seitdem das •mancipare' em •transscribere' geworden ist; vgl. zu •transscribere' auch Levy II 208114 ; Frezza, St. ArangioRuiz IV 210 ff.; 223 f.; Steinwenter, SZ 74 (1957) 17 ff. (zu Symm. ep. 2, 87) m. weit. Lit. 'Neben der traditio, vgl. außer Diocl. cons. 6, 10 cit. noch CT 8, 12, 4 (318); 5 (333); 7 (355). Die fiducia erscheint zuletzt in CT 15, 14, 9 (395) Z. 16, dazu u. § 2501 • 1

6

GE 1, 6, 3 mißdeutet sie als •manu traditio' und wirft sie mit der emancipatio zusammen, s.o. § 2286 , vgl. auch C. 8, 47, 11 (530). Zur Übereignung wird sie weder in GE noch in den Interpretationen mehr erwähnt; vgl. IP 1, 7, 4/7 mit PS 1, 7, 5/8, weiteres bei Levy, SZ 49 (1929) 2501• • Lit. zum Verfall der mancipatio: Ku n kel, RE 14, 1005 shv.; RPR 95; Bonfante, Scr. II 306 ff.; Levy, SZ 49,254', vgl. auch I 141108 ; Riccobono, ACI Roma I 345 ff.; Erbe, Fiduzia (1940) 204; Schulz, Hist. 2941 ; Biondi, Succ. test. 687 f. und besonders Archi 442 ff.; 11 trasferimento della proprieta (1934) 163 ff.; s. auch Colorni und Gallo, u. A. 11. 7 In den ravennat. Urkunden, vgl. etwa transcribo cedo trado et mancipo in Marini nr. 93 = Tjäder nr. 20 Z. 2, vgl. auch Mar. nr. 86 (Tj. nr. 13) Z. 37f.; Mar. nr. 88/88a (Tj. nr. 14/15) I Z. 11; - in den Urkunden vonPiacenza (ed. Schiaparelli, Bull. Ist. stor. it. 30 (1909] 49ft) bis zum 9. Jh. Vgl. Collinet, gt, I 222ff.; 249ff.; 252ff.; Solmi, Arch. stor. it. 71 (1913) II 225ff.; Leicht, Riv. stor. dir. it. 5 (1932) 19ff.; G. Segre, Bull. 48 (1941) 7 ff., auch Schupfer, Riv. it. 39 (1905) 1 ff.; 47 (1910) 303 ff. 8 Vgl. auch C. 7, 31, 1, 5 (531). • Sie war auch den hellenistischen Rechten unbekannt, vgl. Levy, Amer. Hist. Rev. 48 (1942) 24 ff., und außerhalb der Juristensphäre sogar im klassischen Rom unpopulär, vgl. Bruns nr. 187 = FIRA III nr. 86 Z. 18.

198

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

(causa) für den selbständigen Obereignungsakt der traditio gebildet, 10 so geht jetzt das Eigentum bereits mit dem Kauf, der Schenkung usw. auf den Erwerber über. Diese Geschäfte sind daher insoweit auch als sachenrechtliche Übertragungsakte anzusehen. Für diese Geschäfte werden zum Teil neue Formgebote aufgestellt, die durch fiskalpolitische Zwecke veranlaßt sind und durch das Nachbarnzeugnis, die Beurkundung, teilweise auch durch Registrierung eine gewisse Offenkundigkeit des Vorgangs anstreben. 11 Mit diesen neuen Formen wird - vor allem beim Kauf - das ursprüngliche Erfordernis der körperlichen traditio etwas in den Hintergrund gedrängt, 11 wenngleich sich das weströmische Recht noch nicht wie das mittelalterliche mit einer fiktiven oder symbolischen Tradition begnügt hat. 13 . II. Festzuhalten bleibt, daß auch die nachklassischen Entwicklungen einen Eigentumserwerb bei Übertragung vom Nichtberechtigten nicht 16 gekannt haben;H weder im Westen noch im Osten, obschon nach hellenistischen Ordnungen, die aus dem Eigentum nur deliktische Ansprüche gegen den Verletzer zulassen, die Sache nicht bis in die Hand des redlichen Erwerbers verfolgt werden kann. 18 Vollends übernimmt auch Justinian die klassische Regel, daß niemand mehr Recht übertragen kann, als er selbst hat. 17 10 Über die klassische Anschauung vom Verhältnis zwischen causa und traditio s. o. § 100 IV. - 11 Vgl. zur Publizität dieser Formen Schuprer, Riv. it. 39, 1 rr.; Bonrante II 2, 187 rr.;Scr. II 306 rr.;Colorni, Per la storia della pubblicita (1954) 103 rr., dazu Gallo, Lab. 3 (1957) 128' 7 ; SD 23 (1957) 250 rr.;s. auch Wieacker, Vulg. 34; 48. 11 Eine Ersetzung der Sachübergabe durch die der Urkunde,sog. 'traditio per cartam', hat das Vulgarrecht doch wohl nicht gekannt, s. Levy I 146 rr.gegen eine von Brunner (o. § 1931) 90 ff.; 112 rr.begründete, weitverbreitete Lehre; vgl. Riccobono, SZ 33 (1912) 277 rr.; Bonran te II 2, 164 f. und zuletzt H. Lange (o. § 23818 ) 144 r.; ablehnend aber bereits Freundt (o. § 20019) I 122 rr.; Steinacker (o. § 20011 ) 88 rr. und jetzt Wenger, Qu. 747 r.; Tjäder I 274 f., alle mit Lit. Vgl. außer den Genannten noch Astuti, I contratti obbligatori 1 (1952) 283 ff.; Mer~a 63 rr. (dazu aber Levy 146110 ); Estudos de direito hispänico medieval II (1953) 113 rr.; Monier I 417 f. und die bei Biondi, Succ. test.691 1 anger. Lit.; zu den byzant. Quellen Brandileone II 13 rr.; Zepos, Fschr. Harmenopoulos (1952) 199 rr. Zum gräko-ägypt. Recht, das diesen Gedanken gleichfalls ablehnt, vgl. u. A. 65.

11 Die Tradition wird aber auch nicht einfach durch den 'Konsens• ersetzt; anders B iscardi (o. § 2381) 35 ff. (54, 306 ff.); ACI Ver. II 236 rr. 16 Zum folgenden Levy 1 173 ff. mit Belegen. Mit der Allmacht des Monarchen erklären sich die Ausnahmen für Sachen, die vom Kaiser oder vom Fiskus erworben werden, u. A. 74. 11 Dazu Näheres u. § 2459 • 11 Zu diesenRechtenA. B. Schwarz ,örr. u. priv. Urkunde (Abh. Sächs. Ak. 31, 1920) 290 f.; Taubenschlag, RPR 248 = Op. t 136; SZ 55 (1935) 278 ff.; Law250 f. - Nach hellenistischen und germanischen Rechten kann der Eigentümer seine Sache von dem, der sie vom Nichtberechtigten erworben hat, dadurch einlösen, daß er dem Besitzer den Kaufpreis erstattet, den er dafür bezahlt hat, sog. 'Lösungsrecht'. Vgl. hierzu Felgentraeger, Antikes Lösungsrecht (1933), anders Schönbauer, SZ 62 (1942) 267 ff.; Aeg. 30 (1950) 198 ff., doch s. auch Wenger, J JP 3 (1949) 9 ff.; AfP 15 (1953) SZ 75 163 ff.; zuletzt Mayer-Maly, (1958) 137 rr. Die Römer haben das Lösungsrecht immer abgelehnt; in den Fällen bei Felgentraeger 92 ff. handelt es sich nicht wirklich um Erwerb durch Zuwendung vom Nichtberechtigten. Zum Mittelalter vgl. zuletzt Feenstra, Fschr. G. Kisch (1955) 237 rr. 17 Ulp. D. 50, 17, 54 u. a.

§ 242. Abgeleiteter

Eigentumserwerb

199

III. Für das vulgaristisch beeinflußte Recht des Westens wie des Ostens ist nach den einzelnen Erwerbsgründen zu unterscheiden. 1. Der Kau f18 wird begrifflich, wie schon in alten Zeiten, wieder notwendig Barkauf, Übereignung der Kaufsache gegen Preiszahlung. 19 Sollte der Austausch der Leistungen oder wenigstens die Preiszahlung auf geschoben werden, bedurfte es regelmäßig einer besonderen Stipulation in der gewandelten Bedeutung der Schuldurkunde. 20 Der Käufer, der sein Geld hingibt, begnügt sich aber nun - mindestens bei wertvolleren Gegenständen nicht mehr mit bloßer traditio der Kaufsache, wie sie auch zur Leihe, Miete usw. geschieht, sondern verlangt stärkere Sicherheit. Eine solche bietet ihm die Beurkundung, die nach hellenistischem Vorbild 11 seit langem üblich ist und den realen Vollzug der mancipatio oder in iure cessio allmählich verdrängt hat. 22 Aber noch Diokletian unterstreicht den römischen Grundsatz, daß es nur auf die Übergabe, nicht auf die Beurkundung ankommt. 23 Eine umwälzende Neuerung schafft demgegenüber Konstantin für den Grundstückskauf. 24 Um zu verhindern, daß das Grundstück an einen Nichteigentümer gelangt, der als solcher nicht für die Grundsteuer haftet, erklärt sein Gesetz den Kauf fUr ungültig und die Rechte der Parteien für dem Fiskus verfallen, 26 wenn nicht der Käufer die Steuerpflicht anerkennt und die Nachbarn als Zeugen für das Eigentum des Verkäufers zugezogen werden.26 Der Eigentumsübergang, auf den es dem Gesetzgeber für seine fiskalischen Zwecke allein ankommt, wird dabei vom Kauf nicht mehr getrennt. Die Beurkundung ist dem Gesetzgeber selbstverständlich. 17 Auch die Übergabe der Kaufsache und die Preiszahlung werden mehr unterstellt als geregelt. NV 15, 3 (444) verlangt über das angeführte Gesetz hinaus zur Sicherstellung der Umsatzsteuer (exactio siliquatica) die Einreichung der Grundstückskäufe zu den Akten (gesta municipalia); doch hat sich die spätere Praxis nur teilweise daran gehalten.• 18 Levy 127 ff.; auch Archi, Trasf. 163 ff.; Freundt (o. § 200 19 ) I 75 ff. -Tausch

(jetzt 'commutatio' o. ä.) steht im Westen, anders als nach klassischem Recht, dem Kauf gleich, NV 32, 4 (451) mit INV Z. 75; RB 35, 5; Levy 137; 161; s. schon Diocl. C. 4, 64, 2. 11 Belege bei Levy 127 m. A. 6, hier und ACI Roma II 39 ff. auch zu 'comparare• für 'emere'. 1o Zu den ägypt. Papyri s. Taubenschlag, St. Bonfante I 419 191 ; Law 339. 11 Ob. § 200 bei A. 29. Unmittelbaren hellenistischen Einfluß - so Bonfan t e II 2, 187 u. a. - bezweifelt Levy 128 8 • 11 Vgl. ob. A. 3. 11 C. 4, 19, 12; 4, 38, 12 u. a. Zu PS 2, 17, 13 s. Levy 128 10 gegen Riccobono,

sz 34

(1913) 246.

"Vat. 35, 3-5 = CT 3, 1, 2, vermutlich von 337; zur Datierung Lev y, ACI Roma II 41' 7 • Zum Inhalt Levy I 128 ff. m. Lit., dazu Dupont, RIDA 1 2 (1955) 239 ff. \Veit. Hinw. bei Archi, Trasf. 168 1•

16 Vat. 35 §§ 7 und 4; s. auch IT 3, 1, 2; RB 40. Zu den Urkunden Ehrhardt, SZ 51 (1931) 170 ff. Die spätere Praxis scheint die Sanktion minder streng genommen zu haben, vgl. CT 11, 3, 3 (363) = C. 4, 47, 3; CT eod. 5 (391). 14 Vat. 35, 3 f.; 5 r. Über das Verhältnis zu CT 11, 3, 1 (313) = C. 4, 47, 2 und CT eod. 2 (327) zu vat. 35 s. Levy 129 13• IT 3, 1, 2 verlangt die Zeugen auch für Käufe von 'mediocres res'. 17 'Sollemniter' in §§ 4 f.; s. o. § 200 11 • Zu •transscribere• s. o. A. 3. 18 Vgl. zur Praxis der Grundstückskäufe Levy 130 m. Qu. u. Lit.; Wieacker, Vulg. 48. Die ravennatischen Urkunden entsprechen den Anforderungen von vat. 35 und NV 15, vgl. Levy tao•; 134 f., s. auch Wenger, Qu. 752 181 ; nicht aber die aus dem Vandalenreich, Levy 134 f.; SZ 70 (1953) 504. Auch INV 32 und IT 11, 3, 5 haben die genannten Erfordernisse nicht. Im Osten schreiben praefecti praetorio die Registrierung vor, vgl. ihre Edikte Nr. 2

200

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Ebendies gilt von der in NV cit. gleichfalls angeordneten Beurkundung (emissis pittacüs) von Käufen beweglicher Sachen; sie war mindestens bei wertvolleren Sachen die Regel, wurde aber wohl nicht als vorgeschrieben angesehen.•

Das Erfordernis der Preiszahlung für den Übergang des Eigentums 30 gilt als feststehender Grundsatz für den Bereich der hellenistischen Rechte, 31 hat sich aber- vermutlich unabhängig von ihnen 32 - auch im Westen durchgesetzt und dringt hier in die Gesetzgebung ein.33 Erst mit der Bezahlung mindestens eines Teils des Kaufpreises" wird der Kauf verbindlich,• erwirbt der Käufer das Recht, die Leistung der Kaufsache zu verlangen,• und stehen ihm die Früchte zu. 11 Wird der Preis von einem anderen bezahlt als dem, den die Beurkundung als Käufer ausweist, so erwirbt der von ihnen das Eigentum, dem die Sache übergeben wird. 18

Die Übergabe (traditio) ist für den Eigentumserwerb im allgemeinen• nicht mehr wesentlich,' 0 obschon sie regelmäßig mit Kaufabschluß vollzogen und auch beurkundet wird.u Nur beim nicht beurkundeten Kauf beweglicher Sachen von geringerem Wert wird das Eigentum erst übergegangen sein, wenn die Sache übergeben (und außerdem der Preis bezahlt) ist. (= Nov. 167), 29 und 33, Zachariae, Anekdota {1843) 227 ff.; 266 ff., Lit. bei Levy 13028 , dazu Steinwenter, Beiträge z. öff. Urkundenwesen d. Römer (1915) 5ltf. • Levy 131 zu INV 32 Z. 80; IP 2, 18, 10 u. a., auch GE 2, 9, 13. ao Zur klassischen Loslösung von diesem Erfordernis s. o. § 100 a. E. Vgl. Diocl. C. 3, 32, 12; 4, 38, 8 f. u. a.; Pringsheim, Kauf (u. A. 31) 51 rr. 81 Vgl. statt aller Pringsheim, Kauf mitfremdem Geld (1916) 1 ff. pass.; 40 ff.; 163 ff.; Greek Law of Sale (1950) 190 ff. pass.; Taubenschlag, Law 32418 (m. weit. Lit.); 329, vgl. auch 338 f. m. Lit. zum Kreditkauf; Archi, Trasf. (o. A. 6) 187 ff. Zu SRR L 64 (m. Parall.) s. Pringsheim, Kauf 11/i ff. Streng ablehnend noch Diokletian, o. A. 30 und sogleich. - Im Erfordernis der Preiszahlung drückt sich, wie Pringsheim, Kauf m. fr. G. erkannt hat, der den griechisch-hellenistischen Rechten eigentümliche Surrogationsgedanke aus: Was mit geliehenem Geld gekauft ist, fällt an den Geldgeber, vgl. ebd. 89 ff. (zu Diocl. 4, 50, 8 f. u.v.a.); 158ff.; was mit geschenktem Geld gekauft ist, gilt als geschenkt, was mit Dotalgeld gekauft ist, wird Dotalgut usw.; s. auch u. § 25111 • Davon zu trennen ist, was Seidl, St. Arangio-Ruiz I 54 ff. (s. auch Fschr. Schulz I 373 ff.) das 'Prinzip der notwendigen Entgeltlichkeit> nennt. Zum neubabylonischen Rechts. Petschow, RIDA 1 1 (1954) 125 ff., vgl. auch die Lit. bei Biscardi (u. A. 73) 2768 (178 ). 11 So Levy 131 ff.; vgl. auch Archi, Trasf. 178 ff. 11 Bindend vorgeschrieben wird das Erfordernis erst in NV 32 pr.-3 (451) für die

Käufe der Beamten und Offiziere: Der Preis ist gemäß der Beurkundung zu bezahlen; entzieht sich der Käufer der Zahlung, hat er sie nachzuholen, er verwirkt das Recht an der Kaufsache an den Verkäufer und wird überdies als Betrüger bestraft. - Zu den weiteren Entwicklungen im Westen s. Levy 156 ff. m. Lit., auch Archi, Trasf. 176 ff.; Astuti (o. A. 12) 224 ff.; 350 ff.; Merea 83 ff. Vgl. CE 276; 286-300; s. besonders 286, wonach die Preiszahlung über die Gültigkeit des Kaufs und den Eigentumserwerb entscheidet, auch wenn das Geschäft ohne Beurkundung vor Zeugen abgeschlossen ist. Zum röm. Recht in Burgund Levy 161ff., insbes. zu RB 35, 2 (traditio celebrata) und 35, 6 (arra als Teilpreiszahlung?). "PS 2, 17, 7; Levy 132; 159117 ; hierzu und zu den Stellen u. A. 35-37 s. auch SZ 49 (1929) 2458 m. Lit., insbes. Pringsheim, Kauf 84 ff. •ps 2,17,1 (dazu Levy I 133); IP 2, 18, 10 gegenüber PS 2, 17, 13 (ebd. 131; s. auch SZ 49, 2561). • IP 1, 13, 4 gegenüber PS 1, 13a, 4. 17 PS 2, 17, 7 cit. 38 IG 7,2 (FIRA II 660f.) undlP2,18,11 (gegenüber 2, 17, 14), vgl. Levy I 133; SZ 49, 2446 ; ACI Roma II 4267 ; s. Conrat, Paulus 135 ff.; Pringsheim 102 f. 81 Eine Ausnahme o. A. 38. '° S. auch oben bei A. 12. u In den ravennatischen Urkunden, nicht in den vandalischen (o. § 19563 ' "); Levy I 134 f.; SZ 70, 504. - Beurkundete traditio und wirkliche Ergreifung der tatsächlichen Gewalt fallen in der Praxis zuweilen auseinander; vgl. die ravennati-

§ 242. Abgeleiteter

Eigentumserwerb

201

2. Auch die Schenkung' 2 von Sachen wird zum Übereignungsgeschäft. Hatte das klassische Recht die donatio als bloße causa für mannigfache Zuwendungen aufgefaßt, so entwickelt sie sich jetzt zu einem Bargeschäft von eigener Art, dem Konstantin im Anschluß an schon bestehende Übung' 3 eine neue Form gibt." Sein Hauptmotiv ist die erhöhte Kundbarkeit, mit der wohl auch hier die Steuerpflicht gesichert werden soll, daneben vielleicht der christliche Gedanke, die Mildtätigkeit zu fördern. ' 5 Das Gesetz verlangt Beurkundung, corporalis traditio vor Nachbarzeugen (bei Grundstücken förmliche Abtretung), die mit beurkundet wird, und behördliche Registrierung. 46 Fehlt die Form, ist das Geschäft offenbar nichtig.' 7 Gesetzliche Erleichterungen schafft Konstantin für Schenkungen zwischen Eltern und Kindern; sie waren zunächst formfrei, 48 werden dann zwar dem Gesetz von 323 (vat. 249) unterstellt, aber alsbald vom Erfordernis der körperlichen Übergabe befreit." Die donatio ante nuptias wird zunächst gleichfalls dem Gesetz von 323 unterstellt, aber später in wechselnder Weise begünstigt; Justinian nähert sie der dos an. 60 Während die Gesetzgebung die Erfordernisse der Registrierung und (für die Regelfälle) der körperlichen traditio immer wieder einschärft, 61 obschon das erste bei beweglichen Sachen von geringerem Wert wenig sinnvoll ist, neigt die spätere Praxis zu Lockerungen. Für die Schenkung beweglicher Sachen soll die Übergabe genügen; Beurkundung wird empfohlen, aber nicht vorgeschrieben. 11 Die corporalis traditio kann dadurch ersehen Kaufverträge Marini nr. 115, 117, 120-122, dazu Levy I 135 f. (keine unmittelbare Beziehung zur germanischen investitura). 41 Levy I 137 ff., vgl. auch Biondi, Scr. Ferrini Mil. I 155ff.; J. Ph. Levy, RIDA 3 {1949) 108 Cf.; weit. Lit. o. § 20013 • - Zahlreiche ravennat. Urkunden, vgl. Marini nr. 82-95, 109, 110, 112, 142; Tjäder nr. 10-28. Lit.: T j äder I 250ff. (m. weit. Hinw.), dazu Levy, SZ 74 {1957) 480 f.; vgl. insbes. Ferrari III 1 ff. = St. Riccobono I 455 ff. n Professio apud acta im 3. Jh.: vat. 266a, 268, 285; Beurkundung: Pap. D. 41, 2, 48; Ulp. D. 6, 1, 77; vat. 263, 265, 268 u. a.; Archi, Scr. Ferrini Pav. 674; 712 f.; Levy I 137 f. "Vat. 249, verändert in CT 8, 12, 1 (pr. = 3, 30, 2), teilw. = C. 8, 53, 25. Die richtige Datierung, 3. Febr. 323, bei Seeck 88; 172; weit. Lit. bei Biondi, Succ. test. 6451• - Vgl. auch RB 22, 4; ET 51. - Lit.: J. Bremer, Jher. Jb. 13 (1874) 89 Cf.; H. Pernice, Insinuation der Schenkungen {1882); Riccobono, Mel. Girard II 447ff.; Checchini, AVen. 74 {1914/15) 110 ff.; G. Segre II 485 ff. = Riv. it. 43 {1907) 351 ff.; Lauria, AMac. 6 {1930) 93 ff.; Levy I 138 ff.; Biondi, Succ. test. 683ff. (m. weit. Hinw.). u So Biondi III 347 ff., s. auch Scr. Ferrini Mil. I 155 f. Das Gesetz selbst nennt als Zwecke der Kundbarmachung: Trennung des Geschäfts von den Vorverhandlungen, klaren Willensausdruck, Ausschluß von Scheingeschäften und Er-

schwerung von Ersitzungen, vat. 249 §§ 1, 2, 5, 9. Doch s. auch Wieacker, Vulg. 48. "Vat. 249, 5-8. Zur Beurkundung o. § 20011 ; zu den erleichternden Ausnahmen alsbald. ' 1 Eod. § 1O; o. § 20058 • Ein bloßes Schenkversprechen hatte hiernach überhaupt keine bindende Wirkung; s. u. § 2658 • 48 CT 8, 12, 4 {318); s. vat. 249, 1 i. f. Die c. 4 bezieht sich auf Ant. Pius, der aber nur den Beweis der traditio erleichtert hat, vgl. Diocl. vat. 314, dazu Riccobono, Mel. Girard II 448 ff.; 460 ff., s. auch 462 f. zu PS 4, 1, 11; Levy, SZ 49 {1929) 2571' 3 ; I 13771 ; 14991 ; Biondi III 52; 352 ff.; Succ. test. 683 f.; 687 f.; 716 ff. Vgl. zu vat. 314 auch SRR L 24, dazu Mitteis, RR 210 f. Zu Schenkungen an Hauskinder s. u. § 265 I 2 geg. E. " CT eod. 5 i. f. (333, nicht in C. 8, 53, 27); eod. 7 (355); schol. vat. 314 (dazu Cosentini, St. De Francisci III 515 ff.); Levy 140. 50 Näheres o. § 224 IV. 61 Belege bei Levy 141 f. Dagegen verzichtet der Osten auf die Nachbarzeugen, wenn die Schenkung registriert oder doch öffentlich beurkundet ist, C. 8, 53, 31 (478). 51 RB 22, 7; ET 51; IT 2, 29, 2 (zum suffragium s. u. § 265 a. E.). Vgl. ferner IT 8, 12, 1 (gegenüber CT, o. A. 44). IP 3, 11, 3 und 5, 12, 4 begnügen sich mit einer gesetzmäßig (d. h. mit Zeugen) errichteten Urkunde. Wird die Sache zweien formrichtig übertragen, erhält nach 5, 12, 4 cit. der das Eigentum, dem sie übergeben worden ist. IP 5, 12, 2 erleichtert den Traditions-

202

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

setzt werden, daß sich der Schenker den ususfructus an der Sache vorbehält; doch verlangt dies, daß der Nießbrauch ernsthaft gewollt, nicht bloß vorgetäuscht ist. 111

3. Andere Übertragungsgeschäfte neben Kauf (Tausch) und Schenkung spielen offenbar eine untergeordnete Rolle.w Die Bestellung einer d o s, die aus körperlichen Sachen besteht, verlangt deren Hingabe; die Beurkundung ist üblich, aber nicht erforderlich. 55 IV. Justinian strebt insofern eine Rückkehr zu den klassischen Grundsätzen an, als er die Übereignung, für deren Vollzug nach dem Absterben der mancipatio und in iure cessio nur noch die traditio übrigbleibt, wieder von den ihr zugrunde liegenden Verhältnissen trennt. Nicht Kauf, Schenkung, Doshingabe usw. übertragen mehr das Eigentum, sondern die traditio,56die körperliche Übergabe. Indessen haben die Kompilatoren auf kaum einem Gebiet die Grundsätze, die nach ihrem Willen gelten sollen, so unvollkommen und daher im Ergebnis widerspruchsvoll ausgedrückt wie auf diesem. 57 1.. Unklar bleibt zunächst, oh der Eigentumserwerb vom Bestand eines gültigen Kausalverhältnisses abhängen sollte oder nicht. 58 Während die klassische Kasuistik die traditio vom Erfordernis der iusta causa bereits weithin losgelöst hatte, hielt die Schuljurisprudenz der klassischen Zeit am Prinzip der 'kausalen• Übereignung fest (Gai. 2, 20, vgl. o. § 100 IV). Doch findet sich schon in der Crühnachklassischen Schule daneben die entgegengesetzte Meinung, die aus der klassischen Kasuistik den Satz abstrahiert, daß für die traditio die •voluntas domini volentis rem suam in alium transferre• ausreiche, Gai. rer. cott. D. 41, 1, 9, 3 = Inst. 2, 1, 40.111 Die oströmische Schule fand beide Meinungen nebeneinander vor, und auch beweis. Von der Registrierung ist nicht die Rede, obschon die ravennatischen Urkunden sie streng einhalten, Levy 142 r. CE 308 begnügt sich mit der bloßen traditio; zur weiteren westlichen Entwicklung Levy 164 rr. 63 CT 8, 12, 8 (415) = C. 8, 53, 28 besteht auf körperlicher Übergabe und Rückgabe zum Nießbrauch; GT eod. 9 (417); NV 10, 1 (441) und NMai. 7, 7 {ft58) verzichten auf die Übergabe, verlangen aber ernstgemeinten ususfructus; ähnlich im Osten SRR L 69, R II 112. Erst die ravennatischen Urkunden des 6. Jh. (Levy 151 r. m. Nachweisen, s. auch SZ 7ft [1957] 481) begnügen sich mit einem Nießbrauchsvorbehalt von wenigen Tagen, also zum bloßen Schein. Vgl. Levy I 14ft f. gegen Riccobono, SZ 3ft {1913) 185 f.; ACI II 2,172; Roma I 33ft rr.; Bonfante Ferrari III 8 ff.= St. Riccobono I ft65U.; doch s. auch Pugliese, AG 1ft1 (1951) 130; vgl. ferner Merea, Estudos de direito hispänico medieval I (1952) 193 ff. S. auch u. A. 67. "Levy 168 rr. Ob bei Leistung auf Grund von stipulatio, pactum, Damnationslegat, Fideikommiß das Verpflichtungsgeschäft selbst oder die traditio als das übereignende Moment angesehen wur-

de, blieb ungeklärt; die selbständige klassische •causa solvendi' ist jedenfalls unbekannt. Die traditio wird vielfach von der Beurkundung begleitet und von ihr zurückgedrängt; s. Lev{. 172 r. u Ob. § 222 II . "Vgl. Inst. 2, 1, 40 (mit Theoph.), überhaupt die Trennung der Übereignung in 2, 1, ft0-ft8 von Schenkung (2, 7) und Kauf (3, 23); Levy 148 f. - •Brevi manu traditio• und 'constitutum possessorium• (o. § 95 III) bleiben bestehen. 117 Die Scheidung von obligatorischem Anspruch und dinglichem Recht wird wieder verwischt, indem auch ohne Rückübereignung actiones in rem (bisweilen als utiles) zugelassen werden, wenn die causa wegfällt; Levy 156, vgl. z. B. o. § 20310• 11, § 2ft1 III, u. § 2ft5 II 6. 118 S. die Lit. o. § 1001', insbes. Bonfan te II 2,17ftff.; 185rf.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930) 175 rr.; Pringsheim, LQR ft9 {1933) 55 rr.; Kunkel 129; Romano, Nuovi studi sul trasferimento {1937) 12 rr.;19 rr.;27 rr.;Levy seither d'Ors, Jura 6 (1955) 1491"; 145 rr. 19 Inst. 2, 1, 41 nennt die causa nur, um das Erfordernis der Preiszahlung beim Kauf anzuführen, u. 3.

§ 242. Abgeleiteter

Eigentumserwerb

203

Justinian nahm beide in die Kompilation auf, gab aber offenbar der Lehre von der •abstrakten• Übereignung dadurch den Vorzug, daß er sie in die Inst. cit. stellte. Dabei wird, obwohl einige Stellen nur den Übereignungswillen des Veräußerers nennen,'° auch der Erwerbswille des Empfängers gefordert worden sein; 11 wird doch die traditio als zweiseitiger Akt verstanden. Die Vorstellung des •dinglichen Vertrages• ist allerdings auch der spätesten römischen Auffassung offenbar noch fremd. 11

2. Auch das Erfordernis der körperlichen Übergabe der Sache wird über die klassische Praxis hinaus gelockert. 83 Gleichwohl kann weder angenommen werden, daß eine bloß p I 935u (§ 182). li Näheres zu diesen Verboten o. § 220 bei A. 11, 12. • Dazu Windseheid-Kipp I 9338 ; Bonfan te 239, s. auch Pringsheim 300 f. zur Frage der Unersitzbarkeit des flüchtigen Sklaven. 1 Lit. o. § 102 I 1. • Vgl. o. § 102' (gegen Lombardi auch Voci, Modi di acquisto della proprieta

(1952] 16 ff.). Die freie Aneignung durch Jagd und Fischerei hat offenbar auch Justinian nicht eingeschränkt. Die Wendungen •si is providerit' in Gai. D. 41, 1, 3, 1 ( = Inst. 2, 1, 12) und 5, 3 (Inst. eod. § 14, veränd.) sind vermutlich schlechte Glosseme, aber nicht neuernde ltp.: Die Fischerei stand schon im klassischen Recht in privaten Gewässern nur dem Eigentümer zu, in öffentlichen wurde sie vom Staat verpachtet (Belege bei Bonfante II 2, 61 f.). Die angebliche Ersitzung eines dinglichen Fischereirechts in Marci. D. 44, 3, 7 (gegenüber Pap. D. 41, 3, 45 pr.) ist wohl nicht itp., sondern ungeschickter Textausschnitt. 8 Zu ihrem Erwerb durch 'direptio•, also durch die vom Feldherrn gestattete Plünderung, s. De Francisci, AVen. 82 (1923) 977 rr.; vgl. NV 9 (440); 13, 14 (445); c. 8, 53, 36, 1 (531). Zum älteren Recht zuletzt B o na, SD 24 (1958) 237 ff. ' Lit. o. § 10210 , vgl. insbes. K übler, RE 6A, 7 ff.; Biscardi (o. § 2381) 26 ff. (54, 297 ff.); La uria, Lab. 1 (1955) 21 ff. Zu Calp. Sie. ecl. 4,117 ff. s. Bonfante, Scr. II 904 ff.; Kühler 8.

208

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

bezahlen, Call. D. 49, 14, 3, 10f. Konstantin übernimmt dies, beseitigt aber die Strafe für die Unterlassung der Anzeige, CT 10, 18, 1 {315). Später braucht der Finder dem Grundeigentümer nur noch ein Viertel herauszugeben, eod. 2 {380); 3 {390); doch kehrt Leo C. 10, 15, 1 (474) wieder zur hadrianischen Regelung zurück. Ihr folgt auch Justinian, Inst. 2, 1, 39.

Die Sonderstellung der res derelictae verschwindet mit der der res mancipi; auch an allen preisgegebenen Sachen wird das Eigentum mit der Aneignung erworben. 5 2. Dagegen entwickelt sich ein Sonderrecht für den Eigentumserwerb an Ödländereien (agri deserti, rudes).6 Schon unter dem Prinzipal war durch Einzelregelungen denen, die in bestimmten Provinzen Ödland besetzt und 10 Jahre lang bewirtschaftet hatten, ein eigentumsähnliches, vererbliches, nicht frei widerrufliches Nutzungsrecht (usus proprius) zugewiesen worden, 7 das nur bei zweijähriger Vernachlässigung wieder eingezogen werden konnte.• Pertinax erweiterte diese Regelung 193 n. Chr. auf das ganze Reich und gewährte den Bewirtschaftern für 10 Jahre Steuerfreiheit.• Seit dem 4. Jh. nahm der Bestand an Ödland vor allem dadurch zu, daß die Eigentümer wegen der drückenden Steuerlasten den Boden verließen. Die Kaiser gaben darum denen, die Domänengut (fundus patrimonialis) in Besitz genommen und fruchtbar gemacht hatten, ein •ius privatum salvo canone',also ein zwar zinspflichtiges Recht,das aber im weitgespannten Eigentumsbegriff des Vulgarrechts mitenthalten ist, CT 5, 14, 30 (386) = C. 11, 59, 7; NT 26, 4 (444) = C. eod. 17. Ein ähnliches Recht erhielt, wer auf öffentlichem Grund ein Gebäude errichtet hatte, CT 2, 23, 1 (423); s. auch 15, 1, 9 (362). Bei Privatland wurde unterschieden: Wer Sümpfe oder Weideland besetzt hatte, erwarb das Recht ohne weiteres mit der Umwandlung in Ackerboden, NT 20, 3 (440) = C. 7, 41, 3, 1. Von vorher bewirtschaftetem, aber jetzt brachliegendem Boden dagegen erhielt der •novus cultor> zuerst nur die Früchte, CT 7, 20, 11 (368); später gab man ihm volles Eigentum, sofern der vorige Eigentümer eine staatliche Aufforderung, das Land wieder zu bewirtschaften, mißachtet hatte, CT 5, 11, 11 (386); C. 11, 59, 11 (405), oder sein Recht binnen zwei Jahren seit der Besitzergreifung des anderen nicht ausgeübt hatte, CT 5, 11, 12 {391) = C. eod. 8. Einer staatlichen Zuweisung bedurfte es nicht. 10

II. Für den Fruchterwerb bestimmt Justinian, 11 daß der gutgläubige Besitzer nur die 'fructus consumpti> behält ;11 die vorhandenen Früchte 6 Inst. 2, 1, 47 (nicht in Gai. rer. cott. D. 41, 1, 9); Lit. o. § 1021 , insbes. Berger, Bull. 32 (1922) 131 ff.; 140 ff.; s. auch Plachy, Bull. 57/58 {1953) 318 ff. Zum •animus derelinquendi> s. o. § 20118 • Zum •iactus missilium' (unklassisch Inst. eod. 46 = D. 41, 1, 9, 7) s.o. § 1028 m. Lit. • Vgl. Meyer-Collings, Derelictio und usucapio (Diss. Erl. 1932, s.o. § 1021 ) 89 ff.; Romano, Studi sulla derelizione nel dir. rom. (1933) 145 ff.; Levy I 194 ff.; weit. Hinw. hier und bei B erger 357 shv. 7 Vgl. die leges Manciana (wahrsch. unterVesp.) und Hadriana, Bruns nr.114-116 = FIRA I nr. 100-102, insbes. Ara leg. Hadr. II 7 ff. Lit.: Mitteis, Erbpacht (u. § 2491) 28 ff.; Rostowzew, Kolonat (o. § 213') 320 ff.; Kornemann, RE Suppl. lt, 251 ff. (Domänen); Biondi III 318 f.; s. auch o. § 23818 sowie die Lit. u. § 2491• 8 Vgl. lex Manciana, Bruns nr. 114 = FIRA I nr. 100 IV 9 ff.

• Herodian 2, 4, 6. Vgl. noch unter Konstantin C. 11, 63, 1 pr. (319); die coloni, die das Land der emphyteuticarii urbar gemacht hatten, erhielten offenbar selbst die Stellung von Erbpächtern. 10 Einziehung und N euvergabung, wenn der Zins nicht bezahlt wird, kann aus C. 11, 59, 13 f. (414 f.) trotz de Malafosse (o. § 2401 ) 43 nicht entnommen werden. 11 Nach Daube, Cambr. Law Journ. 1945, 31 ff. bereits im Anschluß an Diocl. C. 3, 32, 22, dem CT 4, 18, 1 (369, verkürzt in C. 7, 51, 2, u. § 24511 ) nicht widerspricht; doch ist die Echtheit von c. 22 nach wie vor zweifelhaft, vgl. Alibrandi, Opere I 324 ff.; Czyhlarz-Glück 41/42 I (1887) 571 ff.; Albertario IV 425; 427; V199. 11 Inst. 2, 1, 35; 4, 17, 2 u. a. itp. Stellen; Lit. bei Bonfante II 2,127 ff., s. insbes. Pernice, Labeo II 1, 356 ff.; 362 ff.; neuestens Biondi III 282; zu den byzant.

§ 24.4.. Sonstiger

ursprünglicher

Eigentumserwerb

209

(fructus extantes) muß er mit der Sache selbst dem Eigentümer herausgeben.13 III. Bei den Akzessionen (Sachverbindung, Vermischung ßüssiger, Vermengung fester Stoffe) und bei der Sachverarbeitung werden die zuweilen doktrinären Entscheidungen der Klassiker elastischer gehandhabt. Werden bewegliche Sachen mit Grundstücken verbunden, so schränkt das westliche Vulgarrecht1' für den Fall, daß mit fremdem Material oder auf fremdem Grund gebaut worden ist, die Regel 'superficies solo cedit> ein: Sie soll nicht gelten, wenn der Grundeigentümer dem anderen das Bauen erlaubt hat. 15 Dieser Ausnahmesatz macht im Westen das Erbbaurecht (u. § 248) ebenso wie das 'Stockwerkseigentum> entbehrlich, das im Osten verbreitet bleibt. 18 Auch beim Anpflanzen auf fremdem Boden sollen nach westlichem Recht die Gewächse offenbar nicht mehr dem Grundeigentümer gehören, wenn sie mit seiner Erlaubnis gepflanzt worden sind. 17 Justinian kehrt zwar vielfach zu den klassischen Entscheidungen zurück, vor allem bei der Bauführung zur - wenig glücklichen - Regel 'superficies solo cedit>18 und zur 'actio de tigno iuncto>.19 Aber auch er sieht den Erwerb durch Akzession nicht mit gleicher Strenge wie die Klassiker als begriffsnotwendig an 20 und läßt zuweilen die Aufhebung des eingetretenen Erwerbs durch ein 'ius tollendi> zu. 21 Wird die Verbindung gelöst, so hält er ein Quellen Aru, Bull. 4.5 (1938) 231 ff. - Ungeklärt bleibt, ob Justinian den gutgläubigen Besitzer nach wie vor (mit derTrennung) Eigentümer der Früchte werden läßt; zur Frage Windseheid-Kipp I 957 ff. (§186).

Daß er sie 'pro cura et cultura• behalten darf (Inst. 2, 1, 35, unecht D. 41, 1, 4.8 pr.), geht auf die östliche Schuldoktrin zurück, die immerhin schon bei klassischen Äußerungen anknüpfen konnte, vgl. Pomp. D. 22, 1, 4.5, dazu o. § 102 18• Vielleicht hat Justinian aus diesem Grund ein Reformgesetz als entbehrlich angesehen. Zur Fruchterstattung bei der rei vindicatio s. u. § 24.5 II 4, bei der hereditatis petitio u. § 295 2 0. u Vgl. zum Akzessionsrecht GE 2, 1, 4-6, dazu Archi 235 ff.; die Lösungen beruhen nicht mehr auf der 'naturalis ratio•, sondern auf feststehenden Rechtssätzen. 11 GE 2, 1, 4 sine nostro permissu, dazu Archi 238 f.; Levy I 53 f., hier auch zu CT 7, 8, 5 pr. (398) = C. 12, 4.0, 2 pr. u. a. 11 Zu den Papyri s. schon o. § 1022', dazu noch W enger, Qu. 766 f. u. insbes. Taubenschlag, St. Bonfante I 4.38; Law 53; 240 1 (mit Belegen noch aus byzant. Zeit); 241 (zu Sondereigentum an körferlichen Sachteilen überhaupt ebd. 24.1 1 ; 24.318). Vgl. auch SRR L 98. 17 Vgl. GE 2, 1, 4., dazu Archi 237; 239 f. In C. 3, 32, 11 ist sciens unecht, vgl. Guarneri Citati, AMess. 1 (1927) 44.1 ; Kaser, SZ 65 (194.7) 227 23 • - Auf 18

14 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

Grund der Vandalenurkunden (o. § 19564 ) vermutet J. Lambert, Rev. Afric. 97 (1953) 205 f. ein vom Bodeneigentum verschiedenes Eigentum an den Bäumen; vgl. zu dieser Denkform auch Maroi, SD 1 (1935) 34.9 ff. - Zum klass. R. zuletzt Daube, Acta J uridica 1958, 181 ff. 18 Inst. 2, 1, 30-32 (Gai. rer. cott. D. 4.1, 1, 7, 12 f.; 9 pr.); Theoph. adhl. Keine wirklichen Ausnahmen behandeln die Stellen bei Riccobono, APal. 3/4 (1917) 508 ff.; zu D. 39, 2, 4.7 (überarb., ebd. 520 ff.) vgl. Levr I 8t3'o. 19 Sie ist Jetzt eine 'gemischte Strafklage•, Inst. 2, 1, 29, insoweit itp., vgl. Bonfante II 2, 94.; Monier, Le tignum iunctum {1922) 189 ff. Zu den weiteren Kontroversen um diese Klage ebd. 162 f. (nach M. hat erst Justinian die Klage auf Einbau nicht gestohlenen Materials erweitert, o. § 102 26 ); s. auch die Lit. u. § 245 31 • so Vgl. Riccobono (o. A. 18) 523 ff.; Biondi III 317 f. - Zu D. H, 1, 26, 1 (Anpflanzen) vgl. G. Segre, Bull. 4.8 (194.1) 34.ff. Beim alveus derelictus (o. § 102 20 ) lebt, wenn der Fluß sein neues Bett verläßt, das alte Eigentum wieder auf, Inst. 2, 1, 23 (Gai. rer. cott. D. 41, 1, 7, 5) u. a. Inwieweit dies justinianische Neuerung ist (Riccobono und die anderen o. § 102 20 Gen., auch Kaser 230 32 ), bleibt allerdings nachzuprüfen. - Zu Alluvion usw. s. zuletzt Sargenti, SD 23 (1957) 352 ff. 11 Dazu u. § 245 31 •

210

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Wiederaufleben des erloschenen Rechts für möglich, während die Klassiker die Vorstellung vorzogen, das Recht habe während der Verbindung nur ist ihm wieder die Klage aus dem dinglichen Recht, die von der aus dem Schuldvertrag oder einem ähnlichen Verhältnis scharf geschieden wird. 18 Doch hat er das Recht der Eigentumsklage in mehreren Beziehungen erweitert oder modifiziert. 1..Richtiger Kläger soll außer dem nichtbesitzenden Eigentümer" in einem Fall auch der besitzende Eigentümer sein; in welchem Fall, ist allerdings zweifelhaft.u [o. § 23818) 147). Erst Justinian nimmt die klassische Denkform wieder auf, vgl. L evy 226 ff.; 238 f. - Zur Verwischung der Grenze zwischen der Eigentumsklage und der actio finium regundorum s. o. § 241 V a. E. 'Nachweise bei Levr I 228 ff. • Lev; 231 f. Zu «ms ad rem• s. u. § 298••·. 7 Zur Beweislast im allgemeinen s.o. §2017 • • CT 11, 39, 1 (325) unde possideat vel 'JUO iure teneat; vgl. Levy 232 ff. m. Lit., msbes. B iscardi (o. §2381) 93ft. (56,311 ff.) mit reicher Bibliogr.; Solazzi, SD 9 (1943) 176f.; 200 f.; Archi, Scr. Ferrini Pav. 6781• • Wie in altrömischer Zeit, o. § 31 IV. Mit dem Einfluß der griechischen 8,ot8r.xota(otist zu rechnen, vgl. Levy 234 m. Lit., auch Biscardi 122 ff. (56, MO ff.); o. § 23821 • Dagegen zeigt CE 289 den Einfluß germanischen Rechts, vgl. Levy I 176; 242; St. Arangio-Ruiz II 1 ff. (anders d'Ors, Cuadernos Ist. Jur. Esp. 5 [1956) 115). Vgl. auch Mer~a. Estudos de direito hisp. medieval I (1952) 4 ff.; Wieacker, Vulg. 1637 ; 36 r. 10 Levy I 235 r. (m. Lit.) deutet die unklare und umstrittene CT 11, 39, 12 (402), verkürzt in C. 3, 31, 11, dahin, daß der Beklagte nur noch zu beweisen brauche

u•

«unde possideat•, aber nicht mehr «quo iure teneat• (nach c.1 cit.). Vgl. auch L e v y 237 zu PS 1, 13b, 6 (ex cons. 6, Sa). 11 Lev y I 229 f.; s. auch II 114 ff.; Daube (o. § 24411); vgl. auch RB 35, 3. Zur «fructus duplio• des älteren Rechts, die vermutlich als Vorbild gedient hat und noch in PS 1, 13b, 8; 5, 9, 1 f. fortlebt, s. o. § 3233 , § 10323 ; vgl. neuestens Broggini, Iudex arbiterve (1957) 127 ff.; 140 ff. (nur teilw. annehmbar). 11 Nicht in CI. Näheres u. § 256M. 18 Ob. bei § 19916 • 27 • - Nach D. 44, 2, 11, 2; 14, 2; 6, 1, 1, 2 (alle überarb.) kann sich der Kläger durch •agere adiecta causa• (s. auch o. § 213&0)eine erneute Klage, gestützt auf ein aus anderem Grund erworbenes Eigentum, vorbehalten. Die zu vermutenden klassischen Vorläufer sind nicht mehr erkennbar. Vgl. Beseler, SZ 50 (1930) 71 ff., Provera, La pluris petitio I {1958) 66 rr.,beide m. weit. Lit. 1' Er trägt die Beweislast für sein Eigentum, vgl. zuletzt Nov. 18, 10 (536). Sie wird durch die Verlängerung der Ersitzungsfristen mehr und mehr erschwert, lli Dieser nur in Inst. 4, 6, 2 erwähnte «unus casus• kann auch schon dem klassischen Recht angehören; um seine Ent-

212

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

2. Richtiger Beklagter ist außer dem Besitzer immer auch der Detentor. Leitet er seine Innehabung von einem Dritten her, dann muß er seinen Oberbesitzer (dominus) benennen, damit sich dieser hinnen einer vom Richter festgesetzten Frist auf die Klage einlasse; unterbleibt dies, soll der Richter den Oberbesitzer vor Gericht laden und, wenn er bei seiner Weigerung verharrt, nach summarischer Prüfung den Kläger in den Besitz einweisen.18 Justinian erweitert nach älteren Vorbildern die Passivlegitimation auf die sog. , nämlich auf Personen, die entweder früher besessen und den Besitz arglistig auf gegeben haben, oder die niemals besessen haben, aber sich auf die Klage einlassen, als oh sie besäßen, etwa um während des Prozesses dem wahren Besitzer den Eigentumserwerb durch Ersitzung zu ermöglichen. 17 Diese Erweiterung auf Fälle, in denen die Klage von vornherein nicht darauf abzielt, dem Kläger die Sache selbst, sondern nur allenfalls einen Geldersatz zu verschaffen, schwächt ihren ursprünglichen Charakter als ab. 3. Die Einlassung auf die Vindikation wird in einer Weise neu geregelt, in der sich die stärkere Herrschaft des Gerichts über das Verfahren ausdrückt. Zwar wird der Beklagte auch jetzt noch nicht unmittelbar zur Einlassung gezwungen. Bekennt er sich aber als Besitzer, ohne sich einzulassen, dann ordnet der Richter ohne weitere Sachprüfung an, daß der Besitz durch Polizeigewalt (manu militari) auf den Kläger übertragen werde. 18 Leugnet dagegen der Beklagte den Besitz, kann der Kläger den Beweis anbieten, daß der Beklagte in Wahrheit doch besitzt; wenn ihm dieser Beweis gelingt, führt der Richter gleichfalls ohne Sachprüfung die Besitzübertragung auf den Kläger herbei. 19 IV rätselung bemüht man sich seit langem rei vind. (1907] 18 f.); Albertario 101 ff. Die Neuerung folgt bei dem, der ohne greifbaren Erfolg; vgl. etwa 0. Segre, St. Brugi I (1910) 411 ff. = Scr. giur. II 'liti se optulit>, der prokulianischen Lehre M7 ff.; 556 ff.; Henle, Unus casus (1915), (o. § 103 I 1), bei dem, der •dolo desiit dazu Koschaker, SZ 36 (1915) 440 ff.; possidere•, dem Beispiel der hereditatis Scialoja, St. Simoncelli (1917) 509 ff. = petitio (o. § 18211) sowie den klassischen Regelungen der actio ad exhibendum, des St. giur. II 273 rr.; Siber 96; Nicolau, RH 13 (1934) 597 ff.; 14 (1935) 184 f.; interdictum quem fundum und der Prozeßkautionen, die alle eine Haftung für Chloros, SZ 74 (1957) 373 ff. 11 C. 3, 19, 2 (331), dazu Levy 226; arglistige Besitzaufgabe einschließen. 18 D. 6, 1, 68, insoweit itp., erweitert in das Gesetz spricht nur vom Grundstücksstreit. Die richterliche Einweisung nach Nov. 18, 10 (536). 1• D. eod. 80 quia rell. itp., vgl. auch eod. § 1 halten für itp. Steinwenter, Studien z. röm. Versäumnisverfahren D.2, 3, 1, 1, teilw. itp.; Wlassak, SZ25 (1914) 156 ff.; SZ 50 (1930) 191; H. Krü(1904) 143 ff.; 42 (1921) 429 f. Auch die ger, sz 45 (1925) 73 ff. Haftung aus den Prozeßkautionen, soweit 17 Vgl. für den, der 'dolo desiit possisie •ob rem non defensam• begründet dere•, D. 6, 1, 27, 3; 36 pr., beide itp.; für waren, wird jetzt gegenstandslos; die den, der 'liti se optulit (quasi possideret)•, •cautio pro praede litis et vindiciarum• eod. 27 pr.; ferner eod. 25; 52 (diese (vgl. zu ihr Lenel, EP 522 ff.) hat JuStellen haben ursprünglich nicht von der stinian beseitigt, die •cautio iudicatum rei vind. gehandelt). Lit. bei Bonfante II solvi> (D. 46, 7, Lenel 531 ff.) wird haupt2, 2984 , s. insb. Lenel, GrünhZ 37 (1910) sächlich auf die Fälle der Prozeßvertretung 534 ff.; Oradenwitz, Fg. Güterbock eingeschränkt (das Nähere ist im Zivil(1910) 305 ff.; Beseler I 27 ff.; Siber prozeßrecht darzustellen). 9810 (anders noch Passivlegitimation zur

§ 245. Der Eigentumsschutz

213

Mit diesen Neuerungen werden die actio ad exhibendum und das interdictum quem fundum als Mittel, um die Einlassung herbeizuführen, entbehrlich. Die actio ad exhibendum dient jetzt nur noch als Klage auf Vorweisung der Sache, allenfalls nachdem sie aus der Einfügung in eine zusammengesetzte Sache getrennt worden ist; die Klage steht jedem zu, der daran ein Interesse hat. 20 Das interdictum quem fundum wird beseitigt. 21 Indem der Einlassungszwang in das Verfahren der rei vindicatio selbst einbezogen wird - wenngleich nach wie vor mit anderen Mitteln als bei den actiones in personam -, nähert sich damit die dingliche Klage den persönlichen, besonders den Ansprüchen auf Herausgabe. 4. Für den Inhalt der dem Beklagten obliegenden Leistungen hat Justinian den Wirkungsbereich der dinglichen Klagen erweitert und die zum Teil umstrittene Handhabung des abgewandelt. Den Besitzer, der die Sache vor der litis contestatio dolos zerstört hat, läßt Justinian haften als einen, der dolo desiit possidere, o. 2. Die gleiche Haftung trifft den Besitzer vermutlich für vorprozessuale Verschlechterung. 11 Dabei läßt man den malae fidei possessor offenbar auch für culpa haften. 11 Nach der Litiskontestation haftet der Beklagte außer für dolus und culpa nach einzelnen Stellen auch für Zufall, indem man ihn als Schuldner im Verzug behandelt und annimmt, daß der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn er die Sache rechtzeitig herausgegeben und der Eigentümer sie verkauft hätte." Die vor der Rechtshängigkeit angefallenen, dem Kläger gehörenden Früchte können schon in der klassischen Zeit zusammen mit der Muttersache vindiziert werden. 16 Bei Justinian hat der bonae fidei possessor die vor der Litiskontestation gezogenen Früchte mit herauszugeben, soweit sie noch vorhanden sind (fructus extantes, o. § 2U II). Der malae fidei possessor haftet nicht nur für alle fructus percepti, sondern auch für die •quos culpa sua possessor non perceperit>, Inst. 4, 17, 2.• Zur Doppelung s. o. I a. E. Das Recht auf Erstattung der notwendigen und bis zum Betrag der Wertsteigerung auch der nützlichenVerwendungen 17 wird auch dem malae fidei possessoreingeD. 10, 4, 3, 9 u. a. itp. Stellen, vgl. Beseler I 1 ff., weit. Lit. o. § 10311• Im System des justinianischen Rechts gehört die Exhibitionsklage ins Obligationenrecht. Neuestens zu dieser Klage eingehend Marrone, APal. 26 (1958) 177692, dazu kritisch Kaser in Lab. 5 (1959). 11 Lit. o. § 10318• 11 D. 6, 1, 13 (ursprünglich zur Haftung post litem contestatam); Levy, SZ 36 (1915) 57. Die Erweiterung ist vielleicht schon vorjustinianisch, vgl. zur Hartung für die Früchte u. A. 26. u D. 6, 1, 45, dazu Ind. und Beseler, SZ 50 (1930) 46; vgl. zum culpa-Maßstab u. § 25838 • Von der Litiskontestation an gilt jeder Besitzer als bösgläubig, vgl. auch D. 5, 3, 20, 11; 25, 7; 31, 3 (zur hereditatis petitio), alle itp., s. Messina-Vitrano, Bull. 20 (1908) 230 ff., weit. Lit. bei Kaser, Restituere (1932) 11 ; SZ 72 (1955) 111 Anm. S. auch CT 4, 18, 1 (o. I a. E.). "D. 6, 1, 15, 3, vgl. allgemein D. 5, 3, 20, 21; 40 pr.; 30, 4 7, 6, alle itp., s. Ind. und die Lit. bei Kaser, SZ 72, 111 Anm. 18

Ob. § 103 I 4; vgl. auch Gord., Diocl. C. 3, 32, 5 pr.; 17; Pernice, Labeo II 1, 363 (zu C. 3, 32, 22 s. o. § 24411). 11 Die Erweiterung auf Früchte, die vor der Litiskontestation hätten gezogen werden sollen, gehört schon dem Westen an; vgl. CT 4, 18, 1 (369 West) = C. 7, 51, 2, dazu Levy II 115; PS 1, 13b, 9 (unklassisch nach Kunkel, SZ 45 [1925] 308, wohl beeinflußt von Paul. D. 6, 1, 33; zum Maßstab des •diligens pater familias' s. u. § 25811 ). Für Justiman vgl. Pap. D. 6, 1, 62 pr./1, dazu Kaser, Restituere 11 ff.; SZ 72, 12210 • (urspr. zur bered. petitio). Nach der Litiskontestation erstre~kt sich die culpa- Haftung a_uf alle Besitzer, s. o. A. 23; Inst. 4, 17, 2 1. f. 11 Ober die exceptio doli, die im klassischen Recht zur Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts dient, vgl. o. § 199 II. In CT 5, 11, 12 (391) = C. 11, 59, 8 ist von ihr keine Rede mehr. Die Erstattung der Aufwendungen dessen, der auf fremdem Grund gebaut hat, kann durch Klage gefordert werden nach IG 6, 1 f. (FIRA II 659); ET 137; Levy I 53ft. Aus11

2U

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

räumt, 18 um eine grundlose Bereicherung des Klägers zu verhindern;• ausgenommen bleibt nur der Dieb. 80 - Alle Besitzer erhalten ferner das Recht, Sachen, die sie mit der eingeklagten Sache verbunden haben, loszutrennen und wegzunehmen (sog. ius tollendi), soweit diese Wegnahme nicht für sie nutzlos ist; doch kann der Kläger dieses Recht durch Wertersatz abwenden.' 1

5. Wird der Beklagte in Geld verurteilt, so erwirbt er an der Sache Eigentum,at es sei denn, daß er den Besitz arglistig aufgegeben hat. 83 6. J ustinian schafft, der oströmischen Schule folgend, für manche neuen Fälle eine ," teils zur Rückholung des im nachklassischen Recht anerkannten Eigentums auf Zeit,86 teils auf Surrogate, die an die Stelle des Eigentums• oder an die Stelle einer zu fordernden Geldsumme getreten sind.37 Auch insoweit wird der Charakter der rei vindicatio als einer Klage zur Verfolgung des Eigentums zum Teil preisgegeben. III. Die actio Publiciana ist im Westen verschwunden; im weitgespannten Eigentumsbegriff des Vulgarrechts ist auch das eingeschlossen, so daß die Eigentumsklage den Anwendungsbereich dieser Klage deckt. Justinian stellt die actio Publiciana wieder her. drücklich für entbehrlich erklärt wird die exceptio in D. 5, 3, 38 itp. Vgl. N ardi, Studi sulla ritenzione II (1957) 161 ff. Zur Verrechnung der Impensen mit den Früchten u. § 261°. 18 Zum Vulgarrecht s. GE 2, 1, 6, dazu o. § 244 bei A. 29. Zu J ustinian allgemein Riccobono, APal. 3/4 (1917) 376 ff., auch 439 ff. Vgl. insbes. C. 3, 32, 5, 1 i. f. itp., Riccobono I 401 ff. = Bull. 18 (1906) 205 ff.; I 370 ff. = Mel. Fitting II {1908) 469 ff., weit. Lit. bei Nardi, Scr. Ferrini Mil. I 357 f.; Studi cit. I (1947) 33 f. (der aber das Retentionsrecht für Justinian bestreitet, s. Studi II 57 ff.). Vgl. ferner N ardi, Scr. Ferr. cit. 381 ff. zu D. 6, 1, 32; eod. 27, 5-fr. 30 (m. Lit.). 19 D. 5, 3, 38 itp. non enim debet petitor e:ealiena iactura lucrum facere, vgl. Riccobono, APal. 3/4 (1917) 367 ff.; 382 ff.; 437 (christlicher Einfluß); Bull. 47 (1940) 17 ff.; Biondi III 279 r. m. weit. Lit. Die zit. Stelle enthält den allgemeinen Leitgedanken, obschon sie zur deductio bei der bered. petitio gehört (vgl. N a r d i, Scr. Ferrini Mil. I 362 f.; Studi I 122 f.). • 0 Alex. C. 8, 51, 1, dazu Riccobono, APal. 3/4, 383. 11 D. 6, 1, 38 (dazu auch die Lit. o. § 10228 ), s. ferner eod. 27, 5; 37; C. 3, 32, 5, 1 cit., ferner D. 5, 3, 39, 1 i. f., alle itp. Lit. zum ius tollendi und zur actio de tigno iuncto (o. §244 11): Pampaloni, Bull.21 (1909) 205 ff.; Riv. it. 49 (1911) 233 ff.; Riccobono I 217 ff. = AG 53 (1895) 521 f.; 54 (1895) 265 ff. und insbes. APal. 3/4 (1917) 483 ff.; Bonfante II 2, 3081 ; Biondi III 281. Im klassischen Recht ergab sich das Wegnahmerecht (das nicht

als besondere Rechtsfigur erfaßt wurde)

aus dem fortbestehenden, aber ruhenden Eigentum an den Bestandteilen der zusammengesetzten Sache, besonders eines Gebäudes; vgl. o. § 102 III 1; Riccobono, APal. 3/4, 445 ff.; 496. 11 Nach Wegfall des Unterschieds zwischen quiritischem und bonitarischem Eigentum; s. o. § 103 I 5. - Lit. o. § 103", dazu noch Marrone, APal. 24 (1955) 281 ff.; vgl. insbes. Levy, SZ 42 (1921) 480 f. Maßgebend ist der Urteilszeitpunkt, nicht der der Befriedigung des Klägers, vgl. ebd. 511 ff., anders Carrelli (o. § 103M) 125 f., s. auch 109 f. 11 Diese Ausnahme galt schon nach klassischem Recht für die Fälle (z. B. der actio ad exhibendum oder der Prozeßkaution), in denen für arglistige Besitzaufgabe ante litem contestatam gehaftet wurde, außerdem bei der rei vindicatio für arglistige Besitzaufgabe post litem contestatam; Levy (o. A. 32) 505 ff. "Mancaleoni, StSass. 1 (1901) 1 ff.; 81 ff.; v. Mayr, SZ 26 (1905) 83 ff.; Solazzi I 417 ff. = Bull. 22 (1910) 64 ff.; Collinet, tt. I 174 ff.; Lenel, EP 1868 ; Orosso, I problemi dei diritti reali (1944) 277 ff.; Levy I 2392". 11 D. 39, 6, 29 r. itp. (u. § 3oou); c. 5, 3, 15, 1 itp. (o. § 22418 ); C. 8, 54, 1 itp. (o. § 20328 ); vgl. auch C. 5, 12, 30, 1 (529, o. § 223 II 2). • D. 6, 1, 5, 3 (o. § 10216); 24, 1, 30; 41, 1, 9, 2, alle itp. S. auch o. § 24410 • 17 D. 24, 1, 55; 26, 9, 2; C. 3, 32, 8, alle itp.; C. 5, 13, 1, 5a (530). Zu diesen Fällen Pringsheim, Kauf m. fremdem Geld (1916) 123 er.

§ 246. Die Servituten

215

Nach der Beseitigung des Unterschiedes zwischen quiritischem und bonitarischem Eigentum dient sie aber nur noch dem Schutz des Ersitzungsbesitzers, also dessen, der eine ersitzungsfähige Sache gutgläubig ex iusta causa vom Nichtberechtigten erworben, die Ersitzungszeit aber noch nicht vollendet hat. 88 Auch die exceptio rei venditae et traditae hat mit dem Wegfall des Unterschieds zwischen zivilem und prätorischem Eigentum ihren ursprünglichen Zweck verloren. Justinian behält sie - wenig sinnvoll - für den Schutz dessen bei, der eine Sache vom Nichteigentümer erworben hat, wenn dieser hinterher Eigentümer geworden ist. 89 IV. Neben der rei vindicatio steht auch bei Justinian die Klage des Eigentümers zur Abwehr eines in Wahrheit nicht bestehenden Rechts, auf die Sache einzuwirken,• 0 vor allem zur Zurückweisung einer angemaßten Servitut,' 1 die bei Justinian auch den ususfructus und die ihm gleichartigen Rechte einschließt (u. § 246 II). Der Name 'actio negatoria> wird für diese Abwehrklage in der östlichen Schule typisch." Justinian hat ihren Anwendungsbereich etwas erweitert, hauptsächlich um die Selbsthilfe einzuschränken. a

III. DINGLICHE NUTZUNGSRECHTE

§ 246. Die Servituten I. Im Vulgarrecht 1 gehen Name und Begriff der Servituten weithin verloren. 'Servitus> bezeichnet jetzt die öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen,1 die nachmals als 'Legalservituten> begriffen werden (o. § 241 V), sowie die Nutzung öffentlicher Wasserleitungen.• Private Wege- und WasserD. 6, 2, 1 pr. itp., Lit. o. § 104 I. •Vgl. Oonvers, L'exc. rei vend. et trad. (1939) 165 f. In diesen Fällen der Konvaleszenz hätte man folgerichtiger die Klage ohne Einrede abgewiesen. Zu dieser exceptio, die mit der exc. doli auch weiterhin zur Wahl steht, vgl. D. 21, 3, 1-3; 44, 4, 4, 32; o. § 6011 ; § 1047 • '° Ob. § 103 II. Im Westen ist die Klage offenbar nicht bezeugt; sie ist wohl gleichfalls in der umfassenden allgemeinen Eigentumsklage (o. I) aufgegangen. 61 Zur Beweislast vgl. o. § 10331, dazu noch Orosso, Usufrutto• {1958) 407 f. Schon im klassischen Recht kann der Richter dem Beklagten eine Sicherheitsleistung gegen künftige Störung auferlegen (die unrömisch sog. 'cautio de amplius non turbando'), Iav., Paul. D. 8, 5, 12; 7; Solazzi, La tutela eil possesso delle servitu prediali {1949) 40. "Vgl. Theoph. 4, 6, 2, dazu Bohafek, Bull. 46 (1939) 190 ff. 11

"Bohaöek 188 ff.; unterstützend kommt hinzu, daß die tatsächliche Ausübung der Servitut oder des Nießbrauchs jetzt als 'Rechtsbesitz• aufgefaßt wird (o. § 239 IV). Erweiterungen der negatorischen Klage finden sich bei Beeinträchtigung durch Rauch und Feuchtigkeit, D. 8, 5, 8, 5; 17, 2 (o. § 241", u. § 24.~17), auch wohl durch Wurzeln und Aste (o. § 24180 ). Dagegen könnten Pomp. D. 8, 5, 14 pr. (Bohafek 162 f.) und Paul. eod. 9 pr. (ebd. 173 f.) auf Anmaßung wirklicher Servituten zurückgehen und darum klassisch sein. Zu eod. 17 pr. s.o.§ 24111 • 1 Zum folgenden Levy I 55 ff.; SZ 76 (1959) 8, s. auch Conrat, Paulus 144 ff.; Bund, SZ 73 (1956) 210. 1 In West und Ost; vgl. C. 12, 23, 12 pr. (424 f.); 8, 10, 12, 2b (Zeno); RB 17, 6. 1 C. tt, 43, 6 pr. (439-441), s. auch eod. 5 (ius aquae) u. a.

216

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

nutzungsrechte bestehen zwar noch weiter, obschon die bisherigen Rechtstypen nicht mehr auseinandergehalten werden.' Aber diese Rechte sind weder von der Nutzung der öffentlichen Straßen und Wasserleitungen scharf abgegrenzt, 5 noch ist sicher zu entscheiden, ob ihnen dingliche oder bloß obligatorische Wirkung zukommt. Die Regel über die usureceptio servitutis (o. § 105 34) wird im Vulgarrecht, vielleicht aus einem Mißverständnis, zu dem Grundsatz erweitert, daß Wasser- und Wegerechte durch zweijährige Ausübung ersessen werden können.•

II. J ustinian 7 stellt den Begriff der Servituten als selbständiger dinglicher Rechte an fremder Sache wieder her. Er begünstigt ihn, indem er die schon im klassischen Recht gelockerte Bindung an bestimmte Typen preisgibt.8 Vor allem aber dehnt er den Servitutsbegriff auf zwei weitere umfassende Gebiete aus: 9 Erstens schließt er, der schon erwähnten nachklassischen Übung folgend, auch gewisse gesetzliche Eigentumsbeschränkungen darin ein, die nun als Servituten neben den durch Rechtsgeschäft bestellten stehen. 10 Zweitens erfaßt er im Anschluß an die östliche Schuldoktrin 11 im Servitutsbegriff auch die Nutzungsrechte zugunsten bestimmter Personen, namentlich den ususfructus ;12 den 'Realservituten> treten die 'Personalservituten> gegenüber. 13 Zu diesen gehören auch Rechte auf Duldung oder Unterlassung, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden können, aber zugunsten bestimmter Personen bestellt werden, H etwa auf ihre Lebenszeit. 15 'Die alten Wegerechte •via, iter, actus• (o. § 105 7 ) werden in GE 2, 1, 3 mißdeutet: •via• als Geh- und Fahrweg (anders Archi 234 r.), •iter• als Viehtrirt; •actus• verschwindet; Levy I 57, s. auchConrat, Gaius 58 r.; Paulus 144. 11 Levy 56 r. zu IP 1, 17, 1 r.; RB 17 rubr. §§ 1 rr.;RC 23, 23. • RB 17, 2 r. in irriger Auslegung von PS 1, 17, 2; Levy I 180 (= Bull. 51/52 [1948) 356 f.); 200 r.; St. Albertario II 227 r.; anders Solazzi, Bull. 49/50 (1948) 383 ff.; Roels (o. § 195' 1) 89 f. Auffällig ist, daß Servituten ersessen werden können, obschon die Eigentumsersitzung erloschen ist, o. § 243 I. 7 Lit.: o. § 105 1 ; Grosso-Dejana, Le servitu prediali, jetzt 2. Aufl. (2 Bde., 1955); zum Wesen der Servituten Brasiello, Riv. it. 7 (1954) 249 rr. (s. Iura 7 [1956) 408 f.). - Die ägyptischen Papyri zeigen dingliche Rechte solcher Art erst unter römischem Einfluß, Taubenschlag 256 ff. m. Lit. • S. Inst. 2, 3, 4 (vgl. Gai. rer. cott. D. 8, 4, 16) gegenüber Gai. 2, 31; Biondi, Le servitu prediali 1 {1954) 49. Im übrigen o. § 105 1 und u. A. 17. • Grosso, I problemi dei diritti reali

rr.; Biondi III 319 r. Oben § 241 V. 11 Die Erwähnungen in C. 3, 34, 13 (531); 7, 33, 12, 4 (531) sind jünger als der Digestenplan (o. § 194 16 ); Nachweise bei Pringsheim, ACI Roma I 491 rr. Vgl. auch Levy 55. 11 Lit. o. § 106 11 , dazu Bund (o. A. 1) 155 rr.; 209 ff.; So n t i s, Al mpLptaµ~atL 7tp00'6>7tLX(Xl 3ou>.tr(XL(1957)23 rr. (vgl. Zep os, Iura 9 [1958] 204); Grosso, Usurrutto9 (1958) 4ff. Zu Marcian als Vorläufer (D. 8, 1, 1) s. o. § 106 11 ; Bund 206 rr. ia Vgl. außer D. 8, 1, 1 cit. die ltpp. in eod. 15 pr.; 34, 3, 8, 3 (Bund 169 ff.), ferner D. 7, 6, 5 pr.; 33, 1, 12; 35, 2, 1, 9 (gegenüber Paul. vat. 68) u. a., alle itp. S. Ciapessoni, Per il XIV cent. della codir. giust. (1934) 1018 rr. 1' Sog. 'irreguläre• Servituten, o. § 105 1 • Vgl. außer D. 8, 3, 4 noch D. 8, 1, 15 pr.; 34, 1, 14, 3; 34, 3, 8, 3, alle insoweit itp.; zur Lit. noch Biondi (o.A. 8) 136ff.; Bund 175 ff. 11 D. 33, 2, t itp. (o. § 203 11 ), vgl. insb. Bonfante VI 121•; Bund 183 fr. Zu Pap. D. 8, 1, 4 pr. s. o. § 105 11, dazu noch Rabel, SZ 46 (1926) 461; Biondi (o. A. 8) 188 rr. {1944) 313 10

§ 246. Die Servituten

217

der Servituten 18 und die Bildung bestimmter Typen 17 sowie die Entwicklung allgemeiner, für alle Dienstbarkeiten gültiger Grundsätze zeigen eine verstärkte Neigung zu schulmäßiger Theorie. 18 Vor allem wird die Regel, daß eine Dienstbarkeit nicht zu einer Tätigkeit verpflichten könne, wiederhergestellt ;19 die vulgarrechtlichen Ansätze einer 'Reallast> (o. § 238 II) werden beseitigt. 20 1. Die Gliederung

Die Servitut wird als abtretbar angesehen, wenn dies bei der Bestellung vereinbart ist, D. 8, 3, 33, 1 itp., oder wenn der Eigentümer des dienenden Grundstücks zustimmt, D. 39, 3, 9, 2 itp. 11 Auch der Grundsatz der Unteilbarkeit der Servitut wird gelockert. 11

2. Beste 11t 23 werden die Servituten im Anschluß an das klassische Recht der Provinzialgrundstücke durch'pactiones et stipulationes>;H doch scheint man sich auch mit dem formlosen Vertrag (pactum) allein begnügt zu haben. 26 Daneben bleibt der Vorbehalt der Servitut, besonders des Nießbrauchs, bei der Übereignung üblich, die jetzt durch traditio geschieht.• Schließlich hat man, vielleicht aus den klassischen Ansätzen einer 'prätorischen Servitut> (o. § 10533 ), eine Bestellung durch 'traditio> und 'patientia>, 11 Zur schulmäßigen Einteilung in Feldund Gebäudedienstbarkeiten (Inst. 2, 3 pr.-2) s. o. § 105 II. Schulmäßigen Ursprungs, aber nicht notwendig nachklassisch, ist auch die Unterscheidung in Servituten 'in solo' und 'in superficie', Paul. D. 8, 1, 3 u. a., dazu Biondi (o. A. 8) 213 ff., anders Solazzi, Specie ed estinzione delle serv. pred. (1948) 22 ff.; vgl. auch o. § 10518 (Serv. am zukünftigen Gebäude). 17 Die Abgrenzung von •iter' und •actus• (o. A. 4) wird auch im Osten verwischt, s.o. § 1057 , vgl. Arangio-Ruiz, St. Brugi (1910) 265; Solazzi, Specie 39. Zu aquaeductus und aquaehaustus s. D. 8, 3, 9 (überarb.), dazu Grosso, Bull. 40 (1932) 401 ff.; Orestano, Bull. 43 (1935) 297 ff.; De Robertis, ABari 1 (1938) 61 ff.; Solazzi, Requisiti e modi di costituzione delle serv. pred. (1947) 45 rr.; Specie 50. - Die servitutes •sterculini', D. 8, 5, 17, 2, und 'fumi immittendi', eod. 8, 5, sind unklassisch, Solazzi, Specie 53 ff.; 68, s. auch Bohaöek, Bull. 46 (1939) 168 rr.; De Martino, SD 8 (1942) 136 ff.; Wolrf, lura 3 (1952) 135 ff. (zu fr. 8, 5); Levy 77" 9 ; anders zu fr. 17, 2 Biondi, La categoria romana delle servitutes (1937) 336. Dagegen s. zu Proc. D. 8, 5, 13 Solazzi 58 f. (gegen Bohaöek 170). 11 Besonders beim Prinzip der •perpetua causa•, vgl. D. 8, 2, 28; 8, 3, 9, teilw. itp.; Lit. o. § 10519 , s. auch o. A. 17; auf die Gebäudeservituten beschränkt das Erfordernis für das klassische Recht Beseler, TS 10 (1930) 224. - Einen Ansatz zu einer auf den Betrieb des Berechtigten beschränkten Servitut enthält D. 8, 4, 13 pr.

(überarb.), dazu die Lit. o. § 10518 ; Biondi (o. A. 8) 193 ff. 19 Bonfante (o. § 10511 ) bestreitet die Regel, daß die Servitut nicht in einem Tun bestehen kann, sogar für das justinianische Recht; dagegen Biondi (o. A. 81121. 10 Beispiele öffentlich-recht icher Leistungspflichten schon aus klassischer Zeit bei Biondi 125. 11 Vgl. Solazzi, Requisiti 14 ff.; 17 rr. (zu rr. 33, 1); 52 ff. m. Lit.; Biondi 148 rr. S. auch o. § 105• zu D. 33, 2, 1 itp. (o. A. 15), dazu Biondi 153 ff. Zur Verpfändung und zur Nießbrauchsbestellung an der Servituts. o. § 1051'' 17 • 11 Sicher itp. ist D. 8, 3, 11; zu den umstrittenen weiteren Einzelheiten s. die Lit. o. § 1os•. 18 Solazzi, Requisiti (o. A. 17) 147 ff.; Biondi 262 ff.; Carcaterra, II possesso dei diritti (1942) 119 rr. - Die Bestellung durch Vermächtnis (Inst. 2, 3, 4 = D. 8, 4, 16; D. 33, 3) oder durch adiudicatio im Teilungsprozeß (dazu Biondi, Cat. rom. 262 U.) bleibt bestehen. "Inst. 2, 3, 4, zum ususfructus u. §24711• Collinet, :€t. I 161 ff.; Mel. Girard I 185 ff. behauptet hellenistischen Einfluß. 16 D. 8, 6, 11 pr. itp.; in D. 8, 3, 33 pr. i. f. itp. wird die Stipulation nur empfohlen (maxime); anders Solazzi 91. Vgl. auch die Bestellung durch 'venditio' der Servitut, D. 8, 3, 14; Solazzi 96 f., anders Biondi 229 f. • Vgl. D. 8, 2, 34; 8, 4, 6 pr. u. a.; zu D. 8, 3, 33 pr. s. A. 25; zu Ulp. D. 8, 4, 6, 3a s. Biondi 226. Von Vorbehalt beim Verkauf handeln D. 8, 3, 36; 8, 4, 13 pr.; 8, 6, 19pr.; s. Solazzi 92ff. - Zurretentio ususfructus s. o. § 24211' • 7•

218

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

also durch einverständliche faktische Gewährung, entwickelt, 17 die wieder auf einen formlosen Vertrag hinausläuft. Die Ersitzung der Servitut, die nach der lex Scribonia ausgeschlossen war (o. § 105 IV), wird wie im westlichen Vulgarrecht 18 auch von Justinian wieder zugelassen, und zwar als longi temporis praescriptio nach 10 Jahren , nach 20 Jahren aufgefaßt. 81

§ 247. Ususfructus und andere persönliche Nutzungsrechte

I. Das Vulgarrecht

1

kennt, nachdem noch Diokletian Eigentum und ususfructus streng getrennt und östliche Vorstellungen eines 'Eigentums auf Zeit> zurückgewiesen hat, 9 unter dem Namen 'ususfructus> ein zeitlich und inhaltlich begrenztes Eigentum, das in dem erweiterten Eigentumsbegriff dieses Zeitalters aufgeht.• Diese beschränkte Nutzungsgewalt schließt außer dem rechtsgeschäftlich bestellten Nießbrauch, der in der vorjustinianischen Periode stark zurücktritt,• auch die in dieser Zeit entwickelten familienrechtlichen Nutznießungsrechte ein, besonders das des paterfamilias an den bona materna. 11Wie aber der Name cususfructus> auf Sachgewalten verschiedener Art angewandt wird, 8 so wird auch die Nutz11 Oben § 105" m. Lit., vgl. auch Solazzi, La tutela eil possesso delle servitu prediali (1949) 5 ff.; 49 f. Der Einlassungszwang wird hier ähnlich geordnet worden sein wie bei der rei vindicatio (o. § 245 II 3). Sollte es in der klassischen Zeit neben der vindicatio servitutis eine besondere formula prohibitoria gegeben haben (o. § 105", zuletzt Biondi 3531 ; Orosso, Usufrutto 1 (1958) 274 ff.; 408 f.), dann müßte jedenfalls angenommen werden, daß sie in der justinianischen actio confessoria aufging (Biondi, AMess. 3 (1929] 115 ff. [estr. 25 ff.]); anders Riccobono in: Essays in Legal History (1913) 63 f.; 76, der darin einen weiteren justinianischen Ersatz für die Ausübung der Selbsthilfe (kraft eines ius prohibendi) sieht (weitere Anhänger bei Solazzi, Specie [o. A. 16) 14870 ); vgl. D. 7, 6, 5 pr.; 8, 5, 11, beide itp., ferner Steph. schol. 6 zu D. 7, 6, 5, 1 (Bas. 16, 6, 5; Zachariä, Bas. Suppl. 112 f. = Schelt. B III 993 f.). 17 Die actio Publiciana (Ulp. D. 6, 2, 11, 1, o. § 105") dient bei Justinian, der die Ersitzung der Servituten wiedereingeführt hat (o. 2) und einen Rechtsbesitz am Servituteninhalt kennt (s. sogl.), zum Schutz des Ersitzungsbesitzes. aa Lit. o. § 105... 11 Vgl. o. § 239 IV und die Lit. o. § 10557 .Zur Ausdehnung der regelmäßigen Besitz-

interdikte auf die Oebäudeservituten bei Justinian vgl. Fabi, ACam. 15 (1941) H5ff. (estr. 49 ff.). 1 Levy I 34ff. Vgl.zuletzt auch Grosso, Usufrutto• (1958) 72 f.; 376 ff. 1 Diocl. vat. 283 (itp. in C. 8, 54, 2) u. a.; o. § 241". 1 Näheres o. § 238 II; vgl. ebd. a. E. zu •ususfructus possessio• am Provinzialboden usw. schon in älterer Zeit. Levy 35 f. sieht einen Ansatzpunkt auch im Nießbrauch am Vermögen und im uneigentlichen Nießbrauch an verbrauchbaren Sachen, o. § 106 I 2, II. 'Vgl. vereinzelt NV 10, 1 (441). In der Rechtsliteratur beruht IP 3, 9 auf PS 3, 6, 24 ff.; IP 1, 11, 3 auf PS 1, 11, 2; GE 2, 1, 7 auf Gai. 2, 86. Der Name •ususfructus• wird für ihn ungebräuchlich, Bruns nr. 183 = FIRA III nr. 43 (Ende 4. Jh.) hat ihn nicht; Levy 26. 5 CT 8, 18, 1, 3 (315); 3 (334), vgl. o. § 2291'. Vgl. ferner zum Recht des wiederverheirateten Elternteils CT 3, 8, 3 (412); 5, 1, 8 (426); C. 5, 9, 3, 1 (ex CT 3, 8, 2), o. § 2201 ; zum Recht des überlebenden Ehegatten an der dos und der Eheschenkung s. o. § 223 I, II 1; § 224 II, III; zu dem des geschiedenen Ehegatten s. Nov. 117, 13 (542), o. § 219 II. • Vgl. o. § 238 II; zur 'Reallast• ebd. 11•

220

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

gewalt als 'Eigentum' bezeichnet, 7 dem dann das Volleigentum als dauerndes und veräußerliches Recht gegenübersteht. 8 II. Justinian 9 dagegen stellt auch den ususfructus als ein vom Eigentum verschiedenes10unübertragbares 11 und unvererbliches 11ius in re aliena zum Gebrauch und zur Nutzung der Sache13 wieder her.H Er erweitert dabei in einzelnen Beziehungen seinen lnhalt, 16auch die dem Nießbraucher zustehenden Klagen,18 aber zugleich die dem Eigentümer verbliebenen Befugnisse.17Diesen erneuerten Begriff des 'ususfructus' wendet er folgerichtig auch auf die familienrechtlichen Nutznießungerechte an. 18 Indem er den 'ususfructus' im erweiterten Begriff der Servitut aufgehen läßt (o. § 246 II), 7 •Proprietas reditura• in CT 8, 18, 10, 1 (426); fT 3, 9, 1. Zu •possidere• als Bezeichnung für den ususfructus s. Levy 24 rr.;o. § 23810. 8 Ob. § 23816 • • Grosso 73 ff. - Unergiebig sind die ägypt. Papyri; Taubenschlag, Law 263. P. Lond. III 1044 = Mitteis, Chr. 367, 20 ff. (6. Jh.) ist römisch beeinflußt. S. auch Taubenschlag,AfP 8 (1927) 25 ff. 10 Ein ususfructus, der Eigentum gewährt, ist wieder nur mehr der •uneigentliche• Nießbrauch, u. III. Die Auffassung des (eigentlichen) Nießbrauchs als •pars dominii• wird, wie es scheint, von der Schuldoktrin begünstigt, vgl. D. 7, 1, 4; 31, 66, 6; 76, 2; 45, 1, 58; 46, 1, 70, 2; 50, 16, 25 pr. (alle überarb., vgl. Kaser, Fschr. Koschaker I 475168 ; SZ 65 [1947] 363 ff. mit Lit., abweichend Ambrosino, SD 16 [1950] 205 f.; Grosso 65 ff.), liefert aber weder eine völlig neue noch eine ausschließlich gültige Grundlage für die Konstruktion des justinianischen Nießbrauchs. Vgl. auch o. § 1068' • zu weiterer Lit. 11 Eine Lockerung schon bei Diocl. vat. U. Zu Marci. D. 20, 1, 11, 2 s. die Lit. o. § 10618 • Zu D. 23, 3, 66 (o. § 10683 , zuletzt Grosso 310 ff.) mit Bas. s. De Francisci, St. Ascoli (1931) 64 f. 11 S. u. A. 25. 18 Zur Frage eines •fructus sine usu• s. schon o. § 106M; zur Lit. noch d'Ors, AHDE 24 (1954) 637 f. (lura 6 [1955] 374); Grosso 87 ff.; 95 ff. (rechnet nur mit schulmäßigen Textänderungen). Zu den Zinsen des verpachteten Nießbrauchsgrundstücks s. Paul. D. 7, 1, 59, 1 (ex PS); Grosso 150 ff.; Kaser, SZ 73 (1956) 42711 gegenüber Mayer-Maly, Locatio conductio (1956) 48. H Inst. 2, 4 pr./1; Theoph. adhl. u. a. Vgl. Levy 74 ff. (gegen Kagan,Tulane Law Rev. 1945/46, nicht zugängl.). 11 Gegenüber den Itp.-Behauptungen Riccobonos (s. SZ 30 [1909] 511 ff. m. weit. Lit.) bleibt freilich manches

fraglich, vgl. auch Bonfante III 56 r. und zuletzt Grosso 46 ff. S. etwa Ulp. D. 7, 1, 9, 6 f. (mit vat. 70), dazu Riccobono I 187 ff. = St. Brugi 171 ff.; BonFundus cum fante 68 f.; Steinwenter, instrumento (1942) 92 ff.; Grosso 126 ff. Daß der Nießbraucher die Sache verbessern, insbes. im Grundstück ein Bergwerk errichten dürfe, hält Grosso 113 ff.; AHDO•RIDA 2 (1953) 355 ff. für justinianisch, vgl. D. 7, 1, 13, 4-7; eod. 44 (s. auch Ind.; Bonfan te 62 f.); ebenso die rechtsgeschäftliche Erweiterung des anerkannten Inhalts des ususfructus, D. 7, 1, 61 i. f. itp. (Ind., G rosso, Usufr. 1 122 f.), s. zu alldem auch Riccobono, APal. 3/4 (1917) 401 ff. Itp. Billigkeitslösungen bei der Bestimmung des Nießbrauchsinhalts etwa in D. 7, 1, 30; 7, 6, 1, 4, s. Ind. und Grosso 200 f., ferner D. 7, 1, 21 (vat. 71 b, vgl. Dulckeit, Erblasserwille [1934] 48 ff.; Grosso 215 ff.); eod. 22 (Dulckeit 65 f.; Grosso 218 f.); Marcell. D. 33, 2, 15, 1 (lnd.; Grosso 199 r. m. Lit.). Zur Tragung der Grundstückslasten s. D. 7, 1, 52, dazu Solazzi, SD 23 (1957) 306 ff. 11 Vgl. die Übersichten bei Perozzi I 783 f.; Bonfante 76'; Grosso 252 ff. 17 So zur Freilassung des Nießbrauchssklaven, C. 7, 15, 1 pr./1 (530), o. § 211"; zur Umwandlung des locus in einen religiosus vgl. Ulp. D. 7,1,17pr.; 11,7,2,7; Inst. 2, 1, 9, vgl. Taubenschlag, SZ 38 (1917) 248 f., anders Grosso 267 f. Zu D. 39, 3, 8 i. r. itp. s. Ind.; Grosso 265 r. Die cautio usufructuaria (o. § 106 I 4) besteht weiter (Grosso 285 f. kritisch zu Bortolucci, Bull. 21 [1909] 125 ff., der umfassende Neuerungen vermutet); ihr Abschluß kann jetzt durch condictio erzwungen werden, D. 7, 9, 7 pr. itp. Zur Frage ihrer Unverzichtbarkeit s. Alex. C. 6, 54, 7; echt nach Grosso 283 f., anders Bonfante III 84. 18 Bezeichnend C. 6, 60, 1 pr. ex CT 8, 18, 1, 1 (315). Einen weiteren Fall schafft Justinian bei der abgeschwächten Herr-

§ 247. Ususfructus

und andere

persönliche

Nutzungsrechte

221

unterstreicht er die schon in der klassischen Zeit anerkannte Parallele mit den Grunddienstbarkeiten, aus der sich nun eine verstärkte Anwendung einheitlicher Regeln für beide Einrichtungen ergibt. 19 So wird der usufructus bestellt, außer durch Vermächtnis, Vorbehalt bei der Veräußerung 10 oder adiudicatio im Teilungsurteil, durch 11 oder 'traditio et patientia>. 12 Die Ersitzung wird durch dasselbe Gesetz zugelassen wie die der Servituten. 23 Der ususfructus erlischt, abgesehen von der Vereinigung mit dem Eigentum (consolidatio), durch Verzicht des Nießbrauchers, der jetzt formlos geschehen kann,u weiter durch Tod 26 und durch Verlust der Freiheit oder des Bürgerrechts, aber nicht mehr durch Ausscheiden aus der Familienstellung ;28 ferner durch Ersitzung der Freiheit des Eigentums von dieser Belastung, und zwar jetzt in den gleichen Fristen, die für die Eigentumsersitzung gelten; 27 schließlich durch Untergang der belasteten Sache. 28 Die Klage zum Schutz des Nießbrauchs ist die allen Servituten gemeinsame actio conf essoria. 19 Der Nießbraucher wird als Rechtsbesitzer aufgefaßt, 80 zugleich aber auch als Sachbesitzer. 81 Mit dem Wegfall der schalt des Arrogierenden am Vermögen des Arrogierten, Inst. 3, 10, 2; o. § 227 I 1. 11 Vgl. Biondi III 320 f.; Bund, SZ 73 (1956) 190 rr. Die Auffassung als 'ius in corpore• (Cels. D. 7, 1, 2 = Inst. 2, 4 pr.), 'ius fundi• (D. 46, 1, 70, 2 itp.) wird durch diese Einordnung des ususrructus begünstigt, vgl. Riccobono u. a. (lnd.); zuletzt Biondi, Servitil prediali 1 (1954) 58; doch fragt es sich, inwieweit sich diese Konstruktion wirklich von den (nicht einheitlichen) klassischen Auffassungen entrernt. • 0 Inst. 2, 4, 1. Zu C. 3, 33, 14 (530) s. Pampaloni, Mel. Girard II 331 ff.; Grosso 322 f. (zum Text Schulz, SZ 50 [1930] 214 ff.; d'Ors, Fschr. Schulz I 273 f.). Zur retentio ususfructus in der nachklassischen Praxis s. o. § 24511••1. 11 S. o. § 246 II 2, vgl. D. 7, 1, 3 pr., auch eod. 25, 7 itp., Solazzi, Requisiti (o. § 24617 ) 141 rr.; Grosso 361 f.; 365 f. "Vgl. D. 6,2, 11,1; 7,1,3pr.; eod. 4, 1 pr: (gegenüber Ulp. y-at.. 61); 25, 7; .7, 7, 6, 3, 7, 9, 12, 43, 19, 3, 8, alle 1tp., Albertario II 333 ff.; Gros so 366 ff.; Carc aterra, II possesso dei diritti (1942) 18 ff. u C. 7, 33, 12, 4 (531), dazu o. § 246 II 2; Grosso 375 f. Die Ersitzung des Nießbrauchs an beweglichen Sachen wird 'usucapio• in 3 Jahren gewesen sein (o. § 243 II 1) ; vgl. zur Frage WindseheidKipp I 10918 (§ 213). Oberhaupt ablehnend gegen usucapio noch Pap. D. 41, 3, 44, 5, doch vgl. D. 41, 3, 9 mit Albertario II 335. u Inst. 2, 4, 3; vgl. auch o. § 24631 ; Grosso 391 f. 11 Zu C. 3, 33, 17 (531) s. Grosso 324 rf. Vermächtnis zugunsten der Erben des Legatars ist itp. in D. 7, 4, 5 pr. (o. § 10638 );

Schulz, SZ 50 (1930) 2201. Der den municipes bestellte Nießbrauch erlischt nach 100 Jahren, D. 7, 1, 56; 33, 2, 8, beide itp. (o. § 72H). 11 Capitis deminutio minima, C. 3, 33, 16, 2 f. (530); Inst. 2, 4, 3; s. auch o. § 2281• 17 C. eod. 16, 1, vgl. auch C. 3, 34, 13 (531) ; also 3 Jahre bei beweglichen (anders Grosso 389), 10 bzw. 20 Jahre bei unbeweglichen Sachen. • Zum Erlöschen durch Veränderung der Sache s. o. § 10631 , dazu noch Roddi, I mutamenti della cosa (1936; o. § 10211) 64 rr.; Grosso 381 rr.; vgl. D. 7, 4, 10 pr. i. f. itp. Zur Frage des Wiederauriebens bei Wiederherstellung s.o. § 10631 , insbes. Cavi n, L'extinction de l'usufruit (1933) 93 ff.; Guarneri Citati auch in AMess. 1 (1927) 95 rr.; Grosso 384 ff. •• D. 7, 6, 5, 6 itp.; s.o.§ 105", § 24638 (dort auch zur actio prohibitoria). Zur Erweiterung der Passivlegitimation auf jeden Besitzers. o. § 106'2; Grosso 397 ff. Zur Nießbrauchsklage gegen den Eigentümer des Grundstücks, das mit einer Servitut zugunsten des Kießbrauchsgrundstücks belastet ist (Ulp. D. 7, 6, 1 pr.; 5, 1), vgl. Grosso, I problemi dei diritti reali (1944) 150 rr.; Usufr. 1 193 r. Zu nachklassischen Erweiterungen der Nießbrauchsklage (D. 39, 1, 1, 20; 39, 3, 22 pr., beide itp.) s. ebd. 401 f. (auch 255; 258). ao Näheres o. § 106'7, § 239 IV. Zur •quasi possessio'o. § 9415 ; § 105 a. E.; § 23917 • 81 Zur Lit. noch Albertario II 331 rr.; Solazzi, La tutela (o. § 24631 ) 93 rr.Von •possessio• sprechen schon PS 3, 6, 30 (Solazzi 100), ferner D. 7, 6, 3; 5pr./6 u. a., alle überarb.

222

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Unterscheidung zwischen interdictum directum und interdictum utile erhält er die regelmäßigen Besitzklagen des Sachbesitzers. 82 III. Der sog. uneigentliche Nießbrauch an Geld und anderen verbrauchbaren Sachen, der den Nießbraucher zum Eigentümer macht und ihn nach Beendigung zur Rückzahlung der gleichen Summe oder zur Leistung der gleichen Menge von Sachen gleicher Gattung verpflichtet, wird als ein Rechtsverhältnis von eigener Art erfaßt und dabei auch inhaltlich erweitert. 88 In diesem geht jetzt auch der Nießbrauch an bestimmten Rechten auf. ac IV. Das Gebrauchsrecht, der usus, wird dem ususfructus angenähert, indem man eine Fruchtziehung für den eigenen Bedarf des Berechtigten darin einbezieht. 85 Aus habitatio (Wohnrecht) und operae servorum vel animalium macht Justinian selbständigepersönlicheServituten38 und gestattet dem Wohnberechtigten die Vermietung. 87 Ebenso läßt er persönliche Rechte mit dem Inhalt von Grunddienstbarkeiten zu.38 § 248. Das Erbbaurecht I. Wer auf öffentlichem Grund gebaut hatte, konnte nach klassischem Recht vom Magistrat gezwungen werden, das Bauwerk abzureißen oder einen Zins zu zahlen, 1 sei es auf bestimmte Zeit, sei es dauernd. Um die Bautätigkeit anzuregen, weist Kaiser Julian dem Erbauer vulgarrechtliches Eigentum 1 zu, aber belastet mit einer - damit vereinbaren - Zinspßicht. 8 Dieses Prinzip setzt sich durch, obschon die Abtragung des Gebäudes aus polizeilichen oder anderen Gründen vereinzelt auch später noch angeordnet wird.' 81 Unde vi: D. 43, 16, 3, 13 itp.; uti possidetis: D. 43, 17, 4 itp.; o. § 239 18• 83 Während das SC (o. § 106 II) nur dafür sorgte, daß der Legatar verbrauchbarer Sachen mit geeigneten Rechtsmitteln (wohl actiones utiles je nach dem Legatstyp, dazu Arangio-Ruiz, Ist. 240 1) ausgestattet wurde, gewährt erst die Schuldoktrin dem Berechtigten einen •quasi ususfructus•, Gai. D. 7, 5, 2, 1; Inst. 2, 4, 2. Nach seinem Erlöschen kann die geleistete Menge jetzt (unabhängig von der cautio usufructuaria) kondiziert werden, D. 7, 5, 5,1 itp.; Grosso 426ff.; Bull. 43 (1935) 275 ff. Zur Erweiterung auf abnutzbare Sachen s. § 106411; zur Befreiung des Nießbrauchers durch Hingabe des Schätzwerts s. D. 7, 5, 7 itp., dazu o. § 106"; Pampaloni, Bull. 19 (1907) 102 ff.; zu beiden Neuerungen auch Grosso, Usufr. 2 414 f. "Vgl. D. 33, 2, 1 itp. zum Nießbrauch an der Servitut, s. o. § 10661 , dazu noch Grosso 424 f.; Riv. dir. civ. 1 (1955) 526 ff. (Iura 7 [1956] 411 ), 16 Lit. o. § 10661 ; vgl. Grosso, Usufr. 1 '130 ff.; 462 ff. zu zahlreichen Erweiterun-

gen in D. 7, 8, vgl. insbes. fr. 4 pr.; 12, 1 f.; 15 pr., alle itp. 141 Zur habitatio C. 3, 33, 13 (530); Inst. 2, 5, 5; zu den operae servorum D. 7, 7; zu den operae animalium D. 7, 9, 5, 3 (überarb., o. § 106"). S. Gro ss o, Usufr. 1 494 U.; 499 f.; 505 ff. Zum Erlöschen der habitatio auch o. § 228 1 • 87 C. 3, 33, 13, 1 (530); Inst. 2, 5, 5 (nach Marcellus); itp. D. 7, 8, 10 pr.; 4, 5, 10 (lnd.); Grosso 499 f. 88 Sog. •irreguläre• Personalservituten, o. § 246 16•

Ulp. D. 43, 8, 2, 17 (mit Levy I 501•). Levy 49 ff.; 51. • CT 15, 1, 9 + C. 8, 11, 3 (362), dazu IT; C. 11, 70, 1 (362); vgl. auch die •formula de competitionibus• bei Cass. 7, 44, dazu Levy 51 f. 'CT 15, 1, 22 (383), stark abgeschwächt in C. 8, 11, 6; CT eod. 46 (406), geändert in C. 8, 10, 9. Für die Erhaltung der Gebäude vgl. demgegenüber CT eod. 52 (424) = C. 8, 11, 19 und CT 2, 23, 1 (423). Vgl. auch H. Vogt, Erbbaurecht 1

1

(1950) 15f.

§ 249. Die Erbpacht

223

Bei Bauführung auf privatem Boden weicht die klassische Regel 'superficies solo cedit> gegen Ende des 4. Jh. der vulgarrechtlichen Auffassung, daß, wer mit Erlaubnis des Grundeigentümers baut, Eigentümer des Gebäudes wird. 6 Mit dieser einfachen Regelung ersetzt der Westen das bisherige Erbbaurecht; die bloße 'permissio> löst die 'lex locationis> ab. II. Justinian läßt den Erbauer nicht mehr (beschränktes) Eigentum erwerben,• er kehrt aber auch nicht einfach zum klassischen Recht zurück. 7 Die Juristen seiner Zeit gewähren aus erlaubter Bauführung auf fremdem Grund bald ein Recht von eigener Art, 8 bald eine Servitut,• später eine Emphyteuse. 10 Dieses Schwanken wird sich daraus erklären, daß beim Bevölkerungsschwund kein Bedürfnis mehr bestand, die Bauinitiative mit diesem Rechtsverhältnis zu fördern. 11 Immerhin gibt die Schuldoktrin dem Erbbauberechtigten jetzt eindeutig ein veräußerliches 11 und durch dingliche Klage geschütztes Recht. 11 Zum Bodenzins s. o. § 107 II.

§ 249. Die Erbpacht (ius perpetuum und emphyteusis)

I. Der wirtschaftliche Rückgang im 3. Jh. regte die Ausbildung mannigfacher bodenrechtlicher Verhältnisse an, 1 um leistungs- und zahlungsfähige Übernehmer für den vielfach brachliegenden staatlichen Landbesitz zu gewinnen. Die Zeitpacht alten Stils (locatio conductio) tritt stark zurück hinter die langfristige Pacht 2 von Domanialgut ('emphyteusis> an den 'patrimonia,) 8 und die Dauerpacht am Krongut ('ius perpetuum> an der 1 GE 2, 1, 4; CT 7, 8, 5 pr. i. f. (398) = C. 12, 40, 2 pr.; Levy 54 f., s.o.§ 244 III. • Levy 80 f., trotz C. 8, 11, 3 cit. (o. A. 3); anders Riccobono, APal. 3/4 {1917) 515 ff. und insbes. Biondi, Cat. rom. (o. § 24617) 525 ff.; Le servitu prediali 1 (1954) 79 ff. s. auch III 317; doch vgl. dagegen Pugliese, St. Segre (Temi Emiliana 20, 4 (1943]) 119 ff.; Branca, RIDA 4 {1950) 189 ff. (auch zu Bas. schol.l; Grosso, SD 5 {1939) 248 f.; zuletzt So azzi, AG 146 {1954)24 rr.und Bund, SZ 73 {1956)205f. 7 Der Ausdruck 'su perficies' (o. § 10711 ) ist dem Vulgarrecht ebenso fremd wie den Gesetzen von Konstantin bis Justinian. • So im Anschluß an D. 43, 18 mit fr. 1. • D. 30, 86, 4 u. a. itp., Biondi, Cat. rom. 537 ff.; Solazzi, SD 13/14 (1947/48) 307 ff. 10 Nov. 7, 3, 2 i. f. (535); 120, 1, 2 (544). Ähnlich einzelne ägypt. Papyri, vgl. P. Cairo Masp. 67299 = FIRA III nr. 115 {6. Jh.); s. Arangio-Ruiz, Aeg. 1 (1920) 22 ff.; Comfort, Aeg. 17 {1937) 15 ff.; weiteres bei Levy 803"; Taubenschlag 270 f. Daneben kennt der Osten das Stockwerkseigentum, vgl. o. § 2441•. 11 Die jüngere byzantinische Entwicklung gibt die Regel •super!icies solo cedit'

wieder preis und verschafft dem Bauberechtigten ein Stockwerkseigentum, Maschi, 'Apx. l81.6>T. 3uc. 16 (1953) 94 ff. = Atti Vill Congr. Studi Bizantini {1953) 350 rr. 11 D. 43, 18, 1, 7 (tradere) u. a.; Lit. hierzu und zur Verpfändung o. § 10711• 11 D. eod.1 pr. §§1, 3 (insoweit überarb.); Lit. o. § 1011•. 1 Levy I 43 ff.; II 252 r. Aus der ält. Lit. vgl. R. His, Die Domänen der röm. Kaiserzeit (1896), insbes. 82ff.; Beaudouin, NRH 22 (1898) 310 ff.; 545 ff.; Mitteis, Zur Geschichte der Erbpacht im Altertum (Abh. Sächs. Ges. 20, 1901) 33ff.; Kolonat 38 ff.; RPR 360 f.; Rostowzew, (o. § 213') 390 ff.; H aj je, gtudes sur les locations a long terme (1926); Johnston, Univ. Toronto Law J ourn. 3 (1940) 323 ff. (nicht zugängl.); Monier, St. Paoli 521 ff.; de Malafosse, Riv. dir. agr. 34 (1955) 35 ff. m. weit. Lit. S. auch Wenger, Qu. 773 ff.; Arangio-Ruiz, Ist. 253 ff.; Orlando Cascio, APal. 22 (1951) 5 ff.; 10 ff. 1 Der Staat vergibt durch Versteigerung, wobei die besten Stücke an die Großgrundbesitzer fallen, Mitteis, Erbpacht 36; 62. 1 C.11,62,1 (313); CT11,16,2 (323); 2, 25, 1 (325) = C. 3, 38, 11. Griechischen

224

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

'res privata>).' Zuweilen kommt es auch zur Übertragung in das Eigentum des Erwerbers,meist mit,ausnahmsweise ohneAuferlegung einer Zinspflicht 6 (ius privatum salvo, dempto canone) ;6 doch ist auch dieses ius privatum staatlichen Eingriffen stärker ausgesetzt, als es das Privateigentum der Prinzipatszeit war. 7 Von den beiden zuvor genannten Rechten gibt das ius perpetuum dem Berechtigten eine etwas stärkere Stellung als die emphyteusis. 8 Im späten 4. Jh. fließen jedoch diese beiden Rechte in ein einheitlich umgrenztes Verhältnis namens 'emphyteusis> zusammen. 9 Alle diese Berechtigungen waren in dem umfassenden Eigentumsbegriff des Vulgarrechts miteingeschlossen, 10 mit dem ja auch eine Zinspflicht und andere Pflichten und Lasten vereinbar sind. II. In der 2. Hälfte des 5. Jh. gehen die Entwicklungen in West und Ost getrennte Wege. Im Westen verschwindet der Name der emphyteusis, das Verhältnis geht endgültig im vulgarrechtlichen Eigentum auf. 11 Wer fiskalisches Land nicht bloß auf begrenzte Zeit erhalten hat, kann darüber frei verfügen, solange er den canon bezahlt und auch die anderen Pflichten gegenüber dem Fiskus erfüllt. 18 Der Gedanke an die Pacht ist verflüchtigt; das Zinseigentum des Berechtigten ist mit dem Obereigentum des Fiskus vereinbar. Im Brev. Alar. festigt sich dieses Zinseigentum zu einem einheitlichen Rechtstypus. 1s Ursprung vermutet Kamps, Rec. Soc. J. Bodin 3 {1928) 102 ff. ' In Dauerpacht vergeben wird auch eingezogenes Temfel- und Gemeindeland, Mitteis 42 f. Vg. zu den im Text genannten beiden Vermögensmassen o. § 2141• 11 In dieser Abgabe (u. A. 20) fließen Bodenzins und Grundsteuer auf unabgeklärte Weise ineinander, o. § 24111; vgl. Wenger, Canon (SBer. Wien 1942) 33 ff.; 40 ff.; weit. Lit. bei Levy 44131 • Für die Zinszahlung mußten die Erbpächter ihr ganzes Vermögen verpfänden, C.11, 62, 7 (386Ost). • Mit Zinspflicht bei Bewirtschaftung von agri deserti und bei Bauführung auf Staatsgrond, o. § 244 I 2. Die Vergabung von Fiskalgrundstücken als ius privatum war zunächst verboten und strafbar, das Land wurde eingezogen, vgl. CT 5, 15, 17 (364); 19 (368); 21 (367-69). Später gilt das Verbot nur noch für Vergabungen dempto canone, NT 19 pr. (440) = C.11, 66, 7 pr.; NMc. 3 (451), teilw. = C. 11, 70, 5. Eine Ausnahme gewährt NT 5, 2, 1 (439) = C.11, 62, 13, dazu Pugliese, St. De Francisci III 375 ff. 7 Es unterliegt vor allem der Zwangsauflage von Ödland (!mßo17J, o. § 241 II 2) und der entsprechenden Zwangsausgleichung der Grundsteuer (peraequatio); für die zinspflichtigen Patrimonialgüter aufgehoben in C. 11, 62, 9 (398), s. auch eod. 10 (399); Mit teis 39 f.

• Dem Dauerpächter darf das Gut nur durch Verfügung des Kaisers genommen werden, D. 39, 4, 11, 1 (ex PS); C.11, 71, 2 (383); 5 (429), s. auch CT 5, 13, 1 {341) = C. 11, 66, 1; anders bei der Emphyteuse, bei der eine Zinssteigerong möglich bleiben soll (Mitte i s 56 f.) ; doch schärfen die Kaiser die Aufrechterhaltung der bestehenden Pachtverhältnisse ein, vgl. CT 5, 15, 15 (364); C. 11, 62, 3, 1 (368); 4 (368); CT 10, 3, 3 (380); zu alldem Mitteis 45 ff. Nach ebd. 45 haben die emphyteutae auch nicht das Recht, Gutssklaven freizulassen, vgl. C. 11, 63, 2 (367), anders C. 11, 62, 12, 1 itp. aus CT 5, 12, 3 (434); zum ius perpetuum dagegen s. CT 5, 13, 4 {368) = C. 11, 66, 2. Bei der Bestellung des ius perpetuum hat der Erwerber einen Preis zu bezahlen, C. 11, 66, 1 (341), bei der emphyteusis offenbar nicht, C. 11, 62, 11 (412); 12 (434); Mitteis 58 f. • C. 1, 33, 2 (itp. aus CT 1, 11, 1 [397)); s. Levy 45; 78; Milleis 41; 50 ff. 10 Nachweis aus reichem Material bei Levy 45 ff. gegen Mitteis 44. 11 Nachweis bei Levy 47 f. Zu den ravennat. Urk. Marini nr. 132-136 s. Wenger, Qu. 775 r. 11 INMc. 3. 11 Zur weiteren Entwicklung Levy 90ff., insbes. zu LV Ant. 10, 1, 11-15 und zu den fränkischen Formularen; Mer~a 185 ff.; 191 ff.

§ 249. Die Erbpacht

225

III. Auch im Osten verschwimmen zunächst Eigentum und Pacht, doch tut Zenos Gesetz über den 'contractus emphyteuticarius'1' dieser Entwicklung Einhalt. Danach ist das ius emphyteuticarium weder ein Recht aus Kauf - also Eigentum - noch aus Pacht, sondern ein 'ius tertium>; folgerichtig halten auch die späteren Gesetze und die Urkunden aus der Praxis Eigentum und Emphyteuse streng auseinander. 16 Der emphyteuta kann sein Recht an der Sache veräußern 18 und auch anderweitig rechtlich oder tatsächlich darüber verfügen. 17 Er ist mit actio in rem geschützt. 18 Er ist aber verpflichtet, die Lasten der Sache zu tragen 11 und dem Eigentümer den vereinbarten jährlichen Zins zu bezahlen. 110 Die Veräußerung 21 bedarf der Zustimmung des Eigentümers, der für ihre Erteilung eine Abgabe von höchstens 2% des Kaufpreises oder des Wertes der Erbpacht fordern darf.12 Im Fall des Verkaufs hat der Eigentümer ein Vorkaufsrecht, über dessen Ausübung er sich binnen zwei Monaten erklären muß, nachdem ihm der emphyteuta pflichtgemäß den geplanten Verkauf angezeigt hat. 11

Das Recht erlischt, 16 wenn der emphyteuta mit der Zahlung des Zinses oder der öffentlichen Abgaben drei Jahre säumig ist, 116oder wenn er die ihm bei der Veräußerung obliegenden Pflichten nicht erfüllt.• u C. 4, 66, 1 (476-484); Inst. 3, 24, 3. 16; Ulp. D. 43, 25, 1, 5, dazu Solazzi, La Vgl. Levy 77 ff. - Zu Ulp. D. 27, 9, 3, 4 s. tutela (o. § 24638 ) 1 f.; 12. Zur actio PubliInd., insbes. Baviera, Scr. I 187 ff. = ciana s. D. 6, 2, 12, 2 (überarb.), dazu den Mel. Fitting II 375 ff. Iod. und die Lit. o. § 1076 • 19 C. 4, 66, 2 (529). u Die Belege bei Levy 79; zu den Pa20 'Canon, vectigal, pensio, reditus•; pyri vgl. Arangio-Ruiz, Aeg. 1 (1920) Inst. 3, 24, 3; D. 6, 3, 1 pr./2. Keine re22ff.; Comfort, Aeg. 17 (1937) 3ff.; Taubenschlag 265 f., s. auch 268; 269. missio mercedis, anders als bei Zeitpacht: Zur Erbpacht am Gut der Kirchen, Klöster C. 4, 66, 1; Inst. cit., die Gefahr unverschulund frommen Anstalten, auch an Gebäu- deten Ernteausfalls trägt der Erbpächden, s. Nov. 7, 3, 2 (535); 120, 1, 2 rr.(544). ter. 11 Inst. 3, 24, 3; C. 4, 66, 3 (530), dazu 11 Selbständig veräußerlich sind auch die alsb. S. auch schon Diocl. C. 5, 71, 13; 'meliorationes• (i!'-novlil'-cx-.cx), C. 4, 66, 3 ferner C. 11, 62, 1 {315); CT 11, 1, 4 (337) cit.; Riccobono, APal. 3/4 (1917) 508 f. 11 Näheres in C. 4, 66, 3 (530); die Ab= C. 11, 59, 2; Mitteis 59. 11 Zur Verpfändung s. ob. § 1077 • - Ein gabe in § 4. 18 Eod. §§ 1 ff. Verbot, die Sache zu verschlechtern, steht erst in Nov. 7, 3, 2 und 120, 8 cit. für die " Abgesehen von den allgemeinen ErErbpacht von der Kirche oder von from- löschensgründen wie Untergang des Grundmen Anstalten. Die ägypt. Verträge ent- stücks, Vereinigung mit dem Eigentum, halten dagegen die Befugnis des emphyteu- Verzicht, Eintritt auflösender Bedingung ta, die Sache zu verbessern oder zu ver- oder Befristung usw. 11 C. 4, 66, 2 (529); 4, 3 = 1, 4, 32, 3 St. Bonschlechtern, vgl. Taubenschlag, tante I 427. - Zur Frage einer Bewirt- (531-34); zur Hinterlegung bei Annahmeverzug des Eigentümers s. C. 4, 66, 4 pr.-2 schaftungspflichts. de Malaf osse39gegen Hajje 140 f.; sie hat vielleicht für die äl- = 1, 4, 32 pr.-2. Bei der kirchlichen Erbtere emphyteusis bestanden, ist aber in pacht genügt zweijährige Säumnis, Nov. den nachklassischen Quellen nicht mehr 7,3,2; 120,8 citt.; Papyri bei Taubennachweisbar. schlag (o. A. 17) 428. 18 D. 6, 3, 1, 1 (o. § 1078 ). Vgl. auch die 18 C. 4, 66, 3, 6 (530); s.o. vor A. 23; G. (klassische) •utilis petitio• in Jul. D. 8, 1, Segre, St. Serafini {1892) 305 rr.

15 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

226

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

IV. DIE PFANDVERH.ÄLTNISSE § 250. Die Entwicklung der Pfandverhlltnisse

I. Die Verpfändung spielt als Mittel der Kreditsicherung neben der Bürgschaft auch in der Zeit des wirtschaftlichen Rückgangs eine bedeutende Rolle. Nachdem die fiducia, die an die förmlichen Übereignungsakte gebunden war, abgestorben ist, bildet sich ein einheitliches Pfandverhältnis heraus, das wie bisher bald als 'Besitzpfand>, also mit Besitzüberlassung an den Gläubiger, bald als 'besitzloses Pfand> begründet wird. Im ersten Fall, beim , ist neben dem formlosen Vertrag die Übergabe erforderlich, im zweiten Fall, beim 'pignus obligat um (hypotheca)>, genügt der formlose Vertrag. Die Beurkundung ist nicht vorgeschrieben, sie war aber in allen wichtigeren Fällen üblich und gewährt Rangvorteile vor nicht beurkundeten Pfändern (u. § 25187 ). Neben diese rechtsgeschäftlich bestellten Pfänder treten jetzt in wachsender Zahl begründete, aus denen sich mit ihrer zunehmenden Festigung gesetzliche Pfandrechte zur Sicherung bestimmter Forderungen entwickeln; sei es an einzelnen Gegenständen, sei es am ganzen Vermögen. Einige bevorzugte Pfandrechte, teils rechtsgeschäftlich bestellte, teils gesetzliche, genießen Rangprivilegien, so daß sie bei der Pfandverwertung älteren Pfandrechten vorgehen. Es leuchtet ein, daß dem Bedürfnis nach Kreditsicherung mit der spätrömischen Pfandrechtsordnung nur schlecht gedient war: Wer einem anderen Kredit gegen Pfandsicherheit geben wollte, konnte bei dem Mangel an Publizität der Verpfändungsgeschäfte nicht erkennen, ob die Sache nicht bereits anderweitig verpfändet war. Er mußte außerdem damit rechnen, daß die Sache unter eine der gesetzlichen Spezial- oder Generalhypotheken fiel, und es überdies in Kauf nehmen, daß die Sache noch hinterher von einer der privilegierten Hypotheken erfaßt wurde, die den Vorrang vor dem älteren rechtsgeschäftlich bestellten Pfand genießt. Daß eine so kreditfeindliche Pfandrechtsordnung überhaupt lebensfähig war, wird sich nur aus der allgemeinen Schrumpfung des Wirtschaftsverkehrs erklären lassen. II. Die fiducia, das Treuhandgeschäft der Sicherungsübereignung, ist zusammen mit der mancipatio bereits am Beginn dieser Periode verschwunden;1 daran darf ihre gelegentliche Erwähnung noch in nachklassischen Quellen nicht irremachen. 2 Sie wird unbeliebt, weil sie den Schuldner 1

Levy II 182 ff.; aus der älteren Lit. s. insbes. Conrat, Paulus 145 r., weitere bei Erbe, Fiduzia (1940) 204 rr. 1 Sie knüpfen entweder an die Vergangenheit an, wie lsid. 5, 25, 23, oder benutzen 'fiducia' als Gleichwort statt oder neben 'pignus'. Bezeichnend die Ersetzung von 'fiducia' durch 'pignus' in IP 2, 12, 4-6; 8 und 2, 13, 1 gegenüber PS 2, 13, 1-3; 5f.,

ferner in ET 95 gegenüber PS 5, 1, 1. Neben dem 'pignus' steht 'fiducia' in IP 1, 9, 8; CT 15, 14, 9 (395) Z.16. Besitzlose Verpfändung und nicht Übereignung meinen offensichtlich auch IP 5, 7, 5 (zu PS 5, 6, 7) und 2, 13, 2 (zu PS 2, 13, 7), ebenso die Urkunden Marini nr. 73 ( = Tjäder nr. 1), 115,121. Zur weiteren Überlieferung s. Levy 1831'8; 185.

§ 250. Die Entwicklung

der Pfandverhältnisse

227

mit Ausbeutung bedroht, wenn der Sachwert den Schuldbetrag übersteigt. Justinian hat sie planmäßig beseitigt. 8 Auch das Treuhandgeschäft für andere Zwecke als die Kreditsicherung, die 'fiducia cum amico contracta>, kommt außer Übung.' III. Das Vulgarrecht spricht bei der Verpfändung, mag sie mit oder ohne Besitzübergabe geschehen, 6 von 'rem obligari>, daneben von 'pignus> und 'oppignerare>; beim Besitzpfand auch von 'pignus deponere>.t1 'H ypotheca> tritt ganz zurück. 7 Der Pfandgläubiger erwirbt ein dingliches Recht, 8 das gegen Dritte geschützt ist; 9 er wird aber nicht Eigentümer, auch nicht Eigentümer auf Zeit. 10 Gleichwohl wird sein Recht nicht als Recht an fremder Sache aufgefaßt, sondern als ein pf andmäßiges ZugriUsrecht, 11 wie es schon in spätklassischer Zeit dem Fiskus für gewisse Forderungen am Gesamtvermögen des Schuldners, auch an Sachen in dritter Hand, eingeräumt wurde. 12 J ustinian schließt sich im ganzen wieder an die klassischen Vorbilder an. 18 Auch die mannigfachen pfandrechtlichen Denkformen der griechischen und hellenistischen RechteH haben auf das justinianische Recht nur vereinzelt einen Einriuß gewonnen, der über das schon auf den früheren Entwicklungsstufen (o. § 108 II) erreichte Maß hinausgeht. 16 Das justinianische Pfandrecht ist wieder ein dingliches Recht an fremder Sache. 18 Es wird als 8 Zu den zahlreichen Itpp. s. o. § 109 1 • Inwieweit mit der Umstellung vieler von der fiducia handelnder Stellen auf das pignus dessen Gestalt verändert wurde, bedürfte der Untersuchung. Einiges (zur Pfandverwertung) bei Burdese, Lex commissoria (1949) 225 ff. ' Boeth. ad Cic. top. 10, 41 stammt aus älterer Quelle. Zur emancif.atio s. CT 5, 1, 3 (383) mit IT; GE 1, 6, 3 . (pater fiduciarius); Inst. 3, 2, 8; C. 6, 4, 4, 25 (531), dazu o. § 228'' •. 6 Belege für besitzlose Verpfändung bei Levy 182. Zu den gesetzlichen Hypotheken u. § 251 I 3, 4. • Erst seit dem späteren 4. Jh., s. die Belege bei Levy 187. 7 Vor Leo steht es nur in CT 4, 14, 1 pr. (424 Ost) = C. 7, 39, 3 pr.; altertümelnd Ambros. de Tobia 12, 40 (PL 14, 81f) und Isid. 5, 25, 24; Levy 181 f. 8 L e v y I 59 ff. Doch verblaßt die Wirkung gegenüber Dritten in dieser Zeit gegenüber der Beziehung zwischen Gläubiger und Verpfänder (u. § 252, § 262 IV). 1 CT 4, 14, 1 pr. (424) = C. 7, 39, 3 pr. 10 Der Schuldner allein bleibt Eigentümer, IT 3, 2, 1 i. f.; Isid. 5, 25, 22. Anders bei den Grundstücken der Angehörigen bestimmter Zwangsverbände; an diesen dem Verband gebundenen Grundstücken besteht eine Art funktioneller Teilung des Eigentums zwischen dem einzelnen Mitglied und dem Verband, vgl. o.

u,•

§ 241 17 a. E. zu CT 13, 6, 2 (365); 4 (367). 11 Levy I 120 f., besonders zu den ge-

setzlichen Pfandrechten. 11 Oben § 110 III und u. § 251 I 4. Auch das in A. 10 erwähnte (geteilte) Eigentum der Zwangsverbände an den 'praedia functioni obnoxia> ihrer Mitglieder kommt diesem Zugriffsrecht immerhin nahe. 18 Vgl. den Hinweis bei Levy II 195; eine neue Darstellung des justinianischen Pfandrechts wäre erwünscht. - Über Billigkeitserwägungen J ustinians vgl. Bio nd i III 2M ff.; 260. H Zu den östlichen Volksrechten Tau benschlag, RPR 249 ff. = Op. I 137 ff. Übersicht über die ~V1llv ,dcne:L (die der griechischen rtpiiaL~ btl i.uae:L entspricht und sachlich der fiducia nahesteht), ferner über ömillcxyµ.cx, l'.mo&lp

s. u. § 251 11•

228

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

einheitliches Recht verstanden, mag es als Besitzpfand oder als besitzloses begründet worden sein. Für das besitzlose Pfand bedient man sich jetzt mit Vorliebe wieder des Namens 'hypotheca,. 17 § 251. Entstehung und Erlöschen des Pfandrechts 1. 1. Unter den Arten, wie das Pfandverhältnis entsteht, bildet den Ausgangsfall nach wie vor die vertragliche Verpfändung. Sie verlangt 1 einen vcrpfändbaren Gegenstand, 3 das Eigentum des Verpfänders, ferner den Pfandvertrag mit oder ohne Übergabe der Pfandsache und - entsprechend der fortbestehenden Akzessorietät - den Bestand der zu sichernden Forderung. 8 Wird eine fruchttragende Sache verpfändet, so galten nach spätklassischer Ansicht die künftigen Früchte als mitverpfändet.• Der nachklassische Westen verlangt dagegen ausdrückliche Mitverpfändung, PS 2, 5, 2 mit IP, wohl um den wirtschaftlich schwachen Verpfänder zu schützen, 1 während Justinians Klassizismus wieder zur stillschweigenden Mitverpfändung zurückkehrt.•

2. Von 'stillschweigender> Verpfändung (tacita conventio, tacita 7 pactio), die man aus einem vermuteten oder unterstellten Parteiwillen herleitet, spricht man in den Fällen, in denen bereits die Klassiker die verkehrsübersetzt •supponere• (auch in D. 27, 9 rubr.; itp. in C. 4, 24, 7), dazu Eisele, Beitr. z. röm. Rechtsgesch. (1896) 239 f.; Ebrard, Die Digestenfragmente ad form. hyp. (1917) 32 f. Schon seit Leo wird •pignus hypothecave• häufig, s. die Übersicht bei E brard 124 ff.; Papyri ebd. 128 Cf. (die klass. Belege 46 fr.). 1 CT 2, 30, 2 (422) = C. 8, 15, 8 mit IT; Levy II 75; 186. - Zur Konvaleszenz, wenn der Verpfänder nachträglich Eigentum erwirbt, s. o. § 110 1 • Die •actio utilis' in D. 13, 7, 41; 20, 1, 22; C. 8, 15, 5 verdächtigt K oschaker, Iura 4 (1953) 57 ff., s. auch Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 118 ff., beidem. Lit. 1 Unverpfändbar (und unpfändbar) sind Kinder, vgl. PS 5, 1, 1 u. a., o. § 226 27 ; ferner unentbehrliche Haus- und Ackergeräte, vgl. zur richterlichen Pfändung CT 2, 30, 1 (315) = C. 8, 16, 7; eod. 8 (4H), weiteres bei Levy 186 1"; Weiß, Pfandrechtl. Unters. I (1909) 57 ff. (auch zu SRR L 112, Arm. 137); res extra commercium, vgl. C. 1, 2, 21 (529; Kultgegenstände). Verboten ist die Verpfändung fewisser Mündelsachen, o. § 87 III, § 233 I; der bona materna, o. § 229 18 ; seit Justinian die der Dotalsachen, o. § 222 IV. - Zur Frage der Verpfändung von Rechten s. II possesso dei diritti (1942) Carcaterra, 137 ff.; vgl. zur Verpfändung des ususfructus o. § 106 28 , zu der der Servituten o. § 105 17 , zu beiden D. 20, 1, 11, 2 f. (über17

arb.); zu der der superficies o. § 107 11 (D. 13, 7, 16, 2 itp.). Zum sog. 'subpignus• (o. § 110 21 ) s. jetzt Wubbe, TS 26 (1958) 133 ff. - Zur Verpfändung von Forderungen s. o. § 110 II; teilweise anders C arc at err a 146ft. (mit bedenkl. ltp.-annahmen). 8 Sie kann nach wie vor auch gegen einen Dritten gerichtet sein; Solazzi, SD 23 (1957) 311 ff. gegen Pastori, Lab. 2 (1956) 291

rr.

• Alex. C. 8, 14, 3; Paul. D. 20, 1, 29, 1 (obgleich überarb.); vgl. zuletzt Kaser, SZ 75 (1958) 177 ff. m. Lit., s. auch o. § 110 8 • 1 Kaser 191 f., vgl. auch De Robertis, ABari 9 (1948) 45; 51 (anders Conrat, Paulus 146 ff.). • C. 8, 14, 3; tacita pactione wird unecht sein, s. Kaser 190m. 7 Koschaker, Fschr. Hanausek {1925) 152 erklärt diese Ausdrücke ausnahmslos für unecht; sie stammen wohl aus der oströmischen Schule. In C. 6, 43, 1, 2 (529); 6, 61, 6, 4 (529) scheinen sie zwar in Gesetzen aus einer Zeit vorzukommen, in der Justinians Gesetzgebung (vor Aufstellung des Digestenplans, o. § 194 16 ) noch nicht sichtbar unter dem Einfluß der Schule stand. Aber die beiden Stücke sind vielleicht erst nachträglich eingefügt. Die anderen von Justinian eingeführten gesetzlichen Generalhypotheken, auf die sie sich berufen, sind jedenfalls sämtlich erst jünger, vgl. u. A. 25 ff.

§ 251. Entstehung

und Erlöschen

des Pfandrechts

229

übliche Verpfändung als gegeben ansahen, obschon ihre ausdrückliche Vereinbarung unterblieben war. 8 Ein solches Pfandrecht wurde dem Landverpächter an den vom Pächter gezogenen Früchten zuerkannt, 11 ebenso dem Wohnungs-, Speicher- oder Herbergsvermieter an den eingebrachten Sachen (invecta illata inducta} des Mieters. 10 3. Auch Fälle eines unmittelbar kraft Rechtssatzes entstehenden Pfandrechtes kennt bereits das klassische Kaiserrecht. 11 Justinian hat diese Fälle vermehrt, 11 doch fließen bei ihm diese 'gesetzlichen> Pfandrechte immer noch mit den 'stillschweigenden> zusammen. 18 4. Eine besondere Bedeutung gewinnen in dieser Periode die gesetzlichen Generalhypotheken am gesamten Vermögen,1' mit denen die nachklassischen Gesetzgeber die Kreditfähigkeit auf das schwerste beeinträchtigt haben. Sie haben eine doppelte Wurzel. Die eine liegt bei der schon bisher geübten vertraglichen Verpfändung des Gesamtvermögens. 15 Zum anderen haben bereits die Severer nach hellenistischem Vorbild dem Fiskus für seine nichtdeliktisohen Forderungen ein pfandähnliches Zugriffsrecht am Gesamtvermögen der Schuldner gewährt, 18 aus dem die Vollstreckung in die Zum sog. 'pignus Gordianum• s. o. 287 r. Vgl. P. Flor. 86 (1. Jh.); BGU 741 (143 f. n. C.); P. Lips. 10 (178 n. C.); N ardi, Ritenzione e pegno Gordiano (1939) 71 ff. (zu C. 8, 26, 1, 2 f. ebd. 76 ff.; 91 ff.); ders., Studi sulla ritenzione I (1947) 203 ff. • Pomp. D. 20, 2, 7 pr., anders Afr. D. 4 7, 2, 62, 8 (ut adsolet); s. auch Pap., Paul. D.19,2,53; 24,1; Kaser, SZ 75, 186ff. Griechischer Einfluß (Mit t eis 1966 ) ist wenig wahrscheinlich. 10 Marci., Ulp., Ner. D. 20, 2, 2-4; Ulp. eod. 6; Paul. D. 2, 14, 4 pr.; von Justinian auf die Provinzen erweitert, C. 8, 14, 7 (532). - Der Vermieter kann die Freilassung des eingebrachten Sklaven, wohl überhaupt die Wegschaffung eingebrachter Sachen aus dem Mietgebäude, verhindern (percludere), und zwar offenbar schon im klassischen Kognitionsverfahren, vgl. Paul. sing. off. praef. vig. D. 20, 2, 9. Solange noch nicht perkludiert ist, kann der Mieter die Sklaven freilassen, dazu u. A. 15. 11 Zur Frage, ob es für ein Darlehen, das zur Ausbesserung eines Hauses gegeben wurde, aus einem SC des M. Aurel ein Pfandrecht oder nur ein Konkursprivileg gegeben hat, vgl. o. § 1102&,dazu Pringsheim, Kauf m. fr. Geld (1916) 147 ff.; 151. Zum Pfandrecht, das Severus und Caracalla dem Mündel an den vom Tutor mit Mündelgeld gekauften Sachen gewähren, s.o.§ 11011 ; Pringsheim 151 ff. Vgl. zu beiden Fällen Levy I 120; Schulz, Class. Rom. Law (1950) 410f.; Biondi III 2582, auch u. A. 36. 11 Haben Kaufleute Hypothekenkredit aufgenommen und sodann ihren Angehörigen eine veräußerliche und vererbliche 8

§ 12710 , auch Taubenschlag

Dienststelle (militia) gekauft, so harten den Gläubigern diese militantes P.ersönlich; haben die Kaufleute die mihtia für 'extranei> gekauft, so haftet die militia als Pfand, C. 8, 13, 27 (528), vgl. auch Nov. 136, 2 (535); Pringsheim 154 ff. Zum Kauf mit dem vom Bankier geliehenen Geld (Nov. 136, 3) s. ebd. 158 ff. ia Von 'tacita hypotheca• o. ä. ist auch die Rede in C. 6, 43, 1, 2 (529), u. A. 25; C. 6, 61, 6, 4 (529), o. § 22010 ; C. 5, 13, 1, 1 b (Nov. 530), u. A. 26; C. 8, 17, 12, 4 (531), u. A. 39. ia Lit.: Dernburg, Pfandrecht I (1860) 334 ff.; Windseheid-Kipp I 1161 ff. (§ 232). 11 Ob. § 11011 , vgl. auch C. 8, 16, 9 (528) und zu den Papyri Taubenschlag 280 r.; 285'1 i. f. - Rabel, Verfügungsbeschränkungen des Verpfänders (1909) 89 f.; Grdz. 4941 (Neudr. 1601 ) behauptet, alle generellen Pfänder, auch das Illatenpfand des Vermieters und das Vertragspfand am ganzen Vermögen (Sev. Ant. C. 7, 8, 3), seien aus bloßen 'Zugriffsrechten• nach dem Muster der Protopraxie (u. A. 16) hervorgegangen. Eber wird jedoch anzunehmen sein, daß ein solches Zugriffsrecht (kraft Eigentums, vgl. o. § 38 IV 2) die geschichtliche Wurzel aller römischen Pfandrechte gewesen ist, daß sich aber allmählich die Stellung des Pfandgläubigers einheitlich zu einem Pfandrecht (an fremder Sache) ausgeformt hat. Soweit die Freilassungsbefugnis des Verpfänders eingeschränkt war (o. A. 10, u. A.17), wird dies jedenfalls auf bloßer Auslegung nach dem (allenfalls hypothetischen) Vertragswillen beruhen. 1• Ob. § 110 III; über die Beziehung zur hellenistischen 'protopraxia• s. o. § 72 III

230

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

haftenden Gegenstände zulässig war, auch wenn sie in die Hand Dritter gelangt waren. 17 Justinian versteht dieses Recht als Pfandrecht. 18 Die spätrömischen Generalpfandrechte lassen den griechischen Einfluß zuweilen auch in den Einzelheiten erkennen. 19 Konstantin schafft ein zunächst als pfandähnlich bezeichnetes Recht, das im 5. Jh. als Pfandrecht aufgefaßt wird, 20 zugunsten des Mündels am Vermögen des Vormunds für die Forderungen aus der Vormundschaftsführung.11 Das Recht wird später erweitert. 22 - Heiratet die Mutter wieder, so gibt Leo den Kindern aus erster Ehe eine Generalhypothek an allen Vermögensvorteilen, die die Mutter aus der ersten Ehe erlangt hat, zur Sicherung aller Forderungen der Kinder auf Herausgabe des von der Vatersseite Erworbenen; 18 Justinian ordnet Gleiches an für den Fall der Wiederverheiratung des Vaters. H J ustinian fügt mehrere neue Generalhypotheken hinzu: die des Vermächtnisnehmers an allem, was der mit dem Vermächtnis Beschwerte aus der Erbschaft erlangt hat; 15 die Hypothek der Ehefrau am Mannesvermögen wegen ihrer Forderung auf Herausgabe der dos,• der Eheschenkung 27 und der parapherna ;28 weiter die Hypothek des Ehemannes am Vermögen dessen, der ihm eine dos versprochen hat. 29 Ist einem Ehegatten etwas unter der Bedingung versprochen, daß er nicht wieder heiratet, so gilt sein Vermögen als verpfändet zugunsten dessen, der bei Verletzung der Bedingung das Zugewendete erhält, Nov. 22, 44, 2 (536). - Kirchen und kirchliche Anstalten haben ein gesebliches Pfandrecht am Vermögen ihrer Erbpächter wegen aller Forderungen aus der Emphyteuse, Nov. 7, 3, 2 (535).

5. Das richterliche Pfandrecht geht auf Ansätze im klassischen Kognitionsverfahren zurück, wird aber im nachklassischen Verfahren, in dem die Einzelvollstreckung zur Regel wird (u. § 254 II), stark ausgestaltet. Das a. E., insbes. Wieacker, Fschr. Koscha6015 • ker I 218 ff., s. auch Taubenschlag - Auch die Forderungen des Kaisers und der Kaiserin sind einbezogen, Ulp. D. 49, 14, 6, 1. 17 Vgl. Wieacker 243 r. zu Paul. D. 49, 14, 47 pr.; Gord. C. 7, 73, 6. Ob auch (nicht fraudatorische) Freilassungen durch den Zugriff des Fiskus hinfällig werden konnten, ist zweifelhaft; vgl. fr. de iure fisci 19 (FIRA II 627 ff.); Paul. D. 40, 1, 10; Sev. Ant. C. 7, 8, 2, dazu Wieacker 245 f.; 251; Rabel, Grdz. 4941 (o. A. 15). 18 Während klassische Quellen von •veluti pignoris ius' (fr. de iure fisci 5; Ant. C. 8, 14, 2) oder 'vice pignorum• (Ant. C. eod. 1) sprechen und nur bei vertraglicher Verpfändung an den Fiskus von wirklichem 'pignus• (Scaev. D. 20, 4, 21 pr.; Ulp. D. 49, 14, 28; Ant. C. 7, 73, 2 f.), zeigen itp. Stellen ein wirkliches Pfandrecht, vgl. D. 49, 14, 46, 3; C. 4, 16, 2; 8, 14, 2 i. f.; Wieacker 251 f. - Zum Rang u. A. 38. 18 Vgl. u. A. 21 und 26; s. auch Wolrf, sz 73 (1956) 2581 •

10 CT 3, 30, 1 (314) = C. 5, 37, 20 tamquam pigneris titulo, IT loco pigneris; INSev.1 i. f. locopignoris obligentur; einfach •pignus' dagegen seit NT 11, 3 (439) = C. 8, 14, 6 u. a.; Levy I 121131 • 11 Näheres o. § 234", zum griechischen Vorbild ebd. ta. 11 Auf das Vermögen des zweiten Ehemannes der Mutter, wenn sie als Vormünderin wieder heiratet, vgl. o. § 23411 ; auf den curator furiosi in C. 5, 70, 6, 5a/6c (530), o. § 235a1. 13 C. 5, 9, 6, 9 (472); o. § 22010. u C. 5, 9, 8, 3 f. (529); o. § 22011. 16 C. 6, 43, 1, 1 r. (529); u. § 29818 • 18 C. 5, 12, 30 pr./1 (530); 5, 13, 1, 1b/c (530); o. § 22339 ; ebd. zu den griechischen Wurzeln. Das Pfandrecht ist privilegiert, s. u. A. 39. 17 Ohne Rangprivileg, C. 8, 17, 12, 8 (531); Nov.109, 1 (541); o. § 224&&. 18 C. 5, 14, 11, 2 (530); o. § 225. Kein Rangprivileg. •• C. 5, 13, 1, 1 b (530); o. § 222 III 4.

§ 251. Entstehung

und Erlöschen

des Pfandrechts

231

vom Richter=-0 durch Pfändung ergriffene Pfand (pignus in causa iudicati captum) gehört bereits dem klassischen Kognitionsverfahren an. 81 Es wird vom Richter von Amts wegen verkauft, der Käufer erhält eine schwächere Stellung als beim privaten Pfandverkauf. 81 Wer vom Prätor in den Besitz eingewiesen worden ist (in possessionem missus), hat nach klassischem Recht gleiche Sorgfalt anzuwenden wie ein Pfandgläubiger. 11 Justinian gibt dem Verhältnis aus der missio den unzutreffenden Namen •pignus praetorium•.M

II. Das Rangverhältnis unter mehreren Pfandrechten, das sich regelmäßig nach der Zeitfolge ihrer Entstehung richtet, 86 wird in steigendem Umfang durch Rangprivilegien beeinflußt. Neben den bisherigen Vorzugsrechten88 werden neue eingeführt, nämlich für öffentlich beurkundete Schulden, 87 außerdem für die Generalhypothek 88 der Frau wegen ihrer Dotalf orderung. 89 III. Die Erlöschungsgründe für das Pfandrecht bestehen weiter.'° Die Ersitzung der Pfandfreiheit ist bei Justinian allgemein anerkannt; sie 30

Private Pfändung ist verboten, s. u.

§ 254 1 • 81

Vgl. o. § 108 8 ; Ulp. off. cons. D. 42, 1, 15, 2 ff.; Call. eod. 31; Bortolucci, St. Perozzi 287 ff., dazu Levy, SZ 46 (1926) 418. - Über unpfändbare Gegenstände s. o. A. 2. 11 Alex. C. 8, 22, 2. Der Richter kann gegen den Pfandkäufer, der den Kaufpreis nicht bezahlt, mit Zwangsmitteln vorgehen, vgl. Ulp. D. 42, 1, 15, 7; Sanfilippo, St. Riccobono II 523 ff. Wird die Sache dem Käufer evinziert, erhält er einen Anspruch auf bloße Preiserstattung, Gord. C. 8, 44, 13; Herrn. D. 21, 2, 74, 1. Zu alldem Talamanca, St. De Francisci II 250 ff.; 267 ff., s. auch ebd. 259 ff. zur addictio der Sache, die keinen Käufer findet, an den Gläubiger selbst. 83 Ulp. D. 39, 2, 15, 30; 42, 5, 9, 5; Paul. D. 42, 8, 13. 84 C. 8, 21, 1 (529); 2 (530) und rubr.; D. 41, 4, 12 itp., s. schon Wlassak, Krit. Studien z. Theorie der Rechtsquellen (1884) II concorso dei 23 Cf., ferner Solazzi, creditori I (1937) 240 ff.; SD 22 (1956) 339 ff., s. auch Lepri, Note sulla natura giuridica delle missiones in poss. (1939) 3 ff., dazu Condanari-Michler, SZ 61 (1941) 4 77 ff.; weit. Lit. o. § 1os•. 36 Das •ius offerendi et succedendi• (o. § 11036 ) steht wie schon bisher außer jedem nachberechtigten Pfandgläubiger auch jedem Dritten zu, dem der Verpfänder ein Pfandrecht einräumt, Paul. D. 20, 3, 3; Sev. Ant. C. 8, 18, 1; ferner jedem Dritten, der die Sache dem Verpfänder abkauft, sofern der Erstgläubiger aus dem Kaufpreis befriedigt wird, Paul. D. 20, 4, 17; Alex. C.

eod. 3; schließlich dem Gläubiger der durch Novation umgewandelten Erstforderung, Pap., Marci. D. 20, 4, 3 pr.; 12, 5; Gord. C. 8, 26, 1. • Oben § 110 IV a. E. Hierher gehören die o. A. 11 erwähnten kaiserrechtlichen Pfandrechte für bestimmte Mündelforderungen, Ulp. D. 20, 4, 7 pr., und für Darlehen zur Sachausbesserung, Ulp. D. 20, 4, 5-7. Seit Diocl. C. 8, 17, 7 ist ferner privilegiert das Vertragspfand für das Darlehen zur Aufbringung des Kaufpreises für die Sache, vgl. Pringsheim (o. A. 11) 153; Taubenschlag, RPR 274 = Op. I 169. S. auch Nov. 97, 3 (539). 81 Schuldscheine in Form von Tabellionenurkunden haben, auch wenn sie ein späteres Datum tragen, vor anderen den Vorrang, C. 8,17,11,1 (472). Justinian stellt ihnen die Urkunden mit mindestens drei Zeugenunterschriften als •instrumenta quasi publice confecta' gleich, vgl. c. 11, 1 itp. (o. § 200' 7). 88 Das Zugriffsrecht des Fiskus genoß offenbar kein Rangprivileg, vgl. Wieacker (o. A. 16) 246 ff.; anders die h. Mg. wegen Ant. C. 4, 46, 1, doch kann diese Stelle wie die in A. 18 genannten auf frühere vertragliche Verpfändung zugunsten des Fiskus bezogen werden. 89 C. 8,17,12,4 (531); Inst. 4,6,29; o. § 223'°. Nur der Dotalanspruch aus einer früheren Ehe geht vor, C. eod. 12, 7; Nov. 91 pr./1 (539). Wird die dos nachträglich vermehrt, so harten privilegiert nur die hinzutretenden Grundstücke, Nov. 97, 2 (539). Die schon bisher gültigen o. § 110 V. Bereits nach klassischem Recht läßt der

,o

232

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

ist als 'longi temporis praescriptio>, die gutgläubigen Erwerb aus gültigem Titel voraussetzt, an die 10- bzw. 20jährige Frist gebunden.u Daneben führt auch die Verjährung der Pfandklage in 30, allenfalls 40 Jahren (u. § 252 a. E.) beim gutgläubigen Erwerber zur Pfandfreiheit. 61 Verkauft der Erbe, dem das beneficium inventarii zugute kommt, verpfändete Sachen zur Befriedigung der Gläubiger und Vermächtnisnehmer, so erlischt das Pfandrecht, C. 6, 30, 22, 8 (531}; u. § 295 23 •

§ 252. Inhalt und Schutz des Pfandrechts 1. Unter den Rechten des Pfandgläubigers

1

hat das auf Befriedigung aus der Pfandsache in der nachklassischen Zeit eine eigentümliche Entwicklung durchschritten. Der Gläubiger verwertet das Pfand regelmäßig durch Verkauf. 1 Seine Befugnis dazu ist mindestens im spätklassischen Kognitionsverfahren bereits als Inhalt des Pfandrechts anerkannt, der keiner ausdrücklichen Verabredung mehr bedarf. 8 Doch muß der geplante Verkauf dem Schuldner angezeigt werden; diese denuntiatio wird in der nachklassischen Zeit dreimal verlangt.' Der Pfandgläubiger vermag dem Käufer wie bisher Eigentum zu verschaffen.' Doch kann beim Pfandverkauf vorbehalten werden, daß der Schuldner befugt sein soll, die Pfandverkauf alle nachstehenden Pfandrechte an der Sache selbst untergehen, Alex. C. 8, 19, 1; Val. Gall. C. 8, 17, 6; Diocl. C. 4, 10, 6 f. Das Pfandrecht besteht an der Forderung auf das superfluum weiter, s. o. § HO IV. - Veräußert der Verpfänder die Sache mit Erlaubnis des Gläubigers, soll damit durch dessen Verzicht das Pfandrecht endgültig erloschen sein, auch wenn die Sache später in die Hand des Verpfänders zurückkehrt, C. 8, 25, H (532), s. o. § 110 40 • - Die Lockerung der Akzessorität beim Erlöschen durch Vereinigung (dazu Rabel 497 [Neudr. 165] und die Lit. o. § HOat) ist in Paul. D. 36, 1, 61 pr. (überarb., u. § 255 21 ) wohl schon klassisch (Daube, SZ 74 [1957] 295 ff.); zweifelhafter ist D. 44, 2, 30, 1 i. f., s. zuletzt Bonifacio, St. Albertario I 95 1 • 41 C. 7, 39, 8 (528); Kunkel 161 1 • Zu 11 den Fristen o. § 243 • 41 C. eod. § 1; gültiger Titel ist nicht erforderlich. Im übrigen s. zur 'longissimi temporis praescriptio• o. § 243 II 2. 1 Zum Nutzpfand (an tichresis) s. o. § 111 I. Es kommt in Ägypten auch in byzantinischer Zeit vor, vgl. Taubenschlag 288 ff. Die hellenistische 1t0tp0tµoviJ (o. § 212 I m. Lit.) tritt auch als Verpfändung der Kinder auf, die durch ihre Dienstleistung die Schuld abzutragen haben; diese Anwendung steht zwar in SRR L 99 (m. Parall.) und in ägypt. Papyri, wird aber vom Reichsrecht abge-

lehnt, vgl. auch Nov. 134, 7 (556). Lit.: Man i g k, Gläubigerbefriedigung durch Nutzung {1910) 17 ff. pass.; \Veiß, Pfandrechtl. Unters. I (1909) 39ff.; De Francisci, Aeg. 1 (1920) 71 ff. (dazu Kühler, SZ 45 [1925] 585 f.), weitere o. § 212 1 und bei Taubenschlag 288 f. 1 Der Verkauf durch Versteigerung ist vorgeschrieben für Verkäufe durch den Fiskus, vgl. bereits Gord., Diocl. C. 10, 3, 2; 4, ferner CT 10, 17, 2 (370) = C. eod. 6; CT eod. 3 (392) = C. 4, 44, 16. - Zu sonstigen Einzelheiten Albertario, SD 1 (1935) 425 ff.

• Oben § H 1 III; Levy II 186 ff.; Burdese, Lex commissoria (1949) 215 ff. ' Gegenüber Alex. C. 8, 27, 4 vgl. PS 2, 5, 1 mit IP; auch IP 2, 12, 8; Volterra, 146; ACI Bologna I 129 f.; Burdese 164, beide m. Lit. Über die zu vermutende Herkunft aus den Denuntiationen des klassischen Kognitionsverfahrens, die den Beklagten in Versäumnis setzen, vgl. Levy, SZ 49 (1929) 251 f. m. weit. Hinw.; etwas anders Biondi, Iura 3 (1952) 148 f. Auch Justinian verlangt, offenbar im Anschluß an östliche Praxis, die dreimalige denuntiatio, D. 13, 7, 4 i. f. itp., vgl. SRR L 96. S. jetzt Lcvy, SZ 76 (1959) 16

r.

Inst. 2, 8, 1 (ex Gai. 2, 64), o. § H 1 III. Zu D. 20, 5, 13 itp. vgl. Burdese 19ft f.; 221 m. Lit. 5

§ 252. Inhalt

und Schutz

des Pfandrechts

233

Sache auch noch vom Käufer gegen Erstattung des Kaufpreises einzulösen.• Für die Eviktionshaftung des verkaufenden Pfandgläubigers bleibt es dabei, daß der Käufer regelmäßig auf sie verzichtet; 7 doch erhält jetzt der Käufer eine actio utilis (ex empto) gegen den befreiten Schuldner. 8 Wird die Eviktionshaftung nicht ausgeschlossen, so konnte der Pfandgläubiger viel1eicht schon nach klassischem Recht mit contraria actio pigneraticia gegen den Verpfänder Rückgriff nehmen.•

Ein Pfand verfall, dessen Vereinbarung in der klassischen Periode offenbar nicht üblich war, 10 wurde in der Kreditnot der ersten nachklassischen Zeit häufiger verabredet; er bedroht den Verpfänder, wenn der Wert der Pfandsache erheblich höher ist als die Forderung, mit wucherischer Ausbeutung durch den Gläubiger. Konstantin hat darum die Verfallsabrede (lex commissoria) 11 verboten,1 2 und Justinian behält dies bei. 13 Der Schuldner kann nach CT 3, 2, 1 cit. die Übereignung anfechten, doch muß er zugleich die Schuld bezahlen; der praktische Erfolg der Maßregel erschöpft sich danach in einem Aufschub.H Auf diesem Verbot beruht auch der Satz, daß der Schuldner dem Gläubiger die Pfandsache nicht gültig verkaufen kann, PS 2, 13, 3.11 Nach klassischem Recht war bei Nichterfül1ung die eigenmächtige Besitzergreifung 11 des Pfandes durch den Gläubiger zulässig. Dieses Recht wird - entsprechend der • D. 13, 7, 13 pr. i. f. itp. gibt dann dem Schuldner sogar die rei vindicatio oder eine actio utilis; vgl. auch Marci. D. 20, 5, 7 pr./1 (überarb.). Vgl. Burdese, Iura 3 (1952) 237 ff. m. Lit., insbes. Wesenberg, Verträge zugunsten Dritter (1949) 16 f.; 24 f.; doch s. auch Pringsbeim, SZ 53 (1933) 522. Abwehr hellenistischen Pfandlösungsrechts bei Gord. C. 8, 27, 7; Diocl. C. 8, 19, 2; Felgentraeger, Antikes Lösungsrecht (1933) 23 f.; 50 f. Zu P. Col. 123, 13 ff. s. u. A. 16. 7 Ob. § 111 III; Lit. ob. § 10910 ; s. insbes. Burdese (o.A.3) 173ff. gegen Guarneri Citati, APal. 8 (1922) 385 ff. (vgl. St oll, SZ 4 7 [1927) 520 ff.); zum just. Recht auch Bartosek, Bull. 51/52 (1948) 239 f.; 280. 8 D. 20, 5, 12, 1, s. auch D.13, 7, 24 pr., beide itp., s. Ind.; Burdese 1931 ; 218 (zu D. 21, 2, 74, 1 s.o. § 25111 ). •Ulp. D.13, 7, 22, 4; 21, 2, 38; für sachliche Echtheit Burdese 73 r.; 191 ff. m. Lit.; F. Schwarz, SZ 71 (1954) 140 f. gegenüber Erbe, Fschr. Koschaker 1 479 f.; 493 u. a. (lnd.). 10 Ob.§ 111 III, s. Kaser, SZ 67 (1950) 564, zustimmend Levy II 188. Doch kam die Vereinbarung vor, daß der Gläubiger dem Verpfänder das Pfand abkauft, Tryph. D. 20, 5, 12 pr.; Pap. vat. 9; Marci. D. 20, 1, 16, 9 (das 'iustum pretium' itp.); s. auch die Papyri bei Taubenschlag, St. Bonfante I 428; Law 280'°; - oder als datio in solutum annimmt, Diocl. C. 8, 13, 13. 11 Levy 188 r. verselbigt die in CT 3, 2, 1 (u. A. 12) und in rubr. vor PS 2, 13, 6 als •Jex commissoria' bezeichnete Verfallsabrede mit der gleichnamigen Klausel

beim Kauf (o. § 131 VII), also der Abrede, daß der Verkäufer bei Ausbleiben rechtzeitiger Preiszahlung zurücktreten dürfe; auch der Pfandkauf des Gläubigers sei als aufschiebend bedingt durch das Ausbleiben rechtzeitiger Lösung aufgefaßt worden. zweifelnd Feenstra, SZ 74 {1957) 513 f. 11 CT 3, 2, 1 (320) mit IT; Burdese 110 ff., dazu Kaser, SZ 67 (1950) 563 ff. Doch kommt ein Verfallpfand in den ägyptischen Papyri auch später noch vor, vgl. P. Lond. III 870, 14 S. 235 (4. Jh.); P. Flor. 313 (449n.Chr.); Taubenschlag, St. Bonfante I 415; Law 279 f. m. Lit. (nichts beweisen die Belege 28on, soweit sie ein pactum betreffen, das die Veräußerung dem Schuldner verbietet, vgl. dazu o. § 25011 ). 11 C. 8, 34, 3 (ex CT cit.). H Zu alldem Levy 190 ff. 15 Anders das klassische Recht, o. A. 10. Zu den dunklen PS 2, 13, 3 f. (mit IP 2, 12, 6 f.) vgl. die Deutungen Levys 192 ff. (anders Feenstra 515); s. auch 1931N zu D. 13, 7, 6 pr. i. f. itp. ie Ulp. D. 47, 2, 56; Sev. C. 8, 13, 3, beide überarb., Levy I 214" m. Hinw.; Wesener, Fschr. Steinwenter (1958) 105ff.; zu c. 3 Naher, Mnem. 24 (1896) 171. Die Eigenmacht setzt wohl Vorbehalt im Pfandvertrag voraus, vgl. c. 3 und die 'pacta de ingrediendo' in byz. Papyri, Taubenschlag, St. Bonfante I 428; Law 28480 m. Lit.; s. auch u. § 2546 • Inwieweit P. Col. 123, 13 ff. hierher gehört, ist bei der Mehrdeutigkeit fraglich; vgl. zuletzt Oertel, JJP 11/12 (1957/58) 51 ff., weit. Lit. 57ll8.

234

Dritter

Teil. Die nachklassischen

allgemeinen Unterdrückung schränkt.17

Entwicklungen

der Selbsthilfe - auf den Besitzpfandgläubiger

einge-

Findet sich für die Pfandsache kein Käufer, so konnte sie dem Gläubiger schon bisher durch kaiserliche Vergünstigung als Eigentum verliehen werden (impetratio dominii, o. § 111 III a. E.). Justinian hat dies mit Stundungen für den Schuldner neu geordnet. 18 Der Gläubiger darf, wenn im Pfandvertrag nichts anderes vereinbart ist, das Pfand ilrst zwei Jahre nach der denuntiatio oder nach dem Urteil verkaufen. Findet sich kein Käufer, muß der Gläubiger dies erneut dem Schuldner anzeigen; bei dessen Abwesenheit soll der Richter auf Antrag des Gläubigers nach dem Schuldner forschen und ihm die Forderung mit einer Frist für die Pfandlösung namhaft machen. Wird der Gläubiger nicht befriedigt, so wird er auf seinen Antrag vom Kaiser in das Eigentum eingewiesen; doch behält der Schuldner binnen zwei J ahrenu ein Einlösungsrecht. Ist der Pfandwert geringer als die Forderung, bleibt die Restforderung bestehen; ist er höher, bleiben die Rechte des Schuldners und der anderen Pfandgläubiger gewahrt, doch kann der verwertende Gläubiger die anderen befriedigen (ius offerendi).

II. Die dingliche Pfandklage 20 tritt im Vulgarrecht etwas in den Hintergrund. 21 J ustinian dagegen knüpft wieder bei der klassischen Überlieferung an. Er gewährt die Klage dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt worden ist, 21 auch gegen die sog. 'ficti possessores>(o. § 245 II 2).23 Richtet sich die Klage gegen einen anderen Besitzer als den Schuldner,u so kann dem Gläubiger die Einrede entgegengehalten werden, er solle seine Befriedigung beim Schuldner oder allenfalls bei mithaftenden Bürgen suchen. 26 PS 5, 26, 4 apud se deposita itp. nach Levy I 215, vgl. auch C. 8, 13, 3 eil. und 9, 33, 3 itp. (o. § 1987 ); dagegen beläßt ET 124 dem Pfandgläubiger die Selbsthilfe, Levy 215 70 • Zu PS cit. auch ders. II 194. 18 C. 8, 33, 3 (530); Inst. 2, 8, 1; s. C. 8, 29, 4, teilw. itp. Vgl. Burdese 209 ff.; zum hellenistischen Einfluß Felgen traeger, Antikes Lösungsrecht {1933) 94 f. m. Lit. Ein 'geteiltes' Eigentum ist nicht anerkannt, Levy I 81. 11 Bisher binnen einem Jahr, C. 8, 33, 3 pr. cit. 10 Zu den verschiedenen Namen dieser Klage s. o. § 111 IV 3. - Das 'interdictum Salvianum' wird mit der Ausgleichung der Unterschiede zwischen actio und interdictum (o. § 19920 ) neben der allgemeinen Pfandklage praktisch bedeutungslos und nur aus Pietät von Justinian beibehalten (D. 43, 33; C. 8, 9, 1 ). - Zur 'actio (hypothecaria) utilis' bei Konvaleszenz s.o. § 2511• 21 Ob. § 2508 • Immerhin steht sie in CT 4, 14, 1 pr. (424) = C. 7, 39, 3 pr. 12 Zu 'satisfacere' o. § 1112', dazu noch Roussier, St. De Francisci II 113 ff. 13 D. 20, 1, 16, 3 itp. (lnd.). " Der Schuldner braucht, auch wenn er in eine höhere Summe als den Schuldbetrag verurteilt worden ist, zur Pfand• lösung nicht mehr als den Schuldbetrag zu leisten, eine 'humane' Billigkeitslösung 17

nach D. 20, 1, 16, 6 itp. (Ind.). - Zu den Folgen der Geldkondemnation (o. § 245 II 5) eines Drittbesitzers (lul. D. 13, 7, 28 pr.; Gai. D. 20, 6, 2 u. a.) s. MayerMaly, SZ 72 (1955) 347 ff. 16 Nov. 4, 2 (535), sog. 'beneficium excussionis personalis•. Anders das klassische Recht, Diocl. C. 4, 10, 14; 8, 13, 14; 24; doch kennt es bereits Ausnahmen billigkeitshalber nach Scaev. D. 20, 4, 19; Diocl. C. 8, 13, 10; bei Fiskalforderungen nach Paul. D. 49, 14, 47 pr.; Gord. C. 10, 2, 1. Durch Stellung geeigneter Bürgen wurden die Pfänder regelmäßig frei, vgl. Ulp. D.13, 7, 9, 3; Marci. D. 20, 1, 13, 4, auch Lab. D. 20, 6, 14, vgl. schon die klassische Klagformel o. § 111"· Anders das griechische Recht, das den Gläubiger, dem Bürgen und Pfänder haften, zunächst auf das Pfand verweist, vgl. Weiß, Pfandrechtl. Unters. I (1909) 19 ff.; 45 ff.; so auch SRR L 100 (ebd. 49). - Haftet das Pfand für die Bürgschaftsschuld, so können die Drittbesitzer den Gläubiger nicht nur auf den Bürgen, sondern auch auf die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner und die dafür haftenden Pfänder verweisen, Nov. 4, 2 cit. Auf andere für dieselbe Forderung haftende Pfänder braucht sich der Gläubiger dagegen nicht verweisen zu lassen (kein 'beneficium excussionis realis').

§ 252. Inhalt

und Schutz

des Pfandrechts

235

Der Pfandanspruch verjährt gegen den Schuldner (Verpränder) und dessen Erben sowie gegen nachstehende Pfandgläubiger bei Lebzeiten des Schuldners erst in 40, nach seinem Tod in 30 Jahren, C. 7, 39, 7 pr.-2b (525).18 Ebendiese Fristen gelten für das ius offerendi des nachstehenden Gläubigers, eod. § 3. 11 Vor diesem Gesetz verjährte der Pfandanspruch gegen den Schuldner selbst überhaupt nicht, CT 4, 14, 1 pr. (42,.), o. § 19911 •

VIERTER

ABSCHNITT

OBLIGATIONEN § 253. Die Weiterentwicklung

RECHT

des Ohligationenrechts

I. Wie das Sachenrecht wurde auch das Obligationenrecht in den nachklassischen Jahrhunderten weniger durch Reformen des Gesetzgebers umgestaltet als von innen heraus durch eine Umbildung seiner Begriffe und Denkformen weiterentwickelt. 1 Während sich aber diese Wandlungen im Sachenrecht zu einem großen Teil um die Auflösung des im Mittelpunkt stehenden Eigentumsbegriffs gruppieren, lassen sich die zahlreichen, voneinander unabhängigen Veränderungen des Obligationenrechts nicht auf einen ebenso zentralen und beherrschenden Vorgang zurückf ühren. 1 Die Vulgarisierung zeigt das gewohnte Bild eines hilflosen Unverständnisses gegenüber dem hochentwickelten Sachgefühl, mit dem die Klassiker die Probleme gemeistert hatten. Das schließt indes nicht aus, daß der spätrömische Vulgarismus, indem er seine praktischen Ziele unbekümmert um die klassische Dogmatik verfolgt, manche Fortschritte erzielen konnte; von einigen soll alsbald die Rede sein.3 Justinian, der in diesem Bereich stärker als anderswo der oströmischen Schule folgt, hat sich die feinen und treffenden Problemlösungen der Klassiker mit sicherem Gefühl für ihren geistigen Gehalt zu eigen gemacht, mag er dabei auch zuweilen die praktischen Errungenschaften der Zwischenperiode wieder aufgeopfert haben. Es ist sein bleibendes Verdienst, die große Leistung der Klassiker, die im Obligationenrecht einen ihrer Schwerpunkte hat, den Zeitgenossen und der Nachwelt erhalten zu haben. II. Unter den nachklassischen Veränderungen ist die wichtigste, die nahezu das ganze Schuldrecht erfaßt, die Preisgabe der Bindungen, die das klassische Aktionensystem beherrscht haben. Sieht man von den ergänzenden actiones in factum ab, besonders von denen aus Austauschverträgen, die den sog. Innominatkontrakten vorangegangen sind, so ist der klassische Umkreis der Schuldverträge durch die dafür vorgesehenen Aktionen abschließend bestimmt; und ebendies gilt für die Schuldverhältnisse aus Delikten und aus sonstigen Verpflichtungsgründen. Das Kaiserrecht hat zu den im ordentlichen Verfahren durchsetzbaren Schuldverträgen nur wenige im Kognitionsverf ahren einklagbare Ansprüche hinzugefügt. Als später die Beamtenkognition den Formularprozeß allmählich verdrängte, sah man gleichwohl die Bindung an den überkommenen Kreis der Aktionen und 1 9

Vgl. Archi 100 r. Hierzu und zum folgenden Levy

13 ff.

II

3 Unt. II, IV. Vgl. Levy 15, dazu Feenstra, SZ 74 (1957) 521 f. (m. E. bedenklich).

§ 253. Die Weiterentwicklung

des Obligationenrechts

237

ihren Inhalt noch als gültig an; genügte doch die Vielfalt der vom klassischen Recht hinterlassenen Typen obligatorischer Verhältnisse auch in dieser Zeit des wirtschaftlichen Rückgangs allen Bedürfnissen. Erst im Vulgarrecht zeigt sich eine allgemeine Lockerung. Hatte der Wortlaut der Edikte und Formeln in der Auslegung der Klassiker den Schuldverhältnissen einen scharf profilierten Inhalt zugewiesen, so gibt man diese festumrissenen Typen jetzt preis. Manche Verträge werden dabei so stark ausgeweitet, daß die Grenzen zwischen ihnen verschwimmen, wie zwischen Darlehen und Leihe, Auftrag und Werkvertrag. Alsbald läßt man dann die Aktionenbegriffe überhaupt fallen und gewinnt damit freie Bahn, um jeden erlaubten Schuldvertrag als klagbar anzuerkennen. Die damit erreichte Typenfreiheit der Schuldverträge ließ sich in einer Zeit, in der die Beurkundung aller wichtigeren Geschäfte üblich war, auf die denaturierte stipulatio stützen, die man jetzt als schriftliches Schuldversprechen verstand; man fand damit immerhin einen Anschluß an die überkommene Ordnung. Justinians Klassizismus hat demgegenüber die klassischen Typen großenteils wiederhergestellt, dabei allerdings die überholten Unterschiede zwischen Zivil- und Honorarrecht sowie zwischen den Schuldverhältnissen, die im ordentlichen, und denen, die im Kognitionsverf ahren einzuklagen waren, endgültig beseitigt. Die im Vulgarrecht durchgedrungene Vertragsfreiheit wird damit nicht wieder auf gehoben; die locker gehandhabte stipulatio als einseitiges Schuldversprechen und der weiterhin ausgestaltete Kreis der Innominatverträge für Austauschverhältnisse halten neben den überkommenen Vertragsarten einen praktisch unbegrenzten Typenspielraum offen. III. Mit der Loslösung vom Aktionensystem werden aber zugleich die wohlüberlegten Differenzierungen hinfällig, nach denen sich die klassischen Schuldklagen je nach dem Ermessensspielraum, den sie dem Richter gewähren, in strenge und freiere gruppiert haben. Während dem vergröberten Rechtsdenken des Vulgarrechts jedes Verständnis für diese Abstufungen abgeht, hat J ustinian sie großenteils, wenn auch mit vereinzelten, von Billigkeitserwägungen diktierten Lockerungen, wiederhergestellt. Vor allem die stärkste Ausweitung des richterlichen Ermessens, die das klassische Recht mit dem Maßstab der gefunden hat, und die im Vulgarrecht ins Leere stößt, wird unter Justinian mit bestimmten, nicht schrankenlos durchgeführten Erweiterungen wiederaufgenommen . .Ähnlich steht es mit den Maßstäben für die Schätzung der im Urteil festzusetzenden Leistung in Geld, obschon der Anwendungsbereich der Geldurteile durch die Zulassung der Naturalvollstreckung und durch die Festsetzung von Naturalbußen - bedingt durch die Geldentwertung - stark eingeschränkt wird. Während sich das Vulgarrecht von den sorgsam abgestuften Grundsätzen für die litis aestimatio abwendet und die Interesseleistung mit der pönalen Buße zusammenwirft, kehrt J ustinian im großen und ganzen zu den klassischen Regeln zurück, die er freilich mit einer mechanischen Begrenzung des Interesses durch den doppelten Sachwert teilweise entwertet.

238

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Eine ähnliche Entwicklung zeigen die Haftungsmaßstäbe. Auch hier bietet das Vulgarrecht, dem nicht einmal die Abgrenzung von dolus und culpa mehr gelingt, das Bild einer völligen Auflösung der wohldurchdachten klassischen Differenzierungen. J ustinian dagegen führt im Anschluß an die oströmische Schule wieder genaue Abstufungen ein. Dabei setzt sich unter philosophisch-rhetorischen und christlichen Einflüssen der Leitgedanke durch, alle Schadenshaftung auf die Schuld des Schädigers zurückzuführen. Die Fälle einer 'objektiven> Haftung ohne Ansehen der individuellen Schuld, wie sie das klassische Recht vor allem in der custodia-Haftung gekannt hat, werden jetzt in die Kategorien der Verschuldenshaftung eingeordnet. Dabei stellt man für die Verschuldensgrade, für die der Schuldner je nach dem Schuldtypus einstehen soll, neue Klassifizierungen auf: culpa lata, culpa levis, Verletzung der diligentia quam suis rebus adhibere solet. Auch die Frage der Gefahrenverteilung, bei der das Vulgarrecht zuweilen die gewaltsame Lösung einer Teilung des Schadens wählt, wird wiederaufgenommen und im wesentlichen nach den klassischen Mustern entschieden. Neue Form typen hat die nachklassische Zeit nur wenige hervorgebracht. Von den eigentümlichen, durch fiskalpolitische Motive veranlaßten, vulgarrechtlich beeinflußten Formen, die Konstantin für den Grundstückskauf und für die Schenkung eingeführt hat, war schon im Sachenrecht die Rede, weil das Vulgarrecht mit diesen Geschäften neben den obligatorischen Wirkungen auch den Eigentumsübergang verbindet. Justinian hat diese Wirkungen zwar wieder getrennt, die Formgebote aber beibehalten; doch stellt er mit dem schriftlichen Kauf den mündlichen zur Wahl. Die Beurkundung, die nach hellenistischen Vorbildern schon in der klassischen Zeit als das zweckmäßigste Mittel zur Beweissicherung weit verbreitet war, wird jetzt für alle wichtigeren Geschäfte üblich. Für manche Geschäfte wird sie vorgeschrieben, besonders für die stipulatio. Indem man bei ihr auf den Nachweis der förmlichen Frage und Antwort verzichtet, verwandelt sie sich im Westen wie im Osten in ein schriftliches Schuldversprechen. Und da sie jeden beliebigen nach den allgemeinen Regeln zulässigen Leistungsinhalt aufnehmen kann, läßt sich auch jedes beurkundete Leistungsversprechen als klagbare stipulatio deuten. Dem kommt noch entgegen, daß mit der Zeit auch die Stipulationsklausel ' ... interrogatus spopondit> o. ä., die man gedankenlos den Geschäftsurkunden aller Art angehängt hat, als überflüssig abgestreift wird. J ustinian unternimmt, um wertvolle Stücke der Klassikerüberlief erung zu retten, den aussichtslosen Versuch, die mündliche Stipulation wiederzubeleben. In der Praxis erhält sich aber nur das schriftliche Schuldversprechen, das Justinian entweder als stipulatio oder, soweit es an der Stipulationsf orm fehlt, als Litteralkontrakt neuen Stils deutet. Die Einflüsse des Hellenismus auf das nachklassische Schuldrecht halten sich in engen Grenzen. Die eben erwähnte Beurkundung der Geschärte ist schon seit der späten Republik in Rom heimisch. In der letzten Periode gewinnt die Schuldurkunde eine selbständig verbindliche Kraft, die sich im Westen früher durchsetzt als im Osten, obschon sie dort vermutlich von hellenistischen Vorbildern beeinflußt ist. Diese hellenistische Einwirkung begegnet sich mit der Vulgarisierung, ähnlich wie etwa auch bei der Bindung des Eigentumserwerbs an die Kaufpreiszahlung. Davon abgesehen, sind neue helle-

§ 253. Die Weiterentwicklung

des Obligationenrechts

239

nistische Einwirkungen - neben den älteren, wie beim sog. depositum irregulare - nur vereinzelt festzustellen, etwa bei der Schuldbefreiung durch förmliche Quittung und bei der arra.'

IV. Die Bindung des Schuldverhältnisses an die Person der Parteien, die in der klassischen Zeit den Gläubiger- und den Schuldnerwechsel erschwert hat, wird vom Vulgarrecht überwunden. Die Abtretung des Forderungsrechts wird dort unbefangen als materiellrechtliche Einrichtung anerkannt, ein Ziel, das Justinian nur mit Einschränkungen erreicht. Auch den Vertrag zugunsten Dritter hat er nicht allgemein anerkannt, obschon er die Ausnahmefälle des klassischen Rechts vermehrt. Von den Erweiterungen der Stellvertretung beim Forderungserwerb und bei der Schuldverpflichtung war schon die Rede (o. § 204 II, III). Während der zielstrebige Naturalismus des Vulgarrechts dazu neigt, die Vertretung allgemein zuzulassen, sofern nur der Vertretene den Handelnden dazu ermächtigt hat, kehrt Justinian wieder vielfach zu den engherzigeren klassischen Beschränkungen zurück. V. Unter den neuen Leitgedanken, die Justinian in das Obligationenrecht hineinträgt, sind neben der schon erwähnten genauen Differenzierung nach dem Verschulden noch die Begünstigung des Schuldners und das Streben nach gerechtem Ausgleich von Vorteil und Schaden hervorzuheben. Beide Tendenzen sind dem älteren Recht gewiß nicht fremd, sie werden aber jetzt aus christlichen Billigkeitsvorstellungen unterstrichen. Der 'f a vor de b i t o r i s•5 tritt in mannigfachen Erscheinungen zutage, wo immer sich die christliche Barmherzigkeit mit der Staatsräson begegnet, die dazu rät, die wirtschaftliche Existenz des Schuldners nicht der Hemmungslosigkeit und Habgier des Gläubigers zu opfern. Von diesen Maßnahmen seien hier etwa der schon erwähnte Schuldnerschutz bei der Pfandverwertung (o. § 252 I) und weiterhin die Rechtswohltat des Notbedarfs, die Zinsbeschränkungen, die verschiedenen Moratorien und die mannigfachen Vergünstigungen für die Bürgen angeführt. Der allgemeine Gedanke, lucrum und damnum in gerechter Weiseauszugleichen, wird in einer Reihe nachklassischer Stellen über die Prinzipien der klassischen Dogmatik hinaus zur Richtschnur für die Entscheidung erhoben. Diese Äußerungen finden sich vereinzelt im Vulgarrecht,• stark überwiegend aber bei Justinian. 7 Ebendieser Leitgedanke beherrscht auch die von ihm bewerkstelligte Ausgestaltung des Bereicherungsrechts, bei der er sich auf die 'naturalis aequitas• beruft. 8 Auch mit diesem Prinzip dringen philosophische und christliche Erwägungen, vermittelt durch die oströmische Schule, in die Rechtsquellen ein. 'Vgl. außerdem u. § 256 81 (iJµL6ALov), eod. 42 i. f.; 19, 2, 25, 6; 42, 8, 6, 11, alle § 26423 (laesioenormis), §266113 (notpotµovlJ), itp.; C. 6, 2, 22, 3 a (530). Vgl. Levy§ 274 13 (zur datio in solutum). 243n7, s. auch u. § 258 II zum 'Util itäts 1 Ausführliche Übersicht bei Biondi prinzip•; ferner Biondi III 274 f. zu III 217 ff.; einschränkend Rat t i, Bull. 40 D.11, 7, 14, 1; 39, 2, 18, 15; eod. 26; (1932) 194 rr.Vgl. etwa u. § 274 I 1. 43, 16, 3 pr. Zu dem erweiterten Aus• Levy II 243 r.; vgl. IP 2, 32, 21; gleich von Gewinn und Verlust im Recht GE 308; 323. der societas s. u. § 267 11• 7 8 S. o. § 139 1 und u. § 270 7 - 10 • D. 3, 5, 10; 10, 3, 6, 2; 19, 1, 31 pr. i. f.;

240

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

VI. Im Deliktsrecht schließlich wird der privatrechtliche, im Zivilprozeß durchsetzbare Anspruch des einzelnen auf Buße im absolutistisch regierten Fürsorgestaat stark zurückgedrängt von der kriminalrechtlichen oder polizeilichen Verfolgung der Übeltaten von Amts wegen. Auch J ustinians Wiederherstellung des klassischen Aktionensystems darf nicht daran irremachen, daß in der Praxis dieser Zeit die private Verfolgung durch den Verletzten hinter die staatliche zurücktritt. Soweit noch privatrechtliche Deliktsansprüche anerkannt sind, nimmt im Vulgarrecht auch die Buße den Charakter einer Ersatzleistung an. J ustinian dagegen formt die Klagen, die bisher Buße und Ersatz zugleich verfolgt haben und die er jetzt nennt, damit um, daß er den Ersatzbetrag streng von der überschießenden Geldstrafe scheidet. 9

I. WESEN, ARTEN UND INHALT DER OBLIGATIONEN § 254. Obligatio und Haftung

I. Das klassische Recht hinterläßt der Nachwelt den Begriff der obligatio als des Schuldverhältnisses, aus dem der Schuldner dem Gläubiger zu einer Leistung verpflichtet ist; wird die Leistung nicht ordnungsmäßig erbracht, so kann der Gläubiger den Schuldner mit persönlicher Klage verfolgen und gegen ihn vollstrecken (o. § 113 1). Dieser Begriff, der bereits eine ausgereifte Entwicklung voraussetzt, ist den Klassikern vertraut, mag sich um seine Definition auch erst die nachklassische Schuljurisprudenz mit geringem Erfolg - bemüht haben. 1 Indessen haben die allgemeinen Wandlungen der nachklassischen Jahrhunderte auch das Wesen der obligatio nicht unberührt gelassen. Darauf hat einmal die Loslösung der obligatio von der actio eingewirkt, seitdem das Vulgarrecht das fast völlig geschlossene System der durch Namen und Formel klassifizierten und typisierten actiones preisgibt (u. § 255 1). Zum anderen beeinflußt es die Gestalt der Obligationen, daß im Zivilprozeß das Leistungsurteil nicht mehr notwendig auf eine bestimmte Geldsumme lautet, so daß auch eine von Geld verschiedene Leistung allenfalls mit unmittelbarem Zwang vom widerstrebenden Schuldner eingetrieben werden kann (u. § 257 II 1). II. Auch die Haftung, also die Unterworfenheit des Schuldners unter die Zwangsgewalt des Gläubigers, wird verändert. 11 Das regelmäßige Mittel • Alles Nähere u. § 257 I, § 271. 1 Näheres o. § 113 I, Lit. in A. 2. - In den vulgarrechtlichen Quellen sind •obligare, obligatio' ziemlich selten; wo sie das Schuldverhältnis meinen, hängen sie meist von klassischen Vorbildern ab. Häufiger bezeichnen diese Worte, wie schon bisher, die Pfandbindung; zuweilen

auch andere als schuldrechtliche Gebundenheiten, vgl. ET 13 (dazu CT 9, 1, 19 pr. [423] = C. 9, 2, 17 pr.); 81 (vgl. Diocl. C. 9, 20, 10); IT 9, 42, 15; RB 7, 1 f. (vgl. CT 9, 1, 14 (383] = C. 9, 2, 13); ferner INT 11 Z. 36 u. a. 1 Zu den •naturales obligationes' s. u. § 255 III.

§ 254. Obligatio

und Hartung

241

zu ihrer Verwirklichung ist nach wie vor die Zwangsvollstreckung; die Selbsthilfe durch eigenmächtige Vollstreckung weicht vor dem Totalitätsanspruch des absolutistischen Staates noch stärker zurück als schon bisher (o. § 198 II 2). Die staatliche Zwangsvollstreckung setzt wie bisher Klage und Urteil voraus. Die hellenistischen Rechte kennen demgegenüber auch die vollstreckbare Urkunde, in der sich der Schuldner ohne Prozeß der Vollstreckung unterwirft; diese Vollstreckung kann vom Gläubiger eigenmächtig, namentlich durch private Pfändung, durchgeführt werden. 8 Diese Exekutivurkunde wird, obschon sie dem römischen Reichsrecht fremd ist, vom Kaiserrecht geduldet,' doch ist aus ihr, wie auch sonst, immer nur die staatliche Vollstreckung zulässig.6 Die Zwangsvollstreckung8 geschieht in dieser Periode nur noch ausnahmsweise durch Zugriff auf die Person. Dabei wird auch hier die private Eigenmacht unterdrückt, 7 die Personalvollstreckung also völlig verstaatlicht. Aber auch die Vollstreckung in das Vermögen ändert ihren Charakter. Sie geschieht regelmäßig nicht mehr im Konkurs, sondern als Einzelvollstrekkung, also mit der Pfändung8 und Versteigerung einzelner Gegenstände des Schuldners, aus deren Erlös der Gläubiger befriedigt wird. Zum Konkurs, also zur Gesamtvollstreckung, die für den Schuldner viel härter ist, weil sein ganzes Vermögen beschlagnahmt und im Interesse der Gläubiger veräußert wird, kommt es nur noch, wenn der Schuldner überschuldet ist und ihm mehrere Gläubiger gegenüberstehen. 11Aber auch hierbei veräußert man das Vermögen des Schuldners nicht mehr als Ganzes (durch an den ),10 sondern versteigert die einzelnen Vermögensstücke (distractio bonorum). Jeder Gläubiger erhält von seiner Forderung die Konkursquote. Die Pfandgläubiger werden allerdings aus den 1

Vgl. zu der hellenistischen Vollstreckungsklausel, die aus der Urkunde die Vollstreckung zuläßt •wie aus Urteil• (xix&&.m:p ix 8lx7J~), Mit teis, RR 401 ff.; Grdz. 119 ff.; Taubenschlag 531 ff.; \Venger, Qu. 797171 • ' Sev. Ant. C. 8, 13, 3 u. a. (u. A. 5), Zur Mitteis, RR 431 ff.; Braßloff, Kenntnis des Volksrechts (1902) 20. 6 Zahlreiche Konstitutionen vom späten Prinzipat an erklären die private Pfändung ohne staatliche Ermächtigung für unzulässig, vgl. Sev. Ant. C. 8, 13, 3 (itp., s. o. § 25211 ); Gord. C. 2, 3, 14; Prob. C. 2, 16, 1; Diocl. C. 4, 10, 9; 5, 18, 9; 5, 22, 1; 7, 72, 6/9, s. auch Nov. 60 pr./1 pr. (537), ferner Theod. schol. 1 zu C. 5, 18, 9 (Bas. 28, 8, 73, Heimb. III 295) mit SRR P 78, zu alldem Mitteis, RR 431 ff.; 457. Vgl. auch die poena quadrupli in Nov. 52, 1 (537). • Das Nähere gehört ins Zivilprozeßrecht. Vgl. einstweilen Wenger, Ist. 310 rr. 7 Obwohl sie nach hellenistischen Grundsätzen in den Ostprovinzen weit verbreitet war, Mitteis, RR 444 ff. Zur späte16 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

ren Unterdrückung, vor allem zum Verbot der privaten Gefangensetzung des Schuldners, vgl. ebd. 450 ff.; s. CT 9, 11, 1 (388); C. 9, 5, 1 (486); eod. 2 (529); Arnbros. de Tob. 10, 36 (PL 14, 809), hier auch zur Pfändung des Leichnams des gepfändeten Schuldners, die C. 9, 19, 6 (526); Nov. 60, 1, 1 (537); 115, 5, 1 (542) verbieten, vgl. Aru, St. Albertoni I 291 ff. Zum Westen s. ET 75 (ebd. 298 ff.). Rechtsvergleichung bei Korosec, Die Erbenhaftung nach röm. Recht (1927) 85 ff. Gegen Belästigung der Erben des Schuldners überhaupt s. Nov. 60, 1fr.; 115, 5, 1 cit.; zu alldem Biondi II 224 f.; 227. 8 •Pignus in causa iudicati captum•, o. § 251 I 5. • Die •cessio bonorum' bleibt bestehen, vgl. CT 4, 20; C. 7, 71; D. 42, 3; Woeß, SZ 43 (1922) 528 f. Über ihr Verhältnis zum beneficium competentiae (dazu sogl.) s. etwa Siber, SZ 49 (1929) 566 ff. 10 Inst. 3, 12 pr., dazu Wenger, Ist. Per il XIV cent. 31411 ; G. Rotondi, della codif. giust. (1934) 130 ff. Zur •emptio' in GE 2, 2 pr.; 2, 3, 6 s. u. § 2818 •

242

Dritter Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

ihnen haftenden Gegenständen vorzugsweise befriedigt; bei den vielen Generalhypotheken am Gesamtvermögen wird damit die Konkursquote häufig stark herabgedrückt. III. Die Beschränkung der Verurteilung des Schuldners 'in id quod facere potest>, das unrömisch sog. beneficium competentiae (o. § 113 IV), 11 wird im Interesse des Schuldners begünstigt, indem man die Fälle erweitert11 und außerdem dem Schuldner die Mittel zur Erfüllung bestimmter Schulden 13 sowie jetzt allgemein die Mittel für seinen persönlichen Notbedarf beläßt. H

§ 255. Obligatio und actio. Strenge und freie Klagen. Naturalis obligatio

I. 1. Die klassische obligatio wurde durch die actio individualisiert, die zu ihrer Durchsetzung bereitsteht (o. § 114 1). Jede obligatio hatte ihre eigene actio, von der das Edikt des Justizmagistrats zu allermeist eine Musterformel bot. Die Formel nannte - bald ausführlicher, bald in allgemeineren Wendungen - die Elemente, aus denen sich der Tatbestand der Obligation aufbaut, und machte die Verurteilung aus der Klage vom Vorliegen des vollständigen Tatbestandes abhängig. Unter dieisen Elementen ist das wichtigste die causa, der Verpflichtungsgrund (wie Kauf, Stipulation, Testament, furtum usw.), der der obligatio ebenso wie der actio den Namen gab. 2. Im Vulgarrecht gehen - nach Vorläufern im Kognitionsprozeß der späteren Klassik - diese Bindungen zwischen obligatio und actio verloren. 1 Die actio wird von dem im Edikt enthaltenen Katalog losgelöst; die technischen Bezeichnungen für die Aktionen, ja der Begriff der actio selbst, werden alsbald auf gegeben.111 Damit zerfällt der feste Rahmen des Aktionensystems, in den sich bisher jede obligatio nach ihrem individuellen, scharfgeprägten Typus eingeordnet hatte. Auch die schulmäßige Gliederung der Kontraktsobligationen in solche, die 're, verbis, litteris, consensu> begründet werden, wird sinnlos und darum mißdeutet (u. § 261 II). Zugleich aber öffnet sich damit der Weg zur Typenfreiheit, die es den Parteien gestattet, ihre Schuldverträge unabhängig von den überlieferten Typen nach ihrem Willen zu gestalten. Diese Freiheit, Übergangs- und Mischtypen, aber auch völlig neuartige Verträge zu schaffen, kommt der Anpassung an die praktischen Bedürfnisse weithin entgegen. Zur Erweiterung der Wirkungen s. Levet, Le benefice de competence (1927) 215 rr. Zur Gestaltung der Klagen mit diesem Vorbehalt Guarino, SD 7 (1941) 28 ff.; vgl. auch Riv. it. 14 (1939) 202 ff. (estr. 52 ff.) zum Fall der promissio dotis. 11 Zu den in der Textkritik umstrittenen Fällen s. Quellen u. Lit. o. § 113 IV. Die christlichen Motive bei Biondi 236. 11

Vgl. D.17, 2, 63, 3/5; 24, 3, 53f.; 42, 1, 16; 19; 49, alle itp.; Lit. o. § 11311 und im Ind. u Vgl. die Verallgemeinerung in D. 50, 17, 173pr. aus D.42, 1, 19, 1, doch s. zu dieser Stelle o. § 11317 • 1 Levy II 13 f. 1 Näheres o. § 199 I 2. 11

§ 255. Obligatio

und actio.

Strenge

und freie

Klagen

243

3. J ustinian kehrt nur teilweise zum klassischen Recht zurück. 8 Er nimmt mit den klassischen Quellen zwar das frühere Aktionensystem und auch das schulmäßige Ohligationenschema wieder auf. Sie dienen ihm aber, nachdem der Formularprozeß und die Bindungen an das Edikt längst endgültig weggefallen sind, nur noch als ein lockeres Gerüst für den Aufbau der materiellen Rechtsverhältnisse. Seitdem man die 'actio> nicht mehr prozessual, sondern ausschließlich als privatrechtlichen Anspruch versteht, versucht die oströmische Schule den Schuldverträgen dadurch einen festeren Inhalt zu gehen, daß sie sich auf die 'natura contractus> und die 'natura actionis>stützt, also auf die aus den Merkmalen abstrahierte, aber doch jeweils vom Parteiwillen gestaltete Eigenart des individuellen Schuldvertrages.' Auch die Typenfreiheit gibt Justinian, obschon sie mit der Rückkehr zum klassischen Vertragsschema wieder eingeengt wird, nicht wirklich auf. Das Schuldversprechen, mag es als stipulatio oder als der erneuerte Litteralkontrakt gedeutet werden, vermag jede einseitige Vertragsobligation aufzunehmen; und für zweiseitige Verbindlichkeiten steht jetzt (außer den bisherigen Vertragstypen) der systematisch ausgestaltete 'Innominatkontrakt> mit seiner elastischen 'actio praescriptis verbis> zu Gebote. Als neue ergänzende Rechtsmittel treten die 'condictio generalis> und die 'ex lege> hinzu. Mit alldem war für alle schuldvertraglichen Bedürfnisse vorgesorgt. II. Das klassische Recht hatte den Spielraum des Ermessens, in dem der Richter den Verpflichtungsgrund ebenso wie den Leistungsinhalt der Obligationen zu beurteilen hatte, sorgfältig abgestuft. Die Unterschiede drückten sich in der actio aus, vor allem in der Gestalt der Formel; von ihr hing es ab, oh für die Klage strengere oder freiere Grundsätze galten. Am freiesten gestaltet waren die Klagen, deren Formel die Klausel 'ex f i de h o n a>aufwies. 5 Im Vulgarrecht sind auch diese Unterscheidungen weggefallen.11 Schon Konstantin erklärt die Billigkeit für die gesamte Rechtsordnung zur Richtschnur und drängt das 'strenge> Recht zurück. 7 •Bonae fidei contractus• ist jetzt entweder der im guten Glauben geschlossene Vertrag, also einer, der in Unkenntnis eines nachteiligen Umstands begründet worden ist,• oder der ohne Zwang oder Arglist zustande gekommen und darum unanfechtbar ist.•

Justinian 10 stellt, der oströmischen Schule folgend, die klassische Unterscheidung zwischen den 'strengen> und den 'freien> Klagen wieder her, ja er findet für die erste Gruppe den zusammenfassenden Namen der 'actio a Zum folgenden Levy

II 31 ff.

'Näheres o. § 199 I 3. • Ob. § 114 III. Vgl. jetzt Beck, Fschr. Simonius (1955) 9 ff. • Zum folgenden Levy II 28 ff.; SZ 76 (1959) 9; ferner Conrat, Paulus 165 ff.; Steinwenter, SZ 74 (1957) 20 (zu Symm. ep. 2, 87). Vgl. auch PS 1, 1, 2 (Brev.) und IP; PS 1, 4, 1/3 mit IP 1, lt, 3; Levy, PS 49ff.; 86; 90ft. 7 C. 3, 1, 8 (314) Placuit in omnibus rebus praecipuam esse iustitiae aequitatisque quam stricti iuris rationem, o. § 1971 m. weit. Qu. u. Lit.

Gutgläubiger Käufer eines servus fugitivus: CT 3, 4, 1 {386) = C. 4, 58, 5; anders Feenstra, SZ 74 (1957) 507. • ET 147 u. a., vgl. auch cons. 9, 11 = 1, 8 = C. 2, 3, 8 überarb., dazu Levy II 29. Von dem •im guten Glauben• geschlossenen Vertrag sagt IP 2, 18, 10 (zu PS 2, 17, 13, unklassisch) aus, daß er auf jede Weise, nicht nur durch Urkunden, bewiesen werden könne (ebd. 29 f.). 10 Vgl. Levy 33. Zum Einfluß der aristotelischen Philosophie vgl. Co in g, SZ 69 {1952) 55 r.; zur christlichen Deutung der bona fides (ebenso bei den Obliga8

244

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

stricti iuris,. 11 Auch der bona fides gibt er die alte Beziehung auf die Ermessensfreiheit zurück. 12 Dennoch bleibt seine Regelung widerspruchsvoll: Einerseits übernimmt er den klassischen Umkreis der 'bonae fidei iudicia>13 und erweitert ihn nur um wenige neue Fälle.u Auch die Folgerungen aus der hona fides bleiben im wesentlichen auf diesen Umkreis beschränkt; so etwa die Berücksichtigung von Nebenabreden (sog. 'pacta adiecta>, u. § 261 III), die Haftung aus Arglist bei den Vertragsverhandlungen 15 und die 'Inhärenz> der exceptio doli. 18 Andererseits folgt aber auch Justinian der schon von Konstantin verkündeten Unterstellung der ganzen Rechtsordnung unter das Gebot der 'aequitas> und macht daraus ein beherrschendes Prinzip: Das 'ius aequum> soll überall den Vorrang genießen vor dem deutlich mißbilligten 'ius strictum>. 17 Diesem ius aequum wird die Beurteilung nach der 'bona fides>18 oder - jetzt gleichbedeutend - nach dem 'bonum et aequum> zugerechnet ;19 ja die bona fides wird an Stelle der aequitas geradezu als Entstehungsgrund der Verbindlichkeit angerufen. 20 Die allgemeine Geltung der aequitas aber ermächtigt den Richter auch bei den strengen Klagen fallweise zu Entscheidungen nach der Billigkeit. tionen wie im Sinn der •Gutgläubigkeit• des Sachenrechts) vgl. Biondi II 75 ff.• (o. § 197'). Papyri bei Taubenschlag 44 118• 11 Biondi, Bull. 32 (1922) 61 ff., weit. Lit. bei Pringsheim, SZ 42 (1921) 650 f. Vgl. Inst. 4, 6, 28/30; D. 12, 3, 5, 4; 13, 6, 3, 2, alle itp.; C. 5, 13, 1, 2 (530). 11 Inst. 4, 6, 30. Über •bona fides• als Gegenbegriff zu malignitas, calliditas, machinatio, astutia, avaritia, dolus, vis s. Biondi II 75 ff.; 80 ff. 11 Der Ausdruck •bonae fidei contractus• ist nicht von vornherein itp.-verdächtig, vgl. Levy, PS 49237 zu PS 1, 1, 2 (aus cons. 4, 4, dazu auch Bull. 55/56 Suppl. [1951] 231 f.; 240 f.); anders die meisten, s. insbes. D i Marz o, Bonae fidei contractus {1904); Volterra, ACI Bologna I 121; De Francisci, Synallagma II (1916) 473 f. Vgl. D. 2, 14, 27, 2; 15, 1, 36; 19, 1, 11, 18; eod. 48; 22, 1, 32, 2; 30, 108, 12; 44, 2, 23; 50, 8, 3 pr., (Ulp. op.); C. 2, 40, 3; 2, 53, 3; 4, 1, 3; 4, 65, 21. H Inst. 4, 6, 28. Umstritten sind, was das klassische Recht anlangt, die actiones commodati, pigneraticia, rei uxoriae und die Teilungsklagen, s. die Hinweise o. § 114 7; daß sie jetzt der bona fides folgen, steht fest. Neu kommen hinzu die actio ex stipulatu, soweit sie der Rückforderung der dos dient (o. § 223 II 2), ferner die actio praescriptis verbis (u. § 2698 ) und seltsamerweise die hereditatis petitio (u. § 296 8 ). 16 S. oben § 11413 - 15 ; zuletzt Stein, Fault in the Formation of Con trac t (1%8). Vgl. insbes. D. 4, 3, 7, 3 i. f. itp.

1•

Ob. § 11411 •17 • Doch s. zu ihrem veränderten Charakter o. § 199 II ; Bio n d i, APal. 7 (1920) 53 ff. Zu D. 39, 6, 42 pr. (gloss.) und Pap. D. 5, 1, 41 s. zuletzt Amelotti, La donatio mortis causa (1953) 109ff. m. Lit.; Beck (o. A. 5) 24H; der Satz, daß die exc. doli 'honae fidei iudicium facit>, folgt aus fr. 42 pr. cit. und C. 8, 35, 3 itp.; Sol a z z i, Compensazione 1 (1950) 99 f. - Zur compensatio s. u. § 274 III. Zur exc. pacti u. § 267 30 • 11 Näheres o. § 197 m. Lit., s. insbes. Pringsheim (o. A. 11) 651 ff.; 661 ff. 18 Sie wird zur Auslegung aller Verträge herangezogen, vgl. D. 50, 17, 116 pr.; C. 4, 1, 3; 4, 10, 4; 4, 44, 5, alle itp., Pringsheim 651 ff.; Conf. Mil. 206 ff.; Riccobono, SZ43 (1922) 300f.; Beck 24. 1• Grundlegend Pringsheim, SZ 52 (1932) 125 rr. Für eine ursprüngliche Gleichheit von 'bona fides' und 'bonum et aequum• neuestens Broggini, Iudex arbiterve (1957) 123 ff. (m. E. nicht annehmbar). - Die Aufweichung der festen Rechtsprinzipien durch die aequitas dringt sogar bis in die •strengste• Klage des klassischen Rechts, die condictio, ein; vgl. o. § 139 1 , u. § 270 II. Zum klassischen Rechts. dagegen o. § 115 11• so C. 4, 34, 11 pr. (529); 5, 13, 1, 2 (530), ferner D. 18, 1, 57, 3; 43, 26, 2, 2, beide itp. S. schon Gradenwitz, ltpp. 108 ff.; H. Krüger, SZ 11 (1890) 189 ff.; Pringsheim, Conf. Mil. 210 ff. (zu PS 2, 17, 13 s. o. A. 9). Im klassischen Recht ist diese (ursprünglich zutreffende) Vorstellung durch die andere verdrängt, daß auch die bonae fidei iudicia auf dem ius civile beruhen, o. § 50 III, § 114 III.

§ 256. Der Inhalt

der Obligationen

245

III. Mit der Preisgabe des Aktionensystems hängt schließlich die Ausweitung zusammen, die unter dem Einfluß der oströmischen Schule dem Begriff der 'naturalis obligatio' 11 zuteil wird. Hatte man damit bisher Ansprüche aus anerkanntem Verpflichtungsgrund bezeichnet, die nicht durch Klage oder jedenfalls nicht durch Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden konnten, also hauptsächlich die Schulden der Sklaven und Hauskinder, so verkehrt man diesen Begriff jetzt geradezu in sein Gegenteil: Man bezeichnet damit Verbindlichkeiten, bei denen es nach klassischem Recht an einem die Klagbarkeit rechtfertigenden Verpflichtungsgrund fehlte, die man aber jetzt dennoch als klagbar und vollstreckbar anerkennen will, weil ihnen ein sittliches Gebot zugrunde liegt. 22 Offenbar hat hier der gewandelte Begriff des 'ius naturale', gedeutet als die von der natürlichen Gerechtigkeit beherrschte, der positiven Satzung überlegene Rechtsordnung, Pate gestanden (o. § 197). § 256. Der Inhalt der Obligationen

I. Mit der Preisgabe des klassischen Aktionensystems verliert auch die Abstufung des richterlichen Ermessens je nach der Bestimmtheit des Leistungsinhalts, wie sie sich in der Gestaltung der Klagformeln ausgedrückt hatte (o. § 115 II), ihre Grundlage. Zwar hat Justinian viele Entscheidungen der klassischen Rechtsliteratur, die auf dieser Unterscheidung aufbauen, in seine Kompilation übernommen. Aber sie bedeuten, wie schon im Kognitionsprozeß der klassischen Zeit und unter Diokletian, jetzt nur noch eine allgemeine Richtschnur für das materielle Recht, die den Richter nicht mehr schlechthin bindet. Indem schließlich Justinian die Rechtsordnung als Ganzes den Maßstäben der 'aequitas' (im neuen Sinn) unterstellt (o. § 255 II), ermächtigt er den Richter auch in der Bestimmung des Leistungsinhalts zu Billigkeitsentscheidungen nach den Umständen des Einzelfalles. Diese Lockerung betrifft vor allem den Unterschied zwischen den Obligationen auf ein certum und auf ein incertum. Bei der ersten Gruppe war im Formularprozeß der Gegenstand der Leistungspflicht und damit auch 11 Lit. o. § 113 8 , vgl. etwa die Übersicht bei Albertario, Corso di diritto romano: Le obbligazioni (1947) 55-103; ferner Astuti (u. § 26P) 176 ff.; Nardi, St. Parm. 5 (1955) 1 ff. ( = St. De Francisci IV 563U.); 35U.; Burdese, Riv. it. 7 (1954) 407 rr.u. insbes. La nozione classica di nat. obl. (1955), dazu Gaudemet, Lab. 2 (1956) 111 ff.; Kaden, SZ 74 (1957) 441 ff.; zuletzt Senn, RH 36 (1958) 151 ff. Zur christlichen Vorstellung Biondi II 83 f. - Gegen G. E. Longo (o. § 113 10 ) jetzt auch Burdese 53 ff.; 63 ff. 21 Vgl. etwa Burdese 149 ff., auch Kaden 445 f. (m. weit. Lit.), der immerhin mit klassischen Ansätzen rechnet. Auch die Einbeziehung der 'obligationes

iuris gentium' (D. 12, 6, 15 pr.; 19, 2, 1; 50,17,84,1,vgl.fernerD.44,7, 10; 45, 1, 126, 2; 46, 1, 16, 4, alle überarb., zuletzt Burdese 15 ff.) beruhen auf dieser Vorstellung einer sittlichen und darum 'natürlichen' Pflicht, vgl. Lombardi, Ricerche in tema di ius gentium {1946) 249 ff. Beispiele für die sonstigen Naturalobligationen nachklassischen Ursprungs o. § 113 II a. E., weitere bei Burdese 109 ff., vgl. 126 rr. zu D. 36, 1, 61 pr.; 2, 2, 3, 7. Zur verjährten Schuld jetzt auch Amelotti, La prescrizione (1958) 261 ff. Aus der Zwischenperiode ist NT 22, 2, 12 i. f. (443) = C. 10, 36, 1 pr.; von Justinian ist C. 3, 28, 36, 2 (531) zum Pflichtteilsanspruch.

246

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

der richterlichen Abschätzung für die Urteilssumme genau begrenzt; für Nebenleistungen wie Früchte, Zinsen usw. war (sofern nicht auch von ihnen eine bestimmte Menge oder Summe als certum eingefordert wurde) in diesen Klagen ebensowenig Raum wie für einen Schadens- oder Aufwendungsersatz. Justinian aber neigt dazu, auf diese materiellrechtlichen Beschränkungen zu verzichten. Bei den Klagen strengsten Rechts kam ihm dabei zugute, daß für die Stipulation und das legatum per damnationem schon das klassische Recht neben der Formel auf certum eine auf incertum kannte; ihre freieren Grundsätze ließen sich jetzt um so leichter verallgemeinern, als auch die Formbindungen für Stipulation und Testament stark gelockert waren. 1 Neben der klassischen condictio, die immer auf ein certum ging, wird in der nachklassischen Ausgestaltung klassischer Ansätze eine 'condictio incerti> geschaffen (u. § 270 III 3). Auch im Bereich der sog. Innominatkontrakte wird aus den klassischen Ansätzen (actiones in factum) eine 'actio incerti civilis>gebildet. 1 Die mit 'reddere>-Klagen ausgestatteten Schuldverträge, von denen einige schon im klassischen Recht neben der reddere-Formel eine solche auf incertum besaßen, sind jetzt als 'bonae fidei contractus> anerkannt. 3 Bei den übrigen Klagen war der richterliche Ermessensspielraum schon bisher so weit gezogen, daß er eine Aufnahme bestimmter Nebenleistungen und - mit Abstufungen im einzelnen - eine Berechnung des Interesses des Klägers gestattete.' Dies gilt vor allem von den 'actiones arbitrariae>, 6 deren Umkreis noch etwas erweitert wird. 8 Das Verfahren der •actiones arbitrariae• 7 ist nach wie vor dadurch gekennzeichnet, daß der Richter ermächtigt wird, nachdem er die Klage als begründet festgestellt hat, dem Beklagten die Befriedigung des Klägers in natura anheimzustellen. Wird der Kläger befriedigt, so ist der Beklagte freizusprechen, andernfalls wird er gemäß dem Schätzungseid des Klägers (iusiurandum in litem) 8 in Geld verurteilt (o. § 103 I 2, § 115 II 3). An 1 Unten § 263 I 3, § 285 I. Unechte Stellen mit •interesse• im Bereich der Testaments- oder Stipulationsklage auf certa res: D. 30, 69, 2; 31, 54; 45, 1,131, 1; vgl. Kaser, Quanti ea res est (1935) 878 ; 98; die Überarbeitungen können aber schon frühnachklassisch sein. - Wie wenig man mehr die alte Unterscheidung versteht, zeigt die stipulatio Caciendi, die in Theoph.-Steph. sch. 2 zu D. 12, 1, 9 pr. (Bas. 23, 1, 9, Heimb. II 595 f.) nach klassischem Vorbild als incerta, in Theoph. 3, 15 pr. dagegen als certa behandelt wird; vgl. De Francisci, St. Perozzi 325 rr., dazu Levy, SZ 46 {1926) 419 r. 1 Näheres u. § 269. - Vgl. zur actio incerti D evi 11a, Actio incerti (1932) 43 rr. {zur unklassischen actio inc. civilis); s. auch Collinet, La nature des actions (1947) 301 rr. 8 Kommodat, Depositum, Pignus, vgl. Inst. 4, 6, 28; o. § 2551'. - Für die actio rerum amotarum gilt Besonderes, s. u. § 272 II. ' Zur Angleichung der Klagen auf •bonum et aequum• (o. § 115 II 3, § 255 11)

an die anderen Klagen, die dem Richter eine freies Ermessen gewähren, vgl. Beretta, St. Solazzi 287 rr. ' Zur Ermessensfreiheit s. ausdrücklich Inst. 4, 6, 31 i. f.; vgl. Levy, SZ 36 (1915) 79ft m. Lit., auch Collinet (o. A. 2) 229f. • Inst. cit. nennt neben den dinglichen und der schon im klassischen Recht hierhergehörigen Gruppe persönlicher Klagen (o. § 115 II 3) noch die Noxalklagen (dazu u. § 27188 ) und die •actio de eo quod certo loco•, die in klassischer Zeit aus anderem Grund •actio arbitraria• hieß {o. § 14911 ) und nun ohne stichhaltigen Anlaß mit Arbiträrverfahren ausgestattet ~rd. Die Interesseberechnung ist unecht m D. 13, 4, 2, 8 und t., pr., s. Ind.; Kaser St. Ricco(o. A.1) 128 f.; Pringsheim, bono IV 332 f. 7 Zu dieser Bezeichnung s. Levy (o. A. 5) 6 rr. m. Lit. Das weitere gehört ins Zivilprozeßrecht. • Vgl. jetzt Chiazzese, Jusiurandum in litem (1958). Bei Justinian muß der Richter eine Höchstgrenze (taxatio) setzen (D. 4, 3, 18 pr.; 10, 4, 3, 2, beide itp.),

1 256. Der Inhalt

der Obligationen

247

dieser besonderen Verfahrensart wird festgehalten, doch erzwingt im justinianischen Prozeß der Richter vom ungehorsamen Beklagten die Herausgabe, sofern sie möglich ist, mit Polizeigewalt (manu militari). •

Für die Klagen mit intentio certa galt im Formularprozeß außerdem, daß die Klage wegen pluris petitio vollständig abzuweisen war, wenn die intentio auf mehr lautete, als der Kläger zu fordern hatte. 10 Im nachklassischen Prozeß dagegen war der Richter bei Klagen aller Art befugt, die Verurteilung auf die wirklich geschuldete Leistung herabzusetzen ;11 die pluris petitio aber wurde als Prozeßvergehen bestraft. 11 II. Die allgemeinen Erfordernisse für die Zulässigkeit schuldrechtlicher Leistungen 13 bestehen fort: Die Leistung muß möglich sein,H sie darf weder verbotswidrig noch unsittlich sein,15 sie muß bestimmt oder wenigstens bestimmbar sein und sie muß einen Geldwert haben. 18 Für die Bestimmtheit der Leistung entscheidet Justinian Streitfragen der Klassiker: Ist beim Kauf oder der locatio conductio die Festsetzung einem bestimmten Dritten außer bei dolus des Beklagten, D. 6, 1, 68. dem Beklagten die Prozeßkosten dreifach Er kann auch von der beschworenen zu ersetzen, vgl. C. 3, 10, 2; Inst. 4, 6, 33 e Summe abgehen, D. 12, 3, 4, 3; eod. 5, 2, (über das Verhältnis zu Inst. eod. 34 s. beide itp. Vgl. Levy (o. A. 5) 61 ff. m. Schnorr 632 m. Lit.). Hat der Kläger zu Lit.; Solazzi I 75 ff. = AG 65 (1900) wenig eingeklagt, so soll der Richter 3 ff.; Provera, Contributi allo studio de) gleichwohl in den wahren Schuldbetrag iusiur. in lit. (1953) 108 f.; s. zum iusiur. verurteilen, Zeno c. 1, 3 cit.; Inst. eod. 34. Zur Erweiterung der pi. pet. tempore auf in litem auch u. § 2571'. • D. 6, 1, 68 itp. (o. § 24518); i. f. auf alle Einforderung vor Bedingungseintritt s. o. Arbiträrklagen erweitert. § 203 7• Im übrigen ist die pluris petitio im 10 Vgl. Schnorr v. Carolsfeld, RE Zivilprozeßrecht darzustellen; s. zu ihr für 21,616 ff. (Pluspetitio) undjetztProvera, die Spätzeit Inst. 4, 6, 33-33e; Schnorr La pluris petitio nel processo romano I 630 ff. Zur Aufrechnung s. u. § 274 (1958). Diese Folge tritt - als StrafmaßIII. 11 Oben § 115 III; nahme - noch bei Diokletian ein, cons. 5, 7, Grosso jetzt: Obbligazioni1 (1955), zur 1. Aufl. Kreller, dazu Solazzi, SD 5 (1939) 231 ff. m. Lit., anders Ehrhardt, Litis aestimatio (1934) Jura 7 {1956) 232 ff. H Das Versprechen einer fremden Sache 15 f., wieder anders Schnorr 628. Sie besteht auch noch im nachklassischen bleibt trotz GE 2, 9, 5 zulässig, vgl. dazu Westen, PS 2, 5, 3 mit IP, dazu Levy II Levy II 24. Schuldverträge über eine 145 f., wird aber nun nicht mehr auf die nichtbestehende Sache oder über eine res actiones certae beschränkt, vgl. Diocl. extra commercium sind nichtig, vgl. cons. 5, 6 f.; PS 1, 10, 1 mit IP; Schnorr o. § 115 III 1, zum Kauf insbesondere § 131 II 1; s. auch C. 1, 2, 21 (529, Verkauf 633; s. auch PS 1, 13b, 5 (u. § 2961 ). 11 Das folgt für Zeno vermutlich aus von Kultgegenständen); Voci, L'errore C. 3, 10, 1, 2 (486 C.), für Justinian sicher (1937) 155; 160 ff. Die actio empti aus aus C. 3, 10, 2 i. f. Der Prozeßverlust tritt Arglist bei Vertragsschluß auf Erstattung als Strafe für Arglist nur noch in Sonder- des Vertrauensschadens in Inst. 3, 23, 5; fällen ein, vgl. etwa eod. 3 (532). D. 18, 1, 62, 1 (dazu auch Levy, SZ 52 11 Bei vorzeitiger Klagerhebung ordnet [1932] 519 f.); 18, 4, 8 f. (alle itp.) wird Zeno c. 1 pr.; Inst. 4, 6, 33 e eine eigentüm- auf die oströmische Schule zurückgehen, liche Talionsstrafe an, indem der Kläger s. auch u. § 26411• 11 Näheres o. § 202 II. erst um den gleichen Zeitraum nach 11 Die Berücksichtigung eines AffektionsFälligwerden klagen darf, um den er zu früh geklagt hat; für die Zwischenzeit interesses in D. 17, 1, 54 pr. (unecht, o. stehen ihm keine Zinsen zu, auch hat er § 11521 , vgl. auch Rat ti, Bull. 40 [1932] dem Gegner die von diesem aufgewandten 186 ff.) ist wohl eher eine kasuistische Kosten des ersten Prozesses zu ersetzen. Milderung aus dem favor libertatis als Bei Justinian dagegen hat er, wenn er dem eine Preisgabe der Regel; Grosso 157. Gegenstand nach zuviel eingeklagt hat,

248

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

überlassen, so erklärt er (mit den Prokulianern) diese Festsetzung für verbindlich; kann oder will der Dritte nicht festsetzen, ist der Vertrag nichtig.17

Auch die Regel , die Verträge zugunsten Dritter ausschließt, bleibt bestehen, 18 doch wird der Kreis der Ausnahmefälle erweitert, in denen aus einem solchen Versprechen dem Dritten billigkeitshalber eine Klage eingeräumt wird. 19 Justinian gestattet auch Verträge auf Leistung nach dem Tod des Gläubigers, 20 also an seine Erben, und beseitigt allgemein die Regel .22 III. Bei den Wahlschulden und Gattungsschulden beschränkt sich die Weiterbildung in der Kompilation im wesentlichen auf die Anpassung an die gelockerten Auslegungsgrundsätze. 18 IV. Das Zinsennehmen

26

bleibt trotz der Ablehnung durch die christ-

17 C. 4, 38, 15 (530); Inst. 3, 23, 1; D. 19, 2, 25 pr. itp.; Ind. und Grosso 103 ff.; 119. Richterliche Berichtigung der unbilligen Festsetzung in D. 17, 2, 79 (unecht). Zum Fall, daß die Bestimmung dem billigen Ermessen (arbitrium) einer Partei selbst überlassen wird, s. o. § 115 11 m. Lit., dazu noch G. Sc ad u to, APal. 11 (1923) 24 ff. Unechte Verallgemeinerunf in D. 50, 17, 22, 1, s. Albertario II 307 f. 19 Ob. § 115 III 5 m. Lit., § 128 geg. E., dazu Rabel, Grdz. 505 r. (Neudr. 179 ff.); Coudert, Recherches sur les stipulations et les promesses pour autrui en dr. rom. (1957) 195 ff. Vgf. zur Fortgeltung jener Regel Albertario VI 282 ff. = Fschr. Koschaker II 16 ff.; Wesenberg, Verträge zugunsten Dritter (1949) 3 u. pass.; 97 ff.; Kaden, SZ 67 {1950) 548 f., alle gegen Riccobono, APal. 14 (1930) 399f.; 417 rr.; weit. Lit. bei Levy II 86. 11 Vgl. etwa D.13, 7, 13pr. (o. §252 1 ); 24, 3, 45; C. 3, 42, 8 (u. § 262 29 ); 4, 32, 19, 4 (u. § 274 118); 5, 14, 7, alle insoweit vermutlich itf.·• Wesenberg (o. A. 18); Kaden 554 . (m. weit. Lit.); Albertario V 336ff.; s. auch o. §115 11 • Zu D. 45, 1, 126, 2 i. f. itp. vgl. Bas. schol. 12 zu D. 12, 1, 9, 4 (Bas. 23, 1, 9, Heimb. II 598), dazu G. E. Longo, St. De Francisci III 335 rr. - Zum Recht der ägypt. Papyri, nach dem Verträge zugunsten Dritter zulässig sind und es auch in der Spätzeit bleiben, s. Taubenschlag, St. Bonfante I 418 391 ; Law 401 f.; doch bezweifelt Wesenberg 97 hellenistischen Einfluß auf das spätere römische ~echt. Zu den aus dem vorrömischen Ag,vpten fortbestehenden Fiskalmulten, die in Call. D. 49, 14, 1 pr. und Pap. D. 4, 8, 42 anklingen und im späteren byzantinischen Recht weiterleben, vgl. \Vesenberg 70ff.

m. Lit. S. auch o. § 61" zu den Sepulkralmulten. IO c. 8, 37, 11 {528); 4, 11, 1 (531), zu beiden Gesetzen J (12% jährlich), 81 doch erhöht sich - offenbar im Anschluß an Konstantins Währungsreform - dieser Satz auf 3 siliquae (= 1/ 8 solidus) = 12½%, 81 Daneben bestehen Sondersätze: Für Naturaldarlehen (Wein, Öl, Getreide) gilt als Zins ein Zuschlag in Höhe der Hälfte nach hellenistischem Vorbild. 33 Für Geldschulden wird bestimmt, daß der Schuldner, der zwei Monate nach dem Urteil die Schuld noch nicht erfüllt hat, einen ebensolchen Zuschlag von 50% und außerdem vom Urteilstag an Zinsen in Höhe der doppelten centesimae schuldet. u Senatoren dürfen nicht mehr als Zu SRR P 78 s. N allino IV 253 rr.; 288 rr.; 291 rr. (Riv. studi orient. 9 [1923] 547 rr.; 578 rr.; 10 [1923-25] 78 ff.) gegen sz 25 {1904) 306 rr. Braßloff, 16 Die Belege aus der Heil. Schrift (z. B. Exod. 22, 25; Deut. 23, 19; Ps. 14, 1-5; Ezech. 22, 12, aus dem Neuen Test. Matth. 25, 24-30) und aus den Konzilien bei Billeter, Gesch. des Zinsfußes {1898) 278 ff.; Biondi 244 ff.; zur Patristik und den Konzilien auch Cassimatis 35 ff.; Jonkers, RIDA 2 {1949) 5oorr. • Anders erst im byzantinischen Recht der nachjustinianischen Zeit, vgl. Cassimatis 109 rr. 17 Zu den unmittelbar kraft Rechtssatzes geschuldeten Zinsen (vom Kaufpreis, aus Auslagen, Verwendungen, Verzug) s. o. § 116 III, zu denen nach Rechtshängigkeit § 119'7. Zu den Urteilszinsen u. bei A. 34, 41. Vermächtniszinsen: u. § 298 II. 18 Oben § 116 11•18 ; vgl. auch Ulp. D. 50, 12, 1 pr. zum Kognitionsverfahren; vielleicht ebenso Paul. D. 12, 1, 40 (u. § 26!3 1 ); zur Lit. noch Biondi III 248 ff., auch Contratto e stipulatio (1953) 159 rr.; 162 rr. (nicht in allem annehmbar). Zur unklassischen naturalis obligatio aus unklagbarem Zinsversprechen (o. § 113 II, § 11611 ) s. zuletzt Burdese, La nozione classica di nat. obl. {1955) 132 ff., ferner insbes. Devilla, Le usurae ex pacto

{1937) 62; 82 rr.; 137; 141 rr. • Levy II 40 r.; er sieht IP 2, 14, 1 als (unter dem Einfluß von PS) übertrieben scharr formuliert und darum als unschlüssig an; vgl. auch Feenstra, SZ 74 (1957) 508. 30 Zur Regel Levy 56 r. unter Hinweis auf C. 4, 32, 26-28 (zu Konst. C. 4, 32, 25 [329] s. Levy 41111). Eine neue Ausnahme (neben den überkommenen) für Bankiers in Nov.136, 4 (535). Vgl. auch Biondi (o. A. 28). 11 Zur neuen Ausdrucksweise •una, duae centesima(e)• Conrat 153f. 31 Levy 160 rr.Vgl. IT 2, 33, 2; CE 285. Zum Osten Levy 16217• 33 CT 2, 33, 1 (326) mit IT (dazu Solazzi, SD 13/14 [1947/48] 205 rr.). Das 'ijµ~6)..~ov,dazu ist das hellenistische Mitteis, RR 513 r.; Taubenschlag 345 ff., s. ACI Roma I 313. Weist der Gläubiger, um diesen Zuschlag zu gewinnen, die Annahme des Kapitals zurück, so verliert er Forderung und Zuschlag, s. u. § 259 11 • 34 CT 4, 19, 1 pr. (380) mit IT; o. § 245 bei A. 12, u. § 259 17 ; Biondi III 228. Nach Ablauf von 3 Monaten seit dem Urteil muß der Gläubiger, um in den Genuß des Zinszuschlages zu kommen, das Ausbleiben der Leistung gerichtlich feststellen lassen, eod. § 1. S. auch u. § 259n,

250

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

die halben centesimae nehmen. erlaubt.•

36

In unbeschränkter

Entwicklungen Höhe sind Zinsen für Seedarlehen

Justinian 37 ist aus christlichen Vorstellungen dem Zinsennehmen abhold. Er verringert den Höchstsatz für den Regelfall auf 6%, 38 für die gehobenen Stände von den illustres aufwärts auf 4%u für Kaufleute und bestimmte Unternehmer, auch für Bankiers,• auf 8%, für das Seedarlehen auf 12%.' 0 Daneben bestehen andere Sätze für besondere Fälle. n

3. Nimmt der Gläubiger höhere Zinsen an, als zulässig ist, so werden sie wie schon bisher auf das Kapital angerechnet; nach dessen Tilgung sind sie zurückzuerstatten.u Daneben droht der Westen für übermäßiges Zinsennehmen besondere Strafen an.u Über den Kapitalbetrag hinaus" konnten nach klassischem Recht rückständige Zinsen nicht anwachsen (o. § 11681); nunmehr läßt man - wenig sinnvoll - im Westen wie im Osten den Zinsenlauf auch dann aufhören, wenn die Summe der bezahlten Zinsen den Kapitalbetrag erreicht. u Die Vereinbarung von Zinseszinsen bleibt unzulässig."

§ 257. Ersatzleistung und Buße. Naturalleistung und Geldleistung

I. Der Gegensatz zwischen 'sachverfolgenden> und 'Strafklagen> (o. § 117 I} wird in der nachklassischen Zeit eigentümlich abgewandelt. Die Hauptmasse der Klagansprüche bilden nach wie vor die aus nichtdeliktischen Tatbeständen sowie solche, die zwar aus einem Delikt entspringen, aber nicht eine Bestrafung des Täters, sondern nur einen Ausgleich des zu36 CT 2, 33, 4 (405); Billeter 277 f. IT bedroht die Überschreitung mit Verlust der Kapitalforderung. • PS 2, 14, 3 mit IP. 17 Billeter 306 ff. • C. 4, 32, 26, 2 (528). In Dig. und Cod. sind die •centesimae' regelmäßig durch 'legitimae (usurae)' o. dgl. ersetzt; Belege bei Biondi 244 1 • Höhere Sätze sind auch dann unzulässig, wenn sie ortsüblich sind, C. eod. § 3. Die Praxis der ägypt. Papyri weist zuweilen höhere Zinssätze auf, vgl. A. Segre (o. A. 24), dazu Meyer, SZ 46 (1926) 329. 89 Nov. 136, 4 (535). • 0 Zu alldem C. 4, 32, 26, 2 cit. Zur Weiterbildung in Nov. 106 pr. (540), aufgehoben in Nov. 110 (541), vgl. Biscardi, Actio pecuniae traiecticiae 55 ff. (= StSen. 60 [1946-48] 619 ff.). Vgl. auch Billeter 323 ff. 11 4% für die Ansprüche auf Bestellung der dos, C. 5, 12, 31, 5 f. (530), o. § 222 III, und auf ihre Rückgabe, C. 5, 13, 1, 7 b (530), o. § 223 II 3; -12% für die Urteilszinsen nach vier Monaten, C. 7, 54, 2 f. (529/31), vgl. C. 4, 32, 13 i. f. itp., Lenel, EP 444 1• Sonderregelungen für landwirt-

schaftliche Darlehen in bestimmten Provinzen: Nov. 32-34 (535). S. auch die Lit. bei Balogh, ACI Ver. II 324" 1 • 11 Sev.-Ulp. D. 12, 6, 26 pr., ebenso PS 2, 14, 2, auch Justinian C. 4, 32, 26, 4. "Nach CT 2, 33, 2 (386) hat der Gläubiger, der über das erlaubte Maß hinaus Zinsen angenommen hat, künftighin zur Strafe das Vierfache zu bezahlen, für die Vergangenheit das Doppelte nachzuzahlen; anders, Verlust aller Zinsen, nach CE 285, dazu Levy II 16111 , vgl. ACI Roma II 49. Nach ET 134 verliert der Gläubiger sogar die Kapitalforderung. S. auch o. A. 35. " 'Ultra sortis summam' (Ant. C. 4, 32, 10); nicht quellenmäßig ist 'ultra alterum tantum'. " S. einerseits IP 2, 14, 2 mit Levy II 162 (ebd. 19 zu IT 4, 19, 1), andererseits Nov.121 (535); 138; 160 pr. (lust.). " Sie werden jetzt auch dann nicht mehr geschuldet, wenn vereinbart ist, daß die rückständigen Zinsen zum Kapital geschlagen werden sollen, C. 4, 32, 28 (529); vgl. auch C. 7, 54, 3 pr./2 (531); anders Ulp. D. 12, 6, 26, 1 (von Biondi 247 ohne Grund verdächtigt).

§ 257. Ersatzleistung

und Buße

251

gefügten Vermögensnachteils bezwecken. Die dagegen verschwinden im Vulgarrecht. Die Gruppe der im öffentlichen Strafprozeß von Staats wegen verfolgten breitet sich stark aus und drängt die vom verletzten Privatmann geltend zu machenden Klagen zurück (u. § 2711). Bei diesen Privatklagen aber wird die Buße in den Schadensersatz eingeschmolzen ;1 selbst wo die Buße auf ein Mehrfaches geht, sieht man sie nur als einen vervielfachten oder verschärften Ersatz an. 2 - Die oströmische Schule und Justinian beharren demgegenüber bei dem klassischen Gegensatz zwischen den und. 8 Den dagegen, die sie nennen,' geben sie einen neuen Sinn: Sie zerlegen den auf ein Mehrf ach es gehenden Anspruch in ein sachverfolgendes simplum und den darüber hinausgehenden Betrag, der allein noch Strafcharakter hat. 6 II. 1. Im Verhältnis von Natural- und Geldleistung wird der klassische Zustand geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Den Formularprozeß beherrschte das Prinzip der Geldkondemnation, wonach jedes Leistungsurteil auf eine bestimmte Geldsumme lauten mußte (o. § 1156), damit jeder Schuldner durch die Bezahlung dieser Summe von wem immer gelöst und vor den Härten der Zwangsvollstreckung bewahrt werden konnte. Aber dieses Prinzip galt vermutlich schon für den Kognitionsprozeß der klassischen Zeit nicht mehr in seiner vollen Strenge. 6 In den nachklassischen Jahrhunderten machte die Geldentwertung die Preisgabe dieses Grundsatzes vollends unausweichlich. Besteht die geschuldete Leistung nicht in Geld, so lautet das Urteil auf diese Leistung selbst; sie wird durch Vollstreckung erzwungen. An dieser Naturalvollstreckung hält auch Justinian fest. 7 Damit wird der Geldersatz, soweit nicht von vornherein Geld geschuldet wird, in die Rolle der Sekundärleistung zurückgedrängt. Der Geldersatz tritt an die Stelle der primär geschuldeten Leistung oder neben sie, wo die Primärleistung unmöglich ist oder zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreicht. 2. Im Vulgarrecht gehen die Folgen des Währungsverfalls und der sonstigen Unsicherheiten des Geldverkehrs noch weiter. Auch wo der Geldersatz die Rolle einer Sekundärleistung hat, oder wo er die Funktion einer Buße miterfüllt (o. 1), setzt man häufig neben dieser Geldleistung wahlweise eine gleichwertige Naturalleistung fest 8 oder gar überhaupt nur die Naturalleistung.• 1 Hierzu und zum folgenden Levy II 304 ff. 1 Bezeichnet wird dieser Ersatz mit begleitendem Bußzweck zunächst noch als •poena•, aber auch als 'damnum• und später besonders gern als •satisfactio• oder 'compositio•; u. § 27111 • 3 Inst. 4, 6, 16-19. Doch s. zu einer Verwischung des Gegensatzes bei Justinian Ratti, Bull. 40 (1932) 176 ff. pass. ' Inst. cit.; zum Ausdruck Levy, Privatstrafe u. Schadensersatz (1915) 140 f. Zur Sache auch J. P ao li, Lis infitiando crescit in duplum (1933) 263 ff.; 315 ff., vgl. Beck, SZ 57 {1937) 510 f.

• Näheres u. § 271 II 2. • Das Nähere gehört ins Zivilprozeßrecht; die Frage bedarf noch der Klärung. 7 Das wird in Inst. 4, 6, 32, s. auch D. 6, 1, 68 (o. § 256 8 ) und C. 7, 4, 17 (530), als feststehendes Recht vorausgesetzt. • CT 5, 10, 1 (319) = C. 4, 43, 2, 1 mit IT; C. 6, 1, 4 pr./1 (330); in eod. 5 (319) werden Sachleistung und Geldbuße gehäuft. Vgl. Levy II 127; zu diesem naturalwirtschaftlichen Bewertungsmaßstab s. auch Wieacker, Vulg. 35100 ; 37. • Statt des nicht lieferbaren Sklaven oder Tieres oder Grundstücks ist ein anderes 'ähnliches• oder 'gleichwertiges•

252

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Justinian dagegen kennt diese Naturalleistungen, wo sie als sekundäre Ersatzleistungen oder als Bußen auftreten, im allgemeinen 10 nicht mehr. Schadensersatz und Bußen werden wieder in Geld veranschlagt. In die Naturalleistung, soweit sie noch erbracht werden kann, wird nur noch dann vollstreckt, wenn sie primär geschuldet wird. 3. Aber auch dort, wo die vulgarrechtlichen Quellen am Geldersatz festhalten, hat man für die Maßstäbe zu seiner Berechnung die wohlersonnenen klassischen Grundsätze, die man nicht mehr durchschaut, verlassen. 11 Die Unterschiede zwischen dem generell, nach objektiven Kriterien, beBtimmten Sachwert und dem individuell berechneten Schaden, dem Interesse des Gläubigers, gehen verloren, ebenso die Regeln über die Stichzeit, nach der der Schaden zu berechnen ist. Man begnügt sich damit festzustellen, daß das 'damnum> oder 'detrimentum> nach der vom Richter festzusetzenden 'aestimatio> zu ersetzen sei.12 Die östliche Doktrin dagegen knüpft wieder bei der klassischen Überlieferung an, indem sie das 'id quod interest>1s vom gemeinen Sachwert abhebt und sich auch in den Berechnungsgrundsätzen von den klassischen Vorbildern leiten läßt. Doch fallen schon mit dem Ende des Formularprozesses die Bindungen an die Klauseln der Edikte und Klagformeln mit ihren feststehenden Auslegungsinhalten fort. Die nachklassische Deutung konnte daher zu einer Berücksichtigung des individuellen Gläubigerinteresses auch in solchen Fällen fortschreiten, in denen dies dem Klassiker verwehrt war.14 Dies gilt ebenso für Ersatzleistungen wie für Bußberechnungen, die von Sachobjekten ausgehen. 16 Justinian freilich fühlt sich dazu gedrängt, der Interesseberechnung dadurch eine Schranke zu setzen, daß er - recht willkürlich - bestimmt, das Stück zu leisten. Vgl. etwa IP 1, 13, 6, dazu Levy, SZ 49 (1929) 248 m. weit. Hinw.; zahlreiche Belege aus den Kaisergesetzen und anderen westlichen Quellen bei Levy II 127 f. Über den in der Naturalbuße anklingenden Talionsgedanken s. u. § 271 bei A. 13. 10 Doch s. immerhin die Überreste im Cl, vgl. o. A. 8, auch C. 11, 48, 12, 2 (396); Levy 128. 11 Levy II 122 ff. m. Nachweisen. 11 Der 'interesse'-Begriff verschwindet; die ravennatischen Urkunden, die ihn verwenden (Marini nr. 114, 118, 120, 123), verstehen ihn nicht mehr, Levy 219 f., s. auch u. § 264". 18 Auf dessen MehrdeutigkeitLevy 121 f. (mit Lit.) mit Recht hinweist. 14 Vgl. z. B. o. § 256 1, dazu etwa noch D. 12, 3, 3; 13, 4, 2, 8, s. die Lit. o. § 1179 ' 12 , insbes. Kaser, Quanti ea res est (1935) 71; 128. Die Anfänge dieser Lockerung können bereits in die frühnachklassische Periode zurückgehen, die die strengen Grundsätze des Formularprozesses nicht mehr genau beachtet. Die Ausgestaltung wird aber bei der oströmischen Schule zu

suchen sein, vor allem die stärkere Berücksichtigung des 'entgangenen Gewinns•, o. § 117 17 m. Lit., dazu Levy 122. Andererseits ist die Beschränkung derErsatzleistung auf den Schaden 'circa ipsam rem' in den Ansätzen für klassisch zu halten, vgl. o. § 117 18 , dazu noch Levy, SZ 51 (1931) 557 r. m. weit. Hinw. - In den Umkreis der justinianischen Neuerungen dieser Art gehört auch die erleichterte Geldschätzung durch die Anwendung des 'iusiurandum in litem• über seinen ursprünglichen Bereich hinaus, vgl. D. 12, 3, 5, 4; fr. 6, beide itp., dazu lnd. und Genzmer, SZ 4ft (1924) 137 f.; Provera, Contributi allo studio del iusiur. inlit. (1953) 1 t 5 ff.; neuestens Chiazzese, Jusiurandum in litem (1958) 3 2 ; 191. Vgl. auch o. § 256 8 ; das Nähere gehört ins Zivilprozeßrecht. 16 Ansätze für die Anlegung des Interessemaßstabs an die Deliktsklagen bot das klassische Recht hauptsächlich bei den gemischten Strafklagen, bei denen er seit Julian anerkannt war; in Sonderfällen auch bei den reinen Strafklagen; s. die Lit.-hinweise o. § 117 21' 12 ; neuestens Gerke, SD 23 (1957) 61 ff.

§ 258. Haftungbegründendes

Verschulden

253

Interesse dürfe nicht höher veranschlagt werden als mit dem Doppelten des gemeinen Leistungswerts. 16 Doch hat man auch diese Neuerung nur mangelhaft d urchgeführt. 17 4. Die Litiskreszenz, also die Doppelung der Urteilssumme, wenn der Schuldner die im Urteil festgestellte Forderung des Gläubigers bei Einleitung der Zwangsvollstreckung erneut bestritten hat und dabei unterlegen ist (o. § 4026 ), wird im Vulgarrecht völlig mißdeutet, im Osten dagegen umgestaltet. Die vulgäre Rechtsanschauung versteht unter der Litiskresz.enz jede Verdoppelung, die bei manchen Klagen im Fall der Leistungsweigerung oder einfach der Nichterfüllung eintritt (u. § 259 II), und führt diese Duplierung irrtümlich auf die lex Aquilia zurück, vgl. u. § 273 I. - Im Osten dagegen bleibt die Litiskresz.enz. als 'poena temere litigantium• erhalten; 18 doch sind von ihren bisherigen Anwendungsfällen die actiones depensi und de modo agri verschwunden, die actio iudicati hat die Doppelung eingebüßt,1• und ebendies gilt von der Klage aus dem schuldrechtlichen Legat (u. § 298 II). Übrig bleibt die actio legis Aquiliae, zu der z.wei neue Fälle hinzukommen, das Legat zugunsten religiöser Einrichtungen (u. § 29811 ) und die Nothinterlegung (u. § 26216 ).to

§ 258. Haftungbegründendes Verschulden I. Die klassischen Juristen haben das Verdienst, von der Kasuistik her die Haftungsmaßstäbe für die einzelnen Typen und Untertypen der Obligationen geklärt zu haben. Dabei zeichnen sich neben der Haftung aus verschiedenen Verschuldensgraden gewisse Erscheinungen einer typisierten Schuld und einer Garantiehaftung ab. Eine Tendenz, aus den klassischen Lösungen allgemeine Regeln abzuleiten, wird in der klassischen Zeit erst in Ansätzen sichtbar. Auch eine Regel, daß die Haftung für dolus (Vorsatz) und culpa (Fahrlässigkeit) für alle Fälle gelten soll, in denen die dem Schuldverhältnis eigentümliche Interessenlage nicht einen strengeren oder milderen Maßstab fordert, deutet sich in dieser Periode erst an. 1 In den nachklassischen Jahrhunderten dagegen bricht das Streben nach allgemeinen Regeln, vor allem nach einer regelmäßigen Verschuldenshaftung, deutlich durch. 2 Unterstützt wird diese Entwicklung auch hier durch die Preisgabe der Bindungen an den Wortlaut der Edikte und Formeln und an die strengen Auslegungsgrundsätze des klassischen Rechts. Im ganzen offenbaren die nachklassischen Entwicklungen in ihrer moralisierenden Haltung, die von der griechischen Philosophie vorbereitet und vom Christentum 11 C. 7, 47, 1 (531), daz.u Ratti (o. A. 3) 169 ff. (Einbruch strafrechtlichen Denkens); Rabel, Das Recht des Warenkaufs I (1936) 474 r. Anderweitige Beschränkungen des Interesses in unechten Stellen findet Biondi III 232 ff. 17 Pringsheim, St. Riccobono IV 336 ff. Auch die Praxis hat sich an die Grenz.e der c. 1 cit. offenbar weder im Westen noch im Osten gehalten; vgl. Levy II 220; B erger, Die Strafklauseln in den Papyrusurkunden (1911) 134.

18 Eingehend Rotondi II 413 ff., dazu aberauchLevy II 3371.,s.schon SZ 49,2426 • 1• Wenger, Actio iudicati (1901) 28 f., vgl. Inst. 4, 16, 1 gegenüber Gai. 4, 171. 80 Inst. 4, 6, 26; 4, 16, 1. Justinian und die oströmische Schule scheinen die lex Aquilia für den einz.igen Fall des alten Rechts zu halten, der eine Litiskresz.enz kennt; Rotondi 413 ff.; 420 ff. (zu Nov. 18,8 [536]); Levy II 337. 1 Vgl. o. § 118, insbes. III 5. 1 Vgl. die Übersicht bei Kunkel 179 r.

254

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

verstärkt wird,8 die Tendenz, den subjektiven Tatbestand, die Schuld als verwerfliche Gesinnung, in den Mittelpunkt des Haftungsrechts zu stellen. Die in diesem rein subjektiven Sinn wird nun auch in solche Tatbestände hineingedeutet, in denen das ältere Recht nach der individuellen Schuld nicht gefragt hat, wie bei der custodia-Haftung. II. Die Anfänge dieser Weiterbildung liegen bereits bei den frühnachklassischen Überarbeitungen der klassischen Schriften im Westen (o. § 193 II). Diese schulmäßige Richtung versucht, die klassischen Maßstäbe für die Haftung aus Schuldverträgen auf eine gewisse Gesetzmäßigkeit zurückzuführen. Aus Ansätzen bei den Klassikern entwickelt sie die Regel, daß die am Vertragszweck interessierte Partei strenger, nämlich auch für culpa, haften sollte, die nicht interessierte dagegen nur für dolus (sog. ).' Dabei zeigt sich erstmals die Neigung, diese -Haftung an die Stelle der klassischen -Haftung zu setzen. 6 Zugleich beginnt man, die culpa als (neglegentia), als Verletzung der Pflicht zur Sorgfalt (diligentia) zu kennzeichnen. 8 Doch dringen diese Entwicklungen erst später im Osten vollends durch. III. Bedeutet diese schulmäßige Entwicklung eine Weiterbildung klassischer Gedankengänge, so geht das Vulgarrecht ganz andere Wege. Es verzichtet schlechthin auf eine sinnvolle Abstufung der Haftungsmaßstäbe nach festen Prinzipien; es äußert sich nur zu Einzelfällen und zeigt dabei die übliche Auflösung der Begriffe. ,häufig gebraucht, wechselt hinüber zur schuldhaften Tat, es bedeutet soviel wie das Privatdelikt 7 oder die öffentlich verfolgbare Straftat oder ganz unscharf die u. A. 34. Zur Einwirkung der (fehlt in D. eod. § 6); zum Kauf D. 18, 6, christlichen Schuldlehre Andeutungen bei 2, 1; zur locatio conductio Inst. 3, 24, 5; zur societas Inst. 3, 25, 9 = D. 17, 2, 72; Biondi III 430 ff. 'Ob. § 118 III 2 m. Qu. u. Lit., dazu zur negotiorum gestio Inst. 3, 27, 1 (nicht jetzt grundlegend N örr, SZ 73 (1956) in D. 44, 7, 5 pr.). Zu alldem Arangio68 ff.; s. auch Levy II 99; 16337 , beide Ruiz, Responsabilita contrattuale 1 (1933) mit weit. Hinw. Hierher gehört insbes. 66 ff., der aber diese Stücke für byzanticoll. 10, 2, 1-4, zum unklassischen Ur- nisch hält; anders zuletzt Wolff, Iura & sprung N örr 97 ff., weit. Lit. 97111 , dazu (1955) 155. Die Diligenzpflicht findet sich noch Coing 51; Levy 99. Vgl. zur Text- schon in PS 1, 4, 1 (dazu Levy, PS 86 f.) ~ analyse von coll. 10, 2, 1 f.; D. 50, 17, 23; 2, 4, 3; 1, 13 b, 9 (zu beiden u. A. 12); die 13, 6, 5, 2/4 auch Collinet, La genese du •neglegentia' steht außer in D. 44, 7, t, 5 digeste (1952) 136 ff. cit. noch in coll. 12, 7, 7, zu beiden Ku n6 Coll. cit. nennt beim commodatum nur kel, SZ 45 (1925) 325f.; 329ff. (m. weit. die culpa, nicht die custodia. Für das klas- Stellen aus der coll.). 7 GE 2, 9 pr. omnes obligationes aut ex sische Recht ist eine (umstrittene) Beschränkung auf culpa-Haftung nur in contractu nascuntur aut ex culpa; Ar chi Sonderfällen anzunehmen, wie in Gai. D. 365 f.; u. § 260 1. 8 Näheres bei Levy II 99 ff. 13, 6, 18 pr. (2. Hälfte); dies zu Nörr 82rt. • •Culpa' ist jegliches Verschulden etwa - Vgl. auch u. A. 32 zur Haftung der in PS 2, 18, 2; CE 279. •Culpa• steht neben nautae etc. • Dieser frühnachklassischen Schicht ge- •neglegentia• in CT 8, 7, 20 (415) = C. hören die •res cott. • oder •aurea' des Gaius 12, 59, 5; CT 13, 11, 8 (396) = C. 11, 58, 6; an (o. § 1939 ); vgl. zu 'diligens, -ntia' beim CE 278; 281. 1

§ 258. Haftungbegründendes

Verschulden

25,5

scheren Wort 'fraus> verdrängt. 10 'Neglegentia' ist nicht einfach Fahrlässigkeit, sondern, wie schon bisher, die verantwortungslose Geschäftsführung öffentlicher oder privater Verwalter, die dafür mit Haftung oder Strafe bedroht werden. 11 Ihr Gegenstück ist die 'diligentia', die aber hier nicht, wie in den klassizistischen Quellen, zu einem allgemeinen Maßstab für die vertragliche oder vertragsähnliche Haftung entwickelt wird. 12 Auch 'periculum> bedeutet jetzt zumeist Verschuldenshaftung. 18 IV. Gegenüber diesem Verfall der klassischen Gedankenwelt findet die östliche Schuldoktrin, deren Ergebnisse sich Justinian zu eigen machtt wieder den Anschluß an die klassische Überlieferung und an die frühnachklassische (o. II), die sie von jener nicht unterscheidet. Die in diesen Quellen sichtbare Tendenz, alle Haftung auf Verschulden zu gründen, wird von der oströmischen Schule bis zu den äußersten Folgerungen, ja bis zu einer ungesunden Übersteigerung weitergeführt. Die neue Richtung erfaßt zunächst die überkommenen Grundbegriffe 'dolus> und 'culpa>. Die klassische Anschauung hat den dolus als bewußtes Verhalten, als Wissen und Wollen, verstanden, aber zuweilen auch objektiv erfaßt, also ein bestimmtes Verhalten nach seinem typischen Charakter ohne weiteres als ein bewußtes gedeutet. 1' Die neue Lehre dagegen verlangt stets den individuellen Vorsatz, in den sie das Merkmal der sittlichen Verwerflichkeit hineinlegt. 16 Noch deutlicher zeigt sich die neue Auffassung bei der culpa, die jetzt als die wichtigste und beliebteste unter den subjektiven Haftungskategorien hervortritt, und deren Bedeutung unter dem verstärkten Einfluß sittlicher Maßstäbe abgewandelt wird. Die klassische Auffassung hatte, ausgehend von der Haftung aus der lex Aquilia, der culpa nur den engen Bereich derbetätigten Schuld zugewiesen, darunter also nur das schuldhafte Handeln verstanden (o. § 118 II 2). Die jüngere Deutung läßt das objektive Element fallen und sieht in der culpa die Schuld schlechthin im Sinn der Vor10 Näheres bei Levy 101 ff., insbes. 104 f. zu PS 5, 7, 4 mit IP 5, 8, 4. Zu •fraus• s. o. § 146 IV a. E. und u. A. 15. 11 Levy 106 mit Belegen; vgl. z. B. CT 2, 6, 2 (318) mit IT; 3, 30, 5 (333) mit IT, anders (culpa vel dolo) C. 5, 37, 23 (ex c. 5).

Klassische Stellen auch bei Kunkel, 45, 336.

SZ

Levy 107 r.; neu ist die Unterstreichung •exacta (diligentia)• o. dgl., PS 1, 4, 1 cit.; CT 8, 18, 1, 3 (315); C. 4, 35, 21 (321); CT 8, 5, 23, 3 (365); NV 8, 2 pr. (441). In PS 2, 4, 3 ist die diligentia ein von der lrühnachklassischen oder eher von der oströmischen Doktrin beeinflußter Zusatz; der Haftungsmaßstab der 'custodia•, den diese Stelle nennt, ist dem Westen jedenfalls fremd. Zu IP 2, 4, 3 s. auch Conra t, Paulus 170 f. Gleichen Ursprungs wie die diligentia in PS 2, 4, 3 ist vermutlich der 'diligens pater familias' in PS 1, 13b, 9; s. u. IV 2. 11

11 CT 12, 11, 1, 3 (320); 3, 30, 6, 1 (396); rubr. 3, 30; weitere Stellen, auch solche mit •periculum = damnum•, bei Levy 109 f. Zur Gefahrenteilung Levy 177 ff.; u. § 262'' 18 ' •. - Zu •casus• und 'vis maior> ebd. 109 r. 16 Fälle eines solchen 'objektivierten• dolus s.o. § 118' 7 (Pomp. D. 12, 1, 5) und insbes. ebd. •; vgl. ferner die periculumHaftung des Tutors, o. § 88 31 (dazu noch Arangio-Ruiz [o. A. 6] 36 1 ). 16 Das bedürfte für den dolus-Begriff genauerer Analyse; vgl. etwa Coing (o. A. 3) 53, gestützt auf Mitteis 317. Zur beliebten Ersetzung des 'dolus• durch die gefühlsbetonte 'fraus• auch im Osten (o. A. 10) s. H. Krüger-Kaser, SZ 63 (1943) 166 f. Zur christlichen Deutung des dolus vgl. Biondi II 78 f. Zum Element der Böswilligkeit, das diesem Begriff auch in der Gesetzgebung, besonders der kriminalrechtlichen, beigelegt wird, s. ebd. 305 ff.; 314 ff.

256

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

werfbarkeit; besonders die nicht vorsätzliche Schuld, die , gleichgültig ob sie sich im Tun oder in einem Unterlassen äußert. 16 Diese rein subjektiv erfaßte culpa schließt eine Pflichtwidrigkeit ein: Der Schuldner hat eine allgemeine oder besondere Pflicht zur Sorgfalt (diligentia), mit deren schuldhafter Verletzung er eine Nachlässigkeit (neglegentia) begeht. 17 Die 'neglegentia> wird damit zu einem Haftungsmaßstab, und zwar gleichsinnig mit 'culpa>18 als Gegenbegriff zur 'diligentia,. 19 Für den Bereich der Haftung aus Schuldverträgen oder aus vertragsähnlichen Tatbeständen hat es ursprünglich nur die Alternative der Haftung für bloßen dolus oder für custodia gegeben; doch war in manchen Fällen schon im Lauf der klassischen Zeit die dolus-Haftung auf culpa-Fälle erweitert20 und auch bei der custodia-Haftung die culpa mitberücksichtigt worden. 21 In der nachklassischen Zeit wird der Maßstab der culpa auf das gesamte Gebiet der kontraktlichen und quasikontraktlichen Haftung ausgedehnt. 22Dabei bleibt aber eine Abstufung, die sich an die bisherigen Differenzierungen anschließt, bestehen. 1. In den Fällen, in denen das klassische Recht eine Haftung, 23 gestützt auf eine custodia-Pflicht des Schuldners, gekannt hatte,H wird zwar nun auch eine 'culpa> verlangt. Doch soll hier schon die leichteste Fahrlässigkeit genügen; der Schuldner hat die äußerste Sorgfalt (exactissima diligentia) 25 anzuwenden. 28 Diese Ausweitung macht sich am deutlichsten bei der aquilischen Haftung geltend (u. § 273 I 2); dazu grundlegend Rotondi II 479 ff., insbes. 484 ff. m. Qu. u. weit. Lit.; Kunkel, SZ 49 (1929) 158 ff.; Arangio-Ruiz (o. A. 6) 230 ff.; 236 ff. (zu D. 9, 2, 31 itp.). 17 Lit. o. § 11815 - 17 , insbes. Kunkel, SZ 45, 266 ff.; 314 ff. (zu den griech. Kommentaren 300 ff.);Arangio-Ruiz (o.A.6) 248 ff. Zur östlichen Prägung der diligentia-Haftung vgl. noch Ebrard, SZ 46 (1926) 144 ff. (zu 'dare operam•, teilw. bedenklich). 18 S. die Definitionen der 'culpa' als •neglegentia' in D. 50, 16, 213, 2; 226, u. A.54f.; auch D.17,2,72 (o. A.6). 18 'Culpa' und 'diligentia' sind nur verschiedene Seiten derselben Haftungsstufe, vgl. Kunkel (o. A. 17) 297 ff. Scheinbare Gegensätze zwischen culpa- und diligentiaHaftung gehen vermutlich auf unsaubere Textbearbeitung bei der Streichung der custodia-Haftung (etwa in D. 13, 6, 5, 3/15) oder bei der Einfügung der diligentia quam suis zurück (z. B. D. 23, 3, 17 pr.; 27, 3, 1 pr., vgl. u. A. 50) oder auf sonstige Unklarheit (z. B. in D. 30, 4 7, 5; 50, 17, 23); s. auch Kunkel, RPR 1798 (zu klass. Vorläufern). 19 Oben§ 118 III 1 a. E. 11 Dazu o. § 11861 ; Nörr 98 m. Lit. 12 Haftung für dolus allein kommt im Bereich der Kontrakte und Quasikontrakte 11

nicht mehr vor, Rotondi II 383 (zum Mandat vgl. gegen coll. 10, 2, 3 u. § 268 7 ). Dagegen ist der dolus-Maßstab, abgesehen von der aquilischen Haftung, jetzt die Regel für die Deliktshaftung, während die culpa außerhalb des aquilischen Bereichs den Quasidelikten vorbehalten wird, Rotondi 386; 499. - Zu weiteren Tatbeständen nichtkontraktlicher Haftung u. A. 38. - Zur Gehilfenhaftung s. u. § 266n. 18 Außerhalb der privatrechtlichen Verhältnisse, etwa bei der Haftung der Mitglieder der Zwangsverbände, kommt auch in der nachklassischen Zeit eine 'objektive', vom Verschulden unabhängige Haftung vor; vgl. CT 9, 30, 3 (365); 14, 3, 16 (380); 13,5,32 (409) = C.11,6,6; De Robertis, St. De Francisci IV 407 rr. "Ob. § 118 III 3, reiche Lit. in A. 28; zu Sargenti, SD 20 (1954) 127 ff. s. noch Luzzatto, Iura 6 (1955) 301 ff. 16 De Robertis, SD 23 (1957) 119 rr. bestimmt sie als eine Kombination der diligentia diligentis und der dilig. quam suis (u. 2/3): also bei einem überdurchschnittlich Befähigten als die Sorgfalt, die er anzuwenden imstande ist, bei einem durchschnittlich oder schlechter Befähigten als die Sorgfalt, die nicht unter der Schwelle der diligentia diligentis liegt. • Vgl. 'exactissima diligentia custodiendae rei' in Gai. aur. D. 44, 7, 1, 4 ('exacta• in Inst. 3, 14, 2) und den 'diligentissimus paterfamilias' in Inst. 3, 24, 5 und

§ 258. Hartungbegrü

ndendes

Verschulden

257

Während die Klassiker in diesen Fällen die Haftung für culpa allmählich neben der für custodia nennen (o. A. 21), wird in unechten Stellen die 'custodia• von der 'culpa• oder 'diligentia• o. dgl. verdrängt ;11 so beim Kommodanten, 18 in gewissen Fällen des conductor, 11 beim Verkäufer, 18 beim Pfandgläubiger, 11 bei den nautae, caupones, stabularii31 und in weiteren Fällen. 11 Demgemäß wird jetzt auch die höhere Gewalt ('vis maior•, 'vis extraria', neuerdings 'casus maior•, 'damnum fatale' o. dgl.) als eindeutige Schuldlosigkeit begriffen."

2. Soweit keine in solcher Weise gesteigerte Sorgfaltspflicht besteht, gilt das allgemeine Prinzip der Haftung für 'culpa> wegen Verletzung der 'diligentia>, und zwar als abstrakter Maßstab: Es wird das Verhalten des 'diligens paterfamilias> zur Richtschnur genommen und daran das Verhalten des konkreten Schädigers gemessen.86 Dieser Maßstab des sorgsamen Hausvaters stammt aus der griechischen Sozialethik, 88 er könnte den ost• römischen Rechtslehrern auch durch die christliche Doktrin vermittelt worD. 13, 6, 18 pr. itp. (doch kommt dieser Superlativ auch in Inst. 3, 27, 1 zum neg. gestorvor, u. A. 42). Sonstige Steigerungen der culpa oder diligentia in custodia-Fällen: D. 2, 13, 7 pr.; 18, 6, 2, 1; 3 (u. A. 30); 12; s. auch 'omnis culpa (diligentia)• in~39, 2, 18, 9; 38 pr.; D. 18, 1, 35, 4 (talr.s custodia • • • qualem bonus pater f amilias suis rebus adhibet). Zu alldem vgl. Kunkel, SZ 45,268 ff., insbes. 283 ff.; Arangio-Ruiz (o. A. 6) 66 rr.;s. auch 89 rr.zu schol. 1 zu D. 47, 2, 12 pr. (Bas. 60, 12, 12, Heimb. V 455). 17 Arangio-Ruiz (o. A. 6) 100 r. 18 Inst. 3, 14, 2 mit D. 44, 7, 1, 4 (o. A. 26); PS 2, 4, 3 (o. A. 12); D. 13, 6, 5 §§ 3, 9, 15; eod. 18 pr. (o. A. 26); 19; 47, 2, 14, 10. S. auch Pastori, II commodato (1954) 203U.; 237H.; 342ff.; Labeo 2 (1956) 92 ff., dazu aber Solazzi, Iura 6 (1955) 139U.; SD 23 (1957) 313U. 19 Sachmiete in Inst. 3, 24, 5 (o. A. 26); D. 47, 2, 14, 12. Unechte culpa bei 'imperitia• des Werkunternehmers (o. § 118") in D. 19, 2, 25, 7 itp. Zur klassischen Garantiehaftung in bestimmten Mietfällen (Lab.Iav. D. 19, 2, 60, 7; Ulp. D. 9, 2, 27, 34), die als typisierte culpa-Haftung aufgefaßt wurde, zuletzt Kaser, SZ 74 (1957) 161 ff. Zu besonderen Fällen s. auch ArangioR u iz (o. A. 6) 124 rr.; 130 ff. 80 D. 18, 6, 2, 1; 3 (diligentiam .•. exactiorem quam in suis rebus adhiberet); 12; 19, 1, 36; 39, 2, 18, 8f.; 38 pr.; 47, 2, 81 pr. Vgl. o. § 11812• Dagegen ist in Paul. D. 19, 1, 54 pr. (o. § 131") die (wie in A. 29 typisiert verstandene) culpa wohl echt. Soweit dagegen nicht die Bewachungspflicht des Verkäufers in Rede steht, gilt dolus-Haftung, die erst in nachklassischer Zeit auf culpa erweitert wird; Arangio-Ruiz 173 ff. 11 Hier vermutet N örr (o. A. 4) 84 f., die custodia-Haftung sei vielleicht erst in der späten Klassik neben einer culpa-Haftung anerkannt worden. Im Prinzip vert7

HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

neint wird die custodia-Hartung bei Arangio- Ru iz 138 rr.; 204 f. ltp. sind Inst. 3, 14, 4 (o. A. 6); D. 13, 7, 13, 1 und 14; dagegen ist unbedenklich Diocl. C. 8, 13, 19. 31 Gai. aur. D. 44, 7, 5, 6 = Inst. 4, 5, 3 (culpa); s. u. § 26659 • 31 Vgl. zum 'inspector• (o. § 11811 ) D. 13, 6, 10, 1/11 (culpa, dazu ArangioRuiz 111 ff.); 19, 5, 17, 2/,.; zu dem sich erbietenden Verwahrer D. 16, 3, 1, 35 (u. A. 59); zum Gesellschafter, dem Sachen anderer socii anvertraut werden, D. 17, 2, 52, 3. " Vgl. D. 2, 13, 7 pr. itp. Die Stellen, in denen 'vis maior• den Zufall schlechthin oder auch den qualifizierten Zufall bezeichnet, in dem keine custodia-PflichL verletzt ist, sind unbedenklich, vgl. Kaser (o. A. 29) 171 f. m. Lit. (gegenüber o. § 11829 ); s. auch Arangio-Ruiz (o. A. 6) 80 ff. Zu den Papyri s. i'etzt Stein wen ter, Symb. Taubenschlag 261 ff. Im übrigen zur vis maior bereits Behrens, Die vis maior und das klass. Haftungssystem (Diss. Gießen 1936) und neuestens Mayer-Maly, Fschr. Steinwenter (1958) 58 ff., s. auch 63 f. zu stoischen Vorbildern, die von der Patristik wiederaufgenommen werden, vgl. insbes. Arnob. adv. gent. 2, 76 (PL 5, 934). 35 Kunkel, SZ 45,303 rr. Zu Buckland, St. Bonfante II 85 rr. s. Levy, SZ 51 (1931) 555 f.; Arangio-Ruiz 272 ff. Mit klassischen Vorläufern, die sich untechnisch ausdrücken, ist zu rechnen; vgl. prudens et diligens pater f amilias in Paul. Kunkel, RPR 1796 • D. 19, 1, 54 • Kunke ,SZ45,339ff.,insbes.344f.; Coing (o. A. 3) 53 r. Den nachklassischen Kaisergesetzen ist der technische Diligenzbegri!f fremd, s. Kunkel 345 ff. Vgl. auch Wieacker, SZ 54 (1934) 71 ff.; ArangioRuiz 250. Zu den Papyri ders., Lineamenti del sistema contrattuale nel dir. dei l>ap. (1928) 22 f., der aber die !mµi).a:Lor. (gegen Kunkel 3~1 ff.) objektiv deutet.

fr.;

258

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

den sein.37 Für dolus und culpa in diesem Sinn wird überall dort gehaftet, wo nicht besondere Gründe eine strengere oder mildere Haftung erfordern, 38 namentlich auch bei den strengrechtlichen Schuldverhältnissen aus Stipulation und Legat. 39 Die oströmischen Schulen haben die allgemeine Diligenzpfiicht auch in ihre Handhabung des Utilitätsprinzips einbezogen. ,o 3. In besonderen Fällen wird der Haftungsmaßstab nicht in dieser abstrakten Weise bestimmt, sondern dem Schuldner die Sorgfalt vorgeschrieben, die er in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, 'diligentia, quam suis rebus adhibere solet>.u Mit dieser Haftungsstufe wird die regelmäßige culpa-Haftung gemildert:' 2 Wer sich einen Schuldner aussucht, der in eigenen Angelegenheiten nicht die höchste Sorgfalt anwendet, hat es sich selbst vorzuwerfen, wenn der Schuldner auch in dieser Schuldverpfiichtung minder sorgfältig verfährt. a Ausgegangen ist dieser Maßstab aber offenbar von Fällen, in denen er als Verschärfung der dolus-Haftung auftritt. Der tutor," der socius'5 und vielleicht auch der Verwahrer'8 haften so aus dem Gedanken, daß, wer aus gemeinsamer Gefahr die eigenen Sachen rettet, die ihm anvertrauten fremden aber verderben läßt, einem vorsätzlich Handelnden gleichzuhalten ist.' 7 Dieser Haftungsmaßstab stammt offenbar aus der oströmischen Schule.'8 Justinian versteht ihn zwar im allgemeinen als gemilderte culpa-Haftung, deutet ihn aber bisweilen sogar in eine Pflicht 87 Dies bedürfte erst der Darlegung aus 10, 2, 25, 16. Zur exactissima diligentia in den patristischen Quellen. Inst. 3, 27, 1 (neg. gestio) s. o. A. 25 und 18 Vgl. zu den Tatbeständen etwa Aranu. § 26816• 61 Gai. rer. cott. D. 17, 2, 72 = Inst. gio-Ruiz (o. A. 6) 180 ff. pass. Von den o. § 118 II a. E. angeführten bleibt, nach- 3, 25, 9 (o. A. 6); vgl. auch Inst. 3, 14, 3 dem die Haftung für die Rückgabe der dos mit D. 44, 7, 1, 5, dazu Wieacker, SZ 54, und die aus der Gemeinschaft verschärft 69 ff. Die Papyri haben die allgemeine worden ist (u. A. 45, 53), nur die aus den Sorgfaltspflicht, s. Wieacker 75 f. m. SZ 52 {1932) 76 f.; dinglichen Klagen übrig, dazu s. o. § 245 Lit.; Taubenschlag, II 4, u. § 29623 • - Zu den Konträrklagen s. Law 393. die Lit. o. § 1235 • Provera, St. Solazzi " S. u. A. 51. Klassisch ist bei der Tutel 352 f. sieht den Gedanken an eine Ver- zwar zuweilen die untechnisch gebrauchte (o. tragshaftung bei ihnen erst als nachklas- •diligentia•, aber nicht, wie Ehrhardt sisch an; kaum mit Recht. § 11820 ) annimmt, die diligentia quam suis. 81 Vgl. o. § 118 III 4 m. Lit.; s. insbes. 65 Vgl. zum Gesellschafter D.17, 2, 72 = D. 45, 1, 91 pr. ff. (omissive culpa; zum Inst. 3, 25, 9 (o. A. 43); zum GemeinText zuletzt, wenig glücklich, Mayerschafter D. 10, 2, 25, 16 (u. § 26788 ). Maly, Iura 7 [1956] 6 ff.); 30, 47 §§ 2, 4, 5; " Nach D. 16, 3, 32 (urspr. zur Tutel, eod. 114, 19, wohl alle überarbeitet. S. auch o. § 118 III 1), doch vgl. anders D. 44, 7, u. § 259 1. 1, 5 mit Inst. 3, 14, 3 (dazu u. A. 59); Ro,o Vgl. zu D. 50, 17, 23 u. a. Collinet tondi II 111 ff.; 383; s. auch u. § 262 (o. A. 4); Arangio-Ruiz 94 ff. Zu den III. 67 Wieacker weder klar gefaßten noch in der Termino74; das mag vereinzelt logie widerspruchsfreien griech. Kommen- schon die klassische Kasuistik festgestellt taren s. N örr 107 ff. Der Leitgedanke ist haben, die Verallgemeinerung aber wird der offenbar bei alleinigem Interesse des Ge- oströmischen Schule zuzuschreiben sein. bers die Haftung für dolus (und diligentia Zu den griech. Kommentaren, die bei der quam suis); bei beiderseitigem Interesse diligentia quam suis von •mäßiger• culpa, Haftung für culpa {diligentia); bei alleini- xou).1rixµETp(ix, sprechen, s. Ku n k e 1, SZ gem Interesse des Nehmers Haftung für 45,300 f.; 302 f.; 313 f.; Wieacker 77 ff.; qualifizierte diligentia. Nörr 107 ff. 68 Zu ' 1 Unrömisch sog. Haftung für •culpa in seiner Entwicklung eingehend concreto•. Lit. o. § 11820 • Wieacker 67 ff. (s. auch Mitteis 33061 ) u Vgl. den Gegensatz zum objektiven gegen Arangio-Ruiz 257 ff.; Weiteres Maßstab des diligens paterfamilias in D. bei N örr 1051".

§ 258. Haftungbegründendes

Verschulden

259

zu äußerster Sorgfalt um, 49 wie sie der Schuldner auch in seinen eigenen Angelegenheiten anwenden wttrde; 50 so beim tutor, 51 bei dem, der mit einem Erbschaftsfideikommiß beschwert ist, 51 und beim Ehemann, der die doe herauszugeben hat. 53 4. In einzelnen Fällen, die gleichfalle auf klassische Ansätze, namentlich im Kriminalrecht, zurückgehen werden, erweitert man die klassische dolusHaftung nicht nach diesem «konkreten> Maßstab, sondern nach einem abstrakten auf die grobe Fahrlässigkeit:" Die «lata culpa> (im Gegensatz zur 'levis culpa>)oder «nimia neglegentia> wird dem dolus gleichgehalten. 55 Für diesen Maßstab werden neben dem Beauftragten 56 und einer Reihe weiterer Fälle 57 auch der tutor 58 und der Verwahrer genannt. 59 Diese Widersprüche zur vorher angeführten Gruppe lassen auf Meinungsverschiedenheiten bei der Verarbeitung der klassischen Kasuistik in der östlichen Schuldoktrin schließen. V. Die Haftungslehre der oströmischen Schule, die mit mancherlei Unklarheiten und unaufgelösten Widersprüchen ins Corpus iuris übernommen worden ist, 60 geht zwar, wie sich gezeigt hat, noch überall von den elastischen, durch die Kasuistik bestimmten Gedankengängen der klassischen Juristen aus. Dabei hat jedoch die nachklassische Doktrin die viel feineren und den Lebensbedürfnissen besser angepaßten Gestaltungen der Klassiker häufig vergröbert, wenn auch vereinfacht und dadurch leichter zugänglich gemacht. 81 Auf die mittelalterliche und neuzeitliche Haftungslehre hat diese Endform der antiken Entwicklung trotz ihrer Schwächen, vor allem trotz der Übersteigerung des Schuldgedankens,einen bestimmenden Einfluß gewonnen. "•Exactissima diligentia•, dazu o. A. 25, 26. '° Darum nennt er in D. 27, 3, 1 pr.; 23, 3, 17 pr. u. a. die Pflicht zur diligentia quam su1s noch neben der Hartung für (jede) culpa. Vgl. eingehend De Robertis zur Tutorenhaftung (o. § 23411 ). S. ferner die verschärfte Sorgfaltshaftung in P .Mert. I 24, 12 ff. (200 n. Chr.), dazu WolU, Iura 6 (1955) 152 ff. Zu D. 18, 1, 35, 4; 18, 6, 3 s. o. A. 26, 30. 61 Vgl. zur Deutung von D. 27, 3, 1 pr. und 26, 7, 33 pr. o. § 234 11 m. Lit. 11 D. 36, 1, 23, 3 itp. (lnd.). 63 D. 23, 3, 17 pr.; 24, 3, 24, 5, beide itp.; C. 5, 14, 11, 4 (530); o. § 22317 • " Lit. o. § 11819 , dazu noch Th ay er, Bull. 45 (1938) 386 ff. Zur Definition s. D. 50, 16, 213, 2 Lata culpa est nimia neglegentia, id est non intellegere quod omnes intellegunt; ähnlic~ eod. 223 pr. (ex PS); D. 22, 6, 9, 2; W1eacker 71 ff. 11 Belege im folgenden. Vgl. auch D. 50, 16, 226 Magna neglegentia culpa est; magna culpa dolus est. Echt ist die untechnisch gebrauchte 'levissima culpa• in Ulp. D. 9, 2, 44 pr.; Arangio-Ruiz 232 ff. Im Strafrecht gilt die Regel nicht allgemein, vgl. zur lex Cornelia de sicariis D. 48, 8, 7 (mit Ind.) neque in hac lege culpa t7•

lata pro dolo accipitur. 11 D. 17,1, 8,10; 29pr. dissoluta neglegentia prope dolum est; doch vgl. auch u. § 26811 zur Haftung für culpa schlechthin. • 7 Vgl. zu •culpa lata•, •c. dolo proxima•: D. 2, 13, 8 pr.; 11, 1, 11, 11; 11, 6, 1, 1; 18, 4, 2, 5; 21, 1, 31, 12; 30, 47, 5; 36, 1, 23, 3 (o. A. 52); 36, 4, 5, 15; 41, 1, 54, 2; 43, 26, 8, 3/6; 47, 4, 1, 2. Strafrechtliche Fälle bei Mitteis 334. 58 D. 26, 7, 7, 2; C. 2, 18, 17; 5, 51, 2; 5, 55, 2. Zur postulatio suspecti tutoris gehört D. 26, 10, 7, 1; zur Haftung der Erben des Tutors C. 5, 53, 2, 1; 5, M, 1; zu der der Munizipalmagistrate und ihrer Erben D. 27, 8, 1, 3; C. 5, 75, 2. HD. 44, 7, 1, 5 magnam tarnen negleqentiam placuit in doli crimine cadere (mcht in Inst. 3, 14, 3); D. 16, 3, 32 latiorem culpam dolum esse (vielleicht aus klassischer Wurzel, s. o. A. 46). 'Culpa• schlechthin in D.16, 3, 3; 11, zur ltp. Rotondi II 99 ff.; s. auch D. 13, 6, 5, 2; 16, 3, 1, 35; 45, 2, 9, 1 u. a., Sachers, Fschr. Koschaker II 94 ff. m. Lit., insbes. Arangio-Ruiz (o. A. 6) 115 ff. 80 Über pacta, die den Haftungsmaßstab ändern, und 'natura contractus• s. Rotondi II 236 ff. 11 Kunkel, RPR 180.

260

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 259. Die Tatbestände der Obligationsverletzung. Verzug, Rechtshängigkeit

I. Mit dem Wegfall der Bindungen an die Formeln und an die strengen Grundsätze ihrer Auslegung werden auch die Unterschiede zwischen den Tatbeständen der Obligationsverletzung verwischt. Obschon Justinian die klassischen Differenzierungen aufbewahrt, ist doch die Tendenz zur Ausgleichung nicht zu verkennen. Sie zielt darauf ab, daß der Schuldner aus jeder Verletzung des Forderungsrechts, für die er nach dem Haftungsmaßstab einzustehen hat, zum Schadensersatz verpflichtet sein soll. Auch diese Tendenz kann sich bereits im Kognitionsprozeß der klassischen Zeit und in der frühnachklassischen Periode vorbereitet haben, der der Formularprozeß mit seinen Bindungen fremd geworden ist. 1 Die Pflicht zum Interesseersatz, die man bisher nur unvollkommen über die hinaus erweitert hat (o. § 115 II), wird auf alle nicht rein pönalen Obligationen erstreckt, namentlich auch auf die strengen Obligationen, die auf ein gerichtet sind (o. § 2561, § 25714). Damit wird bei diesen die perpetuatio obligationis 3 bedeutungslos. Ist der Schuldgegenstand untergegangen, so haftet der Schuldner, der den Untergang zu verantworten hat, weiter, ohne daß es der Fiktion bedarf, daß der Gegenstand noch bestehe. Während aber früher der Schuldner, sofern ihn diese Haftung trifft, vermöge der Perpetuierung den Geldwert des untergegangenen Gegenstandes immer zu leisten hatte, wird seine Leistungspflicht gemildert: Er braucht auch bei den strengen dare-Schulden nur mehr dann Ersatz zu leisten, wenn sein Verhalten den Gläubiger wirklich geschädigt hat. Er wird also frei, wenn dieser Schaden auch ohne die begangene Obligationsverletzung, also im Fall des Schuldnerverzugs auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre. 8 II. Der Tatbestand des Schuldnerverzuges wird im Vulgarrecht stark vergröbert; man begnügt sich mit schuldhaftem Zögern bei der Leist-ung.' Von den Folgen des Verzuges bleibt die Pflicht zur Leistung der Zinsen und Früchte bestehen und wird verallgemeinert. 11 Dagegen versinkt die Zufallshaftung, an ihre Stelle tritt, um den säumigen Schuldner zu pünktlicher Erfüllung anzuhalten, eine Duplierung des Schadensersatzes. 8 Dieser Stufe kann vor allem bereits die Einführung des culpa-Maßstabs in D. 45, 1, 91, 3 angehören, s.o. § 1191• - Hat der Schuldner für den untergegangenenSchuldgegenstand einen Anspruch gegen einen Dritten erlangt, so unterstreicht man jetzt seine Pflicht zur Abtretung, vgl. etwa D. 18, 4, 21 i. f. (Ind.); zu Beseler III 172 tr. s. aber o. § 153 7 • 1 Lit. o. § 119 1, dazu noch MayerMaly, lura 7 (1956) 6 ff. - Im Vulgarrecht wird die perpetuatio überhaupt nicht mehr verstanden und in eine Bestrafung umgedeutet, Levy II 105; 114; 125 (zu PS 5, 7, 4). 8 D. 30, 47, 6 i. f. itp., o. § 119', zuletzt Biondi III 241. Auch diese Neuerung 1

wird bereits mit dem Wegfall des Formularprozesses möglich. 'Levy 111 ff. Das Wort 'mora' tritt allmählich zurück und wird durch 'tarditas' o. dgl. verdrängt. Zum unscharfen Tatbestands. PS 3, 8, 4.; zum Verschulden CT 13, 9, 5 i. f. {397); NV 7, 2, 1 i. C. (442). • Über den bisherigen Bereich der formulae incertae hinaus; vgl. etwa IP 2, 12, 2 (Verwahrung); PS 3, 8, 4 (Angleichung des Legats an das Fideikommiß, anders GE 2, 7, 8 i. f.), dazu u. § 29811• • GE 2, 7, 8 i. r.,wohl aus Mißverständnis der Litiskreszenz beim Legat; Levy 114. Zur mißdeuteten 'fructus duplio' s. o. § 245 I a. E.

§ 259. Die Tatbestände

der Obligationsverletzung

261

Die östliche Lehre folgt im wesentlichen der klassischen Ordnung; das gilt für die Voraussetzungen des Verzugs,7 unter denen das Erfordernis der Mahnung etwas verstärkt wird, 8 wie für die Folgen. Der Schuldner im Leistungsverzug hat jetzt bei allen Klagen den durch sein Zögern verursachten Schaden zu ersetzen; daraus folgt die -wie erwähnt (o. 1), etwas gemilderte Zufallshaftung sowie die Pflicht zur Leistung oder Erstattung der Früchte und zur Zahlung der Verzugszinsen.• Bereinigt wird der Schuldnerverzug wie bisher durch das nachgeholte Angebot der Leistung. 10 III. Auch der Gläubigerverzug wird im Vulgarrecht mißdeutet. Es regelt hauptsächlich den Fall, daß der Gläubiger böswillig die Annahme verweigert, um im Genuß hoher Zinszuschläge zu bleiben. 11 Justinian kehrt im allgemeinen zu den klassischen Prinzipien zurück. Die klassische Unterscheidung, daß der Schuldner nach Eintritt des Annahmeverzugs bei einer Stückschuld durch nichtdolose Unmöglichkeit befreit wird, bei einer Gattungsschuld dagegen nur die exceptio doli erhält (o. § 119 III), verblaßt mit dem Wegfall des Gegensatzes von Zivil- und Honorarrecht, ohne daß doch der Unterschied planmäßig beseitigt worden wäre. 11 7

Offenbar wird nach wie vor doloses der Sachuntergang gefordert worden sein, Zögern verlangt, s. Gen z m er, SZ 44 vgl. die Stellen o. § 119 11, die nur teilweise (1924) 161 f., auch Mon tel, Mora del de- undeutlich gefaßt oder überliefert sind. bitore (1930) 225 ff.; die culpa lata ist nicht Vgl. zuletzt Magdelain, Mel. Levy-Bruhl bezeugt, und D. 45, 1, 91, 3 (culpa) handelt 199 ff. - Bei der Deliktsmora (o. § H 918 ) nicht vom Verzug. Der unklassische Aus- gilt ausnahmsweise, daß schon die oblatio druck •mora in re(m)• für einen vom Ver- der Sache die condictio furtiva tilgt, weil schulden unabhängigen Verzugseintritt die Sache aufhört, furtiv zu sein, Marcell. stammt offenbar aus der Schule; vgl. D. D. 46, 3, 72, 3; Pap. D. 13, 1, 17; nicht 22, 1, 23, 1; 38, 1; 34, 4, 3, 2; 40, 5, 26, 1; annehmbar Guarneri Citati 201 ff. (estr. 41 ff.). C. 4, 7, 7; s. ob. § 1191'. 11 Levy • Von der Schule, vielleicht schon von II 117 ff., s. auch o. § 25631 • der frühnachklassischen; vgl. etwa D. 22, Als Folge bestimmt CT 2, 33, 1 (326) mit 1, 32 pr.; 45, 1, 23 f., auch D. 5, 1, 23; 5, 3, IT beim Naturaldarlehen völligen Forderungsverlust. Bei Geldschulden wird Be25, 7; Siber, SZ 29 (1908) 47 ff. Justinian ordnet an, es solle der Mahnung in be- freiung von der Zinspflicht aus dem Urteil stimmten Fällen nicht bedürfen, wenn ein (o. § 256 IV 2) durch versiegelte HinterLeistungstermin festgesetzt ist, vgl. C. 8, legung bei Gericht oder durch Angebot an 37, 12 (529); 4, 66, 2, 1 (529), auch 1, 3, 45, das Gericht gewährt, CT 4, 19, 1, 1 (380), 4 (530), ferner D. 44, 7, 23 itp.; Sib er, ebd. vereinfacht in IT (Hinterlegung usw. bei 85 f.; 103 r. Eine schulmäßig-technische verläßlichen Leuten).Zu den germanisch beUnterscheidung zwischen •mora ex per- einflußten weiteren Quellen vgl. Levy 118. 11 Anders Guarneri sona• und •ex re• als Verzugseintritt mit Citati, APal. 11 und ohne Mahnung strebt auch D. 22, 1, {1923) 177 ff.; 207 ff. (estr. 11 ff.; 47 ff.), 32 pr. (überarb.) nicht an; die Mahnung dem noch Kaser, RE 16,275 (Mora) mit erleichtert nur dem Gläubiger den Nach- den dort Angef. gefolgt ist. Keine Bedenweis, daß der Schuldner die Leistung dolos ken gegen die sachliche Echtheit bestehen verzögert hat. bei Iul. D. 46, 3, 33, 1 (entstellt, aber ohne • Zur Frage einer Schadensersatzpflicht Neuerungstendenz); Marcell. D. 46, 3, 72 über die Zinsen hinaus s. D. 18, 6, 20, dazu pr. (zuletzt Kreil er, Iura 8 (1957] 121 f.); die Lit. o. § 11721_ Scaev. D. 44, 4, 15 (exceptio echt); Ulp. 1 ° Für die Folgen der Bereinigung des D. 46, 3, 9, t. Daß Justinian auf das ErLeistungsverzugs bringt Justinian offenbar fordernis des Sachuntergangs verzichtet ebensowenig eine planmäßige Neuerung haben sollte, ist trotz des undeutlichen wie für die des Gläubigerverzugs, u. A. 12; Schweigens mancher Stellen (vgl. D. 46, 3, anders Guarneri Citati, APal. 11 (1923) 9, 1 i. f. überarb.; unschlüssig D. 50, 17, 39) 232 ff.; 304 ff. (estr. 72 ff.; 144 ff.). Bei ebensowenig glaubhaft wie bei der BereiGattungsschulden wird für die Schuld- nigung des Schuldnerverzugs (o. A. 10); befreiung (durch exceptio doli) auch hier anders Guarneri Citati 209 (49).

262

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Daß die Hinterlegung der nicht angenommenen Leistung den Schuldner unter Umständen befreit, scheint keine justinianische Neuerung zu sein.11 IV. Die Rechtshängigkeit, die mit der Einleitung des Prozesses über den Anspruch, also mit der litis contestatio (in ihrer gewandelten Gestalt) herbeigeführt wird, H bewirkt nach wie vor eine gewisse Verschärfung der Schuldnerhaftung (o. § 119 IV). Die Pflicht zum ,also zu einer Leistung alles dessen, was der Kläger hätte, wenn die Schuld spätestens zur Zeit der Litiskontestation erfüllt worden wäre, läßt sich mit der Loslösung vom Formularprozeß auf alle nicht rein pönalen Ansprüche erstrecken; doch wird die Regel, die schon im klassischen Recht nicht bis zu den letzten Folgerungen eingehalten worden ist, nicht mehr scharf erfaßt. Die Schuldoktrin sieht den Schuldner jetzt immer als bösgläubig, 15 ja zuweilen als im Schuldnerverzug stehend an. 18 Von der Doppelung der Früchte und Zinsen im vorjustinianischen Kaiserrecht war schon die Rede. 17

II. DIE ENTSTEHUNGSGRÜNDE.

EINZELNE OBLIGATIONEN

§ 260. Die Gliederung der Obligationen I. Die Einteilung aller Obligationen in solche und wird schon in der klassischen Periode unvollständig, seitdem der technische Begriff des auf die nach ius civile klagbaren Schuldverträge eingeschränkt wird. 1 Damit bleiben alle Obligationen aus vertragsähnlichen Tatbeständen, wie negotiorum gestio, tutela, communio, schuldrechtlich wirkendes legatum, grundlose Vorenthaltung, außerhalb des Schemas. Ebendies gilt von den nur vom Prätor durchsetzbar gemachten Schuldverträgen (constitutum debiti und recepta) sowie von solchen, in denen zunächst fallweise im Anschluß an eine erbrachte Leistung eine Klage auf die vereinbarte Gegenleistung gewährt worden ist (o. § 135). Um diese Lücken zu schließen, dürfte bereits die frühnachklassische Schule, der die dem Gaius zugeschriebenen oder entstammen Levy II 119 f. Näheres u. § 274 17 • Das Näheres. im Zivilprozeßrecht. Zu sonstigen Wirkungen der L1tiskontestation s. Levy, SZ 49 (1929) 242; u. § 275 10 • Über Zinsen seit der Litiskontestation s. o. § 256 27 , über die aus Vermächtnissen s. u. 18

1&

§ 298 20 •

u Oben § 245". D. 6, 1, 15, 3 u. a., o. § 245 14 • 17 CT 4, 18, 1 (369), verändert in C. 7, 51, 2; CT 4, 19, 1 (380), nicht in Cl; Näheres o. § 245 I a. E. 1 d'Ors, SZ 74 (1957) 73 ff. = AHDE 26 (1956} 183 ff. schränkt den klassischen 11

Begriff des •contractus' sogar auf die voll-

kommen und unvollkommen zweiseitigen Verträge ein und stellt ihm das •credere' (Darlehen, stipulatio, expensilatio) gegenüber. Auf das Darlehen sei •contractus' in den klassischen Quellen nicht angewandt worden; vgl. Gai. aur. D. 44, 7, 1, 2 = Inst. 3, 14 pr. (unklass.); D. 12, 1, 9, 3 itp.; C. 4, 28, 7 (530), ferner Alex. eod. 5, 1 = CGreg. Wisig. 3, 10, 1/2 (FIRA II 662), dazu Solazzi, Bull. 59/60 (1956) 87; D. 12, 1, 3; vgl. Viard, La mutui datio (1939) 35 f. Immerhin könnte die Erweiterung, wie Gai. 3, 81 f. zeigt, bereits der Schuldoktrin des klassischen Zeitalters angehören.

§ 260. Die Gliederung

der Obligationen

263

(o. § 1939), zur nachklassischen Zweiteilung die undifferenzierte Gruppe der hinzugefügt haben.11 Die wlgarrechtliche Anschauung, wie sie GE 2, 9 pr. repräsentiert, übernimmt aus ihrer Vorlage Gai. 3, 88 nur das zweiteilige Schema in der Gestalt: ... omnes obligatwnes au, ex coniraciu nascuntur au, ex cu.lpa ( 1).1

II. Dagegen dürfte die Unterteilung der nichtvertraglichen und nichtdeliktischen Obligationen in solche und erst dem verstärkten Systembedürfnis der oströmischen Schule entspringen,' mögen auch bereits untechnische Wendungen der klassischen oder frühnachklassischen Schuljuristen hierfür den Anstoß gegeben haben. 1 Die griechischen Bearbeiter machen daraus ein und .8 Den rechnet man die obligierenden Tatbestände zu, die mit den Kontrakten ein gemein haben,7 wenn dies auch kein Vertrag ist; hierher zählen negotiorum gestio, tutela, communio, obligatorisch wirkendes Legat und grundlose Zuwendung. 8 sind, seitdem man die Delikte im allgemeinen auf die dolos begangenen Taten beschränkt, die widerrechtlichen Verletzungen aus bloßer culpa (u. § 271 II 1). Die scharfe Abgrenzung zwischen den Kontrakts- und den Deliktsobligationen wird von einer Gruppe der späten östlichen Theoretiker dadurch verwischt, daß sie gewisse typische Deliktsfolgen an Kontraktsobligationen binden. Indem man den dolus als Kriterium der Delikte (die aquilischen Tatbestände ausgenommen) ansieht, läßt man gewisse typische Deliktsfolgen auch aus doloser Vertragsverletzung eintreten, nämlich Noxalität und passive Unvererblichkeit sowie Haftung der Erben aus dem dolus des Erblassers auf die bloße Bereicherung.• Justinian lehnt jedoch diese Tendenzen ab. 10 1 D. 44, 7, 1 pr.; aus der Lit. vgl. Arangio-R uiz, St. Bonfante I 511 ff.; Di Marzo, Bull. 51/52 (1948) 4 ff.; Levy II 18. Für klassisch halten diese Gruppe Grosso, II sistema romano dei contratti 1 (1950) 16 ff.; Biondi, Contratto e stipulatio (1953) 39 ff. Zum rhetorischen Ursprung des Ausdrucks vgl. Steinwenter, SZ 65 (1947) 94st ; Orestano, Mel. LevyBruhl 457 f.; zur Unechtheit in den Rechtsquellen Perozzi, Scr. II 350 ff. 1 Ob. § 2587 • Einer ähnlichen Schicht gehört offenbar an Ulp. sing. reg. (zu dieser apokryphen Schrift s. Schulz, Hist.180f.) D. 44, 7, 25, 1 Actwnum autem quaedam ex

contractu, quaedam ex facto, quaedam in factum sunt ... , dazu Arangio-Ruiz, Mel. Cornil I 83 ff.; Grosso 29 rr. Zu eod. 52 pr. s. u. § 26118 •

'Inst. 3, 13, 2; 3, 27; 4, 5; Näheres o. 12111 , 11 m. Lit., dazu noch Albertario III 137 ff., s. auch Corso di dir. rom.: Le obbligazioni (1947) 154 ff.; 163 ff.; Betti, Bull. 25 (1912) 65 ff.; ferner die Lit. o. A. 2. Die Kategorien der Quasikontrakte und Quasidelikte werden eher einer von der östlichen Schule vorbereiteten justinianischen Auflagerung zuzuschreiben sein als dem frühnachklassischen Kern der pseudogajanischen 'aurea>. §

1 Non proprie ex contractu .•• quasi ex contractu: Inst. 3, 27 pr.-6, teilw. = Gai. aur. D. 44, 7, 5 pr.-2; vgl. quasi ex mutui ~t.wne in eod .. § 3; - no~ proprie ex malef 1.Cio••• quasi ex male/1.Cw: Inst. 4, 5 pr. §§ 1, 3, teilw. = D. 44, 7, 5, 4-6; D. 50, 13, 6; fragm. de form. Fab. 1 (FIRA II 430).

Lit. im Ind. (zu Dig.); vgl. Alb ertario III 131 ff.; Arangio-Ruiz, Mel. Cornil I 93f.; St. Bonfante I 511 ff.; Di Marzo (o. A. 2) 19 ff.; Grosso 20 ff. • Theoph. 3, 27, 3; 4, 5 pr./3; &>a,xvd d:µ.cxp'tijµ.rx in Bas. 60, 4, 1, 7 und schol. 'Allcx adhl. (D. 9, 3, 1, 7; Heimb. V 327); Ferrini, Pand.' (1952) 508; Albertario III 89. 7 Pringsheim, SZ 42 (1921) 278 I.; s. auch Riccobono, APal. 3/4 (1917) 263 rr. 8 Inst. 3, 27 pr.-6. • Inst. 4, 12, 1 mit Theoph.; vgl. eingehend Rotondi II 371 rr., s. etwa zur Erbenhaftung 380 r. (vgl. Nomoph. schol. 4 zu D. 16, 3, 1, 1 [Bas.13, 2, 1, Heimb. II 25 = Schelt. B II 637]); zur Noxalität 384 f. (vgl. Hagioth. schol. 4 zu D. 11, 5, 4, 1 [Bas. 60, 8, 4, Heimb. V 416]); zur Infamie 385 f. Zu griechischen Einflüssen ebd. 391 f. 10 Rotondi 398 ff. Vgl. D. 45, 1,121, 3; 50, 17,152, 3; 157, 2; s. auch D. 16, 3, 7, 1; 44, 7, 12; 49, alle itp.

264

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

A. OBLIGATIONEN AUS KONTRAKTEN QUASI KONTRAKTEN

UND

§ 261. Wesen und Arten der Schuldvertrlge. Arra

I. Der Begriff 'contractus>, im klassischen Recht beschränkt auf den nach ius civile klagbaren Schuldvertrag, wird im Vulgarrecht völlig aufgelöst. Das Wort bedeutet jegliche bindende Übereinkunft, also neben reinen Schuldverträgen auch Kauf und Schenkung, die jetzt zugleich das Eigentum übertragen, außerdem die Eheschließung. 1 Nach dem gefestigten Herkommen, alle wichtigen Geschäfte zu beurkunden, bezeichnet 'contractus> mit Vorliebe die Vertragsurkunde. 1 Mit der Degeneration der stipulatio und ihrer Umwandlung in ein schriftliches Schuldversprechen (u. § 263 1) wird auch der Gegensatz zwischen contractus und pactum hinfällig: Seitdem es auf die Stipulationsklausel nicht mehr ankommt, kann aus jedem Schuldversprechen geklagt werden. 8 Auch die Beurkundung war trotz ihrer weiten Verbreitung für die Klagbarkeit offenbar nicht schlechthin erforderlich,' mag auch die allgemeine Meinung ein solches Erfordernis angenommen haben. In der schulmäßigen Verarbeitung des Ostens festigt sich dagegen der Begriff des 'contractus> 6 - trotz gelegentlicher untechnischer Verwendungen des Worts - deutlicher im Sinn des klagbaren Schuldvertrags. Zur Vereinheitlichung dieses Begriffs trägt bei einmal, daß die bisherigen Vorgänge der Schuldbegründung, die zur schulmäßigen Einteilung in die 'obligationes re, verbis, litteris, consensu contractae> geführt haben, nun zurücktreten hinter das Moment der erklärten Willenseinigung, das allen Schuldverträgen gemeinsam ist (u. II). Zum anderen wird die Beschränkung der 'contractus> auf die Verträge des ius civile hinfällig. 8 Schließlich wird im Osten ebenso wie im Westen auch der Gegensatz zwischen contractus; und pactum überwunden. 7 Der Formalismus der stipulatio wird auch im Osten dahin abgeReiche Belege bei Levy II 21 ff.; s. auch Archi 379 ff. Zum Gebrauch in West und Ost Levy, SZ 76 (1959) 8 f. 1 Vgl. GE 2, 1, 2 obligationes de diversis contractihus scriptae; Archi 228; 372 f., auch 374 ff. zu IP 5, 2, 4; IT 2, 16, 3; GE 2, 9, 13 u. a. • Levy 39 f., insbes. zu CT 15, 14, 9 (395). Zur transactio s. u. § 274", zum Zinsversprechen o. § 25611• • Levy 44 ff. S.o. § 200 II 2a. 1 Zum Ausdruck s. die Stellenübersicht bei De Francisci, Synallagma II (1916) 449 ff.; 456 ff.; zu den Bedeutungen auch u. A. 12. - Zusammenfassung der für die Entwicklung maßgebenden Umstände bei Voci, La dottrina romana del contratto (1946) 303 ff. und insbes. bei Astuti, I contratti obbligatori (1952) 85ff.; 133ff., dazu Coing, SZ 72 (1955) 454 ff. 1

• Für die vom Prätor klagbar (oder sonstwie durchsetzbar) gemachten Schuldabreden, constitutum und recepta (sog. •pacta praetoria». o. § 12i1'; zu ihnen zuletzt Magdelain [o. § 196"] 126 ff.), ist der Ausdruck •contractus• allerdings nicht belegt; ebensowenig für das iusiurandum in iure (o. § 14611), das Girard-Senn, Manuel eiern.• (1929) 638 ff. hierherstellen. 7 Zur östlichen Theorie der pacta s. Rotondi II 210 ff. Zu ihrer Unklagbarkeit nach klassischem Recht, die nun gelockert wird, s. o. § 121 III, insbes. Riccobono, SZ 43 (1922) 338 ff.; 350ff., anders Biondi, Contratto e stipulatio (1953) 144 ff.; 150 rr.Zu D. 2, 14, 7, 1 (m. Bas.-schol.) vgl. Magdelain 28 rr. Zur unklassischen •naturalis obligatio ex pacto' s. Astuti (o. A. 5) 176 ff.;

§ 261. Wesen und Arten

der Schuldverträge.

Arra

265

schwächt, daß jede - herkömmlicherweise beurkundete - Verpfiichtungserklärung als Klaggrundlage ausreicht. 8 Folgerichtig werden 'pacta et transactiones> als klagbar unterstellt, 11 der Vergleich (transactio) wird vom pactum losgelöst.10 Darüber hinaus erfaßt man Schenkung und Dos• bestellung jetzt als selbständige Schuldverträge. 11 Die Schenkung ist seit Konstantins Neuregelung (o. § 242 III 2, u. § 265 I) nicht mehr bloße causa, sondern ein Vertragstypus von eigener Art. Die späte Theorie stellt sie, an die nachklassischen Gesetze anknüpf end, neben Kauf und Tausch, und zwar als (konsensualen) Kontrakt, der darauf hinzielt, in Verbindung mit der traditio Eigentum zu verschaffen. 11 Das Versprechen der dos wird von den überkommenen Typen, stipulatio und dotis dictio, gelöst und als mündlicher oder schriftlicher Vertrag selbständig klagbar gemacht. 11 Ebendies gilt bei Justinian vom Schenkversprechen (u. § 26510). Schließlich wird die Klagbarkeit der Austauschverträge, bei denen eine Leistung in der Erwartung der vereinbarten Gegenleistung erbracht worden ist, gefestigt und systematisch erfaßt. 1' Nachdem so jede vertragliche Schuldverpflichtung, namentlich jede schriftliche, klagbar geworden ist, 111bezieht man die Regel, daß aus einem 'nudum pactum> nicht geklagt werden könne, jetzt auf eine Abrede ohne 'causa•, d. h. ohne anerkannten Verpßichtungsgrund. 18 Doch hat man daneben auch die klassischen Äußerungen über das unklagbare pactum beibehalten, bezogen auf die Fälle, in denen die Parteien die Klagbarkeit ausschließen wollten. 17 II. Die Vierteilung der Kontraktsobligationen nach ihrer Begründung 're, verbis, litteris, consensu' hat sich trotz ihrer Schwächen (o. § 121 II) in der Schuljurisprudenz der klassischen Zeit durchgesetzt. 18 Das • Leo C. 8, 37, 10; 8, 17, 11 pr. (beide 472), dazu u. § 26318• • CT 2, 9, 3 (395 Ost) = C. 2, 4, 41 (zum Eid, der nur der Bekräftigung dient, s. u. § 26311). 10 Unt. A. 14 und § 274 II 3. 11 Zu 'pactum legitimum• (unrömisch) für Dotal- und Schenkungsversprecben s.o.§ 121°. 11 Pringsheim, SZ 42 (1921) 274 rr., vgl. insbes. D. 44, 7, 55 itp. Die Gesetze stellen die Schenkung bald den contractus gegenüber, vgl. C. 1, 2, 14, 7 (470); 6, 61, 8, 1 (531), bald ordnen sie sie darin ein, CT 4, 5, 1 pr. (331) = C. 8, 36, 2; CT 16, 5, 40, 4 (407) = C.1, 5, 4, 3; 4, 21, 17 pr. (528) u. a. 11 C. 5, 11, 6 itp., s.o. § 2221•. H Unten § 26910 • Hierher gehören auch das precarium (u. § 266&&),das in D. 50, 17, 23 zu den contractus gerechnet wird, und die erwähnte transactio (u. § 274°). 11 Theoph. 3, 13, 2 (dazu Nocera, Riv. it. 11 [1936) 278 ff.) und 4, 5 pr. erklärt cruvci)J..ot"'fl.l.ot (contractus) mit den gleichen Merkmalen wie Ulp. D. 2, 14, 1, 2 •pactio•. Vgl. Orosso, 11 sistema romano dei contratti 2 (1950) 75 r.; Biondi

(o. A. 7) 218 r. S. ferner PSI I 55 (dazu o. § 19511 ). 11 D. 2, H, 7, 4 itp. (Ind.); Perozz i, ACI Ver. Scr. II 584 r.; Sanfilippo, III 337 rr. Zum Vulgarrecht s. Levy 40 und u. § 263 I 2. 17 Vgl. u. § 263•••60 • Hierher gehört wohl auch der 'Vorvertrag• über künftige Darlehensgewährung (ohne die o. § 124' vorausgesetzte Stipulationsform). 18 Vgl. zuletzt Magdelain (o. § 196«1) 95 ff. Die spätklassischen Stellen, die auf dieses Schema zurückgehen, müssen nicht unecht sein, vgl. etwa Ulp. D. 46, 1, 8, 1; 46, 2, 1, 1 u. a. S. außer o. § 12114 Kaser, SZ 70 (1953) 162 m. weit. Lit. Eine seltsame Mischung aller Schemata enthält D. 44, 7, 52 pr. Obligamur aut re aut verbis aut simul utroque (dazu u. § 2621 ) aut consensu aut lege aut iure honorario aut necessitate aut ex peccato, dazu Ind.; Orosso 27; Biondi 42 r. Zu •ex lege• s. ebd. 50 r., vgl. D. 13, 2, 1 (u. § 27021 ); 44, 7, 41 pr. itp. (Ind.). Unüberlegt ist die Erwähnung des •testamentum• unter den •contractus• in D. 45, 2, 9 pr. (Ind.); vgl. Ulp. D. 50, 16, 20, aber auch C. 6, 23, 25 (528); 8, 37, 11 (528); 1, 5, 21, 3 (531).

266

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

westliche Vulgarrecht steht dieser Gliederung verständnislos gegenüber.19 Der Osten dagegen übernimmt sie mit Anpassungen an die veränderte Lage. 20 Dabei dringt nun die neue Auffassung des Schuldvertrags durch: Obschon die klassische Jurisprudenz das konsensuale Element aller Schuldverträge21 bereits erkannt und allmählich herausgearbeitet hatte, 22 sah sie doch, der älteren Anschauung folgend, die wahrhaft obligierenden Vorgänge noch in der Sachleistung (res), der Spruchformel (verba), der Buchung (litterae) und nur bei einer festbegrenzten Gruppe in dem wie immer erklärten Konsens. Demgegenüber kehrt sich in der oströmischen Willensdoktrin das Verhältnis um: Sie findet das obligierende Moment im Konsens, neben dem die 'res> und vor allem die 'verborum sollemnitas>18 zur bloßen Form herabsinken." Diese Verinnerlichung der schuldvertraglichen Bindung stimmt mit dem moralphilosophischen 26und christlichen Denken der Zeit zusammen. 218 Gehen so die überkommenen vier Gruppen, die man nicht mehr scharf auseinanderhält, 27 im vereinheitlichten Schuldkontrakt GE 2, 9 pr. ff., dazu Archi 365 ff.; Levy 18 ff. Das •re contrahere> erschöpft sich, wie in Gai. 3, 90, auch für den Epitomator im Darlehen. •verbis> bedeutet ihm die formfreie Mündlichkeit im Gegensatz zur förmlichen Wechselrede, die er •verborum sollemnitas• nennt. Demgegenüber bedürfen die •consensu> abzuschließenden Kontrakte keiner •scriptura aut sollemnitas• (eod. § 13; Archi 375 f.; 396 f.; 4101.). 'Litteris> ist ihm als Buchung unverständlich, während ihm die Beurkundung bei allen Vertragstypen geläufig ist. Archi 397 unterlegt dem Recht dieser Zeit ein neues Schema, indem den formfreien Verträgen die an die Schrift oder an bestimmte Wortform gebundenen gegenübertreten, dazu u. § 263H. zo Vgl. o. A. 18. Der Litteralkontrakt ist verschwunden; zu Inst. 3, 21 s. u. § 263 II; Grosso 100 ff. 11 Anders Brasiello, StUrb. 3 {1930) 103 ff.; 124 ff.; SD 10 (1944) 107; 11661 , der dem Konsens außerhalb der Konsensualkontrakte nur honorarrechtliche Wirkung zuschreibt. 12 Ped.-Ulp. D. 2, 14, 1, 3 (dazu auch Beseler, SZ 66 (1948] 309; 311), ferner Paul. D. 44, 7, 3, 1; Riccobono, St. Bonfante I 140 ff.; Levy, SZ 51 (1931) 556 f.; Biondi (o. A. 7) 211 ff.; auch Bortolucci, ACJI I 243 ff. (m. Lit.); anders und radikaler die o. § 121• Gen., auch De Francisci (o. A. 5) 474 ff. Zur Ausgestaltung der Theorie der conventiones in D. 2, 14, 5-fr. 7, 2 (mit Bas.schol.) s. ebd. 508 ff. Vgl. auch die Definition des contractus in Theoph. 3, 13, 2 auvcill«yi,tix 8i iaTL Mo fi xixt 7tAEL611(,)v elt; TO IXU'rO auvo86t; -.e xcxt auvcx(peaLt;e1tl ';'0 18

auaniacxa&cxL evoxi)v xixt 'rOVl-repov -.cj>htp'l) n-oLijacxL 1'.meu&uvov, dazu Maschi, ATri. 16

(1947) 159ff.; Astuti (o. A.5) 167ff. In D. 2, 14, 1, 4 und 7, 1 waren ursprünglich vielleicht nur Konsensualkontrakte genannt, vgl. lnd. und Grosso (o. A. 15) 59 f.; 76; 94. - Eine Ausgleichung zwischen •conventio• und 'lex (contractus)• bei Justinian behauptet Georgescu, Essai d'une theorie generale des leges contractae (1932) 225 ff. aaS. u. A. 27. "Perozzi, Scr. II 565 ff.; Riccobono, SZ 43 (1922) 274 ff.; Archi 379 ff.; 396 f.; Brasiello, SD 10,101 ff.; Scr. Ferrini Pav. M9; Grosso 74 ff., 87 ff. pass.; Biondi 122; einschränkend Astuti 170 ff. - Vgl. Inst. 3, 15, 1 (zur Stipulation, u. § 26346 ). 16 Einflüsse der griechischen Philosophie, unterstützt von der christlichen Ethik, vermutet De Francisci (o. A.5) 498 ff. (dazu Stoll, SZ 47 (1927] 549 f.); s. auch Coing, SZ 69 (1952) 55; zweifelnd Kunkel 2451 • • Gegen Roberti in: Cristianesimo e dir. rom. (1935) 85 ff., der die nachklassische Auflösung des klassischen Vertragsformalismus einseitig auf den christlichen Einfluß zurückführen will, vgl. schon Steinwenter, SZ 56 {1936) 381; Astuti 153 ff.; Biondi III 214 ff. m. Lit. Abschwächend auch Brasiello, Scr. Ferrini Pav. 505 ff., der insb. 516 ff.; 532 ff. zeigt, daß bei den Kirchenvätern die Schriftform (ebenso wie Eid, arra, Pfand) zu bloßer Bekräftigung bereits anerkannter Verbindlichkeit dienen soll; vgl. dazu (weiter einschränkend) Astuti 160 ff. 17 Trotz Aufnahme in Inst. 3, 13, 2. Zur Umformung des Verbalkontrakts in den beurkundeten Schuldvertrag, der zugleich den Litteralkontrakt ablöst, s. u. § 263 I, II, insbes. Brasiello, SD 10,

§ 261. Wesen und Arten

der Schuldverträge.

Arra

267

auf, so gewinnt damit der individuelle Verpflichtungsgrund, die , wieder stärkere Bedeutung. 118 Sie bestimmt auch die und damit die (o. § 199 I 3). III. Aus Nebenabreden (sog. ) gewährte das klassische Recht Ansprüche nur im Rahmen der bonae fidei iudicia, 29 sofern die Abrede gleichzeitig mit dem Hauptvertrag (in continenti) getroffen worden war. 80 Die Berücksichtigung der in continenti abgeschlossenen pacta wird nun auf die Stipulation erweitert. 81 Bei den bonae fidei iudicia beachtet die oströmische Schule auch Abreden ex intervallo, sofern sie nicht die ändern. 88 IV. Gegenüber den Einteilungen der vertraglichen und vertragsähnlichen Obligationen in ein- und mehrseitige (o. § 123) hat die nachklassische Periode keine einschneidenden Neuerungen gebracht. M Dies gilt ebenso für die Austauschverträge (emptio venditio und locatio conductio), bei denen die materiellrechtliche Abhängigkeit der wechselseitigen Ansprüche schon im klassischen Recht vollzogen war, 85 wie für die sog. unvollkommen zweiseitigen Verhältnisse mit ihrem Haupt- und Gegenanspruch. 88 Bei dieser 115 ff. Folgerichtig sieht man das beurkundete Darlehen als eine obligatio •re et verbis• an, u. § 262 1. Zur •re• abzuschließenden societas s. u. § 267 18 ; Grosso

109 ff. 18

Arch i, Scr. Ferrini Pav. 680 ff.; s. u.

§ 26316 • 18 Ob. § 11410 • Vgl. auch Magdelain (o. § 196") 42 ff. · 80 Abreden zugunsten des Schuldners begründeten gegenüber strengen Klagen die exceptio pacti; sie wurde als den bonae fidei iudicia •inhärent• angesehen; vgl. o. § 11417 , dazu noch Biondi (o. A. 7) 17i1. ZumVulgarrecht s.PS 1, 1, 2, dazu Levy, PS 49 ff.; Bull. 55/56 Suppl.

(1951) 231 f.; 240 f. 81 C. 2, 3, 27 und D. 12, 1, 40 pacta in coniinenti f acta stipulationi inesse creduntur, itp. nach Riccobono, SZ 43, 344 ff.; doch könnten Vorläufer schon

dem spätklassischen Kognitionsprozeß angehören, s. auch Biondi 166 ff. 81 •Natürliche• Vertragselemente sind solche, die keiner ausdrücklichen Vereinbarung bedürfen (unrömisch sog. •naturalia negotii>); Rotondi II 219ff. Vgl. zur Einteilung in •essentialia, naturalia, accidentalia negotii> in der gemeinrechtlichen Lehre Wi n dsch ei d-Ki p p I 4491 { § 85). 88 D. 2, 14, 7, 5 f.; 18, 1, 72 pr., beide itp., dazu Rotondi II 258 ff.; Grosso, Efficacia dei patti {Mem. Tor. 1928) 34 ff. {auch zu PSI I 55, 69 ff.) und insbes. Stoll, SZ 44 (1924) 75 ff. mit den griecb.

Kommentaren. Auch die Inhärenz der exceptio wird jetzt materiellrechtlich verstanden: Das pactum hebt den Vertrag ganz oder teilweise auf, soweit es seine •Natur> verändert. S. auch Grosso (o. A. 15) 199 ff. Keine pacta adiecta zum Darlehen: ebd. 190 ff. "Vgl. F. Schwarz, SZ 71 (1954) 219. Anders Partsch, Nachgel. Sehr. 3ft. pass., der erst der oströmischen Schule die Ausbildung des Gegenseitigkeitsverhältnisses, und zwar nicht nur bei Kauf, Miete, Gesellschaft, sondern auch bei den unvollkommen zweiseitigen Verhältnissen einschließlich der negotiorum gestio zuschreibt. Terminologisch sei dieses Verhältnis mit den Begriffen m,v«ll.lX"fl'a: (o. § 1231 ), •obligatio ultro citroque• erfaßt worden. Doch vgl. dazu kritisch und zugleich grundlegend Levy, SZ 52 (1932) 512 ff. m. weit. Lit. (vgl. o. § 123 10 ). S. auch 520 ff. gegen PartschsAnnahme, im klassischen Recht habe bei den bonae fidei-Klagen die Rechtshängigkeit der direkten Klage ohne weiteres die der Konträrklage ausgelöst, so daß auch der Kläger habe verurteilt werden können. 36 Näheres o. § 123 10 und soeben A. 34. Nur in Einzelheiten vermutet eine Weiterentwicklung Arangio-Ruiz, La compravendita1 (1954) 223 ff. zu Paul. D. 18, 1, 34, 3 und Ulp. D. 19, 1, 13, 17 mit 10, 3, 7, 13.

• Lit. ob. § 123 8 , zur Sache ebd. I 3, nicht erschüttert durch Provera, Lab. 1 (1955) 336 ff.

268

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Gruppe war die materiellrechtliche und prozessuale Verselbständigung des 'contrarium iudicium> schon im klassischen Recht erreicht. 87 Mit der Loslösung vom Formularprozeß wird das Recht auf Ersatz von Aufwendungen (impensae) verselbständigt, die auf eine herauszugebende Sache gemacht worden sind. 88 Während bisher dafür außerhalb des Kreises der Konträrklagen• nur das Zurückbehaltungsrecht (retentio)' 0 zu Gebote stand, das gegenüber den strengen Klagen durch exceptio doli geltendzumachen war (o. § 123 II 2), erkennt Justinian (mit der oströmischen Doktrin) ein selbständiges materielles Recht auf Erstattung an,u das vom Richter ohne weiteres zu berücksichtigen istn und auch mit selbständiger Klage geltendgemacht werden kann.ta Mit der Verurteilung zur Naturalleistung wird auch die Abgrenzung von Retention und Aufrechnung verdeutlicht: Jene greift ein, wo Leistung und Gegenleistung auf ungleichartige Gegenstände gerichtet sind."

V. Seitdem im Vulgarrecht der Kauf nicht mehr durch bloßen Konsens geschlossen wird (o. § 242 III 1), kann auch die arra nicht mehr einen schon zustandegekommenen Vertrag sichern helfen." Andererseits sah man sie auch nicht als ausreichend an, um die vertragliche Bindung herzustellen. Gleichwohl lebt sie in der Praxis fort, offenbar zu dem Zweck, den Verkäufer an anderweitiger Veräußerung der Sache zu hindern. 48 Justinian,' 7 der den klassischen Konsensualkauf wiederherstellt, eröffnet den Parteien die Wahl zwischen der schriftlichen und der nicht schriftlichen Form. Bei jener soll die Hingabe einer arra den erst geplanten schriftlichen 11

Das schließt nicht aus, daß die oströmische Doktrin die Selbständigkeit der Konträrklagen weiterhin begünstigt hat; vgl. dazu die Gründe bei Levy, SZ 52, 518 f. - Zur Konträrklage auf Schadensersatz s. u. § 26280 • 88 Zu ihnen o. § 245 II 4 m. Lit., s. insbes. Riccobono, APal. 3/4 (1917) 357 ff.; 367ff.; 433ff.; Bull. 47 (1940) 14ft. • Zu ihrer Anwendung für den lmpensenersatz Schwarz, SZ 71,121 rr.;162 rr.; anders (für ltp.) Biondi, APal. 7 (1920)

cit., Riccobono 188 ff.; weitere Stellen bei N ardi 102 ff. m. Lit. Zur Verrechnung der Aufwendungen mit den Früchten s. D. 6, 1, 31; 48; 65 pr.; 24, 1, 28, 1; 24, 3, 42, 1; 42, 8, 10, 20; C. 8, 44, 16, alle itp. nach Biondi, APal. 12 (1927) 384 ff., zust. Solazzi, La compensazione in dir. rom. (1950) 215 f., anders aber Riccobono jr., APal. 17 (1937) 53 ff. "Nardi II 169 rr. Nach Marrone, Jura 6 (1955) 170CC. hat im klassischen Recht die Aufrechnung eine Retention im allgemeinen ausgeschlossen, dagegen aber 121 ff. n Vgl. N ardi, AG 124 (1940) 74 rr.; Nardi 28H; s. auch l\1eylan, Fschr. Si139 ff.; Scr. Ferrini Mil. I 354 ff.; Studi monius 247 rr.; 255 f. sulla ritenzione in dir. rom. 1-111 (1947" Die römische arra ist, wie schon für 1957; III = StParm. 7 [1957) 205 Cf.), das klassische Recht, nur beim Kauf überliefert. Zu Plautus zuletzt Meylan, Mel. dazu Marrone, Lab. 4 (1958) 81 ff.; Burdese, Jura 9 (1958) 185 ff. Doch denkt Levy-Bruhl 205 f. Zur arra sponsalicia s. sich N. die klassische Terminologie zu o. § 216 1. starr; auch die Klassiker durften von "CE 297; zu alldem Levy I 159f.; •retinere• sprechen, wo die exceptio doli II 232 ff., hier auch zur Frage germanibegründet war. schen Einflusses auf die Handhabung in Greek ' 1 Nardi, Studi II 91 rr.,zu klassischen CE cit. gegenüber Pringsheim, Vorstufen 183 ff. Law of Sale (1950) 339 ff.; Wieacker, 41 Auf das •officium iudicis• berufen sich Vulg. 34 r. Vgl. ferner Massei, Bull. 48 D. 6, 1, 28; 48; 9, 4, 11, dazu Ind. u. (1941) 392 ff.; Mer~a. Estudos de dir. N ardi II 164ff. Im übrigen vgl. o. § 24517• hisp. med. J 40 ff.; 46 ff.: 139 ff.; Algo de ca Actio negotiorum gcstorum: C. 5, 13, novo sobre la arra vi'-ig6tica, in: Boletim 1, 5e (530); D. 3, 5, 30, 7; 5, 3, 50, 1; 10, Fac. Dir. Coimbra 31 (1955, s. Jura 7 [1956) 3, 14, 1 i. f.; eod. 19, 2; C. 3, 36, 18, 1; 422). Zur Teilpreiszahlung o. § 24233 , 34 • vgl. die Lit. im Ind., für ltp. insbes. Ricco' 7 Lit. o. § 1221 , dazu Berger 367 shv.; bono (o. A. 38) 221 ff., doch s. einschrän- vgl. aus neuerer Zeit Cornil, SZ 48 (1928) kend Rabel, St. Bonfante IV 299 ff.; 51ff.; Carusi, St. Bonfante IV 503ff.; actio communi dividundo: D. 10, 3, 14, 1 Volterra, Dir. rom. e dir. or. (1937) 258

§ 261. Wesen und Arten der Schuldverträge.

Arra

269

Abschluß sichern, bei dieser den schon geschlossenen Vertrag verstärken. '8 Im ersten Fall folgt die arra dem Vorbild des griethischen Rechts, das den Konsensualkontrakt nicht kennt' 9 und darum besonderer Mittel zur Haftungsbegründung bedarf. 60 Ebendieses Vorbild hat 1ustinian dazu bestimmt, an die arra die Folge zu knüpfen, daß der Teil, der sich von der Abrede lossagt, rechtliche Nachteile erleidet: Der Geber verwirkt die arra an den Gegner, der Nehmer muß die empfangene in doppelter Höhe zurückzahlen. Doch läßt Justinian diese Folgen auch eintreten, wenn die arra nicht den Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages sichern soll, sondern die Erfüllung des Konsensualkauf s.61 Auch die Vertragsstrafe hat in den hellenistischen Rechten die Aufgabe, die mit der bloßen Schuldabrede noch nicht verbundene Haftung herzustellen. 11 Das klassische römische Recht, das dem Schuldvertrag regelmäßig ohne weiteres obligierende Kraft beilegt, ist auf diese Funktion nicht angewiesen. Hier dient die Vertragsstrafe häufig als Sicherungsmittel für eine bestehende Verbindlichkeit, zuweilen auch zur Erzwingung einer nicht geschuldeten Handlung oder Unterlassung (o. § 120). Dabei ist es im Vulgarrecht11 wie bei Justinian" geblieben. ff.; Massei 368 rr.; Lisowski, RIDA 5 (1950) 73 ff.; Talamanca, L'arra della

11 C. 4, 21, 17, 2 (528); Inst. 3, 23 pr. Vgl. zum hellenistischen Einfluß, der Abweichungen vom griech. Recht nicht auscompravendita (1953) 79 rr.; ArangioRuiz, La compravendita 1 {1954) 101 ff.; schließt, Levy, Symb. Lenel (1937) 138 f.; ACI Roma I 471 t.; Sale Chalon-Secretan, Les arrhes de la vente Pringsbeim, sous Justinien (1954), dazu Talamanca, Nach~el. Sehr. 344 rr.;s. auch Partsch, AG 147 (1956) 132 rr.;d'Ors, Iura 6 (1955) 275 rr.;Collinet, :8t. I 85 ff.; W1eacker, 149 rr.; 9 {1958) 78 ff.; Thomas, TS 24 Lex commissoria (1932) 106 rr.; Wolrr, {1956) 253 rr.;Butterworths South Africa SZ 74 (1957) 51 r. Zu den Schwierigkeiten, Law Review 1956, 60 ff. Ältere nichtjurist. die beiden Stellen zu vereinigen, s. die Lit. Schriftsteller werfen häufig arra und pig- o. A. 47. d'Ors hält in c. 17, 2 si"e in nus zusammen; s. Volterra 260 m. Lit. scriptis sil'e sine scriptis für nachgefügt, Zu Isid. et. 5, 25, 20 f.; 9, 7, 4 s. Boyer, das Gesetz habe zunächst nur den schriftMel. Levy-Bruhl 49 ff. lich abzuschließenden Kauf sichern wollen • Im ersten Fall, in dem die arra eine (eod. 17 rr./1)und sei erst im Anschluß an Straffunktion hat, spricht das gemeine lnst. au den formlosen Konsensualkauf Recht (unrömisch) von •arra poenalis•, im erweitert worden; doch s. auch die Gegenzweiten, wo sie zugleich als Reugeld dient, gründe bei Thomas, insbes. in Law Rev. von •arra poenitentialis•. Ein Rücktrittsrecht (Reurecht) folgt aus • Grundlegend Pringsheim, Sale 14U. Inst. cit. für den schriftlich abzuschließenpass.; Iura 6 (1955) 18 rr.; W olff, SZ 74 den Vertrag, solange weder diese Form (1957) 26 rr.,beidem. Lit.; s. auch ders., vollzogen noch eine arra gegeben ist. 61 Vgl. zu den Papyri JJP 1 {1946) 55ff.; Seidl, St. Albertario Pringsheim, I 107 rr.; 110 rr.; Demeyere, AHDO- Sale 413 und insbes. Taubenschlag 299 RIDA 1 {1952) 215 ff. rr. m. weit. Hinw., vor allem B erger, Die 18 Pringsheim, Sale 333 ff. pass.; Ta- Strafklauseln i. d. Papyrusurk. (1911). 13 Levy lamanca, L'arra 3 rr.;zu den Papyri auch II 131 rr. Zur Praxis vgl. PS 1, 1, 3 = D. 2, 15, 15 (überarb.; Levy, insbes. Massei 334 rr. und Taubenschlag 408 U. (beide m. Lit.). Zu SRR PS 51 ff.); zum Aufgehen der stip. Aquiliana in einem Strafversprechen vgl. CT (L 51, P 21, Ar. 98, Arm. 97) s. Massei 358 ff.; Talamanca39ff. Ein •Reurecht•, 2, 9, 2 (381) = C. 2, 4, 40 (dazu Levy II also ein Rücktrittsrecht gegen Preisgabe 133, anders Perozzi II 177); vgl. u. der arra, wie es Carusi, Bull. 28 {1915) § 27450 • 261 U. aus SRR L 38 (R III 38) folgern " Eine planmäßige Ausgleichung von will, hat es offenbar nicht gegeben, vgl. ius civile und ius honorarium (so GuarSchupfer, Riv. it. 59 (1917) 143 ff. (SZ neri Citati, Bull. 32 [1922] 241 ff., vgl. 48 [1928] 774); Nallino IV 117 rr. = Riv. SZ 47 [1927] 563 f.) ist hier ebensowenig anzunehmen wie in ähnlichen Fällen (o. stud. orient. 9 (1921/23) 76 ff.; Pritsch, SZ 47 (1927) 447 f. m. weit. Lit. Zur Ab- § 19939 ). Vielmehr erschöpfen sich Justiwehr volksrechtlicher Erscheinungen eines nians Maßnahmen in der Bereinigung von Streitfragen oder in BilligkeitsentscheidunReurechts s. u. § 27483 •

270

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 262. Darlehen, Leihe, Verwahrung, Verpfindung I. Das Darlehen (mutuum) verwandelt sich im Vulgarrecht, 1 wenn man von formlos vereinbarten und gewährten Freundschaftsdarlehen absieht, alsbald in ein schriftliches Rückzahlungsversprechen. Nicht mehr die Auszahlung der Darlehenssumme verpflichtet, 2 sondern der Schuldschein (chirographum, cautio usw.), der die klassische stipulatio ablöst. Doch kann die Schriftforderung, wenn die Darlehenssumme nicht bezahlt worden ist, mit der• exceptio (querela) non numeratae pecuniae'bekäm pft werden. 8 DerSchuldschein kann auch Nebenabreden aufnehmen, besonders über eine Verzinsung.' Justinian stellt das mutuum als Realkontrakt wieder her, bei dem die Hingabe der Darlehenssumme zur vertraglichen Einigung hinzutreten muß, um die Verbindlichkeit zu begründen; 5 die Beurkundung dient nur noch dem Beweis. Die auch im Osten allgemein geübte Urkundenpraxis zusammen mit der Umformung der Stipulation bewirkt jedoch, daß der mit Stipulation verstärkte Darlehensvertrag als 'obligatio re et verbis• aufgefaßt wird. 6 Die Klage, die nach wie vor 'actio certae creditae pecuniae• oder , der für jegliches Geben, Gewähren, Überlassen gebraucht wird, ihr Profil. 16 Sie verschwimmt teils als 'Geldleihe> mit dem Darlehen, 18 teils als entgeltliche Sachgewährung zu Gebrauch und Nutzung mit Miete oder Pacht und damit auch mit dem precarium, das jetzt als bindender, meist entgeltlicher Schuldvertrag aufgefaßt wird, 17 teils endlich mit der Hinterlegung (commendatum). Die klassische custodia-Haftung wird auf 'culpa> abgeschwächt. 18 J ustinian kehrt zum commodatum als unentgeltlicher Gebrauchsüberlassung zurück 19 und trennt es auch vom precarium (u. § 266 III a. E.). Die actio commodati des Verleihers und die Konträrklage des Entleihers werden nach der bona fides beurteilt. 20 Der Entleiher hat äußerste Sorgfalt anzuwenden und haftet demnach für jede, auch die leichteste Fahrlässigkeit.21 III. Auch der Verwahrungsvertrag verliert im Vulgarrecht viel von 22 seiner bisherigen Gestalt. Der Name 'depositum> wird von dem aus der Laiensprache stammenden 23 'commendare> zu Anfang des 4. Jh. vollständig verdrängt.tc Seitdem die locatio conductio zurücktritt, kann der Verwahrungsvertrag auch entgeltlich sein, und zwar nach westlicher wie nach östlicher Auffassung; erst Justinian schränkt den Vertrag wieder auf die unentgeltliche Verwahrung ein. 25 Die Haftung des Verwahrers zeigt im Vulgarrecht die dort übliche Verwischung der überkommenen Maßstäbe.• 11 D. H, 6, 10; 18; o. § 12411 ; Burdese, Nat. obl. (o. § 25521 ) 114 ff. 11 C. i, 28, 7 (530), vgl. o. § 12411 • 11 C. eod. § 1. 11 Levy II 163 ff.; SZ 76 (1959) 10. Zu •praestare• für •verleihen• II 164" m. Lit. 11 Am deutlichsten in CT 2, 31, 1 (422) gegenüber C. 4, 26, 13. S. auch IT 2, 33, 1. Zum naturalistischen Denken, das sich darin ausdrückt, Wieacker, Vulg. 35. Vgl. ferner Levy, SZ 49 (1929) 245 ff. zu den sicheren oder möglichen germanischen Einflüssen, besonders beim streitentscheidenden Eid, IP 2, 1, 3 gegenüber PS u. a. 17 Näheres u. § 266 II 2. 18 Das ist schon frühnachklassisch, s. o. § 2586 • Zum Vulgarrecht s. ebd. 11• Vgl. Levy II 165 r. zu CE 278 f. Ober anteilige Hartung des Verleihers und des Entleihers für höhere Gewalt nach CE 282 s. Levy 1n rr.; sz 49, 248. 11 Ein Überrest des entgeltlichen Kommodats in C. 11, 62, 4 (368); zu D. 13, 6, 5, 3 plerumque itp. vgl. Levy, SZ 76, 1011 (gegenüber II 166). so Ob. § 25511 , s. auch § 1258 • - Von

zweifelhafter Echtheit ist das Recht zur Aufrechnung (oder Retention?) in C. 4, 23, 4, vgl. Biondi, APal. 7 (1920) 129 f.; Taubenschlag, RPR 279 = Op. I 175. 11 Ob. § 25828 • 11 Levy II 166 ff. Zu vereinzelter Anwendung auf Grundstücke in IP 2, 12, 2 s. ebd. 173. Zur Sequestration ebd. 180. 23 Vgl. die Parteianfragen in Pap., Paul. D. 16, 3, 24; 26f.r.; Ulp. D. 50, 16,186. H Levy 166 f . mit Belegen. 16 S. zum Westen CE 278, zum Osten die ltp. in D. 13, 6, 5, 2; 47, 8, 2, 23, dazu Levy 173ff.; SZ 76,18(. - Zum Sequester (o. § 126 III) s.o.§ 2391t_- Zum umfassenderen Begriff der griechischen nrxpClXrx-rrx&1pnJ, die von den römischen Klassikern bald als depositum, bald als donatio, bald als Fideikommiß konstruiert wird, vgl. Frezza, Symb. Taubenschlag I 139 ff.; zum griechischen Recht zuletzt Kießling, Akten d. VIII. Intern. Kongr. r. Papyrologie (Mitt. Pap. Erzh. Rainer 5, 1956) 69ff.; Ehrhardt, SZ75(1958)32 ff. • CE 278 läßt aus entgeltlicher Verwahrung für Zufall, aus unentgeltlicher für

272

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Der klassizistische Osten kehrt zur dolus-Haftung zurück, 27 erweitert sie aber um die qualifizierte Fahrlässigkeit. 28 Im übrigen richtet J ustinian mit der actio depositi, 29 die nach der bona fides beurteilt wird, und der Konträrklage 80 den Namen und die Grundsätze des klassischen Rechts wieder auf. Der Ausschluß der Aufrechnung beim depositum 11 wird von Justinian erweitert: Gegen den Rückforderungsanspruch des Hinterlegers ist jede Aufrechnung, Deduktion oder Retention, auch die Berufung auf dingliche Rechte unzulässig. 31

Die Hinterlegung in Notlage, aus der der Verwahrer im klassischen Recht auf das Doppelte gehaftet hat, verschwindet im \Vesten völlig.83 Im klassizistischen Osten bleibt sie bestehen, ihre Rechtsfolge wird aber dahin umgedeutet, daß der Verwahrer auf das Doppelte haften soll, wenn er die Rückgabe wider besseres Wissen verweigert hat. 84 J ustinian versteht dies als Litiskreszenz. 85 Die sog. 'uneigentliche, Hinterlegung von Geld, das der Verwahrer verbrauchen darf, also nicht in den empfangenen Stücken, sondern nur in gleicher Summe, allenfalls mit Zinsen, zu erstatten hat, kommt im Westen offenbar nicht vor. 38 Im Osten wird das Geschäft nach dem Vorbild der hellenistischen Rechte, denen es geläufig ist, nun allgemein anerkannt. 87 IV. Daß man die Verpfändung unter die Realkontrakte einreiht, 88 ist nach wie vor nur für die Hingabe als Besitzpfand gerechtfertigt. Die Schuldoktrin, der J ustinian folgt, konnte sich dafür auf gewisse Parallelen der vertraglichen Hingabe als Pfand zu der als depositum und besonders Verschulden (culpa, neglegentia) haften. CE 280, 282 verordnet für gewisse Fälle schuldlosen Verlusts eine Teilung des Schadens (o. A. 18). Zu den römischen und den germanischen Elementen s. Levy II 175 fr.; 177 rr.; sz 49,247 r. 11 Die im klassischen Recht im Anschluß an die Cormula in factum concepta noch fortbestehenden und erst allmählich überwundenen Überreste einer Pönalität der actio depositi (o. § 1261 ) leben bei einem Teil der oströmischen Doktrin mit der Unvererblichkeit als Folge der dolosen Vertragsverletzung wieder auf, vgl. o. § 2609 ; s. Rotondi II 122 ff. und insbes. 373 ff. zu Theoph. 4, 12, 1; auch 379 f. 18 Vgl. zur Haftung für diligentia quam suis o. § 258", zu der für culpa lata ebd. 69 • 19 Actio utilis zugunsten eines Dritten: C. 3, 42, 8 itp., vgl. P. Krüger, SZ 36 (1915) 94; Wesenberg, Vertr. zug. Dritter (1949) 25 r.; o. § 25619• Sf.ätklassisch ist dagegen PS 2, 12, 8 (ex col. 10, 7, 8), vgl. ebd. 26 ff. m. Lit., s. auch Levy II 156113 • 30 Daß erst Justinian die Konträrklagen auf die Ersatzpflicht für die von der hingegebenen Sache verursachten Schäden ausgedehnt habe (Siber 188), ist nicht ge-

rechtfertigt. Zu D. 13, 7, 31 i. r. (urspr. fiducia) s. F. Schwarz, SZ 71 (1954) 134 m. Hinw. 11 PS 2, 12, 12, dazu o. § 12611 ; Levy II 148 m. weit. Lit. Der Satz gehört zum klassischen Kognitionsverfahren, bei dem vielleicht auch die Ansätze der uneigentlichen Verwahrung zu suchen sind. 81 C. 4, 34, 11 (529), dazu Pringsheim, ACI Roma I 487; Archi, Riv. it. 5 (1951) 231 r.; s. ferner C. 4, 31, 14, 1 i. r. (531); Nov. 88, 1 (539); Rotondi II 79 ff. 33 Levy 169 r. u D. 16, 3, 1, 4 itp. und insbes. Theoph. 4, 6 §§ 17, 23, 26 u. a.; s. Levy 170 f. Vgl. damit P. Oxy. I 71 (4. Jh.), dazu Taubenschlag 35213 m. Hinw. 16 Inst. 4, 6, 26, dazu Rotondi II 131 ff.; 417 ff.; Levy 337. 38 Levy 171 r. Vgl. PS 2, 12, 9 ex coll. 10,7,9. 37 Quellen und reiche Li t. o. § 126 II; Brasiello, St. De Francisci IV 477 ff.; Taubenschlag 351. Zur •natura contractus• Rotondi II 247 ff.; Bonifacio, Bull. 49/50 (1948) 132 f.; zur Verzinsung ebd. 133 rr.;152. 38 Ob. § 1271 • Zum Verschwinden der fiducia s. o. § 250 II.

1 263. Stipulation

und andere

Schuldversprechen

273

als commodatum stützen. Die actio pigneraticia auf Rückgabe der Pfandsache, allenfalls auf Herausgabe des superfluum oder auf Schadensersatz bei Verschulden, 89 richtet sich nun gleichfalls nach der bona fides,' 0 ebenso die Konträrklage.u § 263. Stipulation und andere Schuldversprechen

I. Die stipulatio, das an strenge mündliche Wortform gebundene Schuldversprechen, zählt nach Gestalt und Bedeutung zu den eindrucksvollsten Zeugnissen für die Eigenart des römischen Rechtsdenkens. Nach dem Ende der Klassik wandelt sich jedoch ihre Gestalt, indem an die Stelle der mündlichen Frage- und Antwortform die Schuldurkunde gesetzt 1 wird. Die inneren und äußeren Gründe dieser Veränderung reichen zum Teil schon weit zurück. 1. Bereits die jüngere Republik kennt als 'syngrapha> den Schuldschein, in dem sich jemand verpflichtet, einem anderen (oder jedem Überbringer)• eine empfangene Geldsumme zurückzuzahlen. Aus dieser Schuldurkunde konnte nach griechischem Recht geklagt (oder, wenn dies dem Gläubiger in der Urkunde eingeräumt war, ohne Klage und Urteil vollstreckt) 8 werden, ohne daß dabei die Auszahlung der Darlehenssumme vorausgesetzt wurde; die Urkunde verbrieft mithin ein wirkliches oder fiktives Darlehen.' Solche "Zum Westen vgl. Levy 194. Zum Haftungsmaßstab im klassizistischen Osten s. o. § 25831 • '° Ob. § 2551', s. auch o. § 1278 • u Näheres o. § 1279 • Justinian hat auch viele ursprünglich zum contrarium fiduciae iudicium gehörige Stellen auf das pignus umgestellt; F. Schwarz, SZ 71, 122 f. (vgl. insbes. die Billigkeitsregelung in D. 13, 7, 25); 134; 144 ff. 1 Aus der reichen Lit.: On eist, Die formellen Verträge des neueren röm. Oblig.rechts (1845) 253 ff.; Brunner, Zur Rechtsgesch. d. röm. u. germ. Urkunde I (1880) 62 ff.; 87; 147; Mitteis, RR 485ff.; Ferrari I 41 ff. = AVen. 69, 2 (1909/10) 743 ff.; Freund t, Wertpapiere im antiken u. frühmittelalt. R. I (1910) 68 ff., dazu Partsch, Ztschr. ges. Handelsr. 70 (1911) 461 ff. und Ferrari III 392 ff. = Byz. Ztschr. 20 (1911) 532 ff.; Binder, St. Brugi 341 ff.; Collinet, tt. I 59 ff.; Brandileone II 59 ff.(= ATor. 42 (1907] 339 ff.) und insbes. II 419 ff. = Riv. stor. dir. ital.1 (1928) 7ff.; 270ff.; Steinacker, Die antiken Grundlagen d. frühmittelalt. Privaturkunde (1927) 83 ff.; grundlegend Riccobono, SZ 35 (1914) 214 rr.; 43 (1922) 262 ff. (ausführl. Lit.bericht 35, 230 ff.); vgl. auch Stipulationes, contractus, pacta (Corso 1935); eine erweiterte Neuausgabe der Abh. aus SZ 35 t8

HdA X 3. 3. 2 (Kuer II)

und 43 in: Riccobono, Wylie, Beinart, Stipulation and the Theory of Contract (1957). Vgl. ferner de Gautard, Les rapports entre la stipulation et l'ecrit stipulatoire dans Ja legislation romaine classique et byzantine (th. Lausanne 1931); Archi 383 ff.; 388 f.; Scr. Ferrini Pav. 661 ff.; 688 ff.; Brasiello, SD 10 (1944) 110ff.; 116ff. pass.; Scr. Ferrini Pav. 552 ff.; A. Segre, Aeg. 25 (1945) 63 ff.; Biscardi, ACI Ver. II 240 ff.; Astuti, I contratti obbligatori I (1952) 85 ff.; 139ff. (Lit.: 476 f.); Biondi, Contratto e stipulatio (1953) 121 ff.; 286 ff.; Lab. 4 (1958) 75 ff.; Nicholas, LQR 69 (1953) 63ff.; 233ff.; zuletzt insbes. Levy 11 34 ff., dazu neuestens van Oven, TS 26 (1958) 409 ff. 1 Zur Klausel 'ltlXYTl-rcj> imcpcpoYT,in den Papyri s. die reiche Lit. bei Taubenschlag 34411 ; 347'° und Wenger, Qu. 796971 • 1 Dazu o. § 2541 • 'Vgl. zum fiktiven 3tivc,ovgrundlegend Mi tteis, RR 459 ff. (zur ält. Lit.); 485ff.; Rabel, SZ 28 (1907) 319 ff.; Grdz. 463 (Neudr. 106 f.); weit. Lit.: Schupfer, Riv. it. 7 (1889) 345 ff.; Mitteis, Grdz. 116 f.; Brandileone II 293 ff.(= Rend. Ace. Bologna 1919/20, 57 ff.); 381 ff. ( = RIL 32 [1923] 105 ff.), hiergegen insb. Riccobono, SZ 43,395 ff., s. auch Stoll,

274

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Schuldscheine nach griechischem Muster 6 sind vielleicht auch unter Römern erteilt und in der Volksmeinung als rechtsverbindlich angesehen worden, obschon das römische Recht am Erfordernis der wirklichen Hingabe des Darlehens 6 oder der formgerecht abgeschlossenen Stipulation entschieden festhielt. Immerhin mag auch die gerichtliche Praxis dem Schuldschein einen prima-facie-Beweis für ein gültig erteiltes mutuum entnommen haben, der nicht immer leicht zu entkräften war. Auch bei der stipulatio war die Errichtung einer Beweisurkunde 7 seit alters üblich, wenngleich sie für die Gültigkeit des Geschäfts ebensowenig gefordert wurde, wie sie etwa den mündlichen Akt ersetzen konnte. Aber auch hier mag die allgemeine Laienmeinung die Beurkundung für ein Erfordernis der Gültigkeit gehalten haben, 8 zumal wenn die Gerichte in vielen Fällen aus der vorgelegten Urkunde bis zum Gegenbeweis folgerten, daß die Parteien die mündliche Stipulation formrichtig abgeschlossen hätten. 9 Die Reskripte seit den Severern und noch unter Diokletian verteidigen den klassischen Standpunkt, daß es nur auf die mündliche Wortform ankomme, gegen die - nicht nur im Osten - verbreitete Meinung, daß die Schuldurkunde für sich allein auch ohne die mündliche Stipulation vollen Beweis mache. 10 Diese Laienansicht wurde genährt von einer feststehenden Übung provinzieller Urkundenschreiber, ihren Urkunden die Stipulationsklausel anzuhängen, wie wir sie aus den ägyptischen Papyri kennen: xoct bttp(l)ni&eti; wµ.oA6YlJa&v (-aoc), 'interrogatus spopondi(t)>.u Diese Klausel wird im Ägypten der Zeit nach der const. Antoniniana 12 allgemein angewandt, offenbar zu dem Zweck, die beurkundete Verbindlichkeit nach römischem Recht klagbar zu machen. 13 SZ 47 {1927) 517 f.; ferner Kunkel, RE 4A, 1376ff. (Syngrapha); Wenger, Qu. RPR 251 ff. = 800 f.; Taubenschlag, Op. I 140 ff.; Law 395 f. - Über zulässige Emwendungen gegen das beurkundete Recht vgl. Rabel, SZ 28, 339 ff.; Kunkel 1382. 1 Ps.-Asc. in Cic. Verr. II 1, 31, 96 in syngraphis etiam contra f idem Peritatis pactio penit; et non numerata 9uoque pecunia . . . scribi solent more institutoque Graecorum. Vgl. damit Cic. ad Att. 6, 1, 15 und Gai. 3,134, dazu Mitteis, RR 480 ff. • Mit dem fiktiven Darlehen begnügen sich die Römer nur im (gleichfalls hellenistisch beeinflußten) Litteralkontrakt, o. § 129 I. Hingabesurrogate: o. § 124 II. 7 Testatiooderchirographum,s.o.§57 III. 8 Die Belege aus Cicero bei Costa, Cicerone giureconsulto 111 (1927) 1636 ; Brandileone II 4211; s. auch Levy, SZ 49 (1929) 255. • Vgl. zu solchen Urkunden Pap. D. 45, 2, 11, 1 f.; Paul. D. 24, 1, 57; 45, 1, 134, 2; Sev. Ant. C. 8, 37, 1 (die beiden letzten überarb.); Archi, Scr. Ferr. 688 r. m. Lit.; Levy II 36; van Oven (o. A. 1) 427 f.

10

Diocl. C. 4, 64, 3 u. a.; Riccobono,

sz 35, 260 ff.

11 Zur griechischen Fassung Gradenwi tz, Einführung in die Papyruskunde I (1900) 137 ff., der sie mit 'vorgelesen, genehmi~t• vergleicht; dazu auch Wenger 801 f. Ähnlich de Visscher, Symb. Taubenschlag II 161 ff., doch s. dagegen Seidl, SO 23 {1957) 358 ff. Daß man die Klausel mit der Stipulation verknüpft hat, wird nicht zu bestreiten sein; vgl. auch schol. 27 zu D. 2, 14, 7, 12 (Bas. 11, 1, 25, Heimb. I 571 = nr. 25 Schelt. B I 201). 11 Nach Arangio-Ruiz, Bull. de l'lnst. d'~gypte 29 {1948) 126 f. auf Grund eines Edikts von 220 oder 221; doch vgl. auch Wolff, SZ 73 (1956) 13f. m. weit. Lit. 13 Sie findet sich bei Verträgen aller Art, auch bei solchen, die nichts mit der stipulatio zu tun haben, aber sogar bei Testamenten, Freilassungen und anderen einseitigen Akten und Erklärungen, vgl. Mitteis, RR 486ff.; Kunkel-Jörs, RPR 98; Taubenschlag, RPR 182 7 = Op. I M'1 1 ; Wenger 801 r., alle m. weit. Hinw., s. auch Levy 37161 ; Wieacker, Vulg. 2817 ; zu den koptischen Urkunden Steinwenter, Recht d. kopt. Urk. (1955)

§ 263. Stipulation

und andere

Schuldversprechen

275

2. Seitdem jedoch die klassische Lehre versiegt, gewinnen die vulgären und provinziellen Strömungen, die zuletzt Diokletian noch abgewehrt hat, die Oberhand. Zwar bleibt in den Quellen des Westens die Vorstellung von der stipulatio als einem mündlichen Frage- und Antwortgeschäft, das die Gegenwart beider Parteien verlangt, einstweilen erhalten. 1' Aber die Praxis verzichtet auf den Nachweis dieser Form 15 und begnügt sich mit dem beurkundeten Leistungsversprechen; liegt dieses vor, dann wird die Frage- und Antwortform fingiert. 18 Damit büßt indes die Stipulationsklausel ihren Sinn ein und wird alsbald als entbehrlich empfunden, 17 obschon ihre Spuren noch bis in die mittelalterliche Urkundenpraxis erhalten bleiben. 18 Was zunächst fortbesteht, ist die bloße Sc h u 1du r kund e, das schriftliche Leistungsversprechen, das weder äußerlich noch innerlich mehr an die Stipulation erinnert. 19 Demgemäß gerät auch der Name der stipulatio in den Gesetzen wie in der Literatur des Westens außer Obung; 20 'spondere, promittere, polliceri> bezeichnen jegliches Versprechen ohne technische Bedeutung. 21 An ihre Stelle treten 'cautio, 22 instrumentum, documentum, 14 m. Lit. Hinter alldem steckt das unbeholfene Bemühen, dem Geschäft, obschon es hellenistischem Rechtsdenken folgt, die Geltung nach römischem Recht zu verschaffen. 1t Vgl. PS 2, 3, t mit IP; PS 5, 7, 2 (1. Satz) mit IP 5, 8, 2 (1. Satz), wo der Abschluß inter praesentes, non inter absentes unterstrichen wird, Levy 34 f.; s. auch Conrat, Paulus 175 ff. Vgl. ferner GE 2, 9 §§ 2, 7-10, dazu Archi 384 ff.; 386; 397; 447 f. Er vermutet eine mündlichen eben der schriftlichen Form, s. auch 372 f. zu GE 2, 1, 2 (gegenüber Gai. 2, 14). Aber das ist nicht beweisbar, vgl. auch Astuti 115 ff. Auch die bei Archi, Scr. Ferrini Pav. 708 angef. Texte sind nicht schlüssig: NT 1, 1 i. f. (438) beweist nicht mehr als die urtümliche Stipulationsklausel, Levy 39; 'spondere' in CT 11, 29,5 (374) und 11, 3, 5 (391) ist ganz unschlüssig, s. Levy 51; unbestimmt ist auch CT 4, 8, 5, 4 (322). Doch hat A rc h i 7128 (gegen Ehrhardt, SZ 51 [1931] 176; Wolff, TS 14 [1936] 404) richtig gesehen, daß es für die Wirkung der Urkunde nicht auf die objektive oder subjektive Stilisierung ankommt. 11 Anders Brandileone II 419 ff. (o. A. 1), der an der Stipulation in der mündlichen Frage- und Antwortform für den Osten bis Leo und für den Westen noch bis ins Mittelalter festhält und der Urkunde bloßen Beweiswert zuschreibt; dagegen aber Riccobono, APal. 12 (1928) 540 ff.; Levy, SZ 49 (1929) 2541 ; Kunkel 987 , vgl. auch Astuti 93 ff.; ASD 1 (1957) 15ft. 11 PS 5, 7, 2 (2. Satz, wohl nachklass.) mit IP 5, 8, 2 (2. Satz), dazu Levy II 36 f., vgl. schon Riccobono, SZ 35, 291 ff.; 18°

Biondi (o. A. 1) 290 (abweichend 305). Anders Brandileone II 468 ff. und Archi 388 f.; Scr. Ferr. 6891 ; 7081 , die aus dem PS-Satz wie aus den Stellen o. A. 9 nicht mehr entnehmen wollen als den prima-Cacie-Beweis. Ähnlich jetzt van Oven (o. A. 1) 417 ff. = Mel. Levy-Bruhl 301 ff.; vgl. auch schon Albertario, lntrod.103", der PS cit.gleichfalls für echt hält, aber für die nachklassische Zeit eine Umdeutung im Sinn der Dispositivurkunde annimmt; ferner Beinart (o. A. 1) 7441 m. Hinw. 17 Levy 37 ff. Sie wird als nicht erforderlich bezeichnet bei der retentio ususfructus, CT 8, 12, 9 (417) = C. 8, 53, 28 (o. § 24253 ), und bei der Bürgschaft, NT 9, 4 (439). Ob sie sich bei der promissio dotis länger gehalten hat (Levy 38 f.), ist mir für den Westen fraglich; GE 2, 9, 3 kopiert Gai. 3, 95a, und CT 3, 13, 4 (428) = C. 5, 11, 6 stammt aus dem Osten; im übrigen s. IT 3, 13, 4 und schol. vat. 113. 18 Vgl. zur Klausel '(ad)stipulatione subnixa' Brunner 222 ff.; Freundt (o. A. 1) I 211 ff.; Ferrari I 65 ff. (o. A. 1); Brandileone II 489 ff.(= Riv. stor. dir. it. 1,270 ff.); Schultze-v. Lasaulx, Beitr. z. Gesch. d. Wertpapierrechts (1931) 21 ff.; Astuti 247 ff.; 253 ff. 18 Levy 48 ff.; zur •causa' u. 4. Vgl. etwa zum Darlehen mit Schuldschein o. § 262 I. 20 Nachweise bei Levy 51 ff. 11 Levy 50 ff. mit Belegen. 11 Dazu Levy 37 ff. pass.; s. auch Conra t, Paulus 226 f. IP 5, 10, 1 'cautione promittere'; 2, 14, 1 •nuda cautio' ( = pactum ohne Stipulationsklausel); entsprechend IP 5, 18, 1 •sine cautione' (Levy 164'8).

276

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

chirographum> 13 o. ä. Dieses Schuldversprechen fließt mit dem zusammen, das ohne weiteres als klagbarer Verpflichtungsgrund anerkannt und gleichfalls in aller Regel beurkundet wird. u 3. Auch in der östlichen Praxis findet sich die Stipulationsklausel noch lange, sogar noch über Justinian hinaus. 25 Der mündliche Vollzug des Frageund Antwortritus wird allerdings auch dort alsbald außer Übung gekommen sein. 26 Leo gibt den Gebrauch der förmlichen Worte endgültig preis und läßt im Einklang mit der christlichen Lehre 27 den mit beliebigen Worten geschlossenen Vertrag als Stipulation gelten. 28 Hiernach dürfte sie sich auch im Osten in ein - herkömmlicherweise schriftliches - Schuldversprechen verwandelt haben, 29 das genannt wird, 80 und in dem das aufgeht. 81 4. Die Entwicklung führt nach alldem im Westen wie im Osten zu einer Umwandlung der stipulatio in ein urkundliches Schuldversprechen, neben dem ein mündlicher Abschluß kaum noch Bestand hat. 32 Damit verändert sich nun auch die Struktur des Geschäfts. Im klassischen Recht war der Verbalkontrakt selbst der Verpflichtungsgrund, die , die die Klagbarkeit rechtfertigte. 88 Von der hinter dem Leistungsversprechen stehenden weiteren causa hing die Gültigkeit der Obligation nur ab, wenn die Stipulation ausdrücklich auf den Verpflichtungsgrund Bezug Vgl. CT 2, 27 rubr. Si certum petatur de chirografis, Levy 41 f. "Levy 44ff.; SZ 76 {1959) 9; vgl.o. § 261 I; anders van Oven 432 er. 16 Das beweisen die Papyri bei Tauben schlag 3973 • Ob die ebd. 30316 angef. Texte SB 5175, 15 {513 n. C.) und 5656, 24 (568 n. C.) wirklich einen ungeschriebenen Vertrag bezeugen, ist mir zweifelhaft. • Anders für die Zeit bis Leo Brandileone, dazu o. A. 15, und noch weitergehend Nicholas (o. A.1), wonach selbst Leo am Prinzip der mündlichen Stipulation festhalte, obschon bereits die klassische Praxis sie als Schriftakt behandelt habe; hiergegen Levy 39110 • S. neuestens auch Beinart 51f. (Anm.); 586 • Zu Archi s.o. A. 14. 17 Zu den Kirchenvätern, die gleichfalls das Gewicht auf den Inhalt und nicht auf die Form legen, vgl. Brasiello, Scr. Ferrini Pav. 516 ff.; 552 ff.; SD 10, 143 ff. 18 C. 8, 37, 10 (472), s. auch C. 8, 17, 11 pr. (472); Riccobono, SZ 35, 269 ff.; Levy 39 m. weit. Lit.; abweichend Archi, Scr. Ferr. 709 f.; Beinart 5283 ; van Oven 415 ff.; s. auch Winkler, RIDA 3 5 (1958) 628 ff. Vgl. ferner die weiteren Gesetze Leos und des Justinus bei Levy 53. n Den hellenistischen Einfluß auf die Umformung hat Riccobono, SZ 35,277; 296 f. bejaht, in SZ 43, 337 abgeschwächt und in APal. 12, 522 rr. (o. A. 15) ver18

neint; vgl. zu alldem Levy, SZ 49 (1929) 2541 , auch Albertario (o. A. 16) 10314 ; Beinart 586 ; weit. Lit. bei Archi, Scr. Ferr. 694 f. Für die ältere Zeit ist der Einfluß der syngrapha (o. Z. 1) unbestreitbar, aber auch für die nachklassischen Entwicklungen ist mit hellenistischen Einwirkungen zu rechnen. Nur im Hinblick auf die syngrapha, die Gai. 3, 134 einen peregrinenrechtlichen Litteralkontrakt nennt, ist es auch berechtigt, von einer Fusion der stipulalio mit dem Litteralkontrakt zu sprechen (Riccobono, SZ 43, 326 ff.); vgl. auch Theoph. 3, 21, dazu Beinart 171ssa; u. II. ao In den Dig. und im Cod. sind diese Ausdrücke häufig durch I tp. an die Stelle der stipulatio getreten; ausführliche Nachweise bei Riccobono, SZ 43, 316 ff. 81 Dazu u. 5. 81 Dazu o. A. 14, 26, s. auch A. 16 zu PS 5, 7, 2 mit IP 5, 8, 2. - Der promissorische Eid dient, abgesehen vom Dienst•versprechen des Freigelassenen (o. § 21211), niemals der Schuldbegründung, sondern nur der Schuldbestärkung; s. CT 2, 9, 3 (395) = C. 2, 4, 41 (o. § 2611 , u. § 274"); Levy 46 ff. m. Lit.; Seidl, Der Eid im röm.-ägypt. Provinzialrecht II (1935) 128 ff. Zur •cautio iuratoria' im spätrömischen Zivilprozeß s. die Hinweise bei Archi, Scr. Ferr. 700 f.; Astuti 14t1. 33 Hierzu und zum folgenden o. § 128 (vor A. 21).

§ 263. Stipulation

und andere

Schuldversprechen

277

nahm. Nannte die Stipulationsformel die causa nicht, so konnte deren Mangel nur durch exceptio doli geltend gemacht werden. Jetzt aber gewinnt der individuelle Rechtsgrund, aus dem sich der Schuldner verpflichtet, also beispielsweise der Kauf, aus dem die Preiszahlung geschuldet wird, die Schenkung oder die Darlehensgewährung, stärkeren Einfluß auf die Wirksamkeit der Verpflichtung.u Dabei kommt es darauf, ob die Schuldurkunde diese causa nennt oder nicht, für die Schuldbegründung als solche nicht wesentlich an. Zwar wird anzunehmen sein, daß der Gläubiger aus einem Schuldschein, der den Schuldgrund nicht nennt, zunächst klagen konnte, ohne diese causa vorbringen oder beweisen zu müssen. 85 Der Mangel der causa aber begründete seit dem Untergang der exceptio im alten Sinn (o. § 199 II) die materiellrechtliche Unwirksamkeit der Obligation nicht anders, als wenn der Verpßichtungsgrund in der Schuldurkunde ausdrücklich genannt ist.• Die Benennung des Verpßichtungsgrundes in der Urkunde ist nur für die Beweislast bedeutsam, und zwar im späteren Osten anders als vordem: Äußert sich die Urkunde nicht näher über den Verpflichtungsgrund, dann obliegt es jetzt dem Gläubiger, den Bestand der Verbindlichkeit zu beweisen; wird dagegen der Verpßichtungsgrund genau bezeichnet, dann kommt es dem Schuldner zu, den Schuldschein durch seinen Gegenbeweis zu entkräften. 37 Aus alldem folgt, daß die Urkunde noch keinen unwiderleglichen Beweis der Schuldverpflichtung macht. Überdies ist die Gültigkeit der Urkunde durch bestimmte Fristen begrenzt, 38 nach deren Ablauf sie offenbar nicht mehr als Klaggrundlage tauglich ist. Besonderes gilt für die Darlehensschulden. Bestreitet der Schuldner, das Darlehen, dessen Rückzahlung er im Schuldschein verspricht, überhaupt M Hierzu und zum weiteren Levy 48 f.; zum Rückgang der abstrakten Stipulationen, wenigstens in Darlehensfällen, schon im 3. Jh. auch ders., SZ 70 (1953) 242 r. 15 Levy II 48 f.; nur insoweit ist der Schuldschein 'Dispositivurkunde• (o. § 20010 ). Anders, im Sinn einer absoluten Beweiskraft der Urkunde, Riccobono, SD SZ 35, 273 ff.; vgl. auch Brasiello, 10, 144 f.; entgegengesetzt Archi, Ep. Gai 388 ff. (zu GE 2, 9, 11 m. Lit., insbes. Conrat, Gaius 43 ff.); Scr. Ferr. 694 ff. (m. Lit.); 710 ff., der der Urkunde nach wie vor bloße Beweisfunktion zuschreibt (ebenso Beinart 172336 ). Er sieht die nachklassische Entwicklung der Stipulation vornehmlich in einer Aufsplitterung des einheitlichen Aktes in eine Vielheit selbständiger, durch die individuelle causa bestimmter Verpflichtungsgeschäfte, vgl. Ep. Gai 368 ff. und insbes. Scr. Ferr. 680 ff.; 705 ff.; s. auch Astuti 104 ff.; 137 ff.; 170ff. sz 43, 287 ff.; 297 rr. • Riccobono, beobachtet, daß in vielen itp. Stellen der Mangel der causa nicht die exceptio doli, sondern die Nichtigkeit begründet, und folgert daraus, daß die Stipulation ihre

Abstraktheit eingebüßt habe, so daß sie immer von einer gültigen causa abhängt. Diese Neuerung, die auf dem Verfall der klassischen exceptio beruht, hat indessen keine planmäßige Umstellung der Texte veranlaßt, s. o. § 19939 • 37 J ustinus C. 4, 30, 13; D. 22, 3, 25, 4 itp.; nach dieser Stelle muß bei einer cautio 'quae indiscrete loquitur>, die also keine näheren Angaben über die 'causa antecedens • (c. 13) enthält, der Gläubiger die Schuld beweisen. Zu den vielumstrittenen Stellens. Astuti 126 ff.; die ält. Lit. bei Windseheid-Kipp II 8281 (§ 412b); s. auch Archi, Scr. Ferrini 706 ff. Zur Frage der abstrakten Verpflichtungsscheine in den ägypt. Papyri vgl. Taubenschlag, St. Bonfante I 419 r. mit Archi 7071• 38 CT 2, 27, 1 (421 West): Die chirografa der Verstorbenen sind inter praesentes (dazu o. § 101 II, § 24311) binnen 2, inter absentes binnen 5 Monaten gerichtlich zu registrieren oder einzuklagen (pr.); andernfalls geht das Klagerecht verloren (actione prir,,etur). Andere Schuldscheine sind binnen 12 Jahren durch gerichtlich registrierte Erklärung zu erneuern (Einzelheiten in §§ 5, 6). Vgl. Levy 49; 140.

278

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

empfangen zu haben, so kann er die urkundliche Verbindlichkeit wie bisher mit exceptio (oder querela) non numeratae pecuniae anfechten; 39 die Beweislast für die Forderung wird damit dem Gläubiger zugeschoben. Das Rechtsmittel steht dem Schuldner binnen fünf Jahren seit der Ausstellung zu,'° seit Justinian nur noch binnen zwei Jahren;u nach Fristablauf macht die unangefochtene Urkunde über die Auszahlung unwiderleglichen Beweis. 41 Justinian gestattet dem Schuldner, die Urkunde auch durch bloßen schriftlichen Protest gegenüber dem Gegner zu entkräften. 41

5. Hat nach alldem die östliche Entwicklung nicht anders als die westliche die alte Frage- und Antwortform überwunden und die Stipulation in ein schriftliches Schuldversprechen umgeformt, so versucht gleichwohl 44 den folgerichtigen Justinian, Fortgang aufzuhalten und, wenn auch nicht die Frage- und Antwortform, 45 so doch den mündlichen Abschluß neu zu beleben. Um das kostbare Gedankengut zu retten, das die Klassiker in den überlieferten Schriften an die mündliche Stipulation geknüpft haben, kehrt er zum Erfordernis der Mündlichkeit zurück. Freilich kann er an der Praxis seiner Zeit nicht vorbeigehen und schwächt darum seine Neuerung ab: Der Nachweis des mündlichen Abschlusses gilt als erbracht, wenn erwiesen ist, daß sich die Parteien am Tag des Vertragsschlusses am Ort der Beurkundung aufgehalten haben. 46 Doch führt er auch diese Neuerung nicht 18 Ob. § 128" m. Lit., dazu noch Collinet, Atti IV Congr. di papirologia {1936) 89 ff.; SD 19 (1953) 281 tr.; Brasiello, SD 10, 130 rr.; A. Segre, Aeg. 25 (1945) 78 ff.; Astuti 124 ff.; Pugliese, RIDA• 3 (1956) 381 ff. Vgl. CT 2, 27, 1, 4 (421) mit IT, dazu Levy 49 r., s. auch SZ 70 (1953) 243 rr. (kein griechischer Einfluß, anders die o. § 12826 gen. Lit., s. Taubenschlag 31518 ; 342). Nach Archi, Studi sulla stip. I (1938) 82 f. u. pass. (s. auch Scr. Ferr. 702 ff.) wendet sich die klassische exc. n. n. p. nicht gegen die Stipulation (auch nicht die kognitionale), sondern gegen den Darlehensschuldschein; dagegen aber Levy II 49. Zu 'querela, (con)testatio, denuntiatio' usw. s. Archi, Studi 29 ff. pass.; 78; Levy, SZ 70, 228: einseitig erklärte Beschwerde zur Niederschrift des Gerichts gegen die drohende oder schon anhängige Klage; anders H. Krüger, SZ 58 (1938) 1 rr. (Feststellungsklage); Collinet, SD 19, 303 rr., der eine Verschmelzung der querela non num. pec. mit der exceptio behauptet; vgl. auch Stoll, SZ 47 (1927) 516 (zu Suman). '° So seit Diokletian, o. § 128". "C. 4, 30, 14 pr. (528, dazu Gradenwitz, SZ54 [1934) 150f.); Inst. 3, 21; 4, 13, 2. Das Rechtsmittel wird versagt gegen Urkunden über eigentliche oder uneigentliche Verwahrung sowie gegen gewisse Quittungen (u. § 27411 ); C. 4, 30, 14, 1. Kürzere Fristen gelten dagegen für die •exceptio non numeratae dotis' gegen-

über dem Anspruch auf Rückgabe der dos, vgl. o. § 223u. 41 Alex. C. 4, 30, 8, dazu Levy, SZ 70, 230 f. m. Lit. - Ist dagegen der Schuldschein fristgerecht angefochten oder seine fristgemäße Erneuerung versäumt worden (o. A. 38), so sieht die vulgäre Auffassung, die das Recht mit seiner Beweisbarkeit auf eine Stufe stelit, die Schuld als erloschen an, Levy II 130, dazu Archi, SD 23 (1957) 4171'. ' 3 C. 4, 30, 14, 4, Einzelheiten in §§ 5, 6 = C. 1, 4, 21 pr./1; Erstreckung auf die exc. non num. dotis in c. 14, 6 i. f. = C. 1, 4, 21, 2. - Beweist der Gläubiger, daß der Schuldner die Auszahlung des Darlehens zu Unrecht bestritten hat, so haftet dieser auf das Doppelte, Nov. 18, 8 (536). "Zum folgenden Levy II 52 rr. Zur Unzeitgemäßheit Pringsheim, St. Bonfante I 559. ' 6 Der endgültige Verzicht auf sie folgt aus der Aufnahme von C. 8, 37, 10 cit.; Inst. 3, 15, 1. "C. 8, 37, 14 (531, dazu Fritz, Studien 33 Cf.); Inst. 3, 19, 12. Strenger Theoph. 3, 21: Die Stipulationsurkunde muß in Gegenwart des Gläubigers aufgesetzt werden. Wirklich mündliche Frage und Antwort scheint zu verlangen Thalel. schol. 1 zu C. 4, 30, 5 (Bas. 23, 1, 67, Heimb. II 657); anders Riccobono, SZ 35, 219 f. Im Sinn der Präsenz itp. sind D. 45, 1, 134, 2 und C. 8, 37, 1, vgl. Riccobono

§ 263. Stipulation

und andere

Schuldversprechen

279

folgerichtig durch; die nachklassischen Gesetze, die die stipulatio nur als schriftliches Schuldversprechen kennen, werden in die Kompilation auf genommen, ebenso die in diesem Sinn überarbeiteten Klassikertexte.' 7 Inst. 3, 19, 17 fingiert (wie PS 5, 7, 2, o. A. 16) bei beurkundetem Versprechen das Vorliegen der mündlichen Form." Aus der schriftlichen Klausel •rogavit Titius, spopondit Maevius> wird der Abschluß einer gültigen Stipulation gefolgert, sofern nicht der (unpraktische) Gegenbeweis geführt wird, der animus sei nicht auf eine Stipulation, sondern auf ein klagloses pactum gerichtet gewesen ...

Auch der Gegensatz zwischen der Stipulation und dem klaglosen pactum wird nicht wirklich wiederauf gerichtet. 60 Indem Leos Gesetz beibehalten wird, daß die Stipulationen nicht mehr formgebundener Frage und Antwort bedürfen, sondern als quibuscumque verbis pro consensu contrahentium compositae gültig sind, 61 unterscheiden sie sich von den pacta nur noch durch die wieder neu geforderte (und sogleich abgeschwächte) Präsenz der Parteien am Abschlußort. 62 Wichtige Schuldversprechen, wie das der Schenkung, 63 der Dosbestellung, M der Dosrückgabe, die sich ein extraneus vorbehält, 65 und der Schiedsvertrag (u. IV) werden als Schuldverträge eigener Art von der Stipulation gelöst und können in beliebiger Weise vereinbart werden. 56 Den Inhalt der Stipulationen 17 erweitert Justinian, 118 indem auch Verträge auf Leistung nach dem Tod des Gläubigers oder des Schuldners zugelassen 277 ff.; 290 f.; Levy 3691, anders Archi, 272 ff. zeigt, daß die Stipulation als ein Scr. Ferr. 6901. (Anm.); Beinart 607 ; formfreies Geschäft gedacht ist, dessen Gültigkeit vom Konsens der Parteien ab73311 m. weit. Lit.; van Oven 410 ff.; 427 ff. Vgl. auch Inst. 3, 22, 1 mit Grosso, hängt; vgl. außer c. 10 insbes. Inst. 3, 15, 11 sistema rom. dei contratti 1 (1950) 102; 1; 3, 19, 13; C.2, 55, 4, 7 (529); zum 144 f. Zu den Papyri mit XetT« TO nf6ac.>nov Konsens auch Archi 379; Brasiello, s. Taubenschlag, St. Bonrante 430 f.; SD 10, 111 ff. Völlige Typenfreiheit folgert daraus (gegen Archi, Scr. Ferr. Law 397. 708 f.) Sanfilippo, ACI Ver. III 337 ff.; • 7 Vgl. C. 8, 17, 11 pr. und insbes. C. 8, 37, 10; o. A. 28, ferner die o. A. 30 er- einschränkend Betti, Fschr. Wenger I 249 ff., dazu Sanfilippo 34011• - Die wähnten ltpp. "Riccobono, SZ 35, 289 ff.; ähnlich Preisgabe der alten Erfordernisse (WortInst. 3, 20, 8 und D. 45, 1, 30 (beide itp.) form, Mündlichkeit, lat. Sprache) zeigt Riccobono, SZ 35, 247 ff. an D. 45, 1, zur Bürgschaft, s. u. § 2788 • 0 D. 2, 14, 7, 12, zu den Schichten der 1 pr.-6 u. a. Zu D. 44, 7, 38 (überarb., urspr. Überarbeitung Levy 54176 m. Lit. (wei- zu den pacta,Lenel,EP 648 ) Riccobono, tere im Ind. und bei Beinart 661•; SZ 43, 307U., anders Biondi (o.A.1) 303f. 51 In den Wirkungen gleichgestellt sind anders van Oven 429 f.). 60 Zwar werden die Stellen über die stipulatio und pactum in C. 8, 37, 11 Unklagbarkeit des nudum pactum aufge- (528); 5, 13, 1, 13 (530; u. A. 55). 13 Unt. § 26510 • nommen (Sev. Ant. C. 4, 32, 3; Alex. C. 2, 3, 10 = 5, 14, 1; Diocl. C. 4, 65, 27), "C. 5, 11, 6 itp., o. § 22218• 11 C. 5, 13, 1, 13-13b (530), o. § 22321 • doch wird C. 8, 37, 5 pr. abgeschwächt 11 Vgl. C. 4, 21, 17 (528) zur Beurkun(Gradenwitz, SZ 23 [1902] 363; P. Krüger adhl.); itp. ist D. 2, 14, 7, 4, o. § 26111 • dung dazu o. § 200 bei A. 38. 117 'ober Andererseits gleichen viele ltpp. den Versprechen des Verhaltens Gegensatz zwischen stipulatio und pactum eines Dritten s. jetzt Coudert, Recheraus, vgl. Riccobono, SZ 43, 338 ff.; ches sur )es stipulations et les promesses pourautrui (1957) 11-193, dazu Burdese, 344-362, doch s. einschränkend Biondi, Lab. 3 (1957) 378ff.; Volterra, lura 9 Contr. (o.A.1) 295ff.pass.;Astuti143f. Zur •tatsächlichen Gleichsetzung• jetzt {1958) 266 rr. - Zu den Prozeßkautionen Levy 55 ff. (zu den Zinsversprechen o. im nachklass. und just. Rechts. Palermo, § 25628 , zur Bürgschaft u. § 278 I); 58 f., 11 procedimento cauzionale nel dir. rom. hier auch zu Biscardi und As tu ti (o. A.1). (1942) 113ft. 68 Ein Schuldschein oder eine Quittung 11 C. 8, 37, 10 cit. Hieraus hat Justinian gefolgert, wie Riccobono, SZ 43,264 ff.; über mehr als 50 Pfund Gold verlangt eine

280

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

werden. 11 Die Verpflichtung aus der auf ein facere gerichteten Stipulation wird vererblieh gemacht.eo Zu den Verträgen zugunsten Dritter s.o. § 256 II.

II. Der römische Litteralkontrakt war zusammen mit der Führung der Hausbücher schon vor dem Ende der Klassik abgestorben. 61 Der peregrinenrechtliche Litteralkontrakt dagegen, die verpflichtende Schuldurkunde (syngrapha), verschmilzt nach dem Ende der Klassik endgültig mit der verwandelten stipulatio. 81 Justinian erwähnt in Inst. 3, 21 - nur hier - unter dem Titel •De litterarum obligatione• den Schuldschein über ein in Wahrheit nicht ausbezahltes Darlehen als ein •scriptura obligari•, dem aber die exceptio non numeratae pecuniae entgegengehalten werden kann.••

III. Das constitutum dehiti 84 geht im Westen im allgemeinen schriftlichen Schuldversprechen und in der Bürgschaft auf.86 Auch in der östlichen Praxis gerät es offenbar außer Obung. 88 Justinian schafft das vermutlich schon längst außer Anwendung geratene bei nicht rechtzeitiger Preiszahlung66 und das sog. bei Mißbilligung der Kaufsache, 67 mit stärkeren Wirkungen ausgestattet. Die Anerkennung des zeitlich begrenzten Eigentums 68 macht es möglich, mit diesen Vorbehalten einen dinglich wirkenden Rückfall zu verbinden. Schließen die Parteien das Geschäft so ab, daß das Eigentum sofort auf den Käufer übergeht, dann wird nunmehr mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung der Verkäufer wieder Eigentümer und kann daher die unter Vorbehalt verkaufte Sache vindizieren. 69 Eine ausdrückliche Kundmachungsemcht besteht nur im Anschluß an das Adilenedikt für die Sklaven- und Zugviehkäufe, vgl. o.§131 VI 2zu D. 21, 1, 1, 1; 38 pr. n Im Anschluß an das klassische Recht, vgl. die Belege o. § 131N-• 1 • Der Unterschied zwischen dicta und promissa erscheint praktisch weithin ausgeglichen, vgl. D. 21, 1, 19, 2 (unecht). 68 D. 19, 1, 13 pr., s. auch D.18, 1, 45. Inwieweit dies schon auf klassische Wurzeln zurückgeht, ist umstritten, s.o. § 13i7•; für Echtheit insoweit auch von Lübtow, St. Paoli 492 rr., für Unechtheit Impallom e n i 247 ff.; 253 ff.; 271 r., s. auch SD 21 (1955) 163 ff. (nicht abschließend). 18 Näheres zu diesem Begriff o. § 13178 • 11 D. 19, 1, 11, 3/5; 13, 4, dazu o. § 13177 • 80 ; für eine justinianische Neuerung halten die redhibitorische und die mindernde Funktion der actio empti Monier (o. A. 54) 191 ff.; 195 rr. und jetzt lmpallomeni 244 ff.; 260 r.; 271 r. 81 Zu der im Ädilenedikt proponierten stipulatio duplae, soweit sie eine Freiheit von bestimmten Mängeln bei Sklavenund Viehkäufen garantiert und bei Vorliegen dieser Mängel eine Interessehaf17

tung begründet, s. o. § 131 VI 1 a. E. ea Als •Anhängsel> des Kaufrechts, vgl. c. Tanta 5; Levy II 223 r.; Monier 186 rr. "Zum Vorkaufsrecht unter Dorfgenossen nach CT 3, 1, 6 (391) = C. 4, 38, 14 s.o. § 241'°; bei der Erbpacht o. § 249 III. Sonstige Nebenabreden: pacta adiecta (o. § 261 III); Veräußerungsverbote (o. § 241 II 6 a. E.); vgl. ferner das Verbot der Umwandlung in einen locus religiosus, C. 4, 54, 9 (531), dazu Oradenwitz, sz 54 (1934) 147 f. 16 Ob. § 131 VII, Lit. ebd. 101 , dazu noch Rabe), SZ 46 (1926) 466 rr. zu C. Longo, Bull. 31 (1921) 40 ff., ferner Beseler, SZ 43 (1922) 434 ff. 91 Über das Verhältnis zur •lex commissoria' beim Pfand s. o. § 25211• 17 Auch die ädilizischen Klagen auf Rückgewähr beim Sklavenkauf auf Probe (o. § 13t1°') werden auf alle Sachkäufe ausgedehnt, D. 21, 1, 31, 22 f.; C. 4, 58, 4, beide insow. itp., Monier (o. A. 54) 166 f.; lmpallomeni (o. A. 54) 267 f. 18 Oben § 20310 • 11 , § 241•. 11 C.4, 54, 1 und4; D. 6, 1,41 pr.; 18, 2, 4, 3, mit 20, 6, 3; 39, 3, 9 pr., alle insoweit sicher überarb.; Lit. o. § 131111 , weitere ebd. 101 •

:-!88

Dri tler

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 265. Die Schenkung I. 1. Die klassische 'donatio> war noch kein selbständiger Geschäftstypus, sondern eine bloße 'causa>: Jedem Zuwendungsakt rechtsgeschäftlicher oder sonstiger Art konnte die vereinbarte Unentgeltlichkeit und damit die 'causa donationis> zugrunde gelegt werden. War diese Zuwendung ein Rechtsgeschäft, so konnte sie entweder ein Bargeschäft sein, wie die Übereignung, oder ein Leistungsversprechen, wie die stipulatio (o. § 140 1). Konstantins gesetzliche Neuordnung, 1 die für die Sachschenkung eine neue Form vorschreibt, macht jedoch aus ihr ein Geschäft eigener Art, 1 das wie der Kauf zugleich den Eigentumsübergang bewirkt und dem Kauf vielfach an die Seite gestellt wird. 3 Das Hauptmotiv für die Neuordnung war die Sicherung der Steuerpflicht durch eine erhöhte Kundbarkeit des unentgeltlichen Güterverkehrs, die man erreicht, indem man außer der körperlichen Übergabe die Beurkundung und behördliche Registrierung verlangt.' Eine andere als diese Barschenkung durch unentgeltliche Sachübereignungi; kennt das Gesetz nicht; das bloße Schenkversprechen war hiernach, wie es scheint, überhaupt ohne verbindliche Kraft. 8 In der Form des Abschlusses begünstigt werden die donatio ante nuptias (o. § 224 IV, § 242 III 2) und die Schenkungen zwischen Eltern und Kindern (o. § 242 III 2). Eine Haftung des Schenkers für Eviktion konnte im klassischen Recht nur durch Stipulation begründet werden, sofern der Schenker dazu bereit war, Sev. Ant. C. 8, 44., 2; Mod. D. 21, 1, 62. Das westliche Vulgarrecht und Juslinian erklären dagegen eine solche Vereinbarung, die den Schenker aus seiner Freigebigkeit haftbar machen würde, für unwirksam. 7

2. Bei Justinian 8 wird, ähnlich wie beim Kauf, die klassische Auffassung, die in der Schenkung eine Erwerbscausa sieht, mit der vulgarrechtlichen, die sie als Bargeschäft von eigener Art deutet, verschmolzen. Die Schenkung wird von der Übereignung, für die sie wieder die bloße causa abgibt, getrennt.• Sie wird jetzt auch als bloßes Versprechen wieder verbindlich 1 Vat. 249 (323), verändert in CT 8, 12, 1, teilw. = C. 8, 53, 25; alles Nähere o. § 242 III 2. 1 Grundlegend jetzt Levr. I 137 ff.; II 235 ff. Vgl. ferner die L1t. o. § 1401, insbes. Biondi, Scr. Ferrini Mil. I 154 ff.; Succ. test. 1 680 ff.; Dir. rom. crist. III 347 ff.; Archi, Scr. Ferrini Pav. 670 ff.; ACI Ver. III 154 ff.; J. Ph. Levy, RIDA 3 (1949) 108 ff.; zuletzt zu den Hintergründen der Neuerung Archi, RIDA 1 5 (1958) 391 rr. - Zur urkundlichen Überlieferungs. Wanger, Qu. 803ff.; vgl. insbes. die ravennat. Urkunden Tjäder nr. 10-28 (Marini 82ff.) , dazu Ferrari III 1 ff. = St. Riccobono I 457 ff., und die ägypt. Papyri, dazu Taubenschlag 399f. 3 Levy I 168 f.; II 237. 'Zu alldem o. § 242 III 2. 5 Zur Bezeichnung als •contractus' (im weiten Sinn des Vulgarrechts) s. Levy II

238; zur fortbestehenden Zweiseitigkeit ebd. 237 f. • Levy I 139 f.; II 238'°' gegen Biondi III 350. 7 Vgl. einerseits PS 5, 11, 5 mit IP 5, 12, 5, andererseits fr. 62 cit. itp. (Ind.); Levy II 241 ff.; SZ76(1959)19.ZuCE312 s. Levy, Symb. Taubenschlag II 367 rr., vgl. Merea 220 Cf.; d'Ors, Cuad. Ist. J ur. Esp. 5 (1956) 99 rr. • Levy I 152 f. - Zur Rentenschenkung C. 8, 53, 35, 4-4b (530), dazu Amelotti, SD 19 (1953) 229 ff. • C. 8, 53, 35, 5b (530); Lev_.y, ACI Roma II 44. Zur traditio als Obereignungsgeschäft vgl. o. § 242 IV 2, insbes. gegenüber Riccobono, SZ 33 {1912) 277 rr.; 34 (1913) 159 ff.; 168 ff., der eine weitgehende Verflüchtigung des Traditionserfordernisses behauptet.

§ 265. Die Schenkung

289

gemacht, und zwar losgelöst von der Schriftform der stipulatio; damit wird das Schenkversprechen ein selbständig obligierender, durch Konsens begründeter contractus. 10 Die von Konstantin eingeführte Registrierungspflicht besteht weiter und wird auch auf die Schenkversprechen erstreckt, doch werden Schenkungen bis zu 300, später 500 solidi davon befreit. 11 Gewisse Schenkungen sind von der Formvorschrift überhaupt ausgenommen.11 Die unwirksame Schenkung des paterfamilias an sein gewaltunterworlenes Kind kann schon in spätklassischer Zeit in verschiedener Weise geheilt werden; 11 nach einem Kaisererlaß zwischen 210 und 256,1" wenn der Vater ohne Widerruf verstorben ist. Konstantin deutet sie in eine Schenkung von Todes wegen um. 16 Justinian schränkt sie nach allgemeinem Schenkungsrecht ein: Sie kann per sileniium donatoris nur konfirmiert werden, wenn sie, sofern sie die registrienmgsprlichtige Summe übersteigt, registriert wird. Nur die testamentarisch konfirmierte Schenkung an das gewaltunterworfene Kind ist in unbegrenzter Höhe gültig, und zwar, wenn sie registrierungsprlichtig ist, vom Tag der confirmatio donationis, sonst vom Tag der Schenkung an.11

II. Das nachklassische Recht der Schenkung zeigt gegensätzliche Tendenzen. War die christliche Lehre aus karitativen Erwägungen einer Förderung der Schenkung günstig, so begegnet die staatliche Rechtspolitik jeder unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten nach wie vor mit Mißtrauen, das sich jetzt wegen der Gefahr des Steuerbetrugs eher noch steigert. Während die oströmische Schule aus christlichen Motiven bereit ist, den Begriff der Schenkung auf alle freigebigen Zuwendungen auszudehnen (s. alsbald), hält sich der Westen von einer Ausweitung des Schenkungsbegriffs entschieden zurück. 17 Auch Justinians Gesetze haben, indem sie die Formvorschriften und die bisherigen Beschränkungen übernehmen und vor allem die Verbote gewisser Schenkungen sowie die Widerruflichkeit beibehalten, das allgemeine Recht der Schenkung - von Ausnahmen abgesehen - nicht hegünstigt. 18

°

1 C. 8, 53, 35, 5b, c (530); Inst. 2, 7, 2; von Gefangenen sind befreit nach C. 8, 53, zu •pactum legitimum• s.o. § 26111• Über 36 pr. (531), Fahrnisschenkungen des madie Entwicklung zum Kontrakt, der stets gister militum an die Soldaten nach eod. der Annahme bedarf, und über die An- § 1. 11 Durch Genehmigung des Erben, Pomp. näherung an den Kauf vgl. Pringsheim, sz 42 (1921) 275 rr.; St. Albertario I 675 f.; D. 41, 6, 4; Pap. vat. 294; Belassung des Biondi, Succ. test. 696 r.;s. auch Archi, peculium bei Emanzipation des HausRiv. it. 5 (1951) 226 rr.; Wieacker, kinds, Pap. vat. 255 (= D. 39, 5, 31, 2); Vulg. 16. Vgl. ferner J. Ph. Levy (o. A. 2) 260; Diocl. C. 8, 53, 17; vgl. Siber, 91 ff.; 113 ff.; 133 ff. (der aber das vor- SZ 53 (1933) 127 rr.;De Villa, StSass.13 justinianische Schenkversprechen als ein- (1935) 55 ff.; Biondi III 352 ff. seitigen Akt ansieht, 117 f.). H Val. Gall. CGreg. 3, 8, 2 (FIRA II 11 300 solidi nach C. 8, 53, 34 pr. (529), 661); C. 3, 29, 2. - Zu C. 6, 20, 13 itp. s. 500 nach eod. 36, 3 (531); Inst. 2, 7, 2. Siber (o. A. 13) 135 m. Lit. 16 Vat. 274 (315); Siber 135f. Die formwidrige Schenkung ist nichtig, 11 C. 5, 16, 25 (528). C. eod. 34, 1. 11 Schenkungen für fromme Zwecke sind 17 Levy II 238 f.; 240 f. 18 formfrei bis zu 500 solidi und, wenn sie Das betont zu einseitig Biondi III der Kaiser macht, auch darüber hinaus, 347 ff. (m. Lit.), der den praktischen EinC. 1, 2, 19 (528); 8, 53, 34, 1 a (529). Das fluß des Christentums auf die Gestaltung zweite Gesetz unterstreicht die Befreiung des Schenkungsrechts nur bei der Bealler Schenkungen des Kaisers; Nov. 52, 2 günstigung der Schenkung für fromme (537) befreit auch die Schenkungen an Zwecke und bei der zwischen Eltern und den Kaiser. Schenkungen zum Loskauf Kindern (351 ff.) gelten lassen will. 19 HdA X 3. 3. 2 (KaserII)

290

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

In der östlichen Schuldoktrin aber wird der Begriff der Schenkung, wie erwähnt, über die spezifischen Schenkungsgeschäfte, also über Barzuwendungen und Schenkversprechen hinaus auf einen sehr weiten Umkreis ausgedehnt. Man rechnet jetzt auch Geschäfte anderen Typus der Schenkung zu, wenn sie in freigebiger Absicht vorgenommen werden. 19 Hatte der klassische 'animus donandi> nur das in der causa donationis enthaltene subjektive Element bezeichnet (o. § 140 III), so können nun auch Geschäfte aus anderer causa, 20 wie Kauf, 21 Bürgschaft, 22 adstipulatio, 23 negotiorum gestio, 24 dos, 25 durch den Willen, den anderen unentgeltlich zu begünstigen, zur Schenkung werden. Darüber hinaus ist das Element der Freigebigkeit (liberalitas) auch Erbeinsetzungen, Vermächtnissen, Freilassungen, dem precarium, der pollicitatio, ja zuweilen der derelictio gemeinsam, die nun alle von diesem Gesichtspunkt aus der Schenkung angenähert oder untergeordnet werden.• Obschon diese Ausweitung des Schenkungsbegriffs in den karitativen Tendenzen des Christentums wurzelt, bleibt es doch in der Praxis des Schenkungsrechts bei der überkommenen Zurückhaltung. 27 wird die lex Cincia, die III. Von den Schenkungsbeschränkungen schon in der klassischen Zeit als überholt empfunden wurde, in Konstantins Schenkungsgesetz aufgehoben oder doch als nicht mehr geltend behandelt. 28 Dagegen bleibt das Schenkverbot unter Ehegatten, wenngleich mit Milderungen, bestehen (o. § 218 II). Ein Recht zum Widerruf der Schenkung erhält zunächst nur der Patron gegen den undankbaren 29 Freigelassenen. 3 Konstantin gewährt dem Vater

°

tt Vgl. zu 'liberalitas' und 'munificentia' (aus den christlichen Quellen) Bruck, Mnem. Pappoulia (1934) 65 ff.; St. Riccobono III 390 ff.; Über röm. Recht (1954) 101 ff., insbes. 117 ff.; 121 ff., dazu Volterra, SD 3 (1937) SZ ?2 (1955) 477 ff.; 183 ff.; Kunkel, ferner Pringsheim, St. Albertario I 659 ff.; vgl. auch SZ 42 (1921) 303; 326 zur Gesinnung (lj,ux71)des Schenkers. Zu seiner •contemplatio' s. Dulckeit, Erblasserwille (1934) 64 ff. Im übrigen s. Bussi in: Cristianesimo e dir. rom. (1935) 216 ff.; 231 ff. 20 Zum folgenden Archi, ACI Ver. III 111 ff. gegen Pringsheim, SZ 42 (1921) 273 ff., der den animus donandi für völlig unklassisch, und gegen Biondi (jetzt Succ. test. 692 ff.), der ihn für völlig klassisch hält (s. auch zuletzt Dir. rom. crist. II 323 1 gC'gen Archi). u D. 24, 1, 5, 5; 31, 3 (beide itp.). 12 D. 2, 14., 32; 3, 5, 4; 14, 6, 9, 3; 17, 1, 6, 2 u. a., itp. 28 D.17, 1, 59pr.; 33, t,, 11; C. 5, 12, 2, alle überarb., dazu auch Archi, Fschr. Rabel II 12 ff. u D. 15, 3, 7 §§ 1, 4, 5; eod. 10, 2/7; C. 2, 18, 12 (versio in rem); D. 26, 7, 43, 1, alle itp. UArchi, St. Albertario II 231ff.;

262 ff., s. o. § 222'. u Pringsheim, St. Albertario I 667 ff. 17 Zu denen für die Schenkung an die Konkubine und ihre Kinder s. o. § 221 ; zur Unfähigkeit der .Mutter, die keinen Vormund für die Kinder beantragt hat, zu schenken, s. o. § 232 II 3. Weitere Beschränkungen für Ungläubige u. § 284 17 , "· - Zur querela inofficiosae donationis s. u. §29011. 28 Vat. 249, 10 ist lückenhaft überliefert; s. Levy I 138 83 s; II 236 391 , vgl. auch Radin, RH 7 ('1928) 249 ff. Dagegen wird sie in der anachronistischen CT 8, 12, 4 (318) noch erwähnt (neben der mißverstandenen const. divi Pii, o. § 242", und der überholten mancipatio, o. § 242'). Gegen christliche :Motive der Aufhebung Biondi III 348 m. Lit. 29 Den Undank hiilt Levy II 245 f. (m. Lit.) ursprünglich nicht für ein Tat(s. o. § 140 bei A. 16): bestandsmrrkmal s. jetzt auch Cosrn t in i, St. De Francisci III 524 ff. = 1\1iscell. romanist. (1956) 62 rr. gq;rrn De Dominicis, Scr. Cedam II 564 ff. Vgl. zur Entwicklung zuletzt Levy, SZ 76 (1959) 15 f. 30 Phil. vat. 272 = C. 8, 55, 1 (o. § 140 III i. f.). Später wird auch die Schenkung des kinderlosen Patrons an den Freigelassenen widerruflich, wenn jener Kinder

§ 266. Miete und Pacht,

Dienstvertrag,

Werkvertrag

2\)1

den Widerruf, wenn sich seine Kinder mit Anmaßung oder Grausamkeit wider ihn erhoben haben ;31 dieses Recht wird später auf die Mutter3 2 und andere Vorfahren erweitert. 33 Justinian verlangt bestimmte schwere Verfehlungen, gewährt aber den Widerruf jedem Schenker, auch wenn er mit dem Beschenkten nicht verwandt ist. 34 Die Praxis sucht das Widerrufsrecht durch Verzichtsklauseln abzudingen. 35 Die belohnende Schenkung,• die schon bisher von den Beschränkungen der lex Cincia befreit war, 37 wird folgerichtig von den Widerrufsmöglichkeiten ausgenommcn. 38 Die östliche Doktrin kennzeichnet sie mit dem 'animus remunerandi' 39 und steigert {unter christlichem Einfluß) die sittliche Pflicht zu einer naturalis obligatio.t0

IV. Der Begriff der pollicitatio 41 schließt im untechnischen Sprachgebrauch des Vulgarrechts wie der östlichen Schule jede Art von Versprechen ein.' 2 Das einseitige Versprechen an die Gemeinde, das technisch 'pollicitatio> heißt, wird von der östlichen Doktrin in den weiten Rahmen der Schenkung einbezogen. 43 Inwiefern Justinian das Geschäft weiter umgeformt hat, bleibt fraglich." Den Formgeboten für die Schenkung wird auch das suffragium' 11 unterstellt, der Vertrag, in dem jemand eine Belohnung verspricht, um ein öffentliches Amt zu bekommen; ein bemerkenswertes Zeugnis für die in dieser Periode herrschende Korruption. Dieser Vertrag wirkt auch als bloßes Versprechen obligierend, wenn der Versprechende die angestrebte Funktion erreicht hat.

§ 266. Miete und Pacht, Dienstvertrag, Werkvertrag

1. Die in der klassischen 'locatio conductio> 1 zusammengefaßten Vertragsverhältnisse, die seit alters im Brennpunkt des sozialen Interesses gestanbekommt, CT 8, 13, 3 (355) = C. 8, 55, 8 mit IT. 31 Superbc crudeliterque, vat. 248 (330), s. auch CT 8, 13, 2 (349). Näheres bei Levy II 246; Biondi, Succ. 699 ff.; zum Widerruf der Emanzipation nach diesen Gesetzen o. § 22818 • 11 CT 8, 13, 1 (349, dazu Solazzi, SO 13/14 [1947/48) 213) gibt es ihr auf die Hälfte, eod. 4 (358) auf das Ganze, vgl. auch IT und C. 8, 55, 7 (ex CT 8, 13, 1 eil. itp.). Durch Wiederverheiratung verwirkt die Mutter das Widerrufsrecht, c. 4 cit.; RB 1, 2. 33 Es gilt für alle Schenkungen an emanzipierte Nachkommen nach CT 8, 13, 6 (li26) = C. 8, 55, 9. ac C. 8, 55, 10 (530). Das Recht geht nicht auf die Erben des Schenkers über, eod. § 2. 36 S. die ravennat. Urkunden (Tjäder nr. 16 = Marini nr. 90 u. a.) und die Formelsammlungen bei Levy 247. 341 ßiondi, Succ. 719 f.; Reggi, St. De Francisci III 227 ff., beide m. Lit. 87 PS 5, 11, 6, dazu Levy 2:l9409 ; zu IP 5, 12, 6 s. Conrat, Paulus 141 rr. 38 Im \Vesten IP 5, 12, 6, im Osten D. 39, 5, 3ft, 1, ex PS eil. itp. Weitere Belege zur Pflichtschenkung bei L e v y 2:rn. 19°

n D. 15, 3, 10, 7 (Ind.).

,oD. 5, 3, 25, 11,s.o. §113 II a.E.;

§255111. Zu ihrer Weiterentwicklung o. § 140 IV m. Lit., dazu noch Biondi, Scr. Ferrini Mil. I 130 ff.; Villers, RH 18 (1939) 32 ff.; J. Ph. Levy (o. A. 2) 103 f.; 130 ff.; Pringsheim (o. A. 26) 672 rr. u Vgl. einerseits Levy II 51 f., andererseits Albertario III 241 ff. (zur Anwendung auch auf das Cormfreie pactum). cao.39, 5, 19pr.; 50, 12, 13, 1 u.a., wahrsch. alle itp., s. Pringsheim 672 ff. "Albertario nimmt an, erst Justinian habe die pollicitatio als einseitig verbindliches Versprechen anerkannt und die Unterscheidung in 'polt. ob honorem• und 'non ob honorem• durch die in 'polt. ob iustam causam• und 'sine causa• ersetzt; doch bedarf dies erneuter Nachprüfung. ' 6 CT 2, 29, 2 (394) = C. 4, 3, 1 mit IT; Kühler, RE 4 A, 656 ff. shv.; Levy I 169 f.; II 248 f. 1 Zum klassischen Recht (o. § 132) s. jetzt Mayer-Maly, Locatio conductio (1956), dazu etwa Kaser, SZ 73 (1956) 424 ff.; De Robertis, TS 25 {1957) 398 ff.; Burdese, Iura 8 (1957) 481 ff. Zur sozialen Problematik Maver-Malv 224ff. Zur Praxis der loc. con·d. rei vgl. auch 41

2~2

Dritler

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

den haben, werden von den Umwälzungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens der Spätzeit 2 aufs stärkste betroffen. Im Westen 3 gehen die Veränderungen so weit, daß die private locatio conductio verschwindet. An ihre Stelle treten für den Bereich völliger sozialer Abhängigkeit, also für die Regelfälle der Landpacht und der Arbeitsverpflichtungen, neuartige Verhältnisse der 'Untertänigkeit>, die nicht auf freiem Vertragsschluß beruhen und den Verpflichteten einer Befehlsgewalt seines 'dominus, unterwerfen. In den übrigen Anwendungen, für die eine soziale Abhängigkeit nicht typisch ist, wird die locatio conductio von anderen Vertragsverhältnissen verdrängt: für die Miete und Pacht von der entgeltlich gewordenen Leihe und vom umgestalteten 'precarium>, für die Geschäftsbesorgungen vom gleichfalls entgeltlich gewordenen mandatum und allenfalls depositum; zuweilen auch bleibt der Vertragstypus ungeklärt. Viele dieser Verträge begnügen sich damit festzustellen, daß jemand einem anderen etwas auf Zeit gegen Entgelt zur Verfügung stellt.' Die von den Klassikern mit großer Sorgfalt entwickelte Dogmatik wird beiseite geschoben; die Rechtspflege mag sich mit Billigkeitslösungen begnügt haben. Zugleich verwischen sich die Grenzen zwischen Dienst- und Werkvertrag, 6 ja auch zwischen Miete und Arbeitsvertrag.• Im Osten bleiben Name 7 und Einheit der locatio conductio deutlicher beigetragen, der erhalten. Dazu hat vermutlich der Begriff der µ(a-&aLc; vom µLa-&6c;als dem allen diesen Verträgen gemeinsamen Entgelt zusammengehalten wird. 8 Mit den mannigfachen Anwendungen dieses Vertrages verbindet sich eine gefestigte Urkundenpraxis, 9 in der sich auch die sozialen Machtverhältnisse spiegeln. Bei diesen Verträgen konnte Justinian anknüpfen, als er die klassische locatio conductio und wesentliche Stücke der zu ihr gehörigen klassischen Dogmatik übernahm. Gleichwohl ist nicht zu vrrkennen, daß auch im Osten der praktische Anwendungsbereich der locatio conductio mit der Ausbildung untertäniger Landpacht- und Arbeitsverhältnisse eingeengt wurde. Immerhin erwiesen sich die klassischen Grundsätze der locatio conductio noch in allen ihren Anwendungsformen als verwendbar; dies um so leichter, als diese Grundsätze meist nachgiebiges Recht waren und daher im Einzelfall durch abweichende Vertragsklauseln den konkreten Machtlagen und Bedürfnissen angepaßt werden konnten. Maroi, Scr. giur. I (1956) 413ff. Zur Frage der Einheit der loc. cond. neuestens Amir an t e, Bull. 62 (1959) 9 ff. (der mich aber 3738 , vgl. auch 498 , irrtümlich zu den Gegnern der Einheitstheorie rechnet; s. jedoch eindeutig o. § 132 1). 2 Zur Arbeit und ihrem Schutz durch das Christentum vgl. die Übersicht bei Bio n d i II 363ff.; zur Zwangsarbeit u. A. 35. 1 Grundlegend Levy II 249 ff. 'Levy 250. 6 Die schon in der klassischen Zeit nicht immer scharf auseinandergehalten wurden, vgl. die Verwischung von •opus• und •operae• in Gai. 3, 147 und rer. cott. D. 19, 2, 2, 1 i. f.; Pomp. D. 34, 2, 34 pr.;

Paul. D. 19, 2, 22, 2. Zum späteren Recht GE 2, 1, 7; CT 11, 11, 1 (368) = C. 11, 55, 2 gegen IT; LB 21, 1; Levy 250488 ; 2561101• • Vgl. Levy 250 f. zu ET 150: Die .Arbeitsleistung des verdungenen fremden rusticus hängt hier immerhin von seiner eigenen Zustimmung ab. 7 Levy251' 7'; vgl. C.11, 54, 1 pr. (468); 11, 10, 7 pr. (467 ff.); 12, 50, 22 pr. (465 od. 473); lt, 65, 32 u. 34 (Zeno); 7, 39, 7, 7 (525). 8 S. auch o. § 132 I. • Zu den Papyri Taubenschlag 354394 m. Lit.; Wenger, Qu. 783 ff. Vgl. zur Wohnungsmiete Berger, ZvglRW 29 (1913) 321 ff.; zur Landpacht u. A. 21, zur Selbstverdingung u. A. 37.

§ 266. Miete

und Pacht,

Dienstvertrag,

Werkvertrag

~93

II. 1. Im Westen lebt die locatio conductio als Sachmiete und Pacht im 4. Jh. zunächst noch fort. Im 5. Jh. tritt sie dagegen völlig zurück; wo jetzt noch vom die Rede ist, sind öffentlich-rechtliche Verhältnisse gemeint. 10 Zwar besteht die Landpacht weiter, ja die Pacht vom Staat, besonders die von Domänenland, rückt noch stärker in den Vordergrund als schon unter dem Prinzipat. Sie wird aber nicht nach dem privaten Recht der locatio conductio beurteilt. Vielmehr bildet sich immer schärfer der Gegensatz zwischen den großen Erbpächtern und den kleinen Zeitpächtern heraus, zwischen denen es an einer Mittelschicht, den freien, schuldvertraglich gebundenen Landpächtern, so gut wie völlig fehlt. Die großen Erbpächter, deren Sachgewalt im weiten Eigentumsbegriff des Vulgarrechts auf geht, gewinnen an Macht und Einfluß und stehen einem Grundherrn nahezu gleich. 11 Die kleinen Zeitpächter dagegen geraten in eine immer abhängigere und schutzlosere Stellung, die sie den Kolonen nähert. 12 Soweit sie Domänenland vom Staat auf Zeit pachten, erhalten sie die Pacht durch Versteigerung 13 oder kaiserlichen Gnadenakt ;1' das Verhältnis endet durch freien Widerruf der Staatsgewalt, die auch den Zins beliebig erhöhen kann. 15 Noch schlechter stehen die Pächter privater Grundstücke da. Sie werden, nicht anders als andere Verwalter fremder Vermögen (actores, procuratores, o. § 204 1), sozial rnißachtet 16 und noch stärker als die Domänenpächter den abhängigen Kolonen und den Sklaven gleichgeordnet. 17 Das Verhältnis wird zwar noch durch privatrechtlichen Schuldvertrag begründet, 18 sinkt aber faktisch zu einem als schimpflich angesehenen Bedienstetenverhältnis herab, das der persönlichen Unfreiheit nahekomrnt. 19 Hiernach begreift es sich, daß die Terminologie des und ,die mit dem sozialen Unwerturteil über den conductor belastet ist, alsbald verschwindet. 20 Im Osten zeigt demgegenüber die Bodenpacht, soweit uns die ägyptischen Papyri unterrichten, 11 ein günstigeres Bild. Die durch freien Vertrags10 Zu alldem Levy 251 r.; SZ 66 (1948) 17 ff. mit Belegen. Der CT hat keinen Titel über locatio conductio mehr. 11 Näheres zur Erbpacht o. § 249. 11 Levy 253; SZ 66, 18 r. 13 C. 11, 71, 3 (395); 4 (398 f.). 1& C. eod. 5, 6 (429); s. auch C. 11, 62, 8 (386). u C. 11, 71, 5, 6 r.cit. 11 Sie sind härteren kriminellen Strafen ausgesetzt, vgl. Bergwerkstrafe und Deportation in CT 5, 7, 2, 3 (408) = c. Sirm. 16 = C. 8, 50, 20, 4; Prügelstrafe und lebenslängliches Exil in CT 16, 6, 4, 1 (405); Todesstrafe in NV 6, 1, 1 i. r. (440). Der mitschuldige dominus wird milder bestraft. Träger höherer Weihen (Konzil von Carthago 419, c. 16 [PL 56, 868)) und Dekurionen (NT 9, 1 f. [439], veränd. in C. 4, 65, 30) dürfen nicht conductores sein, letztere bei Nichtigkeit des Vertrages und Konfiskation des Landes; vgl. auch CT 12, 1, 92 (382 Ost) = C. 10, 32, 34; 7, 39, 7, 7 (525). Zu alldem Levy 254 r.; SZ 66, 19 r.

17 CT 2, 30, 2 (422) = C. 8, 15, 8 = 11, 48, 17 und CT 2, 31, 1 (422) = C. 4, 26, 13 (zu beiden o. § 204 11' 14 ) gegenüber CT 16, 5, 52, 1/4 (412); Levy 254. 18 NT 9, 2 (439) mit C. 4, 65, 30 (dazu Albertario V 215 ff.); 11, 54, 1 pr. (468). 111Über solche Zwischenstufen zwischen Freiheit und Unfreiheit o. § 213, insbes. III (procuratores, actores). so Levy 256 ff. (SZ 66, 22 ff.). Vgl. besonders IP, INT, INV usw. (nach Levy, Ergänzungsindex zu ius und leges [1930]); ganz dürftig sind auch PS 2, 18, 2 (ohne IP) und GE 2, 9, 15. Zu den zum Teil unterschiedlichen Entwicklungen in den germanischen Königreichen s. Levy 271 ff. (SZ 66, 27 ff.). 11 Vgl. ob. A. 9. S. jetzt Herrmann, Studien zur Bodenpacht im Recht der gräco-ägyptischen Papyri (1958), aus der ält. Lit. Waszynski, Die Bodenpacht (1905); v. Bolla, RE 18, 2439 ff. (Pacht), ferner Comfort, Studies in Late Byzantine Land-Leases (1939), enthaltend u. a.:

29ft

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

schluß begründete Pacht bleibt dort erhalten, 22 die Vergabung von Privatland nimmt mit der häufigen Überführung von Staatsland in private Hände beträchtlich zu. 23 Immerhin fehlt es nicht an Anzeichen dafür, daß sich die Bedingungen für die Mieter und Pächter in einzelnen Beziehungen verschlechtert haben. 24 Daß sich daneben, mindestens in anderen Ostprovinzen, ähnliche Untertänigkeitsverhältnisse entwickelt haben wie im Westen, folgt aus einzelnen östlichen Gesetzen sowie aus denen (westlichen oder östlichen Ursprungs), die Justinian in seinen Codex übernimmt. 25 2. Im Westen treten an die Stelle der locatio conductio für die Bedürfnisse der Miete von Sachen aller Art und der Pacht 26 die entgeltlich gewordene Leihe (o. § 262 II) und besonders das 'precarium>, 27 das zu allermeist an Grundstücken eingeräumt wird. Es hebt sich von seinem klassischen Vorläufer in doppelter Hinsicht ab: Es wird aus einem notwendig unentgeltlichen zu einem in der Regel entgeltlichen Verhältnis. 28 Und es ist nicht mehr eine frei widerrufliche faktische Überlassung, sondern wird auf einen Schuldvertrag gegründet, den man der Bitte und ihrer Gewährung entnimmt, und der den Geber auf Zeit bindet. 9 In dieser Gestalt hat es dann auch der mittelalterlichen Prekarie Pate gestanden. 80 Aeg. 13 (1933) 589ff.; 14 (1934) 80fr.; 286 Cf.; Steinwenter, Recht d. kopt. Urk. (1955) 37 ff. Vollständ. Verzeichnis der überlief. Urkunden bei Herrmann 247 ff., für die byzant. Zeit 274f!.; s. aus jüngster Zeit insbes. dieP. Michaelides,dazu Herrmann, Chron. d'fg. 32 (1957) 121 ff.; Wolfr, SZ 75 (1958) 397 rr.,seither noch die von Gerstinger, Wiener Studien 69 (Fschr. A. Lesky, 1956) 237 ff. (JJP 11/12 [1956/57] 376!.) herausgeg. Urkunden sowie P. Strasb. 247, 248 (551 u. 560 n. Chr., vgl. JJP 11/12 [1958] 366; Kupiszewski, Lab. 3 [1957] 346 ff.). Zu dem in nr. 248 erörterten Problem der 'conductio suae rei> s. auch Gortemanvan Oven, TS 26 (1958) 316 rr.; 332 rr. und zu den röm. Quellen Albanese, Bull. 62 (1959) 121 rr. - Zur Teilpacht (colonia partiaria, o. § 13212 ) s. Taubenschlag 358 18 ; 369 r. m. Hinw.; Herrmann, Bodenpacht 204 ff., s. auch 214 ff. 21 Freie Landpächter in gehobener Stellung: Herrmann, Bodenpacht 163 r. 23 Herrmann 84 ff. u Seit dem 4. Jh. begegnet die Klausel, daß die Wohnungsmiete und später auch die Landpacht abgeschlossen werden lcp' Öaov xpovov ßoUAE:L o. dgl., so daß der Vermieter oder Verpächter den Vertragsgegner jederzeit vertreiben kann, vgl. Berger, ZvglRW 29 (1913) 370 rr.; Taubenschlag 362"; 36620 ; Arangio-Ruiz, Lineamenti del sistema contrattuale (1928) 48 f.; FIRA III 46t1 m. weit. Lit.; Comf ort, Aeg. 14 (1934) 80 rr.; Herrmann 91 rr.; vgl. auch die in JJP 9/10 (1955/56)

571, 572; 11/12 (1956/57) 376 angef. Urkunden. Die Strafklauseln für Vertragsverletzungen durch den Pächter werden verschärft, Herrmann 147, 149. Schließlich wird das Recht des Pächters, bei ungenügender Nilüberflutung den Pachtzins zu kürzen, in byzantinischer Zeit seltener gewährt, vgl. Herrmann 161 r. 26 Vgl. zur Pacht von Privaten CT 12, 1, 92 (382 Ost) = C.10, 32, 34; NT 9, 1 r. (439) teilw. = C. 4, 65, 30; C. 7, 39, 7, 7 (525), ferner C. 4, 26, 13, 1; 8, 15, 8 = 11, 48, 17; 8, 50, 20, 4, zu allen diesen o. A. 16-18. Zu den Domänenpächtern vgl. C. 11, 62, 8 (386); 11, 71, 3 (395); 4 (398 f.); 5 (429). • Über die Verdingung von Nutztieren im Osten s. v. Bolla, Untersuchungen über Tiermiete u. Viehpacht (1940); zum sog. 'Eisernviehvertrag> s. Taubenschlag 368 rr. m. Lit.; Daube, SZ 69 (1952) 388 ff. Vgl. o. § 13218 • 17 Levy 164 und 258 ff. (SZ 66, 1 ff.). Vgl. auch Steinwenter, RE 22, 1821 rr. (Precarium). 28 C. 7, 39, 2 (365) und 8, 4, 10 = 4, 65, 33 (484). Aus der Entgeltlichkeit folgert man hiernach auch die Auffassung des 'precario possidere' als bloße Detention, vgl. Albertario II 143 ff.; Silva, SD 6 (1940l 267 rr.; o. § 23911• 19 IP 5, 7, 8 ad tempus; vgl. auch die Gleichstellung mit dem commodatum und die 'actio (civilis)' hier und in der Vorlage PS 5, 6, 10; Levy 261 ff. (SZ 66, 8 ff.). ao Die Prekarie knüpft weder beim klassischen precarium noch beim ususfructus an; Näheres bei Levy 264 rr.;268 ff. (SZ

§ 266. Miete

und Pacht,

Dienstvertrag,

Werkvertrag

295

3. Bei der entgeltlichen Vergabung menschlicher Arbeit werden Dienstund Werkvertrag nicht mehr deutlich auseinandergehalten. 81 Seit dem Ende des 4. Jh. verliert sich die Terminologie des 'locare> und 'conducere> auch hier. 32 Der Wirkungsbereich der freien Arbeitsverträge wird immer stärker eingeengt, seitdem sich Verhältnisse personenrechtlicher Abhängigkeit herausbilden, die der Sklaverei nahestehen. 83 Solche 'Untertänige> leisten Arbeit nicht kraft privatrechtlichen Vertrages, sondern auf Befehl, mag ihnen dafür auch ein Entgelt bezahlt werden.H Auch überall dort, wo der allmächtige Staat Zwangsarbeit fordert, 86 ist für den freien Arbeitsvertrag die auch als Selbstverknechtung kein Raum. 36 Im Osten führt die 1tv 31.00Cp,-n.Y.&'>v bp[c.>vµtr«~o iv-roilijc;

x«l !L"J&ti,al(a)c;Ö7nJpcm&'>v ~ fpyou (1937), dazu Erdmann, SZ 59 (1939) 650 ff. 11 C. 8,37,11 (528); 4,11,1 (531); o. § 256H. Lit. o. § 13411, dazu RabiA, L'acte juridique post mortem (1955) 43133; van Oven, Symb. Taubenschlag I 529 rr. 11 Vgl. einerseits D. 17, 1, 8, 10; 29 pr. (o. § 258111), andererseits D. 50, 17, 23 und die Stellen o. § 134". Die Widersprüche werden sich aus unterschiedlichen Verallgemeinerungen der klassischen Kasuistik in der östlichen Schule erklären. - Zur Konträrklage D. 17, 1, 26, 7, dazu o. § 13418 ; Arangio-Ruiz 1671 ; s. zu fr. 26, 6 f. u. a. jetzt Pezz ana, Bull. 59/60 (1956) 213 rr. 11 Von seiner Bestellung (durch Insinuation ad acta) ist im Zivilprozeßrecht zu handeln. Das Prozeßmandat wird jetzt häufig fingiert, vgl. die Belege bei Don at u ti, St. Albertoni I 367 ff. H Ansätze vielleicht schon in PS 1, 3, 2, ~azu Lev;y, PS. 78; die übrigen Stellen smd umstritten, msbes. D. 3, 3, 1 pr./1; vgl. die Lit. ebd. 78381 und o. § 62'1. 11 Arangio-Ruiz 77 r. Folgerichtig heißt der beauftragte procurator •verus', der nicht beauftragte (wenn auch redlich geschäftsführende) 'falsus•, vgl. D. 46, 3, 12 pr./4; s. auch D.12, 4, 14; 47, 2, 81, 5-7 u. a., dazu die Lit. o. § 6239 • 11 Levy II 296 ff.; SZ 76 (1959) 11, insbes. zu IP 1, 4 gegenüber PS, dazu auch Levy, PS 86 ff.; zu PS 1, 4, 3 mit IP noch Bull. cit. (o. A. 4) 251 rr.

302

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Die östliche Doktrin und Justinian halten demgegenüber an der Abgrenzung der negotiorum gcstio von Mandat und Vormundschaft fest und reihen die gestio unter die Quasikontrakte ein. 17 Doch zeigt sich bei Justinian die Neigung, die actio negotiorum gestorum über den bisherigen Bereich hinaus zu einer allgemeinen Ausgleichsklage auszuweiten, 18 auch wenn jemand nicht aus freiem Willen fremde Geschäfte geführt hat, 19 oder wenn er einen anderen durch Tätigwerden in dessen Interesse, vor allem durch Aufwendungen, bereichert hat. 20 Dabei verlangt die östliche Schule, dem allgemeinen Willensprinzip folgend, den (die ), das Geschäft im fremden Interesse zu führen. 21 Nur wenn der Geschäfts( ührer den Willen gehabt hat, die Erstattung der Aufwendungen zu verlangen (animus recipiendi), wird ihm hierfür die contraria actio negotiorum gestorum gewährt. 21 Der Geschäftsführer haftet für dolus und culpa, 23 vereinzelt wird die Haftung bis zur gesteigert.2'

§ 269. Actio praescriptis verbis; lnnominatkontrakte

Das klassische Recht hat zur Erweiterung des Kontraktsschemas eine Gruppe von geschaffen, die bei Zweifein über die zuständige Klage oder bei feststehenden Lücken das Aktionensystem zu erInst. 3, 27, 1 = Gai. aur. 4ft, 7, 5 pr.; Kreller, RE Suppl. 7,559 f. (Neg. gestio). 18 Andererseits neigt Justinian dazu, die Sonderfälle des Scheintutors (o. § 23417 ) und des curator (o. § 235 I a. E.) aus der negotiorum gestio herauszuheben und zu verselbständigen. 111 Vgl. besonders Partsch, Studien zur neg. gestio I (Sßer. Heid. 1913), Übersicht 104 rr. Unfreiwillige Geschäftsführung: D. 3, 5, 3, 10; C. 2, 18, 18, beide itp., Partsch 101 ff.; Riccobono, APal. 3/4 (1917) 215 ff.; Geschäftsf. im Auftrag eines Dritten: Partsch 15 ff.; I\achgel. Sehr. 76 ff.; Levy, SZ 52 (1932) 5172 , s. C. 2, 18, -'t; 14; D. 3, 5, 45 pr./1, alle itp.; Geschäftsr. bei Gestionspflicht eines Dritten: P artsch, Nachgel. Sehr. 96 ff. zu D. 3, 5, 30 pr.; 17, 1, 10, 5, beide itp. Zur umstrittenen •actio utilis neg. gest.• vgl. o. § 137 a. E., s. D. 3, 5, 46, 1 (o. § 199 14 ); Kreller, Fschr. Koschaker II 221 rr.zu den griech. Komm., ferner Schulz, Class. Rom. Law (1950) 623 f. - Zum klass. Recht zuletzt Magdelain (o. § 19643 ) 181 ff. (bedenkl.). 20 Riccobono 197 ff.; 221 ff.; 529 ff.; zur Erstattung von Aufwendungen insbesondere vgl. die Stellen o. § 261n; einschränkend Rabel, St. Bonfante IV 299 ff. S. auch Biondi III 280 4 ; 284. 21 D. 3, 5, 5 §§ 3, 5, 8, 11, 14; D. 15, 3, 10, 5; C. 4, 2, 13; ferner D. 3, 5, 4ft, 2; vgl. die Lit. o. § 137 15 , insbes. Rabcl 288 ff.; 17

Nachgel. Sehr. 302 rr., auch Partsch, 88 rr. (hier auch zu D. 3, 5, 33 itp. und zu Thalel. schol. zu C. 2, 18, 2 [Bas. 17, 2, 2, Zachariä, Suppl. 156 nr. 12 = Schelt. B III 1050 nr. 5)). Für völlig unklassisch hält die •contemplatio' Dulckeit, Erblasscrwille {1934) 73 ff. 22 C. 2, 18, 11; 12; 15; D. 10, 2, 50, alle itp., Pringsheim, SZ 42 (1921) 310 ff.; LQR 49 (1933) 393 rr.,weiteres o. § 13i 26 , doch s. auch Rabel 295 ff. Zur actio funeraria aus freiwilliger Bestattung, die der act. neg. gest. nahesteht, vgl. D. 11, 7, 14 §§ 7-9, 11, 13; 29, 2, 20 pr./1; C. 2, 18, 13 u. a., alle itp. nach Pringsheim, SZ 42, 313 ff. u. a. (Ind. und o. § 237 17 ), vgl. auch Rabel 298; Biondi II 259 f.; abweichend Vazny, APal. 8 (1921) 482 rr.; s. ferner Donatuti, SD 8 (1942) 59ff. Für den Nachweis des animus recipiendi wird hier eine Urkunde, (pro)testatio, verlangt, daSZ 38 (1917) 255 ff.; zu Taubenschlag, De Franc i s c i, Fil. 40 (1915) 17 ff. ; Vazny 481 ff.; Pringsheim, SZ 42, 319 f. - Zur Konträrklage im Fall, daß die Gesf'.häftsführung ausdrücklich untersagt wurde, s. C. 2, 18, 24 (530), dazu Schulz, sz 50 (1930) 238 ff. 23 V~l. o. § 13 710 • 24 Inst. 3, 27, 1. dazu De Robertis, Symb. Taubenschlag III 197 rr.; s. auch Sachers, SD 4 (1939) 359 m. Lit.; o. § 258:is.

§ 269. Actio

praescriptis

verbis;

I nnominatkontrakte

30~

gänzen hatten. 1 Diesen Klagen war der Gedanke gemeinsam, daß, werseinerseits bereits geleistet hat, beim Ausbleiben der vereinbarten Gegenleistung nicht nur befugt sein soll, die eigene Zuwendung zu kondizieren,, sondern stattdessen die Gegenleistung einzuklagen. Die oströmische Schule 2 gestaltet diese Ansätze zu einer selbständigen Einrichtung aus, indem sie das umfangreiche und uneinheitliche Material auf allgemeine Prinzipien zurückzuführen sucht. Sie weist der Klage aus. diesen Verhältnissen die technische Bezeichnung actio praescriptis verbis zu, 8 die vielleicht auf untechnischen Sprachgebrauch der klassischen Zeit zurückgeht,' jetzt aber auf das nachklassische Prozeßverfahren bezogen wird. 6 Daneben werden die unklassischen, aber vermutlich ebenfallsbei klassischen Vorstellungen anknüpfenden Namen 'actio incerti civilis>8 und 'actio in factum civilis> gebraucht. 7 Die actio praescriptis verbis wird nach der bona fides beurteilt. 8 Der Schuldner haftet für dolus und culpa. 9 Mit der Ausgestaltung dieser Klage verbindet sich die Anerkennung einer neuen Gruppe von Schuldverträgen. Sie stützt sich auf den erweiterten Begriff des 'contractus>, der nunmehr jede vom Parteiwillen getragene schuldvertragliche Abrede einschließt. 10 Auf dieser Grundlage entwickelt die oströmische Schule eine Kategorie klagbarer Schuldverträge, die sie den bisherigen, durch ihren Namen individualisierten Typen als 'unbenannte> gegenüberstellt. 11 Für diese neuen Kontrakte, die den Tausch und die tausch1 Ob. § 135, dort auch die Lit., dazu (II 188 ff.) haben dafür häufiger 'act. seither noch Maschi, St. De Francisci II praescr. verb.> - AJs 'civiles• werden diese 371 ff. = 11 dir. rom. nella prospettiva Klagen, weil sie aus dem (erweiterten) storica (1957) 200ff.; Giffard, RH 35 Kontrakt stammen, den vielen anderen, (1957) 337 ff.; Osuchowski, Symb. Tau- als 'prätorisch• gekennzeichneten actiones benschlag III 455 ff.; s. auch Collinet, in factum (dazu o. § 19913 ) gegenüberII 225 f. zu La nature des actions (1947) 365 ff.; La gestellt, vgl. De Francisci genese du digeste (1952) 182 ff. (zu D. Steph. (o. A. 5, Heimb. I 560 Z. 4 f. = '19, 5, 5); 226 ff. (zu D. 19, 3, 1 pr.; 19, 5, Schelt. B I 188, 19 f.) xtlwc; et1tov, t-rt t1tL 19 pr.). - Für die nachklassische EntwickyiJ, Synallagma, 2 Bde. (1913/16), obgleich er 562 = Schelt. B I 192 nr. 2) u. a. 8 Inst. 4, 6, 28; D. 19, 3, 1 pr.; 43, 26, die klassischen Vorläufer wohl unterschätzt. 1 Zum Westens. u. A. 12. 2, 2; Biondi, APal. 7 (1920) 259 m. Lit.; a Aufschlußreich für die ltpp. sind etwa II 21 ff. De Francisci Inst. 3, 24, 1 und (Gai.) D. 19, 5, 22 gegen• Vgl. D. 19, 5, 17, 1, ferner eod. 17, 2/4. über Gai. 3, 143 und D. 19, 2, 25 pr.; fer- und 20, 2 zum 'inspector•, o. § 25833 ; De I 188 f.) ge- Francisci I 287 ff. und Ind. ner C. 2, 3, 7 (De Francisci 10 Vgl. o. § 261 I; De Francisci II genüber CGreg. 1, 10, 8 (App. Wis. 1,3 = FIRA II 670,). 508ff.; zu Partsch, SZ 35 (1914) 336f. 'Ob. § 135 II mit A. 12. s. Levy, SZ 52 (1932) 517 f. m. weit. Hinw. 1 Steph. schol. ad D. 2, 14, 7 (Bas. 11, 'Contractus• in D. 12, 4, 3, 4 itp. (Ind.). Zu 1, 7, Heimb. I 560 Z. 1 ff. = Schelt. B I 'negotium• als Grundlage der Innominat188, 16 ff.) 8(8Ca>µL 't'Y)V[yxepTOtV,TOUTe,8 die 'bona fides' 11oder das 'ius gentium'10 beruft, mithin auf Kategorien, die der klassischen condictio als ziviler Klage strengsten Rechts durchaus unzugänglich waren. 11 Als allgemeines Prinzip wird diese Regel auch außerhalb der Kondiktionen angewandt. 11 III. 1. Im Bereich der Kondiktionen hat die östliche Schule aus den klassischen Ansätzen für eine Gliederung der Tatbestände (o. § 139 III) feste Typen entwickelt. Dabei kam ihr die Auflösung des klassischen Aktionenbegriffs zugute und damit die Möglichkeit, die undifferenzierte klassische condictio, für deren vielfältige Aufgaben die beiden einheitlichen Klag1 Levy II 298 ff.; SZ 76 {1959)Hf., auch zum völligen Verschwinden des Ausdrucks •condicere'. 1 Vgl. CT 2, 29, 1 (362) mit IT; weitere bei Levy II 3007 °'. 3 D. 12, 6, Ht Nam hoc natura aequum est neminem cum alterius detrimento fieri locupletiorem; 50, 17, 206 Jure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem. Weitere u.A. 7-10, s. auch D. 1, 18, 6 pr. Grundlegend Pringsheim, SZ 52 (1932) 138 rr., s. auch die Stellenübersicht Ht5 ff.; Ht9; ferner Sanfilippo, Condictio indebiti I (1943) 56 ff.; F. Schwarz, Grundlage der condiclio (1954) 304 ff.; Biondi III 289f. 'Vgl. ferner die klassische Haftung des gutgläubigen Erbschaftsbesitzers nach dem SC Iuventianum, dazu o. § 18238 und Kascr, SZ 72 (1955) 115 f. 11 S. die Tatbestände, die Niederländer, Die Bereicherungshaftung des klass. röm. R. (1953) behandelt: actio de in rem verso, Bereicherungshaftung des beschenkten Ehegatten und des Mündels aus gewissen sine auctoritate tutoris vorgenom-

20 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

menen Geschärten (nach dem rescriptum divi Pii, o. § 87 IV); s. dazu die weiteren o. § 13932 Genannten (dazu noch Gay, RH 34 [1956] 327ff.), auch Flume, Fschr. Niedermeyer (1953) 116 ff.; u. A. 30. • Zu jenen s. außer Pringsheim (o. A. 3) jetzt Coing, SZ69 {1952) 39U., zu diesen Biondi III 276 ff.; 287 ff. 7 D. 12, 4, 3, 7, s. auch die •natura• in den o. A. 3 zit. Stellen, ferner in D. 12, 6, 15 pr.; 64. • D. 12, 1, 32; 12, 6, 65, 4; 66; anders jetzt Mayer-Maly, Öst. Ztschr. f. öff. R. 9 (1958) 161 f. • D. 23, 3, 50 pr. 10 D. 12, 6, 4 7; 25, 2, 25, dazu auch Lombardi, Ricerche in tema di ius gentium (1946) 256 ff. 11 Anders mit bedenklichen Gründen Kaden, sz 71 (1954) 588 r. 11 Das ergibt die Stellung von D. 50, 17, 206 cit. S. Biondi 279 ff. und insbes. Riccobono, APal. 3/4 (1917) 582 ff.; Bull. 4.7 (1940) 17 ff.; zum Aufwendungsersatz D. 5, 3, 38 und dazu o. § 24.5111 m. weit. Hinw.

306

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

formeln auf certa pecunia und auf alia certa res ausreichten, nach den ihr zugrunde liegenden Tatbeständen in eine Gruppe selbständiger Ansprüche auf zu gliedern. Damit entstehen die Klagen, aus denen Justinian, gestützt auf die Vorarbeit der östlichen Doktrin, seine Titel in Dig. und Cod. aufbaut: die 13 zur Rückforderung des irrtümlichH auf eine Nichtschuld Geleisteten; die 15 zur Rückforderung des aus sittenwidrigem Grund Geleisteten; die oder ohne weitere Vereinbarung angesisch, vgl. o. § 13911• Justinian hat nur nommen, D. 12, 4, 3, 2 r.; 5 pr.-4 itp., den Gedanken, daß Rechtsirrtum (error Gradenwitz, ltpp. 146 rr.; Erbe, Fiiuris) die Rückforderung ausschließt, ver- duzia (1940) 147ft (m. Lit.); Schwarz allgemeinert (C. 1, 18, 10 itp. gegenüber 267; Flume (o. A. 5) 112 rr. - Zur arra Gord. C. 6, 50, 9) und die Beweislast des als Reugeld s. o. § 261 V, zu SRR L 38 Zurückforder!lden allgemein festgelegt (D. ebd. 10 • 18 D.12, 7; Schwarz 209; 211; 217. 22, 3, 25 pr. 1tp.); vgl. F. Schwarz (o. A. 19 Daß dafür die Bezeichnung •cond. oh 3) 105 rr.; 107 rr. C. 4, 5, 11 (530) bestätigt, daß die Klage auch zusteht, causam finitam• (vgl. D. 19, 1, 11, 6 u. a.) wenn der Leistende in Ungewißheit über technisch gebraucht worden ist, wird man bezweifeln dürfen; vgl. Schwarz 269 m. die Schuld bezahlt hat. 11 Der volle Name in rubr. D. 12, 5, Hinw. Der Sache nach ist sie wohl bereits der kürzere in C. 4, 7. Zum Ausschluß der klassisch, ebd. 268 rr.; anders P. Simonius, Donatio mortis causa (1958) 21111• Klage, wenn auch der Geber sittenwidrig 1 0 D. 13, 1; C. 4, 8. Der Name ist ungehandelt hat, und zur Begründung mit der •melior causa possidentis' s. o. § 13981 klassisch, Schwarz 53. 11 Ruhr. D. 13, 2, entwickelt aus dem mit Lit. (dazu noch Biscardi, SD 4 [1938) 493ff.). Zur 'iniusta causa' o. § 13911 • einzigen Satz des Paulus in Cr.un. eod., der Über Konfiskation unsittlichen oder ver- aber die condictio nicht einmal nennt (Lit. im Ind.). Dazu vgl. C. 3, 31, 12, 1 c botswidrigen Erwerbs vgl. Brasiello, (531) und C. 6, 30, 22, 6 (531); diese GeRH 36 (1958) 309 f. 11 Der erste Name in rubr. C. 4, 6, der setze stehen bereits unter dem Einfluß der zweite in D. 12, 4. Zur Erklärung des zwei- Rechtsschule, s. o. § 19411• 12 D. 12, 1, 9 pr.-3 itp.; Mitteis, Jher. ten Namens als 'Klage, wenn eine Voraussetzung gesetzt, diese Voraussetzung aber Jahrb. 39 (1898) 153 ff.; de Visscher, nicht erfüllt ist', s. Schwarz 133 rr. m. La condictio (1923) 113 ff., weit. Lit. im lnd. Zu den griech. Kommentaren s. weit. Lit. 17 Hierher gehört auch die unrömisch C. Longo, Bull. 17 (1905) 75 rr., auch sog. 'cond. ex paenitentia', wenn sich 58 ff. Vgl. etwa Steph. schol. 8 zu D. 12, 1, der Geber für den Fall, daß der mit der 12 (Bas. 23, 1, 12, Heimb. II 607). Die Gabe bezweckte Erfolg nicht eintritt, den übrigen Erweiterungen, die Siber 213 f. u. a. Justinian zuschreiben, sind kaum Rücktritt vorbehalten hat. Den Hauptfall bildet die Übereignung eines Sklaven gerechtfertigt, vgl. die Stellen o. § 139 II.

§ 270. Ungerechtfertigte

Bereicherung

307

Erweiterungen werden als bloße Fortbildungen des klassischen Rechts empfunden. 2. Systematisch eingeordnet hat die oströmische Schule die Kondiktionen bei den Quasikontrakten. Sie stützt sich dabei auf die schon von Gaius erkannte Parallele zwischen dem indebitum solutum und dem mutuum. 23 3. Das klassische Recht hat nur die condictio eines certum gekanntH und in den Fällen, in denen ein incertum vorenthalten wurde, offenbar mit kondiktionsähnlichen actiones in factum geholfen. Die Nachklassiker, die an das klassische Aktionen- und Formelschema nicht mehr gebunden sind, gewähren dagegen ausdrücklich auch die , 16 und zwar häufig in Fällen, in denen die Klassiker mit der regelmäßigen condictio (certi) auskamen.• 4. Der Inhalt der Kondiktionen umfaßt nach wie vor das grundlos Erworbene, nicht nur die zur Zeit der Geltendmachung des Anspruchs noch vorhandene Bereicherung. Folgerichtig hat Justinian für die condictio certi die klassischen Äußerungen übernommen, nach denen die!"e Klage auf die Rückerstattung des Empfangenen gerichtet ist. 27 IV. Auf Erstattung des seinerzeit Erworbenen und nicht bloß auf Herausgabe der gegenwärtig noch vorhandenen Bereicherung sind auch die Klagen gerichtet, die aus bestimmten Delikten nach Jahresfrist oder gegen die Erben 28 29 oder ist klassisch. Auch der Ausdruck, daß 'dieselbe• Klage (d. h. der gleiche Klagetyp) wie gegen den Täter nun mit Beschränkung auf die Bereicherung in heredes oder post annum gegeben wird, ist unbedenklich;

308

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

est>30 gegeben werden. Doch fehlt es schon im klassischen Recht nicht an Fällen, in denen eine 'locupletior>-Haftung auf die gegenwärtig noch vorhandene Bereicherung beschränkt wird. 31 Die nachklassischen Quellen zeigen die Tendenz, diese Beschränkung des Leistungsumfangs auf weitere Fälle zu erstrecken. 32 B. OBLIGATIONEN AUS DELIKTEN QUASI DELIKTEN

UND

§ 271. Delikte und Quasidelikte. Allgemeines

I. 'Delicta> im technischen Sinn waren im klassischen Recht die Privatvergehen, aus denen der Verletzte gegen den Täter einen Anspruch auf Bezahlung einer Geldbuße erhielt; dieser Anspruch war im Zivilprozeß einzuklagen. Die Buße war dazu bestimmt, das Unrecht zu sühnen, das der Verletzte erlitten hatte, und floß darum in sein Vermögen. Der Bereich dieser Privatdelikte wurde schon im Lauf der klassischen Zeit durch die kaiserrechtliche Kognition eingeengt. 1 In dieser Verfahrensart, die zunächst eine außerordentliche war, wurde die Tat als 'crimen extraordinarium' 2 zwar auf Anklage des Verletzten, aber vor dem Beamtenrichter und mit dem Ziel der öffentlichen Bestrafung verfolgt. Wurde eine Vermögensstrafe verhängt, so fiel sie der Staatskasse zu. Die Kognition war nicht von vornherein an feste Tatbestände und Rechtsfolgen gebunden, sie stand darum sowohl für neue Tatbestände offen wie auch für solche, die als Privatdelikte im Formularprozeß verfolgbar waren; insoweit konkurrierte die Kognition mit der formularen actio. 3 Dabei wurden die Grundsätze, die die Klassiker für die privaten Bußklagen entwickelt hatten, vielfach auf die kriminelle Verfolgung vor dem Beamtenrichter übertragen. Der Strafrichter im öffentlichen anders Albertario IV 304 ff.; 372 (zu Paul. D. 44, 7, 35 pr., m. E. nur gl.); Siber 227. Die Begründung, daß der Erbe nicht aus dem dolus defuncti bereichert werden dürfe, ist dagegen erst von der östlichen Schule nachgefügt, vgl. D. 2, 10, 1, 6; 4, 3, 12 u. a., auch 14, 4, 9, 2 = 50, 17, 44; Rotondi II 387 ff. 30 Bei diesen sog. prätorischen Bereicherungsklagen (o. § 139 V) bezeichnet auch dieser Ausdruck das Empfangene, vgl. Niederländer (o. A. 5) 145 rr.,s. D. 4, 3, 26; 28; 39, 4, 4 pr.; 47, 8, 2, 27, vgl. auch D. 4, 2, 17; 50, 17, 127; ebenso bei der Mündelhaftung ex dolo tutoris, vgl. Niederländer 129 ff.; 141, s. D. 26, 9, 3; 44, 4, 4, 23; 19, 1, 13, 7, auch 4, 3, 15 pr. Doch sind alle diese Stellen offenbar überarbeitet. 11 Vgl. Niederländer zu den o. A. 5 angeführten Fällen, s. ebd. 59 zu Ulp. D. 24, 1, 7 pr. (Ehegattenschenkung) und

Marci. D. 46, 3, 47 pr. (Schulderfüllung an den r.upillus ohne auctoritas tutoris). 81 Vg. zur sog. •unechten' Geschäftsführung ohne Auftrag D. 3, 5, 5, 5 i. f. itp. (o. § 13717 und Flume 116); zur Hartung des gutgläubigen Erbschaftsbesitzers nach dem SC Iuventianum u. § 29619• 1 Grundlegend Levy II 301 rr. • Davon zu trennen ist der Gegensatz zwischen dem •iudicium privatum' und dem •iudicium publicum'; dieser Ausdruck bezeichnet das ordentliche Kriminalverfahren der quaestiones, das gleichfalls von der Kognition allmählich verdrängt wurde; dazu Avonzo, Bull. 59/60 (1956) 125 ff.; s. auch Archi, Scr. Ferrini Mil. I 5 ff.; Levy 30311• 3 Meist nach freier Wahl des Verletzten, zuweilen aber so, daß wegen schwererer Vergehen die cognitio und nur wegen leichterer der Privatprozeß zuständig war, vgl. Ulp. coll. 7, 4, 1; D. 47, 17, 1 pr.

§ 271.

Delikte

und Quasidelikte.

Allgemeines

309

Verfahren konnte neben der kriminellen Strafe auch eine Schadloshaltung des Verletzten anordnen.' Wurde dieser Gegensatz im 3. Jh. im wesentlichen noch aufrechterhalten, so zeigt das 4. Jh., besonders im Westen, ein stark verändertes Bild. 5 Die Unterscheidung von 'delictum> 8 und 'crimen> fällt endgültig dahin. 7 Die deliktische Bußklage (actio poenalis), die nach dem Absterben des Formularprozesses nun gleichfalls im Kognitionsverfahren durchzuführen ist, wird als 'actio (causa, res) civilis>-in einem neuen Sinn- der 'actio criminalis> gegenübergestellt.8 Dabei wird aber das Ziel, das die 'zivile> Klage verfolgt, immer weniger als Privatstrafe, sondern, indem der Sühnezweck zurücktritt, als Schadensersatz verstanden. 9 Das erscheint bei der vergröberten Berechnungsweise der geschuldeten Geldleistung (o. § 257 II 3) leicht begreiflich, gilt aber sogar dort, wo die Buße ein Mehrfaches beträgt, indem man auch hierunter nichts anderes versteht als eine durch Häufung verschärfte Ersatzleistung. Der Ersatzzweck verdrängt vollständig die ursprüngliche Straffunktion, obschon diese Geldleistung nach wie vor als 'poena> bezeichnet wird. Daneben treten dann 'damnum> 1 o und vor allem die beiden in die germanische Rechtssprache übergegangenen Begriffe 'satisfactio> und 'conpositio> hervor. 11 Aus der Geldentwertung erklärt es sich, daß die Buße nicht mehr notwendig in Geld, sondern zuweilen ganz oder teilweise in Naturalleistungen festgesetzt wird. 11 In der Bestimmung dieser Geld- oder Naturalleistungen wird hier und da der schon der Frühzeit bekannte {o. § 41 II) Talionsgedanke sichtbar: Der Täter soll an seinem Gut ein gleiches Übel erleiden wie das, das er dem Verletzten zugefügt hat. 11

Die allgemeinen Grundsätze der Deliktshaftung werden der Abschwächung des Sühnezwecks der Strafe angepaßt. 16 Von Mittätern ist die Buße nur einmal zu entrichten. 15 Die Erben des Täters haften wie bisher schon regelmäßig nur auf das, was an sie gelangt ist. 18 Zur Noxalität s. u. III. ' Belege bei L e v y 3011 ; allgemein Val. Gall. C. 3, 8, 3, dazu Avonzo 191 ff. • Unschlüssig GE 2, 11, 1; hier werden nur die klassischen Tatbestände aus Gai. 3, 182 wiederholt; Archi, Ep. Gai 423 ff. • Zu 'delictum• und 'peccatum• in den christlichen Quellen s. Roberti, St. Calisse I {1940) 161 ff.; Biondi III 421 ff.; Levy 30518• 7 Zur Lockerung schon in klassischer Zeit s.o. § 1421, dazu jetzt Levy 302; zur Sache ebd. 303 f. 1 Vgl. CT 9, 20, 1 (378) = C. 9, 31, 1 mit IT u. a.; Gaudemet, Fschr. Lewald {1953) 47 f.; Archi (o. A. 2) 1 ff.; 3; Levy 304 f. • Levy 305 f.; 309; dies gilt für den Westen wie für den Osten, Levy, SZ 76 (1959) 12. S. insbes. u. § 2723 zum Diebstahl. - Bei der öffentlichen Bestrafung dagegen wird im Fürsorgestaat dieser Periode der Sühnezweck von der Prävention verdrängt, dem Schutz der Untertanen gegen kriminelle Verletzung; vgl. De Robertis, St. Solazzi 186 ff.

10

Zur alten Bedeutung s.o. § 41 III nach A. 29. 11 Reiche Belege zu alldem bei L e v y 306ff. 11 Vgl. o. § 257 I, II 2. 18 Zahlreiche Beispiele bei Levy I 252; II 127 f.; vgl. etwa zur verbotenen Selbsthilfe o. § 240H, ferner C. 6, 1, 4 pr./1 (317? 330?); 5 (319); CT 4, 9, 1 (319); C 8, 10, 6 pr. (321); CT 4, 8, 5, 1 f. (322); 2, 33, 1 (326); 4, 8, 8 {332); 2, 26, 2 (330) = C. 3, 39, 4; CT 2, 29, 1 i. f. (362). - S. zum Talionsgedanken im klass. u. nachklass. Recht (ausgehend von D. 2, 2) auch Genzmer, SZ 62 (1942) 122 ff. H Das Problem der Konkurrenz wird nur für das Verhältnis krimineller und privatrechtlicher Verfolgung erörtert; Archi (o. A. 2) 1 ff.; 43 ff.; Avonzo (o. A. 2) 139 ff.; 177 ff.; Levy 311 (. Eine Häufung der beiden Verfahren bejaht CT 9, 20, 1 cit. (o. A. 8) mit IT. 16 LV Ant. 7, 2, 14; Levy 315. 18 IH 2 (FIRA II 665); ET 88; volle Ersatzhaftung der Erben dagegen in LV Ant. 7, 2, 19; Levy II 307; 314 f.

310

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

II. 1. Die Ausweitung der Kriminalgerichtsbarkeit auf Kosten der privatrechtlichen Deliktsverfolgung hat ihre Ursache in der Neigung der absoluten Monarchie, die Unrechtsverfolgung stärker unter ihre Aufsicht zu nehmen, und ist darum dem Osten und dem Westen gemeinsam. 17 Justinian hat zwar zur Rettung des klassischen Gedankenguts wesentliche Stücke aus dem Recht der Privatdelikte beibehalten, doch muß auch er einräumen, daß die kriminelle Verfolgung die privatrechtliche an praktischer Bedeutung weit überragt. 18 J ustinian hat das Recht der Privatdelikte in der Gestalt aufbewahrt, die es in der Verarbeitung durch die oströmische Schule empfangen hat. 111 Sie versucht eine Erneuerung des Systems, indem sie - mit der einzigen Ausnahme des aquilischen Delikts - den 'dolus> als das Wesensmerkmal der Delikte ansieht und die übrigen Tatbestände einer rechtswidrigen Verletzung, die eine bloße 'culpa> erfordern, als Quasidelikte zusammenfaßt.10 Aus Quasidelikt haftet der Schuldoktrin zufolge der 'iudex, qui litem suam fecerit', 11 weiter jeder, aus dessen Wohnung etwas auf die Straße geworfen oder gegossen wird oder von dessen Gebäude etwas auf die Straße herunterfällt, sofern dadurch jemand beschädigt wird ('deiectum vel effusum•, 'positum aut suspensum•) ;11 schließlich der exercitor navis oder Gastwirt oder Stallwirt, wenn eine Sachbeschädigung oder ein Diebstahl nicht von ihm selbst, sondern von einem seiner Leute begangen worden ist. 21 In allen diesen Fällen wird die Hartung aus einer culpa hergeleitet, im ersten aus der 'imperitia iudicis•, in den weiteren aus der •culpa in eligendo• (u. § 27311).

2. Die östliche Lehre hält nach dem klassischen Vorbild am Sühnezweck der privaten Strafklagen fest. Soweit aber die Klage außer auf Bestrafung auch auf Sachverfolgung gerichtet ist, zerlegt man jetzt die Geldbuße in ein sachverfolgendes simplum und den als Strafe dienenden überschießenden Betrag. u •• 17 Ob. A. 9. Wenig aufschlußreich für Agypten ist Taubenschlag, Strafrecht der Papyri {1916) 109 rr. 18 Vgl. zu Diebstahl und Raub u. § 2721 , 21 , •. Zu den Erpressungen der Publikanen s. D. 39, 4, 9, 5 (ex PS); zur iniuria Inst. 4, 4, 10; D. 47, 10, 37, 1, alle itp., Biondi, Act. nox. (u. A. 32) 187 ff.; s. auch D. 2, 4, 25; 47, 1, 3, beide itp. 11 Zur Terminologie von 'delictum, maleCicium, crimen, Clagitium, scelus• s. o. § 1421 • 20 Rotondi II 386 f.; 449; Albertario III 86; 88 ff.; anders Stojtevic, Jura 8 (1957) 57 rr.und neuestens Stein, RIDA 1 5 (1958) 563ff.; Jus 9 (1958) 367ff. Vgl. auch Palazzo, Obbligazioni quasi ex del. (1919, s. sz 48 [192sJ 777 f.). 21 Inst. 4, 5 pr. = Gai. aur. D. 44, 7, 5, 4 = 50, 13, 6; s. o. § 1462' (vgl. neuestens Stojtevic, RH 36 [1958) 307 ff.). Zu Aristot. Eth. Nie. 5, 12 (1136b) vgl. Albertario 92 Anm. Die Klassiker mögen hier die typisierte culpaHartung dessen angenommen haben, der

die Richterfunktion ohne die nötige Fähigkeit übernimmt (Stein, RIDA cit. 567 rr. zur Lit., vgl. ähnlich zur Einbeziehung der 'imperitia•-Fälle in die culpa-Haftung Kaser, SZ 74 [1957) 163). - Zur Tat des Haussohns s. Inst. 4, 5, 2 (anders Beseler, SZ 50 [1930) 33). 22 Inst. 4, 5, 1 = Gai. aur. D. 44, 7, 5, 5; o. § 14610 • Schon nach klassischem Recht (Julian) wird aus der Tat des Haussohns keine Noxalklage, sondern die regelmäßige Klage gegen den Sohn selbst gegeben; Inst. eod. 2 = D. cit. (anders die im Ind. Gen.). 13 Inst. 4, 5, 3 = Gai. aur. D. 44, 7, 5, 6 (s. o. § 266 IV). Zum exercitor s. außerdem Sargenti, St. Albertario I 551 ff.; 577 f. u Inst. 4, 2 pr.; 4, 6, 17/19; D. 3, 6, 5, 1; 4, 2, 14, 9-11; 6, 1, 14; 27, 3, 2, 2; 39, 4, 5,1; eod. 9, 5, alle itp., s. Ind. u. insbes. Levy, Konkurrenz pass. (nach seinem Register), auch Vulgarr. II 310. Dies gilt nicht nur für Klagen auf ein Mehrfaches, sondern nach Inst. 4, 6, 19 sogar für die actio legis Aquiliae, die regelmäßig auf das Einfache

§ 271.

Delikte

und Quasidelikte.

Allgemeines

311

Diese dem klassischen Recht fremde Aufspaltung der Buße drückt man im Namen der aus. 16 3. Die gemeinsamen Merkmale der Deliktsklagen (o. § 142 V) gelten in der östlichen Doktrin im wesentlichen unverändert• fort, besonders die N oxalität (dazu u. III), die Häufung gegen Mittäter, 27 die passive, zuweilen auch die aktive Unvererblichkeit und, soweit sie bisher be28 standen hat, die einjährige Befristung. Für Mittäter gilt nach den von Justinian veränderten Grundsätzen der Klagenkonkurrenz, daß bei den •gemischten• Strafklagen, die Buße und Ersatz nebeneinander verfolgen, zwar jeder Täter die ganze Summe schuldet, aber alle Mittäter befreit werden, wenn die Summe einmal geleistet worden ist.• Bei den deliktischen Arbiträrklagen (o. § 142 V 7, § 256 I) befreit nicht mehr nur die Restitution vor dem Urteil, sondern auch die Befriedigung nachher alle Mittäter. 80 - Wo gemischte Strafklagen mit anderen Klagen konkurrieren, mögen sie Strafe oder Ersatz oder beides verfolgen, soll zwar wie bisher (o. § 142 11 ) die spätere Klage regelmäßig gehemmt werden; doch wird sie ausnahmsweise zugelassen, soweit sie dem Kläger mehr verschafft als die erste. 11

III. Die Noxalhaftung zeigt im Westen wie im Osten die Tendenz zur 81 kommt sie mit der Einschränkung. Aus dem Delikt der Hauskinder'8 geht; sie wird als actio mixta aufgefaßt, weil die Berechnung nach dem Höchstwert im letzten Jahr oder Monat mehr ergeben kann als den bloßen Sachwert. 11 Inst. 4, 6, 16 ff., s. o. § 257 I. Der Westen spricht dagegen von einer •Mischung> nur im Hinblick auf kriminelle und •zivile•Verfolgung, IT 9, 20, 1; 9, 7, 7; Levy 311. • Zur Frage, inwieweit Deliktsobligalionen der Bürgschaft und der Novation zugänglich geworden sind, s. o. § Ht2 V 6 m. Lit. 17 Zur Mittäterschaft (auch Anstiftung, Beihilfe, Begünstigung usw.) s. zuletzt G. Longo, Bull. 61 (1958) 103 ff.; 205 ff. 18 Inst. 4, 12 pr. mit Theoph.; Amelot ti, SD 22 (1956) 207 ff. = La prescrizione delle azioni (1958) 50 ff. Den Zusammenhang der Annalität mit der Pönalität bestreitet für das klassische Recht, wohl zu Unrecht, Beretta, Riv. it. 3 (1949) 305 ff. und neuestens StSen. 70 (1958) 47 ff. Zu denBereicherungsklagen gegen die Erben und post annum s. o. § 139 V, § Ht2 V 1, 5, § 270 IV. • D. 2, 10, 1, 4; 11, 6, 3 pr.; 26, 7, 55, 1; 27, 3, 15; 27, 6, 7, 4/fr. 8; 43, 24, 15, 2, alle itp., vgl. Levy, Konkurrenz I 498 r. Auch sonst wird, wo bei gemischten Strafklagen mit abgeschwächter Pönalität schon im klassischen Recht ausnahmsweise die Klage gegen einen Mittäter (oder wer einem solchen gleichsteht) die Klage gegen die übrigen konsumierte, diese Konsumption nicht mehr von der Anhängigma-

chung der Klage, sondern von der Befriedigung des Klägers abhängig gemacht; vgl. etwa D. 9, 3, 4; 9, 4, 17 pr.; eod. 26, 3 (s. auch eod. 4, 2 f.); 11, 3, 14, 2; 43, 16, 1, 13; 43, 24, 6; eod. 15, 2; zu alldem Levy, Konk. I (nach Register); s. auch

u. § 277 1 • D. 4, 2, 14, 15; 4, 3, 17 pr., beide itp. Zum Grundsätzlichen Levy, Konk. II 1, 16 ff.; 24 ff. Vgl. etwa D.11, 3, 11, 2; 13, 6, 7, 1 i. f.; 44, 7, 34, 2 i. f.; 47, 1, 2, 3; s. auch D. 3, 6, 5, 1 (Mitte); 4, 2, 14, 9 i. f.; 9, 2, 47; 27, 3, 2, 1; 44, 7, 34 pr.; 47, 2, 89; 47, 7, 1 i. f.; 47, 8, 1. 11 Levy II 342 ff.; Conrat, Paulus 163 ff.; teilweise auch Bio n d i, Actiones noxales (= APal. 10 [1925)) 187 ff. - Der Satz •noxa caput sequitur' verblaßt im Westen zu der Aussage, daß die Strafe den Täter treffen solle; vgl. PS 2, 31, 8 f.; IP 2, 32, 12; NMai. 7, 11 (458); Conrat 164 f. 33 Für das klassische Recht ist ihre Belangbarkeit mit Deliktsklagen wohl zu verneinen, s. o. § 83 9 ; de Visscher, Le regime romain de la noxalite (1947) 510ff.; Kaser, SZ73 (1956) 419f. m. Lit.; Bonifacio, Studi sul processo formulare I: Translatio iudicii (1956) 104 ff. Trotz Inst. 4, 8, 7 beweisen D. 5, 1, 57 u. 13, 1, 4 (i. f. itp.) erst für das nachklassische Recht. Die weiteren Stellen s. bei Biondi 45 r., zu D. 9, 4, 33 auch Bonifacio 112 ff. Doch mag es immerhin Ausnahmen gegeben haben, vgl. Julian in Inst. 4, 5, 2 = Gai. aur. D. 44, 7, 5, 5, o. A. 21, 22. 18

11

312

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Rückbildung der patria potestas offenbar schon im 4. Jh. außer Übung;" Justinian hat sie planmäßig aus den Quellen beseitigt. Bei Sklaven 85 besteht die Noxalhaftung des Gewalthabers 36 weiter; sie gibt ihm die Wahl, entweder die Buße zu leisten 37 oder den Täter dem Verletzten auszuliefern. 38 Der Ausdruck 'noxae dedere> wird freilich im Westen zugunsten anderer Wendungen aufgegeben 39 und erst vom Klassizismus des Ostens wieder aufgenommen.' 0 Der ausgelieferte Täter ist der Bestrafung durch den Verletzten unterworfen,' 1 doch sieht Justinian vor, daß er nach Abbüßung seiner Schuld zurückgegeben werde.u Statt der Noxalhaftung des Herrn kommt es im Westen'3 wie im Osten" vor, daß man den Täter dem Richter überantwortet, damit er den Täter bestrafe und nach dem Vollzug dem Herrn zurückgehe. Die oströmische Schuldoktrin neigt dazu, die Noxalhartung weniger an das Delikt als an den dolus zu knüpfen." Auch der Gedanke der culpa in eligendo wird herangezogen• und damit die Noxalhaftung dem allgemeinen Prinzip der Verschuldenshaftung unterstellt.•7 Die scharfe Grenze zwischen noxaler und Pekuliarhartung (o. § U1 II 1) wird verM Zum Westen s. die Nachweise bei Levy 346 ff. GE erwähnt sie nicht mehr; Archi 85. GA 82-86 schöfft noch aus Gai. 4, 80. Für den Osten vg . Inst. 4, 8, 7, wonach sie schon lange nicht mehr praktiziert wurde (kein Reformgesetz im Cl); de Visscher 500 ff.; 517. 36 In ET 98; 109; 128 erweitert auf die Kolonen. 11 Der gutgläubige Besitzer des Sklaven haftet zwar dem Bestohlenen noxaliter, er kann aber, wenn er selbst von diesem Sklaven bestohlen worden ist, den Eigentümer nicht mehr noxal belangen, sofern dieser nicht den Besitz des Sklaven zurückerlangt hat, C. 6, 2, 21 (530). Der freie Täter, der von einem anderen gutgläubig besessen worden ist, haftet dagegen selbst, eod. § 5. 37 Sie wird jetzt als Schadensersatz verstanden, s. o. I, und zwar später auch im Osten, vgl. schol. 5 zu D. 9, 4, 31 (Bas. 60, 5, 31, Heimb. V 367); de Visscher

458 1 • 18 Die alternative Verurteilung zur Bußzahlung oder Auslieferung ist bereits klassisch (o. § 147 I); anders de Visscher 460 ff. mit den nachklassischen Quellen. Vgl. auch ebd. 463 zur singulären, nicht weiter durchgeführten Einordnung der Noxalklagen unter die actiones arbitrariae, Inst. 4, 6, 31. 311 •Vindictae, ad vindictam, ad poe-nam, pro culpa, pro facto tradere• oder einfach 'servum tradere•; vgl. IP 2, 32, 11; RB 4, 3; 15, 1 u.a. '° 'Noxam dedere• (von 'noxa II corpus quod nocuit', Inst. 4, 8, 1, o. § 41 31 ) verdächtigt Biondi (o. A. 32) 23 ff.; s. Lisowski, RE Suppl. 7, 604 (Noxa). • 1 Vgl. für den Westen Levy II 345 181

zu IP 2, 32, 11 (auch Conrat, Paulus 163); ebd. 344 zu RB 4, 3. H Die bei Pap. coll. 2, 3, 1 überlieferte fiduziarische Übertragung des Hauskinds hat nach Abbüßung der Schuld einen im Kognitionsverfahren geltendzumachenden Anspruch auf Rückübertragung begründet, vgl. Kaser, SZ 67 (1950) 475 1 m. Lit. Das wird von den westlichen Quellen nicht bestätigt, vgl. Levy 343, dagegen von Justinian Inst. 4, 8, 3 auf die Sklaven II 412 = Bull. übertragen, vgl. Ferrini 13 (1900) 198. S. auch schol. 'O c~ v6~«v zu D. 9, 4, 1 (Bas. 60, 5, 1, Heimb. V 335); Biondi 198; de Visscher 459 f. u ET 98; 109; PS 5, 4, 22; RB 5, 2. "D. 2, 1, 7, 3; 9, 3, 1, 8; 9, 4, 4, 2, alle itp.; angebliche prätorische Klagen gegen Sklaven: D. 47, 8, 4, 15; 47, 9, 1 pr.; 47, 12, 3, 11, alle itp., Biondi (o. A. 32) 192 ff.; Levy II 3lt3 171 m. weit. Hinweisen dafür, daß dem klassischen Recht die Belangbarkeit von Sklaven ausnahmslos fremd war (unschlüssig für das Gegenteil insbes. das Fragm. von EI Rubio zu Lex Ursonensis cap. 122, vgl. d'Ors, Epigrafta jurfdica [1953] 252 ff.). •li D. 4, 3, 9, 4 a; 11, 6, 3, 6, beide itp., s. Rotondi II 384. u D. 4, 9, 7, 4; 47, 5, 1, 5, beide itp., s. de Visscher 499 f.; 535 f. • 7 Aus Taten, die der Sklave auf Befehl des Herrn begangen hat, haftet im klassischen Recht der Herr als Täter; die bloße Noxalhaftung in D. 25, 2, 21, 1; 43, 24, 11, 7 = 50, 17, 157 pr.; 44, 7, 20; 47, 10, 17, 7 ist itp., Lit. o. § 6728• Das Kriminalrecht bestraft solche Sklaven schon vor J ustinian, wenngleich milder als bei Unkenntnis des Herrn, CT 9, 17, 1 (340) = C. 9, 19, 2; CT 9, 10, 4 (390) = C. 9, 12, 8.

§ 272. Diebstahl,

Raub

und andere

Sachentziehungen

313

wischt," indem einerseits die noxale Funktion nichtdeliktischer Klagen über den klassischen Bereich" hinaus erweitert wird, 60 andererseits pönale Klagen auch •de peculio• erteilt werden können. 11 - Das Verfahren der Noxalklagen wird der veränderten Prozeßordnung angepaßt. 11 Die Haftung für Tierschaden (o. § 147 II) lebt mit Verallgemeinerungen weiter.H Die Einschränkung auf Schäden, die das Tier wider seine Natur verursacht hat, stammt offenbar aus der oströmischen Schule."

§ 272. Diebstahl, Raub und andere Sachentziehungen I. Bei den Sachentziehungsdelikten werden schon in der klassischen Zeit die Tatbestände und die Rechtsfolgen dadurch aufgelockert, daß der Verletzte statt des ordentlichen Formularverfahrens die freiere Kognition wählen kann. 1 Die nachklassische Periode zeigt zunächst eine Verwischung ebenso der Tatbestände wie der Strafen. 1 Die Entwicklung geht von der Buße aus, die wie bei allen Delikten (o. § 2711) in eine verschärfte Schadensersatzleistung umgedeutet wird. 8 Damit wird das klassische Nebeneinander der 'actio furti> als reiner Strafklage' und der 'condictio ex causa furtiva> als reiner, mit der actio furti gehäufter Ersatzklage hinfällig. An die Stelle der beiden Klagen tritt ein einheitlicher Anspruch auf vervieirachte ReVgl. Biondi (o. A. 32) 141 ff. S. o. § 147 I a. E.; unbedenklich sind auch Gai., Paul. D. 5, 3, 15; eod. 40, 4zur hereditatis petitio. 60 ltp. sind z.B. D. 13, 1, 4 (condictio furtiva); 30, 110 (actio ex testamento, anders de Visscher 484 f.); 39, 3, 6, 7 (actio aquae pluv. arc.). Für klassisch hält dagegen die noxalen Interdikte (gegen Lenel, EP 451 f.; vgl. Iul. D. 43, 24, 14; Ulp. D. 43, 16, 1, 15; 43, 24, 7, 1; Paul. D. 43, 1, 5) jetzt Berger, Symb. Taubenschlag I 395 ff. 61 Vgl. D. 50, 17, 58 m. lnd.; zur Frage Biondi (o. A. 32) 61 ff.; 141 f.; de Visscher 485 ff. 61 Vgl. de Visscher 464 ff. zur Verschmelzung der zivilen und der prätorischen Klage aus Bestreitung der potestas am Sklaven. Die Einzelheiten bedürfen noch der Aufklärung. Offenbar hat man jeden Besitzer des Sklaven ohne weiteres zur Defension gezwungen, ihn aber nur verurteilt, wenn er entweder die Gewalt (also das Eigentum) am Sklaven hatte oder sie arglistig aufgegeben hatte, D. 9, 4, 21 pr. i. f. Ist der Sklave anwesend, so wird die •ductio• dem Kläger auch dann gewährt, wenn der Gewalthaber anwesend ist und das Eigentum am Sklaven leugnet, D. 9, 4, 26, 6. Ist der Sklave abwesend und weigert sich der Besitzer zu schwören, daß er den Sklaven weder in seiner tat48 0

sächlichen Gewalt habe noch diese arglistig aufgegeben habe, wird er als contumax verurteilt, eod. 21, 4 itp. 13 Levy II 348 ff.; Conrat, Paulus 190. - Zum klass. R. jetzt Nicholas, Acta J uridica 1958, 185 ff.; zum Mittelalter (Ed. Rothari 326/8) s. Visconti, St. Solmi I 157 ff. "Inst. 4, 9 pr.; D. 9, 1, 1, 7/10, Lit. o. § 147•; zum Westen dagegen IP 1, 15, 1; Levy, SZ 49 (1929) 244. Zu Justinian Kerr Wylie, St. Riccobono IV 476 ff.; Robbe, Riv. it. 7 (1932) 342 ff.; s. auch Nicholas (o. A. 53). 1 lul. D.47, 2, 57, 1; Ulp. eod. 93; Levy II 302 f. und o. § 27118 • Vgl. auch Marci. D. 47, 19, 3 zum crimen ex~ilatae hereditatis (o. § 17611 ). Zur Viehd1eberei (abigeatus) s. Levy, SZ 50 (1930) 272 ff. Zum Raub u. A. 26. 1 Grundlegend Levy II 312 ff.; vgl. auch Conrat, Paulus 182 ff. 8 Stellen mit •in duplum, triplum, quadruplum reddere, redhibere, restituere• o. dgl. bei Levy 313 f. Vgl. etwa CT 16, 10, 24, 1 (423) = C. 1, 11, 6 pr.; CE 280; RB 4,3;ET57 i.f.; 58; 115. Weniger scharf spricht De Dominicis, Ann. Ist. 4/5 (1954) 218 f. von einer Umwandlung der reinen Strafklagen in actiones mixtae. • Zur Bußberechnung bei Urkundendiebstahl (o. § 14323 ) s. PS 2, 31, 32, dazu Levy, Bull. 55/56 Suppl. (1951) 2ll7 ff.

214

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

stitution. 5 Dabei werden zugleich die klassischen verflüchtigt.8 Seit dem 5. Jh. setzt sich für alle Sachentziehungen 7 ein einheitlicher Bußsatz in Höhe des Vierfachen durch, 8 beeinflußt von der allgemeinen Tendenz zur Verschärfung der Strafen und von der Mißdeutung des ,e unter dem man, wie es scheint, einfach den erwiesenen Diebstahl versteht. 10 Hinzu kommt, daß der Raub, der ja schon bisher mit dem quadruplum bestraft wurde, in der privatrechtlichen Verfolgung vom Diebstahl nicht mehr deutlich getrennt wird. 11 Doch treffen den Räuber nun auch die sehr strengen kriminellen Strafen wegen Gewaltverbrechens.12 Ist der Diebstahl oder Raub von einem Sklaven begangen, so hat der Herr, wenn er den Täter in noxam gibt, daneben noch das aus der Tat Erlangte zu erstatten. 18 Der Kreis der zur Klage aus dem Diebstahl Berechtigten wird offenbar erst im Vulgarrecht auf den Käufer neben dem Verkäufer, den Verpächter neben dem Pächter erweitert.u

II. J ustinian stellt die klassische Abgrenzung von noch mit der lex Aquilia. 3 Offenbar empfindet man die Bußfolge bei diesen Tatbeständen als so selbstverständlich, daß man diesem Delikt nicht einmal eine technische Bezeichnung gibt. Die •lex Aquilia• wird jetzt durch ein Mißverständnis dahin umgedeutet, daß man die Litiskreszenz, und zwar nicht nur beim Beschädigungsdelikt, sondern in allen Fällen, in denen sie anerkannt ist, auf dieses Gesetz zurückführt.' Dabei verliert jedoch auch die Litiskreszenz ihre alte Bedeutung; das •negare•, das an die Stelle des alten •infitiari• tritt, verblaßt zur - vorprozessualen - Weigerung des Schuldners zu leisten, ja einfach zur Nichterfüllung. 1 Da solches Verhalten ausreicht, um die Doppelung herbeizuführen, beruft man sich folgerichtig hier überall auf die lex Aquilia.

2. Im klassizistischen Osten dagegen hat die Wissenschaft das Delikt der schuldhaften' Sachbeschädigung immer mit der lex Aquilia verbunden.• Es bleibt bei der genauen Umgrenzung der Tatbestände wie auch bei ihren u Noxalität in D. 25, 2, 21, 2 itp.; pervenit-Hartung der Erben in C. 5, 21, 3; vgl. Levy ebd. 115 f. m. Lit.; Taubenschlag, RPR 280 = Op. I 177. ao Ob. § 24419 • 31 Ob. § 234 II, dort auch zu ihrer Andeutung im Vulgarrecht. 32 Vgl. zur Klagenkonkurrenz D. 47, 7, 1; 11, dazu Levy, Konk. II 1, 202 rr. Zum Fortbestand im Westen vgl. Levy, Vulgarr. II 322 f. zu PS 2, 31, 25, s. auch ET 151 (mit poena quadrupli). - Zu Justinian Carrelli, SD 5 (1939) 398ff.; vgl. auch Fliniaux, St. Bonfante I 546 f.

1 Levy II 328 ff.; s. auch Conrat, Paulus 186 ff.; Feenstra, SZ 74 (1957) 519 f. 2 Vgl. z.B. IP 1, 13, 5 r. (verschmilzt

das aquilische Delikt und das servum corrumpere, vgl. PS 1, 13a, 5 f.); IP 1, 15, 1-3; 5, 3, 1/6; PS 2, 31, 7 mit 1P 2, 32, 11; RB 13, 1; 15, 1; ET 98; 117; 151; 152. 3 Folgerichtig kommt es auf die Unmittelbarkeit der Schadensverursachung (o. § 144 II) und auf den Wert im letzten Jahr oder Monat nicht mehr an; auch wird jetzt die Verletzung des freien Menschen einbezogen. 'IP 1, 13, 6; 1, 19, 1; 2, 32, 23; RB 14, 8; 29. Eingehend Levy 331 rr., auch Conrat, Paulus 232 f. S. oben§ 257 II 4. • Vgl. GE 2, 7, 8 i. f. (Verzug, o. § 259•); Isid. etym. 5, 26, 20; RB 14, 8. • Grundlegend Rotondi II 411 ff.; 468 ff., doch vgl. einschränkend Levy II 335 rr.S. auch Biondi III 271 rr.

§ 273. Vermögensschädigung.

Beleidigung.

Weitere

Delikte

317

herkömmlichen Erweiterungen durch actiones utiles und in factum für Fälle der mittelbaren Schädigung. 7 Nur vereinzelt wird dieser Umkreis noch weiter ausgedehnt, auf die Verletzung des freien Menschen 8 und auf Fälle der Vermögensschädigung durch Einwirkung auf eine Sache, ohne daß diese beschädigt wird. 9 Es bleibt auch dabei, daß die aquilische Buße nur im Fall des Bestreitens vor Gericht verdoppelt wird. 10 Die 'culpa> wird jetzt wie in allen ihren Anwendungen als rein subjektiver Tatbestand, als 'Fahrlässigkeit>, verstanden. 11 Da aber die byzantinische Theorie dazu neigt, als Kriterium der Delikte den dolus aufzufassen, 12 versucht man, die Pönalität der aquilischen Klage 18 abzuschwächen und sie damit auch im Osten einer reinen Ersatzklage anzunähern.1& II. Das Delikt der Ehrverletzung (ini uria, o. § 145) wird im Westen stark zurückgebildet, 16 weil alle schwereren Persönlichkeitsverletzungen jetzt kriminell bestraft werden. 16 Die im Kognitionsverfahren durchsetzbare Bußklage dürfte auf geringfügige Fälle beschränkt gewesen sein. 17 Justinian stellt die Bußklage, für die er die Ausführungen der Klassiker übemimmt, 18 mit der kriminellen Verfolgung zur W ahl. 19 1

Zu Albanese s. o. § 144 bei A. 10; vgl. auch Kunkel, SZ 49 (1929) 160 1 und jetzt Wesener, SZ 75 (1958) 225; Dias, Acta Juridica 1958, 203 ff. • D. 9, 2, 13 pr., dazu o. § 144 11 m. Lit. • Inst. 4, 3, 16 (2. Teil itp.), dazu Levy 336 r., etwas anders Rotondi 444 rr.; 451 ff. (mit weit. Stellen); s. auch D. 9, 2, 33, 1 itp. sowie die durch coll. 2, 4, 1 ~esicherte Überarbeitung in eod. 27, 17 1. r. (Ind.). Die griech. Kommentare zeigen die Tendenz, eine subsidiäre actio in factum generalis auf Schadensersatz zu lfLq>.u~ s. sogleich Z. 4. - Zum Vergleich nach dem Urteils. PS 1, 1, 5a (unklass., 5. Jh.) und IP 1, 1, 3 (dazu Levy, PS 59 ff.) mit einer Zwischen-

lösung zwischen der klassischen Zulässigkeit und der frühnachklassischen Unzulässigkeit (PS 1, 1, 1, u. A. 45). •• Zur Bekräftigung durch Eid (o. §26332 ), dessen Verletzung mit Infamiestrafe brdroht wird, s. CT 2, 9, 3 {395 Ost) = C. 2, 4, 41; vgl. zum Westen RB 38, 1, zum Osten SRR L 47 (R II 98, P 71) und L 8;, (R II 129). ta Vgl. PS 1, 1, 1, dazu Levy, PS 43ff.; II 40. "C. 2,4,6,1; 33,1, beide itp., De Francisci, Synallagma I (1913) 189 f.; 220 ff.; Peterlongo 315 ff. Vgl. auch C. 2, 3, 7 gegenüber CGreg. 1, 10, 8, dazu o. § 2698 • ' 7 D. 3, 6, 1, 3; C. 6, 31, 3, beide itp., !-. auch C. 4,5,11,1 (530); Pringsheim, SZ 42 (1921) 285. Vgl. ferner •cogitare• in D. 2, 15, 5; 9, 3; 12, alle überarb., s. außer Ind. und Peterlongo 251 u. pass. noch Beseler, St. Riccobono I 304. "D. 2, 14, 7, 19; eod. 8; Solazzi (o. A.1) 193ff.; 196ff.; Biondi III 236. "Ob. § 152 I; Levy II 131 f.

§ 274. Erfüllung

und andere

Erlöschungsgründe

323

Novation; sie degeneriert vielmehr zu einem Strafversprechen für den Fall nicht ordnungsmäßiger Ausführung des Vergleichs.50 Der klassizistische Osten dagegen bewahrt zwar stip. Aquiliana und acceptilatio, versteht aber gleichfalls keines der beiden Geschäfte mehr als Verbalakt, sondern zieht, der dortigen Praxis folgend, die Generalabrechnung, die meist einem Vergleich dient, mit der Generalentlastung in einen einheitlichen, in derselben Urkunde niedergelegten Akt zusammen. Dieser Akt hält die (novierende) Schuldbegründung und die Schuldaufhebung nicht mehr auseinander und nimmt auch noch das bestärkende Strafversprechen auf. 51 Diese Praxis wird durch ein reiches Urkundenmaterial in den Papyri bestätigt. 52 III. Die Aufrechnung (compensatio, o. § 151), im Bereich des Formularprozesses auf bestimmte, begrenzte Anwendungsfälle mit unterschiedlichen Wirkungen beschränkt, zeigt schon im spätklassischen Kognitionsverfahren die Tendenz, sich zu einer einheitlichen Einrichtung von allgemeiner Bedeutung weiterzuentwickeln. 53 Mit dem Absterben des Formularprozesses setzt sich im Westen frühzeitig die Anschauung fest, daß bei gleichartigem Schuldgegenstand trotz ungleichen Schuldgrundes aufgerechnet werden könne. 54 Die Aufrechnung55 muß der Kläger vornehmen, indem er die Gegenforderung (vor dem Urteil) abzieht; andernfalls wird seine Klage wegen pluris petitio abgewiesen. Der exceptio doli bedarf es nicht mehr. Später geht dann der technische Name 'compensatio>verloren. 56 In der östlichen Schuldoktrin dagegen festigt sich die einheitliche Erfassung der compensatio unter diesem technischen Namen. 57 Justinian 110 CT 2, 9, 2 (381 Ost). In der klassischen Zeit dient das Strafversprechen nur zur Verstärkung der stip. Aquiliana, vgl. noch PS 1, 1, 3 (teilw. = D. 2, 15, 15), dazu Levy, PS 51 ff. Die germanischen Formulare verballhornen die stip. Aqu. zu einer •Iex Aquiliana, lex Aquilia, lex Arcadia> (von CT 2, 9, 3) und entnehmen aus der Vermengung mit der umgedeuteten lex Aquilia (o. § 273 I 1) eine vereinbarte Duplierung. Zu alldem Levy II 132 ff.; 134f.; SZ 76 (1959) 10. Zu Marini nr.119s. auch Wenger, Qu. 802. 111 Vgl. Inst. 3, 29, 2; Theoph. adhl., dazu Levy II 136 ff.; ebd. auch zu C. 2, 4, 3 (itp., Albertario V 426 ff.; Solazzi 2732 ); eod. 40 (ex CT 2, 9, 2 cit.). - Die Einbeziehung der actiones in rem in C. 2, '•• 15 verdächtigt Wlassak, SZ 42 {1921) 425 ff. 63 Vgl. zu den Papyri Taubenschlag 1103ff.; 405 m. weit. Hinw., s. auch St. Bonfante I 433 f.; Solazzi, SD 5 (1939) 479 ff. (m. Lit.) und insbes. Steinwenter, St. Albertoni I 73 ff.; 88 ff.; Iura 2 (1951) 29 ff.; zuletzt Wenger 805. P. Lond. inv. 2017 (= Zilliacus, Eranos 38 [1940] 79 ff.) spricht geradezu von a,cU.ua~ •Axu>.l«VIJ;vgl. damit Steph. zu D. 2, 15, 4 (Bas.11, 2, 4, Heimb. I 670 Z. 28 = Schelt.

21•

B I 36 7, 20) ; ferner «µepiµveloc, P. Lond. cit.; P. Lond. V 1728; 1731 und Bas. 11, 2, 20; 32; 57; Steinwenter, St. Alb. 89; s. auch ebd. 91 r. zu den Bas. und Schol., die •Axu)..iocv~ 8tocAuewals Dialysis mit Strafversprechen verstehen. Weit. Hinweise zu den Dialysisurkunden bei FIRA III nr. 184 = P. Mon. 1 (574 n. C.); zu den koptischen bei Steinwenter, Recht der kopt. Urkunden (1955) 52; 55 f. 13 Vgl. Pap. D. 16, 2, 16-20; 22, 3, 26; die Reskripte in C. 4, 31, 1 ff., weitere Belege bei Levy 146 84 • Lit.: Biondi, La compensazione in dir. rom. 165 ff. ( = APal. 12 [1927] 325ff.); Solazzi, La compensazione nel dir. rom. 1 (1950) 111 ff.; 142 ff., dazu Kreller, Iura 2 (1951) 218 ff. (neue Lit. zum klass. R.: Rezzonico, Il procedimento di compensazione nel dir. rom. class. [1958]; van Warmelo, Mel. Levy-Bruhl 335 ff.; s. Wubbe, TS 27 [1959] 220 ff.). " PS 2, 5, 3 (urspr. zum argentarius), s. auch IP. Vgl. Levy 145 f. m. weit. Hinw., auch SZ 49 (1929) 250'; Kunkel 204 16 • " Zu ihrem Ausschluß beim depositum s. o. § 262 31 • 18 Levy 147 f. Das Wort bezeichnet außer jeglicher Art von Aufrechnung oder Verrechnung auch Vergütung, Entgelt usw. 67 Vgl. eingehend Biondi 48 ff.; 174 ff.

Dritter

Teil.

Die nacbklassiscben

Entwicklungen

schwächt die Folgen der pluris petitio ab, indem der Kläger, der mehr fordert, als ihm geschuldet wird, nicht mehr abgewiesen wird, 68 so daß der Beklagte nach der Aufrechnung in den Saldo verurteilt werden kann. 69 Da hiernach als Schuldbetrag nur der Saldo gilt, der von der K.lagforderung nach Abzug der aufgerechneten Gegenforderung verbleibt, kommt Justinian zur Auffassung, daß die Aufrechnung eintrete. 60 Der Schuldner wird von der den Saldo übersteigenden Verbindlichkeit befreit, der Richter muß die sofort beweisbare 61 Gegenforderung abziehen. 61 IV. Die übrigen Erlöschungsgründe, 63 darunter die Vereinigung von Gläubigerrecht und Schuldnerpfiicht in einer Person (confusio )" und der sog. concursus causarum, 65 zeigen keine wesentlichen Neuerungen. 68 § 275. Novation und Delegation

I. Der technische Begriff der klassischen novatio 1 geht in West und Ost mit dem Untergang der Verbalobligation verloren. 2 An ihre Stelle tritt die (208 ff.; 334 ff.); Sol az zi (o. A. 53) 191ft.; s. auch die Übersicht bei Kunkel 204. Viele Erweiterungen des Begriffs und des Anwendungsbereichs der compensatio weist Biondi 210 ff.; 265 ff. (370 ff.; 425 ff.) erst Justinian zu (s. auch o. § 261°), doch ist das nur teilweise annehmbar; vgl.zu einigem schon Kreller, SZ 49 (1929) 512 ff. H Er wird nur durch verdreifachte Kosten bestraft, C. 3,10,2; Inst. 4,6,24; 33 e; o. § 256 11 • 69 C. 4, 31, 14 (531); Inst. 4, 6, 30. Zur Vorgeschichte des Gesetzes Pringsheim, ACI Roma I 472 ff. eo C. 4, 31, 14 pr.; Inst. cit.; vgl. auch D.16, 2, 4; 10 pr.; 21; C. 4, 31, 4, alle itp. Es wird so angesehen, als wären die Forderungen schon damit, daß sie einander gegenübergetreten sind, getilgt worden, C. 4, 31, 4 itp. ipso iure pro soluto compensationem haberi. Aus der Regel folgt, daß der Zinsenlauf aufgehört hat, seitdem sich die Forderungen gegenübergetreten sind (C. 4, 31, 4 f.; 8, 42, 7, vgl. schon Ulp. D. 16, 2, 11 nach Kaiserrecht), und daß, was trotz Aufrechnungsmöglichkeit ~eleistet worden ist, mit der condictio mdebiti zurückverlangt werden kann, D. 16, 2, 10, 1; 12, 6, 30; auch die Pfänder sind orfenbar frei geworden. Mit klassischen Ansätzen ist immerhin zu rechnen. Vgl. Biondi 105 ff.; 127 ff. (265 ff.; 287 ff.), dazu aber auch Kreller (o. A. 57) 514 ff.; Kunkel 202'; Solazzi (o. A. 53) 147 rr.; Pringsheim, St. Bonfante I 560. 11 C. 4, 31, 14, 1 si causa .•• liquida sit et non multis ambagibus innodata; Inst. cit. H Es genügt Feststehen der Gegenforderung vor dem Richter (constat pecuniam

invicem deberi, vgl. C. 4, 31, 4 f.), doch wird sich regelmäßig der Beklagte selbst darauf berufen haben. 18 Ein Reurecht, also ein nicht im Vertrag vorbehaltenes Rücktrittsrecht, ist der römischen Ordnung fremd; anders die hellenistischen Rechte, denen die Kaiserreskripte wiederholt entgegentreten, vgl. Alex. C. 7, 26, 4; Diocl. C. a, 32, 12; 4, 44, An3-7; 5, 3, 14; vgl. Felgentraeger, tikes Lösungsrecht (1933) 27 ff., auch Taubenschlag, RPR 260 r. = Op. I 151 ff.; zu den Papyri ders., Law 313; 427 f. Zur arra o. § 261 V. H Lit. o. § 150 20 (Kretschmar in SZ 56 [1936] 349ff., nicht 57 [1937]); zuletzt Wesenberg, Symb. Taubenschlag I 553ff. Der Satz 'nemo potest pro eodem apud eundem obligatus esse• wird der klassischen Schuldoktrin entstammen, vgl. Afr., Paul. D. 46,1,21,3; 71 pr.; Jul. D. 46,3,34,8; für Unechtheit Solazzi, Bull. 38 (1930) 12; Estinzione (o. A. 1) 300. - Zur Behandlung der o. § 150 II erwähnten Streitfrage für den Fall der Vereinigung zwischen Hauptschuldner und Bürgen s. Solazzi, Estinz. 309 ff. 86 Vgl. o. § 150 III m. Lit. Die Veränderungen durch die oströmiscbe Schule betreffen vermutlich nur die Frage, wann ein Erwerb als entgeltlich, wann als unentgeltlich anzusehen ist; anders, mit Annahme grundsätzlicher Neuerungen der Kompilatoren, Schulz, SZ 38 (1917) 114 ff., bes. 207 f.; s. auch Beseler IV 326U.; Arangio-Ruiz, Ist. 398 1• "Zur Novation u. § 275 1. 1 Zur stipulatio Aquiliana s.o. § 274 II 4. 1 Levy II 139f.; SZ 76 (1959) 10 (s.auch

§ 275. Novation

und Delegation

325

Überführung eines bestehenden Schuldverhältnisses in ein schriftliches durch Errichtung einer Urkunde ;3 von den Wirkungen solcher Beurkundung war schon die Rede (o. § 263 I 2). In der östlichen Doktrin dagegen bleibt der klassische Novationsbegriff erhalten' und wird in Einzelheiten weitergebildet. 5 Nach klassischem Recht trat die Novation nur ein, wenn die neue Stipulation tituliert gefaßt war (o. § 152 1). Seitdem jedoch die Stipulation von der alten Wortform gelöst wird und sich die Verpflichtung nur nach dem Willen der Vertragsschließenden richtet, 6 läßt sich auch die Frage, ob die neue Verbindlichkeit die alte novieren soll, nicht mehr nach dem bloßen Wortlaut entscheiden. Folgerichtig sieht man vielmehr das maßgebliche Merkmal, dem oströmischen Willensdogma entsprechend, im 'animus novandi,. 7 Da aber die Ermittelung dieses Schulderneuerungswillens im einzelnen Fall häufig auf Unklarheiten stieß, hat die Urkundenpraxis ein Formular entwickelt, in dem die Parteien ausdrücklich erklären können, daß sie nicht novieren wollen.8 Justinian ändert das dahin ab, daß umgekehrt die Novation nur eintreten soll, wenn sie ausdrücklich als gewollt erklärt wird. 9 Die Prozeßnovation

10

verschwindet mit dem Formularprozeß.

II. Die Anweisung (delegatio), 11 die in der klassischen Zeit der Novation nicht so nahe gestanden zu haben scheint, wie man bisher anzuConrat, Gaius 43; Paulus 179; Archi 419 f.). 'Novatio• heißt jetzt in neuer Bedeutung die 'Erneuerung• des Schuldscheins durch gerichtliche Registrierung, die nach CT 2, 27, 1, 5 f. (424) erforderlich ist, um die Urkundsschuld über 12 Jahre hinaus aufrechtzuerhalten (o. § 26338 ; abweichend Archi nach seiner o. § 26389 angedeuteten Auffassung). Ganz anders gebrauchen NMc. 2, 2 (450 Ost) und NMai. 2, 1 (458 West) das Wort für die •Oberleitung> einer Steuerschuld in eine private durch Bezahlung mit Geld, das sich der Schuldner vom Beamten leiht. • Vgl. etwa CT 2, 4, 6 (406), dazu einerseits Levy II 139, andererseits Archi, Scr. Ferrini Pav. 704. • Grundlegend Pringsheim, St. Arangio-Ruiz 1 509 ff., s. auch Levy 144 f., ferner Bonifacio, La novazione in dir. rom. (1950) 147 ff. Zu den Papyri Taubenschlag 423. • Zur Frage der Novierbarkeit einer naturalis obligatio oder durch eine solche s. o. § 1523 , 6 , 13 • Bei bedingter Novation sieht die Schule die alte Obligation als auflösend bedingt an, D. 12, 1, 36; 12, 6, 60, 1; 23, 3, 80, alle insoweit unecht, Bonifacio 96 ff. m. Lit.; zu den Bas.-schol. Kaden, SZ 44 (1924) 185 ff. (gegenüber 171 f.). Lockerungen bei der inhaltlichen Entsprechung zwischen alter und neuer Obligation in D. 22, 1, 4 pr./1, üherarb., Bonifacio 120ff.; 160 f. m. Lit., insbes. Daube, SZ 66 (1948) 106 ff.

• Hauptsächlich seit Leo C. 8, 37, 10 (472), o. § 263 18• 7 Zur ltp. des animus novandi und der gleichwertigen Wendungen 'novandi causa• usw. (Bonifacio 155) vgl. v. Salpius, Novation und Delegation nach röm. R. (1864) 186 ff.; Gradenwitz, ltpp. (1887) 2181.; v.Blume, SZ 19 (1898) 1ff.; Levy, Sponsio, fidepromissio, fideiussio II 289 ff. (dazu (1906) 31 ff.; Scialoja Levy, SZ 46 [1926) 423; Pringsheim, St. Bonfante 1 578 171 ); Cornil, Mel. Fournier (1929) 87 ff. (dazu Levy, SZ 50 [1930) 647 f.); Meylan, ACJI 277 ff.; 327 ff.; Hägerström, Der röm. Obligationsbegriff II (1941) Beil. 199 ff.; Bonifacio (o. A. 4) ; einschränkend Bio n d i, Ist.• (1956) 408 f. Zum Eindringen der neuen Lehre in die Gesetzgebung s. Pringsheim, ACI Roma 1 482 ff. • Darüber berichten C. 8, 41, 8 (530) und Inst. 3, 29, 3/3a; technisch war der Ausdruck dvo{i0tTeuTt;. Zur nachjustinianischen Urkundenpraxis in den Papyri s. Pringsheim, St. Arangio-Ruiz 1 513 r. • Cod. u. Inst. citt. In diesem Sinn will Justinian nun auch die Äußerungen über den animus novandi verstanden wissen, vgl. D. 45, 1, 58 (lnd.) u. v. a. 10 Ob. § 152 III. Zu •condemnari oportere• zuletzt Daube, Forms of Roman Legislation (1956) 23; Solazzi, lura 8 (1957) 16 ff. 11 Neue Lit.: Biondi, St. Paoli 97 ff. (vgl. Iura 6 [1955] 409); Haeberlin, SZ

326

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

nehmen pflegt, 12 wird im Vulgarrecht nicht mehr als lebendige Einrichtung empfunden. 13 Die oströmische Lehre dagegen setzt äußerlich die klassische Tradition fort. Inwieweit jedoch die Einrichtung in der östlichen Praxis dieser Zeit weitergelebt hat, H bleibt auch hier eine offene Frage. 15

IV. SUBJEKTSWECHSEL UND SUBJEKTSMEHRHEIT BEI DEN OBLIGATIONEN § 276. Forderungsabtretung und Schuldübernahme

I. Die klassische Ordnung hat an der Unübertragbarkeit der Forderungsrechte streng festgehalten. Dem wirtschaftlichen Bedürfnis nach einem Wechsel des Gläubigers hat man mit Aktivdelegation, mandatum in rem suam und actio utilis in ausreichender Weise genügt. Damit hat man zwar die Abtretung noch nicht als selbständiges Rechtsinstitut erfaßt, sich ihr aber immerhin genähert. Der nachklassische Westen 1 dagegen, der sich nicht mehr an die Unübertragbarkeit der Forderung gebunden fühlt, zeigt keine Bedenken, ihre Ahtretbarkeit anzuerkennen, 1 sei es unter Mitwirkung des Schuldners, 3 sei es ohne sie. Im zweiten Fall knüpft man beim Mandat an, verschafft aber dem Zessionar, den man zum Unterschied von den sonstigen, mißachteten Prokuratoren (o. § 204 1) seit dem 5. Jh. 'dominus et procurator> nennt,' ohne weiteres eine unwiderrufliche und vererbliche Stellung. Dieses Mandat ist Verpfiichtungsgeschäft und Verfügung in einem, also Simultanakt, ähnlich wie die vulgarrechtlichen Übereignungsgeschäfte; der Verkauf oder die Schenkung der Forderung schließen 74 (1957} 100 ff.; neuestens W. Endemann, Der Begriff der delegatio im klass. röm. R. (1959). Über Guarneri Citali, Riv. dir. civ. 12 (1920} 313 ff. vgl. Stoll, sz 47 (1927) 526 r. 11 Während die klassische Novation eine titulierte Stipulation voraussetzt, ist bei der Delegation die nichttitulierte Stipulation weit verbreitet (so auch Cels. D. 12, 1, 32, anders noch o. § 15222 ). Sie bewirkt die Tilgung der bisherigen Schuld vermöge der in der Delegation enthaltenen Ermächtigung; die Delegation ist darum insoweit ein Erlöschungsgrund eigener Art. Die titulierte Stipulation, die wirklich novierend wirkt, ist bei der Delegation offenbar seltener; vgl. z. B. Pap. D. 46, 2, 27; Gord. C. 8, 41, 2; 3, 1; s. auch Ven. D. 46, 2, 31, 1 (dazu Kaser, SD 17 [1951] 18984 m. Lit.). Unklassisch ist dagegen eod. 4, s. Biondi, APal. 7 (1920) 49 f. und lnd. (der erste Satz redet vielleicht untechnisch). 13 Levv II 141 ff. Daher die Mißverständnisse bei GE 2, 9, 11 f. (Archi 389

ff.); ET 126 r. Zur Schuldübernahme

u.

§ 276 II.

vgl.

Die Worte •delegare, -atio• werden, wie in den gesamten nachklassischen Gesetzen, so auch in denen Justinians nur noch für öffentlich-rechtliche Verhältnisse, besonders für die Amtsübertragung, gebraucht; Levy 143 r. 15 Zum Rückgang des privaten Bankwesens vgl. für die Papyri Johnson-West, Byzantine Egypt (1949) 1721. 1 Levy II 149 ff. 1 Der Name 'cessio' ist diesem Akt allerdings fremd. 'Cedere, cessio' werden hauptsächlich für die Übereignung verwendet; Levy 149 f. CT 2, 13 rubr. und C. 2, 13 rubr. haben 'aclionem transferre', CT eod. 1 (422) = C. eod. 2 'cautionem deferre•. 3 Aktivdelegation, GE 2, 9, 11 f.; ET 126, o. § 27513 • 'IP 1,2,2f.; IT 2,12,1; 7; 2,16,3; Marini nr. 86 = Tjäder nr. 13 (533 n. C.). Vgl. auch Levy, PS 72 rr. 16

§ 276. Forderungsabtretung

und Schuldübernahme

327

deren Übergang ein.6 Auch die Abtretung wird regelmäßig beurkundet; 6 der Schuldner wird zumeist nur an den geleistet haben, der durch Schuldschein oder Zessionsurkunde ausgewiesen war.7 Die Doktrin des Ostens, die stärker an der klassischen Tradition festhält, dringt demgegenüber nicht zu einer ebenso vollständigen Verselbständigung der Zession von ihren klassischen Ansätzen vor. 8 Die Weiterbildung knüpft bei der 'actio utilis> an, die vom Erbschaftskauf ausgegangen ist und um weitere, mindestens zum Teil schon klassische Fälle vermehrt wurde. 9 J ustinian schließt, wie er sagt, die letzte noch verbliebene Lücke, indem er den Klagschutz auch dem mit der Forderung Beschenkten verheißt. 10 Dabei wird die Klage nicht mehr notwendig als 'actio utilis> verstanden, 11 nachdem dieser Begriff seine alte Bedeutung verloren hat (o. § 199 I 3). Demgemäß kann man mit der Abtretung nun auch den vollständigen Forderungsübergang verbinden. 12 Spätestens seit Anastasius wird der Name 'cessio> wieder technisch gebraucht und die Abtretung von ihrem Kausalverhältnis getrennt. 18 Wohl auf östliche Praxis wird schließlich die 'denuntiatio> zurückgehen, die Anzeige der geschehenen Abtretung, die der Zessionar dem Schuldner erteilt, und die es diesem verwehrt, mit befreiender Wirkung an den Zedenten zu leisten.H Abtretungsverbote werden zum Schutz des Schuldners geschaffen. 15 Sie bestehen für rechtshängige Forderungen, CT 4, 5, 1 {331) = C. 8, 36, 2 (s. auch RB 35, 4); C. eod. 5 (532); für Abtretungen an einen 'potentior>,1• CT 2, 13, 1 (422) = C. 2, 13, 2; für die Abtretung einer gegen den Mündel gerichteten Forderung an den Vormund, Nov. 72, 5 (538). Den Schuldner schützen will auch das Gesetz des Anastasius, wonach der Käufer einer Forderung, der einen geringeren Kaufpreis bezahlt hat, als die Forderungssumme beträgt, vom Schuldner nur den Betrag dieses Kaufpreises eintreiben darf, C. 4, 35, 22 (506).17

II. Ein Wechsel des Schuldners, der den bisherigen befreit, läßt sich im vulgarisierten Recht ohne erkennbare Anlehnung an die bisherigen Rechtsfiguren auf Grund der Vertragsfreiheit herbeiführen. 18 Die östliche Schule hält dagegen an Passivdelegation und Prozeßmandat in rem suam fest. 19 11 Insbes.

lP1,2,2; IT2, 12,1; Marini cit. • Für die Schenkung ist Registrierung vorgeschrieben, IT 2, 12, 1 i. r. 7 Ob der Schuldner bei Leistung an den alten Gläubiger in Unkenntnis der Abtretung geschützt war, wissen wir nicht; Levy II 152 f. 8 Übersicht bei Levy 155 rr. Zu den Papyri Taubenschlag 419. • Näheres o. § 15311 • 10 C. 8, 53, 33 (528). 11 Die c. 33 pr. spricht nur noch von •actiones transmittere', C. 5, 12, 31 pr. (530) von •transferre• (C. 7, 72, 10, 3 [532) handelt trotz iure cessionis nur von •rem transferri'). Die •actiones utiliter movendae• stehen dagegen noch in C. 4, 39, 9 (531), dazu Levy 156116 • 11 Auch die actio in rem ist abtretbar, C. 4, 39, 9 (531). ia C. 4, 35, 22, 1/3 (506), s. auch Just.

eod. 23 (531 f.). tc C. 8, 16, 4; 8, 41, 3, beide itp., s. o. § 1531', weitere Lit. bei Levy 156111 • Die klassischen Stipulationen, mit denen sich der Zessionar dagegen gesichert hat, daß der Zedent der Abtretung zuwider die Leistung annimmt, die Forderung einzieht oder anderweitig darüber verfügt, sind bei Justinian als entbehrlich verschwunden. Itp.-vermutungen bei Cugia, vgl. o. § 1539 , s. auch St. Besta I 513 ff. (u. § 2938 ). 15 Dazu auch Biondi III 225 f. 1• Zu diesem Begriff Mitteis, Mel. Girard II 225 ff. 17 Ausnahmen in § 2. Justinian verbietet Umgehungsversuche durch Abreden, daß die Forderung nur zum Teil verkauft, zum Teil gültig verschenkt (vgl. c. 22, 3) sein soll, eod. 23 (531 f.). 18 Levy 143 f., vgl. ET 127. 11 Dazu ob. § 153 II. Vgl. Siber 289.

328

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 277. Gläubiger• und Schuldnermehrheit

I. Steht auf der Gläubiger- oder auf der Schuldnerseite eine Personenmehrheit, so ist wie bisher entweder eine Teilung der Obligation oder der Eintritt einer Gesamtobligation möglich ;1 doch verschiebt Justinian die Grenzen.1 Einerseits begünstigt er die gesamtschuldnerische Haftung an Stelle der gehäuften, indem er manche klassische Pönalklagen als sachverfolgende behandelt. 8 Andererseits bevorzugt er die geteilte Haftung,' um den Schuldner zu schonen; so beim Forderungserwerb durch den Miteigentumssklaven,6 bei Mitvormündern, 6 bei mehreren (zahlungsfähigen) Käufern und Mietern,7 vielleicht auch noch in weiteren Fällen. 8 Zuletzt geht Justinian über das 'beneficium divisionis>, wie es unter Mitbürgen gilt, 11weit hinaus und bestimmt für die .otvcx86xc,w xcxt cxll7110

:>.oµcxv8ot't'6p(J)v XCX't'ot 't'WVMo ~t(J)'tlnpoµLT· Tt'IT(J)v3(xcxLoveinfach die Gesamtschuld-

ner gemeint. 11 Belege für solche Vereinbarung («3LotL-

§ 277. Gläubiger-

und Schuldnermehrheit

329

11 bleibt es bis auf Justinian bei der II. 1. Für die Gesamtobligation Regel, die allerdings wohl nicht ausnahmslos gegolten hat, 18 daß die Rechtshängigkeit, die von einem der Gläubiger oder mit einem der Schuldner herbeigeführt wird, jede weitere erfolgreiche Klage der anderen Gläubiger oder gegen die anderen Schuldner ausschließt; ein zweiter Prozeß dieser Art ginge über 'eadem res>. An diesem Prinzip hält auch die nachklassische Praxis fest; doch läßt sie es im Westen 1 " wie im Osten zu, 16 die konsumierende Wirkung der litis contestatio durch Vereinbarung (pactum) auszuschließen und damit die Klage gegen die anderen Gesamtschuldner offenzuhalten. Justinian aber geht noch weiter; er beseitigt die Klagenkonsumption überhaupt und läßt die spätere Klage erst daran scheitern, daß der Gläubiger befriedigt worden ist. 18 Der Gläubiger kann, auch nachdem er einen der Gesamtschuldner belangt hat, gegen jeden anderen Gesamtschuldner so lange vorgehen, bis er seine volle Befriedigung erreicht hat. 17 Ebenso ist anzunehmen, daß der Schuldner, auch nachdem er von einem der Gesamtgläubiger belangt worden ist, den übrigen so lange weiter haftet, bis er die ganze Leistung erbracht hat. 18

Die östliche Doktrin und Justinian erweitern den Kreis der Umstände, die •Gesamtwirkung' haben, also für alle Gesamtschuldner wirken,1• um das •in rem• abgeschlossene pactum de non petendo,to den Vergleich, 11 die Verjährung. 11

2. Der Rückgriff des Gesamtschuldn~rs, der den Gläubiger befriedigt hat, gegen die übrigen hing im klassischen Recht vom Innenverhältnis unter p!T~«AAlJAt"f'YUo~) in den Papyri bei Taubenschlag, Law 307 16 ; weitere Rechtsvergleichung bei W enger, Qu. 795ee7 , s. auch Volterra, Dir. rom. e dir. or. (1937) 257 f. - Nach N(.lv. 99 soll geteilte Haftung sogar dann eintreten, wenn solidarische vereinbart ist, doch harten die zahlungsfähigen Schuldner in diesem Fall für insolvente und unerreichbare. Der Richter soll alle erreichbaren Schuldner zum Verfahren zuziehen und das Urteil gegen alle sprechen. 11 Zur Frage der Einheit oder Mehrheit der Obligationen (o. § 154 11) zuletzt Branca, St. De Francisci III 139 rr. (s. auch Iura 6 [1955) 410). 11 Zu den umstrittenen Ausnahmen o. § 154 vor A. 17. 1& Näheres bei Levy II 204 ff. 111 Das zeigt C. 8, 40, 28, 1-3 (531). 11 Sog. 'Solutionskonkurrenz' im Gegensatz zur •Konsumptionskonkurrenz', o.

§154111.

C. eod. 28, 2. Der Satz erkliirt sich aus der Verdrängung der klassischen actio durch den materiellrechtlichen Anspruch und aus der Umgestaltung der Iitis contestatio dergestalt, daß die Anhängigmachung des Prozesses den Anspruch nicht mehr vernichtet. Vgl. Levy, Konk. 17

I 162 ff., auch 333 ff.; s. vorher schon Alibrandi, Opere I (1896 ex 1870) 161 ff.; Ascoli, Studi e docum. 11 (1890) 121 ff.; Eisele, Arch. zivilist. Praxis 77 (1891) 374 ff.; 79 (1892) 327 ff. 18 Dazu Albertario VI 337 rr., Corso (o. A. 3) 90 ff., anders Biondi III 231i. m. Lit. 1• Vgl. o. § 154 bei A. 18. Zu verschuldeter Unmöglichkeit usw. s. ebd.te, weit. Lit.: Rotondi II 360 ff. (zu D. 45, 2, 9, t i. f. itp.); Flume (u. § 278 9 ) 113 1 , beidem. weit. Hinw. Zur Novation vgl. Albertario, Corso (o. A. 3) 158 ff. zu D. 2, 14, 22 pr. i. f. itp.; zur compensatio ebd. 163 f. (zu D. 45, 2, 10); zum compromissum 190 rr. (zu D. 4, 8, 34 pr. itp.); s. auch 195 rr.zum Urteil. ao D. 2, 14, 21, 5-fr. 25 u. a. (überarb.). Vgl. o. § 27ft38 , zur Frage Rotondi II 339 ff.; 348 ff.; 354 ff., dazu aber G. Segre, Scr. vari 115ff.; Flume 131 ff.; De Martino (u. § 278 8 ) 185 ff.; Albertario VI 349 ff. u Vgl. schol. 2 zu Bas. 11, 2, 18 (C. 2, 4, 1, Heimb. I 689 f. = Schelt. B I 439), dazu Albertario VI 365 ff. 22 Vgl. C. 8, 39, 4 (531), dazu Gradenwitz, sz 54 (1934) 160 r.

:130

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

den Gesamtschuldnern ab ;23 allenfalls diente zum Ausgleich die (contraria) actio mandati oder negotiorum gestorum oder eine Teilungsklage.u Ein Zwang gegen den Gläubiger, seine Forderung dem leistenden Gesamtschuldner abzutreten, damit dieser sie gegen die anderen Gesamtschuldner geltend mache, wurde zunächst nur unter Mitvormündern, 15 darüber hinaus erst in spätklassischer Zeit und nur ausnahmsweise gewährt. 26 Ähnlich steht es mit der Gewährung einer selbständigen Regreßklage. 27 Die nachklassische Praxis bietet Anzeichen dafür, daß man einem allgemeinen Rückgriffsanspruch eher geneigt war. 28 Justinian dagegen hat die klassischen Ansätze für einen Abtretungszwang verallgemeinert und dem leistenden Gesamtschuldner teils damit, 29 teils mit einem selbständigen Rückgriffsanspruch geholfen.30

§ 278. Bürgschaftsgeschäfte I. 1. Von den drei Erscheinungsformen der Stipulationsbürgschaft verschwinden die 'sponsio> und die 'fidepromissio>1 schon alsbald im Vulgarrecht.2 Übrig bleibt als einziges Bürgschaftsgeschäft die 'fideiussio>,8 die in drei Erscheinungsformen auftritt:' entweder als stipulatio (schriftliches Schuldversprechen) oder als Eid oder als ein 'mandatum>, unter dem man aber nicht den klassischen Kreditauftrag versteht, sondern einfach eine mündlich übernommene Bürgschaft; 5 doch geht dieser Name im Westen verloren. 6 Justinian beseitigt die längst verschollenen Begriffe sponsio und fidepromissio planmäßig aus den klassischen Quellen. Er ersetzt sie durch die 13 Für den Rückgriff der Gesamtgläubiger gegen den, der die Leistung empfangen hat, dürfte eine ähnliche Entwicklung anzunehmen sein wie bei der Gesamtschuld. 26 Ob. § 154 a. E. Unter Mitbürgen galt das 'beneficium divisionis', o. § 155 II 3. 26 Vgl. Levy, Konk. I 222 ff.; Archi (o. A. 6) 305 r. zu Pap. D. 27, 3, 21; 26, 7, 42 (auch eod. 38, 2); Ulp. D. 27, 3, 1 §§ 13 f., 18; Ant. C. 5, 58, 2; erweiternd Car. Carin. Num. C. 5, 52, 2, 3 i. r.; Diocl. C. 5, 51, 6, 1 i. r. (Levy 238 3 ). 18 Zu Mitpächtern vgl. Val. Gall. C. 4, 65, 13, 1, dazu Levy 2382 ; Archi 284 f.H; anders (für Itp.) G. Segre, Le obbligazioni solidali II (1924) 302 ff.; Albertario, Corso (o. A. 3) 230 r. 27 Vermutlich einer actio utilis negotiorum gestorum, vgl. zu Mitvormündern Ant. Pius-Ulp. D. 27, 3, 1, 13 f.; Ant. C. 5, 58, 2, dazu Levy 230; Archi 304m; anders, für Itp., Albertario 231. Zu weiteren Fällen s. D. 9, 3, 4 itp. (Ind.); C. 8, 39, 1, 1 itp., Bonfante, Ist. 10 3902 ; Albertario V 201 r. gegen Taubenschlag, RPR 268 = Op. I 161 f. 28 Vgl. für die Fälle des öffentlichen

Rechts Levy II 205 r. 21 D. 10,2,18,5; 19,2,47; 21,2,65, alle itf-, vgl. die Hinw. bei Levy, Konk. I 238 , ferner Archi (o. A. 6) 283 f. (m. weit. Lit.); 327; 334. ao D. 9, 3, 4 (actio utilis, o. A. 27); Archi 326 f. 1 Diese wird als Einrichtung für die Peregrinenschon mit der const.Antoniniana praktisch bedeutungslos geworden sein. 2 Levy II 196 ff.; etwas anders noch d ers., Sponsio, fidepromissio, fideiussio (1907) 113 ff. GE erwähnt sie nicht mehr. 3 Im Westen auch •fidedicere•, IP 1, 9, 5; RB 14, 8; vgl. ferner ET 135. Häufig ist auch •satisdare• mit seinen Ableitungen; der Ausdruck wird im Mittelalter beliebt, Conrat, Paulus 180; 228. 'NT 9, 4 (439) = C. 1, 14, 5, 2. - Über Gestellungsbürgschaften im westlichen Zivilprozeß s. einstweilen Conrat 227 669 zu NV 35, 15 (1152). 6 Mündliche Bürgschaft im Osten bei Taubenschlag 303 23 • •Vgl. IP 2,18,12 gegenüber PS 2, 17, 16, dazu Levy199; SZ 76 (1959) 10f.; anders Conrat, Paulus 178.

§ 278. Bürgschaftsgeschäfte

331

7als die einzige Erscheinungsform der Stipulationsbürgschaft. Auch bei ihr gilt die Beurkundung als selbstverständliche Regel.8 Mit sponsio und fidepromissio verschwinden auch die für sie bestimmten Sondergesetze, die leges Apuleia, Furia, Cicereia (Inst. 3, 20, 4 gegenüber Gai. 3, 121-123) und für den Rückgriff des Bürgen die lex Publilia mit der 'actio depensi• (u. A. 17). Dagegen galt die Beschränkung der lex Cornelia (Gai. 3, 124) auch für die fideiussio; sie war jedoch offenbar schon vor Justinian außer Übung und wird in Inst. 3, 20 nicht mehr erwähnt.

2. Die Umstellung der Quellen von der sponsio auf die fideiussio bringt es mit sich, daß die Bürgschaft deutlicher als bisher als eine Verpflichtung des Bürgen zu eigener Leistung verstanden wird, nicht als bloße Haftung für fremde Verbindlichkeit.' Doch bleibt es bei dem Grundsatz der fideiussio, daß die Verpflichtung des Bürgen nicht weiter reichen kann als die des Hauptschuldners. 10 Die Klage gegen den Hauptschuldner und die gegen den Bürgen gehen über ,jede dieser Klagen schließt daher die andere aus (o. § 155 II 3). Daran hält man im Westen 11 und zunächst auch im Osten fest. Erst Justinian beseitigt, wie unter Gesamtschuldnern (o. § 277 II 1), so auch zwischen Hauptschuldner und Bürgen diese 'Konsumptionskonkurrenz>; nun werden beide Teile erst frei,11 wenn der Gläubiger befriedigt wird. 13 Darüber hinaus gewährt Justinian später dem Bürgen eine aufschiebende Einrede, bis der Gläubiger den Hauptschuldner belangt und die Vollstreckung gegen ihn versucht hat (unrömisch sog. oder 'ordinis>). 1' II : Vgl. etwa Levy, Sponsio (o. A. 2) 3_ff. 44, 1, 7, 1 u. a., alle itp.; Rotondi Vgl. D. 45, 1, 30; Inst. 3, 20, 8, beide 339 ff., dazu aber auch G. Segre, Scr. itp., s. Riccobono, SZ 35 (1914) 285 ff., vari 120 ff.; Flume 130 ff.; De Martino abweichend van Oven, TS 26 (1958) 197 ff.; 213 ff. Daß die Einreden des 430 f.; ferner C. 6, 38, 3 (531) u. insbes. Hauptschuldners auch dem Bürgen zuC. 8, 40, 27 (531); 'fideiussio sine scriptis stehen, rechtfertigt man nun mit seinem facta• ist hier nur die GestellungsbürgRegreßanspruch, Inst. 4, 14, 4; Flume schaft. Vgl. Levy II 57 f., ferner De Mar138; 144; abweichend De Martino 233 ff. - Während bisher nach der Verurtino, Le garanzie personali dell'obbligateilung des Hauptschuldners die Bürgen zione I (1940) 35 ff. • Näheres bei Flume, Studien zur sogleich in Anspruch genommen werden konnten, kommt nach C. 7, 54, 3, 3 (531) Akzessorietät der Bürgschaftsstipulatiodie (auf 4 Monate verlängerte, o. § 274 7) nen (1932) 121 ff.; 128 ff.; De Martino Urteilserfüllungsfrist auch den fideiussores 71 ff. pass., vgl.auch neuestens Coudert (o. § 25618 ) 56 ff. Zur Haftung des Bürgen und mandatores zugute. 11 Levy II 199 ff., s. auch Sem. 2 (19't4) aus dem Verschulden des Hauptschuldners (o. § 15538 ) s. De Martino 158 ff. (D. 50, 8 ff. = Bull. 55/56 Suppl. (1951) 209 ff.; vgl. PS 2, 17, 16 mit IP 2, 18, 12 (1. Satz; 8, 3, 1 i. f. und 46, 1, 56, 2 überarb.); zur Haftung des Hauptschuldners bei Conrat, Gaius 108 f.; Paulus 180); GE 2, Verschulden des Bürgen s. außer o. § 15538 9, 2 i. f. (dazu auch Archi 48 ff.; 397 f.); noch D. 46, 3, 95, 1 (überarb.); weitere RB 14, 7. Der Gläubiger muß sich vor dem Richter entscheiden, wen er belangen will. Lit.: De Martino 167 ff.; Pugliese, 11 Über andere Befreiungsgründe s. o. St. Paoli 569 ff. Zu Sonderfällen (Kriegsgefangenschaft oder erbloser Tod des § 155 II 3 a. E., ferner o. A. 9, 10. 13 C. 8, 40, 28 pr. §§ 1, 3 (531; zu diesem Hauptschuldners) vgl. Flume 83 ff.; 99ff.; Gesetz Schulz, St. Bonfante I 357 ff.). De Martino 121 ff. 10 Inst. 3, 20, 5 (teilw. aus Gai. 3, 113). H Nov. 4 (535). Auf Sachen des SchuldJ ustinian gewährt die exceptio aus dem ners, die im Besitz Dritter stehen, oder auf 'in rem• mit dem Hauptschuldner ge- Sachen Dritter, die für die Forderung verschlossenen pactum de non petendo auch pfändet sind, darf der Gläubiger jedoch dem Bürgen, D. 2, 14, 21, 5; 22; 34, 3, 5 pr.; erst greifen, nachdem er sich an den Bür-

332

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Mitbürgen haften nach wie vor als Gesamtschuldner, genießen aber auch weiterhin das auf die epistula Hadriani zurückgehende sog. , 15 wonach jeder zahlungsfähige Bürge verlangen kann, daß der Gläubiger seine Klage auf die Kopfquote beschränke; freilich so, daß die Zahlungsunfähigkeit eines Mitbürgen den anderen zur Last fällt. 16 3. Für den Rückgriff gegen den Hauptschuldner 17 wurde dem Bürgen das Recht, bei seiner Leistung vom Gläubiger zu verlangen, daß dieser ihm seine Ansprüche gegen den Hauptschuldner abtrete, in der klassischen Zeit nur von Fall zu Fall gewährt. 18 Justinian räumt ihm dieses Recht allgemein ein (sog. ). 19 Daneben behält der Bürge die Rückgriffsansprüche aus dem konkreten Innenverhältnis, besonders aus Mandat. II. Beim Kreditauftrag (o. § 155 III) werden, obwohl er in der westlichen Praxis verschwindet,2° die klassischen Ansätze, das Geschäft als eine Art Bürgschaft zu behandeln und der fideiussio anzunähern, in der nachklassischen Periode weitergebildet. 11 J ustinian schließt diese Entwicklung ab, er erfaßt das Kreditmandat als einen besonderen Typus 22 und stellt, älterer Übung folgend, mandatores und fideiussores vielfach auf dieselbe Stufe. 23 Wohl er erst gibt dem Mandanten (mandator) die Einreden, die der Darlehensschuldner dem Gläubiger entgegensetzen kann.K Bei einer Mehrheit von Mandanten gewährt er das sog. .25 Für den Regreß wird dem Mandanten das sog. , das für einzelne Fälle schon im klassischen Recht anerkannt war,• nun allgemein zugestanden. 27 Daß mit der Klage gegen den Darlehensnehmer die gegen den Mandanten nicht konsumiert wird, galt vermutlich schon nach klassischem Recht. 28 Auch die Klage gegen einen von mehreren Kreditmandanten hat vielleicht schon nach klassischer Auffassung die gegen die übrigen nicht konsumiert. 29 III. Als eine weitere Bürgschaftsform 30 gestaltet Justinian das constitutum debiti alieni aus, 31 indem er auch darauf die 'beneficia divisionis>32und 'excussionis> erstreckt, 83 vermutlich auch das 'cedendarum actionum>.34

§ 279. Interzession Das SC Vellaeanum, das die Fraueninterzession verbietet, 1 bleibt im Westen 1 wie im Osten bestehen. Es wird hier aber in bestimmten Fällen verzichtbar gemacht 3 und von Justinian verschiedentlich gemildert. Er läßt Heilung des Geschäfts durch Neuvornahme nach mehr als zwei Jahren zu, C. 4, 29, 22 (530). Die Gültigkeit des Interzessionsgeschäfts wird erweitert, wenn die Frau für ihr Eintreten eine Gegenleistung empfangen hat: Es genügt, daß die Frau in öffentlicher, von drei Zeugen unterschriebener Interzessionsurkunde den Empfang des Gegenwerts bestätigt; doch soll bei Zahlungsunfähigkeit der Frau der durch die Interzession Begünstigte weiterhaften, C. eod. 23pr.-1c (530). Die eben erwähnte Form der Zeugenurkunde wird für alle Interzessionsgeschäfte, soweit sie überhaupt zugelassen sind, vorgeschrieben, eod. 23, 2 f.11Privilegiert• ist ferner die Interzession für den Zweck einer Dosbestellung, Val. Gall. eod. 12, erweitert in eod. 25 (531), sowie für die Freilassung eines Sklaven, eod. 24 (530). Die Mutter, die Vormünderin werden will, muß auf den Schutz des SC verzichten, C. 5, 35, 3 pr. (530); Nov. 118, 5 (543). - Andererseits hat die Nov. 134, 8 (556) den Frauen die Interzession für den Ehemann allgemein verboten, sofern der Kredit nicht zum Vorteil der Frau verwendet wird. lul. D. 46, 1, 13 = Gai. D.17, 1, 27, 5; Mod. D. 46, 1, 41, 1 (o. § 15568 ); Archi 289 f. Doch vgl. immer noch Diocl. C. 8, 40, 19. 17 Nov. 4, 1 i. f. (535). Nach Bortolucci 254 sind itp. D.17, 1, 10, 11; eod. 21; C. 4, 35, 18. 18 lul., Gai. citt. (o. A. 26). Zu PS 2, 17, 16 vgl. Levy II 199. 21 Zu Pap. D. 46, 1, 52, 3; Diocl. C. 8, 40, 23 und Iust. eod. 28 pr. vgl. o. § 154 vor A.17; anders freilich Levy, Konk. I 200 ff.; Albertario, Corso (o. § 2778 ) 89 f.; 107 ff. ao Das •receptum argentarii• ist verschwunden, o. § 263 III. 11 Ob. § 263 III, dort auch zum Verschwinden im Westen. 11 C. 4, 18, 3 (531). Danach sind alle Konstitutsbürgen ~leichzeitig zu bestellen. Vgl. Astu ti, Stud1 intorno alla promessa di pagamento II {1941)35H., auch zu Nov. 99 (539). - Papyri: Taubenschlag 415. aa Nov. 4, 1 eil., s. auch 4, 3, 1; bestätigt in Nov. 136 pr./1 (535). 34 Astuti 352 m. Lit. 18

Grundlegend jetzt Medicus, Zur Geschichte des SC Velleianum (1957), dazu Kaden, SZ 75 (1958) 422 rr.; Talamanca, Lab. 4 (1958) 99 ff. Zu Vogt (o. § 1562 ) vgl. Talamanca, AG 143 (1952) 172 ff.; Kreller, SZ 72 (1955) 400 rr., auch Anz. Ak. Wien 1956, 1 ff. Vgl. ferner P. Col. 123 {199 n. Chr.), 18 ff., dazu Westermann-Schiller, Apokrimata (1954) 63 ff.; van Oven, Lab. 2 (1956) 85 ff.; W olff, SZ 73 (1956) 409; 413; Pringsheim, Symb. Taubenschlag I 243. 1 Levy II 203. Zu PS 2, 11, 1 vgl. Solazzi, St. Albertario I 3 ff.; zu eod. § 2 mit IP s. o. § 23228 ; zu ET 133 auch Rasi, St. De Francisci IV 351 f. a Vgl. etwa C. 4, 29, 21 (517), s. auch C. 5, 13, 1, 15c (531). 'Eingehend Medicus 66 rr. 11Zu den Papyri vgl. Taubenschlag, St. Bonfante I 432; Law 416. • Die Ausnahme in D. 4, 4, 12 i. f. ist zwar unecht, Medicus 73 f. m. Lit., aber kaum als planmäßige Neuerung gedacht. 1

FÜNFTER

ABSCHNITT

ERBRECHT § 280. Die Weiterentwicklung des Erbrechts

I. In den nachklassischen Entwicklungen des römischen Erbrechts stehen die mannigfachen Tendenzen, die dieses Zeitalter beherrschen, ungefähr im Gleichgewicht. Wie im Familienrecht hat der Reformwille der Kaiser von Konstantin bis Justinian auch in der Erbfolgeordnung eine Reihe neuer Ziele mit neuen Mitteln zu verwirklichen gesucht, die eine deutliche Abkehr von den Denkformen der Klassiker zeigen. Andererseits durchdringt diese Gesetzgebung das Erbrecht doch nicht so vollständig, daß nicht auch der klassischen Hinterlassenschaft und ihren zunächst vulgarisierenden und später restaurativen Umformungen ein breiter Spielraum verblieben wäre. Wie im Obligationen- und besonders im Sachenrecht sehen wir darum auch im Erbrecht die klassische Begriffswelt in West und Ost zunächst den auflösenden Kräften des Vulgarismus unterworfen, der die Rechtsentwicklung dieser Epoche kennzeichnet. Aber auch auf diesem Gebiet hat der Klassizismus der oströmischen Schule und Justinians den Anschluß an die klassischen Grundsätze und Methoden wiederhergestellt. 1 Die Vulgarisierung, die in wesentlichen Stücken noch zu untersuchen 1 bleibt, hat mit den geschichtlich bedingten Eigentümlichkeiten auf geräumt, die die Physiognomie, in mancher Hinsicht freilich auch die Schwäche der römischen Erbfolgeordnung bestimmt haben. Es verschwindet der Gegensatz zwischen den Hauserben, die mit dem Tod des Erblassers unmittelbar an seine Stelle treten, und den Außenerben, die erst durch Antritt Erben werden. Die Regel wird beiseite geschoben, so daß neben einem Testament, das die Erbschaft nicht erschöpft, auch Intestaterben berufen werden können. Ebenso wird die Regel überwunden, der Erblasser kann also durch Substitution an die Stelle des Erben, den er zunächst beruft, etwa bei dessen Tod, einen anderen Erben treten lassen. Ja, in den weiteren Ausstrahlungen des westlichen Vulgarrechts, die bereits ins Mittelalter und in die Auseinandersetzung mit den germanischen Rech1 Über Abwehr hellenistischer Rechtsgedanken durch Diokletian vgl. Taubenschlag, RPR 263 ff. = Op. I 155 ff. Vgl. zu den vertraglichen Vergabungen von Todes wegen u. § 282'; zum Anwartschaftsrecht der Hausgenossen o. § 2052, u. § 29021 • In der Folgezeit sind hellenistische Einflüsse auf das Erbrecht dieser Periode, wenn man von der allgemeinen Vorliebe für die Schriftlichkeit bei den Testamenten

und Kodizillen absieht, nur ganz selten nachzuweisen; vgl. zur Intestaterbfo]ge der Tochtersöhne u. § 28717 , zur Widerruflichkeit der donatio mortis causa § 30011• 1 E. Levy hat mir höchst dankenswerter Weise eine Reihe wichtiger Beobachtungen briefJich mitgeteilt, die bei späterer Gelegenheit näher ausgeführt werden sollen. Soweit ich mich auf solche Hinweise

§ 280. Die \Veiterentwicklung

des Erbrechts

335,

ten überleiten, 3 werden sogar die Gegensätze zwischen der Gesamt- und der Einzelnachfolge, zwischen der Nachfolge von Todes wegen und der unte!'" Lebenden verwischt: Erbeinsetzung und Vermächtnis fließen ineinander, das 'legare> und das 'fideicommittere> gehen in der Rechtssprache verloren,. die Erbeinsetzung, überhaupt die Zuwendung mortis causa, wird von der 'largitas> oder 'donatio> nicht mehr eindeutig abgehoben. Der strenge Wortformalismus, der das Testament beherrscht hat, wird schon unter Konstantin beseitigt, nicht anders als bald danach bei der Stipulation. Hiernach ist es nur folgerichtig, wenn man auch auf die Voranstellung der heredis institutio, ja überhaupt auf die Erbeinsetzung als Wesenselement des Testaments verzichtet; damit verschwimmt zeitweise auch die Grenze zwischen diesem und dem Kodizill. Justinian folgt demgegenüber im allgemeinen wieder den klassischen Grundlagen.' Die Nachfolge von Todes wegen wird von der Schenkung streng getrennt, ebenso die Erbfolge als Gesamtnachfolge vom Vermächtnis. Das Testament unterscheidet sich durch die dafür unerläßliche Erbeinsetzung scharf vom Kodizill. Allerdings bleibt es, dem oströmischen Willensdogma entsprechend, bei der Preisgabe der alten Wortformen für die Testamente. Der Wille des Testierenden kann in beliebigen Worten erklärt werden. Um gleichwohl dem Sicherheitsbedürfnis zu genügen, das für die Testamente stärker ist als für die Geschäfte unter Lebenden, werden in einer verzweigten Gesetzgebung neue Formregeln entwickelt. Zu diesen Neuerungen zählt vor allem das öffentliche Testament, das jetzt bevorzugt wird; doch werden private schriftliche, ja sogar mündliche Testamente nicht ganz aufgegeben, daneben erleichterte Formen für Sonderfälle geschaffen. Bedeuten diese Rückwendungen zum klassischen Recht und seine Weiterbildungen gegenüber den auflösenden Tendenzen des Vulgarismus einen deutlichen Fortschritt, so wird man in anderen Beziehungen den Klassizismus J ustinians eher als rückständig empfinden; vor allem dort, wo J ustinian an gewissen erstarrten Prinzipien festhält, deren Wurzeln zum Teil noch in der altrömischen Periode liegen, und die nur aus den Bedürfnissen dieser längst vergangenen Zeit erklärt werden können. Hierher rechnen etwa die erwähnte Regel 'nemo pro parte ... >, die ein Neben einander von Testaments- und Intestaterbfolge ausschließt, und die andere 'semel heres semper heres>, die einer Nacherbfolge im Wege steht und zu den unnötigen Komplikationen des Universalfideikommisses zurückführt. II. Gemeinsam ist den nachklassischen Entwicklungen die Überwindung des Gegensatzes zwischen der zivilen und der prätorischen Erbfolge. Wenn stütze, kennzeichne ich sie in der Fußnote mit dem Hinweis auf diese Anm. • Für diese späte Stufe, die nicht mehr der antiken Entwicklung angehört, werden besonders die Formulariensammlungen sowie die Klerikertestamente heranzuziehen sein, s. u. § 283 2• ' Für das justinianische Erbrecht behält auch die Lit. des gemeinrechtlichen Zeitalters einige Bedeutung; vgl. etwa Schir-

mer, Handbuch des röm. Erbrechts I (1863); v. Vangerow, Lehrbuch der Pandekten 111 (1867); Koeppen, Lehrbuch des heutigen römischen Erbrechts I (1895); weiteres bei Windseheid-Kipp III 1841 (§ 527). Vgl. ferner Fadda, Concetti fondamentali del dir. ered. rom. I, II (1900/2, Neudr. 1949); Scialoja, Dir. ered. rom., Concetti fondamentali (1914/5, Neudr. 1939).

336

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

hier und da auch in der spätrömischen Gesetzgebung der Gegensatz von zivilem und prätorischem Testament, zwischen hereditas und bonorum possessio noch anklingt, so sind dies bloße Überreste des früheren Rechtszustands, die alsbald abgestoßen werden und auch bei Justinian nicht wirklich wiederaufleben. Gemeinsam ist den erbrechtlichen Entwicklungen dieser Zeit ferner die Zurückdrängung und Beseitigung der Spuren, die vom römischen Familienverband noch fortbestehen. Zwar hat schon im vorklassischen und klassischen Zeitalter die prätorische Ordnung die Blutsverwandtschaft (cognatio) an die Stelle der durch den Hausverband vermittelten Verwandtschaftsbeziehung (agnatio) gesetzt; und die SCta. Tertullianum und Orfitianum haben diese Entwicklung weitergetrieben. Soweit gleichwohl, besonders im Intestaterbrecht und im Noterben- und Pfiichtteilsrecht, noch Reste der ursprünglichen Ordnung bestehen geblieben sind, vor allem soweit die Beziehung zum paterf amilias immer noch bevorzugt wird vor der zu den leiblichen Eltern und Voreltern, schränkt man diese Reminiszenzen nun weiter ein. Daneben tritt die Tendenz zur Gleichstellung der Geschlechter und zur stärkeren Berücksichtigung der mütterlichen Erbfolge deutlich hervor. 6 Da die Hauskinder in weitem Umfang die Vermögensfähigkeit gewonnen haben, verliert insoweit auch die Kollation ihre alte Zweckbestimmung; sie wird in veränderter und zugleich verbreiterter Gestalt fortgebildet. Bei den Einzelzuwendungen von Todes wegen hat der Gegensatz zwischen Legaten und Fideikommissen seinen Sinn verloren, seitdem der Formularprozeß überwunden und von der Kognition abgelöst wird, und seitdem man auf den Wortformalismus der Testamente verzichtet. Hatte schon das klassische Recht Ansätze zur Annäherung dieser beiden Vermächtnisarten entwickelt, so werden sie in der nachklassischen Periode nun weithin einander angeglichen. J ustinian schließt nur eine praktisch schon vollzogene Entwicklung ab, indem er den Unterschied zwischen den beiden Einrichtungen beseitigt, wenngleich er die doppelte Terminologie bestehen läßt. Auch die Schenkung von Todes wegen wird in der Weiterbildung klassischer Tendenzen den Vermächtnissen in vielen Beziehungen gleichgeordnet. Im Westen bereitet sich mit diesen Annäherungen die vor, in der im Mittelalter das römische Testament und die Schenkung auf den Todesfall aufgehen. § 281. Die Erbfolge

I. Schon das klassische Recht hat die Erbfolge als Gesamtnachf olge in ein als Einheit erfaßtes Vermögen verstanden. 1 Die nachklassischen Entwicklungen gehen in West und Ost unterschiedliche Wege. Im Westen verBiondi III 339 ff.; 342 f. unterstreicht den christlichen Einfluß. 1 Ob. § 158 I, Lit. zur Streitfrage ebd. 1 ; vgl. jetzt insbes. Bio n d i, St. De Francisci IV 17 ff.; s. auch o. § 21417 zu Jus 6 (1955) 254 U. = Bull. 61 {1958) 1 U. Der Erwerb 6

'per universitatem• gehört bereits der klassischen Zeit an, vgl. Gai. 2, 97; 191, unbedenkl. auch Paul. D. 23, 5, 1, 1; 41, 1, 62 (hierzu Albertario IV 776 gegen Bontante VI 12 f.). Die generelle Verdächtigung von 'universum, universitas• zur Be-

§ 281. Die Erbfolge

337

flüchtigt sich, zusammen mit den Grundvorstellungen der römischen Erbordnung (o. § 280 1), auch der Gedanke der Universalsukzession. 1 Im Osten dagegen setzt sich die von der klassischen und frühnachklassischen 8 Schuldoktrin ausgehende Neigung fort, die Erbfolge als Rechtsnachfolge in das einheitliche Vermögen aufzufassen. Während vulgarrechtlich beeinflußte Quellen von einem 'succedere in iura alicuius> sprechen und damit den Übergang der einzelnen Vermögensrechte meinen,' zeigt die Schule eine Vorliebe für die Wendung 'succedere in universum (omne) ius defuncti>,6 die das Eintreten in die als Einheit gedeutete Gesamtrechtsstellung des Erblassers ausdrückt.• Diese Lehre verdichtet sich in der philosophisch geschulten Doktrin des Ostens zu der Anschauung, daß Erblasser und Erbe eine persönliche Einheit bilden. 7 Von an deren Tatbeständen der Gesamtnachfolge neben der Erbfolge nennt GE 2, 2 pr. noch die •emptio•, worunter aber nicht mehr die bonorum emptio (Gai. 2, 98), sondern einfach der Kauf eines Inbegriffs von Vermögensgegenständen verstanden wird;• ferner die •adoptio•, womit in unscharfer Weise auf die adrogatio angespielt wird. Justinian dagegen stellt in Inst. 3, 12 pr./1 ausdrücklich fest, daß die übrigen Tatbestände einer Gesamtnachfolge neben der Erbfolge, nämlich die bonorum venditio und der Vermögensverlust mit der Versklavung nach dem SC Claudianum (o. § 210 II 1), aufgehoben sind.' Die conventio in manum ist längst weggefallen, die Arrogation bewirkt keinen Vermögensübergang mehr, s. Inst. 3, 10, 2, o. § 227 II 1. zeichnung der Erbschaft ist unberechtigt; vgl. Bortolucci, ACI Roma I 433 ff.; Bull. 42 (1934) 150 ff.; 43 (1935) 128 U. und jetzt insbes. Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 54U.; 60U. (auch 299U.; 307U.) gegen Bonfante, Scr. I 250 ff.; Corso VI 48 rr.; 51 rr. (s. auch 55; Scr. I 260 f.; 264 f. zu Bas. und Theoph.; im Griechischen schillert der Gebrauch von et~ö>.6zwischen den Beziehungen auf den x>.71pov gesamten Nachlaß und auf den Alleinerben). Wie Bonfante noch Albertario IV 69 rr.; V 323 ff. (gegen Bortolucci); Solazzi, Dir. ered. rom. I {1932) 1 ft.; 7 rr. pass. Zu •universitas• als Sachmehrheit s. Schnorr v. Carolsfeld, Jur. Person I (1933) 116 rr. (die nachklassischen Stellen 127'; 133 f.). • Das zeigt GE 2, 2 pr., dazu Archi 253 rr.Zu Gai. 2, 97 und 191 gibt es keine GE. 1 Ihr gehört GA 61-63 an (zu Gai. 2, 247; 250). Für östlich hält hier den Gedanken der •universitas• (beim Erbschaftsfideikommiß) Albertario, Introd. 11311 ; VI 398 r.,weit. Lit. bei Lev y, SZ 49 (1929) 256'; Kaser, SZ 69 (1952) 93101 , dagegen aber Volterra, Cambr. Law Journ. 10 (1949) 202 f.; s. ferner Gaudemet, Form. 77 f.; 1045 und jetzt auch Levy (brieflich). 'Vgl. CT 2, 16, 2, 2 (319) = C. 2, 52, 5, 1; CT 3, 5, 13 (428 Ost); s. auch Bruns I nr. 183 = FIRA III nr. 43 Z. 14 (4. Jh.). 'Vgl. Ambrosino, SD 11 {1945) 70 ff. (s. auch SO 17 [1951] 195 rr.kritisch zur 22

HdA X 3. 3. 2 (Kaser) II

Lit.); Steinwenter, Iura 4 (1953) 140ff.; 142 rr.,beidem. weit. Lit. Entgegen Betti, St. Solazzi 594 rr.und Biondi, Dir. ered. rom. 3t1; St. De Francisci IV 42 ff. wird der Ausdruck •succedere in ius' mit dem vulgarrechtlichen Begriff •ius = Vermögen• (o. § 198 I) den Klassikern abzusprechen sein; anders neuestens GioUredi, SO 23 {1957)1 ff. Zur Herkunft der •in ius succedentes• aus der vulgären Urkundenpraxis vgl. Steinwenter 143 m. weit. Hinw., auch Taubenschlag 182 r. • Siber 333. Daß die oströmische Schule den Ausdruck •per universitatem (adquirere, succedere)• bevorzugt, zeigt der Vergleich von Inst. 3, 10 pr. und 3, 12 pr. mit Gai. 3, 82 und 77 f. Zu den byzantinischen Quellen s. auch C. Longo, St. Fadda I 125 rr.; Schnorr 134 rr. Gleichwohl ist der Gedanke der Vermögenseinheit schon klassisch, s. o. A. 1 (anders, im Sinn eines Bedeutungswandels von der Vielheit zur Einheit, insbes. Bonfan t e, Scr. I 2681 ; 308 f.; 319 ff.). 7 C. 6, 26, 11, 1 (531); 11, 48, 22, 4 (531); Inst. 3, 19, 4 und insbes. Nov. 48 pr.; eod. 1, 1 (537); s. auch 0. 42, 5, 4 i. f. itp. und C. 3, 33, 14, 1 (Okt. 530). Lit. o. § 1587 sowie Bonfante, Corso I 115 f.; VI 38 ff.; 144 f., s. auch Biondi III 323 f.; Solazzi (o. A. 1) 201 ff. 8 V!Jl. auch GE 2, 3, 6; Näheres bei Arch1 255f.; 292f., s. auch Conrat, Gaius 42118 • • Biondi, Dir. ered. rom. 28 f.

338

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

II. Gegenstand der Erbfolge 10 sind nach wie vor die vererblichen Vermögensrechte :11 die Sachen im Eigentum des Erblassers, seine sonstigen vererblichen dinglichen Rechte, seine Forderungen usw. 12 Der Kreis der unvererblichen Rechte 13 wird dadurch etwas erweitert, daß dingliche Rechte und Forderungen nun auch auf Zeit und damit auf bloße Lebensdauer bestellt oder übertragen werden können. 1' Andererseits können Obligationen so begründet werden, daß sie erst post mortem wirksam werden, oder daß sie, obschon sie regelmäßig mit dem Tod erlöschen, mit den Erben fortbestehen sollen.15 Auch die Berufung zur Erbfolge wird in bestimmten Fällen von Justinian vererblich gemacht. 16 - Die S eh u l den sind auch bei Justinian nicht Bestandteil der hereditas; 17 zur Erbenhaftung s. u. § 295. III. Der Gegensatz zwischen hereditas und bonorum possessio, 18 also zwischen der Erbfolge nach zivilem und nach prätorischem Recht, wird schon im Lauf der klassischen Zeit dadurch abgeschwächt, 19 daß die bonorum possessio zumeist eine solche 'cum re>wird, also keinem zivilen Erbrecht zu weichen braucht. 20 Im Vulgarrecht geht der Gegensatz allmählich verÜbersichten bei Bonfan t e VI 98 rr.; Biondi (o. A. 9) 65 rr. 11 Die •außerpatrimonialen• Rechtsbeziehungen (o. § 2411 ) folgen, soweit sie nicht (wie die sacra, das Gastrecht usw.) untergegangen sind, besonderen Regeln; das gilt vom Patronat wie von der Vormundschaft. Zum ius sepulchri s. o. § 237 II 2. 11 Zu den bedingten und befristeten Verhältnissen s.o.§ 61', 11, ferner Biondi (o. A. 9) 113 rr.; die Billigkeitsentscheidung in D. 23, 3, 9, 1 i. r. ist itp. - Zu den Deliktsklagen s. o. § 142 V 1; zur querela inorriciosi testamenti s. u. § 290 bei A. 29. 11 Bonfante VI 119 rr.; Biondi (o. A. 9) 83 rr. Aktiv und passiv unvererblich ist der Widerruf der Schenkung wegen Undanks (o. § 265 III), Phil. vat. 272 i. f. = C. 8, 55, 1, 3; CT 8, 13, 1, 1 {349) = C. eod. 7, 3; eod. 10, 2 (530). H Vgl. zum Eigentum o. § 241 III, zu den Servituten o. § 246 16 (D. 33, 2, 1 i. f. itp.). Wird bei einem Grundstückslegat dem Erben der ususfructus vorbehalten, so geht er nicht auf dessen Erben über, C. 3, 33, 14 (530). Er kann nun auch den Erben legiert werden, D. 7, 4, 5 pr. i. f. itp. Zu Justinians Auffassung der habitatto und der operae servorum als Personalservituten, die mit dem Tod erlöschen, s. o. § 24 7 IV. - Zu den Forderungen vgl. o. § 61H (klassisch auch I ul. D. 45, 1, 56, 4; Paul. D. 44, 7, 44, 1). Rentenobligationen auf Lebenszeit bleiben möglich, vgl. C. 6, 37, 22 (528). Die Forderungen aus den Stipulationen 'in faciendo• werden jetzt allgemein aktiv und passiv vererblich, C. 8, 37, 13 (530), o. § 263 60 • 16 Vgl. zu den erst post mortem wirksamen Obligationen o. § 256 II, zur societas 10

o. § 2671', zum Mandat o. § 268 11• Zur 'actio ex slipulatu' aur Rückgabe der dos s. ausdrücklich C. 5, 13, 1, 4 (530). Zur locatio conductio s. Bio n d i 95 ff., auch Mayer-Maly, Locatio conductio (1956) 222 f.; es bleibt bei der im klassischen Recht anerkannten Vererblichkeit. Ebendies gilt vermutlich für das precarium; Levy, SZ 66 (1948) 1262 (zu PS 5, 6, 12 Anr. u. a.), vgl. auch Steinwenter, RE 22, 1819 r. (Precarium), anders Biondi, Dir. ered. rom. 90 ff., s. auch o. § 96". 11 Transmissio, dazu u. § 293 IV. Zur servi optio u. § 298 II. 17 C. 6, 61, 8, 4 (531). Das Gegenteil steht weder in D. 37, 1, 3 pr. noch in D. 50, 16, 119 (beide überarb., s. lnd.); zu D. 44, 3, 11 s. Steinwenter (o. A. 5) 145. Vgl.Bonfante VI 85f., anders Biondi (o. A. 9) 32 ff. 18 Biondi 140 rr., vgl. auch die Hinweise bei Levy, SZ 49 (1929) 2411. Nur mehr teilweise brauchbar ist Leist- G 1ü c k 37/38 II (1873) 274 ff. 19 Wie der Schuljurist Gaius von 'duplex dominium' spricht, so wendet er auch 'succedere' auf die bonorum possessio an, vgl. 3, 82; 4, 34; s. zu 'succedere' (und 'deferre') auch Ulp. inst. coll. 16, 5; Ulp. ep. 28, 7/13; Pap. fr. Berol. 20 (FI RA II 440); Diocl. cons. 6, 19; C. 3, 42, 8, 1; 6, 30, 14; 6, 59, 10. Vgl. Leist-Glück aO. und insbes. Biondi, APer. 28 {1913) 396 ff. (estr. 30 ff.); G. Segre, St. Bonfante III 572 ff. (s. auch 574 119 m. Lit. zum griechischen und byzantinischen Sprachgebrauch); Timbal, RH 19/20 (1940/41) 368 ff.; zu Diokletian Taubenschlag, RPR 214 f. = Op. I 94. 20 Näheres o. § 158 II. Im nachklassi-

§ 281.

Die Erbfolge

339

loren. 21 Während ihn die älteren Kaisergesetze, veranlaßt vielleicht durch das Nebeneinander eines 'zivilen> und eines 'prätorischen> Testaments (u. § 283 II 1), noch erwähnen, 22 gilt er um die Mitte des 5. Jh. im Westen als beseitigt. 23 Es gibt nur noch eine Art der Erbberechtigung, die nicht mehr bei einem Beamten erbeten und von ihm verliehen, sondern durch die bloße Handlung des Erben erworben wird. 21 Auch die Definitionen der bonorum possessio in den Digesten zeigen, daß man den Begriff nicht mehr versteht. 25 Justinian hält an ihm nur insoweit fest, als er seiner bedarf, um ausgedehnte Stücke der klassischen Rechtsliteratur sinnvoll in sein Gesetzeswerk übernehmen zu können. 18 In der praktischen Handhabung, vor allem in seinen eigenen Gesetzen, sieht er diesen Gegensatz als überholt an und rechnet gleichfalls nur mit einem einzigen und einheitlichen Tatbestand der Erbfolge. 27 Bei Justinian verschafft bonorum possessor bedarf quorum bonorum und quod § 298 29 ), ebenso umgekehrt possessor (u. § 296 11 ). Die

die bonorum possessio das Eigentum (D. 37, 1, 1 itp.), der daher nicht mehr bloß fiktizischer Klagen. Die interdicta legatorum werden auf den Erben ausgedehnt (u. § 296 11, die hereditatis petitio als 'possessoria' auf den bonorum actio Camiliae erciscundae steht wie dem Erben auch dem

sehen Recht ist die bonorum possessio sine re verschwunden. 11 Eine neuere Untersuchung fehlt. Vgl. einstweilen Biondi (o. A. 19) 404 3 (383 ) und Archi 89; 257 ff.; 265 ff.; 319 r.,vgl. auch Conrat, Gaius 26ff.; Paulus 75f.; 199. Nicht annehmbar Timbal 365 ff., der die bon. poss. als fortlebend ansieht wegen des fortbestehenden Gegensatzes zwischen Kognaten und Agnaten. 22 Das ius civile und das ius honorarium (o. ä.) nennen bei der Erbfolge noch CT 2, 16, 2, 4 (319) = C. 2, 52, 5, 3; CT 2, 24, 1 (321); 9, 42, 2 (356); 16, 2, 20 i. C. (370); 9, 42, 9, 3 (380); 4, 4, 7, 2 (424, verändert in C. 6, 36, 8, 3), vgl. auch IT 4, 1, 1; 4, 4, 3; INT 16, ferner C. 5, 9, 1, 3 (380), ja sogar noch die form. Visig. 21 und 22. 'Legitima successio' o. ä. für die Erbfolge schlechthin steht in CT 12, 1, 6 (318) = C. 5, 5, 3, 1; CT eod. 49, 1 (361); 3, 12, 3 (396) = C. 5, 5, 6, 3; CT 5, 1, 9 (428). 'Bonorum possessio, bon. possessor' finden sich noch in: CT 5, 1, 1 (318); 2, 16, 2, 4 (319) = C. 2, 52, 5, 3; CT 2, 6, 4 (338); 8, 18, 5 (349) = C. 6, 14, 3; CT 15, 14, 9 (395); 8, 18, 8 (407); 4, 4, 7 pr. (424) = C. 6, 36, 8, 1; C. 6, 30, 18 pr. (426); CT 4, 1, 1 (426) und rubr. usw., vgl. ferner 379 f.; SteinSymm. rel. 16 (Timbal wenter, SZ 74 [1957) 22); ep. 9,150, 3; t 0, 16. Es bleibt zu prüfen, ob sich die Erbittung oder Erteilung der bon. poss. auf Fälle bezieht, in denen der Besitz streitig ist und darum obrigkeitlich geregelt werden muß (Levy, o. § 280 2 , mit Hinw. auf die Analogie zu SZ 68 [1951] ft222H).

13

NV 21, 1, 5 (446); IT 4, 1, 1 Cretio et bonorum possessio antiquo iure a praetoribus petebatur; quod explanari opus non est, 9uia legibus utrumque sublatum est. Auch m IT 5, 1, 1 wird der Gegensatz verwischt. In IT 2, 6, 4; 2, 16, 2 i. f.; 4, 4, 7 ist nur noch von 'hereditas• die Rede. In ähnlicher Weise wird der Gegensatz unterdrückt in GE 2, 2 pr. (gegen Gai. 2, 97f.); IP 3,7,1 (gegen PS 3,5,1); 5,10,1/4 (gegen PS 5, 9, 1/4); vgl. auch GE 2, 8, 7 (mit Gai. 3, 27/30); vgl. Archi und Conrat, o. A. 21. u Die •agnitio bon. possessionis', von Konstantin C. 6, 9, 8 (329) noch geregelt, wird in C. 6, 23, 19, 3 (413) neben dem •pro berede agere• für überflüssig erklärt: Näheres u. § 291 III. Anders Timbal 372 ff. 16 D. 37, 1, 1-3, 2; 50, 16,119; 208; vgl. Biondi (o. A.19) 400 ff. (34 ff.); zuletzt Pastori, St. De Francisci III 595 ff. 11 Die Titel C. 6, 9-19 sind dürftigen Inhalts, die Gesetze aus nachdiokletianischer Zeit lassen zum Teil schon die Angleichung an die Erbfolge erkennen. 17 Der Aufbau von Inst. 3, 1 ff.; 3, 9 ist geschichtlich bedingt. C. 5, 70, 7, 3/3 a (Sept. 530) nennt hereditas und bonorum possessio nebeneinander. Sachlich gleichstellend auch C. 6, 55, 12 (528); 6, 28, 4 §§ 1, 4, 6 (531). Die Nov. erwähnen die bon. poss. nicht mehr. Zu ihrer Beseitigung vgl. auch Theod. sch. 1 ad C. 6, 9, 8 (Bas. 40, 1, 24; Heimb. IV 58) u. a., Biondi (o. A. 19) 407 (41). -Zu 8~0tXixTox_o~ in den Papyri s. Taubenschlag 183 7 , 8 m. Lit.

34.0

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

bonorum possessor zu (u. § 294.1 ). Diese und andere Verschmelzungen werden häufig dadurch bewerkstelligt, daß dem überlieferten 'heres' der 'bonorum possessor' an die Seite gestellt wird. 18 , 11

I. DIE BERUFUNG ZUR ERBFOLGE

§ 282. Die Berufungsgründe I. Auch die nachklassische Zeit hält an dem Grundsatz fest, daß man zur Erbfolge nur durch das Testament oder ab intestato berufen werden kann. Dabei geht, verursacht wohl durch die Verarmung der Massen, die bisher vorherrschende testamentarische Erbfolge zurück. 1 Die Intestaterben heißen, der Vereinheitlichung der Rechtsquellen gemäß, nun technisch 'legitimi (heredes)>,11 Der Erbvertragl wird wie bisher in allen seinen Erscheinungsformen gegenüber den hellenistischen Volksrechten als unsittlich abgelehnt.' Dies gilt, wie von der unmittelbaren Zuwendung der Erbschaft, so auch vom Versprechen der Erbeinsetzung, 5 vom Vertrag über die Erbschaft eines noch lebenden Dritten 8 und vom Erbverzicht. 7 Immerhin läßt schon das klassische 18 Am deutlichsten ist C. 2, 38, 1 itp. ex CGreg. 2, 17 (App. Wis. 1, 4., FIRA II 670 f.); im übrigen vgl. D. 16, 3, 1, 1ft; 36, 1, 4.1, 1; 4.2, 5, 4.; 4.7, 2, 4.7; 4.7, 10, 1, 4., auch 'honorarii successores' o. ä. in D. 4., 4., 7, 5; 11, 1, 9, 6; 36, 3, 1, 8; 4.6, 4., 13, 11, alle itp., s. Biondi (o. A. 19) 377 ff. (11 ff.). Vgl. schließlich Inst. 3, 7, 3 u. a. • Desserteaux, RH 10 (1931) 628 ff.; 64.3ff. behauptet, Justinian habe dem heres, wie den bonorum possessor, so auch den Erbeserben gleichgesetzt (Ulp., Paul. D. 28, 2, 6, 1; 29, 2, 7, 2; doch vgl. Schulz, SZ 50 [1930] 223ff.), ferner den Erbschaftsfideikommissar (Nov. 1, 1, 1 [535]) und den Fiskus als Erwerber des erblosen Nachlasses (Pap. D. 4.6, 1, 51, 5); doch liegt darin kein neues Prinzip, die ltp.annahmen sind fragwürdig. 1 Trotz des 'favor testamenti'; vgl. Biondi III 327 f. Zum Zurücktreten der Testamente und der Schenkungen mortis causa s. auch Vismara, Heredem instituere (194.0) 7 r. 1 Vgl. PS 4.,8,24.; GE 2,1,1 u.a.; Solazzi, Dir. ered. rom. I (1932) 205 ff.; 207 ff. - Die in den Papyri anzutreffenden Bezeichnungen xl7jpov6µ0,; (heres) und 8Lti8o,co,;(successor) haben mit dem Gegensatz zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge nichts zu tun; Kreller in: Papyri und Altertumswissenschaft (Münchn. Beitr. 19, 1934.) 233 ff., s. auch Erbrechtl. Unters. (1919) 55ff.; A. B. Schwarz, SZ 4.1 (1920) 34.3rr.; Taubenschlag 183.

1 Lit. o. § 1591, insbes. Vismara, Storia dei patti successori I (194.1) 63 ff. pass.; auch Michaelides-N ouaros, Contribution a l'etude des pactes successoraux en droit byzantin (1937), dazu Hellebrand, sz 58 (1938) 381 ff. ' Die Kaiserkonstitutionen verbieten die Zuwendung von Todes wegen an die Ehefrau im Dotalvertrag, Val. Gall. C, 2, 3, 15; Diocl. C. 5, 14., 5; das Versprechen der Erbschaft, Diocl. C. 2, 4., 34.. In Diocl. C. 2, 3, 19 wird der wechselseitige Vertrag nur als Soldatentestament aufrechterhalten. Vgl. auch die Auslegung als wechselseitiges Testament in NY 21, 1, 3 (4.4.6);Biondi, Succ. test. 27 f. 6 lul. D. 4.5, 1, 61; Diocl. C. 8, 38, 4. (o. § 60 II 2). • Ob. § 60 II 2; Conrat, Paulus 168 r. Vgl. zum Vertrag de bonis '1i'1entis auch IP 1, 1, 4., dazu Levy, PS 54.ff. Die sittliche Mißbilligung ist auch hier schon für klassisch zu halten (anders Biondi II 67 f.; III 330 nach Vas s a 11i [o. § 6011]). Der Vertrag wird jetzt aber zugelassen, wenn der Dritte, also der Erblasser, zustimmt und diese Zustimmung bis zu seinem Tod nicht widerruft; vgl. zum Sonderfall der Teilung unter den Kindern (u. § 283 IV) schon CT 2, 24., 2 (327); allgemein C. 2, 3, 30, 3 r. (531); Vismara (o. A. 3) 98 rr. 7 Im Dotalvertrag: Alex. C. 6, 20, 3; Verzicht auf die querela inofficiosi testamenti: C. 3, 28, 35, 1 (531). Vgl. Vismara 14.6ff.

§ 283. Die Erscheinungsformen

der Testamente

Recht bestimmte vertragliche Bindungen über die Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände zu, namentlich die donatio mortis causa. 8 Indem nun im westlichen Vulgarrecht die Grenze zwischen Gesamt- und Einzelnachfolge verschwimmt und damit auch Testament und Schenkung auf den Todesfall zusammenfließen,' stellen sich Mischformen ein, in denen jemand über seinen gesamten Nachlaß oder Teile davon zugunsten eines oder mehrerer Erwerber bindend verfügt. Außerdem wird im spätrömischen Westen das wechselseitige Testament unter Ehegatten anerkannt. 10 Mit alldem sind die römischen Ansatzpunkte für die mittelalterliche Entwicklung des Erbvertrags gegeben. 11 -Auch im Osten bestehen, wie die Papyri beweisen, Abreden über den ganzen Nachlaß oder seine Teile, besonders in Ehe- oder Adoptionsverträgen, noch nach der const. Antoniniana, ja noch über die justinianische Gesetzgebung hinaus fort; sie mögen als Schenkungen von Todes wegen gedeutet und so mit dem römischen Recht als vereinbar befunden worden sein.11 II. Die Regel 'nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest>, die dem Erblasserwillen nur selten entspricht und schon im klassischen Recht zahlreiche Ausnahmen zuließ, 13 wird im westlichen Vulgarrecht offenbar preisgegeben. 14• Justinian dagegen hält an ihr fest, 15 obschon seine Zeit sie nicht mehr recht versteht. 18 A. DIE

TESTAMENTARISCHE

ERBFOLGE

§ 283. Die Erscheinungsformen der Testamente. Eröffnung und Vollstreckung

I. Ober das Testamentsrecht1 der nachklassischen Zeit unterrichten uns neben unseren Hauptquellen, den Kaisergesetzen und den Juristenschriften, • Übersicht bei Vismara 111 ff.; 131 ff. Vgl. u. § 300. 1 Vgl. zu späteren westgotischen (und von ihnen abhängigen) Quellen Vismara, Her. inst. (o. A. 1) 8; Merea 105 ff. 10 Vgl. u. § 283 II 2. 11 Aufschlußreich Form. Visig. 21-24; Form. Andec. 41; Form. Turon. 17; Einzelheiten zur Verschmelzung der donatio post obitum, zumeist wechselseitig unter Ehegatten, mit dem Testament bei Vism ara, Patti (o. A. 3) I 172 ff.; s. auch v. Schwerin, AHDE 9 (1932) 177 ff. Die eigentlichen Erbverträge aller Art werden aber in RB 38, 3 (verallgemeinert aus C. 2, 3, 19 ?) nach wie vor für ungültig erklärt; Vismara 93 ff.; 185 ff. 11 Grundlegend Vismara I 33 ff.; vgl. auch Taubenschlag 210; Kreil er, Erbr. Unters. 223ff.; 234ff.; P. Lond. V 1727 (583 f. n. C.) = FIRA III nr. 67 m. weit. Hinw.; W enger, Qu. 8271 °'7 • Erst die Nov. Leon. 19 hat die Erbverträge als

solche zugelassen, s. Taubenschlag 53; 55; St. Bonfante I 438; zur byzant. Entwicklung Vismara 157 ff. 11 Ob. § 159. Zur Lit. noch Senn, RH 36 (1958) 63 ff. H So ist wohl IG 8, 1 zu verstehen gegenüber CGreg. (FIRA II 661). In dem ravennat. Testament Tjäder nr. 4/5 = Marini nr. 74/74a, B VII 10 f. (552 n. C.) wird die Kirche nur zu 10/12 eingesetzt, der Rest soll wohl an die gesetzlichen Erben fallen. Eine Aufzählung der einzelnen Nachlaßgegenstände, die der Erbe erhalten soll, schon in FIRA III nr. 52 (P. Antinoe, um 460 n. C.); sie ist in den fränkischen Testamenten und Formeln allgemein verbreitet und in RC 25, 9, 4 geradezu vorgeschrieben (Levy, o. § 2802 ). 11 Er verkündet die Regel in D. 50, 17, 7 (Ind.). 11 Sanfilippo, APal. 17 (1937) 226. 1 Zu den Bezeichnungen des Testaments als 'suprema voluntas, supremum (po-

34'.!

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

auch die im Wortlaut urkundlich, inschriftlich oder literarisch überlieferten Testamente aus dem Westen 2 wie aus dem Osten. 3 Im Westen tritt das spätrömische Testamentsrecht den germanischen Rechten entgegen, die zunächst kein Testament kennen, weil die geschlossene Hausgemeinschaft eine freie Verfügung über das Gut nicht zuließ. Doch wurde allmählich unter kirchlichem Einfluß ein 'SeelteiP anerkannt, also die Zuwendung eines Teils der Erbschaft an die Kirche oder für einen anderen religiösen Zweck.' Von dieser Zuwendung aus hat sich dann der 'FreiteiP entwickelt, der der freien Verfügung des Erblassers überlassen wird. 6 II. 1. Das ordentliche Testament konnte in der klassischen Zeit mit Wirkung nach ius civile in der Form des errichtet werden, und zwar regelmäßig schriftlich, ausnahmsweise wohl immer noch mündlich. Daneben standen dem Testator die Erleichterungen des prätorischen Rechts offen, das bei Errichtung einer Siebenzeugenurkunde auf die Manzipation verzichtet (o. § 160 I, III). Aus dieser prätorischen Lockerung der zivilen Formstrenge leitet vielleicht schon die spätklassische, jedenfalls die frühnachklassische Schuljurisprudenz den selbständigen Typus eines Siebenzeugentestaments nach ius praetorium her. 6 Das nachklassische Vulgarrecht stellt im Anschluß daran zwei ordentliche schriftliche 7 Testamentsformen zur Wahl, von denen eines mit fünf Zeugen dem ius civile, das andere mit sieben Zeugen dem ius praetorium zugeschrieben stremum, novissimum) iudicium, elogium (ultimum), ultimae, extremae dispositiones' vgl. Vismara, St. Besta III 350 ff.; Heredem instituere (1940) 5 f. Die Anfänge liegen schon in den Konstitutionen des 3. Jh. Später ist mit •testamentum' meist nur das schriftliche gemeint, das mündliche heißt •nuncupatio', IT 4, 2, 2. a Vgl. die Inschrift von Präneste Bruns nr. 121 = FIRA III nr. 54 (385 n. C.); die ravennatischen Papyri Tjäder I nr. 4/5 (552-575) und 6 (575) = Marini nr. 74/74a und 75, ferner Marini nr. 76-78 (76 und 77 bei Pardessus nr. 413 und 452). Die weiteren Testamente, meist von Bischöfen und sonstigen Klerikern, aus Pardessus I, II sind bei Tjäder I 192 (nr. 17-20 und Anm. 3) aufgeführt. Formulare ebd. 1931 ; vgl. Form. Marculfi 2, 1 7; Form. Visig. 21 ; 22; 26; coll. Flaviniacensis (MGH Leg. V 472 ff.) 8. Lit.: Vismara, Patti (o. § 2823 ) I 171 ff.; Merea107 ff.; zur weiteren Entwicklung bes. E. Loening, Gesch. d. deutschen Kirchenrechts II (1878) 671 ff.; zu Italien Ferrari II 1 ff. = Ricerche sul diritto ereditario in Occidente nell'alto medioevo {1914); zu FrankreichAuffroy, Bvolution du testament en France des origines au XIIJe siecle (th. Paris 1899); Lesne, Histoire de Ja propriete ecclesiastique en France I (1910) 153 ff. 3 Die ägyptischen Papyri bei Kreller,

Erbrechtliche Untersuchungen

(1919) 282 Aeg. Succ. test. 3 Anm.; s. auch die Übersicht bei Taubenschlag 19318 , ferner Wenger, Qu. 822 ff. Vgl. den P. Antinoe 1 = FIRA III nr. 52 (um 460 n. C.); literarisch überliefert das Testament des Heil. Gregor von Nazianz (PG 37, 389 ff., v. J. 381, I 192 und dazu die Lit. bei Tjäder Biondi 3). - Zum Recht der kopt. Urkunden s. Till, Erbrechtl. Unters. (1955) 59ff.; Steinwenter, Recht d. kopt. Urk. {1955) 48 ff. ' S. u. § 287 a. E. 6 Zu alldem A. Schultze, SZ germ. Abt. 35 (1914) 75 ff.; Augustin und der Seelteil des german. Rechts (Abh. Sächs. Ak. 38, 1928) 9 ff.; SZ germ. Abt. 50 (1930) 376 ff.; s. auch ACI Bologna I 197 ff.; doch vgl. auch kritisch Bruck, SZ 50 (1930) 654 ff.; neuerdings Vismara, St. Solmi II 185 ff. m. weit. Lit. • PS 4, 8, 1 f. ex: coll. 16, 3, 1, dazu Archi, St. Paoli 21 ff.; 26. 1 Lit.: M. David, SZ 52 (1932) 314ff.; Archi (o. A. 6) 11 ff.; Roels, RIDA 3 5 (1958) 539 ff.; s. auch Dulckeit, SZ 70 (1953) 187 ff. m. weit. Hinw.; zur späteren Entwicklung Auffroy (o. A. 2) 33 ff.; Ferrari II 40 fC.; Merea 1063 (m. weit. Angaben). ff., Ergänzungen bei Montevecchi, 15 (1935) 67 ff., weitere bei Biondi,

§ 283. Die Erscheinungsformen

der Testamente

wird. 8 Bei beiden tritt, dem veränderten Urkundentypus entsprechend, an die Stelle der Siegelung der Zeugen ihre Unterschrift (subscriptio). Das zivile Testament gibt dem Berufenen die hereditas, das prätorische die bonorum possessio.9 Indem jedoch der überlebte Gegensatz zwischen der zivilen und der prätorischen Erbfolge allmählich verschwindet, fällt auch der Unterschied in den Wirkungen der beiden Testamentsformen fort, so daß das Siebenzeugentestament neben dem Fünfzeugentestament überflüssig wird. 10 Theodosius II. beschränkt demgegenüber die ordentliche Form auf das Siebenzeugentestament; und dabei bleibt es auch bei Justinian. 11 Doch weicht die Praxis im Westen 11 wie im Osten 13 von diesen Regelungen ab.H Nach dem Gesetz des Theodosius II. kann der Erblasser das Testament selbst schreiben oder diktieren; in beiden Fällen muß er es vor sämtlichen gleichzeitig anwesenden Zeugen 11 als sein Testament bezeichnen und unterschreiben und auch die Zeugen müssen es noch am selben Tag unterschreiben und siegeln. 11 Formfehler machen das Testament nichtig. 17 8 IT 4, 4, 3; INT 16; s. auch CT 4, 4, 1 (326); eod. 3, 1 (402 Ost); eod. 7, 2 (424 Ost); NV 21, 1, 2/4 (446); ET 28; RB 45, 2; Isid. 5, 24, 5 f. Abgesehen von der Zeugenzahl scheinen sich die beiden Formen nicht unterschieden zu haben (mit weiteren Unterschieden in engerer Anlehnung an das klass. Recht rechnet Roels). Nach CT 4, 4, 3 pr. = C. 6, 23, 17 schadet es nicht, wenn das zivile Testament als prätorisches bezeichnet worden ist und umgekehrt; nach CT eod. § 1 schadet auch Zuziehung von mehr als 5 Zeugen nicht. Das Gesetz strebt also schon eine Annäherung der beiden Formen an; David 316 f. • Kunkel 3201 ; vgl. CT 4, 4, 7 pr. (424) = C. 6, 36, 8 pr. • 0 Archi (o. A. 6) 11 ff. gegen David (der die 5 Zeugen auf die holographe, die 7 auf die allographe Form bezieht) und gegen Biondi, Succ. test. 51 (5 Zeugen beim mündlichen, 7 beim schrirtlichen Testament). Vgl. auch d'Ors, RIDA 3 2 (1955) 229 ff. 11 NT 16, 2 (439) = C. 6, 23, 21 pr. Auch darin sind die alten Formen verschmolzen: Inst. 2, 10, 3 nennt das Testament 'tripertitum>, weil die Zeugenzuziehung aus dem ius civile, die Unterschriften des Erblassers und der Zeugen aus dem Kaiserrecht, die Zahl der Zeugen und ihre Siegelung aus dem prätorischen Edikt stammen. 11 S. Autrroy 233ff.; vgl. zu späteren Fünfzeugentestamenten ebd. 238 (und David 3191 ; 3219 ), auch zu späterer Vermehrung der Zeugenzahl. 13 Die ägypt. Urkunden und das Testament des Gregorius haben 7 Zeugen; anders nur P. Lond. I 77 (S. 231 f.) und das mündliche P. Lond. V 1709, beide mit 5 Zeugen, dazu u. A. 35. Vgl. die Aufstellungen bei David 3181, 1 ; Taubenschlag 19418, beide mit Lit.

1t Zur Zulassung der griechischen Sprache (o. § 16118 ) s. NT 16, 8 (439) = C. 6, 23, 21, 6; zu Vorläufern Amelotti, SD RE 5A, 997 15 (1949) 57 f.; Kühler, (Testament), beide m. Lit. Zu den Papyri Taubenschlag, St. Bonfante I 411. Zum üblichen Aufbau der Testamente vgl. einerseits T j ä der 194 f., andererseits Kreil er (o. A. 3) 333 ff. 15 Die Zeugen müssen zunächst nach wie vor geladen werden (rogati), NT 16, 2 cit., s. auch Auffroy 245 r. Anders jedoch CT 4, 4, 7, 2 = C. 6, 36, 8 rogati aut qui fortuito venerint, danach ist D. 28, 1, 21, 2 itp. (Ind.), s. Kühler, RE 5 A, 998. Näheres zu den Zeugen bei Biondi (o. A. 10) 56 ff. (auch zur Zeugnisunfähigkeit). Der 'heres scriptus> und seine agnatischen Familiengenossen können nicht mehr Zeugen sein, Inst. 2, 10, 10; wohl aberVermächtnisnehmer, eod. § 11; auch im Testament ernannte Tutoren; vgl. zu alldem D. 28, 1, 20 pr. itp. (Ind.). Der Erblasser darf die Zeugen frei wählen, er darf sie auch bedenken, C. 6, 23, 22 (480). 18 NT 16, 2/4 = C. 6, 23, 21 pr./2. Erleichterungen in Einzelheiten in C. eod. 28 pr.-5 (530). Hat der Erblasser das ganze Testament eigenhändig geschrieben und dies im Testament vermerkt, dann ist seine eigene Unterschrift entbehrlich, wenn die 7 Zeugen unterschrieben haben, eod. § 6. Nicht notwendig ist die Datierung, Biondi 63. Zur Einheit des Aktes Kühler 999 r. 17 NT 16, 5 = C. 6, 23, 21, 2a pro inperfecto haberi. Das galt schon bisher: Wird etwas nicht formrichlig (etwa nur als Kodizill oder im Brief) hinterlassen, so ist dies unwirksam, auch wenn es dem Kaiser oder seinen Verwandten zugewendet wird, CT 4, 4, 2 (389 West) mit IT. Stirbt der Erblasser vor Abschluß der Testamentserrichtung, ist das Er-

344

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Der Inhalt braucht den Zeugen nicht bekannt gemacht zu werden; 18 der Erblasser kann den Zeugen eine verschlossene Urkunde zur· Unterschrift und Siegelung vorlegen.19 Die Un terschriftao des Erblassers, die erstmals im Testament Gregors von Nazianz begegnet, wird vielleicht von Theodosius obligatorisch gemacht.' 1 Auch die der Zeugen geht aur Gesetze, vielleicht auf Konstantin zui'ück.' 1

2. Auf den Westen beschränkt bleibt das eigenhändig geschriebene Testament (per holografam scripturam), das Valentinian III. einführt; es verzichtet auf jegliche Zeugenzuziehung.13 Auf die westliche Entwicklung hat es noch lang eingewirkt." Nur im Westen reichsrechtlich anerkannt ist ferner das wechselseitige Testament unter Ehegatten, das nach Valentinian III. vom Kaiser als Privileg gestattet wird. 26 Es bildet den Übergang zum Erbvertrag. 3. Mündliche Testamente (per nuncupationem, sine scriptura o. ä.) bestehen im Westen wie im Osten ;18 auch sie knüpfen bei der klassischen Entwicklung an. 17 Theodosius II. verlangt wie für das schriftliche auch für das mündliche Testament sieben Zeugen.28 4. Das öffentliche Testament (sog. ), das durch Einreichung zu den Akten des Gerichts oder der Gemeindebehörde errichtet wird, gilt zu Anfang des 5. Jh. als bereits bestehend; doch ist seine klärte unwirksam, eod. 5 (416 Ost) = C. 6, 23, 20 mit IT; Biondi 521 ; es gilt auch nicht als Kodizill, sofern er nicht ausdrücklich erklärt hat, daß es als solches gelten sollte, CT eod. 7, 1 (424 Ost) = C. 6, 36, 8, 1 a. 111 So schon Konstantin, vgl. CT 4, 4, 3, 2 (402). 11 NT 16, 2 = C. 6, 23, 21 pr. cit., s. auch C. eod. 29, 5 (531); David 3201 ; 3231 • 10 Zur Unterschrift allgemein Bruns, Kl. Sehr. II (1882) 77 rr.;zu der des Testaments insbes. Biondi 60 rr. m. weit. Lit., auch zur Urkundenpraxis. - Schon nach einem SC Libonianum (16 n. C.), bestärkt durch ein Edikt des Claudius, wurde ein scriptor alieni testamenti, der zu seinen eigenen Gunsten eine Zuwendung beigeschrieben hat, wegen 'crimen falsi' bestraft, die Zuwendung war nichtig. Die Folgen traten nicht ein, wenn der Schreiber der Gewalt des Testators unterstand oder dieser das Testament unterschrieben hat. Lit.: Mommsen, Strafr. 671; De Martino, Scr. Massari (1938) Riv. dir. civ. 331 rr.; Scarlata-Fazio, 30 (1938) 413 ff.; Biondi 588 f. Vgl. Call. D. 48, 10, 15, 1-3 u. a., nicht aufgehoben durch C. 6, 23, 22 (480). 11 NT 16, 2 = C. 6, 23, 21 pr. cit. Zu eod. 28, 6 (530) s.o. A. 16. 21 Inst. 2, 1O, 3; zu Konst. s. CT 4, 4, 3, 2 (o. A. 18); David 3231 - 6 • 13 NV 21, 2 (446) mit INV.

N Vgl. RB 45, 1; lsid. 5, 24, 7 holographum testamentum est manu auctoris totum conscriptum atque subscrir,tum; LV 2, 5, 14 u. a.; Auffroy 43 f.; 250 f.; Engelmann, Testaments coutumiers au XVe siecle (1903) 134 ff.; Kühler, RE 5 A, 990; Meijers, ~tudes d'hist. de dr. I (1956) 246 ff. Den Einfluß aur die moderne Gesetzgebung bestreitet H. Mitteis, SZ germ. Abt. 63 (1943) 1901N. 11 NV 21, 1, 1 ff. (446). Es kommt aber auch im gräko-ägyptischen Recht vor, vgl. Kreil er 327 f.; 359 f. Vgl. ferner Biondi (o. A.10) 27 rr.m. Lit. Die Klassiker und Justinian lehnen wechselseitige Erbeinsetzungen als 'captatoriae' ab, Pap., Paul. D. 28, 5, 71 f. u. a.; Kühler 1006. • CT 4, 4, 2, 1 (389 West); eod. 7 pr./2 (424 Ost); NT 16, 6 (439) = C. 6, 23, 21, 4; C. eod. 26 (528); Inst. 2, 10, 14. Vgl. David 3141 ; Kühler 990. Zur Bezeichnung o. A. 1. Zu Gord. C. 6, 11, 2, 1 s. o. § 16020 (zur Lit. noch Guarino, St. Paoli 377 ff.). 1 7 Archi, St. De Francisci IV 316 f. 28 NT 16, 6 cit. Danach ist den Zeugen förmlich mitzuteilen, daß der Erblasser testieren wolle; bloße Erklärung des letzten Willens in ihrer Gegenwart genügt nicht. Justinian streicht dies in c. 26 cit. Nachträgliche Aufzeichnung begründet nur eine Beweisurkunde; vgl. z. B. C. 6, 36, 8, 3 i. f. (itp., vgl. CT 4, 4, 7, 2). Zu P. Lond. V 1709 s. u. A. 35.

§ 283. Die Erscheinungsformen

der Testamente

345

geschichtliche Ableitung umstritten. 29 Ihm steht das Testament gleich, das dem Kaiser überreicht wird (sog. 'test. principi oblatum>).30 III. Besondere

Formen sind für Ausnahmefälle anerkannt.

31

1. Ist der Erblasser blind oder kann er nicht schreiben, so konnte er bisher mündlich testieren. 31 Später wird auch die schriftliche Form, die im Osten die einzige ist, mit bestimmten Erschwerungen sowohl dem Schreibunf ähigen33wie dem Blinden" zugänglich gemacht. 2. Auf dem Land, wo die Beiziehung der Zeugen schwierig ist, genügen fünf Zeugen (unrömisch sog. 'testamentum ruri conditum>).85 3. Das Soldatentestament 38 besteht mit den bisherigen Formerleichterungen weiter. Justinian schränkt es auf die Errichtung zur Zeit militärischer Unternehmungen ein; 37 damit wird dieses Standesvorrecht abgeschwächt zu einem durch die konkrete Zwangslage bedingten Formnachlaß. 4. Weitere Lockerungen der Formvorschriften gelten für letztwillige Zuwendungen an die Kirche und überhaupt zugunsten religiöser Zwecke.38 IV. Zuwendungen der Eltern an die ab intestato berufenen Abkömmlinge sieht man nicht notwendig als Testamente an. 88 Hat ein Elternteil C. 6, 23, 19, 1 (413 West); NV 21, 1, 2 ein wahrscheinliches für ein mündliches (449); Biondi 651. Savigny, Gesch. d. Testament dieser Art P. Lond. V 1709; röm. R. im Mittelalter 11 {1834) 108 führt vgl. David 3181 m. Lit., insb. Kreller es auf das mündliche Testament zurück, 336; Steinwenter (o. A. 3) 4.9. 19 Neue Lit. (außer o. § 1609 ): CheMitteis, RR 95' auf griechisches Gewohnheitsrecht, Steinwenter, Beitr. z. vailler in Varia II (Paris 1956) 1-54., öff. Urkundenwesen {1915) 70 rr. auf ein dazu Genn. Ferrari, Lab. 3 (1957) 395 ff. 17 C. 6, 21, 17 (529) qui in expeditioniverschollenes Kaisergesetz. Aufkommen in der westlichen Praxis, zusammen mit der bus occupati sunt, s. auch eod. 15 pr. itp. ; Ausbreitung der Insinuation, scheint mir Biondi 78 f. Zu ET 32 s. Rasi, St. De jedoch näherzuliegen. Urkundlich belegt Francisci IV 355 f. - Nicht gewährt wird ist es offenbar nicht, s. auch Stein wen ter die Vergünstigung Unmündigen, C. eod.1S 73 f. CT 4., 4, 4 (397 Ost) = C. 6, 23, 18 (532), und Häretikern, C. 1, 5, 22 (531). 18 Aus CT 16, 2, 4. {321) = C. 1, 2, 1 betrifft nicht die öffentliche Beurkundung, sondern die Verkündung. liber sit stilus et licens, quod iterum non ao C. 6, 23, 19 pr./1 cit.; NV 21, 1, 2 cit. redit, arbitrium ist wohl nur die Aner11 Zur Errichtung während einer Seuche kennung der Erbfähigkeit der Kirche zu folgern, nicht aber die Befreiung von s. schon Diocl. C. 6, 23, 8, dazu Biondi allen Formvorschriften; vgl. zur Frag& 671 ; Kühler 1002. Biondi 691 m. Lit. - Zuwendungen von n PS 3, 4.a, 4./4.a (D. 28, 1, 10). 11 Nach NT 16, 3 (439) = C. 6, 23, 21, 1 Nonnen und anderen frommen Frauen ist neben den 7 Zeugen ein achter •sub- an die Kirche, an Märtyrer, Priester, Mönche oder an die Armen sind wirksam scriptor> zuzuziehen. "Justinus verlangt außer den 7 Zeugen sir,e scripta sir,e non scripta r,oluntate einen tabularius, der den vor den Zeugen fuerit derelictum, NMc. 5, 2 {455) = C. eod. erklärten letzten Willen aufzeichnet, das 13; Zuwendung an die Armen, C. 1, 3, 24. Geschriebene dem Testator vorliest und (455) modis omnibus; Zuwendungen an sich von ihm bestätigen läßt; der tabu- die Kirche durch Testament, Kodizill larius muß mitunterschreiben. Ist ein oder •sola nuncupatio>, C. 1, 2, 14., 1 {4.70). tabularius nicht erreichbar, kann ein Vgl. auch eod. 25, 2 (530), ferner u. § 28411. 39 Zu dieser den hellenistischen Rechten achter Zeuge an seine Stelle treten; C. 6, 22, 8 (521); Inst. 2, 12, 4.. vertrauten 'elterlichen Teilung>vgl. Aran16 Können nicht alle schreiben, sollen gio-R uiz, La successione ereditaria sedie anderen für sie unterschreiben; C. 6, condo i papiri greco-egiziani (1906) 177 rr.; 23, 31 (534). Ein sicheres Beispiel bietet Naher, Mnem. 34. (1906) 64.ff.; Rabel, P. Lond. I 77 = Mitteis, Chr. nr. 319, Elterliche Teilung (Fschr. z. 4.9.Ver11

346

Dritler

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

schriftlich, aber ohne Einhaltung der Testamentsform die ab intestato berufenen Deszendenten eingesetzt, so ist diese Anordnung (das unrömisch sog. •testamentum parentum inter liberos>) mit den darin festgesetzten Erbteilen verbindlich, soweit sie nicht Verfügungen zugunsten anderer Personen enthält.' 0 Justinian verlangt auch hierfür bestimmte Formen. 41 Davon verschieden ist die Anordnung des Elternteils, der den Intestaterben, ohne die Größe ihrer Erbteile zu ändern, bestimmte Gegenstände im Rahmen ihres Intestaterbteils zuweist, also die bloße •Teilungsanordnung> (unrömisch •divisio inter liberos>).Auch sie ist kein Testament, 42 doch schreibt J ustinian auch hierfür eine Form vor. 43 Will der Erblasser die Erbschaft, statt an die im Testament Eingesetzten, an die ab intestato Berufenen gelangen lassen, so bedarf es keines neuen Testaments; für diese •quasi voluntas intestati> genügt die eidliche Bekräftigung vor fünf Zeugen, NT 16, 7 (439) = C. 6, 23, 21, 5; u. § 285 V.

V. Die Testamentseröffnung" halten.'5

bleibt im wesentlichen unverändert er-

VI. Die Bestellung eines Testamentsvollstreckers kommt nicht über Ansätze hinaus." Erst das byzantinische Recht ist unter griechischem,' 7 das frühmittelalterliche Recht des Westens unter germanischem Einfluß 48 zu einer echten Testamentsvollstreckung vorgedrungen. sammlung deutsch. Philol. 1907, 521 ff.); Kreller 207 ff.; 237 ff.; Vismara (o. § 2823 ) 122 r.; weit. Hinweise, auch zu den orientalischen Rechten, bei Taubenschlag 207 ff., vgl. auch Wenger 8261 Zur sr,äteren westlichen Praxis s. Au Uro y 252 r. ,oC. 3, 36, 26 {318? [so S eeck 62; 166) oder 321 ?; §1 auch in C. 6, 23, 21, 3a); CT 2, 24, 1 (321); NT 16, 5 (439) = C. 6, 23, 21, 3; Solazzi, SD 10 {1944) 356 ff.; Biondi III 338 f. Ein Vorläufer schon in Diocl. C. eod. 16. '1 Nov. 107, 1 (541) erfordert Datierung, mindestens teilweise Eigenhändigkeit, Angabe der Erbteile in Buchstaben usw., erklärt aber gewisse Einzelzuwendungen auch an Dritte für zulässig. u S. die Anordnung der Mutter in CT 2, 24, 2 (327). Vgl. auch schon Pap., Ulp. D.10, 2, 20, 3; 33; Rabel, Grdz. 514 (Neudr. 195); Voci, Dir. ered. rom. II 1 (l 956) 123 ff. 3 ' Unterschrift des Erblassers und aller Kinder verlangt Nov. 18, 7 (536); mit der des Erblassers begnügt sich Nov. 107, 3 (541). "Vgl. aus Ravenna Tjäder I nr. 4-5 = Marini nr. 74/74a (o. § 1641 ); Lit.: (Giann.) Ferrari II 431 ff. = St. Bonfante II 631 ff.; Tjäder I 196 ff.; s. auch Steinwenter, Beitr. z. öff. Urkundenwesen (1915) 58 ff.; Wenger, Qu. 824. - Zum interd. de tabulis exhibendis vgl. PS 4,

°''·

7, 6 und IT 9, 20, 1, dazu Conrat, Paulus 127 r. (der eine restitutorische Klage vermutet). 0 PS 4, 6, 1 rr. S. zuletzt Wesen er, RE 8 A, 2471 ff. (Vicesima). Zuständig ist (wegen der Erbschaftssteuer) der magister census, vgl. CT 4, 4, 4 (397 Ost) = C. 6, 23, 18; andere staatliche oder kirchliche Behörden werden in C. eod. 23 (524) = C. 1, 3, 40 ausdrücklich ausgeschlossen. Zum späteren Recht Ferrari II 435 7 • Zur Aufbewahrung der Urkunden Biondi, Succ. test. 602 r. "Zum •dispensator•, der die Rolle eines Treuhänders spielt, s. Biondi 6063 m. weit. Hinw. In NMc. 5, 1 (455) ist der Miterbe dispensator. C. 1, 3, 28, 1 (4.68) erwähnt einen specialiter designatus für den Loskauf von Gefangenen. Bei Justinian genügt das mandatum post mortem, o. § 26811• u Nov. Leon. 68; vgl. Zachariä 161ft; Kühler, RE 5 A, 1015 f. - S. auch SRR P 11; L 30, Ar. 12; hierzu und zu den Papyri Kühler 1012 r. u A. Schultze, Die langobardische Treuhand und ihre Umbildung zur Testamentsvollstreckung (1895); Autrroy 307 ff.; 431 ff.; Schupfer, Dir. priv. dei popoli germanici IV (1909) 254 ff.; Roberti, StCagl. 5 {1913) 5ft; 95ff.; Leicht, Dir. priv. preirneriano (1933) 311 ff.; Beck, Ztschr. d. Bernischen Juristenvereins 84 {19ft8) 13 rr.; 15 ff.;

§ 284. Testierfähigkeit

und Erbfähigkeit

§ 284. Testierfähigkeit und Erbfähigkeit

1. Die Regeln über die Fähigkeit, ein Testament zu errichten,1 werden in Einzelheiten abgewandelt. 2 Unfähig bleiben Sklaven, 3 Unmündige,' Geisteskranke5 und entmündigte Verschwender, 6 Personen mit bestimmten Gebrechen, 7 andere zur Strafe. 8 Neue Testierverbote knüpfen sich an Vergehen gegen den Glauben. 9 Bischöfe sind nur beschränkt testierfähig. 10 Hauskinder können nur über das peculium castrense oder quasi castrense testieren,1 1 Freigelassene später im Westen nur mit Zustimmung ihres Patrons. 12 Frauen sind voll testierfähig. 13 .Merea, Estudos de direito hisp. medieval II {1953) 1 ff. {weit Lit. 911). 1 Zur Erweiterung des Begriffs der 'testamenti factio• s. schon o. § 162 I. 1 Bonfante VI 299 ff.; Biondi, Succ. test. 81 ff.; Kühler, RE 5 A, 991 ff. a Die Fähigkeit von Staatssklaven, über die Hälfte zu testieren (Ulp. 20, 16, vgl. o. § 162'; Biondi 85), ist nicht ins Corp. iur. übernommen worden. Kaiserlichen Sklaven gibt die Testierfähigkeit erst die Nov. Leon. 87. - Das vom Kriegsgefangenen errichtete Kodizill wird durch sein in der Freiheit errichtetes Testament konfirmiert nach D. 49, 15, 12, 5 itp. {Iod.). ' Ein Privileg für Soldaten, si tribunatum numeri mereantur, hebt Justinian C. 6, 21, 18 (532) auf. Nach Sozom. bist. eccl. 1, 9 {PG 67, 883) gab Theodosius I. die Testierfähigkeit den Unmündigen, die Mönche werden wollten; die Gesetzsammlungen wissen davon nichts, vgl.B iondi 95 1 • 6 Zu PS 3, 4a, 5; GE 2, 2, 3 und C. 6, 22, 9 (530) s.o. § 207". • Verallgemeinerung in D. 50, 17, 40 {dazu lnd.). 7 Taube und Stumme (Ulp. 20, 13, s. auch o. § 162 8 ) können nach Justinian testieren (Inst. 2, 12, 3); ebenso Taubstumme, sofern sie das Gebrechen nicht schon von Geburt an haben, C. 6, 22, 10 (531). Kann der Erblasser weder schreiben noch verständlich sprechen, ist er 'mortuo similis• und darum testierunfähig, C. 6, 23, 29, 2 (531). - Zeugungsunfähige (spadones) sind testierfähig vom 18. Lebensjahr an, s. PS 3, 4 a, 2 {o. § 20711 ); Eunuchen sind es nach C. 6, 22, 5 (352), dazu Bonfante, AG 101 (1929) 10 ff.; VI 63'. 8 Außer den bisherigen Fällen (o. § 162 10 ; Biondi 91 f.) vgl. noch INT 11 (Wiederverheiratung ohne Vorsorge für die Vormundsbestellung, s. o. § 232 II 3). Der Ehegatte aus einer blutschänderischen Ehe oder einer, die ihr gleichsteht, ist gegenüber diesem Ehegatten und den Kindern aus dieser Ehe testierunfähig, vgl. CT 3, 12, 3 {396) = C. 5, 5, 6, 3; auch Nov. 12, 3 (535); o. § 217u,

• Die Gesetzgebung ist teilweise sprunghaft, vgl. Biondi 94 f. m. Lit. Gegen die Eunomianer: CT 16, 5, 17 (389), widerrufen in eod. 23 (394), erneuert in eod. 25, 1 (395); gegen die Manichäer und andere Sekten: eod. 18, 1 (389); 40, 4 f. (407), teilw. = C. 1, 5, 4, 3-5; CT eod. 65, 3 (428) = C. eod. 5, 1; NV 18, 3 (445); gegen Apostaten und Häretiker: CT 16, 7, 1 (381); 2 {383); 3 (383) = C. 1, 7, 2; CT eod. 4 {391) = C. eod. 3; CT eod. 7, 1 (426) = C. eod. 4, 1. Milderungen für einzelne Ungläubige, die zugunsten rechtgläubiger Abkömmlinge testieren dürfen, bei J ustinian C. 1, 5, 17, 1 ; 18, 3; verallgemeinert in eod. 19 (529). Nach C. 1, 5, 13 pr. können Häretiker ihren rechtgläubigen Kindern das Intestaterbrecht nicht durch Testament entziehen; vgl. auch eod. 15 (für die Manichäer), ähnlich schon das Enterbungsverbot für Juden und Samaritaner in CT 16, 8, 28 (426). Der wegen Glaubensvergehens Testierunfähige heißt jetzt technisch 'intestabilis•, vgl. Perozzi I 5443 , '· 10 Sie können nur über das testieren, was sie, bevor sie Bischof wurden, und was sie nachher von den nächsten Verwandten erworben haben; alles übrige fällt schon mit der Weihe an ihre Kirchengemeinde (o. § 2Ht15 ); C. 1, 3, 41, 5-7 (528). Sonstige Kleriker waren nicht testierunfähig, vgl. CT 5, 3, 1 (434) = C. 1, 3, 20 und zu den Papyri Kreller (o. § 283 3 ) 306; Kühler, RE 5 A, 970. Mönche testieren, obwohl sie von Rechts wegen vermögenslos sind, vgl. Steinwenter, SZ 51 (1931) 406ff. u. insb. Aeg.12 (1932) 55ff., weit. Lit.bei Kühler. 11 Inst. 2, 12 pr. i. f., im übrigen s. C. 6, 22, 11 (531; zur Datierung Lavaggi, St. Solazzi 157 ff.). Keine letztwillige Verfügung über die bona materna, s.o. § 229 11• 11 Sie sind testierfähig, vgl. ausdrücklich NV25,2(447; Archi 327); zu De Francisci, StSass.1 (1921) 39ff. vgl. Biondi 861• Die Zustimmung des Patrons verlangt INV25 Z. 60 ff., vgl.La v aggi, Lasuccessionenei beni dei liberti nel dir. postclass. (194 7) 22 ff. (m. weit. Beisp., vgl. Salv. ad eccl. 3, 7, 31 ff.). 11 Die Gleichstellung der Geschlechter

348

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

II. Die Fähigkeit, als Erbe eingesetzt zu werden,t• gibt Justinian den eigenen Sklaven des Erblassers auch ohne deren ausdrückliche Freilassung.16 Die allgemeinen Beschränkungen für die Frauen sind beseitigt. 18 Der Konkubine und ihren Kindern kann nur ein bestimmter Bruchteil der Erbschaft hinterlassen werden, der noch kleiner ist, wenn neben ihnen legitime Abkömmlinge berufen sind (o. § 221 und u. III). Die Unfähigkeit der 'personae incertae> bleibt bestehen, 17 doch zählen dazu nicht mehr die 'postumi>,18 auch nicht die civitates 19 und die mannigfachen öffentlichen und privaten corpora. 10 Die Erbfähigkeit der Kirche wird offenbar schon unter Konstantin anerkannt. 11 Die Einsetzungen der Armen usw. (auch sonstige letztwillige Zuwendungen an sie) dürfen nicht mehr an der Unbestimmtheit des Begünstigten scheitern. 11 Man gibt das Zugewendete, wenn nicht bestimmte Personen genannt sind, dem Bischof oder der Kirche mit der Anordnung, es für den karitativen Zweck zu verwenden. 13 Auch die Einsetzung Gottes und die von Heiligen, Märtyrern usw. wird als Einsetzung der Kirche der Heimatgemeinde des Erblassers ausgelegt." steht in mehreren Gesetzen dieser Zeit, Biondi II 213 f.; vgl. z.B. C. 6, 22, 10 pr. §§ 1, 6 (531). u Bontante VI 305 rr.;Biondi, Succ. test.103 rr.;Kühler 993 rr.Die Fähigkeit wird gefordert für die Zeit der Testamentserrichtung und für die des Todes, die nach C. 6, 51, 1, 1 c (534) wieder an die Stelle der Zeit der Testamentseröffnung tritt (u. § 29831 ). Der dritte Zeitpunkt, der des Erbschaftserwerbs, ist in D. 28, 5, 50, 1 = Inst. 2, 19, 4 wohl unecht, vielleicht nur unüberlegte Beifügung; s. o. § 16211 , zur Lit. noch Biondi 1101• - Über Zuwendungen an Testamentszeugen s. o. § 16211 , § 28311 , auch u. § 2981 • 11 Der Freilassungswille folgt aus der Erbeinsetzung, s. Inst. 1, 6, 2; 2, 14 pr., auch C. 6, 27, 5, 1b (531), Einzelfälle in eod. 4 (530); 6 (531). Die Regelung geht angeblich schon auf Atilicinus zurück, vgl. zur Vorgeschichte Biondi 1061• Ebenda 108 f. zum Fall des Sklaven im Miteigentum des Testators und eines Dritten (o. § 21148 ). 11 Die Erwähnung der lex Voconia in PS 4, 8, 20 = coll. 16, 3, 20 (dazu Solazzi, Note di dir. rom. = ANap. 58 (1937] 69 ff.; nicht mehr in IP 4, 8, 3, dazu Conrat, Paulus 198 f.) und bei Aug. de civ. Dei 3, 21 (PL 41, 103) ist wohl nur noch historische Reminiszenz, ebenso vermutlich der Hinweis auf Paulus in C. 6, 58, 14, 1 (531). Vgl. auch u. § 2871, a,, "· 17 Zusammenfassung in dem restituierten Gesetz C. 6, 48, 1 (528/29), vgl. insbes. § 27. Das Gesetz zeigt in den Einzelheiten manche Milderungen; vgl. auch Inst. 2, 20, 25-27.

18 Robbe, I postumi (1937) 139ff. Die 'postumi sui>werden allmählich schon im klassischen Recht zur Erbfolge zugelassen, vgl. o. § 162 III 2 und jetzt C. 6, 48, 1 pr. cit. Zu GE 2, 3, 2 vgl. Archi 287 f. (gegen Conrat, Gaius 31 91, der die Aussage auch auf •postumi alieni> bezieht). Die eingesetzten 'postumi alieni> (wohl alle, vgl. o. § 1621!1,s. gegen Albertario I 47 rr. auch Biondi, Succ. test. 1171 ) erhielten im klassischen Recht nur die bonorum possessio; Justinian macht sie zu heredes, c. 1 pr. cit.; Inst. 2, 20, 28; 3, 9 pr. i. r.; Robbe 180 ff. Danach kann jeder eingesetzt werden, der künftig von einer Ehefrau (der eigenen des Erblassers oder einer fremden) geboren werden wird. Zu ltpp. mit dem erweiterten postumus-Begriff (D. 28, 2, 4 f. u. a.) ebd. 149 ff.; 156 ff. 19 C. 6, 24, 12 = 11, 32, 3 (472). C. 6, 48, 1, 10 (528 f.). - Anders zu verstehen ist Ant. C. 1, 9, 1 (kein gültiges Legat an die •universitas Iudaeorum'), vgl. Berger, Iura 8 (1957) 75 ff. 11 Sie folgt aus CT 16, 2, 4 (321) = C. 1, 2, 1, dazu o. § 214 V, § 28338 • Keine Verjährung der Ansprüche, C. 1, 2, 23 (530). 12 C.1, 3, 24 (455); NMc. 5, 2 = C.1, 2, 13; C. 6, 48, 1, 29; Scherillo, RIL 71 (1938) 52 ff.; Biondi II 205 f. 23 C. 1, 3, 28 (468); 45 pr./1 (530), s. auch §§ 1 a ff. über Zuwendungen an die piae causae; ebenso c. 48 (531), hier auch (pr.) Zuwendungen an freizukaufende Gefangene, vgl. Nov.131, 11 (545). H Einzelheiten in C. 1, 2, 25 (530); Nov. 131, 9. Zur Gepflogenheit, Christus als Erben einzusetzen, vgl. Bruck, Kirchen-

•°

§ 284. Testierfähigkeit

und Erbfähigkeit

349

III. Zeigt in diesen Fällen die nachklassische Gesetzgebung die Tendenz, die Erbfähigkeit zu begünstigen, so wird sie in anderen Gesetzen zum Zweck der Bestrafung eingeschränkt. 25 Diese Bestimmungen betreffen aber nicht nur die Fähigkeit, als Erbe eingesetzt zu werden, sondern erstrecken sich ganz oder teilweise auf jeglichen Erwerb von Todes wegen, sei es durch Testament, Intestaterbfolge oder donatio mortis causa, sei es als Erbe oder als Einzelerwerber. Da sich die Fähigkeit, Testamentserbe zu werden, aus diesen Vorschriften nicht sinnvoll abspalten läßt, nehmen wir diese Tatbestände schon hier vorweg. 28 Der Bruchteil des Vermögens, auf den die Zuwendung an die eigene Konkubine und ihre Kinder beschränkt ist (o. § 221), kann ihr durch Testament oder unter Lebenden zugewandt werden; mehr kann sie auf keine dieser Arten erhalten. 17 Unfähig zu jedem Erwerb aus Testament oder donatio mortis causa ist die Frau, die vor Ablauf der Wartezeit wieder heiratet, das Gut fällt an die Nächstberechtigten; C. 5, 9, 1, 2 (380), bestätigt in Nov. 22, 22 (536); erstreckt auf die Frau, die in der Trauerzeit ein nicht vom Verstorbenen erzeugtes Kind gebiert, in Nov. 39, 2, 1 (536). Die Frau, die vor Wiederverheiratung nicht für Bestellung eines Vormunds für die Kinder aus erster Ehe sorgt, und der Erbe des Mündels, der nicht binnen Jahresfrist die Vormundsbestellung beantragt hat, können den Mündel auf keine Weise beerben. 18 Zu den Beschränkungen für den Erwerb des Ehegatten oder der Kinder aus dem Testament bei •incestae vel nefariae nuptiae• s. o. A. 8; zu den Beschränkungen, die für den Erwerb von Todes wegen vom anderen Ehegatten gelten, wenn dieser zuvor bereits verheiratet gewesen war, s.o. § 220 a. E. - Die Kinder aus verbotenem Geschlechtsverkehr zwischen der Freien und ihrem eigenen Sklaven können aus dem mütterlichen Vermögen nichts erwerben, CT 9, 9, 1, 2 (329) = C. 9, 11, 1, 2 (o. § 21018 ). - Die Söhne der wegen Verratsverbrechens Verurteilten können, weil sie in dauernder Armut leben sollen, von niemandem erben; die Töchter nur ein Viertel der mütterlichen Erbschaft, CT 9, 14, 3 pr./2 (397) = C. 9, 8, 5, 1/3. Erbunfähig vom Bruder ist auch, wer dem Leben des Bruders nachstellt, ihn anklagt oder um sein Vermögen bringen will, Nov. 22, 47 (536). - Mannigfache, teilweise sprunghafte Gesetze betreffen Maßnahmen zur Erhaltung des Glaubens: Eunomianer können nichts aus Testament erwerben, CT 16, 5, 17 (389); bestimmte Häretiker nichts aus successio• nach CT eod. 40, 3 (407) = C. 1, 5, 4, 2; nichts aus letztwilliger Verfügung nach CT eod. 65, 3 (428) = C. 1, 5, 5, 1; Apostaten nichts durch Erbfolge, CT 16, 7, 4 (391) = C. 1, 7, 3; Manichäer nichts aus successio, NV 18, 3 (445). Das Zugewandte nimmt in diesen Fällen der Fiskus. Daß nur die rechtgläubigen Christen erben können, bekräftigt J ustinian, vgl. C. 1, 5, 17, 1 ; 18, 3 (zu beiden o. A. 9), ferner eod. §§ 6 rr. (zu Kindern aus Mischehen§§ 8f.); 19 (529); 22 (531).• - Zu den •feminae probrosae• s. u. § 2921 • väter und soziales Erbrecht (1956) 120 rr., s. auch u. § 287 a. E. 11 Biondi (o. A. 2) 91 f. Die Güter des Angeklagten, der aus Furcht vor öffentlicher Strafe Selbstmord begeht, werden, wenn er schuldig ist, schon nach klassischem Kaiserrecht zum Fiskus eingezogen, Pius-Marci. D. 48, 21, 3, 1 u. a., vgl. Volterra, Riv. stor. dir. it. 6 (1933) 393 ff. Erbeinsetzung des Kaisers •litis causa•, also um einen Prozeßentscheid zu beeinflussen, wird schon im spätklassischen Kaiserrecht zurückgewiesen, vgl. PS. 5, 12, 8 = D. 28, 5, 92; Inst. 2, 17, 8 (Pertmax). • Im übrigens. u. § 292 I.

17 Von Schenkungen und letztwilligen Zuwendungen handeln CT 4, 6, 4 (371); eod. 6 (405, ähnlich C. 5, 27, 2); vgl. auch eod. 7 (426/27); 8 (428). C. 5, 27, 8 (528) spricht im pr. von der Erbfolge und stellt in § 1 Legate, Fideikommisse, dos und donatio jeder Art gleich. Nov. 18, 5 (536) nennt Testament und Schenkungen. 18 Ob. § 232 II 3. Vgl. zu beiden Fällen insbes. NT 11 (439) = C. 6, 56, 6; 6, 58, 10. Spätklassische Vorläufer o. § 23217• 111 Gleichgestellt die •Jiberalitas•. 80 S. auch Nov. 118, 6 (543). Milderungen in Nov. 129 (551). Vgl. Biondi I 353.

350

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 285. Der Inhalt der Testamente. Unwirksamkeit und Widerruf

I. Die strengen Grundsätze des äußeren und inneren Formalismus, die den Inhalt des klassischen Testaments beherrscht haben, werden nach dem Ende der Klassik preisgegeben. Das grundlegende Gesetz stammt offenbar von Konstantin ;1 es begnügt sich für die Erbeinsetzung wie für die sonstigen Anordnungen mit jedem beliebigen Wortlaut, sofern er nur den Willen des Testators klar erkennen läßt. 2 In dieser Neuerung offenbart sich das wohlf ahrtsstaatliche Bemühen des Kaisers um die Aufrechterhaltung der Testamente, zugleich aber auch die Vulgarisierung; die Formeln, um deren kunstvolle Schöpfung und Auslegung sich die Klassik verdient gemacht hat, werden nicht mehr verstanden. Die einseitige Berücksichtigung des Willens hat der im Osten weiter ausgestalteten Willenstheorie vorgearbeitet (o. §201 I ). II. Das klassische Testament setzt eine gültige Erbeinsetzung voraus. 3 Dieser Grundsatz wird zwar schon in der klassischen Zeit gelockert, indem man in bestimmten Fällen das Testament aufrechterhält, auch wenn die Erbeinsetzung nicht gültig ist oder der Eingesetzte nicht Erbe wird.' Außerdem hat man neben dem Testament das Kodizill, die letztwillige Verfügung ohne Erbeinsetzung, anerkannt. 5 Während man aber bis zum Ende der Klassik immerhin den Grundsatz selbst beibehalten hat, wird er im westlichen Vulgarrecht beiseite geschoben. Die Erbeinsetzung 6 wird als entbehrlich angesehen; 7 soweit sie noch besteht, wird sie anderen letztwilligen Verfügungen angenähert 8 oder geradezu als Schenkung auf gefaßt. 9 Zugleich 1 C. 6, 23, 15 (320); David (u. A. 19) 56 f. Für die Zugehörigkeit der Bruchstücke CT 8, 16, 1; 3, 2, 1; 4, 12, 3; t 1, 7, 3; C. 6, 23, 15; 6, 37, 21; 6, 9, 9 zu dem umfangreichen Gesetz vom 31. 1. 320 kann auf die guten Gründe bei Seeck 59 f.; 169 verwiesen werden; s. auch David 56' 8 ; Kunkel 323 3 • 1 Vgl. zur Erbeinsetzung c. 15 pr./1, zum sonstigen Testamentsinhalt § 2 (ist er nachträglich angefügt?); Biondi, Succ. lest. 219 m. Lit., dazu etwa Albertario V 261 ff.; Sanfilippo, APal. 17 (1937) 152 ff.; Voci, Dir. ered. rom. II 1 (1956) 96 f. Zur griechischen Sprache (o. § 161 10 ) vgl. NT 16, 8 (439) = C. 6, 23, 21, 6; 7, 2, 14; 5, 28, 8; Biondi 56. 3 Ob. § 161 II. Zum Soldatentestament vgl. die Ausnahmen in Maec. D. 40, 5, 42; Ulp. D. 29, 1, 13, 4. ' Übersicht bei Bio n d i 189 ff., vgl. auch Cu gi a, L'invalidita totale deJla istituzione deJl'erede (1913). Zur Reihenfolge der Anordnungen im Testaments. sogleich; zur bonorum possessio contra tabulas o. § 172•-s; zur querela inofficiosi testamenti o. § 173 I 2. Wie u. U. im letzten Fall, so bleibt die Erbenstellung auch bei Ausübung des ius abstinendi (o. § 174 II geg. E.) und bei Erbunwürdigkeit (o. § 177 II geg. E.) erhalten, ferner im Fall des Edikts 'si quis

omissa causa• (o. § 187 II; zu kaiserrechtlichen Erweiterungen s. Biondi 192 f.). 6 In welchen Grenzen, s. o. § 165. 8 Sie heißt vielfach 'testamentum•, vgl. CT 3, 8, 2 pr. (382) = C. 5, 9, 3 pr. testamenti iure directo aut fideicommissi vel legati titulo,· IT per testamentum seu fideicommissum seu legati titulo; CT 12, 1, 107 (384); 8, 18, 7 (395) = C. 6, 60, 2; Levy (o. § 280 2 ). 7 Gai. 2, 229 hat keine Entsprechung in GE; zu PS 3, 6, 2 besteht keine IP. Gai. 2, 248 i. f. wird in GE 2, 7 pr. so ausgelegt, daß mangels Erbeinsetzung keine angenommene Erbschaft da ist, die der Fiduziar (vgl. Conrat, Gaius 1038 ; Archi 357) auf einen anderen übertragen könnte. Das Testament ist also nicht ungültig (etwa für Freilassungen oder für die Vormundsbestellung), nur fehlt es an einem Erben (Levy, o. § 280 2 ). Vgl. auch Vismara, Heredem instituere (1940) 4; 9 zum Schweigen der RB. 8 Vgl. CT 16, 5, 17 (389) non ... relinquendi heredem nomine principali, non f ideicommissario, non lcgatario •.. ; 4, 4, 5 (416) = C. 6, 23, 20, 2 Nemo itaque relictus (lust. fügt klassizistisch ein: heres); IT sagt deputatum; Levy, o. § 280 2 • • CT 8, 18, 7 {395) mit IT, abgeschwächt in C. 6, 60, 2; IT 3, 8, 2 per testamentum

§ 285. Der Inhalt

der Testamente.

Unwirksamkeit

und Widerruf

351

verwischt sich der Unterschied zwischen Testament und Kodizill, indem die Erbeinsetzung auch im Kodizill zugelassen wird (u. § 286). Später fehlt es dann im Westen, etwa in den fränkischen Urkunden, meist völlig an der Erbeinsetzung; die Verfügungen lösen sich in zahlreiche Schenkungen auf. Damit geht der Begriff des Erben verloren; wo ein Erbe erwähnt wird, ist er Hauptbedachter und Testamentsvollstrecker. 10 Im Osten hält man dagegen an dem Grundsatz, daß jedes Testament der Erbeinsetzung bedarf, zwar fest, man vermehrt aber die Fälle, in denen die Ungültigkeit der Erbeinsetzung den übrigen Testamentsinhalt nicht mehr entkräftet. 11 Die Anschauung, die die Erbeinsetzung (ebenso wie die anderen letztwilligen Zuwendungen) in den weiten Begriff der Schenkung (donatio, liberalitas) einordnet, findet sich auch in der östlichen Doktrin. 12 Das erwähnte konstantinische Gesetz (o. A. 1) verzichtet auf die bisherige Form der Erbeinsetzung. Es läßt 'quaecumque verba' zu, auch solche, die bisher für die Fideikommisse üblich waren. 13 Damit gibt man auch das Erfordernis der anordnenden oder befehlenden Worte 1' preis. Die Regel, daß die heredis institutio an der Spitze des Testaments stehen muß und alles, was vor ihr steht, als ungeschrieben gilt, war schon in klassischer Zeit gelockert worden. 15 Mit der Preisgabe des alten Testamentsformalismus wird die Regel sinnlos. Folgerichtig wird sie in der westlichen Praxis überwunden16 und von Justinian vollends aufgehoben. 17Ähnliche Befreiungen zeigt die Auslegung der Erbeinsetzung in mannigfachen Einzelheiten. 18 Schließlich wird in Fortbildung der im klassischen Recht entwickelten Grundsätze die Erbeinsetzung auf einen einzelnen Gegenstand (ex re certa) 14, 523) bezeichnet die Voranstellung nur noch als 'mos•. Später bildet die Erbein10 Lev y, o. § 280 2 ; vgl. statt aller Aufsetzung oft den Schluß des Testaments, vgl. das Testament des Bischofs Perpetuus froy (o. § 283 2 ) 268 rr., auch Vismara (o. A. 7) 1t rr. (475 n. C.) Pardessus I nr. 49, ferner Tjä11 Eingehend Biondi 191 ff.; 199; Visder I nr. 4/5 B V 1t (520 f.) und B VII 1t mara, St. Besta III 301 ff. Vgl. aus nach- (552). Levy (o. § 280 2 ), s. auch Aufrroy klassischer Zeit etwa CT 16, 8, 28 (426 272 f. gegenüber 73'. 17 In Inst. 2, 20, 34; über das Verhältnis West); C. 6, 27, 6 (531); Nov. 1, 1, 1 f. zu C. 6, 23, 24 (528) s. Archi, Iura 5 (1954) (535); 115, 3, 15 (542); eod. 4, 9; Vismara 334 ff.; 342 f. 171 ff., s. auch D. 28, 5, 1 pr. plerumque 11 Belege bei Pringsheim, St. Alber- itp.; Sanfilippo (o. A. 2) 185 ff. 18 Zur Einsetzung des eigenen Sklaven tario I 667 f. 13 Vgl. C. 6, 23, 15, 1 cit. mit Gai. 2, 249; ohne ausdrückliche Freilassungs. o. § 284 16 PS 4, 1, 6. - Daß die Erben mit Namen ge- (vgl. auch zur Tutorenernennung o. § 232•). nannt werden müssen, gilt allerdings wei- - Zu alternativer Einsetzung mehrerer Perter; an Namensnennung hält auch bei der sonen s. C. 6, 38, 4 (531 ). - Zur Über- oder Enterbung besonders der Osten fest, vgl. Unterschreitung der Erbschaft bei den Erbeinsetzungen s.o. § 161 II. Vgl. jetzt u. § 289 I. 1' Gai. 2, 117; noch GE 2, 7 pr. (nach C. 6, 37, 23 pr. - 1 c (Nov. 530): Hat der Gai. 2, 248). Zum Kodizill u. § 286. Eine Erblasser dem einen die ganze Erbschaft Reminiszenz an das alte Recht ist das ßou- zugewandt und dem anderen eine Quote ).oµocLxoct xe).euw in P. Lond. I nr. 77 (z.B. 12/12 und 4/12), dann verringert man S. 231 ff. = Mitteis, Chr. nr. 319 Z. 16 nicht mehr beide Zuwendungen gleichmäßig (auf 12/16 und 4/16), sondern geht (Ende 6. Jh.). 1.11Ob.§ 161 1 ; Biondi 189 rr.PS 3, 6, 2 davon aus, daß der Erblasser die erste Zugestattet Legatsbestellungen inter medias wendung um die zweite mindern wollte, so daß der zweite 1/3 und der erste 2/3 lieredum institutiones; ist das klassisch? 11 Ambros. de Abraham 2, 11, 89 (PL erhält. ... donaverit, ...

cbd.

tali ...

donatione,· Levy

352

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

unbedenklich in ein Vermächtnis dieses Gegenstandes zu Lasten der übrigen eingesetzten Erben umgedeutet. 19 III. Von der Auslegung der Testamente, 10 von der Berücksichtigung des Irrtums und der anderen Willensmängel war schon die Rede (o. § 201); ebenso von Bedingung und Befristung (o. § 203). Das westliche Vulgarrecht des 5. Jh. setzt sich über den Grundsatz, daß niemand auf Zeit Erbe werden könne, 11 hinweg und läßt ein Nacheinander mehrerer Erben zu, allerdings beschränkt auf drei. 11 Damit wird die dem klassischen Recht unbekannte N acherbf olge anerkannt. Justinian dagegen hält am klassischen Standpunkt fest, daß nur die aufschiebende Bedingung bei der Erbeinsetzung zulässig ist, 18 nicht aber die auflösende und keinerlei Befristung (o. § 161 III). Ein Nacheinander mehrerer Gesamtnachfolger kann mithin wieder nur durch das Erbschaftsfideikommiß herbeigeführt werden. IV. Mit der Duldung einer Nacherbfolge im westlichen Vulgarrecht wer26 soweit sie in den auch die Vulgar-" und die Pupillarsubstitution, der Nacherbfolge aufgehen, als selbständige Rechtsfiguren bedeutungslos. Justinian dagegen stellt die Vulgar- 98 wie die Pupillarsubstitution 17 wieder her. 1•

Lit. o. § 16111 , dazu Biondi 228 ff.; 239 ff., s. auch Voci (o. A. 2) 103 ff.; 119f.; zu den Patyri vgl. Taubenschlag 19511 m. Lit. Vg. C. 6, 24, 13 (529), dazu insbes. David, Studien z. hered. inst. ex re certa APal. 17 (1930) 41 f.; 51 ff.; Sanfilippo, (1937) 253 ff. - Ist dagegen der ex re certa Eingesetzte Alleinerbe, so bleibt es dabei, daß er alles bekommt; ist von mehreren Erben jeder ex re certa eingesetzt und wird der Nachlaß nicht erschöpft, so erhalten sie die ganze Erbschaft zu gleichen Teilen, aber jeder jedenfalls die ihm zugedachten Gegenstände; einen Wertausgleich durch Geldzahlungen hat der Richter herbeizuführen; vgl. Pap., Ulp. D. 28, 5, 35 pr. ff.; 79 pr.; o. § 16111• - Anrechnung der certa res auf den Pflichtteil: Nov. 115, 5 pr. (542). - Zur Teilungsanordnung durch einen Elternteil s. o. § 283 IV. 10 Zu der der Erbeinsetzung s. o. A. 18. Vgl. allgemein zum Prinzip, daß es auf den Willen ankommt, außer C. 6, 23, 15 (320; o. A. 1) noch NT 16 pr. (439); s. auch die Bezeichnungen als 'suprema voluntas• o. ä., ob.§ 2831 .Zum •favor testamenti' aus christlichen Einflüssen s. Bio n d i III 330 ff. 11 Anders GE, hier wird die Regel 'semel heres semper heres• in 2, 4, 3 und 2, 7, 8 noch unterstellt, Archi 310; offenbar nach der Vorlage Gai. 2,184 und 277. 11 IP 3, 6, 10/11, auch 5, 10, 1; Levy II 94 ff.; ACI Roma II 34 ff.; abschwächend Conrat, Paulus 191 ff.; Archi 309 rr. Nach § 10 heißen die an 1., 2. und 3. Stelle Eingesetzten 'institutus', 'substitutus• und 'scriptus• (aus PS 3, 4b, 4 mißdeutet); hier geht die Vulgarsubstitution in einer Nacherbfolge auf. Vgl.

auch GE 2, 4 pr.-2, dazu Archi 301 rr.; dort ist zwar noch eine wirkliche Vulgarsubstitution anerkannt, aber nur unter der Bedingung, daß der Eingesetzte nicht Erbe werden will (nicht, daß er es nicht kann). - Eine vulgarisierende Neigung zur Nacherbfolge zeigt vielleicht schon das Testament des Longinus Castor (Bruns nr. 119 = FIRA III nr. 50, 191/4 n.C.); Taubenschlag 49; 19511 , auch Levy, ACI cit. 39. 1• Bedingungen oder Befristungen, die den Pflichtteil beschweren, gelten (aus dem favor testamenti) als nicht geschrieben, s. u. § 29038 , 11 • M Vgl. o. A. 22. In GE 2, 4, 1 ist die klassische Form verlassen und die cretio verschwunden; Archi 311 ff. - C. 6, 9, 9 (320, s. o. A. 1) erlaubt dem Substituten, noch während der Schwebezeit seinen Annahmewillen vor Gericht in einer testatio zu erklären; diese Erklärung wird wirksam, sobald feststeht, daß der institutus nicht Erbe wird. Vgl. Biondi 249. 16 Sie steht noch in GE 2, 4, 2; Archi 313 ff.

• Zu dem Sonderfall, daß der Erblasser den institutus für gewaltfrei hält, obschon er Sklave eines Dritten ist, vgl. lul., Pomp. D. 28, 5, 41 f. (dazu Ind.; Biondi 2511 gegen Cosentini, o. § 16120 ; Solazzi, SD 21 [1955] 314 ff.); Inst. 2, 15, 4; kein jüdischer Einfluß, vgl. Volterra, Dir. rom. e dir. or. (1937) 252 ff. gegen Bossowski, ACJI I 38218• - Zum Verhältnis von Substitution und Transmission s. 0. Segre, o. § 161ao. 17 Zum Fall der Enterbung des Pupillen (o. § 16129 ) s. auch C. 6, 37, 24 (531). - Ist

§ 285. Der Inhalt

der Testamente.

Unwirksamkeit

und Widerruf

353

Durch kaiserrechtliche Vergünstigung für den Einzelfall wurde dem Vater gestattet, seinem (wegen Stummheit) testierunfähigen mündigen Sohn einen Erben zu bestimmen.• Justinian verallgemeinert dies und gewährt, um das Vermögen der Familie zu erhalten, eine Substitution •ad exemplum pupillaris' für den geisteskranken Abkömmling;• sog. quasipupillarische Substitution.

V. Die Regeln über die Unwirksamkeit des Testaments bleiben im wesentlichen bestehen.so Der Widerruf3 1 bedarf regelmäßig eines neuen gültigen 81 Testaments. Will der Erblasser an Stelle der Testamentserben die Intestaterben berufen, so genügt eine eidliche Erklärung vor fünf Zeugen.33 Justinian läßt das Testament auch dann erlöschen, wenn der Testator zwar kein neues Testament errichtet, aber seinen Widerruf swillen vor drei Zeugen oder zu den Akten erklärt hat und außerdem zehn Jahre seit der Testamentserrichtung verstrichen sind;" er knüpft dabei offenbar an ein älteres Gesetz an, wonach jedes Testament nach zehn Jahren kraftlos wird. 36 Die bloße Willensänderung reicht danach zum Widerruf der Erbeinsetzung nicht aus. 88 Wohl aber genügt die absichtliche Öffnung der Testamentsurkunde, die in der klassischen Zeit nur nach prätorischem Recht als Widerruf galt (o. § 163 II), um sowohl im Westen 37 wie bei JustiniandasTestament hinfällig zu machen. 38 das Testament wegen Pflichtwidrigkeit teilweise angefochten, kann die Substitution fortbestehen, D. 5, 2, 8, 5 i. f. itp. (Albertario VI 70 f.); zu Nov. 115, 3, 15 (542) s. Biondi 255. - Im übrigen vgl. zu den schon in klassischer Zeit erörterten Fragen nach der Einheit oder Mehrheit der Erbschaften, und ob der Substitut den Erblasser oder den Pupillen beerbt, o. § 161 IV m. Lit.; zuletzt Voc i (o. A. 2) 132 ff., s. auch AG 149 (1955) 3 ff.; Solazzi, Lab.1 (1955) 190 ff. Es handelt sich überall nur um schulmäßige Verarbeitungen und Fortbildungen, nicht um eine planmäßige sachliche Erneuerung, vgl. insbes. Wolff, St. Riccobono III 465 ff.; 469 f.; La Pira, St. Bonfante III 329 ff.; Väzny, Bull. 47 (1940) 50 f. 18 Paul. D. 28, 6, 43 pr., das Responsum ist paraphrasiert, Beseler III 51f.; St. Riccobono I 304. 11 C. 6, 26, 9 (528); s. auch fr. 43 pr. cit.; Biondi 265 f. ao Ob. § 163 I. Einige Fälle (Adoption durch den Erblasser, Errichtung eines neuen Testaments, Ausfall der Testamentserben, capitis deminutio des Erblassers) im Anschluß an Gai. in GE 2, 3, 3-5, dazu Archi 158H; 288 ff. Unwirksamkeit der Erbeinsetzung bewirkt nicht notwendig die des ganzen Testaments, o. II. Zur Fälschung d"s Testaments o. § 28320 • Über vom Erblasser im Testament ausgesprochene Verbote, die Gültigkeit des Testaments anzugreifen, nach den Papyri vgl. Taubenschlag 19830 •. 81 Lit. o. § 163 8 , dazu Boha~ek, St. 23

HdA X 3 3. 2 (Kaser) II

Bonfante IV 328 ff.; Sanfilippo, APal. 17 (1937) 135 ff. Die freie Widerruflichkeit bleibt bestehen, s. •suprema, ultima voluntas' o. dgl., ob. § 2831 ; ausdrücklich C. 6, 22, 6 (355); 6, 23, 19, 2 (413). Ein Nebeneinander mehrerer gültiger Testamente ist ausgeschlossen, Ferrari II 1O f. 82 So schon Pertinax, vgl. Inst. 2, 17, 7; Capitolin. vita Pert. 7, 2; V o c i 296 f. 83 NT 16, 7 (439) = C. 6, 23, 21, 5 (o. § 283 IV a. E.); danach itp. D. 28, 3, 2; 38, 6, 1, 8, vgl. auch Biondi 5961• M C. 6, 23, 27 (530). as CT 4, 4, 6 (418 West). • Anders SRR L 45 (m. Parall.), dazu Nallino IV 472ff. = RAL (ser.6) 1 (1926) 828 rr. 37 PS 4, 8, 1; Sanfilippo 135 f. - Die völlige Zerstörung der Urkunde, die weder hier noch bei Justinian (A. 38) mehr genannt wird, hatte vermutlich die gleiche Wirkung. 38 C. 6, 23, 30 (531, dazu Gradenwitz, SZ 53 [1933] 411) non valere; vgl. De Francisci, Bull. 27 (1914) 8 ff.; Voci 280 ff. Unabsichtliche Öffnung läßt wie bisher das Testament bestehen, vgl. o. § 1631' m. Lit. (anders auch Sanfilippo 125 f.; 139 ff.). Soweit mit der Unwirksamkeit des Testaments die Intestaterbfolge eintritt, wird auch die Kaduzität ausgeschlossen, kraft deren die Erbschaft an den Fiskus fiel, wenn der eingesetzte Erbe entgegen dem formlos erklärten Widerrufswillen die Erbschaft erworben hattP, vgl. Pap. D. 34, 9, 12; Alex. C. 6, 35, 4 (o. § 177 II) ; abweichend Aru, AG 142 (1940) 19 ff.

3M

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

§ 286. Das Kodizill Das Kodizill,1 das sich vom Testament dadurch unterscheidet, daß es keine Erbeinsetzung enthält, wird im Westen, seitdem die Erbeinsetzung als Wesensbestandteil des Testaments zurücktritt, mehr und mehr dem Testament angenähert. Indem Konstantins Testamentsgesetz, das weder noch erwähnt, für die Erbeinsetzung beliebige, ja sogar die für die Fideikommisse typischen Worte erlaubt,2 legt es die Zulässigkeit einer Erbeinsetzung im Kodizill nahe. 8 Später tritt Konstantin dieser Auslegung allerdings entgegen' und verfügt schließlich, man könne im Kodizill weder noch .5 Die jüngere westliche Entwicklung8 läßt demgegenüber die Erbeinsetzung in Kodizillen zu, verlangt aber hierfür die Zuziehung der Testamentszeugen. 7 Der Osten dagegen hält an der Regel fest, daß jedes Testament eine heredis institutio erfordert ;8 Testament und Kodizill bleiben hiernach getrennt. 9 Auch das Kodizill kann schriftlich oder mündlich errichtet werden, 10 auf 1 Lit. o. § 1651 ; B ion di, Succ. test. 611ff.; Voci, Dir. ered. rom. II 1 (1956) 67 ff. 1 Ob. § 28511 • • C. 6, 23, 15 (320), o. § 2851• In diesem Sinn Levy (o. § 2801 ), vgl. zu diesem und den folgenden Gesetzen auch schon David, Studien z. bered. inst. ex re certa (1930) 51 ff.; 58 f.; er vermutet den Einfluß hellenistischer Rechte, die Testament und Kodizill nicht unterscheiden. S. ferner Auffroy (o. § 2831 ) 71 rr. 'In CT 4, 4, 1 (326, dazu Wieacker, Symb. Lenel 341; David 58; Solazzi, SD 13/14 [1947/48)209; 212) schreibt er für alle Kodizille, denen ein Testament nicht vorangegangen ist (damit sind vielleicht •codicilli testamento non confirmati> gemeint), die Testamentsform (5 oder 7 Zeugen) vor; anscheinend sogar dann, wenn sie nur Fideikommisse enthalten (was sind •testantium successiones• ?) ; Levy, o. § 2801 , anders David 5818 gegen die ebd. 11 angef. h. Mg., vgl. auch Ferrari II 20 ff. Das Neben einander der 5 und 7 Zeugen ist hier völlig sinnlos, weil es ein ziviles oder prätorisches Kodizill nie gegeben hat. Der Unterschied zwischen konfirmierten und nicht konfirmierten Kodizillen steht noch in den von klassischen Vorlagen abhängigen Quellen OE 2, 7, 8; PS 4, 1, 10 mit IP; Archi 352 f. - Bloße Kodizille zugunsten des Kaisers sind nichtig, CT 4, 4, 2 (389 West). 6 C. 6, 36, 7 (332). Damit blieb von CT 4, 4, 1 cit. kaum noch etwas übrig; das Gesetz steht nicht in CI. Vgl. auch d'Ors, RIDA 1 2 (1955) 227 ff. • Bei Akten, die nur Fideikommisse enthalten, sprechen die Gesetze von •fideicommissaria epistula•, C. 6, 22, 7 (371); •scrip-

tura•, C. 6, 32, 4 (379); •epistula•, CT 4, 4, 2 pr. (389). David 58; 61 sieht darin keine Kodizille. - Im übrigen vgl. Auffroy 80 f. m. Lit. und zur späteren Entwicklung 278f. 7 IT 4, 4, 1; Vismara, St. Besta III 347 ff.; s. auch d ers., Heredem instituere (1940) 3 rr.Danach bleiben zwischen Kodizill und Testament praktische Unterschiede bestehen; ebenso etwa PS 4, 14, 2 mit IP 4, 13, 2; s. auch IT 4, 4, 7. Unklar Isid. etym. 5, 24, 14. Die Einebnung des Erbenbegriffs zeigt CT 16, 2, 27 pr. i. f. (390 West); Levy cit. - Zu den in CT 4, 4, 7, 2 i. f. (424) genannten Geschäften mit 3 Zeugen (nicht in C. 6, 36, 8, 3) s. David 61. 8 Näheres o. § 285 II. •Vgl.schon NMc. 5, 2 (455) = C.1, 2, 13 (u. A. 10) mit INMc., ferner Justinian in Inst. 2, 25, 2 und C. 6, 27, 5, 1d (531): Hier gewährt er für den als Erbe eingesetzten eigenen Sklaven aus dem favor libertatis eine Ausnahme vom Grundsatz, daß die Erbeinsetzung nicht durch ein Kodizill konfirmiert werden kann. Die beiden Einrichtungen werden häufig nebeneinander genannt, s. z. B. C. 6, 22, 10 pr. (531); Biondi, Succ. test. 622 rr. - Beispiele in ägypt. Papyri: Taubenschlag 200; vgl. P. Cairo Masp. 67151; 67312 (6. Jh.). 10 Anders Biondi 619 ff., der die Äußerungen über mündlich erklärten letzten Willen nur auf das Testament bezieht. Ulp. D. 42, 1, 5, 1 und Diocl. C. 6, 49, 5 pr. sprechen insoweit nur vom Fideikomm1ß, das in der Tat auch mündlich errichtet werden kann. Aber C. 6, 36, 8, 3 (424 Ost, weniger klar die Fassung in CT 4, 4, 7, 2) kennt eine •ultima voluntas sine testamento• (= ohne Erbeinsetzung, o. § 2851 ) und

§ 287. Die Intestaterbfolge

bis zu den Novellen

Justinians

355

den Gebrauch bestimmter Worte kommt es nicht an. 11 Justinian verlangt fünf Zeugen, die bei schriftlicher Errichtung unterschreiben müssen. 11 Die confirmatio der Kodizille wird mit der Ausgleichung der Vermächtnisse bedeutungslos. Die Kodizillarklausel bleibt notwendig, um das ungültige Testament als Kodizill aufrechtzuerhalten. 18 Die östliche Willensdoktrin läßt auch ohne solche Klausel den bloßen Willen für die Umdeutung in ein Kodizill genügen.14 B.DIEINTESTATERBFOLGE

§ 287. Die lntestaterbfolge bis zu den Novellen Justinians 1 Erbfolge, 1 die eintritt, wenn kein testaI. Das Recht der mentarisch Berufener Erbe wird, strebt in den nachklassischen Jahrhunderten der Vereinheitlichung zu. Man sucht die Überreste zu beseitigen, die noch vom Aufbau der Erbfolgeordnung auf der Grundlage der agnatischen Verwandtschaft fortbestehen, und statt dessen überall bei der Blutsverwandtschaft (cognatio) anzuknüpfen. Auch die noch weitergeltenden Unterschiede in der Behandlung der Geschlechter sollen auf gehoben werden.• Daneben strebt man auch hier danach, den überholten Gegensatz zwischen und zu überwinden. Die Gesetzgebung verfolgt diese Reformen' zunächst nur in vielfältigen und unübersichtlichen Einzelmaßnahmen. Die von der Vulgarisierung beherrschte westliche Entwicklung erreicht die angeführten Ziele überhaupt nur unvollständig, weil sie über gewisse Reste der Agnation nicht hinwegkommt. Justinian dagegen verbessert zwar die bisherige Ordnung, indem er die durch Frauen vermittelte

hält ausdrücklich eine Form 'sine scriptis• für zulässig. Auch NMc. 5, 2 (455) = C. 1, 2, 13 und C. 6, 4, 3 pr. (529) quae ex testamentis r,el codicülis scriptis r,el sine scriptis habitis proficiscuntur beweisen offenbar, daß Testament und Kodizill in beiden Formen möglich waren. Daß das Kodizill vielfach 'epistula• (z. B. in CT 4, 4, 2 (389)) o. ä. genannt wird, beweist nur, daß die schriftliche Form die übliche und typische war. 11 Auf den Gebrauch bestimmter Wortformen verzichtet ausdrücklich Inst. 2, 25, 3 (codicilli) ... nullam sollemnitatem ordinationis desiderant; vgl. Voci (o. A.1) 68f. m. Lit. 11 C. 6, 36, 8, 3 (ex CT 4, 4, 7, 2 itp.). Vgl. auch Theoph. 2, 25, 3. Keine Ersetzung durch Eid: C. 6, 42, 32 (531 ). 13 David 64 ff., hier auch Belege aus der westlichen (dazu Auffroy 82 1 ) und östlichen Praxis (weit. Papyri bei Taubenschlag 19936 ). Ist der Akt auch als Testament gültig, so kann der Bedachte zwischen der Klage aus dem Testament und aus dem Kodizill (als Anordnung von Fidei23•

kommissen) wählen; hat er aber einmal gewählt, so ist ihm der andere Weg abgeschnitten: CT 4, 4, 7 pr. (424) = C. 6, 36, 8 pr./1. Vgl. damit P. Oxy. XX 2283, dazu Wolff, SZ 71 (1954) 396f. u Sog. •stillschweigendes• Kodizill, DaLQR 49 {1933) vid 68 rr.; Pringsheim, Ist.• 184•. Vgl. 401 ff.; anders Betti, etwa D. 29, 7, 1; 2, 4; 20, alle itp. 1 Der Ausdruck ist für diese Periode eher zu rechtfertigen als für die früheren (o. § 235 , § 16720 ). S. zu •legitimi heredes• o. § 2s2 1 • 1 Übersicht bei La Pira, La successione ereditaria (1930) 296 rr.; vgl. auch v. Vangerow (o. § 280') 39 rr. (§§ 411 ff.); Schirmer (o. § 280') 126 ff.; Perozzi II 589 ff.; Voci, Dir. ered. rom. II 1 {1956) 32 rr.; Biondi III 333-343. Zu Justinian ferner Angeletopulos, St. Bonfante II 645 rr. 1 Zum christlichen Einfluß s. Biondi II 212f.; III 339ft; v.Woeß, Das röm. Erbrecht {1910) 123 rr.; s. auch o. § 2841'. ' Sie werden gern auf die 'natura• gestützt; Belege bei Biondi III 334 ff.

356

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Blutsverwandtschaft schrittweise der agnatischen angleicht und das Erbrecht der Mutter erweitert. Er hält aber immer noch an den prätorischen Erbfolgeklassen fest und konserviert damit - mindestens äußerlich - den Gegensatz zwischen ius civile und ius praetorium :6 Die zivilen Erben, deren Kreis er allerdings um die in seinen Gesetzen Berufenen erweitert, werden nach wie vor in der besonderen Klasse 'unde legitimi> berufen. Erst in der Novellengesetzgebung hat er die überlebten Reminiszenzen endgültig beseitigt (u. § 288). II. Im Westen beruft die vulgarrechtliche Ordnung zuerst die im Mannesstamm verwandten Abkömmlinge, 6 dahinter die durch den Mannesstamm mit dem Erblasser verbundenen gradnächsten Seitenverwandten (Agnaten),7 zuletzt die Kognaten, worunter die Verwandten von der Frauenseite verstanden werden. 8 Hier ist der Gegensatz zwischen hereditas und bonorum possessio überwunden. 9 Die beiden ersten Gruppen sind von den prätorischen Klassen 'unde liberi> und (der zivilen Erbordnung folgend) 'unde legitimi> beeinflußt, 10 die dritte Gruppe von der Klasse 'unde cognati>. Was der Berufene erwirbt, ist aber ohne weiteres die 'hereditas>. Im Osten überliefert das Syr.-röm. Rb. 11 eine ähnliche Ordnung der Intestaterhrolge: An erster Stelle werden berufen die Söhne und Töchter zu gleichen Teilen, an die Stelle der Söhne treten deren Abkömmlinge im Mannesstamm ;11 danach der Vater; danach die Brüder und Schwestern zu gleichen Teilen (gleichfalls mit Eintreten der Söhne und Sohnessöhne), neben ihnen erhält die Mutter den gleichen Teil. Es folgen die Agnaten, nämlich die Vatersbrüder (statt ihrer allenfalls ihre Abkömmlinge; konkurriert mit dieser Gruppe die Mutter des Erblassers, so erhält sie zwei Drittel, s. u. A. 29); dahinter folgen Kognaten: die Tochtersöhne, dann die Schwestersöhne, dann die Söhne der Vatersschwestern. An letzter Stelle stehen männliche Verwandte von der Mutterseite. Dieses System weicht vom römischen Reichsrecht hauptsächlich in der Behandlung der Mutter (u. IV 1) und in der Abstufung der Kognaten ab; auch werden die Emanzipierten Die bonorum possessio wird von Justinian zunächst beibehalten, vgl. insbes. Inst. 3, 9; doch s. o. § 281 III m. A. 26. • GE 2, 8 pr. 'sui heredes', definiert als per virilem sexum thscendentes; s. auch 6

§§ 1, 2. 7

GE 2, 8, 3 'agnati•, definiert als per virilem sexum thfuncto propinquitate coniuncti; s. auch §§ 4-6; IP 4, 8, 3 (u. A. 8); RB 10, 9; 36, 4; 37, 2. 8 GE 2, 8, 7; RB 10, 9 cognati, qui per feminas veniunt; 36, 4; 37, 2. Vgl. auch IP 4, 8, 3, s. Conrat, Gaius 28 ff.; Paulus 199. Zu 'agnati' und 'cognati' s. o. § 2268 • Ganz ungenau drückt sich ET 23/24 aus, dazu Ferrari II 38 ff. • Eingehend Archi 317 U., s. auch 30 f.; 261 rr. Vgl. auch Mod. D. 38, 15, 1 pr. (wohl unklassisch). Die bonorum possessio steht noch in PS 4, 8, 5 (ex coll. 16, 3, 5) für die 'sui', von denen es heißt, quibus bonorum possessio nisi propter praetoriam actionem (ist das interd. quorum bonorum gemeint? oder eher die prätorische Ertei-

Jung der bon. poss.? s. 'actio tutelae• o. § 2333 ) non erat necessaria (unklassisch); ferner in CT 8, 18, 5 (349) = C. 6, 14, 3 zu den emancipati (u. A. 16). 10 Zu den Emanzipierten s. u. A. 16. Der Grundsatz, daß es keine stufenweise Berufung der gradferneren Agnaten gibt (Gai. 3, 12, s.o. § 16611 , § 16711 ), wird aufgegeben, vgl. IP 4, 8, 4 gegenüber PS 4, 8, 21; Conrat, Paulus 199 f. GE schweigt, vgl. Archi 322 ff.; s. auch u. IV 3 a. E. 11 L 1, R 1-1111, frgm. L 1, P 1, ferner L 37 (P 17, R II 19), L 104 (P 67b, R II 90). Vgl. dazu, obschon nicht abschließend, Nallino IV 421 ff.; 471 f. = RAL (ser. 6) 1 (1926) 775 ff.; 827 f., s. insbes. die Übersicht 443 ff. (798 ff.); vgl. auch 534 ff. = St. Bontante I 221 ff. Weit. Lit.: Mitteis, SZ 45 (1925) RR 313 ff.; Taubenschlag, 498 ff., doch gibt N allino z. T. abweichende neue Lesungen. 11 Diese Enkel werden nicht genannt, sie sind aber jedenfalls zu ergänzen, Na 1li n o 4471 {8014 ).

§ 287. Die Intestaterbfolge

bis zu den Novellen

Justinians

357

völlig ausgeschlossen. 11 Inwieweit bei alldem mit hellenistischem Einfluß zu rechnen ist, bleibt eine offene Frage.H

III. Von den Abkömmlingen erhielten bisher die bonorumpossessio intestati in der Klasse 'unde liberi>die nach ius civile berufenen agnatischenDeszendenten, also die leiblichen und adoptierten Kinder des männlichen Erblassers, die Kinder der in der Vatersgewalt verstorbenen Söhne und Sohnessöhne usw.; darüber hinaus aber auch die Kinder, die durch Emanzipation aus der Gewalt ausgeschieden waren, und allenfalls ihre Abkömmlinge im Mannesstamm (o. § 167 II 1). Nach dem SC Orfitianum 16 wurden die Kinder (mit Vorrang vor bestimmten Seitenverwandten) zur zivilen Erbfolge und entsprechend zur bonorum possessio auch nach der Mutter berufen. Diese Regelung des prätorischen Rechts gilt nun als die allgemeine Erbfolgeordnung.18 Sie wird durch Gesetze ergänzt, indem nun auch die von einer vorverstorbenen Tochter stammenden Enkel berufen werden; sie erhalten zwei Drittel des Erbteils, der auf die Tochter entfiele, das letzte Drittel wächst den Geschwistern der verstorbenen Tochter an. 17 Sind keine Geschwister da, dann bekommen die Enkel drei Viertel, das letzte Viertel fällt an die Agnaten ;18J ustinian nimmt den Agnaten dieses Viertel und gibt, wenn die Tochter keine Geschwister hinterlassen hat, den Enkeln die ganze Erbschaf t. 19 Außerdem stellt Justinian den ehelichen Kindern 20 die legitimierten wird neben der Erbfolge nach dem gleich. 111 Für die Adoptivkinder 11 SRR L 3 (m. Parall.), vgl. Mitteis, RR 211 r.; anders Nallino 402 (729), der 448 ff. (803 ff.) behauptet, das SRR enthalte reines ius civile, ergänzt durch Kaiserrecht. Zu GE s. u. A. 16. H Zur Rechtsvergleichungs. insbes. Mitteis (o. A. 11). 11 Ob. § 168. Nichts mit dem SC zu tun hat nach richtiger Lesung P. Col. 123, 26 r., vgl. Wolrr, SZ 73 (1956) la09; Taubenschlag 188 21 • 11 GE übergeht die Erbfolge der filii emancipati völlig; nach Conrat, Gaius 32 ff. sind sie (nach Ausgleichung zwischen ius civile und ius honorarium) in den sui enthalten, zumal seitdem auch die sui heredes die Erbschaft nur durch Antritt erwerben (u. § 291 1). Archi 268; 321 (s. auch 88 ff.) dagegen erklärt das Schweigen der GE damit, daß die Stellung der filii emancipati damals ungeklärt war, o. § 228 16 • Vielleicht auch hat sie den Epitomator nicht interessiert. Zur gleichartigen Erscheinung in SRR L 3 s. o. A. 13. 17 CT 5, 1, lt (389 West), teilw. = C. 6, 55, 9, vgl. auch Inst. 3, 1, 15 und für den Westen RB 10, 2-4; 22, 9; ferner CE 327 (2. Teil), dazu d'Ors, Cuad. Inst. Jur. Esp. 5 (1956) 127 ff. =St.De Francisci II la53 ff. Über hellenistische Vorbilder vgl. Bossowski, Fschr. Koschaker II 278 2 ; Aran-

gi o •Ru i z, Rariora 1la5ff.; nicht zugänglich: Sicard, vgl. lura 7 (1956) la30. Diese Regelung gilt auch, wenn Erblasserin die (mütterliche) Großmutter ist, CT 5, 1, 4, 2 = C. 6, 55, 9, 1; darin liegt eine Ergänzung des SC Orfitianum, vgl. Inst. 3, 4, 1. Nach ihrem Tod werden die Enkel auch dann berufen, wenn die Kinder emanzipiert sind, CT 5, 1, 6 (la20) = C. 6, 55, 10, weil es für die Erbfolge in der mütterlichen Linie nur auf die Blutsverwandtschaft ankommt; Archi 9ft. 18 CT 5, 1, 4, 1, in CI und Inst. nicht aufgenommen. Das Viertel heißt hier •Falcidia', dazu u. § 298&0.Auf dieses Viertel spielt wohl Inst. 3, 1, 16 (Anf.) an. 11 C. 6, 55, 12 (528); Inst. 3, 1, 16; Nov. 18, 4 pr. (536); Schirmer (o. §280') 166 110 • so Von postum i waren bisher nach ius civile die •postumi sui' berufen (o. § 167 13 ), nach prätorischem Recht neben diesen vermutlich auch die postumi liberi von emanzif ierten Söhnen oder Enkeln, Si b er 337 ; A bertario I 38. Nunmehr werden als 'postumi legitimi' außer allen diesen auch solche postumi alieni erfaßt, die unter den Kognaten berufen sind, vgl. D. 30, 127 u. a. itp. Stellen, dazu Siber 337 r.; Albertario 38 ff.; la7. 21 Inst. 3, 1, 2 a, vgl. auch o. § 230 13 • -Die Legitimation durch Dekurionat (o. § 230

358

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Adoptierenden auch die nach ihren leiblichen Eltern auf rechterhalten. 12 Schließlich werden die emanzipierten Abkömmlinge nun ausdrücklich den sui gleichgestellt, sie erhalten das volle Erbrecht. 211 Mit alldem ist bei den Abkömmlingen der Unterschied zwischen ziviler und prätorischer Erbfolge vollständig beseitigt. 26 Das •edictum Carbonianum' 11 besteht fort: Das von der Witwe geborene Kind wird in den Erbschaftsbesitz gesetzt, CT 4, 3, 1 (393) = C. 6, 17, 2 (in IT in patris hereditate succedat) und bleibt darin bis zur pubertas.

IV. Auch bei den Vorfahren und den Seitenverwandten wird die agnatische Beziehung zugunsten der Blutsverwandtschaft zurückgedrängt. Bisher waren nach ius civile von der Berufung als nächste Agnaten ausgeschlossen die emanzipierten Geschwister und ihre Abkömmlinge sowie die durch Frauen mit dem Erblasser verbundenen Seitenverwandten; außerdem •voconiana ratione•• alle Frauen außer den durch den Vater verwandten (consanguineae). Der Prätor berief zwar alle diese Personen, soweit sie Blutsverwandte sind, nach der Gradesnäbe, aber erst in der Klasse •unde cognati'. Die Berufung der Mutter richtete sieb nach dem SC Tertullianum.

1. Mehrere Gesetze seit Konstantin berufen die Mutter

des SC Tertullianum

hinaus 27

über die Grenzen

zur zivilen Erbfolge.

Die Mutter erhält ein Intestaterbrecht, auch wenn sie nicht das ius liberorum bat, und zwar neben dem Vatersbruder oder seinen Abkömmlingen in Höhe eines Drittels; hat sie das ius liberorum, so erhält sie (entgegen dem SC nur) zwei Drittel, und der Vatersbruder oder seine Abkömmlinge18 erhalten ein Drittel, auch wenn sie emanzipiert sind. 11 Der Bruder, der mit dem Erblasser den Vater gemeinsam hat (consanguineus), und der Adoptivbruder schließen wie bisher die Mutter aus; ist der Bruder aber emanzipiert worden, steht erdem Vatersbrudergleich (c.1 cit.),dieMutter erhält also ein oder (mit

II 2) begründet allerdings ein Erbrecht nur im Verhältnis zum Vater, nicht zu dessen Verwandten, C. 5, 27, 9, 1 ff. (528). Wird der Legitimierte ab intestato von der Mutter beerbt, fallen zwei Drittel an die Kurie, § 3. Sind nur mütterliche Seitenverwandte berufen, erhält die curia das vom Vater Erworbene ganz, § 4. Der Erwerb der Kurie nach §§ 3, 4 tritt nicht ein, wenn •aliquis ex eius genere' Dekurione wird, § 5. u C. 8, 47, 10, 1 (530); Inst. 3, 1, 14. Als Begründung wird angegeben, daß sie, falls sie vom Adoptierenden emanzipiert werden, nicht gänzlich leer ausgehen sollten. Diese Regelung entspricht der •adoptio minus plena'; ist dagegen der Adoptierende selbst ein Aszendent, dann behält die Adoption ihre vollen Wirkungen und der Adoptierte verliert das Intestaterbrecht nach dem leiblichen Vater, C. eod. § 1 a. Vgl. o. § 227 II 2. 13 Nicht nur die bonorum possessio; vgl. C. 6, 58, 15, 1 b (534) emancipatus filius et f ilia ••. in paternis bonis ad suorum similitudinem succedant; § 4 spricht von einer Überführung ex iure cognationis in legitimas successiones. Das späte Gesetz entspricht immer noch dem klassizistischen Bedürf-

nis, am Unterschied "zwischen bereditas und bonorum possessio festzuhalten. H Uneheliche Kinder beerben die Mutter und deren Verwandte wie bisher als Blutsverwandte, o. § 167" (Ausnahme o. § 2301 ). Zum Intestaterbrecht der Konkubine und ihrer Kinder nach dem Vater s. Nov. 18, 5 (536); 89, 12, 4 (539); eod. 13; o. § 221 bei A. 12. 11 Ob. § 167 II 1 a. E. Die von Niedermeyer (Übersicht SZ 50 [1930] 136 ff.) vermuteten •byzantinischen' Neuerungen bedürfen der Nachprüfung. Vgl. auch Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 1351• • Ob. § 16610 , § 28411, u. A. 39. 17 Zu den Wandlungen in seiner Auslegung und den weiteren Neuerungen s. La Pira (o. A. 2) 277 ff.; Biondi III 34.2; im übrigen o. § 1681 • 18 Nach CT 5, 1, 2 (368) und eod. 7, 1 (426) nur bis zum Enkel, dazu die Lit. u. A. 30. 18 CT 5, 1, 1 {318). Davon abhängig CE 327 (1. Teil), vgl. d'Ors, o. A.17; s. auch die weit. Lit. ebd. - Nach SRR L 103 (und Parallelstellen, Näheres bei N allino 466 ff. [822 ff.]) erhält die Mutter, wenn der Erblasser kinderlos verstorben ist, neben

§ 287. Die Intestaterbfolge

bis zu den Novellen

Justinians

359

ius liberorum) zwei Drittel. 30 Erbt die Mutter, die das ius liberorum hat, nur neben Schwestern, so erhält sie die Hälfte. 31 - Jus ti n i an verzichtet für das Erbrecht der Mutter auf das ius liberorum 11 und erweitert ihr Recht: Neben Schwestern allein erbt sie die Hälfte, neben Brüdern (oder Brüdern und Schwestern) einen Kopfteil; 11 Nov. 22, 47, 2 (536) gibt ihr neben allen Geschwistern des Erblassers einen Kopfteil.

2. Eine (nicht überlieferte) lex Anastasiana 34 beruft die emanzipierten Geschwister des Erblassers - nicht auch deren Abkömmlinge-, und zwar Brüder und Schwestern zu ungleichen Teilen, aber mit Vorrang vor entfernteren Agnaten, auch wenn diese nicht emanzipiert sind. 85 Justinian beruft demgegenüber die emanzipierten Brüder und Schwestern zu gleichen Teilen und stellt sie den in der Gewalt verbliebenen Geschwistern gleich.38 Entsprechend beruft er auch die Kinder der emanzipierten Geschwister unter den Verwandten dritten Grades.37 Ist ein Emanzipierter gestorben, so beerben ihn seine Abkömmlinge,• dann der parens manumissor, dann die fratres consanguinei, dann (nach dem SC Tertullianum) die Mutter, die (nach den o. 1 angeführten Gesetzen) mit gewissen Seitenverwandten teilt, dann die weiteren Kognaten. Die lex Anastasiana erweitert das Erbrecht der fratres auf alle Geschwister (emanzipierte und nicht emanzipierte). Justinian gibt nach dem Tod des Erblassers sui iuris, wenn er neben Geschwistern beide Eltern hinterläßt, den Geschwistern nach Kopfteilen das Eigentum am Ganzen und den Nießbrauch an einem Drittel; Vater und Mutter erhalten zu gleichen Teilen den •ususfructus• an zwei Dritteln, C. 6, 56, 7, 1 (528). Erbt neben den Geschwistern nur der Vater (parens manumissor), so erhalten am Vermögen mit Ausnahme der bona materna (dazu u. A. 47) die Geschwister das Eigentum und der Vater den •ususfructus•, C. 6, 58, 13 (531).

3. Weiter beseitigt Justinian die Beschränkung der Erbfolge weiblicher Agnaten auf die (ususfructus). 48 Leo und Justinian berufen in diese Güter zunächst die Abkömmlinge, dann die vollbürtigen Brüder, dann die halbbürtigen, zuletzt den Vater (bei Leo die Eltern).' 7 Eine weitere Sondererbfolge besteht nach dem Tod der Mutter, die von emanüpierten Kindern beerbt wird: Der Vater (der die bisherige Nutzgewalt am ganzen Frauengut verliert) behält eine Nutzgewalt (ususfructus) an einem Kopfteil neben den Kindern.• - Zur Sondererbfolge nach dem Geisteskranken, den die zur Erbfolge berufenen Verwandten als seine Kuratoren vernachlässigt haben, s. o. § 235 II.

V. 1. Auf den erweiterten Kreis der 'legitimi> (o. IV) folgen wie bisher die Kognaten nach den überkommenen Grundsätzen der prätorischen Ordnung bis zum 6. Grad, vom 7. die 'sobrino nati>.'9 2. Der Ehegatte wird nach wie vor erst hinter allen erbberechtigten Verwandten berufen. 60 Die arme Witwe, die weder Eheschenkung noch dos hat, erhält neben den Kindern ein Viertel der Erbschaft. 11 '1 C. 6, 58, 14, 6 etiam germanae consanguineae 11elsororis uterinae filius et f ilia;

lost. 3, 2, 4. Auch sie rücken aus den •cognati• in die •legitimi• vor. 41 C. 6, 58, 15, 2/3 (534). u Ob. § 16611 , § 16711• "C. 6,58,15,3a (534); lost. 3,2,7; La Pira 2511; 253; ähnlich u. A. 61. Gleichnabe teilen nach wie vor nach Köpfen, C. 6, 58, 14, 7 (531); eod. 15, 3b (53ft). Zur Streitfrage für den Fall, daß einzelne Berufene erwerben, andere nicht, vgl. Windseheid-Kipp III 3576 (§ 573). " Zum peculium castrense (und quasi castrense) s. o. § 2298 zu Inst. 2, 12 pr. "CT 8, 18, 10, 2 (ft26); NT 14, 8 (ta39) = C. 6, 61, 3 pr. Stirbt das Hauskind kinderlos, so fällt, wenn sein Vater noch unter der Gewalt des Großvaters steht, das 'Eigentum' an den Vater, die 'Nutzgewalt• an den Großvater, eod. 3, 1 (nicht in NT 14); s. o. § 22918•

' 7 C. 6, 61, 4 (472) und 6, 59, 11 (529), s. auch C. 6, 61, 6, 1c (529); 6, 58, 13, 3 (531). Erwerben die Abkömmlinge oder Brüder zu Lebzeiten des Vaters, erhält dieser den •ususfructus•. Vgl. auch o. A. 33 zu C. 6, 56, 7, 2 (528). "Vgl. (mit Einzelheiten) CT 8, 18, 9 (ft26) = C. 6, 60, 3. "S. o. § 167 II 3; Inst. 3, 5. 60 CT 4, 21, 1, 1 (395) = C. 8, 2, 3; CT 5, 1, 9 (ft28), daraus C. 6, 18, 1. Die c. 9 (dazu Wieacker, Symb. Lenel 281 ff.) hebt eine nicht überlieferte, den Ehegatten günstigere Zwischenregelung auf. Der Unterschied zwischen hereditas und bonorum possessio wird übergangen. GE schweigt vom Ehegattenerbrecht völlig. Zu Justinian Inst. 3, 9, 7. 61 Nov. 53, 6 (537). Diese •Quart der armen Witwe• folgt dem Vorbild des Viertels, das bei der Scheidung der schuldige Mann der mulier indotata von seinem Ver-

§ 287. Die Intestaterbfolge

bis zu den Novellen

Justinians

361

VI. Ist Erblasser ein Freigelassener,H so berücksichtigt man nun auch die im Sklavenstand begründete Blutsverwandtschaft und beschränkt das Erbrecht des Patrons und seiner Verwandten zugunsten der Eltern und Verwandten des Freigelassenen. Die Regelung geht in West und Ost verschiedene Wege; der Unterschied zwischen hereditas und bonorum possessio wird überall beseitigt. 63 Im Westen werden freigelassene römische Bürger von den Abkömmlingen beerbt; NV 25, 6 (447)." Wenn sie keine hinterlassen, fällt die Hälfte an die Eltern oder die Geschwister nach der Gradesnähe, immer vorausgesetzt, daß sie freie Bürger sind, eod. § 7 ;66 die andere Hälfte fällt an den Freilasser oder seine Erben, § 7 cit. 68 - Auch J u stinian 67 beruft zunächst die Abkömmlinge; 68 hinter ihnen den Patron, der den 'consanguinei• gleichgehalten wird. 68 An seine Stelle treten seine Abkömmlinge bis zum 5. Grad;'° entgegen dem älteren Recht findet auch hier eine aufeinanderfolgende Berufung nach der Gradesnähe statt. 11 Dahinter werden (unter Aufhebung der bisherigen Zwischenklassen, der familia patroni und des patronus patroni, Inst. 3, 9, 6) die gradnächsten Seitenverwandten des Patrons bis zum 5. Grad berufen. 11 Freie Eltern und Geschwister des Freigelassenen werden aber sogar noch vor dem Patron berücksichtigt. 83 Die Kinder des libertus werden zwar auch jetzt noch vom Patron und seinen Verwandten im Mannesstamm beerbt, aber erst hinter allen Kognaten des Erblassers."

VII. Bona vacantia, die keinen Erben finden, fallen wie bisher an den Fiskus (o. § 169). Doch gibt es Ausnahmen: Das erblose Vermögen der mögen herauszugeben hat, o. § 219 vor A. 26; Perozzi II 595. Nach Nov. 117, 5 (542) erhält die Witwe, wenn der Erblasser mehr als drei Kinder hinterläßt, nur einen Kopfteil; stammen diese Kinder aus der Ehe mit ihr, so erhält sie nur den ususfructus, das Eigentum fällt an die Kinder. Die Quart der armen Witwe ist wohl christlich beeinflußt, Bio n d i II 228 f. Sie ist bei kleiner Erbschaft wenig praktisch, weil sie der Witwe wenig gibt, aber die Kinder schädigt. Vgl. zuletzt MayerMaly, RE SA, 2103 (Vidua). 11 Leist-Glück 37/38 V (1879) 399 ff.; Lavaggi, StCagl. 30 (1946) 133 ff.; La successione nei beni del liberto nel diritto postclassico (1947) m. weit. Lit. 61 NV 25 (447) verschweigt ihn; zu Justinian s. C. 6, 4, 4, 21 a (531). "Über das Verhältnis zum bisherigen Recht, Wegfall der Beschränkungen des SC Orfitianum und des Gesetzes CT 5, 1, 4 (389, o. A.17), s. Lavaggi, Succ. 9 ff. Ist der Freigelassene strafweise unter die Latiner versetzt worden, fällt sein Vermögen (peculium) nach seinem Tod an den Patron und dessen agnatische Abkömmlinge, CT 2, 22, 1 (320) mit IT. 66 Die servilis cognatio wird stärker beachtet als in Iust. C. 6, lt, 4, 10 f. (u. A. 58, 63); Lavaggi 12 ff. 68 Der Freilasser selbst wird in § 7 nicht genannt, vgl. La vaggi 19 ff., doch s. § 8. Erben des Freilassers sind auch die extranei, La vaggi 14 ff.; anders Iust. C. 6, 4,

4, 22. Ebenso gibt NV 25, 1 die Patronatsrechte nach dem Tod des Patrons allen seinen Erben, auch den extranei. Zur Umgestaltung des Patronats s. o. § 212 I. 17 C. 6, 4, 4, 9 ff. (531); Inst. 3, 7, 3. Die Regelung sucht dem Muster der Erbfolge nach ingenui zu folgen, Biondi III 337 f. 18 Auch vor der Freilassung geborene, C. eod. 4, 10/11; Inst. 3, 6, 10. Das Recht des Patrons auf die Hälfte neben 'sui non naturales• wird aufgehoben, Inst. 3, 7, 1 dabatur gegenüber Gai. 3, 41. - Zum Fall, daß die freigelassene Mutter Erblasserin ist, vgl. Lavaggi, SD 12 (19lt6) 175 ff., auch zu CT 5, 1, 3 (383 West), verändert in C. 6, 57, 4; s. auch 184 ff. zu eod. 6 (530). 111 Zum 'parens manumissor• vgl. C. 6, 4, 4, 25; Inst. 1, 12, 6; s. auch o. IV 2 zu C. 6, 56, 7, 1; 6, 58, 13, 1; Perozzi II 597 f. 80 Auch Tochterkinder, Postume und Adoptierte, C. 6, 4, 4 §§ Hc/f; einzelnes in§§19ff. 81 C. eod. 4, 20; La Pira 132 f. 81 C. eod. 4 §§ 14e, f. Gleichnahe teilen nach Köpfen. 18 C. eod. lt, 11 a. Damit werden auch die 'decem personae• (o. § 167 III) überflüssig, Inst. 3, 9, 5. - Hinter den Verwandten des Patrons waren vermutlich die (freien) Verwandten des libertus bis zum 5. Grad berufen und dahinter der Ehegatte; Inst. 3, 9, 6 f. "C. eod. 4, 23, dazu Lavaggi, StCagl. 30, 184 ff. (estr. 53 ff.).

362

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Soldaten fällt an die Soldaten ihrer Einheit, 86 das der Dekurionen, wenn sie keine Abkömmlinge haben, an die curia, 88 das der Mitglieder von Korporationen an ihren Verband, 67 das der Bischöfe, Kleriker und Mönche an ihre Kirche oder ihr Kloster. 88 Dieser Erwerb gilt nicht als Erbfolge. 89 Stirbt von mehreren, die gemeinsam vom Kaiser beschenkt worden sind, einer ohne Testament und ohne Abkömmlinge, fällt sein Anteil den socü zu, CT 10, 14, 1 (315); 2 (348) = C. 10, 14, 1. Anhang. Ein gesetzliches Erbrecht der Kirche ist vor dem 9. Jh. nicht anerkannt. 70 Wohl aber hat sich aus heidnischer Übung (dem Totenopfer als einer spiritualisierten Totennahrung) und aus der Forderung der griechischen Philosophen nach gerechter Güterverteilung ein Brauch entwickelt, einen bestimmten Teil des Nachlasses (dessen Höhe und Berechnung nach Ländern und Zeiten wechselt) als Erbteil oder Zuwendung unter Lebenden zum Heil der Seele Christus, Gott oder der Kirche zu hinterlassen. 71 Die kappadozischen Kirchenväter des 4. Jh.fordern eine festeVermögensquote,die westlichen einen Kindesanteil. Die Westgoten 71 und Justinian 71 halten an der Freiwilligkeit der Zuwendung fest. Die Einrichtung dieses •seelteils• (o. § 283 I) hat noch im Mittelalter eine bedeutende Rolle gespielt.

§ 288. Die lntestaterbfolge nach N ovellenrecht In der Nov. 118 (543),1 ergänzt durch Nov. 127, 1 (548), hat Justinian die unübersichtliche Ordnung der Intestaterbfolge neu geregelt. Entgegen dem allgemein gefaßten Titel 1 behandelt aber auch das Hauptgesetz nur die Verwandtenerbf olge, und auch sie nicht vollständig. Die Erbfolge des Ehegatten, ferner die nach dem Tod eines Freigelassenen und zahlreiche Einzelbestimmungen werden nicht erwähnt; insoweit sollte vermutlich das alte Recht weitergelten. 1 11 CT 5, 6, 1 (347) = C. 6, 62, 2. Vgl. auch Ulp. D. 40, 5, 4, t 7 (dazu lnd.) und zu einem Einzelfall schon Hadr.-Ulp. D. 28, 3, 6, 7 i. f. "CT 5, 2, 1 (318); ET 27; C. 6, 62, 4

(429). 17 Vgl. C. 6, 62, 1 (326): navicularii; 3 (349): cohortales; NT 6, 3 (438) =

C. eod. 5: fabricenses. 18 CT 5, 3, 1 (434) = C. 1, 3, 20; ET 26; o. § 214 V. Bei Just. sind die episcopi gestrichen, weil ihr Gut nach C. 1, 3, 41, 5 ff. (528) mit der Weihe regelmäßig an ihre Kirche fällt (o. § 214 15 ); doch vgl. wieder Nov. 131, 13, 3 (545). Näheres bei Biondi I 391; III 343; s. auch Orestano, St. De Francisci III 561 ff. u Perozzi II 517 1 ; Voci (o. A. 2) 45 f. 70 Nov. Leon. 40; Bruck, Kirchenväter (s. A. 71) 132 ff. 71 Grundlegend Bruck, Kirchenväter und soziales Erbrecht (1956, Auszug in SZ 72 (1955] 191 ff.), dazu Wieacker, SZ 74 (1957) 482 ff.; s. auch Bruck, Totenteil und Seelgerät im griech. R. (1926); Über röm. Recht im Rahmen der Kulturgesch. (1954) 46 ff. pass.

71 IP 4, 3, 3, dazu Conrat, Paulus 65 f. Zur Verfügungsfreiheit der Frau über das vom Ehemann Geschenkte s. CE 319; LV Ant. 5, 2, 4; Bruck, Kirchenv. 147 ff., der 156 justinianischen Einfluß auf das jüngere Westgotenrecht erwägt. 71 Zur Gültigkeit von Zuwendungen an die Kirche durch Einsetzung Christi oder Gottes s. o. § 284H. 1 Übersicht: Perozzi II 598 ff.; Voci, Dir. ered. rom. II 1 (1956) 41 ff. Vorgeschichte und Kennzeichnung bei Bossowski, Fschr. Koschaker II 277 ff.; 292 ff. Zur Frage hellenistischer und orientalischer Vorbilder s. insbes. ArangioRuiz (o. § 287 17 ). 1 Nov. 118 At«-rci~ti;clvcitpoüaci -rd:adgnatika 3ll.ioÜbergangene Töchter werden wie bisher neben den Eingesetzten an der Erbschaft beteiligt. 11 Bei Justinian macht jede Übergehung eines lebenden oder nachgeborenen suus 12 das Testament hinfällig. Sein Klassizismus weist den Übergangenen die 'bonorum possessio contra tabulas> zu. 18 Doch erhält man den Inhalt des Testaments aufrecht, sofern darin Intestaterben eingesetzt sind.H Später hat die Nov. 115 (542) die Tatbestände und die Folgen der Übergehung eingeschränkt. 16 § 290. Das Pflichtteilsrecht

I. Das Pflichtteilsrecht der Verwandten beruht auf der querela inofficiosi testamenti 1 und damit auf einem,rechtstechnisch gesehen, verunglückten Leitgedanken: Hat der Erblasser bestimmten nächsten Angehörigen ohne stichhaltigen Grund nicht wenigstens ein Viertel ihres Intestaterbteils als 'Pflichtteil> hinterlassen, dann soll das Testament durch Anfechtung umgestoßen werden können, so daß die Intestaterbfolge eintritt und damit die nicht oder unzureichend Bedachten den vollen Intestaterbteil erhalten. In der nachklassischen Zeit unterstreicht man die Vorstellung, daß, wer die nächsten Angehörigen ohne rechtfertigenden Grund nicht angemessen bedenkt, eine sittliche Pflicht verletzt. 11 Man hält auch daran fest, daß diese Pflichtwidrigkeit wegen des 'color insaniae> die Umstoßung des Testaments rechtfertige. 8 Immerhin zeigt sich jetzt eine verstärkte Neigung, das Testament so weit wie möglich aufrechtzuerhalten;' vor allem auch dadurch, daß man dem Pflichtteilsberechtigten, sofern er nicht vollständig übergegangen ist, statt der Anfechtungeinen Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gewährt. Im Osten begünstigt man das Pflichtteilsrecht überdies durch eine Erhöhung der Pflichtteile und-in Justinians Nov.115 (542)durch eine erschöpf ende Aufzählung der Gründe, aus denen ein zum Pflichtteil Berufener enterbt oder übergangen werden darf. 10 Daß nach GE 2, 3, 2 in diesem Fall das Testament als von Anfang an unwirksam gelten soll (Archi 284 ff.), ist wohl nur unklare Formulierung. - Nachtrügliche Gewinnung eines suus durch Adoption steht der Geburt gleich, GE 2, 3, 3. 11 Sie erhalten seit Antoninus Pius (o. § 172 11 ) auch nach Honorarrecht neben sui einen Kopfteil, neben extranei die Hälfte; so auch noch GE 2, 3, 1; PS 3, 4b, 8, dazu IP 3, 6, 14; RB 45, 4; Auffroy 66 rr. 11 Nachträgliche Arrogation des Eingesetzten (o. § 171 12 ) macht das Testament nicht mehr hinfällig, Scaev. D. 28, 3, 18; itp. nach La Pira, La successione ered. (1930) 89, s. auch Ind. 13 C. 6, 28, 4, 6 i. f. Die Unlogik, die darin liegt, weil die Entkräftung des Testaments zur bon. poss. intestati führen müßte, haben die Römer offenbar in Kauf genommen, s. La Pira 343.

u Vgl. C. 3, 36, 26, 1 (318) = 6, 23, 21, 3 a (o. § 283' 0 ); NT 16, 7 (439) = C. 6, 23, 21, 5; itp. sind D. 28, 3, 2; 12 pr.; 17 u. a., vgl. Ind. und La Pira 101 rr. 16 Unt. § 290' 7 • 1 Lit. o. § 1731, dazu jetzt Marrone, SD 21 (1955) 74 rr.; APal. 24 (1955) 36 ff.; 48-93; 451 rr.; V oc i, Dir. ered. rom. II 1 (1956) 363 rr.; 425 ff.; vgl. auch Ferrari II 24 rr. 1 Belege für eine 'Naturwidrigkeit• bei Biondi III 343 ff. Von 'naturale debitum• spricht C. 3, 28, 36, 2 (531, o.§ 255 11). Bloße Ratschläge für die Bedenkung der Kinder aus zwei Ehen erteilt Nov. 22, 48 pr. i. r. (536). 1 Dazu schon o. § 173 11 ; zur rhetorischen Herkunft des 'color> auch Steinwenter, sz 65 (1947) 9481 • ' Zum klassischen Recht s. schon o. § 17316 , •.

366

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

1. Im Westen 6 fließt die querela inoff. test., nachdem alle Prozeßarten in der Kognition auf gegangen sind, mit der hereditatis petitio zusammen. Der Pflichtteilsberechtigte verbindet sein Begehren nach Entkräftung des Testaments mit dem auf Herausgabe des Intestaterbteils. 6 Die Klage 7 heißt jetzt (untechnisch) o. ä.8 Der Pflichtteil 9 bleibt im Westen ein Viertel des Intestaterbteils. 10 Hat der Erblasser den Kindern weniger zugewandt, aber im Testament bestimmt, die Zuwendung solle nach dem Ermessen eines redlichen Mannes auf ein Viertel erhöht werden, so erklärt schon Konstantius dies für wirksam. 11 Später verzichtet man offenbar auf diese Klausel und gewährt dem ungenügend bedachten Pflichtteilsberechtigten ohne weiteres einen Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils. 11 Der Kreis der Anfechtungsberechtigten wird den veränderten Grundsätzen der Intestaterbfolge, besonders der reinen Kognatenerbfolge, angepaßt.18 Hinter den Abkömmlingen und den Vorf ahrenic läßt Konstantin von den Seitenverwandten nur solche Geschwister zur Anfechtung zu, die mit dem Erblasser den Vater gemeinsam haben (consanguinei), und auch sie nur, wenn ihnen eine ehrlose Person vorgezogen worden ist. 16 Die Gründe der Anfechtung, hauptsächlich Undank oder Verletzung der Ehrerbietigkeit, bleiben nach wie vor dem richterlichen Ermessen überlassen.16 Im Osten bietet das Syr.-röm. Rb. ein stark abweichendes System: 17 Sind Söhne oder Töchter da, 11 so muß der Vater, wenn er testieren will, sie im Testament einsetzen; dabei bleibt den Töchtern ein Viertel für die dos vorbehalten, über das der Vater nicht 1 Vgl. Conrat, Paulus 2oorr. Übersicht bei Auffroy (o. § 2831 ) 101 ff. und zur späteren Verschmelzung mit germanischen Rechtsgedanken 331 ff.; Ferrari II 44 ff. pass. (zum Langobardenrecht). Doch bedürfen diese Zusammenhänge noch näherer Untersuchung. 1 Levy, SZ 49 (1929) 2427 • Auf diese Anfechtungsklage bezieht sich die aktive Unvererblichkeit in PS 1, 13b, 4 (ex cons. 6, 5, nachklassisch) und IP 1, 13, 9, Conrat, Paulus 203 f.; ferner die Satisdationspflicht in IP 1, 11, 2 (aus PS 1, 11, 1 zum Einlassungszwang bei der bered. petitio), Conrat 201 ff. 7 Sie ist nach wie vor fünfjährig befristet, CT 2, 19, 5 (383) mit IT; RB 31, 2. Annahme des letztwillig Zugewandten schließt die Anfechtung aus, CT eod. 7 = 4, 4, 7 pr. (424), s. auch IT 2, 19, 7. Dagegen ist Verzicht auf die Anfechtung unwirksam, PS 4, 5, 8 mit IP. 1 CT 2, 19, 1 ff. mit IT; IP 4, 5 §§ 5, 7-9. Zu Vorläufern o. § 199 1 • • Er heißt auf Grund einer Verwechslung mit der quarta Falcidia einfach 'Falcidia', vgl. u. § 298" und zu den fränkischen Urkunden Auffroy 3341 . 10 Zur Berechnung o. § 17321 ; IP 4, 5, 6.

11 CT 2, 19, 4 (361). Dem klassischen Recht war diese 'suppletorische Klausel' wohl noch unbekannt, vgl. zu D. 5, 2, 25 pr. u. A. 26. 11 PS 4, 5, 7 (unklassiscb, vgl. V o 1terra, ACI Bologna I 147 m. Lit.) mit IP; Conrat, Paulus 204 C.; De Dominicis, Ann. Ist. 4/5 {195la)221 f. 11 So sind jetzt auch die Enkel von der vorverstorbenen Tochter berechtigt (o. § 287 II), vgl. CT 5, 1, 4, 3 (389) = C. 6, 55, 9, 2; RB 10, 4; 22, 9. 14 Nach CT 2, 19, 2 (321) haben die fratres consanguinei den Vorrang vor der Mutter; gestrichen in C. 3, 28, 28, 2. 111CT 2, 19, 1 (319; mit eod. 3 [wohl 313] verschmolzen in C. 3, 28, 27); Inst. 2, 18, 1. Einsetzung des servus necessarius heres institutus (o. § 174 II) begründet die Anfechtung nicht, obschon auch er (als Konkursschuldner) zu den Infamen zählt; CT eod. 3; C. eod. 27, dazu u. § 2957• 11 Vgl. CT 2, 19, 2 (321) mit IT, c. 2 verändert in C. 3, 28, 28; lT 5, 1, 4 i. r. non probatis causis. 17 SRR L 1 (mit Parallelen), dazu Nallino IV 422ff. (m. Lit.); 444f. = RAL (ser. 6) 1 (1926) 776 ff.; 799. 11 Zu den Abkömmlingen der Kinder s. o. § 28711 •

§ 290. Das Pflichtteilsrecht

367

letztwillig verfügen kann. 1• Nur wenn keine Kinder da sind, kann der Erblasser frei verfügen. Sind erwachsene Kinder ungehorsam oder ehrlos, so können sie enterbt werden, sie behalten aber ein Viertel; auf die restlichen drei Viertel kann der Vater andere freie Personen einsetzen. Sind diese Eingesetzten unfrei oder ehrlos, kann das Testament angefochten werden. 90 Dieses System erklärt sich daraus, daß nach hellenistischer Rechtsanschauung die Hauserben schon zu Lebzeiten des Erblassers am Vermögen mitberechtigt sind. Sie haben daher eine Anwartschaft auf die Erbschaft (xcx-ro:,c-lJ), die ihnen nicht durch Enterbung entzogen werden kann, 11 und aus der auch das Erfordernis ihrer Zustimmung zu bestimmten Verfügungen der Eltern über die Vermögensgegenstände folgt. 11

2. Das j ustinianische Recht vor der Nov. 11523 läßt wie im Westen die querela inofficiosi testamenti mit der hereditatis petitio zusammenfließen." Auch hier ist man bestrebt, das wenig durchdachte Rechtsmittel einzuengen. Das Testament soll, auch wenn es angefochten ist, nach Möglichkeit aufrechterhalten werden. 26 Vor allem aber schränkt man die Anfechtung selbst auf die Fälle ein, in denen der Erblasser die Pflichtteilsberechtigten vollständig übergangen hat. Hat er ihnen auch nur das Geringste zugewendet, dann erhalten sie eine Klage auf Ergänzung des Pflicht17 teils• (ad supplendam legitimam), die den übrigen Testamentsinhalt bestehen läßt. Die Querei ist zunächst wie bisher aktiv unvererblich, wenn sie nicht bereits rechtshängig geworden ist oder der Berechtigte die bonorum possessio contra tabulas erbeten 11

Vgl. zur Rechtsvergleichung Mi tteis, RR 327 ff.; SZ 25 (1904) 294 ff. Zur collatio dotis s. u. § 29411 • 80 SRR L 9 (R II 5, P 4 u. a.), dazu Nallino 402ff. (730ff.); zur Rechtsvergleichung auch Mitteis, RR 332 ff.; v. Woeß, Das röm. Erbrecht (1910) 270f. 11 Auch die Verstoßung ((btox71pu~~) beläßt ihnen den Pflichtteil (cpowdBtov),o. § 22810 • 11 Zu alldem o. § 2051 m. Lit. Jüdischen Einfluß erwägt Bossowski, ACJI I 365 ff.; Fschr. Koschaker II 299 f. Zu den kopt. Urkunden s. Till (o. § 2831 ) 39 ff.; Steinwenter (o. § 2831 ) 47 f. - Auch Erbeinsetzung des zugleich freigelassenen Sklaven setzt Kinderlosigkeit voraus, vgl. SRR L 33 (m. Parall.), dazu N allino IV 464 ff. = RAL (ser. 6) 1 (1926) 819 ff. gegen Mitteis, RR 338 f. 11 Zur Lit. noch J obbe-Duval, Mel. Fitting I (1907) 439 ff. 16 Vgl. C. 3, 28, 34 pr. (531); D. 37, 4, 20 pr. i. f. itp. u. a.; Steph. sch. 1 zu D. 5, 2, 1; sch. 1 zu D. eod. 3 (Bas. 39, 1, 1 u. 3, Heimb. IV 1 f.; 3); Eisele, SZ 15 (1894) 301 ff.; Brugi, Mel. Fitting I (1907) 115 ff.; H. Krüger, Bull. 47 (1940) 70 f.; Renier, ttude sur l'histoire de la quer. inoff. test. (1942) 161 ff.; Collinet, SD 19 (1953) 269 ff.; Marrone, SD 21 (1955) 119 ff. m. weit. Lit.; Voci (o. A. 1) 429 ff. Zu La Pira 442 s. Kreller, sz 52 (1932) 489 f. 11 Das folgt aus der Klage ad supplendam legitimam und aus der Nov. 115.

Anders gleichwohl La Pira 440 ff.~ 456 ff.; 509-567, der eine umgekehrte Tendenz annimmt: Während die klassische Quere! das Testament nur insoweit entkräftet, wie es die vom Prätor als pflichtteilsberechtigt anerkannten Kognaten verletzt (438 f.), habe die nachklassische Querei aus der unwiderleglichen Vermutung der Geisteskrankheit des Erblassers die Hinfälligkeit des ganzen Testaments gefolgert. Indessen war offenbar schon in der klassischen Zeit die Frage, in welchem Ausmaß die Hinfälligkeit der Erbeinsetzungen das Unwirksamwerden auch des übrigen Testamentsinhalts nach sich ziehen sollte, Gegenstand vielfältigerKontroversen; vgl. Kreller 489 ff. (o.. § 17311). S. zuletzt auch Voci 376 ff.;. 411 ff. Die Frage bedürfte neuer Bearbeitung. 11 C. 3, 28, 30 pr./1 (528), dazu Pringsheim, ACI Roma I 488 ff.; Inst. 2, 18, 3; itp. D. 5, 2, 25 pr. (anders v. Woeß 252ff.; Siber 38180 ). Erweiterung auf mündliche Testamente in C. eod. 31 (529). Zu Einzelheiten (Eviktion des Zugewandten, Belastung mit der falzidischen Quart) C. eod. 36 pr.-1b (531); Voci 426 ff. Vgl. auch B alis, SZ 55 (1935), 272 ff. Die Erbunwürdigkeit, die den bedroht, der das Testament grundlos anficht, ist mit der erfolglosen Ergänzungsklage nicht verbunden, s. u. § 2929• 17 Die Bezeichnung ist untechnisch;. der Name •actio suppletoria• unrömisch~

368

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

hat; 18 erst C. 3, 28, 34 (531) läßt sie auf die Abkömmlinge des Enterbten auch dann übergehen, wenn er die Klage noch nicht anhängig gemacht oder vorbereitet hat. 11 Verzieht auf die Querel bleibt unwirksam ;30 ist weniger als der Pflichtteil zugewendet und nimmt der Berechtigte es an, so ist der Ergänzungsanspruch nur ausgeschlossen, wenn der Berechtigte ausdrücklich verzichtet hat. 81 - Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Erbantritt fünf Jahre verstrichen sind. 81 Der Querei entzogen ist, wie schon bisher das peculium castrense, nun auch das quasi castrense. 83 Läßt es der eingesetzte Abkömmling, der den Pflichtteil oder die Pflichtteilsergänzung zu leisten hat, bis zum Urteil kommen, erhöht sich seine Leistungspflicht um ein Drittel, C. 3, 28, 33 pr. (529).

Der Pflichtteil ist nach wie vor ein Viertel des Intestaterbteils." In Nov. 18 (536) wird er zugunsten der Abkömmlinge erhöht: er beträgt bis zu vier Kindern ein Drittel, bei mehr Kindern die Hälfte des Intestaterbteils. 35 Auf den Pflichtteil wird schon vor Justinian die dos oder die Eheschenkung angerechnet, die der Erblasser dem Berechtigten erteilt hat. 38 Nunmehr gilt dies auch für sonstige Schenkungen des Erblassers unter Lebenden, wenn er mit ihnen die Bestimmung verbunden hat, daß sie angerechnet werden sollen.37 Bedingungen oder Befristungen, die den Pflichtteil belasten, werden gestrichen. 38 Zur Anfechtung berechtigt 39 sind wie bisher die Abkömmlinge'° und 18

Vgl. Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 110 f.; Voci 416 ff. Die Erweiterungen in Ulp., Paul. D. 5, 2, 6, 2; 7 enthalten wohl nichts sachlich Neues; anders Suman, Saggi minimi (1919) 3 ff.; Albertario, SZ 35 (1914) 315 (doch s. Studi IV 261 Anm.); La Pira 472 ff.; 476 ff. 111 Vgl. auch C. 3, 28, 36, 2 b (531). ao C. 3, 28, 35, 1 (531), vgl. o. A. 7. Papinians Meinung ist anderweitig nicht überliefert. Wird von einem anderen Berechtigten angefochten, dann wirkt die Anfechtung nicht zugunsten dessen, der repudiantis animo die Anfechtung unterlassen hat, D. 5, 2, 17 pr.; unecht nach La Pira 456 r.; vgl. auch 456 1 zu Steph. sch. 1 adhl. (Bas. 39, 1, 14, Heimb. IV 20). ai C. eod.35,2; anders im Westen, s.o.A. 7. 31 Ob. § 17327 und o. A. 7. Zur Berechnung C. 3, 28, 36, 2 (531), anders IT 2, 19, 5. Damit der Eingesetzte die Verfolgung nicht verschleppe, kann er, wenn beide Teile in derselben Provinz wohnen, binnen 6 Monaten, andernfalls binnen einem Jahr zur Erklärung, ob er antrete oder ausschlage, gezwungen werden; sein Schweigen gilt als Annahme, C. eod. 36, 2a; De Francisci, Bull. 23 (1911) 210ff.; Biondi (o. A. 28) 279 f. aa Vgl. zum pec. castr. Diocl. C. 3, 28, 24, auch Pap.-Ulp. D. 5, 2, 8, 3; zum quasi castr. C. 3, 28, 37, 1 f (nachträglich verallgemeinert, vgl. C. 1, 3, 49 [531]; Schulz, ACJI I 85; 92 ff.); Inst. 2, 11, 6. M Nach Bossowski, Fschr. Koschaker II 294 ff.; 298 stand dieses Viertel zunächst nicht fest, sondern folgt erst einer sich festigenden Vergleichspraxis. - Die Unlogik der Querei besteht weiter: Ist der Pllichtteilsberechtigte nicht vollstän-

dig übergangen, steht er schlechter da als bei vollständiger Übergehung, weil er im ersten Fall nur die Ergänzung des Pflichtteils, im zweiten den vollen Intestaterbteil verlangen kann. 86 Nov. 18, 1 (536); unüberlegt: von 4 Kindern erhält jedes 1/ 12, von 5 Kindern 1/ mit Nieß10 • Belastung des Pflichtteils brauch ist zulässig, cap. 3; legitimierte Kinder sind gleichgestellt, cap. 4, 1. • C. 3, 28, 29 (479), anknüpfend an die collatio dotis. Anrechnung einer militia (Dienststelle), die das Kind aus den Mitteln des Erblassers erworben hat, in eod. 30, 2 (528), vgl. auch C. 6, 20, 20, 1 (529). 87 C. 3, 28, 35, 1-2 (531); 36, 1 (531); Inst. 2, 18, 6; D. 5, 2, 25 pr. itp. (o. A. 26); s. auch u. A. 58. Zum Fall der Einsetzung eines extraneus mit Erbschartsfideikommiß zugunsten des Pflichtteilsberechtigten s. C. eod. 36, 1 c-e (531). 38 C. eod. 32 (529); s. auch eod. 36, 1 a (531), ferner u. A. 59. 31 Übersicht bei H. Krüger, Fschr. Koschaker II 266 rr. Fragwürdige ltp.Vermutungen bei La Pira 418 ff.; 426 ff., der annimmt, Justinian habe an die Stelle der cognati nun allgemein die Intestaterben gesetzt; vgl. kritisch Kreil er 487 ff. - Die 'bonorum possessio litis ordinandae gratia' (o. § 17313 ; zu ihr auch Beseler, Scr. Ferrini Mil. III 289) gehl nach der Verschmelzung der zivilen und der prätorischen Erbfolge im Erbantritt ab intestato auf, vgl. Sleph. schol. 5 f. zu D. 5, 2, 6, 1 r. (Bas. 39, 1, 6, Heimb. IV 7 f.); zum Westen Symm. rel. 19, 9, dazu Timbal, RH 19/20 (1940/41) 386 ff. '° Zum Adoptivkind vgl. C. 8, 47, 10 (530), o. § 227 II 2. Justinian gibt ihm

§ 290. Das Pflichtteilsrecht

369

die Vorfahren, 41 dahinter, wenn ihnen eine ehrlose Person vorgezogen worden ist, die Geschwister.42 - Die Gründe der Anfechtung bleiben zunächst Ermessenssache. 43 3. Eine umfassende, aber in wesentlichen Fragen unklare Neuregelung bringt die Nov. 115, cap. 3 und 4 (542).44 Sie betrifft nur das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge und der Vorfahren; das der Geschwister soll vermutlich unverändert fortgelten. Nach der Novelle dürfen weder die Abkömmlinge ihre Eltern und Voreltern noch umgekehrt diese ihre Abkömmlinge grundlos enterben oder übergehen.u Sie müssen ihnen vielmehr den gesetzlichen Pflichtteil durch Erbeinsetzung zuwenden; Schenkung oder Vermächtnis genügt nicht mehr. 48 Die Gründe, aus denen die Enterbung oder Übergehung zulässig ist, werden erschöpf end auf gezählt; sie müssen im Testament angegeben werden. Bestreiten die Pflichtteilsberechtigten das Vorliegen eines solchen Grundes, so müssen ihn die Testamentserben beweisen. Die Gründe, aus denen Abkömmlinge ihre Vorfahren (ohne •Undank') enterben dürfen, stehen in cap. 3, 1-14, die für die Enterbung durch die Vorfahren in cap. 4, 1-8. Gemeinsame Tatbestände: Strafanklage (außer wegen Staatsverbrechens), Lebensnachstellung (mit Zauberei, Gift usw.), Geschlechtsverkehr mit der Ehefrau oder Konkubine des Erblassers, Verhinderung der Testamentserrichtung, Vernachlässigung des geisteskrank gewordenen Erblassers, Unterlassung des Loskaufs aus der Gefangenschaft, Glaubensvergehen; - darüber hinaus Verfehlungen der Abkömmlinge gegen die Vorfahren: Handanlegung oder schwei•e Beleidigung, falsche Anschuldigung, verweigerte Sicherheitsleistung für den Verhafteten, unsittliches Gewerbe und dgl.

Wird keiner dieser Rechtf ertigungsgründe erwiesen, dann macht die Enterbung oder Übergehung das Testament, soweit es die Erbeinsetzung enthält, hinfällig, und es werden die Intestaterben berufen. 47 Die Vermächtnisse, Freilassungen und Vormundsbestellungen bleiben aufrecht. 48 Waren die Pllichtteilsberechtigten wenigstens teilweise bedacht worden, erhalten sie auch weiterhin die Pflichtteilsergänzungsklage. 49 die Querei gegen das Testament des leiblichen Vaters nur bei der •adoptio minus plena' (§ 1), nicht bei der •plena' (§ 1a non patris naturalis successionem molestare concedatur); La Pira 485 f.; zur Vorgeschichte Bergman, Beiträge z. röm. Adoptionsrecht (1905) 41 ff.; itp. Dig.Bull. Stellen 99 rr.; vgl. De Francisci, 23 (1911) 229ff. u Zur Mutter C. 3, 28, 28 (o. A. 14); H. Krüger (o. A. 39) 272. u Ob. A. 15. Justinian stellt die Schwestern den Brüdern gleich und verzichtet auf die Agnation, C. 3, 28, 27 (durante vel non agnatione). "Vgl. C. 3, 28, 28 (o. A. 16). "Kunkel 330 rr. mit der gemeinrechtl. Lit.; v. Woeß (o. A. 20) 256 ff.; La Pira 486 rr.; Racz (o. § 1731) 119 rr.; 136 rr.; Voci 434 f. "Vgl. eod. 4, 9 i. f.; 5 pr. " Eod. 3 pr.; 5 pr. (in 4 pr. nicht erwähnt). 2~ HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

' 7 Eod. 3, 15 und ~. 9. Zur Geltendmachung der Hinfälligkeit des Testaments wird aber nach wie vor die Querei, verbunden mit der hereditatis petitio auf Herausgabe des Intestaterbteils, erforderlich gewesen sein. Allerdings läßt es die Nov. offen, ob die Übergebung eines suus und ebenso die eines postumus wie bisher ohne weiteres die Nichtigkeit begründet (o. § 289 II) oder (wie man im gemeinen Recht angenommen hat) gleichfalls nur die Anfechtung mit Querei; vgl. Kunkel 331 m. Lit.-Hinw. Davon abgesehen, hat die Nov. die bisherige Regelung des formellen Noterbenrechts auch insofern abgeändert, als die b egrü n de t e Übergehung eines suus das Testament offenbar nicht mehr hinfällig bzw. anfechtbar macht. 0 Eod. 3, 15; 4, 9cit. " Eod. 5 pr. Offenbar wurde auch diese Klage durch einen der angeführten Enterbungsgründe ausgeschlossen.

370

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

II. Zur Anfechtung von Schenkungen unter Lebenden, die den Pflichtteil verkürzen, besteht die querela inofficiosae donationis weiter;60 doch stehen im westlichen Vulgarrecht die Nichtigkeit der pflichtwidrigen Schenkung51 und die Pflichtteilsergänzung nebeneinander. 61 Daneben wird im 4. Jh. nach dem Muster der querela inoff. test. eine Anfechtung der übermäßigen Dosbestellung eingeführt, wenn diese das ganze Vermögen erschöpft und damit notwendig auch die Pflichtteile beeinträchtigt hat. 68 III. Das Pflichtteilsrecht des PatronsM wird in beiden Reichshälften durch ähnliche, aber offenbar voneinander unabhängige Maßnahmen eingeschränkt. 66 Vor allem wird im Westen 116 ebenso wie von J ustinian der Vermögensteil, den der kinderlose Freigelassene 57 dem Patron hinterlassen muß, 58 bisher die Hälfte, auf ein Drittel herabgesetzt. 58 Hat der Patron weniger erhalten, läßt J ustinian ihn wie bisher wählen zwischen den 'libertatis causa imposita>, besonders den versprochenen Diensten, 80 und der 'bonorum possessio contra tabulas>. 81 Daneben erhält er nach dem Vorbild der anderen Pfiichtteilsberechtigten (o. 1) eine Klage auf Ergänzung des Pflichtteils. 81 ao Ob. § 173 II; H. Krüger, SZ 60 (1940) 87 ff.; Voci 422 ff.; zuletzt Levy lI 247 m. weit. Lit.; P. Simonius, Donatio mortis causa (1958) 58 ff. Vgl. CT 2, 20, 1 (361) = C. 3, 29, 9; RB 31, 2. S. auch Steinwenter, SZ 74 {1957) 23 zu Symm. rel. 19. 11 IT 8, 12, 1 (S. 409 Z. 4 ff.). 11 IG 8, 2 (FIRA II 661 f.); s. Levy, ACI Roma II 46. 11 Unrömisch sog. •querela inofficiosae dotis•. CT 2, 21, 1 (358) = C. 3, 30, 1. Nach CT eod. 2 (357) muß die Frau, die bei ihrer Wiederverheiratung die dos bestellt, ein Viertel ihres Vermögens zugunsten der Kinder aus erster Ehe einbehalten, sonst ist die Dosbestellung unwirksam; auch die •lex Papia• ( Gai. 3, 44, o. § 172 II) darf sie nicht verletzen (steht nicht in CI). "Lit. o. § 17211 , dazu Leist-Glück La 37/38 V (1879) 425 ff.; Lavaggi, successione nei beni del liberto (1947) ; vgl. Ad. Schmidt, Priichtteilsrecht des Pain: trons (1868) 24 ff.; 32 Cf.; Hubrecht Rev. jur. et econ. Sud-Ouest (1«:'59). 61 Der Westen hält sich zunächst zurück. GE schweigt (Archi 324 ff.). CT 4, 4, 7 pr. (424 Ost) = C. 6, 13, 2 hat keine IT. n NV 25, 3 f. (447). Von den zu bedenkenden Abkömmlingen des Freilassers sind nur die Söhne und Sohnessöhne genannt. Zum Freilasser selbst (eod. § 8) vgl. Lavaggi 19 rr. Die Vergünstigungen der Frauen mit ius liberorum nach der lex Papia (o. § 16615 ) sind als überholt stillschweigend übergangen, vgl. Lavaggi 6 ff. - Nach INV kann der Freigelassene

nur noch mit Willen des Patrons testieren, s. o. § 28412 • 67 Bei Justinian auch der, der seine liberi enterbt hat. 68 Er kann den Priichtteil auch im Osten durch Schenkung unter Lebenden •contemplatione debitae portionis• zuwenden, D. 38, 2, 3, 18 itp., Mancaleoni, St. Scialoja II (1905) 609ff.; La Pira 386f. - Zur Freigrenze s. u. bei A. 64. 69 Vgl. einerseits NV 25, 3 eil., andererseits C. 6, 4, 4, 16; Inst. 3, 7, 3. Die Neuerung gilt auch für den parens manumissor, C. eod. § 25; H. Krüger (o. A. 39) 269 f.; Schmidt 150 ff. Das Drittel muß unbelastet sein von Vermächtnissen (eod. §§ 16a-c; La Pira 392 f.; diese werden den Miterben zur Last gelegt), auch unbeschränkt von Bedingungen und Befristungen (eod. §§ 17, 17 a; itp. D. 37, 14, 21, 1; LaPira387 f.). Über die Berechnung der falzidischen Quart s. C. eod. §§ 18, 18 a. Auf Grund dieser Neuerung ist 'debita portio• in den Dig. wohl immer statt 1 dim1dia• itp., vgl. Iod. zu D. 38, 2; v. Woeß 250 f.; La Pira 376ff. pass. - Das peculium castrense (Ulp. D. 38, 2, 3, 6) und das quasi castrensc sind ausgenommen, C. 3,28, 37, 1 g. 80 Ob. § 17211 ; C. 6, 13, 2 (o. A. 55). 11 Mit ihr verlangt der Patron auch im klassischen Recht nicht einfach das Fehlende; sie setzt vielmehr voraus, daß der Patron die Zuwendung nicht angenommen hat (unscharf D. 38, 2, 8 pr. itp., Ind. u. La Pira 391), und ist daher auf den vollen Pflichtteil gerichtet. 12 ltp. D. 37, HI, 21, 1 (o. A. 59); 38, '.!, 10 pr., La Pira 409.

§ 291. Der Erwerb

der Erbschaft

371

Die Vergünstigungen der lex Papia Poppaea (o. § 172 II) sind beseitigt ;83 doch gibt Justinian der Freigrenze von 100000 118 (Gai. 3, 42) einen neuen Sinn, indem der Freigelassene, dessen Vermögen weniger als 100 aurei beträgt, darüber ohne Beschränkung durch das Pflichtteilsrecht des Patrons verfügen kann." - Die Klagen zum Schutz des Patrons gegen Beeinträchtigungen seines Pflichtteilsrechts durch den Freigelassenen (actio Fabiana, actio Calvisiana) bleiben bestehen."

IV. Schließlich bestehen noch begrenzte Sonderrechte: 1. Die quarta divi Pii zugunsten des unmündigen Arrogierten, der nachträglich emanzipiert worden ist {o. § 173 III), besteht bei Justinian fort." Dagegen wird die Quart aus dem SC Afinianum (ebd.) mit der Neuregelung der Adoption hinfällig. 17 2. Wird ein Gemeindebeamter (curialis) von einem Nichtbeamten beerbt, so fällt ein Viertel an die Gemeinde (unrömisch sog. 'quarta curialis'). 18 Nach Nov. 38 (536) muß der Kuriale, der keine Abkömmlinge hat, der Gemeinde drei Viertel hinterlassen. Hat er männliche Abkömmlinge, die er für das Gemeindeamt stellt oder die sich selbst offerieren, erhalten sie drei Viertel; ebenso weibliche Abkömmlinge, die einen Kurialen heiraten.

II. ERBSCHAFTSERWERB

UND ERBENSTELLUNG

§ 291. Der Erwerb der Erbschaft 1. Nach klassischem Recht fiel die Erbschaft den , 5 die weithin den Regeln ist als -der communio folgt (o. § 267 II). Die actio familiae erciscundae 8 bonae fidei iudicium anerkannt. Sie ist nicht mehr notwendig eine einheitliche Klage, gerichtet auf das doppelte Ziel, sowohl das Miteigentum auf zuheben und mittels adiudicatio Alleineigentum zuzuweisen wie auch über die aus dem Rechtsverhältnis noch offenstehenden Forderungen unter den Miteigentümern abzurechnen. 7 Vielmehr kann die Klage auf Leistung jetzt, losgelöst vom Teilungsbegehren, schon während bestehender Erbengemeinschaft geltend gemacht werden. 8 Die Klage steht auch bonorum possesaores offen.11 18

C. 6, 52, 1 (450); sog. •transmissio ex iure sanguinis' oder •transm. Theodosiana'. Gleiches gilt für den Vermächtniserwerb, u. § 29831 • H C. 6, 30, 19 (529); sog. •transmissio Iustiniana'. Hat der Berufene ein tempus ad deliberandum erbeten, dann läuft dieses noch für seine Erben weiter, aber nicht länger als ein Jahr (§ 1 i. f.). Hat es jedoch der Berufene schon ungenutzt verstreichen lassen, wird seinen Erben nichts vererbt (§ 4). Ist kein solches tempus erbeten und stirbt der Berufene innerhalb eines Jahres, nachdem er von seiner Berufung erfahren hat, kommt der Rest dieses Jahres noch seinen Erben zugute (§§ 2 f.). Was gelten soll, wenn der Berufene nichts von ihr erfahren hat, bleibt ungeklärt. Zu Nov. 158 (544) vgl.di Marzo, RIDA 2 (1949) 243ff. 1 Und allenfalls zugleich die Herausgabe, u. § 2966 • - Aus der Konkurrenz zwischen -den actiones fam. erc. und communi dividundo nach PS 1, 18, 1 (o. § 1796 ) macht IP eine solche zwischen gerichtlicher Klage und Schiedsverfahren, Levy, SZ 49 (1929) 2'131 ; s. auch Conrat, Paulus 205 f. 1 PS 1, 18, 4. Im klassischen Recht muß

die Klage nicht unter allen geltend gemacht werden, das Urteil wirkt dann aber nicht gegenüber den übrigen, Diocl. C. 3, 36, 17; das galt trotz Marrone, APal. 24 (1955) 492 nicht nur für den Kognitionsprozeß. Vgl. auch Ulp. D. 10, 2, 2, 4; 43 und Paul. D. 10, 3, 8 pr., itp. nach Biondi, APal. 12 (1929) 2254 , anders Dir. ered. rom. (1954) 455 f. (doch ist in fr. 43 igitur rell. wohl gloss.). 3 CT 2, 24, 1 (321); 2 (327); Levy I 208 f. Zur •elterlichen Teilung' o. § 283 IV. ' Zur ägypt. Praxis (Schiedsverfahren) s. Kreller, Erbrechtl. Unters. (1919) 95 ff.; Taubenschlag 22210 • 6 Inst. 3, 27, 4; o. § 267 19• • Inst. 4, 6, 28; o. § 138'; § 267•. Zum Haftungsmaßstab (diligentia quam suis rebus) ebd. 28 • 7 Die Schuldoktrin spricht auch hier von •causa mixta• (tarn in rem quam in personam), Inst. 4, 6, 20; vgl. auch D. 10, 2, 22, 4 (überarb.); o. § 26723 • • Näheres o. § 26721 m. Lit., dazu noch die Hinweise bei Bio n d i ,Dir. ered.rom.459. • D. 10, 2, 2, 1; 24, 1, beide insoweit wohl unecht, vgl. Ind. und o. § 1797 m. Lit.

§ 294. Erbenmehrheit.

Akkreszenz

und Kollation

379

II. Zu einer Anwachsung freiwerdender Erbteile (o. § 180 1) zugunsten der Miterben kann es nach wie vor ebenso bei der Intestaterbf olge10 wie bei der testamentarischen 11 kommen. 12 Justinian beseitigt die Beschränkungen, die aus den augusteischen Ehegesetzen fortbestehen, 13 er übernimmt aber einige Gedanken daraus in seine Neuregelung. Für die einem Miterben auferlegten Lasten, insbes. Vermächtnisse, galt bisher, daß sie mit der Akkreszenz untergingen.H Was dagegen als •caducum• oder als 'in causa caduci• bestimmten Begünstigten, zuletzt dem Fiskus, verfiel, das erhielten sie beschwert durch diese Last. 11 Diesen Grundsatz übernimmt Justinian nun für die Akkreszenz, so daß die Lasten nicht mehr untergehen. 11 Besonderes gilt dagegen wie schon bisher für die •pro non scripto habita•, z. B. Zuwendungen an einen, der vor der Testamentserrichtung verstorben ist: 17 es tritt Substitution oder Akkreszenz ein, und zwar 'sine onere•.11

III. Auf eine neue Grundlage stellt die nachklassische Gesetzgebung das Recht der collatio bonorum. 19 Sie war vom Prätor für die bonorum possessio eingeführt worden, hauptsächlich um zu verhindern, daß bei der Erbteilung die emanzipierten Kinder, die vermögensfähig sind und bereits eigenes Vermögen erworben haben, besser gestellt werden als die sui, die bis zum Erbfall Hauskinder und damit vermögensunfähig geblieben sind. Dieser Zweck der Kollation tritt jedoch zurück, seitdem auch die Hauskinder eine, wenn auch beschränkte Vermögensfähigkeit erhalten. Die Emanzipatenkollation wird damit weithin überfiüssig 20 und besteht im Westen nur noch mit Einschränkungen fort. 21 Im Osten dagegen belebt man die Einrichtung neu, indem man ihr eine andere Zweckbestimmung unterlegt. Man geht dabei von dem Leitgedanken 10

Hier wird der bisherige Anwendungsbereich (o. § 180 I) mit der allgemeinen Vergrößerung des Kreises der zur Intestaterbfolge Berufenen erweitert; außerdem dadurch, daß Justinian die sukzessive Berufung allgemein zuläßt (o. § 287", 81 ). Dabei erhält jedoch die Akkreszenz unter den im gleichen Grad Berufenen den Vorrang vor der Berufung der Erben des nächsten Grades, vgl. C. 6, 58, 15, 3a (534). Unter Angehörigen derselben Gruppe folgt die Anwachsung im allgemeinen den bisherigen Grundsätzen. Übersicht zu alldem bei Vaccari-Delogu, L'accrescimento nel dir. ered. rom. (1941) 44 ff.; 46 f. 11 Zum Westen vgl. 1P 3, 6, 12 (zu PS 3, 4b, 6, s. zur Über- oder Unterschreitung der Erbquoten o. § 161 II); Conrat, Paulus 197. - Auch Justinian unterscheidet noch zwischen Einsetzung mehrerer Erben •coniunctim• und 'disiunctim•: Werden von mehreren Eingesetzten einzelne zusammengefaßt und anderen gegenübergestellt, so findet Anwachsung zunächst nur zwischen den zusammengefaßten statt, erst nach deren Wegfall auch mit den weiteren, C. 6, 51, 1, 10-10e (534), insbes. §§ 10c, d. Die Unterscheidungen zwischen coniunctio •re•, •verbis• und •re et verbis• (o. § 180 I) werden dabei nicht mehr angeführt. Vgl. auch

Vaccari-Delogu 163 ff.; Robbe, 11 diritto di accrescimento (1953) 366 ff.; Biondi 421 ff. 11 Eingeschränkt wird die Akkreszenz wie bisher durch Substitution,o. § 1801 , jetzt aber auch durch Transmission, C. eod. § 5. 11 C. 6, 51, 1 cit., s. auch o. § 292 I; Biondi 433 f. H Vgl. Gels. D. 31, 29, 2; lul.-Ulp. D. 31, 61, 1 (u. § 298'°). 11 Ulp. 17, 3 caduca cum suo onere fiunt, dazu Solazzi, ANap. 61 (1942) 157 ff. 11 C. 6, 51, 1 §§ 4, 10a, c, d. 17 Ulp. D. 34, 8, 4 pr./1. Sie galten nicht als 'in causa caduci• (anders o. § 180 1). 1a C. eod. §§ 3, 3 a. 18 Lit. o. § 1801 , s. insbes. Guarino, Collatio bonorum (1937) 17 ff. pass.; SZ 59 (1939) 512 ff.; Biondi, Dir. ered. rom. 442 ff., s. auch Dir. rom. crist. III 341. Die ägypt. Papyri entsprechen der spätrömischen Regelung, vgl. Taubenschlag 219f. • 0 Pringsheim, St. Bonfante I 561. 11 Sie wird offenbar auf das beschränkt, was der Vater dem Kind bei der Emanzipation zugewendet hat, vgl. IP 5, 10, 4 mit PS 5, 9, 4; Conrat, Paulus 206 r. Zum Wegfall der agnitio bon. possessionis s. o. § 291 III, zur Durchführung der Kollation u. A. 24.

380

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

aus, daß der Erblasser alle seine Abkömmlinge gleich behandeln wollte, und daß darum regelmäßig auch solche unentgeltliche Zuwendungen, die er ihnen schon unter Lebenden gewährt hat, auf den Erbteil angerechnet werden sollten. 22 Diese erneuerte Kollation wird, der allgemeinen Entwicklung gemäß, über die bonorum possessio hinaus auf jede Erbfolge angewandt. 23 Auch die Durchführung der Kollation wird zusammengefaßt und straffer gestaltet.u Einen klassischen Vorläufer findet der neue Leitgedanke bereits in der 'collatio dotis>,25 wonach die vom paterf amilias 26 der gewaltunterworf enen Tochter erteilte dos den Geschwistern 27 gegenüber zu konferieren ist. Leo erweitert dies dahin, daß jeder Abkömmling, der ab intestato oder contra tabulas berufen ist, die vom Vorfahren erworbene d o s oder Eheschenkung den anderen mitheruf enen Abkömmlingen zu konferieren hat, gleichgültig oh diese emanzipiert sind oder nicht. 28 Nach Justinian gilt dies für alle Zuwendungen, die auf den Pflichtteil anzurechnen sind, 29 also namentlich auch für gewöhnliche Schenkungen, wenn entweder der schenkende Vorfahre die Anrechnung bei der Zuwendung angeordnet hat, oder wenn neben dem Beschenkten ein anderer Abkömmling zur Erbfolge berufen ist, der eine dos oder Eheschenkung zu konferieren hat. 10 Später sind alle auf den Pflichtteil anzurechnenden Zuwendungen zu konferieren, sofern der zuwendende Vorfahre die Kollation nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. 31 Dabei wird die Kollation sogar auf die testamentarische Erbfolge erstreckt. 32 Sog. •Deszendentenkollation•; zu den Einzelheiten s. sogleich. 13 Ein klassischer Ansatz bei der Doskollation schon in Ant. Pius D. 37, 7, t pr. (o. § 180 20 ); zur nachklassischen Zeit s. Guarino, SZ 59, 521. u Sie geschieht jetzt durch ein reales Zusammenwerfen oder ein Zusammenrechnen der Erbschaft mit dem Vermögen aller Kollationspflichtigen, also namentlich aller emancipati; vgl.das 'in medium (commune) conferre' in D. 37, 6, t pr. u. a., o. § 180 11 (auch Guarino, SZ 59,512 ff. pass.; 54H. denkt an vorjustinianische Bearbeitung), jetzt auch in C. 6, 20, 21, 1 (532). Diese Vorstellung klingt bereits im westlichen Vulgarrecht an, vgl. IT 4, 2, 1 zu CT eod. (402). - Zur Frage der Erteilung der bonorum possessio, wenn der Emanzipierte wegen inopia die cautio nicht aufbringen kann, vgl. außer o. § 180 12 noch Guarino, SZ 59, 526 ff. (Bas. 41, 7, 3 reproduziert aber nur den verkürzten Inhalt von D. 37, 6, 3 pr.) und Scr. Ferrini Pav. 311 ff. - Zur Haftung des Kollationspflichtigen für verschuldete Verminderung der Erbschaft s. Paul. D. 37, 6, 2, 2 (dazu Guarino, Coll. bon. 139 ff.); Nov. 97, 6 _Er. (539); Windseheid- Kipp III 526u (§ 610). u Lit. o. § 180 16 • Zu SRR Lt (o. § 290 1') s. N allino lV 432 = RAL (ser. 6) 1 (1926) 11

786.

11

Die Erweiterung auf die von dritter Seite erteilte dos wird unecht sein, s. schon o. § 180 19 ; anders Guarino, Coll. bon. 207 ff.; SZ 59, 534 ff.; Bull. 49/50 (1948) 276. 17 Zur Erstreckung auf die emanzipierten Geschwister, sei es durch Gordian (C. 6, 20, 4), sei es später, s. o. § 180 18 • 18 C. 6, 20, 17 (472). Schon CT 5, t, 5 (402) hatte den Enkeln von einer Tochter, die zu einem Drittel berufen werden (o. § 287 III), die Kollation der vom mütterlichen Großvater erteilten dos vorgeschrieben. Das wird von Justinian anerkannt und dahin erweitert, daß alle Enkel auch die von ihren Eltern gemachten kollationspflichtigen Zuwendungen konferieren müssen, C. eod. t 9 (528); zu den Streitfragen vgl. Windseheid- Kipp III 523 20 (§ 610). 2, Vgl. o. § 290 38 zur militia. 3 ° C. 6, 20, 20 (529), insbes. § 3. 31 Nov. 18, 6 (536). Nach Nov. 92 (539) sollen Kinder, die übermäßig beschenkt worden sind, zur Kollation sogar dann gezwungen werden, wenn sie sich der Erbschaft enthalten haben. 81 Nov. 18, 6 cit., wohl nur, wenn die Abkömmlinge zu gleichen Teilen eingesetzt sind; anderenfalls müßte der Testator schon bei der Bemessung der Erbteile die Kollation berücksichtigen. - Hat der Vater seinen Kindern Mitgiften oder Ehesehen-

§ 295. Die Hartung

für Erbschaftsschulden

381

§ 295. Die Haftung für Erhschaftsschulden I. Nach klassischem Recht haftete der Erbe, wenn er die Erbschaft endgültig erworben hatte - sei es als Hauserbe durch Nichtausübung des ius abstinendi, sei es als Außenerbe durch Antritt - für die Erbschaftsschulden in der Regel unbeschränkt. Er mußte also, wenn die Erbschaft überschuldet war, auch eigene Mittel zur Befriedigung der Gläubiger angreifen. 1 Diese unbeschränkte Haftung bleibt für den Erben, der nichts tut, um seine Haftung zu beschränken, noch unter Justinian das römische Prinzip. 1 Auch im Westen gilt dieser Grundsatzweiter, 8 und zwar sicher für die Steuerschulden,' vermutlich aber auch gegenüber privaten Gläubigern. 5 Die klassische Ausnahme der 'separatio>, die nur dem mit Freilassung eingesetzten Sklaven zukam, 8 scheint im Westen später weggefallen zu sein,7 während sie im Osten weiterlebt. 8 II. Aber auch der Osten findet die unbeschränkte Erbenhaftung, die den hellenistischen Rechten als Prinzip unbekannt ist, 9 auf die Dauer unbillig. kungen erteilt, sind aber einzelne dieser Zuwendungen (nach Auflösung der Ehe) wieder zum väterlichen Vermögen zurückgekehrt, so sollen diese Kinder (zum Ausgleich für die vor Nov. 18 bei Testamentserbfolge unbekannte Kollation) die dos oder Schenkung, die sie ehemals gehabt haben, vorweg empfangen (Präzeptionsrecht), C. 3, 38, 12 (530); Bernstern, SZ 15 {1894) 87 ff. 1 Läßt sich der Erbe von den Gläubigern zum Antritt beauftragen, haften ihm diese mit dem contrarium mandati iudicium für die Erstattung der Nachteile, die der Erbe mit der Annahme der überschuldeten Erbschaft erleidet; so schon Cels.-Ulp. D. 44, 4, 4 pr. Vgl. hierzu und zu sonstigen Sicherungsmöglichkeiten für den Erben Solazzi, Dir. ered. rom. II {1933) 265 ff.; 276 ff. a Solazzi 210 ff. Das folgt aus dem alten Gedanken der Personalhaftung; zur Leichnamshaftung s.o.§ 254 7• 1 Er steht noch für Ambr. de Tobia 8, 29 (PL 14, 807) fest; auch Augustin. c. Iulian. Pelag. 1, 26 (PL 44, 658) und bei Possidius (vgl. Loening, Gesch. d. dt. Kirchenrechts I 2243 ) setzt ihn voraus. Gregor I. ep. 6, 33 (1 411) beruht dagegen wohl auf justinianischem Recht; in ep. 3, 55 (I 215) läßt er die Gläubiger aus dem Kirchenvermögen befriedigen, statt auf die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in die Person des Erben (Nov. 134, 7 [556]) einzugehen (Levy, o. § 280 2 ). 'CT 11, 1, 17 (371) = C. 11, 59, 4, dazu IT. •Dafür sprechen IP 1,21,4; 3,2,4; 4, 3, 1-3; 4, 5, 6; Cass. 4, 10, 2, vgl. auch CT 12, 1,149 {395) = C. 6, 30, 16 (dam-

nosa hereditas). Daß zu Gai. 2, 155 keine GE vorliegt, beweist nichts. GA 25 folgt dem klassischen Recht, C. 6, 27 und 7, 72 enthalten keine Gesetze aus der Zwischenperiode, C. 6, 30, 15 und 17 f. betreffen nicht die Passiva. Gleichwohl wäre eine unbeschränkte Erbenhartung auch in einem Bereich vorstellbar, der unter germanischem Einfluß die Gesamtnachfolge nicht mehr kennt; vgl. LB 65 (der keine RB entspricht); LRib. (ed. Beyerle) 70; s. auch LV Ant. 7, 2, 19. All dies nach Levy, o. § 280 1 • • Ob. § 181 II m. Lit. 7 Vgl. zu diesem heres cnecessarius• o. § 291'. Die Infamie, die man auf den servus abwälzt, beruhte jedoch bisher auf der bonorum venditio, die jetzt nicht mehr gehandhabt wird (o. § 281 8 ). In GE 2, 3, 6 (gegenüber Gai. 2, 153 f.) wird die Infamie wohl einfach aus der Überschuldung des Nachlasses hergeleitet, in CT 2, 19, 3 (wohl 313) und IT nicht einmal aus ihr. Dort ist sogar Solvenz vorausgesetzt, und das Relikt der Infamie dient nur noch als Eselsbrücke für das Recht der fratres germani, dem gewesenen servus die Erbschaft zu entreißen. Die Gläubiger werden nicht mehr erwähnt {für überarbeitet hält c. 3 Solazzi, Bull. 49/50 [1948] 390 ff.). Der Sklave bekommt die Freiheit und muß dafür den fratres die Erbschaft herausgeben. Erst C. 3, 28, 27 bringt Vernunft in das Gesetz; vgl. o. § 290 16• Auch all dies nach Levy, o. § 280 1 • 8 Mit Erweiterungen durch die oströmische Schule rechnet Guarino, SZ 60 (1940) 223 ff.; SD 10 {1944) 258 m. Lit. • Vgl. Kreller, Erbrechtl. Unters. {1919) 47 ff., auch Taubenschlag 218 f.

382

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Justinian führt daher (nach einzelnen Vorläufern)1° das beneficium inventarii ein, mit dem der Erbe allgemein die Möglichkeit gewinnt, die Haftung auf den Nachlaß zu beschränken. 11 Um dieses Vorzugs teilhaftig zu werden, 12 muß der Erbe - vor oder nach Erbantritt und ohne Rücksicht darauf, ob er eine Überlegungsfrist erbittet, 18 - hinnen 30 Tagen nach der Testamentseröffnung oder nachdem er von seiner Berufung Kenntnis erlangt hat, mit der Errichtung des Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände beginnen. 1' Er muß das Verzeichnis unter Zuziehung eines tabularius und der sonstigen erforderlichen Personen 15 hinnen 60 Tagen 16 fertigstellen. 17 Das Inventar muß er unterzeichnen mit der Versicherung, nichts böswillig unterschlagen zu haben. 18 Die Inventarerrichtung bewirkt, daß der Erbe die falzidische Quart behält, 19 vor allem aber, daß er nur beschränkt haftet. Dabei legt die unklare Fassung die Deutung näher, daß seine Haftung gegenständlich als daß sie rechnerisch beschränkt ist. Er haftet hiernach nur mit den konkreten Gegenständen der Erbschaft, nicht etwa bis zum Wert der Erbschaft auch mit eigenen Mitteln. 20 Die Erben sollen die Gläubiger und die Vermächtnisnehmer in der Reihenfolge befriedigen, in der sie ihre Ansprüche geltend 10 Zu Gordians Vergünstigung für Soldaten s. o. § 29128 • Zu einem älteren Gesetz Justinians, das er in C. 6, 30, 22 pr. (531) erwähnt, s. Zachariä 191'° 8 • 11 C. 6, 30, 22 (531). Lit.: Bonfante VI 396 ff.; Solazzi (o. A.1) 282 ff. (zu hellenistischen Vorbildern 2863 ); Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 349 ff. 11 Eine Inventarpflicht besteht nicht. Das Inventar nach C. 5, 51, 13 (530) für die Vormünder ist etwas anderes, o. § 2336 , und betrifft nur deren Hartung. 13 Das tempus ad deliberandum wird durch die Einführung des beneficium inventarii - trotz C. 6, 30, 22, 13 - nicht sinnlos; der Berufene kann sich in dieser Frist entscheiden, ob er überhaupt annehmen oder ausschlagen will. Justinian jedoch sieht nach Einführung des Inventars die Erbittung der deliberatio als ein bloßes Verschleppungsmanöver an, das er darum mit Rechtsnachteilen belegt: Erbittet der Erbe die Frist, so soll er, wenn er die Erbschaft annimmt, trotz Inventarerrichtung unbeschränkt haften, eod. §§ 13-14d, insbes. §§ 14/14b; errichtet er das Inventar nicht, so verliert er die falzidische Quart, eod. § 14c. Zu Nov.1, 2, 2 (535) s. u. A.15. 1' C. eod. § 2. 16 Für die Wahrung der (alzidischen Quart schreibt Nov. 1, 2, 1 f. (535) lnventarerrichtung vor den aufgebotenen Vermächtnisnehmern oder doch vor drei zuverlässigen Zeugen vor. 11 Sind die Vermögensgegenstände weit entfernt, beträgt die Frist ein Jahr, eod. § 3. 17 C. eod. § 2a. Während der Inventarfrist kann der Erbe von den Gliiubigern

und Vermächtnisnehmern nicht belangt werden, eod. § 11. Nichts damit zu tun hat die Bestimmung der Nov. 115, 5, 1 (542), wonach die Erben und die nächsten Angehörigen des Verstorbenen während der neuntägigen Trauerzeit nicht durch Ladung, Klage usw. belästigt werden sollen (o. § 2547 ). 18 Näheres in C. eod. § 2b. Die Gläubiger oder Vermächtnisnehmer können auf jegliche Art, auch durch Eid des Erben oder Folterung der Sklaven, die Unvollständigkeit des Inventars beweisen; der Erbe haftet dann für den doppelten Wert der unterschlagenen Gegenstände, C. eod. § 10. 11 C. eod. § 4; Nov. 1, 2, 2 cit. 10 Zwar sagt C. eod. § 4 in quantum res substantiae ad eos devolutae valeant, aber der Sinn der ganzen Regelung läuft doch auf eine Trennung der Vermögensmassen hinaus; vgl. auch § 4 a nihil ex sua substantia penitus heredes amittant; § 7 (heredem) qui quantitatem rerum hereditariarum expenderit und besonders den Nichteintritt des Rechtsuntergangs durch Vereinigung, u. A. 24. So auch Kunkel 3457 , weit. Lit. ebd. und bei Biondi 356 f.; vorsichtig abwägend Solazzi 294 U. S. ferner Nov. 1, 2, 1 cit. !UXPL-roü nj.; oöa(oo; nj.; xix-rwi..tL(.L(.LtV1).; µi-rpou. Ebenso nach der vorherrschenden Praxis des gemeinen Rechts, für das man zu sagen pflegte, der Erbe hafte auf Grund des Inventars 'cum viribus', nicht 'pro viribus hereditatis>, vgl. Kreller, Röm. Recht II (1950) 259, abweichend WindseheidKipp III 4819 (§ 606).

§ 296. Der Schutz

des Erbrechts

383

machen, bis die Aktiven erschöpft sind ;11 ein einheitliches Verfahren zur Abwicklung aller Nachlaßverbindlichkeiten ist unbekannt. Immerhin stellt das Gesetz für den Rückgriff unter den Gläubigern eine Rangfolge auf. So sollen sich die Gläubiger, die nicht befriedigt worden sind, an die Vermächtnisnehmer halten können. 12 Durch Hypothek gesicherte Gläubiger sollen sich an solche befriedigte Gläubiger halten können, deren Forderungen ungesichert waren, besonders an solche, denen Erbschaftsgegenstände nur an Erfüllungs Statt gegeben worden waren, außerdem an Gläubiger, die nur durch rangschlechtere Hypothek gesichert waren. 23 Die Erbschaft fließt mit dem Erbenvermögen nicht zusammen, der Erbe behält daher auch seine eigenen Rechte gegen die Erbschaft, die er wie ein außenstehender Gläubiger geltend machen kann. 24 III. Neben dem beneficium inventarii behalten die Rechtsmittel zum Schutz der Nachlaßgläubiger gegen Überschuldung des Erben, nämlich die Sicherheitsleistung des 'heres suspectus> und namentlich die separatio bonorum (o. § 181 II), ihre selbständige Bedeutung. 16 § 296. Der Schutz des Erbrechts

I. 1. Die hereditatis petitio steht als 'Gesamtklage>1 auf Feststellung des Erbrechts des Klägers und auf Herausgabe aller Erbschaftsgegenstände, die der Beklagte in Händen hat, der rei vindicatio als Einzelklage gegenüber. Im westlichen Vulgarrecht erleidet sie mit dem Verfall des klassischen Aktionensystems eine ähnliche Degeneration wie die Eigentumsklage. 1 Sie soll dem zustehen, der beweist, daß die Erbschaft eher ihm gehört als dem n C. eod. § 4a. 11 Eod. § 5. u Eod. § 6. Dem Rückgriff dient nach §§ 5, 6 die actio hypothecaria oder die •condictio ex lege• (o. § 27011). Diese Rangordnung ist insofern sinnvolt, als die Vermächtnisnehmer als unentgeltlich Bedachte schwächer berechtigt sind als die Gläubiger; dagegen ist es bedenklich, die Gläubiger überhaupt auf den bloßen Rückgriffsweg zu verweisen, wenn die Legatare etwa zahlungsunfähig sind. Gegen den Erben selbst und gegen die Käufer von Erbschaftsgegenständen ist der Rückgriff ausgeschlossen, eod. §§ 7, 8 (o. § 251 a. E.). Zur Frage, ob Gläubiger mit Konkursprivileg den durch Hypothek gesicherten gleichgehalten wurden, s. Solazzi 299 ff. m.Lit. u Eod. § 9. - Der Erbe kann die Kosten des Begräbnisses, der Testamentseröffnung und der I nven tarerrichtung abziehen (ebd.). 16 Solazzi 301; Biondi 367; Windseheid- Kipp III 483 ff. (§ 607), im übrigen s. o. § 181 II. Quellen aus der Zwischenperiode fehlen offenbar (vgl. C. 7, 72, o. A. 5); und die teilweise unklare Überarbeitung der Quellen läßt auch den justi-

nianischen Rechtszustand nicht mehr deutlich erkennen. Das gilt besonders von den möglichen Erweiterungen des Rechts, die sep. bon. zu beantragen, etwa auf die Gläubiger des Erben, Ulp. D. 42, 6, 1 §§ 2, 5, 6 (Biondi 364 ff.). Neu ist offenbar die fünfjährige Frist für den Antrag in D. eod. 1, 13 itp. - Zu C. 7, 72, 10, 2 f. (532) s. Gradenwitz, SZ 54 (1934) 148 f. 1 Die Bezeichnung als •actio de universitate• (gegenüber der rei vindicatio als •actio specialis•) ist in Ulr., D. 6, 1, 1 pr. untechnisch gebraucht; vg . auch CT 4, 14, 1pr. (424) = C. 7,39,3pr.; anders, für Unechtheit, Albertario IV 63 ff. Sachlich bestehen aber gegen den Ausdruck, der aus der Schule stammt (zu den griech. Kommentaren Albertario 105 ff.) und nicht auf die hereditatis petitio beschränkt ist, keine Bedenken, s. o. § 2811 und Biondi, Dir. ered. rom. (1954) 384 f.; St. De Francisci IV 26 ff. 2 Der Name 'her. pet.> wird nicht mehr verstanden. Aus dem mageren Titel PS 1, 13b ist nur § 4 in IP 1, 13, 9 erläutert, dazu u. A. 6. Im CT enthält der Titel 2, 22 •De hereditatis petitione• ein einziges Ge-

384

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Besitzer; 3 er muß sein Eigentum an den einzelnen Sachen beweisen.• Klagt ein Teilerbe, so droht ihm, wenn er mehr als seinen Erbteil fordert, der Prozeßverlust wegen pluris petitio. 6 Die aktive Unvererblichkeit der (noch nicht rechtshängigen) Erbschaftsklage stammt von der querela inoff iciosi testamenti, mit der diese Klage zusammenfließt. 8 2. Justinian stellt demgegenüber die klassische hereditatis petitio wieder her. 7 Sie bleibt der rei vindicatio nahe verwandt, vor allem ist sie auch jetzt noch eine .8 Justinian führt sie als einzige dingliche Klage unter den auf. 9 Wie bei der Eigentumsklage (o. § 245 II 3) wird auch bei ihr der Einlassungszwang neu geregelt. Das wird beseitigt, 10 an seine Stelle tritt offenbar auch hier die zwangsweise durchgeführte Übertragung des Besitzes vom Beklagten, der die Einlassung verweigert, auf den Kläger. Die hereditatis petitio stand bisher nur dem zivilen Erben zu. Nach der allmählichen Ausgleichung zwischen hereditas und bonorum possessio wird diese Beschränkung hinfällig. Justinian, der den Gegensatz in äußerlicher 'N eise wiederherstellt, trägt dem Ausgleich dadurch Rechnung, daß er die Erbschaftsklage als auch dem bonorum possessor zugänglich macht. 11 Die Erbschaftsklage richtet sich auch weiterhin nur gegen solche Besitzer, 12 die Erbschaftsgegenstände entweder , also auf Grund eines vermeintlichen oder angemaßten Erbrechts, oder besitzen, also ohne einen Erwerbsgrund zu beanspruchen. 13 Gegen den, der sich auf einen Einzelerwerbsgrund beruft, bleibt sie ausgeschlossen. 14 Dem Besitzer setz, das nichts mit der Erbschattsklage zu tun hat (o. § 287"). 1 PS 1, 13b, 6 (ex cons. 6, 5a), dazu Levy I 237. Zu diesem relativen Schutz o. § 245 1. 'PS eod. 7. - Zur 'fructus duplio• in PS eod. 8 und 5, 9, 1 r. s. o. § 24511 , insbes. Levy II 11511. 6 PS eod. 5; die Herausgabeklage ist hier von der Erbauseinandersetzung nicht mehr scharr getrennt. • PS eod. 4 mit IP 1, 13, 9, vgl. o. § 2901 ; ebenda auch zur •satisdatio• in IP 1, 11, 2. 7 Übersicht: G. Longo, L'hereditatis petitio {1933) 247 ft. 8 Ob. § 1821 und zuletzt F. Schwarz, TS 24 (1956) 279 ft. Die Kennzeichnung als 'mixta personalis actio• in C. 3, 31, 7 itp. ist östliche Schuldoktrin, Albertario IV 100 m. Lit.; doch wird die bered. pe• titio in Inst. 4, 6, 20 nicht angeführt. Auch diese Klage unterliegt der allgemeinen Verjährung, CT 4, 14, 1 pr. {424) = C. 7, 39, 3 pr.; NV 27, 3 (449), anders noch Diocl. C. 7, 34, 4, dazu Biondi, Dir. ered. rom. 389 f. • Inst. 4, 6, 28; C. 3, 31, 12, 3 {531); dazu Biondi, APal. 7 (1920) 242 rr.;Collinet, La nature des actions (1947) 225ft.

10

Die darauf bezüglichen Zeugnisse, bes. D. 6, 1, 45, auch D. 5, 4, 8; 12, 1, 21, sind itp. (lnd.). 11 D. 5, 5 rubr. und fr. 1 und 2; C. 3, 31, 9, alleitp., Lenel, EP 180 ff.; Biondi, APer. 28 {1913) 385ff. (estr. 19ff.); Dir. ered. rom. 146 r. 11 Neue Lit. zur Passivlegitimation (seit § 182'): Talamanca, Sulla legittimazione passiva alla her. pet. {1956), dazu G. Longo, Lab. 2 (1956) 378 ff.; Kaser, Lab. 3 (1957) 251 ff.; Kaden, SZ 75 {1958) 426 ff.; ferner F. Schwarz, TS 24 (1956) 279 ff.; 328 ff.; 343 ff. - Zum 'iuris possessor•, oftenbar einer Denkform der oströmischen Schule, s. o. § 182H; Carcaterra, II possesso dei diritti {1942) 155 rr. m. Lit. 13 Zur Frage, ob der Richter im klassischen und im justinianischen Recht den Besitz des Beklagten und seinen Erwerbstitel auf Grund der Erklärung des Beklagten vor Gericht ohne weiteres als gegeben anzunehmen oder ob er ihn nachzuprüfen hatte, vgl. Kaser (o. A. 12) gegen Talamanca 1 ff.; 187 r. H Vgl. CT 11, 39, 12 (402) = C. 3, 31, 11 (dazu o. § 24510), anders Talamanca 19912 • - Zur Frage der Erweiterung der bered. petitio als 'actio utilis• gegen den Erb-

§ 296. Der Schutz

des Erbrechts

385

gleichgehalten werden der Nichtbesitzer, der den Besitz nur vorspiegelt (liti se optulit quasi possideret) 16 oder der ihn arglistig aufgegeben hat (dolo desiit possidere).1' Gegenstand der hereditatis petitio ist nach wie vor alles, was aus der Erbschaft an den Beklagten gelangt ist (o. § 182 I 4). Die Regelung des SC Iuventianum 17 wird nun allgemein in die der Erbschaftsklage einbezogen. Dabei wird die Haftung des Erbschaftsbesitzers einheitlich auf culpa ausgedehnt.18 Der gutgläubige Besitzer braucht dagegen nur noch das zu leisten, worum er bereichert ist. 19 Erbschaftsfrüchte vermehren die Erbschaft und sind vom gut- oder bösgläubigen Besitzer herauszugeben; für schuldhaft nicht gezogene haftet nur der bösgläubige. 2 °Für notwendige oder nützliche Aufwendungen, die der Beklagte auf Erbschaftsgegenstände gemacht hat, konnte im klassischen Recht nur der gutgläubige Besitzer mittels der exceptio doli Erstattung verlangen. 21 Justinian gewährt nun auch dem bösgläubigen Besitzer die Befugnis, den Wert solcher Aufwendungen ohne weiteres abzuziehen. 22 Für die Haftung in der Zeit nach der Litiskontestation gilt im ganzen Gleiches wie bei der rei vindicatio. 13 Die Geltendmachung der hereditatis petitio schließt die Klagen des Erben aus den einzelnen in der Erbschaft enthaltenen Rechten aus und umgekehrt (o. § 182 I 5). Um den Erben zur Erhebung der Gesamtklage zu bestimmen, hat man ihm die Einzelklagen, soweit sie mit der Erbschaftsklage konkurrieren, nur mit der sog. •exceptio praeiudicii> erteilt." - Die Erbschaftsgläubiger können sich während des Erbstreits dazu Schwarz 311 rr. schaftskäufer, den Erbschartsfideikom19 Nicht das Erlangte, sondern nur die missar, den Ehemann usw. vgl. o. § 1829 , ferner Biondi (o. A.1) 396 ff.; Schwarz gegenwärtig noch vorhandene Bereiche338 ff. rung (o. § 270 a. E.); vgl. zu D. 5, 3, 23 pr.; 11 Ob. § 18213 , dazu Kaser, Lab. 2, 25, 1, beide insoweit unecht, Niederländer, Bereicherungshaftung (1953) 154 U.; 254 f. m. Hinw. 1• Beeinflußt vom SC Iuventianum, aber Kaser 115 f.; Schwarz 304 Cf.; für klasauch vom interd. quam hereditatem, des- sisch hält das Flume, Fschr. Niedersen Funktion die hered. petitio jetzt mit- meyer 126 f. 80 Inst. 4, 17, 2. Darin hat sich nichts übernimmt (o. bei A. 10). 17 Nach Schwarz 294 ff. hat das SC geändert, s. o. § 18280 • Mit dem SC luvenüberhaupt nur den Fall geregelt, daß der tianum hat das (trotz Biondi III 282) Besitzer einer (dem Fiskus verfallenen) nichts zu tun. 11 Gai., Pap. D. 5, 3, 39, 1; 50, 1 (irrig Erbschaft Sachen daraus verkauft hat; der bösgläubige Besitzer haftet für deren o. § 182 vor A. 34). 11 D. 5, 3, 38 itp. u. a., dazu o. § 24511 , Wert •quasi possideret• (nach den JuriAPal. 3/4 (1917) sten mindestens für den erzielten Kauf- insbes. Riccobono, preis, vgl. Ulp., Paul. D. 5, 3, 20, 21; 36, 3, 377 rr. Da Justinian die her. pet. als bonae dazu Schwarz 306 U.), der gutgläubige fidei iudicium auffaßt, bedarf es hier und nur auf den Kaufpreis (ohne Zinsen) oder ebenso bei der Aufrechnung nicht mehr auf das, worum er sonst bereichert worden der exceptio doli, vgl. auch D. 5, 3, 58 i. f. ist (ebd. 304 ff.). - Die Einbeziehung des- itp.; Biondi (o. A. 9) 248 ff.; Dir. ered. sen, was mit Erbschartsmitteln erworben rom. 388; 412. - Zum •ius tollendi•, D. worden ist, in die Erbschartsklage (sofern 5, 3, 39, 1 i. f. itp., vgl. o. § 24511• 11 Vgl. zur Zufallshaftung nach D. 5, 3, das Geschäft der Erbschaft nützlich war), ist klassisch und hat mit dem SC Iuven- 20, 21; 40 pr. o. § 245", im übrigen o. tianum nichts zu tun; vgl. o. § 182 18 , s. § 18281 ; die culra in D. 35, 3, 4, 2 i. f.ist itp. u Ob. § 182' , vgl. zum klassischen Recht jetzt Kaser, SZ 72 (1955) 116 rr. zu Ulp. D. 5, 3, 20 pr.-2; anders (für Itp.) noch noch Marrone, APal. 24 (1955) 266 f., Pringsheim, Kauf mit fremdem Geld dazu Kaser, Iura 7 (1956) 220, auch Lab.3 (1957) 255 f. zu Talamanca (o. A.12) (1916) 139 rr. 18 Zu D. 5,3,19,2; 25,2; 31,3; 49; 156 rr.;182. 54, 2 vgl. Kaser, SZ 72,113 m. Hinw., 25 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

386

Dritter

Teil. Die nacbklassiscben

Entwicklungen

an den Erbscbaftsbesitzer oder an den Erbscbaltskläger balten. 11 Die Entscheidung über die Klage des Gläubigers ist nicht bis zum Urteil über die hereditatis petitio aufzuschieben, doch muß der im Erbstreit unterliegende Teil dem Gegner Sicherheit dafür leisten, daß er die Erbschartsgeschäfte (auch im Verhalten gegenüber den Gläubigern) ordnungsgemäß geführt habe. 19 Auch die Vermächtnisnehmer erhalten die Vermächtnisse sogleich, sie müssen aber dem Testamentserben Sicherheit leisten, daß sie ihm, wenn er im Erbstreit unterliegt (so daß auch die Vermächtnisse hinfällig werden), das Vermächtnis (mit Früchten, bzw. 3% Zinsen) zurückerstatten werden. 17 Testamentarische Freilassungen sind bis zu einem Jahr nach dem Tod des Erblassers aufzuschieben; sie sind schon vor Ablauf dieser Frist auszuführen, wenn der Erbstreit früher entschieden wird. 18

II. Wie die hereditatis petitio auf die bonorum possessio, so wird umgekehrt auch das interdictum quorum bonorum auf die hereditasausgedehnt.29 Es dient aber nur dem vorläufigen Schutz des Erbschaftsbesitzers und steht damit im westlichen Vulgarrecht der 'actio momentaria, nahe. 80 Auch bei Justinian sorgt es nur für die Verteilung der Parteirollen im endgültigen Erbschaftsprozeß. 81

III. VERMÄCHTNISSE UND SONSTIGER ERWERB VON TODES WEGEN

§ 297. Legate und Fideikommisse. Allgemeines I. Die klassische Jurisprudenz hat auf die dogmatische Durchbildung der Vermächtnisse, besonders der Legate, auffallend viel Mühe verwandt. Sie hat die Vermächtnisse - wie die Stipulation und den Kauf - als Modelle benutzt, um daran wesentliche Stücke der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre zu entwickeln und zu klären. Ging dieser wissenschaftliche und literarische Aufwand schon damals über die praktische Bedeutung der Vermächtnisse hinaus, so zeigt das nachklassische Vulgarrecht mit dem Verfall der Jurisprudenz ebenso wie mit dem Rückgang der Wirtschaft eine deutliche Rückbildung. Zwar können sich die nachklassischen Bearbeitungen dem Einfluß der umf aasenden klassischen Literatur zu diesen Gegenständen nicht entziehen. Der verhältnismäßig große Umfang der an die klassischen Vorbilder angeschlossenen Bearbeitungen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die praktische Bedeutung dieser Einrichtungen weiter zu11 In unklarer Weise zieht C. 3, 31, 12pr. (531, dazu Gradenwitz, SZ M (1934] 159 f.) auch hier die exc. praeiudicii herein; sie bezieht sich aber immer nur auf den Fall, daß der Einzelgläubiger zugleich Erbschaftsprätendent ist. 11 C. 3, 31, 12, 1 a-c (531). Zu diesem Gesetz Solazzi, SD 19 {1953) 328 ff.; Biondi, Dir. ered. rom. 3821 ; zur •condictio ex lege•(§ 1c) s.o.§ 27021• 17 C. eod. § 1. • C. eod. §§ 2-2 b. Die Freilassung nach

einem Jahr, auch wenn der Erbstreit noch nicht entschieden ist, entspricht dem lavor libertatis. 18 C. 8, 2, 1 [hereditatem pel] itp., Lit. o. A. 11; Biondi, APer. 28, 384 f. (18 f.). ao Vgl. CT 11, 36, 22 (374); 4, 21, 1 (395) = C. 8, 2, 3 mit IT; Auson. Gryph. 63 f.; Levy I 257; 262; 264; Biondi (o. A. 26) 383; Stein wen ter, SZ 74 (1957) 22 f. (zu Symm. rel. 16). Offenbar hat es nur noch eine geringe Rolle gespielt. 81 Vgl. C. 8, 2, 3 cit. i. f.

§ 297. Legate

und Fideikommisse.

Allgemeines

387

rückgeht. Das Schwinden des Interesses trägt dann auch dazu bei, daß man die klassischen Rechtsfiguren in ihrer eigentümlichen Typisierung alsbald nicht mehr versteht. Die nachklassischen Entwicklungen zeigen im ganzen das Streben nach Verein h e i tl ich u n g ,1 und zwar sowohl nach einer Verschmelzung der Legatstypen untereinander wie auch zwischen den Legaten, den Fideikommissen (u. II), der donatio mortis causa und den sonstigen Zuwendungen von Todes wegen (u. § 300 I, II). Die Neigung zum Ausgleich der Legatstypen bereitet sich schon in der klassischen Zeit vor; ihr deutlichster Ausdruck ist das SC Neronianum. 2 Konstantins Aufhebung der Formgebote für den Inhalt der Testamente wird ausdrücklich auch auf die Legate und Fideikommisse erstreckt 3 und hat diese Tendenz begünstigt; das Gesetz verzichtet auch bei den Vermächtnissen auf die Einhaltung bestimmter Wortformen. In den vulgarrechtlichen Quellen aus dem Westen wird diese Entwicklung jedoch überlagert vom Verfall dieser Einrichtungen selbst. Man kennt zwar zunächst noch die Worte 'legatum>' und 'legatarius>5 und hebt das Vermächtnis von der Erbeinsetzung ab ;8 aber schon das Verb 'legare> geht früh verloren. 7 Die vier Schultypen der klassischen Legate 8 werden zum Teil mißdeutet : 'Legat um vindicationis> (sie 1) ist ein Vermächtnis, das sich der 1 Ferrini, Teoria generale dei legati e und 'vindicare'). IP 3, 8, 6; 3, 9, 10/53 dei fedecommessi (1889) 40 ff.; Biondi, streicht das 'do lego' aus PS 3, 6 §§ 6, 26, Succ. test. 284 ff.; Gros so, I legati I 69. Im übrigen hat IP 'legare' nur selten (1953) 150 ff. Vgl. auch V oci, Dir. ered. und nur nach dem Vorgang von PS; vgl. rom. II 1 (1956) 185 ff. Zu Theoph. 2, 20 3, 9, 9 {legetur relictus [ I]; ist auch das pr. ff. s. Maschi, ATri. 16 (1947) 171 ff. vorangehende legetur von 'legere' abgelei1 Ob.§ 184 II mit Lit., dazu noch Betti, tet?); eod. 10 (legatus ex PS; vorher legati Ist.• 18418• - Zur Frage kombinierter Le- titulo dimittatur); eod. 53 (ähnlich); eod. 54 gate vom Typ 'do lego damnasque esto ('legare' nicht in guten Hss.). Der Cl hat heres meus dare• s. neuestens Masi, AG in Gesetzen der Zwischenperiode 'legare• 155 (1958) 100 ff. nur in 8, 36, 3 pr. (379, klassizistisch um• C. 6, 37, 21 (320) bildet zusammen mit gestaltet, Levy I 226, wohl auch [legaverit C. 6, 23, 15 usw. ein Gesetz, s. o. § 2851• - hereditatem] von Just. hinzugefügt; reliZur Zulassung der griechischen Sprache s. querit genügt, auch später steht nur noch NT 16, 8 (439) = C. 6, 23, 21, 6; o. § 2831'. 'relinquere'). Statt 'legare• haben CT 3, 8, 2 'CE, LV, ET haben es nicht mehr; RB pr. (382) mit IT; IT 4, 4, 3 i. r.; cons. 6, 12 nur in 31, 1. und IP überall Umschreibungen wie 'lega6 Es steht in CT allerdings (stets neben tum dimittere, legati titulo (nomine) (de)redem fideicommissarius) nur in 12, 1, 107 linquere, donare• usw. In drei ravennat. (384); 16, 5, 17 (389); 16, 2, 27 pr. (390); Testamenten erscheint 'dare legare' formelin IT überhaupt nicht mehr. haft, vgl. Tjäder nr. 4/5, B II 6; V 10; • Trotz Lockerung der Gesamtnachfolge, VII 8. 'Do lego' kehrt bei Justinian wieder, o. § 285 II. Vgl. etwa CT 8, 18, 5 (349); 3, 8, C. 6, 38, 4 pr./2 (531). Das Testament des 2 pr. (382) =C. 5, 9, 3 pr. mit IT; CT 12, 1, Bischofs Perpetuus (Pardessus nr. 49, 107 {384); 16, 2, 27 pr. (390); 8, 18, 7 (395) 475 n. Chr.) hat am Anfang pacem Domini = C. 6, 60, 2; IP 3, 8 §§ 1, 5, 6; 3, tt, 1; Jesu Christi do lego, das von Klerikern ver4, 1, 14 (diese nach PS) u. a.; Levy, s.o. faßte Testament der Erminethrudis (Pard. § 2801• nr. 452, um 700) hat vereinzelt am Schluß 7 Es fehlt in CT und IT, in den postsogar '/ta do ita liqo ita testor, ita vos mihi, theod. Nov. nebst Interpr., cons., CE, LV, Quirites, testimonium perhibetote testanti• RB, ET. GE hat es nur in 2, 5, 1, versteht (dazu Pardessus, Prolegomena 2701). All aber Gai. 2, 193 nicht mehr ('do aut lego', dies nach Levy, s. o. § 2801• 8 GE 2, 5 pr. will nur Beispiele geben, gedeutet als 'praesume, habe, vindica' = 'nimm dir eigenmächtig>, vgl. u. A. 9; der Archi 335 f.; zum klassischen Recht o. § 184 I vor 1. weitere Text gebraucht nur 'praesumere'

25•

388

Dritter

Teil. Die nachklassischen

Entwicklungen

Bedachte vor dem Erbschaftsantritt eigenmächtig holen kann.• Daneben steht das io als der Typus, den man als den regelmäßigen und praktisch wichtigsten auffaßt. Das legatum sinendi modo 11 und das per praeceptionem 11 werden dagegen offensichtlich nicht mehr verstanden. In der späteren westlichen Entwicklung verschmelzen dann die Vermächtnisse, teilweise unter germanischem Einfluß, mit den Schenkungen von Todes wegen und unter Lebenden und treten als Hauptinhalt der Testamente an die Stelle der Erbeinsetzungen; doch bedürfen diese Zusammenhänge noch der Klärung. 18 Im Osten hält man demgegenüber die Terminologie der Vermächtnisse aufrecht ;1' aber auch hier setzt sich in der Schuldoktrin die Tendenz zur Ausgleichung der Typen fort. Sie führt dahin, alle Legate einheitlich als freigebige Geschäfte 16 des Erblassers nach dessen Willen auszulegen. 18 Abgeschlossen wird diese Entwicklung durch Justinians Gesetz, daß alle Legate 17 18 haben sollen und daß aus ihnen ebenso die wie die zustehen solle.18 Zur Durchführung dieses Gedankens wurden viele klassische Texte überarbeitet, vor allem hat man die Bezeichnung des Legatstypus häufig gestrichen. 20 Mit der östlichen Schule ordnet man das Legat vermöge der obligatorischen Wirkung, die nun allen Legaten gemeinsam ist, unter die ein.11 1 GE 2, 5, 1/3; IP 3, 8, 6; Levy I 215 f., s. auch Conrat, Paulus 209; Archi 340 ff. Zu 'vindicare• s.o.§ 199u, zur Verwischung des Gegensatzes zwischen dinglicher und persönlicher Klage ebd. 17 • 10 So benannt in GE 2, 5 pr./3 und IP 4, 1, 8; GE 2, 5, 2 hat 'per damnationem•. Zur Sache Archi 342 ff.; zum Vermächtnis der fremden Sache (GE 2, 5, 2; PS 4, 1, 8 mit IP) Conrat, Oaius 105 ff.; Paulus 210; Archi 48 ff. Zu IP 3, 8, 7 (gegenüber PS 3, 6, 8) s. Conrat, Paulus 210 r. 11 In GE 2, 5, 6 unverständigerweise auf fremde Sachen ausgedehnt; Conrat, Oaius 102 f.; Archi 337 ff.; 346; ferner Kaser, SZ 67 (1950) 333• (auch zu PS 3, 6, 11); 34766 • Letzte Bearbeitung: Pezzana, Contributi allo studio del legato sin. m. (1958). 11 GE 2, 5, 7 (Archi 346); PS 3, 6, 1 mit IP 3, 8, 1: 'praeceptio' gedeutet als 'Vorschrift> an die Miterben, dem Legatar eine Geldsumme (die nicht im Nachlaß vorhanden ist) bei der Teilung auszuzahlen; s. auch Conrat, Paulus 210. 18 Vgl. etwa Auffroy (o. § 2831 ) 275 ff. S. auch E. Loening, Oesch. d. dt. Kirchenrechts II (1878) 655 ff.; Lesne (o. § 2831) I 163 rr.; Ferrari II 107 ff. H S. auch die ägypt. Papyri bei Tau benschlag 19711• u Zur Frage, ob und inwieweit der Gedanke der Liberalität für klassisch zu halten ist, s. o. § 1841 ; für klassischen Ursprung vgl. außer Grosso (o. A. 1) 33 ff.

(zu Justinian 65; 68 ff.) auch Biondi (o. A.1) 312 rr. gegen Messina-Vitrano, APal. 3/4 (1917) 17 ff. und Betti (s. Iura 7 [1956) 426 f.); doch vgl. auch Pringsheim, St. Albertario I 667 f. m. Qu. und weit. Lit. 11 S. allgemein o. § 201 II. 17 Die Erweiterung auf die Fideikommisse in C. 6, 43, 1, 1 (529) ist eine Selbstinterpolation Justinians, Graden wi tz, Bull. 41 (1933) 9 ff.; Pringsheim, ACI Roma I 477; Grosso, St. Paoli 359 ff. 18 Dazu Rotondi II 163 ff. 11 C. 6, 43, 1, 1 (529, dazu Pringsheim, ACI cit. 476 f.; Grosso, St. Paoli cit. hält in eod. § 4 die 'actio in rem• für nachgeschoben); Inst. 2, 20, 2; 'vindicare• auch in C. eod. 3, 3b (531); zu den Folgerungen Grosso (o. A. 1) 214 ff. Das bedeutet nicht etwa, daß bei allen Legaten die dingliche Klage wirklich möglich war. Nur wo eine dem Erblasser oder dem Beschwerten gehörige individuelle Sache vermacht war, ließ sich eine dingliche Klage denken. Sie war aber in diesem Fall immer, ohne Unterschied des Legatswortlauts, zuständig, und zwar neben der persönlichen Klage. Das SC Neronianum war damit überholt, es wird im Corp. iur. nicht mehr erwähnt. 10 Zahlreiche Beispiele verzeichnet der Ind. zu Buch 30-35. Vgl. zu einzelnen Fallgruppen etwa 0. Segre, St. Scialoja I 241 ff. = Scr. II 433 ff.; Pampaloni, Mel. Girard II 331 ff. 11 Inst. 3, 27, 5 = Gai. aur. D. 44, 7, 5, 2,

§ 297. Legate

und Fideikommisse.

Allgemeines

389

II. Die Tendenz zur Vereinheitlichung besteht ferner zwischen Legaten und Fideikommissen. Auch diese Ausgleichung geht in ihren Anfängen bereits in die klassische Zeit zurück. 11 Sie wurde begünstigt von der Übung, das Legat zugleich als Fideikommiß zu bestellen. 23 Einzelne Sonderregeln für die Legate wurden schon in der klassischen Zeit auf die Fideikommisse ausgedehnt, 24 andere sind in der nachklassischen Zeit weggefallen. 26 Nachdrücklich gefördert wurde die Annäherung in dieser Periode vor allem durch die erwähnte Beseitigung des Wortformalismus für beide Geschäfte (o. 1), die sie einer freieren Auslegung zugänglich machte. Hinzu kam für die Legate noch die Ersetzung des Formularprozesses durch die schon bisher für die Fideikommisse zuständige Kognition. Gleichwohl halten die vulgarrechtlichen Juristenbearbeitungen, ihren Vorbildern folgend, an dem Gegensatz fest ;18 vielleicht besonders deshalb, weil nur Fideikommisse auch in einem nicht konfirmierten Kodizill oder neben der Intestaterbf olge11 bestellt werden können. 28 Die Gesetze der Zwischenperiode nennen die beiden Einrichtungen häufig in einem Atem. 19 Später gerät dann aber im Westen auch der Begriff des 'fideicommissum> in Verfall. 30 Abgeschlossen wird die Vereinheitlichung nur im Osten, und zwar durch Justinians Gesetz, das Legate und Fideikommisse ausdrücklich gleichstellt. 81 Er begnügt sich jedoch auch hier damit, das allgemeine Prinzip zu verkünden ;31 im überkommenen Quellenstoff läßt er die beiden Einrichtungen nebeneinander stehen, 88 sogar in den Novellen nennt er sie noch nebeneins. ob. § 260 II; Riccobono, APal. 3/4 (1917) 281 rr. 11 Biondi (o. A. 1) 299 rr.; Grosso, Legati 1 157 rr. - Zur Frage, ob 'legare• schon in klassischer Zeit vom Fideikommiß gesagt worden ist, vgl. Riccobono, Mel. Cornil II 352 r. m. Lit.; Bio n d i 300. Zu 'obligatio> beim Fideikommiß o. § 1131 , dazu noch G. Segre, St. Bonfante III 5671", anders Solazzi, SD 6 {1940) 349 r. m. Lit. 18 Vgl. Maec. D. 32, 95 'damnus esto dare fideique eius committo•; Marcell. D. 35, 1,36 pr. 'dolego fideique eorum (sc. heredum) committo; BGU 326 = Bruns nr.119 = FIRA III nr. 50 Z.14 f.; Amelotti,SD 15 (1949) 43 (zu der dort verört. Urk.); Biondi 296ff. Vgl. auch Form. Visig. 22 (Archi 352). u So die lex Falcidia durch das SC Pegasianum, o. § 189 a. E. 11 Von den Unterschieden, die Gai. 2, 268-283 aufzählt, etwa die lex Voconia (o. § 28418), die Ausnahme für die Latini Iuniani (o. § 2921 ), die Altersgrenze aus dem SC (o. § 211H). Zur Behandlung der Zinsen und Früchte s. u. § 29820 , 21 • 11 GE hat getrennte Titel 2, 5 und 2, 7 (Archi 349 rr.); ebenso PS (und IP) 3, 6 (8) und 4, 1 (Conrat, Paulus 211). IP 4, 1, 6 verlangt für das Fideikommiß bittende, nicht, wie beim Legat, anordnende Worte (anders PS); das bleibt mit der

Preisgabe der Wortbindungen vereinbar, vgl. Archi 355. 17 Mündliche Fideikommißbestellung vor Zeugen gegenüber dem Bedachten in PS 4, 1, 4 r. mit IP; u. § 2981• 11 GE 2, 7, 8 (aus Gai. 2, 270a; 273) und PS 4, 1, 10 mit IP halten diesen Unterschied aufrecht; GE cit. außerdem die Unzulässigkeit von Legaten post mortem heredis (u. § 2981 ) und zu Lasten des Legatars (Gai. 2,271). Vgl. Archi 352 f.; 360 ff.; Auffroy 78 rr. Zur Litiskreszenz (GE cit. i. f.) s. o. § 2731 , u. § 298 II. 11 Vgl. CT 8, 18, 5 (349); 3, 8, 2 pr. (382) = C. 5, 9, 3 pr. mit IT; CT 12, 1, 107 (384); 16, 5, 17 (389); 16, 2, 27 pr. (390); 8, 18, 7 (395) = C. 6, 60, 2. 30 'Fideicommissarius' heißt in IP 2, 25, 4 und GE 2, 7 pr. der Beschwerte, Conrat, Paulus 93; 211. Das Wort 'fideicommissum• steht nicht mehr in CE, LV, RB, ET, LB. Zum Verschwinden in der mittelalterlichen Praxis s. Auffroy 277. 11 C. 6, 43, 2 (531), dazu Pringsheim, ACI Roma 1 4 70 r.; Inst. 2, 20, 3. 32 Vgl. auch D. 30, 1 itp. (lnd.). aa Während er in D. 30-32 Legate und Fideikommisse zusammenfaßt, behandelt er sie in Inst. 2, 20 r. und 23 r. (nach seinen Vorlagen) getrennt; ebenso in C. 6, 37 und 42, hier stellt er im Titel 43 die Vereinheitlichungsgesetze zusammen. Bestehen bleibt

390

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

ander. 34 Er paßt sich damit der Praxis an, die nach wie vor bald den einen, bald den anderen Ausdruck gebraucht, verbindet aber mit dem von der Formbindung befreiten, 35 als einheitlich gedachten Geschäft einheitliche Folgen. Das justinianische Recht der Fideikommisse liefert auch den römischen Beitrag zur 18 mittelalterlichen und neuzeitlichen Entwicklung der Familienfideikommisse, durch die einzelne Gegenstände oder ein InbegriH in den Händen einer Familie erhalten werden können. Der Erblasser ordnet das Fideikommiß so an, daß nicht nur der erste Erwerber, sondern auch jeder spätere mit dem Fideikommiß zugunsten des gradnächsten Familiengliedes beschwert ist. Der Bedachte ist seit Justinian durch die actio in rem und durch das Veräußerungsverbot (u. § 29827 ) gesichert. 17 Nach Nov. 159 (555) soll der Gegenstand von dieser Beschwerung frei werden, wenn der vorletzte Träger vor Erreichung der pubertas verstorben ist.

§ 298. Die Regelung der Einzelvermichtnisse

I. Solange die Vermächtnisse noch nicht vereinheitlicht sind, ist für die Legate erforderlich, daß sie in einem Testament oder testamentarisch konfirmierten Kodizill bestellt werden; die Fideikommisse dagegen können auch in einem nicht konfirmierten Kodizill oder neben der Intestaterbfolge erteilt werden (o. § 185 I, § 189 II). Doch verlangt der Westen Zeugenzuziehung auch für das Intestatfideikommiß. 1 Andererseits wird mit der Preisgabe des Testamentsformalismus der Grundsatz, daß das Wirksamwerden der Legate vom Eintritt der Testamentserbfolge abhängt, über die Ausnahmen, die schon im klassischen Recht anerkannt waren, 2 hinaus gelockert.8 Mit der Gleichstellung der Legate und Fideikommisse unter Justinian kommen allen Vermächtnissen die freien Grundsätze zugute, die für die Fideikommisse gelten.' Auch der Kreis derer, die mit einem Vermächtnis beschwert werden können, 11 richtet sich bei Justinian nach dem freien Recht der Fideikomauch die direkte neben der Cideikommissarischen Freilassung, o. § 211 III. 84 Nov. 1, 1 f. (535); 115, 3 pr. (542) u. a. 111Vgl. C. 6, 43, 2 pr. cit., wo unter den herkömmlichen Fideikommißformen auch noch eine durch Eid erwähnt wird. Die Zeugenzuziehung in Diocl. C. 6, 42, 22 verdient keinen Glauben (vielleicht ungeschicktes Glossem; für ltp. Voci [o. A.1] 189 m. Lit.). Ein mündliches Vermächtnis ohne Zeugen erklärt Justinian C. 6, 42, 32 (531); Inst. 2, 23, 12 für gültig, er verlangt aber bei der Einklagung den Kalumnieneid. at Ob. §189 III, vgl. Lewis, Recht des Familienfideikommisses (1868); Declareuil, Mel. Gerardin 135 ff.; Thomas, RIDA 3 5 {1958) 571 ff.; weit. Hinweise bei Windseheid-Kipp III 613 f. (§ 637); Kunkel 3576 ; Biondi 496 f. 37 Schon im klassischen Recht konnte der Erblasser dem Beschwerten die Veräußerung untersagen, vgl. Pap. D. 31, 69, 3; eod. 77, 27 u. a. bei Windseheid-Kipp

III 579u (§ 625); Ferrini 321 ff. 1 IP 4, 1, 4 f.; Conrat, Paulus 212 f.; Archi 361 f. 1 So etwa bei der Erteilung der bonorum possessio contra tabulas, Tryph. D. 37, 4, 20, 3; Paul. D. 37, 5, 11; nach dem Edikt 'si quis omissa causa> (o. § 187 II), wenn der eingesetzte Intestaterbe die ex testamento angefallene Erbschaft ausschlägt, Iul. D. 29, 4, 22, 2; Ulp. eod. 12, 1 u. a. (spätere Erweiterungen bei Biondi, Succ. lest. 193); beim Universalfideikommiß nach dem SC Pegasianum, Gai. D. 29, 4, 17; bei Erbunwürdigkeit des Erben, Gai. D. 29, 5 ,9; M. Aur.-Pap. D. 34, 9, 12; 16, 2 u. a. Übersicht bei Biondi 192 rr. 3 Legate können wirksam vor der Erbeinsetzung stehen, s. zum Westen o. § 285 11, zum Osten ebd. 17, vgl. Inst. 2, 20, 34 (gegenüber Gai. 2, 229); C. 6, 23, 24 (528). ' Vgl. allgemein C. 6, 43, 2, 2 (531). 6 Der Westen läßt ein fideicommissum, aber kein legatum 'post mortem heredis'

§ 298. Die Regelung

der Einzelvermächtnisse

391

misse (o. § 189 II). Bedacht werden kann nach dem Wegfall gewisser Beschränkungen• jeder, der auch Erbe werden kann; 7 beim Prälegat 8 (o. § 185 II) auch der Erbe selbst. Die Vorschriften über Inkapazität fallen allmählich fort (o. § 192 1). Jedoch bestehen die Gründe für die Erbunwürdigkeit weiter (o. § 292 II), außerdem gelten gewisseVerbote, letztwillig etwas zu hinterlassen9 oder zu erwerben, 10 auch für Vermächtnisse. II. Der Inhalt der Vermächtnisse, vor allem ihre Gegenstände, werden nach der Loslösung vom Wortformalismus in freier Auslegung nach dem Willen beurteilt. 11 Die Litiskreszenz, die mit dem klassischen Damnationslegat verbunden war (o. § 1841"), wird im westlichen Vulgarrecht nicht mehr verstanden, o. § 257 II 4, § 273 I. Justinian hebt sie auf, ebenso den mit ihr zusammenhängenden Ausschluß der Rückforderung irrtümlich geleisteter, nicht geschuldeter Legate, Inst. 3, 27, 7. Er verordnet stattdessen die Duplierung von Vermächtnissen, die an Kirchen oder überhaupt aus religiösen Gründen erteilt worden sind. 11 Die Duplierung bestraft nicht mehr das grundlose Bestreiten, sondern die ungerechtfertigte Verzögerung der Leistung. 11 Bei den Wahlvermächtnissen folgert Justinian aus der Verallgemeinerung der actio in rem, daß die Wahlbefugnis regelmäßig dem Legatar zusteht.1' Bei Gattungsvermächtnissen sind Stücke mittlerer Güte zu leisten. 11 Das Rentenvermächtnis (o. § 184 10 ) kann zugunsten der Erben und Erbeserben des Bedachten bestellt werden, C. 6, 37, 22 Vermächtnis wird zugelassen, C. 6, 37, 26 (532). (528). 11 Das auflösend befristete Beim Befreiungsvermächtnis (o. § 184 11 ) wird auf Vollzug des Befreiungsgeschäfts eine condictio incerti gewährt. 17 zu, IP 3, 8, 4 f. (zu PS 3, 6, 5 f.); GE 2, 7, 8 (zu Gai. 2, 169 corr. gegen 277); Conrat, Gaius 107 f.; Paulus 207 f. Zum sog. 'fideicommissum a debitore relictum', o. § 189 11, s. auch Beseler, sz 45 (1925) 262 ff. • Für Frauen (!ex Voconia) s. o. § 284 11 ; für Latini I uniani, o. § 292 1 ; für Testamentszeugen s. o. § 162 11 , § 283 16 , anders noch Symm. rel. 41, dazu Steinwenter,

sz 74 (1957)

7; 24.

7

Ob. § 284 II. Zu den yersonae incertae vgl. C. 6, 48, 1 pr. (528); nst. 2, 20, 25 ff.; Ferrini (o. § 297 1 ) 159 rr.; Grosso, Legati I (1953) 238 rr.; zu den postumi (Inst. eod. 26-28) Grosso 236; Robbe, I postumi (1937) 204 f.; zu den Körperschaften Ferrini 150 f. - Die alternative Zuwendung an mehrere ('illi aut illi') legt C. 6, 38, 4 (531) willkürlich als gehäufte aus (illi et illi), vgl. Ferrini 174 rr.; Grosso 260 f. 8 Zu diesem Ferrini 229 ff.; Grosso 289 f. Eine Billigkeitslösung in sch. 1 zu D. 35, 2, 86 (Bas. 41, 1, 85, Heimb. IV 123 f.).

• Vgl. etwa zum Fall der •incestae aut nefariae nuptiae• CT 3, 12, 3 (396) = C. 5, 5, 6, 1/3, dazu o. § 21731 , § 284 8 • 10 Bei Wiederverheiratung innerhalb der \Vartezeit nach C. 5, 9, 1, 2 {380), o. § 284

III, daselbst weitere Fälle. 11 Vgl. o. § 201 II und im einzelnen schon § 184, § 185 II, III. Weitere Einzelheiten, besonders zum Vermächtnis einer fremden Sache (o. § 184 11), bei Grosso I 305 ff. (itp. D. 32, 30, 6 i. f., aber wohl nicht Paul. D. 31, 49, 3). Zu den Fällen, in denen die Leistung aus einem Fideikommiß dem billigen Ermessen eines Dritten oder einer Partei überlassen ist, s. o. § 115 23 , § 256 17 • 11 Inst. 3, 27, 7; 4, 16, 1. 18 C. 1, 3, 45, 7/7 a (530}; Inst. 4, 6, 19/26. S. ob. § 257 II 4. ic Vgl. schon zum klassischen recht o. § 116 I. Anders, wenn die Wah ausdrücklich dem Erben vorbehalten ist (so auch in Iul. D. 30, 84, 9). Dann hat der Legatar die actio in rem ebensowenig wie beim Gattungsvermächtnis, überhaupt bei allen Vermächtnissen, deren Gegenstand erst individualisiert werden muß; Ferrini 279 ff.; Grosso 335 ff. 16 Vgl. C. 6, 43, 3, 1 b (531); D. 30, 37 pr.; 110, beide itp., s. dazu o. § 256 21 • 11 Amelotti, SD 19 (1953) 209. D. 33, 1, 3, 3 verdächtigt Biondi III 237. 17 D. 34, 3, 5, 3 u. a.; s. De Villa, La liberatio legata (1939) 63 rr.; doch ist mit klassischen Ansätzen zu rechnen, s. o. § 270 21



392

Dritter

Teil.

Die nachklassischen

Entwicklungen

Die servi optio (o. § 184 I 1) verschmilzt Justinian mit dem gewöhnlichen Wahlvermächtnis.18 Das Wahlrecht geht jetzt auf die Erben des Legatars über, weil das Eigentum nicht erst mit der Wahl, sondern schon mit dem Wirksamwerden des Legats erworben wird. Gehaftet wird aus Vermächtnissen im allgemeinen für culpa, doch gelten Milderungen für Sonderfälle. 1• - Die Früchte der vermachten Sachen gewährt das Vulgarrecht, abweichend vom klassischen Recht des Vindikationslegats,schon vom Todesfall an; Justinian dagegen nach klassischem Vorbild erst seit der Litiskontestation. 20 - Verzugszinsen werden im Westen wie im Osten anerkannt,1 1 Das Vermächtnis, mit dem dem Beschwerten (nach dem Muster der Vertragsstrafe) eine Leistung als Strafe für ein bestimmtes Verhalten auferlegt wird, war im klassischen Recht unwirksam (o. § 185 a. E., § 18931 ); Justinian läßt es zu, sofern es keinen verbotswidrigen Inhalt hat.u

III. Zur Sicherung des Vermächtnisnehmers 23 gegen Zahlungsunfähigkeit des Beschwerten dient bei bedingten oder befristeten Vermächtnissen wie bisher die ..fyyuo,328, 33211 Alluvio 20910 Alteri stipulari nemo polest 69,248 Alternativobligation 248, 391 Altersstufen 78fj., 94 Alveus derelictus 20910 Analogie 36 Anfechtung 17, 58, 6O.a, 61°, 61 r., 79f., 278, 281, 320, 365ft.; s. auch Querela Animo possidere 178, 181 Animus 208, 58/., 116, (pactum) 279, (constitutum) 280, (neg. gestio) 302, (Erbschaftsantritt) 37315 - domini 181 rr. - dominii transferendi 2O2f. - donandi 59, 290 - furandi 3151' - nocendi 41 - novandi 59, 325 - possidendi 181 - recipiendi 302 - remunerandi 291 - repudiantis 36880 - transigendi 322 Anlandung,Anschwemmung vgl. 20910 Annona civica 1 77 Anpflanzen 20917 , so Anspruch 44 Antichresis 2321 Antipherna, liv-r(n:poLXov 13511 , 139.a, s. Gegendos Antritt der Erbschaft 371 ff. Anwachsung s. Akkreszenz Anwartschaft vgl. 64 f.; (hellenist. Erbrecht) 366f. Anweisung 325/., 326, 327 Anzeige s. Denuntiatio Apocha s. Quittung 'An:oxiipu~,c;151, 36711 'An:6>.,3ec; 81 1 Apostaten 3478 , 349 Apud acta (gesta) 541. Aquaeductus, aquaehaustus 21717 Arbiträrklagen s. Actiones arbitrariae Argentarius vgl. 22911, 249•0 , 250, 28Of., 323H, 32616 Arglist s. Dolus Arme 11'°, 34518 , 348 Arra 268/., 282 - sponsalicia 8, 75, 109/., 135f. Arrogation s. Adrogatio Auctor 165'

Auctorati 961 Auctoritas (tutor) 79, 158 1 , 159, 165f.; (mancipatio) 28588 Auflage 66, 304 Aufrechnung 323f. Auftrag s. Mandatum Aufwendungen s. Impensae Augustus, Ehegesetze 112 - Freilassungsgesetze 94 Auseinandersetzung s. Actio communi div., familiae erc., finium reg. Ausländer 37, 81 Auslegung (Gesetze) 36f.; (Geschäfte) 55ff., 352 Ausschlagung der Erbschaft 372f. Außenerben 95, 334, 371fj. Außerpatrimoniale Beziehungen 33811 Aussetzung der Kinder 85, 89, 1431. Bankier s. Argentarius Barbaren 37, 81, 109; s. Germanen Barkauf 48, 199, 281 rr. Barschenkung 48, 201, 288 Basilikenscholien 19, 29 f. Baubeschränkungen 191 f. Beamte 1141., 151, 153 Bedingung 64f., 1246 , 287, 304, 3256 , 338 11, 398 Befreiungsvermächtnis 391 Befristung 66, 391; s. auch Actiones temporales, Verjährung Beleidigung 317 B eneficium 35 - abstinendi 372 - cedendarum actionum 16714 , 330, 332/. - competentiae 118, 12917 , 1331 , 239, 2418 , 242 - divisionis 167, 328, 330", 332(. - excussionis 23416 , 331, 333 - inventarii 49, 232, 374, 382/., 395 - ordinis s. excussionis - separationis vgl. 383 Benignitas 3914 Bereicherungsklagen 165 10, 262 r., 304 fJ. Bergbaurecht 191 Bergwerksstrafe 751 , 8311 , 89 Berufung zur Erbfolge 340 ff. Besitz 59, 177 f}. Besitzerwerb 78, 183 Besitzklagen 184 ff. Bestimmtheit der Leistung s. Certum

Sachregister Betrug s. Dolus Beurkundung 6, 17, 22, 490.,9118 , 116!., 123,129, 141, 173, 198, 199, 201, 226,238, 264f.,270,273CC., 281f., 288, 319f., 327, 331, 342 rr.,354, 372 - öffentliche 54/., 141, 1507 , 201, 231, 288, 344!. Beute 207 Bewegliche Sachen 176 Beweis, Beweisurkunden 490., 274, 27511 , 27736 , 278, 320, 34418 Beweislast 67, 211, 277 Bigamie 112 Bischof 47, 91, 92, 106, 115, 144IO, 151, 161, 162, 170, 175, 20611 , 34710 , 348, 362 Blindentestament 347 Blutschande s. Incestaenuptiae Blutsverwandte s. Co~nati Bona adventicia 1551 - - irregularia 15511 Bona fides 38', 174, 305; (Ersitzung) 181•, 206, 232 Bona fide serviens 96 1 Bonae fidei contractus 38', 56, 24411 , 246 - - iudicia 237, 243 /., 246, 303, 305, 322, 378, 384, 385 11 Bona materna 73, 151, 152, 154 t ., 179, 360 Bona vacantia 361 f. Boni mores 38, 62 7 , 63, 65 Bonorum emptio (venditio, emptor) 6311, 241, 337 Bonorum possessio7 8, 3380., 343, 355f., 378, 384, 386, 393; s. auch Agnitio - - contra tabulas 365 - - sine re 33810 - - litis ordinandae gratia 36819 Bonum et aequum 39 8 , 244, 246', 305 Brautgeschenke s. Donatio ante nuptias, Verlobungsgeschenke Brautkauf 135 Breviarium Alaricianum 26f. Brevi manu traditio 20261 Bucellarii 102 16 Bürgerrecht 37, 76, 81(J.,

Capacitas 375, 391 Capitis deminutio 75/., 149, 150', 22111 Captivus s. Kriegsgefangenschaft - redemptus vgl. 88 Caput 75 Caritas 3911, 84 Casus 25511, 257; s. auch Zufall Caupo 257, 297, 310 Causa 202f. (traditio); 206 (usucapio); 242 (actio); 267 (obligatio); 627, 276f. (stipulatio); 288 (Schenkung); 306 (condictio) Causa (Prozeß) 185 Cautio 11011 , 270, 275!. - damni infecti 196 - de amplius non turbando 215 41

discreta, indiscreta 27717 iudicatum solvi 212 17 , 11 iuratoria 27611 legatorum seu fideicommissorum servandorum causa 392 - Muciana 65, 39810 - pro praede litis et vindiciarum 21217 , 11 - rem pupillisalvamfore168 - usufructuaria 145, 15416 , 220 17 Cedere, cessio 1971 , 326 /., 330 Censiti 9810 Certum 245 /., 260, 307 Cessio bonorum 2418 , 319 Chirographum 52,270, 274 7 , 276 Christentum, Einflüsse 8(J., 16, 2014, 21, 38ff., 41, 56, 72, 73, 74, 751 , 761 , 7716 , 7911 , 81, 83f., 85, 88, 92, -

107ff.,

109f.,

115, 142 6 ,

145, 156', 157, 158, 16711 , 174 7 , 175!., 1781 , 18311 , 201, 239, 24211 , 24310 , 249f., 253!., 257,266,276, 283, 289!., 305, 322, 3366 , 347, 349 Civilis - criminalis 33, 309, 31116 Civis s. Bürgerrecht Civitates 103, 105, 348 Clementia 918 , 3914 112 Codex Euricianus 26f. Bürgschaft 239, 275 17 , 280, - Iustinianus 21 f., 24, 29 290, 330fl. - Theodosianus 4, 5, 18, 24, Buße 61, 240, 250ff., 308ft. 29, 35 Codicilli 335, 350 r., 354 f ., 389,390,394, 3988 Caducum 11211 , 35311 , 375, Cognati 73, 142, 161, 336, 379, 393/., 398 355ff., 360, 361, 363, 366, Canon 224f. 26 HdA X 3. 3. 2 (Kaser II)

36888 ; s. auch Servilis cognatio Cognitio, Kognitionsprozeß 12, 21, 33f., 42f., 78, 236!.; 242, 251, 260, 295, 297, 300, 308, 313, 336, 389 Coheredes s. Erbengemeinschaft Collatio bonorum 336, 379 f. - dotis 36831 , 380 Collatio legum Mos. et Rom. 24, 26 Collegatarii vgl. 393!. Collegium 104!. Colonia partiaria 29411 Colonus, colonatus 11, 12, 4761 , 67, 68 14, 69, 70, 73, 76, 960., 112, 113, 177, 11810 , 193, 293, 295" Color insaniae 365 Commendatio 271 Commixtio s. Vermischung Commodatum 2546 , •, 257, 271, 292 Commorientes vgl. 77 Communio 25811 , 262!., 298, 299/., 378 Commutatio 19911 , s. Tausch Compensatio 268,272, 323/. Completio 53 Compromissum 4754 , 279, 281 Conceptus pro iam nato habetur 77 Concubinatus s. Konkubinat Concursus causarum 324 Condemnari oportere 32510 Condemnatio pecuniaria vgl. 237, 251/. Condicio 4 81 ; s. Bedingung - iurisiurandi 64', 1246 - tacita 64 1 , 13617 Condictio 43, 6611 , 13618 , 24411 , 304fJ. - causa data causa non secuta 306 - certi 307 - ex lege 43, 243, 306, 38311 , 38621 - ex paenitentia 30617 , 39816 - rurtiva 26t1°, 306, 313, 315

-

generalis 43, 243, 306f. incerti 246, 30411 , 307, 391 indebiti 306 liberationis 30714 , 11 ob causam datorum 304, 306 ob causam finitam 30611 ob iniustam, turpem causam 306 possessionis 30711 sine causa 306

402 Condominium s. Miteigentum Conducere s. Locatio conductio Conductio suae rei 29411 Conductor 68H, 70, 293 Confirmatio (Vormund) 160, 162, 169; (Schenkung) 289; (Kodizill) 354', 355, 389, 390, 394 Confusio (Vermischung) 21016 ; (Servitut) 218; (Obligation) 324 Coniunctio re, verbis 37911 , 393f. Conpositio 309 Consanguinei 358ff., 366 Consensus 264, 265 f.; (Ehe) 116f. - curatoris 79, 159, 165, 169 Coosobrini 113 Consolidatio 221 Constitutio Antoniniana 7, 33, 37' 0 , 81 Constitutum debiti 262, 264 1 , 280/., 333 - possessorium 183so, 20211 Consuetudo 36 Consultatio 24, 26 Contemplatio 58H, 302 Contractus48,262,264 ff., 303 - bilateralis, unilateraiis vgl. 267f. Contraria iudicia s. Actiones contrariae Contrarius consensus 322 Controversia finalis 196 7&,7• Contubernium vgl. 85, 87, 100'', 112 Contutores 166, 167 Conubium 112 Conventio in manum 48, 108, 337 Copidermia 14411 Corpora possidere, corporalis possessio 178, 181 ff.; s. auch 1751 Corpus (Verband) 11, 104/., 192, 298, 348, 362; (Papiniani etc.) 141 - Christianum 10511 Corpus iuris civilis 5, 8, 20 ff. Correi vgl. 328 ff. Credere 2621 Cretio 49, 372/. Crimen 309 - expilatae hereditatis 3131 - extraordinarium 308 Culpa 167, 213, 238, 253ff., 2601, 26t7, 271f., 283,297, 301ff., 310, 317, 385, 392 - in concreto 258'1 - in eligendo 297, 310, 312 - lata, levis 259, 301

Sachregister Cura, curator (minoris) 74, 79(., 1111°, 114, 158(., 161, 168(J. - debilium 17117 - furiosi 170, 374 - impuberis 17118 - prodigi 17Of. Curiales s. Decuriones Custodia 238, 254, 25511, 256f., 271, 283 Damnationslegat 388 Damnum 309; (u. lucrum) 239 - infectum 196 - iniuria datum 316f. Darlehen 49, 22911 , 26517 , 270/., 273f., 277f.; (fiktives, hellenistisches) 273f. Datio dotis vgl. 128f., 202 - tutoris 160f. Datio in solutum 23310, 320, 383 Debita portio 37011 Decem personae 114, 361 11 Declarare voluntatem 481 Decretum divi Marci (Selbsthilfe) 417 Decuriones ( = curiales) 11, 12, 102, 104 1 , 11211 , 157, 190, 193, 35711, 362 Dediticii 3717 , 81/., 8811 , 94 Deductio (in) domum 116(. - servitutis 217 - ususfructus 221 Defensor civitatis 4 7, 161, 20611 Deiecta vel effusa 310 Delation der Erbschaft vgl. 340ff. Delegatio 325 f., 326, 327 Delictum 240, 308 ff.; s. auch Haftung Deliktsmora 26110 Dementes 81" Denuntiatio 5516 , 8811 , 225, 232, 234, 27811 , 327 Deportation 753 , 82f., 119C. Depositio 140", 22516 , 26111 , 262,320 Depositum 49, 254•, 25781, 258, 259, 271 f.; s. auch Nothinterlegung - irregulare 239, 272 Derelictio 19461 , 208, 290 Deszendentenkollation 380 Detention 178, 182, 212, 294u, 297 ,:114).uati:;32311 Dicta, promissa 287 Dictio dotis 129 Diebstahl 313ff. Dienstvertrag 295ff.

Dies s. Befristung - cedens 393 - veniens 39311 Digesta Iustiniani 21 f. Digestenplan 2116 Dignitas s. Würdenträger Diligens paterfamilias 21316 , 25511 , 257/. Diligentia 254ff. - exacta, exactissima 25511, 256, 302 - quam suis rebus 133, 141, 167, 238, 258/., 278•, 299, 300 Diokletian 611, 15 Dispensator 346" Dispositivurkunde 51,275 11 , 27711 Distractio bonorum s. Bonorum emptio Divisio inter liberos 346 Divortium s. Scheidung -bona gratia 1191 , 120, 12311 Dolus 38', 61, 213, 238, 2530., 25516, 261 7 , 263, 310, 318 - in contrahendo 244, 247u, 285'1 Dolusklausel 28661 Domänen 98,191,208, 2231., 293 Domestici heredes vgl. 334, 371/., 376 Dominium 177ff., 189ff. Domum deductio 116f. Donatio s. Schenkung - ante nuptias 8, 74, 75, 77, 1161 , 117 16, 121ff., 124f., 134ff., 142, 155, 179, 201, 230, 288, 380 - in dotem redacta 13817 - mortis causa 6510, 289, 336, au, 349, 387, 394u, 397/. - perfecta 203 18 - post obitum 336, 34111, 397 - propter nuptias 74, 135, 139 Doppelehe 112 Dos 23, 47, 74, 77, 110 11 , 11411, 121ff., 124f., 127(J., 130(J., 135ff., 142, 155, 165, 179, 230 r., 304, 32011, 380 - (Bestellung) 50, 128/., 202, 203, 265, 27517 , 279, 290, 333 - (Eigentum) 23, 75, 127/., 133, 19460 - (Hartung) 25818 , 259 - profecticia 1311 , 132

Sachregister Dotalurkunden s. Instrumenta Dotis dictio 129, 265 Ecclesia 105/., 17611 ; s. Kirche Edictum Carbonianum 358 - de alterutro 13311 - si quis omissa causa 3901, 394" Edictum Theodorici 27 Edictus Rothari 28 "E3vcx13511, 14011 Ehe 9, 59, 74, 107 tJ.; (Kolonen) 98ff., 112; (Sklaven) 85, 112 Eheauflösung 74, 119fJ. Ehebruch 49, 115, 118, 1211., 142 7

Ehefrau,

Rechtsstellung

117f.

Ehegattenerbrecht 360, 362 Ehegattenschenkung s. Schenkung Ehegesetze (Augustus) 112 Ehehindernisse 111 ff. Ehekonsens 116(. Ehelichkeit s. Abstammung Ehelosigkeit 112 18 Ehemündigkeit 111 Ehescheidung s. Scheidung Eheschenkung s. Donatio ante, propter nuptias Eheschließung 108, 115ff. Ehevoraussetzungen 108, lllff.

Ehre, Ehrlosigkeit 38, 77 f., 366, 369; s. auch Infamia Ehrenpflichten s. Treupflichten Eid 10, 49, 644 , 9515, 1245 , 16380 , 1641, 17080, 276 11 , 281, 32244 , 330, 39015 ; s. Iusiurandum in iure, in litem Eigentum 59, 189ff. - auf Zeit 65 f., 133, 179, 193, 21011, 287, 304, 338, 398 Eigentumsbeschränkungen 174, 189ff. Eigentumserwerb und Kaufpreiszahlung 199(., 204, 281f.

- vom Nichtberechtigten 174, 198 Eigentumsverleihung vom Staat 204 Einlassungszwang 44, 212 /., 21911 , 384 Einseitige, mehrseitige Schuldverträge 267 r. Eisernviehvertrag 29411 Elterliche Teilung 345f.

403

Emancipatio 48, 54, 73, 751 , Erwerbsfähigkeit (Erb recht) 375 111 1 , 145, 14821 , 149, 150/., 154 Erziehung 1245 , 146, 164 Emanzipierte (Erbrecht) Essentialia negotii 26711 356f., 359, 3641 Ethisierungdes Rechts 38 tJ., Emphyteusis 20 7, 179, 184, 56, 63 223ff., 230 Eunomianer 8211, 347', 349 Emptio venditio 267; s. Kauf Eunuchen s. Kastraten - bonorum s. Bonorum Eviktion 129, 23181, 233, emptio 28Uf., 288, 36711 Enteignung 174, 190 Exacta (-issima) diligentia 25511, 256, 302 Enterbung 145, 364/. Entwehrung s. Eviktion Exceptio 45/., 611., 8011, Epibole 190 f., 204, 224 7 318, 322 Episcopalis audientia 10 - annalis pignoris ltalici Erbanwartschart (hell.) 46° 3661. - doli 45, 61, 64 1 , 65, 21317, 7 Erbbaurecht 20 , 179, 184, 21519, 244, 261, 268, 277, 32021 , 323, 385, 394 193, 209, 222 f. Erbeinsetzung 6510, 66, 290, - legis Plaetoriae 80 350/., 3901 ; (Fähigkeit) - metus 61 3481. - non numeratae dotis 134°, 278°, ,. Erbengemeinschaft, Erbenmehrheit 3781. - - - pecuniae 8011 , 270, Erbenhartung 338, 381 ff. 278,280,320 Erbfähigkeit 106, 161, 349, - pacti 26780 , 322 375 - praeiudicii 385 f. Erbfolge 336ff. - rei venditae et traditae Erbloser Nachlaß 3611. 215 Erbpacht 179(., 190, 191, - utilis 4640 193, 194, 223 ff., 230, 293 - veluti pacti ex comproErbschaft 336U. misso 46'°, 28171 Erbschartsantritt, Erb- - vitiosae possessionis 185, schaftserwerb 17, 59, 78, 187 334, 371ff. Excusatio 162, 163/., 169 Erbschaftsfideikommiß 259, Exercitor (navis) 6815 , 71 352, 3902 , 395 ff. Exheredatio 364!. Erbschaftsforderungen 338 Exilium 8214 Erbschaftskaul vgl. 377 Existimatio s. Ehre Erbschartsschulden 381 ff. Expositio s. Aussetzung Erbschaftssteuer 346" Expropriation 174, 190 Erbteilung 378, 384 Extranei heredes 95, 334, Erbunfähigkeit 114,349,375 371 tJ. Extraneus 12810, 12917, 132, Erbunwürdigkeit 375 /., 3902 , 391 279 Extraordinaria cognitio s. Erbvertrag 340 f. Erbverzicht 340 Cognitio Erfüllung 318ft. Extrapatrimoniale Rechte Erlaß 321 I. 33811 Erpressung s. Metus Error 57 f ., 20616 , 11 , 30614 , Fahrlässigkeit s. Culpa Falcidia (~cx).x(3tov) 15110, 319' 20 35718 , 366'. 36711 , 3941. - iuris 58 Ersitzung 46; (Freiheit) 8719 , Fälschung des Testaments 34420 91; (Kolonat) 1011.; (Eigentum) 204fJ., 392; (Ser- Falsus procurator 30115 vitut) 216, 218; (usus- Familienfideikommiß 390 lructus) 221; (Pfandfrei- Fas 39 heit) 231 r.; (Sklaverei) Favor debitoris 239 - dotis 13311 871 ; s. auch Verjährung Ersitz u ngsbeschränkungen - liberorum 77, 12111 - libertatis 761., 84, 86, 88, 47,134, 206/., 392 Erwerb durch Abhängige 68, 92 - testamenti 3401 691.

Sachregister Feldmesser 29761 Feminae probrosae 113, 11711 , 1263 , 147, 375 Fenus s. Zinsen - nauticum 250, 270 Ficti possessores 212, 234, 384C. Fictio legis Corneliae 88 Fideicommissaria libertas 92f. Fideicommissum335 f., 3541 , 10 , 386tJ., 389C., 394" - a debitore relictum 3905 - hereditatis s. Erbschaftsfideikommiß - post mortem 3906 - quod familiae relinquitur 390 Fideiussio 330ff. Fidepromissio 330f. Fides 38'; s. Bona fides, Bonae fidei contractus, B. r.iudicia Fiducia 226f. - cum amico contracta 227 Filiusfamilias s. Hauskind Firmata aetas 781 Fiscus 4763 , 103, 206f., 361; s. auch Domänen Fiskalmulten 24811 Forderungskauf 327 Forderungspfandrecht 2281 Forderungsrecht vgl. 240 Formale Korrespondenz vgl. 322

Formalismus 22, 48f]., 55, 173, 198,238,266,

273ff.,

282;s.Beurkundung Formfreie Geschäfte 51, 56, 282

Formula, Formularprozeß 12, 33 r., 42, 5o, 21t2r., 245C., 260 Formula prohibitoria 21988 Formulariensammlungen 28, 3351 FragmentaGaudenziana 2617 - Vaticana 14 7 , 24, 26 Fränkische Quellen 28 Frauen 74, 80f., 14711 , 158, 162 f., 333, 336, 347, 348, 355 ff., 363; s. Ehefrau, Ehegattenerbrecht, Feminae probrosae Fraus 255 - creditorum 63, 94, 31810 - legi facta 3 7, 62 - patroni 9465 , 371 Freie 76; s. auch Ingenuus Freigelassene 87, 94 fJ., 112 11, 113, 147 111, 347,361,

370 Freiheitserwerb( ohne manumissio) 8814, 90/.

Freiheitsidee 1188 , 73, 77 Freiheitsprozeß 86f., 89, 90 Freilassung s. Manumissio - in fraudem s. Fraus creditorum, patroni - prätorische 82, 91, 93 Freilassungsbeschränkungen 94 Freilassungspflicht 90, 91, 93 Fremde vgl. 37, 81 Fructus 130 1, 177, 208/., 213, 228, 246, 260, 261, 262, 385, 392 - duplio 211, 384' - sine usu 220 11 Frühnachklassisches Recht 13 tJ., 17, 26, 254 Fundus dotalis 129f.; (Eheschenkung) 140" Fur semper in mora 26118 Furiosus 11'°, 81, 111, 162, 170,347,360,374 Fürsorgestaats. Wohlfahrtsstaat Furtum 313ff.; s. Actio furti, Condictio furtiva - conceptum, oblatum 314 1 - manifestum 314 Gaius (inst.) 14, 25; (res cott. sive aurea) 14' - Augustod. 25 - epit. 14', 16, 25f. Gattungskauf 283 Gattungsschuld 248, 391 Gebrauchsrecht 222 Geburt 76f.; s. Abstammung Gefahrenteilung 25511 , 270', 27i1 8 , 27211 Gefahrtragung s. Periculum Gefangene 11' 0 , 4762 , 34811 ; s. auch Kriegsgefangenschaft Gegendos 13511 , 13816 , •, 139f. Gegenseitige Verträge 267 Gehilfenbaftung 6917, 296" Geisteskranke s. Furiosus Geistliche 106, 115, 124', 145, 151, 153, 162, 16411 , 34718 , 362; s. Bischof, Priester Geld, Geldkondemnation 12, 237, 240, 251ff. Geldentwertung 12, 237, 251 f., 281 Geldleihe 271 Geltungsbereich des römischen Rechts 37 Gemeinden 4761 , 51 , 103, 105 Gemeinschaft s. Communio Gemischte Strafklagen 240, 251, 310/ ., 315

Generalhypothek 75, 1251°, 18 , 129, 134, 140, 141,168, 170, 174, 226, 229 tJ., 242, 392 Genusschuld 248, 391 Germanen, -reiche 26ff., 37 Germanische Einflüsse 116 1 , 136, 149 1, 1723 , 187, 198 11 , 201n, 211 1 , 26111 , 27i1 1 , 314 8 , 32260 , 334, 342, 346, 397 Gesamtforderung 328ff. Gesamtnachfolge 336f. Gesamtschuld 328ff. Gesamtvergleich 322 Geschäftsfähigkeit 18f]., 111, 347 Geschäftsführung ohne Auftrags. Negotiorum gestio Geschäftszeuge s. Zeugen Geschlechtsvormund 158 Geschwisterehe 113" Gesellschaft (Sozialgefüge) 11f.

- (Schuldvertrag) s. Societas Gesetz s. Kaisergesetze, Lex Gesetzesumgehung 37, 62 Gesetzliche Erbfolge 3551 ; s. Intestaterbfolge Gesetzliches Pfandrecht 229 Gestellungsbürgschaft 330' Gestio s. Negotiorum gestio Geteilte Obligation 328 Geteiltes Eigentum 72, 128 5 , 152, 154, 194, 2271°, 11 Gewährleistung 284 ff., s. Eviktion Gewaltfreie, Gewaltunterworfene 761 ; s. Hauskind, Sklaven Gewaltverbrechen vgl. 41, 185f., 188, 314f. Gewinn und Verlust, Ausgleich 239 Gewohnheitsrecht 36 Glaubensschutz (christl.) 768 ,85,90,115,349,375 Gläubigerbenachteiligung 63, 94, 31810 Gläubigerverzug 140°, 22516 , 261 f. Gordianisches Retentionsrecht 2298 Grabrecht 11'°, 116, 19461 Grabschändung 318 Gräko-ägyptisches Recht 32; s. Hellenismus, Papyri, Volksrechte Grenzstreifen 196, 207 Griechische Einflüsse 6f.; s. Hellenismus Grundsteuer, Grundzins 173, 1905 , •, 199, 2246

Sachregister Grundstücke 176 Grundstückskauf

49,

50,

173, 198, 199/., 281, 282

Guter Glaube s. Bona fides Gütergemeinschaft 138' 0 Habere licere 285 Habitatio 1491 , 184°, 222, 3381' Haftung 240ff.; (Erbenhaftung) 381 ff. - (Maßstäbe) 20, 132(., 213f., 238, 253fJ., 271, 272, 273, 283, 296, 299, 300, 301, 302, 303, 310, 385, 392 - der Gewaltunterworfenen, des Gewalthabers 68 f., 70(., 86, 311 ff. - für Gehilfen 6917 , 296" Handlungsfähigkeit 78 ff.; s. Geschäftsfähigkeit Häretiker 10, 347 1 , 349 Hauserben 334, 371/., 376 Hausgenossenschaft (hellenistische) 721 Hausgewalt 72(., 141ff. Hauskind 47, 67ft, 72f., 129, 131 1 , 132 15 , 13716 , 141 ff., 311 f., 336, 360, 373(. - in mancipio 96 Haussuchung 314 1 Heiden s. Ungläubige Hellenismus, Einflüsse 5 fj., 16, 1711 , 32, 50, 52, 722 , 73, 74, 75, 84, 86, 92, 93", 94, 95, 127 1 , 134811, 135f., 13818 , 139", 1411 , 142(., 148f., 1521 , 1563 , 158, 159 18 , 163,168, 174 8 , 180, 194°, 197 1 , 198 11 , 199, 203 11 , 211 •, 227, 230, 238(., 248 19 , 27125 , 272, 273f., 27629 , 27811 , 28410 , 285, 3071', 319, 32352 , 324 13 , 328, 3321', 334 1 , 340~ 345•~ 346,367,398 'H11-t6AtOV 24933 Heredis institutio s. Erbeinsetzung - - ex re certa 351 r. Hereditas 338(J., 343 - iacens 371, 376 /. Hereditatis petitio 2441', 339,366, 367, 369'7, 383fj. - possessoria 339, 384 Heres vgl. 336 rr. - suspectus 383 - tutoris 167, 25958 Hermogenian 14 Hinterlegung s. Commendatio, Depositio, Depositum

Höhere Gewalt 257 Homologi 9811 , 9911 Honestas 11219 Honestiores, humiliores 7711 , 113 Honorarium 29751 , 300 Humanitas 9, 3911 , 142, 145 Hyperocha vgl. 273 Hypotheca 226ff., 228CC.

- (quasi) publice confecta 54, 23117 Integri restitutio s. In integrum rest. Intercessio 49, 333 Interdicta 43, 44 - duplicia 18831 - noxalia 313u - (Servituten) 219; (ususfructus) 18428 , 222 Interdictum de arboribus caedendis 195 61 - de clandestina possessione

lactus lapilli 19671 Ignorantia 58; s. Error Immission 195, 217 17 187H Immunitas 162, 16431 Impensae 133, 213f., 246, - de homine libero exhi268,385 bendo 43 10 11 lmperitia 257 , 310 - de liberis exhibendis 1't5 lmpetratio dominii 19460 , - de precario 187", 189 234 - de tabulis exhibendis 43 10 Impossibilium nulla obli- - de vi armata 18711 - fraudatorium 63 gatio vgl. 260f. Impuberes 47, 78/., 80,111, - quam hereditatem 384, 147 11 , 158ff., 18323 , 347 385 11 Inaedificatio vgl. 209 - quem fundum 212 17 , 213 - quod legatorum 339, 392 f. In bonis habere 173, 189 Incapax 375, 391 - quod vi aut clam 194, 196 Incertae personae 348 - quorum bonorum 187,339, Incertum 245f., 307 386 Incestae nuptiae 113f., 151, - Salvianum 23480 3478 , 349, 391 1 - unde vi 185ff. In diem addictio 65 10 , 287 - uti possidetis 187H, 188 Indignität 375 /., 3901 , 391 - utrubi 187, 188f. Infamia 77/., 114,118, 263 9 , Interesse 237!., 246, 252 f., 38t7 260f., 285,286 5~ 287,315 Infantes 78, 373f. Internationales Privatrecht In fraudem legis 62 3739 7 31 Interpellatio 261 8 Ingenuus 76 , 98, 100 In integrum restitutio 43, Interpolationen 21 f., 31 f. 44, 58, 60, 61/., 63, 751, Interpretatio s. Auslegung - ad Cod. Greg., Herrn. 26 80, 16810 , 318 In iure cessio 48 r., 173, 197 - ad Cod. Theod. 16, 24/. - ad Pauli sent. 16, 25 - - - hereditatis 377 Interzession 49, 333 - - - tutelae vgl. 163 Intestabilis 347 1 lniuria 317 Intestaterbfolge 85, 151, Inkapazität 375, 391 In mancipio esse 96 153, 156, 157, 158 8 , 170, Innominatkontrakte 59, 335 r., 340 r., 349, 355 fJ., 237, 243, 246, 265, 297, 389f. Invecta, illata 229 302fJ., 398 10 Inventar (Tutel) 164, 170; Inofficiosum testamentum (Erbrecht) s. Beneficium vgl. 365 Inplantatio 209 inventarii Inquilini 9820 , 295" Inzests. Incestae nuptiae Insinuatio 54/., 119, 129, Ipso iure 45, 318, 324 14051 , 141, 199, 20H., Irreguläre Servituten 216 1', 27788 , 288(., 30!11 , 344f. 22288 31 9 Irrtum s. Error Inspector 257 , 303 'fo6TCpO!J