Die Staatensukzession im Internationalen Privatrecht: Dissertationsschrift 9783161597947, 9783161597954, 316159794X

Welche Auswirkungen haben Staatensukzessionen auf das anwendbare Recht? Ausgehend von den Begriffen des Staates und der

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Die Staatensukzession im Internationalen Privatrecht: Dissertationsschrift
 9783161597947, 9783161597954, 316159794X

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Kapitel 1: Einleitung
A. Relevanz der Thematik
B. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung
Kapitel 2: Begriffsklärung und Einordnung: Staat und Staatensukzessionen
A. Begriff und Einordnung im Völkerrecht
I. Staatsbegriff
II. Staatensukzessionen
1. Begriff und allgemeine Voraussetzungen
2. Allgemeine Rechtsfolgen
3. Fallgruppen
a) Zession/Teilannexion
aa) Beschreibung
bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
b) Fusion
aa) Beschreibung
bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
c) Inkorporation/Vollannexion
aa) Beschreibung
bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
d) Separation/Sezession
aa) Beschreibung
bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
e) Dismembration
aa) Beschreibung
bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
III. Synthese
B. Begriff und Einordnung im Internationalen Privatrecht
I. Völkerrecht und Internationales Privatrecht
1. Völkerrechtliche Bindungen des Internationalen Privatrechts
2. Völkerrechtliche Vorfragen
II. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht
1. Staatsbegriff
a) Staat als (Gebiet mit einer einheitlichen) Rechtsordnung
aa) Definition
bb) Bewertung
(1) Pluralismus
(2) Staaten mit mehreren Teilrechtsordnungen
b) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff
aa) Völkerrechtliche Drei-Elemente-Lehre
bb) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff
(1) Prinzip der Kontinuität
(2) Prinzip der Völkerrechtsmäßigkeit und Anerkennung durch andere Staaten
(3) Effektivität und Souveränität
cc) Bewertung
(1) Einheit der Rechtsordnung
(2) Praktikabilität
(3) Wortlaut
c) Synthese
2. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht
a) Sukzessionsbegriff des Internationalen Privatrechts
b) Sukzessionskonstellationen im Internationalen Privatrecht
aa) Staatsidentität im Internationalen Privatrecht
(1) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im engeren Sinn
(2) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im weiteren Sinn
(a) Identität sui generis
(b) Identität kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung
bb) Fallgruppen im Internationalen Privatrecht
(1) Zession bzw. Teilannexion
(2) Fusion
(3) Inkorporation bzw. Vollannexion
(4) Separation bzw. Sezession
(5) Dismembration
c) Maßgeblicher Zeitpunkt der Sukzession
III. Synthese
C. Dogmatische Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision
I. Intertemporales Recht
1. Begriff und Beschreibung
2. Allgemeine Grundsätze
a) Materielles Recht
b) Kollisionsrecht
II. Sukzessionsbedingte Kollisionen
1. Staatensukzessionen als intertemporale Kollisionen
2. Sukzessionsbedingte Konflikte als Konflikte eigener Art
III. Synthese
Kapitel 3: Verweisungen und Staatensukzessionen
A. Verweisungsrichtung bei unwandelbaren Anknüpfungen
I. Methodik
1. Grundsatz der Unwandelbarkeit
2. Wandelbarkeit des materiellen Rechts
a) Grundsatz
b) Telos
3. Interessen und Prinzipien
a) Rechtssicherheit
b) Vertrauensschutz
c) Parteiinteressen
d) Verkehrsinteressen
e) Engste Verbindung
4. Durchbrechungen
a) Durch das Gesetz vorgesehene Durchbrechungen
aa) Nachträgliche Rechtswahl
bb) Intertemporale Vorschriften
cc) Direkte Ausnahmen
b) Durch die Methodik des Internationalen Privatrechts veranlasste Durchbrechungen
5. Synthese
II. Auswirkungen von Staatensukzessionen
1. Allgemeine Grundsätze
a) Verweisung durch ein vertragliches Regelwerk
b) Verweisung durch kollisionsrechtliche Identität
c) Verweisung durch intertemporales Recht
2. Dismembration
a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts
b) Lösungsmöglichkeiten
aa) Lösungsansätze in der Literatur
(1) Verschiebung des für die Unwandelbarkeit maßgeblichen Zeitpunktes
(2) Verweis auf das Recht des zerfallenen Gesamtstaates
(3) Ausweichen auf Hilfsanknüpfung
(4) Räumliche Zuordnung der Anknüpfung
(5) Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog
(a) Beschreibung
(b) Bestimmung der engsten Verbindung
(c) Bewertung
bb) Eigener Lösungsansatz: Grundsatz der erneuten Anknüpfung im Zeitpunkt der Dismembration
(1) Beschreibung
(2) Begründung
(a) Parallele zur Lebenswirklichkeit
(b) Methodik des Internationalen Privatrechts
(c) Parallele zu intertemporalen Regelungen
(d) Parallele zu Art. 236 EGBGB
(e) Kritik
(3) Zeitpunkt des Statutenwechsels
(4) Synthese
3. Zession bzw. Teilannexion
a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts
b) Lösungsmöglichkeiten
4. Fusion
a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts
b) Lösungsmöglichkeiten
5. Inkorporation bzw. Vollannexion
a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts
b) Lösungsmöglichkeiten
6. Separation bzw. Sezession
a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts
b) Renvoi durch interlokales Privatrecht
III. Thematische Besonderheiten
1. Eheschließung
2. Güterrecht
a) Folgen des Statutenwechsels
aa) Vermögensspaltung oder Abwicklung
bb) Durchführung der (güterrechtlichen) Neuordnung
cc) Feststellung der maßgeblichen Tatsachen
b) Besonderheiten der EuGüVO/EuPartVO
3. Elterliche Verantwortung
4. Annahme eines Kindes
5. Erbrecht
6. Schuldrecht
7. Gesellschaftsrecht
IV.Synthese
B. Verweisungsrichtung bei wandelbaren Anknüpfungen
I. Methodik
II. Auswirkungen von Staatensukzessionen
1. Grundsätze
2. Besonderheiten
a) Fiktion der Kontinuität
b) Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB
III. Synthese
C. Besonderheiten subjektiver Anknüpfungen
I. Methodik
II. Auswirkungen von Staatensukzessionen
1. Rechtswahl aus Anlass der Staatensukzession
2. Auswirkungen der Staatensukzession auf eine getroffene Rechtswahl
a) Berücksichtigung der Staatensukzession bei der Rechtswahl – Versteinerungsklauseln
b) Berücksichtigung der Rechtswahl bei der Staatensukzession
aa) Hypothetischer Parteiwille
bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage
(1) Begründung
(2) Voraussetzungen
cc) Verweisung auf „totes“ Recht
c) Heilung durch Staatensukzession
III. Synthese
Kapitel 4: Anknüpfungen und Staatensukzessionen
A. Methodik
B. Staatsangehörigkeit
I. Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt
II. Internationales Staatsangehörigkeitsrecht
1. Grundsätze
2. Besonderheiten im Falle einer Staatensukzession
III. Auswirkungen auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung
1. Rechtswidrigkeit der Sukzession
2. Rechtswidrigkeit der Regelung der Staatsangehörigkeit
IV.Synthese
C. Gewöhnlicher Aufenthalt
I. Gewöhnlicher Aufenthalt als Anknüpfungspunkt
II. Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts
III. Auswirkungen von Staatensukzessionen
IV.Synthese
Kapitel 5: Anwendung fremden Rechts und Staatensukzessionen
A. Allgemeine Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession
B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht
I. Figur des Handelns unter falschem Recht
II. Übertragung auf Sukzessionsfälle
III. Synthese
C. Bewusste Gesetzesumgehung
D. Transposition
E. Rückwirkung
I. Wohlerworbene Rechte im Internationalen Privatrecht
II. Durch Staatensukzessionen bedingte Rückwirkungen
III. Synthese
Kapitel 6: Schluss
A. Ausblick de lege ferenda
B. Zusammenfassung in Thesenform
Entscheidungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 461 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Marie-Therese Ziereis

Die Staatensukzession im Internationalen Privatrecht

Mohr Siebeck

Marie-Therese Ziereis, geboren 1992; Studium der Rechtswissenschaft an der LMU München; Referendariat in München und Wellington, Neuseeland; wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der LMU München; 2020 Promotion; seit 2020 Regierungsrätin im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und Lehrbeauftragte an der LMU München.

ISBN 978-3-16-159794-7 / eISBN 978-3-16-159795-4 DOI 10.1628/978-3-16-159795-4 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 2020 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Oktober 2020 berücksichtigt werden. Die Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung von Prof. Dr. Stephan Lorenz, der diese Arbeit auch betreute. Ihm danke ich sehr herzlich für seine Unterstützung während der Erstellung der Dissertation. Er war immer offen für Fragen, hatte aber gleichzeitig großes Vertrauen in meine eigenständige Arbeit und gewährte mir völlige Freiheit. Mein besonderer Dank gilt ihm aber insbesondere auch für seine langjährige fachliche und persönliche Förderung. Prof. Dr. Anatol Dutta MJur (Oxon) danke ich für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern gilt mein Dank für Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Privatrecht. Ohne die Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde und Kollegen wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Arbeit anzufertigen. Insbesondere gilt mein Dank Dr. Christiane von Bary, Dr. Julian Eibl, Veronika Foerst, Elli-Luise Haag, Johanna Reich, Prof. Dr. Philipp Reuß MJur (Oxon) und Lisa Thalmeir für ihre wertvollen Anregungen und, dass sie die Mühen des Korrekturlesens auf sich genommen haben. Ganz besonders danke ich schließlich meinen Eltern, die mich schon immer bei allen meinen Vorhaben ermutigt und unterstützt haben. München, im Oktober 2020

Marie-Therese Ziereis

Inhaltsübersicht Vorwort ................................................................................................. V Inhaltsverzeichnis .................................................................................IX Abkürzungsverzeichnis ..................................................................... XVI Abbildungsverzeichnis ..................................................................... XXII

Kapitel 1: Einleitung ...........................................................................1 A. Relevanz der Thematik .......................................................................1 B. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung .........................................5

Kapitel 2: Begriffsklärung und Einordnung: Staat und Staatensukzessionen ............................................................................7 A. Begriff und Einordnung im Völkerrecht ...............................................8 B. Begriff und Einordnung im Internationalen Privatrecht ..................... 30 C. Dogmatische Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision ............ 60

Kapitel 3: Verweisungen und Staatensukzessionen...................... 71 A. Verweisungsrichtung bei unwandelbaren Anknüpfungen .................... 71 B. Verweisungsrichtung bei wandelbaren Anknüpfungen ...................... 139 C. Besonderheiten subjektiver Anknüpfungen....................................... 151

Kapitel 4: Anknüpfungen und Staatensukzessionen ................... 175 A. Methodik ...................................................................................... 175 B. Staatsangehörigkeit ....................................................................... 176

VIII

Inhaltsübersicht

C. Gewöhnlicher Aufenthalt ............................................................... 194

Kapitel 5: Anwendung fremden Rechts und Staatensukzessionen ........................................................................ 203 A. Allgemeine Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession ........................................................................................ 203 B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht ................................. 207 C. Bewusste Gesetzesumgehung .......................................................... 215 D. Transposition ................................................................................ 218 E. Rückwirkung ................................................................................. 223

Kapitel 6: Schluss ............................................................................ 231 A. Ausblick de lege ferenda ................................................................ 231 B. Zusammenfassung in Thesenform ................................................... 232

Entscheidungsverzeichnis .................................................................. 237 Literaturverzeichnis............................................................................ 243 Sachverzeichnis ................................................................................ 2655

Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................. V Inhaltsübersicht .................................................................................. VII Abkürzungsverzeichnis ..................................................................... XVI Abbildungsverzeichnis ..................................................................... XXII

Kapitel 1: Einleitung ...........................................................................1 A. Relevanz der Thematik .......................................................................1 B. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung .........................................5

Kapitel 2: Begriffsklärung und Einordnung: Staat und Staatensukzessionen ............................................................................7 A. Begriff und Einordnung im Völkerrecht ...............................................8 I. Staatsbegriff.................................................................................8 II. Staatensukzessionen ................................................................... 10 1. Begriff und allgemeine Voraussetzungen ................................ 10 2. Allgemeine Rechtsfolgen ....................................................... 13 3. Fallgruppen........................................................................... 14 a) Zession/Teilannexion ....................................................... 14 aa) Beschreibung ........................................................... 14 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................ 16 b) Fusion ............................................................................. 18 aa) Beschreibung ........................................................... 18 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................ 19 c) Inkorporation/Vollannexion .............................................. 21 aa) Beschreibung ........................................................... 21 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................ 22 d) Separation/Sezession ........................................................ 23

X

Inhaltsverzeichnis

aa) Beschreibung ........................................................... 23 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................ 25 e) Dismembration ................................................................ 27 aa) Beschreibung ........................................................... 27 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................ 28 III. Synthese .................................................................................... 29 B. Begriff und Einordnung im Internationalen Privatrecht ..................... 30 I. Völkerrecht und Internationales Privatrecht .................................. 30 1. Völkerrechtliche Bindungen des Internationalen Privatrechts ........................................................................... 31 2. Völkerrechtliche Vorfragen .................................................... 33 II. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht .......................... 35 1. Staatsbegriff ......................................................................... 36 a) Staat als (Gebiet mit einer einheitlichen) Rechtsordnung ..... 36 aa) Definition ................................................................ 36 bb) Bewertung................................................................ 37 (1) Pluralismus ......................................................... 37 (2) Staaten mit mehreren Teilrechtsordnungen ............ 38 b) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff ...................... 39 aa) Völkerrechtliche Drei-Elemente-Lehre ....................... 39 bb) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff ............... 40 (1) Prinzip der Kontinuität ......................................... 40 (2) Prinzip der Völkerrechtsmäßigkeit und Anerkennung durch andere Staaten ....................... 41 (3) Effektivität und Souveränität ................................ 42 cc) Bewertung................................................................ 43 (1) Einheit der Rechtsordnung ................................... 43 (2) Praktikabilität ...................................................... 44 (3) Wortlaut ............................................................. 44 c) Synthese .......................................................................... 45 2. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht ..................... 45 a) Sukzessionsbegriff des Internationalen Privatrechts ............ 45 b) Sukzessionskonstellationen im Internationalen Privatrecht ....................................................................... 47 aa) Staatsidentität im Internationalen Privatrecht .............. 47 (1) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im engeren Sinn .................................................................... 47 (2) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im weiteren Sinn .................................................................... 49 (a) Identität sui generis ........................................ 50

Inhaltsverzeichnis

XI

(b) Identität kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung ........................................... 51 bb) Fallgruppen im Internationalen Privatrecht ................. 52 (1) Zession bzw. Teilannexion ................................... 52 (2) Fusion................................................................. 53 (3) Inkorporation bzw. Vollannexion .......................... 54 (4) Separation bzw. Sezession .................................... 55 (5) Dismembration .................................................... 56 c) Maßgeblicher Zeitpunkt der Sukzession ............................. 57 III. Synthese .................................................................................... 59 C. Dogmatische Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision ............ 60 I. Intertemporales Recht ................................................................. 61 1. Begriff und Beschreibung ...................................................... 61 2. Allgemeine Grundsätze .......................................................... 61 a) Materielles Recht ............................................................. 61 b) Kollisionsrecht ................................................................. 62 II. Sukzessionsbedingte Kollisionen ................................................. 64 1. Staatensukzessionen als intertemporale Kollisionen ................. 65 2. Sukzessionsbedingte Konflikte als Konflikte eigener Art ......... 67 III. Synthese .................................................................................... 69

Kapitel 3: Verweisungen und Staatensukzessionen...................... 71 A. Verweisungsrichtung bei unwandelbaren Anknüpfungen .................... 71 I. Methodik ................................................................................... 71 1. Grundsatz der Unwandelbarkeit.............................................. 72 2. Wandelbarkeit des materiellen Rechts ..................................... 72 a) Grundsatz ........................................................................ 72 b) Telos ............................................................................... 73 3. Interessen und Prinzipien ....................................................... 74 a) Rechtssicherheit ............................................................... 75 b) Vertrauensschutz .............................................................. 76 c) Parteiinteressen ................................................................ 76 d) Verkehrsinteressen ........................................................... 77 e) Engste Verbindung ........................................................... 77 4. Durchbrechungen .................................................................. 79 a) Durch das Gesetz vorgesehene Durchbrechungen ............... 79 aa) Nachträgliche Rechtswahl ......................................... 79 bb) Intertemporale Vorschriften ....................................... 81 cc) Direkte Ausnahmen .................................................. 82

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Durch die Methodik des Internationalen Privatrechts veranlasste Durchbrechungen ............................................ 84 5. Synthese ............................................................................... 85 II. Auswirkungen von Staatensukzessionen ...................................... 85 1. Allgemeine Grundsätze .......................................................... 86 a) Verweisung durch ein vertragliches Regelwerk .................. 86 b) Verweisung durch kollisionsrechtliche Identität ................. 88 c) Verweisung durch intertemporales Recht ........................... 89 2. Dismembration ..................................................................... 91 a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts......... 91 b) Lösungsmöglichkeiten ...................................................... 92 aa) Lösungsansätze in der Literatur ................................. 93 (1) Verschiebung des für die Unwandelbarkeit maßgeblichen Zeitpunktes .................................... 93 (2) Verweis auf das Recht des zerfallenen Gesamtstaates...................................................... 94 (3) Ausweichen auf Hilfsanknüpfung ......................... 96 (4) Räumliche Zuordnung der Anknüpfung ................. 97 (5) Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog ......................... 97 (a) Beschreibung ................................................. 97 (b) Bestimmung der engsten Verbindung ............... 98 (c) Bewertung ..................................................... 99 bb) Eigener Lösungsansatz: Grundsatz der erneuten Anknüpfung im Zeitpunkt der Dismembration .......... 102 (1) Beschreibung .................................................... 102 (2) Begründung ...................................................... 102 (a) Parallele zur Lebenswirklichkeit .................... 102 (b) Methodik des Internationalen Privatrechts ...... 103 (c) Parallele zu intertemporalen Regelungen ........ 104 (d) Parallele zu Art. 236 EGBGB ........................ 105 (e) Kritik ........................................................... 106 (3) Zeitpunkt des Statutenwechsels .......................... 106 (4) Synthese ........................................................... 108 3. Zession bzw. Teilannexion ................................................... 108 a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts....... 108 b) Lösungsmöglichkeiten .................................................... 109 4. Fusion ................................................................................ 111 a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts....... 111 b) Lösungsmöglichkeiten .................................................... 112 5. Inkorporation bzw. Vollannexion ......................................... 115 a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts....... 115 b) Lösungsmöglichkeiten .................................................... 116 6. Separation bzw. Sezession ................................................... 118

Inhaltsverzeichnis

XIII

a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts....... 118 b) Renvoi durch interlokales Privatrecht .............................. 121 III. Thematische Besonderheiten ..................................................... 122 1. Eheschließung ..................................................................... 122 2. Güterrecht........................................................................... 124 a) Folgen des Statutenwechsels ........................................... 124 aa) Vermögensspaltung oder Abwicklung ...................... 124 bb) Durchführung der (güterrechtlichen) Neuordnung ..... 125 cc) Feststellung der maßgeblichen Tatsachen ................. 126 b) Besonderheiten der EuGüVO/EuPartVO .......................... 127 3. Elterliche Verantwortung ..................................................... 129 4. Annahme eines Kindes ........................................................ 130 5. Erbrecht.............................................................................. 132 6. Schuldrecht ......................................................................... 133 7. Gesellschaftsrecht ............................................................... 136 IV.Synthese .................................................................................. 138 B. Verweisungsrichtung bei wandelbaren Anknüpfungen ...................... 139 I. Methodik ................................................................................. 139 II. Auswirkungen von Staatensukzessionen .................................... 141 1. Grundsätze.......................................................................... 142 2. Besonderheiten ................................................................... 145 a) Fiktion der Kontinuität ................................................... 145 b) Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB........................................... 149 III. Synthese .................................................................................. 151 C. Besonderheiten subjektiver Anknüpfungen....................................... 151 I. Methodik ................................................................................. 152 II. Auswirkungen von Staatensukzessionen .................................... 153 1. Rechtswahl aus Anlass der Staatensukzession ....................... 154 2. Auswirkungen der Staatensukzession auf eine getroffene Rechtswahl ......................................................................... 155 a) Berücksichtigung der Staatensukzession bei der Rechtswahl – Versteinerungsklauseln .............................. 155 b) Berücksichtigung der Rechtswahl bei der Staatensukzession........................................................... 160 aa) Hypothetischer Parteiwille ...................................... 161 bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage .............................. 162 (1) Begründung ...................................................... 162 (2) Voraussetzungen ............................................... 164 cc) Verweisung auf „totes“ Recht .................................. 169 c) Heilung durch Staatensukzession ..................................... 170

XIV

Inhaltsverzeichnis

III. Synthese .................................................................................. 173

Kapitel 4: Anknüpfungen und Staatensukzessionen ................... 175 A. Methodik ...................................................................................... 175 B. Staatsangehörigkeit ....................................................................... 176 I. Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt ................................ 177 II. Internationales Staatsangehörigkeitsrecht ................................... 179 1. Grundsätze.......................................................................... 180 2. Besonderheiten im Falle einer Staatensukzession ................... 183 III. Auswirkungen auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung .............. 189 1. Rechtswidrigkeit der Sukzession .......................................... 189 2. Rechtswidrigkeit der Regelung der Staatsangehörigkeit ......... 192 IV.Synthese .................................................................................. 193 C. Gewöhnlicher Aufenthalt ............................................................... 194 I. Gewöhnlicher Aufenthalt als Anknüpfungspunkt ........................ 194 II. Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts ............................... 196 III. Auswirkungen von Staatensukzessionen .................................... 199 IV.Synthese .................................................................................. 202

Kapitel 5: Anwendung fremden Rechts und Staatensukzessionen ........................................................................ 203 A. Allgemeine Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession ........................................................................................ 203 B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht ................................. 207 I. Figur des Handelns unter falschem Recht ................................... 207 II. Übertragung auf Sukzessionsfälle .............................................. 208 III. Synthese .................................................................................. 214 C. Bewusste Gesetzesumgehung .......................................................... 215 D. Transposition ................................................................................ 218 E. Rückwirkung ................................................................................. 223 I. Wohlerworbene Rechte im Internationalen Privatrecht ................ 223 II. Durch Staatensukzessionen bedingte Rückwirkungen ................. 226

Inhaltsverzeichnis

XV

III. Synthese .................................................................................. 230

Kapitel 6: Schluss ............................................................................ 231 A. Ausblick de lege ferenda ................................................................ 231 B. Zusammenfassung in Thesenform ................................................... 232

Entscheidungsverzeichnis ............................................................. 237 Literaturverzeichnis ...................................................................... 243 Sachverzeichnis .......................................................................... 265

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.F. Abs. AEUV AG AJIL Alt. Anh. Anm. Arab L.Q. Art. Aufl. AVR BayObLG BayObLGZ Bd BeckOGK BeckOK BeckRS Begr. BGB BGBl. BGE BGH BGHZ BK blrZGB BRD Brüssel IIa-VO

BT-Drs. bulIPRGB

anderer Ansicht alte Fassung Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Amtsgericht American Journal of International Law Alternative Anhang Anmerkung Arab Law Quarterly Artikel Auflage Archiv des Völkerrechts Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Band beck-online.Großkommentar Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung Begründer Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bonner Kommentar zum Grundgesetz Zivilgesetzbuch Weißrusslands vom 07.12.1998 Bundesrepublik Deutschland Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 Drucksachen des Deutschen Bundestages Gesetzbuch über das internationale Privatrecht Bulgariens vom 04.05.2005

Abkürzungsverzeichnis BVerfG BVerfGE BVerwG bzgl. bzw. CSFR czIPRG d.h. DDR DNotZ DÖV DtZ ECFR Ed. EG EGBGB EGMR EJIL Ent. Erwg. EU EuEheVO

EuErbVO

EuGH EuGüVO

EuZPR/EuIPR EuPartVO

XVII

Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht bezüglich beziehungsweise Tschechische und Slowakische Föderative Republik Gesetz über das internationale Privat- und Prozessrecht der Tschechischen Republik vom 25.01.2012 das heißt Deutsche Demokratische Republik Deutsche Notar-Zeitschrift Die Öffentliche Verwaltung Deutsch-deutsche Rechts-Zeitschrift European Company and Financial Law Review Edition Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte European Journal of International Law Entscheidung Erwägungsgrund Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses Gerichtshof der Europäischen Union Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften

XVIII EuStAÜb EUV EWS f. FamFG FamRZ ff. FGB (DDR) FGPrax Fn. German Y.B. Int'l L. Gesamthrsg. GFK GG ggf. GleichberG GPR HK-BGB Hrsg. Hs. HTestformÜ HUP i.V.m. ICJ Rep. IGH ILM IPR IPRax IPRspr. italIPRG

jemZGB JR jugIPRG

JurisPK

Abkürzungsverzeichnis Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende (Seite) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht folgende (Seiten) Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 20.12.1965 Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote German Yearbook of International Law Gesamtherausgeber Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Grundgesetz gegebenenfalls Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Bürgerliches Gesetzbuch – Handkommentar Herausgeber Halbsatz Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht in Verbindung mit International Court of Justice, Reports of judgements, advisory opinions and orders International Court of Justice (Internationaler Gerichtshof) International Legal Materials Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts Legge 31.05.1995, Nr. 218 Riforma del sistema italiano di diritto internazionale privato (Gesetz Nr. 218 vom 31.05.1995 Reform des italienischen Systems des internationalen Privatrechts) Zivilgesetzbuch der Republik Jemen vom 10.04.2002 Juristische Rundschau Gesetz zur Lösung von Gesetzkollisionen mit den Bestimmungen über das Verhältnis zu ausländischen Staaten Jugoslawiens vom 15.07.1982 juris Praxiskommentar

Abkürzungsverzeichnis JuS JZ KG KSÜ

Lfg. LG lit. m. Anm. m.w.N. MittBayNot MSA

MünchKomm n.F. NJOZ NJW NJW-RR NK niedZGB Nr. NZFam OLG OLGZ polIPRG RabelsZ RAG

RdC Rev. D. Int'l Prive RG RGZ RIW Rn. RNotZ Rom I-VO

XIX

Juristische Schulung Juristenzeitung Kammergericht Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern Lieferung Landgericht littera (Buchstabe) mit Anmerkung mit weiteren Nachweisen Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen Münchener Kommentar neue Fassung Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nomos Kommentar Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch der Niederlande vom 29.01.2019) Nummer Neue Zeitschrift für Familienrecht Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über das Internationale Privatrecht Polens vom 04.02.2011 Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale, zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen, sowie auf internationale Wirtschaftsverträge – Rechtsanwendungsgesetz Académie de Droit International, Recueil des Cours Revue de droit international privé Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Rheinische Notar-Zeitschrift Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht

XX Rom II-VO

Rom III-VO

RPfleger rumZGB russFGB russZGB

RuStAG RzW S. SchiedsVZ schwIPRG sog. SozialG spnCc SpStr. StAZ sudZGB Swiss. Rev. Int'l & Eur. L. u.a. UAbs. UdSSR ukrFGB ukrIPRG UN ungIPRG UNO US-/USA v. VersR VFGüterstandsG VG vgl. VIZ

Abkürzungsverzeichnis Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts Der Deutsche Rechtspfleger Codul civil (Zivilgesetzbuch Rumäniens vom 24.07.2011) Semejnyj kodeks Rossijskoj Federacii (Familiengesetzbuch der Russischen Föderation vom 29.12.1995) Grazdanskij kodeks Rossijskoj Federacii (Zivilgesetzbuch der Russsischen Föderation (Teil I vom 30.11.1994, Teil III vom 26.11.2001)) Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht Satz; Seite Zeitschrift für Schiedsverfahren Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht der Schweiz vom 18.12.1987 sogenannte Sozialgericht Código civil (Zivilgesetzbuch Spaniens vom 24.07.1889) Spiegelstrich Das Standesamt Zivilgesetzbuch des Sudans vom 24.05.1971 Swiss Review of International and European Law unter anderen; unter anderem Unterabsatz Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Familiengesetzbuch der Ukraine vom 10.01.2002 Gesetz über das Internationale Privatrecht der Ukraine vom 23.06.2005 United Nations Gesetz 2017:XXVIII über das Internationale Privatrechts Ungarns vom 11.04.2017 United Nations Organization Vereinigte Staaten von Amerika von Versicherungsrecht Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen Verwaltungsgericht vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht

Abkürzungsverzeichnis Vor. WM YBILC z.B. ZaÖRV ZEuP ZEV ZfPW ZfRV ZGB (Arab. Rep. Jemen) ZIP ZPO ZRP ZVglRWiss

XXI

Vorbemerkung Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Yearbook of the International Law Commission zum Beispiel Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch der Arabischen Republik Jemen vom 30.04.1979 Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Zession/Teilannexion......................................... 15 Abbildung 2: Fusion ............................................................... 19 Abbildung 3: Inkorporation/Vollannexion ............................... 22 Abbildung 4: Separation/Sezession ......................................... 25 Abbildung 5: Dismembration .................................................. 27 Abbildung 6: Entscheidungsregeln .......................................... 90

Kapitel 1

Einleitung „Die Form der Einheit ist gefunden. Nun gilt es, sie mit Inhalt und Leben zu erfüllen.“1 Die deutsche Wiedervereinigung ist eines der wichtigsten Ereignisse für die Bundesrepublik Deutschland und zugleich auch eine der bekanntesten Staatensukzessionen in der Geschichte. Obwohl sie heute vielen als selbstverständlich gilt2 und auf den ersten Blick die Beständigkeit von Staaten naheliegt, sind Staatensukzessionen seit jeher ein allgegenwärtiges Phänomen. Dem Internationalen Privatrecht, welches das anwendbare Recht in grenzüberschreitenden Fällen bestimmt, liegt hingegen das Konzept von unbeweglichen Staatsgrenzen und festen Staatsterritorien zugrunde. Tritt nun neben den „bekannten“ Konflikt der Rechtsordnungen in grenzüberschreitenden Fällen eine Staatensukzession, muss diese in das gegenwärtige kollisionsrechtliche System integriert werden – für das Internationale Privatrecht stellen sich neue Herausforderungen.

A. Relevanz der Thematik A. Relevanz der Thematik

Blickt man zurück in die jüngere deutsche bzw. europäische Geschichte, so zeigt sich nicht nur durch die bereits erwähnte deutsche Wiedervereinigung die Relevanz dieses Themas: Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 kam es bereits zu zwei Änderungen hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs: die Inkorporation des Saarlandes 1957 3 sowie die Eingliederung der 1 v. Weizsäcker, Ansprache des Bundespräsidenten beim Staatsakt zum "Tag der deutschen Einheit" Berlin, 03.10.1990. 2 Rau, Rede beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit Dresden, 03.10.2000; Rau, Rede zum Festakt zum Jahrestag der Deutschen Einheit Berlin, 03.10.2002 stellt auch 2002 fest, dass für Kinder die deutsche Einheit selbstverständlich ist; zum Meinungsbild hinsichtlich der Anerkennung der deutschen Einheit Hanf/Liebscher/Schmidtke, in: Kollmorgen/Koch/Dienel, Diskurse der deutschen Einheit, S. 250ff.; vgl. zum Stand der deutschen Einheit Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2019. 3 Uhlhorn, in: Grundmann, Handbuch der deutschen Geschichte, S. 143; Zimmer, Gewaltsame territoriale Veränderungen und ihre völkerrechtliche Legitimation, S. 153ff.

2

1. Kapitel: Einleitung

Deutschen Demokratischen Republik 1990. Erweitert man diesen Blick auf das heutige Territorium der Europäischen Union, so kam es seit ihrer Gründung bzw. der Gründung ihres Vorgängers der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 zu sechs Staatensukzessionen: Bereits 1960 fand die Separation Zyperns vom Vereinigten Königreich statt. 4 23 Jahre später, 1983, kam es auf zypriotischem Gebiet erneut zu einer Staatensukzession in Form einer Sezession: Die Türkische Republik Nordzypern, welche bereits seit 1975 als de facto-Regime bestand, spaltete sich von der Republik Zypern ab. 5 1964 separierte sich Malta vom Vereinigten Königreich.6 Im Zuge des Zerfalls des Ostblocks wurde nicht nur 1990 die Deutsche Demokratische Republik in die Bundesrepublik Deutschland inkorporiert, auch das Baltikum separierte sich von der Sowjetunion: Litauen erklärte 1990 zum ersten Mal seine Unabhängigkeit7 und Estland und Lettland folgten 1991.8 Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zerfiel ab 1991 in die heutigen Staaten BosnienHerzegowina,9 das Kosovo,10 Kroatien,11 Nordmazedonien,12 Montenegro,13 Serbien14 und Slowenien.15 Schließlich bleibt noch die Dismembration der 4

Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 92; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 245; Springhall, Decolonization since 1945, S. 100. 5 Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 94; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 246; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 543; Talmon, Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten, S. 25. 6 Dobie, Malta's road to independence, S. 258ff.; Springhall, Decolonization since 1945, S. 102. 7 Kasekamp, A history of the Baltic states, S. 167. 8 Kasekamp, A history of the Baltic states, S. 171. 9 Džaja, in: Sundhaussen/Clewing, Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, S. 178ff.; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 320ff. 10 Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 157ff.; Krumbiegel, Die Pflicht zur NichtAnerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 96ff.; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 609ff. 11 Barth, Der Zerfall Jugoslawiens und die Folgen für Europa, S. 41; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 302ff.; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 558. 12 Barth, Der Zerfall Jugoslawiens und die Folgen für Europa, S. 43; Hatschikjan, in: Sundhaussen/Clewing, Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, S. 581. 13 Bartl, in: Sundhaussen/Clewing, Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, S. 632; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 620f. 14 Bartl, in: Sundhaussen/Clewing, Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, S. 836. 15 Barth, Der Zerfall Jugoslawiens und die Folgen für Europa, S. 41; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 302ff.; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 558.

A. Relevanz der Thematik

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Tschechoslowakei in die heutigen Staaten Tschechien und Slowakei zum Jahreswechsel 1992/1993 zu nennen.16 Darüber hinaus kam es in diesem Zeitraum zu zwei weiteren Staatensukzessionen, welche das Territorium heutiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen, die allerdings nicht auf heutigem EU-Territorium stattfanden:17 1962 erlangte Algerien die Unabhängigkeit von Frankreich. 18 Auch die Unabhängigkeit von ehemaligen portugiesischen Kolonien fiel in diese Zeit, wobei nur folgende Beispiele erwähnt seien: Guinea-Bissau separierte sich 1974 und Angola, Mosambik, São Tomé und Príncipe sowie Kap Verde folgten 1975.19 Die Demokratische Republik Timor-Leste separierte sich ebenfalls 1975, wurde aber aufgrund einer indonesischen Besatzung erst 2002 unabhängig. 20 Die letzte portugiesische Überseeprovinz Macau wurde 1999 an die Volksrepublik China zediert.21 Bestätigt wird dieser Eindruck, wenn man in die jüngste Vergangenheit blickt, genauer in das Jahr 2019: Legt man das geographische Europa zugrunde, so findet man Stand 2019 fünf territorial umstrittene Gebiete vor, welchen eine Staatensukzession vorausging. Zunächst ist das oben bereits erwähnte Nordzypern zu nennen. Dieses zählt völkerrechtlich zur Republik Zypern, wird jedoch de facto eigenständig regiert.22 Als umstritten lässt sich auch der Status des Kosovo bezeichnen. Dieser erklärte 2008 die Unabhängigkeit von Serbien23 und ist derzeit von über hundert der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, darunter auch von Deutschland, anerkannt. 24 Das geographisch zu Europa zählende Transnistrien machte sich durch Sezession 1990 von der Republik Moldau unabhängig,25 wird aber völkerrechtlich nicht 16 Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 693; vgl. allgemein hierzu Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei. 17 Außer Acht gelassen werden an dieser Stelle aufgrund des „Brexit“ Sukzessionen mit britischer Beteiligung. 18 Klose, Menschenrechte im Schatten kolonialer Gewalt, S. 113f.; v. Münchhausen, Kolonialismus und Demokratie, S. 413ff.; Springhall, Decolonization since 1945, S. 156. 19 Marques, Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs, S. 645, 648; Springhall, Decolonization since 1945, S. 180. 20 Franz, Osttimor und das Recht auf Selbstbestimmung, S. 21f., 49; Marques, Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs, S. 648; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 347ff.; Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 592f.; Springhall, Decolonization since 1945, S. 180. 21 Porter, in: Stearns, The Oxford encyclopedia of the modern world – V, S. 1. 22 Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 94. 23 Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 159ff.; Krumbiegel, Die Pflicht zur NichtAnerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 98. 24 Auswärtiges Amt, Kosovo: Überblick. 25 Bochmann, Die Republik Moldau, S. 123f.; Hanne, Der Transnistrien-Konflikt, S. 17; Mammadov, Die Sezessionskonflikte im postsowjetischen Raum und das Selbstbestimmungsrecht der Völker, S. 74.

4

1. Kapitel: Einleitung

anerkannt.26 Einer breiten Bevölkerung bekannt ist die Annexion der Halbinsel Krim sowie der Stadt Sewastopol durch Russland 2014.27 Nahezu gleichzeitig machten sich die Volksrepubliken Donezk und Lugansk von der Ukraine unabhängig,28 die sich zunächst zum Föderativen Staat Neurussland 29 und nach dessen Scheitern 2017 zu „Kleinrussland“ zusammenschlossen;30 diese werden jedoch ebenfalls aufgrund der Sezession völkerrechtlich nicht anerkannt.31 Darüber hinaus wird derzeit in zahlreichen Staaten über mögliche Staatensukzessionen debattiert oder referiert: In Bougainville fand vom 23.11.2019 bis 07.12.2019 ein Unabhängigkeitsreferendum statt, in welchem sich ca. 98% der Teilnehmenden für eine Unabhängigkeit von PapuaNeuguinea aussprachen. Das Ergebnis muss jedoch noch durch das Parlament von Papua-Neuguinea ratifiziert werden.32 Nachdem Neukaledonien bereits 2018 über die Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt und sich für einen Verbleib ausgesprochen hatte,33 ist für 2020 ein erneutes Referendum geplant.34 Ebenfalls 2020 plant der Bundesstaat Chuuk, ein Referendum über die Unabhängigkeit von Mikronesien durchzuführen. 35 Innerhalb Europas strebt Schottland nach 2014 im Zuge des „Brexit“ ein erneutes Referendum über seine Unabhängigkeit an.36

26

Stremmel, Endstation Lenin. Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 168ff.; Jobst, Geschichte der Ukraine, S. 262; Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, S. 351ff.; Krumbiegel, Die Pflicht zur NichtAnerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 118f.; Luchterhandt, AVR 2014, 137, 164f., 169. 28 Deutsche Welle v. 16.11.2018, Separatisten in Ostukraine halten umstrittene Wahlen ab. 29 Boy, Das Gespenst von «Neurussland». 30 Deutsche Welle v. 18.07.2017, Ostukrainische Separatisten rufen „Kleinrussland“ aus; Zeit Online v. 18.07.2017, Prorussische Rebellen rufen neuen Staat aus. 31 Deutsche Welle v. 18.07.2017, Ostukrainische Separatisten rufen „Kleinrussland“ aus; Zeit Online v. 18.07.2017, Prorussische Rebellen rufen neuen Staat aus. 32 Bielicki, Die Kosten der Freiheit; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11.12.2019, Frühere deutsche Kolonie Bougainville entscheidet sich für Unabhängigkeit; Zoll, Bougainville stimmt mit 86 Prozent für Unabhängigkeit von Papua-Neuguinea nennt hingegen eine Zustimmung von 86 %. 33 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 04.11.2018, Neukaledonien bleibt bei Frankreich. 34 Neue Züricher Zeitung v. 11.10.2019, Neukaledonien will erneut über Unabhängigkeit von Frankreich abstimmen. 35 Händel, Auf der Suche nach Unabhängigkeit. 36 tagesschau.de v. 13.12.2019, Schottland schiebt neues Referendum an. 27

B. Ziele und Gang der Darstellung

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B. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung B. Ziele und Gang der Darstellung

Das Völkerrecht hat sich bereits auf vielfältige Weise mit dem Thema Staatensukzessionen beschäftigt.37 Dennoch gehört es immer noch zu den umstrittensten Gebieten des Völkerrechts,38 was bereits auf seine Sonderstellung und Komplexität hinweist. Obwohl jede Staatensukzession auch kollisionsrechtliche Fragen aufwirft, wurde das Thema im Kontext des Internationalen Privatrechts hingegen nur vereinzelt und lediglich unter bestimmten Gesichtspunkten analysiert. Gesetzliche Regelungen finden sich allein im Zusammenhang mit der Inkorporation der DDR. Dabei beziehen sich diese Normen nur auf die innerstaatliche Perspektive der an der Sukzession beteiligten Staaten und sind folglich nicht direkt auf grenzüberschreitende Fälle übertragbar. Der Umgang mit solchen Konstellationen ist aber gerade Aufgabe des Internationalen Privatrechts – auch wenn dieses mit Staatensukzessionen zusammentrifft:39 Wie bestimmt sich das anwendbare Recht in der Verflechtung von grenzüberschreitendem Sachverhalt und Staatensukzession? Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst im Rahmen eines „allgemeinen Teils“ zu klären, was grundsätzlich unter einer Staatensukzession zu verstehen ist und wie sich diese von ihren Nachbarbereichen abgrenzt (Kapitel 2). Den Ausgangspunkt der Betrachtung soll dabei das Völkerrecht bilden: Da der Begriff der Staatensukzession bereits den Terminus „Staat“ beinhaltet, steht dieser umfassende und eine ganze juristische Disziplin füllende Begriff der Untersuchung voran. Teil der Analyse zum Sukzessionsbegriff wiederum wird es sein, welche Fallgruppen sich bilden lassen (Kapitel 2, Teil A.). Im Folgenden sind – ausgehend vom Verhältnis von Völkerrecht und Internationalem Privatrecht – dieselben Fragen auch für das Kollisionsrecht zu beantworten (Kapitel 2, Teil B.). Zuletzt ist in Abgrenzung zum Intertemporalen 37 Vgl. nur exemplarisch Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts; Drinhausen, Die Auswirkungen der Staatensukzession auf Verträge eines Staates mit privaten Partnern; Dörr, Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession; Fastenrath u.a., Das Recht der Staatensukzession; W. Fiedler, Das Kontinuitätsproblem im Völkerrecht; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge; Herbig, Staatensukzession und Staatenintegration; Hummer, Swiss. Rev. Int'l & Eur. L. 1993, 425; Kirsten, Einige Probleme der Staatennachfolge; Kohen, Secession; Krumbiegel, Die Pflicht zur NichtAnerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen; Mrak, Succession of states; O'Connell, State succession in municipal law and international law; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker; Schoenborn, Staatensukzessionen; Silagi, Staatsuntergang und Staatennachfolge; vgl. hinsichtlich eines ausführlichen Literaturnachweises Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 157f. 38 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 158; W. Fiedler, 24 German Y.B. Int'l L. 9 1981, 9, 9; Jaksic, IPRax 1999, 118, 120; Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 165; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 608. 39 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 280.

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1. Kapitel: Einleitung

Privatecht festzustellen, welche Inhalte und Methoden auf das sukzessionsbedingte Recht übertragen werden können (Kapitel 2, Teil C.). Sind diese abstrakten Fragestellungen als Vorbemerkungen geklärt, so ist die oben aufgeworfene Frage als Kernziel der vorliegenden Arbeit zu beantworten: Wie wirken sich Staatensukzessionen auf das Internationale Privatrecht aus? Dabei sollen anhand einer typischen kollisionsrechtlichen Prüfung bei jedem einzelnen Schritt die Besonderheiten beleuchtet werden, welche sich durch eine Staatensukzession ergeben. Ausgehend von der Häufigkeit der Erwähnung in der bisher bestehenden Literatur soll zunächst mit der Verweisungsrichtung begonnen werden (Kapitel 3). Hier wird insbesondere der Thematik einer Leerverweisung aufgrund einer unwandelbaren Anknüpfung auf einen wegen einer Dismembration nicht mehr existierenden Staat Raum eingeräumt werden. Neben der Analyse verschiedener Lösungswege soll jedoch die Einordnung in den Gesamtzusammenhang im Vordergrund stehen, was insbesondere auch Konstellationen einschließt, die sich durch andere Arten von Staatensukzessionen ergeben (Kapitel 3, Teil A.). Zudem sind auch die Auswirkungen auf wandelbare Anknüpfungen zu untersuchen und daran anschließend der Sonderfall einer subjektiven Anknüpfung (Kapitel 3, Teile B und C). Dieser Einstieg darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass einer Verweisung eine Anknüpfung vorangeht. Da das Internationale Privatrecht regelmäßig an das „Recht des Staates…“ anknüpft, berühren Staatensukzessionen folglich auch die Anknüpfung (Kapitel 4). Die Wirkungen sollen dabei nach einer kurzen Erläuterung der Methodik (Kapitel 4, Teil A.) anhand der im Internationalen Privatrecht zentralen Anknüpfungspunkte der Staatsangehörigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts dargestellt werden (Kapitel 4, Teile B und C). Steht die anwendbare Rechtsordnung fest, können dennoch Änderungen aufgrund der Besonderheiten von Staatensukzessionen erforderlich sein (Kapitel 5). Insbesondere ist dabei an einen möglichen Verstoß gegen den ordre public aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession zu denken (Kapitel 5, Teil A.). Daran anschließend wird auf das Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht (Kapitel 5, Teil B.), die bewusste Gesetzesumgehung (Kapitel 5, Teil C.) und die Transposition (Kapitel 5, Teil D.) eingegangen, bevor das Kapitel mit der Frage, wie mit Rückwirkungen im Zuge von Staatensukzessionen umzugehen ist, schließt (Kapitel 5, Teil E.). Die gewonnenen Erkenntnisse wiederum sollen über Regelungsnotwendigkeiten de lege ferenda entscheiden (Kapitel 6, Teil A.). Die folgende Darstellung zur Staatensukzession im Internationalen Privatrecht soll nun – anknüpfend an das einleitende Zitat von Richard von Weizsäcker – die verschiedenen Formen von Staatensukzessionen in Bezug auf ihre jeweiligen internationalprivatrechtlichen Fragestellungen „mit Inhalt und Leben“ füllen.

Kapitel 2

Begriffsklärung und Einordnung: Staat und Staatensukzessionen Um die Auswirkungen von Staatensukzessionen auf das Internationale Privatrecht, namentlich auf Verweisungen, Anknüpfungen und die Anwendung fremden Rechts, aufzeigen zu können, ist zunächst der Begriff der Staatensukzession zu klären sowie dessen Einordnung und Abgrenzung im Verhältnis zu den Nachbargebieten des Internationalen Privatrechts. Dabei ist der Begriff des Staates nicht nur maßgebender Wortbestandteil und zugleich inhaltlicher Taktgeber der Staatensukzession. Das Internationale Privatrecht verweist vielmehr über verschiedene Anknüpfungspunkte auch regelmäßig auf das „Recht eines Staates“.1 Ausgangspunkt jeglicher Betrachtung muss damit der Staatsbegriff sein. In einem ersten Schritt ist dabei auf das Verständnis des Völkerrechts zurückzugreifen, 2 welches sich mit den rechtlichen Beziehungen der Völkerrechtssubjekte und damit auch der Staaten zueinander beschäftigt3 (A.). In diesem Rahmen ist grundsätzlich zu klären, was das Völkerrecht unter einem Staat versteht. Erst danach kann auf die Staatensukzession und deren Fallgruppen eingegangen werden. In einem zweiten Schritt sind dieselben Fragestellungen für das Internationale Privatrecht aufzuwerfen (B.). Zunächst ist zu klären, ob die Feststellungen des Völkerrechts direkt auf das Kollisionsrecht übertragen werden müssen oder sollten bzw. von welchen, ggf. eigenen Begriffen und Konstellationen das Internationale Privatrecht ausgeht. An diese Ergebnisse anschließend soll in 1 Siehe nur „dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“ gem. Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom I-VO; „dem Recht des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist“ gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c Rom I-VO; „das Recht des Staates […], in dem der Schaden eintritt“ gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO; „dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten […] besitzen“ gem. Art. 8 lit. c Rom III-VO; „dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes“ gem. Art. 16 Abs. 1 KSÜ; „das Recht eines Staates, dem eine der Parteien […] angehört“ gem. Art. 8 Abs. 1 lit. a HUP; „dem Recht des Staates, dem die Person angehört“ gem. Art. 7 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 EGBGB. 2 Da im Rahmen dieser Arbeit das Völkerrecht lediglich die Grundlage für die kollisionsrechtliche Beurteilung bilden soll, sind vertiefte Aussagen zum Völkerrecht weder möglich noch zweckmäßig, weshalb diese im Folgenden kurzgehalten werden. 3 Heintschel v. Heinegg/Frau, in: BeckOKGG, Art. 25, Rn. 1; Herdegen, Völkerrecht, § 1 Rn. 4; Vitzthum, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 32.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

einem letzten Schritt die sukzessionsbedingte Kollision im Spannungsfeld zwischen Internationalem Privatrecht und Intertemporalem Privatrecht dogmatisch eingeordnet werden (C.).

A. Begriff und Einordnung im Völkerrecht A. Einordnung im Völkerrecht

Den Ausgangspunkt der Darstellung bildet das Völkerrecht. I. Staatsbegriff Zunächst soll kurz auf den Begriff des Staates eingegangen werden, da dieser sowohl die Grundlage für die Staatensukzession an sich ist, als auch den Träger der Rechtsordnung darstellt, auf welche das Internationale Privatrecht verweist. Auf Grund dieser Interessenlage und Zielrichtung wird auch auf eine interdisziplinäre Definition des Staates verzichtet4 und auf eine rein juristische Definition abgestellt.5 Nach der auf Georg Jellinek zurückgehenden sog. „Drei-Elemente-Lehre“ ist ein Staat durch drei Merkmale gekennzeichnet: das Staatsvolk, das Staatsgebiet und eine nach außen nur an das Völkerrecht gebundene, nach innen autonome diesbezügliche Gewalt.6 Unter dem Staatsvolk ist dabei ein dauerhafter, dem Staate zugehöriger Personenverband zu verstehen, der in der Geschlechterfolge fortlebt. 7 Das Staatsgebiet wiederum ist ein gesicherter Raum, in dem ein Volk seine Herrschaft effektiv ausüben kann und über den ihm die Verfügungsgewalt zusteht.8 Als Staatsgewalt sieht man zuletzt die Herrschaftsgewalt sowohl über das Staatsvolk als auch über das Staatsgebiet

4 Vgl. für einen Überblick über die verschiedenen Staatstheorien allgemein Katz/Sander, Staatsrecht, § 3 Rn. 33 sowie ausführlich Vesting, Staatstheorie, Rn. 5ff., Voigt, Staatsdenken und Zippelius, Geschichte der Staatsideen. 5 Im Folgenden wird allein auf die Definitionen Jellineks und Kelsens zurückgegriffen, da diese für die Definition im Internationalen Privatrecht relevant werden. Eine Darstellung der verschiedenen Lehren – auch in Bezug auf die daraus folgenden Theorien zur Staatensukzession – findet sich bei Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 39ff. 6 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 394ff.; vgl. dazu auch Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 1. 7 Gornig, Der völkerrechtliche Status Deutschlands zwischen 1945 und 1990, S. 4; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 406ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 225. 8 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 318; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 394ff.; Gornig, Der völkerrechtliche Status Deutschlands zwischen 1945 und 1990, S. 4; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 224.

A. Einordnung im Völkerrecht

9

durch volle Selbstregierung und rechtliche Unabhängigkeit von anderen Staaten an.9 Kelsen hingegen stellt die Rechtsordnung in das Zentrum seines Staatsbegriffs. Anknüpfend an die oben dargestellte Drei-Elemente-Lehre definiert er den Staat als eine relativ zentralisierte Rechtsordnung. Dabei bildet das Staatsvolk den personalen und das Staatsgebiet den räumlichen Geltungsbereich einer Rechtsordnung. Die Staatsgewalt liegt in der Geltung einer effektiven staatlichen Rechtsordnung. 10 Danach sind nach der Definition Kelsens Staat und Rechtsordnung inhaltlich identisch. 11 Im geschriebenen Völkerrecht hat allein die Beschreibung Jellineks Niederschlag gefunden. So bestimmt Art. 1 der Montevideo-Konvention vom 26.12.1933:12 “The state as a person of international law should possess the following qualifications: a) permanent population; b) a defined territory; c) government; and d) capacity to enter into relations with other states.”13

Damit geht die Montevideo-Konvention über die drei Elemente von Jellinek hinaus und präzisiert die Staatsgewalt mit dem zusätzlichen Element der Fähigkeit, völkerrechtliche Verträge abzuschließen. Allerdings hat sich dieses Element in der Staatenpraxis nicht durchgesetzt,14 da die Fähigkeit völkerrechtliche Verträge zu schließen nicht auf Staaten begrenzt ist.15 Ob die jeweiligen Elemente, Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt,16 vorliegen, beurteilt sich absolut und rein tatsächlich, d.h. das Vorliegen eines Staates ist nicht abhängig von der Anerkennung durch andere Staaten; diese 9

Gornig, Der völkerrechtliche Status Deutschlands zwischen 1945 und 1990, S. 4; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 427ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 225. 10 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 291ff. 11 Im Kontext des Völkerrechts kann diese Gleichsetzung zu Problemen führen: Verliert die Rechtsordnung aufgrund eines revolutionären Umsturzes ihre Geltung, so geht folglich auch der entsprechende Staat unter. Dies steht im Widerspruch zu der im Völkerrecht notwendigen Kontinität von Staaten. Vgl. hierzu Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 241 sowie Schöbener/Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3 Rn. 13. 12 Abgedruckt in: Abkommen über Rechte und Pflichten der Staaten unterzeichnet auf der 7. Panamerikanischen Konferenz am 26.12.1933, ZaöRV 1934, 650; Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 47. 13 Deutsche Übersetzung: Der Staat als Person des Völkerrechts sollte über folgende Voraussetzungen verfügen: a) ständige Bevölkerung; b) ein definiertes Gebiet; c) eine Regierung; und d) die Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Staaten einzugehen. 14 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 2; Zygojannis, Geburt aus Ruinen, S. 64. 15 Heintschel v. Heinegg, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 12 Rn. 2; Zygojannis, Geburt aus Ruinen, S. 64. 16 Vgl. hierzu, insbesondere zur Frage der Völkerrechtsmäßigkeit, S. 39f.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

ist lediglich deklaratorisch.17 Sobald ein Staat im Sinn der Drei-ElementeLehre besteht, kommt diesem auch Völkerrechtssubjektivität zu, d.h. er ist Träger von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten. 18 Darüber hinaus übt ein Staat auf seinem Staatsgebiet die territoriale Souveränität aus. Darunter ist die umfassende Herrschaft über einen bestimmten Raum, das Staatsgebiet, zu verstehen.19 Wichtigster Inhalt hiervon ist das Recht zur Ausübung der Gebietshoheit, also die Herrschaft über die in einem bestimmten Raum befindlichen Personen und Güter.20 II. Staatensukzessionen Direkt aus diesem Staatsbegriff leitet sich der Begriff der Staatensukzession ab – sowohl in wörtlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht –, sodass daran auch deren Rechtsfolgen und Fallgruppen anschließen. 1. Begriff und allgemeine Voraussetzungen Der Begriff der Sukzession geht etymologisch auf das lateinische successio zurück, was Nachfolge bedeutet. Während die völkerrechtliche Literatur zahlreiche Definitionen hervorgebracht hat, 21 findet sich eine Legaldefinition in den beiden Wiener Konventionen über die Staatennachfolge in Verträge 17 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 175; Geiger, Staatsrecht III, S. 40; BVerfG, Ent. v. 31.07.1973 (2 BvF 1/73), BVerfGE 36, 1, 22 = JZ 1973, 583; vgl. zum Überblick über den Streitstand, ob die Anerkennung von Staaten statusverleihend ist Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 174. 18 Dornbusch, Das Schicksal der völkerrechtlichen Verträge der DDR nach der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 18; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 6 Rn. 7; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 67. 19 Gornig, in: Gornig/Horn, Territoriale Souveränität und Gebietshoheit, S. 37. 20 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 318; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 655. 21 Ob die Staatensukzession bereits die tatsächlichen Veränderungen hinsichtlich eines Staatsgebiets erfasst oder unter der Staatennachfolge deren Rechtsfolgen als Sukzession in die Rechte und Pflichten eines anderen Staates verstanden werden, ist umstritten. Ebenso ist streitig, wie die sachliche Reichweite des Begriffs zu verstehen ist, also ob Voraussetzung ein Wechsel der territorialen Souveränität ist oder ein Wechsel der Gebietshoheit ausreicht. Vgl. zu den verschiedenen Definitionen Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 240; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 37; Herbst, Staatensukzession und Staatsservituten, S. 16ff.; Huber, Beiträge zu einer Lehre von der Staatensuccession, S. 5; O'Connell, State succession in municipal law and international law, S. 3; Schoenborn, Staatensukzessionen, S. 6; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 607ff. Im Folgenden soll nur auf den Tatbestand des Wechsels der Gebietshoheit abgestellt werden. So ist der Sukzessionsbegriff unabhängig von der Völkerrechtsmäßigkeit der neuen Staatsgewalt zu sehen und gleichzeitig ermöglicht diese Betrachtung eine umfassendere Parallele zum Internationalen Privatrecht.

A. Einordnung im Völkerrecht

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von 197822 (Art. 2 Abs. 1 lit. b) und über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983 23 (Art. 2 Abs. 1 lit. a). Danach versteht man unter der Staatensukzession „the replacement of one State by another in the responsibility for the international relations of territory“.24 Obwohl die beiden Konventionen aufgrund ihrer geringen Zahl an Ratifikationen keine universelle Geltung beanspruchen können25 bzw. die Konvention zur Staatennachfolge in Staatsvermögen, -archive und -schulden deswegen schon nicht in Kraft getreten ist,26 entspricht die genannte Definition dem heute maßgeblichen Begriff. 27 So griffen u.a. die Schiedskommission der Internationalen Friedenskommission für Jugoslawien28 und das Schiedsgericht zur Festsetzung der Meeresgrenzen zwischen Guinea-Bissau und dem Senegal29 auf diese Definition zurück.30 Dies zeigt gleichzeitig, dass sich das Völkerrecht der Staatennachfolge im Wesentlichen auch an der von Vereinbarungen geprägten Staatenpraxis orientiert, woraus allgemeine Grundsätze abgeleitet werden.31 Voraussetzung für eine Staatensukzession ist nach dieser Definition lediglich, dass sich der internationale Status eines Gebiets ändert. Eine solche von den genannten Konventionen vorgesehene Ersetzung kann aber nur dann vorliegen, wenn zumindest hinsichtlich eines Teils des Staatsgebiets ein Staat den anderen vollständig ersetzt, also Vorgänger- und Nachfolgestaat nicht identisch sind.32 Dies ist bei der vollständigen Staatensukzession der Fall, wenn ein Staatselement des Vorgängerstaates wegfällt und dieser dadurch vollständig, also unter Verlust seiner Völkerrechtssubjektivität, untergeht.33 Damit schließen sich Staatsidentität und Staatensukzession bei einer vollstän22 Abgedruckt in: Wiener Konvention über Staatennachfolge in Staatsverträge, AVR 1978, 226. 23 Abgedruckt in: Vienna Convention on Succession of States in Respect of State Property, Archives and Debts, ILM, 1983, 303. 24 Deutsche Übersetzung: das Ersetzen eines Staates durch einen anderen in Bezug auf die Verantwortlichkeit für die internationalen Beziehungen eines bestimmten Gebiets. 25 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 214. 26 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 216; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 122f. 27 Zimmermann, in: Kohen, Secession, S. 208. 28 Vgl. hierzu Opinion No. 1 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1992, 1494, 1495; Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1587. 29 IGH, Ent. v. 31.07.1989, ICJ Rep. 1991, 53. 30 Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 238; Zimmermann, in: Kohen, Secession, S. 209. 31 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 195. 32 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 197. 33 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 197; a.A. Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 18f.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

digen Staatensukzession gegenseitig aus.34 Um festzustellen, ob Vorgängerund Nachfolgestaat identisch sind, muss jeder Fall einzeln betrachtet werden.35 Zur Orientierung kann dabei auf folgende Indikatoren zurückgegriffen werden: die geschichtlich-politische Lage, die rechtliche Durchführung der Sukzession, das Verhältnis von territorialer Größe, Bevölkerungszahl und wirtschaftlichem Potential, die bisherige Rechtsstellung der ggf. einzelnen Nachfolgestaaten, die Beibehaltung der Rechts- und Wirtschaftsordnung oder die Fortführung des Namens, der staatlichen Symbole und der Amtsgeschäfte durch die staatlichen Organe.36 Auch sind der Wille und die Rechtsanschauung der unmittelbar beteiligten Staaten sowie das Urteil der übrigen Staaten und der zwischenstaatlichen Organisationen zu beachten.37 Bei einer lediglich partiellen Staatensukzession liegt nur hinsichtlich des übergegangenen Territoriums ein Wechsel der Völkerrechtssubjektivität vor. Der Vorgängerstaat hingegen bleibt bestehen, da territoriale Veränderungen alleine die Kontinuität eines Staates nicht berühren.38 Nicht ausreichend ist hingegen z.B. ein bloßer Regierungswechsel oder die Änderung der Verfassung. 39 Solche Fälle sind als sog. unechte Staatensukzession 40 vielmehr dem Komplex des intertemporalen Rechts zuzuordnen.41 Die Wiener Konventionen über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 (Art. 2 Abs. 1 lit. e) und über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983 (Art. 2 Abs. 1 lit. d) bestimmen den Zeitpunkt der Staatensukzession als das Datum „upon which the successor State replaced the predecessor State in the responsibility for the international relations of the territory to which the succession of States relates“. 42 Um den tatsächlichen Sukzessionszeitpunkt zu bestimmen, ist folglich entscheidend, wann „die neue Gewalt tatsächlich und definitiv ausgeübt wird“. 43 Be34

W. Fiedler, Das Kontinuitätsproblem im Völkerrecht, S. 26f. Dabei ist jedoch zu beachten, dass aufgrund der zahlreichen Varianten des Geschehens eine Unterscheidung teilweise sehr schwierig ist, Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 153. 36 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 153; Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 19 m.w.N. 37 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 153. 38 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 137; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 198. 39 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 198; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 125 m.w.N.; Kunz, AJIL 1955, 68, 71f.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 608. 40 W. Fiedler, Das Kontinuitätsproblem im Völkerrecht, S. 22f. 41 Siehe hierzu S. 61ff. 42 Deutsche Übersetzung: Das „Datum der Staatensukzession" ist das Datum, an dem der Nachfolgestaat den Vorgängerstaat in Bezug auf die Verantwortlichkeit für die internationalen Beziehungen des Gebiets, auf das sich die Staatensukzession bezieht, ersetzt. 43 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 135. 35

A. Einordnung im Völkerrecht

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steht zwischen den beteiligten (Vorgänger-)Staaten ein diesbezügliches Abkommen, so entspricht der tatsächliche Sukzessionszeitpunkt in der Regel der staatlichen Vereinbarung.44 Existiert eine solche nicht, so ist entsprechend der Schiedskommission der Internationalen Friedenskommission für Jugoslawien zum einen auf das subjektive Kriterium des Willens der beteiligten Staaten zurückzugreifen, welcher sich z.B. in Form einer Unabhängigkeitserklärung oder durch Inkrafttreten einer neuen Verfassung äußert. Zum anderen wurde von der Schiedskommission auf ein objektives Merkmal abgestellt, den Abbruch der institutionellen Bindungen. 45 2. Allgemeine Rechtsfolgen Zu welchen Rechtsfolgen ein solcher Wechsel der Staatsidentität allgemein führt, ist umstritten.46 Nach einer Variante gehen – entsprechend dem Grundsatz der Universalsukzession – „mit der Gebietshoheit sämtliche völkerrechtlichen Rechte und Pflichten auf den Nachfolgestaat“ über.47 Dies führt dazu, dass der Nachfolgestaat in alle Rechtsbeziehungen des Vorgängerstaates als Gesamtnachfolger eintritt. Eine zweite Variante geht davon aus, dass mit dem Untergang eines Staates auch dessen Rechte und Pflichten untergehen (tabula rasa-Prinzip).48 Die letzte Variante sucht schließlich einen Mittelweg zwischen diesen beiden Positionen. Entsprechend dem Grundsatz der Proportionalität sollen Staatsvermögen und Staatsschulden in einem angemessenen Verhältnis auf die bzw. den Nachfolgestaat(en) übergehen.49 Diesem Prinzip folgte auch die jüngere Staatenpraxis, z.B. bei der Rechtsnachfolge in das Auslandsvermögen und in die Auslandsschulden der ehemaligen UdSSR.50 Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Staatensukzessionen in Bezug auf völkerrechtliche Verträge variiert die Staatenpraxis. So lagen in den meisten Fällen individuelle Nachfolgevereinbarungen vor. 51 Die Wiener Konvention zur Nachfolge in völkerrechtliche Verträge geht in ihrem allgemeinen Teil zu44 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 135; Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 248. 45 Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1588. 46 Zum Ganzen vgl. Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 192f.; Herbst, Staatensukzession und Staatsservituten, S. 23ff. 47 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 192; vgl. zu den Argumenten für diese Identitätstheorie Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 161. 48 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 193; Manin, Droit international public, S. 273; sowie zu dem Argument der Relativität der Vertragsverhältnisse Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 160f. 49 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 194. 50 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 194. 51 Dornbusch, Das Schicksal der völkerrechtlichen Verträge der DDR nach der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 39; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 123.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

nächst vom Grundsatz der Diskontinuität aus,52 um die Entscheidungsfreiheit der Nachfolgestaaten sowie der Vertragspartner zu sichern. 53 Jedoch wird in gewissen Konstellationen wiederum auf das Prinzip der Kontinuität zurückgegriffen: Nach dem Belegenheitsprinzip gelten z.B. völkerrechtliche Verträge mit territorialem Bezug, vorbehaltlich abweichender vertraglicher Vereinbarungen, gegenüber dem Gebietsnachfolger fort. 54 Auch gilt das Prinzip der Kontinuität bei Verträgen über universell geltende Rechte, wie z.B. über Menschenrechte.55 Im Gegensatz dazu findet wiederum hinsichtlich der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen keine automatische Nachfolge statt, da diese eine höchstpersönliche ist.56 Damit zeigt sich, dass das Völkerrecht, sowohl in Form der erwähnten Konventionen als auch in Form des Völkergewohnheitsrechts, bei Staatensukzessionen weder abstrakt den Grundsatz der Universalsukzession des Nachfolgestaates in alle Rechte und Pflichten des Vorgängerstaates noch ein strenges tabula rasa-Prinzip kennt.57 Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an. 3. Fallgruppen Ausgehend von der abstrakten Definition der Staatensukzession58 lassen sich fünf Fallgruppen unterscheiden. Dabei handelt es sich nicht nur um eine rein formale Aufteilung. Vielmehr stellen sich abhängig von der jeweiligen Fallgruppe unterschiedliche Problemstellungen, welche auch unterschiedlich gehandhabt werden. a) Zession/Teilannexion Zunächst ist dabei die Fallgruppe der Zession und Teilannexion zu nennen. aa) Beschreibung Die Zession (vom lat. cessio, Abtretung) umfasst den Fall einer vertraglichen Übertragung der territorialen Souveränität hinsichtlich eines bestimmten 52 Siehe Art. 8, 9 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 161; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 108. 53 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 161. 54 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 167; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 125. 55 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 315. 56 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 168; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 111; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 195. 57 Schweitzer/Weber/Ahlers, Handbuch der Völkerrechtspraxis der Bundesrepublik Deutschland, S. 429. 58 Siehe oben unter S. 10ff.

A. Einordnung im Völkerrecht

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Gebiets von einem Staat, dem Vorgängerstaat, auf einen anderen Staat, den Nachfolgestaat.59 Die Anzahl der vor und nach der Zession vorhandenen Staaten divergiert dabei nicht, da lediglich Territorium zwischen den Staaten transferiert wird. Auch bei der Teilannexion60 (vom lat. annectere, anknüpfen, anbinden) wird ein bis dahin unter fremder Gebietshoheit stehendes Territorium in einen anderen Staat eingegliedert – allerdings mit dem Unterschied, dass diese Einbindung erzwungen und gegen den Willen des Vorgängerstaates erfolgt.61 Auch hier bleibt die Zahl der vorhandenen Staaten vor und nach dem Vorgang identisch. Das wohl bekannteste Beispiel einer Zession ist der Verkauf von Alaska durch Russland an die Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1867.62 Ein aktuelles Beispiel für eine Teilannexion ist die der Halbinsel Krim durch Russland 2014. 63 1

Fall 1: Zession / Teilannexion

2

= Änderung der Staatssubjektivität bzw. der Gebietshoheit auf diesem Gebiet 1

2

Abbildung 1: Zession/Teilannexion

Da es vorliegend um den formalen Vorgang der Änderung der Gebietszugehörigkeit geht, ist zu der gerade beschriebenen Fallgruppe der Zessi-

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Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 370; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 47ff.; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 88; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 412; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 755. 60 Zur Völkerrechtswidrigkeit der Annexion aufgrund von Art. 2 Nr. 4 UN-Charta sowie deren Folgen vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 358ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 28. 61 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 355; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413f. 62 Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 24; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 88; die Zessionsvereinbarung ist abgedruckt in Schambeck/Widder/M. Bergmann, Dokumente zur Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 386ff. 63 Zur Einordnung der Vorgänge auf der Krim als Teilannexion und nicht als Sezession mit anschließender Inkorporation vgl. Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 168ff.; Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 138f.; Luchterhandt, AVR 2014, 137, 171ff.; a.A. Geistlinger, AVR 2014, 175, 202f.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

on/Teilannexion auch die Adjudikation64 zu zählen, da die territoriale Souveränität von einem Staat auf einen anderen übergeht. Anderes65 gilt hingegen für die Ersitzung,66 da deren Voraussetzung ist, dass der ersitzende Staat das Gebiet schon vorher besessen und dort seine Hoheitsgewalt ausgeübt hat. 67 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Einer Zession liegt regelmäßig eine rechtswirksame vertragliche Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar über die Übertragung der vollen Hoheitsgewalt zugrunde.68 Diese beschreibt, welches Gebiet übertragen wird, welche Bedingungen eingehalten werden müssen und auf welche Weise die Gebietsübertragung erfolgt69 und erfordert die Verfügungsbefugnis des abtretenden Staates.70 Maßgebend dabei ist nicht nur der genaue Wortlaut, sondern der Sinn des Vertrags.71 Auch ist es möglich, dass der Übergang des Gebiets schon vor dessen Übergabe vereinbart wird. Damit fallen die territoriale Souveränität72 und die Gebietshoheit (Ausübung der Staatsgewalt) zwischenzeitlich auseinander.73 Folglich kommt dem Zedenten bis zur Über-

64 Unter Adjudikation versteht man die Zuweisung der territorialen Souveränität über ein Gebiet an einen Staat durch ein internationales Gericht. Vgl. hierzu Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 376ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 53; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts, S. 621f. 65 Eine weitere Sonderform stellt eine Okkupation dar. Diese beschreibt den Erwerb bisher herrenloser Gebiete, sodass aufgrund der Originarität des Gebietserwerbs ebenfalls nicht von einer Staatennachfolge gesprochen wird, Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 196. Solche Gebiete gibt es jedoch kaum noch. Vgl. zum Ganzen Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, S. 368ff.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 348ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 36ff.; Schweitzer/Weber/Ahlers, Handbuch der Völkerrechtspraxis der Bundesrepublik Deutschland, S. 333ff.; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts, S. 619. 66 Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, S. 365f.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 365ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 50ff.; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts, S. 620f.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 757ff. 67 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 196. 68 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 370. 69 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 47; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts, S. 619. 70 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 371. 71 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 370ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 48; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts, S. 619. 72 Hierunter versteht man ein im Völkerrecht verankertes Recht eines Staates, über ein bestimmtes Gebiet zu verfügen (dominium) und dort höchste Gewalt auszuüben (imperium), Gornig, in: Gornig/Horn, Territoriale Souveränität und Gebietshoheit, S. 37. 73 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 373.

A. Einordnung im Völkerrecht

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gabe weiterhin die Rechtssetzungshoheit zur Aufrechterhaltung der Ordnung zu.74 Hinsichtlich der beiden Vorgängerstaaten, welche auch zugleich die Nachfolgestaaten sind, kommt es zu keinem Wechsel der Völkerrechtssubjektivität, da bloße territoriale Veränderungen durch die Zession hierauf keinen Einfluss haben.75 In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Völkerrecht76 findet sich das Prinzip des Grundsatzes der beweglichen Vertragsgrenzen auch in Art. 15 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 wieder: Danach erstrecken sich völkerrechtliche Verträge des Zessionars auf das neue Gebiet. Die Verträge des Zedenten sind dagegen nicht mehr anwendbar. “When part of the territory of a State, or when any territory for the international relations of which a State is responsible, not being part of the territory of that State, becomes part of the territory of another State: (a) treaties of the predecessor State cease to be in force in respect of the territory to which the succession of States relates from the date of the succession of States; and (b) treaties of the successor State are in force in respect of the territory to which the succession of States relates from the date of the succession of States, unless it appears from the treaty or is otherwise established that the application of the treaty to that territory would be incompatible with the object and purpose of the treaty or would radically change the conditions for its operation.”77

Davon ausgenommen sind jedoch Verträge, die sich speziell auf das übertragene Gebiet beziehen, z.B. Grenzverträge. 78 Dieses Prinzip hat auch die Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983 übernommen. Deren Art. 14 Abs. 2 sieht eben-

74

Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 373. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 162; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 198; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 118; Kunz, AJIL 1955, 68, 72. 76 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 163; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 192. 77 Deutsche Übersetzung: Wenn ein Teil des Hoheitsgebiets eines Staates oder ein Gebiet, für dessen internationale Beziehungen ein Staat verantwortlich ist, das nicht zum Hoheitsgebiet dieses Staates gehört, Teil des Hoheitsgebiets eines anderen Staates wird: (a) treten die Verträge des Vorgängerstaates für das Gebiet, auf das sich die Staatennachfolge bezieht, ab dem Tag der Staatennachfolge außer Kraft; und (b) für das Hoheitsgebiet, auf das sich die Staatennachfolge bezieht, gelten die Verträge des Nachfolgestaates ab dem Zeitpunkt der Staatennachfolge, es sei denn, es ergibt sich aus dem Vertrag oder ist anderweitig festgelegt, dass die Anwendung des Vertrags auf dieses Hoheitsgebiet mit dem Gegenstand und Zweck des Vertrags unvereinbar wäre oder die Bedingungen für seine Durchführung grundlegend ändern würde. 78 Heintschel v. Heinegg, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 15 Rn. 7; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 192. 75

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

falls vor, dass mit dem abgetretenen Territorium verbundenes Vermögen auf den Zessionarstaat übergeht. Eine Teilannexion hingegen erfordert eine effektive und willentliche teilweise Inbesitznahme durch den annektierenden Staat unter vollständiger und endgültiger Ausschaltung der dort herrschenden Staatsgewalt. 79 Dies geschieht gegen den Willen des Staates, der bisher die Gebietshoheit über das entsprechende Gebiet hatte, unabhängig davon ob militärischer Zwang ausgeübt wird oder nicht.80 Die Wiener Konvention von 1978 enthält hingegen bzgl. Teilannexionen keine Vorschriften. Nach ihrem Art. 6 umfasst diese nur Staatensukzession in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und insbesondere mit den in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen völkerrechtlichen Regeln. Da Annexionen gegen das universelle Gewaltverbot verstoßen, ist ein solcher Anschluss als unwirksam anzusehen. 81 Damit existiert völkerrechtlich der annektierte Staat in seiner bisherigen Form fort, sodass sich an der Staatsidentität im völkerrechtlichen Sinn nichts ändert.82 Allerdings verändert sich die Gebietshoheit auf dem annektierten Gebiet, da der annektierende Staat effektive Hoheitsgewalt ausübt. b) Fusion Eine weitere Fallgruppe der Staatensukzession bildet die Fusion (vom lat. fusio, Guss, Ausfluss). aa) Beschreibung Dies erfasst den Zusammenschluss bislang unabhängiger Staaten zu einem neuen Staat, welche damit ihre bisherige jeweilige Völkerrechtssubjektivität aufgeben.83 Ein historisches Beispiel war die Vereinigung der Arabischen Republik Jemen mit der Volksdemokratischen Republik Jemen zur Republik Jemen im Jahr 1990.84 79 Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, S. 362; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 356f.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 29. 80 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 357; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 29. 81 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 359f.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 28; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 89; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 140; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413. 82 Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413f. 83 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 154; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 25; Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 39; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 175; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 414. 84 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119; Zygojannis, Geburt aus Ruinen, S. 71; vgl. zu weiteren Beispielen Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 155.

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A. Einordnung im Völkerrecht

1

2

Fall 2: Fusion = Änderung der Staatssubjektivität auf diesem Gebiet

Abbildung 2: Fusion

bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Einer Fusion liegt – wie auch einer Zession – in der Regel eine rechtswirksame vertragliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Vorgängerstaaten zugrunde. Voraussetzung ist das Entstehen eines neuen souveränen Völkerrechtssubjektes, also eines einheitlichen Staates im Sinn der Drei-ElementeLehre.85 Der durch Fusion entstandene Staat ist mit seinen Vorgängerstaaten nicht identisch; diese verlieren ihr Staatsgebiet und als Folge dessen auch ihr Staatsvolk und in der Regel ihre Staatsgewalt.86 Auf der anderen Seite entsteht ein neuer Staat auf dem Staatsgebiet der fusionierenden Staaten, weshalb eine Sukzession vorliegt. Trotz dieser Diskontinuität bzgl. der Völkerrechtssubjektivität und entgegen der bisherigen Staatenpraxis87 hat die Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 in ihrem Art. 3188 hinsichtlich der Bindung an völkerrechtliche Verträge für Fusionen grundsätzlich das Prinzip der Kontinuität festgeschrieben: “(1) When two or more States unite and so form one successor State, any treaty in force at the date of the succession of States in respect of any of them continues in force in respect of the successor State unless: (a) the successor State and the other State party or States parties otherwise agree; or (b) it appears from the treaty or is otherwise established that the application of the treaty in

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Zygojannis, Geburt aus Ruinen, S. 70. Gornig, Der völkerrechtliche Status Deutschlands zwischen 1945 und 1990, S. 6. 87 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 164. 88 Hinsichtlich Verträge, welche im Zeitpunkt der Fusion noch nicht in Kraft sind vgl. Art. 32 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978. 86

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

respect of the successor State would be incompatible with the object and purpose of the treaty or would radically change the conditions for its operation. (2) Any treaty continuing in force in conformity with paragraph 1 shall apply only in respect of the part of the territory of the successor State in respect of which the treaty was in force at the date of the succession of States unless: (a) in the case of a multilateral treaty not falling within the category mentioned in article 17, paragraph 3, the successor State makes a notification that the treaty shall apply in respect of its entire territory; (b) in the case of a multilateral treaty falling within the category mentioned in article 17, paragraph 3, the successor State and the other States parties otherwise agree; or (c) in the case of a bilateral treaty, the successor State and the other State party otherwise agree. (3) Paragraph 2(a) does not apply if it appears from the treaty or is otherwise established that the application of the treaty in respect of the entire territory of the successor State would be incompatible with the object and purpose of the treaty or would radically change the conditions for its operation.”89

Damit wird der durch die Fusion neu entstandene Staat ipso iure an die bisher für die Gebietsvorgänger geltenden völkerrechtlichen Verträge mit Wirkung für die jeweiligen Teilgebiete gebunden. 90 Dieses Prinzip gilt ebenso für die Nachfolge in Vermögenswerte: Art. 16 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983 sieht vor, dass das Staatsvermögen der Vorgängerstaaten auf den Nachfolgestaat übergeht:

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Deutsche Übersetzung: (1) Wenn sich zwei oder mehr Staaten zusammenschließen und so einen Nachfolgestaat bilden, bleibt jeder Vertrag, der zum Zeitpunkt der Staatensukzession in Bezug auf einen von ihnen in Kraft ist, in Bezug auf den Nachfolgestaat in Kraft, es sei denn, dass a) der Nachfolgestaat und der andere Vertragsstaat oder die anderen Vertragsstaaten etwas Anderes vereinbaren; oder (b) es aus dem Vertrag hervorgeht oder anderweitig festgestellt wird, dass die Anwendung des Vertrags auf den Nachfolgestaat mit dem Zweck des Vertrags unvereinbar wäre oder die Bedingungen für seine Durchführung grundlegend ändern würde. (2) Jeder Vertrag, der nach Absatz 1 weiter in Kraft bleibt, gilt nur für den Teil des Hoheitsgebiets des Nachfolgestaates, für den der Vertrag zum Zeitpunkt der Staatensukzession in Kraft war, es sei denn: a) im Falle eines multilateralen Vertrags, der nicht unter die in Artikel 17 Absatz 3 genannte Kategorie fällt, notifiziert der Nachfolgestaat, dass der Vertrag für sein gesamtes Hoheitsgebiet gilt; b) im Falle eines multilateralen Vertrags, der unter die in Artikel 17 Absatz 3 genannte Kategorie fällt, vereinbaren der Nachfolgestaat und die anderen Vertragsstaaten etwas anderes; oder c) im Falle eines bilateralen Vertrags vereinbaren der Nachfolgestaat und der andere Vertragsstaat etwas Anderes. (3) Absatz 2 Buchstabe a) findet keine Anwendung, wenn sich aus dem Vertrag ergibt oder anderweitig festgestellt wird, dass die Anwendung des Vertrags auf das gesamte Hoheitsgebiet des Nachfolgestaates mit dem Gegenstand und Zweck des Vertrags unvereinbar wäre oder die Bedingungen für seine Durchführung grundlegend ändern würde. 90 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 614.

A. Einordnung im Völkerrecht

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“When two or more States unite and so form one successor State, the State property of the predecessor States shall pass to the successor State.”91

Aufgrund des beschriebenen Auseinanderfallens von bisheriger völkerrechtlicher Praxis und nunmehriger Regelung durch die angeführten Konventionen ist heute zweifelhaft, ob von dem Prinzip der Diskontinuität oder der Kontinuität auszugehen ist.92 c) Inkorporation/Vollannexion Eine dritte Fallgruppe bilden die Inkorporation (vom lat. incorporare, eingliedern in, [als Mitglied] aufnehmen) sowie die Vollannexion. aa) Beschreibung Unter Ersterer versteht man die willentliche und freiwillige Eingliederung eines souveränen Staates in einen anderen, bereits existierenden Staat. 93 Dabei kommt es im Unterschied zur Fusion nicht zum Untergang aller Vorgängerstaaten. Vielmehr geht nur der beitretende Staat unter. Der andere, inkorporierende Staat behält seine Völkerrechtssubjektivität.94 Im Gegensatz zur Zession oder Teilannexion vermindert sich die Zahl der Staaten nach der Eingliederung auf einen Staat. Historisches Beispiel ist der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 03.10.1990.95 Davon unterscheidet sich die Vollannexion dadurch, dass die Aufnahme gegen den Willen des eingegliederten Staates erfolgt.96 Auch hier ist der annektierte Staat als völkerrechtlich fortexistierend zu betrachten, da Annexionen gegen das universelle Gewaltverbot97 verstoßen;98 es ändert sich lediglich

91 Deutsche Übersetzung: Wenn sich zwei oder mehr Staaten zusammenschließen und so einen Nachfolgestaat bilden, geht das Staatsvermögen der Vorgängerstaaten auf den Nachfolgestaat über. 92 So mit übertragbarer Argumentation zur Einverleibung Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 164. 93 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 154; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 25; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 175; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 414. 94 Dörr, Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession, S. 43ff. 95 Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 39; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119; vgl. zu weiteren Beispielen Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 154. 96 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 356; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 29; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 25. 97 Zur Völkerrechtswidrigkeit der Annexion aufgrund von Art. 2 Nr. 4 UN-Charta sowie deren Folgen vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 358ff.; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 31.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

die Gebietshoheit auf dem annektierten Gebiet. 99 Historisches Beispiel für eine Vollannexion ist diejenige von Tibet durch die Volksrepublik China 1951.100 1

2

Fall 3: Inkorporation/ Vollannexion = Änderung der Staatssubjektivität bzw. der Gebietshoheit auf diesem Gebiet

1

Abbildung 3: Inkorporation/Vollannexion

bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Auch der Inkorporation liegt in der Regel aufgrund des freiwilligen Entschlusses der beteiligten Staaten eine rechtswirksame vertragliche Vereinbarung zwischen diesen zugrunde, wie z.B. der Vertrag über die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. 101 In diesem Fall kommt es nur zu einer partiellen Staatensukzession. Da der inkorporierende Staat seine Völkerrechtssubjektivität behält, also diesbezüglich Staatsidentität gegeben ist, 102 kommt es bzgl. dieses Gebiets nicht zu einer Staatensukzession. Nur bezüglich des inkorporierten Gebiets liegt eine Staatensukzession vor, da der Vorgängerstaat auf dem inkorporierten Gebiet untergeht.103 Ausdrücklich erwähnt wird die Inkorporation in der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 nicht.104 Vielmehr ist auf die 98

Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 359f.; Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 40. 99 Siehe S. 16f. 100 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 33; Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 45; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 355; vgl. zu weiteren Beispielen Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 355. 101 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland, BGBl. 1990 II, 1318. 102 Dornbusch, Das Schicksal der völkerrechtlichen Verträge der DDR nach der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 35. 103 Dörr, Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession, S. 43ff. 104 Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 223.

A. Einordnung im Völkerrecht

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allgemeinen Grundsätze105 zurückzugreifen: Alle völkerrechtlichen Verträge des inkorporierenden Staates erstrecken sich nach dem Grundsatz der beweglichen Vertragsgrenzen auf das nun vergrößerte Staatsgebiet.106 Hinsichtlich der durch den inkorporierten Staat geschlossenen Verträge greift der Grundsatz der Diskontinuität durch; es ist grundsätzlich von einem Erlöschen auszugehen.107 Auch hier gilt wiederum eine Ausnahme. 108 Bei gebietsbezogenen Verträgen ist von einer Weitergeltung auszugehen. 109 Eine Vereinbarung zwischen dem inkorporierenden Staat und den Vertragspartnern des inkorporierten Staates über die Fortgeltung der Verträge ist darüber hinaus möglich.110 Die Voraussetzungen der Annexion entsprechen denen der Teilannexion111 mit dem Unterschied, dass sich die endgültige und vollständige Inbesitznahme auf das gesamte Gebiet des annektierten Staates bezieht.112 d) Separation/Sezession Die Separation (vom lat. separare, absondern, trennen) stellt den Gegenbegriff zur Inkorporation113 dar. aa) Beschreibung Im Gegensatz zu Letzterer wird kein ehemals souveräner Staat in einen anderen Staat eingegliedert, sondern es findet eine Ausgliederung eines Teils 105

Vgl. S. 16f. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 163; Herdegen, Völkerrecht, § 29 Rn. 2; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 109; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 118. 107 Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 109; vgl. ausführlich zu der Frage der Fortgeltung völkerrechtlicher Verträge des inkorporierten Staates Dornbusch, Das Schicksal der völkerrechtlichen Verträge der DDR nach der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 31ff. 108 Zur weiteren Ausnahme bzgl. universeller menschenrechtlicher und humanitärer Verträge vgl. Herdegen, Völkerrecht, § 29 Rn. 4; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 109; Schweisfurth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 226; kritisch Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 315; vgl. zum Ganzen auch Kamminga, EJIL 1995, 469, 469ff.; Zimmermann, in: Kohen, Secession, S. 217ff. 109 Herdegen, Völkerrecht, § 29 Rn. 3; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 110. 110 Dornbusch, Das Schicksal der völkerrechtlichen Verträge der DDR nach der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 52; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 109; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 126. 111 Siehe S. 16f. 112 Vgl. nur Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 355; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 29. 113 Siehe S. 19ff. 106

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

eines Staatsgebiets statt, welches zu einem eigenen, souveränen Staat wird.114 Der übrige Teil des Ausgangsstaates behält seine Völkerrechtssubjektivität, jedoch mit verkleinertem Territorium.115 Dabei erfolgt die Separation im Einklang mit dem Willen des Ausgangsstaates.116 Historisches Beispiel ist der Austritt Montenegros aus dem Bundesstaat Serbien und Montenegro 2006. 117 Im Unterschied dazu läuft eine Sezession (vom lat. secessio, Absonderung, Trennung) dem Willen des Ausgangsstaates zuwider,118 wodurch die territoriale Integrität des Vorgängerstaates verletzt wird. Aus diesem Grund ergibt sich aus dem Völkerrecht grundsätzlich kein Recht auf Sezession;119 allerdings ist in Ausnahmefällen eine Rechtfertigung durch das Selbstbestimmungsrecht der Völker möglich.120 Historisches Beispiel ist die Sezession Bangladeschs von Pakistan 1971.121

114 Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 37; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 26; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 47f.; vgl. zur Uneinheitlichkeit des Begriffs für solche Fälle Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 11. 115 Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 166; Thürer/Burri, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Secession. 116 Corten, in: Kohen, Secession, S. 231f.; Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 37; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 26; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413. 117 Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, S. 621; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413. 118 Buchheit, Secession, S. 13; Corten, in: Kohen, Secession, S. 231f.; Haverland, in: Bernhardt, Encyclopedia of public international law, S. 354; Heintze, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 10 Rn. 78; Ott, Das Recht auf Sezession als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Völker, S. 41; Thürer/Burri, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Secession; vgl. ausführlich zum Begriff der Sezession Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 6ff. 119 Thürer/Burri, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Secession. 120 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 57; Hammer, Staatenfolge und Staatennachfolge, S. 26; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 413; vgl. zur Frage des Rechts auf Sezession Heintze, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 10 Rn. 80ff.; Kälin, Swiss. Rev. Int'l & Eur. L. 2009, 481ff. 121 Geiger, Staatsrecht III, S. 37; vgl. zur Analyse weiterer Beispiele Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 157ff.

A. Einordnung im Völkerrecht

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Fall 4: Separation / Sezession

1

= Änderung der Staatssubjektivität bzw. der Gebietshoheit auf diesem Gebiet

1

2

Abbildung 4: Separation/Sezession

bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Voraussetzung der Separation ist das Entstehen eines souveränen Völkerrechtssubjektes, also eines Staates im Sinn der Drei-Elementen-Lehre.122 Insbesondere muss sich die neue Staatsgewalt durchgesetzt haben. 123 Erforderlich ist zudem der Wille des separierenden Staatsteils, sich vom Gesamtstaat zu trennen.124 Wenn dieses Regime jedoch nichts am Bestand des Ursprungsstaates ändern will, sondern lediglich die Übernahme der Regierung im Gesamtstaat anstrebt, liegt keine Sezession vor. 125 Während auf dem Gebiet des sich separierenden Staatsteils ein neuer Staat entsteht, bleibt die Völkerrechtssubjektivität des Ursprungsstaates erhalten, da bloße Veränderungen des territorialen Bestandes die Identität des Staates unberührt lassen. 126 Damit liegt hinsichtlich des separierten Gebiets eine Staatensukzession vor. Wie hinsichtlich der Bindung an völkerrechtliche Verträge zu verfahren ist, richtet sich auch in diesem Fall primär nach der Vereinbarung im jeweiligen Sukzessionsfall.127 Die Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 hat in ihrem Art. 34128 auch hier129 trotz der Diskontinuität

122

Haverland, in: Bernhardt, Encyclopedia of public international law, S. 356. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 378. 124 Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 16, der dies für die Sezession feststellt, jedoch die hier unter die Separation gefassten Fälle als Sezessionen ansieht. 125 Geiger, Staatsrecht III, S. 37. 126 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 137; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 198; Gornig, Der völkerrechtliche Status Deutschlands zwischen 1945 und 1990, S. 6; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 118; Kunz, AJIL 1955, 68, 72. 127 Vgl. hierzu allgemein Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 195. 128 Hinsichtlich Verträge, welche im Zeitpunkt der Separation noch nicht in Kraft sind vgl. Art. 36 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978. 123

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

bzgl. der Völkerrechtssubjektivität unter gewissen Bedingungen das Prinzip der Kontinuität festgeschrieben: “(1) When a part or parts of the territory of a State separate to form one or more States, whether or not the predecessor State continues to exist: (a) any treaty in force at the date of the succession of States in respect of the entire territory of the predecessor State continues in force in respect of each successor State so formed; (b) any treaty in force at the date of the succession of States in respect only of that part of the territory of the predecessor State which has become a successor State continues in force in respect of that successor State alone. (2) Paragraph 1 does not apply if: (a) the States concerned otherwise agree; or (b) it appears from the treaty or is otherwise established that the application of the treaty in respect of the successor State would be incompatible with the object and purpose of the treaty or would radically change the conditions for its operation.”130

Für den Vorgängerstaat gelten nach Art. 35 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 in der Regel weiterhin alle bereits in Kraft getretenen völkerrechtlichen Verträge. Hinsichtlich der Vermögenswerte findet nach Art. 17 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983 eine Verteilung entsprechend der territorialen Zugehörigkeit statt: “(1) When part or parts of the territory of a State separate from that State and form a successor State, and unless the predecessor State and the successor State otherwise agree: (a) immovable State property of the predecessor State situated in the territory to which the succession of States relates shall pass to the successor State; (b) movable State property of the predecessor State connected with the activity of the predecessor State in respect of the territory to which the succession of States relates shall pass to the successor State; (c) movable State property of the predecessor State, other than that mentioned in subparagraph (b), shall pass to the successor State in an equitable proportion.131 129 Nach ihrem Art. 6 umfasst die Wiener Konvention von 1978 nur Staatensukzessionen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und insbesondere mit den in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen Völkerrechtsprinzipien. 130 Deutsche Übersetzung: (1) Wenn sich ein Teil oder Teile des Hoheitsgebiets eines Staates von einem oder mehreren Staaten abspalten, unabhängig davon, ob der Vorgängerstaat weiterhin besteht oder nicht: a) bleibt jeder zum Zeitpunkt der Staatensukzession für das gesamte Hoheitsgebiet des Vorgängerstaates geltende Vertrag für jeden so gebildeten Nachfolgestaat in Kraft. b) jeder zum Zeitpunkt der Staatensukzession geltende Vertrag, der nur für den Teil des Hoheitsgebiets des Vorgängerstaates gilt, der zu einem Nachfolgestaat geworden ist, bleibt nur für diesen Nachfolgestaat in Kraft. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn: a) die betroffenen Staaten etwas Anderes vereinbaren; oder b) aus dem Vertrag hervorgeht oder anderweitig festgestellt ist, dass die Anwendung des Vertrags auf den Nachfolgestaat mit dem Gegenstand und Zweck des Vertrags unvereinbar wäre oder die Bedingungen für seine Durchführung grundlegend ändern würde.

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A. Einordnung im Völkerrecht (2) […] (3) […]”

Bezüglich völkerrechtswidriger Sezessionen kann auf die Rechtsfolgen der Annexion verwiesen werden: Mangels Völkerrechtsmäßigkeit der Staatsgewalt ist die Sezession als unwirksam zu betrachten.132 Es kommt lediglich zu einem Wechsel der Gebietshoheit. e) Dismembration Eine Dismembration (vom lat. dis, entzwei-, zer-, und membrum, Glied) ist das Gegenstück zur oben beschriebenen Fusion.133 aa) Beschreibung Statt des Zusammenschlusses mehrerer Staaten zu einem neuen, dritten Staat entstehen bei der Dismembration aus einem (Vorgänger-)Staat auf dessen Territorium mehrere neue Staaten. 134 Fall 5: Dismembration

1

= Änderung der Staatssubjektivität auf diesem Gebiet 2

3

Abbildung 5: Dismembration

131 Deutsche Übersetzung: (1) Wenn sich ein Teil oder Teile des Hoheitsgebiets eines Staates von diesem Staat abspalten und einen Nachfolgestaat bilden, und wenn der Vorgängerstaat und der Nachfolgestaat nichts Anderes vereinbaren: a) geht das unbewegliche Staatsvermögen des Vorgängerstaates, das sich in dem Gebiet befindet, auf das sich die Staatennachfolge bezieht, auf den Nachfolgestaat über; b) bewegliches Staatsvermögen des Vorgängerstaates, das mit der Tätigkeit des Vorgängerstaates in Bezug auf das Gebiet, auf das sich die Staatensukzession bezieht, verbunden ist, geht auf den Nachfolgerstaat über; c) bewegliches Staatsvermögen des Vorgängerstaates, das nicht in Buchstabe b) genannt ist, geht in einem angemessenen Verhältnis auf den Nachfolgestaat über. 132 Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 145. 133 Siehe S. 18ff. 134 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 56f.; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 176; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 414; Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

In Abgrenzung zur Separation bzw. Sezession geht der Vorgängerstaat dabei völkerrechtlich vollständig unter.135 Ob ein solcher Staatsuntergang vorliegt, richtet sich dabei primär nach völkerrechtlichen Maßstäben unter besonderer Berücksichtigung der staatsrechtlichen bzw. verfassungsrechtlichen Identität.136 Doch auch mit diesen Kriterien lässt sich schwer feststellen, ob ein Fall der Dismembration oder Separation gegeben ist. Die historischen Beispiele Jugoslawiens und der UdSSR zeigen, dass es sich bei der jeweiligen Einordnung eher um politische Entscheidungen entsprechend den völkerrechtlichen Bedürfnissen handelt.137 Maßgeblich sind dabei sowohl das Selbstverständnis der Nachfolgestaaten als auch die Einordnung durch die Staatengemeinschaft.138 Territoriale Größe, wirtschaftliche Stärke oder Bevölkerungszahl waren in der vergangenen Staatenpraxis dagegen keine tauglichen Abgrenzungskriterien.139 Ein historisch eindeutiges Beispiel sind die Tschechische Republik und die Slowakische Republik, die aus der ehemaligen Tschechoslowakei mit Wirkung zum 01.01.1993 entstanden sind.140 bb) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Voraussetzung der Dismembration ist, dass das gesamte Staatsgebiet des Vorgängerstaates auf neue Staaten aufgeteilt wird.141 Diese Nachfolgestaaten müssen dabei jeweils den Anforderungen der Drei-Elemente-Lehre genügen, wobei insbesondere eine souveräne und effektive Staatsgewalt gegeben sein muss.142 Folglich geht der Vorgängerstaat unter, während mindestens zwei

135 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 56f.; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 176; Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States; Zimmermann, in: Kohen, Secession, S. 210. 136 Hummer, Swiss. Rev. Int'l & Eur. L. 1993, 425, 434; vgl. zur Identität im völkerrechtlichen Sinn S. 10ff. 137 Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 40, 42; Hummer, Swiss. Rev. Int'l & Eur. L. 1993, 425, 434; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 119. 138 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 58; vgl. hierzu auch Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 166f.; Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States. 139 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 120. 140 Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 164; Schöbener, in: Schöbener/Breuer, Völkerrecht, S. 414; Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States. 141 Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States. 142 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 56f.; Zygojannis, Geburt aus Ruinen, S. 70.

A. Einordnung im Völkerrecht

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neue Staaten mit eigener Völkerrechtssubjektivität entstehen.143 Trotz dieser Diskontinuität erfasst Art. 34 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 die Dismembration – wie auch bereits die Separation. Dieser sieht grundsätzlich eine Fortgeltung bestehender völkerrechtlicher Verträge vor, unabhängig davon, ob sie sich speziell auf das Territorium des Neustaates beziehen oder nicht.144 Wiederum sind jedoch vorrangig individuelle Vereinbarungen zwischen den Nachfolgestaaten zu beachten. Ein Übergang abhängig von der territorialen Zugehörigkeit ist dagegen, wie auch bereits für die Separation, von der Wiener Konvention von 1983 für die Nachfolge in Staatsvermögen vorgesehen. Deren Art. 18 lautet wie folgt: “(1) When a State dissolves and ceases to exist and the parts of the territory of the predecessor State form two or more successor States, and unless the successor States concerned otherwise agree: (a) immovable State property of the predecessor State shall pass to the successor State in the territory of which it is situated; (b) immovable State property of the predecessor State situated outside its territory shall pass to the successor States in equitable proportions; (c) movable State property of the predecessor State connected with the activity of the predecessor State in respect of the territories to which the succession of States relates shall pass to the successor State concerned; (d) movable State property of the predecessor State, other than that mentioned in subparagraph (c), shall pass to the successor States in equitable proportions.145 (2) […]”

III. Synthese Der Themenkreis der Staatensukzessionen ist eines der umstrittensten Gebiete des Völkerrechts, welchem keine allgemeingültige Dogmatik zugrunde liegt. Bereits der Begriff der Staatensukzession ist nicht klar definiert. Da im Rahmen dieser Arbeit das Völkerrecht lediglich die Grundlage für die kollisions143 Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 165; Tancredi, in: Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Dismemberment of States. 144 Vgl. allgemein zur Diskussion der Staatennachfolge in Verträge im Fall einer Dismembration Kipke/Bútora, Abschied von der Tschechoslowakei, S. 168ff. 145 Deutsche Übersetzung: (1) Wenn sich ein Staat auflöst und aufhört zu existieren und die Teile des Hoheitsgebiets des Vorgängerstaates zwei oder mehr Nachfolgestaaten bilden, und wenn die betroffenen Nachfolgestaaten nichts Anderes vereinbaren: a) geht das unbewegliche Staatsvermögen des Vorgängerstaates auf den Nachfolgestaat über, in dessen Gebiet es belegen ist; b) das außerhalb seines Hoheitsgebiets gelegene unbewegliche Staatsvermögen des Vorgängerstaates geht in einem angemessenen Verhältnis auf die Nachfolgestaaten über; c) bewegliches Staatsvermögen des Vorgängerstaates, das mit der Tätigkeit des Vorgängerstaates in Bezug auf die Gebiete, auf die sich die Staatensukzession bezieht, verbunden ist, geht auf den betreffenden Nachfolgestaat über; d) bewegliches Staatseigentum des Vorgängerstaates, das nicht unter Buchstabe c) fällt, geht in einem angemessenen Verhältnis auf die Nachfolgestaaten über.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

rechtliche Beurteilung bilden soll, wird im Folgenden von einer Staatensukzession im völkerrechtlichen Sinn ausgegangen, wenn ein Staat durch einen anderen in Bezug auf die Verantwortlichkeit für die internationalen Beziehungen eines bestimmten Gebiets ersetzt wird. Die völkerrechtlichen Rechtsfolgen einer Staatensukzession unterscheiden sich dabei nicht nur nach der vorliegenden Fallgruppe, sondern auch je nach Einzelfall und den in diesem Rahmen getroffenen Vereinbarungen. Die jeweilige Fallgruppe wiederum ist abhängig von der Art der Nachfolge und der Veränderung in der Identität der beteiligten Völkerrechtssubjekte. Auf diese Weise ist eine (theoretisch) klare Abgrenzung zwischen fünf Konstellationen möglich: die Zession/Teilannexion, die Fusion, die Inkorporation/Vollannexion, die Separation/Sezession und die Dismembration. Jedoch bleibt zu beachten, dass die Rechtsfolgen in Theorie und Praxis variieren. Die einzigen diesbezüglichen legislativen Werke, die Wiener Konventionen über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 und über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983, wurden von der Völkerrechtsgemeinschaft weitestgehend nicht ratifiziert. Vielmehr erfolgt in der Staatenpraxis die Einordnung in die Fallgruppen dagegen häufig anhand politischer Interessen und es wird auf individuelle Nachfolgeregelungen zurückgegriffen.

B. Begriff und Einordnung im Internationalen Privatrecht B. Einordnung im IPR

Nachdem die Rahmenbedingungen des Völkerrechts aufgezeigt sind, kann in einem zweiten Schritt – ausgehend von dem allgemeinen Verhältnis von Internationalem Privatrecht und Völkerrecht (I.) – geklärt werden, ob das Internationale Privatrecht von denselben Begriffen wie das Völkerrecht hinsichtlich des Staates sowie der Staatensukzession ausgeht (II.). I. Völkerrecht und Internationales Privatrecht Um über die Bindungswirkung des Internationalen Privatrechts im Rahmen von völkerrechtlichen Vorfragen zu entscheiden, ist das Verhältnis von Völkerrecht und Internationalem Privatrecht in den Blick zu nehmen. Dabei fällt zunächst deren unterschiedliche Ausrichtung auf: Das Völkerrecht lässt sich als Rechtsordnung der internationalen Gemeinschaft definieren, die das Verhalten der Staaten und anderer zur Völkerrechtsgemeinschaft gehörender Subjekte in ihren internationalen Beziehungen bestimmt. 146 Das Internationale Privatrecht hingegen stellt vornehmlich innerstaatliches bzw. unionsrecht146 v. Arnauld, Völkerrecht, § 1 Rn. 1f.; Heintschel v. Heinegg/Frau, in: BeckOKGG, Art. 25, Rn. 1; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 526; Herdegen, Völkerrecht, § 1 Rn. 4; Vitzthum, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 32; Wengler, Völkerrecht, S. 71.

B. Einordnung im IPR

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liches Recht dar147 und bestimmt, welche der nebeneinander geltenden staatlichen Privatrechtsordnungen auf einen Sachverhalt mit Auslandsberührung anzuwenden ist.148 Damit sind die Fragestellungen des Völkerrechts und des Internationalen Privatrechts gänzlich unterschiedlich: „Der Völkerrechtler fragt, welcher Staat berechtigt ist, durch seine Rechtsordnung […] die internationalen Rechtsverhältnisse zu regeln, der Zivilrechtler dagegen, welche Rechtsordnung am geeignetsten ist, den Sachverhalt zu regeln.“149 Folglich ist das Internationale Privatrecht auch kein Bestandteil des Völkerrechts, sondern eigenständig.150 1. Völkerrechtliche Bindungen des Internationalen Privatrechts Nach Art. 25 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts, gehen allerdings einfachen Bundesgesetzen vor. Zu diesen allgemeinen Regeln zählen das universell geltende Völkergewohnheitsrecht (Art. 38 Abs. 1 lit. b IGH-Statut) sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut).151 Das Internationale Privatrecht ist als Teil des innerstaatlichen Rechts152 an solche allgemeinen Regeln des Völkerrechts gebunden.153 Umstritten ist aber, ob das Völkerrecht über-

147

Auch dasjenige Kollisionsrecht, welches auf Staatsverträgen beruht, verfolgt nicht den Zweck der allgemeinen Regelung der internationalen Gemeinschaft. 148 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 1 Rn. 1ff., 15; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 1; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 526; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 II; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 1; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 1. 149 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 51. 150 BVerfG, Ent. v. 04.05.1971 (1 BvR 636/68), NJW 1971, 1509, 1510; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 1; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 46; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 IV 1; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 51; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 100; anders sehen das z.B. Zitelmann (Zitelmann, Internationales Privatrecht I) oder Bleckmann (Bleckmann/Schmeinck, Die völkerrechtlichen Grundlagen des internationalen Kollisionsrechts, S. 42, 59ff.). Sie gehen davon aus, dass das Internationale Privatrecht eine Konkretisierung der Zuständigkeitsregelungen des Völkerrechts sei und damit das Internationale Privatrecht als Völkerrecht im weiteren Sinn einzustufen sei. 151 BVerfG, Ent. v. 14.05.1968 (2 BvR 544/63), BVerfGE 23, 288, 307; BVerfG, Ent. v. 08.05.2007 (2 BvM 1/03, 2 BvM 2/03, 2 BvM 3/03, 2 BvM 4/03, 2 BvM 5/03, 2 BvM 1/06, 2 BvM 2/06), BVerfGE 119, 124, 134; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 25 GG, Rn. 35 m.w.N. 152 Für das Internationale Privatrecht, welches Teil des Unionsrechts ist, gilt Selbiges über die Grundsätze des Art. 3 Abs. 5 und Art. 21 Abs. 1 EUV. 153 Stoll, in: Bindschedler, Die Anerkennung im Völkerrecht, S. 131; vgl. zum Ganzen auch Bühler, in: v. Caemmerer, Festschrift für Martin Wolff, S. 178ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

haupt Vorgaben für das Internationale Privatrecht enthält. 154 Diese können als allgemeine Regel bestehen oder es kann sich lediglich um völkerrechtliche Gebote handeln.155 Allgemein anerkannt ist im Bereich des Kollisionsrechts lediglich eine völkerrechtliche Pflicht zur Beachtung fremder Rechtsordnungen.156 Mögliche weitergehende Grundsätze157 beziehen sich zum einen bereits nicht auf den Begriff des Staates und Fälle der Staatensukzession. Zum anderen fehlt es ohnehin an der entsprechenden Staatenpraxis, sodass richtigerweise keine Verbindlichkeit besteht.158 Auch eine Bindung des Internationalen Privatrechts an völkerrechtliche Beurteilungen durch die Exekutive besteht nicht. Entgegen der sog. one voice-Doktrin159 haben die privatrechtlichen Entscheidungen der Gerichte eines Staates keine Auswirkungen auf seine völkerrechtsrelevanten Positionen, da z.B. deutsche Gerichte nicht zur Abgabe völkerrechtlicher Willenserklärungen ermächtigt sind.160 Insbesondere ergibt sich aus der Anwendung des Rechts eines völkerrechtlich nichtanerkannten Staates nicht dessen konkludente Anerkennung durch den Forumsstaat.161 Auch erwächst einem nach

154 Dannemann, Die ungewollte Diskriminierung in der internationalen Rechtsanwendung, S. 51 m.w.N.; gegen solche Vorgaben über den Grundsatz der gegenseitigen Beachtung anderer Rechtsordnungen hinaus wohl v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 10; Schurig, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, S. 62; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 101 m.w.N.; für solche Vorgaben Ferid, Internationales Privatrecht, § 2-5; Ferid, in: v. Caemmerer, Vom deutschen zum europäischen Recht, S. 127f. (der jeweils nur von völkerrechtlich gebotenem Kollisionsrecht ausgeht, diesbezügliche allgemeine Regelungen des Völkerrechts aber ablehnt); Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 IV 1 c, die von einer, wenn auch ganz geringen „Ernte“ ausgehen; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 51; Meessen, in: Flume/Hahn, Internationales Recht und Wirtschaftsordnung, S. 227ff., der ebenfalls nicht von allgemeinen Regeln des Völkerrechts ausgeht; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 73f., der ebenfalls von einem völkerrechtlichen Gebot spricht; so wohl auch Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 44 („eine Verletzung des Völkerrechts käme am ehesten in Betracht, wenn…“). 155 Solche Gebote nennt u.a. Ferid, Internationales Privatrecht, § 2-5. 156 Ferid, Internationales Privatrecht, § 2-5; Ferid, in: v. Caemmerer, Vom deutschen zum europäischen Recht, S. 127f.; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 529; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 286; Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 44; Schurig, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, S. 60. 157 Eine Auflistung möglicher Grundsätze findet sich bei v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 9. 158 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 10. 159 Vgl. hierzu Bälz, IPRax 2016, 531, 533. 160 Engel, in: Engel, Festschrift für Dietrich Rothoeft zum 65. Geburtstag, S. 89ff.; Rösch, Die Rechtsstellung der nichtanerkannten Regierung vor Gericht, S. 153. 161 Mankowski, IPRax 2017, 347, 350.

B. Einordnung im IPR

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Völkerrecht nicht anerkannten Staat durch die Anwendung seines Privatrechts kein Vorteil.162 Folglich ist das Internationale Privatrecht zwar grundsätzlich an das Völkerrecht gebunden. Dieses stellt jedoch keine für das Kollisionsrecht zwingenden Regeln bzgl. der Begriffe des Staates und der Staatensukzession auf. Auch haben im Rahmen des Internationalen Privatrechts getroffene Entscheidungen keine Auswirkungen auf die völkerrechtlichen Beurteilungen eines Staates. 2. Völkerrechtliche Vorfragen Nachdem geklärt ist, dass hinsichtlich der Begriffe des Staates und der Staatensukzession kein zwingender Gleichlauf aus Sicht des Völkerrechts notwendig ist, soll nun dargestellt werden, dass ein solcher Gleichlauf auch nicht zweckdienlich ist – es soll für das Internationale Privatrecht gerade nicht maßgeblich sein, ob bestimmte Staaten entsprechend den Regeln des Völkerrechts entstanden sind oder ob der Forumsstaat diese anerkennt.163 Dies erklärt sich in erster Linie durch die unterschiedlichen Funktionen von Internationalem Privatrecht und Völkerrecht. 164 Während das Völkerrecht nur die Rechtsbeziehungen zwischen Völkerrechtssubjekten regelt, ist es Aufgabe des Internationalen Privatrechts, die zivilrechtlichen Interessen privatrechtlicher Rechtssubjekte zu befriedigen. Dazu sucht das Kollisionsrecht für einen Sachverhalt nach der räumlich besten Rechtsordnung, also derjenigen, welche dieses Rechtsverhältnis geprägt hat und zu der die engste Verbindung besteht.165 „Das jeweilige nationalstaatliche Recht ist als Subsystem 162

Stoll, in: Bindschedler, Die Anerkennung im Völkerrecht, S. 135. So auch die herrschende Meinung, vgl. nur BGH, Ent. v. 26.09.1966 (II ZR 56/65), NJW 1967, 36, 36; BayObLG, Ent. v. 13.10.1961 (2 Z 2/1961), BayObLGZ 1961, 305, 313; OLG Düsseldorf, Ent. v. 30.05.1968 (3 W 348/67), IPRspr. 1968/1969, Nr. 159; OLG Hamm, Ent. v. 08.06.1973 (15 W 53 u. 54/72), NJW 1973, 2156, 2157; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 32; Basedow, The Law of Open Societies: Private Ordering and Public Regulation of International Relations, S. 306ff.; Busse, IPRax 1998, 155, 155; Engel, in: Engel, Festschrift für Dietrich Rothoeft zum 65. Geburtstag, S. 91; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 204; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 51; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 IV 2 b); Mankowski, IPRax 2017, 347, 348f.; Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 22ff.; Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944, 950. 164 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 32; Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 255; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 51; Talmon, Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten, S. 477. 165 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25ff.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4 spricht von der Bestimmung des „Schwerpunkt(s) des Rechtsverhältnisses“, um das anwendbare Recht danach zu 163

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

einer bestimmten Gesellschaft funktional auf diese bezogen: Es steht ‚mit dem Leben in Wechselwirkung: nach ihm wird in einer Gemeinschaft gelebt.‘“166 Dementsprechend muss das Kollisionsrecht eine Rechtsordnung berufen, welcher die Beteiligten auch tatsächlich unterworfen sind und welche sie folglich bindet.167 Nicht entscheidend kann hingegen sein, ob diese Rechtsordnung von einem Staat gesetzt wurde, dessen Staatsgewalt völkerrechtsmäßig ist. Nur das Recht, welchem die Parteien tatsächlich unterstehen, unabhängig von dessen Völkerrechtskonformität, spiegelt deren Lebenswirklichkeit wider. 168 Um private Vorgänge, wie die Geburt von Kindern, Eheschließungen, Scheidungen oder Erbfälle, überhaupt regeln zu können, sind die Betroffenen auf das tatsächlich geltende Recht eines Staates angewiesen, unabhängig davon, ob dieser völkerrechtsmäßig ist. 169 Maßgeblich kann also nur die effektiv gesetzte Rechtsordnung sein170 und damit für die kollisionsrechtlichen Vorfragen der Staat, dem diese rechtssetzende Gewalt aufgrund seiner Staatsgewalt zukommt. Selbst die Autoren, die davon ausgehen, dass das Internationale Privatrecht nur auf völkerrechtlich legitimes Sachrecht verweist, wollen aus humanitären Gründen das illegitime, aber faktisch geltende Recht berücksichtigen.171 Da für die hier maßgeblichen Fragen eine zwingende Bindung des Internationalen Privatrechts an das Völkerrecht jedoch nicht besteht (siehe unter B.I.1), muss dieser Umweg nicht gegangen werden. Selbige Überlegungen gelten auch für die völkerrechtliche Anerkennung von Staaten, welche häufig von politischen Wertungen abhängig ist und nicht

bestimmen; vgl. zum Ganzen auch v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 58ff. 166 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 2. 167 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 118; Stoll, in: Bindschedler, Die Anerkennung im Völkerrecht, S. 133; Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944, 950. 168 Ähnlich Mankowski, IPRax 2017, 347, 348. 169 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 32; Neuhaus, in: Laun/v. Mangoldt, German Yearbook of International Law, S. 67. 170 BGH, Ent. v. 26.09.1966 (II ZR 56/65), NJW 1967, 36, 36; BayObLG, Ent. v. 13.10.1961 (2 Z 2/1961), BayObLGZ 1961, 305, 313; OLG Hamm, Ent. v. 08.06.1973 (15 W 53 u. 54/72), NJW 1973, 2156, 2157; Beitzke, in: Ipsen, Festschrift für Leo Raape zu seinem siebzigsten Geburtstag, S. 95 Fn. 5; Jaksic, IPRax 1999, 118, 118 spricht von einer tatsächlichen Anwendung der Rechtsordnung; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Vor. Art. 3 EGBGB, Rn. 198 m.w.N.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 21; Knittel, Geltendes und nicht geltendes Auslandsrecht im Internationalen Privatrecht, S. 88; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 55; Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 23f. 171 Engel, in: Engel, Festschrift für Dietrich Rothoeft zum 65. Geburtstag, S. 95; Wengler, in: Gerwig/Simonius/Spiro u.a., Festschrift Hans Lewald, S. 629ff.

B. Einordnung im IPR

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von juristischen.172 Würde man also auf Ebene des Kollisionsrechts auf die völkerrechtliche Anerkennung abstellen, so wäre die Zuordnung eines zivilrechtlichen Sachverhalts abhängig von politischen Einschätzungen und Bewertungen – und nicht, wie durch das Internationale Privatrecht angestrebt, von der engsten Verbindung zwischen den beteiligten Rechtssubjekten bzw. -objekten zu einer Rechtsordnung. Darüber hinaus erfolgt eine politische Anerkennung oft verspätet und von Staat zu Staat unterschiedlich. 173 Ein Abbild der Lebenswirklichkeit lässt sich somit nicht erreichen. Ein weiteres Argument hierfür findet sich im vom Internationalen Privatrecht angestrebten Ziel des internationalen Entscheidungseinklangs.174 Hängt die Anwendung ausländischen materiellen Rechts von der Anerkennung eines Staates ab, besteht die Gefahr hinkender Rechtsverhältnisse. Da jeder Staat autonom über die völkerrechtliche Anerkennung anderer Staaten entscheidet, kann es dazu kommen, dass auf denselben Fall materielles Sachrecht unterschiedlicher Staaten angewendet wird, allein abhängig von der politischen Interessenlage im jeweiligen Forumsstaat. Orientiert sich das Internationale Privatrecht hingegen regelmäßig am effektiv geltenden Recht, kann – zumindest in dieser Hinsicht – der internationale Entscheidungseinklang hergestellt werden. 175 Folglich sollte das Internationale Privatrecht hinsichtlich völkerrechtlicher Vorfragen nicht unreflektiert die Wertungen des Völkerrechts übernehmen oder sich starr an der völkerrechtlichen Beurteilung durch den Forumsstaat orientieren. Vielmehr ist eine Ausrichtung an den kollisionsrechtlichen Grundinteressen und -wertungen angezeigt. II. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht Daraus ergibt sich unmittelbar die Frage, wie sowohl der Staatsbegriff als auch der Begriff der Staatensukzession im Internationalen Privatrecht zu verstehen ist.

172 Basedow, The Law of Open Societies: Private Ordering and Public Regulation of International Relations, S. 309f.; Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 265; ähnlich auch Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944, 950. 173 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 187f. Dieser führt u.a. als Beispiel den Staat Israel an, welcher von den arabischen Staaten nicht anerkannt wird. 174 Dieselbe Problematik bei Weiterverweisungen aufzeigend Knittel, Geltendes und nicht geltendes Auslandsrecht im Internationalen Privatrecht, S. 87. 175 Die typische Abwägung zum internen Entscheidungseinklang besteht hier gerade nicht: Im Gegensatz zur selbst- bzw. unselbstständigen Anknüpfung laufen hier auch alle Beurteilungen der Frage in verschiedenen sachlichen Kontexten gleich; einzig die völkerrechtliche Bewertung ist eine andere, da die one voice-Doktrin hier gerade nicht zu Anwendung kommt.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

1. Staatsbegriff Zunächst ist dabei wiederum auf den Begriff des Staates zurückzukommen. Das Internationale Privatrecht nutzt den Terminus dabei vielfältig,176 ohne ihn zu definieren. a) Staat als (Gebiet mit einer einheitlichen) Rechtsordnung So könnte man unter einem Staat ein Gebiet mit einer einheitlichen Rechtsordnung verstehen. aa) Definition Das Internationale Privatrecht kennt den Begriff des Staates in erster Linie als Bindeglied zwischen der Anknüpfung und der den konkreten Sachverhalt regelnden Norm:177 Das Kollisionsrecht verweist regelmäßig auf die Rechtsordnung des S t aat es der Belegenheit, des gewöhnlichen Aufenthalts, des Handlungsortes, etc. Da dies auch mit der Zielsetzung des Kollisionsrechts, der Suche nach der für die jeweilige Konstellation geeignetsten Rechtsordnung,178 korrespondiert, definiert Kropholler einen Staat als ein Gebiet mit einer einheitlichen Rechtsordnung.179 Damit ähnelt diese Definition des Staates im Internationalen Privatrecht derer von Kelsen. Dieser definiert den Staat als eine relativ zentralisierte Rechtsordnung, wobei nicht jede Rechtsordnung auch ein Staat ist. 180 Um als Staat zu gelten, muss die Rechtsordnung für die Erzeugung und Anwendung der sie bildenden Normen arbeitsteilig funktionierende Organe einsetzen.181 Aber auch die Drei-Elemente-Lehre fügt Kelsen in sein System ein: Er begreift das Staatsvolk als personalen und das Staatsgebiet als räumlichen Gel-

176 Vgl. zu Rechtsbegriffen des Internationalen Privatrechts, welche völkerrechtlich geprägt sind nur Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 368. 177 Siehe nur „dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“ gem. Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom I-VO; „dem Recht des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist“ gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c Rom I-VO; „das Recht des Staates […], in dem der Schaden eintritt“ gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO; „dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten […] besitzen“ gem. Art. 8 lit. c Rom III-VO; „dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes“ gem. Art. 16 Abs. 1 KSÜ; „das Recht eines Staates, dem eine der Parteien […] angehört“ gem. Art. 8 Abs. 1 lit. a HUP; „dem Recht des Staates, dem die Person angehört“ gem. Art. 7 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 EGBGB. 178 Vgl. Fn. 165. 179 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 54. 180 Siehe oben unter S. 8ff. 181 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 289.

B. Einordnung im IPR

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tungsbereich einer Rechtsordnung. Die Staatsgewalt findet ihren Ausdruck in der Geltung einer effektiven staatlichen Rechtsordnung. 182 bb) Bewertung Analysiert man diese Definition jedoch genauer, zeigt sich, dass das Abgrenzungskriterium der Einheitlichkeit der Rechtsordnung weder dem System des geltenden Kollisionsrechts entspricht (2), noch aufgrund der Verflechtung der Rechtsordnungen tragfähig ist (1). (1) Pluralismus Auch ist das Kriterium der Einheitlichkeit einer Rechtsordnung aufgrund des heutigen Pluralismus nicht geeignet, um rechtssicher auf die Staatseigenschaft schließen zu können. Die Rechtsordnungen – unabhängig davon, ob man sich nur auf die Privatrechtsordnung bezieht oder auf die Gesamtrechtsordnung – der einzelnen Staaten (im völkerrechtlichen Sinn) stehen aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen oder Normen von Staatenverbünden, wie z.B. der Europäischen Union, miteinander in Wechselwirkung.183 So fallen in diesem Fall aufgrund der Hoheitsrechtsübertragungen an die Europäische Union Staat und Normgeber auseinander. Eine Unterscheidung anhand des Merkmals der Einheitlichkeit ist als Definitionskriterium damit nicht mehr tauglich. So hat die Europäische Union zwar in weiten Teilen ein einheitliches Internationales Privatrecht, als Staat wird sie jedoch auch im Kollisionsrecht nicht angesehen.184 Aktuell besitzen 94 Staaten185 im Anwendungsbereich des Wiener Kaufrechtsübereinkommens ein einheitliches Kaufrecht, sind aber dennoch verschiedene Staaten. Dies entspricht zugleich auch dem sog. Pluralismuseinwand, der auch gegen Kelsens Identitätsthese von Staat und Rechtsordnung186 streitet. Nach dieser Lehre können auf demselben Gebiet zur selben Zeit mehrere Rechts182

Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 291ff. sowie oben unter S. 8ff. Vgl. nur zum Verhältnis EU-Recht und nationales Recht EuGH, Ent. v. 03.06.1964 (6/64), NJW 1964, 2371; BVerfG, Ent. v. 29.05.1974 (2 BvL 52/71), BVerfGE 37, 271; BVerfG, Ent. v. 22.10.1986 (2 BvR 197/83), BVerfGE 73, 339; BVerfG, Ent. v. 30.06.2009 (2 BvE 2/08 u.a.), BVerfGE 123, 267; BVerfG, Ent. v. 21.06.2016 (2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2 BvR 2731/13, 2 BvE 13/13), BVerfGE 142, 123; Hakenberg, Europarecht, Rn. 227ff.; Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 131; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 10. 184 Vgl. nur Art. 2 Rom I-VO, Art. 3 Rom II-VO, Art. 4 Rom III-VO, Art. 20 EuGüVO/EuPartVO oder Art. 20 EuErbVO, die festlegen, dass das nach der Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden ist, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaates ist. 185 Vgl. (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 186 Vgl. hierzu oben unter S. 8ff. und S. 36f. 183

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

ordnungen existieren,187 wie z.B. diejenige der EU und die nationale. Dass diese Rechtsordnungen in einem Stufenverhältnis stehen, schmälert das vorliegende Argument nicht. Eine einfache, rechtssichere Bestimmung einer einheitlichen Rechtsordnung ist nicht möglich. Letzteres ist aber notwendig, da der Staat im Internationalen Privatrecht nicht originäres Subjekt dieser Disziplin, sondern lediglich Mittel zum Zweck des Auffindens der geeignetsten Rechtsordnung ist. (2) Staaten mit mehreren Teilrechtsordnungen Da das Internationale Privatrecht auf der Suche nach dem geeignetsten (Privat-)Recht ist,188 liegt es nahe, als Rechtsordnung lediglich auf die Privatrechtsordnung abzustellen. Daraus ergibt sich jedoch die Frage, wie in Fällen von Staaten im Sinn des Völkerrechts zu verfahren ist, die aus mehreren Teilrechtsordnungen bestehen. Ausdrücklich klärt das US-amerikanische Restatement of the law – conflict of laws 2d in seinem § 3 diese Frage: „As used in the Restatement of this Subject, the word ‚state‘ denotes a territorial unit with a distinct general body of law." So wird als Beispiel das Vereinigte Königreich aufgeführt: Danach sind im Sinn des US-amerikanischen Internationalen Privatrechts England, Schottland und Nordirland eigene Staaten.189 Anders ist die Konzeption des deutschen EGBGB. In seinem Art. 4 Abs. 3 sieht es vor, dass, wenn auf das Recht eines Staates mit mehreren Teilrechtsordnungen verwiesen wird, ohne die maßgebende zu bezeichnen, das Recht dieses Staates bestimmt, welche Teilrechtsordnung anzuwenden ist. Damit geht das EGBGB im Gegensatz zu § 3 des amerikanischen Restatements von einem Staat aus, auch wenn dieser mehrere Teilrechtsordnungen hat. Auch die Europäischen Verordnungen gehen von demselben Grundsatz aus wie das EGBGB. Dies zeigt z.B. Art. 22 Abs. 1 Rom I-VO, der bei Staaten mit Teilrechtsordnungen die Staatseigenschaft des jeweiligen Teilgebiets fingiert. Selbiges gilt auch für Art. 25 Abs. 1 Rom II-VO, Art. 14 Rom III-VO, Art. 36 EuErbVO und Art. 33 EuGüVO bzw. EuPartVO. Gingen die Verordnungen von der Staatseigenschaft jedes Gebiets mit eigener Rechtsordnung aus, wäre eine solche Fiktion nicht notwendig. Auch können diese Vorschriften nicht als rein deklaratorisch angesehen werden, da sonst jedenfalls die Verweisung auf die interlokalen Kollisionsnormen des Gesamtstaates in keiner Konstellation zielfüh187 MacCormick, Questioning sovereignty, S. 75; Vollmeyer, Der Staat als Rechtsordnung, S. 268ff. 188 Vgl. Fn. 165. 189 American Law Institute, Restatement of the law – conflict of laws 2d, § 3 Comment c; dies übertragen einige Autoren auch auf das deutsche Recht, u.a. Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 54 Fn. 18; Talmon, Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten, S. 477 Fn. 107.

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rend wären bzw. umgesetzt werden könnten. Ferner spricht auch die englische Sprachfassung des Art. 22 Abs. 1 Rom I-VO gegen das Ansehen eines Gebiets mit einheitlicher Rechtsordnung als Staat. Diese unterscheidet zwischen „state“, also Staat, und „country“, welches sich lediglich auf einen Teilstaat bezieht. Nur Letzteres kann als Gebietseinheit mit einheitlicher Rechtsordnung im Rahmen der Rom I-VO in Bezug auf vertragliche Verpflichtungen definiert werden.190 Damit muss ein Staat sowohl nach dem Verständnis des EGBGB als auch nach dem Verständnis der oben beschriebenen EU-Verordnungen gerade keine einheitliche Privatrechtsordnung aufweisen. b) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff Analysiert man die Gründe, die für die Eigenständigkeit eines kollisionsrechtlichen Staatenbegriffs sprechen und stellt man gleichzeitig die Parallelen zwischen Völkerrecht und Internationalem Privatrecht ein, kommt man zu einem eigenen kollisionsrechtlichen Begriff, der sich aus einer Abwandlung der völkerrechtlichen Drei-Elemente-Lehre ergibt. aa) Völkerrechtliche Drei-Elemente-Lehre Wie unter A.I bereits dargestellt, geht das Völkerrecht heute mehrheitlich von der Drei-Elemente-Lehre Jellineks aus, die an das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die Staatsgewalt anknüpft. 191 Das letzte Merkmal der Staatsgewalt verklammert dabei die beiden anderen Elemente als Gewalt über Personen und über ein bestimmtes Territorium.192 Unter der Staatsgewalt versteht man eine organisierte Herrschaft mit der Aussicht auf Dauerhaftigkeit, ausgeübt durch eine effektive und handlungsfähige, von Dritten unabhängige Regierung.193 Das Kriterium der Effektivität194 beschreibt, dass der Staat tatsächlich in der Lage ist, rechtlich verbindliche Anordnungen zu erteilen und diese auch durchzusetzen. 195 Auch muss die Staatsgewalt von Dritten unabhängig, also souverän, sein. Die Souveränität 190 McParland, The Rome I regulation on the law applicable to contractual obligations, Art. 22 Rom I-VO, Rn. 4.05. 191 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 394ff.; vgl. dazu nur Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 1; Herdegen, Völkerrecht, § 8 Rn. 3; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 72; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 76; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 17; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 224; Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944, 949. 192 Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 72. 193 Schöbener/Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3 Rn. 46. 194 Herdegen, Völkerrecht, § 8 Rn. 8. 195 Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 36; Schöbener/Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3 Rn. 50.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

beschreibt dabei zum einen als „innere“ Souveränität die Verfassungsautonomie und zum anderen als „äußere“ Souveränität, dass der Staat keiner anderen Autorität untersteht.196 Zudem muss der Staat daneben eine gewisse Stabilität und Aussicht auf Dauer aufweisen.197 Umgekehrt wird der Untergang eines Staates auch erst angenommen, wenn der Wegfall der Staatsgewalt dauerhaft und endgültig ist (sog. failed states).198 In diesen Fällen haben sich die inneren Macht- und Ordnungsstrukturen des Staates aufgelöst und der Staat hat seine Fähigkeit zur Durchsetzung des Gewaltmonopols und zur Erfüllung elementarer Staatsfunktionen verloren.199 Als weiteres Kriterium wird aufgrund des völkerrechtlichen Gewaltverbots gemäß Art. 2 Nr. 4 UNCharta die Völkerrechtsmäßigkeit der Staatsgewalt gesehen.200 Kein Kriterium ist dagegen die Legalität nach der eigenen Verfassung.201 bb) Kollisionsrechtlicher Drei-Elemente-Begriff Dieser Staatsbegriff des Völkerrechts kann und soll jedoch nicht direkt in das Kollisionsrecht übernommen werden. Während die drei Elemente des Staatsvolks, des Staatsgebiets und der Staatsgewalt im Grundsatz auch für das Internationale Privatrecht eine taugliche Definitionstrias bilden, bedarf jedenfalls die Definition der Staatsgewalt gewisser Anpassungen. Diese ist im kollisionsrechtlichen Sinn zu bejahen, wenn und solange sie effektiv und souverän auf dem Staatsgebiet auf das Staatsvolk wirkt (3). Nicht maßgeblich sind hingegen die Kontinuität (1) sowie die Völkerrechtsmäßigkeit und die Anerkennung durch andere Staaten (2).202 (1) Prinzip der Kontinuität Das Völkerrecht geht aufgrund seines Kontinuitätsgrundsatzes bei einem lediglich zeitlich begrenzten Souveränitätsverlust weiterhin von dem Beste-

196 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 138 m.w.N.; Schöbener/Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3 Rn. 55ff. 197 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 140; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 80. 198 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 141; Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 37f. 199 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 141. 200 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 140; dem ist jedenfalls in Hinblick auf den Charakter des Gewaltverbots als zwingend geltendes Völkergewohnheitsrecht bei Annexionen zuzustimmen. Kritisch hierzu Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 133f. 201 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 140; Schöbener/Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3 Rn. 52. 202 So auch S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 1.

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hen eines Staates aus.203 Während das Völkerrecht also an Kontinuität interessiert ist, muss sich das Kollisionsrecht zeitnah der Lebenswirklichkeit anpassen. Entsprechend dieser unterschiedlichen Zielsetzung ist das Erfordernis der Kontinuität im Kollisionsrecht anders zu beurteilen: Das Internationale Privatrecht sucht nach der für einen Sachverhalt geeignetsten Rechtsordnung, also der engsten Verbindung;204 wie bereits unter I.2 aufgezeigt, kann eine solche nur eine faktisch geltende Rechtsordnung sein, an der sich die Beteiligten orientieren können. Überträgt man diesen Ansatz auf den Begriff der Staatsgewalt, so kann es nicht auf die zeitliche Dauer oder Kontinuität der Souveränität ankommen, sondern nur auf deren effektive Ausübung. Damit ist die Staatsgewalt dann und solange205 zu bejahen, wie sie auf das Staatsvolk ausgeübt wird und dessen Lebenswirklichkeit bestimmt. 206 (2) Prinzip der Völkerrechtsmäßigkeit und Anerkennung durch andere Staaten Soweit im Völkerrecht die Völkerrechtsmäßigkeit der Staatsgewalt als Voraussetzung für die Staatsqualität gefordert wird,207 ist dieses jedenfalls nicht auf den kollisionsrechtlichen Begriff zu übertragen. 208 Selbiges gilt für die Anerkennung durch andere Staaten. Das Internationale Privatrecht ist auf der Suche nach einer faktisch geltenden Rechtsordnung, die die Lebenswirklichkeit der Beteiligten widerspiegelt. 209 Entsprechend seinen Gerechtigkeitsbe-

203 Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 59; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/1, S. 142; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 142. 204 Vgl. Fn. 165. 205 Freilich bleiben kürzeste Veränderungen außer Betracht, da hinsichtlich eines zeitlichen Mindestmaßes erforderlich ist, dass sich die Betroffenen auch nach der jeweiligen Rechtsordnung richten können. 206 Vgl. zu den kollisionsrechtlichen Fragen bzgl. zerfallender Staaten Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944. Auch in diesen Fällen ist auf das faktisch geltende Recht abzustellen unabhängig von einer völkerrechtlichen Anerkennung eines Staates. Folglich muss auch hier auf das Prinzip der Kontinuität verzichtet werden. 207 Vgl. Fn. 200. 208 Siehe dazu unter S. 33ff. 209 Siehe dazu unter S. 33ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

strebungen210 wird das räumlich beste Recht211 auch weitestgehend212 frei von materiell-rechtlichen Erwägungen213 ermittelt.214 Parallel zu dieser Neutralität des Internationalen Privatrechts ist für seinen Staatsbegriff auch nur die effektiv geltende Staatsgewalt maßgeblich. So gilt aus der Sicht des Internationalen Privatrechts z.B. die Halbinsel Krim nach ihrer Annexion durch Russland als Teil des russischen Staates, da dieser unabhängig von der Anerkennung des Wechsels der Gebietshoheit effektiv die Staatsgewalt auf dem Gebiet der Krim ausübt. 215 (3) Effektivität und Souveränität Wie es auch der völkerrechtliche Staatsgewalt-Begriff erfordert, sind für den kollisionsrechtlichen Begriff ebenfalls die Merkmale der Effektivität216 und der Souveränität konstitutiv: Die Effektivität geht einher mit der im Internationalen Privatrecht herrschenden Lehre, dass die auf den Sachverhalt anwendbare Rechtsordnung auch tatsächlich allgemein angewandt werden muss, also effektiv gilt. 217 Dies kann jedoch nur der Fall sein, wenn der Staat als Träger dieser Rechtsordnung jene als rechtlich verbindliche Anordnung aufstellen und sie durchsetzen kann.218 210 Vgl. dazu nur Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 24ff. 211 Vgl. Fn. 165. 212 Als Ausnahme kann z.B. Art. 6 Rom I-VO angeführt werden, welcher bei Verbraucherverträgen eine Sonderanknüpfung vorsieht; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 33 geht hingegen davon aus, dass materiell-rechtliche Erwägungen regelmäßig auf das Kollisionsrecht durchschlagen. 213 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; vgl. zur Kritik hierzu Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 58ff. 214 Da sich das Recht jedoch an der Gerechtigkeit orientiert bzw. orientieren sollte, dürfen materiell-privatrechtliche Interessen nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Deshalb sind auf Ebene des Sachrechts die bereits berücksichtigte internationalprivatrechtliche Gerechtigkeit und die soeben angesprochene materiell-privatrechtliche Gerechtigkeit in Einklang zu bringen, z.B. mittels Korrekturen durch Eingriffsnormen oder den ordre public; vgl. hierzu auch Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 145ff. 215 Mankowski, IPRax 2017, 347, 351. 216 Regelmäßig fasst das Völkerrecht die Völkerrechtsmäßigkeit der Staatsgewalt unter das Merkmal ihrer Effektivität, vgl. nur Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 140. Anders als das Völkerrecht muss das Internationale Privatrecht jedoch zwischen diesen beiden Kriterien unterscheiden, da die Völkerrechtsmäßigkeit für das Kollisionsrecht unerheblich ist, während die Effektivität konstitutiv ist. 217 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 32; Jaksic, IPRax 1999, 118, 118; Mankowski, IPRax 2017, 347, 348f.; Yassari, RabelsZ 82 (2018), 944, 951. 218 Vgl. hierzu die Konkurrenz der Rechtsordnungen in Namibia von 1971 bis 1990, Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 254f.

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Auch auf das Merkmal der Souveränität kann nicht verzichtet werden.219 Es grenzt Gebiete mit eigenen Teilrechtsordnungen sowie einen Staatenverbund von einem Staat ab.220 Maßgeblich ist, welche Gebietseinheit keinem Willen einer anderen Gebietseinheit unterworfen ist, also souverän ist. So sind Bundesstaaten letztlich aufgrund ihrer Verfassung an den Gesamtstaat gebunden und ein Staatenverbund leitet seine Macht zur Rechtssetzung lediglich aus der Ermächtigung durch seine Gliedstaaten ab, ihm fehlt die sog. Kompetenz-Kompetenz.221 cc) Bewertung Legt man den kollisionsrechtlichen Drei-Elemente-Begriff dem internationalprivatrechtlichen Staatsbegriff zugrunde, zeichnet sich dieser durch zahlreiche Vorzüge gegenüber der Definition anhand der jeweiligen Rechtsordnung222 aus. (1) Einheit der Rechtsordnung Geht man von dem unter I.2 gefunden Ergebnis aus, dass sich das Internationale Privatrecht vom Völkerrecht lösen und sich stattdessen an seinen Grundinteressen und -wertungen orientieren soll, so bedeutet dies nicht, dass die Inhalte und Methodik des Völkerrechts per se aufgegeben werden sollten. Vielmehr hält der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung dazu an, so viel Gleichlauf wie möglich zu schaffen unter der nötigen Berücksichtigung der Interessen des jeweiligen Rechtsgebiets, hier des Kollisionsrechts. An dieser Stelle setzt der kollisionsrechtliche Drei-Elemente-Begriff an, welcher den völkerrechtlichen Staatsbegriff zum Ausgangspunkt nimmt und die für das Internationale Privatrecht notwendigen Korrekturen vornimmt. So kann auf eine gefestigte Lehre zurückgegriffen werden, welche auch über Deutschland hinaus anerkannt ist,223 was wiederum den internationalen Entscheidungseinklang begünstigt.

219 Auch McParland, The Rome I regulation on the law applicable to contractual obligations, Art. 22 Rom I-VO, Rn. 4.09 beschreibt die Souveränität als zwingend, stellt jedoch im Folgenden auf die Anerkennung durch das Völkerrecht ab. Dem kann nicht gefolgt werden, vgl. S. 33ff. 220 So auch Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 II, die unter Staat nur souveräne Staaten verstehen und dabei auf die Mitgliederzahlen der UNO verweisen. 221 Vgl. dazu BVerfG, Ent. v. 12.10.1993 (2 BvR 2134/92 und 2 BvR 2159/92), NJW 1993, 3047. 222 Siehe hierzu S. 36ff. 223 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 2; Art. 1 Montevideo-Konvention, vgl. S. 8ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

(2) Praktikabilität Des Weiteren können auf diese Art und Weise Lücken vermieden werden, z.B. hinsichtlich der Bestimmung der Effektivität der Rechtsordnung bzw. Staatsgewalt. Damit ist der Staatsbegriff auch einfacher handhabbar und kann folglich seiner Stellung im Kollisionsrecht als Träger der verwiesenen Rechtsordnung oder als Bezugspunkt bei der Anknüpfung nach der Staatsangehörigkeit224 gerecht werden. Gleiches gilt auch für die Anwendung kollisionsrechtlicher Staatsverträge. An dieser Stelle treffen der völkerrechtliche und der kollisionsrechtliche Staatsbegriff direkt aufeinander. Während der Staatsvertrag selbst im Völkerrecht zu verorten ist, wirken dessen Regelungen direkt ins Internationale Privatrecht hinein. Bestünde z.B. zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine ein kollisionsrechtlicher Staatsvertrag, so würde ein Sachverhalt, der Berührungspunkte zu Deutschland und der Krim hat, „völkerrechtlich“ in den Anwendungsbereich des Vertrags fallen. Wird der Sachverhalt jedoch kollisionsrechtlich beurteilt, ist die Krim aufgrund der faktischen Geltung russischen Rechts Russland zuzuordnen.225 Durch den weitestgehend möglichen Gleichlauf der Staatsbegriffe lassen sich derartige Differenzen jedoch auf ein Minimum reduzieren. Gleichzeitig werden durch die Korrekturen im Vergleich zur völkerrechtlichen Drei-Elemente-Lehre auch die Interessen des Kollisionsrechts gewahrt.226 (3) Wortlaut Wenn das Internationale Privatrecht den Begriff des Staates verwendet, spricht es entweder im Rahmen der Anknüpfung vom „Recht des Staates“,227

224

Vgl. hierzu ausführlich S. 175ff. Um solche Fälle zu lösen, ist strikt zwischen der völkerrechtlichen und kollisionsrechtlichen Ebene zu trennen: Die Perspektive des Völkerrechts gibt vor, ob der jeweilige Staatsvertrag im konkreten Fall zur Anwendung kommt. Hinsichtlich der nachfolgenden kollisionsrechtlichen Prüfung gilt hingegen der Staatsbegriff des Internationalen Privatrechts. Vgl. hierzu auch OLG München, Ent. v. 18.12.2015 (12 UF 1239/15), NJWRR 2016, 196, 196 sowie AG Koblenz, Ent. v. 23.08.2012 (202 F 248/12), BeckRS 2013, 476, 476, welche ohne diese Unterscheidung zu treffen, den persönlichen Anwendungsbereich des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen richtigerweise der völkerrechtlichen Perspektive unterstellen. 226 Siehe zu den vorgenommenen Abwandlungen S. 40ff. 227 So z.B. in Art. 10 Abs. 1 EGBGB; Art. 11 Abs. 1 EGBGB; Art. 13 Abs. 1 EGBGB; Art. 14 Abs. 1 EGBGB; Art. 4 Abs. 1 Rom I-VO; Art. 5 Rom I-VO; Art. 4 Rom II-VO; Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO; Art. 21 Abs. 1 EuErbVO; Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG, welcher ebenfalls vom Recht eines Vertragstaates spricht; Art. 15 Abs. 2 KSÜ spricht vom „Recht eines anderen Staates“; Art. 16 KSÜ; Art. 17 KSÜ; Art. 3 HUP. 225

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von der Notwendigkeit der Verbindung „zum Recht verschiedener Staaten“228 oder bei der Anknüpfung nach der Staatsangehörigkeit von dem „Recht des Staates, dem die Person angehört“. 229 Ausgehend von diesem Wortlaut setzt das Kollisionsrecht die Begriffe Staat und Recht(sordnung) nicht gleich. Vielmehr nutzt das Kollisionsrecht den Begriff des Staates, um von diesem auf (s)ein Recht zu schließen. c) Synthese Damit ist von einem kollisionsrechtlichen Drei-Elemente-Begriff auszugehen, der eng an die Definition Jellineks anknüpft. Außer Betracht bleibt dabei der völkerrechtliche Grundsatz der Kontinuität, welcher u.a. das Merkmal der Staatsgewalt prägt, sowie die Völkerrechtsmäßigkeit. Vielmehr wird in diesem Zusammenhang auf das Merkmal der Gebietshoheit zurückgegriffen. Auf diese Weise kann der Begriff des Staates im Kollisionsrecht in Übereinstimmung mit dem telos des Internationalen Privatrechts und den Regelungen des EGBGB definiert werden. Auf der anderen Seite führt der Rückgriff auf völkerrechtliche Begriffe und die Orientierung an der völkerrechtlichen Bewertung zu einem einfach(er) handzuhabenden Terminus, der Rechtssicherheit bietet. 2. Staatensukzession im Internationalen Privatrecht a) Sukzessionsbegriff des Internationalen Privatrechts Damit ist auch der Sukzessionsbegriff des Kollisionsrechts nicht zwangsläufig mit dem Begriff des Völkerrechts identisch. Letzteres definiert die Staatensukzession als Ersetzen eines Staates durch einen anderen in Bezug auf die Verantwortlichkeit für die internationalen Beziehungen eines bestimmten Gebiets.230 Doch nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Staatsbegriffe stellt das Internationale Privatrecht seine eigene Definition auf, sondern auch wegen der abweichenden Bezugspunkte der beiden Rechtsgebiete. Dem Internationalen Privatrecht geht es nicht um die in der Definition beschriebene Verantwortlichkeit für die internationalen Beziehungen. Vielmehr ist sein Ziel die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zu einer Privatrechtsordnung. Dennoch kann der Definition des Völkerrechts ihr Grundgedanke entnommen werden: das Ersetzen eines Staates durch einen anderen auf einem bestimm228

So z.B. in Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO; Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO; Art. 1 Abs. 1 Rom III-

VO. 229

So z.B. in Art. 10 Abs. 1 EGBGB; Art. 13 Abs. 1 EGBGB; Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB; Art. 22 Abs 1 S. 2 EuErbVO. 230 Vgl. nur Art. 2 Abs. 1 lit. b Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 und Art. 2 Abs. 1 lit. a Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden von 1983.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

ten Gebiet. Das Kollisionsrecht geht dabei einzig von seinem eigenen Staatsbegriff231 aus. Danach liegt ein Staat vor, wenn die drei Merkmale Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt erfüllt sind und letztere effektiv und souverän wirkt. Folge dessen ist, dass der Sukzessionsbegriff des Internationalen Privatrechts weitergeht als der des Völkerrechts. Bereits der Staatsbegriff des Internationalen Privatrechts weist eine geringere Kontinuität auf im Vergleich zu dem des Völkerrechts, da das entscheidende Merkmal, die Effektivität der Staatsgewalt, unabhängig von der völkerrechtlichen Beurteilung oder einer entsprechenden Anerkennung ist. 232 Somit umfasst das Internationale Privatrecht auch Fälle, in denen lediglich eine Änderung der Gebietshoheit vorliegt. Da unter der Gebietshoheit die tatsächliche Herrschaft über die in einem bestimmten Raum befindlichen Personen und Güter zu verstehen ist,233 erfasst sie auch die Möglichkeit des ausschließlichen Erlasses von Hoheitsakten in diesem Gebiet – und erfüllt damit bereits das Merkmal der kollisionsrechtlichen Staatsgewalt.234 Ein Beispiel stellt die Annexion der Krim dar, welche aufgrund ihrer Völkerrechtswidrigkeit235 aus Perspektive des Völkerrechts als unwirksam anzusehen ist. Durch die Ausübung der Herrschaft über die auf der Krim befindlichen Personen und Güter durch Russland236 hat sich die Gebietshoheit auf der Krim geändert. Folglich geht das Internationale Privatrecht aufgrund der von Russland ausgeübten Staatsgewalt von einem Sukzessionsfall und der Zugehörigkeit der Krim zu Russland aus. Nicht unter den Sukzessionsbegriff des Internationalen Privatrechts fallen dagegen Vorgänge ohne Gebietsänderungen, also rein innerstaatliche Ereignisse. Wie auch im Völkerrecht237 fallen der reine Regierungswechsel, revolutionäre Umwälzungen oder auch der Austausch der gesamten Rechtsordnung nicht unter den Sukzessionsbegriff – es handelt sich um rein intertemporale Fragen.238

231

Vgl. hierzu S. 36ff. Vgl. oben S. 40ff. 233 Siehe dazu S. 8ff. 234 Siehe dazu S. 42f. 235 Vgl. hierzu S. 14ff. 236 Vgl. nur Jobst, Geschichte der Ukraine, S. 262; Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, S. 354; Luchterhandt, AVR 2014, 137, 172. 237 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 198; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 125 m.w.N.; Kunz, AJIL 1955, 68, 71f.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 608. 238 Vgl. dazu C.I; vgl. zur Unerheblichkeit eines bloßen Regierungswechsels für das Internationale Privatrecht Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 251. 232

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b) Sukzessionskonstellationen im Internationalen Privatrecht Aufgrund des soeben festgestellten Gleichlaufs zwischen der völkerrechtlichen Gebietshoheit und der Staatsgewalt im kollisionsrechtlichen Sinn, sind auch im Internationalen Privatrecht nur die unter A.II.3 bereits genannten fünf Fallkonstellationen theoretisch denkbar,239 sowie infolgedessen als Fallgruppen in gleicher Weise zu unterscheiden. aa) Staatsidentität im Internationalen Privatrecht Die fünf Konstellationen variieren nicht nur hinsichtlich der Art der Nachfolge, welche durch die Merkmale des Zusammenschlusses (Fusion, Inkorporation und Annexion), des Überganges (Zession und Teilannexion) oder der Trennung (Separation, Sezession und Dismembration) von Gebieten gekennzeichnet ist. Wesentlich ist auch die Unterscheidung, ob (einer) der Nachfolgestaat(en) mit den/dem Vorgängerstaat(en) identisch ist. Obwohl dem Völkerrecht Indikatoren zur Feststellung einer staatlichen Identität zur Verfügung stehen,240 wird diese Frage letztlich oft aus politischen Motiven heraus beantwortet (so zum Beispiel die Abgrenzung von Separation und Dismembration im Fall des ehemaligen Jugoslawiens).241 Das Kollisionsrecht hingegen soll seine Einordnung frei von solchen Motiven treffen. (1) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im engeren Sinn Um aus kollisionsrechtlicher Perspektive festzustellen, ob sich die Staatssubjektivität geändert hat, wird auf das Zusammenspiel verschiedener Indikatoren zurückgegriffen: Da der Begriff des Staates im Kollisionsrecht im Wesentlichen im Rahmen der Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt, durch Staatsverträge als kollisionsrechtliche Quelle und als Träger der verwiesenen Rechtsordnung in Erscheinung tritt, soll zunächst geklärt werden, ob sich daraus Indikatoren ableiten lassen: – Geht eine Gebietsveränderung mit einem Wechsel der Staatsangehörigkeit242 des Staatsvolks einher, so lässt sich daraus ein direkter Rückschluss auf das Selbstverständnis des jeweiligen Staates ziehen. Das Staatsvolk als eines der drei Elemente des Staatsbegriffs definiert unmittelbar einen Staat.243 Im Gegensatz zum Völkerrecht kann dem jeweiligen Selbstver239 Alle anderen Konstellationen können durch eine Kombination dieser Konstellationen zusammengesetzt werden. 240 Vgl. S. 10ff. 241 Vgl. S. 27ff. 242 Vgl. hierzu ausführlich S. 175ff. 243 Vgl. hierzu sowohl im Völkerrecht als auch im Internationalen Privatrecht S. 8ff. und S. 38f.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

ständnis auch mehr Gewicht eingeräumt werden, da politische Überlegungen, insbesondere anderer Staaten, hier ausgeklammert bleiben. Dies begründet sich aus den unterschiedlichen Funktionen des Staates in den beiden Rechtsgebieten. So ist der Staat im Völkerrecht dessen wesentliches Subjekt und letzteres regelt die internationalen Beziehungen von Staaten zueinander. Das Internationale Privatrecht hingegen sucht nach der für einen Sachverhalt geeignetsten Privatrechtsordnung,244 die sich an den tatsächlichen Lebensverhältnissen orientiert. 245 Während somit im Völkerrecht auf die Interessen anderer Staaten Rücksicht genommen werden muss, z.B. in Bezug auf Staatsschulden, bzw. Drittstaaten eigene Interessen bei Staatensukzessionen haben, sind solche Drittstaaten im Kollisionsrecht nicht schutzwürdig und folglich unbeachtlich. – Da der Begriff des Staates auch noch an anderer Stelle im Kollisionsrecht relevant wird, ist nicht nur auf das Selbstverständnis eines Staates allein abzustellen. So kann auch einfließen, ob Vorgänger- und Nachfolgestaat bei Staatsverträgen als Quelle des Internationalen Privatrechts entsprechend typischen Vereinbarungen zu vorherigen Staatensukzessionen oder den Vorgaben der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 zur jeweiligen Konstellation verfahren. Daraus kann ein Rückschluss auf die Art der Sukzession und folglich auch auf die Identität gezogen werden. – Dritter Bezugspunkt des Internationalen Privatrechts auf den Begriff des Staates ist die Stellung als Träger der verwiesenen Rechtsordnung. Im Gegensatz zu den vorherigen Punkten kann dieser jedoch in der Regel nicht als Indikator herangezogen werden, da weder ein Wechsel der Privatrechtsordnung zwangsläufig auf einen Identitätswechsel schließen lässt, noch ein Fortbestehen der bisherigen Privatrechtsordnung gegen eine Änderung der Staatsidentität spricht. So kann eine Veränderung der Privatrechtsordnung aufgrund rein innerstaatlicher Vorgänge erfolgen246 oder ein Nachfolgestaat kann die Rechtsordnung des Vorgängerstaates übernehmen.247 – Daneben kann das oben bereits erwähnte Selbstverständnis des jeweiligen Staates auch durch weitere Kriterien ermittelt werden. So kann hier neben der Staatsangehörigkeit auch auf die Benennung des Staates sowie auf den Wortlaut in möglichen Sukzessionsverträgen oder auf die Verfassungsge-

244

Vgl. Fn. 165. Siehe hierzu auch S. 33ff. 246 Hierunter können auch Fälle der sog. unechten Staatensukzession fallen, vgl. dazu im Völkerrecht S. 10ff. und Fn. 40. 247 Vgl. hierzu die Dismembration der Tschechoslowakei, bei welcher die Nachfolgestaaten die Rechtsordnungen der vorherigen CSFR übernommen haben, sowie ausführlich unten S. 56f. 245

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setzgebung zurückgegriffen werden. 248 Weiteres Argument für diese Indikatorstellung ist das Grundprinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker,249 welches im Internationalen Privatrecht als Grundsatz der Gleichwertigkeit der Privatrechtsordnungen250 ausgeprägt ist. – Keine Indizwirkung hat dagegen die Sichtweise von Drittstaaten oder zwischenstaatlichen Organisationen, da diese in der Regel durch politische Interessen geprägt sind, welche keine Auswirkungen auf das Internationale Privatrecht haben sollen.251 Auch der Umgang mit Staatsvermögen oder Staatsarchiven nach der entsprechenden Wiener Konvention von 1983 kann nicht herangezogen werden, da weder dem Staatsvermögen noch den Staatsarchiven im Kollisionsrecht eine Bedeutung zukommt. Zuletzt kann auch aus den Gebiets- und Bevölkerungsgrößen kein Rückschluss auf eine möglicherweise bestehende oder nicht bestehende Identität gezogen werden,252 da es sich hier um Faktoren handelt, welche ebenfalls ohne Einfluss auf das Kollisionsrecht sind. Folglich ist für die Frage der Staatsidentität aus Sicht des Internationalen Privatrechts auf das Zusammenspiel der aufgezeigten Indikatoren abzustellen und jeder Einzelfall im Lichte der Interessen und Zielsetzung des Kollisionsrechts zu beurteilen. (2) Kollisionsrechtliche Staatsidentität im weiteren Sinn Neben diese Form der Staatsidentität im engeren Sinn, die noch stark an das Völkerrecht angelehnt ist, tritt eine weitere Form. Zweck dieser Identität im weiteren Sinn ist es einzig, für eine Vielzahl von Fällen eine eindeutige Zuordnung von dem/den Vorgängerstaat(en) zu einem Nachfolgestaat zu ermöglichen. Dies ist notwendig, um den Besonderheiten des Internationalen Privatrechts gerecht zu werden, so z.B. um in erster Linie Leerverweisungen zu verhindern. Allein unter Zugrundelegung der Identität im engeren Sinn ist eine solche eindeutige Zuordnung nicht möglich. So ist z.B. ein fusionierter Staat mit keinem seiner Vorgängerstaaten identisch im engeren Sinn. Selbiges gilt für die Dismembration. Aus diesem Grund löst sich die Identität im weiteren Sinn von den aufgezeigten Fallgruppen der Staatensukzessionen und leitet sich allein aus der Zielsetzung und Natur des Kollisionsrechts ab. Das 248

Auf diese Kriterien greift auch das Völkerrecht zur Abgrenzung zurück, Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, S. 58; Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 19. 249 Heintze, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 10 Rn. 1ff. m.w.N.; Kau, in: Vitzthum/Proelß/Bothe, Völkerrecht, Rn. 125. 250 Vgl. nur Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 16; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 55; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 1. 251 Vgl. hierzu S. 33ff. 252 So aber das Völkerrecht, Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 19.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Internationale Privatrecht sucht nach der Anwendung der geeignetsten Rechtsordnung.253 Da das Sachrecht „in Raum und Zeit“ lebt,254 muss sich das Kollisionsrecht sowohl an den aktuellen Gegebenheiten orientieren,255 als auch Kontinuität wahren, insbesondere z.B. bei unwandelbaren Anknüpfungen.256 Dies kann durch ein Zusammenspiel aus einem an Effektivität orientierten Staatsbegriff257 mit einem weitgehenden Identitätsbegriff erreicht werden. (a)

Identität sui generis

Den ersten Unterfall einer kollisionsrechtlichen Staatsidentität im weiteren Sinn stellt eine Identität sui generis dar. Sowohl die völkerrechtliche Staatsidentität als auch die kollisionsrechtliche Staatsidentität im engeren Sinn unterscheiden zwischen verschiedenen Arten von Zusammenschlüssen, namentlich der Fusion und der Inkorporation bzw. Vollannexion.258 In allen Fällen eines Zusammenschlusses können jedoch die Vorgängerstaaten jeweils eindeutig dem Nachfolgestaat zugeordnet werden. Sowohl die beiden Vorgängerstaaten einer Fusion liegen gänzlich auf dem Territorium des neu fusionierten Nachfolgestaates als auch der inkorporierende und der inkorporierte Staat. Blickt man auf die beiden Fallgruppen im Völkerrecht, so spiegelt es diese Feststellung: Bei einer Fusion wirken die von den Vorgängerstaaten geschlossenen völkerrechtlichen Verträge grundsätzlich fort;259 bei einer Inkorporation gelten jedenfalls die vom inkorporierenden Staat geschlossenen Verträge auch für den Nachfolgestaat. 260 Zur Bestimmung der geeignetsten Rechtsordnung und zur Wahrung der Kontinuität kollisionsrechtlicher Verweisungen ist folglich in den Fällen eines Zusammenschlusses sui generis von einer Identität zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat auszugehen. Folge dieses weiten Identitätsbegriffs ist es, dass in diesem Fall nicht mehr zwischen den einzelnen Fallgruppen des Zusammenschlusses unterschieden wird. Unabhängig von der Form des Zusammenschlusses lässt sich durch den weiten Identitätsbegriff vielmehr immer einem Vorgängerstaat ei n Nachfolgestaat zuordnen, während der enge Identitätsbegriff noch zwischen Fusion (der Nachfolgestaat ist mit keinem Vorgängerstaat identisch) und Inkorpora-

253

Vgl. Fn. 165. v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 4 Fn. 8. 255 Vgl. hierzu bereits S. 40. 256 Vgl. zu dem Interesse an Rechtssicherheit S. 74. 257 Vgl. hierzu bereits S. 42f. 258 Vgl. hierzu S. 18ff. und S. 53ff. 259 Vgl. S. 18f. sowie Art. 31 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978. 260 Vgl. hierzu unter S. 22f. 254

B. Einordnung im IPR

51

tion (der Nachfolgestaat ist mit einem der Vorgängerstaaten identisch) unterscheidet. (b)

Identität kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung

Den zweiten Unterfall bildet eine kollisionsrechtliche Identität kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung im Fall der Dismembration. Auch diese Einordnung beruht auf der kollisionsrechtlichen Notwendigkeit einer eindeutigen Zuordnung eines Vorgängerstaates zu einem Nachfolgestaat. Während sich die Identität sui generis die rein logische Zuordnung bei einem Zusammenschluss zu Nutze macht, kann im Fall der Dismembration gerade nicht von dem einen Vorgängerstaat direkt auf einen Nachfolgestaat geschlossen werden. Bestand der Vorgängerstaat jedoch aus mehreren Teilrechtsordnungen, können diese zur Bestimmung eines eindeutigen Nachfolgestaates nutzbar gemacht werden. Obwohl die Kollisionsnormen grundsätzlich auf das Recht eines (Gesamt-)Staates verweisen,261 kann sich dennoch aufgrund der allgemeinen Vorschriften des Internationalen Privatrechts der lex fori262 zum Verweis auf Mehrrechtsordnungen eine detailliertere Verweisung auf eine Teilrechtsordnung ergeben. Als Beispielsfall zur Verdeutlichung kann auf die Dismembration Jugoslawiens zurückgegriffen werden. Verweist das deutsche Ehegüterrecht entsprechend Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auf jugoslawisches Recht aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten, so sieht Art. 4 Abs. 3 S.1 EGBGB263 für diesen Fall vor, dass das deutsche Internationale Privatrecht die maßgebliche Teilrechtsordnung direkt mittels einer ortsbezogenen Anknüpfung bezeichnet. Hätten die Ehegatten z.B. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Split (Kroatien), würde das deutsche Kollisionsrecht direkt auf die kroatische Teilrechtsordnung verweisen, welche auch nach der Dismembration als Gesamtrechtsordnung des ehemaligen, nun selbstständigen (Teil-)Staates Kroatien gilt. Damit besteht in diesem Fall eine Identität im weiteren Sinn zwischen Jugoslawien und Kroatien. So werden an dieser Stelle die Besonderheiten des Kollisionsrechts nutzbar gemacht, welches 261

Siehe zum Staatsbegriff des Internationalen Privatrechts S. 36ff. Z.B. im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB, wenn die Kollisionsnorm – z.B. durch Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt – bereits die maßgebende Teilrechtsordnung bezeichnet. Diese Einschränkung auf die lex fori ist aufgrund des Prinzips der Verweisung auf geltendes Recht notwendig. Diese Beschränkung unterscheidet die vorliegende Lösung auch von derer von Busse, IPRax 1998, 155, 157, der allgemein von einer Kontinuität („(wie auch immer gearteten) Lösung des interlokalen Problems“) ausgeht. Vgl. hierzu ausführlich S. 87f. sowie zu dem Vorschlag der Verweisung kraft räumlicher Zuordnung S. 96. 263 Vgl. zur Bedeutung der Klausel „ohne die maßgebende zu bezeichnen“ Stoll, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 516f. 262

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

immer auf die Rechtsordnung eines Staates verweist und so sein Ziel, die Bestimmung des anwendbaren Rechts, verfolgt. Damit kann trotz des kollisionsrechtlichen Staatsbegriffs in diesem speziellen Fall von dem Fortbestand einer Rechtsordnung ein Rückschluss auf die kollisionsrechtliche Identität hinsichtlich der Staatseigenschaft gezogen werden. Das Beispiel weist jedoch bereits darauf hin, dass diese Form der Staatsidentität dabei nicht nur auf das Kollisionsrecht beschränkt, sondern auch abhängig von einer spezifisch ausgesprochenen Verweisung und dem jeweiligen Einzelfall ist. Folglich variiert die Identität von Fall zu Fall, sodass keine allgemeine Aussage über die Identität getroffen werden kann. Voraussetzung für die Annahme einer solchen kollisionsrechtlichen Identität ist vielmehr, dass eine unwandelbar anknüpfende Kollisionsnorm auf die Teilrechtsordnung eines inzwischen dismembrierten Staates verweist. Die Verweisung hat dabei ohne Rückgriff auf nicht mehr geltendes Recht zu erfolgen, also lediglich unter Einbeziehung der Vorschriften des Forums zum Umgang mit Staaten ohne einheitliche Rechtsordnung. Der Nachfolgestaat umfasst dabei dasjenige Staatsgebiet, welches von der berufenen Teilrechtsordnung abgedeckt ist. Damit führt die ausgesprochene Verweisung auch nicht ins Leere. 264 Vielmehr bleibt die ursprüngliche Teilrechtsordnung als neue Gesamtrechtsordnung eines der Nachfolgestaaten erhalten. Der „Sitz“ des Rechtsverhältnisses bleibt bestehen, es hat sich lediglich die „‚politische Einbettung‘ der Rechtsordnung geändert“. 265 Durch die eindeutige Zuordnung des Vorgängerstaates zu einem Nachfolgestaat, kann in diesen Fällen ebenfalls von einer kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn gesprochen werden. bb) Fallgruppen im Internationalen Privatrecht (1) Zession bzw. Teilannexion Die erste Konstellation der Zession bzw. Teilannexion umfasst den Übergang eines bestimmten Gebiets von einem Staat, dem Vorgängerstaat, auf einen anderen, den Nachfolgestaat, indem der Nachfolgestaat ab dem Sukzessionszeitpunkt die Staatsgewalt in dem übergehenden Gebiet an Stelle des Vorgängerstaates effektiv und souverän ausübt.266 Auf dem übertragenen Territorium ändert sich für das Staatsvolk die Staatsangehörigkeit und das Gebiet unterliegt nun regelmäßig nicht mehr den völkerrechtlichen Verträgen des Vorgängerstaates, sondern denjenigen des Nachfolgestaates. Auf Ebene der Privatrechtsordnung ist zum einen eine Erstreckung des Regelwerkes des

264

Vgl. eingehend zu dieser Problematik S. 90ff. Busse, IPRax 1998, 155, 158. 266 Siehe hierzu im Völkerrecht S. 14ff. 265

B. Einordnung im IPR

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Nachfolgestaates denkbar, zum anderen das Nebeneinander zweier Teilrechtsordnungen mit ggf. der Schaffung eines interlokalen Privatrechts. Als Beispiel kann wiederum die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland genannt werden. Diese wurde durch ein „Referendum zur Unabhängigkeit der Krim“ am 16.03.2014 eingeleitet.267 Laut amtlichem Wahlergebnis stimmten 96,77 % der Wählenden für eine „Wiedervereinigung der Krim mit Russland mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation“.268 Der Eingliederungsvertrag269 vom 18.03.2014 zwischen Russland und der Krim sieht u.a. in Art. 5 vor, dass die Einwohner der Krim ab dem Tag der Aufnahme die russische Staatsbürgerschaft erhalten sollen. Art. 6 dieses Vertrags besagt, dass das Gebiet der Krim in das Rechtssystem Russlands integriert werden soll. Nach Art. 10 Nr. 1 gelten alle Rechtsakte der Russischen Föderation in dem Hoheitsgebiet der Krim ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Krim. (2) Fusion Die zweite Fallgruppe beschreibt als sog. Fusion den Zusammenschluss von zwei Gebietseinheiten, welche bislang selbstständig waren, zu einer neuen Einheit, welche mit keinem Vorgängerstaat kollisionsrechtlich identisch im engeren Sinn ist.270 Ob eine solche kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn mit einem der Vorgängerstaaten besteht, richtet sich dabei u.a. nach dem Selbstverständnis des Nachfolgestaates. Indikatoren können die Schaffung einer neuen Staatsangehörigkeit für das gesamte Staatsvolk sein, der Umgang mit gezeichneten völkerrechtlichen Verträgen im Sinn der bisherigen völkerrechtlichen Praxis oder die Schaffung einer neuen Rechtsordnung, wobei bei letzterem die Abgrenzung zu lediglich intertemporalen, innerstaatlichen Vorgängen beachtet werden muss. Auch ist stattdessen das Fortbestehen der Teilrechtsordnungen des Vorgängerstaates möglich, ggf. erweitert um die Schaffung eines interlokalen Kollisionsrechts.

267

Obwohl sich die Krim damit zunächst von der Ukraine abspaltete und erst anschließend Russland beitrat, war das Referendum nicht auf diese zwei Schritte gerichtet, sondern direkt auf die „Wiedervereinigung“ mit Russland. Auch der enge zeitliche Zusammenhang von zwei Tagen zwischen dem Unabhängigkeitsreferendum und dem Abschluss des Eingliederungsvertrags spricht für eine Einordnung als Teilannexion; vgl. zu dieser Einordnung Grimmeiß, Sezession und Reaktion, S. 168ff.; Krumbiegel, Die Pflicht zur NichtAnerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 138f.; Luchterhandt, AVR 2014, 137, 171ff.; a.A. Geistlinger, AVR 2014, 175, 202f. 268 Krumbiegel, Die Pflicht zur Nicht-Anerkennung völkerrechtswidriger Gebietsänderungen, S. 119. 269 Abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 270 Siehe hierzu im Völkerrecht S. 18ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Als historisches Beispiel dient vorliegend die Fusion zwischen dem Nordund Südjemen zur Republik Jemen vom 22.04.1990. Diesem Zusammenschluss lag ein Vertrag zwischen den Vorgängerstaaten zugrunde, welcher bereits im Wortlaut von „union“ und „merger“ spricht.271 Während sich die Republik Jemen eine neue Verfassung gab und damit die Verfassungen der Vorgängerstaaten außer Kraft setzte,272 blieb das sonstige nationale Recht der beiden Vorgängerstaaten zunächst in Kraft. 273 Völkerrechtliche Verträge, die von einem Vorgängerstaat gezeichnet wurden, blieben bestehen und wurden für die Republik Jemen als bindend angesehen.274 (3) Inkorporation bzw. Vollannexion Die dritte Variante stellt die sog. Inkorporation bzw. Vollannexion dar.275 Darunter versteht man die Eingliederung eines souveränen Staates in einen anderen, bereits existierenden Staat. Diese Eingliederung kann dabei sowohl willentlich und freiwillig als auch gewaltsam und gegen den Willen des annektierten Staates erfolgen. Entscheidend ist, dass sich die Gebietshoheit bzw. Staatsgewalt im inkorporierten bzw. annektierten Staat ändert und nach der Sukzession auf den Inkorporations- bzw. Annexionsstaat entfällt. Der neue Staat ist dabei mit dem inkorporierenden bzw. annektierenden Staat identisch im engeren Sinn. Der inkorporierte bzw. annektierte Staat hingegen ist lediglich im weiteren Sinn,276 nicht jedoch im engeren Sinn mit dem Nachfolgestaat identisch. Die Staatsangehörigkeit des Staatsvolks des inkorporierten bzw. annektierten Staates wird sich ändern und die völkerrechtlichen Verträge des inkorporierenden bzw. annektierenden Staates werden sich regelmäßig auf das nun neue Staatsgebiet erstrecken. Eine Vereinheitlichung der gesamten Privatrechtsordnung wird in der Regel kein Indikator sein, da

271

Art. 1 des Zusammenschlussvertrags (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 822. 272 Art. 10 des Zusammenschlussvertrags (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 823. 273 Zusammenschlussvertrag (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 820. 274 Zusammenschlussvertrag (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 821. 275 Siehe hierzu im Völkerrecht S. 21ff. 276 Stellt man lediglich auf die Identiät im weiteren Sinn ab, ergibt sich kein Unterschied zwischen der Fusion und der Inkorporation bzw. Annexion, da in beiden Fällen die Vorgängerstaaten einem Nachfolgestaat zugeordnet werden können.

B. Einordnung im IPR

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eine interlokale Rechtsspaltung nicht die Existenz eines einheitlichen Staates hindert. Als historisches Beispiel für eine Inkorporation kann hier die Eingliederung der DDR in die Bundesrepublik Deutschland genannt werden. Das Verhältnis zwischen dem Vorgängerstaat DDR und der inkorporierenden Bundesrepublik regelt dabei der u.a. von beiden Staaten unterzeichnete Einigungsvertrag,277 welcher selbst den Wortlaut „Beitritt“ wählt. Auch sehen Art. 11, 12 des Vertrags vor, dass die von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen völkerrechtlichen Verträge für das Gebiet der ehemaligen DDR gelten sollen, während hinsichtlich der von der DDR geschlossenen völkerrechtlichen Verträge deren Fortgeltung, Anpassung oder Erlöschen explizit geregelt werden sollen. Nach Art. 8 des Vertrags i.V.m. Art. 230 ff. EGBGB, erstreckt sich die Privatrechtsordnung der Bundesrepublik inklusive des Kollisionsrechts auf das Gebiet der ehemaligen DDR. Das Merkmal der Staatsangehörigkeit lässt dagegen nicht auf eine Inkorporation aufgrund der deutsch-deutschen Besonderheiten schließen. So waren aus Sicht der Bundesrepublik die Staatsangehörigen der DDR bereits gesamtdeutsche Staatsangehörige278 – eines Wechsels der Staatsangehörigkeit nach der Wiedervereinigung bedurfte es deshalb nicht. (4) Separation bzw. Sezession Die vierte Untergruppe bildet die sog. Separation bzw. Sezession.279 Dabei findet eine Ausgliederung eines Teils eines Staatsgebiets statt, welches zu einem eigenen, souveränen Staat wird. Dies kann mit Einverständnis des Gesamtstaates (Separation) oder gegen dessen Willen (Sezession) erfolgen. Entscheidend ist jeweils, dass die Staatsgewalt auf dem abgespaltenen Gebiet nun nicht mehr von dem Vorgängerstaat, sondern von dem Nachfolgestaat ausgeübt wird. Dies zeigt sich z.B. durch eine veränderte Staatsangehörigkeit des Staatsvolks auf dem separierten Gebiet. Keinen Indikator stellt dagegen die Fortgeltung völkerrechtlicher Verträge dar, da in der völkerrechtlichen Praxis individuelle Vereinbarungen maßgeblich sind, sodass nicht auf eine sich hieraus ergebende allgemeine Unterscheidung zwischen Separationen bzw. Sezessionen und Dismembrationen geschlossen werden kann. Ebenso ist auch hier eine (Nicht-)Änderung der Privatrechtsordnung auf dem entsprechenden Gebiet kein Anhaltspunkt, da auch zwei verschiedene Staaten die gleiche Privatrechtsordnung besitzen können – jedenfalls im Ausgangspunkt. Beispiele, welche zu einer Separation bzw. Sezession führen würden, wären die Unabhängigkeitsbestrebungen von Katalonien und Schottland. Histori277 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland, BGBl. 1990 II, 1318ff. 278 BVerfG, Ent. v. 21.10.1987 (BvR 373/83), NJW 1988, 1313. 279 Siehe hierzu im Völkerrecht S. 23ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

sches Beispiel für eine Sezession ist diejenige von Bangladesch. Dieses erklärte am 25.03.1971 seine Unabhängigkeit von Pakistan. Art. 6 der Verfassung von Bangladesch vom 04.11.1972 sowie die Verordnung des Präsidenten Nr. 149 vom 15.12.1972 regeln die Staatsangehörigkeit der Einwohner von Bangladesch. Danach sind u.a. diejenigen Bangladeschis, welche am Tag vor der Unabhängigkeit auf dem Staatsgebiet ihren ständigen Wohnsitz haben und diesen beibehalten.280 Das Schicksal der Privatrechtsordnung gibt auch hier wiederum keinen Aufschluss über den Sukzessionsvorgang. So hat Bangladesch das bisherige, pakistanische Recht zunächst übernommen.281 (5) Dismembration Die fünfte und letzte Konstellation stellt die Dismembration dar.282 Hierbei entstehen aus einem (Vorgänger-)Staat auf dessen Territorium mehrere neue Staaten. Kennzeichnend ist auch hier eine Änderung der Staatsgewalt. Diese geht nun hinsichtlich des gesamten Gebiets von den neuen, souveränen Staaten aus – die Nachfolgestaaten sind somit mit keinem der Vorgängerstaaten identisch im engeren Sinn. Als Abgrenzungskriterien zur Separation bzw. Sezession für die international-privatrechtliche Beurteilung ist auch hier die kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn entscheidend. Dabei kann auch hier wiederum auf das Merkmal der Staatsangehörigkeit, welche sich für die Staatsvölker der Nachfolgestaaten und in diesem Fall auch für alle Staatsangehörigen der Vorgängerstaaten ändert, zurückgegriffen werden. Dagegen kann der Umgang mit völkerrechtlichen Verträgen kein taugliches Merkmal sein, da aufgrund der Maßgeblichkeit individueller Vereinbarungen keine Abgrenzung zu Separationen bzw. Sezessionen möglich ist. Selbiges gilt wiederum auch für die (fehlende) Identität der Privatrechtsordnung im Verhältnis zum Vorgängerstaat. So ist es möglich, dass die Nachfolgestaaten die ehemalige Privatrechtsordnung beibehalten, insbesondere, wenn zuvor bereits eine Spaltung in Teilrechtsordnungen bestand. Umgekehrt kann sich ein Staat, von welchem sich ein Teil abgespalten hat, in diesem Zusammenhang aufgrund rein intertemporaler Vorgänge eine neue Privatrechtsordnung geben. Historisches Beispiel ist an dieser Stelle der Zerfall der ehemaligen Tschechoslowakei. Prägendes Regelwerk hierzu war das Verfassungsgesetz über den Untergang der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik, das von der Föderalen Versammlung der Tschechoslowakei am 25.11.1992 verabschiedet wurde. In dessen Art. 1 Abs. 1 wird festgestellt, dass mit der 280

Vgl. Weishaupt, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bangladesch (142. Lieferung), S. 7f. 281 Weishaupt, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bangladesch (142. Lieferung), S. 15. 282 Siehe hierzu im Völkerrecht S. 27ff.

B. Einordnung im IPR

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Vollendung des 31.12.1992 die Tschechische und Slowakische Föderative Republik aufgelöst wird. Als ihre Nachfolgestaaten werden in Art. 1 Abs. 2 die Tschechische Republik und die Slowakische Republik bezeichnet.283 Staatsangehöriger der Slowakischen Republik ist nach Art. 2 und 3 des Gesetzes Nr. 40 über die Staatsangehörigkeit der Slowakischen Republik jeder, der am 31.12.1992 die slowakische Staatsangehörigkeit nach dem Gesetz des Slowakischen Nationalrates Nr. 206/1968 besaß oder nur Staatsbürger der CSFR war und die Staatsbürgerschaft durch Optionsdeklaration erwirbt.284 Ähnliches sah auch die Tschechische Republik in Art. 12 des Gesetzes Nr. 40 vom 29.12.1992 vor. Danach sind natürliche Personen, die am 31.12.1992 Staatsbürger der Tschechischen Republik und gleichzeitig Staatsbürger der CSFR waren, ab 01.01.1993 Staatsbürger der Tschechischen Republik geworden.285 Hinsichtlich der von der CSFR gezeichneten völkerrechtlichen Verträge gelten diese in den Nachfolgestaaten fort, es sei denn die Verträge beziehen sich auf ein Territorium, welches nicht auf dem Gebiet des jeweiligen Nachfolgestaates liegt. 286 Auch hier zeigt sich wiederum, dass (Nicht)Änderungen der Privatrechtsordnung keinerlei Indizwirkung zukommt. So regelte Art. 1 Abs. 1 des Verfassungsgesetzes des Tschechischen Nationalrates Nr. 4, dass sämtliche Rechtsvorschriften, die am Tag des Untergangs der CSFR in Kraft waren, grundsätzlich für die Tschechische Republik gültig bleiben.287 Selbiges sah die Verfassung der Slowakischen Republik in ihrem Art. 152 Abs. 1 vor.288 c) Maßgeblicher Zeitpunkt der Sukzession Da jede kollisionsrechtliche Anknüpfung zu einem gewissen Zeitpunkt erfolgt, muss – wie auch im Völkerrecht289 – im Internationalen Privatrecht der Zeitpunkt einer Staatensukzession bestimmt werden können. Begriffsnotwendig ist dieser Zeitpunkt derjenige, zu welchem auf einem Gebiet ein Staat durch einen anderen Staat ersetzt wird. Auch wenn eine Sukzession tatsächlich ein langwieriger politischer Prozess ist,290 hat das Völkerrecht im Rah283

Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 693. Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 701. 285 Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 710. 286 Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 697f.; Mikulka, in: Mrak, Succession of states, S. 109ff. 287 Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 696ff.; zu den Ausnahmen vgl. ebenda. 288 Vgl. Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 698. 289 Vgl. hierzu S. 10ff. 290 Vgl. als Beispiel die politisch instabile Lage in der Ukraine vor der Annexion der Krim sowie die historischen Verbindungen zu Russland Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, S. 335, 349, 351f. oder auch die unsichere Lage sowie die Verhandlungen über Autonomie des Südens des Sudans nach dem Sezessionskrieg und vor der Unabhängigkeit, Rolandsen/Daly, A history of South Sudan, S. 133ff. 284

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

men des Zerfalls Jugoslawiens durch die als Schiedskommission eingesetzte sog. Badinter-Kommission Anhaltspunkte entwickelt, um den Sukzessionszeitpunkt festzulegen. Diese stellte dabei zum einen auf den subjektiven Willen der beteiligten Staaten und zum anderen objektiv auf den Abbruch der institutionellen Bindungen ab.291 Auch an dieser Stelle ist wiederum eine Grundorientierung des Kollisionsrechts am Völkerrecht angezeigt, jedoch muss eine Anpassung an die spezifischen Interessen und Zielrichtungen des Internationalen Privatrechts erfolgen. Während das Internationale Privatrecht ebenfalls dem subjektiven Willen der beteiligten Staaten, z.B. als Indikator zur Bestimmung der Staatsidentität, 292 ein hohes Gewicht einräumt, ist das objektive Kriterium des Abbruchs der institutionellen Bindungen nicht zielführend. So kann dieses weder über die Dismembration hinaus auf andere Fallgruppen der Sukzession übertragen werden, noch sind institutionelle Bindungen für das Internationale Privatrecht maßgeblich. Verbindet man die obige Definition der Staatennachfolge als ein Ersetzen eines Staates durch einen anderen auf einem bestimmten Gebiet mit den Überlegungen zur Staatsidentität im engeren Sinn, ist eine Staatensukzession dadurch gekennzeichnet, dass in dem betroffenen Gebiet Vorgänger- und Nachfolgestaat nicht identisch im engeren Sinn sind. Damit lässt sich – auch wenn die beteiligten Staaten keine diesbezügliche Regelung in ihrem Sukzessionsvertrag treffen – auch objektiv anhand der faktischen Änderung der Indikatoren zur Bestimmung der Staatsidentität im engeren Sinn auch der Zeitpunkt der Sukzession feststellen, so z.B. bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit des Staatsvolks. Diese Methode wird auch der Interessenlage des Internationalen Privatrechts gerecht. So soll das geeignetste Recht bestimmt werden,293 also das Recht an dem sich die Beteiligten orientieren. 294 Ob das gesetzte Recht von einer anderen Staatsgewalt als bisher bestimmt wird, zeigt sich nach außen insbesondere durch das gelebte Selbstverständnis des Nachfolgestaates. Da für die kollisionsrechtliche Sicht politische Interessen außer Betracht bleiben und Drittstaaten nicht schutzbedürftig sind, kann die Bestimmung des Nachfolgezeitpunktes in diesem Kontext auch vom Selbstverständnis der beteiligten Staaten ausgehen, solange dieses für die beteiligten Privatrechtssubjekte erkennbar ist. Zur Bestimmung der jeweiligen Fallgruppe der Sukzession ist hingegen stets eine Gesamtbetrachtung notwendig. Die Ermittlung der jeweiligen Konstellation ist dabei nicht immer leicht zu bestimmen, da eine Staatensukzession oft ein langwieriger politischer Prozess ist. 295 Maßgeblich für die 291 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 248. 292 Vgl. hierzu S. 47ff. 293 Vgl. Fn. 165. 294 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I. 295 Vgl. Fn. 290.

B. Einordnung im IPR

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Gesamtbetrachtung ist immer eine Orientierung an dem tatsächlichen und zeitlichen Verlauf, den Zielen und dem Selbstverständnis der beteiligten Staaten.296 Auf diese Weise wird auch Rechtssicherheit geschaffen, da die Anzahl der vorliegenden Sukzessionen auf eine reduziert wird und folglich auch nur die Besonderheiten einer Fallgruppe in der kollisionsrechtlichen Prüfung berücksichtigt werden müssen. Würde man so z.B. die einzelnen Unabhängigkeitserklärungen der früheren Teilstaaten Jugoslawiens separat betrachten, könnte man jeweils auch von einer Sezession mit lediglich letztendlicher Dismembration ausgehen. Berücksichtigt man hingegen die Interessen des Kollisionsrechts, ist eine Gesamtbetrachtung angezeigt; folglich ist von einer Dismembration auszugehen. Damit geht jedoch, über die Bestimmung der Fallgruppe hinaus, nicht zwangsläufig auch eine zeitliche Gesamtbetrachtung einher. So wurde z.B. im Rahmen der Dismembration Jugoslawiens für jeden Staat ein eigener Sukzessionszeitpunkt festgeschrieben. 297 Diese individuelle Beurteilung im Völkerrecht sollte auch für die nachfolgende kollisionsrechtliche Betrachtung des Sukzessionszeitpunktes298 gelten, da nur so eine Orientierung der Beteiligten am tatsächlichen Geschehen möglich ist, was wiederum Rechtssicherheit schafft. III. Synthese Das Internationale Privatrecht ist mit dem Völkerrecht auf vielfache Weise verbunden. So nutzt das Kollisionsrecht Begriffe des Völkerrechts, sodass sich zunächst rein völkerrechtliche Vorgänge, wie z.B. die Staatensukzession, auch auf das Kollisionsrecht auswirken. Dabei sieht das Völkerrecht jedoch keine das Internationale Privatrecht bindenden Vorschriften vor. Auch sollte sich das Kollisionsrecht aufgrund der unterschiedlichen Ausgangspunkte und Interessenlagen nicht gänzlich am Völkerrecht orientieren. Aus diesem Grund ist ein eigener kollisionsrechtlicher Staatsbegriff zugrunde zu legen. Dieser lehnt sich an die völkerrechtliche Drei-Elemente-Lehre an – mit dem maßgeblichen Unterschied, dass der kollisionsrechtliche Drei-Elemente-Begriff das Erfordernis der Kontinuität nicht kennt. Auch bestimmt sich der Begriff unabhängig von der Völkerrechtmäßigkeit der Staatsgewalt und der Anerkennung durch andere Staaten. Bei der Definition und Unterteilung der Staatensukzession erfolgt ebenfalls eine Orientierung am Völkerrecht. So liegt im 296

So wird das schrittweise Zerfallen Jugoslawiens als Dismembration eingestuft und nicht als mehrere Abspaltungen, vgl. hierzu Heintschel v. Heinegg, Casebook Völkerrecht, S. 42; Opinion No. 1 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1992, 1494, 1524; ebenso wird die Sezession und anschließende Inkorporation der Krim als Teilannexion gewertet, vgl. hierzu im Völkerrecht bereits Fn. 63. 297 Vgl. Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1588. 298 Vgl. hierzu S. 105ff.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Kollisionsrecht eine Staatensukzession begrifflich vor, wenn ein Staat durch einen anderen auf einem bestimmten Gebiet ersetzt wird. Dabei schließt das Internationale Privatrecht auch völkerrechtswidrige Sukzessionen, wie z.B. eine Annexion, ein. Entsprechend den Fallgruppen im Völkerrecht, in welchen sich die Gebietshoheit ändert, kann auch im Kollisionsrecht zwischen fünf theoretischen Fallgruppen abgegrenzt werden: der Zession bzw. Teilannexion, der Fusion, der Inkorporation bzw. Vollannexion, der Separation bzw. Sezession und der Dismembration. Hinsichtlich der Bestimmung der Staatsidentität muss das Kollisionsrecht ebenfalls seine Wertungen und Zielsetzungen beachten. So bildet das Internationale Privatrecht neben der kollisionsrechtlichen Identität im engeren Sinn, welche sich am Völkerrecht orientiert, eine zweite Kategorie der Identität im weiteren Sinn, welche ausschließlich der Zuordnung von Vorgängerstaaten zu einem Nachfolgestaat dient.

C. Dogmatische Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

Besteht nun Klarheit darüber, wann im kollisionsrechtlichen Sinn von einer Staatensukzession gesprochen wird und welche Fallgruppen bestehen, stellt sich im Anschluss die Frage, wie sich die sukzessionsbedingte Kollision, also die Suche nach dem anwendbaren Recht in der Verflechtung von grenzüberschreitendem Sachverhalt und Staatensukzession, in das Gefüge aus Internationalem Privatrecht und Intertemporalem Privatrecht dogmatisch einordnen lässt. Während es Aufgabe des Internationalen Privatrechts ist, rein örtliche Konflikte zwischen Rechtsnormen verschiedener Normgeber zum gleichen Zeitpunkt zu lösen, soll das Intertemporale Privatrecht rein zeitliche Konflikte von Rechtsnormen eines Normgebers zu unterschiedlichen Zeitpunkten lösen. Die Staatensukzession hingegen enthält sowohl eine räumliche als auch eine zeitliche Komponente:299 Das Ersetzen der Staatsgewalt eines Staates durch diejenige eines anderen Staates in einem bestimmten territorialen Gebiet führt zur Kollision zweier oder mehr Rechtsordnungen verschiedener Hoheitsträger zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Um die sich daraus ergebenden und bereits angedeuteten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts in durch Sukzessionen bedingten Fallgestaltungen zu lösen bzw. die Mechanismen hierzu zu entwickeln und festzustellen, ist zunächst die Rechtsnatur der sukzessionsbedingten Kollision zu klären.300

299 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 283f. 300 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 283.

C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

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I. Intertemporales Recht Um diese Einordnung treffen zu können, muss zunächst der Begriff des intertemporalen Rechts kurz erläutert werden. 1. Begriff und Beschreibung Dieses soll die zeitliche Kollision von Rechtsnormen ein und derselben Rechtsordnung lösen. Jene Kollision kann dabei sowohl auf Ebene des Sachrechts als auch auf Ebene des Kollisionsrechts auftreten; in letzterem Fall spricht man von intertemporalem Internationalen Privatrecht.301 Weder das nationale noch das internationale Recht halten allgemeingültige gesetzliche Bestimmungen bereit, wie in Fällen einer intertemporalen Kollision zu verfahren ist.302 Deshalb ist zunächst auf spezielle Übergangsbestimmungen zurückzugreifen, welche neue Regelungen begleiten, z.B. Art. 220 EGBGB als Übergangsvorschrift zum Gesetz vom 25.07.1986 zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts. Erst, wenn es keine solche Regelung gibt, kommen allgemeine, aus dem Kanon solcher Übergangsregelungen entwickelte Grundsätze zur Anwendung.303 Dabei ist regelmäßig das Interesse an der sofortigen Durchsetzung der neuen, an eine veränderte Lebenswirklichkeit angepassten Regelung mit dem Bestandsschutz sowie dem Vertrauensschutz als Ausprägung des Rückwirkungsverbots in Einklang zu bringen. 304 2. Allgemeine Grundsätze a) Materielles Recht Den Ausgangspunkt zur Ermittlung des zeitlich anwendbaren Rechts bildet die lex praesens,305 welche dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori306 folgend das bisherige Recht verdrängt. Auch wenn die intertemporalen Kollisionsnormen des EGBGB nur Einzelfälle regeln, z.B. Art. 153ff. EGBGB zu speziellen Fragestellungen anlässlich des Inkrafttretens des BGB 1900 oder Art. 229 §§ 5–7 EGBGB anlässlich der Modernisierung des Schuldrechts 2002, lassen sich folgende allgemeine Grundsätze feststellen. Direkt aus der Abwägung des Interesses an einer sofortigen Durchsetzung des neuen Rechts mit dem Vertrauensschutz ergibt sich der Grundsatz der lex temporis actus. Dieser sieht die Gleichzeitigkeit von dem zu beurteilenden 301

Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 2; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 10. 302 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 2. 303 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 2; Hohloch, in: Erman, Art. 220 EGBGB, Rn. 1. 304 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 3. 305 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 56, 518. 306 Vgl. zur Rechtsnatur des Grundsatzes Vranes, ZaÖRV 2005, 391.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Vorgang und dem zughörigen Bewertungsmaßstab vor.307 Konkretisiert wird dieses Prinzip durch das verfassungsrechtlich verankerte Rückwirkungsverbot.308 Daraus folgt u.a., dass ein abgeschlossener Sachverhalt, d.h. ein Sachverhalt, welcher bereits Rechtsfolgen hervorgebracht hat, altem Recht unterliegt und in der Regel nicht durch ein neues Gesetz geändert werden darf. 309 Überträgt man diese Grundsätze auf Dauerrechtsverhältnisse, führt dies zu einer Durchbrechung der Einheitlichkeit des temporalen Status. Dennoch hat sich hier dem Grundsatz der lex temporis actus entsprechend die wandelbare Anknüpfung durchgesetzt. So sehen im Schuldrecht Art. 171ff. EGBGB oder Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB vor, dass Dauerschuldverhältnisse, welche unter altem Recht geschlossen wurden, diesem nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt nach Inkrafttreten des neuen Rechts unterliegen. Anschließend gelten die neuen Bestimmungen.310 Selbiger Grundsatz der Wandelbarkeit gilt auch für das materielle Güterrecht.311 b) Kollisionsrecht Für den Sonderfall der intertemporalen Kollision von Normen des Internationalen Privatrechts, also von Vorschriften, die die Kollision in örtlicher Hinsicht regeln, gibt es ebenfalls keine allgemein formulierte Gesetzesregelung.312 Jedoch werden die Grundsätze des anlässlich der Reform des Internationalen Privatrechts von 1986 geschaffenen Art. 220 EGBGB auf andere Fälle des autonomen Kollisionsrechts übertragen. 313 Zahlreichen materiellen Übergangsregelungen entsprechend gilt auch im Kollisionsrecht der Grundsatz der Nichtrückwirkung, um den Vertrauensschutz der Beteiligten zu gewährleisten.314

307

Broggini, in: Gutzwiller, Schweizerisches Privatrecht, S. 367; Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 366; kritisch hierzu Pieroth, Rückwirkung und Übergangsrecht, S. 114ff. 308 BVerfG, Ent. v. 19.12.1961 (2 BvL 6/59), NJW 1962, 291; Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 367. 309 Vgl. hierzu und zu den Ausnahmen BVerfG, Ent. v. 19.12.1961 (2 BvL 6/59), NJW 1962, 291; Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 220f. 310 Dörner/Staudinger, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 192. 311 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 198ff.; anders noch die Übergangsregelung des Art. 200 EGBGB zum Inkrafttreten des BGB. Die darauffolgenden Übergangsregelungen, wie z.B. Art. 8 Abs. 1 Nr. 3 GleichberG von 1958 gehen jedoch von der Wandelbarkeit aus. 312 Siehe oben Fn. 302. 313 Zur intertemporalen Kollision von autonomen Regelungen und Staatsverträgen bzw. Staatsverträgen untereinander vgl. Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 448f. 314 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 3ff.; Hohloch, in: Erman, Art. 220 EGBGB, Rn. 3; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 12.

C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

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Dieses Prinzip findet seinen Ausdruck in Art. 220 Abs. 1 EGBGB, nach welchem das bisherige Internationale Privatrecht auf abgeschlossene Vorgänge weiterhin anwendbar ist.315 Allerdings ist umstritten, was unter einem abgeschlossenen Vorgang zu verstehen ist. 316 Nach der sog. kollisionsrechtlichen Auslegung ist ein Vorgang dann abgeschlossen, wenn der in einer Kollisionsnorm enthaltene Anknüpfungstatbestand vor dem Stichtag ein bestimmtes Sachrecht unwandelbar festgelegt hat. 317 Dies wird u.a. mit der kollisionsrechtlichen Natur der Übergangsregelung begründet. Nach einem materiellrechtlichen Begriffsverständnis soll das bisherige Kollisionsrecht nach dem Stichtag beibehalten werden, wenn das kollisionsrechtlich berufene Statut bereits materielle Rechtsfolgen ausgelöst hat. 318 Nur so könne der Schutz privater Kontinuitätsinteressen vollständig gewährleistet werden.319 Folglich ist richtigerweise – um den Vorgaben des Verfassungsrechts gerecht zu werden – in Kauf zu nehmen, dass auf materielles Recht zurückgegriffen werden muss, das mit den kollisionsrechtlichen Vorschriften eigentlich erst noch zu bestimmen ist.320

315

Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 451. 316 Vgl. zu diesem Streit ausführlich Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 10ff. 317 BGH, Ent. v. 18.03.1987 (IVb ZR 21/86), NJW 1987, 2296; BGH, Ent. v. 13.07.1988 (IV b ZR 77/87), NJW-RR 1989, 707; BGH, Ent. v. 18.10.1989 (IVb ZR 76/88), NJW 1990, 636, 637; BGH, Ent. v. 07.11.1990 (XII ZR 120/89), NJW-RR 1991, 386; BGH, Ent. v. 07.04.1993 (XII ZR 266/91), NJW 1993, 2305; BGH, Ent. v. 11.05.1994 (XII ZR 7/93), NJW 1994, 2360; Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 246; Hohloch, in: Erman, Art. 220 EGBGB, Rn. 5; Hohloch, JuS 1989, 81, 84; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 194; Thorn, in: Palandt, Art. 220 EGBGB, Rn. 2 mit jeweils weiteren Argumenten und Nachweisen. 318 Dörner, DNotZ 1988, 67, 75; Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 20; Dörner, in: Gottwald, Festschrift für Dieter Henrich zum 70. Geburtstag, S. 129; Dörner/Kötters, IPRax 1991, 39, 40; Henrich, StAZ 1988, 29, 33; Hepting, StAZ 1987, 188, 189; Hepting, IPRax 1988, 153, 154; Kaum, IPRax 1987, 280, 280ff.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VII 2 b; Rauscher, IPRax 1987, 137, 138; Rauscher, IPRax 1989, 224, 225; v. Sachsen Gesaphe, IPRax 1991, 107, 107; Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 452 mit jeweils weiteren Argumenten und Nachweisen. 319 Dörner, DNotZ 1988, 67, 76f.; Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 19. 320 Die praktische Bedeutung dieses Streits ist eher gering, vgl. Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 20.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Im Umkehrschluss findet auf alle nicht abgeschlossenen Vorgänge bzw. auf neue Sachverhalte ab dem jeweiligen Stichtag das neue Recht Anwendung.321 Für die Wirkungen familienrechtlicher Verhältnisse, also für Dauerrechtsbeziehungen, die keine Statusbegründung enthalten, sieht Art. 220 Abs. 2 EGBGB dem Grundsatz der lex temporis actus322 entsprechend eine Teilung vor. Danach unterliegen die Rechtsfolgen bis zum Stichtag dem bisherigen Recht, nach dem Stichtag dem neuen Recht. Allerdings wird diese Regelung nicht allgemein z.B. auf schuldrechtliche Dauerrechtsbeziehungen übertragen, um das grundgesetzlich geschützte Eigentum der Beteiligten nicht zu verletzen.323 Eine Sonderregelung in Bezug auf die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe enthält aufgrund der Nichtigerklärung des Art. 15 EGBGB a.F. durch das Bundesverfassungsgericht324 Art. 220 Abs. 3 EGBGB. Dieser trifft nicht nur in S. 2 eine rein intertemporale Zuordnung von bestimmten Sachverhalten zum neuen Recht, sondern enthält zudem in S. 1 eine Ersatzkollisionsnorm für die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe, die vor dem Stichtag des 09.04.1983 geschlossen worden ist.325 Damit bestehen sowohl für das materielle Recht als auch für das Kollisionsrecht allgemeine Grundsätze zum Umgang mit intertemporalen Konflikten, welchen u.a. das Grundprinzip der lex temporis actus zugrunde liegt. II. Sukzessionsbedingte Kollisionen Nachdem geklärt ist, was unter intertemporalem Recht zu verstehen ist und wie dieses in seinen Grundzügen funktioniert, kann nun auf die dogmatische Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision aus der Sicht eines Drittstaates eingegangen werden.326 Dabei wird sowohl der Ansatz vertreten, dass es sich bei sukzessionsbedingten Konflikten um (internationale) intertemporale

321 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 30; Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 451. 322 Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 298; Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 455. 323 Hohloch, in: Erman, Art. 220 EGBGB, Rn. 12; Sonnenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 456. 324 BVerfG, Ent. v. 22.02.1983 (1 BvL 17/81), NJW 1983, 1968. 325 Vgl. zum Ganzen S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels. 326 Im Folgenden sollen lediglich internationale Fälle betrachtet werden, da diese die vorliegende Arbeit betreffen. Darüber hinaus soll die Rechtsnatur solcher Konflikte aus der Sicht des Nachfolgestaates dahinstehen.

C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

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Kollisionen handelt (1.) als auch – und nur das kann überzeugen –, dass diese Kollisionen eigener Art sind (2.).327 1. Staatensukzessionen als intertemporale Kollisionen Zunächst könnte man eine sukzessionsbedingte Kollision als rein intertemporale Kollision begreifen.328 Ihre Begründung findet diese These in der Tatsache, dass auf dem verwiesenen Gebiet zunächst ein Vorgängerrecht anwendbar war und anschließend ein Nachfolgerecht. Dies entspreche der Beschreibung einer intertemporalen Kollision.329 Folglich müsste man sukzessionsbedingte Konflikte über die intertemporalen Regelungen des Nachfolgestaates bzw. über die Übergangsregelungen des Gerichtsstaates lösen. 330 Begründet wird dies damit, dass der Nachfolgestaat in dem von der Sukzession betroffenen Gebiet mit dem Souveränitätswechsel die Gesetzgebung des Gebietsvorgängers zumindest für die Vergangenheit übernehme. 331 Eine solche Sichtweise verkennt jedoch die Besonderheit, dass in Sukzessionskonstellationen weder immer die alte Privatrechtsordnung übernommen, noch zwangsläufig eine neue Privatrechtsordnung geschaffen wird. Liegt zum Beispiel eine Separation vor, so kann sich der separierende Staat eine eigene Rechtsordnung schaffen, ohne eine Aussage hinsichtlich der Geltung der Rechtsordnung des Vorgängerstaates für die Vergangenheit zu treffen. Auch wird z.B. im Fall einer Zession oder Teilannexion der Nachfolgestaat regelmäßig ab dem Zeitpunkt des Übergangs sein eigenes Recht auf das neue Gebiet erstrecken.332 Welche Regelungen er für vergangene Sachverhalte trifft, bleibt davon unbe327

Die Einordnung als Unterfall eines Statutenwechsels (Bartin, Principes de droit international privé selon la loi et la jurisprudence françaises, S. 30ff.; Jaksic, IPRax 1999, 118, 118; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 188) stellt keine eigene Variante dar. Vielmehr beschreibt dies eine Folge einer sukzessionsbedingten Kollision und wäre darüber hinaus als Einordnung auch zu pauschal, da ein Statutenwechsel auch durch eine Änderung des innerstaatlichen Kollisionsrechts eintreten kann (Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 187f.) oder durch die Änderung von wandelbaren Anknüpfungsmerkmalen (Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 188). 328 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 284 m.w.N., 294; Gavalda, Les conflits dans le temps en droit international privé, S. 73ff.; Roubier, Le droit transitoire, S. 14; ähnlich Jaksic, IPRax 1999, 118, 119; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 293; wohl auch Bürglen, Das intertemporale Recht im Internationalen Privatrecht, S. 37; vgl. allgemein zu den Theorien zur Rechtsnatur des sukzessionsbedingten Konflikts Rigaux, RdC 1966 I, 350ff. 329 Ähnlich Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 294; Gavalda, Les conflits dans le temps en droit international privé, S. 74. 330 Vgl. hierzu m.w.N. Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 285. 331 Roubier, Le droit transitoire, S. 15. 332 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 286.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

rührt.333 Eine Rezeption des Rechts des Gebietsvorgängers erfolgt regelmäßig jedenfalls nicht automatisch.334 Während man im rein nationalen Kontext noch über diese Einordnung streiten kann, kann dem spätestens bei Hinzutreten eines darüber hinaus gehenden internationalen Kontextes nicht mehr gefolgt werden. Auch die Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision als internationale intertemporale Kollision335 kann nicht überzeugen. Eine solche Aneinanderreihung von räumlicher und anschließend zeitlicher Kollision übersieht die weitergehenden Probleme im internationalen Kontext, die aus dem – gleichzeitigen – Zusammentreffen von örtlicher und zeitlicher Kollision resultieren. Dies wird insbesondere bei einer unwandelbaren Anknüpfung an das Recht eines Staates, welcher in Folge einer Sukzession untergeht, deutlich.336 Verweist das Internationale Privatrecht z.B. durch Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB unwandelbar auf das Recht Jugoslawiens, führt diese Verweisung ab der Dismembration zunächst ins Leere. Intertemporale Vorschriften können in dieser Situation keine Abhilfe schaffen. Die intertemporalen Vorschriften der lex fori sind nicht berufen und bei den intertemporalen Vorschriften Jugoslawiens handelt es sich um totes Recht. Die intertemporalen Vorschriften welches Nachfolgestaates dagegen berufen sind, steht gerade in Frage. Letzteres verdeutlicht zudem, dass sich in der Konstellation einer sukzessionsbedingten Kollision jedenfalls der rechtssetzende Staat ändert. Dies hat zur Folge, dass in örtlicher Hinsicht die Rechtsordnungen zweier oder mehr Staaten, des Vorgänger- und des Nachfolgestaates, anwendbar sein könnten. Dem trägt eine reine Parallele zur intertemporalen Kollision allein nicht ausreichend Rechnung. Eine solche Einordnung wäre vielmehr nur dann angezeigt, wenn man den Staat im Sinn des Internationalen Privatrechts mit seiner Rechtsordnung gleichsetzen würde. So könnte man in der Folge auch die sukzessionsbedingte Kollision mit der intertemporalen Kollision gleichstellen. Folgt man jedoch der obigen Einordnung bzgl. des Staatsbegriffs, 337 ist eine Einordnung als intertemporale Kollision nicht zielführend.

333

Zum Prüfungsumfang der lex fori wegen einer möglichen Rückwirkung, vgl. S 222ff. 334 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 286. 335 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 288. 336 Vgl. zu diesem Fall ausführlich S. 70ff. 337 Vgl. oben S. 38f.

C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

67

2. Sukzessionsbedingte Konflikte als Konflikte eigener Art Vielmehr ist in Fällen mit internationalem Bezug die sukzessionsbedingte Kollision als Konflikt eigener Art zu verorten. 338 Auf diese Art und Weise wird eine Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglicht, die der Rechtsnatur des kumulierten räumlichen und zeitlichen Konflikts Rechnung trägt. Aufgrund des Konflikts verschiedener Hoheitsgewalten finden zwei verschiedene Rechtsordnungen von unterschiedlichen Gesetzgebern zeitlich nacheinander auf demselben geographischen Gebiet Anwendung.339 Durch die Beteiligung mehrerer Hoheitsträger340 sowie den internationalen Kontext ist die dadurch entstehende Kollision sowohl räumlicher als auch zeitlicher Natur und folglich nicht mit einem rein intertemporalen Konflikt gleichzusetzen. Auch wird so der besonderen Interessenlage Rechnung getragen, die sich aus der Janusköpfigkeit der sukzessionsbedingten Kollision ergibt. Während das Intertemporale Privatrecht in weiten Teilen von dem Prinzip der lex temporis actus bestimmt wird, liegt dem Internationalen Privatrecht das Streben nach der Einheitlichkeit der verwiesenen Rechtsordnung zugrunde.341 Diese unterschiedliche Vorgehensweise gebietet, dass die sukzessionsbedingte Kollision nicht pauschal einer anderen Konfliktnatur zugeordnet wird. Vielmehr sollte diese Art der Kollision als Konflikt eigener Art eingeordnet werden, um ihren Besonderheiten auch entsprechend gerecht zu werden.342 Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sukzessionsbedingte Konflikte in ihren Rechtsfolgen Gemeinsamkeiten mit internationalprivatrechtlichen und intertemporalen Kollisionen aufweisen. Sie führen allesamt zu einem Statutenwechsel im weiteren Sinn.343 Darunter versteht man jeden Wechsel der materiell maßgeblichen Rechtsordnung. 344 Im Internationalen Privatrecht ergibt sich der Statutenwechsel (im engeren Sinn) aus einer Änderung des anzuwendenden Rechts aufgrund einer Veränderung der Anknüpfungstatsachen (z.B. der Staatsangehörigkeit oder des gewöhnlichen

338 Bartin, Principes de droit international privé selon la loi et la jurisprudence françaises, S. 30 spricht von „conflits de souverainetés“. 339 Bartin, Principes de droit international privé selon la loi et la jurisprudence françaises, S. 30ff.; Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 290. 340 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 289. 341 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 367. 342 Ähnlich S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44, der in solchen Fällen ebenso von einem Statutenwechsel spricht, den Souveränitätswechsel jedoch auch systematisch anders einordnet. 343 Vgl. zu den gesetzlichen sowie zu den allgemeinen Grundsätzen v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 78ff. 344 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 187.

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2. Kapitel: Begriffsklärung und Einordnung

Aufenthalts).345 Ob dieser Statutenwechsel beachtlich ist, hängt von der Wandelbarkeit bzw. Unwandelbarkeit der jeweiligen Kollisionsnorm ab. Ein Statutenwechsel im Intertemporalen Privatrecht resultiert hingegen aus einer Änderung des materiellen Rechts desselben Hoheitsträgers. Da in diesen Fällen grundsätzlich das neue Recht entscheidet, wie dieser Konflikt zu lösen ist, geht das Intertemporale Privatrecht folglich regelmäßig von der Wandelbarkeit aus.346 Treffen dabei Internationales Privatrecht und Intertemporales Privatrecht in ihren Reinformen aufeinander, löst jedes Kollisionsrecht den Konflikt auf „seiner“ Ebene: Ändert sich lediglich das Kollisionsrecht selbst, so handelt es sich dabei um eine rein intertemporale Kollision, welche das Intertemporale Privatrecht löst. 347 Ändert sich hingegen das materielle Recht eines Drittstaates, auf welchen das Internationale Privatrecht verweist, so bestimmt das Internationale Privatrecht in einem ersten Schritt die anwendbare Rechtsordnung. Das Intertemporale Privatrecht des Staates, auf welchen verwiesen wurde, legt anschließend fest, welche Form dieser Rechtsordnung Anwendung findet.348 Wie auch bei dem Statutenwechsel im engeren Sinn kommt es bei der sukzessionsbedingten Kollision zum Konflikt der Regelungen unterschiedlicher Gesetzgeber. Allerdings wirken diese Hoheitsgewalten auf demselben Gebiet349 nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten. So findet auch keine Änderung der äußeren Tatsachen, an welche angeknüpft wird, statt. Vielmehr verweist exakt dieselbe Anknüpfung auf ein anderes Recht. Dadurch verdeutlicht sich auch die zeitliche statt der örtlichen Komponente der Kollision durch einen Souveränitätswechsel. Darüber hinaus zeigen die erlassenen legislativen Entscheidungen in den unter B.II.2.b)bb) beschriebenen Beispielen, dass solche Fälle nicht wie Statutenwechsel im engeren Sinn behandelt werden sollen.350 So enthalten die Art. 230ff. EGBGB z.B. spezielle Übergangsvorschriften für Statutenwechsel im weiteren Sinn, welche im Rahmen der Inkorporation der DDR durch die BRD entstanden sind. Damit kann die Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision in das System des Internationalen Privatrechts nicht über einen Unterfall des Statutenwechsels im weiteren Sinn hinausgehen.351

345

S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 42. Vgl. S. 61f. 347 Siehe hierzu S. 62ff. 348 Vischer, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 547. 349 Roubier, Rev. D. Int'l Prive 1931, 38-86, 60; a.A. Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 291. 350 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44 m.w.N. 351 Ebenso S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44, der in solchen Fällen von einem Statutenwechsel spricht, den Souveränitätswechsel jedoch auch systematisch anders einordnet. 346

C. Einordnung der sukzessionsbedingten Kollision

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Folglich bestimmt – wie auch beim Aufeinandertreffen von Internationalem Privatrecht und Intertemporalem Privatrecht in ihren Reinformen – zunächst das Internationale Privatrecht der lex fori die Richtung der Verweisung. Findet infolgedessen unter Beachtung der Besonderheiten der sukzessionsbedingten Kollision das Recht des Nachfolgestaates Anwendung, legt dieses fest, inwieweit neues Recht auch auf bereits bestehende Rechtslagen anzuwenden ist. Da vorliegend die Besonderheit aus zeitlichem und örtlichem Element solcher Konflikte beachtet werden muss, sollen deshalb im Folgenden ausgehend von diesen Grundsätzen eigene Lösungsansätze erarbeitet werden, die den zugrundeliegenden Interessen ausreichend gerecht werden können. III. Synthese Im Gegensatz zur örtlichen Zuordnung des Internationalen Privatrechts soll das Intertemporale Privatrecht die zeitliche Kollision von Rechtsnormen ein und derselben Rechtsordnung lösen, um staatliche Durchsetzungsinteressen und widerstreitende privatrechtliche Vertrauensschutzinteressen auszugleichen. Dabei existieren für materiell-rechtliche Normen und kollisionsrechtliche Normen teilweise unterschiedliche Regelungen. Während die Lösung zeitlicher Kollisionen des materiellen Rechts streng dem Prinzip der lex temporis actus folgt, trennt das Intertemporale Privatrecht für das Kollisionsrecht nach Rechtsgebieten. Allgemeiner Beurteilungsmaßstab ist dabei der Begriff des abgeschlossenen Vorgangs. Die Besonderheit der Staatensukzession im Vergleich zu einer rein intertemporalen Kollision liegt dabei in der gleichzeitigen Veränderung des Staatsterritoriums und der damit einhergehenden Änderung der örtlichen Zuordnung. Folglich handelt es sich um mehr als eine bloße Addition aus zeitlicher und örtlicher Kollision. Die Staatensukzession ist als Unterfall eines Statutenwechsels im weiteren Sinn als Kollision eigener Art anzusehen, deren Besonderheiten im Rahmen von Verweisungen, Anknüpfungen und der Anwendung fremden Rechts in dieser Arbeit dargestellt werden sollen.

Kapitel 3

Verweisungen und Staatensukzessionen Muss das Internationale Privatrecht nun im Zuge einer Staatensukzession das anwendbare Recht bestimmen, so stellt sich zunächst die Frage, wie mit Verweisungen umzugehen ist, die auf das von der Staatensukzession betroffene Gebiet ausgesprochen werden. Die Staatensukzession wird dabei regelmäßig einen Statutenwechsel bedingen, wobei das Internationale Privatrecht der lex fori zunächst die Richtung der Verweisung vorgibt.1 Diese hängt dabei maßgeblich von dem Anknüpfungszeitpunkt der Kollisionsnorm ab, sodass zwischen unwandelbaren Anknüpfungen (A.), wandelbaren Anknüpfungen (B.) und den Besonderheiten bei einer subjektiven Anknüpfung (C.) zu unterscheiden ist.

A. Verweisungsrichtung bei unwandelbaren Anknüpfungen A. Unwandelbare Anknüpfungen

Sind der Zeitpunkt, auf den sich die Anknüpfung bezieht und der Beurteilungszeitpunkt nicht identisch, so erfordert eine dazwischentretende Staatensukzession entsprechende Korrekturen. Die bisher in der Literatur am meisten diskutierte Konstellation2 folgt aus einer unwandelbaren Anknüpfung, welche auf das Recht eines Staates verweist, der aufgrund einer Staatensukzession nicht mehr existiert. Um diese Thematik in all seinen Konstellationen zu erfassen und stringent zu lösen, ist zunächst die zugrundeliegende Methodik inklusive der sie tragenden Prinzipien, Wertungen und Interessen zu analysieren (A.I.), bevor anhand der einzelnen Fallgruppen der Sukzession Probleme aufgezeigt und anschließend gelöst werden (A.II.) und schließlich auf thematische Besonderheiten eingegangen wird (A.III.). I. Methodik Den Ausgangspunkt der Untersuchung soll der Grundsatz der Unwandelbarkeit bilden, bevor anschließend auf die dahinterstehenden Prinzipien eingegangen wird.

1 2

Vgl. hierzu S. 67ff. Siehe hierzu S. 92ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

1. Grundsatz der Unwandelbarkeit Eine Kollisionsnorm, deren Anknüpfung auf einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt ist, berücksichtigt allein diejenigen Anknüpfungstatsachen, die in diesem Zeitpunkt bestehen, unabhängig von etwaigen späteren Änderungen. In einem solchen Fall spricht man von einer unwandelbaren Anknüpfung.3 Im Gegensatz zu einer wandelbaren Anknüpfung4 führt eine Änderung der Anknüpfungstatsachen nicht zu einer Änderung des anwendbaren Rechts – der Statutenwechsel bleibt unbeachtlich.5 Vorbehaltlich einer Gesamtverweisung, bei welcher die verwiesene Rechtsordnung eine wandelbare Anknüpfung vorsieht, bleibt es damit bei einer unwandelbaren Anknüpfung grundsätzlich bei der Anwendung derselben Rechtsordnung. 6 Beispiele sind Art. 4 Abs. 1, 2, 19 Abs. 1 Rom I-VO, welcher an den gewöhnlichen Aufenthalt derjenigen Vertragspartei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anknüpft, die die vertragscharakteristische Leistung erbringt, Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO, der an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt von Schädiger und Geschädigtem im Zeitpunkt der unerlaubten Handlung anknüpft, Art. 8 lit. a Rom III-VO, der auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts abstellt oder auch Art. 16 Abs. 2 KSÜ, der den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Zeitpunkt des Abschlusses einer Sorgerechtsvereinbarung für maßgeblich erklärt. 2. Wandelbarkeit des materiellen Rechts Die unwandelbare Verweisung auf das jeweilige Statut bedeutet jedoch nicht gleichzeitig auch die Unwandelbarkeit der sachrechtlichen Vorschriften.7 Die Unterscheidung zwischen Wandelbarkeit und Unwandelbarkeit kann also nicht nur auf Ebene des Internationalen Privatrechts getroffen werden. Auch auf der Ebene des materiellen Rechts lässt sich diese Diskussion führen. a) Grundsatz Ebenso wie das Internationale Privatrecht eine Änderung der Anknüpfungstatsachen beachtet oder nicht beachtet, so kann auch auf der nachfolgenden Ebene eine Änderung des anwendbaren, materiellen Rechts beachtlich oder unbeachtlich sein. Das Internationale Privatrecht geht dabei vom Grundsatz 3

v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 76; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 195; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 40. 4 Vgl. hierzu ausführlich S. 138ff. 5 Vgl. hierzu bereits S. 67ff. 6 Siehe nur Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 196; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 41; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 51; vgl. zu den Ausnahmen S. 77ff. 7 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 41.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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der dynamischen Verweisung aus, also einer Verweisung auf das Sachrecht, das zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechtsanwendung in Kraft ist. 8 Dies schließt die intertemporalen Regelungen des ausländischen Rechts mit ein, 9 da diese Teil der materiellen Normen sind. b) Telos Seine Begründung findet dieser Grundsatz im Zweck des Rechts als Befolgungs- und Beurteilungsregelungen. Danach sollen diejenigen, an die sich die Regelungen richten, sich ihnen gemäß verhalten. Wenn diese Normen zugleich Entscheidungsnormen sind, sollen diejenigen, die über den rechtlichen Konflikt zu entscheiden haben, nach ihnen urteilen. 10 Diese Funktion kann jedoch nur durch geltendes Recht verwirklicht werden. Daran orientieren sich die Beteiligten,11 es gewährt Normenklarheit12 und spiegelt die aktuellen Wertvorstellungen der Gesellschaft wider.13 Eine Ausnahme stellt die in der Literatur diskutierte 14 und auch in der Rechtsprechung vertretene15 sogenannte Versteinerungstheorie dar. Diese wurde im Bereich des Ehegüterrechts für vertriebene oder geflüchtete Ehepartner vertreten. So sollten diese vor Rechtsänderungen in einem Staat ge8 Dies gilt unabhängig davon, welches Kollisionsrecht in intertemporaler Hinsicht angewendet wird. 9 Vgl. nur KG, Ent. v. 10.12.1934 (13 U 1044/34), IPRspr. 1934, Nr. 45; OLG München, Ent. v. 21. 1. 1953 (4 W 1715/52), NJW 1953, 628, 629; OLG Stuttgart, Ent. v. 04.12.1957 (4 U 75/56), NJW 1958, 1972, 1973; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 19.11.1985 (3 UF 294/84), IPRax 1986, 239, 240; OLG Karlsruhe, Ent. v. 16.02.1989 (2 UF 256/86), IPRax 1990, 122, 124; KG, Ent. v. 17.11.2004 (3 UF 52/04), FamRZ 2005, 1676, 1677; OLG Hamm, Ent. v. 16.02.2006 (4 UF 224/05), FamRZ 2006, 1383, 1384; OLG Hamm, Ent. v. 08.10.2009 (I-15 Wx 292/08), MittBayNot 2010, 223, 224; v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 2 Rn. 216; Gebauer, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 224; Hohloch, in: Erman, Art. 15 EGBGB, Rn. 12; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 41; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 49; Neuhaus, RabelsZ 17 (1952), 674, 674f.; Reithmann, DNotZ 1952, 512, 519; Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 54; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB, Rn. 29; Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 63; Thorn, in: Palandt, Art. 15 EGBGB, Rn. 3. 10 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 250. 11 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 39. 12 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 38f. 13 Drath, Grund und Grenzen der Verbindlichkeit des Rechts, S. 20. 14 Ferid, Der Neubürger im internationalen Privatrecht, S. 61f.; Heldrich, FamRZ 1959, 46, 47; Knittel, Geltendes und nicht geltendes Auslandsrecht im Internationalen Privatrecht, S. 63ff. 15 BGH, Ent. v. 21.06.1963 (V ZB 3/63), NJW 1963, 1975, 1976 = BGHZ 40, 32; BayObLG, Ent. v. 17.03.1959 (2 Z 187/1958), BayObLGZ 1959, 89, 102; OLG Hamm, Ent. v. 12.12.1976 (15 W 267/75), NJW 1977, 1591; LG Wuppertal, Ent. v. 02.09.1987 (8 T 20/87), IPRspr. 1987, Nr. 54.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

schützt werden, zu dem sie aufgrund ihrer Flucht oder Vertreibung keine Verbindung mehr hatten. Dies wurde z.B. durch die dauerhafte Anwendung desjenigen Güterrechts erreicht, welches im Augenblick des Statutenwechsels bestand. Heute wird diese Theorie einhellig abgelehnt, 16 da sie eine Anpassung an die sich wandelnden sozialen Gegebenheiten verhindert, zur Anwendung antiquierter Rechtssätze führt17 und den Fortschritt blockiert. 18 Um den bezweckten Schutz der Ehegatten zu erreichen, ist allenfalls – methodisch richtig – eine Korrektur im Rahmen des ordre public vorzunehmen.19 Auch wenn man die Versteinerungstheorie ablehnt, so ist dennoch die Anwendung eines zeitlich nicht mehr geltenden materiellen Rechts denkbar. Eine Möglichkeit stellt hier die sogenannte faktische Versteinerung dar, wenn sich die verwiesene Rechtsordnung nicht mehr weiterentwickelt. 20 Auch kann es dann zu einer Versteinerung kommen, wenn das intertemporale Recht der verwiesenen Rechtsordnung eine entsprechende Regelung zugunsten des zeitlich nicht mehr geltenden Rechts trifft.21 3. Interessen und Prinzipien Während auf materieller Ebene somit allgemein vom Grundsatz der Wandelbarkeit ausgegangen wird, streiten diesbezüglich auf kollisionsrechtlicher Ebene verschiedene, dem Internationalen Privatrecht eigene Interessen und Wertungen.

16 OLG Hamm, Ent. v. 08.10.2009 (I-15 Wx 292/08), MittBayNot 2010, 223, 224; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 192; Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn. 436; Henrich, IPRax 2001, 113, 114; Hohloch, in: Erman, Art. 15 EGBGB, Rn. 12; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 354f.; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 109; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 42; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 60; Neuhaus, RabelsZ 17 (1952), 674, 674f. mit kritischer Auseinandersetzung mit den Thesen zur Begründung der Versteinerungslehre; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB, Rn. 29; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 25; Thorn, in: Palandt, Art. 15 EGBGB, Rn. 3. 17 Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 109; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB, Rn. 29; Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 56; Thorn, in: Palandt, Art. 15 EGBGB, Rn. 3. 18 Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB, Rn. 29. 19 Für das Güterrecht vgl. v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 192; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 61. 20 Dies kann z.B. in einer politisch instabilen Lage durch längerwährende Handlungsunfähigkeit des gesetzgebenden Organs eintreten. 21 Vgl. nur im deutschen Recht die materiellen Regelungen zu abgeschlossenen Vorgängen, wie z.B. Art. 232 § 1 EGBGB.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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a) Rechtssicherheit Zunächst verlangt Gerechtigkeit in formaler Hinsicht Rechtssicherheit. 22 Diese wird durch eindeutige, klare Regeln sowie voraussehbare und berechenbare Entscheidungen verwirklicht.23 Das bewirkt Überprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit, was wiederum zu Gleichbehandlung führt und damit Basis einer gerechten Ordnung ist. 24 Durch die Ausgestaltung einer Kollisionsnorm als unwandelbar wird dem Prinzip der Rechtssicherheit Rechnung getragen.25 So wird zum einen ein jäher, nicht durch Überleitungsvorschriften geregelter Statutenwechsel vermieden.26 Anders verhält es sich dagegen bei der Wandelbarkeit. Je leichter der Anknüpfungspunkt geändert werden kann und je häufiger dies geschieht, desto unvorhersehbarer ist auch die rechtliche Zuordnung eines Sachverhalts.27 So müssten z.B. im Falle einer wandelbaren Anknüpfung des Güterrechts bei dessen endgültiger Auflösung die Aufenthaltsverhältnisse der Ehegatten während der gesamten Ehezeit nachvollzogen werden, um eine güterrechtlich richtige Zuordnung zu gewährleisten.28 Zum anderen werden durch eine unwandelbare Anknüpfung Manipulationen des anwendbaren Rechts vermieden,29 indem eine Umgehung des Gesetzes durch einen arglistigen Wechsel der Anknüpfungstatsachen ausgeschlossen wird. 30 Insbesondere bei der Orientierung des Anknüpfungspunktes an einem Beteiligten (z.B. Art. 15 EGBGB a.F., der in der Fassung bis 1986 an die Staatsangehörigkeit des Mannes anknüpfte)31 kann durch die Unwandelbarkeit eine einseitige Änderung der Anknüpfungstatsachen und damit auch des anwendbaren Rechts vermieden werden.32

22 Siehe nur Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 30; sowie zum Verhältnis von Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit Pieroth, Rückwirkung und Übergangsrecht, S. 65ff. 23 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Art. 20 GG, VII Rn. 51ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 30. 24 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 II 3 c. 25 Gamillscheg, in: Bettermann, Festschrift für Eduard Bötticher, S. 145. 26 Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn. 431; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 195. 27 Ähnlich v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 77, der von der Möglichkeit der Enttäuschung berechtigten Vertrauens spricht. 28 Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 45 mit Verweis auf die Regierungsbegründung, BT-Drs.10/504, 58. 29 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 77. 30 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 195. 31 Gegenwärtig ist im Schuldrecht (Art. 4 Abs. 1 lit. a, b, 19 Abs. 3 Rom I-VO) noch eine einseitige Anknüpfung vorgesehen, die unwandelbar ist. 32 Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 44; Schurig, JZ 1985, 559, 560.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

b) Vertrauensschutz Direkt daran knüpft auch der Gedanke des Vertrauensschutzes33 an. Durch einen Wechsel der Rechtsordnung sollen den Beteiligten nicht subjektive Rechte wieder genommen werden, welche ihnen durch eine andere Rechtsordnung bereits zugesprochen wurden. Vertrauensschutz setzt jedoch voraus, dass die Beteiligten auch auf den Bestand des Rechts vertraut haben und darin vertrauen durften.34 Ob man Laien allgemein die Kenntnis der Existenz des Internationalen Privatrechts und seiner Regelungen unterstellen kann, bleibt allerdings zu bezweifeln.35 Jedoch ist im Internationalen Privatrecht auch das konkrete Vertrauen auf den Erhalt bestehender Rechtspositionen zu schützen.36 Neben dem subjektiven Vertrauen der Beteiligten werden durch den Grundsatz der Unwandelbarkeit zudem auch wohlerworbene Rechte allgemein geschützt, indem eine Änderung des anwendbaren Rechts vermieden wird.37 Beispiele hierfür sind Art. 7 Abs. 2 EGBGB oder Art. 26 Abs. 2 EuErbVO. c) Parteiinteressen Neben diese formalen Aspekte treten die Interessen der Beteiligten, dass dasjenige Recht zur Anwendung kommt, dem sie sich am engsten verbunden fühlen.38 Dies kann sowohl für die Wandelbarkeit als auch für die Unwandelbarkeit streiten. So ist es denkbar, dass die Beteiligten in einem Fall an Kontinuität interessiert sind39 und in einem anderen Fall Interesse an der Anpassung des anwendbaren Rechts entsprechend der geänderten Anknüpfungstatsachen besteht.40 Um den jeweiligen Interessen der Parteien – unabhängig von der Ausgestaltung der Kollisionsnorm – gerecht zu werden, ist auf die Möglichkeit einer Rechtswahl zu verweisen, welche die Parteiautonomie im

33 Vgl. zum Vertrauensschutz im Internationalen Privatrecht nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 3; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 33; sowie zum Vertrauensschutz allgemein Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 20 GG, Rn. 292ff. 34 Vgl. nur Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, § 7 Rn. 65. 35 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 150. 36 Mäsch/Gausing/Peters, IPRax 2017, 49, 53. 37 Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn. 431; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 195; Mörsdorf, in: BeckOKBGB, Art. 15 EGBGB, Rn. 80. 38 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 II 1. 39 Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, S. 70; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 45. 40 Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, S. 66; Schurig, JZ 1985, 559, 562 m.w.N.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Kollisionsrecht ausdrückt.41 So können zum Beispiel sowohl im alten als auch im neuen Ehegüterrecht die Ehepartner von der unwandelbaren Anknüpfung durch Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. bzw. Art. 22 EuGüVO abweichen. An dieser Stelle ist jedoch zu bedenken, dass zum einen nicht immer davon ausgegangen werden kann, dass die Ehegatten um die Rechtswahlmöglichkeit wissen42 bzw. abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet eine solche Rechtswahlmöglichkeit überhaupt besteht. Zum anderen setzt die Rechtswahl die Einigungsfähigkeit der Beteiligten voraus; und gerade in den Fällen, in welchen keine Übereinstimmung erzielt werden kann, muss die Rechtsordnung eine interessensgerechte Lösung bereithalten. 43 d) Verkehrsinteressen Während die Träger der Parteiinteressen aktuell an rechtlichen Vorgängen beteiligt sind, sind die Träger der Verkehrsinteressen potentiell an dem rechtlichen Vorgang beteiligt. 44 Diese werden in der Regel ebenfalls an Kontinuität und Klarheit interessiert sein, 45 sodass sich deren Interessen mit den Überlegungen zur Rechtssicherheit decken. e) Engste Verbindung Das Internationale Privatrecht sucht entsprechend dem Prinzip der engsten Verbindung nach dem Recht, welches kollisionsrechtlich am besten auf den Sachverhalt passt.46 Dabei geht es nicht allein um die räumlich engste Verbindung, sondern um eine Verknüpfung, die sich aus sachlichen und persönlichen Kriterien ergibt. Gesucht wird das in dieser Hinsicht angemessenste Recht, der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses, unabhängig von dessen materiellem Inhalt.47 Dies lässt sich nicht allein durch Ausgestaltung des Anknüpfungspunktes verwirklichen, sondern auch über die zeitliche Komponente der Wandelbarkeit bzw. Unwandelbarkeit. Wird wandelbar angeknüpft,

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Vgl. hierzu, insbesondere im Fall des Dazwischentretens von Staatensukzessionen, S. 150ff. 42 Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, S. 68; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 196. 43 Schurig, JZ 1985, 559, 564. 44 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 II 2. 45 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 2 Rn. 214; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 17; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 45. 46 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25ff.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4; vgl. zum Ganzen auch v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29. 47 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

so ändert sich das anwendbare Recht in unmittelbarer Reaktion auf eine Veränderung der Lebensverhältnisse.48 Die für die Unwandelbarkeit streitende Rechtssicherheit darf kein bloßer Formalismus werden, durch welchen ein Sachverhalt aufgrund des ersten, aber nur kurzzeitig vorhandenen Anknüpfungsmoments einer Rechtsordnung zugewiesen wird, mit welchem die Parteien im Folgenden nichts mehr verbindet, insbesondere nicht bei einem flüchtigen Anknüpfungsmoment wie dem gewöhnlichen Aufenthalt. 49 Um dies zu verhindern, sieht z.B. Art. 26 Abs. 3 EuGüVO unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme vom Grundsatz der Unwandelbarkeit vor.50 In Kombination mit einem leicht änderbaren Anknüpfungspunkt kann eine wandelbare Anknüpfung jedoch auch dazu führen, dass mangels zeitlicher Kontinuität nicht der gesamte Lebenssachverhalt beachtet wird, sondern nur der letzte Abschnitt und so gerade nicht die insgesamt engste Verbindung letztendlich entscheidend ist. 51 Damit zeigt sich, dass je nach Einzelfall die engste Verbindung für und gegen die Unwandelbarkeit streiten kann. Das moderne Internationale Privatrecht sieht die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt als objektive Primäranknüpfung vor.52 Gleichzeitig wird ebendiese in einer globalisierten, schnelllebigen Welt, z.B. aufgrund der Grundfreiheiten innerhalb der Europäischen Union, immer häufiger gewechselt.53 Aus diesem Grund kommt der Rechtssicherheit eine erhöhte Bedeutung zu, um die für den gesamten Sachverhalt engste Verbindung zu ermitteln.

48 Formuliert als Kritikpunkt an der unwandelbaren Anknüpfung Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 46. 49 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 196. 50 Siehe hierzu S. 81f. 51 Ähnliches bedenkend Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, S. 66. 52 Hohloch, in: Erman, Vor. Art. 3 EGBGB, Rn. 39; vgl. nur Art. 4 Abs. 1 lit. a, b, d, e, f, Abs. 2, 5, 6 Abs. 1, 7 Abs. 2 UAbs. 2 Rom I-VO, Art. 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 lit. a Rom IIVO, Art. 8 lit. a, b Rom III-VO, Art. 21 Abs. 1 EuErbVO, Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO/EuPartVO. Ein aktuelles Beispiel ist die Novellierung der Anknüpfung in Art. 14 EGBGB. Durch Art. 2 Nr. 4 Gesetz zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts mit Wirkung ab dem 29.01.2019 knüpft die Kegel’sche Leiter des Art. 14 EGBGB bzgl. der allgemeinen Ehewirkungen primär nicht mehr an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten an, sondern an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. 53 Die Europäische Kommission ging z.B. 2016, als die Güterrechtsordnungen in Kraft getreten sind, von 16 Millionen internationalen Paaren in der EU aus (Europäische Kommission, Klärung des Güterrechts internationaler Paare in Europa: Kommission geht mit 17 Mitgliedstaaten voran, Pressemitteilung v. 02.03.2016, IP/16/449).

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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4. Durchbrechungen Die dargestellten Prinzipien und Wertungen zeigen insbesondere aufgrund ihrer partiellen Disharmonie, dass weder ein starrer Unwandelbarkeitsgrundsatz noch die ständige Wandelbarkeit interessensgerecht sind. Um der Aufgabe des Internationalen Privatrechts, der Suche nach der engsten Verbindung,54 gerecht zu werden, ist vielmehr in den Fällen, in welchen der Gesetzgeber vom Grundsatz der Unwandelbarkeit ausgeht, dieser an gewissen Stellen notwendigerweise zu durchbrechen. Diese Durchbrechungen kann zum einen der Gesetzgeber direkt regeln (a).) oder sie erfolgen aufgrund der Methodik des Internationalen Privatrechts (b).). a) Durch das Gesetz vorgesehene Durchbrechungen aa) Nachträgliche Rechtswahl Wird ein Sachverhalt zunächst – mangels einer Rechtswahlvereinbarung – objektiv unwandelbar angeknüpft und entscheiden sich die Beteiligten dann im Folgenden für eine Rechtswahl, kommt es zu einem Statutenwechsel.55 Abhängig von dem jeweiligen Sachzusammenhang kann die Rechtswahl entweder nur für die Zukunft, also ex nunc, oder auch ex tunc wirken.56 Die Begründung für den Vorrang der Rechtswahl und den damit einhergehenden Statutenwechsel trotz Unwandelbarkeit findet sich in der großen Bedeutung der Parteiautonomie im Kollisionsrecht. Diese gewährleistet sowohl Planungssicherheit als auch Individualität und Flexibilität hinsichtlich der potentiellen Lösungen und ermöglicht eine Selbstzuweisung zu einer Rechtsordnung.57 So sind sich die Parteien im Falle einer solchen Rechtswahl der Existenz und Folgen des Internationalen Privatrechts sowie eines Statutenwechsels bewusst und die Nachteile einer objektiv vorgesehenen wandelbaren Anknüpfung kommen nicht zum Tragen. Das wohl bekannteste und relevanteste Beispiel für eine Durchbrechung stellt Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. dar, um es den Ehepartnern zu ermöglichen, 54

Vgl. nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29ff.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25ff.; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 3; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 1, 4. 55 Vgl. nur Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 63; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 123; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 77. 56 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 45; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 66; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 124; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom IVO, Rn. 78; Reinhart, IPRax 1995, 365, 368; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom IVO, Rn. 32. 57 Mansel, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 261.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

auf Veränderungen der Lebensverhältnisse zu reagieren.58 Kommt es aufgrund einer nachträglichen Rechtswahl zu einer Abweichung von der ursprünglichen objektiven Anknüpfung, so wirkt diese Rechtswahl im Zweifel nur für die Zukunft.59 Nach welchem Recht die Abwicklung des alten Güterstands erfolgt, ist jedoch umstritten.60 Auch Art. 22 EuGüVO/EuPartVO gehen nach ihren Abs. 2 von einer Wirkung ex nunc aus, wobei es den Ehegatten freisteht, eine ex tunc-Wirkung zu vereinbaren. Anders beurteilt sich dies im Vertragsrecht. Weicht eine nachträgliche Rechtswahl nach Art. 3 Rom IVO von der unwandelbaren61 objektiven Anknüpfung ab, so untersteht der gesamte Vertrag im Zweifel ex tunc dem gewählten Recht.62 Gleiches gilt für die außervertraglichen Schuldverhältnisse, die der Rom II-VO unterliegen.63 Folglich wird durch die Zulassung einer Rechtswahl eine faktische Wandelbarkeit geschaffen und somit der Parteiautonomie Vorrang vor der Unwandelbarkeit eingeräumt, ohne dabei die Wertungen der Rechtssicherheit

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Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drs.10/504, 58; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 22, 35. 59 Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn. 491; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 105; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 58. 60 Für eine Abwicklung nach dem alten Statut Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn. 493; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 104; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 58; a.A. Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 120ff. m.w.N. 61 Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 4 Rom I-VO, Rn. 318; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 4 Rom I-VO, Rn. 88. 62 BGH, Ent. v. 22.01.1997 (VIII ZR 339/95), IPRax 1998, 479, 481; OLG Hamm, Ent. v. 30.07.1993 (10 U 174/92), RIW 1993, 940, 940; OLG Köln, Ent. v. 22.02.1994 (22 U 202/93), IPRax 1995, 393, 394; LG Heidelberg, Ent. v. 25.06.2004 (7 O 181/03), IPRax 2005, 42, 43; v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 480; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 45; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 95; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 73; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom IVO, Rn. 23; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 465; Leible, in: NK, Art. 3 Rom IVO, Rn. 66, der nur dann von einer ex tunc Wirkung im Zweifel ausgeht, wenn diese nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags führt; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 78 m.w.N.; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367ff.; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.115; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 29; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 32; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom IVO, Rn. 11; a.A. OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 13.02.1992 (16 U 229/88), IPRax 1992, 314, 317; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 176; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 273. 63 Vgl. nur Rühl, in: BeckOGK, Stand: 01.12.2017, Art. 14 Rom II-VO, Rn. 72; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 14 Rom II-VO, Rn. 4; Wurmnest, in: jurisPK, Art. 14 Rom IIVO, Rn. 36.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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und des Vertrauensschutzes zu vernachlässigen. Gleichzeitig wird so an die engste Verbindung angeknüpft.64 bb) Intertemporale Vorschriften Auch intertemporale Vorschriften können zu einer Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes führen, indem sie bestimmte Konstellationen zeitlich aufspalten und verschiedenen Statuten unterstellen. Beispiel hierfür ist die Anknüpfung gemischt-nationaler Ehen, die zwischen dem 31.03.1953 und dem 09.04.1983 geschlossen wurden. Nach Art. 220 Abs. 3 EGBGB wird der Beurteilungszeitraum der güterrechtlichen Ehewirkungen in zwei Abschnitte gespalten und für beide das Güterrechtsstatut nach unterschiedlichen Kollisionsnormen bestimmt.65 Notwendig wurde die Regelung aufgrund der Lücke, die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.02.198366 über die Verfassungswidrigkeit des Art. 15 Abs. 1, 2 Hs. 1 EGBGB in der damaligen Fassung entstanden ist.67 Zweck der Norm ist es, sowohl dem Parteiwillen Rechnung zu tragen als auch das Vertrauen der Beteiligten zu schützen68 und gleichzeitig Rechtssicherheit zu gewährleisten.69 So gilt für die Zeit zwischen 01.04.1953 und 08.04.1983 eine eigene Anknüpfungsleiter nach Art. 220 Abs. 3 S. 1 EGBGB. Diese soll anstelle der verfassungswidrigen Fassung des Art. 15 EGBGB und in Vorwirkung der ab 09.04.1983 geltenden Fassung des Art. 15 EGBGB Statutenwechsel bis auf die unvermeidbaren Fälle reduzieren.70 Für die Zeit ab dem 09.04.1983 bestimmt sich das anwendbare Ehegüterrecht 64

Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 26; ausführlich zur dogmatischen Begründung der Parteiautonomie Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 296; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 487; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Mansel, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 261ff.; Maultzsch, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht der Europäischen Union, S. 160; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 257. 65 Siehr, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 43. 66 BVerfG, Ent. v. 22.02.1983 (1 BvL 17/81), NJW 1983, 1968. 67 Nach Art. 15 Abs. 1, 2 Hs. 1 EGBGB a.F. war für das eheliche Güterrecht das Recht des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte. Nachdem auch die Vorschriften des Internationalen Privatrechts am Grundgesetz zu messen sind, stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass Art. 15 Abs. 1, 2 Hs. 1 EGBGB a.F. mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar und damit nichtig ist. 68 S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 67. 69 S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 103. 70 S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 55; vgl. auch Lichtenberger, DNotZ 1987, 297, 299.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

nach Art. 15 in der Fassung von 1983, da ab dem Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kein Vertrauensschutz in die alte Anknüpfung bestand.71 Ebenso war offensichtlich, wie eine solche neue, verfassungsgemäße Regelung anzuknüpfen hat. 72 Damit kann auch aufgrund intertemporaler Regelungen wegen einer notwendigen Gesetzesänderung eine Ausnahme vom Grundsatz der Unwandelbarkeit erfolgen. Auch hier soll trotz der Durchbrechung größtmögliche Rechtssicherheit gewährleistet werden, indem durch eine zeitliche Aufspaltung und dem damit zwangsläufig einhergehenden Statutenwechsel dem Vertrauen der Beteiligten entsprechend dem Prinzip der engsten Verbindung Rechnung getragen wird. cc) Direkte Ausnahmen Unter die Einordnung als direkte Ausnahmen vom Grundsatz der Unwandelbarkeit fallen zum einen bestimmte Konstellationen, welche das Gesetz explizit gänzlich abweichend regelt, wie z.B. der Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen nach Art. 15 Abs. 4 EGBGB i.V.m. dem VFGüterstandsG. Danach gilt für Ehegatten, die Vertriebene sind, beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und in einem ausländischen Güterstand leben, der deutsche gesetzliche Güterstand – unabhängig von der Anknüpfung im Zeitpunkt der Eheschließung. Zum anderen gibt es im Wortlaut von unwandelbar anknüpfenden Normen bereits angelegte Ausnahmen, welche bei Hinzutreten weiterer Voraussetzungen eine Abkehr oder Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes vorsehen. Dies kann entweder durch die Anknüpfung an Tatsachen erfolgen, die erst nachträglich eintreten oder über eine Ausnahmeregelung, die unter gewissen Voraussetzungen eine Abkehr vom Grundsatz der Unwandelbarkeit vorsieht. Zweck der Regelung ist auch hier, dass der Vertrauensschutz der Beteiligten und des Rechtsverkehrs geschützt wird, indem an die engste Verbindung (auch in zeitlicher Hinsicht) angeknüpft wird.73 Ein Beispiel für eine Anknüpfung an Tatsachen, die erst nachträglich eintreten, stellt Art. 26 Abs. 1 lit. a i.V.m. Erwg. 49 EuGüVO dar. Dieser knüpft an den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten kurz nach der Eheschließung an. Haben die Ehegatten also zum Zeitpunkt der Eheschließung keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, besteht ein solcher jedoch kurz nach der Eheschließung, so ändert sich das Güterstatut ex

71

Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 92; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 167. 72 Siehr, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 80. 73 Ähnlich Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes über das auf den ehelichen Güterstand anzuwendende Recht, BT-Drs. 5/3242, 3f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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tunc durch eine Verschiebung des Zeitpunktes der Unwandelbarkeit. 74 Auf diese Art und Weise wird der Anknüpfung nach lit. a eine zeitlich größere Bedeutung eingeräumt. Auch sehen Art. 26 Abs. 3 EuGüVO und Art. 26 Abs. 2 EuPartVO eine allgemeine Ausnahmeregelung von der Unwandelbarkeit vor. Danach kann von Abs. 1 lit. a EuGüVO bzw. Abs. 1 EuPartVO abgewichen werden, wenn die Ehegatten bzw. Partner ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat über einen erheblich längeren Zeitraum hatten und die Ehegatten bzw. Partner auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut haben. Allerdings wird an dieser Stelle nicht dem Prinzip der engsten Verbindung gänzlich der Vorrang gegeben, da im Rahmen der EuGüVO nur von Art. 26 Abs. 1 lit. a abgewichen werden kann und beide Verordnungen nur einen Wechsel hin zum Recht des letzten gemeinsamen Aufenthalts zulassen.75 Folge dieser Ausnahme ist, dass das Recht des Staates des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts ab dem Zeitpunkt der Eheschließung/Partnerschaftsbegründung gilt. Sofern ein Ehegatte/Partner damit nicht einverstanden ist, findet das Recht dieses Staates erst ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts dort gemäß Art. 26 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 EuGüVO bzw. Art. 26 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2 EuPartVO Anwendung. Somit kann es auch in diesen Fällen zu einer Teilung des Sachverhalts aufgrund eines Statutenwechsels kommen. Auch andere Rechtsordnungen kennen eine gesetzlich vorgesehene Abweichung vom Unwandelbarkeitsgrundsatz. So sieht Art. 15 schwIPRG vor, dass das verwiesene Recht nicht anzuwenden ist, wenn nach den gesamten Umständen offensichtlich ist, dass der Sachverhalt mit diesem Recht in nur geringem, mit einem anderen Recht jedoch in viel engerem Zusammenhang steht. Diese Regelung findet auch in zeitlicher Hinsicht Anwendung, sodass eine Korrektur des Anknüpfungszeitpunktes vorzunehmen ist, wenn der eigentlich maßgebliche Zeitpunkt rein zufällig erscheint. 76 Auch hier ist Sinn und Zweck die Verwirklichung kollisionsrechtlicher Gerechtigkeit.77 Folglich zeigt sich, dass sich auch die Durchbrechungen, die der Gesetzgeber letztlich selbst geschaffen hat, am Prinzip der engsten Verbindung orientieren. Aufgrund der expliziten Voraussetzungen, insbesondere wegen der Beachtung des Vertrauens der Beteiligten, wird auch in diesen Fällen trotz der Ausnahme von der Unwandelbarkeit Rechtssicherheit gewährleistet.

74 Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen, S. 53; J. Weber, DNotZ 2016, 659, 672. 75 Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen, S. 56; Heiderhoff, IPRax 2018, 1, 6; in diese Richtung ebenfalls Ziereis, NZFam 2019, 237, 240. 76 Girsberger/Gassmann, in: Züricher Kommentar, Art. 15 schwIPRG, Rn. 61. 77 Girsberger/Gassmann, in: Züricher Kommentar, Art. 15 schwIPRG, Rn. 5.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

b) Durch die Methodik des Internationalen Privatrechts veranlasste Durchbrechungen Neben Ausnahmen vom Unwandelbarkeitsgrundsatzes, die das Gesetz selbst vorsieht, treten Durchbrechungen, welche durch die Methodik des Internationalen Privatrechts veranlasst sind. So kann es trotz der in einem Recht festgeschriebenen Unwandelbarkeit zu einer faktischen Wandelbarkeit kommen, wenn eine Gesamtverweisung vorgesehen ist, die auf ein wandelbar anknüpfendes Recht verweist. Ändert sich in einem solchen Fall der Anknüpfungspunkt, kommt es zu einem Statutenwechsel. Dabei ist der Gesamtverweisung der Vorrang vor der strengen Durchsetzung der Unwandelbarkeit einzuräumen.78 Begründet wird dies durch die anderen Durchbrechungen des Unwandelbarkeitsgrundsatzes:79 Ermöglicht das Gesetz z.B. durch die Rechtswahl eine Abweichung von der Unwandelbarkeit, zeigt dies, dass das Unwandelbarkeitsprinzip nicht unumstößlich ist und folglich auch in diesen Konstellationen durchbrochen werden kann. Dazu tritt auch an dieser Stelle das Argument der engsten Verbindung: Durch die Berücksichtigung des renvoi wird nicht nur der internationale Entscheidungseinklang gewahrt. Auch kann es durch die umfassende Beachtung unterschiedlicher Anknüpfungen zu größerer kollisionsrechtlicher Einzelfallgerechtigkeit kommen, 80 welche eine Zuordnung entsprechend der engsten Verbindung gewährleistet. Als Beispiel dient wieder Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB.81 Zu den beschriebenen Ausnahmen kommt es, da insbesondere güterrechtliche Kollisionsnormen zahlreicher anderer Staaten von dem Wandelbarkeitsgrundsatz ausgehen, wie z.B. Polen,82 Rumänien,83 oder die Ukraine84. Ferner gingen auch Bulgarien,85 Italien,86 Schweden87 und die Tschechi78 OLG Hamm, Ent. v. 08.10.2009 (I-15 Wx 292/08), MittBayNot 2010, 223, 224; OLG Düsseldorf, Ent. v. 01.03.2011 (25 Wx 8/11), NJW-RR 2011, 1017, 1019; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 51; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB, Rn. 64; Schurig, JZ 1985, 559, 562; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 21; Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 115; a.A. OLG Nürnberg, Ent. v. 03.03.2011 (9 UF 1390/10), MittBayNot 2011, 337, 338. 79 Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 115. 80 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 4 EGBGB, Rn. 23. 81 Vgl. hinsichtlich eines konkreten Beispiels auch v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 82 Art. 51 Abs. 1 polIPRG; Margonski, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Polen, S. 1007. 83 Art. 2.592 i.V.m. 2.589 rumZGB; Oancea, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Rumänien, S. 1152. 84 Art. 61 Abs. 3, 60 ukrIPRG; Himmelreich, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Ukraine, S. 1141; vgl. zu weiteren Beispielen Hausmann, in: Hausmann/Odersky/Schäuble u.a., Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, § 9 Rn. 66. 85 Art. 79, 40 bulIPRGB; Guedjev, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Bulgarien, 420.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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sche Republik88 vor Inkrafttreten der Europäischen Güterrechtsverordnungen von der Wandelbarkeit des Güterrechtsstatuts aus. Nicht durchgesetzt89 hat sich dagegen die Methode der qualitativen Anpassung der Anknüpfung von Schurig, also einer Durchbrechung der Unwandelbarkeit einer einmal vorgenommenen Anknüpfung für den Fall, dass sich nachträglich eine höhere Stufe auf der Anknüpfungsleiter verwirklicht.90 Durch die Ausgestaltung moderner Kollisionsnormen als Sachnormverweisung91 werden diese Fälle der methodischen Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes seltener. Aber auch hier zeigt sich, dass eine strenge Unwandelbarkeit nicht gewollt ist92 und der Methodik des Internationalen Privatrechts Vorrang einzuräumen ist, um die dem Kollisionsrecht eigenen Wertungen und Interessen zu verwirklichen. 5. Synthese Während es auf Ebene des Internationalen Privatrechts sowohl eine wandelbare als auch eine unwandelbare Anknüpfung gibt, wird heute auf Ebene des materiellen Rechts immer von dessen Wandelbarkeit ausgegangen, d.h. es wird zwingend auf geltendes Recht verwiesen. Jeder Kollisionsnorm dagegen liegt eine Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, ob wandelbar oder unwandelbar anzuknüpfen ist. Dabei streitet für die Unwandelbarkeit insbesondere die Rechtssicherheit. Um jedoch die anderen Interessen des Internationalen Privatrechts ebenfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Anknüpfung an die – auch zeitlich – engste Verbindung, sehen sowohl gesetzliche Regelungen als auch die Methodik des Internationalen Privatrechts Durchbrechungen vor. Die Art und Weise der Ausnahmen reicht dabei von einer faktischen Wandelbarkeit über eine Verschiebung des Zeitpunktes der Unwandelbarkeit hin zu einer Teilung des Sachverhalts mit einem einmaligen Statutenwechsel. II. Auswirkungen von Staatensukzessionen Im Gegensatz zur Wandelbarkeit sind bei einer unwandelbaren Anknüpfung regelmäßig zwei Zeitpunkte berührt, der Zeitpunkt der Anknüpfung und der Zeitpunkt der Beurteilung. Während der Anknüpfungszeitpunkt in der Ver86

Art. 30 Abs. 1 italIPRG; Cubeddu Wiedemann/Wiedemann, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Italien, S. 700. 87 Johansson, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Schweden, S. 1154. 88 § 49 Abs. 3 czIPRG; Ríha/Rombach, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Tschechische Republik, S. 1357. 89 Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 12; Taupitz, NJW 1986, 616, 619f. 90 Schurig, JZ 1985, 559, 562f. 91 Vgl. nur Art. 20 Rom I-VO; Art. 24 Rom II-VO; Art. 11 Rom III-VO; Art. 32 EuGüVO/EuPartVO. 92 Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 51.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

gangenheit liegt, ist der Beurteilungszeitpunkt in der Gegenwart, sodass zwischen diese beiden Zeitpunkte eine Staatensukzession treten kann. In einem solchen Fall ist es möglich, dass – aufgrund des Sukzessionsvorgangs – zu diesen beiden Zeitpunkten jeweils unterschiedliche Staaten an dem Vorgang beteiligt sind, obwohl sich die anknüpfungsrelevanten Merkmale, wie z.B. der gewöhnliche Aufenthalt, nicht verändert haben. Relevanz hat diese Problematik dabei sowohl bei der Beurteilung punktueller Ereignisse, wie z.B. einer Eheschließung nach Art. 13 EGBGB, als auch bei der Betrachtung von Dauerrechtsverhältnissen, wie z.B. des Güterrechts nach Art. 26 EuGüVO. Folge einer solchen Konstellation kann dabei sein, dass die ursprünglich zum Anknüpfungszeitpunkt ausgesprochene Verweisung ins Leere geht, da die Rechtsordnung, auf welche verwiesen wurde, nicht mehr existiert. Auch ist es möglich, dass ein Recht berufen wird, dass zwar noch in Geltung ist, die berufene Rechtsordnung aufgrund der Staatensukzession aber mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt keinerlei Berührungspunkte mehr hat. Zur Lösung der angedeuteten Probleme kann zum einen auf allgemeine Grundsätze (unter 1.) zurückgegriffen werden. Zum anderen basieren die genauen Konstellationen auf den jeweiligen Fallgruppen der Staatensukzession, sodass im Rahmen dieser auch jeweils die Lösung zu suchen ist (unter 2. bis 6.). 1. Allgemeine Grundsätze Dabei kann in bestimmten Konstellationen sowohl auf staatsvertragliche Regelungen zwischen den an der Sukzession beteiligten Staaten (a)) als auch auf allgemeine Grundsätze zur kollisionsrechtlichen Staatsidentität (b)) und Regeln des intertemporalen Rechts (c)) zurückgegriffen werden, die sich auch auf Staatensukzessionen anwenden bzw. übertragen lassen. Alle diese Methoden haben zum Ziel und es ist ihnen gemein, rechtssichere Lösungen zu gewährleisten,93 Kontinuität zu wahren und dem Prinzip der engsten Verbindung zu entsprechen.94 a) Verweisung durch ein vertragliches Regelwerk Besteht ein staatsvertragliches Regelwerk zwischen den beteiligten Staaten, ist zunächst zu prüfen, ob dieses spezielle sukzessionsbedingte Bestimmungen zum Umgang mit Verweisungen auf die Vorgängerrechtsordnung festlegt oder in einem untergeordneten Regelwerk festschreiben lässt. Damit sind Regelungen gemeint wie „Verweise auf die Vorgängerrechtsordnung sind als Verweise auf die Nachfolgerechtsordnung zu verstehen“ oder „Verweise auf die Vorgängerrechtsordnung unterliegen bis zum Zeitpunkt X der Sukzession dieser, danach der Nachfolgerechtsordnung.“ Davon zu unterscheiden sind 93 94

Vgl. hierzu S. 74. Vgl. hierzu S. 76f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Normen, die lediglich das intertemporale Verhältnis verschiedener Kollisionsnormen aufgrund der Sukzession zueinander regeln. In letztere Kategorie fällt z.B. Art. 3 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands i.V.m. Art. 236 EGBGB,95 da diese keine Regelung darüber enthalten, wie mit Verweisungen auf das Recht der ehemaligen DDR umgegangen werden soll. Besteht dagegen eine solche Regelung betreffend den Umgang mit Verweisungen, ist diese entsprechend der Stellung solcher individuellen Regelungen im Völkerrecht als lex specialis vorrangig. Durch die Beachtung von Regelungen, die die Sukzessionsstaaten eigens für eine Verweisung auf das von der Sukzession betroffene Gebiet geschaffen haben, kann gewährleistet werden, dass die ursprünglich ausgesprochene Verweisung der lex fori auf das Gebiet beachtet wird. Gleichzeitig wird – ebenso wie bei der Beachtung eines renvoi – die ausländische Regelung berücksichtigt. Auch aufgrund des Prinzips der Souveränität und der darauf gestützten comitas inter gentium96 sind bei Verweisungen auf ein Gebiet, auf welchem staatsvertraglich vereinbarte sukzessionsbedingte Regelungen gelten, diese vorrangig. Gleichzeitig kommt so die geeignetste Rechtsordnung zur Anwendung,97 die den Sachverhalt geprägt hat. Wird eine Verweisung auf einen Staat ausgesprochen, der durch die Sukzession untergegangen ist, werden durch die Beachtung solcher staatsvertraglichen Regelungen der beteiligten Staaten hinsichtlich der Sukzession Leerverweisungen vermieden. Gleichzeitig wird so eine rechtssichere Lösung erzielt. Bei der Verweisung auf einen Nachfolgestaat findet eine solche Sonderregelung unabhängig von der Art der Verweisung als Sachnormoder Gesamtverweisung Anwendung aufgrund ihres sukzessionsbedingten Charakters und des darin enthaltenen zeitlichen Elements. 98 Zuletzt wird auf diese Weise auch der internationale Entscheidungseinklang 99 gewahrt, da die Verweisungen aller Staaten gleich behandelt werden. 95

Vgl. ausführlich zu Art. 236 EGBGB S. 114ff. Vgl. dazu v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 6 Rn. 31; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 III, § 3 V; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 12f. jeweils mit weiteren Nachweisen. 97 Siehe zu diesem Ziel nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 3, 6f.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 3f.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 1, 4. 98 Vgl. zu der allgemeinen Beachtung intertemporaler Regelungen der lex causae oben S. 67ff. 99 Vgl. hierzu nur Freitag, in: NK, Art. 3 EGBGB, Rn. 18; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 II 3 a; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 36ff.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4; v. Savigny, System des Heutigen Römischen Rechts VIII, S. 27; sowie ausführlich Nietner, Internationaler Entscheidungseinklang im europäischen Kollisionsrecht. 96

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

In diesen Fällen sind die unter b) sowie c) folgenden Grundsätze zum Umgang mit Verweisungen im Rahmen von Staatensukzessionen, wie z.B. mit durch das Kollisionsrecht ausgesprochenen Leerverweisungen, unbeachtlich. b) Verweisung durch kollisionsrechtliche Identität Wird im Rahmen des völkerrechtlichen Vertrags dagegen nur die Sukzession als solche festgeschrieben oder liegt der Sukzession kein begleitender oder maßgebender Vertrag zugrunde, ist die kollisionsrechtliche Identität eines Vorgängerstaates bzw. der Vorgängerstaaten mit dem bzw. einem Nachfolgestaat entscheidend, um die Verweisungsrichtung festzustellen. Eine solche kann sich aus einer kollisionsrechtlichen Identität im engeren Sinn100 ergeben, wenn der/ein Vorgängerstaat mit dem/einem Nachfolgestaat identisch ist. Auch kann eine Identität im weiteren Sinn bestehen: So kann sich eine solche zum einen aufgrund der Sukzessionskonstellation in Form einer Vereinigung ergeben wegen der denknotwendigen Zuordnung des Gebiets der Vorgängerstaaten zu dem Nachfolgestaat.101 Zum anderen kann bei Dismembrationen eine kollisionsrechtliche Identität im weiteren Sinn durch das Fortbestehen einer verwiesenen Teilrechtsordnung bestehen. Maßgeblich dabei ist jedoch die Verweisung im jeweiligen Einzelfall, da nur im Fall einer Verweisung allein durch die lex fori auf die entsprechende Teilrechtsordnung eine solche kollisionsrechtliche Identität im weiteren Sinn vorliegt. 102 In diesen Fällen von Staatensukzessionen, bei welchen Vorgänger- und Nachfolgestaat im weiteren Sinn kollisionsrechtlich identisch sind, ergibt sich eine Parallele zu Konstellationen mit einer Identität im engeren Sinn sowie zu den Fällen einer sog. unechten Staatensukzession. 103 In allen drei Konstellationen kann eine eindeutige Zuordnung eines Nachfolgestaates zu dem bzw. den Vorgängerstaat(en) getroffen werden. Das Internationale Privatrecht hat somit seine Aufgabe erfüllt, die Richtung der Verweisung vorzugeben. 104 Gleichzeitig wird auch auf geltendes Recht verwiesen. 105 Die sich aus unechten Staatensukzessionen ergebenden Konflikte sind mangels Gebietsveränderungen durch das intertemporale Recht zu lösen. Aufgrund der oben beschriebenen Parallelität der kollisionsrechtlichen Identität mit den Fällen der unechten Staatensukzession sowie des Interesses an der Kontinuität der ausgesprochenen Verweisungen,106 findet auch hier grundsätzlich das Recht des Nachfolgestaates Anwendung. Anhand der intertemporalen Vorschriften des 100

Vgl. hierzu S. 47ff. Vgl. hierzu S. 49ff. 102 Vgl. hierzu S. 49ff. 103 Vgl. hierzu S. 10ff. 104 Vgl. zum Begriff S. 10ff. 105 Vgl. hierzu S. 71ff. 106 Busse, IPRax 1998, 155, 159. 101

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Nachfolgestaates ist z.B. zu beurteilen, ob neues Recht auch auf bereits bestehende Rechtslagen anzuwenden ist.107 Einer speziell angepassten Lösung durch spezifische sukzessionsbedingte Grundsätze bedarf es somit nicht. c) Verweisung durch intertemporales Recht Neben diese Fälle treten zudem diejenigen Konstellationen, auf die sich bestimmte, zu intertemporalen Konflikten entwickelte Regeln übertragen lassen. Obwohl Staatensukzessionen aufgrund ihrer örtlichen Komponente einen Konflikt eigener Art darstellen und deshalb grundsätzlich nicht intertemporalen Konflikten gleichgestellt werden können,108 lässt sich dennoch die Regelung des abgeschlossenen Vorgangs von der rein zeitlichen Dimension auch auf die lokal-temporalen Konflikte übertragen. Entsprechend dem Vorgehen bei abgeschlossenen Sachverhalten im intertemporalen Recht 109 soll ein Sachverhalt, welcher bereits Rechtsfolgen hervorgebracht hat, weiterhin altem Recht, also der Vorgängerrechtsordnung, unterliegen. Dies trifft dabei insbesondere auf punktuelle Ereignisse zu, die im Regelfall immer als abgeschlossener Vorgang zu bewerten sind. Aufgrund des verfassungsrechtlich verankerten Rückwirkungsverbots110 muss dies auch für Fälle gelten, in welchen die Vorgängerrechtsordnung im Beurteilungszeitpunkt untergegangen ist. So greift in diesen Fällen nicht nur das Prinzip der Rechtssicherheit111 auf sukzessionsbedingte Konflikte durch. Auch hat der deutsche Gesetzgeber bei der Schaffung von Übergangsnormen im Zuge der Inkorporation der DDR diesen Grundsatz in Art. 236 § 1 EGBGB übernommen. Danach beurteilen sich abgeschlossene Vorgänge nach dem alten Recht bzw. dem Recht des Vorgängerstaates. Um Vertrauensschutz zu gewährleisten, tritt in diesem Fall auch der Grundsatz des Verweises auf geltendes Recht in den Hintergrund. So ist z.B. eine Eheschließung anhand des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts zu beurteilen. Diese Regelungen speziell zum innerdeutschen Umgang mit der Inkorporation der DDR lassen sich dabei auf die vorliegende allgemeine Thematik des Umgangs mit grenzüberschreitenden sukzessionsbedingten Fällen übertragen.

107 Siehe dazu S. 67ff., sowie Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 204; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 683. 108 Vgl. hierzu allgemein S. 64ff. 109 Vgl. hierzu S. 61ff. 110 BVerfG, Ent. v. 19.12.1961 (2 BvL 6/59), NJW 1962, 291; Sonnenberger, Intertemporales Privatrecht, S. 367. 111 Vgl. hierzu allgemein S. 74.

90

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Es besteht ein vertragliches Regelwerk zwischen den beteiligten Staaten, das spezielle intersukzessorale Regelungen festschreibt

ja

Diese finden als lex specialis Anwendung

ja

Das Recht des Nachfolgestaates findet Anwendung

nein Es besteht kollisionsrechtliche Identität der Vorgängerstaaten mit dem Nachfolgestaat Durch: - kollisionsrechtliche Identität i.e.S. - kollisionsrechtliche Identität i.w.S. - Identität durch Zusammenschluss - Identität kraft Fortbestehens der verwiesenen Teilrechtsordnung

Inklusive: - Intertemporaler Vorschriften - Interlokaler Vorschriften

nein Es handelt sich um einen vor der Staatensukzession abgeschlossenen Vorgang

ja

Das Recht des Vorgängerstaates findet Anwendung

nein Es finden die Fallgruppen-spezifischen intersukzessoralen Grundsätze Anwendung Abbildung 6: Entscheidungsregeln

Allerdings decken diese Grundsätze nur bestimmte Fälle ab, sodass insbesondere für nicht abgeschlossene Rechtsverhältnisse im Rahmen von Sukzessionskonstellationen, die nicht staatsvertraglich flankiert wurden oder für die eine Lösung über die kollisionsrechtliche Identität zwischen den beteiligten Staaten gefunden werden kann, Regelungslücken bestehen. Abhängig von der jeweils zugrundeliegenden Sukzessionskonstellation sollen im Folgenden die bereits in der Literatur diskutierten Lösungsansätze aufgezeigt und bewertet werden, bevor anhand der obigen allgemeinen Überlegungen zum Grundsatz der Unwandelbarkeit ein eigener Lösungsansatz entwickelt wird.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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2. Dismembration Begonnen werden soll mit der Fallgruppe der Dismembration als der in der Literatur112 am häufigsten diskutierten Konstellation, zu welcher es auch zahlreiche Gerichtsentscheidungen gibt. 113 Obwohl die Diskussion vor allem im Zuge des Zerfalls Jugoslawiens und der Abwicklung des ehelichen Güterstands bei ehemaligen jugoslawischen Staatsangehörigen gemäß Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. geführt wird, so hat das Problem trotz der Geltung der Europäischen Güterrechtsverordnungen ab 29.01.2019 nicht an Aktualität verloren. Zum einen findet Art. 15, 14 EGBGB a.F. gemäß Art. 229 § 47 EGBGB noch auf Altehen Anwendung. Zum anderen knüpfen Art. 26 EuGüVO/EuPartVO ebenfalls unwandelbar an, wobei deren Ausweichklausel in Abs. 3 bzw. 2 nur im Falle des Vorliegens enger Voraussetzungen greift. a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts Kennzeichen der Dismembration ist das Zerfallen des Vorgängerstaates in mehrere Nachfolgestaaten, von welchen keiner mit dem Vorgängerstaat identisch ist.114 Gemäß den obigen allgemeinen Grundsätzen115 ist zunächst zu klären, ob ein spezielles sukzessionsbedingtes Regelwerk zum Umgang mit solchen Verweisungen besteht. Ist dies nicht der Fall, ist zu fragen, ob ein kollisionsrechtlich identischer Nachfolgestaat besteht. 116 In Fällen der Dismembration kommt weder eine kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn noch eine Identität sui generis in Betracht. Liegt auch keine Identität durch Fortbestehen einer Teilrechtsordnung unter gleichzeitiger Konkretisierung der entsprechenden Verweisung allein durch die lex fori vor (zweiter Fall einer kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn), so ist in einem letzten Schritt zwischen abgeschlossenen Vorgängen einerseits und nicht abgeschlossenen Vorgängen sowie Dauerrechtsverhältnissen andererseits zu un-

112 Vgl. nur Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 246; Andrae, Internationales Familienrecht, § 4 Rn. 238f.; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 51ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 197ff.; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 372. 113 Vgl. OLG Koblenz, Ent. v. 02.12.1993 (11UF1009/92), IPRspr. 1993, Nr. 62; OLG Düsseldorf, Ent. v. 20.12.1994 (1 UF 76/94), FamRZ 1995, 1203; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 25.02.2000 (5 UF 11/99), IPRax 2001, 140; OLG Nürnberg, Ent. v. 03.03.2011 (9 UF 1390/10), MittBayNot 2011, 337; OLG Stuttgart, Ent. v. 09.02.2015 (17 WF 172/14), NJW-RR 2015, 838; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572; AG Böblingen, Ent. v. 16.01.1992 (13 F 599/91), IPRspr. 1992, Nr. 85. 114 Siehe dazu im Völkerrecht S. 27ff. A.II.3.e)so im Kollisionsrecht S. 56f. 115 Vgl. S. 85ff. 116 Vgl. S. 49ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

terscheiden.117 Ist ein Vorgang nicht abgeschlossen bzw. besteht ein Dauerrechtsverhältnis, zielt eine unwandelbare Verweisung, die das Internationale Privatrecht eines Drittstaates auf das Recht des Vorgängerstaates ausspricht, auf das Recht eines untergegangenen Staates. Da der Unwandelbarkeitsgrundsatz nicht auch die Versteinerung materiellen Rechts einschließt, 118 wird auf ein nicht mehr existierendes geltendes Recht verwiesen, sodass diese Verweisung damit faktisch ins Leere geht. Als Beispielsfall, insbesondere auch zur Verdeutlichung der Konsequenzen der dargestellten Lösungsvarianten im Folgenden, soll auch hier die „klassisch“ in diesem Zusammenhang diskutierte Konstellation dienen: 119 Die Beteiligten haben 1960 in Jugoslawien (Teilstaat Kroatien), wo sie auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, als beiderseits jugoslawische, nunmehr kroatische Staatsangehörige die Ehe geschlossen. Nachdem sie seit 1963 im heutigen Slowenien gelebt haben, sind sie 1965/1966 nach Deutschland gezogen und haben seither dort gelebt.120 Möchte man im jetzigen Zeitpunkt das eheliche Güterrecht bestimmen, ist Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB heranzuziehen. Dieser verweist aufgrund der gemeinsamen jugoslawischen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung auf das Recht Jugoslawiens – einen Staat, welcher heute nicht mehr existiert. b) Lösungsmöglichkeiten Um diesen Konflikt zwischen den Grundsätzen der Unwandelbarkeit und der Verweisung auf geltendes Recht zu lösen, bieten sich vielfältige Möglichkeiten. Auch an dieser Stelle ist zunächst festzustellen, dass ein Rückgriff auf die Wertungen des Völkerrechts hinsichtlich der Identität der beteiligten Staaten und des Sukzessionszeitpunkts nicht pauschal möglich ist, da diese von politischen Entscheidungen abhängig sind.121 Vielmehr wirft das Internationale Privatrecht aufgrund seiner Verweisungstechnik eigene Fragestellungen auf, die über jene des Völkerrechts hinausgehen und damit auch eigens beantwortet werden müssen. Im Folgenden sollen die bereits in der Rechtsprechung und Literatur diskutierten Ansätze mittels der oben dargestellten Interessen und Prinzipien be117

Vgl. S. 88f. Siehe hierzu S. 71ff. 119 Auch die folgenden Beispiele werden sich auf den klassischen Themenbereich des ehelichen Güterrechts beschränken, um eine einheitliche Betrachtung zu ermöglichen; auf die Spezifika der anderen Themenbereiche wird S. 121ff. eingagangen. 120 Beispiel nach OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572. 121 Vgl. hierzu bereits S. 47ff. 118

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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wertet werden (aa)) sowie daran anschließend eine neue Lösungsmöglichkeit erarbeitet werden (bb)), die sich durch die oben ausgeführte Methodik der bereits anerkannten bzw. im Gesetz angelegten Durchbrechungen des Unwandelbarkeitsgrundsatzes ergibt. aa) Lösungsansätze in der Literatur (1) Verschiebung des für die Unwandelbarkeit maßgeblichen Zeitpunktes Ein Lösungsansatz sieht dabei vor, den Zeitpunkt der Festlegung der Unwandelbarkeit bei Dauerrechtsverhältnissen auf den Zeitpunkt des Zerfalls des Staates zu verschieben.122 So entspreche dieses Vorgehen dem Zweck der Unwandelbarkeit, nämlich einen Statutenwechsel zu vermeiden. Erst mit dem Zerfall des vormals einheitlichen Staates entstehen mehrere Rechtsordnungen, sodass die Änderung von Anknüpfungstatsachen auch einen Wechsel der maßgeblichen Rechtsordnung zur Folge hat – erst zu diesem Zeitpunkt entstehe also ein Kollisionsproblem.123 Wendet man diese Lösung auf den obigen Beispielsfall an, so beurteilt sich die Unwandelbarkeit im Zeitpunkt des Zerfalls124 Jugoslawiens, hier im Speziellen der Unabhängigkeit Kroatiens am 25.06.1991.125 Zu diesem Zeitpunkt waren die Beteiligten kroatische Staatsangehörige, sodass sich das Güterstatut für den gesamten Zeitraum nach kroatischem Recht bestimmt. Nimmt man dagegen an, dass die Ehegatten im neuen Beurteilungszeitpunkt keine gemeinsame Staatsangehörigkeit hatten, so wäre gemäß Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des Zerfalls abzustellen. Aufgrund der Verschiebung des Zeitpunkts der Unwandelbarkeit würde sich hier das Güterstatut für den gesamten Zeitraum nach deutschem Recht beurteilen, da die Ehegatten seit 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.

122

Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 198, der u.a. auf die gerichtliche Praxis im Verhältnis Indien und Pakistan verweist, welche das domicile of origin nicht zum Zeitpunkt der Geburt, sondern im Zeitpunkt der Teilung Indiens bestimmte; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 303; Neuhaus, JZ 1954, 442, 442f.; so wohl auch KG, IPRspr. 1934, Nr. 45, welches im Falle des Zerfalls des Russischen Kaiserreichs auf die neue Staatsangehörigkeit abstellt, sofern diese aufgrund der Dismembration wechselte und das Anknüpfungssubjekt nun einem Staat angehört, der ein Nachfolgestaat des alten Heimatstaates ist. Auf welchen Zeitpunkt das KG abstellt, bleibt offen. 123 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 198; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 303. 124 Vgl. allgemein hierzu S. 57ff. 125 Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1588.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Diese Abwandlung zeigt bereits einen Nachteil der vorliegenden Lösung auf. So wird auch eine Änderung der Anknüpfungstatsachen berücksichtigt, die über das Sukzessionsgebiet hinausgeht. Damit kommt es in diesen Fällen faktisch auch zu einem Statutenwechsel, den die Lösung eigentlich zu vermeiden suchte.126 Um diesen Einwand zu umgehen, wird in solchen Fällen, in denen vor der Spaltung keine unmittelbare Beziehung mehr zu dem betroffenen Staatsgebiet besteht, oder auch zur Ausschaltung von Zweifeln und Missbräuchen, vorgeschlagen, auf die Verhältnisse vor der Spaltung zurückzugreifen.127 Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch ein solcher Rückgriff nicht zwangsläufig einen unmittelbaren Bezug zu dem betroffenen Staatsgebiet garantiert. Darüber hinaus führe diese Lösung zu einer gewissen Rechtsunsicherheit, da der Zeitpunkt des Zerfalls nicht immer eindeutig bestimmt werden könne.128 Zum anderen kommt es mittelbar doch zu einem Statutenwechsel. So findet zwar das im Zeitpunkt des Statutenwechsels anwendbare Recht für den gesamten Zeitraum Anwendung, allerdings greift diese Verweisung auch erst in jenem Zeitpunkt – davor gilt das Recht, auf welches ursprünglich verwiesen wurde. Damit entsteht auch ein Problem des Vertrauensschutzes. So kann es aufgrund der Änderung des Güterstatuts zu Rückwirkungen kommen. Auch greift die Begründung dieser Lösung, erst mit dem Zerfall entstehe ein Kollisionsproblem, nur dann, wenn es sich bei dem zerfallenen Gebiet um ein solches ohne interlokale Rechtsspaltung handelt, da im Falle einer interlokalen Rechtsspaltung ein Kollisionsproblem innerhalb des jeweiligen Staates bereits vor dem Staatenzerfall bestand.129 Aus diesen Gründen wird die vorliegende Lösung heute nur noch in Fällen vertreten, in welchen die Zerfallslinien rein zufällig sind, also weder eine interlokale Rechtsspaltung bestand noch eine sonstige geographische Teilung vor der Dismembration vorhanden war.130 (2) Verweis auf das Recht des zerfallenen Gesamtstaates Des Weiteren gibt es die Option, das Recht des nicht mehr existierenden, untergegangenen Gesamtstaates anzuwenden, insbesondere seine interlokalen Kollisionsregelungen zum Auffinden der nun maßgeblichen Teilrechtsord-

126 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 253; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 210f. 127 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 198. 128 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 253; Andrae, IPRax 2016, 578, 580; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 211; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 198. 129 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 253; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 209. 130 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 197f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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nung.131 Begründet wird dieser Rückgriff in den Fällen Jugoslawiens über den inhaltlichen Fortbestand der entsprechenden interlokalen Kollisionsnormen in den selbstständigen Nachfolgestaaten als deren internationale Kollisionsnormen.132 Im obigen Beispielsfall würde man entsprechend Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB das jugoslawische Gesetz vom 15.07.1982 zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten 133 anwenden. Dessen Art. 36 Abs. 1 sieht vor, dass für die Vermögensbeziehungen von Ehegatten zunächst das Recht maßgebend ist, dessen Staatsangehörigkeit die Ehegatten besitzen. Aufgrund der wandelbaren Anknüpfung verweist das jugoslawische Internationale Privatrecht wegen der nunmehr kroatischen Staatsbürgerschaft der Ehegatten auf das Güterrecht Kroatiens. Durch diese Vorgehensweise greift die vorliegende Lösung jedoch auf das Recht eines nicht mehr existierenden Staates und damit auf „totes“ Recht zurück,134 statt auf geltendes Recht zu verweisen und dessen intertemporalen Vorschriften das diesbezügliche Vorgehen zu entnehmen.135 Insbesondere kann diese Lösungsalternative nicht durch eine Parallele mit der – inzwischen veralteten – Versteinerungslehre136 überzeugen.137 So fehlt es schon mangels gewollten Verlusts sämtlicher Beziehungen der Beteiligten zu ihrem Heimatstaat an der vergleichbaren Interessenlage. Zudem wird auf diese Weise ohne Not vom Grundsatz des internationalen Entscheidungseinklangs abgewichen, indem Veränderungen des Kollisions- oder Sachrechts von den Gerichten der Nachfolgestaaten berücksichtigt, von Gerichten dritter Staaten hingegen vernachlässigt werden.138 Darüber hinaus ist ein Rückgriff auf die Kollisionsnormen des alten Gesamtstaates nicht immer zielführend. So müssen diese entweder interlokale Kollisionsnormen enthalten, die eine Zuordnung innerhalb der Nachfolgestaaten ermöglichen oder anders anknüpfen als die Rechtsordnung, welche den Verweis auf den ursprünglichen Gesamtstaat ausgesprochen hat. Ist dies nicht der Fall und nimmt die Rechtsordnung des untergegangenen Staates die Verweisung an, müsste man als Folge auch auf materieller Ebene „totes“ Recht anwenden.

131 OLG Düsseldorf, Ent. v. 20.12.1994 (1 UF 76/94), FamRZ 1995, 1203; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 25.02.2000 (5 UF 11/99), IPRax 2001, 140; OLG Nürnberg, Ent. v. 03.03.2011 (9 UF 1390/10), MittBayNot 2011, 337; Busse, IPRax 1998, 155, 160; Schmellenkamp, RNotZ 2011, 530, 532. 132 OLG Nürnberg, Ent. v. 03.03.2011 (9 UF 1390/10), MittBayNot 2011, 337, 338. 133 Abgedruckt in IPRax 1983, 6, 8. 134 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 207. 135 Zur Begründung, weshalb auf geltendes Recht verwiesen wird, vgl. S. 71ff. 136 Vgl. hierzu S. 72f. 137 Andrae, IPRax 2016, 578, 580. 138 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 207.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

(3) Ausweichen auf Hilfsanknüpfung Auch ist es möglich, die Anknüpfung, die auf das Recht des untergegangenen Staates verweist, als gescheitert anzusehen und stattdessen auf die nächstfolgende Anknüpfung hilfsweise auszuweichen.139 Für diese Lösung würde neben der Erhaltung der unwandelbaren Anknüpfung 140 die Parallele zum Vorgehen bei einer Anknüpfung, die auf ein staatsfreies Gebiet verweist, sprechen. In einem solchen Fall wird hilfsweise auf eine andere Anknüpfung bzw. auf eine Analogie zu Art. 5 Abs. 2 EGBGB zurückgegriffen.141 Folge für die Lösung des obigen Beispielsfalls wäre, dass die Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB ins Leere gehen würde, da der verwiesene Staat Jugoslawien untergegangen ist. Stattdessen wäre auf Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB zurückzugreifen, der auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Eheschließung abstellt. Da dieser ebenfalls auf jugoslawischem Gebiet lag, geht folglich auch diese Verweisung ins Leere. Damit zeigt sich, dass durch das Ausweichen auf die Hilfsanknüpfung das Problem lediglich eine Stufe weiter verlagert, aber nicht gelöst wird.142 Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn man annimmt, dass über die örtliche Anknüpfung nicht auf das Recht des Gesamtstaates verwiesen wird, sondern direkt auf die maßgebliche Teilrechtsordnung.143 Ob dies der Fall ist, entscheiden jedoch die maßgeblichen Normen des Instruments zum Umgang mit interlokaler Rechtsspaltung. Zudem ist diese Betrachtung nur dann zielführend, wenn das Anknüpfungsmerkmal auch greift, also z.B. die Ehegatten einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben.144 Des Weiteren ignoriert die Lösung, dass im Zeitpunkt der Anknüpfung das eigentlich maßgebliche Anknüpfungsmerkmal vorhanden ist, 145 nur die Rechtsordnung ab dem Zeitpunkt der Dismembration nicht mehr existiert. Ein Ausweichen auf eine andere Anknüpfung ist hingegen nur dann zulässig, wenn die Anknüpfung der

139

Andiskutiert von Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 247; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 211ff. 140 Großerichter/Bauer RabelsZ 65 (2001), 201, 211. 141 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 IV 2 a. 142 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 252; Andrae, IPRax 2016, 578, 581; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 212. 143 Dies ist beispielsweise über Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB möglich; vgl. hierzu auch S. 49ff. 144 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 252. 145 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 211.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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vorangegangenen Stufe nicht gegeben ist. 146 Dass eine hilfsweise Anknüpfung eine Korrektur des Gesetzes darstellt,147 wird deutlich, wenn man den obigen Beispielsfall betrachtet. Hier haben die Ehegatten während des gesamten Betrachtungszeitraums eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, welche nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB primäres Anknüpfungsmerkmal ist. Hätten nun die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland über die gesamte Ehezeit, so wäre entsprechend dieser Lösung deutsches Recht anwendbar, obwohl die Ehegatten zunächst beide jugoslawische Staatsangehörige waren und nun kroatische Staatsbürger sind. Würde man also in solchen Fällen auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellen, ergibt sich hier eine Verweisung für den gesamten Zeitraum hin zu einem drittstaatlichen Recht, mit welchem die Ehegatten aufgrund ihrer kontinuierlichen gemeinsamen Staatsangehörigkeit nicht gerechnet haben. (4) Räumliche Zuordnung der Anknüpfung In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag, die räumlichen Anknüpfungspunkte, z.B. den gewöhnlichen Aufenthalt oder Handlungs- und Erfolgsort, auch zur (nachträglichen) Auswahl unter den Nachfolgestaaten heranzuziehen.148 Maßgeblich soll dabei die Sachlage im Zeitpunkt der rechtserheblichen Handlung, also z.B. der Eheschließung, sein. Nachteil dieser Regelung ist jedoch, dass sie nicht umfassend greift, sondern nur dann wirkt, wenn tatsächlich auf ein räumliches Anknüpfungsmerkmal abgestellt wird. Wird hingegen an die Staatsangehörigkeit angeknüpft, bleibt die Regelung wirkungslos. Dies zeigt sich auch am oben dargestellten Beispielsfall. Aufgrund des maßgeblichen Anknüpfungskriteriums der Staatsangehörigkeit ist eine räumliche Lokalisierung nicht möglich. Auch verweist das Kollisionsrecht regelmäßig auf das Recht des Gesamtstaates – der Ort ist lediglich Anknüpfungspunkt, sodass der formale Leerverweis auch hier weiterhin bestehen bleibt. (5) Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog (a) Beschreibung Die heute wohl herrschende Lösung für derartige Konflikte greift auf Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog zurück, um so bei dem Verweis auf einen Gesamtrechtsraum die maßgebliche Teilrechtsordnung zu bestimmen.149 Ihr 146

Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 23. So Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 212. 148 Busse, IPRax 1998, 155, 159. 149 OLG Stuttgart, Ent. v. 09.02.2015 (17 WF 172/14), NJW-RR 2015, 838; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572; OLG Nürnberg, Ent. v. 147

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Hauptargument findet diese Lösung in der Wahrung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes durch Vermeidung eines Statutenwechsels. Es bleibt die ursprüngliche Verweisung gänzlich erhalten und wird durch Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog lediglich konkretisiert.150 Die Parallele zu Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB ergibt sich dabei durch die Suche nach der maßgeblichen Teilrechtsordnung bei Verweisung auf einen Gesamtraum. Der Unterschied zum direkten Anwendungsfall des Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB liegt lediglich darin, dass der bezeichnete Rechtsraum heute nicht mehr staatlich organisiert ist und nur noch als für die Zwecke der Verweisung gedachte Einheit besteht. Dies ist jedoch nicht hinderlich, da es letztlich nur auf das faktisch geltende Sachrecht ankommt.151 Insbesondere bietet sich diese Lösung in Fällen an, in denen ein Gesamtstaat in Einzelstaaten zerfallen ist, deren Rechtsordnungen auch vor dem Zerfall bereits als Einzelrechtsordnungen innerhalb dieses Gesamtstaates bestanden.152 Im obigen Beispielsfall ist aufgrund der Verweisung der Art. 15, 14 EGBGB a.F. auf das Recht Jugoslawiens anhand von Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog die engste Verbindung innerhalb dieses Gesamtstaates zu ermitteln. Wegen der kroatischen Staatsangehörigkeit sowie des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts im Zeitpunkt der Eheschließung in Kroatien wird damit auf das heutige Recht von Kroatien für die gesamte Ehedauer verwiesen. (b) Bestimmung der engsten Verbindung Um zu bestimmen, zu der Rechtsordnung welchen Nachfolgestaates die engste Verbindung besteht, soll zum einen vorrangig das interlokale Privatrecht des zerfallenen Gesamtstaates berücksichtigt werden. 153 Auch wenn es sich dabei um „totes“ Recht handle, so soll durch die Stellung als Hilfsmittel zur Bestimmung der engsten Verbindung eine größtmögliche Kontinuität gewähr-

28.09.2016 (7 UF 1142/15), NJOZ 2017, 1307; Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 248; Andrae, Internationales Familienrecht, § 4 Rn. 239; Andrae, IPRax 2016, 578, 581; Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 213ff.; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 53; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 372; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 46; Sieghörtner, in: NK, Art. 15 EGBGB, Rn. 34; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 122; lediglich für Zerfallskonstellationen, in welchen zuvor schon verschiedene Teilrechtsordnungen bestanden: Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 198f. 150 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 215. 151 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 213. 152 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 214. 153 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 216ff.; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 122.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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leistet werden.154 Zum anderen soll bei einem engeren Bezug eines Anknüpfungsmoments zu einer bestimmten Teilrechtsordnung dieses herangezogen werden.155 So verweist z.B. der Anknüpfungspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts nicht nur auf eine bestimmte Rechtsordnung, sondern durch den konkreten Ortsbezug lässt sich auch eine Teilrechtsordnung bestimmen. Alternativ, insbesondere wenn es an einer interlokalen Rechtsspaltung innerhalb des früheren Gesamtstaates fehlt, soll auf sonstige Kriterien zurückgegriffen werden, welche auch nach dem Zerfall eingetreten sein können. So können z.B. subjektive Entscheidungen der Beteiligten nach dem Zerfall maßgeblich sein. Die Gefahr eines „echten“ Statutenwechsels bestehe hier nicht, da mangels früherer interlokaler Rechtsspaltung alle Nachfolgestaaten auf die ehemals einheitliche Rechtsordnung regelmäßig Bezug nehmen werden.156 Auch werden insbesondere von der Rechtsprechung die Staatsangehörigkeit der gemeinsamen Kinder, 157 der Geburtsort eines oder aller Beteiligten,158 der langjährige Urlaubsort,159 eine Rückkehrabsicht eines Beteiligten,160 die gemeinsame Staatsangehörigkeit eines Teilstaates bzw. die aktuelle Staatsangehörigkeit,161 der Ort der Eheschließung,162 die Belegenheit von Vermögen163 oder der gemeinsame Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt im Zeitpunkt der Anknüpfung164 als Kriterien herangezogen. (c) Bewertung Die Grundidee der vorliegenden Lösungsmöglichkeit basiert auf dem Bestehen von Teilrechtsordnungen innerhalb des zerfallenen Staates. So wird davon ausgegangen, dass das ausländische Internationale Privatrecht lediglich auf die Gesamtrechtsordnung des zerfallenen Staates verweist, sodass noch

154

Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 216f. Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 217. 156 Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 219. 157 OLG Stuttgart, Ent. v. 09.02.2015 (17 WF 172/14), NJW-RR 2015, 838, 838. 158 OLG Stuttgart, Ent. v. 09.02.2015 (17 WF 172/14), NJW-RR 2015, 838, 838; OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572, 574; OLG Nürnberg, Ent. v. 28.09.2016 (7 UF 1142/15), NJOZ 2017, 1307, 1309. 159 OLG Düsseldorf, Ent. v. 20.12.1994 (1 UF 76/94), FamRZ 1995, 1203. 160 OLG Düsseldorf, Ent. v. 20.12.1994 (1 UF 76/94), FamRZ 1995, 1203. 161 OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572, 574; OLG Nürnberg, Ent. v. 28.09.2016 (7 UF 1142/15), NJOZ 2017, 1307, 1309. 162 OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572, 574; OLG Nürnberg, Ent. v. 28.09.2016 (7 UF 1142/15), NJOZ 2017, 1307, 1309; a.A. Andrae, Internationales Familienrecht, § 4 Rn. 239 (noch a.A. in der Vorauflage). 163 OLG Nürnberg, Ent. v. 28.09.2016 (7 UF 1142/15), NJOZ 2017, 1307, 1309. 164 OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 17.11.2016 (20 W 103/15), ZEV 2017, 572, 574; Schmellenkamp, RNotZ 2011, 530, 532. 155

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

über Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog eine entsprechende Teilrechtsordnung ermittelt werden muss. Dieses Schrittes bedarf es jedoch nur in bestimmten Konstellationen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in zahlreichen Fällen die ausgesprochene Verweisung weiterreicht, also die jeweils maßgebliche Teilrechtsordnung und in der Folge damit auch die Nachfolgerechtsordnung bereits erfasst:165 So sieht z.B. Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB für den Fall einer Verweisung auf ein Gebiet mit mehreren Teilrechtsordnungen vor, dass das deutsche Internationale Privatrecht primär die maßgebliche Teilrechtsordnung direkt mittels einer ortsbezogenen Anknüpfung bezeichnet. Auch Art. 22 Rom I-VO und Art. 47 KSÜ sehen für einen solchen Fall vor, dass zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts jede Gebietseinheit als Staat gilt. Damit sprechen z.B. sowohl das EGBGB als auch die Rom I-VO ihre Verweisung mittels der jeweiligen Kollisionsnorm zwar primär auf den Gesamtstaat aus. Jedoch präzisiert die jeweilige Norm zu Mehrrechtssystemen diese Verweisung, sodass das Kollisionsrecht der lex fori direkt auf die jeweilige Teilrechtsordnung verweist. Zerfällt nun der Gesamtstaat in seine Teilrechtsordnungen, so greift die Verweisung auf die ehemalige Teilrechtsordnung weiterhin, 166 ohne dass es eines Rückgriffes auf die engste Verbindung bedarf. Sieht man dies in Kombination mit der gesetzgeberischen Entwicklung, primär an den gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten,167 also ortsbezogen anzuknüpfen, zeigt sich auch die praktische Relevanz dieser Feinheit bzgl. des Umfangs bzw. der Reichweite der Verweisung. Auch ist ein Rückgriff auf die engste Verbindung dann nicht notwendig, wenn zwar grundsätzlich das Recht des verwiesenen Gesamtstaates die maßgebliche Teilrechtsordnung bestimmen soll, dieser aber kein einheitliches Internationales bzw. interlokales Privatrecht vorsieht.168 In einem solchen Fall greift die Hilfsbestimmung wiederum des ursprünglichen Internationalen Privatrechts ein, z.B. Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB oder Art. 33 Abs. 2 EuGüVO, welche die Unteranknüpfung vornehmen. 169 Damit 165

Großerichter/Bauer, RabelsZ 65 (2001), 201, 217 stellen ebenfalls auf das verwendete Anknüpfungsmoment ab. Dies erfolgt – im Unterschied zu der hier vertretenen Lösung – allgemein zur Bestimmung der engsten Verbindung. 166 Vgl. dazu allgemein sowie zu der sich daraus ableitenden kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn S. 49ff. 167 Siehe beispielsweise die primäre objektive Anknüpfung von kollisionsrechtlichen Instrumenten, die in den letzten 10 Jahren in Kraft getreten sind: Art. 3 HUP, Art. 4 Abs.1 lit. a, b, d, e, f, 5 Abs. 1, 2, 6 Abs. 1, 7 Abs. 2, 8 Abs. 2 Rom I-VO, Art. 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 lit. a Rom II-VO, Art. 8 lit. a Rom III-VO, Art. 21 Abs. 1 EuErbVO, Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. 5 Abs. 1 KSÜ; Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB n.F. 168 Dies wäre beispielsweise bei den USA der Fall, welche weder ein einheitliches Internationales Privatrecht noch ein einheitliches interlokales Privatrecht haben. 169 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 4 EGBGB, Rn. 179.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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trifft auch in diesem Fall das Internationale Privatrecht der lex fori die Zuordnung zu einer Teilrechtsordnung. Somit wird auch hier bei einem Zerfall des Gesamtstaates ebenfalls direkt auf die entsprechende Teilrechtsordnung verwiesen, die nun ein selbstständiger Staat ist. Damit geht auch in diesem Fall die Verweisung folglich nicht ins Leere. Somit verbleibt bei Vorliegen mehrerer Teilrechtsordnungen ein Anwendungsbereich für die vorgeschlagene Lösung noch in denjenigen Fällen, in welchen die Bestimmung der maßgeblichen Teilrechtsordnung dem verwiesenen Recht überlassen bleibt, z.B. Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 EGBGB oder Art. 33 Abs. 1 EuGüVO/EuPartVO, und dieses gesamtstaatliche interlokale Kollisionsregeln enthält. Zerfällt ein Staat ohne vorherige interlokale Rechtsspaltung, soll ebenfalls die nun maßgebliche Rechtsordnung mit Hilfe der engsten Verbindung nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog gefunden werden. Die Fülle an Kriterien, die hierzu bereits in der Praxis herangezogen worden sind, 170 zeigt dabei gleichzeitig die Schwierigkeit dieser Methode auf. Greift man nun auf so unbestimmte Kriterien wie gemeinsame Urlaube171 zurück, um die maßgebliche Rechtsordnung zu bestimmen, konterkariert man damit den eigentlichen Vorteil der obigen Lösung, nämlich die Wahrung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes, um Rechtssicherheit und Vertrauensschutz zu gewährleisten. Dies wirkt umso einschneidender, da diese Lösung auch den Zeitraum vor der Sukzession rückwirkend erfasst, für welchen die kollisionsrechtliche Zuordnung eigentlich bereits feststand. Auch verhindert diese Lösung nicht in jedem Fall einen Statutenwechsel.172 Als Beispiel kann eine Entscheidung des OLG Stuttgart173 herangezogen werden. Die Beteiligten haben 1982 in dem Generalkonsulat der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Deutschland die Ehe geschlossen. Bei Eheschließung besaßen beide Ehegatten die jugoslawische Staatsangehörigkeit. Nach Auflösung der Republik Jugoslawien erhielt die Ehefrau die bosnische Staatsangehörigkeit und der Ehemann die Staatsangehörigkeiten von Serbien und Montenegro. Während das anwendbare Recht vor der Dismembration von Jugoslawien sich nach der Teilrechtsordnung gerichtet hätte, nach welcher vor dem deutschen Konsulat die Ehe geschlossen wurde,174 z.B. bosnischem Recht, ging das Gericht hingegen unter Anwendung von Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog von einer Verweisung auf das serbische Recht aufgrund der engsten Verbindung hierzu aus. Damit wahrt auch diese Lösung den Unwandelbarkeitsgrundsatz nicht streng.

170

Siehe dazu S. 97f. So OLG Düsseldorf, Ent. v. 20.12.1994 (1 UF 76/94), FamRZ 1995, 1203. 172 Andrae, IPRax 2016, 578, 581. 173 OLG Stuttgart, Ent. v. 09.02.2015 (17 WF 172/14), NJW-RR 2015, 838. 174 Andrae, IPRax 2016, 578, 581. 171

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

bb) Eigener Lösungsansatz: Grundsatz der erneuten Anknüpfung im Zeitpunkt der Dismembration (1) Beschreibung In Fällen, in denen der zerfallene Gesamtstaat entscheiden sollte, welche Teilrechtsordnung Anwendung findet, oder ein Staat zerfällt, der zuvor keine Teilrechtsordnungen hatte, kommt es durch eine Dismembration zu einer Verweisung auf das Recht eines untergegangenen Staates. Dieses Verweisungsproblem ist über einen Statutenwechsel durch eine erneute Anknüpfung im Zeitpunkt des Staatenzerfalls zu lösen: Formal greift die Verweisung auf das Recht des zerfallenen Staates bis zum Zeitpunkt der Sukzession. Erst ab diesem Zeitpunkt ergibt sich das Verweisungsproblem. Folglich sollte die ursprünglich ausgesprochene Verweisung auch bis zu ebenjenem Zeitpunkt gelten. Erst danach geht die Verweisung ins Leere, sodass erneut anzuknüpfen ist. Damit wäre der obige Beispielsfall wie folgt zu lösen: Zunächst würden Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB aufgrund der gemeinsamen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung auf jugoslawisches Recht verweisen. Nach Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB i.V.m. Art. 36 Abs. 1 jugIPRG würde aufgrund der interlokalen Spaltung kroatisches Teilrecht wegen der kroatischen Teilstaatsangehörigkeit der Ehegatten berufen. Ab dem Zeitpunkt des Zerfalls Jugoslawiens, also hier ab dem 27.04.1992175 geht diese Verweisung ins Leere.176 Damit ist in diesem Zeitpunkt eine erneute Anknüpfung vorzunehmen. Da beide Ehegatten nunmehr nur noch kroatische Staatsangehörige sind, verweisen Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auf kroatisches Recht. Aufgrund der inhaltlichen Identität der beiden verwiesenen Rechtsordnungen, einmal als Teilrechtsordnung Jugoslawiens und einmal als selbstständige Rechtsordnung, kommt es hier trotz der erneuten Anknüpfung ausnahmsweise nicht zu einem Statutenwechsel. (2) Begründung (a) Parallele zur Lebenswirklichkeit Obwohl ein solches Vorgehen zu einer Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes und damit scheinbar zu einer Rechtsunsicherheit führt, bildet es den tatsächlichen Lebensvorgang am ehesten ab.177 Der Gesetzgeber geht 175

Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1588. 176 Die vorrangigen allgemeinen Bestimmungen zur Konkretisierung der Verweisung (S. 85ff.) sind vorliegend nicht weiterführend. 177 Dies ist auch Aufgabe des Internationalen Privatrechts, siehe S. 33ff.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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ebenso wie die Beteiligten grundsätzlich von staatlicher Kontinuität aus. Er trifft kollisionsrechtliche Verweisungen und schreibt die Unwandelbarkeit in der Annahme der Kontinuität der beteiligten Rechtsordnungen fest. Kommt es nun zu einer Dismembration, greifen die Überlegungen bei Aufstellung der maßgeblichen Kollisionsnorm ebenso wie die Überlegungen der Beteiligten nur noch bedingt. Die ehemalige Staatsangehörigkeit der Beteiligten erlischt aufgrund des Untergangs des Staates und der gewöhnliche Aufenthalt ist nunmehr einem anderen Staat zuzuordnen, ohne dass die Beteiligten aktiv diese Anknüpfungstatsachen verändert haben. 178 Folglich wird eine Dismembration von den Beteiligten auch als bewusster und erlebter Einschnitt wahrgenommen. Mit Untergang der Rechtsordnung des zerfallenen Staates schwindet auch die ursprünglich bezweckte Rechtssicherheit179 bzgl. der Kontinuität von Dauerrechtsverhältnissen. Während bis zum Zeitpunkt der Sukzession für alle Beteiligten die ursprüngliche Rechtsordnung des zerfallenen Staates maßgeblich war, müssen sich die Beteiligten ab dem Zeitpunkt der Sukzession aufgrund ihrer neuen staatlichen Umgebung neu orientieren – der Sitz des Rechtsverhältnisses wechselt damit mit der Staatensukzession. Gleichzeitig kann der ursprüngliche Zweck der Unwandelbarkeit, die Schaffung von Rechtssicherheit, nicht mehr gewährleistet werden. 180 Dies spiegelt die zeitliche Aufspaltung von Dauerrechtsverhältnissen wider. (b) Methodik des Internationalen Privatrechts Dieses Vorgehen entspricht nicht nur den Erwartungen der Beteiligten, sondern auch in formaler Hinsicht der Methodik des Internationalen Privatrechts. Bis zum Zeitpunkt der Sukzession greift die Verweisung auf das Recht des nunmehr zerfallenen Staates. Erst ab diesem Zeitpunkt geht die Verweisung ins Leere. Überträgt man das Verhältnis der verschiedenen Stufen bei einer Kaskadenanknüpfung181 auf die zeitliche Ebene, so ist ab dem Zeitpunkt erneut anzuknüpfen, ab dem der Anknüpfungspunkt der vorangegangenen Stufe aufgrund einer Staatensukzession nicht mehr gegeben ist. Da im Unterschied zum normalen Vorgehen bei einer Kegel’schen Leiter die übergeordnete Stufe erst nach einer gewissen Zeit und nur aufgrund der Staatensukzession nicht mehr greift, ist nicht auf die nächstniedrigere Stufe zurückzugreifen, sondern von der höchsten Stufe der Leiter ab erneut zu prüfen. Damit bleibt die Wirkung der Verweisung bis zum Staatenzerfall längstmöglich erhalten und erst ab diesem Zeitpunkt wird eine neue Anknüpfung vorgenommen, welche wiederum nur ab diesem Zeitpunkt des Zerfalls wirkt.

178

Zu den Anknüpfungspunkten vgl. allgemein Kapitel 4. Vgl. hierzu S. 74. 180 Vgl. hierzu S. 73ff. 181 Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB, Rn. 23. 179

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Auch sieht die Methodik des Internationalen Privatrechts fernab von Staatensukzessionen regelmäßig Durchbrechungen des Unwandelbarkeitsgrundsatzes vor, um den betroffenen Interessen in den jeweiligen Sachverhalten gerecht zu werden. Dies gilt z.B. im Falle einer Gesamtverweisung auf ein Recht, welches seinerseits wandelbar anknüpft. 182 Wird nun eine solche Durchbrechung bereits im „Normalfall“ akzeptiert, so muss dies erst recht gelten, wenn durch die Besonderheit einer dazwischentretenden Staatensukzession eine ursprünglich ausgesprochene Verweisung ins Leere geht. Auch resultieren aus dem gesetzlich vorgesehenen Fall weitgehendere Abweichungen vom Unwandelbarkeitsgrundsatz als in der vorliegenden Ausnahme aufgrund einer Staatensukzession. So kommt es im letzten Fall nur zu einem einmaligen Statutenwechsel im Zeitpunkt der Sukzession. Im Falle der Gesamtverweisung auf eine wandelbare Rechtsordnung kann es hingegen viel häufiger zu einem Statutenwechsel kommen. (c) Parallele zu intertemporalen Regelungen Darüber hinaus entspricht diese Lösungsmöglichkeit auch dem allgemeinen Vorgehen bei intertemporalen Kollisionen, deren Grundsätze sich in bestimmtem Umfang auf sukzessionsbedingte Konstellationen übertragen lassen. Im intertemporalen Recht gilt der Grundsatz der Wirkung ex nunc. Entsprechend dem Prinzip der lex temporis actus bleiben alle zurückliegenden Sachverhalte dem früheren Statut unterworfen, während die künftigen Wirkungen dem neuen Statut unterliegen.183 Anderes sieht der Unwandelbarkeitsgrundsatz vor.184 Kann dieser jedoch aufgrund einer Verweisung ins Leere im Zuge einer Dismembration nicht ohne Korrekturen eingehalten werden, ist ein Rückgriff auf den intertemporalen Grundsatz aufgrund der Nähe der sukzessionsbedingten zur intertemporalen Kollision und damit eine Lösung durch einen Statutenwechsel angezeigt. Diese Vorgehensweise wird schließlich auch dem verfassungsmäßig verankerten Rückwirkungsverbot gerecht. „Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit ergeben sich […] verfassungsrechtliche Grenzen auch bei ,unechter Rückwirkung‘ […], d.h. für Normen, die zwar unmittelbar nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, damit aber zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im Ganzen entwerten.“185 Geht man von dem hier vorgeschlagenen Statutenwechsel aus, so kommt es zu keinerlei Rückwirkung. Während alle Teile des Sachverhalts, welche vor der Staatensukzession belegen sind, dem früheren 182

Siehe hierzu S. 83f. Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 191; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 298. 184 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 191f. sowie ausführlich S. 71. 185 Statt vieler BVerfG, Ent. v. 11.10.1962 (1 BvL 22/57), NJW 1963, 29, 30. 183

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Statut unterliegen, unterfallen die Wirkungen nach der Staatensukzession dem neuen Statut. Eine Abwägung, ob das Rückwirkungsverbot gewahrt wird, ist folglich entbehrlich. Zugleich wird diese Vorgehensweise der intertemporalen bzw. sukzessionsbedingten Differenzierung dem Gedanken des Vertrauensschutzes gerecht, welcher in Art. 220 und 236 EGBGB zum Ausdruck kommt und fest im deutschen Recht verankert ist. 186 (d) Parallele zu Art. 236 EGBGB Ähnlich geht das EGBGB im Falle des sukzessoralen Konflikts unterschiedlicher Kollisionsnormen aufgrund der Inkorporation der DDR vor. Da es sich bei dieser Regelung, Art. 236 EGBGB, um die einzige kodifizierte Regel des deutschen Rechts zum Umgang mit Staatensukzessionen auf Ebene des Internationalen Privatrechts handelt, bietet sie eine Orientierungshilfe.187 Art. 236 § 1 EGBGB sieht dabei vor, dass für Vorgänge, die vor Wirksamwerden des Beitritts der DDR abgeschlossen sind, 188 das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar bleibt. Für das Familienrecht wurden zwei ausdifferenziertere Regelungen getroffen: Nach Art. 236 § 2 EGBGB unterliegen die Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse von dem Wirksamwerden des Beitritts an den Art. 3ff. EGBGB. Art. 236 § 3 EGBGB sieht trotz der Festschreibung der Unwandelbarkeit im allgemeinen Güterkollisionsrecht des EGBGB einen Statutenwechsel vor, um Rechtseinheit im neuen Bundesgebiet189 zu gewährleisten. So unterliegen danach die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die vor dem 03.10.1990 begründet wurden, ab diesem Tag mit Wirkung ex nunc Art. 15 EGBGB, wobei an die Stelle des Zeitpunkts der Eheschließung der Tag des Wirksamwerdens des Beitritts tritt. Obwohl für andere Dauerrechtsverhältnisse nur eine explizite Regelung in Art. 236 § 1 EGBGB besteht, sollte die Regelung des Art. 236 § 3 EGBGB auf diese übertragen werden.190 186 Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 79; Hohloch, in: Erman, Art. 220 EGBGB, Rn. 3; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 4. Aufl. 2006, Art. 236 § 1 EGBGB, Rn. 1; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 11. 187 Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Regelung des Art. 236 EGBGB den sukzessoralen Konflikt aus Sicht des beteiligten Nachfolgestaates betrachtet und nicht aus Sicht eines unbeteiligten Drittstaates, dessen Perspektive dieser Arbeit zugrunde liegt. 188 Zur Diskussion, was unter einem abgeschlossenen Vorgang zu verstehen ist, vgl. nur Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 19ff. sowie Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 220 EGBGB, Rn. 10ff. 189 BGH, Ent. v. 01.12.1993 (IV ZR 261/92), NJW 1994, 582, 582; Pirrung, RabelsZ 55 (1991), 211, 213. 190 Für eine Übertragung der Regelungen, sofern die Dauerverhältnisse grundsätzlich nach Art. 236 § 1 EGBGB durch das RAG berufene Recht zu beurteilen wären und die Art. 230-235 EGBGB auf Ebene des intertemporalen Sachrechts anordnen, dass Dauer-

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Zwar löst Art. 236 EGBGB damit nur den rein innerdeutschen, und aus Sicht des Nachfolgestaates intertemporalen Konflikt zweier internationalprivatrechtlicher Kollisionsnormen im Falle einer Inkorporation. Er regelt, ob bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates die deutschen Kollisionsnormen oder diejenigen der untergegangenen DDR das anzuwendende Recht bestimmen. 191 Eine Parallele zum Umgang mit Leerverweisungen ab einem bestimmten Zeitpunkt bedingt durch eine Staatensukzession kann dennoch gezogen werden. In beiden Fällen geht es jeweils um die Korrektur bzw. Auswahl von bestehenden Kollisionsregeln im Zuge einer Staatensukzession. Während Art. 236 EGBGB einen Statutenwechsel lediglich aus Gründen der Vereinheitlichung entgegen dem sonstigen Grundsatz der Unwandelbarkeit im Güterkollisionsrecht des EGBGB anordnet, kann im Falle einer Dismembration die Verweisung nicht wie vorgesehen umgesetzt werden. Wird nun allein aus Rechtsvereinheitlichungsgründen ein Statutenwechsel gesetzlich angeordnet, so muss dies erst recht für einen Fall gelten, in welchem die ausgesprochene Verweisung ins Leere zielt und damit eine methodische Korrektur notwendig wird. (e) Kritik Auch im Rahmen dieser Lösung wird jedoch eine Änderung der Anknüpfungstatsachen berücksichtigt, die über das Sukzessionsgebiet hinausgeht.192 Hat ein im Zeitpunkt der Eheschließung jugoslawisches Ehepaar seinen gewöhnlichen Aufenthalt weit vor der Staatensukzession in einen Drittstaat verlegt, kommt dessen Rechtsordnung ggf. im Zeitpunkt der Sukzession ab dieser aufgrund des neuen Anknüpfungspunkts zum Tragen. Damit ist das anwendbare Recht nicht auf das Gebiet der ursprünglichen Verweisung beschränkt. (3) Zeitpunkt des Statutenwechsels Ebenso wie bei der Lösungsvariante der Verschiebung des Zeitpunkts der Unwandelbarkeit193 muss auch hier der Zeitpunkt der Dismembration festgestellt werden.

schuldverhältnisse, die bisher dem materiellen DDR-Recht unterstanden, ab dem Beitritt nach dem BGB zu beurteilen sind Mansel, in: Jayme/Andrae, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, S. 161; generell für eine Übertragung auf Dauerschuldverhältnisse Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 61, 94; für eine Übertragung der parallelen Fragestellung im Rahmen von Art. 220 Abs. 2 EGBGB Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 22, 24. 191 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 4. Aufl. 2006, Art. 236 § 1 EGBGB, Rn. 4. 192 Vgl. hierzu bereits S. 92f. 193 Vgl. hierzu S. 92f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Im Rahmen eines einverständlichen bzw. von Dritten oktroyierten Zerfalls wird sich dies nicht als größeres Problem darstellen, da der Zerfallszeitpunkt regelmäßig vertraglich festgelegt sein wird. Als Beispiel kann hier der Zerfall der ehemaligen Tschechoslowakei dienen. Art. 1 Abs. 1 des Verfassungsgesetzes über den Untergang der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik bestimmt, dass mit der Vollendung des 31.12.1992 die CSFR aufgelöst wird.194 Die Aufteilung Koreas wurde am 02.09.1945 durch die Alliierten verfügt,195 ebenso wie die Aufteilung Britisch-Indiens in Indien und Pakistan zum 15.08.1947 durch den Indian Independence Act festgelegt worden ist.196 Kommt es dagegen zu einem nicht einverständlichen Zerfall, wird es regelmäßig an derartigen Regelwerken fehlen. Um dennoch einen Zeitpunkt festzustellen, ist auf allgemeine Indikatoren zurückzugreifen. So ist u.a. auch in Orientierung am Völkerrecht auf das Selbstverständnis der beteiligten Staaten oder Kriterien der kollisionsrechtlichen Identität zurückzugreifen. 197 Eine Besonderheit kann sich dabei im speziellen Fall der Dismembration ergeben. Da sich ein Staatenzerfall auch aufgrund einer Gesamtbetrachtung aus mehreren Sezessionen bzw. Separationen zusammensetzen kann, kommen für den für das Kollisionsrecht maßgeblichen Sukzessionszeitpunkt zwei Möglichkeiten in Betracht: der Zeitpunkt der Abspaltung des Staates, auf dessen Gebiet eine Verweisung ausgesprochen wird, und der Zeitpunkt des Untergangs des früheren Gesamtstaates, also der Zeitpunkt der letzten „Abspaltung“. Während letzterer für die Einordnung in die jeweilige Fallgruppe und damit der Beurteilung der Identität entscheidend ist,198 ist für den jeweiligen Zeitpunkt des Statutenwechsels der erstgenannte Zeitpunkt maßgeblich. Nur so ist für die am Rechtsverhältnis Beteiligten eine Orientierung am tatsächlichen Geschehen möglich, was wiederum Rechtssicherheit schafft. Wendet man diese Grundsätze nun auf historische Beispiele an, so zeigt sich, dass jeweils der Zeitpunkt der Sukzession bestimmbar war. Für die Dismembration Jugoslawiens kann man sich an den Daten der BadinterKommission orientieren, welche zwar für die einzelnen Teilstaaten Jugosla-

194

Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 693. M. Lorenz, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Korea, Demokratische Volksrepublik, Stand: 31.10.2002, S. 4; Schneidewind, Wirtschaftswunderland Südkorea, S. 38. 196 Kulke/Rothermund, Geschichte Indiens, S. 384f.; Rothermund, Geschichte Indiens, S. 91. 197 Vgl. zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Sukzession allgemein S 57ff. 198 Vgl. hierzu S 57ff. 195

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

wiens eigene Unabhängigkeitszeitpunkte festlegte,199 aber als Zerfallszeitpunkt Jugoslawiens den 27.04.1992 bestimmte.200 (4) Synthese Um den Leerverweisungen zu begegnen, welche sich aus dem Zusammentreffen des Unwandelbarkeitsgrundsatzes mit einer Dismembration ergeben, stellt die Annahme eines Statutenwechsels im Zeitpunkt der Dismembration eine allgemeine Lösung dar. Diese greift unabhängig von dem für die Verweisung maßgeblichen Anknüpfungspunkt oder vom Bestehen von Teilrechtsordnungen. Über eine erneute kollisionsrechtliche Anknüpfung im Zeitpunkt der Dismembration wird eine Aufteilung des Sachverhalts in zwei Abschnitte erreicht, welche jeweils ihrer eigenen Anknüpfung unterliegen. Durch dieses Vorgehen wird nicht nur dem Vertrauensschutzgesichtspunkt und damit der Rechtssicherheit Rechnung getragen, indem eine Parallele zur Lebenswirklichkeit gezogen wird. Dieser Lösungsansatz stimmt zudem mit der allgemeinen Methodik des Internationalen Privatrechts überein und entspricht sowohl den Vorgaben des Gesetzgebers zu intertemporalen Regelungen als auch zu dem Übergangsrecht im Zuge der Inkorporation der DDR. 3. Zession bzw. Teilannexion Während die Behandlung der Dismembration in der Literatur viel diskutiert ist und sich auch zahlreiche Gerichte mit derartigen Konstellationen befasst haben, liegen Gerichtsentscheidungen zu einer Zessions- bzw. Teilannexionskonstellation lange zurück,201 obwohl die Thematik aufgrund der Annexion der Krim durch Russland 2014 hochaktuell ist. a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts Sowohl eine Zession als auch eine Teilannexion führen lediglich zu einer Grenzverschiebung. Die beteiligten Staaten sind nach der Sukzession in identischer Weise noch vorhanden. Damit führt auch eine ausgesprochene Verweisung nicht ins Leere, wie im Falle der Dismembration. Dennoch sollte nachgeprüft werden, ob die Verweisung aufgrund der Staatensukzession entsprechend dem Grundsatz der engsten Verbindung einer Korrektur bedarf. Um diese Frage zu beantworten, soll auch für diese Fallgruppe der Sukzession ein Beispielsfall herangezogen werden: Ein russischer und ein ukraini199 So z.B. den 08.10.1991 für Kroatien und Slowenien und den 17.11.1991 für das heutige Nordmakedonien. 200 Opinion No. 11 of the conference on Yugoslavia arbitration commission, ILM 1993, 1586, 1588. 201 So z.B. BGH, Ent. v. 26.09.1966 (II ZR 56/65), NJW 1967, 36; OLG Düsseldorf, Ent. v. 30.05.1968 (3 W 348/67), IPRspr. 1968/1969, Nr. 159.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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scher Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt auf der Krim schließen 2010 dort die Ehe. Zu einer Änderung der Staatsbürgerschaft der Beteiligten im Zuge der Annexion kommt es nicht. b) Lösungsmöglichkeiten Im Falle von Zessionen wird dabei regelmäßig ein entsprechender Abtretungsvertrag zwischen den beteiligten Staaten geschlossen werden, wie z.B. im Fall Alaskas die Vereinbarung über die Zession der russischen Besitzungen in Nordamerika an die Vereinigten Staaten, die am 30.03.1867 geschlossen wurde.202 In der Regel sehen solche Vereinbarungen dabei Vorschriften über den Wechsel der Staatsangehörigkeit der Einwohner des zedierten Gebiets vor.203 Dazu tritt regelmäßig eine Klausel, dass ab einem gewissen Zeitpunkt das Gebiet nicht mehr dem Recht des Zedenten unterliegt, sondern dem Recht des Zessionars.204 Sieht ein solcher Vertrag darüber hinaus keine speziellen Regelungen für den Umgang mit Verweisungen auf das zedierte Gebiet vor, sollte entsprechend dem Willen der beteiligten Staaten auch keine Korrektur durch das Internationale Privatrecht vorgenommen werden. Würde also in hypothetischer Abwandlung des obigen Beispielsfalls die Krim von der Ukraine an Russland abgetreten worden sein, würde sich das eheliche Güterrecht gemäß Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auch nach der Sukzession nach ukrainischem Recht richten – die unwandelbare Verweisung bleibt aufrechterhalten. Diese Überlegungen gelten ebenso für die Fälle, in welchen ein Gebiet von einem Staat auf einen anderen übergeht, ohne dass irgendein sukzessionsbedingtes Regelwerk vorgesehen ist. In der Regel wird dies bei Teilannexionen der Fall sein. Da die Teilannexion im Gegensatz zur Zession gegen den Willen des Vorgängerstaates, also des Staates zu dessen Staatsgebiet der annektierte Teil ursprünglich gehörte, erfolgt, wird kein Vertrag zwischen Vor- und Nachfolgestaat bestehen. Damit ergeben sich für das Internationale Privatrecht zwei Möglichkeiten bezüglich des Umgangs mit einer Teilannexion: Zum einen wäre es möglich, entsprechend den zur Fallgruppe der Dismembration entwickelten Grundsätzen hier ebenfalls im Zeitpunkt der Staatensukzession eine Korrektur vorzunehmen, indem man von einem Statutenwechsel im Zeitpunkt der Teilannexion ausgeht. 205 Im obigen Beispielsfall 202

Nachzulesen in Schambeck/Widder/M. Bergmann, Dokumente zur Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 386ff. 203 Im Falle Alaskas Art. III der Vereinbarung über die Zession der russischen Besitzungen in Nordamerika an die Vereinigten Staaten. 204 Im Falle Alaskas ebenfalls in Art. III der Vereinbarung über die Zession der russischen Besitzungen in Nordamerika an die Vereinigten Staaten angedeutet bzgl. der „unzivilisierten Stämme“. 205 Vgl. hierzu S. 101ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

würde entsprechend dieser Lösung bis zur Annexion der Krim nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB das Recht der Ukraine Anwendung finden. Nach Art. 61 Abs. 3, 60 Abs. 1 Alt. 2 ukrIPRG nimmt das ukrainische Recht die Verweisung an, da bis zum Tag der Staatensukzession der gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten auf ukrainischem Staatsgebiet lag. Als Zeitpunkt der Annexion kann dabei der 18.03.2014 festgelegt werden, da an diesem Tag der Eingliederungsvertrag über die Krim und die Stadt Sewastopol unterzeichnet wurde, u.a. auch von Vertretern der prorussischen Krimführung auf Basis des Referendums vom 16.03.2014.206 Damit wäre ab diesem Zeitpunkt nach Art. 6 des Vertrags russisches Recht für die Bewohner der Krim maßgebend. 207 Knüpfte man nun zum 18.03.2014 erneut an, so verwiese Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB ab diesem Zeitpunkt auf russisches Recht, welches nach Art. 161 Abs. 1 russFGB die Verweisung aufgrund des gemeinsamen Wohnsitzes auf der Krim ebenfalls annähme. Damit würde das Güterrecht ab Eheschließung bis zur Annexion am 18.03.2014 ukrainischem Recht unterliegen und ab diesem Zeitpunkt bis zur Beendigung der Ehe russischem Recht. Allerdings würde man in solchen Fällen ohne Not vom gesetzlich festgelegten Unwandelbarkeitsgrundsatz abweichen. Im Gegensatz zur Fallgruppe der Dismembration gibt es hier keinen Leerverweis, der ein erneutes Aufwerfen der kollisionsrechtlichen Frage rechtfertigt. Auch Rechtssicherheits- und Vertrauensschutzaspekte sprechen in dieser Konstellation nicht für eine Abweichung. Zwar erleben auch hier die am Rechtsverhältnis Beteiligten die Staatensukzession aktiv mit, insbesondere die Veränderungen hinsichtlich des geltenden Rechts. Im Unterschied zur Dismembration existiert der Vorgängerstaat jedoch weiter und entwickelt sein Rechtssystem auch laufend fort. Eine Orientierung für die Beteiligten ist damit auch für Dauerrechtsverhältnisse, welche dem Recht des Vorgängerstaates unterstehen, möglich. Daneben tritt in dem speziellen Fall der Teilannexion ein weiteres Argument. Würde man einen Statutenwechsel annehmen, würde man durch einen nicht notwendigen Eingriff einem Recht zur Anwendung verhelfen, das aufgrund von völkerrechtswidrigen Handlungen zur Geltung kam. Damit ist es vorzugswürdig, in Fällen einer Teilannexion, in welchen es nicht zu einem Leerverweis kommen wird, nicht von der vorgesehenen Verweisung abzuweichen. Für den obigen Beispielsfall wäre somit unabhängig 206

Zeit Online v. 18.03.2014, Vertrag über Eingliederung der Krim unterzeichnet. Договор между Российской Федерацией и Республикой Крым о принятии в Российскую Федерацию Республики Крым и образовании в составе Российской Федерации новых субъектов [Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation und die Bildung neuer Subjekte innerhalb der Russischen Föderation] abrufbar unter: (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 207

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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von der Annexion der Krim durch Russland weiterhin für den gesamten Beurteilungszeitraum nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB das Recht der Ukraine anzuwenden. Allerdings geht das ukrainische Ehegüterkollisionsrecht mangels Festlegung eines Anknüpfungszeitpunktes von der Wandelbarkeit des Ehegüterstatus aus. Damit wird auf das Recht des Staates verwiesen, auf dessen Gebiet die Ehegatten nun ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Maßgeblich kann im Rahmen einer solchen Weiterverweisung wiederum nur der allgemeine kollisionsrechtliche Staatsbegriff208 sein und nicht die subjektive Sicht des Staates, auf dessen Kollisionsnormen eine Gesamtverweisung ausgesprochen wurde. Ziel der kollisionsrechtlichen Anknüpfung ist das Auffinden der geeignetsten Rechtsordnung, unabhängig von politischen Wertungen. Dass die Ukraine die Krim weiter als zu sich gehörig betrachtet, muss somit außer Betracht bleiben, auch wenn hier kollisionsrechtliche Vorschriften der Ukraine Anwendung finden. Vielmehr ist aus Gründen des internationalen Entscheidungseinklangs der Staat maßgeblich, der die effektive Herrschaftsgewalt in diesem Gebiet ausübt,209 hier Russland. Folglich verweist das ukrainische Recht für den gesamten Zeitraum auf russisches Recht, welches nach Art. 161 Abs. 1 russFGB210 die Verweisung aufgrund des gemeinsamen Wohnsitzes auf der Krim annimmt. 4. Fusion Die dritte Fallgruppe der Staatensukzession, die Fusion, stellt den umgekehrten Vorgang zur oben diskutierten Dismembration211 dar. Hier geben zwei oder mehr Staaten ihre Staatssubjektivität auf und auf deren Staatsgebieten entsteht ein neuer, mit den Vorgängerstaaten völkerrechtlich nicht identischer Staat. a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts Folge dieser Nichtidentität im engeren Sinn ist, dass eine vor der Staatensukzession ausgesprochene unwandelbare Verweisung auch in diesem Fall zunächst ins Leere zielt. Um die Folgen der verschiedenen, im Anschluss diskutierten Lösungsmöglichkeiten zu verdeutlichen, soll auch hier wiederum auf einen Beispielsfall zurückgegriffen werden. Die Ehegatten mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Arabischen Republik Jemen schließen 1988 dort die Ehe.

208

Vgl. hierzu S. 40ff. Vgl. hierzu allgemein S. 42f. 210 Abgedruckt unter M. Lorenz, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Föderation (232. Lieferung), S. 86. 211 Vgl. hierzu S. 90ff. 209

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Während ein Ehegatte auch der Arabischen Republik Jemen angehört, ist der andere Staatsangehöriger der Demokratischen Volksrepublik Jemen. b) Lösungsmöglichkeiten Auch in diesen Fällen sind sowohl die oben entwickelten allgemeinen Grundsätze212 anwendbar, als auch die zur Dismembration entwickelten Lösungsansätze213 übertragbar. Zunächst ist die Besonderheit einzustellen, dass in dieser Fallgruppe das gesamte Staatsgebiet des Vorgängerstaates, auf den verwiesen wurde, auf dem Gebiet des Nachfolgestaates liegt. Auch hier soll im Folgenden zunächst auf Fusionen eingegangen werden, welchen ein Einigungsvertrag zugrunde liegt, bevor in einem zweiten Schritt der theoretische Fall einer Fusion ohne Einigungsvertrag dargestellt wird. Besteht zwischen den beteiligten Staaten ein vertragliches Regelwerk, ist auch im Falle einer Fusion in einem ersten Schritt zu klären, ob darin bzw. im Zuge dessen sukzessionsbedingte Regelungen festgeschrieben wurden. Von einer solchen ist dann auszugehen, wenn die Vorgängerstaaten aufgrund der Fusion eigene Regeln erlassen, wie mit Gesetzeskonflikten, die aufgrund der Staatensukzession entstehen, umzugehen ist – insbesondere auch mit Verweisungen durch drittstaatliches Kollisionsrecht. Diese gehen in der Regel über einen rein zeitlichen Bezug hinaus und weisen eine örtliche Komponente auf. Im Fall der Fusion des Jemen sieht dessen Verfassung in Art. 130214 vor, dass die gesetzlichen Bestimmungen zunächst in jeweils dem Landesteil fortgelten, in welchem sie vor der Fusion in Kraft getreten waren. Werden neue, gesamtjemenitische Gesetze geschaffen, setzen diese die früheren Bestimmungen außer Kraft. Damit stellt Art. 130 der Verfassung im ersten Teil eine interlokale und im zweiten Teil eine intertemporale Regelung dar, welche aufgrund der Fusion geschaffen wurden. Folge einer solchen sukzessionsbedingten Norm ist, dass diese vorrangig die innerstaatlichen Konflikte, die durch die Fusion entstehen, regelt. Gleichzeitig zeigt sie die Verbindung der Vorgängerstaaten mit dem Nachfolgestaat auf. Diese ergibt sich zudem aus deren kollisionsrechtlicher Identität sui generis.215 Deswegen ist hier auch von einer Verweisung auf das fusionierte Staatsgebiet auszugehen und nicht von einer Leerverweisung.216 Vielmehr kann die sukzessionsbedingte Regelung aufgrund seiner Stellung im völkerrechtlichen Vertrag, welcher die Fusion begründet, sowohl als Teil der Vorgängerrechtsordnung, auf die unwandelbar verwiesen wurde, angesehen werden, als auch als Teil der Rechtsord212

Vgl. hierzu S. 85ff. Vgl. hierzu S. 91ff. 214 Abgedruckt in englischer Sprache in The Constitution of the republic of Yemen, Arab L.Q. 1992, 70, 82. 215 Siehe hierzu S. 49ff. 216 Vgl. dazu allgemein S. 85ff. 213

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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nung des fusionierten Nachfolgestaates. Durch diese Janusköpfigkeit können sowohl die Unwandelbarkeit der ursprünglich ausgesprochenen Verweisung gewahrt, als auch sichergestellt werden, dass auf ein existierendes, geltendes Recht verwiesen wird. Im obigen Beispielsfall kommt es also folglich nicht zu einer Leerverweisung; vielmehr wird zur Bestimmung des Güterstatuts217 nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB durch den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten in der Arabischen Republik Jemen zum Zeitpunkt der Eheschließung direkt auf das Recht der heutigen fusionierten Republik Jemen verwiesen. Dieses nimmt nach seinem Art. 25 jemZGB die Verweisung auch an. 218 Enthält der Vereinigungsvertag dagegen keine Regelung zum nach der Sukzession anwendbaren Recht, ist zu klären, ob die beteiligten Staaten darin subjektiv die Identität von Vor- und Nachfolgestaat bestimmt haben oder sich eine solche konkludent ergibt. Einer solchen Festlegung würde z.B. Art. 1 des Zusammenschlussvertrags zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen entsprechen, der davon spricht, dass „the international personality of each of them shall be integrated in a single international person called ‚the Republic of Yemen‘“.219 An dieser Stelle kommt jedoch wiederum die Besonderheit der Fusion zum Tragen: Während bei der Dismembration auf dem Staatsgebiet des Vorgängerstaates mehrere Nachfolgestaaten entstehen, ist in dieser Fallgruppe folglich eine mögliche Staatsidentität nicht offensichtlich zuordenbar. Bei der Fusion hingegen ist das Gebiet der Vorgängerstaaten gänzlich im Staatsgebiet des Nachfolgestaates enthalten. Eine eindeutige Zuordnung des Vorgängerstaates bzw. der Vorgängerstaaten zu einem – hier dem – Nachfolgestaat ist damit möglich. Im Interesse einer größtmöglichen Kontinuität und damit auch einer weitestgehenden Identität der beteiligten Staaten220 ist folglich unabhängig vom Bestehen einer subjektiven Identitätsfestlegung im Rahmen der Fusion immer von der kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn sui generis des Vorgängerstaates bzw. der Vorgängerstaaten mit ihrem Nachfolgestaat auszugehen. Gleichzeitig hat diese Betrachtung den Vorteil, dass hierdurch ein Gleichlauf zur Fallgruppe der Inkorporation bzw. Vollannexion hergestellt wird und somit auch die beiden Fallgruppen nicht abgegrenzt werden müssen. Folglich ist bei einer Fusion auch nie von einem Leerverweis auszugehen, sondern von einer Verweisung direkt auf den neu fusionierten Staat.

217 Vgl. zur Frage, ob in islamischen Rechtsordnungen ein Güterrecht besteht Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, S. 81. 218 Vgl. zum Wortlaut Klaiber, IPRax 2007, 369, 372. 219 Zusammenschlussvertrag (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 822. 220 Vgl. hierzu S. 49ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Bestehen die Rechtsordnungen der Vorgängerstaaten als Teilrechtsordnungen im Nachfolgestaat fort, so ergibt sich daraus keine andere Vorgehensweise. Insbesondere stellt eine unwandelbare Verweisung auf das Recht eines Vorgängerstaates nicht eine direkte Verweisung auf die diesem entsprechende Teilrechtsordnung des fusionierten Staates dar – ein Umkehrschluss zum Vorgehen bei einer Dismembration im Falle einer kollisionsrechtlichen Identität kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung ist also nicht möglich. Vielmehr wird auf den fusionierten Gesamtstaat verwiesen und die allgemeinen Vorschriften des Kollisionsrechts entscheiden im Folgenden wie mit der vorliegenden interlokalen Rechtsspaltung zu verfahren ist. Seine Begründung findet dieser Ansatz in der Tatsache, dass das Kollisionsrecht immer Verweisungen auf das Recht eines Staates ausspricht.221 Ist die Rechtsordnung eines Staates nach einer Fusion jedoch nur noch eine Teilrechtsordnung, kann auf sie ohne Hilfe der kollisionsrechtlichen Hilfsregeln zu Mehrrechtsstaaten nicht mehr verwiesen werden. Dem steht auch nicht der Unwandelbarkeitsgrundsatz entgegen, da diesem durch die Identität des Vorgängerstaates mit dem Nachfolgestaat Genüge getan wurde. Im obigen Beispielsfall wird folglich auch bei Fortbestehen der Rechtsordnung der ehemaligen Arabischen Republik Jemen als Teilrechtsordnung der Republik Jemen222 durch Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB nicht auf diese Rechtsordnung direkt verwiesen, sondern auf die staatliche Rechtsordnung der Republik Jemen. Erst aufgrund von Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB wird durch die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt die maßgebliche Teilrechtsordnung bestimmt. Lehnt man hingegen die Identität der Vorgänger- mit den Nachfolgestaaten im Rahmen der Fusion sui generis ab, wäre auf die speziellen Grundsätze zum Umgang mit Verweisungen im Rahmen einer Staatensukzession zurückzukommen. So würde man entsprechend der Lösung zur Fallgruppe der Dismembration223 von einem Statutenwechsel ausgehen müssen, indem man im Zeitpunkt der Fusion neu anknüpft. Würde man diesen Ansatz auf den obigen Beispielsfall anwenden, so würde sich bis zum 26.05.1990224 das eheliche Güterrecht nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB nach dem Recht der Arabischen Republik Jemen richten, welches die Verweisung nach ihrem Art. 25 ZGB (Arab. Rep. Je-

221

Vgl. hierzu S. 38f. Abgedruckt in englischer Sprache in The Constitution of the republic of Yemen, Arab L.Q. 1992, 70, 82. 223 Vgl. hierzu S. 101ff. 224 Der Zeitpunkt der Sukzession ergibt sich aus Art. 1 des Zusammenschlussvertrags (merger agreement) zwischen der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen über die Gründung der Republik Jemen vom 22.04.1990, ILM 1991, 820, 822. 222

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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men)225 auch annimmt. Zu dem Zeitpunkt der Fusion wäre dann erneut anzuknüpfen, sodass Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB aufgrund der gemeinsamen, nun gesamtjemenitischen Staatsbürgerschaft226 auf das Recht der Republik Jemen verweist, das die Verweisung nach Art. 25 jemZGB auch annimmt.227 Dieses Vorgehen durchbricht jedoch den Unwandelbarkeitsgrundsatz unnötig. 5. Inkorporation bzw. Vollannexion Die Inkorporation unterscheidet sich zur Fusion durch die völkerrechtliche Identität eines der Vorgängerstaaten mit dem Nachfolgestaat. Während also der inkorporierende Staat seine Staatssubjektivität und damit seine völkerrechtliche Staatsidentität behält und auch nach der Sukzession fortbesteht, geht der inkorporierte Staat unter. Eine parallele Betrachtung ist auch bei der Vollannexion angezeigt. a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts Prominentestes Beispiel für eine Inkorporation ist diejenige der DDR in die Bundesrepublik Deutschland, welche durch die Regelungen zum Übergangsrecht in den Art. 230ff. EGBGB begleitet wurde. Zur Darstellung der kollisionsrechtlichen Besonderheiten dieser Fallgruppe soll das Beispiel jedoch konkretisiert werden. Zwei Ehegatten unterschiedlicher Staatsangehörigkeit mit gewöhnlichem Aufenthalt in Potsdam schließen dort 1985 die Ehe. 228 Wird nun durch einen Drittstaat unwandelbar zum Zeitpunkt der Eheschließung angeknüpft, kommt es nach der Wiedervereinigung Deutschlands auch in dieser Fallgruppe zunächst zu einem Leerverweis.229

225

Abgedruckt in H. Krüger/N.F. Küppers, IPRax 1987, 39, 43. Art. 2 des Gesetzes Nr. 6/1990 über die jemenitische Staatsangehörigkeit, abgedruckt in Salama, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Jemen (193. Lieferung), S. 8. 227 Geht man von dem Bestehen eines Güterrechts in islamisch geprägten Rechtsordnungen aus, handelt es sich jeweils um Gütertrennung (vgl. hierzu Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, S. 81 m.w.N.). Damit muss der Güterstand hier auch nicht abgewickelt werden. 228 Um stringent darstellen zu können, wie das deutsche Internationale Privatrecht mit Verweisungen auf einen inkorporierten Staat umgehen sollte und es somit nicht auf den Streit um die Einheitlichkeit bzw. Spaltung des innerdeutschen Kollisionsrechts ankommen soll, soll im Folgenden eine ausländische lex fori unterstellt werden, die jedoch dem deutschen Recht identische Kollisionsregeln enthält. 229 Diese Feststellung legt zunächst nur eine kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn zugrunde. 226

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

b) Lösungsmöglichkeiten Wie bei der Fusion und in allen anderen Fällen der Staatensukzession ist auch hier in einem ersten Schritt zu prüfen, ob zwischen den beteiligten Staaten staatsvertragliche Sondervorschriften zum Umgang mit Verweisungen auf den nun nicht mehr existierenden Vorgängerstaat bestehen. Ist dies nicht der Fall, ist zu klären, ob der Leerverweis durch eine Identität der Vorgängerstaaten mit dem Nachfolgestaat vermieden werden kann. Aufgrund der beabsichtigten größtmöglichen kollisionsrechtlichen Verweisungskontinuität ist von einem weiten Identitätsbegriff auszugehen. 230 Insbesondere ist in den Fällen einer Inkorporation bzw. Vollannexion wie auch bei der Fusion das Gebiet der Vorgängerstaaten gänzlich im Staatsgebiet des Nachfolgestaates enthalten. Eine eindeutige Zuordnung des Vorgängerstaates bzw. der Vorgängerstaaten zu ei nem Nachfolgestaat ist damit möglich. Folglich ist die kollisionsrechtliche Verweisung auf den nun nicht mehr existierenden Vorgängerstaat als Verweisung auf den Nachfolgestaat zu verstehen. Zu einem Leerverweis kommt es nicht. Falls die beteiligten Staaten im Rahmen eines Vereinigungsvertrags oder der Nachfolgestaat intertemporale Regelungen aus Anlass der Sukzession festgelegt haben, sind diese ebenfalls als Teil der verwiesenen Rechtsordnung zu beachten. Wie diese auszulegen sind, bleibt der Methodik der verwiesenen Rechtsordnung überlassen. 231 Dies gilt auch für das obige Beispiel der Inkorporation der DDR. Aufgrund der Identität sui generis verweist eine Kollisionsnorm, die ursprünglich auf das Recht der DDR zielt, nun auf das Recht der Bundesrepublik. Wie diese damit umgeht, bleibt ihren intertemporalen Vorschriften überlassen. So sehen die Art. 231ff. EGBGB intertemporale Regelungen aus Anlass der deutschen Wiedervereinigung zum materiellen Recht vor. Liegt dagegen eine Gesamtverweisung vor, kommt Art. 236 EGBGB als intertemporale Vorschrift aus Anlass der Sukzession zum Tragen. Insbesondere die Auslegung dieser Vorschrift, also ob von einem einheitlichen oder gespaltenen Kollisionsrecht auszugehen ist,232 bleibt folglich dem verwiesenen, hier deutschem Recht vorbehalten. Wird nun im obigen Beispielsfall eine Gesamtverweisung auf das Recht der ehemaligen DDR aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts dort zum Zeitpunkt der Eheschließung ausgesprochen, zielt diese nach dem 03.10.1990 auf das Recht der BRD. Welche Vorschriften dabei über die Annahme der Verweisung entscheiden, beurteilt sich nach der intertemporalen Regelung des Art. 236 EGBGB. Entsprechend der vorzugswürdigen Lehre

230

Vgl. hierzu S. 50f. BGH, Ent. v. 14.01.2014 (II ZR 192/13), NJW 2014, 1244, 1245; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 89. 232 Vgl. zum Streitstand Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 5ff. 231

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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vom einheitlichen Kollisionsrecht233 ist zunächst der Anwendungsbereich des Art. 236 EGBGB zu klären. Hier verweisen sowohl die Binnenbezüge234 als auch die engste Verbindung nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB analog ggf. i.V.m. dem RAG235 aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten in der DDR auf das Gebiet der ehemaligen DDR, sodass der räumliche Anwendungsbereich von Art. 236 EGBGB eröffnet ist. Um die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zu beurteilen, ist auf Art. 236 § 3 EGBGB zurückzugreifen. Danach beurteilt sich die Annahme der Verweisung bis zum 02.10.1990 nach dem Recht der DDR und ab dem 03.10.1990 nach Art. 15 EGBGB. Ebenso wie § 19 S. 2 RAG236 die Verweisung auf das Recht der DDR annimmt, nimmt Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB i.V.m. Art. 236 § 3 S. 1 Hs. 2 EGBGB die Verweisung auf das Recht der BRD an. Da bis zum 02.10.1990 die DDR bestand, ist nach § 13 FGB (DDR) bis zu diesem Datum der Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft maßgeblich. Ab dem 03.10.1990 ist

233 Hohloch, in: Erman, Art. 236 EGBGB, Rn. 1; Jayme/Stankewitsch, IPRax 1993, 162, 164; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VII 2 b; Mansel, in: Jayme/Andrae, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, S. 141ff.; Mansel, JR 1990, 441, 448; MörsdorfSchulte/Otte, ZIP 1993, 15, 22ff.; Rauscher, DtZ 1991, 20, 20f.; Rauscher, StAZ 1991, 1, 3; Rauscher, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 230 EGBGB, Rn. 39; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 236 EGBGB, Rn. 14; Schurig, in: Pfister, Festschrift für Werner Lorenz zum siebzigsten Geburtstag, S. 518ff.; so im Ergebnis auch Stoll, in: Pfister, Festschrift für Werner Lorenz zum siebzigsten Geburtstag, S. 591; Thorn, in: Palandt, Art. 236 EGBGB (Palandt-Archiv), Rn. 6; wohl auch Andrae, Internationales Familienrecht, § 1 Rn. 109; für ein einheitliches innerdeutsches Kollisionsrecht BGH, Ent. v. 01.12.1993 (IV ZR 261/92), NJW 1994, 582, 582; dieser Auffassung ist nicht nur aufgrund der vom Gesetzgeber angestrebten Rechtsvereinheitlichung und des allgemeinen kollisionsrechtlichen Ziels des Entscheidungseinklangs zuzustimmen. Geht man von der obigen kollisionsrechtlichen Identität der früheren DDR mit der heutigen BRD aus, sollte eine Verweisung auf das Recht der ehemaligen DDR auch die innerdeutschen Überleitungsvorschriften umfassen. Dies kann jedoch nicht über ein gespaltenes, sondern nur über ein einheitliches Kollisionsrecht erreicht werden, welches im gesamten Bundesgebiet Anwendung findet; a.A. Dörner, in: Pfister, Festschrift für Werner Lorenz zum siebzigsten Geburtstag, S. 327ff.; Dörner, in: Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 4ff., 17; Dörner, IPRax 1991, 392, 393; Dörner/Meyer-Sparenberg, DtZ 1991, 1, 1; Henrich, FamRZ 1991, 873, 874; Henrich, IPRax 1991, 14, 17; B. v. Hoffmann, IPRax 1991, 1, 2; Pirrung, RabelsZ 55 (1991), 211, 223; Siehr, IPRax 1991, 20, 23; Siehr, RabelsZ 55 (1991), 240, 256ff.; so wohl auch Lübchen, in: Art. 236 EGBGB, S. 187. 234 Thorn, in: Palandt, Art. 236 EGBGB (Palandt-Archiv), Rn. 7. 235 Mansel, JR 1990, 441, 448; Mansel, in: Jayme/Andrae, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, S. 152; Lediglich auf Art. 4 Abs. 3 EGBGB abstellend: Jayme/Stankewitsch, IPRax 1993, 162, 164; Rauscher, DtZ 1991, 20, 20f.; Rauscher, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 230 EGBGB, Rn. 56; Rauscher, StAZ 1991, 1, 3f.; ähnlich Schurig, in: Pfister, Festschrift für Werner Lorenz zum siebzigsten Geburtstag, S. 521f. 236 Abgedruckt in Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 236 EGBGB, Rn. 30.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1363 ff. BGB einschlägig.237 Ebenso ist auch in Fällen der Vollannexion vorzugehen. So ist an dieser Stelle der Unterschied zwischen den Anforderungen des Völkerrechts und des Kollisionsrechts zu beachten, sodass es auch bei einer völkerrechtswidrigen Vollannexion zu einem Leerverweis kommt, da aus kollisionsrechtlicher Perspektive der annektierte Staat nicht mehr fortbesteht. Dies aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit anders zu beurteilen, ist an dieser Stelle nicht angezeigt.238 Vielmehr ist aus Perspektive des Kollisionsrechts von einer Identität zwischen dem annektierten Vorgänger- und dem annektierenden Nachfolgestaat auszugehen. Folglich ist eine Verweisung auf den annektierenden Staat anzunehmen. Ob eine Korrektur erforderlich ist, ist allenfalls auf Ebene der Anwendung des ausländischen Sachrechts zu überlegen.239 Nur wenn man die beschriebene Identität sui generis ablehnen würde, würde man wie bei der Fusion auch zu den allgemeinen sukzessionsbedingten Auffangregeln kommen. So müsste man entsprechend der Lösung zu den obigen Fallgruppen der Dismembration240 und folgerichtig auch der Fusion241 von einem Statutenwechsel ausgehen, indem man im Zeitpunkt der Inkorporation bzw. Annexion neu anknüpft. 6. Separation bzw. Sezession Die letzte Fallgruppe der Separation bzw. Sezession erfasst Staatensukzessionen, bei welchen sich ein Teil des Vorgängerstaates zu einem neuen, eigenständigen Staat formt, während der restliche Teil des Vorgängerstaates als solcher erhalten bleibt.242 a) Verweisungsrichtung des Internationalen Privatrechts Da die Staatssubjektivität des Vorgängerstaates erhalten bleibt, kommt es auf Ebene des Kollisionsrechts auch nicht zu einem Leerverweis. Im Anknüpfungszeitpunkt wird unwandelbar auf das Recht des Vorgängerstaates verwie237 Würde es sich bei der ausländischen Verweisung auf das Staatsgebiet der ehemaligen DDR dagegen um eine Sachnormverweisung handeln, würde diese direkt auf das materielle Recht der BRD zielen, welches die intertemporalen Vorschriften zum materiellen Recht anlässlich der Wiedervereinigung, insbesondere Art. 234 § 4 Abs. 1 EGBGB, einschließt. 238 Auch hier kann wiederum auf die obige allgemeine Begründung zurückgegriffen werden, vgl. S. 33ff. 239 Vgl. dazu S. 111ff. 240 Vgl. hierzu S. 101ff. 241 Vgl. hierzu S. 111ff. 242 Vgl. allgemein zur völkerrechtlichen Ausprägung dieser Fallgruppe S. 23ff, sowie zur Ausprägung im Internationalen Privatrecht S. 55f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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sen, welcher auch nach der Abspaltung mit einer in Geltung befindlichen Rechtsordnung weiter existiert. Wie auch bei der Fallgruppe der Zession bzw. Teilannexion sollte auch hier die Überlegung angestellt werden, ob die Anknüpfung aufgrund der Staatensukzession entsprechend der Fallgruppe der Dismembration einer Korrektur bedarf. Um diese Frage zu beantworten, soll auch hier ein Beispielsfall herangezogen werden: Ein Mann sudanesischer und eine Frau ägyptischer Staatsangehörigkeit mit einem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des heutigen Südsudans schließen 2010 dort die Ehe. Wie auch die Fallgruppe der Dismembration wurde die Separation bzw. Sezession in der Literatur bereits untersucht.243 Während auch hier die Möglichkeit besteht, den für die Unwandelbarkeit maßgeblichen Zeitpunkt zu verschieben,244 vertritt Busse die Auffassung, dass auf die jeweils kontinuierliche Rechtsordnung verwiesen wird.245 Regelmäßig wird dies die Rechtsordnung des Vorgängerstaates sein. 246 In den Fällen, in welchen der abgespaltene Staat jedoch das Recht übernimmt, das auf seinem Staatsgebiet früher als Teilrechtsordnung des Vorgängerstaates galt, stelle dieses Recht die kontinuierliche Rechtsordnung dar.247 Selbiges sieht Busse im Fall einer interpersonalen Rechtsspaltung vor, falls die Teilrechtsordnung im abgespaltenen Staat fortgilt.248 Dieser Ansatz widerspricht jedoch bereits dem Wortlaut der ausgesprochenen Verweisung. Das Kollisionsrecht verweist regelmäßig auf das Recht eines Staates und nicht auf eine bestimmte Rechtsordnung. Betrachtet man den Staatsbegriff des Internationalen Privatrechts näher, ergibt sich, dass dieser nicht rein rechtsordnungsbasiert ist.249 Würde man stattdessen auf die reine Kontinuität der Rechtsordnung, unabhängig von der Staatsidentität, abstellen, würden sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. So ist fraglich, wie bei nur teilweisem Fortbestand einer Rechtsordnung zu verfahren ist und ab wie viel Änderung nicht mehr von Kontinuität gesprochen werden kann. Folglich kann die eigentlich angestrebte Rechtssicherheit durch das Abstellen auf die Kontinuität der Rechtsordnung nicht erreicht werden. Auch stellt das 243

Busse, IPRax 1998, 155, 155ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 197ff. Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 197ff., der die Staatenabspaltung jedenfalls in seinem Einleitungssatz erwähnt; vgl. zu weiteren Nachweisen sowie zur Kritik ausführlich S. 92, welche auf die vorliegende Fallgruppe der Staatenabspaltung übertragen werden kann. 245 Busse, IPRax 1998, 155, 157ff. 246 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 26; Busse, IPRax 1998, 155, 157; sofern die Sukzession nach der österreichischen Doppelmonarchie als Abspaltung gesehen wird, so offenbar auch BayObLG, Ent. v. 12.12.1952 (1 Z 247/1952), JZ 1954, 441, 442; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 4 EGBGB, Rn. 51; so jedenfalls für die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit auch Makarov, RabelsZ 22 (1957), 201, 213. 247 Busse, IPRax 1998, 155, 157f. 248 Busse, IPRax 1998, 155, 158f. 249 Siehe hierzu S. 36ff. 244

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

(teilweise) Fortbestehen und die Änderung einer Rechtsordnung ein intertemporales Problem dar und kein sukzessionsbedingtes. Vielmehr sollte nicht blind immer auf die ursprünglich maßgebliche Teilrechtsordnung gesprungen werden, sondern nur in den Fällen, in welchen der verweisende Staat bereits selbst diese ehemalige Teilrechtsordnung berufen hat. 250 Die bezweckte Rechtsordnungskontinuität sollte stattdessen über einen klaren Staatenbegriff angestrebt werden. Eine Korrektur der ausgesprochenen Verweisung sollte nur ultima ratio sein in Fällen, in welchen die ausgesprochene Verweisung ins Leere führt. Da dies in Fällen der Separation bzw. Sezession nicht der Fall ist, ist ebenso wie bei der Zession bzw. Teilannexion keine Korrektur angezeigt. Dieses Vorgehen verlangt jedoch eine saubere Abgrenzung zur Fallgruppe der Dismembration, bei der es aufgrund der fehlenden Staatsidentität zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat zu einem Leerverweis kommen kann. Hinsichtlich der maßgeblichen Kriterien ist auf B.II.2.b)aa) zu verweisen. Im obigen Beispielsfall führen die Kollisionsnormen des Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB im Anknüpfungszeitpunkt der Eheschließung zum Recht des Sudans. Dieser Staat besteht auch nach der Abspaltung des Südsudans fort, sodass die Verweisung auf den Sudan erhalten bleibt, obwohl diese aufgrund einer örtlichen Verbindung, des gewöhnlichen Aufenthalts, zustande kam.251 Gemäß Art. 11 Abs. 5 sudZGB nimmt das Recht des Sudans die Verweisung an.252 Eine Korrektur ist nicht angezeigt. Oben beschriebenes, allgemeines Vorgehen ist auch im Fall einer Sezession, also einer Abspaltung gegen den Willen des ursprünglichen Staates, angezeigt, da auch hier keinerlei Gründe für eine Privilegierung des Rechts des abgespaltenen Staates bestehen. Möchte man in diesen Fällen eine Korrektur vornehmen, so ist vielmehr die kollisionsrechtliche Verweisung über den ordre public zu korrigieren.253

250

Vgl. dazu S. 49ff. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn der Sudan vor der Abspaltung des Südsudans ein territorial gespaltenes materielles Recht gehabt hätte. In einem solchen Fälle hätte das deutsche Kollisionsrecht aufgrund von Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB direkt auf die entsprechende Teilrechtsordnung verwiesen, sodass auch nach der Staatensukzession auf das Recht des Südsudans verwiesen worden wäre. 252 Vgl. zum Gesetzestext Kropholler, Außereuropäische IPR-Gesetze, S. 763; sowie zur Geltung Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Anh. II zu Art. 43-46 EGBGB, Rn. 276; vgl. allgemein zum Umgang mit gleichheitswidrigen ausländischen Kollisionsnormen S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 23 m.w.N. 253 Vgl. hierzu allgemein S. 202ff. 251

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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b) Renvoi durch interlokales Privatrecht Wird auf einen Vorgängerstaat gesamtverwiesen, der eine interlokal gespaltene Privatrechtsordnung besitzt, kann es zu einem renvoi254 durch das interlokale Privatrecht des Vorgängerstaates auf das Privatrecht des Nachfolgestaates kommen.255 Die Besonderheit, welche sich durch die Staatensukzession ergibt, besteht in der Tatsache, dass der Vorgängerstaat die Verweisung zunächst annimmt256 und erst das interlokale Privatrecht den renvoi ausspricht. Verdeutlicht werden soll dies durch folgenden hypothetischen Beispielsfall:257 Zwei Spanier mit bürgerlich-rechtlicher Gebietszugehörigkeit (vecindad civil) zu Katalonien schließen 2010 die Ehe. Würde sich Katalonien nun von Spanien separieren, und die Ehegatten würden daraufhin ihren Güterstand auseinandersetzen, wird die oben beschriebene Problematik relevant. Das deutsche Internationale Privatrecht verweist durch Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auf spanisches Recht, da im Zeitpunkt der Eingehung der Ehe beide Beteiligten spanische Staatsangehörige waren. Dieses nimmt die Verweisung ebenfalls aufgrund der gemeinsamen spanischen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung nach Art. 9 Abs. 2 spnCc an.258 Das interlokale Privatrecht Spaniens verweist – unterstellt die Vorschriften werden nach einer Sezession nicht geändert – nach Art. 14 Abs. 1 spnCc i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Nr. 1, Art. 9 Abs. 2 spnCc wegen der katalonischen vecindad civil jedoch auf katalonisches Recht. Aufgrund der erfolgten Abspaltung Kataloniens stellt dies aber vielmehr eine versteckte Weiterverweisung denn eine interlokale Verweisung dar.

254 Zum Begriff des renvoi vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 163; Sonnentag, Der Renvoi im Internationalen Privatrecht, S. 6f. mit weiteren Nachweisen zur Terminologie. 255 Ohne Benennung der Einordnung als renvoi will Busse, IPRax 1998, 155, 157 bei einem Verweis auf ein Gebiet, dessen Recht ursprünglich als Teilrechtsordnung des Vorgängerstaates anwendbar war, nach der Sukzession direkt auf die nun selbstständige Rechtsordnung verweisen. 256 Die Annahme der Verweisung ist notwendige Voraussetzung, um auf die interne interlokale Kollisionsnorm zurückzugreifen: Stoll, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 513. 257 Da sich die Konstellation nicht nur im Rahmen einer Zession/Teilannexion ergeben kann, sondern auch bei einer Separation/Sezession, soll der folgende Beispielsfall aufgrund der katalonischen Unabhängigkeitsbestrebungen (siehe nur Kellner, Der Kampf um Unabhängigkeit geht weiter) und der spanischen Foralrechte zu einer Abspaltungskonstellation gebildet werden. 258 Abgedruckt unter Daum, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Spanien (220. Lieferung), S. 41.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Die Beachtung dieses renvoi ist aufgrund des Respekts vor der Souveränität und der Interessen des fremden Staates sowie des Strebens nach internationalem Entscheidungseinklang angezeigt.259 III. Thematische Besonderheiten Während sich die bisherigen Ausführungen auf die Suche nach einer allgemeinen Lösung für den Umgang mit unwandelbaren Verweisungen konzentriert haben und lediglich auf Beispiele aus gewissen Themenkreisen zurückgegriffen haben, so sollen im Folgenden obige Vorschläge im jeweiligen Sachzusammenhang beleuchtet und so überprüft werden, ob die entsprechenden besonderen Aspekte und Interessen des jeweiligen Gebiets Berücksichtigung finden. 1. Eheschließung Die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung sowie die Eheschließungsform im Inland knüpft Art. 13 Abs. 1, 4 EGBGB unwandelbar im Augenblick (kurz vor) der Eheschließung an. 260 Kommt es nach diesem Zeitpunkt zu einer Staatensukzession, die den Staat der verwiesenen Rechtsordnung umfasst, ist zunächst auf die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich des Umgangs mit der Verweisung 261 zurückzukommen: In einem ersten Schritt ist dabei zu klären, ob ein kollisionsrechtlich identischer Nachfolgestaat besteht.262 Ist dies, wie in den Fallgruppen der Zession bzw. Teilannexion, Fusion, Inkorporation bzw. Vollannexion und Separation bzw. Sezession, der Fall,263 wird auf diesen verwiesen und seine intertemporalen Vorschriften sind für den Umgang mit der ausgesprochenen Verweisung maßgeblich. Ist die Bestimmung eines kollisionsrechtlich identischen Nachfolgestaates dagegen nicht möglich, wie z.B. in gewissen Fällen einer Dismembration, ist zu klären, ob es sich vorliegend um einen abgeschlossenen Vorgang handelt.264 Auch wenn die Ehe selbst ein Dauerrechtsverhältnis ist, so ist mit dem Akt der Eheschließung dieses Rechtsverhältnis wirksam entstanden. Hinsichtlich der Entstehung ist damit der Vorgang abgeschlossen. Mangels Nachfolgerechtsordnung verbleibt es bei der Anwendung des Rechts des Vorgänger259

Vgl. für einen Überblick über die Argumente, welche allgemein für und gegen einen renvoi sprechen und die allesamt auf die Beachtung des durch interlokales Privatrecht ausgesprochenen renvoi übertragen werden können, v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 4 EGBGB, Rn. 16ff. sowie Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 163ff. 260 Coester, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 15. 261 Vgl. S. 84ff. 262 Vorrangig hierzu wäre auch hier wiederum eine sukzessionsbedingte Regelung. 263 Vgl. S. 49ff. 264 Vgl. S. 88f.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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staates, weshalb in diesen Fällen der Sachverhalt durch „totes“ Recht beurteilt wird. Stellt man nun die Spezifika des Internationalen Eheschließungsrechts mit in diese Überlegungen ein, so wird diese allgemeine Vorgehensweise den Anforderungen und Interessen des Eheschließungsrechts gerecht. Das Internationale Eheschließungsrecht ist geprägt durch den Grundsatz semel validum, semper validum.265 Danach bleibt die rechtliche Beurteilung im Zeitpunkt der Eheschließung bei wirksam geschlossenen Ehen alleine maßgeblich.266 Wie auch ein nachträglicher Wechsel des Personalstatuts durch Änderung der Anknüpfungstatsachen lässt auch ein Wechsel der maßgeblichen Rechtsordnung aufgrund einer Staatensukzession die getroffene Anknüpfung unberührt. Auf diese Weise wird der eheliche Status geschützt und somit zugleich den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 GG Genüge getan.267 Auch der umgekehrte Fall wird sowohl in der Literatur 268 als auch Rechtsprechung269 angedacht: die Heilung einer ursprünglich unwirksamen Ehe durch eine Veränderung des maßgeblichen Statuts.270 Zunächst ist wiederum zu klären, ob es sich um einen Fall der Staatensukzession handelt, bei welcher es einen kollisionsrechtlich identischen Nachfolgestaat des Staates gibt, auf den die ursprüngliche Verweisung gerichtet war. In diesem Fall ist die Verweisung auf die Rechtsordnung des Nachfolgestaates gerichtet. Dessen Intertemporales Privatrecht bestimmt dann, welche Fassung der maßgeblichen Vorschriften Anwendung findet. Wird auf diese Weise eine Ehe, welche zunächst von der Vorgängerrechtsordnung als wirksam 265

OLG München, Ent. v. 04.04.1950 (1 U 105/50), IPRspr. 1950/51, Nr. 132; KG, Ent. v. 30.12.1970 (19 U 1954/69), IPRspr. 1970, Nr. 57; Coester, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 16 m.w.N.; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 13 EGBGB, Rn. 33. 266 Coester, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 16; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 13 EGBGB, Rn. 82. 267 Vgl. zu dem Einfluss von Art. 6 Abs. 1 GG auf Art. 13 EGBGB BVerfG, Ent. v. 30.11.1982 (1 BvR 818/81), NJW 1983, 511 = BVerfGE 62, 323. 268 Andrae, in: NK, Art. 13 EGBGB, Rn. 13; Coester, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 17ff.; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 13 EGBGB, Rn. 90ff.; Siehr, in: Jayme, Gedächtnisschrift für Albert A. Ehrenzweig, S. 131ff.; Siehr, IPRax 1987, 19, 19ff.; Siehr, IPRax 2007, 30, 33; Thorn, in: Palandt, Art. 13 EGBGB, Rn. 6; differenzierend Beitzke, JZ 1959, 123, 125; a.A. Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 20 IV 1 c; Schurig, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 13 EGBGB, Rn. 34. 269 Z.B. KG, Ent. v. 30.12.1970 (19 U 1954/69), IPRspr. 1970, Nr. 57; OLG Koblenz, Ent. v. 21.10.1975 (3 U (WG) 290/73, IPRspr. 1975, Nr. 39; KG, Ent. v. 27.01.1986 (16 WF 6393/85), IPRax 1987, 33, 33f. (m. Anm. Siehr); OLG Koblenz, Ent. v. 07.07.1988 (5 U (WG) 11/88), IPRspr. 1988, Nr. 62; OLG München, Ent. v. 22.12.1992 (4 UF 218/92), StAZ 1993, 151, 152. 270 Vgl. zur Heilung durch Staatensukzession S. 169ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

angesehen wurde, nun aufgrund der sukzessionsbedingten Regelungen als unwirksam betrachtet, so ist ein möglicher Verstoß gegen den ordre public anzudenken.271 Ob dagegen eine Heilung einer nach dem „alten“ Recht unwirksamen Ehe durch einen Wechsel des anwendbaren Rechts bedingt durch die Staatensukzession möglich ist, hängt allein von der Nachfolgerechtsordnung und deren Intertemporalem Privatrecht ab. Verweist dieses ohne Ausnahme auf die Vorgängerrechtsordnung, so ist eine Heilung nicht möglich. Verweist es dagegen auf gegenwärtig geltendes Recht, ist eine Heilung bereits durch diese Zuordnung eingetreten, sofern die Nachfolgerechtsordnung die Ehe als wirksam ansieht. Der lex fori bleibt in dem Fall einer bestehenden Nachfolgerechtsordnung lediglich die Berufung dieser. Anders ist hingegen der Fall einer Staatensukzession zu beurteilen, die für die verwiesene Rechtsordnung keine Nachfolgerechtsordnung vorsieht. Aufgrund des abgeschlossenen punktuellen Ereignisses verbleibt es bei der Anwendung des Rechts des Vorgängerstaates. Sieht dieses die Ehe als wirksam an, bleibt diese wirksam gemäß dem Grundsatz semel validum, semper validum. Wird die Ehe von der Vorgängerrechtsordnung hingegen als unwirksam betrachtet, so kommt die Möglichkeit einer Heilung durch einen durch die Staatensukzession bedingten Statutenwechsel in Betracht. Ändert sich das Personalstatut infolge der Staatennachfolge und sieht das neue Personalstatut eine Wirksamkeit der Ehe vor, ist diese auch als wirksam anzusehen, da in diesen Fällen der Gesetzeszweck der Unwandelbarkeit entfällt. An dieser Stelle greift somit die gleiche Argumentation wie im Falle eines Statutenwechsels im engeren Sinn. 2. Güterrecht Klassisches Beispiel im Bereich der unwandelbaren Anknüpfung von Dauerrechtsverhältnissen ist das eheliche Güterrecht. Deshalb ist dieser Themenkreis bereits bei der allgemeinen Betrachtung immer wieder als Exempel herangezogen worden und im Zuge dessen ist auch bereits auf einige Besonderheiten eingegangen worden. a) Folgen des Statutenwechsels aa) Vermögensspaltung oder Abwicklung Während die meisten Dauerrechtsverhältnisse, wie z.B. der Unterhalt, aufgrund ihrer leichten Teilbarkeit ohne besonderen Aufwand einem neuen Statut unterstellt werden können, ergeben sich insbesondere für den Statutenwechsel beim ehelichen Güterstand Folgeprobleme. Ein solcher Statutenwechsel kann dabei zwei verschiedene Konsequenzen haben, welche bereits 271

Vgl. hierzu S. 222ff.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

125

im Rahmen des Art. 220 Abs. 3 EGBGB diskutiert wurden.272 Entweder wird der vor dem Zerfall geltende Güterstand beendet mit allen Folgen, die eine solche Beendigung mit Liquidationsmaßnahmen und Abwicklungsansprüchen mit sich bringt (endgültige Beendigung) und der neue Güterstand folgt auf diesen. Alternativ kann der frühere Güterstand bezüglich der bis zum Zerfallszeitpunkt erworbenen Vermögensgegenstände fortbestehen; für das nach dem Sukzessionszeitpunkt erworbene Vermögen tritt daneben parallel ein neuer Güterstand (gespaltenes Güterrecht).273 Nachteil des gespaltenen Güterrechts ist dabei die Rechtsunsicherheit, welche für Dritte dadurch entsteht, dass für den Rechtsverkehr nicht nachvollzogen werden kann, wie sich das Vermögen der Ehegatten verteilt und welchen Regelungen es jeweils untersteht.274 Im Rahmen der innerdeutschen Abwicklung lässt Art. 236 § 3 S. 2 EGBGB die Verjährung von möglichen Ausgleichsansprüchen wegen der Beendigung des bisherigen Güterstands durch den Statutenwechsel erst am 04.10.1992 beginnen. Aufgrund dieser Regelung der Verjährung im Rahmen des Art. 236 § 3 EGBGB geht der Gesetzgeber von einer endgültigen Beendigung aus.275 Folglich ist auch – wie bereits im Rahmen des Art. 220 Abs. 3 EGBGB – eine endgültige Beendigung vorzugswürdig. bb) Durchführung der (güterrechtlichen) Neuordnung Auch hinsichtlich der Frage, wie dieses zeitliche Nacheinander abzuwickeln ist, gibt es verschiedene Ansätze.276 So sieht der BGH im Falle des Güterrechts den alten Güterstand als schlicht erloschen an, ohne ihn abzuwickeln.277 Dies hat zur Folge, dass insbesondere der Übergang einer Zugewinngemeinschaft in eine Gütertrennung keine Ausgleichsansprüche auslöst. Damit würde dem Statutenwechsel jedoch eine Rückwirkung 278 zukommen, 272

Obwohl dies, wie auch die folgenden Punkte, eine Frage des Neustatuts ist, sollen die theoretischen Möglichkeiten und daran anschließenden Fragestellungen im Folgenden kurz dargestellt werden. 273 Vgl. zur gleichen Diskussion und für eine endgültige Beendigung im Rahmen des Art. 220 Abs. 3 EGBGB BGH, Ent. v. 17.09.1986 (IVb ZR 52/85), FamRZ 1986, 1200, 1202; BGH, Ent. v. 08.04.1987 (IVb ZR 37/86), MittBayNot 1987, 254, 254f.; v. Bar, JZ 1987, 755, 756; Lichtenberger, DNotZ 1987, 297, 302; S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 123f. m.w.N.; Rauscher, NJW 1987, 531, 532; Rauscher, IPRax 1988, 347, 347; Rauscher, DtZ 1991, 20, 22; Schurig, IPRax 1988, 88, 93; Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 179; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rn. 22. 274 Siehr, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 15 EGBGB, Rn. 179. 275 Mansel, in: Jayme/Andrae, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, S. 160. 276 Vgl. zur Überleitung von Güterständen allg. Gamillscheg, in: Bettermann, Festschrift für Eduard Bötticher, S. 152ff. 277 BGH, Ent. v. 08.04.1987 (IVb ZR 37/86), MittBayNot 1987, 254, 255. 278 Vgl. zur Rückwirkung allgemein S. 222ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

die dem verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz widerspricht. 279 Vielmehr ist entsprechend den zum Parallelproblem des Art. 220 Abs. 3 EGBGB entwickelten Lösungsansätzen280 grundsätzlich die vor dem Statutenwechsel maßgebende Rechtsordnung für die Abwicklung des Rechtsverhältnisses zuständig, während die neue Rechtsordnung für die Neuordnung, z.B. des Vermögens, entscheidend ist.281 Dabei ist jedoch die kollisionsrechtliche Vorgabe, dass aufgrund des Vertrauensschutzgedankens keine Rückwirkung erfolgen soll, zu beachten. 282 Ebenso ist es auch hier angezeigt, dass eine Auseinandersetzung dann nicht zu erfolgen hat, wenn diese einen reinen Formalismus darstellen würde.283 Zur Verdeutlichung kann dabei auf das obige Beispiel zurückgegriffen werden. Hier war kroatisches Recht sowohl als Teilrechtsordnung des Vorgängerstaates als auch als Rechtsordnung des Nachfolgestaates berufen. Mangels Änderungen dieser Rechtsordnung durch die Staatensukzession ist eine Auseinandersetzung in dieser Konstellation nicht zielführend. cc) Feststellung der maßgeblichen Tatsachen Darüber hinaus müssen im Falle einer Abwicklung diejenigen Tatsachen im Zeitpunkt der Sukzession festgestellt werden, die für die Abwicklung des Rechtsverhältnisses notwendig sind. Dabei darf alleine die aufwendigere Handhabung dieser Lösung kein Gegenargument bilden, da nicht der Vergleich des Aufwands der möglichen Methoden ausschlaggebend sein darf. Die Einfachheit eines Weges sagt nichts über dessen Richtigkeit aus. Lediglich die praktische Nichtumsetzbarkeit einer Methode darf und muss einen Hinderungsgrund darstellen. Von einer Praktikabilität eines solchen Statutenwechsels, z.B. auch im Rahmen des Güterrechts, geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, z.B. durch die Regelungen in Art. 26 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 EuGüVO bzw. Art. 26 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2 EuPartVO, Art. 22 279

Rauscher, DtZ 1991, 20, 22. Vgl. hierzu ausführlich S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 124ff. 281 v. Bar, JZ 1987, 755, 756; Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, S. 72; hiervon ausgehend Gamillscheg, in: Bettermann, Festschrift für Eduard Bötticher, S. 152ff.; Lichtenberger, in: Heldrich/Sonnenberger/Ansay, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, S. 274f.; S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 134, 143; Pakuscher, Die Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts im Lichte der Reform des internationalen Privatrechts, S. 66; Wassermann, FamRZ 1990, 333, 340; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1743f. 282 S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 130. 283 S. Lorenz, Das intertemporale internationale Ehegüterrecht nach Art. 220 III EGBGB und die Folgen eines Statutenwechsels, S. 137. 280

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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Abs. 2 EuGüVO/EuPartVO, Art. 220 Abs. 3 EGBGB oder Art. 236 § 3 S. 1 EGBGB. Alle Normen beschreiben dabei Fälle, in welchen der Gesetzgeber trotz grundsätzlicher Unwandelbarkeit einen Statutenwechsel vorsieht. Allein durch die gesetzlich angelegte Häufigkeit dieser Konstellation zeigt sich, dass die möglichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung vergangener Tatsachen nicht Spezifikum der hier vorgeschlagenen Methode sind, sondern allgemein bestehen. Geht es z.B. um die Bezifferung des Werts eines Vermögens zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit, so werden regelmäßig bei größeren Vermögensteilen sowohl Zeit als auch Ort des Erwerbs feststellbar sein, während bei kleineren Vermögensteilen deren Ermittlung nicht wesentlich sein wird.284 Kann dennoch behauptetes Vermögen nicht nachgewiesen werden, so greifen die allgemeinen Vorschriften zur Darlegungs- und Beweislast285 – ebenso wie in allen anderen Konstellationen. b) Besonderheiten der EuGüVO/EuPartVO Da sich die Betrachtung jedoch in erster Linie auf das alte Güterrecht des EGBGB bezogen hat, soll noch auf die neuen Güterrechtsverordnungen eingegangen werden. Der größte Unterschied zum Recht des EGBGB liegt in der Ausnahmeklausel nach Art. 26 Abs. 3 bzw. Abs. 2 EuGüVO/EuPartVO, welche eine Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes darstellt.286 Tritt nun zwischen den Zeitpunkt der Regelanknüpfung nach Art. 26 Abs. 1 EuGüVO/EuPartVO und der Beurteilung des Sachverhalts eine Staatensukzession, kommt dieser Klausel erhöhte Bedeutung zu. Als allgemeine Ausweichklausel zu Abs. 1 ist sie schon methodisch vor den oben entwickelten allgemeinen Grundsätzen287 zu prüfen. Da die Anknüpfung auf den letzten gemeinsamen Aufenthalt der Ehegatten zielt, welcher zwangsläufig zeitlich nach dem zunächst maßgeblichen Anknüpfungszeitpunkt nach Abs. 1 liegt, besteht bereits eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Fall die Sukzession nicht zwischen (neue) Anknüpfung und Beurteilung tritt. In diesem Fall würde Art. 26 Abs. 3 bzw. Abs. 2 EuGüVO/EuPartVO jedenfalls auf ein geltendes Recht verweisen. Hier ergeben sich lediglich Besonderheiten bei der Auslegung. So spricht Art. 26 Abs. 3 UAbs. 1 lit. a EuGüVO bzw. Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a EuPartVO von einem „erheblich längeren Zeitraum“. 284

Beitzke, in: Habscheid, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag,

S. 73. 285 Vgl. zur Stellung im Internationalen Zivilverfahrensrecht Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 752f., sowie zur Grundregel im nationalen Recht Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7. 286 Wiedemann, in: BeckOKBGB, Art. 26 EuGüVO, Rn. 18.1; Ziereis, NZFam 2019, 237, 240; Martiny, ZfPW 2017, 1, 24 spricht von der „Nähe einer Ausnahme von der Unwandelbarkeit“. 287 Siehe S. 85ff.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Dies bestimmt sich allgemein nicht allein durch einen absoluten Vergleich der beiden relevanten Zeiträume. Vielmehr ist dieser Unterschied in Relation zur absoluten Dauer des jeweiligen Aufenthalts zu setzen.288 Dies gilt grundsätzlich auch bei Staatensukzessionen. Hinsichtlich der Beurteilung des „erheblich längeren Zeitraum(s)“ sind dabei der Vorgängerstaat sowie der Nachfolgestaat im Falle einer kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn als ein Staat anzusehen. Selbiges gilt auch im Falle einer Staatensukzession nach Aufenthaltswechsel: Für die Beurteilung, ob ein „erheblich längerer Zeitraum“ vorliegt, ist auch hier auf die Aufenthaltszeit sowohl im Vorgängerals auch im Nachfolgestaat abzustellen, sofern eine kollisionsrechtliche Identität im weiteren Sinn besteht. Ähnliches gilt auch für das von Art. 26 Abs. 3 UAbs. 1 lit. b EuGüVO bzw. Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b EuPartVO geforderte Vertrauen. Hier sind die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls zu bewerten und zu berücksichtigen. 289 Neben die bisher in diesem Zusammenhang angeführten Faktoren290 tritt im Falle einer Staatensukzession das Verhalten der Ehegatten im Anschluss an diese. Greift Art. 26 Abs. 3 bzw. Abs. 2 EuGüVO/EuPartVO jedoch nicht direkt ein, ist in einem weiteren Schritt zu überlegen, diesen analog anzuwenden, um eine Leerverweisung durch die Anknüpfung gemäß Art. 26 Abs. 1 EuGüVO/EuPartVO zu vermeiden. Vorteil dieser Lösung wäre, dass sie sich am Gesetz orientiert, Rechtssicherheit durch Vermeidung einer Leerverweisung schafft und zugleich die Besonderheiten des Güterrechts beachtet, indem sie sich direkt einer seiner speziellen Anknüpfungsnormen bedient. Eine weitere Besonderheit des neuen Güterkollisionsrechts im Vergleich zu Art. 15, 14 EGBGB besteht in der Reichweite der Verweisung. Da es sich bei der Verweisung durch die Güterrechtsverordnungen nach Art. 32 EuGüVO/EuPartVO um eine Sachnormverweisung handelt, kann sich eine Wandelbarkeit de facto durch die Wandelbarkeit einer ausländischen Kollisionsnorm291 nicht mehr ergeben.292

288

Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen, S. 56; Ziereis, NZFam 2019, 237, 240. 289 Ziereis, NZFam 2019, 237, 240. 290 J. Weber, DNotZ 2016, 659, 674; Ziereis, NZFam 2019, 237, 240. 291 Zahlreiche ausländische Rechtsordnungen knüpfen das Güterrecht wandelbar an. Vgl. nur die Beispiele S. 83f. 292 Anders war dies noch unter Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 EGBGB a.F., die gemäß Art. 4 Abs. 1 EGBGB eine Gesamtverweisung ausgesprochen haben, vgl. nur Hausmann, in: Hausmann/Odersky/Schäuble u.a., Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, § 9 Rn. 66.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

129

3. Elterliche Verantwortung Das Kollisionsrecht der elterlichen Verantwortung ist vorrangig im KSÜ geregelt.293 Dessen Art. 16 Abs. 1 bestimmt, dass sich die Zuweisung und das Erlöschen der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes richtet. Wechselt das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so besteht eine kraft Gesetzes begründete elterliche Verantwortung nach dem vorherigen Aufenthaltsrecht gemäß Art. 16 Abs. 3 KSÜ fort.294 Kommt es nach der Zuweisung der elterlichen Verantwortung zu einer Staatensukzession, ist hinsichtlich des Umgangs mit der Verweisung zunächst auf die allgemeinen Grundsätze295 zurückzugreifen. In einem ersten Schritt – sofern keine sukzessionsbedingten Regelungen bestehen – ist zu klären, ob ein identischer Nachfolgestaat besteht, bevor ggf. in einem zweiten Schritt zwischen abgeschlossenen Vorgängen einerseits und nicht abgeschlossenen Vorgängen sowie Dauerrechtsverhältnissen unterschieden wird. Die Besonderheit des Art. 16 KSÜ liegt jedoch darin, dass er lediglich über das „Ob“ der elterlichen Verantwortung eine Aussage trifft, das „Wie“ der Ausübung wird durch Art. 17 KSÜ geregelt, der wandelbar an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes anknüpft. Kommt es nun zu einer Staatennachfolge betreffend den Staat, der nach Art. 16 Abs. 1 KSÜ die elterliche Verantwortung ursprünglich zugewiesen hatte, bleibt die Entscheidung des „Obs“ der elterlichen Verantwortung unabhängig von dem Schicksal des verwiesenen Staates bestehen – es handelt sich um einen abgeschlossenen Vorgang. Im Gegensatz zum Beispiel des Ehegüterrechts bedarf es keiner inhaltlichen Ausgestaltung durch Art. 16 KSÜ mehr.296 Diese erfolgt stattdessen durch Art. 17 KSÜ, 293 Richtet sich das anwendbare Recht hingegen nach Art. 21 EGBGB, so können die folgenden Erkenntnisse nur bedingt übertragen werden. Im Gegensatz zum KSÜ unterscheidet Art. 21 EGBGB nicht zwischen Bestehen und Inhalt der elterlichen Sorge, sondern unterstellt alles gemeinsam wandelbar dem gewöhnlichen Aufenthaltsrecht des Kindes. Findet das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA, für Deutschland nur noch im Verhältnis zu der chinesischen Sonderverwaltungsregion Macau und den niederländischen Überseegebieten Aruba und St. Martin anwendbar) Anwendung, so können obige Grundsätze nur auf Art. 3 MSA übertragen werden. Orientiert sich das Kollisionsrecht an der Zuständigkeit, wie grundsätzlich in Art. 2 MSA oder in Art. 15 KSÜ, so wird aufgrund des lex fori- Prinzips keine Staatensukzession die Verweisung beeinträchtigen können. 294 Aus diesem Grund wird die Fallgruppe auch unter dem Kapitel „Verweisungsrichtung bei unwandelbarer Anknüpfung“ besprochen. 295 Vgl. S. 84ff. 296 Geht es dagegen um die Frage der Änderung des Bestehens der elterlichen Verantwortung, also eine erneute Zuweisung und ein Erlöschen, ist – wie auch in den Fällen unabhängig von einer Staatensukzession – eine erneute Entscheidung aufgrund der wandelbaren Anknüpfung des Art. 16 Abs. 1 KSÜ möglich.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

durch dessen wandelbare Anknüpfung auch stets geltendes Recht über die Ausübung der elterlichen Verantwortung entscheidet. Durch die Beibehaltung der Entscheidung des durch die Sukzession betroffenen Staates werden auch Schutzlücken hinsichtlich des Bestehens einer elterlichen Verantwortung vermieden, sodass auch dem Kindeswohl297 entsprochen wird. Zudem wird entsprechend dem Art. 16 KSÜ zugrundeliegenden Kontinuitätsgedanken298 auch eine rechtssichere Lösung erzielt, da die Regelung des „Obs“ der elterlichen Verantwortung nicht abhängig von der Sukzessionskonstellation bestimmt werden muss. Folglich findet Art. 16 Abs. 3 KSÜ nicht nur bei einem Aufenthaltswechsel des Kindes Anwendung, der durch eine physische Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts zustande kommt. Der Maßgabe des Art. 16 Abs. 3 KSÜ wird auch in Fällen des Wechsels des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts299 aufgrund einer Staatensukzession entsprochen. 4. Annahme eines Kindes Das Adoptionsstatut wird durch Art. 22 EGBGB geregelt. Dabei unterliegt die Annahme als Kind nach Art. 22 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Annehmende bei der Annahme angehört. Erfolgt die Adoption durch ein Ehepaar/Lebenspartner, so unterliegt sie gemäß Art. 22 Abs. 1 S. 2 bzw. 3 EGBGB dem Recht, das nach Art. 14 Abs. 2 EGBGB/Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB für die allgemeinen Wirkungen der Ehe/Lebenspartnerschaft maßgebend ist. Entscheidender Zeitpunkt ist derjenige, in welchem das letzte Tatbestandsmerkmal der Adoption erfüllt ist.300 Kommt es nun nach diesem Zeitpunkt zu einer Staatensukzession, ist hinsichtlich des Umgangs mit der Verweisung zunächst wiederum auf die allgemeinen Grundsätze 301 zurückzukommen. Maßgeblich ist dabei in einem ersten Schritt, ob eine Sonderregelung besteht. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob ein kollisionsrechtlich identischer Nachfolgestaat besteht. Gibt es einen solchen,302 bestimmen dessen intertemporale Vorschriften, wie mit der ausgesprochenen Verweisung weiter umzugehen ist. Ist dagegen kein kollisionsrechtlich identischer Nachfolgestaat bestimmbar, wie z.B. in gewissen Fällen einer Dismembration, so ist auch hier in einem weiteren Schritt zwischen abgeschlossenen Vorgängen 297 So wurde z.B. im KSÜ bewusst der Begriff der elterlichen Verantwortung statt der elterlichen Gewalt gewählt, um die elterliche Verpflichtung gegenüber den Kindern zu betonen, Benicke, in: NK, Art. 1 KSÜ, Rn. 5. 298 Benicke, in: NK, Art. 16 KSÜ, Rn. 4; Markwardt, in: BeckOGK, Stand: 01.08.2020, Art. 16 KSÜ, Rn. 25. 299 Vgl. hierzu ausführlich S. 193ff. 300 BT-Drs.10/504, 71; Andrae, Internationales Familienrecht, § 8 Rn. 27; Helms, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 22 EGBGB, Rn. 18; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 1032. 301 Vgl. S. 85ff. 302 Vgl. S. 49ff.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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einerseits und nicht abgeschlossenen Vorgängen sowie Dauerrechtsverhältnissen andererseits zu unterscheiden.303 Mit der Verwirklichung des letzten Tatbestandsmerkmals der Annahme ist die Adoption als Vorgang abgeschlossen.304 Andererseits wird durch die Annahme als Kind eine neue Dauerrechtsbeziehung begründet, da dieser auch noch nach dem Vorgang der Annahme zahlreiche Wirkungen zukommen, von welchen nur das Erbrecht als prominentestes Beispiel305 erwähnt sei. Das Adoptionsstatut regelt nach Art. 22 Abs. 2 EGBGB jedoch nur die Wirkungen der Annahme hinsichtlich des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Kind und dem Annehmenden sowie den Personen, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht.306 Die Wirkungen der Adoption knüpfen hingegen wandelbar an,307 sodass Anknüpfungs- und Beurteilungszeitpunkt zumeist identisch sind. Folglich verbleibt es aufgrund der Abgeschlossenheit des Vorgangs der Adoption an sich in den Fällen mangels Nachfolgerechtsordnung bei der Anwendung des Rechts des Vorgängerstaates. In diesen Fällen kommt es somit zur Beurteilung des Sachverhalts durch „totes“ Recht.308 Eine Besonderheit des Internationalen Adoptionsrechts ergibt sich lediglich dann, wenn man auch im Adoptionsrecht eine Heilung durch Statuten-

303

Vgl. S. 88f. A.A. Benicke, Typenmehrheit im Adoptionsrecht und deutsches IPR, S. 288, der die Adoption als Dauerrechtsverhältnis ansieht. 305 Vgl. hierzu nur im Kollisionsrecht Helms, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 22 EGBGB, Rn. 41ff. sowie im deutschen materiellen Recht § 1754 Abs. 1 BGB. 306 Wirkungen, die über das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Angenommenen und dem (oder den) Annehmenden sowie den Personen, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, also über die Frage des Vorliegens einer starken oder schwachen Adoption, hinausgehen, unterliegen dem jeweiligen Sonderstatut, z.B. dem Erbstatut (Heiderhoff, in: BeckOKBGB, Art. 22 EGBGB, Rn. 28; Helms, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 22 EGBGB, Rn. 41ff.), dem Namensstatut nach Art. 10 EGBGB (LG Gießen, Ent. v. 02.10.1995 (7 T 40/95), IPRspr. 1995, Nr. 13; AG Rottweil, Ent. v. 26.10.2005 (4 XVI 14/03), StAZ 2006, 144; Frank, StAZ 2018, 202, 202; Heiderhoff, in: BeckOKBGB, Art. 22 EGBGB, Rn. 27; Helms, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 22 EGBGB, Rn. 40; Hohloch, in: Erman, Art. 22 EGBGB, Rn. 18; Thorn, in: Palandt, Art. 22 EGBGB, Rn. 6), dem Statut hinsichtlich des Eltern-Kind-Verhältnisses (Heiderhoff, in: BeckOKBGB, Art. 22 EGBGB, Rn. 26; Henrich, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Art. 22 EGBGB, Rn. 46; Thorn, in: Palandt, Art. 22 EGBGB, Rn. 6) oder dem Staatsangehörigkeitsrecht (Heiderhoff, in: BeckOKBGB, Art. 22 EGBGB, Rn. 32ff.). 307 Behrentin, in: jurisPK, Art. 22 EGBGB, Rn. 52; Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, H Rn. 73; Thorn, in: Palandt, Art. 22 EGBGB, Rn. 6; a.A. Hohloch, in: Erman, Art. 22 EGBGB, Rn. 17. 308 Dieses Ergebnis läuft auch parallel zur Vorschrift des § 220 Abs. 2 EGBGB, der für das intertemporale Recht vorsieht, dass die Wirkungen der Adoption, soweit sie wandelbar sind, dem neuen Kollisionsrecht unterliegen und für die statuslösenden Wirkungen der Adoption weiterhin das nach Art. 22 EGBGB a.F. anzuwendende Recht gilt. 304

132

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

wechsel309 annimmt.310 Im Falle einer Staatensukzession muss auch hier wiederum zunächst unterschieden werden, ob ein kollisionsrechtlich identischer Nachfolgestaat vorliegt. Besteht für die verwiesene Rechtsordnung keine Nachfolgerechtsordnung, verbleibt es aufgrund des abgeschlossenen punktuellen Ereignisses bei der Anwendung des Rechts des Vorgängerstaates. Sieht dieses die Adoption als wirksam an, bleibt diese wirksam gemäß dem Grundsatz semel validum, semper validum.311 Wird die Adoption hingegen von der Vorgängerrechtsordnung als unwirksam betrachtet, so kommt die Möglichkeit einer Heilung durch einen durch die Staatensukzession bedingten Statutenwechsel in Betracht. Ändert sich das Personalstatut infolge der Staatennachfolge und sieht das neue Personalstatut eine Wirksamkeit der Annahme als Kind vor, ist diese auch als wirksam anzusehen. Anders ist hingegen der Fall zu beurteilen, wenn es einen kollisionsrechtlich identischen Nachfolgestaat des Staates, auf den die ursprüngliche Verweisung gerichtet war, gibt. In diesem Fall ist die Verweisung auf die Rechtsordnung des Nachfolgestaates gerichtet. Dessen Intertemporales Privatrecht bestimmt dann, welche Fassung der maßgeblichen Vorschriften Anwendung findet. Ob eine Heilung einer nach dem „alten“ Recht unwirksamen Adoption durch einen Wechsel des anwendbaren Rechts bedingt durch die Staatensukzession möglich ist, hängt allein von der Nachfolgerechtsordnung und deren Intertemporalen Privatrecht ab. Verweist dieses ohne Ausnahme auf die Vorgängerrechtsordnung, so ist eine Heilung nicht möglich. Verweist dagegen das intertemporale Recht auf das gegenwärtig geltende Recht, ist eine Heilung bereits durch diese Zuordnung eingetreten, sofern die Nachfolgerechtsordnung die Annahme als Kind als wirksam ansieht.312 5. Erbrecht Das Internationale Erbrecht der EuErbVO stellt grundsätzlich in seinem Art. 21 Abs. 1 auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt 309 So Siehr, in: Jayme, Gedächtnisschrift für Albert A. Ehrenzweig, S. 173ff.; dem ist zuzustimmen, da sich hinsichtlich einer Heilung keine Unterschiede zur allgemein anerkannten Heilung durch Statutenwechsel im Eheschließungsrecht erkennen lassen; a.A. Baumann, Verfahren und anwendbares Recht bei Adoptionen mit Auslandsberührung, S. 20; Helms, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 22 EGBGB, Rn. 18; indifferent Benicke, Typenmehrheit im Adoptionsrecht und deutsches IPR, S. 288. 310 Diese Möglichkeit bezieht sich nur auf Annahmen als Kind, welche vor der Staatensukzession unwirksam waren. Eine Änderung der Wirkungen einer Adoption, z.B. von einer schwachen hin zu einer starken, ist dagegen nicht durch Statutenwechsel möglich. 311 Dies entspricht auch dem telos der Unwandelbarkeit, dass ein nachträglicher Statutenwechsel ohne Einfluss auf die Adoption bleibt, Hausmann, in: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, H Rn. 41. 312 Insoweit ergibt sich bezüglich dieser Fragen eine Parallele zur Heilung einer Eheschließung; siehe dazu S. 121ff.

A. Unwandelbare Anknüpfungen

133

des Todes ab. Für die Zulässigkeit, Wirksamkeit oder Formgültigkeit von Verfügungen von Todes wegen ist jedoch der Zeitpunkt der Vornahme der Verfügung maßgeblich.313 Beleuchtet man das Ergebnis, welches sich durch die Heranziehung der allgemeinen Grundsätze ergibt,314 im Hinblick auf die Interessen und Prinzipien des Internationalen Erbrechts, so überzeugt diese Lösung. Maßgeblich ist dabei die Gewährleistung des Vertrauensschutzes des Erblassers, 315 der, ausgehend von der Anwendbarkeit eines bestimmten Rechts, seine Verfügungen getroffen hatte. Auch ist es dem Erblasser nach seinem Tod nicht mehr möglich auf eine durch eine Staatensukzession veränderte Rechtslage zu reagieren. Um die grundgesetzlich geschützte Testierfreiheit316 zu wahren, ist es deshalb notwendig, die Kontinuität der anwendbaren Rechtsordnung zu gewährleisten. Dies gelingt in Fällen, in welchen keine mit der Vorgängerrechtsordnung kollisionsrechtlich identische Nachfolgerechtsordnung bestimmt werden kann, durch Anwendbarkeit des „toten“ Rechts der Vorgängerrechtsordnung, auf welches durch die Kollisionsnorm formal verwiesen wird. Dabei handelt es sich auch um diejenige Rechtsordnung, auf die der Erblasser bei Errichtung seiner Verfügung vertraut hatte. Gibt es dagegen eine kollisionsrechtlich identische Nachfolgerechtsordnung, so wird aufgrund des Grundsatzes des Verweises auf geltendes Recht auf diese verwiesen. Der Vertrauensschutz muss folglich durch das intertemporale Recht der lex causae umgesetzt werden. Wäre dies nicht der Fall, wäre auf Korrekturinstrumente wie den ordre public zurückzugreifen.317 Somit können die besonderen Bedürfnisse und Interessen des Erbrechts auch durch die obige Lösung verwirklicht werden. 6. Schuldrecht Das Internationale Schuldrecht ist weitgehend in der Rom I-VO und der Rom II-VO geregelt. Aufgrund der zahlreich umfassten Schuldverhältnisse ganz unterschiedlicher Art, z.B. des Kaufvertrags nach Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom IVO, des Mietvertrags nach Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO oder der unerlaubten 313

Vgl. Art. 24, 25, 27 EuErbVO. Vgl. hierzu S. 85ff. 315 Dies kommt z.B. durch die Regelungen des Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Abs. 1, 2 EuErbVO zum Ausdruck, vgl. J. Schmidt, in: BeckOGK, Stand: 01.08.2020, Art. 25 EuErbVO, Rn. 3; auch kann die Regelung des Art. 83 Abs. 2-4 EuErbVO herangezogen werden, vgl. nur Dutta, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 83 EuErbVO, Rn. 1. 316 Vgl. nur BVerfG, Ent. v. 03.11.1981 (1 BvL 11/77, 1 BvL 85/78, 1 BvR 47/81), BVerfGE 58, 377, Rn. 398; BVerfG, Ent. v. 16.10.1984 (1 BvR 513/78), BVerfGE 67, 329, 341; BVerfG, Ent. v. 14.12.1994 (1 BvR 720/90), BVerfGE 91, 346, 358; BVerfG, Ent. v. 21.07.2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07), BVerfGE 126, 400, 424; Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG, Rn. 412. 317 Vgl. hierzu unten S. 222ff. 314

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Handlung nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO, erfasst das internationale Recht der vertraglichen sowie außervertraglichen Schuldverhältnisse sowohl punktuelle Ereignisse als auch Dauerrechtsverhältnisse. Kommt es nun auf den Anknüpfungszeitpunkt in Relation zu einer Staatensukzession an, ist entsprechend der oben erarbeiteten allgemeinen Grundsätze318 vorzugehen. Im Gegensatz zum Schuldrecht berührt das bisher genauer beleuchtete Familien- und Erbrecht den höchstpersönlichen Lebensbereich der Beteiligten. So kam bei der Anknüpfung „der Gedanke der Vertrautheit“ mit der jeweiligen Rechtsordnung zum Tragen.319 Das Schuldrecht sucht zwar ebenso nach der engsten Verbindung des jeweiligen Rechtsverhältnisses,320 ist aber deutlicher durch die Parteiinteressen und den Schutz des Rechtsverkehrs321 geprägt. Dementsprechend wird auch die Parteiautonomie viel stärker betont. 322 Dies bedeutet jedoch nicht, dass standardmäßig im Falle einer Leerverweisung auf den hypothetischen Parteiwillen323 abgestellt werden sollte. Zum einen findet dieser Ansatz keine Stütze im Gesetz, welches z.B. in Art. 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO eine ausdrückliche oder eindeutige Rechtswahl fordert: Besteht eine Rechtswahl zwischen den Parteien, 324 dann ist diese auch vorrangig zu prüfen.325 Liegt hingegen keine Rechtswahl vor, ist entsprechend der Systematik des Gesetzes objektiv anzuknüpfen. In einem solchen Fall wäre ein hypothetischer Parteiwille auch kaum zu ermitteln; andernfalls könnte man schließlich von einer „ordentlichen“ Rechtswahl ausgehen. Damit würde dieser Ansatz zu Rechtsunsicherheit führen.326 Eine weitere Besonderheit ergibt sich durch die häufig anzutreffende Ausweichklausel der engsten Verbindung. 327 Begreift man diese nicht nur als General- oder Hilfsklausel in räumlicher Hinsicht, sondern auch in zeitlicher Hinsicht, ergibt sich auf diese Weise ein erheblicher Gestaltungsspielraum in 318

Vgl. S. 85ff. v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 30. 320 Vgl. hierzu nur Art. 4 Abs. 3, 4; Art. 5 Abs. 3; Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO. 321 Vgl. hierzu z.B. Art. 13 Rom I-VO, siehe Hausmann, in: Hausmann/Odersky/Schäuble u.a., Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, § 4 Rn. 53. 322 Vgl. hierzu nur die weitgehende Rechtswahlmöglichkeit des Art. 3 Rom I-VO zu den Einschränkungen in Art. 5 Rom III-VO, Art. 22 EuErbVO, Art. 22 EuGüVO/EuPartVO, Art. 8 HUP oder Art. 14 Abs. 1 EGBGB. 323 Vgl. hierzu ausführlich unten S. 160; RG, Ent. v. 19.09.1923 (I 164/22), RGZ 107, 121, 123, RG, Ent. v. 03.06.1924 (III 383/23), RGZ 108, 298, 303; RG, Ent. v. 16.01.1929 (VB 42/28), RGZ 123, 130, 134. 324 Vgl. hierzu ausfürhlich S. 150ff. 325 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 61; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 8; Staudinger, in: HK-BGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1. 326 Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 117.1. 327 Beispiele hierfür finden sich in Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO, Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO, Art. 5 Abs. 2 Rom II-VO oder Art. 41 EGBGB. 319

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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sukzessionsbedingten Konstellationen. So kann in Fällen, in welchen die allgemeinen Grundsätze zu Leerverweisungen führen würden, alleine durch direkte Gesetzesanwendung eine Lösung gefunden werden. Auch hier soll wiederum ein Beispiel herangezogen werden: A, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, schließt mit dem Dienstleister B, der in dem Staat S seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, einen Dienstleistungsvertrag. Nach einigen Unruhen spaltet sich schließlich das Gebiet K, in welchem B seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, von S ab. Nach der Separation besteht keinerlei Verbindung mehr zu dem Staat S: A ist Deutscher und B hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K und die Dienstleistung wird ebenfalls in K erbracht. Dennoch verweist Art. 4 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 19 Abs. 3 Rom IVO auf das Recht des Staates S, da B als Dienstleister zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in S seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. An dieser Stelle greift nun die Anknüpfung an die engste Verbindung nach Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO. Bezieht man diese auch auf die zeitliche Dimension, so ist eine Korrektur der Anknüpfung zu erwägen. Maßgeblich sind hier die Umstände des jeweiligen Einzelfalls in ihrer Gesamtbetrachtung,328 insbesondere die Relativität der beiden in Frage kommenden Zuordnungszeiträume. Wurde der Dienstleistungsvertrag z.B. ein Monat vor der Separation geschlossen und dauerte jedoch über mehrere Jahre nach der Sukzession an, so wird eine engere Verbindung zu dem zweiten Zeitraum bestehen. Einzustellen wäre in die Abwägung jedoch auch, wenn die allgemeinen Grundsätze zu einer Leerverweisung führen würden, da dies über die Anknüpfung an die – auch zeitlich – engste Verbindung vermieden werden könnte. Während die engste Verbindung in räumlicher Hinsicht allgemein anerkannt ist,329 ist umstritten, ob Klauseln, die auf die engste Verbindung abstellen, auch Umstände berücksichtigen können, welche nach dem Zeitpunkt eintreten, auf welchen die Regelanknüpfung abstellt.330 Aufgabe des Internationalen Privatrechts ist es zunächst nur, das räumlich geeignetste Recht als Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses zu finden;331 versagen die speziellen objektiven Anknüpfungen, ist – sofern gesetzlich vorgesehen – auf die engste Verbindung auszuweichen. Die Bestimmung des zeitlich angemessensten Rechts ist hingegen zweigeteilt. Während das Kollisionsrecht selbst den Anknüpfungszeitpunkt festlegt, wird hingegen der lex causae überlassen, welches Recht in materieller Hinsicht adäquat ist. Diese generelle Trennung in 328

Gleiches gilt auch für eine Korrektur in räumlicher Hinsicht nach Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO, siehe nur Leible, in: NK, Art. 4 Rom I-VO, Rn. 70f. 329 Vgl. nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29. 330 Dies ist teilweise umstritten, siehe nur zur Ausweichklausel nach Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO Köhler, in: BeckOGK, Stand: 01.10.2020, Art. 4 Rom I-VO, Rn. 171 oder nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO Rühl, in: BeckOGK, Stand: 01.12.2017, Art. 4 Rom II-VO, Rn. 116. 331 Vgl. Kapitel 2 Fn. 165.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

der Betrachtung von räumlichem und zeitlichem Element lässt sich jedoch in sukzessionsbedingten Konstellationen nicht vollständig aufrechterhalten, da hier die beiden Dimensionen verschmelzen. Folglich unterscheiden sich in diesen Fällen die Rechtsordnungen nicht nur in räumlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht, sodass die Suche nach dem geeignetsten Recht zwangsläufig einen Zeitfaktor enthält. Dementsprechend muss jedoch in sukzessionsbedingten Konstellationen die Anknüpfung an die engste Verbindung auch einen Zeitfaktor enthalten. Unumstritten ist dies z.B. im schweizerischen Internationalen Privatrecht, dessen Ausweichklausel in Art. 15 schwIPRG sich auch auf den maßgebenden Anknüpfungszeitpunkt bezieht.332 Nachteil dieser Lösung ist eine Einschränkung in der Rechtssicherheit. Folglich sind solche Ausnahmen eng auszulegen und nur dann anzuwenden, wenn die obigen allgemeinen Grundsätze nicht weiterführen. Dementsprechend ist auch im Bereich des Schuldrechts grundsätzlich die obige Lösung zugrunde zu legen, wobei regelmäßig eine Korrektur über die Anknüpfung an die engste Verbindung anzudenken sein wird. 7. Gesellschaftsrecht Blickt man in das Gesellschaftsrecht, so stößt man neben der Sitztheorie333 auch auf die in bestimmten Konstellationen334 anwendbare Gründungstheorie335. Danach ist die Gesellschaft der Rechtsordnung unterstellt, nach wel332

Girsberger/Gassmann, in: Züricher Kommentar, Art. 15 schwIPRG, Rn. 61. Vgl. hierzu nur BGH, Ent. v. 30.01.1970 (V ZR 139/68), NJW-RR 1970, 998, 999; BGH, Ent. v. 05.11.1980 (VIII ZR 230/79), NJW 1981, 522, 525; BGH, Ent. v. 21.11.1996 (IX ZR 148/95), NJW 1997, 657, 658; BGH, Ent. v. 27.10.2008 (II ZR 158/06), NJW 2009, 289, 290; BayObLG, Ent. v. 07.05.1992 (3Z BR 14/92), NJW-RR 1993, 43, 44; BayObLG, Ent. v. 26.08.1998 (3Z BR 78–98), NJW-RR 1999, 401, 402; KG, Ent. v. 11.02.1997 (1 W 3412/96), NJW-RR 1997, 1127, 1128; OLG Hamm, Ent. v. 04.10.1996 (29 U 108/95), RIW 1997, 236, 237; OLG Düsseldorf, Ent. v. 10.09.1998 (5 U 1 /98), JZ 2000, 203, 203; Großfeld, in: Staudinger, Bearb. 1998, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 38ff.; Kindler, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 420ff.; Mäsch, in: BeckOKBGB, Art. 12 EGBGB, Rn. 22ff.; Thorn, in: Palandt, Anhang zu Art. 12 EGBGB, Rn. 11. 334 Die Gründungstheorie findet im Gegensatz zur Sitztheorie für innerhalb der EU gegründete sowie diesen durch Staatsverträge gleichgestellte Gesellschaften Anwendung, v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 7 Rn. 114f.; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 628ff. 335 Vgl. hierzu nur BGH, Ent. v. 13.03.2003 (VII ZR 370/98), NJW 2003, 1461, 1462 und BGH, Ent. v. 12.07.2011 (II ZR 28/10), NJW 2011, 3372, 3373 jeweils in Fällen, in denen die Gesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet wurde aufgrund der Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen „Centros“ EuGH, Ent. v. 09.03.1999 (Rs. C-212–97), NJW 1999, 2027, „Überseering“ EuGH, Ent. v. 0), NJW 2002, 3614 und „Inspire Art“ EuGH, Ent. v. 30.09.2003 (Rs. C-167/01), NJW 2003, 3331; sowie Eidenmüller, ZIP 2002, 2233; Eidenmüller, JZ 2003, 526, 528; Kieninger, IPRax 2017, 333

A. Unwandelbare Anknüpfungen

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cher sie gegründet wurde. Da das Personalstatut umfassend über die Rechtsverhältnisse der juristischen Person entscheidet,336 ist auf dieses sowohl zur Beurteilung punktueller Ereignisse, wie z.B. die Haftung der Gesellschafter im Einzelfall, als auch von Dauerrechtsverhältnissen, wie z.B. die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft, zurückzugreifen. Ist nun der Gründungsstaat von einer Staatensukzession betroffen, so wäre zunächst nach den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln, ob ein Nachfolgestaat besteht. Während die Fallgruppen der Zession bzw. Teilannexion, Fusion, Inkorporation bzw. Vollannexion und Separation bzw. Sezession immer auf einen kollisionsrechtlich identischen Nachfolgestaat schließen lassen, 337 hängt dies im Rahmen der Dismembration von den weiteren Umständen der Anknüpfung ab. Wird z.B. aufgrund einer örtlichen Anknüpfung über Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB eine Teilrechtsordnung direkt bestimmt, die sich als Gesamtrechtsordnung eines der Nachfolgestaaten fortsetzt, so kann auch in diesem Fall der Dismembration eine Nachfolgerechtsordnung bestimmt werden. 338 Eine Neuanknüpfung ist nicht nötig. Anders ist dies in den Fällen zu beurteilen, in welchen ein Staat zerfällt, der vor der Sukzession keine Teilrechtsordnungen hatte oder das interlokale Privatrecht dieses Staates die Teilrechtsordnung bestimmt hat. Nur in diesen Fällen ist im Zeitpunkt der Sukzession das Gesellschaftsstatut neu zu bestimmen. Während abgeschlossene Vorgänge und Dauerrechtsverhältnisse bis zu diesem Zeitpunkt dann dem „toten“ Recht des Vorgängerstaates unterliegen, bestimmt die neue Rechtsordnung über punktuelle Ereignisse sowie Dauerrechtsverhältnisse ab diesem Zeitpunkt. 339 Überprüft man dieses Ergebnis nun anhand der das Internationale Gesellschaftsrecht prägenden und bestimmenden Prinzipien, so bekräftigen diese das dargestellte Vorgehen. Die eindeutige Bestimmbarkeit des maßgeblichen Gesellschaftsstatuts nach einer Sukzession gewährleistet dabei zunächst die von der Gründungstheorie angestrebte Rechtssicherheit 340. Stellt man nun auf die Nachfolgerechtsordnung ab, so ist auch größtmögliche Kontinuität hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsordnung gewährleistet, da die Nachfolgerechtsordnung in den meisten Fällen mit der Vorgängerrechtsordnung zahl200, 201ff.; Kindler, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 359ff.; Leible, in: Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, Rn. 9; Leible/Hoffmann, RIW 2002, 925, 935; Leible/Hoffmann, ZIP 2003, 925, 930; Mäsch, in: BeckOKBGB, Art. 12 EGBGB, Rn. 19ff.; Rehm, JZ 2005, 304, 306; Rehm, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, Rn. 87f.; Sandrock, ZVglRWiss 2003, 447. 336 Ein Überblick findet sich z.B. bei Kindler, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 521ff. 337 Vgl. S. 49ff. 338 Vgl. S. 49ff. 339 Vgl. S. 85ff. 340 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 7 Rn. 77.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

reiche Ähnlichkeiten aufweisen wird. Auf diese Weise wird auch nach der Staatensukzession die indirekte Rechtswahl der Parteien hin zum (Nachfolge)Recht des Gründungsortes beachtet, welche durch die Gründungstheorie gefördert wird.341 Im europarechtlichen Kontext streitet vor allem die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV für die Gründungstheorie.342 Durch die unwandelbare Anknüpfung an den Gründungsort wird die grenzüberschreitende Mobilität343 gefördert, da so nur diese Rechtsordnung das Gesellschaftsstatut bestimmt und dieses nicht mit jeder grenzüberschreitenden Sitzverlegung wechselt. Dementsprechend sollte auch eine Staatensukzession möglichst geringe Auswirkungen auf die für die Gesellschaft maßgebliche Rechtsordnung haben. Wird nun auf die Nachfolgerechtsordnung abgestellt, so stellt dies aufgrund der wahrscheinlichen Ähnlichkeit die geringstmögliche Veränderung und damit Beschränkung dar. IV. Synthese Da bei einer unwandelbaren Verweisung der Anknüpfungs- und der Beurteilungszeitpunkt auseinanderfallen, kann zwischen diese Zeitpunkte eine Staatensukzession treten. Um dennoch zu sachgerechten Lösungen zu kommen und die vom Unwandelbarkeitsgrundsatz bezweckte Rechtssicherheit weitestgehend zu wahren, ist zunächst auf allgemeine Grundsätze der kollisionsrechtlichen Staatsidentitätsthese und des intertemporalen Rechts zurückzugreifen. Je nach Art der Sukzession lassen sich so die unwandelbar ausgesprochene Verweisung und die eintretende Staatensukzession in Einklang bringen. Kommt es dennoch zu einer Leerverweisung, wie in der Fallgruppe der Dismembration, so ist diese über eine erneute Anknüpfung im Zeitpunkt der Sukzession und damit einen Statutenwechsel zu korrigieren. Durch diese abgestufte Vorgehensweise wird sowohl die kollisionsrechtliche Rechtskontinuität weitestgehend gewahrt als auch allgemein eine rechtssichere Lösung erzielt, welche zugleich die thematischen Besonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie beachtet.

341 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 7 Rn. 77; v. Hein, in: Hess/Jayme/Mansel, Europa als Rechts- und Lebensraum, S. 557f. 342 BGH, Ent. v. 13.03.2003 (VII ZR 370/98), NJW 2003, 1461, 1461f. = BGHZ 154, 185; BGH, Ent. v. 13.04.2010 (5 StR 428/09), NStZ 2010, 632, 633; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, Rn. 76 m.w.N. 343 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 7 Rn. 19; Ringe, ECFR 2013, 230.

B. Wandelbare Anknüpfungen

139

B. Verweisungsrichtung bei wandelbaren Anknüpfungen B. Wandelbare Anknüpfungen

Geht dagegen die maßgebliche Kollisionsnorm von einer sog. wandelbaren Anknüpfung aus, ist grundsätzlich das Recht anwendbar, auf das im Zeitpunkt des jeweils zu prüfenden Geschehens verwiesen wird.344 Da somit der Anknüpfungs- und Beurteilungszeitpunkt zumeist identisch sind, sind sämtliche Änderungen beachtlich, die durch die Staatensukzession eintreten. So beurteilen sich z.B. die allgemeinen Ehewirkungen gemäß Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB n.F. bzw. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. eines Paares mit gewöhnlichem Aufenthalt auf der Krim bis zur Annexion der Krim durch Russland nach ukrainischem Recht und anschließend nach russischem Recht. Folglich führt eine Staatensukzession regelmäßig zu einem beachtlichen Statutenwechsel. I. Methodik Wie auch bei einer Veränderung der Anknüpfungstatsachen im Internationalen Privatrecht treten im Rahmen sukzessionsbedingter Konflikte Statutenwechsel im weiteren Sinn345 auf. Die Parallelität diesbezüglich346 legt nahe, zunächst auf die allgemeinen Grundsätze der Behandlung eines Statutenwechsels im Internationalen Privatrecht zurückzukommen, 347 bevor auf die Besonderheiten einzugehen ist, die sich aus der Staatensukzession ergeben. Maßgeblich ist in erster Linie – wie auch im Intertemporalen Privatrecht348 – die Unterscheidung zwischen abgeschlossenen Sachverhalten und offenen Tatbeständen. Ein Sachverhalt ist dabei dann als abgeschlossen zu betrachten, wenn eine gefestigte Rechtsposition besteht,349 also Rechte, Rechtslagen und Rechtsverhältnisse entstanden, entfallen oder beendet worden sind.350 Voraussetzung hierfür ist, dass alle formellen und materiellen Voraussetzungen

344 Vgl. v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 76; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 844, 846; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VII 2 b); im Umkehrschluss zu Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 195; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 40. 345 Vgl. zum Begriff sowie allgemein S. 67ff. 346 Vgl. zur Parallele zwischen einem Statutenwechsel aufgrund von Wandelbarkeit und aufgrund der Einführung neuer Rechtsvorschriften v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 172f.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VII 2 b. 347 Vgl. hierzu v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 348 Vgl. hierzu S. 61ff. 349 BGH, Ent. v. 24.04.1996 (IV ZR 263/95), NJW 1996, 2096, 2097; Junker, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 28; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 42f. 350 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 668.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

für die Rechtsänderung vorgelegen haben.351 Dies trifft z.B. auf eine Ehe zu, die durch den Tod der Ehegatten aufgelöst wurde.352 In solchen Fällen ist – parallel zum intertemporalen Recht – die Rechtsordnung maßgebend, auf die im Zeitpunkt der Verwirklichung des betreffenden Tatbestands verwiesen wurde.353 Auf diese Weise bleiben auch wohlerworbene Rechte erhalten, wodurch dem Vertrauensschutz Rechnung getragen wird. 354 Ob auf materieller Ebene bei einem Rechtswechsel ebenfalls „altes“ Recht anzuwenden ist, ist nach den Grundsätzen der lex causae zum intertemporalen Recht zu beantworten.355 Kommt es in diesem Zusammenhang zu einem Übergang eines nach „altem“ Recht begründeten Rechtsverhältnisses unter die Herrschaft eines neuen Statuts, ist hinsichtlich möglicher Anpassungsfragen auf allgemeine Instrumentarien wie die Transposition356 abzustellen.357 Ist der Tatbestand bei Eintritt des Statutenwechsels dagegen noch offen, gilt für die Entstehung neuer Rechte und Pflichten oder ihrer Änderung dasjenige Recht, das nach dem jetzt gegebenen Anknüpfungsmoment maßgeblich ist.358 Dauerrechtsverhältnisse, die wandelbar angeknüpft werden, sind in 351 B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 103; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 670. 352 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 80; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 189; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 295; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 668. 353 BGH, Ent. v. 16.10.1974 (IV ZB 12/74), NJW 1975, 112, 113; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1061. 354 BGH, Ent. v. 16.10.1974 (IV ZB 12/74), NJW 1975, 112, 113; BGH, Ent. v. 27.10.1976 (IV ZR 147/75), NJW 1977, 498, 499; OLG Hamburg, Ent. v. 30.08.1990 (6 U 11/90), VersR 1991, 604, 604; OLG Hamm, Ent. v. 27.08.1997 (10 UF 410/96), IPRspr. 1997, Nr. 86; OLG Karlsruhe, Ent. v. 30.12.1998 (13 U 69/98), IPRspr. 1998, Nr. 98; LG Hagen, Ent. v. 07.01.1991 (13 T 543/89), IPRspr. 1991, Nr. 11; Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 137f.; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 82; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1061; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 42; Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 26; Thorn, in: Palandt, Einleitung v. Art. 3 EGBGB, Rn. 23. 355 Vgl. hierzu S. 61ff. sowie Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 189f.; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 295f. 356 Vgl. hierzu allgemein v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 240ff.; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 43 EGBGB, Rn. 12; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 148f.; sowie im speziellen Kontext einer Staatensukzession S. 217ff. 357 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 81. 358 BGH, Ent. v. 21.03.2001 (XII ZB 83/99), NJW 2001, 2469 zur nachträglichen Bestimmung des Ehenamens nach nunmehr anwendbarem deutschen Recht; BGH, Ent. v. 27.03.1991 (XII ZR 113/90), NJW 1991, 2212, 2213; KG, Ent. v. 26.11.1991 (1 W 5804/88), OLGZ 1992, 265, 267; OLG Düsseldorf, Ent. v. 17.03.1992 (1UF137/91), FamRZ 1992, 953, 954; OLG Stuttgart, Ent. v. 10.12.1998 (8 W 515/97), IPRspr. 1998, Nr.

B. Wandelbare Anknüpfungen

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der Regel teilbar. Folglich bestimmen sich gemäß den allgemeinen Grundsätzen bereits entstandene Rechtswirkungen nach dem bisher einschlägigen Recht und alle anderen Rechtswirkungen beurteilen sich nach dem „neuen“ Statut.359 II. Auswirkungen von Staatensukzessionen Möchte man nun diese Grundsätze des Statutenwechsels im engeren Sinn auf sukzessionsbedingte Konflikte, die durch eine wandelbare Anknüpfung entstehen, übertragen,360 ist zunächst explizit darauf hinzuweisen, dass diese Konflikte durch Änderung der staatlichen Zuordnung eines Gebiets systematisch teilweise anders einzuordnen sind. 361 Auch an dieser Stelle muss wiederum zwischen der Richtung der Verweisung, über welche das Internationale Privatrecht der lex fori bestimmt, und dem Inhalt, welchen die lex causae vorgibt,362 unterschieden werden. Während also die lex fori darüber entscheidet, das Recht welchen Staates Anwendung findet, liegt es allein an dem Intertemporalen Privatrecht der lex causae des verwiesenen Nachfolgestaates, über die Rezeption des bisherigen Rechts bzw. dessen Weitergeltung für Altfälle zu entscheiden.363 Trennt man so die zeitliche von der örtlichen Komponente, lässt sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Staatensukzession auf die obigen Grundsätze zurückgreifen.

19 sowie OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 20.12.1999 (20 W 300/97), StAZ 2000, 209 und OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 22.06.2006 (20 W 183/06), FGPrax 2006, 262 zur nachträglichen Wahl des Ehenamens bei nunmehr anwendbarem deutschen Recht; BayObLG, Ent. v. 26.05.1999 (1Z BR 200/98), BayObLGZ 1999, 153, 157; Schweizerisches Bundesgericht, Ent. v. 21.11.2006, BGE 133 III, 90, 92; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 846; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1064. 359 F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 846; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 191 nennt sog. gemischte Rechtsverhältnisse, also solche Rechtsverhältnisse, deren rechtliche Grundlagen in der Vergangenheit liegen, aber deren Sachverhalt in die Gegenwart fortwirkt, als dritte Fallgruppe; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1064. 360 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 54 und Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1076 möchten pauschal das Recht des Nachfolgestaates anwenden, dem die Beteiligten nach der Staatensukzession angehören oder in dem sie nunmehr ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. 361 In diese Richtung auch S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44, der jedoch uneingeschränkt von einer anderen systematischen Einordnung spricht. 362 Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 296. 363 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 44.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

1. Grundsätze Ein Statutenwechsel im engeren Sinn liegt dann vor, wenn sich die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen ändern und in dessen Folge die Anknüpfung zur Rechtsordnung eines neuen Staates führt. 364 Im Gegensatz dazu kommt es zu einem Statutenwechsel aufgrund einer Staatensukzession immer dann, wenn sich die Gebietshoheit auf dem verwiesenen Territorium durch eine Grenzverschiebung ändert. Liegt ein abgeschlossener Tatbestand vor, so ist bei Wandelbarkeit365 im Zeitpunkt der Verwirklichung des betreffenden Tatbestands anzuknüpfen.366 Durch die Besonderheit der sukzessionsbedingten Kollision kann diese Verweisung jedoch auf die Rechtsordnung eines Staates zielen, der zum Zeitpunkt der Beurteilung mangels kollisionsrechtlicher Identität zu einem Nachfolgestaat untergegangen ist. Dies trifft in erster Linie auf die Fallgruppe der Dismembration zu. Die Verweisung zielt damit auf „totes“ Recht. Auch wenn bei der parallelen Problematik im Rahmen der Unwandelbarkeit in solchen Fällen ebenfalls der Umgang mit einem solchen Leerverweis diskutiert wird,367 lassen sich zwar die angedachten Lösungsansätze der Idee nach übertragen, es bedarf jedoch einer eigenen Würdigung. Der grundlegende Unterschied zur Konstellation der Unwandelbarkeit besteht in der Tatsache, dass der jeweilige Sachverhalt vorliegend bereits abgeschlossen ist, während er in den Unwandelbarkeitskonstellationen noch andauert. Somit erhält auch der Grundsatz des Verweises auf geltendes Recht368 eine andere Bedeutung. Zweck dieses Grundsatzes ist es, Normenklarheit zu gewähren, Rechtssicherheit für die Beteiligten zu gewährleisten und die aktuellen Wertvorstellungen der Gesellschaft widerzuspiegeln. 369 Spielt der Sachverhalt nun in der Vergangenheit, so sind diese Kriterien auch in die Vergangenheit zu übertragen bzw. nur die Beurteilung des Sachverhalts durch ehemals geltendes Recht wird diesen Zielsetzungen gerecht. So werden das Vertrauen der Beteiligten im Zeitpunkt des maßgeblichen Geschehens und wohlerworbene Rechte geschützt.370 Damit verkehrt sich der Grundsatz des Verweises auf geltendes 364

Vgl. nur Junker, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 19; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 188; sowie Zitelmann, Internationales Privatrecht I, S. 150f., der den Begriff Statutenwechsel geprägt hat. 365 Die maßgebliche Kollisionsnorm wird dabei durch das Intertemporale Privatrecht der lex fori bestimmt. Das deutsche Recht sieht entsprechend der Regelung des Art. 220 Abs. 1 EGBGB vor, dass das Internationale Privatrecht Anwendung findet, welches im Zeitpunkt des Lebensvorgangs in Kraft war. 366 F. Strum/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 844. 367 Vgl. hierzu ausführlich S. 90ff. 368 Vgl. hierzu S. 71ff. 369 Siehe S. 72f. 370 Vgl. hierzu im Rahmen des Statutenwechsels allgemein BGH, Ent. v. 16.10.1974 (IV ZB 12/74), NJW 1975, 112, 113; BGH, Ent. v. 27.10.1976 (IV ZR 147/75), NJW 1977,

B. Wandelbare Anknüpfungen

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Recht hin zu einem Verweis auf das Recht, welches im Zeitpunkt des maßgeblichen Geschehens in Kraft war – dabei kann und ggf. muss es sich um „totes“ Recht handeln. An dieser Stelle zeigt sich wiederum die zeitliche Komponente eines sukzessionsbedingten Konflikts, welche eine parallele Wertung zum intertemporalen Recht, welches auf dem Grundsatz lex temporis actus371 beruht, erlaubt. Ist nun auf diese Weise die anwendbare Rechtsordnung bestimmt, wäre es in einem zweiten Schritt an der (geltenden) lex causae festzulegen, mit welchem Inhalt bzw. in welcher (zeitlichen) Fassung das Recht Anwendung findet.372 Wird jedoch mangels Identität eines Nachfolgestaates auf „totes“ Recht verwiesen, gibt es keine geltende lex causae, die das Intertemporale Privatrecht vorgeben kann. Maßgeblich kann damit nur die lex causae sein, die im Zeitpunkt des Lebensvorgangs in Geltung war, auch wenn somit die Methodik der lex fori in den Geltungsbereich der lex causae hineinwirkt, indem sie bereits die intertemporale Entscheidung vorwegnimmt. Als Beispiel zur Verdeutlichung soll die Mitverpflichtung des anderen Ehegatten bei einem Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie dienen. Als das in Frage stehende Geschäft 1988 vorgenommen wurde, waren beide Ehegatten jugoslawische Staatsangehörige mit serbischer Republikzugehörigkeit. Aus Sicht der deutschen lex fori beurteilt sich der Vorgang nach der Kollisionsnorm für allgemeine Ehewirkungen,373 die im Jahr 1988 in Geltung war.374 Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. verweist auf das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören. Mangels Bezeichnung der genauen Teilrechtsordnung gemäß Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB wird auf die gesamte Rechtsordnung Jugoslawiens verwiesen. Dass es sich dabei aus heutiger Perspektive um „totes“ Recht handelt, kann dahinstehen; während des Lebensvorgangs 1988 war die Rechtsordnung in Kraft. Mangels aktuell geltenden Intertemporalen Privatrechts Jugoslawiens wird die Verweisung direkt auf das 1988 geltende Recht Jugoslawiens und damit der Teilrechtsordnung Serbiens ausgesprochen. Dieses nimmt aufgrund der Staatsan498, 499; OLG Hamburg, Ent. v. 30.08.1990 (6 U 11/90), VersR 1991, 604, 604; OLG Hamm, Ent. v. 27.08.1997 (10 UF 410/96), IPRspr. 1997, Nr. 86; OLG Karlsruhe, Ent. v. 30.12.1998 (13 U 69/98), IPRspr. 1998, Nr. 98; LG Hagen, Ent. v. 07.01.1991 (13 T 543/89), IPRspr. 1991, Nr. 11; Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 137f.; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 82; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1061; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 42; Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 26; Thorn, in: Palandt, Einleitung v. Art. 3 EGBGB, Rn. 23. 371 Vgl. hierzu S. 61ff. 372 Vgl. hierzu im Rahmen des Statutenwechsels allgemein Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 296. 373 Vgl. zur Qualifikation der ehelichen Mitverpflichtung nur Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 14 EGBGB, Rn. 78. 374 Entsprechend der Regelung des Art. 220 Abs. 1 EGBGB.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

gehörigkeit der Beteiligten die Verweisung gemäß Art. 36 Abs. 1 jugIPRG an und stellt auf die Teilrechtsordnung Serbiens ab. Nach Art. 69 Abs. 2 des Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 22.04.1980 entscheiden die Ehegatten über die Führung des gemeinsamen Haushalts einvernehmlich. Wird hingegen auf das Recht eines Staates verwiesen, welcher zwar von einer Staatensukzession betroffen ist, aber in einem kollisionsrechtlich identischen Nachfolgestaat fortlebt,375 besteht auch die Verweisung fort. Das intertemporale Recht des Nachfolgestaates bestimmt dann das inhaltlich und zeitlich maßgebliche Recht.376 Dies trifft beispielsweise auf einen Eigentumserwerb zu, welcher in der ehemaligen DDR erfolgte. Verweist hier die Kollisionsnorm entsprechend der lex rei sitae Regelung wegen des abgeschlossenen Vorgangs auf das Recht der ehemaligen DDR, so ist dies wegen der kollisionsrechtlichen Identität der DDR mit der vereinigten Bundesrepublik und gemäß dem Grundsatz des Verweises auf geltendes Recht als Verweisung auf das Recht der Bundesrepublik anzusehen. Deren intertemporales Recht bestimmt im Folgenden den Inhalt der Verweisung, also z.B. ob in einer solchen Konstellation auch in materieller Hinsicht auf das „alte“ Recht zurückzugreifen ist.377 Ebenso entscheidet das intertemporale Recht des Nachfolgestaates darüber, wie mit Vorgängen umzugehen ist, die in der Vergangenheit begründet wurden, aber mit dem Recht, welches nach dem Statutenwechsel den Sachverhalt beherrscht, nicht vereinbar sind. Auf die Instrumentarien des Internationalen Privatrechts für solche Fälle, z.B. die Transposition, ist erst in einem zweiten Schritt zurückzugreifen.378 Ist der Tatbestand bei Eintritt der Staatensukzession hingegen noch offen oder liegt ein Dauerrechtsverhältnis vor, gilt für die Entstehung neuer Rechte und Pflichten oder ihrer Änderung dasjenige Recht, auf das nach dem jetzt gegebenen Anknüpfungsmoment verwiesen wird.379 Einzig die bereits entstandenen Rechtswirkungen sind nach dem bisher einschlägigen Recht zu beurteilen.380 Sollen beispielsweise Unterhaltspflichten für einen Unterhaltsberechtigten mit gewöhnlichem Aufenthalt auf der Krim ermittelt werden, richten sich diese gemäß Art. 3 Abs. 1 HUP bis 18.03.2014 nach ukrainischem Recht, anschließend nach russischem Recht.

375

Vgl. hierzu S. 47ff. Vgl. hierzu im Rahmen des Statutenwechsels allgemein Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 296. 377 In diesem Fall wäre auf die intertemporale Vorschrift des Art. 233 § 8 S. 1 EGBGB zurückzugreifen. 378 Vgl. hierzu, insbesondere in Bezug auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit einer Staatensukzession, S. 217ff. 379 Vgl. allgemein zum Statutenwechsel vgl. Fn. 358. 380 Vgl. allgemein zum Statutenwechsel vgl. Fn. 359. 376

B. Wandelbare Anknüpfungen

145

2. Besonderheiten Neben diese Grundsätze, die durch die Parallelen zum Statutenwechsel im engeren Sinn hergeleitet werden konnten, treten Besonderheiten, die aus der speziellen Konstellation der Staatensukzession resultieren. a) Fiktion der Kontinuität Ein Statutenwechsel im engeren Sinn erfolgt durch die Änderung der anknüpfungserheblichen Tatsachen, was in der Regel durch Parteihandeln bedingt ist, z.B. die Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts oder ein Wechsel der Staatsangehörigkeit.381 Erfolgt der Statutenwechsel jedoch durch eine Änderung der Gebietshoheit, werden die Parteien – vorbehaltlich eines renvoi – ohne ihr Zutun einem anderen Recht unterstellt. Diese Folge für sich genommen erfordert keine Korrekturen. Anders könnte dies zu beurteilen sein, wenn der Staat, dem das Rechtsverhältnis vor der Sukzession zugewiesen war, fortbesteht, das Rechtsverhältnis aufgrund der veränderten Gebietshoheiten nun aber der Rechtsordnung eines Nachfolgestaates zugewiesen wird.382 Wollen die Parteien in einer solchen Konstellation ihr ursprüngliches Anknüpfungsmoment beibehalten und korrigieren dieses, z.B. durch einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts, zeitnah nach der Staatensukzession im Sinn einer Wiederherstellung der ursprünglichen Verweisung, 383 ist fraglich, ob diese Vorgänge als zwei Statutenwechsel zu betrachten sind oder ob beide Statutenwechsel hinweggedacht werden können.384 Für die Annahme zweier Statutenwechsel streitet dabei der Verkehrsschutz. Ändert sich nach einer Staatensukzession zwar die formale Anknüpfung, aber ein Statutenwechsel wird dennoch nicht angenommen, ist dies für Dritte nicht ersichtlich. Vorgänge, welche zwischen den beiden (jedenfalls theoretischen) Statutenwechseln geschehen, würden dem Recht der Vorgängerrechtsordnung unterliegen. Andererseits ist es Aufgabe des Internationalen Privatrechts, die geeignetste Rechtsordnung entsprechend dem Schwerpunkt des jeweiligen Sachver-

381 Vgl. nur Junker, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 19; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 188 sowie Zitelmann, Internationales Privatrecht I, S. 150f., der den Begriff Statutenwechsel geprägt hat. 382 Diese Konstellation ist in den Fallgruppen der Zession bzw. Teilannexion sowie der Separation bzw. Sezession denkbar. Es besteht jeweils der Vorgängerstaat nach der Staatensukzession fort, auf einem bestimmten Gebiet des/eines Vorgängerstaates ändert sich jedoch die Gebietshoheit. 383 Von dieser Konstellation der tatsächlichen Veränderung der Anknüpfungspunkte durch die Parteien ist die Rechtswahl anlässlich einer Staatensukzession zu unterscheiden (vgl. hierzu S. 153f.). 384 Bereits diskutiert für das Gesellschaftsstatut Busse, IPRax 1998, 155, 160.

146

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

halts zu finden.385 Die Anknüpfung an einen bestimmten Ort ist dabei nur Hilfsmittel, um die Verbindung zu einem Staat als Träger der relevanten Rechtsordnung herzustellen.386 Dies wird deutlich, wenn sich die Parteien dem Recht der Nachfolgerechtsordnung nicht unterwerfen, ihr Rechtsverhältnis dieser auch nicht anpassen387 und ein Wechsel des relevanten Anknüpfungsgegenstandes durch die Parteien hin zu dem Staat, dessen Rechtsordnung vor der Staatensukzession anwendbar war, zeitnah nach dieser erfolgt. So verändert sich vorliegend lediglich die politische Zugehörigkeit eines Ortes, was für die tatsächliche Verbindung des Rechtsverhältnisses zu einem Staat zunächst nur formale Auswirkungen hat. Die ursprüngliche, kollisionsrechtlich relevante Verbindung, die zwischen dem Lebenssachverhalt und dem Vorgängerstaat bestand, bleibt damit, je nach Anknüpfung, inhaltlich erhalten und erlischt lediglich formal. Nimmt man keinen statt zweier Statutenwechsel an, so wird diesem Auseinanderfallen von tatsächlicher und formaler Verbindung Rechnung getragen. Welcher Ansicht der Vorzug zu geben ist, hängt sowohl von den konkreten Umständen des Einzelfalls als auch von dem betroffenen Rechtsgebiet ab: So ist nur dann eine zeitnahe Änderung anzunehmen, wenn der Anknüpfungspunkt innerhalb einer den Parteien zumutbaren Zeitspanne nach der Staatensukzession geändert wird. Die Zumutbarkeit muss sich dabei an der Beständigkeit und Dauerhaftigkeit des Anknüpfungspunktes, der politischen Situation und den konkreten Umständen des Einzelfalls orientieren. Liegt eine gekoppelte Anknüpfung vor, so müssen beide Anknüpfungspunkte in das Gebiet des Vorgängerstaates zurückverlegt werden. Neben diese allgemeinen Aspekte treten die Besonderheiten, die sich abhängig vom jeweiligen Kontext und von den jeweiligen einschlägigen Normen ergeben: Im Gesellschaftsrecht wird das Gesellschaftsstatut teilweise durch die Sitztheorie bestimmt, nach der der Ort des tatsächlichen Sitzes der Hauptverwaltung der fraglichen Gesellschaft entscheidend ist.388 In diesem Zusammenhang schlägt Busse auch die Unbeachtlichkeit des durch die Staatensukzession bedingten Statutenwechsels im Falle der Rückverlegung des Gesellschaftssitzes vor, wenn der Gesellschaft durch das neue Recht die Auflösung 385 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4. 386 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 6; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 136; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1070. 387 So auch in Bezug auf den konkreten Fall des Gesellschaftsstatuts Busse, IPRax 1998, 155, 160 mit Verweis u.a. auf Großfeld, in: Staudinger, Bearb. 1998, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 649, der an dieser Stelle ausführt, dass der Zuzugstaat maßgeblich ist, falls dieser eine Neugründung, der Wegzugstaat aber den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht. 388 Vgl. zur Sitztheorie nur Fn. 333.

B. Wandelbare Anknüpfungen

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droht.389 Er begründet dies mit der Beziehung einer Gesellschaft, an die die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts anknüpft, welche nicht zu einem bestimmten Ort, sondern zu einem Staat bestehe.390 Die Interessen der Gesellschaft und ihrer Träger hätten hier Vorrang vor den Verkehrsinteressen, zumal diese nur vorübergehend berührt würden.391 Eine Ausnahme hiervon soll einzig gelten, wenn sich die Gesellschaft schon dem neuen Recht angepasst hatte.392 Nimmt man eine solche ununterbrochene Anwendbarkeit des Rechts des Ursprungsstaates an, geht dies zu Lasten der Rechtssicherheit. In dem Zeitraum zwischen der Staatensukzession und dem Wechsel des Sitzes in den Vorgängerstaat ist für den Rechtsverkehr nicht erkennbar, welchem Statut die Gesellschaft untersteht. Auch ist den Interessen der Gesellschaft hier kein Vorrang einzuräumen. Das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschaft393 kann auch durch eine bewusste Sitzverlegung der Gesellschaft gewährleistet werden. In der Regel ist eine Staatensukzession grob absehbar, da es sich um einen langwierigen politischen Prozess handelt.394 Dementsprechend kann sich auch eine Gesellschaft darauf einstellen und geeignete Vorkehrungen treffen, indem sie z.B. ihren Sitz bereits vor der Staatensukzession verlegt. Sollte dies aus politischen oder zeitlichen Gründen nicht möglich sein und wäre ein Ergebnis zu befürchten, das im konkreten Einzelfall mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts nicht vereinbar wäre, so wäre ein methodisch sauberes Vorgehen über den ordre public angezeigt.395 Die Interessen der Gesellschaft wären mit einem solchen Vorgehen auch gewahrt, ohne gleichzeitig die Rechtssicherheit und Verkehrssicherheit zu gefährden. Möchte man dagegen die Beziehung einer Gesellschaft zu einem Staat im

389

Busse, IPRax 1998, 155, 160. Busse, IPRax 1998, 155, 160; Mann, in: Bernhardt, Freundesgabe für Hans Hengeler zum 70. Geburtstag am 1. Februar 1972, S. 193 will nur dann von einer Veränderung des Gesellschaftsstatuts ausgehen, wenn die juristische Person nach dem Recht des Vorgängerstaates gegründet ist, wenn die juristische Person selbst in dem übertragenen Gebiet anwesend ist oder sich dort befindet und wenn sie nach der Übertragung dort anwesend bleibt. 391 Busse, IPRax 1998, 155, 160. 392 Busse, IPRax 1998, 155, 160 mit Verweis u.a. auf Großfeld, in: Staudinger, Bearb. 1998, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 649, der an dieser Stelle ausführt, dass der Zuzugstaat maßgeblich ist, falls dieser eine Neugründung, der Wegzugstaat aber den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht. 393 Mann, in: Bernhardt, Freundesgabe für Hans Hengeler zum 70. Geburtstag am 1. Februar 1972, S. 197. 394 Vgl. als Beispiel die politisch instabile Lage in der Ukraine vor der Annexion der Krim sowie die historischen Verbindungen zu Russland Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, S. 335, 349, 351f. oder auch die unsichere Lage sowie die Verhandlungen über Autonomie des Südens des Sudans nach dem Sezessionskrieg und vor der Unabhängigkeit Rolandsen/Daly, A history of South Sudan, S. 133ff. 395 Vgl. hierzu S. 202ff. 390

148

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Gegensatz zu einem singulären Ort in den Vordergrund stellen,396 so ist auch hier wiederum ein methodisch sauberer Weg einzuschlagen: Wesen der Sitztheorie ist es, auf die Rechtsordnung desjenigen Staates abzustellen, auf dessen Gebiet sich der Ort des tatsächlichen Sitzes der Hauptverwaltung befindet. Möchte man einen Statutenwechsel, der sich durch Verlegung des Sitzes oder Änderung der politischen Zugehörigkeit des maßgeblichen Ortes ergibt, vermeiden, so ist auf eine andere Anknüpfung abzustellen, wie z.B. die Gründungstheorie.397 Geht man hingegen von der Sitztheorie aus, bestimmt sich über den tatsächlichen Verwaltungssitz das wandelbar maßgebliche Recht, ggf. auch über zwei Statutenwechsel. Anders ist dies im Unterhaltsrecht zu beurteilen. Nach Art. 3 Abs. 1 HUP ist für Unterhaltspflichten das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine Regelung zum Statutenwechsel trifft dabei explizit Art. 3 Abs. 2 HUP für den Fall des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person. Dabei gilt, dass die Umstände des neuen Aufenthaltsrechts die Bedürfnisse der berechtigten Person prägen müssen, was nur bei einem auf Dauer angelegten Ortswechsel und dem Willen, an dem neuen Ort familiäre, berufliche und soziale Bindungen zu begründen, der Fall ist.398 Verlegt die unterhaltsberechtigte Person also ihren Aufenthalt im unmittelbaren Anschluss an eine Staatensukzession zurück auf das Gebiet des Vorgängerstaates mit dem Willen, dort auf Dauer ihre familiären, beruflichen und sozialen Bindungen zu begründen bzw. aufrechtzuerhalten, ist bereits nach Art. 3 Abs. 2 HUP nicht von einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts in einen anderen Staat auszugehen. Während sich das HUP in erster Linie an den Interessen der unterhaltsberechtigten Person orientiert,399 basiert das Internationale Sachenrecht primär auf Rechtssicherheit und -klarheit im Rechtsverkehr in Form des Publizitätsprinzips.400 Damit kommen nur solche Anknüpfungen in Betracht, die auch für Außenstehende vergleichsweise leicht und eindeutig erkennbar sind, so-

396

So Busse, IPRax 1998, 155, 160; Mann, in: Bernhardt, Freundesgabe für Hans Hengeler zum 70. Geburtstag am 1. Februar 1972, S. 193. 397 Vgl. allgemein zur Gründungstheorie nur Fn. 335. 398 Andrae, Internationales Familienrecht, § 10 Rn. 111; Bach, in: NK, Art. 3 HUP, Rn. 18; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 HUP, Rn. 71f. 399 Andrae, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 HUP, Rn. 3; Arnold, IPRax 2012, 311, 312; Bach, in: NK, Art. 3 HUP, Rn. 2; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 HUP, Rn. 3; Staudinger, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 3 HUP, Rn. 2. 400 v. Hein, in: Westrik, Party autonomy in international property law, S. 114; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 12 Rn. 9; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 555; Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 24; v. Plehwe, in: NK, Art. 43 EGBGB, Rn. 11; Prütting, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 43 EGBGB, Rn. 34; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 43 EGBGB, Rn. 3.

B. Wandelbare Anknüpfungen

149

dass das anwendbare Recht für jeden zweifelsfrei bestimmbar ist.401 Dem kann jedoch nur durch ein Festhalten an der Anknüpfung entsprechend der lex rei sitae gemäß Art. 43 EGBGB Genüge getan werden. Eine Durchbrechung durch eine an die Staatensukzession anschließende Verlagerung der Sache auf das Gebiet des Vorgängerstaates darf folglich auch nicht den Statutenwechsel entfallen lassen. Nur durch zwei Statutenwechsel, der erste durch die Änderung der Gebietshoheit aufgrund der Staatensukzession und der zweite durch die grenzüberschreitende Verlagerung der Sache, kann den betroffenen Verkehrsinteressen Genüge getan werden. b) Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB Eine weitere Besonderheit tritt bei Anknüpfungen auf, die zwar wandelbar sind, aber dennoch in die Vergangenheit zurückreichen. So knüpft z.B. Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB an das Recht des Staates an, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hatten die Ehegatten zum Beispiel ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Jugoslawien und verlegte einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einen Staat außerhalb Jugoslawiens, ist fraglich, ob die Verweisung nach der Dismembration fortbesteht und wie ggf. mit dieser umzugehen ist. Dieses Beispiel erinnert dabei an die durch eine Staatensukzession bedingten Leerverweisungen von unwandelbaren Anknüpfungen. 402 Ein pauschaler Rückgriff auf die hierzu entwickelten Lösungsansätze ist jedoch nicht angezeigt, da es sich vorliegend nicht um eine unwandelbare, sondern um eine wandelbare Anknüpfung handelt, sodass die berührten Interessen und Prinzipien entsprechend anders zu gewichten sind. 403 Bleibt man bei dem obigen Beispiel, so besteht rein formal gesehen kein gewöhnlicher Aufenthalt eines Ehegatten mehr in dem Staat, in dem die Ehegatten noch ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, da der Staat Jugoslawien untergegangen ist.404 Auf der anderen Seite hat der zweite Ehegatte keine aktive Veränderung des Ortes seines gewöhnlichen Aufenthalts vorgenommen. Dieser Ort wurde lediglich anders politisch zugeordnet. Entsprechend dem telos von Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB soll der einseitige Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts durch einen Ehegatten keine Auswirkungen auf die Anknüpfung

401 Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 25; Prütting, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 43 EGBGB, Rn. 34; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Vor. Art. 43 EGBGB, Rn. 12. 402 Vgl. hierzu S. 84ff. 403 Vgl. hierzu S. 73ff. 404 Vgl. allgemein zum Umgang von Anknüpfungen mit Staatensukzessionen Kapitel 4.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

der allgemeinen Ehewirkungen haben.405 Somit ist dann von einem Fortbestehen des gewöhnlichen Aufenthalts auszugehen, wenn es sich um ein Recht handelt, welches eheprägend war bzw. ein solches unmittelbar fortsetzt. Als Kriterium hierfür kann wiederum auf die kollisionsrechtliche Identität406 zurückgegriffen werden. So könnte man annehmen, dass die Verweisung dann auch nach einer Staatensukzession greift, wenn zwischen dem Staat, in dem der ursprüngliche gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt bestand, und dem Nachfolgestaat, in welchem ein Ehepartner weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt innehat, eine Identität besteht. Eindeutig ist dies der Fall, wenn eine Staatensukzession in Form einer Inkorporation oder Separation/Sezession vorliegt und der ursprünglich gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in dem inkorporierenden Staat bzw. Reststaat fortbesteht. Weniger eindeutig sind hingegen Fälle der Inkorporation, wenn der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt auf dem Gebiet des inkorporierten Staates bestand, oder Fälle der Fusion. Wendet man auch hier das Kriterium der kollisionsrechtlichen Identität – in diesen Fällen im weiteren Sinn – an, so würde man auch hier zu einer Einschlägigkeit von Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB kommen, da zwischen den Vorgängerstaaten und dem Nachfolgestaat eine kollisionsrechtliche Identität besteht. Im Gegensatz zu den obigen Fällen findet dann jedoch ein Recht auf die eherechtlichen Wirkungen Anwendung, welches nie eheprägend war, da sich die ursprünglich maßgebliche Rechtsordnung in diesen Fällen in der Regel gerade nicht im Nachfolgestaat fortsetzt. Das telos des Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB würde gerade verfehlt werden. So würde bei einem ursprünglich gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten in der DDR nach der deutschen Wiedervereinigung gesamtdeutsches Recht auf die Ehewirkungen Anwendung finden, obwohl der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt nur unter dem Recht der DDR bestand. Dies ist auch nicht mit einer reinen Rechtsfortentwicklung gleichzusetzen, sofern ein gänzlich neues Rechtssystem zur Anwendung kommt, das sich nicht aus dem alten System entwickelt hat. Da es sich um eine wandelbare Anknüpfung handelt, ist eine Verneinung des Fortbestehens des gewöhnlichen Aufenthalts und folglich die Anknüpfung anhand der nächstniedrigeren Stufe weder aus Rechtssicherheits- noch aus Verkehrsschutzgesichtspunkten bedenklich. Maßgeblich ist somit nicht die kollisionsrechtliche Identität sui generis, sondern nur die kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn.407 Dementsprechend sind auch die Fälle der Dismembration zu lösen. Entspricht die Nachfolgerechtsordnung, in deren Geltungsbereich sich unverändert der gewöhnliche Aufenthalt 405

v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 446; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 14 EGBGB, Rn. 94; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 14 EGBGB, Rn. 100. 406 Vgl. hierzu S. 47ff. 407 Vgl. hierzu S. 47ff.

C. Subjektive Anknüpfungen

151

eines Ehegatten befindet, einer Teilrechtsordnung des Vorgängerstaates, auf die vor der Dismembration aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten verwiesen wurde, so kann die Rechtsordnung dieses Nachfolgestaates als eheprägend angesehen werden. Es verbleibt bei der Anknüpfung über Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB. Zur Verdeutlichung soll das ursprüngliche Beispiel408 dienen. Die Ehegatten haben einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Jugoslawien und dort in der Teilrepublik Kroatien. Vor der Dismembration verlegt ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland, der andere Ehegatte behält seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei. Hier verweist Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB auch nach der Dismembration auf kroatisches Recht, da dieses als Teilrechtsordnung bereits vor der Sukzession über Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 EGBGB anwendbar war. Folglich ist hier die kollisionsrechtliche Identität im weiteren Sinn durch Fortbestehen der Teilrechtsordnung entscheidend. III. Synthese Liegt eine wandelbare Anknüpfung vor, so ist das Recht anwendbar, auf das zum Zeitpunkt des jeweils zu prüfenden Geschehens verwiesen wird. Dabei bestimmt das Internationale Privatrecht der lex fori die Richtung der Verweisung, während die lex causae den Inhalt vorgibt. Entsprechend den Grundsätzen zum Statutenwechsel im engeren Sinn ist zwischen abgeschlossenen Sachverhalten und offenen Tatbeständen zu unterscheiden. Liegt Ersteres vor, so ist im Zeitpunkt der Verwirklichung des betreffenden Tatbestands anzuknüpfen. Dadurch ist auch ein Verweis auf „totes“ Recht möglich, wenn zwischen dem verwiesenen Vorgängerstaat und keinem der Nachfolgestaaten eine kollisionsrechtliche Identität besteht. Bei einem nicht abgeschlossenen Sachverhalt gilt für die Entstehung neuer Rechte und Pflichten oder ihrer Änderung dasjenige Recht, auf das entsprechend dem im Beurteilungszeitpunkt vorliegenden Anknüpfungsgegenstand verwiesen wird. Im Falle von Sonderkonstellationen, die durch eine Staatensukzession bedingt sind, wie z.B. einem doppelten Statutenwechsel, ist jeweils eine Lösung im Einzelfall zu suchen, die die hinter der jeweiligen Regelung bestehenden Interessen und Prinzipien beachtet.

C. Besonderheiten subjektiver Anknüpfungen C. Subjektive Anknüpfungen

Während bisher lediglich die Auswirkungen von Staatensukzessionen auf Verweisungen, die aufgrund einer objektiven Anknüpfung ausgesprochen

408

Vgl. oben S. 90f.

152

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

wurden, beleuchtet worden sind, soll im Folgenden auf die Besonderheiten einer subjektiven Anknüpfung eingegangen werden. 409 I. Methodik Den Ausgangspunkt sollen auch hier zunächst kurz die allgemeinen Grundsätze der subjektiven Anknüpfung bilden. Es soll also der Gegenstand der Parteiautonomie beschrieben werden und anschließend die sie tragenden Prinzipien herausgestellt werden, bevor die konkreten Auswirkungen von Staatensukzessionen dargestellt werden: Der Begriff Autonomie stammt aus dem Griechischen (αὐτονομία) und bedeutet Eigengesetzlichkeit.410 Dies kann sowohl besagen, dass Normen geschaffen werden können, ohne einer weiteren Legitimation zu bedürfen, als auch, dass Regelungen vom staatlichen ius cogens unabhängig und damit auch gegen zwingendes Recht durchsetzbar sind.411 Die Parteiautonomie bezieht sich dabei nach herrschender Meinung auf die Befugnis der Parteien, das auf eine Rechtsfrage anwendbare Recht selbst zu bestimmen. 412 Im Gegensatz zur auf materiell-rechtlicher Ebene wirkenden Privatautonomie ermöglicht die subjektive Rechtswahl auf Kollisionsebene auch die Abwahl von zwingenden Normen einer Rechtsordnung. 413 Heute ist die Parteiautonomie – jedenfalls im Internationalen Vertragsrecht – fast überall anerkannt414 und im vereinheitlichten europäischen Kollisionsrecht auch in allen Rechts-

409 Unter subjektiver Anknüpfung wird im Folgenden die direkte Rechtswahl durch (ausdrückliche oder stillschweigende) Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung verstanden. Nicht darunter fällt dagegen die indirekte Rechtswahl durch Beeinflussung der objektiven Anknüpfungsmomente. 410 Reimann, Zur Lehre vom "rechtsordnungslosen" Vertrag, S. 30. 411 Fischer, Der Begriff der Vertragsfreiheit, S. 23; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 252; Reimann, Zur Lehre vom "rechtsordnungslosen" Vertrag, S. 30. 412 Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 23; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 293; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 485; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 252; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 290; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.2. 413 Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 23; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 293; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 485; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 257; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 290; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.9. 414 Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32, 32; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1; eine Auflistung der Staaten, welche die Parteiautonomie als Anknüpfungsmaxime festgelegt haben, findet sich bei Siehr, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 487 Fn. 10 und 11.

C. Subjektive Anknüpfungen

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gebieten zu finden.415 Erwg. 11 der Rom I-VO bezeichnet die Parteiautonomie sogar als einen „der Ecksteine des Systems der Kollisionsnormen im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse“. Bei der Bestimmung der engsten Verbindung des Sachverhalts, also dem Sitz des Rechtsverhältnisses, ermöglicht die Parteiautonomie eine sachgerechte Festlegung für den jeweiligen Einzelfall.416 So kann den Interessen der Beteiligten Rechnung getragen werden, indem sie die besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts beachtet.417 Gleichzeitig wird die Voraussehbarkeit und damit die Rechtssicherheit gefördert, da die maßgebende Rechtsordnung bereits ex ante explizit bestimmt ist und nicht ex post beurteilt werden muss.418 Auf diese Weise kann auch Streitigkeiten über das anwendbare Recht vorgebeugt werden.419 Folglich ist eine Rechtswahl der Beteiligten auch der objektiven Anknüpfung gegenüber vorrangig.420 II. Auswirkungen von Staatensukzessionen Zunächst kann eine Staatensukzession Anlass einer Rechtswahl der Parteien sein, um die durch die Staatennachfolge entstehende Rechtsunsicherheit zu vermeiden (1). Haben die Parteien bereits im Vorfeld eine Rechtswahl getroffen, ist dagegen fraglich, wie sich die Staatensukzession auf diese auswirkt (2).

415 Vgl. hierzu Art. 14 Rom II-VO, Art. 5 Rom III-VO, Art. 22 EuGüVO/EuPartVO, Art. 22 EuErbVO oder Art. 8 HUP. 416 Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 26; ausführlich zur dogmatischen Begründung der Parteiautonomie Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 296; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 487; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Mansel, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 261ff.; Maultzsch, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht der Europäischen Union, S. 160; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 257. 417 BT-Drs.10/504, 51. 418 Erwg. 16 Rom I-VO; BT-Drs.10/504, 51; Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 34; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 62; Czernich, ZfRV 2013, 157, 158; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 297; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 487; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Mansel, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 261; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.5. 419 Arnold, in: Arnold, Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, S. 34f.; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1; Kodek, in: Verschraegen, Rechtswahl, S. 87; Rühl, Statut und Effizienz, S. 437ff., die allgemein auf die Förderung marktmäßiger Lösungen durch Gewährung der Rechtswahlfreiheit abstellt. 420 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 15; vlg. nur in der Rom I-VO Art. 4 Abs. 1, 5 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1, 7 Abs. 2 UAbs. 2, 18 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

1. Rechtswahl aus Anlass der Staatensukzession Zeichnet sich eine Staatensukzession ab, kann dies die Parteien motivieren, eine Rechtswahl zu treffen. Eine solche kann dabei im vertraglichen Schuldrecht nach Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO jederzeit erfolgen, unabhängig davon, ob die Parteien zuvor bereits eine Rechtswahl getroffen haben oder nicht. 421 Ob diese Rechtswahl ex tunc oder ex nunc wirkt, hängt von der Bestimmung der Parteien ab.422 Ergibt die Auslegung der Parteivereinbarung dabei kein eindeutiges Ergebnis, so ist im Zweifel von der Wirkung ex tunc auszugehen.423 Dafür spricht zum einen der Umkehrschluss aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO. Dürfen die Formgültigkeit sowie die Rechte Dritter durch eine Rechtswahl nach Vertragsschluss nicht berührt werden, so legt dies nahe, dass dies eine Ausnahme von der ex tunc Wirkung darstellt.424 Zum anderen ist davon auszugehen, dass die Parteien durch eine Rechtswahl Rechtssicherheit bezwecken wollen. Diese wird durch eine einheitliche Anknüpfung gewährleistet, sodass im Zweifel hiervon auszugehen ist. 425 Durch das Zusammentreffen einer solchen Regelung mit einer Staatensukzession ergeben sich auch keine Besonderheiten, wegen derer von dieser Zweifelsregelung abzuweichen wäre. 421 Vgl. nur v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 89; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 22; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 114; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 77. 422 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 45; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom IVO, Rn. 23; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 66; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 124; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 78; Reinhart, IPRax 1995, 365, 368; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 32. 423 BGH, Ent. v. 22.01.1997 (VIII ZR 339/95), IPRax 1998, 479, 481; OLG Hamm, Ent. v. 30.07.1993 (10 U 174/92), RIW 1993, 940, 940; OLG Köln, Ent. v. 22.02.1994 (22 U 202/93), IPRax 1995, 393, 394; LG Heidelberg, Ent. v. 25.06.2004 (7 O 181/03), IPRax 2005, 42, 43; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 45; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 95; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 73; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 465; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 66, der nur dann von einer ex tunc Wirkung im Zweifel ausgeht, wenn diese nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags führt; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 78 m.w.N.; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367ff.; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.115; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 29; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom IVO, Rn. 32; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 11; a.A. OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 13.02.1992 (16 U 229/88), IPRax 1992, 314, 317; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 176; W.Lorenz, IPRax 1987, 269, 273. 424 Noch zum alten Art. 27 EGBGB B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 73; Reinhart, IPRax 1995, 365, 369. 425 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 480; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom IVO, Rn. 45; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 95; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 465; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.115; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 32.

C. Subjektive Anknüpfungen

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Vielmehr besteht hier das Parteiinteresse an einer rechtssicheren Regelung in erhöhtem Maße. Treffen die Parteien aus Anlass einer Staatensukzession eine Rechtswahl, so sind sie regelmäßig nicht an einer zeitlichen Aufspaltung ihres Rechtsverhältnisses interessiert, sondern an einer einheitlichen, rechtssicheren Regelung. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Rechtswahl 426 ergeben sich ebenfalls keine Besonderheiten, da der Vorgang durch die Staatensukzession nicht beeinträchtigt wird und regelmäßig geltendes Recht gewählt wird. 2. Auswirkungen der Staatensukzession auf eine getroffene Rechtswahl Ebenso wie eine objektive Anknüpfung kann eine subjektive Anknüpfung eine Rechtsordnung als anwendbar berufen, welche aufgrund einer Staatensukzession nicht mehr existiert. Wie damit umzugehen ist, bestimmen zum einen der Parteiwille (a)) und zum anderen allgemeine Regeln (b)). Durch die Besonderheit der Anknüpfung aufgrund des Parteiwillens kann jedoch auch eine ursprünglich unwirksame Rechtswahl durch eine Staatensukzession wirksam werden (c)). a) Berücksichtigung der Staatensukzession bei der Rechtswahl – Versteinerungsklauseln Wie auch im Rahmen einer objektiven Anknüpfung kann es bei einer Rechtswahl zu der Berufung eines Rechts kommen, das aufgrund einer Staatensukzession, z.B. einer Dismembration, nicht mehr existiert. Diese Konstellation gleicht dabei prima facie dem Leerverweis einer objektiven Anknüpfung im Zuge einer Staatennachfolge. Dennoch sind in diesem Kontext auch die Besonderheiten der Parteiautonomie zu berücksichtigen. Durch die Anknüpfung an den Parteiwillen kommt es nicht nur zu einer reinen Verweisung aufgrund der Einschlägigkeit eines gewissen Anknüpfungsgegenstandes. Die Rechtswahl kann darüber hinaus auch bereits Vorkehrungen für den Umgang mit einer Staatensukzession treffen. Allgemeine Determinante ist dabei immer die lex fori, da sich die Parteiautonomie aus dieser und nicht aus sich selbst oder aus einem Prinzip der persönlichen Freiheit legitimiert.427 Da die lex fori somit die Reichweite der Rechtswahlfreiheit bestimmt, soll im Folgenden von den Vorgaben ausgegangen werden, welche eine europäische bzw. deutsche lex fori aufstellt. Betrachtet man das Vertragsrecht, in welchem die Parteiautonomie am Weitesten verbreitet ist, so ist nach der maßgeblichen Rom I-VO nur staatli-

426 Vgl. hierzu allgemein nur Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom IVO, Rn. 26ff. m.w.N. 427 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 4.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

ches Recht wählbar,428 da das Kollisionsrecht seinem Wortlaut nach von der Anwendung staatlicher Rechtsordnungen ausgeht. 429 Vereinbart werden kann dabei auch nur das Recht in seinem jeweilig geltenden Bestand.430 Die Wahl eines Rechts, welches zur Zeit der Rechtswahl bereits außer Kraft getreten ist, ist kollisionsrechtlich nicht zulässig431 und lediglich als materiell-rechtliche Verweisung beachtlich.432 Dies sagt jedoch nichts über die Wahl eines Rechts aus, welches im Zeitpunkt der Rechtswahl in Geltung war, jedoch im Zeitpunkt der Beurteilung nicht mehr in Kraft ist. Verändert sich das gewählte Recht nach erfolgter Rechtswahl, so bestimmen grundsätzlich die intertemporalen Vorschriften des gewählten Rechts, ob und ggf. wie sich Änderungen auswirken.433 Auf diesen Grundsatz lässt sich jedoch dann nicht mehr zurückgreifen, wenn der Trägerstaat der gewählten Rechtsordnung aufgrund einer Staatensukzession nicht mehr vorhanden ist. Vorrangig zu berücksichtigen – wie auch die parteiautonomen Bestimmungen im Vergleich zur objektiven Anknüpfung 434 – sind parteiautonome Festlegungen zum Umgang mit solchen Staatensukzessionen. Dabei stellt 428 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 14f.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom IVO, Rn. 9; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 40; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 28; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 39; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 7; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 65. 429 Vgl. nur aus der Rom I-VO: Art. 3 Abs. 3, 4; Art. 5 Abs. 2 S. 3; Art. 6 Abs. 1, 2; Art. 7 Abs. 3; Art. 8 Abs. 2; Art. 9; Art. 10 Abs. 2; Art. 11; Art. 13; Art. 21. 430 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 17; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 68; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 14; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 68. 431 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 14; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 18; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Rühl, in: Baetge/v. Hein/v. Hinden, Die richtige Ordnung, S. 194; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 67. 432 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 14; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 68; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 24; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 14. 433 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 25; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.33; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Thorn, in: Palandt, Art. 12 Rom I-VO, Rn. 3; Vischer, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 547; in diese Richtung auch Böse, Der Einfluß des zwingenden Rechts auf internationale Anleihen, S. 31f. und Lochner, Darlehen und Anleihe im internationalen Privatrecht, S. 93ff., die eine uneingeschränkte Unterwerfung unter eine gesetzgebende Gewalt fordern; RG, Ent. v. 28.05.1936 (IV 272/35), RabelsZ 10 (1936), 385, 386f. 434 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 61; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 8; Staudinger, in: HK-BGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 1.

C. Subjektive Anknüpfungen

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sich zunächst die allgemeine, von Staatensukzessionen unabhängige Frage, ob die Parteien durch ihre Rechtswahl grundsätzlich den früheren Rechtszustand festschreiben können. Eine solche Festlegung würde einer sog. Versteinerungsklausel (freezing clause) entsprechen, welche das anwendbare Recht zeitlich fixiert, spätere Rechtsänderungen für unbeachtlich erklärt und damit den Sachverhalt einer im Beurteilungszeitpunkt „toten“ Rechtsordnung unterstellt.435 Der Zweck einer solchen Klausel ist allgemein, dass der Vertrag vor einer Veränderung der wirtschaftlichen Grundlagen geschützt wird und somit die Erhaltung der Ausgewogenheit des Vertrags gewährleistet wird.436 Im Zuge einer Staatensukzession kommt einer solchen Klausel eine noch weiterreichende Bedeutung zu. So kann nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht die Parität konserviert werden, sondern vielmehr die Vereinbarung der Parteien als solche. Damit wird ein Leerverweis, wie er bei einer objektiven Anknüpfung auftritt, gänzlich vermieden und folglich umfassende Rechtssicherheit und weitreichende Vorhersehbarkeit gewährleistet. Im Rahmen von herkömmlichen, von Staatensukzessionen unabhängigen Versteinerungsklauseln ist dabei umstritten, welche Bedeutung einer solchen Klausel zukommt. So kann man einerseits von einer kollisionsrechtlichen Wirkung ausgehen,437 welche auch die künftigen zwingenden Bestimmungen des Vertragsstatuts abwählt. Auf diese Weise wird nicht nur den Interessen der Parteien Rechnung getragen, 438 sondern auch die von solchen Klauseln bezweckte Rechtssicherheit gewährleistet. 439 Zudem wird angeführt, dass ein Verweis auf „totes“ Recht dem Internationalen Privatrecht durchaus geläufig sei.440 Für eine kollisionsrechtliche Wirkung solcher Klauseln spricht des

435 P. Fiedler, Stabilisierungsklauseln und materielle Verweisung im internationalen Vertragsrecht, S. 59; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 51; Mankowski, in: Witzleb, Festschrift für Dieter Martiny zum 70. Geburtstag, S. 462; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.54; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 41; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 211ff. 436 Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 212. 437 Leible, ZVglRWiss 1998, 286, 305ff.; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 220ff.; Thorn, in: Palandt, Art. 12 Rom I-VO, Rn. 3, der keine Einschränkung vornimmt. 438 Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 222f. 439 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26. 440 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26 nennt hierbei Art. 15 Abs. 1 EGBGB als Beispiel, der die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht unterstellt. Dabei handelt sich jedoch um eine Verweisung auf geltendes Kollisionsrecht, lediglich die Verweisung ist unwandelbar. Auch der in Fn. 63 angesprochenen Versteinerungstheorie zum materiellen Recht wird nach h.M. heute nicht mehr gefolgt; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 229, der ebenfalls auf Art. 15 EGBGB abstellt sowie auf Fälle, in welchen der Inhalt der

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

Weiteren die Zielsetzung des Kollisionsrechts, die Verwirklichung international-privatrechtlicher Gerechtigkeit. Insbesondere im Internationalen Schuldrecht wird diese durch die Berücksichtigung der Parteiinteressen umgesetzt, da die Beteiligten den Sitz des Rechtsverhältnisses am ehesten zuordnen können.441 Daraus ergibt sich eine Zweifelsregelung zugunsten des Parteiwillens: in dubio pro libertate.442 Eine Einschränkung aufgrund öffentlicher Interessen ist dagegen nicht notwendig. Diese werden durch das Eingriffsrecht gewahrt, welches aufgrund der betroffenen öffentlichen Interessen nicht zur Parteidisposition steht.443 Demgegenüber wird solchen Versteinerungsklauseln häufig richtigerweise nur die Wirkung einer materiell-rechtlichen Verweisung zuerkannt,444 sodass die künftigen zwingenden Bestimmungen des objektiven Vertragsstatuts anwendbar bleiben. So können sich die Parteien durch die Rechtswahl auch nicht dem Zugriff von staatlichem Recht entziehen.445 Insbesondere wird eine Abwahl der intertemporalen Normen des

ausländischen Rechtsordnung nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar ist; sowie Makarov, Grundriß des internationalen Privatrechts, S. 90f. 441 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 296; Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 487; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 257; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 221; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 6. 442 Leible, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 487; Leible, in: NK, Art. 3 Rom IVO, Rn. 5; Leible, ZVglRWiss 1998, 286, 305; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 296; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, S. 257; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 222. 443 Leible, ZVglRWiss 1998, 286, 306f.; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 27; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 223. 444 So auch Art. 8 der Baseler Resolution des Institut de Droit international von 1991 (abgedruckt bei Jayme, IPRax 1991, 429, 430); kritisch hierzu Schwind, ZfRV 1992, 101, 106; für die Wirkung einer materiell-rechtlichen Verweisung v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 201; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 17; P. Fiedler, Stabilisierungsklauseln und materielle Verweisung im internationalen Vertragsrecht, S. 151; v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 70; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 23; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Looschelders, Art. 27 EGBGB, Rn. 15; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 51; Mankowski, in: Witzleb, Festschrift für Dieter Martiny zum 70. Geburtstag, S. 462; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.54; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 41f.; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 114. 445 P. Fiedler, Stabilisierungsklauseln und materielle Verweisung im internationalen Vertragsrecht, S. 151; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 23; vgl. auch Böse, Der Einfluß des zwingenden Rechts auf internationale Anleihen, S. 31f.

C. Subjektive Anknüpfungen

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Vertragsstatuts verhindert446 und das Intertemporale Privatrecht des gewählten Rechts kann darüber entscheiden, ob eine Versteinerung zulässig ist.447 So wird zudem eine Lösung garantiert, die jedenfalls in einer der berührten Rechtsordnungen so zulässig ist. 448 Neben diese allgemeinen Überlegungen zur Reichweite der Wirkung solcher Versteinerungsklauseln tritt der spezielle Kontext der Staatensukzession.449 Eine solche führt grundsätzlich zu Unsicherheit, sodass das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, Planbarkeit und Voraussehbarkeit noch ausgeprägter ist als in sonstigen Fällen der Änderungen der Rechtsordnung. Da sowohl die Parteiautonomie selbst als auch Versteinerungsklauseln den Zweck haben, Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte Versteinerungsklauseln im Falle von Staatensukzessionen als unkalkulierbarste Rechtsänderung eine umfassende, also auch kollisionsrechtliche Wirkung zukommen. Darüber hinaus entziehen sich die Parteien in einem solchen Fall nicht sämtlichen Rechtsordnungen samt ihren zwingenden Bestimmungen. Vielmehr wird der Sachverhalt einer Gesamtrechtsordnung unterstellt, welche lediglich nicht mehr in Kraft ist.450 Durch die Voraussetzung der Geltung dieser Rechtsordnung im Zeitpunkt der Rechtswahl wird auch sichergestellt, dass der Sachverhalt zur gewählten Rechtsordnung einen zeitlichen Bezug hat. Anderes gilt aufgrund dessen öffentlichen Interessen einzig für das Eingriffsrecht, sodass die staatlichen Hoheitsinteressen auch in dieser Variante berücksichtigt werden. Zudem tritt folgendes argumentum a fortiori: Berücksichtigt man die „tote“ Rechtsordnung regelmäßig bei einer erfolgten Rechtswahl auch ohne Versteinerungsklausel,451 so muss eine parteiautonome Wahl dieser „toten“ Rechtsordnung erst recht möglich sein.452 Ob eine allgemein formulierte Versteinerungsklausel 453 im speziellen Fall der Staatensukzession auch greift, ist durch Auslegung zu ermitteln. Da sol446 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 482; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.60 sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Art Teilung innerhalb der gewählten Rechtsordnung“. 447 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 1 Rn. 201. 448 Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26. 449 In diesem Zusammenhang für eine kollisionsrechtliche Wirkung v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 482; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 464; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom IVO, Rn. 53. 450 Leible, ZVglRWiss 1998, 286, 305; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26; Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 228. 451 Vgl. Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 53, sowie hierzu ausführlich im Folgenden S. 159ff. 452 Sandrock/Steinschulte, in: Sandrock/Beckmann, Handbuch der internationalen Vertragsgestaltung, A. Rn. 37 Fn. 46. 453 Vgl. zur Formulierung einer solchen Klausel Sandrock, in: Jayme/Kegel/Lutter, Ius inter nationes, S. 211; Sandrock/Steinschulte, in: Sandrock/Beckmann, Handbuch der

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

che Klauseln regelmäßig aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit vereinbart werden und diese Gesichtspunkte im Falle einer Staatensukzession noch relevanter werden, wird – ohne einer Auslegung im Einzelfall vorgreifen zu wollen – in der Regel von einer Wirksamkeit im Falle einer Staatennachfolge auszugehen sein. b) Berücksichtigung der Rechtswahl bei der Staatensukzession Haben die Parteien im Zeitpunkt der Rechtswahl keine Vorkehrungen für den Fall einer Staatensukzession getroffen, so ist fraglich, wie sich diese auf die Rechtswahl der Parteien auswirkt. Ob eine Rechtsordnung, welche einmal objektiv berufen wurde, das Rechtsverhältnis kontinuierlich regelt oder ggf. von einer anderen Rechtsordnung abgelöst wird, hängt davon ab, ob die Kollisionsnormen wandelbar sind.454 Wählen die Parteien eine Rechtsordnung, so ist – sofern keine erneute Rechtswahl erfolgt – von der Kontinuität der gewählten Rechtsordnung auszugehen. Dabei wird eine Rechtsordnung grundsätzlich in ihrer jeweils geltenden Fassung gewählt, d.h. Änderungen, welche nach der Rechtswahl eintreten, sind zu beachten.455 Eine Besonderheit ergibt sich jedoch aus dem Zusammentreffen mit einer Staatensukzession, welche über eine herkömmliche Reform der Rechtsordnung weit hinausgeht. Eine solche Staatennachfolge entzieht einer Rechtsordnung vielmehr ihren Boden. Vorrangig zu beachten ist auch in diesem Zusammenhang eine erneute Rechtswahl der Parteien anlässlich der Staatensukzession, 456 sowie eine entsprechende Auslegung der Parteivereinbarung im Einzelfall.457 Führt dies zu keinem Ergebnis, ist fraglich, wie mit der ursprünglich ausgesprochenen Verweisung umzugehen ist. In der Literatur und Rechtsprechung haben sich dabei zwei Ansätze entwickelt.

internationalen Vertragsgestaltung, A. Rn. 35: „Die Vorschriften dieses Rechts sollen in derjenigen Fassung maßgeblich sein, in der sie zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Rechtswahlvereinbarung gelten; spätere Änderungen des gewählten Rechts sollen also nicht berücksichtigt werden.“ 454 Vgl. nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 76; die Aussage beschränkt sich auf die objektive Anknüpfung. 455 Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 17; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 23. 456 Vgl. hierzu S. 153f. 457 Busse, IPRax 1998, 155, 161.

C. Subjektive Anknüpfungen

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aa) Hypothetischer Parteiwille Bezugnehmend auf die Rechtsprechung vornehmlich des Reichsgerichts458 stellte eine Ansicht zunächst auf den hypothetischen Willen der Parteien ab.459 Dieser soll entscheiden, ob die Rechtswahl auch auf einen möglichen Nachfolgestaat gerichtet ist oder weiterhin auf das Recht der Vorgängerrechtsordnung zielt. Indikatoren waren dabei, ob eine entsprechende Unterwerfungsvereinbarung unter die neue Rechtsordnung bestand oder beide Vertragsparteien ihren Wohnsitz im Geltungsbereich der neu eingeführten Rechtsvorschriften hatten.460 Das Vertragsstatut ändere sich hingegen nicht, wenn nur eine der Parteien, insbesondere der Gläubiger, infolge der Staatensukzession der Herrschaft einer neuen Rechtsordnung unterfalle.461 Aufbauend darauf konkretisiert Martiny diesen hypothetischen Parteiwillen mit der engsten Verbindung zu dem Vertrag nach geltendem Recht.462 Können sich die Parteien nach einer Staatensukzession nicht auf eine erneute Rechtswahl einigen, so wird in diesem Streitfall auch schwerlich ein tatsächlicher hypothetischer Parteiwille ermittelbar sein. Während auf das Instrument der Rechtswahl vor allem aus Rechtssicherheitsaspekten zurückgegriffen wird, führt dagegen eine Anknüpfung an einen schwer zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen zu mehr Rechtsunsicherheit. 463 Unterstellt man einen Gleichlauf mit der engsten Verbindung, so übergeht man auch den tatsächlich geäußerten Parteiwillen und greift vielmehr auf eine verallgemeinerte objektive Anknüpfung zurück. Darüber hinaus findet dieser Ansatz keine Stütze im Gesetz, welches z.B. in Art. 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO eine ausdrückliche oder eindeutige Rechtswahl fordert.

458 RG, Ent. v. 19.09.1923 (I 164/22), RGZ 107, 121, 123; RG, Ent. v. 03.06.1924 (III 383/23), RGZ 108, 298, 303; RG, Ent. v. 16.01.1929 (VB 42/28), RGZ 123, 130, 134; BGH, Ent. v. 26.09.1966 (II ZR 56/65), NJW 1967, 36, Rn. 20. 459 Kegel, in: Soergel, 11. Aufl. 1984, Vor. Art. 7 EGBGB, Rn. 385, der aber den hypothetischen Parteiwillen mit der objektiven Anknüpfung gleichsetzt. 460 RG, Ent. v. 19.09.1923 (I 164/22), RGZ 107, 121, 123; RG, Ent. v. 03.06.1924 (III 383/23), RGZ 108, 298, 303 sowie RG, Ent. v. 16.01.1929 (VB 42/28), RGZ 123, 130, 134; RG, Ent. v. 08.12.1930 (IV 149/30), RGZ 131, 41, 48f., das unabhängig von einer vor der Staatensukzession erfolgten Rechtswahl auf den hypothetischen Parteiwillen abstellt; vgl. zu dieser Ansicht näher OLG Marienwerder, Ent. v. 26.02.1937 (II U 176/36), JW 1937, 1972, 1972 (m. Anm. Breithaupt) sowie Wohlgemuth, Veränderungen im Bestand des Geltungsgebiets des Vertragsstatuts, S. 345ff.; Duden, RabelsZ 9 (1935), 615, 624 zwar nicht den hypothetischen Parteiwillen benennend, aber bei einem Souveränitätswechsel ebenfalls für eine Unterwerfung unter das neue Recht auf diese Kriterien abstellend. 461 Allgemein und unabhängig von einer Rechtswahl BGH, Ent. v. 24.03.1955 (II ZR 93/53), NJW 1955, 868, 869. 462 Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 27. 463 Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 117.1.

162

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage Eine andere Ansicht in der Literatur geht richtigerweise davon aus, dass eine vor der Staatensukzession erfolgte Rechtswahl grundsätzlich auf das Recht des Nachfolgestaates464 verweist.465 Bei einer Änderung des grundlegenden Inhalts der gewählten Rechtsordnung im Zuge der Staatensukzession wird jedoch als Korrekturinstrument auf die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage abgestellt. 466 (1) Begründung Rechtsfolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist, dass statt des nun eigentlich maßgeblichen Rechts weiterhin das „alte“, ursprünglich gewählte Recht anwendbar sein soll.467 Kriterium ist dabei die Änderung des materiellen Gehalts der gewählten Rechtsordnung, da nicht nur an die Staatensukzession angeknüpft wird, sondern auch über den bona fides-Grundsatz468 argumentiert wird. Schuldig bleiben die Vertreter dieses Ansatzes jedoch in weiten Teilen die genauere Ausgestaltung, so z.B. in welchen Sukzessionskonstellationen das Instrument greift, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und ob die lex fori oder die lex causae maßgeblich ist. Dennoch soll dieser Ansatz nicht aufgegeben werden, sondern diese Fragen beantwortet und damit auch die Theorie des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Zuge von Staatensukzessionen begründet werden. Dabei ist zunächst zwischen den verschiedenen Sukzessionskonstellationen zu unterscheiden. Je nachdem welche Art der Staatennachfolge vorliegt, 464 Maßgeblich an dieser Stelle kann nur der kollisionsrechtlich identische Nachfolgestaat sein, der entsprechend den allgemeinen Grundsätzen S. 85ff. bestimmt wird. 465 Im Falle einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Schiedsgerichts bei der Kammer für Außenhandel der DDR wurde sowohl durch den BGH, Ent. v. 20.01.1994 (III ZR 143/92), NJW 1994, 1008 = BGHZ 125, 7 als auch das OLG Hamburg, Ent. v. 02.10.1992 (12 U 14/92), DtZ 1994, 177 und das OLG Frankfurt a.M., Ent. v. 25.01.1993 (8 W 8/93), DtZ 1993, 183 (m. Anm. Habscheid) entschieden, dass nach dem Untergang der DDR die Schiedsabrede entsprechend § 1033 ZPO außer Kraft getreten ist. Diese Konstellation im Internationalen Zivilprozessrecht kann jedoch nicht auf die vorliegende Frage nach dem Schicksal von Rechtswahlvereinbarungen übertragen werden. So war die Gerichtsstandsvereinbarung zum einen hinsichtlich eines bestimmten Gerichts und nicht nur auf einen Staat getroffen. Zum anderen bestand mit § 1033 ZPO a.F. eine explizite Norm zur Regelung der Außerkrafttretung. 466 B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 10; Lüderitz, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 469f.; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 24; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 117; allgemein von einem Nicht-Festhalten an der Rechtswahl sprechend Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.33. 467 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 482. 468 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 464.

C. Subjektive Anknüpfungen

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ist die Rechtswahl entweder weiterhin zielführend, besteht jedoch mit ggf. anderem Inhalt fort, oder die Staatensukzession führt zu einem Leerverweis der ausgesprochenen Rechtswahl. Wie auch bei Verweisungen, die durch eine objektive Anknüpfung ausgesprochen werden, 469 sind für die Auswirkungen einer Staatensukzession entscheidend, ob zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat(en) eine kollisionsrechtliche Staatsidentität 470 besteht. Während in den Fällen der Zession/Teilannexion, der Fusion, der Inkorporation/Vollannexion und der Separation/Sezession (mindestens einer) der/die Nachfolgestaat(en) mit dem/den Vorgängerstaat(en) kollisionsrechtlich identisch ist (Fallgruppe 1), liegt bei bestimmten Fällen der Dismembration keine solche Identität vor471 (Fallgruppe 2472). Durch die Staatsidentität in Fallgruppe 1 wird auch eine kollisionsrechtliche Rechtswahl trotz der Staatensukzession immer zielführend sein. Durch die Sukzession ist es jedoch möglich, dass die Rechtsordnung des Nachfolgestaates trotz der Eindeutigkeit der getroffenen Rechtswahl grundlegende Änderungen inhaltlicher Art erfahren hat. Trifft in einem solchen Fall das intertemporale Recht bereits spezielle Regelungen zum Umgang mit Rechtswahlen, die unter Geltung der Vorgängerrechtsordnung ausgesprochen worden sind, so sind diese vorrangig zu beachten. Auch ist vorrangig der jeweilige Rechtswahlvertrag auszulegen,473 wenn die Staatensukzession hierin bereits berücksichtigt wird. Nur wenn solche Regelungen nicht vorhanden sind, ist auf die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückzugreifen. Auf diese Weise kann bei einer wesentlichen Störung der Grundlagen der Rechtswahlvereinbarung dem ursprünglichen Parteiwillen zur Geltung verholfen und damit dessen Bedeutung Rechnung getragen werden, indem die Vorgängerrechtsordnung angewendet wird. Zudem werden so auch die eigentlichen Ziele einer Rechtswahl, Aspekte der Rechtssicherheit sowie der Vorhersehbarkeit, verwirklicht. Tritt also durch eine Staatensukzession eine Änderung der gewählten Rechtsordnung dergestalt ein, dass der Vertrag einem gänzlich anderen Regime unterliegt, so kann dies über eine Korrektur nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgeglichen und die ursprünglich bezweckte Rechtssicherheit wiederhergestellt werden.

469

Vgl. hierzu S. 84ff. Vgl. zur kollisionsrechtlichen Staatsidentität S. 47ff. 471 Vgl. zu der Unterscheidung in Fällen der Dismembration S. 49ff. Diese Unterscheidung kann auch im Rahmen der Rechtswahl relevant werden, wenn nicht nur das Recht eines Gesamtstaates gewählt wird, sondern dieses durch eine Teilrechtsordnung spezifiziert wird. 472 Vgl. hierzu S. 168f. 473 So auch Paulus, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel, Brexit: privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, § 10 Rn. 39. 470

164

3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

(2) Voraussetzungen Maßgeblich, um die Zulässigkeit und die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für diesen Fall zu bestimmen, ist die lex causae,474 im konkreten Fall in Form der Nachfolgerechtsordnung. Während die lex fori nur die Zulässigkeit der Rechtswahl an sich regelt, entscheidet z.B. im Schuldrecht nach Art. 3 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO das hypothetische Vertragsstatut über mögliche Anpassungen. Damit entscheidet auch gleichzeitig diejenige Rechtsordnung, die von der Staatensukzession betroffen ist, über deren Auswirkungen. Da letztlich die Beachtung dieser Rechtsordnung aufgrund der Rechtswahl der Parteien in Frage steht, ist dies auch folgerichtig, um wiederum den Parteiwillen zu beachten und dem Zweck der Parteiautonomie Rechnung zu tragen. Wäre das deutsche Recht hypothetisches Vertragsstatut,475 würden gemäß § 313 BGB folgende Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage gelten:476 Erste Voraussetzung ist, dass die Geschäftsgrundlage durch schwerwiegende Änderung der Umstände, welche über das normale Veränderungsrisiko hinausgehen, weggefallen ist (tatsächliches Element). Unter der Geschäftsgrundlage werden die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder beim Vertragsschluss zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände verstanden, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut.477 Die Staatenstabilität alleine ist dabei regelmäßig nicht die

474 So auch Lüderitz, in: Forstmoser, Festschrift für Max Keller zum 65. Geburtstag, S. 469. 475 Vgl. für einen rechtsvergleichenden Überblick des Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Finkenauer, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 313 BGB, Rn. 29; Martens, in: BeckOGK, Stand: 01.10.2020, § 313 BGB, Rn. 18ff. 476 Um die Relevanz dieser Problematik aufzuzeigen, wird im Folgenden trotz der Annahme des deutschen Rechts als hypothetischem Vertragsstatut auf historische Beispiele zur Konkretisierung der jeweiligen Voraussetzungen Bezug genommen. 477 Statt vieler RG, Ent. v. 03.02.1922 (II 640/21), RGZ 103, 328, 332; BGH, Ent. v. 14.07.1953 (V ZR 72/52), NJW 1953, 1585, 1585; BGH, Ent. v. 23.10.1957 (V ZR 219/55), NJW 1958, 297, 298; BGH, Ent. v. 15.12.1983 (III ZR 226/82), NJW 1984, 2947, 2948; BGH, Ent. v. 24.04.1985 (IV b ZR 22/84), NJW 1985, 1833, 1835; BGH, Ent. v. 31.05.1990 (I ZR 233/88), NJW 1991, 1478, 1478; BGH, Ent. v. 25.09.1995 (II ZR 269/96), NJW 1997, 3371, 3372; BGH, Ent. v. 10.09.2009 (VII ZR 82/08), NJW 2010, 519, 520; BGH, Ent. v. 24.03.2010 (VIII ZR 160/09), NJW 2010, 1663, 1663; BGH, Ent. v. 04.03.2015 (XII ZR 46/13), NJW 2015, 1523, 1524; BGH, Ent. v. 26.04.2017 (IV ZR 126/16), NJW 2017, 2191, 2192.

C. Subjektive Anknüpfungen

165

Geschäftsgrundlage des Vertrags,478 da für die Parteien eines Privatvertrags nicht die rein formale politische Zugehörigkeit eines Ortes/Gebiets entscheidend sein wird, sondern vielmehr die Auswirkungen einer solchen Staatensukzession auf die gewählte Rechtsordnung. Im Zuge der Inkorporation der DDR wurde dabei in erster Linie auf grundlegende Veränderungen der politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen sozialen Verhältnisse abgestellt,479 also im konkreten Fall auf die Abkehr von der staatlichen Planwirtschaft. Obwohl sich diese Kriterien auf die gesamte Rechtsordnung beziehen, so ist – vorbehaltlich einer Regelung durch den Gesetzgeber – jede Entscheidung hinsichtlich eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage abhängig vom jeweiligen Einzelfall zu treffen, 480 da die Eigenschaft als Geschäftsgrundlage für den jeweiligen Vertrag in Frage steht. Als Besonderheit ergibt sich hier, dass es sich nicht um ein materiell-rechtliches Vertragsverhältnis im klassischen Sinn handelt, sondern um einen Verweisungsvertrag, also eine Entscheidung zugunsten einer bestimmten Rechtsordnung, die für das gesamte Vertragsverhältnis maßgeblich ist. Folglich wird die gemeinsame Vorstellung beider Parteien bei Vertragsabschluss regelmäßig nicht auf einzelne Bestimmungen der gewählten Rechtsordnung gerichtet sein. Vielmehr muss das Kriterium die Relevanz der Änderungen für den von der Rechtswahl erfassten Teilbereich sein. Demensprechend liegt dann eine schwerwiegende Änderung der Umstände vor, wenn sich aufgrund einer Staatensukzession die Rechtsordnung in dem von der Rechtswahl erfassten Teilbereich dergestalt inhaltlich ändert, dass diese für die von der Rechtswahl erfassten Verträge gänzlich andere Bestimmungen und damit Rechtsfolgen als bisher vorsieht, die über eine normale Rechtsfortentwicklung hinausgehen. Als Beispiel kann an dieser Stelle die Rechtsänderung genannt werden, die eine Fusion und damit eine Zusammenführung zweier Rechtssysteme auslöst. So wurden bei der Vereinigung der Arabischen Republik Jemen und der Demokratischen Volksrepublik Jemen alle bisher geltenden Gesetze des Erb- und Familienrechts außer Kraft gesetzt.481 Insbesondere die Rechtsposition der Frauen verschlechterte sich dadurch erheblich.482 Haben die Beteiligten nun vor der Fusion eine Rechts478 Am Beispiel der Inkorporation der DDR allgemein Grün, JZ 1994, 763, 767; a.A. Janssen, ZRP 1991, 418, 418, der auf die deutsche Einigung an sich abstellt; allgemein zu politischen Verhältnissen als Geschäftsgrundlage Paulus, in: Kramme/Baldus/SchmidtKessel, Brexit: privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, § 10 Rn. 30. 479 BGH, Ent. v. 14.10.1992 (VIII ZR 91 /91), JZ 1993, 664, 667; BGH, Ent. v. 01.06.1994 (V ZR 278/92), NJW 1994, 2688, 2690; Drexl, DtZ 1993, 194, 195; Görk, Deutsche Einheit und Wegfall der Geschäftsgrundlage, S. 119. 480 BGH, Ent. v. 26.10.1993 (XI ZR 222/92), VIZ 1994, 74, 76; darauf bezugnehmend OLG Dresden, Ent. v. 28.03.1994 (2 U 1531/93), VIZ 1994, 430, 434; Drexl, DtZ 1993, 194, 195; N. Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, S. 252. 481 H. Krüger, RIW 1993, 28, 29. 482 H. Krüger, RIW 1993, 28, 29.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

wahl – unterstellt eine solche war möglich – zugunsten des frauenfreundlichen südjemenitischen Familienrechtsgesetzes getroffen, kann im konkreten Einzelfall aufgrund der erfolgten Rechtsänderungen die Geschäftsgrundlage dieser Rechtswahlvereinbarung entfallen sein. Die zweite Voraussetzung ist, dass das Risiko, dass sich obige Umstände verändern, keiner Partei zugewiesen war. Es darf also nicht um Erwartungen und Umstände gehen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen.483 Mangels Anhaltspunkten im Vertrag selbst, ist maßgebliches Kriterium hierbei die Vorhersehbarkeit. Auch hier ist stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. 484 Ob ein Staat politisch stabil ist oder eine Staatensukzession angestrebt wird, lässt sich dabei häufig im Vorfeld erkennen – abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses.485 Nicht vorhersehbar hingegen werden regelmäßig die konkreten Rechtsfolgen dieses Vorgangs sein. Dies zeigt auch das oben bereits erwähnte Beispiel der Fusion des Jemen. Das Ziel der Einheit der beiden jemenitischen Staaten war ab den 1960er Jahren im Bewusstsein der Bevölkerung vorhanden.486 Der genaue Zeitpunkt der Fusion war dagegen nicht absehbar, 487 ebenso wenig, wie die Rechtslage nach der Fusion ausgestaltet werden würde. So war die 1991 verabschiedete Verfassung eine klassische Kompromissverfassung,488 die zwei gänzlich unterschiedliche politische Systeme vereinigen sollte.489 Da die Parteien eine Rechtswahl jedoch wegen der Vorhersehbarkeit 483

BGH, Ent. v. 09.03.2010 (VI ZR 52/09), NJW 2010, 1874, 1877; BGH, Ent. v. 21.09.2005 (XII ZR 66/03), NJW 2006, 899, 901. 484 Paulus, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel, Brexit: privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, § 10 Rn. 21. 485 Paulus, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel, Brexit: privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, § 10 Rn. 22 stellt an dieser Stelle auf die Abhängigkeit von fremden Willensentscheidungen ab; historische Beispiele sind u.a. die Fusion der beiden jemenitischen Staaten, die ebenso lange erklärtes Ziel war (R. Schmidt, WeltTrends 1994, 120, 126) wie die Wiedervereinigung von BRD und DDR (vgl. hierzu den letzten Satz der Präambel des Grundgesetzes bis 1990 „Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“ sowie Art. 8 Abs. 2 S. 2 der Verfassung der DDR vom 1968 „Die Deutsche Demokratische Republik und ihre Bürger erstreben darüber hinaus die Überwindung der vom Imperialismus der deutschen Nation aufgezwungenen Spaltung Deutschlands, die schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten bis zu ihrer Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus.“). Auch die nationalen Tendenzen in den Teilstaaten Jugoslawiens deutete sich bereits seit den 1970er Jahren an (vgl. hierzu Ramet, Die drei Jugoslawien, S. 417ff.); vgl. zur Relevanz der Fallgruppe der Dismembration in diesem Zusammenhang Fn. 506. 486 Cieslik, Wiedervereinigungen während und nach der Ost-West-Blockkonfrontation, S. 107; R. Schmidt, WeltTrends 1994, 120, 126f. 487 R. Schmidt, WeltTrends 1994, 120, 127. 488 Cieslik, Wiedervereinigungen während und nach der Ost-West-Blockkonfrontation, S. 149. 489 Al-Wada'i, in: Sūswa, Developments of democracy in Yemen, S. 123f.

C. Subjektive Anknüpfungen

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der Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer bestimmten Rechtsordnung treffen und sich bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gerade diese signifikant ändern, wird regelmäßig keine Risikozuweisung zwischen den Parteien vorliegen. Zudem stufen die Rechtsprechung490 und Literatur491 bereits (unvorhersehbare) Gesetzesänderungen prinzipiell als ein Risiko ein, das nicht zu den normalen wirtschaftlichen Risiken gehört, die jedermann selbst zu tragen hat. Daraus ergibt sich als argumentum a fortiori, dass Änderungen, die eine ganze Rechtsordnung im Zuge einer Staatensukzession betreffen, erst recht nicht der Risikosphäre einer Partei zugeordnet werden können, da der Fortbestand der geltenden Gesetzeslage als „unausgesprochene Basis für jeglichen Vertragsschluss“492 anzusehen ist. Durch die Staatensukzession und deren Änderungen in der Rechtsordnung entfällt damit die Grundlage für die ursprüngliche Risikoverteilung.493 Letzte Voraussetzung ist, dass das Festhalten am Vertrag der belasteten Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht zugemutet werden kann. Dabei ist eine Berufung auf eine Grundlagenstörung nur dann zulässig, wenn „dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint“.494 Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall unter Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Vorteile, die der betroffenen Partei neben den Nachteilen aus den eingetretenen Veränderun-

490 BGH, Ent. v. 24.04.1985 (IV b ZR 22/84), NJW 1985, 1833, 1835, der den Wegfall der Geschäftsgrundlage aufgrund der Änderung des Scheidungsrechts 1977 anprüft; OLG Dresden, Ent. v. 24.11.1999 (8 U 2958/99), NJW 2000, 3432, 3433, das eine solche Risikozuordnung aufgrund einer anderslautenden Parteivereinbarung verneint. 491 Finkenauer, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 313 BGB, Rn. 231; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II, S. 520f., der darauf abstellt, ob sich die Änderung in der Gesetzgebung ohne weiteres in die vertragstypische Risikoverteilung einfügt; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, § 313 BGB, Rn. 54; Martens, in: BeckOGK, Stand: 01.10.2020, § 313 BGB, Rn. 261ff.; Paulus, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel, Brexit: privat- und wirtschaftsrechtliche Folgen, § 10 Rn. 29. 492 Esser/Schmidt, Schuldrecht Band I Allgemeiner Teil Teilband 2, S. 47. 493 So allgemein zu außergewöhnlichen Eingriffen des Gesetzgebers Esser/Schmidt, Schuldrecht Band I Allgemeiner Teil Teilband 2, S. 47. 494 BGH, Ent. v. 11.07.1958 (VIII ZR 96/57), NJW 1958, 1772, 1773; BGH, Ent. v. 29.09.1961 (V ZR 136/60), NJW 1962, 29, 30; BGH, Ent. v. 20.03.1967 (VIII ZR 237/64), BeckRS 1967, 31178035; BGH, Ent. v. 09.12.1970 (VIII ZR 245/68), BeckRS 1970, 31122864; BGH, Ent. v. 29.04.1982 (III ZR 154/80), NJW 1982, 2184, 2186; BGH, Ent. v. 25.02.1993 (VII ZR 24/92), NJW 1993, 1856, 1860; BGH, Ent. v. 11.10.1994 (XI ZR 189/93), NJW 1995, 47, 48; BGH, Ent. v. 05.01.1995 (IX ZR 85/94), NJW 1995, 592, 594; BGH, Ent. v. 04.07.1996 (I ZR 101/94), NJW 1997, 320, 323; BGH, Ent. v. 26.09.1986 (I ZR 265/95), NJW 1997, 1702, 1704; BGH, Ent. v. 22.12.2004 (VIII ZR 41/04), NZM 2005, 144, 144; BGH, Ent. v. 01.02.2012 (VIII ZR 307/10), NJW 2012, 1718, 1720.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

gen erwachsen sind.495 Kein Argument für die Zumutbarkeit einer Rechtsänderung ist, dass alle Bürger und damit insbesondere die Parteien gleichermaßen betroffen sind.496 Auch hier kommt wiederum die Besonderheit der Rechtswahl zum Tragen. Eine Rechtswahlvereinbarung soll für Rechtssicherheit sorgen, die jedoch in Folge der Rechtsänderungen nicht mehr gewährleistet ist. Zwar betrifft dies beide Parteien allgemein gleichermaßen, aber die Rechtsänderung wird im konkreten Einzelfall für eine der Parteien inhaltlich negativere Folgen haben als für ihren Vertragspartner. Greift man nun auf das Instrument des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurück, so kann genau diese durch die Rechtswahl bezweckte Rechtssicherheit erreicht werden, indem die anwendbare Rechtsordnung möglichst dem Parteiwillen entspricht. Ebenso kein Gegenargument ist eine mögliche Flut an Anpassungen. 497 Zwar ist es vorrangig Aufgabe des Gesetzgebers in solchen Fällen Regelungen zu treffen.498 Bestehen diese jedoch nicht, so ist auf die vorhandenen Instrumente zurückzugreifen, wie z.B. auf § 313 BGB im Falle einer schwerwiegenden Äquivalenzstörung durch unvorhergesehene Umstände. Nur so kann eine billige Lösung erzielt werden, die den Zweck der Parteiautonomie wahrt.499 Rechtsfolge von § 313 Abs. 1, 3 BGB ist vorrangig die Vertragsanpassung500 und nachrangig der Rücktritt oder bei Dauerschuldverhältnissen die Kündigung. Im Rahmen einer umfassenden Abwägung im jeweiligen Einzelfall sollen die betroffenen Interessen unter Berücksichtigung der Risikoverteilung in ein angemessenes Gleichgewicht gebracht werden. 501 Stellt man an dieser Stelle wiederum auf die Ziele der Parteien bei der Rechtswahlvereinbarung ab, so liegt eine Vertragsanpassung aus Rechtssicherheitsgesichtspunkten nahe, nach welcher das alte Recht im Zeitpunkt vor Eintritt der Staa-

495 BGH, Ent. v. 11.10.1994 (XI ZR 189/93), NJW 1995, 47, 48; BGH, Ent. v. 05.01.1995 (IX ZR 85/94), NJW 1995, 592, 594. 496 So aber im Zuge der Diskussion um den Wegfall der Geschäftsgrundlage aufgrund der Inkorporation der DDR Prölss/Armbrüster, DtZ 1992, 203, 206 sowie zur allgemeinen Gefahrenlage wirtschaftlicher Unternehmungen in der Kriegszeit BGH, Ent. v. 30.09.1952 (I ZR 83/52), NJW 1952, 1371, 1372. 497 So aber im Zuge der Diskussion um den Wegfall der Geschäftsgrundlage aufgrund der Inkorporation der DDR Prölss/Armbrüster, DtZ 1992, 203, 206; vgl. hierzu auch N. Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, S. 252. 498 BGH, Ent. v. 26.10.1993 (XI ZR 222/92), VIZ 1994, 74, 76; darauf bezugnehmend OLG Dresden, Ent. v. 28.03.1994 (2 U 1531/93), VIZ 1994, 430, 434. 499 Vgl. hierzu S. 151f. 500 Finkenauer, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 313 BGB, Rn. 81, 127ff.; vergleiche allgemein zur Vertragsanpassung Hau, Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag. 501 BGH, Ent. v. 28.04.2005 (III ZR 351/04), NJW 2005, 2069, 2071; BGH, Ent. v. 26.10.1999 (X ZR 54/97), NJW-RR 2000, 1219, 1220; Finkenauer, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 313 BGB, Rn. 89; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, § 313 BGB, Rn. 86.

C. Subjektive Anknüpfungen

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tensukzession als gewählt gilt. 502 Dass es sich dabei um „totes“ Recht handelt, ist unschädlich. Im Zeitpunkt der Rechtswahl war dieses Recht in Geltung und damit wählbar. Eine Ausnahme wird lediglich in Fällen eines fortgeschrittenen Zeitablaufs vorgeschlagen, in welchen stattdessen auf den hypothetischen Parteiwillen abgestellt werden soll, da die Anwendung des früheren Rechts nicht mehr sachgerecht erscheint. 503 Dem ist insbesondere in der Begründung nicht zu folgen. Liegt der Geltungszeitraum der früheren Rechtsordnung bereits so weit zurück, ist vielmehr im Sinn des Rechtsinstituts der Verwirkung von einem Ausschluss des Rechts auf Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen.504 Neben das oben beschriebene Zeitmoment tritt ein hieraus resultierendes Umstandsmoment: Durch die Fortführung des Vertrags nach der Staatensukzession innerhalb der neuen Rechtsordnung wird ein Vertrauenstatbestand bei der anderen Vertragspartei geschaffen. Beruft sich die erste Partei dabei nicht auf die Anpassung des Vertrags, verfestigt sich dieser Vertrauenstatbestand nach Treu und Glauben. Liegt eine konkrete Vertrauensdisposition der anderen Partei vor, ist darauf abzustellen, ob dieser durch die Anpassung ein unzumutbarer Nachteil entstünde.505 Ist dies der Fall, ist von einer Verwirkung des Rechts auf Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen und damit weiterhin die nach der Staatensukzession geltende Rechtsordnung maßgeblich. cc) Verweisung auf „totes“ Recht Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein Staat zerfällt. Kann kein identischer Nachfolgestaat identifiziert werden, 506 geht die ausgesprochene Rechtswahl in diesen Fällen ab dem Zeitpunkt der Sukzession ins Leere (Fallgruppe 2). Auch hier ist zunächst aufgrund der Bedeutung und Begrün502 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 482; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 53; Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 117f. 503 Wendland, in: BeckOGK, Stand: 01.02.2020, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 117.1. 504 Vgl. hierzu allgemein Salzmann, Die zivilrechtliche Verwirkung durch Nichtausübung; Schubert, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 242 BGB, Rn. 369ff.; Siebert, Verwirkung und Unzulässigkeit der Rechtsausübung. 505 BGH, Ent. v. 27.06.1957 (II ZR 15/56), NJW 1957, 1358, 1358; BGH, Ent. v. 30.10.2009 (V ZR 42/09), NJW 2010, 1074, 1076; Schubert, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2019, § 242 BGB, Rn. 408; Sutschet, in: BeckOKBGB, § 242 BGB, Rn. 147f. 506 Anders ist dies, wenn nicht allein das Recht des – nun nicht mehr existierenden – Vorgängerstaates gewählt wurde, sondern zudem auch das Recht eines Staates, welches vor der Dismembration eine Teilrechtsordnung des Vorgängerstaates war und nach dem Zerfall eine Rechtsordnung eines eigenständigen Staates bildet. In diesem Fall bestünde eine Identität zwischen dem Vorgängerstaat, dessen Recht gewählt wurde, und einem Nachfolgestaat. Dies würde z.B. auf die Wahl kroatischen Rechts zutreffen. Folglich kommen in diesen Fällen die auf S. 161ff. dargestellten Grundsätze zur Anwendung.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

dung der Parteiautonomie der Parteiwille maßgeblich, 507 welcher durch Auslegung zu ermitteln ist. Ergibt sich hieraus bereits eine mögliche Zuordnung zu einer der Nachfolgerechtsordnungen, so ist diese vorrangig. Kann der Parteiwille nicht durch Auslegung ermittelt werden, sind in einem nächsten Schritt spezielle Regelungen des intertemporalen Rechts zwischen den Nachfolgestaaten aufgrund der Sukzession maßgeblich, sofern solche bestehen. Liegen auch diese nicht vor, bestehen zwei Möglichkeiten. Zunächst könnte man andenken, die Rechtswahl ab dem Zeitpunkt der Dismembration als unwirksam zu betrachten, da die gewählte Rechtsordnung mit ihrem Rechtsträger untergegangen ist. Dies würde jedoch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien verletzen, da das von ihnen gewählte Recht – nach der Dismembration jedenfalls noch in Form eines „toten“ Rechts konkretisierbar – nicht angewandt wird. Zur Verwirklichung des tatsächlichen Parteiwillens sowie von Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit ist vielmehr von der Fortgeltung der ursprünglich gewählten, vor der Staatensukzession geltenden Rechtsordnung auszugehen. Auch hier ist der zwischenzeitliche Untergang der Rechtsordnung unbeachtlich, da sich die Rechtsordnung zum Zeitpunkt der Rechtswahl in Geltung befand. Auf diese Weise wird auch der zeitliche Bezug der gewählten Rechtsordnung gewährleistet. 508 Die einzige Ausnahme kann sich auch hier durch einen fortgeschrittenen Zeitablauf in Kombination mit der Unterstellung des Vertrags unter eine neue Rechtsordnung ergeben. Maßgeblich muss auch an dieser Stelle der tatsächliche Wille der Parteien bleiben. Da sich die Rechtswahl hin zum nun „toten“ Recht hierauf begründet, kann Zeit alleine diese nicht aufheben. Vielmehr muss ein – zumindest konkludentes – Verhalten beider Parteien hinzukommen, aus dem sich eine neue Rechtswahl ergibt. Einzig die Anforderungen an eine solche konkludente Aufhebung der alten Rechtswahl 509 bzw. erneute Rechtswahl werden geringer,510 je länger die ursprünglich gewählte Rechtsordnung bereits außer Kraft ist. Mangels entgegenstehender Hinweise kommt einer solchen Rechtswahl jedoch nur ex nunc-Wirkung zu. c) Heilung durch Staatensukzession Eine Staatensukzession kann nicht nur dazu führen, dass eine ursprünglich wirksame Rechtswahl auf den ersten Blick ins Leere verweist. Der umgekehr507

Vgl. hierzu nur Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 4ff.; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 26; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 2. 508 Vgl. hierzu bereits S. 154ff. 509 Diese würde zur Anwendung des objektiven Vertragsstatuts führen, siehe Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 115. 510 Vorhanden sein muss jedoch immer ein Rechtswahlbewusstsein in dem Sinn, dass die Parteien ihren Vertrag nun einem anderen Recht unterstellen wollen als bisher.

C. Subjektive Anknüpfungen

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te Fall ist ebenfalls denkbar: das Wirksamwerden einer zuvor unwirksamen Rechtswahl aufgrund einer Staatensukzession. Angeknüpft werden soll dabei an die Idee der „Heilung durch Statutenwechsel“.511 In solchen Fällen werden Konstellationen erfasst, in welchen in Abweichung des Grundsatzes semel invalidum, semper invalidum512 durch eine nachträgliche Veränderung der Anknüpfungstatsachen ein nach dem ursprünglich berufenen Recht fehlerhaftes Rechtsverhältnis nachträglich wirksam wird.513 Im Gegensatz zu dem „klassischen“ Fall der „Heilung durch Statutenwechsel“ ändern sich in dem vorliegenden Kontext keine Anknüpfungstatsachen. Es geht vielmehr um Konstellationen, in welchen eine erfolgte Rechtswahl vor der Staatensukzession unwirksam war, bei einer erneuten Beurteilung danach jedoch wirksam wäre, indem z.B. vor der Sukzession von den Parteien ein nichtstaatliches Recht gewählt wurde, das nach der Sukzession staatliches Recht ist.514 Beispielsweise könnten Parteien eines Schuldvertrags „baskisches, explizit nicht spanisches Vertragsrecht“ wählen. Da das spanische Recht zwar Foralrechte kennt, aber diese im Baskenland nur im Erb- und Familienrecht bestehen,515 geht die Rechtswahl bei der derzeitigen politischen Situation ins Leere. Würde sich das Baskenland jedoch von Spanien abspalten, 516 so würde dies zwangsläufig ein eigenes baskisches Schuldvertragsrecht bedeuten. Da dieses nach der Abspaltung die Rechtsordnung eines Staates im kollisionsrechtlichen Sinn ist, wäre eine Rechtswahl in Bezug auf vertragliches Schuldrecht zu baskischem Recht wirksam. Die klassische „Heilung durch Statutenwechsel“ wird dabei auch als „Billigkeitsrecht“517 bezeichnet, da ein Statutenwechsel im eigentlichen Sinn 511

Vgl. hierzu bereits oben S.121ff. Böhmer, in: Henrich, Festschrift für Karl Firsching zum 70. Geburtstag, S. 42; Rentsch, in: BeckOGK, Stand: 01.06.2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 184. 513 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 43; Rentsch, in: BeckOGK, Stand: 01.06.2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 184; Siehr, in: Jayme, Gedächtnisschrift für Albert A. Ehrenzweig, S. 133. 514 Davon abzugrenzen ist die Situation, dass nach der Sukzession das hypothetische Vertragsstatut andere, nun erfüllte Voraussetzungen an das Zustandekommen der Rechtswahl stellt. Diese Konstellation ist jedoch keine Besonderheit aufgrund einer Staatensukzession, sondern betrifft allgemein die Frage, wie mit materiellen Rechtsänderungen umzugehen ist. 515 Das Gesetz des Baskischen Zivilrechts vom 25.06.2015 (abgedruckt in Spanisch sowie in der deutschen Übersetzung in Daum, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Spanien (220. Lieferung), S. 171ff.) enthält keine Vorschriften zu vertraglichen Schuldverhältnissen. Damit gilt nach Art. 3 Abs. 1 dieses Gesetzes der spanische Código civil. 516 Zu den Unabhängigkeitsbestrebungen vergleiche nur Hanke/Meyer/Ludwig u.a., Das Europa der Separatisten; Heine, Nicht nur Katalonien: Wer alles nach Unabhängigkeit strebt; Schulte von Drach, Separatisten in der EU: Wem Autonomie nicht mehr genügt. 517 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 185. 512

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

nicht eintritt, sondern vielmehr eine rechtsfortbildende Korrektur. 518 So sind hier die bekanntesten Beispiele die Heilung einer nach dem durch Art.13 EGBGB berufenen Recht unwirksamen Ehe durch den Wechsel der Staatsangehörigkeit der „Ehegatten“. Würde man in diesem Fall Art. 13 EGBGB nach Veränderung der maßgeblichen Anknüpfungstatsachen erneut prüfen, wäre und folglich ist die Eheschließung nach der neuen Rechtsordnung wirksam.519 Auch ist die Heilung im Falle einer Formnichtigkeit zu nennen, wenn die neue Rechtsordnung niedrigere Voraussetzungen aufstellt, die nun erfüllt sind.520 Um nicht wahllos den Anknüpfungszeitpunkt zu modifizieren, muss ggf. auf das Vorhandensein weiterer bestimmter Voraussetzungen zurückgegriffen werden, wie z.B. im Falle des Art. 13 EGBGB der vollständige Bruch der beteiligten Personen mit dem ursprünglichen Recht genannt wird.521 Der in diesem Zusammenhang relevante Fall der Heilung einer unwirksamen Rechtswahl durch eine Staatensukzession weist hierzu jedoch einige Besonderheiten auf. So ist kein Rückgriff auf eine Billigkeitskorrektur und eine etwaige Konkretisierung dieser notwendig. Vielmehr kann durch die Bedeutung und Maßgeblichkeit des Parteiwillens über die Auslegung der Parteivereinbarung bereits das gewünschte Ergebnis der Wirksamkeit erreicht werden. Sofern keine Anhaltspunkte entgegenstehen, ist der Parteiwille hinsichtlich einer zunächst unwirksamen Rechtswahl dahingehend zu deuten, dass dieser, sobald zulässig, umgesetzt wird. 522 Einzige Voraussetzung in diesen Fällen ist damit die (weiterhin bestehende) Einigung über die Rechtswahl im Zeitpunkt der Sukzession. Dass die eigentliche Rechtswahl bereits weit vor ihrem Wirksamwerden getroffen wurde, ist dabei ebenso unbeachtlich wie die Tatsache, dass die Rechtswahl erst „verspätet“ greift. Dies ver518

S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 43. RG, Ent. v. 16.05.1931 (IX 497/30), RGZ 132, 416, 416ff.; BGH, Ent. v. 27.11.1996 (XII ZR 126/95), FamRZ 1997, 252, 543; BGH, Ent. v. 13.03.2003 (IX ZR 181/99), IPRax 2004, 438, 483ff.; KG, Ent. v. 27.01.1986 (16 WF 6393/85)), IPRax 1987, 33, 33f. (m. Anm. Siehr); OLG München, Ent. v. 22.12.1992 (4 UF 218/92), StAZ 1993, 151, 152; SozialG Hamburg, Ent. v. 15.04.2005 (S 19 RJ 367/03), IPRax 2007, 47, 47f.; Andrae, in: NK, Art. 13 EGBGB, Rn. 12f.; Böhmer, in: Henrich, Festschrift für Karl Firsching zum 70. Geburtstag, S. 41ff.; Bungert, StAZ 1993, 140, 145; Siehr, in: Jayme, Gedächtnisschrift für Albert A. Ehrenzweig, S. 136ff.; Siehr, IPRax 1987, 19, 19ff.; Siehr, IPRax 2007, 30, 30ff.; Voit, "Heilung durch Statutenwechsel" im internationalen Eheschließungsrecht. 520 v. Bar, Internationales Privatrecht II, § 4 Rn. 480; Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom IVO, Rn. 46; B. v. Hoffmann, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB, Rn. 76; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 465; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 80; Staudinger, in: HK-BGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5. 521 Vgl. hierzu v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 4 Rn. 185; Siehr, in: Jayme, Gedächtnisschrift für Albert A. Ehrenzweig, S. 143ff. 522 Dies folgt aus der hohen Gewichtung der Parteiautonomie im System des Internationalen Privatrechts und ihres sich hieraus ergebenden grundsätzlichen Vorrangs vor der objektiven Anknüpfung. 519

C. Subjektive Anknüpfungen

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deutlicht insbesondere die Möglichkeit der nachträglichen Rechtswahl,523 welche ebenfalls einer Rechtswahl Wirkungen nach Vertragsschluss zukommen lässt; einzig mit dem Unterschied, dass in letzteren Fällen die Rechtswahlvereinbarung nach Vertragsschluss zustande gekommen ist. Darüber hinaus kommt auf diese Art und Weise der Parteiautonomie größtmögliche Wirkung zu, indem der Parteiwille umgesetzt wird. Auch hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit sind die Parteiinteressen maßgeblich. Wiederum zeigt sich hier die Parallele zur nachträglichen Rechtswahl. Aufgrund der bevorzugten Einheitlichkeit des Statuts524 und der Tatsache, dass die Parteien die Rechtswahl bereits bei Vertragsschluss ausgesprochen haben, ist von einer Wirkung ex tunc auszugehen. Allerdings ist auch hier der Schutz Dritter analog Art. 3 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 Rom I-VO zu beachten. III. Synthese Wird eine Rechtswahl getroffen, muss diese grundsätzlich immer auf eine Rechtsordnung gerichtet sein, die in Kraft ist. Nachträgliche Änderungen dieser Rechtsordnung sind dabei von der Rechtswahl eingeschlossen. Trifft nun mit dieser Rechtswahl eine Staatensukzession zusammen, so kann die Staatensukzession durch die Besonderheit der Anknüpfung aufgrund des Parteiwillens und der Beliebigkeit des Zeitpunktes der Rechtswahl diese in vielfältiger Weise beeinflussen. Zunächst ist eine Rechtswahl aus Anlass der Staatensukzession denkbar. Eine solche unterliegt den allgemeinen Regeln und wirkt – falls die Parteien keine Regelung hierfür getroffen haben – ex tunc. Bestand eine Rechtswahlvereinbarung bereits vor der Staatensukzession, ist zunächst fraglich, ob die Parteien oder die lex causae eigene Regelungen für den Umgang mit der Sukzession vorsehen. Ähnlich einer solchen Regel wirkt eine Versteinerungsklausel, welche den Ist-Zustand einer Rechtsordnung für die Parteien festschreibt. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen einer Staatensukzession ist einer solchen Klausel in diesem Falle auch ausnahmsweise eine kollisionsrechtliche Wirkung zuzuschreiben. Besteht keine Sonderregelung, unterscheiden sich die Auswirkungen der Staatensukzession auf eine Rechtswahl je nach Fallkonstellation der Staatennachfolge: Besteht zwischen der alten, ursprünglich gewählten Rechtsordnung und einer Nachfolgerechtsordnung eine kollisionsrechtliche Identität, so ist die Rechtswahl auf die neue Rechtsordnung gerichtet entsprechend des Grundsatzes der Wahl einer Rechtsordnung inklusive ihrer jeweiligen Änderungen. Allerdings besteht hier die Möglichkeit der Korrektur über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Ist dagegen die Vorgängerrechtsordnung mit keiner Nachfolgerechtsordnung identisch, so z.B. in gewissen Fällen der Dismembration, bleibt die Rechtswahl weiterhin auf das alte, nun 523 524

Vgl. hierzu Art. 3 II 1 Rom I-VO. Vgl. zur Argumentation S. 153f.

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3. Kapitel: Verweisungen und Staatensukzessionen

„tote“ Recht gerichtet. Umgekehrt kann eine Staatensukzession auch einer ursprünglich unwirksamen Rechtswahl zur Geltung verhelfen entsprechend den Grundsätzen zur „Heilung durch Statutenwechsel“.

Kapitel 4

Anknüpfungen und Staatensukzessionen Um überhaupt eine Verweisung aussprechen zu können, muss das berufene Kollisionsrecht zunächst den in Frage stehenden Sachverhalt anknüpfen. 1 Ebenso wie die ausgesprochenen Verweisungen durch eine Staatensukzession tangiert werden können, kann sich eine solche auch auf die Anknüpfungspunkte auswirken. Um diese Folgen einer Staatensukzession zu erfassen, ist zunächst wiederum abstrakt auf die Methodik der kollisionsrechtlichen Anknüpfung einzugehen (A.), bevor die Besonderheiten der jeweiligen Anknüpfungspunkte behandelt werden (B. und C.).

A. Methodik A. Methodik

Aufgabe des Internationalen Privatrechts ist es, einen Sachverhalt mit einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten dem Recht zu unterstellen, zu dem der Sachverhalt die engste Verbindung hat.2 Diesem telos untersteht auch die objektive Anknüpfung.3 Um dieses Ziel zu erreichen, findet zunächst eine Zuordnung eines Anknüpfungspunktes zu den unterschiedlichen Anknüpfungsgegenständen statt.4 Im Folgenden ordnet die maßgebliche Kollisionsnorm die Verknüpfung des im jeweiligen Einzelfall in Frage stehenden

1 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 33; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 189. 2 BGH, Ent. v. 13.03.1984 (VI ZR 23/82), NJW 1984, 2032, 2033; BGH, Ent. v. 08.01.1985 (VI ZR 22/83), NJW 1985, 1285, 1285 = BGHZ 93, 214; BGH, Ent. v. 07.07.1992 (VI ZR 1/92), NJW 1992, 3091, 3091f. = BGHZ 119, 137; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29; Hohloch, in: Erman, Vor. Art. 3 EGBGB, Rn. 39; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25. 3 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 7; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 152f.; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 140. 4 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 12ff.; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 57; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 4 Rn. 4.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

Sachverhalts mit einem bestimmten Staat an. 5 Welcher Anknüpfungspunkt welchem Anknüpfungsgegenstand zugeordnet wird, bleibt dem jeweiligen Gesetzgeber überlassen.6 Neben der räumlichen Nähe7 werden hier auch regelmäßig materielle Erwägungen, wie der Schutz des Schwächeren,8 einfließen. Als Anknüpfungspunkte kommen dabei nur bestimmte Merkmale in Betracht, die eindeutig auf eine staatliche Rechtsordnung verweisen.9 Beispiele sind die Staatsangehörigkeit einer oder mehrerer Personen (Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB, Art. 8 lit. c Rom III-VO), der gewöhnliche Aufenthalt (Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, Art. 21 Abs. 1 EuErbVO) oder der Erfolgsort (Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO).10

B. Staatsangehörigkeit B. Staatsangehörigkeit

Einen der wohl immer noch bedeutendsten und häufigsten Anknüpfungspunkte11 stellt die Staatsangehörigkeit dar.

5 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 57; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 4 Rn. 4; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 136; zu den terminologischen Nuancen, die nicht mit inhaltlichen Divergenzen verbunden sind, näher v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 4. 6 Ferid, Internationales Privatrecht, Rn. 1-17; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 8; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 140; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 73. 7 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 140; Remien, in: Leible, General principles of European private international law, S. 213. 8 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 140. 9 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 I Rn. 12. 10 Ein Überblick über die wichtigsten objektiven Anknüpfungsmomente ist zu finden unter v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 58. 11 Nach v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18 beherrscht die Staatsangehörigkeit als Primäranknüpfung das deutsche Internationale Personen-, Ehe- und Erbrecht; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 6 spricht von einem „wichtigen Anknüpfungspunkt“, Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 II 1 a sogar von einem der wichtigsten Anknüpfungspunkte; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, I Rn. 3 geht von dem wichtigsten persönlichen Anknüpfungspunkt aus; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 58 spricht von einer dominierenden Rolle in Fragen des Personalstatuts; Hellwig, Die Staatsangehörigkeit als Anknüpfung im deutschen IPR, S. 25 spricht von einer „besondere(n) Funktion“; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 2; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 354 spricht von „große(r) Bedeutung“ und bezeichnet die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit im Unionsrecht als „wesentliche(s) Kriterium“.

B. Staatsangehörigkeit

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I. Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt Seinen Ursprung in Deutschland hat dieses Anknüpfungsmoment gegen Ende des 19. Jahrhunderts,12 welches von den Souveränitätsgedanken der Nationalstaaten geprägt war.13 So ermöglicht die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit die Anwendung des inländischen Rechts der Nationalstaaten auf die personenrechtlichen Verhältnisse ihrer Staatsangehörigen.14 Durch das Inkrafttreten des EGBGB am 01.01.1900 wurde das Staatsangehörigkeitsprinzip letztendlich fest im deutschen Internationalen Privatrecht verankert. 15 Auch zahlreiche völkerrechtliche Verträge sind durch die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit geprägt.16 Heute beruht die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit auf dem Prinzip der engsten Verbindung. 17 Der deutsche Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass die Staatsangehörigkeit die Verbundenheit und Verwurzelung des Einzelnen mit und in dem Heimatstaat ausdrückt.18

12 Basedow, IPRax 2011, 109, 110; Hellwig, Die Staatsangehörigkeit als Anknüpfung im deutschen IPR, S. 19f.; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 32. 13 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18; Basedow, IPRax 2011, 109, 109; Basedow/Diehl-Leistner, in: Jayme/Basedow, Nation und Staat im internationalen Privatrecht, S. 15ff.; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 13; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 30; Hellwig, Die Staatsangehörigkeit als Anknüpfung im deutschen IPR, S. 33; Mankowski, IPRax 2017, 130, 132; Niemeyer, Zur Vorgeschichte des Internationalen Privatrechts im Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 54f. 14 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 13. 15 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 30; Hellwig, Die Staatsangehörigkeit als Anknüpfung im deutschen IPR, S. 35; ausführlich hierzu Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 34f.; zur Historie ebenfalls Braga, Staatsangehörigkeitsprinzip oder Wohnsitzprinzip?, S. 14ff. 16 So z.B. Art. 1 Abs. 1 lit. b HTestformÜ; Art. 8 Abs. 3 deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen; Art. 1 Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung. 17 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 31; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 55ff.; Mansel, in: Jayme, Kulturelle Identität und Internationales Privatrecht, S. 130; Rauscher, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 730; Thorn, in: Palandt, Einleitung v. Art. 3 EGBGB, Rn. 19; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 16 spricht von der Ermöglichung des Einzelnen, seine Identität in der nationalen Zugehörigkeit zu wahren; Rentsch, ZEuP 2015, 288, 303 spricht von dem Ausdruck der rechtskulturellen Integration durch die Staatsangehörigkeit; Rohe, in: Engel, Festschrift für Dietrich Rothoeft zum 65. Geburtstag, S. 13 sowie Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 692, 695 stellen auf die Heimatverbundenheit ab. 18 BT-Drs.10/504, 31; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 14; Lauterbach, Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Eherechts, S. 10.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

Dementsprechend werden auch zahlreiche persönliche Rechtsverhältnisse so angeknüpft.19 Seine Rechtfertigung20 findet das Staatsangehörigkeitsprinzip zum einen im öffentlichen Recht. Knüpft man an die Staatsangehörigkeit an, so hat der betroffene Bürger über das an die Staatsangehörigkeit anschließende Wahlrecht die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe, über welche er das ihn betreffende Recht mitbestimmen und -gestalten kann.21 Daneben ist die Staatsangehörigkeit eindeutig und relativ leicht über die Ausweisdokumente einer Person festzustellen.22 Für den Sonderfall des Bestehens mehrerer Staatsangehörigkeiten hat das EGBGB in Art. 5 Abs. 1 eine klare Entscheidungsregel getroffen.23 Auch gewährt die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit eine gewisse Stabilität und Kontinuität,24 da die meisten Menschen 19

BVerfG, Ent. v. 04.05.1971 (1 BvR 636/68), BVerfGE 31, 58, 78; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 II 1 a; Müller-Freienfels, JZ 1957, 141, 144; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 6. 20 Vgl. zu den Nachteilen der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit nur v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 19 m.w.N., wonach insbesondere das Staatsangehörigkeitsprinzip häufiger als die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt zur Anwendung ausländischen Rechts führt. Damit wird die Justiz mehr belastet, es entstehen höhere Kosten und die Fehleranfälligkeit steigt. 21 B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 10-12; Mansel, in: Jayme, Kulturelle Identität und Internationales Privatrecht, S. 135ff.; Mansel, in: Nolte, Pluralistische Gesellschaften und Internationales Recht, S. 165f.; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 6; kritisch hierzu: v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 33; Lurger, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht der Europäischen Union, S. 217, die eine Kopplung der demokratischen Beteiligungsrechte an den gewöhnlichen Aufenthalt vorschlägt; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 270; Rentsch, ZEuP 2015, 288, 303. 22 BT-Drs.10/504, 31; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 14; Dopffel/Siehr/et. al., RabelsZ 44 (1980), 344, 345; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, Rn. 3; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 34; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 15; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 271; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 55; Rauscher, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 730; Thorn, in: Palandt, Einleitung v. Art. 3 EGBGB, Rn. 19; relativierend Henrich, in: Hohloch, Festschrift für Hans Stoll zum 75. Geburtstag, S. 444. 23 Für den Sonderfall der Staatenlosigkeit oder Nicht-Feststellbarkeit der Staatsangehörigkeit sieht Art. 5 Abs. 2 EGBGB eine Ersatzanknüpfung vor, für Flüchtlinge knüpft Art. 12 GFK das Personalstatut an den Wohnsitz an. Zur europarechtskonformen Auslegung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB vgl. nur v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 92. 24 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18; Brandi, Das Haager Abkommen von 1989 über das auf die Erbfolge anzuwendende Recht, S. 38; Dopffel/Siehr/et. al., RabelsZ 44 (1980), 344, 345; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, Rn. 3; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5

B. Staatsangehörigkeit

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ihre Staatsangehörigkeit nie verändern. 25 Diesen Punkten kommt in der heutigen mobilen Gesellschaft ein noch höherer Stellenwert zu. So ist ein fester Bezugspunkt möglich, der vor überraschenden Statutenwechseln im Familien- und Erbrecht schützt.26 Dies bedingt auch eine geringere Manipulationsgefahr.27 Durch diese Aspekte wird folglich auch eine rechtssichere Anknüpfung ermöglicht.28 II. Internationales Staatsangehörigkeitsrecht Da das Internationale Privatrecht keinen eigenständigen kollisionsrechtlichen Staatsangehörigkeitsbegriff hat, orientiert es sich an den maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.29 Der Begriff der Staatsangehörigkeit umfasst den rechtlichen Status30 einer Person in Bezug zu ihrem Heimatstaat; sie EGBGB, Rn. 35; Henrich, in: Hohloch, Festschrift für Hans Stoll zum 75. Geburtstag, S. 444; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 13; Mankowski, IPRax 2017, 130, 132; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 55; Lurger, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht der Europäischen Union, S. 218; Rauscher, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 730; Rauscher, in: Hilbig-Lugani/Jakob/Mäsch u.a., Zwischenbilanz, S. 648; Thorn, in: Palandt, Einleitung v. Art. 3 EGBGB, Rn. 19. 25 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18. 26 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 36; in noch ausgeprägterer Weise entscheidet jedoch die (Un-)Wandelbarkeit einer Anknüpfung über die Stabilität einer Anknüpfung (siehe hierzu A.I). 27 BT-Drs.10/504, 31; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 18; Dopffel/Siehr/et. al., RabelsZ 44 (1980), 344, 345; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, Rn. 3; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 14; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 271; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 55; Rauscher, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 730; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 35, der jedoch Beispiele für die Manipulationsanfälligkeit der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit darstellt; ebenfalls relativierend Henrich, in: Hohloch, Festschrift für Hans Stoll zum 75. Geburtstag, S. 444. 28 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 14, der deswegen auch Abstriche in puncto engste Verbindung zulässt; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 56. 29 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 16; Wengler, Internationales Privatrecht, S. 250. 30 Keine Einigkeit besteht darüber, ob es sich bei der Staatsangehörigkeit um ein Rechtsverhältnis, BVerfG, Ent. v. 15.04.1980 (2 BvR 842/77), BVerfGE 54, 53, 70; Grawert, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rn. 33; Schnurre, JW 1928, 1175, 1175, oder eine rechtliche Eigenschaft handelt, BVerfG, Ent. v. 31.07.1973 (2 BvF 1/73), BVerfGE 36, 1, 30 = NJW 1973, 1539; BVerfG, Ent. v. 21.05.1974 (1 BvL 22/71, 21/72), BVerfGE 37, 217, 246 = NJW 1974, 1609; BVerfG, Ent. v. 31.10.1990 (2 BvF 2, 6/89), BVerfGE 83, 37, 51 = NJW 1991, 162; Badura, Staatsrecht, S. 1102; Dubois, Die Frage der völkerrechtlichen Schranken landesrechtlicher Regelung der Staatsangehörigkeit, S. 1; Hailbronner, JuS 1981, 712, 712; ausführlich Hokema,

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

definiert den Einzelnen als Mitglied einer einen Staat bildenden Gruppe und ist von Bedeutung für die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten.31 Dabei beruht die Staatsangehörigkeit auf einer tatsächlichen Bindung und ist räumlich unbeschränkt.32 1. Grundsätze Entsprechend allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkergewohnheitsrechtes33 bestimmt jeder Staat selbst, wen er als seine Staatsangehörigen betrachtet.34 Auch darf keinem Staat gegen seinen Willen ein Staatsangehöriger aufgedrängt oder entzogen werden. Dies beruht auf dem souveränen Prinzip der Gleichheit aller Staaten, 35 welches sich aus Art. 2 Nr. 1 UN-Charta ergibt. Einfachgesetzlich bzw. staatsvertraglich ist obiger Grundsatz in Art. 3 Abs. 1 Mehrfache Staatsangehörigkeit, S. 36ff.; G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 121 spricht von einer rechtlichen Fähigkeit; von Keller/Trautmann, Kommentar zum Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, S. 32; Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, S. 140; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Einleitung I Rn. 2; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 6. Diese Diskussion kann jedoch aufgrund der vorwiegend terminologischen Unterscheidung (Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, I Rn. 1; ähnlich bzw. auf eine vermittelnde Theorie verweisend Becker, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 16 GG, Rn. 3; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 27f.) dahingestellt bleiben. 31 Abbas, Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht, S. 207; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 23; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 80. 32 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 80. 33 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 355. 34 Basedow, IPRax 2011, 109, 116; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 39; Blumenwitz, in: Staudinger, Neubearb. 2003, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 39; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 17; Hohloch, in: Erman, Art. 5 EGBGB, Rn. 3a; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 83; Kämmerer, in: BK, Art. 16 GG, Rn. 33; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 IV 1 c; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 1; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 24; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 9; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 355; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 2; Lüderitz, Internationales Privatrecht, Rn. 107; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Einleitung I Rn. 5; Mankowski, IPRax 2017, 130, 132; Mankowski, in: Leible, General principles of European private international law, S. 194; Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 107; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 11; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 7; Stein/von Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 256; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 788; Vonk, Dual nationality in the European Union, S. 35. 35 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 39; Blumenwitz, in: Staudinger, Neubearb. 2003, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 39; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 17; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 83; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 355.

B. Staatsangehörigkeit

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des Straßburger Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit vom 06.11.1997 ebenfalls festgehalten,36 das für die Bundesrepublik Deutschland am 01.09.2005 in Kraft getreten ist. Eine Einschränkung sieht jedoch Art. 3 Abs. 2 EuStAÜb vor. Danach ist das Recht des Absatz 1 von den anderen Staaten nur dann anzuerkennen, soweit es mit anwendbaren internationalen Übereinkommen, dem Völkergewohnheitsrecht und den mit Bezug auf die Staatsangehörigkeit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen in Einklang steht. Diese Einschränkung des Art. 3 Abs. 2 EuStAÜb hinsichtlich internationaler Übereinkommen ist auch über das Straßburger Übereinkommen hinaus völkerrechtlich anerkannt aufgrund der Existenz und Personalhoheit anderer Staaten.37 Während der räumliche Anwendungsbereich von Staatsverträgen und damit deren Geltung klar festgelegt ist, sind Einschränkungen durch das Völkergewohnheitsrecht schwerer zu definieren. Einigkeit besteht hier lediglich darin, dass zwischen dem Staat, der die Staatsangehörigkeit verleiht und der jeweiligen Person irgendeine Art von Beziehung oder Anknüpfung an die Rechtsordnung des Staates bestehen muss. 38 Wie diese Beziehung ausgestaltet sein muss, ist dagegen umstritten. 39 So wird über dieses Mindestmaß hinaus ein sog. genuine link gefordert, also eine engere tatsächliche Beziehung der Person zu dem Staat, die objektiv feststellbar ist. 40 Nach dem Bundesverfassungsgericht darf die Staatsangehörigkeit insbesondere nicht an sachfremde, mit dem betreffenden Staat nicht in hinreichender Weise verbundene Sachverhalte anknüpfen.41 Detaillierter wurde der Internationale Gerichtshof im Fall Nottebohm, in welchem er über die völkerrechtlichen Grenzen des Staatsangehörigkeitserwerbs im Zuge des diplomatischen Schutzes zu urteilen hatte: „[…] nationality is a legal bond having as its basis a social fact of attachment, a genuine connection of existence, interests and 36

BGBl. 2004 II, 579. BVerfG, Ent. v. 21.10.1987 (BvR 373/83), NJW 1988, 1313, 1315; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 25. 38 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 20; Hudson, YBILC 1952 II, 3, 8; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 29; Leibholz, ZaÖRV 1929, 77, 99; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Einleitung I Rn. 5; Raape/F. Sturm, Internationales Privatrecht, S. 108; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 707. 39 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 20. 40 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 84; Kämmerer, in: BK, Art. 16 GG, Rn. 35 spricht von einem Erfordernis einer Mindesanknüpfung in Ansehung an die „Nottebohm“-Entscheidung; a.A. C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 29; Weis, in: Faculté de Droit de L'Université de Genève, Liber amicorum Adolf F. Schnitzer, S. 508. 41 BVerfG, Ent. v. 28.05.1952 (1 BvR 213/51), BVerfGE 1, 322, 329 = NJW 1952, 777; BVerfG, Ent. v. 21.10.1987 (BvR 373/83), NJW 1988, 1313, 1315. 37

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

sentiments, together with the existence of reciprocal rights and duties. It may be said to constitute the juridical expression of the fact that the individual upon whom it is conferred, either directly by the law or as the result of an act of the authorities, is in fact more closely connected with the population of the State conferring nationality than with that of any other State.” 42 Abzuwägen sind dabei die jeweiligen souveränen Rechte der Staaten, ihre Staatsangehörigkeit frei zu regeln. Einerseits schränken zu strenge Anforderungen an die effektive Verbindung das Recht des aufnehmenden Staates zur Regelung seiner eigenen Staatsangehörigkeit ein.43 Andererseits führen zu geringe Anforderungen zu einer Abschwächung der Personalhoheit des Staates, dem der Aufnehmende ursprünglich angehörte, da die Verbindung zum ursprünglichen Heimatstaat durch Mehrstaatlichkeit gelockert wird. 44 Um diese Interessen in ein angemessenes Verhältnis zu setzen, wird richtigerweise irgendeine gefestigte Beziehung, also ein gewisses Maß an Effektivität der Lebensbeziehung45 bzw. eine „nähere“ tatsächliche Beziehung,46 zwischen der aufzunehmenden Person und dem aufnehmenden Staat gefordert. Der hierfür maßgebliche Anknüpfungspunkt darf dabei nicht willkürlich gewählt werden. 47 Ein solcher kann sich zum Beispiel durch die Abstammung von einem Staatsangehörigen (ius sanguinis), den Geburtsort im Inland (ius soli), den Wohnsitz, ein dauerhaftes Dienstverhältnis, den Sitz der Geschäftstätigkeit, familiäre Bindungen oder die Teilnahme am öffentlichen Leben ergeben. 48 Darüber

42 IGH, Ent. v. 06.04.1955, ICJ Rep. 1955, 4, 23; vgl. zur Kritik hierzu Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 27ff.; H. v. Mangoldt, in: Bernhardt, Encyclopedia of public international law, S. 699f. 43 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 47. 44 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 45; Leibholz, ZaÖRV 1929, 77, 100; Triepel, ZaÖRV 1929, 185, 196; so bietet sich nach Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 48 insbesondere eine differenzierte Betrachtung an, ob der Einzubürgernde zuvor Staatsangehöriger eines anderen Staates oder staatenlos ist. Im letzteren Fall genüge der Antrag des Staatenlosen, während im ersteren Fall neben den Willen des Antragstellers eine verhältnismäßig lockere Lebensbeziehung treten soll. 45 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 47; gegen das Erfordernis der Effektivität Makarov, ZaÖRV 1955, 407, 414ff.; ebenso C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 29f., die u.a. auf das in der anerkannten Praxis geltende ius solisPrinzip verweist. Danach kann eine Staatsbürgerschaft durch zufällige Geburt bei der Durchreise durch den entsprechenden Staat erworben werden. 46 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 789; unter Ablehnung des Erfordernisses der Effektivität Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 31f. 47 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 48. 48 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 48; Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 84; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 788.

B. Staatsangehörigkeit

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hinaus darf die Einbürgerung grundsätzlich nur mit Zustimmung der einzubürgernden Person erfolgen.49 Folge des Prinzips der souveränen Gleichheit aller Staaten ist zwar zunächst, dass jeder Staat alleine über seine Staatsangehörigkeit entscheidet und die von ihm getroffenen Regelungen diesbezüglich für die Staatengemeinschaft verbindlich sind.50 Entfaltet die Entscheidung über die Staatsangehörigkeit jedoch Wirkungen im Ausland, unterliegt sie der Kontrolle des ordre public.51 Im Falle einer Gesetzesumgehung, also eines Verstoßes gegen die oben dargestellten völkerrechtlichen Prinzipien, kommt der Staatsangehörigkeit keine extraterritoriale Wirkung zu,52 sodass sich ein Unterschied zwischen der inneren und äußeren Staatsangehörigkeit 53 ergibt. 2. Besonderheiten im Falle einer Staatensukzession Neben diese allgemeinen Regelungen hinsichtlich des Staatsangehörigkeitsrechts treten die bei einer Staatensukzession zu beachtenden Besonderheiten. Kommt es durch eine Staatensukzession zu einem Wechsel der Gebietshoheit54 auf dem betroffenen Territorium, ist für das Kollisionsrecht regelmäßig auch ein Wechsel bezüglich der Personalhoheit55 angezeigt. Dies ergibt sich aus der regelmäßigen Verbundenheit der Bevölkerung zum betroffenen Gebiet56 unabhängig davon, dass die Personalhoheit im Gegensatz zur Gebietshoheit grenzüberschreitend ist. 57 Während die Regelung der Staatsangehörig-

49 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 43; Kelsen, Principles of international law, S. 375; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 31; Stein/v. Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 258; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 790; Kämmerer, in: BK, Art. 16 GG, Rn. 34 begründet dies mit dem Eingriff „in die Personalhoheit anderer souveräner Staaten und der Freiheitsbeschränkung gegenüber dem Einzelnen“. 50 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 30. 51 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 30; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 7 nennt als Beispiel, wenn die Staatsangehörigkeit willkürlich oder aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen entzogen wurde. 52 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 40; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 24; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 29; nach Kämmerer, in: BK, Art. 16 GG, Rn. 34 „ist der betroffene Staat [...] zur Gewährung diplomatischen Schutzes nicht befugt“. 53 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 33. 54 Siehe S. 10ff. sowie S. 45ff. 55 Unter Personalhoheit versteht man die Befugnis des Staates, seine Staatsangehörigen einseitig kraft hoheitlicher Überlegenheit zu verpflichten und zu berechtigen, Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 78. 56 C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 45. 57 Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 78.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

keit an sich vornehmlich eine innerstaatliche Angelegenheit ist,58 werden durch die Staatensukzession die Hoheitsinteressen mindestens zweier Staaten tangiert, wodurch der Vorgang zur völkerrechtlichen Materie wird. 59 Regelmäßig werden dabei der Vorgänger- und Nachfolgestaat eine völkerrechtliche Vereinbarung hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der Bewohner des von der Sukzession betroffenen Gebiets treffen.60 Diese Staatsverträge können – völkerrechtlich zulässig – einen automatischen Übergang der Staatsangehörigkeit vorsehen.61 Allerdings sind auch hier gewisse völkerrechtliche Einschränkungen zu beachten. So darf die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates nur Personen verliehen werden, die in einer engen Lebensbeziehung zu dem vom Gebietswechsel betroffenen Raum stehen.62 Angehörige dritter Staaten dürfen hingegen nicht erfasst werden.63 Selbiges gilt für Personen, die zwar die Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates haben, sich aber zur Zeit der Sukzession nicht in dem von der Sukzession betroffenen Gebiet aufhalten und keinen Rückkehrwillen haben.64 Würde man in diesen Fällen einen automatischen Wechsel zulassen, würde das Recht des Individuums, nicht ohne seine Zustimmung einer neuen Staatsangehörigkeit unterworfen zu werden, verletzt.65 Um dieses individuelle Selbstbestimmungsrecht jeder von dem Wechsel der Staatsangehörigkeit betroffenen Person zu gewährleisten, sehen die maßgeblichen Verträge zwischen den beteiligten Staaten regelmäßig ein sog. Optionsrecht vor. 66 Danach können die betroffenen Personen frei, innerhalb einer gewissen Frist sowie unter Einhaltung be58

Siehe S. 179ff. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 58f. 60 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 59; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 47; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 92; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 97; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 17 RuStAG Rn. 27. 61 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 64; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 93; Kämmerer, in: BK, Art. 16 GG, Rn. 34. 62 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 64f. 63 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65; Kelsen, Principles of international law, S. 376; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 789; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 143. 64 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 149 in Bezug auf Teilnachfolgen. 65 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 149. 66 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 68; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 54; Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 93; Kelsen, Principles of international law, S. 376; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 51; ausführlich Meessen, Die Option der Staatsangehörigkeit, S. 20; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 156ff. 59

B. Staatsangehörigkeit

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stimmter Voraussetzungen entscheiden, ob sie die frühere Staatsangehörigkeit beibehalten, einen automatischen Erwerb rückgängig machen oder sich für eine neue Staatsangehörigkeit entscheiden wollen. 67 Ein Beispiel für einen die Staatsangehörigkeit regelnden völkerrechtlichen Vertrag ist der Friedensvertrag von 1947 zwischen Italien und den „Alliierten und Assoziierten Mächten".68 Dieser sah in Art. 6 Abs. 1 des Anhangs VI vor, dass im Freistaat Triest automatisch dessen Staatsangehörigkeit erworben wird.69 Absatz 2 desselben Artikels legte zudem ein Optionsrecht zugunsten der italienischen Staatsangehörigkeit fest. Ähnliches schrieb auch Art. 8 des Friedensvertrags zwischen Sowjetrussland und Lettland vom 11.08.1920 fest. Danach werden diejenigen als lettische Staatsangehörige betrachtet, die auf dem Gebiet Lettlands wohnen.70 Besteht ein solcher völkerrechtlicher Vertrag nicht, ist umstritten, ob es allgemeine Regelungen hinsichtlich eines möglichen Wechsels der Staatsangehörigkeit gibt.71 So wird teilweise davon ausgegangen, dass die Staatsangehörigkeit der Bevölkerung der territorialen Souveränität folgt, weshalb es im Falle einer Staatensukzession zu einem automatischen Staatsangehörigkeitswechsel komme.72 Damit ist jedoch noch nicht geklärt, welche Personen genau ihre alte Staatsangehörigkeit verlieren und eine neue Staatsangehörigkeit erhalten, da diesbezüglich kein allgemeiner Konsens besteht. 73 So ist z.B. unklar, wie mit Personen zu verfahren ist, welche ohne Rückkehrwille dauerhaft im Ausland leben. Aufgrund der mangelnden Bestimmtheit kann diese Lösung damit nicht unmittelbar angewendet werden. 74 Auch die Staatenpraxis

67 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 68; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 52. 68 Menzel, Die Friedensverträge von 1947 mit Italien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und Finnland, S. 65ff. 69 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 62. 70 Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 140. 71 Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 17 RuStAG Rn. 28. 72 Dubois, Die Frage der völkerrechtlichen Schranken landesrechtlicher Regelung der Staatsangehörigkeit, S. 34f.; H. Jellinek, Der automatische Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit durch völkerrechtliche Vorgänge, zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Staatensukzession, S. 50ff.; Kimminich, DÖV 1971, 577, 581; Münch, in: Achterberg, Recht und Staat im sozialen Wandel, S. 442ff.; Seeler, NJW 1978, 924, 926; Art. 5 Draft Articles on Nationality of Natural Persons in Relation to the Succession of States, YBILC 1999 II, 23, 23; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 29; vgl. hierzu auch Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 27. 73 BVerwG, Ent. v. 30.10.1954 (II C 38/54), NJW 1955, 35, 38. 74 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 64; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 47; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 17 RuStAG Rn. 33.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

geht nicht von einem solchen automatischen Übergang aus. 75 So erfolgte z.B. die Übertragung der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft nach der Annexion Hawaiis durch ein US-amerikanisches Gesetz.76 Auch im Rahmen des Zerfalls von Jugoslawien wurde die Staatsangehörigkeit eigens durch die Nachfolgestaaten geregelt.77 Als Beispiel kann an dieser Stelle auch die Dismembration der ehemaligen Tschechoslowakei dienen. So sah das tschechische Gesetz Nr. 40 vom 29.12.1992 vor, dass natürliche Personen, die am 31.12.1992 Staatsbürger der Tschechischen Republik und gleichzeitig Staatsbürger der Tschechoslowakei waren, ab 01.01.1993 Staatsbürger der Tschechischen Republik geworden sind. 78 Ähnliches galt für die Slowakei: Nach Art. 2 des Gesetzes Nr. 40 vom 19.01.1993 wird slowakischer Staatsbürger diejenige Person, die am 31.12.1992 die slowakische Staatsangehörigkeit nach dem Gesetz des Slowakischen Nationalrates Nr. 206/1968 besaß.79 Folglich ist der Wechsel der Staatsangehörigkeit im Zuge einer Staatensukzession für die von ihr betroffenen Personen allgemein üblich. 80 Es hat in jedem Einzelfall eine Regelung der Staatsangehörigkeit zu erfolgen, entweder vorrangig durch eine völkerrechtliche Vereinbarung oder durch entsprechende singuläre Regelungen des Vorgänger- bzw. Nachfolgestaates. Zu klären bleibt, ob und ggf. welchen völkerrechtlichen Grundsätzen diese Normierungen unterliegen. Zunächst ist dabei auf die allgemeinen Anforderungen an den Erwerb einer Staatsbürgerschaft zurückzukommen. 81 So erfordert das Recht eines Staates zur Aufnahme irgendeine gefestigte Beziehung zum Aufenthaltsstaat,82 wie z.B. die Beibehaltung des Wohnsitzes auf dem von der Sukzession betroffenen Gebiet.83 Besteht diese Beziehung im Zeit75 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 63; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 29. 76 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 61. 77 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 63. 78 Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 710. 79 Hosková, ZaÖRV 1993, 689, 701. 80 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 50. 81 Siehe oben S. 179ff. 82 C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 31; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 95. 83 Dubois, Die Frage der völkerrechtlichen Schranken landesrechtlicher Regelung der Staatsangehörigkeit, S. 35 mit weiteren Beispielen; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 50; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 30; Stein/v. Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 346a nennen die Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates oder eine gewisse Aufenthaltsdauer als Beispiel; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 790; nach C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 52 ist Ähnliches bei dem Optionsrecht der Fall. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65 sprechen davon, dass Personen, die sich im Sukzessionzeitpunkt nicht auf dem betroffenen Gebiet aufhalten, dorthin nicht

B. Staatsangehörigkeit

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punkt der Sukzession durch eine andere Komponente, aber ist die Person nicht im betroffenen Gebiet ansässig, so ist zwischen Teil- und Gesamtnachfolge zu unterscheiden.84 Während bei einer Sukzession, bei welcher der Vorgängerstaat fortbesteht (Teilnachfolge), 85 auch die ursprüngliche Staatsangehörigkeit der Betroffenen andauert, führt eine Sukzession, die den Untergang des Vorgängerstaates bedingt (Gesamtnachfolge),86 zum Entfallen der Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates. Im zweiten Fall bestünde bei einer Nichtaufnahme durch den Nachfolgestaat die Gefahr der Staatenlosigkeit. Da diese völkerrechtlich unerwünscht ist, 87 muss es jedenfalls ein Recht des Nachfolgestaates zur Aufnahme geben.88 Im ersten Fall besteht diese Gefahr dagegen nicht. Obwohl im Rahmen von Staatensukzessionen teilweise davon ausgegangen wird, dass der Zustimmungsgrundsatz entfällt und ein automatischer Übergang der Staatsangehörigkeit möglich ist,89 sollte der Wille der betroffenen Bevölkerung hinsichtlich des Fortbestehens der Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates beachtet werden, z.B. durch Einräumung eines Optionsrechts.90 Neben die Frage nach dem Recht auf Einbürgerung tritt diejenige nach einer Pflicht des Nachfolgestaates zur Aufnahme von gewissen Personen als Staatsangehörige.91 Hintergrund ist die bereits thematisierte, vom Völkerrecht zurückgekehrt sind oder zurückzukehren beabsichtigen, nicht vom kollektiven Übergang erfasst werden sollen. 84 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 53. 85 Dies ist in den Fällen einer Zession bzw. Teilannexion und Separation bzw. Sezession der Fall. 86 Hier kommen als Fallgruppen die Inkorporation bzw. Vollannexion, Fusion und Dismembration in Betracht. 87 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 65; Staatenlose haben in keinem Staat staatsbürgerliche Rechte, z.B. Ansprüche auf Niederlassung oder dipomatischen Schutz, vgl. Epping, in: Epping/Heintschel v. Heinegg, Völkerrecht, § 7 Rn. 110. 88 Allgemein zum Recht auf Aufnahme durch den Nachfolgestaat vgl. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 30. 89 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 43, der sich allerdings nur auf den Fall der Zession bezieht; C. Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensukzession, S. 31. 90 Dubois, Die Frage der völkerrechtlichen Schranken landesrechtlicher Regelung der Staatsangehörigkeit, S. 35; Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 29; Kunz, Die völkerrechtliche Option, S. 90, die davon ausgehen, dass ein Optionsrecht nicht völkerrechtlich zwingend ist. Durch das Optionsrecht kommt auch in dieser Konstellation der allgemeine Zustimmungsgrundsatz zum Ausdruck. 91 Für eine solche Pflicht Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 67 in den Fällen, in welchen die Gebietsübernahme freiwillig erfolgte, sowie Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 28 jedenfalls für die Fälle, in welchen der Vorgängerstaat untergeht; gegen eine solche Pflicht, da sie als unvereinbar mit der grundsätzlichen Freiheit der Staaten, selbst zu bestimmen, wer ihre Staats-

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

gewollte Vermeidung von Staatenlosigkeit. 92 Dementsprechend ist wiederum zwischen einer Teilnachfolge und einer Gesamtnachfolge zu unterscheiden. Einzig bei der Gesamtnachfolge besteht die Gefahr der Staatenlosigkeit, die durch eine Pflicht des Nachfolgestaates zur Aufnahme der Staatsbürger des nun nicht mehr existierenden Vorgängerstaates vermieden werden kann. Bei der Ausgestaltung zur Erfüllung dieser Pflicht ist der Nachfolgestaat frei,93 solange er nicht willkürlich anknüpft. 94 Spiegelbildlich zum allgemeinen Recht zur Aufnahme durch den Nachfolgestaat steht die Pflicht zur Entlassung aus der Staatsangehörigkeit durch den Vorgängerstaat. Eine solche besteht, sofern die von der Sukzession Betroffenen die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates erwerben. 95 Ist die zugrundeliegende Staatensukzession völkerrechtsmäßig, so sind auch die mit ihr einhergehenden Änderungen bzgl. der Staatsangehörigkeit sowohl vom Vorgängerstaat als auch von dritten Staaten anzuerkennen. 96 Verstößt die Sukzession hingegen gegen das Völkerrecht, setzt sich dieser Verstoß auch bei einer kollektiven Übertragung der Staatsangehörigkeit fort – die Verleihung der Staatsangehörigkeit ist völkerrechtlich unwirksam. 97 Dies ist beispielsweise bei (Teil-)Annexionen der Fall. Der in Art. 5 des Einiangehörigen sind, angesehen wird Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 30; vgl. hierzu auch Art. 10 des Übereinkommens zur Verminderung der Staatenlosigkeit. 92 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 48; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 94; diese wird auch von Art. 10 Abs. 2 der Konvention über die Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.08.1961 ausgedrückt. Aufgrund von lediglich 51 Vertragsstaaten kann die Vermeidung von Staatenlosigkeit jedoch nicht als völkerrechtlich anerkannt angesehen werden (Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Rn. 49); Triepel, ZaÖRV 1929, 185, 195 geht von einer Pflicht zur Aufnahme aus, wenn die betroffenen Personen nicht die Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates beibehalten. 93 Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 97; Wengler, Völkerrecht, S. 993. 94 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 67; Fastenrath, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 28; Leibholz, ZaÖRV 1929, 77, 101. 95 Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker u.a., Staatsangehörigkeitsrecht, D. Dn. 51; Triepel, ZaÖRV 1929, 185, 195; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 147; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 75 gehen von einer obligatorischen Entlassung aus. 96 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 67; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 177 hingegen geht noch einen Schritt weiter. Voraussetzung für die Anwendung des fremden Staatsangehörigkeitsrechts ist für ihn, dass der Staat und seine gesamte Rechtsordnung völkerrechtlich anerkannt sind; Weis, Nationality and statelessness in international law, S. 147. 97 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht: Bd I/2, S. 66; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Art. 16 Abs. 1 GG, Rn. 30.

B. Staatsangehörigkeit

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gungsvertrags zwischen Russland und der Krim für die Einwohner der Krim vorgesehene automatische Erwerb der russischen Staatsangehörigkeit98 ist folglich aufgrund der Annexion ebenfalls völkerrechtswidrig. Ist dagegen die Sukzession völkerrechtsmäßig, aber die daran anschließenden Regelungen der Staatsangehörigkeit nicht, so wäre ein Verstoß ebenfalls zu beachten.99 III. Auswirkungen auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung Wird im Rahmen einer kollisionsrechtlichen Prüfung auf die Staatsangehörigkeit abgestellt, so muss das Internationale Privatrecht mangels eigenständigen kollisionsrechtlichen Begriffs auf die einschlägigen öffentlichrechtlichen Vorschriften abstellen, um zu klären, welche Staatsangehörigkeit die betreffende Person hat.100 Folglich ist grundsätzlich entsprechend dem oben Gesagten aufgrund der souveränen Gleichheit aller Staaten nach dem in Frage stehenden Heimatrecht zu beurteilen, ob die jeweilige Staatsangehörigkeit besteht.101 Es ist also unselbstständig anzuknüpfen. 102 Trotz dieser grundsätzlichen Orientierung am Völkerrecht bleibt zu klären, wie auf kollisionsrechtlicher Ebene mit Verstößen gegen das Völkerrecht umzugehen ist. Dabei ist zwischen Verstößen gegen das Völkerrecht aufgrund rechtswidriger Sukzessionen einerseits (1.) und aufgrund singulärer rechtswidriger Regelungen der Staatsangehörigkeit andererseits (2.) zu unterscheiden. 1. Rechtswidrigkeit der Sukzession Ist die Staatensukzession rechtswidrig, ist zunächst zu klären, wie sich dies auf den Anknüpfungspunkt der Staatsangehörigkeit im Internationalen Privatrecht auswirkt. Wird gegen das Völkerrecht verstoßen, z.B. bei einer Annexion, so geht eine Ansicht davon aus, dass dies direkt den Anknüpfungspunkt 98

Договор между Российской Федерацией и Республикой Крым о принятии в Российскую Федерацию Республики Крым и образовании в составе Российской Федерации новых субъектов [Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation und die Bildung neuer Subjekte innerhalb der Russischen Föderation], vgl. Kapitel 3 Fn. 207. 99 Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 184. 100 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 16. 101 Siehe oben Fn. 34. 102 BGH, Ent. v. 20.04.2016 (XII ZB 15/15), NJW 2016, 2322, Rn. 25 = BGHZ 210, 59; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 210; Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 40; Blumenwitz, in: Staudinger, Neubearb. 2003, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 40; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 192; Henrich, in: Michaels/Solomon, Liber amicorum Klaus Schurig zum 70. Geburtstag, S. 68; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 355; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 2; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 7.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

der Staatsangehörigkeit beeinflusst. Danach ist eine Staatsangehörigkeit nur dann anzuerkennen und im Kollisionsrecht zu berücksichtigen, wenn auch der verleihende Staat völkerrechtlich anerkannt ist. 103 Nach richtiger Ansicht ist hier jedoch wiederum auf die allgemeinen Überlegungen zum Verhältnis von Kollisions- und Völkerrecht zurückzukommen. 104 So ist für das Internationale Privatrecht entscheidend, ob ein Staat durch seine Rechtsordnung seine Staatsangehörigen effektiv beeinflusst. 105 Da das Kollisionsrecht nach der für einen Sachverhalt geeignetsten Rechtsordnung sucht, 106 welche den Sachverhalt prägt, darf die Übereinstimmung mit dem Völkerrecht dagegen kein maßgeblicher Faktor sein. Dementsprechend hat das Kollisionsrecht nicht nur die Verweisung auf das Recht eines solchen Staates zu akzeptieren, 107 sondern auch diejenige Staatsangehörigkeit als Anknüpfungsgegenstand zu beachten, die von einem Staat verliehen wurde, welcher durch eine Staatensukzession entstanden ist, die gegen das Völkerrecht verstößt. Es wäre widersprüchlich, das Recht eines solchen Staates zur Anwendung bringen zu wollen, aber einen entsprechenden Anknüpfungspunkt nicht zu akzeptieren.108 Damit laufen Anknüpfung und Verweisung parallel. 109 Etwas anderes ergibt sich nur, wenn die obige Voraussetzung der ausreichenden Verbindung zwischen dem aufnehmenden Staat und der aufzunehmenden Person nicht gegeben ist. In diesem Fall kann auch der Nachfolgestaat seine Rechtsordnung nicht effektiv durchsetzen,110 so z.B. wenn die betroffenen Personen außerhalb des von der Sukzession betroffenen Gebiets leben. In diesem Fall verfolgen das Völkerrecht und das Internationale Privatrecht keine unterschiedlichen Ziele, sodass es entsprechend dem Grundsatz der Einheit der Rechtsord-

103 AG Neumünster, RPfleger 1987, 311, 311; Blumenwitz, in: Staudinger, Neubearb. 2003, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 41; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 4; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 177; F. Sturm, in: Martinek, Festschrift für Günther Jahr zum siebzigsten Geburtstag, S. 499; in Bezug auf das Kollisionsrecht a.A. Deumeland, RPfleger 1987, 311, 312; Lüderitz, Internationales Privatrecht, Rn. 108; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 708. 104 Siehe S. 30ff. 105 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 710; F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 436. 106 Vgl. Kapitel 2 Fn. 165. 107 Siehe S. 33ff. 108 Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 24. 109 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 708. 110 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 711.

B. Staatsangehörigkeit

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nung lediglich bei der ursprünglichen Staatsangehörigkeit verbleibt, die die betroffene Person vor der Sukzession innehatte. 111 Beispielhaft ist wiederum auf die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland abzustellen. Die Einbürgerung der Bewohner der Krim durch Russland hat das Internationale Privatrecht im Zuge der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit zu berücksichtigen, sofern diese unter nun russischer Staatsangehörigkeit effektiv leben, d.h. sich im russischen Einflussbereich befinden. Allgemein bleibt bei der Anknüpfung jedoch zu beachten, dass jeder Staat seine Staatsangehörigen selbst bestimmt. Dies hat zur Folge, dass nicht nur der Nachfolgestaat die von dem Wechsel der Gebietshoheit betroffenen Personen als seine Staatsangehörigen ansehen wird, sondern regelmäßig auch der Vorgängerstaat diese Personen weiter als seine Staatsangehörigen betrachten wird.112 Da im Kollisionsrecht beide Staatsangehörigkeiten gleichwertig sind, ist, um derartige Konstellationen aufzulösen, auf die allgemeine Regelung des Art. 5 Abs. 1 EGBGB zurückzugreifen.113 Danach ist die effektive Staatsangehörigkeit entscheidend. 114 Diese kann auch diejenige des Nachfolgestaates sein,115 wobei das Identitätsgefühl der betroffenen Personen besonders beachtet werden muss.116

111

In Fällen, in welchen der Vorgängerstaat i.S.d. Internationalen Privatrechts z.B. durch eine Vollannexion untergegangen ist, ist eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates nicht sinnvoll, da sonst Anknüpfung und Verweisung auseinanderfallen würden. Dieses Ergebnis stimmt auch mit dem kollisionsrechtlichen Ziel überein, nur auf (auch faktisch) geltendes Recht zu verweisen. Folglich geht in diesen Fällen eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ins Leere bzw. es ist – sofern keine dritte Staatsangehörigkeit besteht – auf die Vorschriften bzgl. der kollisionsrechtlichen Behandlung von Staatenlosen zurückzugreifen. 112 So ist bei den Einwohnern der Krim davon auszugehen, dass diese sowohl die russische als auch noch die ukrainische Staatsbürgerschaft besitzen, vgl. hierzu VG Ansbach, BeckRS 2017, 137786, Rn. 24ff.; Daschenko, in: Bergmann/Ferid, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Ukraine (226. Lieferung), S. 10. 113 Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 710; im Ergebnis ähnlich F. Sturm/G. Sturm, in: Staudinger, Neubearb. 2012, Einleitung IPR, Rn. 435 ohne sich jedoch auf Art. 5 Abs. 1 EGBGB zu beziehen, sondern auf eine Abwägung im Einzelfall abstellend. 114 Vgl. zu der Frage, ob die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates aufgrund eines Verstoßes gegen den ordre public außer Betracht bleiben muss, Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 24. 115 Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 25. 116 Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, S. 25.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

2. Rechtswidrigkeit der Regelung der Staatsangehörigkeit Davon zu unterscheiden ist hingegen die völkerrechtswidrige Regelung der Staatsangehörigkeit, die lediglich im Zuge einer Sukzession getroffen wird. Wird einer Person ohne effektive Verbindung zu einem Staat dessen Staatsangehörigkeit verliehen, so ist fraglich, wie sich dies kollisionsrechtlich auswirkt. Nach einer Ansicht ist die Verleihung einer Staatsangehörigkeit an eine Person ohne effektive Verbindung zu dem ausländischen Staat kollisionsrechtlich hinzunehmen.117 Eine mögliche Korrektur hat über die Grundsätze der Gesetzesumgehung zu erfolgen. 118 Allerdings liegt in solchen Fällen regelmäßig die Voraussetzung einer Gesetzesumgehung durch die Beteiligten nicht vor. Vielmehr ist eine Nichtanwendung aufgrund des Verstoßes gegen Völkerrecht anzudenken. So ist nach anderer Ansicht völkerrechtswidriges ausländisches Staatsangehörigkeitsrecht grundsätzlich nicht anzuwenden. 119 Auf den ordre public muss dabei richtigerweise nicht zurückgegriffen werden,120 da kein Ergebnis korrigiert werden soll, sondern vielmehr die Anknüpfung bereits als nicht gegeben angesehen wird. Im Ergebnis ist dieser Ansicht zuzustimmen. Ist die Rechtsordnung eines Staates, hier im Speziellen das Staatsangehörigkeitsrecht, effektiv für die Beteiligten maßgebend, so hat dies das Internationale Privatrecht zu beachten,

117 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 18; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 2, der auch dann das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit in Frage steht, für maßgeblich erachtet, wenn jenes Staatsangehörigkeitsrecht gegen höherrangiges internationales Recht verstößt; vgl. dazu auch EGMR, FamRZ 2011, 1925 (m. Anm. Henrich). 118 Bausback, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 40; Blumenwitz, in: Staudinger, Bearb. 2003, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 40; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 18, ohne jeweils zu erwähnen, wann ein Ausnahmefall für eine solche Korrektur vorliegt, stattdessen verweisend auf Gamillscheg, in: Staudinger, Neubearb. 1973, Vorbem. vor Art. 13 EGBGB, Rn. 210ff. (insb. Rn. 213ff.), welcher jedoch nur allgemein zur fraus legis in Verbindung mit einem Staatsangehörigkeitserwerb Stellung nimmt, unabhängig von der Völkerrechtswidrigkeit der Regelung der Staatsangehörigkeit. 119 KG, Ent. v. 21.12.1965 (18 W 1516/61), RzW 1966, 167, 168; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 4; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 II 4; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 203; Wengler, Internationales Privatrecht, S. 250f., der einerseits davon ausgeht, dass „die Völkerrechtswidrigkeit eigener Staatsangehörigkeitsgesetze vielfach nicht nachgefrüft werden darf“, aber bei „kraß abweichend(en)“ Regelungen auf die ordre public Klausel zurückgegriffen werden darf. 120 Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 4; Wengler, Internationales Privatrecht, S. 250f.; a.A. Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts, S. 203ff.

B. Staatsangehörigkeit

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da die Lebensverhältnisse der Beteiligten hierdurch geprägt sind. 121 Exakt diese Lebenswirklichkeit will das Kollisionsrecht abbilden. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht wird sich aber regelmäßig daraus ergeben, dass zwischen der Person und dem die Staatsangehörigkeit verleihenden Staat keine ausreichende Verbindung vorhanden ist. 122 Daraus folgt jedoch auch, dass der Staat sein Recht dieser Person gegenüber nicht unmittelbar durchsetzen kann. Zudem wird in einem solchen Fall die Staatsangehörigkeit nicht – wie es das telos dieser Anknüpfung ist123 – auf den Staat verweisen, mit dem die maßgebliche Person am engsten verbunden ist und wo sie verwurzelt ist. Genau dies ist jedoch Ziel der kollisionsrechtlichen Anknüpfung, um die geeignetste Rechtsordnung festzustellen.124 Somit kann bei keinerlei Verbindung auch die kollisionsrechtliche Funktion nicht mehr erfüllt werden. 125 Auch der Rechtssicherheit wird so Genüge getan, da sich die Beachtung der jeweiligen Staatsangehörigkeit an der Völkerrechtsmäßigkeit der maßgeblichen Vorschriften zur Staatsangehörigkeit orientiert. Überträgt man den Sachverhalt der Nottebohm-Entscheidung des IGH126 auf das Kollisionsrecht, so würde das Internationale Privatrecht die liechtensteinische Staatsangehörigkeit nicht als Anknüpfungspunkt akzeptieren. Da Nottebohm zum Zeitpunkt der Einbürgerung bis auf einen dort lebenden Bruder keinerlei persönliche oder sonstige Verbindungen nach Liechtenstein hatte, widerspricht die Einbürgerung nicht nur dem Völkerrecht, sondern die kollisionsrechtliche Funktion der engsten Verbindung wird ebenfalls nicht mehr gewährleistet. IV. Synthese Die Staatsangehörigkeit spielt im Internationalen Privatrecht eine große Rolle und ist einer der zentralen Anknüpfungspunkte, welcher die Verbundenheit des Einzelnen mit einem Staat ausdrückt. Wichtigster Grundsatz des Internationalen Staatsangehörigkeitsrecht ist es, dass jeder Staat aufgrund der souveränen Gleichheit aller Staaten selbst bestimmt, wen er als seine Staatsangehö121 BayObLG, Ent. v. 13.10.1961 (2 Z 2/1961), BayObLGZ 1961, 305, 313; Beitzke, in: Ipsen, Festschrift für Leo Raape zu seinem siebzigsten Geburtstag, S. 95 Fn. 5; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 21; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Vor. Art. 3 EGBGB, Rn. 198 m.w.N.; Knittel, Geltendes und nicht geltendes Auslandsrecht im Internationalen Privatrecht, S. 88; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 55; Sonnenberger, in: Sonnenberger/v. Mangoldt, Anerkennung der Staatsangehörigkeit und effektive Staatsangehörigkeit natürlicher Personen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, 23f. 122 Siehe oben S. 179ff. mit Nachweisen unter Fn. 38. 123 Siehe oben S. 176ff. mit Nachweisen unter Fn. 18. 124 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Korpholler, Internationales Privatrecht, S. 25ff. 125 Lüderitz, Internationales Privatrecht, Rn. 107. 126 IGH, Ent. v. 06.04.1955, ICJ Rep. 1955, 4.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

rigen betrachtet. Eingeschränkt wird dies jedoch dadurch, dass irgendeine Art gefestigter Beziehung oder Anknüpfung an die Rechtsordnung des die Staatsangehörigkeit verleihenden Staates bestehen muss. Im Rahmen von Staatensukzessionen hat jedenfalls eine Regelung zur Staatsangehörigkeit zu erfolgen, sei es als völkerrechtlicher Vertrag oder als singuläre Regelung eines der beteiligten Staaten. Diese hat dabei zum einen die allgemeinen Regeln des Internationalen Staatsangehörigkeitsrechts zu berücksichtigen. Zum anderen ist zwischen einer Teil- und Gesamtnachfolge zu unterscheiden. Nur bei letzterer besteht eine Pflicht des Nachfolgestaates zur Gewährung der Möglichkeit einer Aufnahme. Überträgt man diese Grundsätze auf das Internationale Privatrecht, ist zu beachten, dass das Kollisionsrecht die tatsächlichen Lebensverhältnisse widerspiegelt und an die engste Verbindung anknüpfen will. Dementsprechend ist die Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession, z.B. bei einer Annexion, für die nachfolgende Regelung hinsichtlich der Staatsangehörigkeit unbeachtlich. Mangelt es jedoch bei dem Erwerb einer Staatsangehörigkeit an jeglicher Verbindung zwischen Erwerbendem und verleihendem Staat, so wirkt sich dies auch auf das Internationale Privatrecht aus.

C. Gewöhnlicher Aufenthalt C. Gewöhnlicher Aufenthalt

Neben der Staatsangehörigkeit stellt der gewöhnliche Aufenthalt den zentralen Anknüpfungspunkt des deutschen und europäischen Kollisionsrechts dar. I. Gewöhnlicher Aufenthalt als Anknüpfungspunkt Dabei gewinnt dieser Anknüpfungspunkt immer mehr an Bedeutung gegenüber demjenigen der Staatsangehörigkeit hinzu 127 und stellt mittlerweile im europäischen und staatsvertraglichen Internationalen Privatrecht die objektive Regelanknüpfung dar.128 Trotz dieser weiten Verbreitung sowohl im europäischen als auch im internationalen und deutschen Kollisionsrecht ist das Be127 Dutta, IPRax 2017, 139, 144; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 11f.; Hohloch, in: Erman, Vor. Art. 3 EGBGB, Rn. 39 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 II 1 a; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 276; Rentsch, ZEuP 2015, 288, 294f.; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 6; aktuelles Beispiel für diese These ist die Novellierung der Anknüpfung in Art. 14 EGBGB; durch Art. 2 Nr. 4 Gesetz zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts mit Wirkung ab dem 29.01.2019 knüpft die Kegel’sche Leiter des Art. 14 EGBGB bzgl. der allgemeinen Ehewirkungen primär nicht mehr an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten an, sondern an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. 128 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 122; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 97; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 16.

C. Gewöhnlicher Aufenthalt

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griffsverständnis nicht einheitlich. Vielmehr hängt die Auslegung vom Zweck der jeweiligen Regelung ab,129 sodass der Begriff sich je nach zugrundeliegendem Instrument unterscheidet. 130 Vorteil des Anknüpfungspunktes des gewöhnlichen Aufenthalts im Gegensatz zur Staatsangehörigkeit ist, dass ersterer flexibler ist. 131 So wird gleichzeitig auch die Mobilität des Einzelnen stärker gefördert, 132 was im europäischen Binnenmarkt dem Ziel von Art. 18 AEUV entspricht und zugleich die Verkehrsinteressen berücksichtigt. 133 In Abgrenzung zum Begriff des Wohnsitzes134 ist der gewöhnliche Aufenthalt aufgrund von tatsächlichen Elementen auch lebensnäher und nicht rein rechtlich geprägt. 135 Hinzu kommt, dass der gewöhnliche Aufenthalt regelmäßig frei gewählt wird und damit die Be-

129

BVerwG, Ent. v. 31.08.1995 (5 C 11/94), NJW 1996, 1977, 1978 = BVerwGE 99, 158 zum Begriff im Sozialrecht; Baetge, in: Baetge/v. Hein/v. Hinden, Die richtige Ordnung, S. 82; Hilbig-Lugani, in: Götz, Familie – Recht – Ethik, S. 326; Hilbig-Lugani, GPR 2014, 8, 8ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 284; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, S. 56; lediglich auf den kollisionsrechtlichen Zweck abstellend Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 721; zum Unterschied zwischen Internationalem Privat- und Verfahrensrecht Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 200; a.A. Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 43; Spickhoff, IPRax 1990, 225, 226f.; offengelassen von OLG Koblenz, Ent. v. 15.06.1989 (1 WF 167/89), IPRax 1990, 249, 249. 130 Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 20; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 HUP, Rn. 17; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 286; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 56; bedingt ist dies zum einen durch die Rechtsnatur der entsprechenden Regelungen, da sowohl EUVerordnungen als auch Staatsverträge jeweils autonom auszulegen sind, vgl. nur Stadler, in: Musielak/Voit, Vorb. zum Europäischen Zivilprozessrecht, Rn. 9; zum anderen verfolgen diejenigen Instrumente, welche das Internationale Zivilverfahrensrecht regeln, andere Ziele als diejenigen, welche das Internationale Privatrecht regeln, Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 58; für keine Differenzierung zwischen den Sachgebieten im IPR Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 721. 131 Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 97. 132 B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 6; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 230; Mankowski, IPRax 2015, 39, 40; Weller, in: Hilbig-Lugani/Jakob/Mäsch u.a., Zwischenbilanz, S. 902f. 133 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 13 II 3. 134 Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 108 spricht vom „Rechtsbegriff des Wohnsitzes“; Spellenberg, in: National and Kapodistrian University of Athens, Faculty of Law, Research Institute of Procedural Studies, Essays in honour of Konstantinos D. Kerameus, S. 1313f. führt als Beispiel den Domizilwillen an. 135 Henrich, FamRZ 1986, 841, 846; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 108; Niklas, Die europäische Zuständigkeitsordnung in Ehe- und Kindschaftsverfahren, S. 65; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 53.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

deutung des Parteiwillens betont wird. 136 Da nicht nur das Kollisionsrecht vorzugsweise auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellt, sondern auch das Internationale Zivilverfahrensrecht, wird eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt häufig zu einer Anwendung der lex fori137 führen. In diesem Fall werden zahlreiche praktische Schwierigkeiten vermieden, die durch die Anwendung ausländischen Rechts entstehen.138 Ein weiterer Vorteil besteht in der Anknüpfung über einen bestimmten Ort aufgrund der damit verbundenen räumlichen Beschränkung. 139 Durch die Bestimmung des Staates der maßgeblichen Rechtsordnung über einen im Staatsgebiet liegenden Ort als Anknüpfungspunkt und nicht über eine Anknüpfung an den Staat direkt, z.B. bei einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, werden Unsicherheiten vermieden. So nimmt z.B. in Bezug auf Mehrrechtsstaater140 oder Staatensukzessionen141 die Anknüpfung bereits selbst eine genaue räumliche Bestimmung vor, die hinsichtlich der Zuordnung zu dem letztlich anwendbaren Recht nicht mehrdeutig ist. II. Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts Knüpft man an den gewöhnlichen Aufenthalt an, so ist auch hier der Zweck, die engste Verbindung des Rechtsverhältnisses zu ermitteln. 142 Aufgrund dieser allgemeinen Zielsetzung sowie des gleichen Wortlauts kann trotz des unterschiedlichen Verständnisses der den Begriff verwendenden Instrumente eine allgemeine Definition herangezogen werden.143 Der gewöhnliche Auf136 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 41; Mankowski, IPRax 2015, 39, 42. 137 Dutta, IPRax 2017, 139, 143; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 5 Rn. 18; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 279; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 230; Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, Rn. 58; Weller, in: Hilbig-Lugani/Jakob/Mäsch u.a., Zwischenbilanz, S. 909. 138 Klassisches Beispiel hierfür ist die Ermittlung des ausländischen Rechts sowie ggf. auch dessen Nichtermittelbarkeit, vgl. hierzu nur S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 79ff. 139 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 279. 140 Vgl. hierzu z.B. die Regelung des Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB, welche nach der engsten Verbindung entscheidet. 141 Vgl. zur Problematik S. 101ff. 142 Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 20; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 153; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 284; zum MSA BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 522 = BGHZ 78, 293. 143 Auf diesen allgemeinen Begriffskern soll im Folgenden zurückgegriffen werden, da nicht die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen Instrumenten den Schwerpunkt der Arbeit bilden, sondern die Auswirkungen von Staatensukzessionen, hier auf den Anknüpfungspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts. Hinsichtlich der kontextabhängigen Gewichtung wird auf die einschlägigen Abhandlungen verwiesen: Kränzle, Heimat als Rechtsbe-

C. Gewöhnlicher Aufenthalt

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enthalt bezieht sich dabei auf den Ort, an dem die Partei ihren Lebensmittelpunkt hat.144 Konkreter setzt sich der Begriff aus den Elementen „Aufenthalt“ und „gewöhnlich“ zusammen, welche jeweils anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls145 zu ermitteln sind.146 So erfordert der Aufenthalt eine physische Präsenz.147 Unerheblich ist dabei, ob der Aufenthalt freiwillig begründet worden ist.148 Zudem muss der Aufenthalt „gewöhnlich“ sein. Damit ist eine regelmäßige, alltägliche Anwesenheit gemeint.149 Dies umfasst zunächst den Schwerpunkt der Bindungen zu einem sozialen Umfeld. 150 Dies erfasst die Beziehungen in familiärer 151 oder beruflicher152 Hinsicht,153 was

griff?; Rentsch, Der gewöhnliche Aufenthalt im System des Europäischen Kollisionsrechts; Vienenkötter, Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Internationalen Familien- und Erbrecht der EU. 144 BGH, Ent. v. 05.02.1975 (IV ZR 103/73), NJW 1975, 1068, 1068; BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 522 = BGHZ 78, 293; BGH, Ent. v. 18.06.1997 (XII ZB 156/9), NJW 1997, 3024, 3024 = FamRZ 1997, 1070; BGH, Ent. v. 24.08.2016 (XII ZB 351/15), NJW 2016, 3174, 3175; Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 15; Hilbig-Lugani, GPR 2014, 8, 9; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 15; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIaVO, Rn. 63. 145 EuGH, Ent. v. 02.04.2009 (C-523/07), FamRZ 2009, 843; EuGH, Ent. v. 22.12.2010 (C-497/10 PPU), FamRZ 2011, 617, Rn. 47 (Mercredi); Hilbig-Lugani, GPR 2014, 8, 10; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 125, 128; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 74. 146 Hinsichtlich der Besonderheiten, die sich bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts von Minderjährigen ergeben wird auf v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 177ff. verwiesen, hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts von Personenmehrheiten auf Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 19 Rom I-VO, Rn. 2ff. 147 Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 14; Hilbig-Lugani, GPR 2014, 8, 9; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 151; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 54; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 283; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 16; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 75. 148 OLG München, Ent. v. 04.07.2006 (33 Wx 60/06), FamRZ 2006, 1562, 1563; Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 19; Gottwald, in: MünchKommFamFG, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 7a; Hau, FamRZ 2000, 1334, 1334; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 128; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 16; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 105; differenzierend hierzu Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 288f. 149 Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 109; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 284. 150 BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 520 = BGHZ 78, 293; Baetge, Der gewöhnliche Aufenthalt im internationalen Privatrecht, S. 47; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 72. 151 Vgl. hierzu Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 125f. 152 Vgl. hierzu Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 125.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

dem Erfordernis der sozialen Integration entspricht, worauf auch der EuGH abstellt.154 Daneben tritt das Kriterium der gewissen Dauerhaftigkeit bzw. Regelmäßigkeit.155 Eine feste Mindestaufenthaltsdauer besteht dabei nicht,156 wobei die deutsche Praxis von ca. sechs Monaten als Faustregel ausgeht. 157 Ein gewöhnlicher Aufenthalt kann jedoch bereits mit Eintreffen einer Person an einem Ort anzunehmen sein, wenn der Aufenthalt an diesem Ort auf eine längere Zeitdauer angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen den Daseinsmittelpunkt bilden soll.158 An dieser Stelle kann auch auf den Willen der betroffenen Person abgestellt werden, der als Indikator für den Zeitpunkt des Beginns des gewöhnlichen Aufenthalts herangezogen werden kann.159

153

v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 159; Rentsch, Der gewöhnliche Aufenthalt im System des Europäischen Kollisionsrechts, S. 151; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 17. 154 OLG Nürnberg, Ent. v. 28.03.1989 (10 WF 822/89), IPRax 1990, 249, 249; Hohloch, in: Erman, Art. 5 EGBGB, Rn. 49; Pirrung, IPRax 2011, 50, 52; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 72; Spickhoff, IPRax 1990, 225, 227; Spickhoff, IPRax 1995, 185, 187; ob als Kriterium auch die Staatsangehörigkeit herangezogen werden kann, ist dabei umstritten, vgl. hierzu S. 198ff. 155 EuGH, Ent. v. 02.04.2009 (C-523/07), FamRZ 2009, 843, Rn. 38ff.; Hilbig-Lugani, GPR 2014, 8, 9; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 284; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 74; Thorn, in: Palandt, Art. 5 EGBGB, Rn. 10. 156 EuGH, Ent. v. 22.12.2010 (C-497/10 PPU), FamRZ 2011, 617, Rn. 51 (Mercredi); Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 17; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 153; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 16; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 75. 157 BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 521 = BGHZ 78, 293; BGH, Ent. v. 18.06.1997 (XII ZB 156/9), NJW 1997, 3024, 3025 = FamRZ 1997, 1070 geht im Rahmen des MSA von 15 Monaten bei Kindern aus; OLG Hamm, Ent. v. 16.05.1991 (4 UF 8/91), NJW 1992, 636, 637 = FamRZ 1992, 1466; Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 17; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 154; Kegel, in: Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB, Rn. 54; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 16; G. Schulze, in: NK, Art. 5 EGBGB, Rn. 18 nennt zwischen sechs und zwölf Monate. 158 BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 520 = BGHZ 78, 293; OLG Hamburg, Ent. v. 01.11.1985 (2 WF 142/85), IPRax 1986, 386, 387; OLG Karlsruhe, Ent. v. 12.06.2008 (2 UF 43/08), NJW-RR 2008, 1323, 1324 = FamRZ 2009, 239; OLG Karlsruhe, Ent. v. 18.03.2010 (2 UF 179/09), FamRZ 2010, 1577, 1577; OLG Karlsruhe, Ent. v. 12.11.2013 (5 UF 140/11), NJOZ 2014, 1211, 1213 = FamRZ 2014, 1565; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 5 EGBGB, Rn. 155; Henrich, IPRax 1986, 364, 364; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 16. 159 BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 521 = BGHZ 78, 293; zur Diskussion allgemein, inwieweit der Niederlassungswille für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ausschlaggebend ist, vgl. Rentsch, Der gewöhnliche Aufenthalt im

C. Gewöhnlicher Aufenthalt

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III. Auswirkungen von Staatensukzessionen Der gewöhnliche Aufenthalt ist – wie oben beschrieben160 – ein Ort, der zunächst unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Staatsgebiet bestimmt wird. Fungiert dieser Ort jedoch als Anknüpfungspunkt im Kollisionsrecht, wird in einem zweiten Schritt auf das Staatsgebiet geschlossen, in welchem der Ort liegt, um die maßgebliche Rechtsordnung bezeichnen zu können.161 Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich bleiben die oben genannten Kriterien.162 Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die im Folgenden erarbeiteten Grundsätze die Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt nicht pauschal beantworten können und sollen, sondern die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. Geht man davon aus, dass die betroffene Person die Staatensukzession nicht zum Anlass einer Ortsveränderung nimmt, bleibt die physische Präsenz als erste Voraussetzung in räumlicher Hinsicht gleich. Durch die Grenzveränderung ergibt sich einzig eine neue räumliche Zuordnung zum Nachfolgestaat. Allgemein ist nicht erforderlich, dass der Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts freiwillig erfolgt.163 Ebenso wenig ist ein rechtsgeschäftlicher Wille entscheidend. 164 Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob der Wechsel durch aktive Veränderung der physischen Präsenz erfolgt oder durch Grenzänderungen. Begründet hingegen die betroffene Person im Zuge der Sukzession in dem Vorgängerstaat, sofern dieser weiterexistiert, oder einem Drittstaat an einem räumlich anderen Ort eine (dauerhafte) physische Präsenz, ist der gewöhnliche Aufenthalt neu anhand der weiteren, allgemeinen Kriterien zu bestimmen. Das Erfordernis der sozialen Integration umfasst die Beziehungen in familiärer oder beruflicher Hinsicht. 165 Mangels Wechsels der physischen Präsenz

System des Europäischen Kollisionsrechts, S. 162ff.; Weller, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 317ff. 160 Siehe S. 195ff. 161 Vgl. hier nur exemplarisch die Formulierungen in Art. 4 Abs. 1 lit.a, b, d, e, f, Abs. 2, 5 Abs. 2, 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 UAbs. 2 Rom I-VO, Art. 21 Abs. 1 EuErbVO, Art. 3 Abs. 1 HUP, Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. 162 Siehe S. 195ff. 163 OLG München, Ent. v. 04.07.2006 (33 Wx 60/06), FamRZ 2006, 1562, 1563; Dilger, in: Geimer/Schütze, Vor. Art. 3 EuEheVO, Rn. 19; Gottwald, in: MünchKommFamFG, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 7a; Hau, FamRZ 2000, 1334, 1334; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 128; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIaVO, Rn. 105. 164 BGH, Ent. v. 05.02.1975 (IV ZR 103/73), NJW 1975, 1068, 1068; BGH, Ent. v. 03.02.1993 (XII ZB 93/90), IPRax 1994, 131, 132 = FamRZ 1993, 798; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 132; a.A. Weller, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0Verordnung?, S. 317ff. 165 Siehe S. 195ff.

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4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

sowohl der betroffenen Person als auch von deren Umfeld wird die Staatensukzession weder das Bestehen noch die Intensität dieser Bindungen verändern – diese werden schlicht unabhängig von den politischen Ereignissen regelmäßig unverändert fortbestehen. Gleiches gilt auch für die beruflichen Bindungen. Selbst wenn sich bei Staatsbediensteten nun der Arbeitgeber ändert, bleibt die lokale Zuordnung des Arbeitsverhältnisses identisch. 166 Der Unterschied besteht einzig in der Zuordnung dieser sozialen Integration nun zu dem Nachfolgestaat. Um als „gewöhnlich“ zu gelten, muss der Aufenthalt zudem von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Regelmäßigkeit sein. 167 Bezieht man dies lediglich auf die Örtlichkeit, so ist aufgrund der fehlenden Veränderung in räumlicher Hinsicht sowohl von Dauerhaftigkeit als auch von Regelmäßigkeit auszugehen.168 Würde man hingegen auch auf die Zugehörigkeit des Ortes zu einem Staat abstellen, so wäre aufgrund des Wechsels der Gebietshoheit die Dauerhaftigkeit eigens zu begründen. Man würde jedoch dennoch zum gleichen Ergebnis kommen, da es möglich ist, einen gewöhnlichen Aufenthalt bereits ab dem Zeitpunkt des Wechsels der Gebietshoheit und damit ab Beginn der „Aufenthaltsnahme“ im Nachfolgestaat anzunehmen. 169 Es ist allein maßgeblich, worauf der Daseinsmittelpunkt der betreffenden Person angelegt ist170 bzw. hier wo er sich befindet. Regelmäßig ist der Aufenthalt an dem 166 Insbesondere an dieser Stelle ist jeder Einzelfall für sich zu betrachten und zu bewerten. Führt die Staatensukzession zu einer Änderung in beruflicher Hinsicht, ist dies in die Abwägung bzgl. der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts einzustellen. Dabei ist jedoch das Verhältnis von familiären zu beruflichen Bindungen zu beachten, vgl. hierzu Rentsch, Der gewöhnliche Aufenthalt im System des Europäischen Kollisionsrechts, S. 154f. 167 Siehe S. 195ff. 168 Voraussetzung für die Richtigkeit dieser Annahme ist jedoch, dass die Dauerhaftigkeit und Regelmäßigkeit bereits vor der Staatensukzession vorgelegen hat und ein gewöhnlicher Aufenthalt im Vorgängerstaat begründet war. Ist dies nicht der Fall, ist anhand der allgemeinen Kriterien (vgl. S. 195ff.) zu bestimmen, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt – unabhängig vom Vorliegen einer Staatensukzession. 169 So allgemein Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 80. 170 BGH, Ent. v. 29.10.1980 (IVb ZB 586/80), NJW 1981, 520, 520 = BGHZ 78, 293; BGH, Ent. v. 03.02.1993 (XII ZB 93/90), IPRax 1994, 131, 132 = FamRZ 1993, 798; OLG Köln, Ent. v. 18.02.1994 (27 WF 12/94), FamRZ 1995, 172, 173; OLG Hamm, Ent. v. 24.06.1996 (12 WF 130/96), NJW-RR 1997, 5, 6; OLG Düsseldorf, Ent. v. 24.10.1997 (2 UF 232/97), FamRZ 1999, 112, 112; OLG Karlsruhe, Ent. v. 18.03.2010 (2 UF 179/09), FamRZ 2010, 1577, 1577; Henrich, FamRZ 1986, 841, 846; Hohloch, in: Erman, Art. 5 EGBGB, Rn. 52; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 285; Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIa-VO, Rn. 80; Thorn, in: Palandt, Art. 5 EGBGB, Rn. 10; der EuGH hingegen fordert eine bereits entstandene soziale und familiäre Integration (EuGH, Ent. v. 22.12.2010 (C-497/10 PPU), FamRZ 2011, 617, Rn. 47, 56 (Mercredi)), was in den vorliegenden Fällen jedoch durch den bloßen Staatenwechsel gegeben ist.

C. Gewöhnlicher Aufenthalt

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jeweiligen Ort auf eine längere Zeitdauer angelegt wie auch bereits vor der Staatensukzession. Auch die bereits erfolgte soziale Integration spricht für eine gewisse Dauerhaftigkeit. Ob darüber hinaus als Indikator auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit zurückgegriffen werden kann, ist allgemein streitig.171 So kann die Staatsangehörigkeit als Zeichen der natürlichen Verbundenheit zu einem Staat angesehen werden und damit Ausdruck kultureller Identität sein.172 Andererseits kann der Staatsangehörigkeit keine Aussage über die gegenwärtigen sozialen Bindungen entnommen werden. 173 Im Zuge einer Staatensukzession kommt hingegen der Staatsangehörigkeit eine größere Bedeutung zu: So wird sich regelmäßig die Staatsangehörigkeit der im von der Sukzession betroffenen Gebiet ansässigen Bevölkerung ändern bzw. die Annahme der Staatsbürgerschaft des Nachfolgestaates ist optional. Folglich ist aufgrund dieser regelmäßigen Entscheidungsmöglichkeit der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Staatsangehörigkeit in derartigen Konstellationen eine viel stärkere Konnexität zwischen der Staatsangehörigkeit und dem gewöhnlichen Aufenthalt vorhanden. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich jeweils um eigene Anknüpfungspunkte handelt, welche voneinander abweichen können und sich nicht bedingen. Hat eine Person 2013 in Sewastopol (Halbinsel Krim) aufgrund dauerhafter sozialer Integration und physischer Präsenz ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so besteht dieser auch 2015 in Sewastopol fort, sofern über die Annexion der Krim hinaus keine Veränderungen eingetreten sind. Einzig die staatliche Zuordnung der Stadt und damit auch des gewöhnlichen Aufenthalts hat sich durch die Annexion 174 geändert. Während dieser 2013 der Ukraine zugeordnet wurde, gehört er 2015 im kollisionsrechtlichen Sinn zu russischem Staatsgebiet. Spiegelbildlich zum allgemeinen Ausschluss eines mehrfachen gewöhnlichen Aufenthalts175 ist auch die Zuordnung des gewöhnlichen Aufenthalts zu nur einem Staatsgebiet möglich; ebenso wie die engste Verbindung einer Person als deren Lebensmittelpunkt nur zu einem Ort bestehen kann, 176 so kann dieser Ort auch nur einem Staatsgebiet zugeordnet werden. Somit erfor171

Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 127. Vgl. hierzu Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 127; Sonnentag, EWS 2012, 457, 463; zur kulturellen Identität von Rechtssystemen vgl. Jayme, RabelsZ 67 (2003), 211, 214f. 173 Vgl. hierzu Baetge, Der gewöhnliche Aufenthalt im internationalen Privatrecht, S. 119; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 127. 174 Wie mit völkerrechtswidrigen Sukzessionen umzugehen ist, siehe sogleich. 175 Vgl. hierzu nur v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 24; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 129; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 287f.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 15; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 724; Thorn, in: Palandt, Art. 5 EGBGB, Rn. 10. 176 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 24; Kränzle, Heimat als Rechtsbegriff?, S. 129; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 5 EGBGB, Rn. 15; Thorn, in: Palandt, Art. 5 EGBGB, Rn. 10. 172

202

4. Kapitel: Anknüpfungen und Staatensukzessionen

dert die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts bzgl. seiner staatlichen Zuordnung die Beendigung der Zuordnung des gewöhnlichen Aufenthalts im Vorgängerstaat. Wird folglich mit den obigen Kriterien davon ausgegangen, dass im Rahmen einer Staatensukzession ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts hinsichtlich der staatlichen Zuordnung erfolgt, so wird die Zuordnung des früheren Aufenthalts entsprechend beendet. 177 Verstößt eine Sukzession gegen das Völkerrecht, so ändert dies nichts an den obigen Feststellungen hinsichtlich der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt. Der gewöhnliche Aufenthalt selbst ist rein örtlich und damit zunächst unabhängig von der Zuordnung zu einem Staat. 178 Wiederum kann auf die allgemeinen Überlegungen zum Verhältnis von Kollisions- und Völkerrecht zurückgegriffen werden: Maßgeblich ist allein die Rechtsordnung, welche den Sachverhalt prägt, unabhängig davon, ob sie mit dem Völkerrecht übereinstimmt.179 IV. Synthese Der gewöhnliche Aufenthalt stellt u.a. als objektive Regelanknüpfung im Europäischen Kollisionsrecht einen der wichtigsten Anknüpfungspunkte im Internationalen Privatrecht dar. Allgemein kann er als Ort eines nicht nur vorübergehenden Verweilens definiert werden, an welchem die betreffende Person den Schwerpunkt ihrer familiären und beruflichen Bindungen hat. Anders als die Staatsangehörigkeit ist der gewöhnliche Aufenthalt rein vom Faktischen geprägt und zunächst lediglich die Bestimmung eines gewissen Ortes. Die Verbindung zu einem Staat ergibt sich erst durch die staatliche Zuordnung dieses Ortes und die daran anschließende Verweisung. Dementsprechend wirken Staatensukzessionen auch nicht auf den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts selbst ein, sondern erst in einem zweiten Schritt auf die folgende Verweisung. Muss also eine kollisionsrechtliche Anknüpfung nach dem Gebietswechsel neu vorgenommen werden, wird der Nachfolgestaat und dessen Rechtsordnung berufen werden.

177

Geht der Vorgängerstaat, wie z.B. bei einer Dismembration, unter, so ist dies denknotwendig. Existiert der Vorgängerstaat hingegen weiter, so ist obige Begründung heranzuziehen; vgl. zum allgemeinen Verhältnis von Neubegründung und Beendigung des gewöhnlichen Aufenthalts Spellenberg, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 3 Brüssel IIaVO, Rn. 111. 178 An dieser Stelle liegt der Unterschied zur Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, bei welcher bereits im Anknüpfungspunkt die Zuordnung zu einem Staat relevant wird. 179 Siehe S. 33ff.

Kapitel 5

Anwendung fremden Rechts und Staatensukzessionen Nachdem auf Ebene des Internationalen Privatrechts durch Anknüpfung und Verweisung eine Sachrechtsordnung bestimmt wurde, soll sich das folgende Kapitel Fragestellungen auf Ebene des Sachrechts widmen, die unmittelbar mit der kollisionsrechtlichen Ebene in Verbindung stehen und Staatensukzessionen betreffen. Während in den vorigen Abschnitten zur Verweisungsrichtung und zur Anknüpfung die Perspektive der lex fori eines Drittstaates maßgeblich war, erfolgt nun teilweise die Beurteilung auch aus der Sicht des Nachfolgestaates. Die folgenden Überlegungen sollen eine grundsätzliche Hilfestellung zum Umgang mit allgemeinen Korrekturmöglichkeiten geben, deren Anwendung auch durch Staatensukzessionen notwendig werden. Dabei soll herausgearbeitet werden, welche Besonderheiten hierbei zu beachten sind.

A. Allgemeine Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession A. Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit

Die Überlegung einer allgemeinen Korrektur der Anknüpfung aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession resultiert aus den unterschiedlichen Maßstäben von Völkerrecht und Internationalem Privatrecht an die Anforderungen an den Begriff des Staates in dem jeweiligen Rechtsgebiet.1 Die Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession beeinflusst auf Ebene des Kollisionsrechts Anknüpfungen sowie Verweisungen aufgrund der Zielsetzung der Verwirklichung kollisionsrechtlicher Gerechtigkeit zunächst nicht – entscheidend ist allein die für die Parteien tatsächlich maßgebliche Rechtsordnung. 2 Da auf materieller Ebene jedoch andere Erwägungen hinzutreten, stellt sich die Frage, ob durch die Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession, also z.B. im Fall einer Annexion, eine Korrektur auf materieller Ebene erfolgen muss bzw. darf. Zur Veranschaulichung soll wiederum auf ein Beispiel zurückgegriffen werden: A, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf der Krim hat und B, der 1 2

Vgl. hierzu S. 38f. Vgl. hierzu S. 33ff.

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5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, schließen 2015 einen Dienstleistungsvertrag. Da A der Dienstleister ist, verweist das europäische Kollisionsrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO auf das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des A. Seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 gilt dort russisches Recht. 3 Die im Kollisionsrecht wohl bekannteste und wichtigste Korrekturmöglichkeit4 ist der ordre public.5 Seine Aufgabe ist es, ein Ergebnis zu korrigieren, das mit wesentlichen Grundsätzen der inländischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Aufgrund der Gleichwertigkeit aller Rechtsordnungen darf nicht abstrakt korrigiert werden. Vielmehr ist für eine Korrektur nur das konkrete Ergebnis der Anwendung einer Rechtsnorm im jeweiligen Einzelfall maßgeblich.6 Auch muss ein hinreichender Inlandsbezug des Sachverhalts bestehen, dessen Anforderungen disproportional zur Stärke des Verstoßes sind.7 Schließlich genügt nicht irgendeine Ungerechtigkeit, sondern es muss ein offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des inländischen Rechts vorliegen.8 Aufgrund der rein negativen Funktion des ordre public führt ein Verstoß zur bloßen Nichtanwendung der jeweiligen Norm. 9 Entsteht dadurch eine regelungsbedürftige Lücke, so ist nach dem Grundsatz des ge3 Vgl. Art. 9 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation (Договор между Российской Федерацией и Республикой Крым о принятии в Российскую Федерацию Республики Крым и образовании в составе Российской Федерации новых субъектов), vgl. Kapitel 3 Fn. 207. 4 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 1. 5 Vgl. hierzu grundlegend Spickhoff, Der ordre public im internationalen Privatrecht. 6 BGH, Ent. v. 20.03.1962 (VIII ZR 130/61), NJW 1963, 1200, 1200f. = BGHZ 39, 173; BGH, Ent. v. 04.06.1992 (IX ZR 149/91), NJW 1992, 3096, 3101 = BGHZ 118, 312; BGH, Ent. v. 06.10.2004 (XII ZR 225/01), NJW-RR 2005, 81, 84 = BGHZ 160, 332; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 6 EGBGB, Rn. 126; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 10; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 28; Spickhoff, Der ordre public im internationalen Privatrecht, S. 79f.; Thorn, in: Palandt, Art. 6 EGBGB, Rn. 5; Voltz, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Art. 6 EGBGB, Rn. 124. 7 Vgl. nur BVerfG, Ent. v. 18.07.2009 (1 BvL 1/04 u.a.), NJW 2007, 900, 903 = BVerfGE 116, 243; BGH, NJW 1992, 3096, 3105 = BGHZ 118, 312; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 264; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 6 EGBGB, Rn. 205; B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 6 Rn. 152; Hohloch, in: Erman, Art. 6 EGBGB, Rn. 17; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 246; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 16; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 38; Stürner, in: BeckOGK, Stand: 01.08.2020, Art. 6 EGBGB, Rn. 192; Thorn, in: Palandt, Art. 6 EGBGB, Rn. 6; sowie allgemein Meise, Zur Relativität der Vorbehaltsklausel im internationalen und interlokalen Privatrecht. 8 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 16 III 2 c; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 10; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 32ff. 9 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 244; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 17; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 52.

A. Korrektur aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit

205

ringstmöglichen Eingriffs die Lücke primär aus dem anwendbaren Recht selbst zu füllen.10 Nur wenn dies nicht in „systemkohärenter Weise“ möglich ist, kann ersatzweise, soweit notwendig, die lex fori angewendet werden.11 Verstößt eine Staatensukzession gegen das Völkerrecht, so könnte aus dem Vorbehalt des ordre public deren Unbeachtlichkeit im Inland folgen. Gemäß Art. 25 S. 1 GG ist das Völkerrecht Teil der inländischen Rechtsordnung, 12 sodass prima facie ein Verstoß hiergegen vorliegt. Der ordre public erfordert über einen solchen Verstoß hinaus jedoch auch, dass sich dieser durch ein konkretes Rechtsanwendungsergebnis ergibt. 13 Führt eine völkerrechtswidrige Staatensukzession nur zur Anwendung einer anderen Rechtsordnung, ist dies noch kein konkretes Ergebnis im Einzelfall, wie es der ordre public fordert. Die abstrakte Kontrolle einer Norm 14 oder gar einer Rechtsordnung ist bereits nach dem Wortlaut der einschlägigen ordre public Normen15 nicht möglich. Darüber hinaus liegt dem Kollisionsrecht der Gedanke der Gleichwertigkeit aller Rechtsordnungen zugrunde,16 sodass eine Korrektur über den

10

RG, Ent. v. 19.12.1922 (III 137 /22), RGZ 106, 82, 85f.; BGH, Ent. v. 14.10.1992 (XII ZB 18/92), NJW 1993, 848, 850 = BGHZ 120, 29; OLG Hamm, Ent. v. 29.04.1992 (15 W 114/91), IPRax 1994, 49, 54; OLG Düsseldorf, Ent. v. 19.12.2008 (3 Wx 51/08), ZEV 2008, 190, 192 (m. Anm. Schotten = NJW-RR 2009, 732); S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 18; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 53. 11 S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 18. 12 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 248f.; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 12; vgl. zur Idee eines eigenständigen völkerrechtlichen ordre public Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 53f.; Niederer, in: Gerwig/Simonius/Spiro u.a., Festschrift Hans Lewald, S. 554; hierzu sowie zur Kritik Spickhoff, Der ordre public im internationalen Privatrecht, S. 90f.; Spickhoff, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, S. 277ff.; selbst wenn man einen solchen eigenständigen ordre public Vorbehalt annehmen sollte, bezieht sich dieser nur auf schwerste Verstöße gegen das Völkerrecht, wie z.B. das Recht auf Leben, das Verbot des Völkermordes, der Sklaverei und von Menschenhandel, das Verbot von Rassismus und Folter (Beispiele nach Spickhoff, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, S. 278). 13 BGH, Ent. v. 20.03.1962 (VIII ZR 130/61), NJW 1963, 1200, 1200f. = BGHZ 39, 173; BGH, Ent. v. 04.06.1992 (IX ZR 149/91), NJW 1992, 3096, 3101 = BGHZ 118, 312; BGH, Ent. v. 06.10.2004 (XII ZR 225/01), NJW-RR 2005, 81, 84 = BGHZ 160, 332; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 6 EGBGB, Rn. 126; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 10; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 28; Spickhoff, Der ordre public im internationalen Privatrecht, S. 79f.; Thorn, in: Palandt, Art. 6 EGBGB, Rn. 5; Voltz, in: Staudinger, Neubearb. 2013, Art. 6 EGBGB, Rn. 124. 14 Vgl. zu den Besonderheiten bei Gleichheitsverstößen S. Lorenz, IPRax 1993, 148, 148ff. 15 Art. 6 EGBGB spricht wörtlich von „Ergebnis“, Art. 13 HUP spricht von „Wirkungen“ und die europäischen Rechtsakte erfordern einen Verstoß durch die „Anwendung“. 16 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 4 EGBGB, Rn. 26; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 III, § 3 V; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 1.

206

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

ordre public eng auszulegen ist.17 Es darf gerade nicht sein, dass der ordre public abstrakt die im Kollisionsrecht (bewusst) getroffenen Entscheidungen allgemein umkehrt: Aufgabe des Internationalen Privatrechts ist es, jeden Sachverhalt „seiner“ Rechtsordnung zuzuweisen, welche aufgrund der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten in den jeweiligen Geltungsbereichen differieren. Aus diesem Grund sind unterschiedliche Wertungen auch hinzunehmen.18 Verstößt nun eine Staatensukzession gegen das Völkerrecht, ist sie dennoch für die betroffene Bevölkerung maßgeblich und spiegelt deren Lebenswirklichkeit wider. Aus diesem Grund muss die kollisionsrechtliche Zuordnung solche Staaten miteinschließen.19 Somit reicht eine völkerrechtswidrige Staatensukzession alleine nicht für eine Korrektur durch den ordre public aus.20 Nicht ausgeschlossen ist dadurch selbstverständlich, dass im konkreten Einzelfall ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt; dieser kann sich nur nicht abstrakt aus der Völkerrechtswidrigkeit ergeben, sondern es müssen weitere Umstände hinzukommen. 21 Für den oben gebildeten Beispielsfall bedeutet dies, dass keine abstrakte Korrektur angezeigt ist und es bei der Anwendung russischen Rechts bleibt. Folglich ist keine Korrektur alleine aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit der Staatensukzession über den ordre public vorzunehmen.22 Die Entscheidung des Kollisionsrechts, völkerrechtswidrige Staatensukzessionen zu beachten, soll nicht umgangen werden. Ausgeschlossen ist hingegen nicht die Korrektur bei Hinzutreten weiterer Umstände.

17 BGH, Ent. v. 28.01.2014 (III ZB 40/13), NJW 2014, 1597, 1597; BGH, Ent. v. 08.05.2014 (III ZR 371/12), SchiedsVZ 2014, 151, 153 Rn. 29; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 14; S. Lorenz, IPRax 1993, 148, 149; allgemein auch G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 1. 18 AG Halle, IPRspr. 2011, Nr. 6; G. Schulze, in: NK, Art. 6 EGBGB, Rn. 1; G. Schulze/Fervers, in: BeckOGK, Stand: 01.05.2020, Art. 3 EGBGB, Rn. 8. 19 Vgl. hierzu ausführlich S. 41f. 20 So im Ergebnis auch Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 215 in Bezug auf die Illegitimität einer Regierung ohne speziell auf den ordre public als Korrekturinstrument einzugehen. 21 Vgl. für einen Überblick hinsichtlich typischer ordre public-Verstöße S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 21ff. 22 Für den Fall, dass die Sukzession an sich völkerrechtsmäßig, nur die Regelung der Staatsangehörigkeit, auf welcher die Anknüpfung basiert, völkerrechtswidrig ist, wird auf S. 191f. verwiesen.

B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht

207

B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht

Die Figur des Handelns unter nicht mehr bestehendem Recht umfasst die unbewusste Anwendung des Rechts der Vorgängerrechtsordnung durch die Beteiligten. I. Figur des Handelns unter falschem Recht Wie die Namensgebung bereits vermuten lässt, knüpft die Thematik an die im Kollisionsrecht bekannte Figur des Handelns unter falschem Recht23 an. In diesen Fällen richten sich die Beteiligten mit ihrem Handeln nach einer Rechtsordnung, die im jeweiligen Fall jedoch keine Anwendung findet. 24 Klassisches Beispiel ist die Orientierung an einer nicht anwendbaren Rechtsordnung bei Errichtung eines Testaments, indem z.B. eine Person als „trustee” über das Nachlassvermögen des Erblassers eingesetzt wurde, 25 obwohl die eigentlich anwendbare Rechtsordnung keine „trusts“ kennt. Abzugrenzen ist die Figur dabei regelmäßig zu einer Rechtswahl.26 Ist eine Rechtswahl zulässig, so ist sie grundsätzlich auch vorrangig zu prüfen.27 Regelmäßig wird die Rechtswahl konkludent durch die Verwendung bestimmter Rechtsbegriffe erfolgen. 28 Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO fordert z.B., dass sich ein entsprechender Parteiwille „eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles“ ergibt. Notwendig ist folglich ein Rechtswahlbewusstsein. 29 Ebenso darf kein Fall einer (ebenfalls vorrangigen) Gesetzesumgehung vorliegen. 30 Maßgeblich ist dabei, ob der Handelnde bewusst die erwünschten Rechtsfolgen ohne das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen forciert; dann ist von einer Gesetzesumgehung auszugehen. Geht er hingegen unbewusst von der Geltung einer nicht anwendbaren Rechtsordnung aus, liegt ein Handeln unter nicht anwendbarem Recht vor. 23 Vgl. zur Terminologie v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 243; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98. 24 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VIII 2 d; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98. 25 Vgl. nur als Beispiel OLG Schleswig, Ent. v. 09.07.2014 (3 Wx 15/14), IPRax 2016, 163; sowie dazu Dutta, IPRax 2016, 139; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VIII 2 d. 26 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 246; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98. 27 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 246; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98. 28 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 246. 29 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 49. 30 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 248; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 246.

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5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

In diesem Fall ist das von den Beteiligten Gewollte – soweit möglich – in die anwendbare Rechtsordnung zu übersetzen und so zur Anwendung zu bringen.31 Dabei ist auf die im jeweiligen Sachrecht vorhandenen Auslegungsinstrumente zurückzugreifen, wie z.B. die Umdeutung. Es handelt sich damit um eine rein sachrechtliche Frage und nicht um eine solche des Internationalen Privatrechts.32 II. Übertragung auf Sukzessionsfälle Eine parallele Problematik ergibt sich im Zuge von Staatensukzessionen. Dabei richten sich die an einem Rechtsgeschäft Beteiligten mit ihrem Handeln nach der Rechtsordnung des Vorgängerstaates, obwohl im Beurteilungszeitpunkt die Rechtsordnung des Nachfolgestaates auf den Sachverhalt Anwendung findet. Aufgrund der Besonderheit der verschiedenen Arten von Staatensukzessionen sind zwei Konstellationen zu unterschieden, wobei maßgeblich ist, ob die Vorgängerrechtsordnung zur Zeit der entsprechenden Handlung fortbesteht33 oder nicht.34 In letzterem Fall existiert die Vorgängerrechtsordnung nicht mehr, sodass eine – auch hier theoretisch vorrangig zu prüfende – Rechtswahl nicht möglich ist. Gewählt werden können nur staatliche Rechtsordnungen,35 was deren Geltung voraussetzt. 36 In einem nächsten Schritt ist zu klären, ob einschlägige sukzessionsbedingte Vorschriften vorhanden sind, die Sonderregelungen für diesen Fall treffen. 37 Ist dies nicht der Fall, ist auf die allgemeinen Grundsätze zum Umgang mit „Handeln unter falschem 31

BayObLG, Ent. v. 18.03.2003 (1Z BR 71/02), ZEV 2003, 503, 508; OLG Köln, Ent. v. 15.01.2014 (2 Wx 291/13), ZEV 2014, 497, 498 (m. Anm. Litzenburger); Dannemann, Die ungewollte Diskriminierung in der internationalen Rechtsanwendung, S. 100; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 245; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 1 VIII 2 d; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98; Münzer, Handeln unter falschem Recht, S. 127ff. 32 Dannemann, Die ungewollte Diskriminierung in der internationalen Rechtsanwendung, S. 100; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 245; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 98; anders wohl Looschelders, Die Anpassung im internationalen Privatrecht, S. 185, der das „Handeln unter falschem Recht“ als Anwendungsfall der Transposition sieht. 33 Dies ist bei Teilnachfolgen der Fall, wie z.B. der Zession oder der Separation. 34 Dies ist bei Gesamtnachfolgen der Fall, wie z.B. der Inkorporation oder Dismembration. 35 Vgl. S. 154ff. sowie Ferrari, in: Ferrari, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 14f.; Magnus, in: Staudinger, Neubearb. 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 40; Martiny, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 28; Ringe, in: jurisPK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 39; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 7. 36 Vgl. S. 154ff. sowie v. Hein, in: EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 68; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 10. 37 Zur Vorrangigkeit allgemein vgl. S. 85f.

B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht

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Recht“ zurückzukommen: Die Handlungen der jeweiligen Beteiligten sind anhand der sachrechtlichen Instrumente der anwendbaren Rechtsordnung in diese zu übersetzen.38 Existiert die Vorgängerrechtsordnung hingegen auch nach der Sukzession weiter, so kommt eine konkludente Rechtswahl – soweit zulässig – in Betracht. Dabei gelten die allgemeinen Bestimmungen.39 Wird eine solche verneint, ist wie auch im Rahmen einer Gesamtnachfolge zu verfahren: Zunächst ist auf spezielle Sukzessionsvorschriften abzustellen und, wenn diese nicht greifen, ist auf die allgemeinen Auslegungsinstrumente der anwendbaren Rechtsordnung zurückzukommen. Als Beispiel soll eine letztwillige Verfügung eines Ehepaars mit weißrussischer Staatsangehörigkeit und gewöhnlichem Aufenthalt auf der Krim dienen.40 Dieses hat im September 2015 ein gemeinschaftliches Testament bezüglich seines gemeinsamen Vermögens errichtet. Die Ehegatten gingen dabei davon aus, dass dies möglich ist. Ein Jahr später stirbt ein Ehegatte. Während das ukrainische Recht, welches vor 2014 auf der Krim maßgeblich war, gemäß Art. 1243 russZGB die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments von verheirateten Personen bzgl. ihres gemeinsamen Vermögens als wirksam erachtet,41 waren nach russischem Recht gemeinschaftliche Testamente nicht zulässig.42 Das Testament durfte gemäß Art. 1118 Abs. 4 russZGB a.F. nur die letztwillige Verfügung einer Person enthalten.43 Aus europäischer Sicht verweist das Internationale Privatrecht jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2,44 21 Abs. 1 EuErbVO auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der am Testament beteiligten Personen im Zeitpunkt der Errichtung. Da die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf der Krim haben und dort seit 2014 russisches Recht die tatsächliche Lebenswirklichkeit prägt, 45 findet dieses auch Anwendung. Damit wäre das Testament unwirksam bzw. es entfaltet jedenfalls keine Bindungswirkung.

38

Siehe S. 206ff. Vgl. zu den Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl Fn. 29. 40 Zugrunde gelegt wird vorliegend der Rechtsstand vor Juli 2019, da die Russische Föderation zum 01.07.2019 die Möglichkeit der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments eingeführt hat. 41 Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl., Ukraine, Rn. 11. 42 Vgl. zum russischen Recht seit dem 01.07.2019 Masannek, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl., Russische Föderation, Rn. 28, 40ff. 43 Masannek, in: Süß, Erbrecht in Europa, 3. Aufl., Russische Föderation, Rn. 27. 44 Zur Einordnung des gemeinschaftlichen Testaments im Rahmen der EuErbVO vgl. nur Dutta, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 3 EuErbVO, Rn. 11. 45 Vgl. nur das Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation (Договор между Российской Федерацией и Республикой Крым о принятии в Российскую Федерацию Республики Крым и образовании в составе Российской Федерации новых субъектов), vgl. Kapitel 3 Fn. 207. 39

210

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

Da das Ehepaar unter der Annahme der Anwendbarkeit ukrainischen Rechts gehandelt hat, ist zunächst zu überprüfen, ob eine konkludente Rechtswahl zugunsten von ukrainischem Recht vorliegt. Dies ist möglich, da aufgrund der Teilannexion nur eine Teilnachfolge vorliegt und die Rechtsordnung der Ukraine fortbesteht. Dieses Vorgehen entspricht sowohl der oben getroffenen Unterscheidung als auch den allgemeinen Grundsätzen zur Figur des Handelns unter falschem Recht.46 Da die Ehegatten weißrussische Staatsangehörige sind, ist eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO jedoch nur zu weißrussischem und nicht zu ukrainischem Recht möglich. 47 In einem zweiten Schritt ist zu klären, ob spezielle sukzessionsbedingte Vorschriften vorhanden sind, die diesen Fall regeln. Solche Sondervorschriften sind nicht ersichtlich.48 Sieht das objektive Vertragsstatut zusätzlich eine Ausweichklausel entsprechend der engsten Verbindung vor, wie z.B. Art. 21 Abs. 2 EuErbVO, ist diese in einem nächsten Schritt zu prüfen. So ist es Zweck von solchen Klauseln, Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen, z.B. um „Stabilitätsinteressen […] zu wahren“, im Falle einer fehlgeschlagenen Rechtswahl das von den Beteiligten gewollte Recht zur Anwendung zu bringen oder sonstige Unbilligkeiten zu vermeiden.49 Dabei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beachten, woraus sich u.a. die Offensichtlichkeit der engeren Verbindung ergeben muss.50 Der Sachverhalt hat nicht nur zum Recht der Ukraine durch den gewöhnlichen Aufenthalt auf der Krim einen Bezug, sondern auch zu Russland, ebenfalls aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Krim, und zu Weißrussland aufgrund der gemeinsamen Staatsangehörigkeit. Eine wesentlich engere Verbindung zum Recht der Ukraine kann deshalb nicht festgestellt werden. Gibt es eine solche Ausweichklausel nicht oder greift diese nicht, ist auf die Auslegungsinstrumente des anwendbaren russischen Rechts zurückzugreifen. Ebenso wenig wie das russische Recht ein gemeinschaftliches Testament kannte, war ihm ein Erbvertrag bekannt,51 sodass eine solche Umdeutung ausscheidet. Zwar wird das Testament der Ehegatten nicht als an sich unwirk46

Vgl. hierzu S. 206ff. Auch das weißrussische Recht kennt nur Verfügungen einer Person, Art. 1040 Abs. 4 S. 2 blrZGB, sodass gemeinschaftliche Testamente ebenfalls unwirksam sind, Ließem/Beck, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl., Rn. 23. 48 Berücksichtigt wurde dabei die Literatur zum russischen Recht seit 2014: M. Lorenz, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Föderation (232. Lieferung); Masannek, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl., Russische Föderation. 49 Siehe hierzu nur in Hinblick auf Art. 21 Abs. 2 EuErbVO Dutta, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 21 EuErbVO, Rn. 6. 50 Vgl. wiederum in Hinblick auf Art. 21 Abs. 2 EuErbVO J. Schmidt, in: BeckOGK, Stand: 01.08.2020, Art. 21 EuErbVO, Rn. 13f. 51 Vgl. zum alten Recht vor dem 01.07.2019 Mosgo, in: Ferid/Firsching/Dörner u.a., Internationales Erbrecht, Russland (Lfg. LXXV), Rn. 88; Schmitkel/Mizintsev, DNotZ 2013, 103, 112. 47

B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht

211

sam betrachtet,52 jedoch ist davon auszugehen, dass dieses keine Bindungswirkung entfaltet.53 Diese Lösung entspricht dem oben skizierten, allgemeinen Vorgehen. Jedoch wurde in den Überlegungen nicht berücksichtigt, ob die zugrundeliegende Sukzession völkerrechtsgemäß oder völkerrechtswidrig ist. Auch an dieser Stelle stellt sich somit wieder die Frage, ob eine Korrektur angezeigt ist oder nicht – beschränkt auf die Fälle des Handelns unter nicht mehr anwendbarem Recht. Sinn und Zweck einer möglichen Korrektur sollte dabei sein, dass den an einem Rechtsverhältnis Beteiligten die Folgen einer völkerrechtswidrigen Staatensukzession nicht zum Nachteil gereichen dürfen. Auf der anderen Seite soll sichergestellt werden, dass die getroffenen kollisionsrechtlichen Grundentscheidungen nicht allgemein durch eine grundsätzlich nachträgliche Korrektur untergraben werden.54 Entsprechend dem allgemeinen Vorgehen bei Handeln unter nicht anwendbarem Recht ist deshalb auf die kollisionsrechtliche Ebene mit ihren Rechtswahlmöglichkeiten zurückzugehen. Ist eine vom Kollisionsrecht vorgesehene Rechtswahl zu dem Recht, welches ohne die völkerrechtswidrigen Vorgänge angewandt werden würde, nicht möglich, ist im Falle der Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession eine zusätzliche Rechtswahlmöglichkeit für die Parteien zu eröffnen. Dies gilt insbesondere für solche kollisionsrechtlichen Instrumente, welche keine Ausweichklausel über die engste Verbindung im Rahmen der objektiven Anknüpfung vorsehen55 oder in Fällen, in welchen eine solche Ausweichklausel nicht greift. Gemäß einer hypothetischen als-ob-Betrachtung ist das Nichtvorliegen der völkerrechtswidrigen Sukzession zu unterstellen und eine Rechtswahl zu den sich hieraus ergebenden Anknüpfungen zu ermöglichen. Dies kann durch eine analoge Anwendung der maßgeblichen Rechtswahlklausel erreicht werden. Um diesen Schritt zu gehen, ist das Vorliegen von drei Voraussetzungen nötig: 1. Es muss sich um eine völkerrechtswidrige Staatensukzession handeln. 2. Eine „ordentliche“ Rechtswahl zum Recht der Vorgängerrechtsordnung ist vorrangig, d.h. eine solche darf nicht möglich sein. 56 52

Vgl. zum alten Recht vor dem 01.07.2019 Schmitkel/Mizintsev, DNotZ 2013, 103,

112. 53

Vgl. zu den Aufhebungs- und Änderungsmöglichkeiten im russischen Recht Art. 1119 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2, 1130 russZGB (abgedruckt unter Mosgo, in: Ferid/Firsching/Dörner u.a., Internationales Erbrecht, Russland (Lfg. LXXV)). 54 Die Korrekturinstrumente auf Ebene des Sachrechts sollen lediglich durch die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Interessen grobe Ungerechtigkeit ausgleichen, vgl. hierzu in Bezug auf den ordre public S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 1. 55 Beispielhaft wäre Art. 3ff. HUP oder Art. 8 Rom III-VO zu nennen. 56 Dies folgt bereits aus den Voraussetzungen der Analogie, welche eine Regelungslücke erfordert, welche wegen der Möglichkeit einer im Gesetz vorgesehenen Rechtswahl gerade nicht besteht.

212

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

3. Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen für eine Rechtswahl zugunsten der Vorgängerrechtsordnung vorliegen. Dies schließt ein, dass in dem jeweiligen Sachgebiet grundsätzlich eine Rechtswahl möglich ist, 57 die Parteien mit Rechtswahlbewusstsein handeln 58 und zuletzt, dass die Vorgängerrechtsordnung auch nach der Sukzession fortexistiert. 59 Sinn und Zweck der Korrektur durch eine Rechtswahl ist es, Nachteile, die durch das Zusammentreffen von völkerrechtswidriger Staatensukzession und Kollisionsrecht auftreten, auszugleichen. Von den gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen soll dabei nur in einem Mindestmaß abgewichen werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, sind die gesetzlich vorgesehenen Rechtswahlmöglichkeiten wie folgt zu erweitern: Zum einen ist das Recht wählbar, auf welches die objektive Regelanknüpfung verweisen würde, wenn die völkerrechtswidrige Staatensukzession hinweggedacht wird. Zum anderen ist jenes Recht zusätzlich wählbar, dessen Wahl die subjektive Anknüpfung erlauben würde, wenn die völkerrechtswidrige Staatensukzession ebenfalls nicht vorhanden wäre. So wird der Zustand simuliert, der ohne die völkerrechtswidrige Sukzession bestehen würde und gleichzeitig wird durch die objektive Anknüpfung entsprechend den obigen Grundsätzen die kollisionsrechtliche Spiegelung der tatsächlichen Lebensverhältnisse60 erreicht. Zudem wird die Rechtsunsicherheit der Beteiligten beseitigt: 61 Es wird sowohl den Erwartungen derjenigen Genüge getan, die sich am tatsächlich geltenden Recht orientieren, als auch derjenigen, die sich am Völkerrecht orientieren. Im Falle des obigen Beispiels könnte neben dem eigentlich wählbaren Recht der Staatsangehörigkeit gemäß Art. 22 EuErbVO auch zum einen das Recht des Staates gewählt werden, in welchem die Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im völkerrechtlichen Sinn haben. Würde man die völkerrechtswidrige Annexion hinwegdenken, so würde die Krim, auf welcher die Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, weiterhin der Ukraine zugerechnet werden.62 Damit ist das Recht der Ukraine ebenfalls wählbar. Zum anderen könnte gemäß Art. 22 EuErbVO analog das Recht des Staates gewählt werden, dessen Staatsangehörige die Beteiligten entsprechend dem Völkerrecht sind. Da die Beteiligten hier jedoch Staatsangehörige von Weißrussland sind, hat die Annexion an dieser Stelle keinen Einfluss. Es bleibt bei der Erweite-

57 Damit scheidet eine solche Korrektur z.B. im Internationalen Sachenrecht aus, da die Art. 43ff. EGBGB keine Rechtswahl vorsehen. 58 Vgl. hierzu Fn. 29. 59 Eine Rechtswahl ist nur zugunsten einer geltenden Rechtsordnung möglich, vlg. Fn. 36. 60 Vgl. hierzu S. 33ff. 61 Zum Ziel der Rechtssicherheit vgl. S. 74. 62 Vgl. zur Sicht der Bundesregierung hinsichtlich der Zugehörigkeit der Halbinsel Krim BT-Drs. 18/11765, 5.

B. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht

213

rung der Rechtswahl auf das Recht der hypothetischen objektiven Anknüpfung. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke63 ergibt sich durch den Vorgang der Staatensukzession. Diese ist kein Alltagsphänomen64 und bleibt dementsprechend auch legislativ weitgehend unberücksichtigt.65 Der Regelungsbedarf ergibt sich aus Rechtssicherheitsaspekten 66 und materiellen Gerechtigkeitserwägungen (siehe oben). Auch die notwendige vergleichbare Interessenslage bzw. Wertungsgleichheit67 ist zu bejahen. Zweck von Rechtswahlmöglichkeiten ist die Stärkung der Parteiautonomie unter gleichzeitiger Wahrung der Ordnungsinteressen und der Rechtssicherheit,68 um die geeignetste Rechtsordnung aufzufinden. Ziel ist somit die Herstellung der engsten Verbindung. 69 Im Falle der EuErbVO hat sich der Gesetzgeber für die Regelanknüpfung des gewöhnlichen Aufenthalts entschieden70 und die Staatsangehörigkeit zur Wahl gestellt. 71 Diese Anknüpfungspunkte sind in der Regel eindeutig.72 Bei (völkerrechtswidrigen) Staatensukzessionen ist genau dies jedoch nicht mehr der Fall: Der gewöhnliche Aufenthalt73 kann theoretisch zwei Staaten zugeordnet werden: Demjenigen, der die tatsächliche Gebietshoheit ausübt, und demjenigen, dem sie völkerrechtlich zusteht. Ordnen sich die Parteien entgegen der tatsächlichen Lebenswirklichkeit weiterhin dem Vorgängerstatut unter, so besteht zu diesem auch die – kollisionsrechtlich gewünschte und gesuchte – engste Verbindung. Gleichzei63

Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 106; Reimer, Juristische Methodenlehre, E. Rn. 568. 64 Die letzten Staatensukzessionen waren die Sezession von Galmudug von Somalia 2006, die Sezession des Kosovo von Serbien 2008, die Sezession von Khaatumo von Somalia 2012, die Teilannexion der Krim durch Russland 2014 sowie die Sezession der Volksrepublik Donezk und Lugansk von der Ukraine im gleichen Jahr; vgl. hierzu auch A. 65 Die Ausnahme bilden die Art. 231ff. EGBGB anlässlich der Inkorporation der DDR; jedoch sind diese rein innerdeutsche Überleitungsnormen und nehmen keine grenzüberschreitende Perspektive ein, weshalb sie nicht verallgemeinerbar sind. 66 Reimer, Juristische Methodenlehre, E. Rn. 568. 67 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 107ff.; Reimer, Juristische Methodenlehre, E. Rn. 577. 68 Leible, in: NK, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 5; Mansel, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, S. 261ff.; Maultzsch, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht der Europäischen Union, S. 160. 69 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25f.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4. 70 Vgl. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO. 71 Vgl. Art. 22 EuErbVO. 72 Ist dies nicht der Fall, so sehen die jeweiligen kollisionsrechtlichen Instrumente entsprechende Regelungen zur Präzisierung vor, wie z.B. Art. 22 Abs. 1 UAbs. 2 EuErbVO, Art. 26 Abs. 2 EuGüVO, Art. 5 Abs. 1 EGBGB. 73 Vgl. zu dessen Bestimmung S. 193ff.

214

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

tig wird dem Parteiwillen Genüge getan ohne die maßgeblichen staatlichen Ordnungsinteressen zu vernachlässigen. Vielmehr wird diesen sogar entgegengekommen, da sich die alternative Verweisung im Einklang mit dem Völkerrecht befindet. Auf diese Weise würde auch keine automatische Korrektur und Zuordnung zu dem Vorgängerstaat stattfinden, wie unter A. diskutiert, sondern es müssten die Voraussetzungen der Rechtswahl gegeben sein. So wäre garantiert, dass die wählbare Rechtsordnung existiert und durch das Erfordernis eines Rechtswahlbewusstseins würde dem Parteiwillen ein entsprechendes Gewicht zukommen. 74 Im obigen Beispielsfall scheitert zunächst eine objektive Anknüpfung durch die Ausweichklausel des Art. 21 Abs. 2 EuErbVO aufgrund der fehlenden offensichtlich engeren Verbindung. Greifen die vorhandenen Instrumente nicht, ist folglich auf die Ebene der Rechtswahl zurück zu gehen. Erst jetzt greifen die Voraussetzungen der Analogie, sodass eine Korrektur durch Überprüfung des Vorliegens einer konkludenten Rechtswahl vorzunehmen ist. Gemäß Art. 22 EuErbVO analog ist zu klären, ob die Beteiligten vorliegend ukrainisches Recht gewählt haben. Erforderlich ist gemäß Art. 22 Abs. 2 Alt. 2 EuErbVO, dass sich die Rechtswahl aus den Bestimmungen einer Verfügung von Todes wegen ergibt. Lässt sich dies aus der Verfügung der Ehegatten im vorliegenden Fall schließen, ist aufgrund der getroffenen Rechtswahl ukrainisches Recht anwendbar, welches das gemeinschaftliche Testament kennt. Die getroffene Verfügung wäre also einschließlich ihrer Bindungswirkung wirksam.75 III. Synthese Verwendet man die Terminologie „Handeln unter nicht anwendbarem Recht“ für die klassische Konstellation in grenzüberschreitenden Sachverhalten, wird augenscheinlich, dass das „Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht“ einen Unterfall der obigen Figur darstellt. Die Orientierung der Parteien an einer nicht anwendbaren Rechtsordnung wird lediglich durch den Vorgang der Staatensukzession ausgelöst. Wie gezeigt sind jedoch Besonderheiten zu beachten, wie z.B. welcher Sukzessionstyp vorliegt oder ob Sonderregelungen bestehen. Liegt dem Vorgang eine völkerrechtswidrige Sukzession zugrunde und lässt die maßgebliche Kollisionsnorm eine Rechtswahl der Vorgängerrechtsordnung nicht zu, so ist die Rechtswahl auf diejenigen Rechte zu

74 Hinsichtlich des Schutzes Dritter wird auf die entsprechende Anwendung der allgemeinen diesbezüglichen Schutzvorschriften verwiesen, wie z.B. Art. 22 Abs. 3 EuGüVO/EuPartVO. 75 Würde man eine Rechtswahl verneinen, so wäre gemäß dem allgemeinen Vorgehen zunächst auf spezielle sukzessionsbedingte Regelungen abzustellen, bevor auf die objektive Anknüpfung mit ihren jeweiligen Besonderheiten zurückzugreifen ist.

C. bewusste Gesetzesumgehung

215

erweitern, auf welche die objektive und die subjektive Anknüpfung verweisen würde, würde man die rechtswidrige Sukzession hinwegdenken.

C. Bewusste Gesetzesumgehung C. bewusste Gesetzesumgehung

Neben die Fälle der unbewussten Gesetzesumgehung treten die Fälle der bewussten Gesetzesumgehung (fraus legis). Darunter versteht man allgemein – nicht nur im Kollisionsrecht – die Tatsache, dass „jemand bewusst und zweckbestimmt den Tatbestand einer bindenden Norm vermeidet und den einer anderen Norm verwirklicht, damit anstelle der Rechtsfolge des ersten Tatbestands die Rechtsfolge des zweiten eintritt.“ 76 Weitere Voraussetzung ist, dass die nun eingetretene Rechtsfolge für den Sachverhalt „unangemessen“ ist. Die Besonderheit des Internationalen Privatrechts ergibt sich durch die erheblichen Unterschiede der durch Kollisionsnormen angeordneten Rechtsfolgen; je nachdem, ob die Rechtsordnung von Staat A oder von Staat B berufen wird, kann sich durch die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen im materiellen Recht eine diametral andere Folge für denselben Sachverhalt ergeben. Die Umgehung geschieht dabei regelmäßig durch den Wechsel einer Anknüpfungstatsache, z.B. des gewöhnlichen Aufenthalts.77 Liegt eine solche Umgehung vor, so sind die betroffenen Ordnungsinteressen und Rechtssicherheitsaspekte78 einerseits und eine kollisionsrechtlich richtige Zuordnung des in Frage stehenden Sachverhalts andererseits abzuwägen. Im deutschen Recht ist die Gesetzesumgehung nicht als eigenes Rechtsinstitut normiert.79 Dementsprechend wird ihr über die allgemeinen Mittel der Rechtsanwendung,80 wie Auslegung, Analogie oder teleologische Reduktion,81 begegnet.82 Im Folgenden soll nun eine solche Konstellation im Zuge einer Staatensukzession beleuchtet werden: Wie ist mit einer bewussten Umgehung des 76 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 14 I; vgl. allgemein zur Gesetzesumgehung Heeder, Fraus legis; Römer, Gesetzesumgehung im deutschen internationalen Privatrecht. 77 Vgl. hierzu sowie zu anderen Umgehungstatbeständen im Internationalen Privatrecht Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 157; Römer, Gesetzesumgehung im deutschen internationalen Privatrecht, S. 96ff. 78 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 305. 79 v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 303; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 161. 80 Siehe zu den unterschiedlichen Lösungskonzepten Heeder, Fraus legis, S. 90f.; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 159ff. 81 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 160ff. 82 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 161f.; vgl. zum Verhältnis Gesetzesumgehung und ordre public Spickhoff, Der ordre public im internationalen Privatrecht, S. 80ff.

216

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

Gesetzes aufgrund der Entwicklungen im Zuge einer Staatensukzession umzugehen? Insbesondere geht es dabei um die Fallvariante, dass die Anknüpfungstatsachen verändert werden. Zur Veranschaulichung soll wiederum auf einen Beispielsfall zurückgegriffen werden: Ein Ehepaar lebt vor 2014 auf der Krim. Die Ehefrau ist russische Staatsangehörige, der Ehemann ist deutscher sowie ukrainischer Staatsangehöriger. Durch die Annexion der Krim wird der Ehemann zudem russischer Staatsangehöriger;83 einen Widerspruch tätigt er nicht. Im Zuge der Annexion verlagert das Ehepaar seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Kiew, da es die Annexion ablehnt. Im Folgenden zieht der Ehemann arbeitsbedingt zurück nach Deutschland. Sechs Monate später wird die Ehefrau von einem anderen Mann schwanger, welcher auch die Vaterschaft anerkennt. Um die drohende Scheidung zu verhindern, verlagert sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt zurück nach Russland. Beantragt der Ehemann nun vor einem deutschen Gericht die Scheidung,84 verweist Art. 8 lit. c Rom III-VO wegen der nun bestehenden gemeinsamen russischen Staatsangehörigkeit auf russisches Recht. 85 Würde man die Annexion der Krim jedoch hinwegdenken, bestünde keine gemeinsame russische Staatsangehörigkeit der Ehegatten und gemäß Art. 8 lit. d Rom III-VO käme deutsches Recht zur Anwendung. Andererseits würde ukrainisches Recht gemäß Art. 8 lit. b Rom III-VO zur Anwendung kommen, wenn die Ehefrau nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt zur Verhinderung der Scheidung nach Russland verlegt hätte. Während weder das deutsche86 noch das ukrainische Recht87 einen Hinderungsgrund für die Scheidung in der Schwangerschaft der Ehefrau sehen, ist eine Scheidung nach russischem Recht während der Schwangerschaft und innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes nach Art. 17 russFGB88

83

Vgl. Art. 5 des Abkommens zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation (Договор между Российской Федерацией и Республикой Крым о принятии в Российскую Федерацию Республики Крым и образовании в составе Российской Федерации новых субъектов), vgl. Kapitel 3 Fn. 207. 84 Die internationale Zuständigkeit ergibt sich hier aus Art. 3 Abs. 1 lit. a SpStr. 6 Brüssel IIa-VO. 85 Zur Beachtlichkeit der russischen Staatsangehörigkeit des Ehemanns vgl. S. 188ff. 86 Unter § 1568 BGB fällt der vorliegende Fall mangels Härtegrund nicht. 87 Zwar kennt das ukrainische Recht ein Klageverbot gem. Art. 110 Abs. 2 ukrFGB während der Schwangerschaft und innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes. Dies gilt nach Art. 110 Abs. 3 ukrFGB jedoch nicht, wenn die Vaterschaft für das Kind von einem anderen als dem Ehemann anerkannt worden ist. 88 Abgedruckt unter M. Lorenz, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Föderation (232. Lieferung), S. 47; Art. 17 russFGB bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf den Ausschluss der Einreichung der Scheidungsklage. Allerdings ist diese Vorschrift funktionell zu qualifizieren, sodass sie im materiellen Recht beachtlich ist.

C. bewusste Gesetzesumgehung

217

nicht möglich,89 unabhängig davon, ob der Ehemann der Vater des Kindes ist.90 Wie solche Fälle einer bewussten Veränderung der Anknüpfungsmomente abstrakt einzuordnen sind, wurde oben bereits erörtert. Betrachtet man rein die „Gesetzesumgehung“ unabhängig von der Staatensukzession, so wäre diese unbeachtlich. Der absichtliche Wechsel des jeweils relevanten Anknüpfungsgegenstandes (gewöhnlicher Aufenthalt oder Staatsangehörigkeit) durch einen Beteiligten allein wird regelmäßig nicht als Gesetzesumgehung angesehen werden.91 In den meisten Fällen wird bereits das Kollisionsrecht selbst eine ungewollte Umgehung verhindern, 92 wie z.B. durch das Abstellen auf den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Art. 8 lit. b Rom IIIVO. Eine darüber hinausgehende Veränderung der Anknüpfungspunkte ist geduldet. Tritt nun eine solche Gesetzesumgehung neben eine mit ihr in Zusammenhang stehende Staatensukzession, ergibt sich auch keine andere Beurteilung. Zwar wäre im obigen Beispiel die Ehe sowohl ohne die Sukzession als auch ohne die Umgehung scheidbar gewesen, da deutsches bzw. ukrainisches Recht Anwendung gefunden hätte. Das ändert jedoch die rechtliche Bewertung des Sachverhalts nicht. Eine Veränderung der Anknüpfungstatsachen und infolgedessen auch der einschlägigen Anknüpfungspunkte ist – nach obiger Feststellung – zulässig, unabhängig davon, ob weitere Faktoren auf den Sachverhalt Einfluss haben oder nicht. Auch hier verhindert das Gesetz selbst diejenigen Umgehungen, die nicht zugelassen werden sollen. Ebenso hat es keine Auswirkung an dieser Stelle, ob die Staatensukzession völkerrechtsmäßig war. Wie oben gezeigt, ist die Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession zunächst kollisionsrechtlich unerheblich. 93 Diese Grundentscheidung ist nur in zwingenden Ausnahmefällen zu ändern, um eine doppel-

89

Himmelreich, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Russland, Rn. 47. Himmelreich, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Russland, Rn. 47 m.w.N.; eine Korrektur über den ordre public des Art. 10 bzw. 12 Rom III-VO kommt vorliegend nicht in Betracht, da eine Scheidung hier nicht generell ausgeschlossen ist, sondern nur innerhalb einer gewissen Zeitspanne; vgl. Gössl, in: BeckOGK, Stand: 01.08.2020, Art. 10 Rom IIIVO, Rn. 10 in Bezug auf die Frage, ob Art. 10 Rom III-VO eine abstrakte oder konkrete Betrachtungsweise erfordert sowie zu Art. 12 Rom III-VO Winkler von Mohrenfels, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 12 Rom III-VO, Rn. 3 bzw. zu Art. 17 Abs. 1 EGBGB a.F. BGH, Ent. v. 25.10.2006 (XII ZR 5/04), NJW 2007, 220, Rn. 22ff. = BGHZ 169, 328. 91 Für den Fall einer Veränderung des Pflichtteilsrechts im Erbrecht Dutta, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Vor. Art. 20 EuErbVO, Rn. 43; nach Hausmann, in: Hausmann/Odersky/Schäuble u.a., Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, Rn. 146 muss die neue Anknüpfung in arglistiger Weise hergestellt werden. 92 Hausmann, in: Hausmann/Odersky/Schäuble u.a., Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, § 3 Rn. 148. 93 Siehe S. 41f. sowie S. 202ff. 90

218

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

te Benachteiligung der am Sachverhalt Beteiligten zu korrigieren.94 Dies liegt hier nicht vor, da die Folgen der Staatensukzession gerade nicht den Vorstellungen aller Beteiligten entgegenlaufen. Damit löst die Staatensukzession keinen Korrekturbedarf aus. Staatensukzessionen und Gesetzesumgehungen auf Ebene des Kollisionsrechts können zwar zusammentreffen, sind aber dennoch separat zu werten. Die Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession hat damit auf die Bejahung oder Verneinung des Umgehungstatbestandes keinen Einfluss.

D. Transposition D. Transposition

Staatensukzessionen führen zu Änderungen der anwendbaren Rechtsordnung durch Veränderung der maßgeblichen Anknüpfungstatsachen. Auf diese Weise können Rechtsbegriffe und Rechtsverhältnisse, die auf Grundlage der Vorgängerrechtsordnung begründet worden sind, in den Geltungsbereich der Nachfolgerechtsordnung gelangen. Sind diese der Nachfolgerechtsordnung unbekannt, müssen sie in diese übertragen werden.95 Im traditionellen Internationalen Privatrecht werden solche Konstellationen mithilfe der Transposition96 gelöst. Der klassische Beispielsfall hierzu ist der Statutenwechsel im Internationalen Sachenrecht: 97 Unter altem Lagerecht werden bestimmte Rechte an einer Sache begründet. Nach einem Grenzübertritt der Sache kennt die neue lex rei sitae diese Rechte jedoch nicht. An dieser Stelle greift die Transposition ein. Das fremde Recht soll weder gänzlich untergehen, noch in Widerspruch zu der neuen Rechtsordnung weiter fortbe94

Vgl. S. 207ff. So v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246 in Zitierung von Lewald, RdC 1939 III, 127 zur Beschreibung der Transposition; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1265. 96 Der Meinungsstreit, ob die Transposition (voll oder selektiv) oder die Hinnahmetheorie den Sachverhalt in solchen Fällen im allgemeinen Internationalen Privatrecht am besten erfasst, soll an dieser Stelle dahinstehen; zum Streit sowie zur unterschiedlichen Terminologie vgl. nur Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1248; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 147ff.; das Augenmerk dieses Kapitels soll stattdessen auf der Übertragbarkeit der allgemeinen „Instrumente“ des Internationalen Privatrechts auf Konstellationen bedingt durch eine Staatensukzession liegen. Vgl. zum Rechtsinstitut der Transposition in anderen Staaten nur exemplarisch: im österreichischen Recht Egglmeier-Schmolke, Einführung in das Internationale Privatrecht, S. 171 oder auch im französischen Recht Souleau-Bertrand, Le conflit mobile, S. 317ff. 97 Genannt u.a. von v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246; v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 240; Junker, Internationales Privatrecht, § 11 Rn. 38; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 561; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, S. 184; Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1267. 95

D. Transposition

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stehen.98 Vielmehr wird es hinsichtlich seiner Ausübung „nach Gehalt und Form möglichst gut in jene sachrechtlichen Institute“ 99 überführt, welche die neue Rechtsordnung kennt.100 Diese Konstellation kann in ähnlicher Weise im Rahmen einer Staatensukzession auftauchen. Der Statutenwechsel kommt hier einzig nicht durch eine räumliche Veränderung des Anknüpfungsgegenstandes zustande, sondern durch die Sukzession. Zur Erläuterung soll ein hypothetisches Beispiel herangezogen werden:101 Die Provinz S des Staates I macht sich unabhängig und schließt sich dem Staat A an. Ab dem Sukzessionszeitpunkt gilt die Rechtsordnung von A im Gebiet von S; spezielle Übergangsvorschriften bestehen nicht. Während die Rechtsordnung von I Mobiliarhypotheken kennt, sind diese dem Sachenrecht von A gänzlich unbekannt. Die grundsätzliche Regelungsbedürftigkeit resultiert aus dem Auseinanderfallen der materiellen Rechtsordnungen. 102 Während die Entstehung eines Rechts unwandelbar angeknüpft wird, werden die zugehörigen Wirkungen wandelbar angeknüpft.103 Demensprechend sind auch an dieser Stelle wiederum das Fortbestehen des fremden Rechts104 und die Anforderungen der 98 Pfeiffer, IPRax 2000, 270, 272f.; dies drückt auch § 43 Abs. 2 EGBGB aus: „Gelangt eine Sache, an der Rechte begründet sind, in einen anderen Staat, so können diese Rechte nicht im Widerspruch zu der Rechtsordnung dieses Staates ausgeübt werden.“. 99 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246. 100 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1268; Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1251. 101 Angelehnt an BGH, Ent. v. 11.03.1991 (II ZR 88/90), NJW 1991, 1415. 102 Eine solche Konstellation ist bei sich abtrennenden Gebieten weniger wahrscheinlich: Im Falle einer Separation/Sezession oder Dismembration werden die Nachfolgestaaten zunächst auf die Rechtsordnungen zurückgreifen, die für sie vor der Staatensukzession galten. Anders ist dies im Falle von Zessionen/Teilannexionen, Fusionen oder Inkorporationen/Vollannexionen: Hier erhält regelmäßig ein Gebietsteil eine neue Rechtsordnung. Ausnahmen bestehen im Falle von innerstaatlicher Rechtsspaltung entsprechend der früheren Gebietszugehörigkeit. Darüber hinaus darf nicht verkannt werden, dass territoriale Veränderungen häufig kulturelle und ethnische Zugehörigkeiten widerspiegeln (vgl. hierzu Westle, Politische Vierteljahresschrift 1999, 279). Folglich ähneln sich dementsprechend die Vorgänger- und die Nachfolgerechtsordnung, sodass ein Transpositionsproblem gar nicht entsteht. Hier kann als Beispiel auf die Annexion der Krim durch Russland zurückgegriffen werden: Aufgrund der gemeinsamen Sowjetvergangenheit gleichen sich z.B. die sachenrechtlichen ebenso wie die namensrechtlichen Regelungen in ihren wesentlichen Punkten. 103 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1267 zum Internationalen Sachenrecht. 104 BGH, Ent. v. 20.03.1962 (VIII ZR 130/61), NJW 1963, 1200, 1200 = BGHZ 39, 173; BGH, Ent. v. 02.02.1966 (VIII ZR 153/64), NJW 1966, 879, 880 = BGHZ 45, 95; BGH, Ent. v. 08.04.1987 (VIII ZR 211/86), NJW 1987, 3077, 3079 = BGHZ 100, 321; BGH, Ent. v. 11.03.1991 (II ZR 88/90), NJW 1991, 1415, 1416; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 560; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, S. 184; Looschel-

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5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

Nachfolgerechtsordnung105 zur Erhaltung der Kohärenz und Funktionsfähigkeit dieser Rechtsordnung106 in Einklang zu bringen: Dabei kommt zunächst die Transpositionslehre107 in Betracht. Diese sieht vor, dass das jeweilige, der neuen Rechtsordnung unbekannte Institut unter dem neuen Statut so bestehen bleibt, wie es vom Altstatut geprägt worden ist. 108 Lediglich in seiner Ausübung orientiert sich das Rechtsinstitut an den Vorgaben der neuen Rechtsordnung und wird entsprechend eines möglichst äquivalenten Instituts der neuen Rechtsordnung ausgeübt. 109 Auf diese Weise wird auch Rechtssicherheit gewährleistet, da ein Rechtsinstitut immer in derselben Art und Weise übersetzt wird, unabhängig vom jeweiligen Kontext, was auch den Interessen Dritter entspricht.110 Folgt man an dieser Stelle stattdessen111 der Anerkennungs- und Hinnahmetheorie,112 orientiert sich die Ausübung des Rechts nicht an einem Institut, sondern je nach Kontext ist eine Entsprechung zu

ders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1267; Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1240; v. Plehwe, in: NK, Art. 43 EGBGB, Rn. 28; Thorn, in: Palandt, Art. 43 EGBGB, Rn. 5. 105 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1267 in Bezug auf Art. 43 Abs. 2 EGBGB; v. Plehwe, in: NK, Art. 43 EGBGB, Rn. 28; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 148; vgl. hierzu auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 178. 106 In Bezug auf die Schutzzwecke von Art. 43 Abs. 2 EGBGB Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1243. 107 Drobnig, in: Lüderitz/Schröder, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts: Bewahrung oder Wende?, S. 144; Junker, Internationales Privatrecht, S. 196; Junker, RIW 2000, 241, 254; K. Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 444f. 108 Hierüber besteht Einigkeit unabhängig davon, ob darüber hinaus der Transpositionslehre oder der Hinnahmetheorie gefolgt wird: vgl. hierzu Fn. 104. 109 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, § 3 Rn. 43f.; Junker, Internationales Privatrecht, S. 196; K. Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 444f.; Lewald, RdC 1939 III, 127f.; Pfeiffer, IPRax 2000, 270, 273; v. Plehwe, in: NK, Art. 43 EGBGB, Rn. 30; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 1582; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 43 EGBGB, Rn. 13; Stoll, RabelsZ 38 (1974), 450, 457ff. 110 Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 149. 111 Vgl. zu den verschiedenen Abstufungen zwischen Transpositionstheorie und Anerkennungs- und Hinnahmetheorie Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 148ff. 112 B. v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 12 Rn. 31f.; Hohloch, in: Erman, Art. 43 EGBGB, Rn. 21; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, S. 184; Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1264ff.; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 43 EGBGB, Rn. 12; Stoll, IPRax 2000, 259, 262; Thorn, in: Palandt, Art. 43 EGBGB, Rn. 5; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 153; dieser Ansicht ist allgemein auch aufgrund der Achtung ausländischer Rechtsinstitute zu folgen.

D. Transposition

221

suchen.113 Vorteil dieser Lösung ist, dass das ursprüngliche Rechtsinstitut in seinen Wirkungen bestmöglich abgebildet wird 114 und somit der Eingriff in das Recht auf das Notwendigste begrenzt wird.115 Der Statutenwechsel im Rahmen einer Staatensukzession unterscheidet sich jedoch von dem typischen Statutenwechsel durch Grenzüberschreitung oder Veränderung des Anknüpfungspunktes. Dabei ist zunächst zu beachten, dass Fälle, welche über die Staatensukzession hinaus einen grenzüberschreitenden Bezug haben, nicht losgelöst von deren innerstaatlicher Behandlung gesehen werden können. So besteht ein viel größeres Interesse an einer rechtssicheren und einfachen Lösung als in den herkömmlichen Fällen. Durch die Sukzession sind alle Rechtsinstitute, die zuvor der Rechtsordnung des von der Sukzession betroffenen Gebiets zugeordnet waren, von dem Statutenwechsel betroffen, während ein „gewöhnlicher“ Statutenwechsel lediglich einzelne Rechte und Rechtsverhältnisse erfasst. Darüber hinaus werden auch Rechtsinstitute von der Sukzession betroffen sein, welche theoretisch nie einen Statutenwechsel erleben, z.B. Immobiliarrechte. Dementsprechend ist das Interesse an einer einfachen, rechtssicheren und praktikablen Lösung stärker als üblich. Eine weitere Besonderheit liegt in der Tatsache, dass in bestimmten Fällen der Staatensukzessionen die Vorgängerrechtsordnung, der das Rechtsinstitut ursprünglich entstammte, nicht mehr fortexistiert. 116 Aufgrund dieser Besonderheiten sollten die Argumente, welche für die Transpositions- und Anerkennungs-/Hinnahmetheorie ins Feld geführt werden, für die vorliegenden sukzessionsbedingten Fälle eigens abgewogen werden. Die geforderte rechtssichere und einfach zu handhabende Lösung bietet dabei die Transpositionstheorie. Diese sucht nach einer einheitlichen Lösung, während die Anerkennungs- und Hinnahmetheorie das Rechtsinstitut je nach Kontext übersetzt. Folglich wird durch die Transpositionstheorie dem Verkehrsinteresse an klaren und festen Rechtsverhältnissen Genüge getan.117 Dieser Vorteil einer konstanten Lösung wird auch durch eine mögliche 113 Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1264ff.; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 150, 152; wohl auch Stoll, IPRax 2000, 259, 262. 114 Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 153 spricht von einer flexiblen Reaktion auf die Bedürfnisse der unmittelbar Beteiligten sowie des allgemeinen Rechtsverkehrs; argumentum e contrario aus Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 1581. 115 Looschelders, in: Staudinger, Neubearb. 2019, Einleitung IPR, Rn. 1270; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 151, 153. 116 Dies ist bei Fusionen, Inkorporationen, Vollannexionen und Dismembrationen der Fall, wobei bei Letzterer sich die Frage der Transposition in den seltensten Fällen stellen wird, siehe Fn. 102. 117 Als Argument für die Theorie des effet de purge benennend: Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 19 III; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 147.

222

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

Rechtserweiterung118 nicht aufgewogen aufgrund der Besonderheiten des Massenphänomens in sukzessionsbedingten Fällen. Auch wahrt die Transpositionstheorie, ebenso wie die Anerkennungs-/Hinnahmetheorie, den Bestand des ursprünglichen Rechts. So kommt es gerade nicht zu ungerechten Ergebnissen, wenn das Rechtsinstitut nach einem erneuten Statutenwechsel in den Geltungsbereich einer Rechtsordnung gelangt, welche das ursprüngliche Rechtsinstitut kennt.119 Dies sollte auch dann gelten, wenn die Vorgängerrechtsordnung aufgrund der Staatensukzession untergegangen ist. Zwar orientiert sich der Bestand des Rechtsinstituts dann an einer nicht mehr geltenden Rechtsordnung. Allerdings galt dies nicht für die Zeit, in welcher das Rechtsinstitut entstanden ist. Entsprechend intertemporalen Grundsätzen sind abgeschlossene Sachverhalte an dem Recht zu messen, das ihrer Zeit entspricht. 120 Die Ausübung in der Gegenwart hingegen orientiert sich immer an einer geltenden Rechtsordnung. Zudem greift an dieser Stelle wiederum obiges Argument einer konsistenten Lösung auch im Falle eines erneuten Statutenwechsels. Dementsprechend ist auch der obige Beispielsfall zu lösen: Aufgrund der Transpositionstheorie besteht die Mobiliarhypothek auch unter der neuen lex rei sitae als solche fort. Einzig die Ausübung erfolgt einheitlich auf Basis eines materiell-rechtlichen Typenvergleichs auf funktionell-rechtsvergleichender Grundlage.121 Dieser Beispielsfall sowie die entsprechende Konstellation im klassischen Internationalen Privatrecht und die Fokussierung auf das Sachenrecht darf jedoch nicht über die große Relevanz hinwegtäuschen. Dieses Problem taucht in sämtlichen Konstellationen auf, in welchen wandelbar angeknüpft wird, ein Statutenwechsel stattfindet und im neuen Recht sachrechtliche Limitationen bestehen, z.B. auch im Namensrecht, 122 im Recht bzgl. der Ehewirkungen,123 im Gesellschaftsrecht124 oder im Erbrecht.125 Auch in diesen Fällen sind die obigen Grundlagen heranzuziehen. 118 Siehe hierzu Dannemann, Die ungewollte Diskriminierung in der internationalen Rechtsanwendung, S. 101; Mansel, in: Staudinger, Neubearb. 2015, Art. 43 EGBGB, Rn. 1257; Rauscher, Internationales Privatrecht, Rn. 1581; Stoll, IPRax 2000, 259, 262; Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 148; vgl. zu Fallgestaltungen BGH, Ent. v. 11.03.1991 (II ZR 88/90), NJW 1991, 1415 sowie OLG Karlsruhe, Ent. v. 06.07.2000 (9 U 159/99), WM 2003, 584. 119 Siehe zu einem solchen Beispiel Wendehorst, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2018, Art. 43 EGBGB, Rn. 147. 120 Vgl. S. 61f. 121 v. Plehwe, in: NK, Art. 43 EGBGB, Rn. 30. 122 Klassisches Beispiel wäre hier der Umgang mit einem Vatersnamen; vgl. hierzu BGH, Ent. v. 19.02.2014 (XII ZB 180/12), NJW 2014, 1383, 1384. 123 Klassisches Beispiel wäre hier der Umgang mit einer Morgengabe; vgl. hierzu v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 240; Weller, IPRax 2014, 225, 230 sowie zu anderen Beispielen Helms, StAZ 2012, 2.

E. Rückwirkung

223

E. Rückwirkung E. Rückwirkung

Ebenso wie sich die Transpositionslehre mit Rechtsinstituten auseinandersetzt, die unter einem früher anwendbaren Recht entstanden sind, 126 beschäftigt sich der folgende Abschnitt mit Rückwirkungen aufgrund von Staatensukzessionen allgemein. Den Ausgangspunkt bilden dabei die generellen Grundsätze zum Umgang mit wohlerworbenen Rechten im Internationalen Privatrecht (I.), bevor auf Rückwirkungen eingegangen wird, die durch Staatensukzessionen bedingt sind (II.). I. Wohlerworbene Rechte im Internationalen Privatrecht Um festzustellen, in welchen Fällen eine Rückwirkung vorliegt und wie mit dieser umzugehen ist, soll wiederum zunächst auf die dahinterstehende Methodik eingegangen werden. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Frage, welches Recht in welcher Fassung Anwendung findet. Entsprechend den unter C. dargestellten Grundsätzen legt allgemein das Intertemporale Privatrecht des Forums fest, welche Fassung des Internationalen Privatrechts des Forums angewandt wird; dies gilt unabhängig davon, ob im Folgenden eine sukzessionsbedingte Kollision vorliegt oder nicht. Die lex fori verweist dann auf zum Beurteilungszeitpunkt gegenwärtiges ausländisches Recht,127 ggf. unter Rückgriff auf die in Kapitel 3 dargestellten Konkretisierungen. 128 Das Intertemporale Privatrecht der lex causae legt dann wiederum fest, welche Fassung des ausländischen Rechts angewandt wird.129 Nachdem auf diese Weise geklärt wurde, welches Recht in welcher Fassung anzuwenden ist, kann festgestellt werden, ob eine Rückwirkung vorliegt und wie mit dieser umzugehen ist. Aufgrund des Prinzips des Vertrauens124

v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 240; Weller, IPRax 2017, 167, 172. 125 Klassisches Beispiel wäre hier der Umgang mit einem Vindikationslegat; vgl. hierzu BGH, Ent. v. 28.09.1994 (IV ZR 95/93), NJW 1995, 58, 59 sowie Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 43 EGBGB, Rn. 13; vgl. ausführlich zum Umgang des deutschen Rechts mit dem Vindikationslegat Gärtner, Die Behandlung ausländischer Vindikationslegate im deutschen Recht, S. 41ff. 126 Vgl. v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 246. 127 Siehe hierzu S. 71ff. 128 Zu welchem Zeitpunkt das Anknüpfungsmoment gegeben sein muss, bestimmt die Kollisionsnorm ebenfalls; vgl. zur unwandelbaren bzw. wandelbaren Anknüpfung S. 71 sowie S. 138ff. 129 OLG Düsseldorf, Ent. v. 01.03.2011 (25 Wx 8/11), NJW-RR 2011, 1017, 1018; Gebauer, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 224; Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 91, 93f.; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 385.

224

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

schutzes soll eine Rückwirkung dabei allgemein vermieden werden. Im deutschen materiellen Recht findet dies seinen Ausdruck im Rückwirkungsverbot, welches im Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsmäßig verankert ist.130 Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet dabei zwischen einer „echten“ und einer „unechten“ Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung erfasst diejenigen Fälle, in welchen in der Vergangenheit liegende Sachverhalte einer Neubewertung unterworfen werden. 131 Eine unechte Rückwirkung umfasst eine „Einwirkung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen“.132 Während echte Rückwirkungen aufgrund des Vorrangs des Vertrauensinteresses der Bürger grundsätzlich verfassungswidrig sind,133 sind unechte Rückwirkungen grundsätzlich verfassungsgemäß und lediglich an den Grundrechten und der übrigen Verfassung zu messen.134 Im Internationalen Privatrecht findet das Rückwirkungsverbot seine Begründung im Schutz wohlerworbener Rechte135.136 Der Gedanke der Beachtung wohlerworbener Rechte (auch droits acquis, vested rights)137 geht dabei zurück auf Ulricus Huber138 und Albert V. Dicey.139 Darunter versteht man

130

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Art. 20 GG, VII Rn. 50, 69ff. BVerfG, Ent. v. 31.05.1960 (2 BvL 4/59), BVerfGE 11, 139, 145f.; BVerfG, Ent. v. 19.07.1967 (2 BvL 1/65), BVerfGE 22, 241, 248; BVerfG, Ent. v. 16.10.1968 (1 BvL 7/62), BVerfGE 24, 220, 229; BVerfG, Ent. v. 23.03.1971 (BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR), BVerfGE 30, 367, 386. 132 BVerfG, Ent. v. 31.05.1960 (2 BvL 4/59), BVerfGE 11, 139, 146; BVerfG, Ent. v. 23.03.1971 (BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR), BVerfGE 30, 367, 386. 133 BVerfG, Ent. v. 19.12.1961 (2 BvL 6/59), BVerfGE 13, 261, 272; BVerfG, Ent. v. 31.03.1965 (2 BvL 17/63), BVerfGE 18, 429, 439; BVerfG, Ent. v. 19.07.1967 (2 BvL 1/65), BVerfGE 22, 241, 248; BVerfG, Ent. v. 19.12.1976 (2 BvL 4/65), BVerfGE 23, 12, 32; BVerfG, Ent. v. 16.10.1968 (1 BvL 7/62), BVerfGE 24, 220, 229; BVerfG, Ent. v. 23.03.1971 (BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR), BVerfGE 30, 367, 386; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Art. 20 GG, VII Rn. 76; Hartmann, RabelsZ 61 (1997), 454, 478. 134 Hartmann, RabelsZ 61 (1997), 454, 478. 135 Vgl. hierzu ausführlich Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten; Müller, Der Grundsatz des wohlerworbenen Rechts im internationalen Privatrecht; Wichser, Der Begriff des wohlerworbenen Rechts im internationalen Privatrecht. 136 Ebenroth, in: Fastenrath/Schweisfurth/Ebenroth, Das Recht der Staatensukzession, S. 308. 137 Keller/Siehr, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, S. 418; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 146. 138 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 16, § 6 Rn. 83; Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 65ff.; Keller/Siehr, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, 131

E. Rückwirkung

225

die grenzüberschreitende Anerkennung eines subjektiven Rechts, sobald dieses einer Person abschließend zugeordnet wurde. 140 Die moderne Ausprägung der Theorie der wohlerworbenen Rechte stellt in positiver Hinsicht die Anerkennungsmethode141 dar.142 Ihre Kernaussage liegt allgemein jedoch im Gedanken des Vertrauensschutzes,143 was sich in negativer Hinsicht in der Ablehnung fremder rückwirkender Gesetze ausdrückt. So fällt z.B. hierunter, dass eine Ehe, die nach einer Rechtsordnung wirksam geschlossen wurde, überall anzuerkennen ist. 144 Ist dies nicht der Fall, greift die angedeutete negative Funktion ein: Die wohlerworbenen Rechte werden durch den ordre public145 geschützt.146 Besonderheiten ergeben sich hier zum einen durch die Art der Rückwirkung, welche über die Unvereinbarkeit mit wesentlichen

S. 419; Wichser, Der Begriff des wohlerworbenen Rechts im internationalen Privatrecht, S. 8ff. 139 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 3 Rn. 16, § 6 Rn. 83; Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 76ff.; damals wurde die vested rights theory als Erklärung für die Anwendung ausländischen Rechts herangezogen, Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 146. 140 Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 62; Keller/Siehr, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, S. 418; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 147f.; Wichser, Der Begriff des wohlerworbenen Rechts im internationalen Privatrecht, S. 88f. definiert ein wohlerworbenes Recht als „subjektives Recht, das gemäß allen Bedingungen („éléments constitutifs“), die die für seinen Erwerb international zuständige Rechtsordnung eines Staates vorschreibt, in diesem Staat wirksam („gültig“, „régulièrement“, „légitimement“, „effectivement et définitivement“, „duly“) erworben worden ist, dessen Wirksamkeit nachträglich jedoch „aus irgend einem Grunde unter der Herrschaft der mit der ersten koexistenten Rechtsordnung eines anderen Staates in Frage gestellt wird“.“; vgl. allgemein zum Grundsatz wohlerworbener Rechte Müller, Der Grundsatz des wohlerworbenen Rechts im internationalen Privatrecht. 141 Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 137. 142 Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 137. 143 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 149. 144 Berner, Kollisionsrecht im Spannungsfeld von Kollisionsnormen, Hoheitsinteressen und wohlerworbenen Rechten, S. 63. 145 Siehe hierzu bereits S. 202ff. 146 Vgl. hierzu allgemein v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, § 7 Rn. 276; Coester, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 13 EGBGB, Rn. 34, 132; Gebauer, in: Mansel, Festschrift für Erik Jayme, S. 224; Looschelders, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 106; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 23, 41; S. Lorenz, in: Gerkens/Peter/Trenk-Hinterberger u.a., Mélanges Fritz Sturm, S. 1572; Mankowski, in: Staudinger, Neubearb. 2010, Art. 13 EGBGB, Rn. 508; Sonnenberger, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2010, Einleitung IPR, Rn. 385.

226

5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

Grundsätzen des deutschen Rechts entscheidet.147 Zum anderen ist fraglich, ob bereits in der reinen Anwendung einer rückwirkenden Norm auf einen abgeschlossenen Sachverhalt und der damit einhergehenden Änderung einer Rechtslage ein Ergebnis im Einzelfall zu sehen ist oder ob allein der rechtliche Zustand im Beurteilungszeitpunkt maßgeblich ist. 148 II. Durch Staatensukzessionen bedingte Rückwirkungen Auf Ebene des Kollisionsrechts149 allein können Staatensukzessionen dabei nicht zu Rückwirkungen führen. Ändert sich durch eine Staatensukzession der maßgebliche Anknüpfungspunkt, 150 z.B. durch eine andere Zuordnung des gewöhnlichen Aufenthalts, und infolgedessen auch die Verweisungsrichtung, so führt das Kollisionsrecht nur zu einem Zwischenergebnis. Das Internationale Privatrecht selbst gibt nämlich nur über die örtliche Komponente einer Verweisung Aufschluss. Das Intertemporale Privatrecht, also das materielle Recht, bestimmt hingegen die zeitliche Komponente151 und damit auch, ob eine Rückwirkung vorliegt. Blickt man hingegen in das materielle Recht, so treten im Zuge von Staatensukzessionen auch häufig materiell-rechtliche Änderungen auf.152 So hat der Staat Israel mit seiner Gründung am 14.05.1948 zunächst die palästinensische Rechtsordnung mit wenigen Einschränkungen übernommen. Jedoch wurde z.B. zum 21.07.1951 die gesetzliche Erbfolge reformiert, indem ein territorial einheitliches gesetzliches Erbrecht geschaffen worden ist. Dabei wurde der neuen Regelung jedoch Rückwirkung über den 21.07.1951 hinaus zuerkannt unabhängig vom Todeszeitpunkt des Erblassers. 153 Ein anderes Beispiel stellt die Annexion Estlands, Lettlands und Litauens durch die

147

Vgl. hierzu v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 148 Vgl. hierzu ausführlich v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 149 Vgl. allg. zu Rückwirkungen, welche durch das Kollisionsrecht bedingt werden, Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 90. 150 Möchte dies der Gesetzgeber verhindern, so greift er entweder auf Erhaltungsnormen im Falle eines Statutenwechsels, wie z.B. Art. 7 Abs. 2 EGBGB, zurück oder gestaltet die Kollisionsnorm unwandelbar aus. Tritt im letzteren Fall eine Staatensukzession dazwischen, ist auf die Grundsätze unter S. 70ff zu verweisen. Diese, insbesondere der Lösungsvorschlag im Falle einer Dismembration (S. 101ff.), beugen einer Rückwirkung bereits vor. 151 Vgl. hierzu allg. S. 67ff., weshalb der sukzessionsbedingte Konflikt, der beide Aspekte enhält, auch als Konflikt eigener Art eingestuft worden ist, sowie S. 222ff. 152 Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 130; Wengler, in: Gerwig/Simonius/Spiro u.a., Festschrift Hans Lewald, S. 620f. 153 Assan/Margalith, in: Ferid/Firsching/Dörner u.a., Internationales Erbrecht, Israel (Lfg. XXXlII), Rn. 5.

E. Rückwirkung

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UdSSR 1940 dar.154 So war z.B. in Lettland ab dem 26.11.1940 die sowjetrussische Rechtsordnung anzuwenden. Auch hier war wiederum eine Rückwirkung vorgesehen. So waren alle begonnenen Verfahren nach sowjetrussischem Recht fortzusetzen und alle früheren Rechtsfälle neu zu entscheiden bzw. zu überprüfen.155 Im Erbrecht wirkte sich dies u.a. auf eine engere Begrenzung des Kreises der gesetzlichen Erben sowie eine Verschärfung der Formvorschriften aus.156 Wird nun eine Rückwirkung im Falle einer Staatensukzession festgesellt, ist entsprechend dem allgemeinen Vorgehen in internationalen Rückwirkungskonstellationen in zwei Schritten zu prüfen: Bevor auf Korrekturinstrumente des internationalen Kollisionsrechts zurückgegriffen wird, ist der Sachverhalt zunächst am innerstaatlichen Recht der ausländischen Rechtsordnung zu messen. Es geht um Fälle, in welchen das Verfassungsrecht dieser Rechtsordnung, die auch auf das materielle Privatrecht anwendbar ist, bereits einen Verstoß annimmt. Die Korrekturmöglichkeiten eines ausländischen Richters entsprechen hierbei der Prüfungskompetenz des inländischen Richters.157 Hätten so z.B. nach der Unabhängigkeit Kroatiens dessen Gesetze eine Rückwirkung vorgesehen, würde darin zunächst ein Verstoß gegen Art. 90 Abs. 4 der kroatischen Verfassung158 liegen. Erstreckt sich die Prüfungskompetenz eines ausländischen Richters hierauf, würde dieser Verstoß bereits auf der Ebene der Anwendung des ausländischen materiellen Rechts korrigiert werden. Erst in einem zweiten Schritt ist – falls notwendig – auf die Korrektur über den ordre public zurückzugreifen. Den Ausgangspunkt bilden wiederum die allgemeinen Überlegungen zur ordre public-Widrigkeit von Rückwirkungen,159 welche durch die Besonderheiten im Rahmen einer Staatensukzession ergänzt werden. Im Rahmen des ordre public werden der Grundsatz der gleichwertigen Akzeptanz ausländischer Rechtsordnungen und die Interessen der öffentlichen Ordnung abgewogen. Da in Rückwirkungsfällen Letztere auch den Vertrauensschutz umfassen, stellt sich zunächst die Frage, ob allgemein auch in diesen Konstellationen ein Verstoß gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes 154

Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 130. U.W. Schulze, in: Ferid/Firsching/Dörner u.a., Internationales Erbrecht, Lettland (Lfg. XLII), Rn. 28, 35. 156 U.W. Schulze, in: Ferid/Firsching/Dörner u.a., Internationales Erbrecht, Lettland (Lfg. XLII), Rn. 28, 35. 157 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 214. 158 In deutscher Übersetzung abrufbar unter: (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 159 Vgl. hierzu v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 155

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5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

vorliegt. Durch eine Staatensukzession gerät das staatliche Gefüge durcheinander, auf welchem das Vertrauen der Beteiligten basiert. Somit ist fraglich, ob die Beteiligten auf einen Rechtszustand weiterhin vertrauen durften.160 Dies hängt zum einen davon ab, ob die Staatensukzession im Zeitpunkt der Begründung des Rechtsverhältnisses bereits absehbar war. Zum anderen ist auch an dieser Stelle wiederum zwischen den Fällen zu trennen, in welchen Vorgänger- und Nachfolgestaat identisch sind, und sonstigen Konstellationen. Liegt wie im Fall einer Inkorporation zwischen dem inkorporierenden Vorgänger- und dem Nachfolgestaat eine Identität im engeren Sinn vor, so ergeben sich keine Gründe für eine besondere Behandlung. Für alle Beteiligten, sowohl den betroffenen Staat als auch die Parteien des Rechtsverhältnisses, ist eine eindeutige Zuordnung möglich, welche auch das Selbstverständnis des Nachfolgestaates widerspiegelt. Zieht man an dieser Stelle eine Parallele zum Völkerrecht, so sieht man, dass auch dieses in solchen Fällen von einer Kontinuität der Rechte und Pflichten ausgeht.161 Diese Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit, welche sich durch die Identität im engeren Sinn ergibt, ist dagegen in Fällen der Identität im weiteren Sinn sowie in sonstigen Fällen nicht gewährleistet. So ist zum Beispiel im Falle einer Annexion das Schicksal der unter der Rechtsordnung des annektierten Vorgängerstaates entstandenen Rechtsinstitute in der neuen Rechtsordnung des Nachfolgestaates zunächst ungewiss. Dabei ist jedoch zu beachten, dass unabhängig von dieser Fallgruppeneinteilung wohlerworbene Rechte zu achten sind. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Rechtsänderung durch einen Statutenwechsel aufgrund einer Änderung der Anknüpfungstatsachen durch die Beteiligten ergibt, es durch eine Staatensukzession zu einer Änderung des materiellen Rechts kommt oder rein aufgrund einer intertemporalen Änderung im ausländischen materiellen Recht eine Veränderung entsteht. Gleichzeitig muss beachtet werden, dass sich im Rahmen einer solchen Staatensukzession das neue Staatsgebilde erst finden und anpassen muss, z.B. zwei möglicherweise gegenteilige Rechtsordnungen vereinen muss. Diese Besonderheiten sollen auch bei der ordre public-Abwägung berücksichtigt werden. Die u.a. abzuwägenden Interessen der öffentlichen Ordnung umfassen dabei in Rückwirkungsfäl-

160 So fordert Hartmann, RabelsZ 61 (1997), 454, 479, dass Vertrauen zumindest möglich erscheint. Auch das BVerfG, Ent. v. 19.12.1961 (2 BvL 6/59), BVerfGE 13, 261, 272 nimmt keinen Fall einer Rückwirkung an, wenn „der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen mußte“ oder „die Rechtslage unklar und verworren“ war, BVerfG, Ent. v. 23.03.1971 (BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR), BVerfGE 30, 367, 388. 161 Vgl. nur Art. 15 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge von 1978 sowie ausführlich hierzu S. 22f.

E. Rückwirkung

229

len auch den Vertrauensschutz,162 der vorliegend um eine weitere Beurteilungskomponente, der Enge der Verbindung zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat, erweitert werden soll: Je geringer die Verbindung zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat ist, desto geringer ist auch der schutzwürdige Vertrauenstatbestand und damit die Schwere des Verstoßes im Rahmen des ordre public. Zuletzt stellt sich wiederum die Frage nach Besonderheiten im Falle einer Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession. Auch hier gilt, dass das Internationale Privatrecht unabhängig von völkerrechtlichen Überlegungen 163 die geeignetste Rechtsordnung sucht und nicht durch die Hintertüre völkerrechtswidriges Vorgehen sanktionieren darf. Liegt nun ein Fall einer korrigierenswerten Rückwirkung vor, muss der ordre public ohnehin eingreifen. Reicht hingegen die Rückwirkung alleine nicht aus, um einen solchen Verstoß anzunehmen, ändert auch die Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession daran nichts. 164 So sind Rückwirkung und Völkerrechtswidrigkeit zwei eigene Bereiche, welche getrennt voneinander betrachtet werden müssen. Die Rückwirkung ist bedingt durch intertemporale Normen des materiellen Rechts, die direkt auf die Rechtsposition der Beteiligten durchschlagen, während die Völkerrechtswidrigkeit der Sukzession regelmäßig keinen direkten Einfluss auf das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten hat. Damit kann die Unterscheidung dahinstehen, ob die Sukzession völkerrechtsmäßig war. Folgt man diesem Lösungsvorschlag, ergibt sich für den obigen Beispielsfall zum lettischen Erbrecht Folgendes: Hatte ein Erblasser vor der sowjetrussischen Annexion ein Testament verfasst, welches aufgrund der neuen, auch rückwirkend geltenden Formvorschriften unwirksam wurde, so liegt vor dem Eintritt des Erbfalls lediglich ein Fall unechter Rückwirkung vor. 165 Ein Verstoß gegen den ordre public ist damit nicht anzunehmen. Anders verhält es sich bei einer Änderung hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge nach Eintritt des Erbfalls. Verliert in einem solchen Fall ein Angehöriger nachträglich sein Erbrecht und damit auch seinen Erbteil, handelt es sich um eine echte Rückwirkung. Eine solche indiziert grundsätzlich bei hinreichendem Inlandsbezug einen Verstoß gegen den ordre public.166 Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht durch die vorliegende Einbettung in die Sukzessionskonstellation. 162

Vgl. v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 163 Vgl. hierzu S. 33ff. 164 Ebenso in Bezug auf „völkerrechtliche Bedenken gegen die Anerkennung einer Regierung oder eines Gebietserwerbs“ Kügle, Rückwirkung von Gesetzen im deutschen internationalen Privatrecht, S. 131. 165 Vgl. v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen). 166 Vgl. hierzu v. Bary/Ziereis, Rückwirkung in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Zwischen Statutenwechsel und ordre public, RabelsZ 85 (2021), Heft 1 (im Erscheinen).

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5. Kapitel: Anwendung fremden Rechts

So sind zwar aufgrund der fehlenden Identität zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat auf dem Gebiet Lettlands strengere Anforderungen an den schutzwürdigen Vertrauenstatbestand und damit an die Schwere des Verstoßes zu stellen. Jedoch ist in einem Verlust eines Erbrechts nach dem Eintritt des Erbfalls ein elementarer Grundrechtsverstoß zu sehen. Mittelbar betrifft dies zum einen die Testierfreiheit des Erblassers gem. Art. 14 Abs. 1 GG, der ggf. aufgrund der gesetzlichen Erbfolge und im Wissen um diese auf ein Testament verzichtet hat. Jedenfalls aber ist das Eigentum des „ersten“ Erben, welcher seinen Erbteil nachträglich wieder verliert, gem. Art. 14 Abs. 1, 3 GG in Form einer entschädigungslosen Enteignung betroffen. Somit ist von einer ordre public-Widrigkeit auszugehen. Die Völkerrechtswidrigkeit der Annexion bleibt außer Betracht. III. Synthese Folglich greifen auch in Rückwirkungsfällen, welchen eine Staatensukzession vorausging, die allgemeinen Überlegungen zum ordre public, da auch hier das Vertrauen der Beteiligten grundsätzlich schützenswert ist. Im Rahmen der abzuwägenden Interessen wird dieses aufgrund der Neuordnung des staatlichen Gefüges im Zuge einer Staatensukzession um eine weitere Beurteilungskomponente, die Enge der Verbindung zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat, erweitert: Je geringer die Verbindung zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat ist, desto geringer ist auch der schutzwürdige Vertrauenstatbestand und damit die Schwere des Verstoßes im Rahmen des ordre public. Keine Besonderheiten ergeben sich bei einer völkerrechtswidrigen Staatensukzession.

Kapitel 6

Schluss Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestand darin, aufzuzeigen, welche Konflikte sich durch Staatensukzessionen im Internationalen Privatrecht ergeben, und Vorschläge zum Umgang mit diesen zu erarbeiten.

A. Ausblick de lege ferenda A. De lege ferenda

So kann de lege lata für sämtliche Fragen, welche sich im Internationalen Privatrecht durch das Hinzutreten von Staatensukzessionen stellen, auf Grundlage der allgemeinen kollisionsrechtlichen Methodik eine Lösung gefunden werden. Aus diesem Grund ist auch eine spezielle gesetzliche Regelung solcher Fälle nicht notwendig. Vielmehr ist abhängig von der jeweiligen Fallgruppenkonstellation sowie den kollisionsrechtlichen Besonderheiten im Einzelfall zu entscheiden. Um auch Sonderkonstellationen gerecht zu werden, wie zum Beispiel in Fällen des doppelten Statutenwechsels1 oder des Handelns unter nicht mehr bestehendem Recht,2 ist de lege ferenda an eine Stärkung der Ausweichklausel der engsten Verbindung zu denken. Während die Rom-Verordnungen im Bereich der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse bereits regelmäßig hierauf zurückgreifen,3 sieht das sonstige Internationale Privatrecht die engste Verbindung lediglich als allgemeines Prinzip 4 und als Auffangklausel5 an. Würden jedoch alle kollisionsrechtlichen Instrumente eine solche Ausweichklausel zur Verfügung stellen, bestünde zum einen die Möglichkeit, in Sukzessionsfällen eine noch adäquatere Anknüpfung sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht vorzunehmen. Infolgedessen könnte für jeden Einzelfall eine Lösung gefunden werden, welche die betroffenen Interessen und Prinzipien beachtet. Beispielsweise könnten Härten, welche sich durch ein Handeln unter nicht mehr anwendbarem Recht ergeben, durch 1

Vgl. hierzu oben S. 144ff. Vgl. hierzu oben S. 207ff. 3 Siehe nur Art. 4 Abs. 3, 5 Abs. 3, 8 Abs. 4 Rom I-VO, Art. 4 Abs. 3, 5 Abs. 2, 10 Abs. 4, 11 Abs. 4 Rom II-VO; auch das Internationale Sachenrecht kennt mit Art. 46 EGBGB eine solche Ausweichklausel, ebenso wie das autonome Deliktsrecht mit Art. 41 EGBGB. 4 Vgl. hierzu S. 76f. 5 Vgl. nur Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 EGBGB, Art. 26 Abs. 1 lit. c EuGüVO. 2

232

6. Kapitel: Schluss

eine zeitliche Korrektur abgefangen werden: Statt einer analogen Rechtswahl könnte das gesamte Rechtsverhältnis aufgrund seiner engen Verbindung einer Rechtsordnung unterstellt werden, welche im Beurteilungszeitpunkt in Kraft ist, wie es in gewissen Gebieten des Internationalen Privatrechts auch schon jetzt möglich ist. Diese Anknüpfung würde sich dabei streng an dem Prinzip der engsten Verbindung orientieren, welches auch dem kollisionsrechtlichen System allgemein zugrunde liegt. 6 Zudem würde auch ein Statutenwechsel vermieden werden. Zum anderen könnten auch besondere Konstellationen, welche ebenfalls durch die Staatensukzession bedingt sind, gelöst werden. So könnte z.B. in den Fällen des doppelten Statutenwechsels mit Hilfe der Anknüpfung an die engste Verbindung direkt auf das Recht des Vorgängerstaates abgestellt werden. Statt eines doppelten Statutenwechsels wird das Rechtsverhältnis aufgrund der engsten Verbindung zu dem Vorgängerstaat gänzlich diesem unterstellt. Auf diese Weise wird auch Rechtssicherheit geschaffen. Blickt man ins europäische Ausland, so finden sich dort ebenfalls solche Ausweichklauseln, welche für das jeweils gesamte Internationale Privatrecht gelten. Als Beispiele können Art. 10:8 niedZGB, Art. 15 schwIPRG oder § 10 ungIPRG genannt werden.

B. Zusammenfassung in Thesenform B. Zusammenfassung

Zusammenfassend können folgende Ergebnisse festgehalten werden: 1. Die Staatensukzession im Internationalen Privatrecht betrifft sukzessionsbedingte Konflikte im grenzüberschreitenden Kontext als Konflikte eigener Art. a) Der Begriff der Staatensukzession entstammt dem Völkerrecht, welches zwar in der Theorie eine klare Unterscheidung zwischen den verschiedenen Fallgruppen der Staatensukzession trifft. In der Praxis hingegen hängt die Einordnung von politischen Entscheidungen ab und die jeweiligen Rechtsfolgen werden einzelfallabhängig bestimmt. b) Während das Völkerrecht die Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Völkerrechtssubjekten regelt, bezweckt das Internationale Privatrecht die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt. Aufgrund dieser divergierenden Zielsetzung muss das Internationale Privatrecht seinen Staatsbegriff auch eigenständig definieren als kollisionsrechtlichen Drei-Elemente-Begriff. Folglich kann hinsichtlich der Einordnung von Staatensukzessionen aus dem Völkerrecht nur die allgemeine Fallgruppenunterscheidung in das Kollisionsrecht übernommen wer6 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 2 I; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 25ff.; S. Lorenz, in: BeckOKBGB, Einleitung IPR, Rn. 4; vgl. zum Ganzen auch v. Hein, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung IPR, Rn. 29.

B. Zusammenfassung

233

den. Ob eine Sukzession vorliegt und welcher Fallgruppe diese zugerechnet werden kann, muss aufgrund der einzelfallabhängigen Praxis im Völkerrecht durch eine gänzlich eigenständige Beurteilung durch das Internationale Privatrecht bestimmt werden. Maßgeblich dabei ist die kollisionsrechtliche Identität im engeren Sinn von Vorgänger- und Nachfolgestaat(en). Daneben besteht noch die Kategorie einer kollisionsrechtlichen Identität im weiteren Sinn, welche der eindeutigen Zuordnung der Vorgängerstaaten zu einem Nachfolgestaat dient. c) Die Besonderheit der Staatensukzession im Vergleich zu einer rein intertemporalen Kollision liegt in der Kumulation einer zeitlichen und einer örtlichen Komponente. So treten die räumliche Kollision mehrerer Rechtsordnungen und die gleichzeitige Veränderung des Staatsterritoriums und die damit einhergehende Änderung der örtlichen Zuordnung nebeneinander. Folglich ist die sukzessionsbedingte Kollision als Kollision eigener Art einzuordnen. 2. Ausgesprochene Verweisungen können de lege lata in sämtlichen Konstellationen beachtet werden. Besteht keine staatsvertragliche Spezialregelung aufgrund der Sukzession, ist auf die allgemeine Methodik zurückzugreifen, welche der Behandlung von Staatensukzessionen im Internationalen Privatrecht zugrunde liegt: eine Zuordnung über das Kriterium der kollisionsrechtlichen Identität oder durch die Abgeschlossenheit des Sachverhalts. Führt dies zu keinem Ergebnis, ist auf die jeweilige Sukzessionsfallgruppe einzugehen, wobei Besonderheiten durch die Art der Anknüpfung zu beachten sind. a) Während in den Fallgruppen der Zession/Teilannexion, Separation/Sezession sowie in bestimmten Konstellationen der Inkorporation/Vollannexion auch bei unwandelbaren Verweisungen stets auf eine noch in Geltung befindliche Rechtsordnung verwiesen wird, können bei Fusionen, den übrigen Teilbereichen der Inkorporation/Vollannexion und Dismembrationen Leerverweisungen aufgrund des Untergangs der Vorgängerrechtsordnung auftreten. In den Fällen der Fusion und Inkorporation/Vollannexion kann dabei auf die Staatsidentität sui generis zurückgegriffen werden. Bestehen im Fall von Dismembrationen die ehemaligen Teilrechtsordnungen als eigene Nachfolgestaaten fort und wurden diese durch die lex fori berufen, ist ebenfalls eine kollisionsrechtliche Zuordnung möglich. In allen anderen Fällen kommt es zu einer Leerverweisung. Dieser ist mit einer erneuten Anknüpfung im Zeitpunkt des Statutenwechsels zu begegnen, da die ursprüngliche Verweisung nur bis zu der Sukzession greift und ab diesem Zeitpunkt eine erneute Anknüpfung notwendig wird. b) Bei wandelbaren Anknüpfungen kommt es durch eine Staatensukzession regelmäßig zu einem Statutenwechsel. Dabei ist zwischen abgeschlossenen Sachverhalten und offenen Tatbeständen zu unterscheiden. So kommt es im ersteren Fall zu einem Verweis auf „totes“ Recht, wenn zwischen dem

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6. Kapitel: Schluss

verwiesenen Vorgängerstaat und keinem der Nachfolgestaaten eine kollisionsrechtliche Identität besteht. In allen anderen Fällen entscheidet das Recht des Nachfolgestaates. c) Wird eine Rechtswahl aus Anlass der Staatensukzession getroffen, unterliegt diese den allgemeinen Regeln und wirkt regelmäßig ex tunc. Bestand eine Rechtswahlvereinbarung bereits vor der Staatensukzession und haben die Parteien eine Versteinerungsklausel vereinbart, ist dieser aufgrund der erheblichen Auswirkungen einer Staatensukzession eine kollisionsrechtliche Wirkung zuzuschreiben. Mangels Versteinerungsklausel ist zu unterscheiden: Liegt keine Sonderregelung vor und besteht zwischen der alten, ursprünglich gewählten Rechtsordnung und einer Nachfolgerechtsordnung eine kollisionsrechtliche Identität, so ist die Rechtswahl auf die neue Rechtsordnung gerichtet, wobei die Möglichkeit der Korrektur über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage besteht. Ist dagegen die Vorgängerrechtsordnung mit keiner Nachfolgerechtsordnung identisch, bleibt die Rechtswahl weiterhin auf das alte, nun „tote“ Recht gerichtet. Auch kann eine Staatensukzession einer ursprünglich unwirksamen Rechtswahl zur Geltung verhelfen entsprechend den Grundsätzen zur „Heilung durch Statutenwechsel“. 3. Auch die Anknüpfungspunkte werden durch eine Staatensukzession tangiert. Das Internationale Privatrecht orientiert sich hinsichtlich der Staatsangehörigkeit an der nationalen Rechtsordnung, welche die in Frage stehende Zugehörigkeit anordnet. Die Völkerrechtswidrigkeit einer Sukzession ist für die mit ihr einhergehenden Regelungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit unbeachtlich, es sei denn, es fehlt an jeglicher Verbindung zwischen der erwerbenden Person und dem verleihenden Staat. Auf den Anknüpfungspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts wirken Staatensukzessionen dagegen aufgrund seiner Bestimmung anhand von Tatsachen nur indirekt über eine veränderte Zuordnung zu einem Staat ein. 4. Bei der Anwendung fremden Rechts ist aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit einer Staatensukzession keine generelle Korrektur durch den ordre public angezeigt. Besonderheiten ergeben sich hingegen, wenn in einem solchen Fall einer gegen das Völkerrecht verstoßenden Sukzession die maßgebliche Kollisionsnorm eine Rechtswahl der Vorgängerrechtsordnung nicht zulässt. In diesen Fällen ist die Rechtswahl auf diejenigen Rechte zu erweitern, auf welche die objektive und die subjektive Anknüpfung verweisen würden, würde man die rechtswidrige Sukzession hinwegdenken. Gelangen Rechtsinstitute, welche unter der Vorgängerrechtsordnung begründet worden sind, in den Geltungsbereich der Nachfolgerechtsordnung und sind sie der Nachfolgerechtsordnung unbekannt, so sind sie entsprechend der Transpositionstheorie im Nachfolgestaat auszuüben. Im Falle einer durch eine Staatensukzession bedingten Rückwirkung gilt hinsichtlich des ordre public: Je geringer die Verbindung zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat ist, desto

B. Zusammenfassung

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geringer ist auch der schutzwürdige Vertrauenstatbestand und damit die Schwere des Verstoßes. 5. De lege ferenda könnte mittels des allgemeinen Instruments einer Ausweichklausel entsprechend der engsten Verbindung eine potentielle Korrektur der Anknüpfung geschaffen werden, welche in den Fällen einer Staatensukzession sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht eine Anpassung der Verweisung ermöglicht.

Entscheidungsverzeichnis I. Internationaler Gerichtshof 31.07.1989, ICJ Rep. 1991, 53 ....................................................................................11 06.04.1955, ICJ Rep. 1955, 4 ............................................................................ 182, 193

II. Gerichtshof der Europäischen Union 03.06.1964, Costa/ENEL, Rs. 6/64, NJW 1964, 2371 ....................................................38 09.03.1999, Centros, Rs. C-212–97, NJW 1999, 2027................................................. 136 05.11.2002, Überseering, Rs. C-208/00, NJW 2002, 3614........................................... 136 30.09.2003, Inspire Art, Rs. C-167/01, NJW 2003, 3331 ............................................. 136 02.04.2009, Perusturvalautakunta, Rs. C-523/07, FamRZ 2009, 843 ......................... 197f. 22.12.2010, Mercredi, Rs. C-497/10 PPU, FamRZ 2011, 617 ............................ 197f., 200

III. Deutsche Gerichte 1. Bundesverfassungsgericht 28.05.1952, 1 BvR 213/51, BVerfGE 1, 322, 329 = NJW 1952, 777 ............................ 181 31.05.1960, 2 BvL 4/59, BVerfGE 11, 139 ................................................................ 224 19.12.1961, 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261 = NJW 1962, 291 ....................62, 89, 224, 227 11.10.1962, 1 BvL 22/57, NJW 1963, 29 ................................................................... 104 31.03.1965, 2 BvL 17/63, BVerfGE 18, 429 ............................................................... 224 19.07.1967, 2 BvL 1/65, BVerfGE 22, 241 ................................................................ 224 14.05.1968, 2 BvR 544/63, BVerfGE 23, 288 ...............................................................31 16.10.1968, 1 BvL 7/62, BVerfGE 24, 220 ................................................................ 224 23.03.1971, BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR, BVerfGE 30, 367 ........................................................................................ 224, 228 04.05.1971, 1 BvR 636/68, BVerfGE 31, 58 = NJW 1971, 1509, 1510 ................... 31, 178 31.07.1973, 2 BvF 1/73, BVerfGE 36, 1 = JZ 28 (1973), 583= NJW 1973, 1539 ..... 10, 179 21.05.1974, 1 BvL 22/71, 21/72, BVerfGE 37, 217, 246 = NJW 1974, 1609 ................. 179 29.05.1974, 2 BvL 52/71, BVerfGE 37, 271.................................................................38 19.12.1976, 2 BvL 4/65, BVerfGE 23, 12 .................................................................. 224

238

Entscheidungsverzeichnis

15.04.1980, 2 BvR 842/77, BVerfGE 54, 53 .............................................................. 179 03.11.1981, 1 BvL 11/77, 1 BvL 85/78, 1 BvR 47/81, BVerfGE 58, 377 ...................... 133 30.11.1982, 1 BvR 818/8, NJW 1983, 511 = BVerfGE 62, 323 .................................... 123 22.02.1983, 1 BvL 17/81, NJW 1983, 1968 ............................................................ 64, 81 16.10.1984, 1 BvR 513/78, BVerfGE 67, 329 ............................................................ 133 22.10.1986, 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339 ..............................................................38 21.10.1987, BvR 373/83, NJW 1988, 1313 .......................................................... 55, 181 31.10.1990, 2 BvF 2, 6/89, BVerfGE 83, 37, 51 = NJW 1991, 162............................... 179 12.10.1993, 2 BvR 2134/92 und 2 BvR 2159/92, NJW 1993, 3047 ................................43 14.12.1994, 1 BvR 720/90, BVerfGE 91, 346 ............................................................ 133 30.06.2009, 2 BvE 2/08 u.a., BverfGE 123, 267 ...........................................................38 18.07.2009, 1 BvL 1/04 u.a., NJW 2007, 900, 903 = BVerfGE 116, 243 ...................... 204 21.07.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400 ................................... 133 21.06.2016, 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2 BvR 2731/13, 2 BvE 13/13, BVerfGE 142, 123 ............................................................................38

2. Reichsgericht 03.02.1922, II 640/21, RGZ 103, 328 ........................................................................ 164 19.12.1922, III 137 /22, RGZ 106, 82 ........................................................................ 205 19.09.1923, I 164/22, RGZ 107, 121.................................................................. 134, 161 03.06.1924, III 383/23, RGZ 108, 298 ............................................................... 134, 161 16.01.1929, VB 42/28, RGZ 123, 130 ................................................................ 134, 161 08.12.1930, IV 149/30, RGZ 131, 41 ......................................................................... 161 16.05.1931, IX 497/30, RGZ 132, 416 ....................................................................... 172 28.05.1936, IV 272/35, RabelsZ 10 (1936), 385 ......................................................... 156

3. Bundesgerichtshof 30.09.1952, I ZR 83/52, NJW 1952, 1371 .................................................................. 168 14.07.1953, V ZR 72/52, NJW 1953, 1585 ................................................................. 164 24.03.1955, II ZR 93/53, NJW 1955, 868 ................................................................... 161 27.06.1957, II ZR 15/56, NJW 1957, 1358 ................................................................. 169 23.10.1957, V ZR 219/55, NJW 1958, 297 ................................................................. 164 11.07.1958, VIII ZR 96/57, NJW 1958, 1772 ............................................................. 167 29.09.1961, V ZR 136/60, NJW 1962, 29................................................................... 167 20.03.1962, VIII ZR 130/61, NJW 1963, 1200 = BGHZ 39, 173 ................... 204, 206, 219 21.06.1963, V ZB 3/63, NJW 1963, 1975 = BGHZ 40, 32 .............................................73 02.02.1966, VIII ZR 153/64, NJW 1966, 879 = BGHZ 45, 95 ..................................... 219 26.09.1966, II ZR 56/65, NJW 1967, 36 ..................................................32, 34, 108, 161 20.03.1967, VIII ZR 237/64, BeckRS 1967, 31178035................................................ 167 30.01.1970, V ZR 139/68, NJW-RR 1970, 998 ........................................................... 136 09.12.1970, VIII ZR 245/68, BeckRS 1970, 31122864................................................ 167 16.10.1974, IV ZB 12/74, NJW 1975, 112 ......................................................... 140, 142

Entscheidungsverzeichnis

239

05.02.1975, IV ZR 103/73, NJW 1975, 1068 ...................................................... 196, 200 27.10.1976, IV ZR 147/75, NJW 1977, 498 ....................................................... 140, 142 29.10.1980, IVb ZB 586/80, NJW 1981, 520 = BGHZ 78, 293 ......................... 196ff., 200 05.11.1980, VIII ZR 230/79, NJW 1981, 522 ............................................................. 136 29.04.1982, III ZR 154/80, NJW 1982, 2184 .............................................................. 167 15.12.1983, III ZR 226/82, NJW 1984, 2947 .............................................................. 164 13.03.1984, VI ZR 23/82, NJW 1984, 2032 ............................................................... 175 08.01.1985, VI ZR 22/83, NJW 1985, 1285 = BGHZ 93, 214 ...................................... 175 24.04.1985, IV b ZR 22/84, NJW 1985, 1833 ........................................................... 164f. 17.09.1986, IVb ZR 52/85, FamRZ 1986, 1200 .......................................................... 125 26.09.1986, I ZR 265/95, NJW 1997, 1702 ................................................................ 167 18.03.1987, IVb ZR 21/86, NJW 1987, 2296 ................................................................64 08.04.1987, VIII ZR 211/86, NJW 1987, 3077 = BGHZ 100, 321 ................................ 219 08.04.1987, IVb ZR 37/86, MittBayNot 1987, 254 ..................................................... 125 13.07.1988, IV b ZR 77/87, NJW-RR 1989, 707...........................................................64 18.10.1989, IVb ZR 76/88, NJW 1990, 636 .................................................................64 31.05.1990, I ZR 233/88, NJW 1991, 1478 ................................................................ 164 07.11.1990, XII ZR 120/89, NJW-RR 1991, 386 ..........................................................64 11.03.1991, II ZR 88/90, NJW 1991, 1415 ......................................................... 219, 222 27.03.1991, XII ZR 113/90, NJW 1991, 2212 ............................................................ 140 04.06.1992, IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 = BGHZ 118, 312 ................................ 204f. 07.07.1992, VI ZR 1/92, NJW 1992, 3091 = BGHZ 119, 137 ...................................... 175 14.10.1992, XII ZB 18/92, NJW 1993, 848 = BGHZ 120, 29 ...................................... 205 14.10.1992, VIII ZR 91 /91, JZ 48 (1993), 664 ........................................................... 165 03.02.1993, XII ZB 93/90, IPRax 1994, 131 = FamRZ 1993, 798 .............................. 199f. 25.02.1993, VII ZR 24/92, NJW 1993, 1856 .............................................................. 167 07.04.1993, XII ZR 266/91, NJW 1993, 2305 ..............................................................64 26.10.1993, XI ZR 222/92, VIZ 1994, 74 ........................................................... 165, 168 01.12.1993, IV ZR 261/92, NJW 1994, 582 ....................................................... 105, 117 20.01.1994, III ZR 143/92, NJW 1994, 1008 = BGHZ 125, 7 ...................................... 162 11.05.1994, XII ZR 7/93, NJW 1994, 2360 ..................................................................64 01.06.1994, V ZR 278/92, NJW 1994, 2688 ............................................................... 166 28.09.1994, IV ZR 95/93, NJW 1995, 58 ................................................................... 222 11.10.1994, XI ZR 189/93, NJW 1995, 47 ............................................................... 167f. 05.01.1995, IX ZR 85/94, NJW 1995, 592 ............................................................... 167f. 25.09.1995, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371 ............................................................... 165 24.04.1996, IV ZR 263/95, NJW 1996, 2096 .............................................................. 139 04.07.1996, I ZR 101/94, NJW 1997, 320 .................................................................. 167 21.11.1996, IX ZR 148/95, NJW 1997, 657 ............................................................... 136 27.11.1996, XII ZR 126/95, FamRZ 1997, 252 ........................................................... 172 22.01.1997, VIII ZR 339/95, IPRax 1998, 479 ..................................................... 80, 154 18.06.1997, XII ZB 156/9, NJW 1997, 3024 = FamRZ 1997, 1070 ...................... 195, 198 26.10.1999, X ZR 54/97, NJW-RR 2000, 1219 ........................................................... 168

240

Entscheidungsverzeichnis

21.03.2001, XII ZB 83/99, NJW 2001, 2469 .............................................................. 140 13.03.2003, IX ZR 181/99, IPRax 2004, 438 .............................................................. 172 13.03.2003, VII ZR 370/98, NJW 2003, 1461 = BGHZ 154, 185 ......................... 136, 138 06.10.2004, XII ZR 225/01, NJW-RR 2005, 81 = BGHZ 160, 332 ............................. 204f. 22.12.2004, VIII ZR 41/04, NZM 2005, 144 .............................................................. 167 28.04.2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 .............................................................. 168 21.09.2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 ................................................................ 166 25.10.2006, XII ZR 5/04, NJW 2007, 220 = BGHZ 169, 328 ...................................... 217 27.10.2008, II ZR 158/06, NJW 2009, 289 ................................................................. 136 10.09.2009, VII ZR 82/08, NJW 2010, 519 ................................................................ 164 30.10.2009, V ZR 42/09, NJW 2010, 1074 ................................................................. 169 09.03.2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 ............................................................... 166 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 ........................................................... 164 13.04.2010, 5 StR 428/09, NStZ 2010, 632 ................................................................ 138 12.07.2011, II ZR 28/10, NJW 2011, 3372 ................................................................. 136 01.02.2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 ........................................................... 167 14.01.2014, II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 ............................................................... 116 28.01.2014, III ZB 40/13, NJW 2014, 1597 ................................................................ 205 19.02.2014, XII ZB 180/12, NJW 2014, 1383 ............................................................ 222 08.05.2014, III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 ....................................................... 205 04.03.2015, XII ZR 46/13, NJW 2015, 1523 .............................................................. 164 20.04.2016, XII ZB 15/15, NJW 2016, 2322 = BGHZ 210, 59 ..................................... 189 24.08.2016, XII ZB 351/15, NJW 2016, 3174 ............................................................ 197 26.04.2017, IV ZR 126/16, NJW 2017, 2191 .............................................................. 164

4. Bayerisches Oberstes Landgericht 12.12.1952, 1 Z 247/1952, JZ 1954, 441 .................................................................... 119 17.03.1959, 2 Z 187/1958, BayObLGZ 1959, 89 ..........................................................73 13.10.1961, 2 Z 2/1961, BayObLGZ 1961, 305 .................................................. 33f., 192 07.05.1992, 3Z BR 14/92, NJW-RR 1993, 43 ............................................................. 136 26.08.1998, 3Z BR 78–98, NJW-RR 1999, 401 .......................................................... 136 26.05.1999, 1Z BR 200/98, BayObLGZ 1999, 153 ..................................................... 141 18.03.2003, 1Z BR 71/02, ZEV 2003, 503 ................................................................. 207

5. Oberlandesgerichte KG, 10.12.1934, 13 U 1044/34, IPRspr. 1934, Nr. 45 ............................................. 73, 93 KG, 21.12.1965, 18 W 1516/61, RzW 1966, 167 ........................................................ 192 KG, 30.12.1970, 19 U 1954/69, IPRspr. 1970, Nr. 57 ................................................. 123 KG, 27.01.1986, 16 WF 6393/85, IPRax 1987, 33 .............................................. 123, 172 KG, 26.11.1991, 1 W 5804/88, OLGZ 1992, 265, 267 ................................................ 140 KG, 11.02.1997, 1 W 3412/96, NJW-RR 1997, 1127 .................................................. 136 KG, 17.11.2004, 3 UF 52/04, FamRZ 2005, 1676 .........................................................73

Entscheidungsverzeichnis

241

OLG Dresden, 28.03.1994, 2 U 1531/93, VIZ 1994, 430 ..................................... 165, 168 OLG Dresden, 24.11.1999, 8 U 2958/99, NJW 2000, 3432.......................................... 167 OLG Düsseldorf, 30.05.1968, 3 W 348/67, IPRspr. 1968/1969, Nr. 159 ......................................................................................................... 33, 108 OLG Düsseldorf, 17.03.1992, 1UF137/91, FamRZ 1992, 953...................................... 140 OLG Düsseldorf, 20.12.1994, 1 UF 76/94, FamRZ 1995, 1203 ................... 91, 95, 99, 101 OLG Düsseldorf, 24.10.1997, 2 UF 232/97, FamRZ 1999, 112 .................................... 200 OLG Düsseldorf, 10.09.1998, 5 U 1 /98, JZ 55 (2000), 203 ......................................... 136 OLG Düsseldorf, 19.12.2008, 3 Wx 51/08, ZEV 2008, 190 = NJW-RR 2009, 732 ........ 205 OLG Düsseldorf, 01.03.2011, 25 Wx 8/11, NJW-RR 2011, 1017 ........................... 84, 223 OLG Frankfurt a.M., 19.11.1985, 3 UF 294/84, IPRax 1986, 239 ..................................73 OLG Frankfurt a.M., 13.02.1992, 16 U 229/88, IPRax 1992, 314........................... 80, 154 OLG Frankfurt a.M., 25.01.1993, 8 W 8/93, DtZ 1993, 183 ........................................ 162 OLG Frankfurt a.M., 20.12.1999, 20 W 300/97, StAZ 2000, 209 ................................. 141 OLG Frankfurt a.M., 25.02.2000, 5 UF 11/99, IPRax 2001, 140 .............................. 91, 95 OLG Frankfurt a.M., 22.06.2006, 20 W 183/06, FGPrax 2006, 262 ............................. 141 OLG Frankfurt a.M., 17.11.2016, 20 W 103/15, ZEV 2017, 572 .......................... 91f., 98f. OLG Hamburg, 01.11.1985, 2 WF 142/85, IPRax 1986, 386 ....................................... 198 OLG Hamburg, 30.08.1990, 6 U 11/90, VersR 1991, 604.................................... 140, 143 OLG Hamburg, 02.10.1992, 12 U 14/92, DtZ 1994, 177 ............................................. 162 OLG Hamm, 08.06.1973, 15 W 53 u. 54/72, NJW 1973, 2156 .................................... 33f. OLG Hamm, 12.12.1976, 15 W 267/75, NJW 1977, 1591 .............................................73 OLG Hamm, 16.05.1991, 4 UF 8/91, NJW 1992, 636 = FamRZ 1992, 1466 ................. 198 OLG Hamm, 29.04.1992, 15 W 114/91, IPRax 1994, 49 ............................................. 205 OLG Hamm, 30.07.1993, 10 U 174/92, RIW 1993, 940 ........................................ 80, 154 OLG Hamm, 24.06.1996, 12 WF 130/96, NJW-RR 1997, 5 ........................................ 200 OLG Hamm, 04.10.1996, 29 U 108/95, RIW 1997, 236 .............................................. 136 OLG Hamm, 27.08.1997, 10 UF 410/96, IPRspr. 1997, Nr. 86 ............................ 140, 143 OLG Hamm, 16.02.2006, 4 UF 224/05, FamRZ 2006, 1383 ..........................................73 OLG Hamm, 08.10.2009, I-15 Wx 292/08, MittBayNot 2010, 223......................... 73f., 84 OLG Karlsruhe, 16.02.1989, 2 UF 256/86, IPRax 1990, 122 .........................................73 OLG Karlsruhe, 30.12.1998, 13 U 69/98, IPRspr. 1998, Nr. 98............................ 140, 143 OLG Karlsruhe, 06.07.2000, 9 U 159/99, WM 2003, 584 ............................................ 222 OLG Karlsruhe, 12.06.2008, 2 UF 43/08, NJW-RR 2008, 1323, 1324 = FamRZ 2009, 239................................................................................................ 198 OLG Karlsruhe, 18.03.2010, 2 UF 179/09, FamRZ 2010, 1577............................ 198, 200 OLG Karlsruhe, 12.11.2013, 5 UF 140/11, NJOZ 2014, 1211 = FamRZ 2014, 1565 .............................................................................................. 198 OLG Koblenz, 21.10.1975, 3 U, WG) 290/73, IPRspr. 1975, Nr. 39............................. 123 OLG Koblenz, 07.07.1988, 5 U, WG) 11/88, IPRspr. 1988, Nr. 62 .............................. 123 OLG Koblenz, 15.06.1989, 1 WF 167/89, IPRax 1990, 249......................................... 195 OLG Koblenz, 02.12.1993, 11UF1009/92, IPRspr. 1993, Nr. 62 ....................................91 OLG Köln, 18.02.1994, 27 WF 12/94, FamRZ 1995, 172 ............................................ 200

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Entscheidungsverzeichnis

OLG Köln, 22.02.1994, 22 U 202/93, IPRax 1995, 393 ......................................... 80, 154 OLG Köln, 15.01.2014, 2 Wx 291/13, ZEV 2014, 497 ................................................ 207 OLG Marienwerder, 26.02.1937, II U 176/36, JW 1937, 1972, 1972 ............................ 161 OLG München, 04.04.1950, 1 U 105/50, IPRspr. 1950/51, Nr. 132 .............................. 123 OLG München, 21. 1. 1953, 4 W 1715/52, NJW 1953, 628 ...........................................73 OLG München, 22.12.1992, 4 UF 218/92, StAZ 1993, 151 ................................. 123, 172 OLG München, 04.07.2006, 33 Wx 60/06, FamRZ 2006, 1562............................ 197, 199 OLG München, 18.12.2015, 12 UF 1239/15, NJW-RR 2016, 196 ..................................44 OLG Nürnberg, 28.03.1989, 10 WF 822/89), IPRax 1990, 249 .................................... 198 OLG Nürnberg, 03.03.2011, 9 UF 1390/10, MittBayNot 2011, 337 .................... 84, 91, 95 OLG Nürnberg, 28.09.2016, 7 UF 1142/15, NJOZ 2017, 1307 ................................... 98f. OLG Schleswig, 09.07.2014, 3 Wx 15/14, IPRax 2016, 163 ........................................ 207 OLG Stuttgart, 04.12.1957, 4 U 75/56, NJW 1958, 1972 ...............................................73 OLG Stuttgart, 10.12.1998, 8 W 515/97, IPRspr. 1998, Nr. 19 .................................... 140 OLG Stuttgart, 09.02.2015, 17 WF 172/14, NJW-RR 2015, 838 ..................... 91, 98f., 101

6. Landgerichte LG Gießen, 02.10.1995, 7 T 40/95, IPRspr. 1995, Nr. 13 ............................................ 131 LG Hagen, 07.01.1991, 13 T 543/89, IPRspr. 1991, Nr. 11.................................. 140, 143 LG Heidelberg, 25.06.2004, 7 O 181/03, IPRax 2005, 42 ...................................... 80, 154 LG Wuppertal, 02.09.1987, 8 T 20/87, IPRspr. 1987, Nr. 54 .........................................73

7. Weitere Gerichte AG Böblingen, 16.01.1992, 13 F 599/91, IPRspr. 1992, Nr. 85 ......................................91 AG Koblenz, 23.08.2012, 202 F 248/12, BeckRS 2013, 476 ..........................................44 AG Rottweil, 26.10.2005, 4 XVI 14/03, StAZ 2006, 144............................................. 131 BVerwG, 30.10.1954, II C 38/54, NJW 1955, 35 ........................................................ 185 BVerwG, 31.08.1995, 5 C 11/94, NJW 1996, 1977 = BVerwGE 99, 158 ...................... 194 SozialG Hamburg, 15.04.2005, S 19 RJ 367/03, IPRax 2007, 47.................................. 172

IV. Ausländische Gerichte Schweizerisches Bundesgericht, 21.11.2006, BGE 133 III, 90 ..................................... 141

Literaturverzeichnis Abbas, Raya: Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner im serbischen Recht. Eine Untersuchung des Sach- und Kollisionsrechts unter Berücksichtigung der Staatensukzession im IPR, Tübingen 2011. Al-Wada‘i, Ahmad: Contemplations on Unification and Democracy in Yemen, in: Sūswa, Amat Al-Alīm As (Hrsg.), Developments of democracy in Yemen, Berlin 1994, 122– 125. American Law Institute: Restatement of the law – conflict of laws 2d, St. Paul 1971. Andrae, Marianne: Güterrechtsstatut ehemals jugoslawischer Staatsangehöriger, zu OLG Stuttgart, 09.02.2015 – 17 WF 172/14, IPRax 2016, 578–582. –: Internationales Familienrecht, 4. Aufl., Baden-Baden 2019. von Arnauld, Andreas: Völkerrecht, 4. Aufl., Heidelberg 2019. Arnold, Stefan: Entscheidungseinklang und Harmonisierung im internationalen Unterhaltsrecht, IPRax 2012, 311–315. –: Gründe und Grenzen der Parteiautonomie im Europäischen Kollisionsrecht, in: Arnold, Stefan (Hrsg.), Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, Tübingen 2016, 23– 53. Assan, Dan/Margalith, Alexandra: Israel, in: Ferid, Murad/Firsching, Karl/Dörner, Heinrich u.a. (Hrsg.), Internationales Erbrecht. Quellensammlung mit systematischen Darstellungen des materiellen Erbrechts sowie des Kollisionsrechts der wichtigsten Staaten, Lfg. XXXlII, München 1955 ff. Badura, Peter: Staatsrecht. Systematische Erläuterung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., München 2018. Baer, Stephanie: Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, Frankfurt am Main 1995. Baetge, Dietmar: Der gewöhnliche Aufenthalt im internationalen Privatrecht, Tübingen 1994. –: Auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Verständnis des gewöhnlichen Aufenthalts. Ein Beitrag zur Europäisierung des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts, in: Baetge, Dietmar/von Hein, Jan/von Hinden, Michael (Hrsg.), Die richtige Ordnung. Festschrift für Jan Kropholler zum 70. Geburtstag, Tübingen 2008, 77–88. Bälz, Kilian: Zerfallende Staaten im internationalen Rechtsverkehr: Völkerrecht und Internationales Privatrecht, IPRax 2016, 531–538. von Bar, Christian: Das deutsche IPR vor, in und nach der Reform: Rechtsprechung zum Kollisionsrecht seit 1984 – Teil 1, JZ 1987, 755–761. –: Internationales Privatrecht II, 1. Aufl., München 1991. von Bar, Christian/Mankowski, Peter; Internationales Privatrecht I, 2. Aufl., München 2003. –: Internationales Privatrecht II, 2. Aufl., München 2018. Barth, Peter; Der Zerfall Jugoslawiens und die Folgen für Europa, München 2000.

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Sachverzeichnis Abtretung siehe auch Zession Adoption siehe auch Annahme eines Kindes Allgemeine Ehewirkungen 139, 143, 150 Anknüpfungszeitpunkt 71, 83, 86, 118, 127, 133, 135, 172 Annahme eines Kindes 130ff. Annexion 4, 18, 21, 42, 46f., 53, 139, 186, 188f., 191, 201, 203f., 212, 216, 226, 228ff. – Teilannexion 14ff., 52f., 198ff. – Vollannexion 21ff., 54f., 115ff. Austritt siehe auch Separation Dauerrechtsverhältnis 62, 85, 91ff, 103, 105, 110, 122, 124, 129f., 135ff., 140, 144 DDR siehe auch Deutsche Demokratische Republik Deutsche Demokratische Republik 5, 55, 68, 86, 89, 105f., 108, 115ff., 144, 150, 165 deutsche Wiedervereinigung 1, 55, 115f., 150 Dismembration 2, 6, 27ff., 47f., 56f., 58ff., 66, 88, 91ff., 142, 149ff., 155, 163, 170, 186 Drei-Elemente-Lehre 8ff., 18, 28, 36, 39f., 44 Drei-Elemente-Begriff 38ff. effektive Verbindung 119, 191f. Eheschließung 34, 82f., 85, 89, 92, 96ff., 101f., 105f., 110, 113, 115f., 120f., 122ff., 172 elterliche Verantwortung 128ff.

engste Verbindung 33, 77f., 80, 82, 85, 98, 100, 117, 135f., 175, 196, 201, 211, 213, 231f. Erbrecht 130, 132f., 179, 222, 226f., 229 Fusion 18ff., 47, 50f., 53f. 111ff., 122, 137, 150, 163, 165f. Gebietshoheit 10, 13, 15f., 18, 22, 27, 42, 46f., 54, 142, 145, 149, 183, 191, 200, 213 Gesellschaftsrecht 136ff., 146, 222 Gesetztesumgehung 183, 192, 207, 215ff. gewöhnlicher Aufenthalt 51, 82f., 92f., 96ff., 116ff., 129f., 134, 148ff., 185, 194ff., 209f., 215ff., 221 Güterrecht 62, 72f., 81, 84f., 91f., 95, 109f., 114, 124ff. Handeln unter nicht mehr bestehendem Recht 206ff., 231 Hilfsanknüpfung 96 Inkorporation 1, 5, 21ff., 47, 50f., 54f., 58, 89, 105f., 113, 115ff., 122, 137, 150, 163, 165, 228 interlokale Rechtsspaltung siehe auch Teilrechtsordnungen intertemporales Recht 61ff., 81f., 123, 132, 139, 141, 143, 159, 223, 226 Jemen 20, 54, 111ff., 165f. Jugoslawien 2, 11, 13, 28, 47, 51f., 58f., 61, 66, 91ff., 95f., 98, 101f., 107f., 143, 149, 151, 186

266

Sachverzeichnis

Kontinuität 12, 14, 19f., 26, 40f., 46, 50, 63, 76ff., 86, 88, 98, 103, 113, 119, 129, 133, 137, 145ff., 160, 178 Krim 4, 42, 46, 53, 110, 139, 191, 201, 204, 212, 216 Leerverweisung 49, 87, 106, 112f., 128, 134f., 149 lex temporis actus 61f., 64, 67, 104, 143 one voice-Doktrin 32 ordre public 74, 120, 123, 133, 147, 183, 192, 204ff., 225, 227ff. Parteiautonomie 76, 79f., 134, 152f., 155, 159, 164, 168, 170, 173, 213 Rechtssicherheit 59f., 75ff., 80ff., 89, 101, 103f., 107, 110, 116, 128, 135, 137, 142, 147f., 150, 153f., 157, 159ff., 163, 168, 170, 193, 213, 215, 220, 232 Rechtswahl 76f., 79f., 134, 152ff., 207ff., 232 Rechtswidrigkeit der Sukzession 189ff. Rückwirkung 61f., 89, 94, 104f., 125f., 223ff. – echte 224 – unechte 104, 224, 229 Schuldrecht 61f., 133ff., 154, 158, 164, 171 Separation 2, 23ff., 47, 55f., 65, 107, 118ff., 122, 134f., 137, 150, 163 Sezession 2ff., 23ff., 47, 55f., 59, 107, 118ff., 137, 150, 163 Staatennachfolge siehe auch Staatensukzession Staatensukzession – im Kollisionsrecht 45ff. – im Völkerrecht 10ff. Staatsangehörigkeit 47f., 97ff., 101, 176ff. Staatsbegriff 7 – kollisionsrechtlicher 36ff., 46f., 50, 52, 66, 111, 119 – völkerrechtlicher 8ff. Staatsidentität 11, 13, 18, 22, 47ff., 58, 86, 113, 115, 119f., 163

– im engeren Sinn 47ff., 58 – im weiteren Sinn 49ff. – kraft Fortbestehens einer Teilrechtsordnung 51f., 114 – sui generis 50f., 91, 112ff., 116, 118, 150 Statutenwechsel 67ff., 79, 81ff., 93f., 101f., 104ff., 124ff., 139f. 171f., 221f., 231ff. subjektive Anknüpfung Siehe Rechtswahl tabula rasa-Prinzip 13f. Teilrechtsordnungen 38f., 43, 51ff., 55f., 88, 91, 94, 96ff., 101, 113f., 119, 126, 137, 143f., 151 Transposition 140, 144, 218ff., 223 Unterhalt 124, 144, 148 Unwandelbarkeit 72, 75ff., 82ff., 90, 92f., 98, 101ff., 110, 112, 114f., 119, 124, 126f., 142 Versteinerungsklausel 155ff. Versteinerungstheorie 73f., 95 völkerrechtliche Vorfragen 33ff. Völkerrechtswidrigkeit 27, 46, 110, 118, 189, 191f., 211ff., 217f., 229 Vorgängerrechtsordnung 86, 89, 112, 123f., 132f., 137, 145, 161, 163, 206, 208, 211, 218, 221f. Wandelbarkeit – einer Anknüpfung 69, 75ff., 80, 83f. 111, 128, 142 – des materiellen Rechts 62, 72ff. Wegfall der Geschäftsgrundlage 162ff. Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, Staatsarchive und Staatsschulden 17, 20, 26 Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge 17, 19, 23, 25f., 29, 48 Zeitpunkt der Sukzession 57ff., 102ff., 126, 137, 169, 173, 186 Zession 14ff., 52f., 65, 108ff., 137, 163 Zusammenschluss siehe auch Fusion