Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Gesetzgebung und Rechtsdogmatik: Eine Analyse ausgewählter prozessualer Institute [1 ed.] 9783428582341, 9783428182343

Untersucht wird, ob sich auf Ebene der Gesetzgebung und der Prozessrechtsdogmatik aktuell Tendenzen abzeichnen, das Proz

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Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Gesetzgebung und Rechtsdogmatik: Eine Analyse ausgewählter prozessualer Institute [1 ed.]
 9783428582341, 9783428182343

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Schriften zum Prozessrecht Band 276

Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Gesetzgebung und Rechtsdogmatik Eine Analyse ausgewählter prozessualer Institute

Von Cathrin Silberzahn

Duncker & Humblot · Berlin

CATHRIN SILBERZAHN

Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Gesetzgebung und Rechtsdogmatik

Schriften zum Prozessrecht Band 276

Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Gesetzgebung und Rechtsdogmatik Eine Analyse ausgewählter prozessualer Institute

Von Cathrin Silberzahn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Graduate School of Law, Economics and Society (GSLES) hat diese Arbeit im Jahre 2020 in Ausübung des Promotionsrechts der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-18234-3 (Print) ISBN 978-3-428-58234-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und meinem Bruder Martin

Vorwort Diese Arbeit ist am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Steuerrecht von Herrn Prof. Dr. Ralf P. Schenke entstanden und konnte 2020 erfolgreich abgeschlossen werden. An erster Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. Ralf P. Schenke bedanken, der meine Dissertation hervorragend betreut hat. Er hat mir stets anregende und hilfreiche Impulse gegeben und meine Arbeit mit kritischen und ermunternden Worten begleitet. Auch hatte er jederzeit ein offenes Ohr für mich und jede Diskussion war ihm willkommen. Im Rahmen der Promotion und durch die Arbeit an seinem Lehrstuhl habe ich viel von ihm gelernt. Meinem Zweitbetreuer Herrn Prof. Dr. Ralf Brinktrine möchte ich ebenfalls ganz herzlich Danke sagen für die Begleitung der Arbeit. Auch Herrn Prof. Dr. Florian Bien möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Er gab mir hilfreiche Impulse für die Dissertation und ging auch als Direktor der Graduate School of Law, Economics and Society (GSLES) immer zeitnah auf meine Fragen zum Promotionsverfahren ein. Weiterhin möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen Anna Bödigheimer-Christ, Jessica Flint, Jörn Kronbach, Maria Lairich, Sara Lösel, Dr. Sebastian Scholz, Dr. Sebastian Sumalvico, Dr. Jan Weismantel und ­Niklas Woitok für die vielen spannenden Gespräche und Diskussionen und die gute Zusammenarbeit bedanken. Wir hatten stets ein gutes Arbeitsklima, waren gleichzeitig produktiv und haben es geschafft, eine gute „Work-LifeBalance“ zu erreichen. Ganz besonders hervorheben möchte ich die damalige Sekretärin unseres Lehrstuhls Sigrid Then, zu der ich wirklich mit jedem Anliegen kommen konnte und die maßgeblich zu der guten Atmosphäre beigetragen und uns so ein effizientes und angenehmes Arbeiten ermöglicht hat. Mein Dank gilt auch ihrem Sohn Johannes Then, der mich bei der technischen Umsetzung der automatisierten Textanalyse unterstützt hat, immer auf meine Ideen eingegangen ist und sein Wissen auch aus der Ferne gut übermitteln konnte. Nicht vergessen möchte ich meine studentischen Hilfskräfte, die mir im Rahmen meiner Tätigkeit als Frauenbeauftragte der Juristischen Fakultät zugeordnet waren und die mich nicht nur bei dieser Tätigkeit, sondern auch bei der Promotion unterstützt haben. Ich möchte mich daher bedanken bei Niklas Dehne, Manuela Deingruber und Eva Witzmann sowie Hannah von Wickede, die zwischenzeitlich meine Kollegin und selbst Doktorandin wurde. Sie ha-

8 Vorwort

ben mich tatkräftig bei der Recherche, den Korrekturen und sonstigen arbeitsintensiven Aufgaben unterstützt. Die Diskussionen mit ihnen waren hilfreich und anregend und für ihre oft überobligatorische Arbeit bin ich ihnen sehr dankbar. Auch bei den studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls möchte ich mich herzlich bedanken. Weiterhin möchte ich meine Mutter Sabine Silberzahn, meinen Vater J­ürgen Silberzahn und meinen Bruder Martin Silberzahn an dieser Stelle unbedingt erwähnen, denen ich ebenfalls zu großem Dank verpflichtet bin. Sie haben mich stets ermutigt und unterstützt – „Du musst einfach nur ­schreiben!“ – und so dazu beigetragen, dass diese Arbeit erfolgreich zu Ende gebracht werden konnte. Hervorzuheben ist vor allem die Unterstützung durch meinen Bruder. Er nahm sich wirklich immer Zeit für mich, egal ob es ein technisches Problem zu lösen galt oder eine inhaltliche Frage zu diskutieren. Durch das Know-How, das er durch seine Tätigkeit in der Kommunalverwaltung erworben hat, trug er dazu bei, dass ich in meine Arbeit auch immer wieder die Perspektive der Praxis einbringen konnte. Ein ganz herzlicher Dank gilt auch Daniel Härter für seine Unterstützung und Motivation. Weiterhin ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Karl Härter für zahlreiche hilfreiche Korrekturen und Impulse. Ein ebenso großer Dank geht an Valérie von Gleichen, die mich als Doktorandin im volkswirtschaftlichen Bereich der Wirtschaftswissenschaften bei dem interdisziplinären Teil der Dissertation unterstützt und so dazu beigetragen hat, dass ich auch diese Perspektive einfließen lassen konnte. Die Arbeit wurde durch ein Begabtenstipendium der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) aus den Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Förderung durch die HSS, vor allem auch die zahlreichen Seminare und der so ermöglichte Austausch mit anderen Promovierenden, hat meine Arbeit in vielfältiger Weise bereichert. Auch dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Auf jeden Fall werde ich immer gerne an die Zeit der Entstehung der Promotion zurückdenken, die für mich eine Zeit des Lernens, des Ausprobierens und der persönlichen Entwicklung war. So war sie geprägt von harter Arbeit und anspruchsvollen Aufgaben, aber auch von Kollegialität und Spaß und ich bin sehr froh, dass ich diese Chance wahrgenommen habe. Würzburg, im März 2021

Cathrin Silberzahn

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 § 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 § 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 § 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Rechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 § 5 Interdependenzen zwischen den Ebenen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik in Bezug auf die Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 § 6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 § 7 Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 § 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegende Unterscheidung der Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . B. Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Untersuchungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beobachtungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Intra- und Interdisziplinarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eingrenzung der Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswahl des Verfahrensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) VwGO, FGO und SGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswahl der Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswahl der prozessualen Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Beispiele aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prozessrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bindungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionen des Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptfunktion – Gewährung subjektiven Rechtsschutzes . . . . . . a) Justizgewährleistungsanspruch auf nationaler Ebene . . . . . . . aa) Garantie des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeiner Justizgewährleistungsanspruch . . . . . . . . . . b) Justizgewährleistungsanspruch auf Ebene der EMRK . . . . . . c) Justizgewährleistungsanspruch auf Unionsebene . . . . . . . . . . 2. Nebenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bewahrung der objektiven Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . .

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12 Inhaltsverzeichnis b) Rechtsfortbildung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Rechtsfrieden und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Prozessmaximen und allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze . . . . . 95 1. Hauptmaximen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Dispositionsmaxime versus Offizialmaxime . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Beibringungsmaxime versus Untersuchungsmaxime . . . . . . . 101 2. Weitere prozessuale Maximen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Grundsatz der Mündlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Grundsatz der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Grundsatz der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Konzentrationsmaxime und Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Grundsatz des Amtsbetriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Recht auf einen gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Weitere Bindungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 D. Zusammenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 § 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Verwaltungsprozessordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Vorhaben der Schaffung einer VwPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Aktualität der Schaffung einer VwPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institutein den unterschiedlichen Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsmodell 1: Vorrang der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsmodell 2: Getrennte Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Variante 1: Eigenständige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Variante 2: Parallele Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungsmodell 3: Einheitliches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Große Lösung – Einheit aller betrachteten Prozessrechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kleine Lösung – Einheit der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verweisungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Veweisungstechnik als Bestandteil der Gesetzgebungslehre . . . . . . . II. Verweisungen in den analysierten Prozessrechtsordnungen . . . . . . . 1. Verweisungen von SGG auf VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Generalverweisungen in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis13 a) Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Entsprechende“ beziehungsweise „sinngemäße“ Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Spezialverweisungen auf ZPO und GVG in den öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt . . . . . . . . . . b) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . aa) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf die ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf das GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgenseite der Spezialverweisungen . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dienstaufsichtsbeschwerde, § 26 Abs. 2 DRiG . . . . . . . . . . . b) Verfassungsbeschwerde, Art. 94 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Außerordentliche Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Untätigkeitsklage, § 75 VwGO, § 46 FGO, § 88 SGG . . . . . 2. ÜberlVfRSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanz des Einheitsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) VwGO, FGO und SGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) SachVRÄndG – Folgeänderungen nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG als Exkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ZPO-RG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. MediationsuaFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanz des Einheitsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) MedG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141 142 144 146 147 148 148 152 154 155 156 156 157 158 159 160 161 162 162 166 166 174 174 178 180 181 183 183 185 188 188 191 191 194 195

14 Inhaltsverzeichnis dd) VwGO, FGO und SGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Videokonferenztechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ZSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 2. FGOÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) ZPO-RG und JKomG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. VideokonfIntensG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanz des Einheitsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) FormAnpG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) JKomG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) EAJEGuERVFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) eIDAS-Durchführungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. ERVGerFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanz des Einheitsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) VwGO, FGO und SGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorschriften zum Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Rechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Textproduktion vorausgehende Verstehensprozesse  . . . . . . . . . . . . . I. Vorverständnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Vorverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorverständnis und Einheit des Prozessrechts . . . . . . . . . . . . . . . II. Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Leitbildes und Abgrenzung zum Vorverständnis . . . 2. Leitbild und Einheit des Prozessrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechtsin juristischen Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersuchte rechtsdogmatische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Datengewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auswahl der analysierten Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) ÜberlVfRSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) MediationsuaFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196 199 201 201 201 202 203 206 206 207 211 212 213 213 215 219 220 221 221 227 227 229 231 232 233 237 237 238 238 239 240 240 242 243 243 245 245 245 245 246

Inhaltsverzeichnis15 cc) VideokonfIntensG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 dd) ERVGerFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 ee) Gesamtsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Datengewinnung aus den Kommentaren . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Datensortierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 II. Analysemethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) Allgemeine Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) Spezifische Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Suchmodalitäten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Leistungsfähigkeit der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 III. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren (194 Quellen) . . 260 a) Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Auswertung der Aufsätze (33 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 aa) Allgemeine Aufsätze (13 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 bb) Zivilprozessuale Aufsätze (9 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (4 Quellen) . . . . . . . . 261 dd) Finanzprozessuale Aufsätze (4 Quellen) . . . . . . . . . . . . . 262 ee) Sozialprozessuale Aufsätze (3 Quellen) . . . . . . . . . . . . . 262 c) Auswertung der Entscheidungen (161 Quellen) . . . . . . . . . . . 262 aa) Zivilprozessuale Entscheidungen (62 Quellen) . . . . . . . 262 bb) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (26 Quellen) . 263 cc) Finanzprozessuale Entscheidungen (24 Quellen) . . . . . . 263 dd) Sozialprozessuale Entscheidungen (49 Quellen) . . . . . . 263 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Mediation (48 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Aufsätze (36 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Allgemeine Aufsätze (20 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Zivilprozessuale Aufsätze (8 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . 265 cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (7 Quellen) . . . . . . . . 265 dd) Finanzprozessuale Aufsätze (0 Quellen) . . . . . . . . . . . . . 266 ee) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Entscheidungen (12 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (10 Quellen) . 266 bb) Sozialprozessuale Entscheidungen (2 Quellen) . . . . . . . 267 cc) Zivil- und finanzprozessuale Entscheidungen (0 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3. Videokonferenztechnik (7 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

16 Inhaltsverzeichnis a) Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Aufsätze (3 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Allgemeine Aufsätze (2 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) . . . . . . . . . . . . . . 269 cc) Zivil-, verwaltungs- und finanzprozessuale Aufsätze (0 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 c) Entscheidungen (4 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Zivilprozessuale Entscheidungen (1 Quelle) . . . . . . . . . 269 bb) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (0 Quellen) . . 269 cc) Finanzprozessuale Entscheidungen (2 Quellen) . . . . . . . 270 dd) Sozialprozessuale Entscheidungen (1 Quelle) . . . . . . . . 270 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 4. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten (29 Quellen) . . 271 a) Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Aufsätze (29 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Allgemeine Aufsätze (15 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 bb) Zivilprozessuale Aufsätze (9 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . 272 cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (3 Quellen) . . . . . . . . 273 dd) Finanzprozessuale Aufsätze (1 Quelle) . . . . . . . . . . . . . . 273 ee) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) . . . . . . . . . . . . . . 273 c) Entscheidungen (0 Quellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 IV. Kontrolle der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 C. Zusammenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 § 5 Interdependenzen zwischen den Ebenen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik in Bezug auf die Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Videokonferenztechnik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

277 280 281 281 281 282

§ 6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 § 7 Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 § 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) . . . . . . . . . . . I. Ursprungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Manuelle Suche nach Schlüsselwörtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Automatische Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Programmentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Datensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

303 303 303 304 305 305 306 307

Inhaltsverzeichnis17 4. Fehlerbehebung bei der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Suchterme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ÜberlVfRSchG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themengruppe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themengruppe 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Themengruppe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Themengruppe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Themengruppe 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) MediationsuaFöG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themengruppe 1  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themengruppe 2  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Themengruppe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Themengruppe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Themengruppe 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) VideokonfIntensG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themengruppe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themengruppe 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Themengruppe 3  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Themengruppe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Themengruppe 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) ERVGerFöG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themengruppe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themengruppe 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Themengruppe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Themengruppe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Themengruppe 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Doppelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themengruppe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themengruppe 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Themengruppe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Themengruppe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Themengruppe 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

308 309 309 309 309 310 310 310 311 311 311 311 312 312 312 312 313 313 313 313 314 314 314 314 314 315 315 316 316 316 316 317 317 317 318 319 319 320 321

18 Inhaltsverzeichnis 7. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 8. Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 I. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 324 1. Aufsatzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 a) Allgemeiner Aufsatz: „Die Klage auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens“ . . . . . . 324 b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Der neue staatshaftungsrechtliche Anspruch bei überlangen Gerichtsverfahren“ . . . . 326 d) Finanzprozessualer Aufsatz: „Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren“ . . . . . . . . . . 327 e) Sozialprozessualer Aufsatz: „Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit – Zum Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011 –“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 2. Rechtsprechungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 a) Zivilprozessuale Entscheidung: „Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von ‚Massenverfahren‘ “ . . . . . . . . . . . 329 b) Verwaltungsprozessuale Entscheidung: „Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 c) Finanzprozessuale Entscheidung: „Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH“ . . . . . . . . . . . . . . 330 d) Sozialprozessuale Entscheidung: „Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 II. Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 1. Aufsatzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 a) Allgemeiner Aufsatz: „Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konflikt­ lösungssystem“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem – Aufgabenbereiche und Methoden des Güterichters nach § 278 ZPO – Eine erste Bilanz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten des Mediationsförderungsgesetzes“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 d) Sozialprozessualer Aufsatz: „Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 2. Rechtsprechungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Inhaltsverzeichnis19 a) Verwaltungsprozessuale Entscheidung: „Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung“ . . . . . . . . . . . 337 b) Sozialprozessuale Entscheidung: „Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens“ . . . . . . . . . . . . . . . . 338 III. Videokonferenztechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 1. Aufsatzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 a) Allgemeiner Aufsatz: „Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz – Ein kleiner Schritt auf dem Weg zum elektronischen Gerichtsverfahren“ . . . . . . . . . 339 b) Sozialprozessualer Aufsatz: „Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess“ . . . . . . . . . . . . . 340 2. Rechtsprechungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 a) Zivilprozessuale Entscheidung: „Unerreichbarkeit eines Auslandszeugen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 b) Finanzprozessuale Entscheidung: „Kein Kindergeld für in Südamerika tätigen Missionar“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 c) Sozialprozessuale Entscheidung: „Unfallversicherung, Arbeitsunfall“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 IV. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . 342 1. Aufsatzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 a) Allgemeiner Aufsatz: „Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter – Entwicklung und Entwicklungsperspektiven von E-Justice“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?“ . . . . . . . . 343 d) Finanzprozessualer Aufsatz: „Die elektronische Klage – Verwendung von Fax, Computerfax und E-Mail in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 e) Sozialprozessualer Aufsatz: „Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute und morgen“ . . . . . . . 345 2. Rechtsprechungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Vorrang der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Abbildung 2: Getrennte Regelungen – Eigenständige Regelungen . . . . . . . . . 130 Abbildung 3: Getrennte Regelungen – Parallele Regelungen . . . . . . . . . . . . . . 131 Abbildung 4: Einheitliches Gesetz – Große Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Abbildung 5: Einheitliches Gesetz – Kleine Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Abbildung 6: Von Modellen zu Modelltheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Abbildung 7: Betrachtungsweisen von Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Tabelle 1:

Tendenzen der Betrachtung des Prozessrechts als Einheit . . . . . 276

Abkürzungsverzeichnis ABl Amtsblatt Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis ADR Alternative Dispute Resolution AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Amtsgericht AGS Anwaltsgebühren spezial AnfG Anfechtungsgesetz AnwBl Anwaltsblatt AO Abgabenordnung AöR Archiv des öffentlichen Rechts AOStB AO-Steuerberater ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz ArbR Arbeitsrecht Art. Artikel ASR Anwalt/Anwältin im Sozialrecht AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz AsylG Asylgesetz Aufl. Auflage BAG Bundesarbeitsgericht BauGB Baugesetzbuch BayRVR Bayerischer Rechts- und Verwaltungsreport BayVBl Bayerische Verwaltungsblätter BB Der Betriebs-Berater Bd. Band beA besonderes elektronisches Aktenpostfach BeckRS Beck-online Rechtsprechung BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung (bis 1997: amtlich nicht veröffentlichter) Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFHE Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl Bundesgesetzblatt

22 Abkürzungsverzeichnis BGH Bundesgerichtshof BGHE

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BMJ

Bundesministerium der Justiz

BMJV

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor­ sicherheit

BORA

Berufsordnung für Rechtsanwälte

BR Bundesrat BRAK Bundesrechtsanwaltskammer BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung BRJ

Bonner Rechtsjournal

BSG Bundessozialgericht BSGE

Entscheidungen des Bundessozialgerichts

BT Bundestag Buchh Buchholz BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGG Bundesverfassungsgerichtsgesetz BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

bzgl bezüglich CDU

Christlich Demokratische Union Deutschlands

Co. Compagnie CSU

Christlich-Soziale Union in Bayern e. V.

DB

Der Betrieb

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DRiG

Deutsches Richtergesetz

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

Drs. Drucksache DS

Der Sachverständige

DStR

Deutsches Steuerrecht

DStZ

Deutsche Steuer-Zeitung

Dt. Deutsch DVBl

Deutsches Verwaltungsblatt

DVP

Deutsche Verwaltungspraxis

E Entscheidung

Abkürzungsverzeichnis23 e. V.

eingetragener Verein

EAJEGuERVFöG

Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs

E-Akte

Elektronische Akte

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EFG

Entscheidungen der Finanzgerichte

EG

Europäische Gemeinschaft

EGGVG

Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EGVP

Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach

EGZPO

Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

eIDAS

electronic IDentification, Authentication and trust Services

E-Justice

Electronic Justice

EL Ergänzungslieferung EMöGG

Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention; Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

EnWZ

Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft

ERVGerFöG

Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten

ERVV Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ESF-Projekt

Europäischer Sozialfond-Projekt

EU

Europäische Union

EuBV

Verordnung über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen

EuGFV

Verordnung zur Einführung eines Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen

EuGH

Europäischer Gerichtshof

Eur.

Europäisches Recht (Titelzusatz LL.M.)

Europ. Europäisch EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f. folgend FamFG

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FamRZ

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

FDP

Freie Demokratische Partei

24 Abkürzungsverzeichnis ff.

und folgende

FG Finanzgericht FGG

Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FGG-RG

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FGO Finanzgerichtsordnung FGOÄndG

Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung

Fn. Fußnote FormAnpG Formanpassungsgesetz FPR

Familie Partnerschaft Recht

G Gesetz GA

Goltdammer’s Archiv für Strafrecht

gem. gemäß GG Grundgesetz GKG Gerichtskostengesetz GLU

Glossar zu Niklas Luhmann’s Theorie sozialer Systeme

GmS-OGB

Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes

GOBT

Geschäftsordnung des Bundestages

GrCh Grundrechte-Charta GrundRChartaErläut Erläuterungen zur Grundrechte-Charta GSLES

Graduate School of Law, Economics and Society

GVerfÄndG

Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes

GVG Gerichtsverfassungsgesetz GVKostG

Gesetz über die Kosten der Gerichtsvollzieher

GVOBl

Gesetz- und Verordnungsblatt

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HFR

Humboldt Forum Recht

HFR

HöchstRichterliche Finanzrechtsprechung

HRRS

Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht

Hrsg. Herausgeber Int. International IntVidKTLVO

Landesverordnung zur Umsetzung des Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren

i. V. m.

in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis25 JA

Juristische Arbeitsblätter

JKomG Justizkommunikationsgesetz jM

juris – Die Monatszeitschrift

JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart

Jura

Juristische Ausbildung

JurPC

Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht

JuS

Juristische Schulung

JZ Juristenzeitung K & R

Kommunikation und Recht

KG Kammergericht KMU

Kleine und Mittlere Unternehmen

KomE Kommissionsentwurf KritV

Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft

LG Landgericht LL.M.

Master of Laws

LMK

Kommentierte BGH-Rechtsprechung

LSG Landessozialgericht Ltd. Limited LwVG Landwirtschaftsverfahrensgesetz MA-Netze Multiagenten-Netzwerke MDR

Monatsschrift für deutsches Recht

MedG Mediationsgesetz Mediations-RL Mediationsrichtlinie MediationsuaFöG

Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung

MMR

MultiMedia und Recht

NABEG Netzausbaubeschleunigungsgesetz NJ

Neue Justiz

NJOZ

Neue Juristische Online-Zeitschrift

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NordÖR

Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland

Nr. Nummer NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NWB

Neue Wirtschafts-Briefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht

NWVBl

Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht

NZFam

Neue Zeitschrift für Familienrecht

26 Abkürzungsverzeichnis NZS

Neue Zeitschrift für Sozialrecht

Öffentl. Öffentliches OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht PlPr. Plenarprotokoll pm

perspektive mediation

QR-Code

Quick Response-Code

RabelsZ

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

RdA

Recht der Arbeit

RGBl Reichsgesetzblatt RL Richtlinie RM Regelungsmodell Rn. Randnummer RPflG Rechtspflegergesetz RsprEinhG Rechtsprechungs-Einheitlichkeitsgesetz RuP

Recht und Politik

RVG

Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

S. Seite SachVRÄndG

Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes

SchiedsVZ

Zeitschrift für Schiedsverfahren

SCHlHA

Schleswig-Holsteinische Anzeigen

SGb

Die Sozialgerichtsbarkeit

SGB Sozialgesetzbuch SGG Sozialgerichtsgesetz SGGÄndG

Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

SigG Signaturgesetz Slg. Sammlung sog. sogenannt SozSich

Soziale Sicherheit

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

SRa

Sozialrecht aktuell

SRA

Sozialrecht aktuell

StB

Der Steuerberater

Abkürzungsverzeichnis27 Stbg

Die Steuerberatung

StBW

Steuerberater Woche

SteuK

Steuerrecht kurzgefasst

StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung StuW

Steuer und Wirtschaft

ThürVBl

Thüringer Verwaltungsblätter

TOP Tagesordnungspunkt u. a.

und andere

u. a.

unter anderem

ÜberlVfRSchG

Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

UGB Umweltgesetzbuch UKlaG Unterlassungsklagengesetz UmwRG Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Var. Variante VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg

VDG Vertrauensdienstegesetz VerwArch Verwaltungsarchiv VG Verwaltungsgericht VGG Verwaltungsgerichtsgesetz VGH Verwaltungsgerichtshof VideokonfIntensG

Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren

VidIntGIZStVO

Verordnung zur Zurückstellung des Inkrafttretens des Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren

VO Verordnung VR Verwaltungsrundschau VuR

Verbraucher und Recht

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwGOÄndG

Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

VwPO Verwaltungsprozessordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Web-Dok. Web-Dokument WISO

Wirtschaft und Soziales (Datenbank)

28 Abkürzungsverzeichnis WzS Wege zur Sozialversicherung z. zur ZAP Zeitschrift für die Anwaltspraxis ZD Zeitschrift für Datenschutz ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfBR Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZG Zeitschrift für Gesetzgebung ZJS Zeitschrift für das juristische Studium ZKM Zeitschrift für Konfliktmanagement ZMediat-AusbV Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung ZPO Zivilprozessordnung ZPO-RG Zivilprozessreformgesetz ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZschG Zeugenschutzgesetz ZSteu Zeitschrift für Steuern und Recht ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft ZUR Zeitschrift für Umweltrecht ZustAnpV Zuständigkeitsanpassungsverordnung ZustRG Zustellungsreformgesetz ZVG Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) ZZP Zeitschrift für Zivilprozess Im Übrigen sei auf Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl., Berlin/Boston, 2018 verwiesen.

§ 1 Einleitung Die Tätigkeit eines Juristen ist vor allem auch eine logische Tätigkeit. Die juristischen Examina zeichnen sich dadurch aus, dass in vielen Fällen keine Detailkenntnisse von Regelungen verlangt werden. Stattdessen ist die Kenntnis des Gesamtzusammenhangs der abgeprüften Regelungskomplexe erforderlich, um zu einer plausiblen Lösung der Aufgabenstellung zu gelangen. Um zu verstehen, nach welchem System rechtliche Regelungen aufgebaut sind, ist es hilfreich, zu wissen, welche Vorstellungen hinter den Regelungen stehen. Selbstverständlich ist das dogmatische Arbeiten, das sich auf konkrete Vorschriften bezieht und daraus juristische Grundsätze ableitet, von großer Wichtigkeit. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, sich mit der juristischen Materie auseinanderzusetzen. Diese rücken allzu oft in den Hintergrund. Die vorliegende Arbeit verfolgt einen solchen eigenständigen Ansatz, um zur Schließung der diesbezüglichen Lücken beizutragen.1

A. Grundlegende Unterscheidung der Verfahrensordnungen Im deutschen Recht wird zwischen drei großen Rechtsgebieten unterschieden: dem Zivilrecht, dem öffentlichen Recht und dem Strafrecht.2 Das Strafrecht ist dabei systematisch dem öffentlichen Recht zuzurechnen, sodass eigentlich von einer Zweiteilung ausgegangen werden müsste.3 Allerdings enthält das Strafrecht insbesondere hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen staatliche Strafverfolgungsmaßnahmen eigene Regeln, die seine Einordnung als selbstständige Materie rechtfertigen.4 Die materiell-rechtliche Unterschei1  Nähere

Erläuterungen des gewählten Ansatzes folgen. BGB Allgemeiner Teil, 4. Aufl., 2018, § 2 Rn. 1; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 7; vergleiche dazu Jestaedt, Wissenschaftliches Recht, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 117 (119); zur Versäulung der Teilwissenschaften Lindner, Einheit der Rechtswissenschaft als Aufgabe, JZ 2016, 697 (698). 3  So Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 4. Aufl., 2018, § 2 Rn. 5 und Medicus/ Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl., 2016, Rn. 1, die darauf eingehen, dass sich die systematische Zuordnung des Strafrechts zum öffentlichen Recht daraus ergibt, dass auch auf diesem Gebiet der Staat hoheitlich tätig wird; vergleiche auch Noll, Gesetzgebungslehre, 1973, S. 212. 4  Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 4. Aufl., 2018, § 2 Rn. 5; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl., 2016, Rn. 1; als Beispiel für solche Rege2  Bitter/Röder,

30

§ 1 Einleitung

dung zwischen den Rechtsgebieten findet eine prozessuale Entsprechung. So differenziert das deutsche Gerichtsverfassungsrecht zwischen verschiedenen Gerichtszweigen mit jeweils eigenem Verfahrensrecht5.6 Grund für diese Unterteilung ist, dass die Interessenlage der Parteien und das öffentliche Interesse an der Richtigkeit der Entscheidung in den Gerichtszweigen unterschiedlich ausgestaltet sind.7 In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten stehen sich in vielen Fällen der Staat und ein in aller Regel strukturell unterlegener Bürger gegenüber,8 sodass es wenig sachgerecht erscheint, den Sachvortrag wie im Zivilprozessrecht den Parteien zu überlassen. Vielmehr hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.9 Dies kommt dem Bürger entgegen und bietet unabhängig vom Sachvortrag der Beteiligten eine hohe Richtigkeitsgewähr der gerichtlichen Entscheidung. Das Verhältnis der Verfahrensordnungen zueinander kann unterschiedlich ausgestaltet werden. Ein Ansatz besteht darin, die Zivilprozessordnung (ZPO), die zu den Reichsjustizgesetzen von 1877 gehört,10 in den Mittelpunkt der prozessualen Gesetzgebung und der Prozessrechtsdogmatik zu stellen. Als „Mutter“ aller Verfahrensordnungen11 hat sie schon deshalb eine lungen zum Rechtsschutz im Strafrecht sind Art. 103 Abs. 2 und Abs. 3 GG zu nennen. Sie sind erforderlich, weil die Eingriffsintensität im Bereich des Strafrechts aufgrund des möglichen Freiheitsentzuges sehr hoch ist. 5  Im Rahmen der vorliegenden Betrachtung werden der weitere Begriff Verfahrensrecht sowie der engere Begriff Prozessrecht zur Bezeichnung des prozessualen Verfahrens verwendet, ohne dass hieraus Konsequenzen inhaltlicher Art entstehen; siehe zum Begriff des Verfahrens- und Prozessrechts § 2 B. I. 6  Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 16 ff.; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 79; siehe § 1 D. II. 1. In Art. 95 Abs. 1 GG sind fünf oberste Bundesgerichte vorgesehen, die jeweils einer Gerichtsbarkeit zugeordnet werden. Allerdings können die Gerichtszweige der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit thematisch zu einem öffentlich-rechtlichen Gerichtszweig zusammengefasst werden. 7  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 88 ff. 8  Bitter/Röder, BGB Allgemeiner Teil, 4. Aufl., 2018, Rn. 4; Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 42. Aufl., 2018, § 1 Rn. 10. 9  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 82; vergleiche zum Amtsermittlungsgrundsatz Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 86 VwGO Rn.  6 ff.; siehe §  2  C. II. 1. b). 10  RGBl VI 1877, 83  ff.; Vollkommer, in: Zöller (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 32. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 1; zur Geschichte des Zivilprozessrechts bis zu den Reichsjustizgesetzen vergleiche Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 4. 11  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 5 mit



B. Erkenntnisinteresse31

Sonderstellung inne, weil sie über die längste dogmatische Tradition verfügt. Der Gesetzgeber kann sich als Folge in den anderen Verfahrensordnungen darauf beschränken, Abweichungen von der ZPO zu normieren. Hier kommt der Gedanke des Vorrangs des Zivilprozessrechts zum Tragen. Gegenmodell zu diesem Konzept ist es, die Eigenständigkeit der verschiedenen Verfahrensordnungen zu betonen. Diese können dann ganz eigene Wege gehen und sich unabhängig voneinander entwickeln. Ein drittes Konzept wäre es, von einer allgemeinen Prozessrechtslehre auszugehen, die allen Gerichtszweigen vo­ rausliegt und in den einzelnen Gerichtszweigen nur bereichsspezifisch angepasst wird.12

B. Erkenntnisinteresse Das Erkenntnisinteresse der Arbeit besteht darin, herauszufinden, wie Prozessrecht betrachtet wird. Es soll analysiert werden, inwieweit das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre13 in jüngerer Zeit noch – oder wieder – Anhänger findet. Die Untersuchung ist auf zwei Ebenen angesiedelt. Auf der ersten Ebene wird die Sicht des Gesetzgebers dargestellt. Die zweite Ebene zeigt die rechtsdogmatische Betrachtungsweise auf. Dazu zählen sowohl die in der Literatur als auch die in der Rechtsprechung eingenommenen Perspektiven.14 Auf beiden Ebenen kann schwerpunktmäßig die Eigenart der jeweiligen Verfahrensordnungen oder die Einheit des Prozessrechts betont werden. Letzteres weist darauf hin, dass dem Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre Bedeutung zukommt.15 Auf rechtsdogmatischer Ebene existieren bereits prozessordnungsübergreifende Darstellungen. Beispielhaft sei das grundleweiteren Nachweisen; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 3. 12  Siehe näher zu diesen Konzepten § 3 B. bis § 3 E. Sie können sich auch überschneiden. 13  Siehe ausführlich zum Begriff der allgemeinen Prozessrechtslehre § 2 B. 14  In Deutschland gehören gerichtliche Äußerungen, also die Rechtsprechung, zum dogmatischen Diskurs (vergleiche Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 [7]; Kirchhof/Magen, Dogmatik: Notwendigkeit und Dialog, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 151 [161]; Lepsius, Kritik der Dogmatik, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 39 [42 f.]; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 6, 99). Die Rechtsdogmatik vereint Rechtswissenschaft und Rechtspraxis (vergleiche Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 [487]). Zur Dogmatik des Richterrechts vergleiche Picker, Richterrecht und Rechtsdogmatik. Zur dogmatischen Disziplinierung des Richterrechts, in: Bumke (Hrsg.), Richterrecht zwischen Gesetzesrecht und Rechtsgestaltung, 2012, 85 ff. 15  Siehe ausführlich zu diesem Gedankengang § 2 B. III.

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§ 1 Einleitung

gende Werk von Wolfgang Grunsky mit dem Titel „Grundlagen des Verfahrensrechts“ genannt.16 Die Arbeit stammt in ihrer ersten Auflage aus dem Jahr 197017 und in ihrer zweiten Auflage aus dem Jahr 197418. Sie ist damit so alt, dass sich die Frage stellt, ob das Konzept gescheitert ist.19 Auch dies gilt es zu untersuchen. Auf beiden Ebenen sollen zudem Trends und Steuerungstendenzen aufgezeigt werden. Im Anschluss an die vorgenommenen Einzelbetrachtungen der beiden Ebenen werden die gegebenenfalls bestehenden Zusammenhänge zwischen den favorisierten Konzepten herausgestellt. Diese sind insofern von Interesse, als die Analyse der Betrachtungsweise von Prozessrecht zwei perspektivisch unterschiedliche Ebenen untersucht.20 Mit der Analyse auf Ebene der Legislative wird eine normsetzende und somit gestalterische Sichtweise erkundet. Bei der Analyse der Rechtsdogmatik wird eine Ebene erforscht, auf der die Wissenschaftler und Praktiker neben einer gestalterischen vornehmlich eine reflektierende Perspektive einnehmen.21 Zu klären ist, ob und inwieweit sich Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ebenen finden lassen. Einerseits ist es wünschenswert, dass die prozessualen Grundlagenprobleme auf beiden Ebenen auf dieselbe Weise betrachtet werden. So kann sichergestellt werden, dass die gesetzgeberische Intention verstanden und entsprechend umgesetzt wird. Andererseits könnte eine differenzierte Betrachtungsweise auf der Reflexionsebene mögliche Schwächen der gesetzgeberischen Betrachtungsweise aufzeigen.22

C. Gliederung Die Arbeit ist in acht Teile untergliedert. Die Einleitung (§ 1) beschäftigt sich mit den grundlegenden Unterschieden der Verfahrensordnungen, dem Erkenntnisinteresse und dem Untersuchungskonzept. Ihr folgen Erläuterungen zum Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre (§ 2). Zunächst werden Beispiele aus der Literatur genannt. Danach erfolgt eine Begriffsbildung und schließlich werden die Bindungselemente zwischen den Verfah16  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974; ein ähnliches Konzept verfolgt auch Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978. 17  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 1970. 18  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974. 19  Zu der abnehmenden Anzahl an Beiträgen zur allgemeinen Prozessrechtslehre seit den 1970er Jahren vergleiche Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (150 f.). 20  Siehe näher § 1 D. I. 2. 21  Zur reflektierenden Perspektive der Dogmatiker vergleiche de Lazzer, Rechtsdogmatik als Kompromissformular, in: Dubischar/Folkers/Futter u. a. (Hrsg.), Dogmatik und Methode, 1975, 85 (94). 22  Siehe zur dogmatischen Ebene § 4 und zu den Zusammenhängen § 5.



C. Gliederung33

rensordnungen herausgearbeitet. Im nächsten Schritt wird die Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung (§ 3) analysiert. Es wird auf die bislang gescheiterten Versuche zur Schaffung einer einheitlichen Verwaltungsprozessordnung eingegangen. Danach werden verschiedene Regelungsmodelle herausgearbeitet, wie der Gesetzgeber ein prozessuales Institut in die einzelnen Verfahrensordnungen implementieren kann. Relevant sind in diesem Zusammenhang die Verweisungsnormen in den unterschiedlichen Verfahrensordnungen vor allem auf die ZPO, aber auch des SGG auf die VwGO. Ihnen wird daher bei der Bearbeitung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Anschluss an diese Ausführungen werden die prozessualen Institute zu vier ausgewählten Regelungsbereichen näher analysiert. Es handelt sich um einen Großteil der Regelungen, die durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, das Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes der Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren und das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten Eingang in die Verfahrensordnungen gefunden haben. Danach werden die gewonnen Erkenntnisse zusammengeleitet. In einem weiteren Gliederungspunkt soll die Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Rechtsdogmatik (§ 4) erörtert werden. Zunächst wird dargestellt, wie das Vorverständnis beziehungsweise Leitbild von der Einheit des Prozessrechts seinen Niederschlag in den Prozessrechtsordnungen gefunden hat. Danach wird eine computergestützte Textanalyse durchgeführt. Dabei wird in ausgewählten Texten nach Schlüsselwörtern gesucht, mittels derer sich der Gedanke der Einheit des Prozessrechts nachweisen lässt. In einer Zusammenleitung werden erste Erklärungsversuche der Ergebnisse vorgenommen. Durch die jeweiligen Einzelanalysen und Zusammenleitungen lassen sich Rückschlüsse auf die Bedeutung des Konzepts einer allgemeinen Prozessrechtslehre auf beiden Ebenen ziehen. Der fünfte Teil soll Interdependenzen zwischen der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung und auf Ebene der Rechtsdogmatik (§ 5), also zwischen § 3 und § 4, darstellen. In diesem Teil wird damit aufgezeigt, ob das Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre auf den beiden Ebenen in derselben Weise Beachtung findet. Gleichzeitig dient er der Zusammenfassung der in § 3 und § 4 gewonnenen Ergebnisse. § 3, § 4 und § 5 bilden den Hauptteil der Arbeit. Der Abschluss der Arbeit wird durch eine Zusammenfassung der Ergebnisse (§ 6) markiert. Unter der Überschrift Schlussbetrachtung und Ausblick (§ 7) werden weitere Perspektiven aufgezeigt. In einem Anhang (§ 8) werden ergänzende Ausführungen zu der in § 4 verwendeten Methodik gemacht. Sie können von interessierten Lesern zur weiterführenden Vertiefung

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§ 1 Einleitung

genutzt werden, ohne für das Gesamtverständnis der Arbeit zwingend erforderlich zu sein.

D. Untersuchungskonzept Zur besseren Strukturierung des Erkenntnisinteresses ist die der Arbeit zugrunde liegende Methodik in ihren Grundzügen bereits im Rahmen der Einleitung zu erläutern.23 Im Anschluss ist das sehr weitläufige Thema inhaltlich einzugrenzen.

I. Methodik 1. Induktion Methodisch ist zwischen einer deduktiven und einer induktiven Vorgehensweise zu differenzieren.24 Ein deduktives Vorgehen zeichnet sich dadurch aus, dass von Prämissen Einzelfälle abgeleitet werden.25 Bei der induktiven Herangehensweise wird aus der Betrachtung von Einzelfällen auf eine allgemein gültige Regel geschlossen.26 Um die Betrachtungsweise von Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik herauszustellen, eignet sich allein die induktive Vorgehensweise.27 Zunächst sind geeignete prozessuale Institute zu wählen. Unter prozessualen Instituten sind 23  Zur Wechselbeziehung zwischen Methode und Erkenntnisinteresse vergleiche schon Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (9 f.); Voßkuhle, §  1  Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2.  Aufl., 2012, Rn. 1. 24  In diesem Zusammenhang könnten zusätzlich noch Analogie und Abduktion genannt werden (vergleiche Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 83); zum Zusammenspiel von Induktion und Deduktion vergleiche Möllers, § 3 Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 53; Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 44. 25  Andersson, Deduktion, in: Seiffert/Radnitzky (Hrsg.), Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, 2000, 22; zu deduktiven Methoden Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn. 2; Emenegger, Gesetzgebungskunst, 2006, S. 102 ff. 26  Andersson, Induktion, in: Seiffert/Radnitzky (Hrsg.), Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, 2000, 150; zu induktiven Methoden Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn. 2; Canaris, Funktion, Struktur und Falsifikation juristischer Theorien, JZ 1993, 377 (383); Emenegger, Gesetzgebungskunst, 2006, S. 82 ff. 27  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 23 f.



D. Untersuchungskonzept35

thematisch zusammenhängende Regelungskomplexe zu verstehen.28 Anschließend wird untersucht, wie diese von Gesetzgebung und Rechtsdogmatik in verschiedenen Verfahrensordnungen29 betrachtet werden. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem geltenden Recht. Das Hauptaugenmerk ist nicht auf eine eigenständige Auslegung und Interpretation der prozessualen Institute gerichtet. Es ist nicht das Ziel der Arbeit, die konkreten Regelungen mit all ihren Problemen und Facetten darzustellen. Vielmehr soll analysiert werden, ob sie unter Berücksichtigung des Gedankens von der Einheit des Prozessrechts dargestellt werden. Dazu sind verschiedene Quellen heranzuziehen.30 Die auf den beiden genannten Ebenen gefundenen Ergebnisse werden dann zusammengetragen und verglichen. Es wird also gerade keine eigenständige allgemeine Prozessrechtslehre entwickelt, sondern untersucht, ob Ansätze einer solchen auf den unterschiedlichen Ebenen erkennbar sind. 2. Beobachtungsebenen Prämisse der Arbeit ist, dass auf der Ebene der Gesetzgebung wie der Rechtsdogmatik Ansätze einer allgemeinen Prozessrechtslehre existieren.31 Diese sollen erfasst und analysiert werden. Dabei wird eine übergeordnete Perspektive eingenommen. Es geht vorrangig nicht darum, als Teilnehmer des Diskurses zu agieren, sondern die durch den Gesetzgeber32 vorgenommene Rechtsetzung und die durch die Rechtsdogmatik vorgenommene Analyse zu beobachten und darzustellen.33 28  Zum Begriff des prozessualen Instituts vergleiche Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641 (645 Fn. 38); Luchterhandt, Modelle und Typen in der Wissenschaft, in: Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft (Hrsg.), Jahrbuch 2013 der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft, 2014, 61 (62). 29  Siehe zur Auswahl der Verfahrensordnungen § 1 D. II. 1. 30  Siehe §  1  D. II. 2. 31  Siehe § 1 B. 32  Zur Frage, ob grundsätzlich tatsächlich von „dem Gesetzgeber“ gesprochen werden kann vergleiche Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 5 Rn. 41 ff.; Baldus, Verwerfungsargument und Willenstheorie, in: Baldus/Theisen/Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 75 (76  f.); Loosschelders/Roth, Juristische Methodik im Prozeß der Rechtsanwendung, 1996, S. 46  ­ ff.; Maihofer, Gesetz­ gebungswissenschaft, in: Winkler/Schilcher (Hrsg.), Gesetzgebung, 1981, 3 (19 ff.); Schneider, Was der Gesetzgeber wollte!, in: Baldus/Theisen/Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 111 (112 f.); Theisen, Die Entstehung von Gesetzen, in: Baldus/Theisen/Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 43 (46 ff.). 33  Zur Abgrenzung zwischen Beobachtertheorien und Teilnehmertheorien Röhl/ Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 6; zu den Begriffen der Beobachter-

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§ 1 Einleitung

Der Gesetzgeber schafft das Recht.34 Daneben betreibt er mit der Rechtsetzung Rechtspolitik.35 Obwohl es Bestrebungen gibt, den Gesetzgeber als ersten Interpreten der Verfassung anzusehen,36 handelt es sich bei der Gesetzgebung selbst grundsätzlich nicht um eine dogmatische Tätigkeit. Sie wird aber durch die im Rahmen der Prozessrechtswissenschaft und -praxis betriebene Rechtsdogmatik und die Gesetzgebungslehre beeinflusst.37 Bei der Analyse der Gesetzgebung nimmt die Arbeit die Perspektive eines Beobachters erster Ordnung ein. Das bedeutet, es wird nicht ein Beobachter beobachtet, sondern eine originäre Beobachtung der Situation vorgenommen.38 Werden Schlüsse aus den einzelnen Beobachtungen gezogen und auf dieser Basis Direktiven zur Auslegung positiven Rechts aufgestellt, so kann dies dem Feld der Rechtsdogmatik zugeordnet werden.39 Diese nimmt nach überwiegender Ansicht eine teilnehmende Perspektive ein.40

und Teilnehmerperspektive vergleiche Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, 3. Aufl., 2011, S. 47 f.; zur Beobachtung selbst Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn.  17 f. 34  Danner, Qualität der Gesetzgebung, EnWZ 2012, 66 (67); Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 25. 35  Danner, Qualität der Gesetzgebung, EnWZ 2012, 66 (67 f.); Eifert, Zum Verhältnis von Dogmatik und pluralisierter Rechtswissenschaft, in: Kirchhof/Magen/ Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 79 (83); Maihofer, Gesetzgebungswissenschaft, in: Winkler/Schilcher (Hrsg.), Gesetzgebung, 1981, 3 (23); Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 28 ff. 36  BVerfG, Urteil vom 11.11.1999 – 2 BvF 2/98, 2 BvF 3/98, 2 BvF 1/99, 2 BvF 2/99 (Länderfinanzausgleich), E 101, 158 (236); Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Aufl., 2018, Rn. 530 f. 37  Grzeszick, Steuert die Dogmatik? Inwiefern steuert die Dogmatik des Öffent­ lichen Rechts? Gibt es eine rechtliche Steuerungswissenschaft jenseits der Rechtsdogmatik?, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 97 (100); Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (12 f.); Waldhoff, Kritik und Lob der Dogmatik: Rechtsdogmatik im Spannungsfeld von Gesetzesbindung und Funktionsorientierung, in: Kirchhof/Magen/ Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 17 (28). 38  Es wird allein die Frage nach dem „Was?“ gestellt (Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1992, S. 95, 98). 39  Waldhoff, Kritik und Lob der Dogmatik: Rechtsdogmatik im Spannungsfeld von Gesetzesbindung und Funktionsorientierung, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 17 (21 ff.). 40  Gutmann, Intra- und Interdisziplinarität: Chance oder Störfaktor?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 93 (94); Lepsius, Problemzugänge und Denktraditionen im Öffentlichen Recht, in: Hilgendorf/ Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 53 (73 f.); zur Teilnehmerrolle vergleiche Goebel, Zivilprozeßrechtsdogmatik und Verfahrenssoziologie, 1994, S. 37.



D. Untersuchungskonzept37

Eine Analyse der Rechtsdogmatik ist deshalb ebenfalls als Beobachtung erster Ordnung anzusehen.41 Sofern bei der Beobachtung der Rechtsdogmatik weitere Schlussfolgerungen gezogen werden sollen und erkannt werden soll, mit welchen Grundannahmen gearbeitet wird, kann dies als Metarechtsdogmatik eingeordnet werden.42 Mit der Zusammenführung der Beobachtungen beider Ebenen werden also die Ergebnisse aus zwei Beobachtungen erster Ordnung einander gegenübergestellt. Dies gewährleistet eine bessere Vergleichbarkeit der unterschied­ lichen Perspektiven. 3. Intra- und Interdisziplinarität Die vorliegende Arbeit ist im Schnittfeld von Prozessrechtswissenschaft, Gesetzgebungslehre und (Meta-)Rechtsdogmatik anzusiedeln. Sie beschränkt sich nicht auf die Analyse einer Prozessrechtsordnung. Vielmehr werden mehrere Prozessrechtsordnungen in die Untersuchung mitaufgenommen.43 Die Arbeit ist damit intradisziplinär.44 Die Verknüpfung verschiedener Themenfelder ist unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtswissenschaft gerechtfertigt.45 Sie bietet Potenzial für die (Binnen-)Rechtsvergleichung und 41  Dem entsprechen auch die Ausführungen von Jestaedt, Das mag in der Theorie richtig sein…, 2006, S. 17, wonach die Rechtsdogmatik eine Theorie erster Ordnung bilde. Wenn die Rechtsdogmatik selbst lediglich eine beobachtende Perspektive einnehmen würde, so wäre ihre Beobachtung eine Beobachtung der Beobachtung und damit eine Beobachtung zweiter Ordnung (vergleiche dazu Baraldi/Corsi/Esposito, GLU, 8. Aufl., 2015, S. 126). 42  Vergleiche dazu Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641 (642); vergleiche auch Potacs, Rechtstheorie, 2015, S. 24 f., der die Metarechtsdogmatik selbst als Grundvoraussetzung der Dogmatik bezeichnet; zu Metabetrachtungen allgemein vergleiche Rottleuthner, Methodologie und Organisation der Rechtswissenschaft, in: Hilgendorf/ Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 207 (215); Schuhr, Rechtsdogmatik als Wissenschaft, 2006, S. 142. 43  Zur Auswahl der Prozessrechtsordnungen siehe § 1 D. II. 1. 44  Zum Begriff Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 3 Rn. 5; Jestaedt, Perspektiven der Rechtswissenschaftstheorie, in: Jestaedt/Lepsius (Hrsg.), Rechtswissenschaftstheorie, 2008, 185 (189 f.); Saliger, Intra- und Interdisziplinarität: Wie kommt das Neue in die Rechtswissenschaft?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 117 (121); eine funktionierende Intradisziplinarität ist Voraussetzung für die Interdisziplinarität (Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Beispiel der Rechtswissenschaft, JZ 2010, 913 [914]). 45  Franzius, § 4 Modalitäten und Wirkungsfaktoren der Steuerung durch Recht, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 38; Lindner, Einheit der Rechtswissenschaft als Aufgabe, JZ 2016, 697 ff.; Mangold, Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht, 2011, S. 11; siehe zum Einheitsgedanken § 2 A. III.

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§ 1 Einleitung

damit verbunden auch für die Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven.46 Diese Vorteile finden sich auch bei dem einerseits viel gerühmten47, andererseits aber kritisch gesehenen48 interdisziplinären Arbeiten.49 Kritik kommt beispielsweise bei der Diskussion über die Neue Verwaltungsrechtswissenschaft auf.50 So wird problematisiert, die Rechtswissenschaft laufe Gefahr, dilettantisch zu arbeiten, wenn sie Erkenntnisse aus anderen Disziplinen übernehme.51 Allerdings darf nicht verkannt werden, dass das interdisziplinäre Arbeiten eine unvergleichbare Chance bietet, ein Themenfeld aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.52 Dabei ist es gerade nicht erforderlich, selbst alle wissenschaftlichen Ansätze der im Fokus stehenden Nachbardisziplin im Einzelnen nachzuvollziehen.53 Stattdessen gilt es, die gegebenen fachfremden Bearbeitungen reflektiert zu betrachten und durch 46  Basedow,

Hundert Jahre Rechtsvergleichung, JZ 2016, 269 (270 f.). Intra- und Interdisziplinarität: Chance oder Störfaktor?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 93 (116); Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Beispiel der Rechtswissenschaft, JZ 2010, 913 (920), Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (24); Saliger, Intra- und Interdisziplinarität: Wie kommt das Neue in die Rechtswissenschaft?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 117 (131); auch der Wissenschaftsrat fordert Interdisziplinarität in der Rechtswissenschaft (Wissenschaftsrat, Perspektiven der Rechtswissenschaft in Deutschland. Situation, Analysen, Empfehlungen, Stand: 9.11.2012). 48  Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Beispiel der Rechtswissenschaft, JZ 2010, 913 (921); Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (29). 49  Zum Begriff der Interdisziplinarität vergleiche Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 3 Rn. 5; Jestaedt, Perspektiven der Rechtswissenschaftstheorie, in: Jestaedt/ Lepsius (Hrsg.), Rechtswissenschaftstheorie, 2008, 185 (190); Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (28); Saliger, Intra- und Interdisziplinarität: Wie kommt das Neue in die Rechtswissenschaft?, in: Hilgendorf/ Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 117 (121). 50  Möllers, Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2002), 22 (31 ff.); Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 37 ff. 51  Dazu Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2.  Aufl., 2012, Rn. 39. 52  Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 71. 53  So auch Mangold, Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht, 2011, S. 8. 47  Gutmann,



D. Untersuchungskonzept39

die juristische Perspektive zu ergänzen.54 Davon können beide Seiten profitieren.55 Der dogmatische Teil der Arbeit setzt sich intensiv mit Texten auseinander. Dies läuft dem digitalen Zeitalter entsprechend teilweise automa­ tisiert ab.56 Damit werden auch Ansätze aus der Rechtsinformatik und der Computerlinguistik berücksichtigt und auf das Erkenntnisinteresse angepasst.57 Dies soll die Arbeit für andere Disziplinen anschlussfähig machen.58

II. Eingrenzung der Themenstellung 1. Auswahl des Verfahrensrechts Die Analyse beschränkt sich auf die ZPO, die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Finanzgerichtsordnung (FGO), das Sozialgerichtsgesetz (SGG) und das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Außer Betracht bleiben das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und die Strafprozessordnung (StPO).59 Als Orientierungskriterium, um diese Entscheidung zu validieren, dient zunächst die Zuordnung der Prozessrechtsordnungen zu den existenten Gerichtszweigen. In Art. 95 Abs. 1 GG wird eine verfassungsrechtliche Systementscheidung für fünf oberste Bundesgerichte in Deutschland getroffen.60 54  von Arnauld, Öffnung der Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 39 (75); Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (29); Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 31; Möllers, Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2002), 22 (45 f.) hält die Einarbeitung in eine andere Disziplin für möglich. 55  Gutmann, Intra- und Interdisziplinarität: Chance oder Störfaktor?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 93 (108 f.). 56  Siehe § 4 B. und § 8. 57  Siehe dazu näher § 8. 58  Auch Mangold, Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht, 2011, S. 8 betont, dass Anschlussfähigkeit gewünscht sei. Zu den Voraussetzungen gelingender Interdisziplinarität Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Beispiel der Rechtswissenschaft, JZ 2010, 913 ff.; siehe zur computerlinguistischen Analyse § 4 B. 59  Die dahingehende Beschränkung erfolgt hauptsächlich zur Reduktion des Umfangs der Bearbeitung. Zu weiteren Gründen für den Ausschluss siehe § 1 D. II. 1. d) und §  1  D. II. 1. e). 60  Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 2; Pohlmann, Zivilprozessrecht, 4. Aufl., 2018, Rn. 1 f.; Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 95 GG Rn. 1 ff.; Reimer, Einheit und Vielheit

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§ 1 Einleitung

Diese obersten Bundesgerichte sind jeweils einem eigenen Gerichtszweig zugeordnet. Bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes handelt es sich um den Bundesgerichtshof (BGH), das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), den Bundesfinanzhof (BFH), das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesarbeitsgericht (BAG). Zudem wird nach Art. 95 Abs. 3 GG ein Gemein­ samer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) gebildet. Aufgabe dieser obersten Gerichtshöfe des Bundes und des GmS-OGB ist es, die Rechtseinheit zu wahren.61 Zu den Gerichtszweigen gehören die ordentliche Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Finanzgerichtsbarkeit, die Sozialgerichtsbarkeit und die Arbeitsgerichtsbarkeit62. Die ordentliche Gerichtsbarkeit umfasst die Strafgerichtsbarkeit und die Zivilgerichtsbarkeit.63 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Sozialgerichtsbarkeit und die Finanzgerichtsbarkeit bilden die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten.64 Jede dieser Gerichtsbarkeiten ist mindestens mit einer eigenen Prozessrechtsordnung ausgestattet.65 Um ein breites Forschungsfeld abzudecken, sollen Prozessrechtsordnungen zu der Mehrzahl der genannten fünf Gerichtszweige der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263. Weitere Regelungen zu der bundeseigenen Gerichtsbarkeit finden sich in Art. 92 GG, Art. 93 f. GG und Art. 96 GG (Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 1). Diese werden jedoch nicht bearbeitet. Zum Ausschluss des verfassungsgerichtlichen Verfahrens von den Ausführungen zu einer allgemeinen Prozessrechtslehre vergleiche Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 (375). 61  BVerfG, Beschluss vom 2.2.1960 – 2 BvF 5/58 (Bundesgerichte), E 10, 285 (295); Kissel, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, in: Der Präsident des Bundesfinanzhofs (Hrsg.), 75 Jahre Reichsfinanzhof – Bundesfinanzhof, 1993, 591 (604); Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 95 GG Rn. 3. 62  Zur Abspaltung der Arbeitsgerichtsbarkeit von der ordentlichen Gerichtsbarkeit vergleiche Coing, Der Aufbau der rechtsprechenden Gewalt zum Nutzen des Volkes, DRiZ 1956, 241 (242 f., 246). 63  Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 95 GG Rn. 1. 64  Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 40 VwGO Rn. 15 f. 65  Hier soll durch die Formulierung nicht der Eindruck entstehen, es existierten zu jeder der genannten Gerichtsbarkeiten mehrere Prozessrechtsordnungen. So gibt es im Rahmen der Arbeits-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit tatsächlich nur jeweils eine Prozessrechtsordnung. Dass jeder Gerichtsbarkeit eine eigene Prozessrechtsordnung zugeordnet ist, ist verfassungsrechtlich nicht zwingend. Jedoch besteht für die einzelnen Gerichtsbarkeiten ein Anspruch darauf, dass ihren Besonderheiten durch Verfahrensnormen Rechnung getragen wird (vergleiche Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 [165]). Zu den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkei-



D. Untersuchungskonzept41

untersucht werden. Als weiteres Kriterium zur Auswahl der Prozessrechtsordnungen dienen die diesen jeweils zugrunde liegenden Verfahrensgrundsätze.66 Diese müssen einen sinnvollen Vergleich zwischen den Prozessrechtsordnungen ermöglichen. Daher sollten sich die Verfahrensgrundsätze der bearbeiteten Prozessrechtsordnungen zumindest teilweise überschneiden. a) ZPO Die ZPO wird in die Bearbeitung miteinbezogen, da sie, wie aufgezeigt, die Mutter aller Prozessrechtsordnungen ist und viele auch für die anderen Prozessrechtsordnungen gültige Vorschriften enthält.67 Unmittelbar anwendbar ist die ZPO nach § 3 Abs. 1 EGZPO auf die bürgerlichen Streitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten. Die anderen Verfahrensordnungen orientieren sich an der ZPO, indem die dortigen Regeln nach ihrem Vorbild ausgestaltet werden oder spezielle68 oder generelle69 Verweise auf die ZPO enthalten. Weitere Gesetze und Verfahrensordnungen, die innerhalb der ordent­ lichen Gerichtsbarkeit gelten und auf die ZPO Bezug nehmen, sollen nicht bearbeitet werden. Das gilt insbesondere für das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).70 Ein weiteres Beispiel für nicht analysierte Verfahrensgesetze stellt das Landwirtschaftsverfahrensgesetz (LwVG) dar, das auf einige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angewandt wird.71 Eine Abgrenzung zwischen den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, auf die die ZPO unmittelbar anwendbar ist, und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfolgt über ausdrückliche gesetzliche Zuweisung.72 Weitere verfahrensrecht­ liche Vorschriften, die sich auf die ZPO und Zivilverfahren beziehen, finden ten Stüer/Hermanns, Der verfassungsrechtliche Rahmen einer Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DÖV 2001, 505 (507). 66  Siehe näher zu den Verfahrensgrundsätzen § 2 C. II. 67  Vergleiche schon Dunkl, Der Begriff und die Arten der Beteiligten im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, 1979, S. 23; Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 30. 68  Vergleiche dazu für die VwGO Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (29 ff.); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 203. 69  Vergleiche dazu für die VwGO Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (29 ff.); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 203. 70  Vergleiche dazu Gerhold, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 13 GVG Rn. 12 f.; siehe § 4 B. I. 2. 71  Gerhold, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 13 GVG Rn. 13; siehe § 4 B. I. 2. 72  Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 19 ff.

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§ 1 Einleitung

sich im Rechtspflegergesetz (RPflG), im Deutschen Richtergesetz (DRiG), in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), im Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG), im Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfG), im Gerichtskostengesetz (GKG), im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und im Gesetz über die Kosten der Gerichtsvollzieher (GVKostG).73 Diese sind ebenfalls nicht umfassend zu untersuchen. Dadurch werden der Umfang der Arbeit begrenzt und die Untersuchungsergebnisse nicht maßgebend durch spezielleres Verfahrensrecht außerhalb der ZPO beeinflusst.74 b) GVG Das GVG stellt keine Prozessrechtsordnung dar.75 Seine Regelungen überschneiden sich zwar teilweise mit dem Verfahrensrecht der anderen Prozessrechtsordnungen, es hat jedoch einen anderen Kern.76 Schwerpunktmäßig umfasst es Rechtsprechungsrechte, Organisationsregeln für den Aufbau der Gerichtsbarkeit und Qualifikationsregeln für die Organe der Gerichtsbarkeit.77 Rechtsprechungsrechte betreffen die Beziehung zwischen Gericht und Bürger im Verfahren.78 Sie stellen Regelungen auf, die bei Ausübung der Gerichtsbarkeit zwingend beachtet werden müssen.79 Ein Beispiel ist der Öffentlichkeitsgrundsatz im Sinne des § 169 GVG gegebenenfalls in Verbindung mit § 55 VwGO, § 52 FGO oder § 61 SGG.80 Das GVG ist für die 73  Diese Aufzählung findet sich bei Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 10. 74  Das heißt, sie finden höchstens am Rande Eingang in die Untersuchung (siehe zum Beispiel in § 3 D. I. 2. c)). 75  Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 17; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 1. 76  Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 12. Aufl., 2017, Rn. 7 ff.; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 3. 77  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 7 ff.; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 5 ff.; Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 1. 78  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 8; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 6 f. 79  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 8; Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 4; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 6 f. 80  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017,



D. Untersuchungskonzept43

Untersuchung ebenfalls von Bedeutung, weil es für alle Prozessrechtsordnungen gültige Vorschriften enthält.81 Für die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen gelten die Vorschriften des GVG aufgrund von Verweisungen.82 Auf Angelegenheiten der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind seine Vorschriften hingegen nach § 2 EGGVG unmittelbar anwendbar.83 Das GVG bildet daher im Zusammenspiel mit weiteren Regelungen einen „allgemeinen Teil“ des Gerichtsverfassungsrechts.84 c) VwGO, FGO und SGG Die Abgrenzung zwischen der Zivilgerichtsbarkeit und den öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten erfolgt grundsätzlich über die Vorschriften des § 13 GVG sowie des § 40 VwGO85, § 33 FGO86 oder § 51 SGG87 zur Rechtswegeröffnung.88 VwGO, FGO und SGG sind der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeit zugeordnet.89 Sie sind trotz einiger Unterschiede strukturell gleichlaufend.90 Zum einen gilt die DispositionsmaxiVorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 1; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 7. 81  Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 18. Durch das GVG wird die Arbeit der Richter unabhängig von Einzelregelungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht geprägt (Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5.  Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 1 ff.). 82  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 4. 83  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 3. 84  Nicht ausdrücklich Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 11; siehe § 3 B. III. 85  Vergleiche Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (310 f.). 86  Vergleiche Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (311 f.); Schaz, Grundlagen des Finanzgerichtsprozesses, JuS 2014, 803 (804). 87  Vergleiche Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (312 ff.). 88  Näher dazu Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4.  Aufl., 2007, Rn. 421  ff.; Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 25 ff. 89  Stüer/Hermanns, Der verfassungsrechtliche Rahmen einer Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DÖV 2001, 505 ff. 90  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263).

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§ 1 Einleitung

me.91 Diese besagt, dass die Parteien grundsätzlich selbst frei über den Streitgegenstand verfügen können.92 Zudem sind den Beteiligten Mitwirkungspflichten auferlegt.93 Zum anderen gilt der Untersuchungsgrundsatz.94 Durch diesen wird das Gericht in die Pflicht genommen, die für den Prozess zentralen Informationen zu beschaffen.95 Indem VwGO, FGO und SGG analysiert werden, sind die Prozessrechtsordnungen der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vollständig abgedeckt. Mit ihrer Betrachtung und der Analyse der ZPO werden Prozessrechtsordnungen zu vier der fünf in Deutschland existenten Gerichtszweige untersucht. d) ArbGG Die Arbeitsgerichtsbarkeit bleibt in der Bearbeitung unberücksichtigt. Durch das ihr zugeordnete ArbGG werden einige Verfahren aus der ordent­ lichen Gerichtsbarkeit ausgegliedert.96 Regelungen zu den Aufgaben der Arbeitsgerichtsbarkeit finden sich in §§ 2, 2a ArbGG. Früher wurden die Arbeitsgerichte teilweise nicht als rechtswegfremd zu den ordentlichen Gerichten betrachtet.97 Die Abgrenzung der ordentlichen Gerichtsbarkeit von der Arbeitsgerichtsbarkeit wurde als Frage der sachlichen Zuständigkeit gesehen.98 Eine Klarstellung erfolgte bei der Neufassung der §§ 17 ff. GVG und § 48 ArbGG durch das Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen 91  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 24; Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263); siehe §  2  C. II. 1. a). 92  Zur Dispositionsmaxime vergleiche Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41 (43), Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn.  91 ff. 93  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263). 94  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 165; Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262; siehe §  2  C. II. 1. b). 95  Müller, Der Amtsermittlungsgrundsatz in der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit, JuS 2014, 324 (325 f.). 96  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 23. 97  BGH, Urteil vom 20.12.1972 – VIII ZR 186/70 (Aufrechnung bei Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstandes), Z 60, 85 (88); sogar aktuell Fritsche, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 145 ZPO Rn. 34. 98  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 145 ZPO Rn. 31; zur Entwicklung Koch, in: Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Aufl., 2019, § 1 ArbGG Rn. 1.



D. Untersuchungskonzept45

Verfahrens vom 17.12.1990 (Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung – 4. VwGOÄndG)99.100 Trotz dieser und der eindeutigen verfassungsrechtlichen Anordnung des Art. 95 Abs. 1 GG wird die Notwendigkeit einer eigenen Arbeitsgerichtsbarkeit teilweise bestritten.101 Die Nähe des ArbGG zur ZPO, die sich aus der dargestellten Entwicklung ergibt,102 ist der zentrale Grund dafür, dass das ArbGG nicht in die folgenden Ausführungen miteinbezogen wird. e) StPO Die Strafgerichtsbarkeit beziehungsweise die ihr zugeordnete StPO wird in der Arbeit ebenfalls nicht thematisiert.103 Strafsachen werden wie die Zivil99  BGBl

I 1990, 2809 ff. 11/7030, 11 f., 13, 36 ff., 39; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 145 ZPO Rn. 31. 101  Rieble, § 1 Arbeitsrechtspflege unter Modernitätserwartung, in: Rieble (Hrsg.), Zukunft der Arbeitsgerichtsbarkeit, 2005, Rn. 40, 30 ff.; Weth, Einige prozessrecht­ liche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182 (185). 102  Rieble, § 1 Arbeitsrechtspflege unter Modernitätserwartung, in: Rieble (Hrsg.), Zukunft der Arbeitsgerichtsbarkeit, 2005, Rn. 45 ff.; Weth, Besonderheiten der Arbeitsgerichtsbarkeit, NZA 1998, 680. Beispielsweise hatte das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) aus dem Jahr 2001 (BGBl I 2001, 1887 ff.) entscheidenden Einfluss auf die arbeitsgerichtlichen Verfahren (Schmidt/Schwab/Wildschütz, Die Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses auf das arbeitsgerichtliche Verfahren (Teil 1), NZA 2001, 1161 ff.; Schmidt/Schwab/Wildschütz, Die Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses auf das arbeitsgerichtliche Verfahren (Teil 2), NZA 2001, 1217 ff.; Schwab/Wildschütz/Heege, Disharmonien zwischen ZPO und ArbGG – Anmerkungen aus der Praxis, NZA 2003, 999 ff.). Die Finanzgerichte und Sozialgerichte sind als besondere Verwaltungsgerichte zu qualifizieren (Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 [191]; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 39 ff.). Allerdings sind ihre Verfahrensordnungen – die FGO und das SGG – im Verhältnis zur VwGO eigenständiger als das ArbGG im Verhältnis zur ZPO (so bereits Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 [191]). Dies ergibt sich beispielsweise auch daraus, dass FGO und SGG in § 155 Satz 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG zur Lückenfüllung in den meisten Fällen nicht auf die VwGO, sondern auf die ZPO verweisen (siehe zu den Verweisungen § 3 C. II.). Dagegen werden für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren nach § 46 Abs. 2 ArbGG die ZPORegelungen für anwendbar erklärt und aufgezählt, in welchen Fällen das arbeitsgerichtliche Verfahren von den Regelungen in der ZPO abweicht. 103  Auch Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 (374) klammert in seinen Ausführungen zur allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht die StPO aus. 100  BT-Drs.

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§ 1 Einleitung

sachen nach § 13 GVG durch die ordentlichen Gerichte behandelt. Die StPO unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten erheblich von den bereits vorgestellten Verfahrensordnungen.104 Die Dispositionsmaxime als zentraler, die übrigen Verfahrensordnungen prägender Verfahrensgrundsatz, gilt im Anwendungsbereich der StPO nicht.105 Stattdessen wird die StPO durch die Akkusations-, die Offizial- und die Untersuchungsmaxime gestaltet.106 Die Offizialmaxime besagt, dass das Verfahren insgesamt von Amts wegen durchgeführt wird.107 Nach der Akkusationsmaxime beziehungsweise dem Anklagegrundsatz kommt es nur auf Anklage zu einem gerichtlichen Verfahren.108 Beide Grundsätze sind speziell für das strafrechtliche Verfahren prägend. Die Untersuchungsmaxime gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen, grundsätzlich jedoch nicht im Rahmen der in der ZPO geregelten bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten.109 So könnte bei der Bearbeitung der StPO zwar leicht eine Verknüpfung zu den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen hergestellt werden, würde jedoch eine zentrale Verbindung zur ZPO fehlen. 2. Auswahl der Quellen Auf der Ebene der Gesetzgebung werden vorrangig die Gesetzgebungsmaterialien als originäre Quellen betrachtet und ausgewertet. Diese spiegeln den 104  Dies gilt auch für die strafprozessualen Urteile im Vergleich zu zivilprozessualen und verwaltungsprozessualen Urteilen (vergleiche Schafranek, Zweite juristische Staatsprüfung: Was macht eine gute Klausur aus?, JA 2016, 765). 105  Miebach, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2016, § 262 StPO Rn. 5; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 203; Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 97 zu den Gründen der fehlenden Einbeziehung der StPO; zu den Problemen hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Verfahrensordnungen, die eine Einbeziehung der StPO aufgrund der unterschiedlichen Prägung von ZPO und StPO durch die Verfahrensgrundsätze verursachen würde Ule, Zur Vereinheitlichung der gerichtlichen Verfahrensordnungen, DVBl 1958, 691 (692 ff.); weitere Argumente für die fehlende Vergleichbarkeit des Strafprozesses mit dem Zivil- und Verwaltungsprozess finden sich bei Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2002, S. 15; zur Dispositionsmaxime im Zivilprozess vergleiche Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 12. Aufl., 2017, Rn. 27 ff.; siehe § 2 C. II. 1. a). 106  Kudlich, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2014, Einleitung Rn. 136 ff., 144 ff.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  113 f. 107  Siehe zur Offizialmaxime § 2 C. II. 1. a). 108  Kudlich, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2014, Einleitung Rn. 144 ff. 109  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 165; siehe § 2 C. II. 1. b).



D. Untersuchungskonzept47

Willen des Gesetzgebers wider.110 Sie liefern die Begründung für den untersuchten Normtext und zeichnen die einzelnen Stationen des in Art. 76 ff. GG geregelten Gesetzgebungsverfahrens nach. Dieses Verfahren ist auf alle Bundesgesetze anwendbar. Bei den analysierten Verfahrensordnungen sowie dem GVG handelt es sich um Bundesgesetze.111 Die Gesetzgebungsmaterialien sind daher einheitlich gestaltet und zentral unter www.bundestag.de abrufbar. Damit eignen sie sich gut für eine Analyse. Auf der Ebene der Rechtsdogmatik kommt hingegen eine Vielzahl von Quellen in Betracht. Dazu zählen Monographien, Kommentare, Aufsätze und auch Rechtsprechung112. Vorliegend sollen Aufsätze und Rechtsprechung im Mittelpunkt stehen. Mit den Aufsätzen werden rechtsdogmatische Quellen aus der Prozessrechtswissenschaft ausgewertet.113 Sie sind aufgrund ihrer Kürze schnell erfassbar und behandeln zumeist thematisch eng umgrenzte Bereiche.114 Zudem handelt es sich bei ihnen um die flexibelste Quelle, da die Autoren am schnellsten auf aktuelle Entwicklungen reagieren115 und gegebenenfalls bereits ergangene Rechtsprechung in ihre Ausführungen einarbeiten können. Bei Dissertationen und anderen Monographien dauert es wesentlich länger, bis sie veröffentlicht werden. Kommentare hingegen zeichnen sich ebenfalls durch eine größere Aktualität aus. Anders als viele Aufsätze liefern sie jedoch nicht nur punktuelle problembezogene, sondern vermehrt umfassendere und vor allem umfangreichere Betrachtungen.116 110  Seibert, „Gesetzesmaterialien“ in der Gesetzgebungspraxis, in: Fleischer (Hrsg.), Mysterium „Gesetzesmaterialien“, 2013, 111 (114). 111  Dass der Bund für die Gesetzgebung hinsichtlich der ZPO, der VwGO, des SGG und des GVG zuständig ist, ergibt sich aus Art. 72 Abs. 1 GG, Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Seine ausschließliche gesetzgeberische Zuständigkeit für die FGO wird dagegen aus Art. 108 Abs. 6 GG abgeleitet (vergleiche dazu Kube, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39.  Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 108 GG Rn. 25 ff.). 112  Siehe zur Rechtsprechung als Teil der Rechtsdogmatik § 1 Fn. 14. 113  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (11). 114  Zu den Vorteilen von Aufsätzen gegenüber Monographien Schumacher, Blogs in der Rechtswissenschaft, BRJ 2011, 65 (72 f.), der Aufsätze mit Blogs in Verbindung bringt. 115  So werden neuerdings im empirischen Bereich der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre eher Aufsätze veröffentlicht als Monographien (vergleiche Wagner, „Message follows Method“ – Wie beeinflussen Forschungsmethoden Perspektiven und Programm der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre?, StuW 2014, 200 [210]). 116  Ähnlich Lepsius, Problemzugänge und Denktraditionen im Öffentlichen Recht, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 53 (74).

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§ 1 Einleitung

Durch die Analyse der Rechtsprechung werden rechtsdogmatische Quellen aus der Rechtspraxis berücksichtigt.117 Dabei sind Entscheidungen aller In­ stanzen zu untersuchen, unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um Urteile oder Beschlüsse handelt.118 Der Aufbau der Entscheidungen ist durch Regelungen zur Zulässigkeit und zum Instanzenzug beeinflusst.119 Daraus ergibt sich bei der Art und Weise ihrer Darstellung ein einheitliches Bild. Weil sie sich auf konkrete Streitigkeiten beziehen und sich zudem durch eine institutionelle Rückbindung in einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgestalteten Verfahren auszeichnen, eignen sich Entscheidungen besonders dazu, um sie bei einer Analyse der Rechtsdogmatik heranzuziehen.120 Die Gerichte als rechtsprechende Gewalt müssen allerdings ein anhängiges Verfahren abwarten, bis sie sich in Form einer Entscheidung zu dem in Rede stehenden Thema äußern können.121 Dabei hängt es oft vom Zufall ab, welche Fragen sie behandeln müssen. Bei der Untersuchung der Aufsätze und der Rechtsprechung soll daher nicht verkannt werden, dass die Analyse insofern fehleranfällig ist, als einzelnen Aufsätzen oder Entscheidungen gegebenenfalls ein zu hohes Gewicht eingeräumt wird. Dies ist jedoch aufgrund der genannten Vorteile hinnehmbar. Es ist dadurch auszugleichen, dass eine angemessene Anzahl an Quellen bearbeitet wird. Weiterhin ist zu beachten, dass die zur Bearbeitung herangezogenen Aufsätze und Entscheidungen für die durchzuführende computerlinguistische Analyse geeignet sein müssen. Idealerweise müssen sie beispielsweise bereits digital vorhanden sein. Die Kriterien, aus denen sich ihre diesbezügliche Eignung ergibt und die im Einzelnen herauszuarbeiten sind,122 führen zu einer weiteren Eingrenzung der potentiell zu analysierenden Quellen.

117  Lepsius, Kritik der Dogmatik, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 39 (48). 118  Zum Begriff der Entscheidung vergleiche Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 8 Rn. 9. 119  Möllers, Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2002), 22 (57); Schmidt-Aßmann, Der Beitrag der Gerichte zur verwaltungsrechtlichen Systembildung, VBlBW 1988, 381 (384 ff.). 120  Ähnlich Möllers, Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2002), 22 (58) zu Urteilen. 121  Koch, Prozessrechtslehre aus Anwaltssicht – Ein Plädoyer für den Perspektivenwechsel in der Juristenausbildung, JuS 2000, 320 (322). 122  Siehe § 4 B. I.



D. Untersuchungskonzept49

3. Auswahl der prozessualen Institute Um die zu analysierenden prozessualen Institute auszuwählen, kommen verschiedene Vorgehensweisen in Betracht. Eine Möglichkeit besteht darin, prozessuale Institute aus unterschiedlichen Phasen der Prozessführung zu wählen und diese in den ausgewählten Prozessrechtsordnungen zu ver­ gleichen. Zu den Phasen der Prozessführung zählen die Vermeidungsphase, die Einleitungsphase, die Vorbereitungsphase, die Durchführungsphase, die Überprüfungsphase und die Umsetzungsphase, die letztendlich in die Rechtsverwirklichung münden soll.123 Es würde allerdings den Umfang der Arbeit zu stark ausweiten, prozessuale Institute aus allen Phasen der Prozessführung in die Betrachtung miteinzubeziehen.124 Daher kann das Thema so eingegrenzt werden, dass entweder eine Phase der Prozessführung näher betrachtet wird oder die ausgewählten Regelungen einem bestimmten Oberthema zugeordnet werden können. Für die Arbeit werden die zu analysierenden prozessualen Institute unter den Regelungskomplexen ausgewählt, die der Bundesgesetzgeber ab 2011 erlassen hat. Bei den gewählten Regelungen handelt es sich um solche, die durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG)125 vom 24.11.2011, das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung (MediationsuaFöG)126 vom 21.7.2012, das Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (VideokonfIntensG)127 vom 25.4.2013 und das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den ­Gerichten (ERVGerFöG)128 vom 10.10.2013 eingeführt wurden. So werden thematisch klar abgegrenzte Bereiche untersucht.129 123  Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 12. Aufl., 2017, Rn. 25; ähnlich Zerres, Bürgerliches Recht, 8. Aufl., 2016, S. 457. 124  Auch andere Ausarbeitungen zur allgemeinen Prozessrechtslehre nehmen aus pragmatischen Gründen oder zur Reduzierung des Umfanges ihrer Schriften solche Eingrenzungen vor. Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 (374) beschränkt beispielsweise seine Ausführungen zur allgemeinen Prozessrechtslehre auf das Erkenntnisverfahren. 125  BGBl I 2011, 2302 ff. 126  BGBl I 2012, 1577 ff. 127  BGBl I 2013, 935 ff. 128  BGBl I 2013, 3786 ff. 129  Sie werden beispielsweise auch von Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 206 ff. als zentrale Neuregelungen der 17. Legislaturperiode dargestellt. Auch Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwal-

50

§ 1 Einleitung

Damit stellt die Arbeit prozessuale Institute in den Mittelpunkt, bei denen sich kürzlich Änderungen ergeben haben. Sie sollen die das Zeitgeschehen prägenden Phänomene aufgreifen und miteinander verknüpfen. Zu nennen sind hier die Digitalisierung130 und die Europäisierung131. Viele derzeit erlassene Regelungen sind einem dieser beiden oder beiden Phänomenen zuzuordnen. Die Digitalisierung wirkt sich in allen Lebensbereichen aus und stellt daher auch eine Herausforderung für das Recht und damit die Juristen dar.132 Ihr unmittelbar zuzuordnen sind die untersuchten Regelungen des Videotungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 2 ff. nennt die Mediation, das Verzögerungsrecht und die „Informatisierung“ als zentrale Neuregelungen im Zeitraum ab 2011. Daneben finden die Themenkomplexe Erwähnung in Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 3. 130  Zum Begriff der Digitalisierung vergleiche Schliesky, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Digitalisierung, SchlHA 2018, 41. Dieser verweist auf einen Wikipediaeintrag (Wikipedia, Digitalisierung, Stand: 28.1.2019). Zur Nutzung von Wikipedia in der Wissenschaft Schimmel, Wissenschaft mit Wikipedia – warum eigentlich nicht?, in: Dammann/Grunsky/Pfeiffer (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Manfred Wolf, 2011, 725 ff. Zur Digitalisierung und Recht Boehme-Neßler, Die Macht der Algorithmen und die Ohnmacht des Rechts – Wie die Digitalisierung das Recht relativiert, NJW 2017, 3031 ff.; Calliess, Der Richter im Zivilprozess – Sind ZPO und GVG noch zeitgemäß?, NJW-Beilage 2014, 27 (28); Paal/Hennemann, Rechtspolitik im digitalen Zeitalter, ZRP 2017, 215 (215 f.); Jost/Kempe, E-Justice in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme zur Digitalisierung in der Justiz, NJW 2017, 2705 ff.; Kesper/Ory, Der zeitliche Fahrplan zur Digitalisierung von Anwaltschaft und Justiz, NJW 2017, 2709 ff.; Kirchhof, Die steuerrechtliche Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen und Unternehmensberater, DStR 2018, 497 ff. Zur Technisierung und Digitalisierung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 3 Rn. 9. 131  Zum Begriff der Europäisierung Mangold, Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht, 2011, S. 21 ff.; Siegel, Europäisierung als Rechtsbegriff, JöR 61 (2013), 177 ff.; zur Europäisierung und dem nationalen Recht Calliess, Der Richter im Zivilprozess – Sind ZPO und GVG noch zeitgemäß?, NJW-Beilage 2014, 27 (28); Hirsch, „Euro­ päisierung“ des nationalen Rechts?, ZRP 2011, 125 f.; Holterhus/Mittwoch/El-Ghazi, Die Einwirkung internationalen und ausländischen Rechts in die deutsche Rechtsordnung, JuS 2018, 313 (317 ff.); Lindner, Einheit der Rechtswissenschaft als Aufgabe, JZ 2016, 697. 132  Fries, PayPal Law und Legal Tech – Was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht?, NJW 2016, 2860 ff.; Kilian, Die Zukunft der Juristen – Weniger, anders, weiblicher, spezialisierter, alternativer – und entbehrlicher?, NJW 2017, 3043 (3048 ff.); Müller, eJustice – Der elektronische Rechtsverkehr tritt aus der Nische, JuS 2018, 1193; Müller, eJustice – Die Justiz wird digital, JuS 2015, 609 (612 f.); Schlehe, Elektronische Übermittlung von Gutachten, DS 2018, 166; Sczech, Elektronischer Rechtsverkehr, beA, E-Akte – Ein Plädoyer für den Weg in die digitale Justiz, NJW-Beilage 2016, 107. Unter anderem werden derzeit viele juristische Projekte zur Digitalisierung gestartet. Dazu gehört beispielsweise das im Jahr 2018 ins Leben gerufene ESF-Projekt an der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität



D. Untersuchungskonzept51

konfIntensG und des ERVGerFöG.133 Im Prozess müssen die neuen technischen Möglichkeiten zur Beschleunigung134 und zur Vereinfachung135 genutzt werden. Um dies zu verwirklichen, hat der Gesetzgeber einen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Die Regelungskomplexe des ÜberlVfRSchG und des MediationsuaFöG können mittelbar ebenfalls unter das Oberthema der Digitalisierung gefasst werden. So können überlange Verfahren durch eine zeitsparende elektronische Kommunikation im gerichtlichen Verfahren verhindert werden. Weiterhin kann die Mediation in einem Online-Verfahren durchgeführt werden.136 Diese Zusammenhänge sind derzeit noch als lose zu qualifizieren, sind aber offen für eine Weiterentwicklung. Das ÜberlVfRSchG wurde auf Grundlage der Rechtsprechung des Euro­ päischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erlassen.137 Dieser hatte festgestellt, dass es in Deutschland keinen wirksamen Rechtsbehelf bei überlanger Verfahrensdauer gab und darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gesehen.138 Auch das MediationsuaFöG ist durch europäische Vorgaben beeinflusst. So gab die Richtlinie 2008/52/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (MediationsWürzburg (Pache/Sosnitza, MA-Netze DiReKT: Multiagenten Netzwerke, Digitalisierung und Rechtsfragen für KMU durch Wissenstransfer, Stand: 2018). 133  Lang, Elektronischer Rechtsverkehr – oder: Die Justizkommunikation der Zukunft, Der Wirtschaftsführer 2015, 52 ff.; zum Zusammenhang zwischen Videokonferenztechnik und Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vergleiche auch BT-Drs. 17/12418, 18. 134  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2278). 135  Zur Vereinfachung durch Digitalisierung Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2778); Kirchhof, Die steuerrechtliche Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen und Unternehmensberater, DStR 2018, 497 (504). 136  Mähler/Mähler, § 48 Außergerichtliche Streitbeilegung – Mediation, in: Heussen/Hamm (Hrsg.), Beck’sches Rechtsanwaltshandbuch, 11. Aufl., 2016, Rn. 134. 137  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1; Eleftheriadis, Der Entschädigungsanspruch gemäß § 198 GVG bei überlangen Gerichtsverfahren, 2018, S.  21 ff.; Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 198 GVG Rn. 1 ff. 138  EGMR, Urteil vom 2.9.2010 – Nr. 46344/06 (Rumpf/Deutschland), NJW 2010, 3355. Dass die EMRK, auf deren Grundlage diese Rechtsprechung fußt, zum Unionsrecht gehört, ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3 EUV (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz Kommentar, 9. Aufl., 2018, Europäisches Verwaltungsrecht, Europäisierung des Verwaltungsrechts und Internationales Verwaltungsrecht, Rn. 90, 7 ff.). Somit ist auch das ÜberlVfRSchG der Europäisierung zuzuordnen und muss nicht unter den weiteren Begriff der Internationalisierung gefasst werden.

52

§ 1 Einleitung

RL)139 den Anlass zu seiner Einführung.140 Die Regelungen des ERVGerFöG sind durch europäische Regelungen wie die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDASVO)141 geprägt.142 Das VideokonfIntensG ist selbst nicht unmittelbar durch einen europäischen Rechtsakt beeinflusst. Allerdings sind Videokonferenzen mit dem Ausland im Wege der Rechtshilfe oder auf der Grundlage supranationalen Rechts zulässig.143 Eine Videoverhandlung und Videovernehmung wird innerhalb der Europäischen Union durch Art. 8 und Art. 9 Abs. 1 Satz 3 Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für gering­ fügige Forderungen (Small Claims-VO/EuGFV)144 ermöglicht.145 Die Vorschriften werden ergänzt durch die §§ 1100 Abs. 1, 1101 Abs. 2 ZPO.146 Bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme ist die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (Beweisaufnahme-VO/EuBV)147 zu beachten.148

139  ABl

EU 2008 Nr. L 136, 3 ff. in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 76, 206; zum Bedeutungszuwachs der Mediation Kilian, Die Zukunft der Juristen – Weniger, anders, weiblicher, spezialisierter, alternativer – und entbehr­ licher?, NJW 2017, 3043 (3047 f.). 141  ABl EU 2014 Nr. L 257, 73 ff. (2015 Nr. L 23, 19 und 2016 Nr. L 155, 44). 142  Kesper/Ory, Der zeitliche Fahrplan zur Digitalisierung von Anwaltschaft und Justiz, NJW 2017, 2709; einige europäische Projekte mit Auswirkungen auf die elektronische Justiz werden bei Jost/Kempe, E-Justice in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme zur Digitalisierung in der Justiz, NJW 2017, 2705 genannt. 143  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128a ZPO Rn. 8. 144  ABl EU 2007 Nr. L 199, 1 ff. (2015 Nr. L 141, 118). 145  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128a ZPO Rn. 8. 146  Thode, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 1100 ZPO Rn. 3; Thode, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 1101 ZPO Rn. 9 ff. 147  ABl EU 2001 Nr. L 174, 1 ff. (2014 Nr. L 321, 11 und 2016 Nr. L 324, 19). 148  Dolderer, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 5. Aufl., 2018, § 102a VwGO Rn. 29; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128a ZPO Rn. 8. 140  Rauscher,

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre Zunächst werden Beispiele genannt, die aufzeigen, in welcher Form eine allgemeine Prozessrechtslehre konzipiert werden kann.1 Danach ist der Begriff zu definieren.2 Im Anschluss daran befasst sich die Arbeit mit mög­ lichen Bindungselementen3 zwischen den Prozessrechtsordnungen, auf die eine allgemeine Prozessrechtslehre gestützt werden kann.

A. Beispiele aus der Literatur Die folgende Auflistung von Beiträgen zu einer allgemeinen Prozessrechtslehre erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll einen Überblick geben, wie die allgemeine Prozessrechtslehre gestaltet werden kann. Selbstverständlich können die einzelnen Konzepte nicht in wenigen Sätzen erschöpfend zusammengefasst werden. Dies würde ihnen nicht gerecht werden. Es wird daher lediglich aufgezeigt, auf welchen grundlegenden Vorstellungen sie basieren. In der Wissenschaft am häufigsten thematisiert wurde die allgemeine Prozessrechtslehre in den 1950er bis 1970er Jahren.4 Aber auch vor und nach dieser Zeit rückte das Konzept immer wieder in den Fokus. Ein bedeutender Vertreter der allgemeinen Prozessrechtslehre aus dem 19. Jahrhundert ist Oskar Bülow.5 Ihm gelingt es, die Eigenständigkeit des 1  Vergleiche dazu bereits die Aufzählung bei Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  174 ff. 2  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 14. 3  Der Begriff der Bindungselemente wird in diesem Zusammenhang von Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 47 geprägt. Sie verwendet diesen, um herauszuarbeiten, dass alle Prozessrechtsordnungen ein Mindestmaß an Formvorschriften enthalten. 4  So auch Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 174; Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 8. 5  Bülow, Die Lehre von den Proceßeinreden und Proceßvoraussetzungen, 1868; Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925, S. 1 ff.; Planck, Rezension von Oskar Bülow, Die Lehre von den Prozeßeinreden und die Prozeßvoraussetzungen, Gießen 1868, KritV 11 (1869), 161 ff.; Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 35 ff.; zur Bedeutung der Lehre Bülows vergleiche Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (30 f.).

54

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Zivilprozessrechts gegenüber dem materiellen Zivilrecht hervorzuheben, unter anderem indem er den Begriff der Prozessvoraussetzungen einführt.6 Den Prozess insgesamt versteht er als Rechtsverhältnis zwischen Gericht, Kläger und Beklagtem.7 Durch diese allgemeine Definition des Prozessbegriffes schafft er die Grundlage für eine allgemeine Prozessrechtslehre.8 Die von James Goldschmidt entwickelte Theorie aus dem Jahre 1925 ist ebenfalls der allgemeinen Prozessrechtslehre zuzuordnen.9 Demnach folgen im Rahmen des Prozesses verschiedene Rechtslagen aufeinander, die durch Prozessrechtshandlungen verknüpft sind.10 Es handelt sich um einen dynamischen Prozessbegriff.11 Goldschmidt begreift den Prozess auch insgesamt als Rechtslage und zieht hieraus Erkenntnisse.12 Unter dem Begriff der Rechtslage versteht er „die rechtlich begründete Aussicht auf ein günstiges oder ungünstiges richterliches Urteil und folgeweise auf die gerichtliche Geltung des geltend gemachten Anspruches als rechtlich begründet oder ­ unbegründet“.13 Als Prozesszweck benennt er damit die Rechtskraft, die 6  Bülow, Die Lehre von den Proceßeinreden und Proceßvoraussetzungen, 1868, S. 6; Sauer, Kritik des prozessualen Denkens, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie 19 (1926), 268 (269); zu den Besonderheiten bezüglich der Prozessvoraussetzungen bei Bülow vergleiche Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 2 Rn. 3. 7  Bülow, Die Lehre von den Proceßeinreden und Proceßvoraussetzungen, 1868, S.  1 ff.; Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925, S. 1. 8  Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (148); näher dazu Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 170 ff.; Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 5 f.; zur Bedeutung des Prozesses als Rechtsverhältnis vergleiche Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 6  f. Dieser Ansatz ist heute noch aktuell (siehe §  2  B. I.). 9  Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925; Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (148); näher zu Goldschmidts Thesen Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 47 f., 267 ff. 10  Blomeyer, Zivilprozessrecht – Erkenntnisverfahren, 1963, S. 13 f. 11  Schumann, Prozessrecht und Methode. Elemente einer prozessualen Betrachtungsweise., Essays in Honour of Konstantinos D. Keramus, 2009, 1209 (1229); Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 10 f., 13. 12  Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925, S. 146 ff.; Wenger, James Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage. Eine Kritik des prozessualen Denkens, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte – Romanistische Abteilung 1926, 438 (438 ff.); kritisch dazu Sauer, Kritik des prozessualen Denkens, Archiv für Rechtsund Wirtschaftsphilosophie 19 (1926), 268 (270 ff.). 13  Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925, S. 255; näher dazu Wenger, James Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage. Eine Kritik des prozessualen Denkens, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte – Romanistische Abteilung 1926, 438 ff.



A. Beispiele aus der Literatur55

dazu führt, dass Entscheidungen verbindlich werden und so zum Rechtsfrieden beitragen.14 Bülow und Goldschmidt vergleichen als Rechtswissenschaftler mit zivilprozessualem Forschungsschwerpunkt nicht die Normen der unterschied­ lichen Verfahrensordnungen. Allerdings handelt es sich bei ihren Konzepten um juristische Gesamtdeutungen des Verfahrens,15 welche die Grundlagen für eine solche Gegenüberstellung bilden können.16 Wilhelm Sauer hat einem seiner zentralen Werke aus dem Jahr 1951 sogar den Titel „Allgemeine Prozessrechtslehre“ gegeben.17 Darin bezieht er sich auf seine zuvor erschienene Arbeit „Grundlagen des Prozessrechts“18. Er liefert einen umfassenden Vergleich von ZPO und StPO und arbeitet die gemeinsamen Fragen heraus.19 Seine Hauptthemen sind der Prozess als Ganzes20, die prozessualen Tatsachen21 sowie die prozessualen Beurteilungen22. Unter anderem befasst er sich mit der Bedeutung von Präjudizien, der Ermittlung der Wahrheit, der Klage im Zivilprozess und der Anklage im Strafprozess sowie der richterlichen Tatsachenfeststellung.23 Insgesamt handelt es sich um eine systematische Darstellung der allgemeinen Prozessrechtslehre.24 Zu nennen ist zudem das Werk von Wolfgang Grunsky.25 Dieses ist in der Erstauflage im Jahre 1970 und in der Zweitauflage 1974 erschienen.26 Ein14  Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, 1925, S. 151 ff.; Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 130 ff.; zur Rechtskraft im Zivilprozess vergleiche Schreiber, Die Rechtskraft im Zivilprozess, Jura 2008, 121 ff. 15  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 170 ff. 16  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 6. 17  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951. 18  Sauer, Grundlagen des Prozeßrechts, 2. Aufl., 1929; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 175; zusammenfassend dazu Lenz, Zukünftiges Recht. Eine allgemeine Prozessrechtslehre, 2002, S. 133 ff. 19  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. VII; Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (149). 20  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. 1 ff. 21  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. 103 ff. 22  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. 200 ff. 23  Knapp zu den vier Kernthesen Lenz, Zukünftiges Recht. Eine allgemeine Prozessrechtslehre, 2002, S. 118 f. 24  Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. 60 ff.; Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (149). 25  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974; zu einzelnen Kritikpunkten vergleiche Maetzel, Besprechung der Schrift von Wolfgang Grunsky, „Grundlagen des Verfahrensrechts“, eine vergleichende Darstellung von ZPO, FGG, VwGO, FGO und SGG, Gieseking, Bethel/Bielefeld 1970, DÖV 1971, 142 (143). 26  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 1970; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

führend und grundlegend befasst sich Grunsky mit den prozessualen Zwecken und Maximen und bezieht diese in die folgende Untersuchung mit ein.27 Seinen Schwerpunkt legt er auf die Untersuchung und den Vergleich einzelner Normkomplexe in den verschiedenen Verfahrensordnungen.28 Behandelt werden der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess, das verfassungsgerichtliche Verfahren, der Strafprozess und das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.29 Im Mittelpunkt steht dabei die ZPO.30 Auch in Form einer solchen binnenrechtsvergleichenden Betrachtung kann allgemeine Prozessrechtslehre betrieben werden. Aktuelle Ansätze einer allgemeinen Prozessrechtslehre beinhalten zudem die 2015 erschienenen Habilitationsschriften von Jakob Julius Nolte31 und Phillipp Reimer32. Reimer entwickelt in seiner Arbeit eine allgemeine Verfahrenstheorie, in die er neben dem gerichtlichen auch das Verwaltungsverfahren miteinbezieht.33 Die Untersuchung zeichnet sich durch einen hohen Abstraktionsgrad aus. Nolte analysiert in seiner Arbeit das Verhältnis von der VwGO zur ZPO.34 Dabei orientiert er sich kaum an der Gesetzgebungsperspektive, sodass seine Arbeit als dogmatische Untersuchung einzustufen ist.35

27  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 1  ff. Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 8 kritisiert, dass Grunsky den Prozesszweck bei allen Verfahrensordnungen als Durchsetzung des materiellen Rechts sieht. Auf diese Weise würde aufgrund der Unterschiedlichkeit des materiellen Fachrechts eine Betonung der Gemeinsamkeiten schwerfallen. 28  Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 1, Jura 2015, 911 (911 Fn. 8); Weyers, Rezension: Wolfgang Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts. Eine vergleichende Darstellung von ZPO, FGO, VwGO, FGO, SGG. Zweite, neubearbeitete Auflage, Gieseking, Bielefeld 1974, AcP 176 (1976), 378 (379). 29  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 7 ff. 30  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. III; kritisch dazu Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 8. 31  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015. 32  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015. 33  Zu den Ergebnissen Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 473 ff. 34  Külpmann, Rezension: Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Von Jakob Julius Nolte. Mohr Siebeck, Tübingen 2015, NVwZ 2016, 42; Lindner, Rezension: Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Stand: 13.7.2015. 35  Külpmann, Rezension: Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Von Jakob Julius Nolte. Mohr Siebeck, Tübingen 2015, NVwZ 2016, 42; Lindner, Rezension: Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Stand: 13.7.2015.



A. Beispiele aus der Literatur57

Bei den bislang erörterten Konzepten einer allgemeinen Prozessrechtslehre handelt es sich vornehmlich um rechtsdogmatische Ansätze.36 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Reimer. Er unterteilt die auf das Verfahren bezogenen Lehren in Verfahrensdogmatik, juridische und empirische Verfahrenstheorien.37 Seine eigene Arbeit rechnet er der Verfahrenstheorie zu, wobei 36  Zum Begriff der Rechtsdogmatik vergleiche Rüthers, Rechtsdogmatik als Schranke des Richterrechts?, JöR 64 (2016), 309 (317 ff.). 37  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 94 f., 119 ff.; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (265 ff.). Empirische Verfahrenstheorie zeichnet sich dadurch aus, dass die positiven Normen im Hinblick auf die Erforschung ihrer Entstehungsgeschichte und ihrer faktischen Wirksamkeit betrachtet werden sollen (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  132 f., 166; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 [265]; zum Begriff des empirischen Prozesses vergleiche Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 26 f.). Auch auf diese Weise können Normen verschiedener Prozessrechtsordnungen miteinander verglichen werden. Den empirischen Verfahrenstheorien sind zumeist die Ansätze allgemeiner Prozesslehren aus dem Bereich der Soziologie und der Ökonomie zuzurechnen (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 261). Bemerkenswert an Reimers Analyse ist die klare Trennung zwischen einer allgemeinen Verfahrensdogmatik und juridischer Verfahrenstheorie. Die Verfahrensdogmatik soll sich auf die Anwendung und Auslegung des positiven Rechts begrenzen (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 111 f.; 166; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrens­ rechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 [265 f.]; Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 [5 ff.]; Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 23; zur Rechtsdogmatik Voßkuhle, Was leistet Rechtsdogmatik? – Zusammenführung und Ausblick in 12 Thesen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 111 ff.). In diesem Rahmen können Erkenntnisse gesammelt werden, die für mehrere verwandte Prozessrechtsordnungen gelten. Bei der juridischen Verfahrenstheorie stehen ebenfalls prozessuale Normen im Mittelpunkt. Es geht jedoch nicht darum, allein Ausführungen zum positiven Recht zu machen, sondern dessen Funk­ tionszusammenhang zu beschreiben (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 133 ff., 166; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 [267, 270]; Goebel, Zivilprozeßrechtsdogmatik und Verfahrenssoziologie, 1994, S. 45). So kann beispielsweise aufgezeigt werden, wie Normen in den einzelnen Prozessrechtordnungen gestaltet werden könnten (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 162). Auf diese Weise kann „wissenschaftliche Rechtspolitik“ betrieben werden (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 152, 161 ff., 166; weiterhin Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 53 f.; zum Begriff der wissenschaftlichen Rechtspolitik Je­ staedt, Das mag in der Theorie richtig sein …, 2006, S. 87 Fn. 260; zur Rechtspolitik im Zusammenhang mit der Rechtsdogmatik Rüthers, Rechtsdogmatik als Schranke des Richterrechts?, JöR 64 (2016), 309, [336 ff.]).

58

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

er an vielen Stellen auch auf die Dogmatik eingeht.38 Die Zurechnung zur Verfahrenstheorie impliziert, dass er nicht nur gerichtliche Verfahren, sondern verschiedene Verfahrenstypen analysiert.39 Weiterhin folgt daraus, dass nicht nur das positive Recht in den Fokus genommen wird, sondern darüber hinausgehend auch weitere Zusammenhänge zwischen den Verfahren erforscht und bewertet werden.40 Von den Konzepten der allgemeinen Prozessrechtslehre können solche der allgemeinen Prozesslehre abgegrenzt werden, die nicht schwerpunktmäßig normative Anknüpfungspunkte enthalten.41 Stattdessen geht es bei diesen unter anderem um Rollenverhalten im Prozess, Prozesstaktik und Verfahrensorganisation, also um tatsächliche Geschehnisse im Prozess.42 Die Abgrenzung zur allgemeinen Prozessrechtslehre ist oft fließend, da in den meisten Fällen sowohl normative als auch weitere Anknüpfungspunkte zur Beschreibung von Prozessrecht erörtert werden. Oft entscheiden die Autoren ausdrücklich selbst, wie sie ihre Arbeiten einordnen, zum Beispiel durch Vergabe eines entsprechenden Titels. Konzepte einer allgemeinen Prozesslehre finden sich beispielsweise im Bereich der Soziologie.43 Unter ihnen ist besonders Niklas Luhmanns Werk „Legitimation durch Verfahren“ aus dem Jahr 1983 hervorzuheben.44 Dieser sieht den Prozess dadurch legitimiert, dass die Entscheidungen soziale Akzeptanz erfahren.45 Diese soziale Akzeptanz soll daraus herrühren, dass die am Prozess Beteiligten die ihnen zugewiesene Rolle übernehmen und als Folge ihre Selbstbindung an die Entscheidung eintritt.46 Luhmann beschränkt seine Ausführungen ebenso wie Reimer nicht auf gerichtliche Verfahren. Stattdessen widmet er sich auch dem Verfahren der politischen Wahl und dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren.47 38  Reimer, 39  Collin,

Verfahrenstheorie, 2015, S. 1, 93 ff. Eine Theorie mittlerer Reichweite, Rechtsgeschichte – Legal History

2017, 307. 40  Collin, Eine Theorie mittlerer Reichweite, Rechtsgeschichte – Legal History 2017, 307. 41  Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 31. 42  Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 31. 43  Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 31; zusammenfassend dazu Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 2 ff.; zur Bedeutung der Rechtssoziologie für die Juristen vergleiche bereits Lautmann, Rechtssoziologie und Juristen, ZRP 1971, 25 ff. 44  Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 1983; Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 2 f. 45  Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 1983, S. 87 ff. 46  Zur Selbstbindung durch Rollenübernahme Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 1983, S. 82 f. 47  Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 1983, S. 13.



A. Beispiele aus der Literatur59

Erwähnenswert ist im Zusammenhang mit den soziologischen Konzepten einer allgemeinen Prozesslehre auch die Schrift von Johann Josef Hagen mit seinen Ausführungen zu den „Elemente[n] einer allgemeinen Verfahrenslehre“ aus dem Jahr 1972.48 Herkömmliche prozessuale Probleme sollen darin in soziologischen Bezug gesetzt werden.49 Hagen verknüpft das faktische Verfahren und die prozessualen Normen miteinander.50 Dafür entwickelt er verschiedene Bezugskategorien, aus denen er ein Bezugssystem bildet und so Grundsätze für eine allgemeine Prozesslehre ableitet.51 Diese Bezugskategorien sind der institutionelle Verfahrenszweck, die materielle Implikation des Verfahrens, die Verfahrensstruktur, die Verfahrensorganisation und die Verfahrenstechnik.52 Zu den neueren Ansätzen einer allgemeinen Prozesslehre zählen die Ausführungen Georg Steinbergs zur Stellung des Richters im gerichtlichen Verfahren aus dem Jahr 2010.53 Der Ausgangspunkt seiner Untersuchung ist das Unterworfensein des Bürgers unter die dritte Gewalt.54 Er vergleicht die StPO, die VwGO und die ZPO hinsichtlich verschiedener Aspekte.55 Dabei 48  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972. Daneben wird seine andere bedeutende prozessuale Schrift Hagen, Allgemeine Verfahrenslehre und verfassungsgerichtliches Verfahren, 1971 im Zusammenhang mit den Errungenschaften einer allgemeinen Prozessrechtslehre immer wieder genannt. Näher zu Johann Josef Hagens Ansatz einer allgemeinen Prozessrechtslehre Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 48 f. 49  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 9, 13; Barta, Verfahrensrecht als frühes Zivilisierungsprojekt – Zur Teleologie rechtlicher Verfahren, in: Barta (Hrsg.), Prozessrecht und Eid, 2015, 1 (6). 50  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 94. 51  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 94 ff., 100 f., 142 f. 52  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 94 ff. 53  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010. 54  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 10, 17; Haas, Buchbesprechung: Georg Steinberg. Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2011, ZStW 2013, 121 (121 f.); Heger, Buchbesprechung: Georg Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit – Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre. –, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, JZ 2011, 1110; Tappert, Besprechung des Buches von Georg Steinberg: „Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit“ – Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, DRiZ 2011, 148; Wohlers, Rezension: Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, GA 158 (2011), 373; zur Definition des Prozesses durch Steinberg siehe § 2 B. I. 55  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 179 f. Soweit Steinberg Normen vergleicht könnten seine Ausführungen auch der allgemeinen Prozessrechtslehre zugeordnet werden. Indem er sein Wek jedoch im Untertitel als allgemeine Prozesslehre bezeichnet, setzt er selbst einen anderen Schwerpunkt.

60

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

geht er vor allem auf die prozessualen Voraussetzungen56 und die Möglichkeiten der vorzeitigen Erledigung des Prozesses57 ein.58 In diesem Rahmen macht er deutlich, wie die entsprechenden Regelungen in den jeweiligen Verfahrensordnungen zum von ihm befürworteten Schutz des Bürgers vor der judikativen Gewalt beitragen.59 Seine Untersuchung mündet in der Entwicklung einer liberalen allgemeinen Prozesslehre.60 Die Beschreibung von Steinbergs Ansatz als liberal wird dadurch gerechtfertigt, dass er neben dem grundrechtsgewährleistenden auch den grundrechtsbeeinträchtigenden Charakter der Judikativgewalt berücksichtigt.61 Die ökonomischen Konzepte einer allgemeinen Prozesslehre befassen sich vor allem mit der Wirtschaftlichkeit von Prozessen und prozessualen Nor56  Steinberg,

Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 85 ff. Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 127 ff. 58  Haas, Buchbesprechung: Georg Steinberg. Richterliche Gewalt und indivi­duelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2011, ZStW 2013, 121 (127 ff., 130 ff.); Hassemer, Vom Recht, in Ruhe gelassen zu werden, Stand: 8.5.2011; Heger, Buchbesprechung: Georg Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit – Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre –, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, JZ 2011, 1110. 59  Wohlers, Rezension: Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, GA 158 (2011), 373 ff. 60  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 17; Haas, Buchbesprechung: Georg Steinberg. Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2011, ZStW 2013, 121 (132); Heger, Buchbesprechung: Georg Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit – Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre. –, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, JZ 2011, 1110 (1111); Woh­ lers, Rezension: Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, GA 158 (2011), 373 (375 f.). 61  Heger, Buchbesprechung: Georg Steinberg, Richterliche Gewalt und indivi­ duelle Freiheit – Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre –, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, JZ 2011, 1110 (1111); Wohlers, Rezension: Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit. Ein Ansatz zu einer allgemeinen Prozesslehre, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010, GA 158 (2011), 373 (375). Zwar wird entgegen der früher herrschenden Meinung mittlerweile auch großteils vertreten, dass sich die Rechtsschutzgarantie auch auf Rechtsschutz gegen den Richter erstreckt (zum Rechtsschutz gegen den gesetzlichen Richter im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 96; zum Rechtsschutz gegen den gesetzlichen Richter im Rahmen des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches siehe § 2 C. I. 1. a) bb)). Die Charakterisierung von Steinbergs Ansatz als liberal ist dennoch nach wie vor gerechtfertigt. Er versteht das Liberale als die Freiheit vom Staat (Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 189). Die Bezugnahme auf Prozessrecht unter dem Aspekt des Rechtschutzes gegen die dritte Gewalt ist innovativ. 57  Steinberg,



A. Beispiele aus der Literatur61

men.62 Es geht vereinfacht dargestellt um das Kosten-Nutzen-Verhältnis der gerichtlichen Verfahren.63 Dieses bietet eine weitere Möglichkeit, das gesamte Prozessgeschehen in seiner Allgemeinheit zu betrachten. So wurde beispielsweise 1999 von Wiebke Gerking untersucht, wie sich überlange Prozesse wirtschaftlich auswirken.64 Solche Ansätze erfordern zur Verifizierung ihrer Ergebnisse statistische Erhebungen.65 Für den Rechtswissenschaftler ist es nicht die Regel, empirisch zu arbeiten und statistische Erhebungen durchzuführen.66 Möglicherweise ist dies der Grund, weshalb ökonomische Ansätze in Bezug auf das Prozessrecht teilweise kritisch gesehen werden.67 Soziologische Ansätze einer allgemeinen Prozesslehre beinhalten zwar ebenfalls Thesen, die empirisch belegt werden könnten. Allerdings werden dort in vielen Fällen nicht konkrete Zahlen in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt, sondern die inhaltliche Auswertung sogenannter Interviews.68 Neben den Versuchen der Ausgestaltung von Konzepten, die darauf abzielen, das Prozessgeschehen als Ganzes zu erfassen, werden Prozessrechtsordnungen auch in Bezug auf Einzelprobleme verglichen.69 Eine solche Vorgehensweise kann ebenfalls dem Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre zugeordnet werden. Lediglich exemplarisch hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Ausführungen Christoph Trzaskaliks zum Widerspruchsverfahren aus

62  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 4 f.; vergleiche dazu auch Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 60 ff. 63  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 5; Bier, Die volkswirtschaftlichen Kosten der Justiz, in: Schmidtchen/Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, 1999, 124 ff.; Rohleder, Ist die Justiz ihr Geld wert?, in: Schmidtchen/ Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, 1999, 111 ff. 64  Gerking, Die wirtschaftlichen Folgen langer Verfahrensdauer, in: Schmidtchen/ Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, 1999, 38 ff. 65  Gerking, Die wirtschaftlichen Folgen langer Verfahrensdauer, in: Schmidtchen/ Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, 1999, 38 (47). 66  Siehe § 4 B. und § 8 A. III. 8. 67  Zur Kritik vergleiche beispielsweise Goebel, Zivilprozeßrechtsdogmatik und Verfahrenssoziologie, 1994, S. 318 ff. 68  Vergleiche dazu Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn. 19 ff. Aus inhaltlichen Auswertungen von Interviews können natürlich wiederum quantitative Schlussfolgerungen gezogen werden. 69  Bei Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 6 f. findet sich eine große Auswahl an Autoren, die sich mit Einzelproblemen der Prozessrechtsordnungen befassen.

62

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

dem Jahr 1978.70 Zu demselben Thema gibt es eine Untersuchung von Caroline Zagajewski, die auch empirische Teile aufweist.71 Zudem kann im Zusammenhang mit Ausarbeitungen zu Einzelproblemen auf die Schrift von Petra Cormann zur Erledigung im Verwaltungsprozess aus dem Jahr 1998 verwiesen werden.72

B. Begriff Zur Annäherung an den begrifflichen Gehalt der allgemeinen Prozessrechtslehre ist der Terminus in seine Wortbausteine zu zerlegen und deren Bedeutungsgehalt nachzugehen.73 Dabei ist zu beachten, dass die meisten Definitionen, die sich im Zusammenhang mit Darstellungen der allgemeinen Prozessrechtslehre finden, den zentralen Begriff des Prozesses passend zu der Art und Weise ihrer Darstellung entwickeln. Es sollen daher lediglich beispielhaft einige Definitionen genannt werden. Für die im Rahmen dieser Analyse zu verwendende Definition ist zu beachten, dass diese möglichst weit sein soll, da das Ziel der Arbeit nicht die Entwicklung eines eigenen Konzepts einer allgemeinen Prozessrechtslehre ist.74 Sie zielt vielmehr da­ rauf ab, Konzepte einer allgemeinen Prozessrechtslehre auf Ebene der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik hinsichtlich ausgewählter prozessualer In­stitute zu erkennen.75

70  Trzaskalik, Das Widerspruchsverfahren der Verwaltungsgerichtsordnung im Lichte der allgemeinen Prozeßrechtslehre, 1975. 71  Zagajewski, Das fakultative Widerspruchsverfahren, 2012. Eine ältere Untersuchung stammt von Heyne, Das Vorverfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und dem Sozialgerichtsgesetz, 1973. 72  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997; zum selben Thema finden sich auch Ausführungen bei Schenke, Der Erledigungsrechtsstreit im Verwaltungsprozeß, 1996 vor allem auf S. 329 ff. 73  Zur Prozessrechtslehre aus Anwaltssicht vergleiche Koch, Prozessrechtslehre aus Anwaltssicht – Ein Plädoyer für den Perspektivenwechsel in der Juristenausbildung, JuS 2000, 320 ff., der seine Darstellung ebenfalls ausgehend vom Prozessbegriff entwickelt. 74  Die Definition ist also pragmatischer Natur. Ebenso ist dies bei Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 ff. der Fall. 75  Siehe § 1 B.



B. Begriff63

I. Prozess Der Prozess stellt einen Unterfall des Verfahrens dar.76 Im juristischen Umfeld bezeichnet er üblicherweise ein gerichtliches Verfahren.77 Teilweise werden die Begriffe „Verfahren“ und „Prozess“ synonym verwendet.78 Dies ist durch die ihnen anhaftende Dynamik gerechtfertigt.79 So hat sich der Ausdruck „Prozess“ aus dem lateinischen Begriff „Procedo“ entwickelt, der mit „Vorgang“ übersetzt werden kann.80 Der Begriff des Verfahrens entspricht dem „Vorgehen“.81 Mittlerweile existiert eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens, also des Prozesses, in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG.82 Im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet der Begriff „jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren.“ Schwachstelle der gesetzgeberischen Definition ist, dass der Verfahrensbegriff selbst nicht definiert, sondern vorausgesetzt wird.

76  So auch Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 15; Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 82. 77  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 15; bezogen auf den Zivilprozess Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18.  Aufl., 2018, § 1 Rn. 6; Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 1; weiterführend zum Verfahrensbegriff Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 83. 78  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 15; auch in der vorliegenden Arbeit wird zum Teil der gängige Begriff der „Verfahrensordnung“ verwendet, wenn auf eine Prozessrechtsordnung Bezug genommen wird; siehe in vergleichbarer Weise zu den Begriffen § 1 Fn. 5. 79  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 16, 18; Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 80 f.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 13 f.; zur Dynamik des Prozesses vergleiche auch Schumann, Prozessrecht und Methode. Elemente einer prozessualen Betrachtungsweise, Essays in Honour of Konstantinos D. Keramus, 2009, 1209 (1229). 80  Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (8 f.); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 13; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 5. 81  Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 1 Rn. 2; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 13. 82  Hierauf verweist auch Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 14. Zur inhaltlichen Auffüllung der Definition vergleiche BT-Drs. 17/7217, 7, 28; BT-Drs. 17/3802, 22 f., 36, 42.

64

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

In Enzyklopädien finden sich überwiegend Definitionen des Prozesses als konkretes Verfahren. Sie beziehen sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten.83 Eine aus dem Deutschen Rechts-Lexikon von Horst Tilch und Frank Arloth entnommene Definition des Prozesses lautet: „Prozess wird der → Rechtsstreit genannt, sobald er bei Gericht anhängig geworden ist (→ Rechtshängigkeit). Der Begriff P. wird sowohl in den zivilgerichtlichen als auch in den öffentlich-rechtlichen Gerichtszweigen, somit also in den sozial-, verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren, gebraucht. Im Strafprozeßrecht wird von P. gesprochen, sobald das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 203 StPO beschlossen hat.“84 Die ­lexikalische Definition ist ungenau, da sie den Begriff des Rechtsstreits verwendet.85 Ein Prozess setzt nicht zwingend einen „Streit“ zwischen den ­beiden Parteien voraus. Beispielsweise kann der Zivilprozess durch ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten im Sinne des § 93 ZPO beendet werden, wenn eine Partei sich nicht streiten will.86 In der weiteren Fachliteratur lassen sich zahlreiche Definitionen des Verfahrensbegriffes finden, die sich nicht auf ein konkretes Verfahren, sondern allgemein auf das Verfahren beziehen.87 Robert Alexy versteht Verfahren als „Systeme von Regeln und/oder Prinzipien zur Erzeugung eines Ergeb­ nisses“.88 Philipp Reimer definiert den Begriff des Verfahrens als „Inbegriff der Handlungen einer Stelle, die sinnhaft aufeinander als Handlungszusammenhang und auf eine Zielhandlung sowie auf ein zu befolgendes Recht bezogen sind.“89 Indem Reimer sich auf die Handlungen einer Stelle bezieht, schließt er die Handlungen der Beteiligten aus seiner Definition aus. Eine Stelle kann im Rahmen des Prozesses nur ein Gericht sein, im Rahmen des Verfahrens auch eine behördliche Stelle oder ein Parlament.90 Andere Definitionen sind zumeist in Bezug auf eines der bei Reimer genannten Merkmale

83  Vergleiche dazu auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 7 f.; Schilken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 2. 84  Grüneberg, Prozeß, in: Tilch/Arloth (Hrsg.), Deutsches Rechts-Lexikon, 3. Aufl., 2001, 3387. 85  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 8;  Schil­ ken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 2. 86  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 8;  Schil­ ken, Zivilprozessrecht, 7. Aufl., 2014, Rn. 2. 87  Zu den unterschiedlichen Bedeutungen von Verfahren vergleiche Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 83; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 504 f. 88  Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl., 1994, S. 431. 89  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 15. 90  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 16 f.



B. Begriff65

enger oder weiter gefasst. So begrenzt Andreas Popp seinen Verfahrensbegriff nicht auf die Handlungen einer Stelle.91 Georg Steinberg bezeichnet den Prozess als Rechtsverhältnis und knüpft damit an Bülow an.92 Steinberg geht von einem dreiseitigen Rechtsverhältnis aus.93 Als Konsens aller Verfahrenslehren nennt er die Charakterisierung des Prozesses als Netz der sich stetig in Veränderung befindenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten.94 Daneben seien die Beziehungen der Beteiligten zum Gericht umfasst.95 Steinberg legt den Schwerpunkt seiner Betrachtung auf letztere.96 Seine Definition des Prozesses wird vorliegend übernommen, soweit er an das Rechtsverhältnis anknüpft. So können sämtliche Geschehnisse vor Gericht erfasst werden und damit dem Erkenntnisinteresse am besten Rechnung getragen werden.97 Dies gilt im Übrigen deshalb, weil theoretische Konzepte, zu denen auch die allgemeine Prozessrechtslehre zählt, von einem erhöhten Abstraktionsniveau leben.98 91  Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 82 ff.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 15 Fn. 13. Andreas Popp stellt in seinem 2005 erschienen Werk „Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren“ zunächst die StPO in den Mittelpunkt (Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 179). Im Laufe der Arbeit werden Parallelen zwischen strafprozessualen Ermittlungsverfahren und Verwaltungsverfahren aufgezeigt (Ziemann, Andreas Popp: Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren. Eine Darstellung am Beispiel der Eingriffsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, Duncker und Humblot, Berlin 2005, HRRS 2005, 360 [361]). Er untersucht mögliche Fehler und Fehlerfolgen in beiden Verfahren und stellt sich die Aufgabe, daraus ein Fehlerfolgensystem zu bilden (Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 31; Ziemann, Andreas Popp: Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren. Eine Darstellung am Beispiel der Eingriffsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, Duncker und Humblot, Berlin 2005, HRRS 2005, 360). 92  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 12; auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 2 Rn. 1 ff. definieren den Prozess als Rechtsverhältnis. Sie gehen auch näher auf die weitere Bedeutung des Prozesses als geordnetes Verfahren ein. Zu Oskar Bülow siehe § 2 A. 93  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 11 f.; so auch Bülow, Die Lehre von den Proceßeinreden und Proceßvoraussetzungen, 1868, S. 1 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 2 Rn. 5. 94  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 12; dies bezieht das im Rahmen vieler Prozessdefinitionen geforderte Bestehen eines Verfahrensziels nicht mit ein (vergeiche Schumann, Prozessrecht und Methode. Elemente einer prozessualen Betrachtungsweise, Essays in Honour of Konstantinos D. Keramus, 2009, 1209 [1230]). 95  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 12. 96  Steinberg, Richterliche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 12. 97  Siehe § 1 B. 98  Vergleiche jedoch Bachmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Eine kritische Untersuchung am Beispiel von Videovernehmung und Untersuchungsgrundsatz, ZZP

66

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

II. Prozessrechtslehre Als Prozessrecht ist die Gesamtheit der rechtlichen Regelungen, die sich auf den Prozess beziehen, zu bezeichnen.99 Es leitet den Prozess.100 Die Prozessrechtslehre befasst sich mit der Anwendung, Betrachtung, Bewertung und dem Vergleich des Prozessrechts.

III. Allgemeinheit Das Merkmal der Allgemeinheit lässt sich am besten über das Ziel einer allgemeinen Prozessrechtslehre definieren. Ziel einer allgemeinen Prozessrechtslehre ist es, Erkenntnisse über Prozessrecht in den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen zu erhalten, die über die einzelnen Prozessrechtsordnungen hinausgehen.101 Grundsätzlich könnte die allgemeine Prozessrechtslehre diese Aufgaben für das Prozessrecht unterschiedlicher Rechtsordnungen übernehmen.102 Die vorliegende Betrachtung beschränkt sich jedoch auf das deutsche Prozessrecht.103 Als Erkenntnis kommt jegliche Wissensmehrung in Betracht, welche zum praktischen Umgang mit Prozessrecht beiträgt.104 Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Regelungen sollen nachgezeichnet werden können.105 Das bedeutet, Gemeinsamkeiten sollen herausgestellt und notwendige Unterschiede benannt werden.106 Die Gemeinsamkeiten sollen auf eine allgemeine 118 (2005), 133 (135), der davon ausgeht, dass die Leistungsfähigkeit der allgemeinen Prozessrechtslehre erst anhand eines konkreten Problems erkennbar wird. 99  Auf eine Entwicklung der Definition des Rechtsbegriffes wird an dieser Stelle verzichtet. Stattdessen wird auf Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 17 f. verwiesen, der verschiedene Definitionen zusammenträgt und im Übrigen erklärt, jeder wisse, was mit Recht gemeint sei. Auf das Fehlen einer Definition des Rechts beziehungsweise das fehlende Interesse der Juristen hieran weist auch Huber, Systemtheorie des Rechts, 2007, S. 79 hin. 100  Nakamura, Die methodologische Beziehung zwischen Rechtswissenschaft und Naturwissenschaft, ZZP 68 (1955), 401 (411). 101  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 5; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 3. 102  Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 7; Steinberg, Richter­ liche Gewalt und individuelle Freiheit, 2010, S. 1. 103  Siehe §  1  D. II. 1. 104  Mitsopoulos, Gedanken zu einigen wichtigen Problemen der Zivilprozeßrechtslehre, ZZP 91 (1978), 113 (116). 105  Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 403; Sauer, Allgemeine Prozessrechtslehre, 1951, S. VII. 106  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 46.



B. Begriff67

Grundregel zurückgeführt werden können.107 Sie bilden einen allgemeinen Teil des Prozessrechts. Dieser kann aus audrücklichen für alle Verfahrensordnung geltenden Normen bestehen. Er kann aber auch Auslegungsgrundsätze für die Regelungen der einzelnen Prozessrechtsordnungen beinhalten, die sich aus den sie verbindenden Elementen ergeben.108 Der allgemeine Teil des Prozessrechts steht den Regelungen, die sich nur auf die jeweilige Prozessrechtsordnung beziehen, gegenüber. Die Regelungen, die sich jeweils nur einer Prozessrechtsordnung zuordnen lassen, sind als besondere Teile zu verstehen. Die Herausbildung eines allgemeinen Teils des Prozessrechts ist folglich das Primärziel der allgemeinen Prozessrechtslehre.109 Auf diese Weise kann eine einheitliche prozessrechtliche Terminologie geschaffen werden.110 Sofern sich ein allgemeiner Teil des Prozessrechts herausarbeiten lässt, ist dies ein Indiz dafür, dass das Prozessrecht als Einheit betrachtet wird.111 Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass aus dem Auftreten des Einheitsgedankens im Prozessrecht der Schluss gezogen werden kann, dass die Herausbildung eines allgemeinen Teils möglich ist. Die Frage nach der Einheit des Prozessrechts ergibt sich aus der Frage nach der Einheit der Rechtsordnung.112 Dieses Postulat ist vielerorts relevant113 und soll begründen, dass die Gesamtrechtsordnung in sich stimmig ist.114 Das gilt gerade im Verhältnis der Teilrechtsordnungen zueinander.115 So soll auch das Prozessrecht frei von Widersprüchen sein.116 Dies dient der 107  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 46; Mitsopoulos, Gedanken zu einigen wichtigen Problemen der Zivilprozeßrechtslehre, ZZP 91 (1978), 113 (115); Stürner, Parteipflichten bei der Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß, ZZP 98 (1985), 237 (256). 108  Siehe § 3 C. 109  Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 (376 f.). 110  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 46 f.; zur einheitlichen Terminologie im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 157 ff. 111  Siehe § 3 und § 4 sowie § 1 B. 112  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 46. Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641 (648) empfindet das Postulat der Einheit der Rechtsordnung als zu diffus, um die Grundlage für den Gedanken des Rechtssystems als geordnetes Ganzes zu bilden. Dies ändert nichts an seiner Relevanz für den vorgestellten Gedankengang. 113  Vergleiche dazu Baldus, Die Einheit der Rechtsordnung, 1995; Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1935; Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998; Schmidt (Hrsg.), Vielfalt des Rechts – Einheit der Rechtsordnung, 1994. 114  Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 402. 115  Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 360 ff. 116  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 46.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

folgerichtigen Anwendung des materiellen Rechts.117 Die Notwendigkeit eines in sich stimmigen Rechts mit kohärenten Regelungen ergibt sich bereits aus dem in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegten Gerechtigkeitsgebot und kann aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet werden.118 Neben dem genannten Primärziel ergeben sich viele Sekundärziele. Diese sind nicht zwingend von der allgemeinen Prozessrechtslehre umfasst, sondern können sich als Folgefragen entwickeln. Sofern es möglich ist, einen allgemeinen Teil des Prozessrechts zu bilden, kann herausgearbeitet werden, ob und inwieweit eine Angleichung oder gar eine Vereinheitlichung des Prozessrechts möglich und sinnvoll ist.119 Weiterhin kann dann die Frage gestellt werden, ob die Gerichtszweige abgeschafft und die Justizeinheit eingeführt werden sollten.120 Der Stellenwert der allgemeinen Prozessrechtslehre ergibt sich damit zum Teil aus ihrer Bedeutung in der Literatur und ihrem Potenzial zur Beantwortung prozessualer Fragen. Auch in der Lehre wird Potenzial für eine allgemeine Prozessrechtslehre gesehen.121 Deutlich wird dies zudem durch die Themen der wissenschaftlichen Fachgesellschaft. Beispielsweise ist hier die Tagung junger Prozessrechtswissenschaftler zu nennen, die Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete zusammenführt. Diese diskutieren Fragestellun-

117  Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 1, Jura 2015, 911 (911 f.); Schmidt, Einheit der Rechtsordnung – Realität? Aufgabe? Illusion?, in: Schmidt (Hrsg.), Vielfalt des Rechts – Einheit der Rechtsordnung, 1994, 9 (17 f.); zum Verhältnis des materiellen Rechts und des Prozessrechts vergleiche Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 152 ff. 118  Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987; vergleiche auch Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S.  16 f.; Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 1, Jura 2015, 911 (912); zur eingeschränkten Relevanz des Rechtsstaats und des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Bezug auf die Einheit der Rechtsordnung vergleiche Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, S.  265 f., 289 f. 119  Zu diesen Zielen vergleiche bereits Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 ff. 120  Zur Ausrichtung der allgemeinen Rechtslehre auf ein praktisches Ziel Röhl/ Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 7 f.; zur Justizeinheit Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 (161 ff.); siehe § 3 A. und § 7. 121  Weiter zum Potenzial in der Lehre Grunsky, Möglichkeiten und Grenzen einer allgemeinen Prozessrechtslehre im akademischen Unterricht, ZZP 85 (1972), 373 ff.; Niese, Die allgemeine Prozessrechtslehre und der Rechtskrafteintritt bei zurückgenommenen und unzulässigen Rechtsmitteln, JZ 1957, 73 (75).



C. Bindungselemente69

gen, die sich zu den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen ergeben. Auch die Einheit des Prozessrechts war bereits Thema dieser Tagung.122

C. Bindungselemente Nachdem aufgezeigt wurde, dass die allgemeine Prozessrechtslehre in unterschiedlichen Formen vorkommt und unterschiedliche Schwerpunkte setzen kann, ist näher darauf einzugehen, auf welche Weise sie ihr übergeordnetes Ziel der Herausbildung eines allgemeinen Teils des Prozessrechts erreichen kann.123 Dazu müssen die gemeinsamen Strukturen der Prozessrechtsordnungen identifiziert werden, aus denen sich der allgemeine Teil ableiten lässt.124 Bei ihnen handelt es sich um Bindungselemente zwischen den Prozessrechtsordnungen.125 Sie bilden den „roten Faden“, der die Prozessrechtsordnungen miteinander verknüpft. Die Bindungselemente ergeben sich auch, aber nicht nur, aus dem positiven Recht.126 Bei der Anwendung prozessualer Normen kommt es in vielen Fällen zu Streitigkeiten darüber, wie sie zu verstehen sind.127 Die Art und Weise, auf welche diesen Streitfragen in den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen Lösungen zugeführt werden, kann Rückschluss auf eine allgemeine Betrachtungsweise geben.128 Daneben wird als gemeinsame Struktur vielfach der Zweck129 der einzelnen Prozessrechtsordnungen bezie122  Effer-Uhe/Hoven/Kempny/Rösinger (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016. 123  Siehe § 3 E. 124  Das Herausarbeiten von gemeinsamen Strukturen als Ziel wird beispielsweise auch in Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (150) und Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 1 genannt. 125  Diesen Begriff verwendet Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 47. 126  Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 104. 127  Zur Abgrenzung zwischen Anwendung und Auslegung Knauff, Anwendung und Auslegung des Europarechts, DÖV 2013, 375 (378 f.). 128  Dies ist insofern folgerichtig, als der Prozess zumeist mit einzelnen prozessualen Instituten beschrieben wird (vergleiche Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 [9]). Zudem gibt es viele Darstellungen, die ihre Ausführungen zu einer allgemeinen Prozessrechtslehre gerade unter Bezugnahme auf Einzelprobleme aufbauen (vergleiche zum Beispiel Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache im Deutschen Verfahrensrecht, 2005 sowie die in § 2 A. am Ende genannten Beispiele). 129  Der Begriff des Zweckes wird hier gleichgesetzt mit den Begriffen der Funktion, des Zieles, der Aufgabe und des Wesens; auch Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 107 vertritt die Meinung, dass eine

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

hungsweise der Prozesse vorgeschlagen.130 Zudem wird auf die verschiedenen Prozessrechtsmaximen Bezug genommen.131 Weiterhin erfolgt zum Teil ein Rückgriff auf einzelne Leitbegriffe für die unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen.132

I. Funktionen des Prozesses Es ist zwischen den Funktionen des Zivilprozesses und zwischen den Funktionen von Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess zu diffe­ renzieren.133 Da sich die Funktionen allerdings in den meisten Fällen überschneiden,134 können sie für die genannten Prozessarten gemeinsam erdiesbezügliche begriffliche Differenzierung nicht zur inhaltlichen Systematisierung beiträgt. 130  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 23 ff.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 180 ff., 199; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechts­ wissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/ Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 ff.; Schaper, Studien zur Theorie und Soziologie des gerichtlichen Verfahrens, 1985, S. 105; nach Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (62) darf die Bedeutung des Prozesszweckes zur Lösung prozessualer Einzelprobleme nicht überhöht werden; kritisch zum Prozesszweck als Bezugspunkt auch von Hippel, Zur modernen konstruktiven Epoche der „deutschen Prozessrechtswissenschaft“, ZZP 65 (1965), 424 (431 ff.). 131  Hagen, Elemente einer allgemeinen Prozeßlehre, 1972, S. 84 ff.; Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  190 ff.; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (271). 132  Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (35); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 223, 231 ff.; Reimer, Einheit und Vielheit der Ver­ fahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: EfferUhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (271 ff.); kritisch dazu von Hippel, Zur modernen konstruktiven Epoche der „deutschen Prozessrechtswissenschaft“, ZZP 65 (1965), 424 ff. 133  So auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 1  ff.; daneben auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 45 ff., der das Zivilprozessrecht mit dem Verwaltungsprozessrecht vergleicht. Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 113, stellt dar, dass es für VwGO, FGO und SGG Bereichsdogmatiken gibt, die aufgrund der großen Ähnlichkeit vieler Regelungen dieser Verfahrensordnungen oft wechselseitig übertragbar sind. Unter anderem daraus kann geschlossen werden, dass auch der Zweckdiskurs für diese in weiten Teilen zusammengefasst werden kann. 134  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 51; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 79 ff.; Ule, Zum Verhältnis von Zivilprozeß und Verwaltungsprozeß, DVBl 1954, 137 (146 f.); Weth, Einige pro-



C. Bindungselemente71

örtert werden. Dabei ist jeweils darauf hinzuweisen, zu welchen unterschiedlichen Ausgestaltungen sie in den verschiedenen Prozessarten führen. Diese unterschiedlichen Ausgestaltungen ergeben sich hauptsächlich daraus, dass sich im Zivilprozess zumeist private Rechtssubjekte als Parteien gegenüberstehen.135 Hingegen sind Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess dadurch gekennzeichnet, dass der private Rechtsträger in der Regel einem Hoheitsträger gegenübertreten muss.136 Ausnahmen finden sich beispielsweise bei den Streitigkeiten zwischen den Kommunen und der Rechtsaufsicht.137 Dort steht auf beiden Seiten ein Hoheitsträger.138 In den meisten Fällen sind die Parteien jedoch nicht gleichgeordnet, sondern es herrscht ein Über- und Unterordnungsverhältnis.139 Beachtet man diesen zentralen Unterschied bei der Funktionsbetrachtung, können die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen herausgearbeitet werden. 1. Hauptfunktion – Gewährung subjektiven Rechtsschutzes Das materielle Recht gewährt dem Einzelnen subjektive Rechte.140 Der Zivil-, der Verwaltungs-, der Finanz- und der Sozialgerichtsprozess haben zessrechtliche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182 (184); teilweise vergleichend zu den Verfahrensabläufen Ax/Große/Melchior u. a., Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 21. Aufl., 2017, Rn. 3170 ff. 135  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S.  50; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 7; Kniesch, Zur Vereinheitlichung des Gerichtsverfahrensrechts, MDR 1954, 5 (6); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 79; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (346). 136  Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 50; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 1 Rn. 1; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (346). 137  Vergleiche dazu Knemeyer, Staatsaufsicht über Kommunen, JuS 2000, 521 (523 f.) und Rennert, Die Klausur im Kommunalrecht, JuS 2008, 119 (120 f.); für den Freistaat Bayern vergleiche Becker, 2. Teil. Bayerisches Kommunalrecht, in: Becker/ Heckmann/Kempen u.  a. (Hrsg.), Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl., 2017, Rn.  552 ff. 138  Vergleiche für den Freistaat Bayern Becker, 2. Teil. Bayerisches Kommunalrecht, in: Becker/Heckmann/Kempen u. a. (Hrsg.), Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl., 2017, Rn. 552. 139  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 7; für das Verwaltungsrecht vergleiche Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 80. In der jüngeren Zeit tritt der Staat jedoch auch oft als Kooperationspartner auf (Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 1 Rn. 41). 140  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 1, 8; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (389); zum subjektiv-öffentlichen Recht des Einzelnen vergleiche Kersten, Georg Jellinek – System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2011.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

das Ziel, diese subjektiven Rechte zu schützen.141 Dies ist als Hauptzweck des Zivilprozesses einzuordnen.142 Im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess hat der Schutz subjektiver Rechte ebenfalls eine große Bedeutung.143 Damit rückt die Rechtsschutzgewährleistung in den Mittelpunkt der Verfahren. Die Zweckerreichung wird durch verfassungsrechtliche sowie durch völker- und europarechtliche Garantien gesichert.144 Es handelt sich dabei jeweils um Ausprägungen des Justizgewährleistungsanspruches, der als Dach der Verfahrensordnungen anzusehen ist.145 a) Justizgewährleistungsanspruch auf nationaler Ebene aa) Garantie des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG Für den Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess stellt Art. 19 Abs. 4 GG die zentrale Norm zum Schutz subjektiver Rechte dar, weil dieser den Rechtsschutz gegen die öffentliche Gewalt regelt.146 Da bei den öffent141  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 1 ff.; Meissner/ Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 79; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 46 ff.; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 185, 193, 195, 196, zu Problemen S. 196 f.; zum Zivilprozess Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (36 ff.); ebenfalls zum Zivilprozess Schmidt, Der Zweck des Zivilprozesses und seine Ökonomie, 1973, S. 10. 142  Brand, Grenzen zivilprozessualer Wahrheit und Gerechtigkeit, NJW 2017, 3558 (3558 f.); Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18.  Aufl., 2018, §  1 Rn.  9  ff.; Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (49); Roth, Gewissheitsverluste in der Lehre vom Prozesszweck?, ZfPW 2017, 129; Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 11. 143  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 8, 15; zum Verwaltungsgerichtsprozess Wolf, Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978, S. 12; zum Sozialgerichtsprozess Doering-Striening, Teil L Sozialleistungen und Unterhalt, in: Scholz/Kleffmann/Doering-Striening (Hrsg.), Praxishandbuch Familienrecht, 35. EL September 2018, Rn. 10. 144  Zum Zusammenspiel der Gerichte auf den einzelnen Ebenen zur Verwirk­ lichung des Grundrechtsschutzes Kirchhof, Grundrechtsschutz durch europäische und nationale Gerichte, NJW 2011, 3681 ff. 145  Zur Abgrenzung des Justizgewährleistungsanspruches vom Rechtsschutzanspruch vergleiche Detterbeck, Streitgegenstand, Justizgewährungsanspruch und Rechtsschutzanspruch, AcP 192 (1992), 325 (337 f.); generell zum Justizgewährleistungsanspruch Detterbeck, Streitgegenstand, Justizgewährungsanspruch und Rechtsschutzanspruch, AcP 192 (1992), 325 (328 ff.). 146  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 51, 55 ff.; Meissner/Steinbeiß-



C. Bindungselemente73

lich-rechtlichen Prozessen in vielen Fällen ein Hoheitsträger der Beklagte ist, spielt Art. 19 Abs. 4 GG eine wichtige Rolle.147 Art. 19 Abs. 4 GG umfasst einen Ausschnitt des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches und hat denselben Kerngehalt wie dieser.148 Im Verhältnis zum allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ist Art. 19 Abs. 4 GG lex specialis.149 Bei ihm handelt es sich um ein geschriebenes Verfahrensgrundrecht.150 Dieses wurde durch die Rechtsprechung geformt, aber nicht durch sie entwickelt. Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht jemandem, der durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt ist, der Rechtsweg offen. Anspruchsberechtigt sind natürliche Personen sowie juristische Personen des Privatrechts.151 Unter bestimmten Voraussetzungen gilt dies auch für juWinkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 79; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 47; Schmidt-Aßmann, Funktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Erichsen/Hoppe/von Mutius (Hrsg.), Festschrift für Christian-Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, 1985, 107 (109). Nach BVerfG, Beschluss vom 23.6.1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/79 (Eurocontrol I), E 58, 1 (40); Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 7. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 526 und Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 32 stellt Art. 19 Abs. 4 GG eine „Grundsatznorm“ für die Rechtsordnung dar. In Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 91 wird erklärt, die Schaffung der drei öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen habe dazu beigetragen, dass der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung getragen werde. 147  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 49 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 2; Wagner, Effektiver Rechtsschutz, ZfBR 2016, 112; selbstverständlich sind in den öffentlich-rechtlichen Prozessen auch Konstellationen denkbar, in denen der Staat den Bürger verklagt, beispielsweise in Form einer Leistungsklage (vergleiche Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 42 VwGO Rn. 171). 148  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 51, 58 ff.; zum allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch siehe §  2  C. I. 1. a) bb). 149  Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 34 mit Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 9.1.1991 – 1 BvR 207/87 (Pensionistenprivileg), E 83, 182 (194). 150  Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 39 ff.; zur Bedeutung des Art. 19 Abs. 4 GG als Grundrecht vergleiche auch Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 51. 151  Näher Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15.  Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 48; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 38 ff.; Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (907 f.).

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

ristische Personen des öffentlichen Rechts, beispielsweise für Universitäten und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, die ausnahmsweise Grundrechtsträger sein können.152 Mit der öffentlichen Gewalt, vor der der anspruchsberechtigte Personenkreis geschützt werden soll, ist die vollziehende Gewalt gemeint.153 Darunter versteht man die Tätigkeit aller staatlichen Organe, die nicht typischerweise der Rechtsprechung zugeordnet ist.154 Es muss sich dabei zwingend um Maßnahmen im Außenverhältnis zum Bürger handeln.155 Gegen den Richter selbst soll kein Rechtsweg offenstehen.156 Daher ist ein Instanzenzug nicht gewährleistet.157 Ebenso wenig wird die formelle Gesetzgebung von Art. 19 Abs. 4 GG erfasst.158 Nicht alle Maßnahmen der vollziehenden Gewalt fallen unter den Begriff der öffentlichen Gewalt.159 Eine solche Zuordnung ist nur gegeben, sofern die Maßnahmen in den Formen des öffentlichen Rechts ergehen.160 152  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 43. 153  Bickenbach, Grundfälle zu Art. 19 IV GG, JuS 2007, 813 (816); Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 55; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 53 ff. 154  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 55. 155  BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395 (405 f.); Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 55. 156  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 57; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 99; kritisch Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 7. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 440 ff.; andere Ansicht Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 49. Allerdings wird im Rahmen des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruchs ein Rechtsbehelf gegen den Richter zugelassen (siehe § 2 C. I. 1. a) bb)). 157  BVerfG, Urteil vom 4.7.1995 – 1 BvF 2/86, 1 BvF 1/87, 1 BvF 2/87, 1 BvF 3/87, 1 BvF 4/87, 1 BvR 1421/86 (Kurzarbeitergeld bei Streik), E 92, 365 (410); Bickenbach, Grundfälle zu Art. 19 IV GG, JuS 2007, 910 (911); Jarass, in: Jarass/ Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 45; Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (913); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 96. 158  Kritisch dazu Schenke, Rechtsschutz bei normativem Unrecht, NJW 2017, 1062 (1066, 1068); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 50. 159  Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (909). 160  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 59; zu den Handlungsformen des öffentlichen



C. Bindungselemente75

Privatrechtliches Verwaltungshandeln fällt dagegen nur teilweise in den Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG.161 Dies ist zum Beispiel bei Handlungen, die unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, der Fall.162 Dagegen sollen erwerbswirtschaftliche und bedarfsdeckende Tätigkeiten nicht von Art. 19 Abs. 4 GG erfasst sein.163 Eigene Rechte sind vor allem subjektiv-öffentliche Rechte. Es können darüber hinaus private Rechte erfasst sein, wenn sie zumindest auch den Individualinteressen zu dienen bestimmt sind.164 Dazu zählen die Grundrechte.165 Weiterhin ist durch Auslegung zu bestimmen, welche Rechte zu den subjektiven Rechten gehören.166 Ihre konkrete Ausgestaltung bleibt dem Gesetzgeber überlassen.167

Rechts Müller, in: Huck/Müller (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., 2016, § 35 VwVfG Rn. 15 f. 161  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 422, 283; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 60. 162  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 64 mit weiteren Nachweisen. Es handelt sich um Verwaltungsprivatrecht im engeren Sinne. Ausführlich zum Verwaltungsprivatrecht vergleiche Röhl, Verwaltung und Privatrecht – Verwaltungsprivatrecht?, VerwArch 85 (1995), 531 ff. 163  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 422, 284; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 65. 164  BVerwG, Urteil vom 24.9.1998 – 4 CN 2–98 (drittschützende Wirkung des Abwägungsgebots), E 107, 215 (220); Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 61; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 134; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 18 ff. 165  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 61; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn.  121 ff. 166  Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 61; zur diesbezüglich anwendbaren Schutznormtheorie vergleiche Kaiser/Voßkuhle, Grundwissen Öffentliches Recht: Das subjektiv-öffentliche Recht, JuS 2009, 16 (18). 167  BVerfG, Beschluss vom 31.5.1988 – 1 BvR 520/83 (Existenzminimum), E 8, 214 (226); Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 37.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Damit Art. 19 Abs. 4 GG Anwendung findet, muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Einzelne in seinen subjektiven Rechten verletzt ist.168 Da Art. 19 Abs. 4 GG nur einen Mindestgehalt des Rechtsschutzes regelt, ist eine entsprechende Erweiterung über die subjektiv-öffentlichen Rechte hi­ naus möglich. Diese ist in einzelnen Bereichen erfolgt, indem Popular- und Verbandsklagemöglichkeiten eingerichtet wurden.169 Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet den Zugang zu den Gerichten und effektiven Rechtsschutz.170 Letzterer impliziert eine wirksame Kontrolle durch die Gerichte.171 Das Gericht darf die von der Prozessrechtsordnung gewährleisteten Rechtsschutzmöglichkeiten nicht „leerlaufen“ lassen.172 Es darf die Gerichtskosten und den Streitwert nicht so hoch festsetzen, dass es dem Bürger praktisch unmöglich wird, ein Gericht anzurufen.173 Den Streitgegenstand muss das Gericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einer umfas168  Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 41; Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (911). Zur Adressatentheorie Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 65. 169  Siehe §  2  C. I. 2. a). Zur Verbandsklage vergleiche Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 66; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 269 ff.; Schmidt-Aßmann, Funktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Erichsen/Hoppe/von Mutius (Hrsg.), Festschrift für Christian-Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, 1985, 107 (110). Die Verbandsklage ist derzeit vor allem im Umweltrecht von Bedeutung (vergleiche zum Entfall der Erforderlichkeit, ein subjektives Recht zur Bejahung der Klagebefugnis geltend zu machen Schlacke, in: Gärditz (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit Nebengesetzen, 2. Aufl., 2018, § 1 UmwRG Rn. 61 und allgemein Keller, Drittanfechtung im Umweltrecht durch Umweltvereinigungen und Individualkläger – Ein Zwischenstand nach Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, NVwZ 2017, 1080 ff. 170  Wagner, Effektiver Rechtsschutz, ZfBR 2016, 112; kritisch zur Effektivität des Rechtsschutzes Arndt, Praktikabilität und Effizienz, 1983, S. 102 ff., insbesondere S. 139, 146. Es ist allerdings möglich, Prozesskostenhilfe und somit in vielen Fällen den Gerichtszugang nur dann zu gewähren, wenn das Begehren nach einer summarischen Prüfung Aussicht auf Erfolg hat (Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 242). 171  BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 (gerichtliche Kontrolle von berufsbezogenen Prüfungen), E 84, 34 (49); Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 50. 172  Vergleiche zum Beispiel BVerfG, Beschluss vom 30.4.1997 – 2 BvR 817/90, 2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95, 2 BvR 1065/95 (Durchsuchungsanordnung) – E 96, 27 (99). 173  BVerfG, Beschluss vom 12.2.1992 – 1 BvL 1/89 (Anforderungen an die Begründung einer Richtervorlage), E 85, 337 (347); Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 62.



C. Bindungselemente77

senden Prüfung unterziehen.174 Diese soll in einem angemessenen Zeitraum erfolgen.175 Der Rechtsschutz soll in einer verbindlichen gerichtlichen Entscheidung176 und deren Durchsetzung177 münden. Im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG werden keine neuen subjektiven Rechte geschaffen,178 sondern den bestehenden Rechten wird zur Durchsetzung verholfen.179 Das bedeutet, das möglicherweise verletzte subjektive Recht beeinflusst Art. 19 Abs. 4 GG maßgeblich.180 So ist beispielsweise im Beamtenrecht eine Konkurrentenklage nur zulässig, wenn ein Anspruch des übergangenen Bewerbers auf Ernennung angenommen werden kann.181 Ohne einen solchen Anspruch lässt sich die Notwendigkeit einer Konkurrentenklage auch nicht über Art. 19 Abs. 4 GG begründen.182

174  BVerfG, Beschluss vom 31.5.2011 – 1 BvR 857/07 (Investitionszulage), E 129, 1 (20); Enders, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 19 GG Rn. 74. 175  Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 8. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 144 mit Verweis auf das ÜberlVfRSchG. Dieses wurde im Jahre 2011 erlassen. Durch die neu in §§ 198–201 GVG eingefügten Regelungen wurde die Möglichkeit geschaffen, eine unangemessen lange Verfahrensdauer zu rügen und eine Entschädigung zu erhalten (siehe § 3 D. I. 2.). Die Unangemessenheit der Verfahrensdauer wird unter Berücksichtigung der in Art. 6 EMRK und Art. 13 EMRK gewährleisteten ­Garantien ermittelt (Wittschier, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 198 GVG Rn. 5; siehe § 3 D. I.). 176  BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395 (401). 177  Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (911). 178  BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 (gericht­ liche Kontrolle von berufsbezogenen Prüfungen), E 84, 34 (49); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 61. 179  BVerfG, Beschluss vom 31.5.2011 – 1 BvR 857/07 (Investitionszulage), E 129, 1 (20 f.); Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132 (1133). 180  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 641 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 21. 181  Vergleiche dazu und zu weiteren Beispielen Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 641. 182  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 641 mit Verweis auf ein anderes mögliches Vorgehen, beispielsweise in Schick, Die „Konkurrentenklage“ des Europäischen Beamtenrechts – Vorbild für das deutsche Recht, DVBl 1975, 741 (746).

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Die Ausgestaltung des Rechtsschutzes selbst erfolgt durch den Gesetzgeber, der die genannten Ziele zu beachten hat.183 Die Existenz unterschied­ licher Rechtswege ist zulässig, sofern hinreichend klar ist, welcher Rechtsweg in welchen Fällen eröffnet ist.184 Als Schranke dient dabei die Wirksamkeit des Rechtsschutzes.185 Weiterhin ist die Zulassung des vorbeugenden und vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich, sofern andernfalls erhebliche Nachteile drohen, die nachträglich nicht mehr beseitigt werden können.186 Zu berücksichtigen sind auch bestimmte Grundsätze für das gerichtliche Verfahren und dessen Kontrolldichte. So ist ein faires Verfahren zu gewährleisten und der Grundsatz der Waffengleichheit ist zu beachten.187 Verstärkt wird der gerichtliche Rechtsschutz durch die in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG188 und Art. 103 Abs. 1 GG189 niedergelegten Garantien.190 Daneben ist eine vollständige Nachprüfbarkeit von Einzelentscheidungen notwendig, wobei durch den Gesetzgeber gewährte Ermessens- und Beurteilungsspielräume zu beachten sind.191 Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, müssen Entscheidungen vollstreckbar sein.192 Dies ist in den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsord183  Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 51; Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906. 184  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 230 ff. 185  Zur Wirksamkeit Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 229, 262 ff. 186  Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (913); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 273 ff. 187  Vergleiche dazu Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, 1984. 188  Siehe §  2  C. II. 3. b). 189  Bei Art. 103 Abs. 1 GG handelt es sich um ein eigenständiges Grundrecht (vergleiche Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 130; andere Ansicht Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S. 271; siehe §  2  C. II. 3. a)). 190  Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 50; Papier, § 176 Justizgewähranspruch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., 2010, Rn. 1 ff.; Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 26, 39. 191  Vergleiche dazu Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG Kommentar, 15. Aufl., 2018, Art. 19 GG Rn. 63 ff.; Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (914 f.); zu Ermessens- und Beurteilungsfehlern vergleiche Beaucamp, Ermessens- und Beurteilungsfehler im Vergleich, JA 2012, 193 ff. 192  Fechner, Kostenrisiko und Rechtswegsperre. – Steht der Rechtsweg offen?, JZ 1969, 349 (350); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 138.



C. Bindungselemente79

nungen durch §§ 167 ff. VwGO, §§ 198 ff. SGG und §§ 150 ff. FGO umgesetzt worden.193 Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG eröffnet zur Gewährleistung des lückenlosen Rechtsschutzes subsidiär den ordentlichen Rechtsweg.194 bb) Allgemeiner Justizgewährleistungsanspruch Die staatliche Pflicht, die subjektiven Rechte zu schützen und wirksamen Rechtsschutz zu gewähren, ergibt sich auch aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch nach Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG.195 Diese Rechtsgrundlagen finden vornehmlich für den Zivilprozess Anwendung.196 Der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch kann jedoch darüber hinaus im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess zum Tragen kommen.197 Er unterscheidet sich von der Regelung des Art. 19 193  Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen spielt die Vollstreckung eine geringere Rolle als in der ZPO. Dies ergibt sich daraus, dass von einem Hoheitsträger bei einem Urteil gegen ihn die Anpassung an ein rechtmäßiges Verhalten erwartet werden kann. Bei einem Urteil zu seinen Gunsten besteht die Möglichkeit für ihn, sich seinen Titel selbst zu schaffen. Zudem wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt zumeist durch Gestaltungsurteil aufgehoben. Vergleiche dazu Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 113 VwGO Rn. 3; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 51; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 167 VwGO Rn.  1 ff.; Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte (Hrsg.), SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2014, § 198 SGG Rn. 1. 194  Remmert, Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG, Jura 2014, 906 (912). 195  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 47; Wagner, Effektiver Rechtsschutz, ZfBR 2016, 112; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25.3.2015 – 1 BvR 2811/14 (Verjährung von Rückforderungsansprüchen bzgl Bearbeitungsgebühren für Verbraucherdarlehen), juris Rn. 22; dazu auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 2 f.; Voßkuhle/Kaiser, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der allgemeine Justizgewährungsanspruch, JuS 2014, 312 (313); vergleiche hierzu bereits Silberzahn, Die ADR-Richtlinie als neuer Weg der verbraucherrechtlichen Konfliktmittlung, 2016, S. 77 ff. 196  Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 20 GG Rn. 199; Leibholz/Rinck, in: Leibholz/Rinck (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 77. EL November 2018, Art. 20 GG Rn. 1201; Leisner, in: Sodan (Hrsg.), GG Kommentar, 4. Aufl., 2018, Art. 20 GG Rn. 51a; Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 66; Wagner, Effektiver Rechtsschutz, ZfBR 2016, 112; Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132. 197  Dies gilt beispielsweise für den Fall, dass das Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Gewalt“ des Art. 19 Abs. 4 GG nicht erfüllt ist (vergleiche Huber, Zur Dritt-

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Abs. 4 Satz 1 GG vor allem dadurch, dass er nicht auf die Fälle der Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt im Sinne dieser Vorschrift beschränkt ist.198 Beispielsweise erstreckt er sich auch auf die richterliche Kontrolle.199 Das bedeutet, im Rahmen des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches ist Rechtsschutz gegen den gesetzlichen Richter möglich.200 Ein Anspruch darauf, dass sich eine weitere gerichtliche Instanz mit einer Rechtssache befasst, besteht jedoch auch im Anwendungsbereich des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches nicht.201 Es ist ausreichend, dass ein Rechtsbehelf bei einer zuständigen Stelle eingelegt werden kann. Daher kann der Rechtsschutz gegen den gesetzlichen Richter in Form einer Anhörungsrüge in derselben Instanz gewährt werden.202 Der Gewährleistungsgehalt des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wurde auf den allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch im Bereich des zivilgerichtlichen Rechtsschutzes übertragen.203 Das heißt, auch hier steht der Zugang zu den Gerichten unter angemessenen Bedingungen im Zentrum.204 Dies impliziert ebenso, dass das Vefahren vor Gericht in rechtlicher sowie in tatsächlicher Hinsicht ordnungsgemäß durchgeführt wird.205 Um die Effektivität des wirkung von Grundrechten und Grundfreiheiten, in: Ruffert (Hrsg.), Dynamik und Nachhaltigkeit des Öffentlichen Rechts, 2012, 335 [338]). 198  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 65; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 17a. 199  Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132 (1133). 200  Vergleiche dazu BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395; Voßkuhle, Bruch mit einem Dogma: Die Verfassung garantiert Rechtsschutz gegen den Richter, NJW 2003, 2193 ff. 201  BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395; Voßkuhle, Bruch mit einem Dogma: Die Verfassung garantiert Rechtsschutz gegen den Richter, NJW 2003, 2193 (2197). 202  Voßkuhle/Kaiser, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der allgemeine Justizgewährungsanspruch, JuS 2014, 312 (313); vergleiche zur Anhörungsrüge § 321a ZPO, § 152a VwGO, § 133a FGO und § 178a SGG sowie Huber, Grundwissen – Zivilprozessrecht: Anhörungsrüge im Zivilprozess (§ 321a ZPO), JuS 2014, 402 ff. 203  BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395 (406 f.); Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132. 204  Leibholz/Rinck, in: Leibholz/Rinck (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 77. EL November 2018, Art. 20 GG Rn. 1201; Voßkuhle/Kaiser, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der allgemeine Justizgewährungsanspruch, JuS 2014, 312 (313); Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132 (1133). 205  BVerfG, Beschluss vom 12.2.1992 – 1 BvL 1/89 (Anforderungen an die Begründung einer Richtervorlage), E 85, 337 (345); Leibholz/Rinck, in: Leibholz/Rinck (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 77. EL November 2018, Art. 20 GG Rn. 1201;



C. Bindungselemente81

Rechtsschutzes zu sichern, ist es auch im Anwendungsbereich des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches erforderlich, dem Kläger Werkzeuge in die Hand zu geben, mittels derer er die effektive Durchsetzung des subjektiven Rechts erwirken kann.206 Dies ist beispielsweise durch das 8. Buch der ZPO zur Vollstreckung geschehen. b) Justizgewährleistungsanspruch auf Ebene der EMRK Die EMRK hat auf nationaler Ebene gemäß Art. 59 Abs. 2 GG lediglich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Allerdings befürwortet das BVerfG eine EGMR-konforme Auslegung.207 Auf diese Weise wirkt die EMRK auf die Interpretation des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches sowie des Art. 19 Abs. 4 GG mit ein.208 Dadurch werden die deutschen Rechtsschutzstandards in einzelnen Punkten intensiviert.209 Ein Justizgewährleistungsanspruch auf völkervertragsrechtlicher Ebene lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie aus Art. 13 Abs. 1 EMRK ableiten.210 Voßkuhle/Kaiser, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der allgemeine Justizgewährungsanspruch, JuS 2014, 312 (313); Zuck, Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess, NJW 2013, 1132 (1133). 206  Zu den Vollstreckungsverfahren vergleiche Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 56; zur Erforderlichkeit von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren vergleiche Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (38 ff.); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 50. 207  BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 (Görgülü-Beschluss), E 111, 307 (323 f.); näher dazu Ludwigs/Sikora, Grundrechtsschutz im Spannungsfeld von Grundgesetz, EMRK und Grundrechtecharta, JuS 2017, 385 (387). Bedeutende Entscheidungen des BVerfG in diesem Zusammenhang waren der vorgenannte Görgülü-Beschluss, das Urteil zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur Sicherungsverwahrung aus dem Jahr 2011 (BVerfG, Urteil vom 4.5.2011 – 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 (Sicherungsverwahrung), E 128, 326 [366 f.]) sowie das Urteil zum Streikverbot für Beamte aus dem Jahr 2018 (BVerfG, Beschluss vom 12.6.2018 – 2 BvR 1738/12, 2 BvR 1395/13, 2 BvR 1068/14, 2 BvR 646/15 (Beamtenstreik), NJW 2018, 2695 [2699 Rn. 126 ff.]) (so auch Haug, Die Pflicht deutscher Gerichte zur Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR, NJW 2018, 2674 ff.). 208  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 70; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37. 209  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37; die Rechtsschutzintensivierung ergibt sich beispielsweise in Bezug auf den Rechtsschutz bei überlanger gerichtlicher Verfahrensdauer (siehe § 3 D. I.). 210  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393; Wiater, Effektiver Rechtsschutz im Unionsrecht, JuS 2015, 788.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Art. 6 Abs. 1 EMRK gilt für jedermann.211 Sein Anwendungsbereich ist dem Wortlaut gemäß auf straf- und zivilrechtliche Ansprüche begrenzt. Der Begriff der straf- und zivilrechtlichen Ansprüche wird allerdings autonom, also unabhängig vom Verständnis in den Mitgliedstaaten, ausgelegt.212 Viele Ansprüche, die nach deutschem Recht öffentlich-rechtlich sind und in die Zuständigkeit der Verwaltungs-, Sozial- oder Verfassungsgerichte fallen, können so unter den Begriff der zivilrechtlichen Ansprüche im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK subsumiert werden.213 Dagegen können steuerrechtliche Streitigkeiten nicht als zivilrechtlich ausgelegt werden.214 Damit findet Art. 6 Abs. 1 EMRK im Finanzgerichtsprozess keine Anwendung.215 Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Exekutive durch ein unabhängiges Gericht.216 Er garantiert ein faires, öffentliches und mündliches Verfahren sowie eine gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit.217 Konkretisiert wird Art. 6 Abs. 1 EMRK durch die Unschuldsvermu-

211  Papier, § 176 Justizgewähranspruch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., 2010, Rn. 9. 212  Vergleiche dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37a; zum sachlichen Geltungsbereich vergleiche Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 70; Peukert, in: Frowein/Peukert (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., 2009, Art. 6 EMRK Rn. 5 ff. 213  Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, in: Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention Handkommentar, 4. Aufl., 2017, Art. 6 EMRK Rn. 5; Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 23; zu den einbezogenen Streitigkeiten vergleiche auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37a; Grabenwarter/Pabel (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskommission, 2016, § 24 Rn. 8. 214  Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, in: Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention Handkommentar, 4. Aufl., 2017, Art. 6 EMRK Rn. 22, wobei darauf verwiesen wird, dass Sanktionen im Steuerrecht auch strafrechtlicher Natur sein können. 215  BFH, Urteil vom 12.4.2007 – VI R 42/03 (Abzugsverbot der Aufwendungen zur Kinderbetreuung als Werbungskosten), NJW 2007, 1999 (2000); Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173. 216  Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37a; zur Gewährleistung des Gerichtszuganges Diggelmann/Altwicker, Finanzielle Gerichtszugangsschranken in Zivilprozessen im Licht von Art. 6 Abs. 1 EMRK, DÖV 2012, 781. 217  Grabenwarter/Pabel (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskommission, 2016, § 24 Rn. 29 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37a.



C. Bindungselemente83

tung in Art. 6 Abs. 2 EMRK und die verfahrensrechtlichen Garantien des Art. 6 Abs. 3 EMRK.218 Art. 13 EMRK schützt nur Konventionsrecht. Er enthält eine Rechtsschutzgewährleistung, die jedoch nicht zwingend durch ein Gericht erfüllt werden muss.219 Nachdem die Regelungen der EMRK nach dem Beitritt der Union gemäß Art. 6 Abs. 2 EUV zum Unionsrecht zählen werden, sind diese ab diesem Zeitpunkt ebenso unmittelbar und nicht nur als allgemeine Rechtsgrundsätze dem Schutz auf nationaler und unionaler Ebene zugänglich.220 Der Beitritt ist jedoch nach dem ablehnenden Gutachten 2/13 des EuGH vom 18.12.2014221 in weite Ferne gerückt.222 c) Justizgewährleistungsanspruch auf Unionsebene Der effektive Rechtsschutz auf Unionsebene wurde zunächst aus den Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten sowie Art. 6 EMRK und Art. 13 EMRK abgeleitet.223 Auf ihrer Grundlage entwickelte sich Art. 47 GrCh.224 Am 1.12.2009 wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon225 rechtsverbind-

218  Peukert, in: Frowein/Peukert (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., 2009, Art. 6 EMRK Rn. 2. 219  Frowein, in: Frowein/Peukert (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., 2009, Art. 13 EMRK Rn. 5; vergleiche dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn.  37a f. 220  Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 105; zum Beitritt Molthagen, Das Verhältnis der EU-Grundrechte zur EMRK, 2003, S. 184 ff. 221  EuGH, Gutachten vom 18.12.2014 – 2/13 (Gutachten nach Art. 218 Abs. 11 AEUV), ECLI:EU:C:2014:2454. 222  Wolber, Der Beitritt der Europäischen Union zur EMRK im Lichte des Europäi­ schen Zivilprozessrechts, ZEuP 2017, 936 (937). 223  Wiater, Effektiver Rechtsschutz im Unionsrecht, JuS 2015, 788; siehe §  2  C. I. 1. b). 224  Eser, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., 2014, Art. 47 GrCh Rn. 2; Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393 (1395); Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 1; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35.  EL September 2018, Einleitung Rn.  104 f.; Frenz, Handbuch Europarecht, 2009, Rn. 4990; zu weiteren Rechtsschutzgarantien im Unionsrecht vergleiche Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37c f. 225  ABl EU 2007 Nr. C 306, 1 ff.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

lich.226 Damit trat das Grundrecht des Art. 47 GrCh in Kraft.227 Die von der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie zu Art. 13 EMRK entwickelten Grundsätze beeinflussen Art. 47 GrCh.228 Art. 47 GrCh ist damit im Kern identisch mit Art. 6 EMRK und Art. 13 EMRK, allerdings reicht der Gewährleistungsgehalt des Art. 47 GrCh weiter.229 Dieser stellt sowohl ein Pendant zum deutschen allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch als auch zu dem Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG dar.230 Teilweise werden Art. 47 Abs. 1 und Abs. 2 GrCh als einheitliches Grundrecht verstanden.231 Die Parallele zu Art. 13 EMRK stellt Art. 47 Abs. 1 GrCh dar.232 Jedoch garantiert Art. 47 Abs. 1 GrCh zwingend den Zugang zu den Gerichten.233 Dem Anspruch ist also nicht Genüge getan, wenn dem Rechtsschutzsuchenden lediglich ermöglicht wird, einen Rechtsbehelf bei einer Behörde einzulegen. Nach Art. 47 Abs. 1 GrCh soll jede Person, deren unionsrechtlich garantierte Rechte und Freiheiten verletzt wurden, die Möglichkeit haben, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Mit Personen sind jegliche Grundrechtsträger des Unionsrechts gemeint. Dazu zählen natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts und eingeschränkt auch juristische Personen des öffentlichen Rechts.234 Die Rechte und Freiheiten, auf welche sich

226  Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 1 GrCh Rn. 1. 227  Art. 47 GrCh gilt für alle Gerichtsbarkeiten (vergleiche Eser, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., 2014, Art. 47 GrCh Rn. 2). 228  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393. 229  Molthagen, Das Verhältnis der EU-Grundrechte zur EMRK, 2003, S. 46 ff. 230  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393 (1395). 231  Blanke, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 2; Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 2; andere Ansicht Frenz, Handbuch Europarecht, 2009, Rn. 4992. 232  Art. 47 Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (2007/C 303/02) (Erläuterungen zur Grundrechte-Charta/GrundRChartaErläut) vom 14.12.2007 (ABl EU 2007 Nr. C 303, 17); Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37b. 233  Rademacher, Rechtsschutzgarantien des Unionsrechts, JuS 2018, 337 (341); Wiater, Effektiver Rechtsschutz im Unionsrecht, JuS 2015, 788 (792); siehe zur Abgrenzung §  2  C. I. 1. b). 234  Blanke, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 5.; Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 12.



C. Bindungselemente85

der Artikel bezieht, umfassen sämtliche Unionsrechte.235 Weiterhin müssen diese Rechte dem Einzelnen garantiert sein. Das heißt, es sind nicht nur solche Rechte gemeint, die in der deutschen Rechtsordnung subjektive Rechte darstellen, sondern auch solche, die die Interessen Einzelner berühren.236 Daneben muss eine Verletzung durch die Mitgliedstaaten oder die Union in nachvollziehbarer Weise behauptet werden.237 Eine Beschränkung auf die öffentliche Gewalt wie im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG besteht dabei nicht.238 Inhaltlich gewährleistet dieser Anspruch, dass der Zugang zu Gericht nicht in unzumutbarer Weise erschwert werden darf.239 Dem Anspruch auf Zugang zu den Gerichten ist auch Art. 47 Abs. 3 GrCh als nähere Ausgestaltung zuzurechnen.240 Demnach ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn dies erforderlich ist, um den Zugang zu Gericht zu gewährleisten. Mit dieser ausdrücklichen Normierung geht Art. 47 Abs. 3 GrCh über das GG hinaus.241 Weiterhin gehört zu der Gewährleistung des Art. 47 Abs. 3 GrCh, dass wirksame Rechtsbehelfe gegen Stellen der Mitgliedstaaten und der Union geschaffen werden können.242 Das Pendant zu Art. 6 Abs. 1 EMRK bildet Art. 47 Abs. 2 GrCh.243 Letzterer normiert zentrale Verfahrensvoraussetzungen, welche es zu beachten 235  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393 (1393 f.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37c; Wiater, Effektiver Rechtsschutz im Unionsrecht, JuS 2015, 788 (789). 236  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393 (1394 f.); Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 7 f.; Wiater, Effektiver Rechtsschutz im Unionsrecht, JuS 2015, 788 (788 f.). 237  Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 9. 238  Frenz, Handbuch Europarecht, 2009, Rn. 5004; Jarass, Bedeutung der EURechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393 (1394); Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 10. 239  Eser, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., 2014, Art. 47 GrCh Rn. 28. 240  Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 50 f. 241  So auch Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393 (1398), der sich allerdings darauf bezieht, dass es auch für juristische Personen einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe gibt. 242  Eser, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., 2014, Art. 47 GrCh Rn. 13 ff.; Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 9. 243  Art. 47 GrundRChartaErläut; Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393; Schmidt-Aßmann, in:

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

gilt. So nennt Art. 47 Abs. 2 Satz 1 GrCh das Recht auf ein unabhängiges, mit unparteiischen Richtern besetztes und durch ein Gesetz errichtetes Gericht sowie auf ein faires, öffentliches und innerhalb angemessener Frist durchgeführtes Verfahren.244 Ein faires Verfahren verlangt Waffen- und Chancengleichheit sowie rechtliches Gehör.245 Zudem eröffnet Art. 47 Abs. 2 Satz 2 GrCh für jede Person einen Anspruch darauf, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen. Nach der Vorschrift muss dies nicht unbedingt durch einen Rechtsanwalt erfolgen.246 Dies kann durch den Gesetzgeber präzisiert werden.247 Einschränkungen der Rechte der GrCh sind nur unter den Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 1 GrCh möglich.248 Weiterhin gilt es, die unionalen Prinzipien des Effektivitäts- und des Äquivalenzgrundsatzes zu beachten.249 Das bedeutet, der Rechtsschutz darf die Ausübung von Unionsrecht nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren.250 Zudem darf er hinsichtlich des Unionsrechts nicht ungünstiger gestaltet werden als im Hinblick auf nationales Recht.251

Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 37c. 244  Blanke, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 10 ff.; Frenz, Handbuch Europarecht, 2009, Rn. 5017 ff.; Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EU-Gerichte, NJW 2011, 1393 (1397 f.); zu den Grundsätzen der Fairness und Waffengleichheit im deutschen Recht vergleiche Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, 1984. 245  Blanke, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 14 f.; Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 31 ff. 246  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393 (1398); Jarass, in: Jarass (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union Kommentar, 3. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 46; Jaeger, Rechtsanwälte als Organ der Rechtspflege – Notwendig oder überflüssig? Bürde oder Schutz?, NJW 2014, 1 (6 f.). 247  Blanke, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 47 GrCh Rn. 18. 248  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393 (1395). 249  Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 195. EL Dezember 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 74. 250  EuGH, Urteil vom 8.7.2010 – C-246/09 (Bulicke), Slg. 2010, I-7006 (I-7017 Rn. 23); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 11. Aufl., 2018, Rn. 617. 251  EuGH, Urteil vom 8.7.2010 – C-246/09 (Bulicke), Slg. 2010, I-7006 (I-7017 Rn. 23); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 11. Aufl., 2018, Rn. 617.



C. Bindungselemente87

2. Nebenfunktionen a) Bewahrung der objektiven Rechtsordnung Der Rechtsschutz im Mehrebenensystem bezieht sich, wie aufgezeigt, noch immer hauptsächlich auf die Durchsetzung der subjektiven Rechte. Dies verdeutlichen die dargestellten Rechtsgrundlagen aus GG, GrCh und EMRK.252 Die Tendenz geht jedoch immer weiter in die Richtung einer vermehrt objektiven Rechtskontrolle.253 Dies ist vor allem im Bereich der europäischen Verwaltungsgerichtskontrolle zu beobachten.254 Die Entwicklung entspricht dem preußischen Konzept der Verwaltungsgerichtsbarkeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Das preußische Konzept stellte den Schutz des objektiven Rechts in den Vordergrund.255 Dies galt jedoch nicht ausschließlich. Für den Bereich des Rechtsschutzes gegen polizeiliche Verfügungen wurde beispielsweise eine subjektive Rechtsverletzung für erforderlich gehalten.256 So wurde die Kluft zwischen dem preußischen Konzept und dem ihm gegenüberstehenden süddeutschen Konzept der Verwaltungsgerichtsbarkeit, das vorrangig auf den Schutz subjektiver Rechte zielte, verringert.257 Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts kann sich jegliche unionale Vorschrift auf das nationale Recht auswirken.258 Dadurch haben völker- und unionsrechtliche Vorgaben Einfluss auf die deutschen Prozessrechtsordnungen.259 Sie sind auch für eine allgemeine Prozessrechtslehre von Bedeutung.

252  Siehe

§  2  C. I. 1. Verwaltungsrechtsschutz auf dem Prüfstand, DVBl 2017, 69 (70). 254  Zu den europarechtlichen Anforderungen an den Rechtsschutz im Bereich des Umweltrechts vergleiche Rennert, Funktionswandel der Verwaltungsgerichtsbarkeit?, DVBl 2015, 793 ff. Dieser stellt gleich zu Beginn klar, dass die europarechtlichen Anforderungen nicht dazu führen, dass das deutsche subjektive Klagesystem insgesamt in ein objektives System umgestaltet werden müsste. 255  Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2002, S. 84; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 3. Aufl., 2011, Rn. 46. 256  Sydow, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit des ausgehenden 19.  Jahrhunderts, 2000, S. 22; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 3. Aufl., 2011, Rn. 46. 257  Das süddeutsche Konzept wurde von Baden, Bayern, Württemberg und Sachsen vertreten (Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 3. Aufl., 2011, Rn. 46). 258  Ruffert, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, 5. Aufl., 2016, Art. 1 AEUV Rn. 16 ff. 259  Darauf, dass die Ausgestaltung des höherrangigen Rechts, diejenige des niederrangigeren Rechts bedingt, wies schon Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1935, S. 10 ff. hin. 253  Rennert,

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

In allen betrachteten Prozessrechtsordnungen geht es auch darum, die objektive Rechtsordnung zu bewahren.260 Dies gilt vermehrt für die öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen.261 Auch für das Zivilprozessrecht ist ein solcher Zweck anerkannt.262 Eine Klagemöglichkeit ohne Geltendmachung einer möglichen subjektiven Rechtsverletzung im Zivilprozess wird jedoch hauptsächlich in den Bereichen gewährt, in denen eine Partei strukturell unterlegen ist. Als Beispiel können die Klagen von Verbraucherschutzverbänden nach §§ 1 ff. UKlaG und § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG angeführt werden.263 Daneben sind auch die infolge des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12.7.2018 in §§ 600–614 ZPO aufgenommenen Regelungen zur Musterfeststellungsklage zu nennen.264 Diese ermöglichen die Klage von Verbraucherschutzverbänden im Sinne von § 606 Abs. 1 ZPO in allen verbraucherrechtlichen Angelegenheiten.265 Die Bewahrung der objektiven Rechtsordnung wird aber vor allem im Rahmen der Geltendmachung subjektiver Rechte for-

260  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 79; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 51 ff.; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (346); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 185, 193, 195, 197; andere Ansicht Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 5. 261  Für die VwGO Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 51; für das SGG vergleiche Heinze, Die Bedeutung des Prozessrechts für das materielle Sozialrecht im Wandel der letzten 100 Jahre, SGb 1984, 390 (394). 262  So schon Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (47); Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 5; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 54 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 16; Schmidt, Der Zweck des Zivilprozesses und seine Ökonomie, 1973, S. 10. 263  BT-Drs. 19/2507, 14; Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/ Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (44 ff.); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 54; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 196; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 8; Roth, Gewissheitsverluste in der Lehre vom Prozesszweck?, ZfPW 2017, 129 (147 f.); weitere Beispiele bei Roth, Gewissheitsverluste in der Lehre vom Prozesszweck?, ZfPW 2017, 129 ff. 264  BGBl I 2018, 1151 ff. Dieses trat mehrheitlich zum 1.11.2018 in Kraft (vergleiche Art. 11 des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage). Zu seinen unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen vergleiche BT-Drs. 19/2507, 1, 13. Zur Musterfeststellungklage allgemein Waclawik, Die Musterfeststellungsklage, NJW 2018, 2921 ff. 265  BT-Drs. 19/2507, 6, 15, 21 f. Vollkommer, Musterprozess statt „Musterfeststellungsklage“, MDR 2018, 497 ff. befasst sich mit der Frage, wie das Problem der Massenklagen auch allgemein und nicht nur im Verbraucherbereich im Rahmen des Zivilprozesses gelöst werden kann.



C. Bindungselemente89

ciert.266 Damit steht im Zivilprozess der Hauptzweck des subjektiven Rechtsschutzes im Vordergrund. Etwas anderes gilt für die öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen. Hier ist der objektiven Rechtskontrolle eine größere Bedeutung zuzuschreiben.267 So gibt es die Verbandsklagemöglichkeiten im Umweltrecht268 oder die Möglichkeit, nach § 93a VwGO oder § 114a SGG Musterprozesse269 zu führen. Weiterhin ist für die meisten Klagen, im Rahmen derer die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in Frage steht, eine subjektive Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, § 40 Abs. 2 FGO und § 54 Abs. 1 SGG erforderlich. In der Begründetheit kann die Rechtmäßigkeit nach § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO, §§ 100 Abs. 1, 101 FGO und §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 2 SGG in objektiver Hinsicht nicht nur geprüft werden, soweit solche Verstöße eine subjektive Rechtsverletzung zur Folge haben.270 Erfolg hat die Klage jedoch nur, wenn eine subjektive Rechtsverletzung vorliegt.271 Eine weitere Einrichtung zur Bewahrung der objektiven Rechtsordnung findet sich in § 36 VwGO.272 Der dort geregelte Vertreter des öffentlichen Interesses ist in den anderen analysier266  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 5; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 16 sehen die Bewahrung objektiven Rechts hingegen nicht als selbstständigen Prozesszweck; siehe auch die Ausführungen zum Justizgewährleistungsanspruch auf den unterschiedlichen Ebenen §  2  C. I. 1. 267  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 9 f.; Meissner/ Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 79; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 53 f. 268  Seibert, Verbandsklagen im Umweltrecht, NVwZ 2013, 1040 ff. 269  Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 93a VwGO Rn. 6 f. In der FGO gibt es hingegen keine entsprechende Norm über Musterprozesse. Dass solche möglich sind, wird aus § 165 AO abgeleitet (vergleiche App, Neuregelung zur Erledigung steuerlicher „Massenverfahren“, NJW 1994, 2073 [2073 f.]; Rüsken, in: Klein (Hrsg.), Abgabenordnung, 14. Aufl., 2018, § 165 AO Rn. 23 ff.). 270  Ausdrücklich Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, Juni 2017, § 113 VwGO Rn. 21 f., der den Gerichten jedoch eine objektive Prüfung der Rechtmäßigkeit nur empfiehlt, soweit sie zu einer subjektiven Rechtsverletzung führt und daher relevant für die Begründetheit der Klage ist; zur Rechtswidrigkeit insgesamt Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u.  a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 131 SGG Rn. 2 und Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 2. 271  Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, Juni 2017, § 113 VwGO Rn. 29 ff.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 131 SGG Rn. 1 f.; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 3. 272  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 117.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

ten Verfahrensordnungen nicht vorhanden. Den Vertreter öffentlichen Interesses gibt es derzeit nur in Bayern, Rheinland-Pfalz und Thüringen.273 Sofern er seine Beteiligung erklärt, erlangt er die Rechtsstellung eines Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 63 Nr. 4 VwGO.274 Seine Aufgabe ist es, das öffentliche Interesse zu wahren.275 Damit ist hier das Gemeinwohlinteresse gemeint.276 Dieses liegt in der richtigen Rechtsanwendung.277 Auf diese Weise wird innerhalb eines Prozesses, in dem subjektive Rechte geltend gemacht werden, verstärkt die Wahrung des objektiven Rechts in den Fokus genommen. Eine Zwischenstellung nimmt das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO im Rahmen des Verwaltungsgerichtsprozesses ein.278 Für dieses ist einerseits nach § 47 Abs. 2 VwGO eine Klagebefugnis notwendig.279 Andererseits wird die angegriffene Norm in objektiver Hinsicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Angesichts der Subjektivierung der Rechtsordnung besteht kein Gegensatz zwischen der Geltendmachung subjektiver und objektiver Rechte.280 Lange Zeit war die Existenz eines solchen Normenkontrollverfah273  Hoppe, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 36 VwGO Rn. 2. 274  Guckelberger, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 5. Aufl., 2018, § 36 VwGO Rn. 6. 275  Guckelberger, Vor- und Nachteile eines Vertreters des öffentlichen Interesses, BayVBl 1998, 257; Kopp, Individueller Rechtsschutz und öffentliches Interesse in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, BayVBl 1980, 263 (270 f.). 276  Hoppe, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 36 VwGO Rn. 1. 277  Hoppe, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 36 VwGO Rn. 1. 278  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 9 f.; Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 54; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 53; vergleiche dazu näher Marsch, Subjektivierung der gerichtlichen Verwaltungskontrolle in Frankreich, 2011, S. 65 ff.; Schübel-Pfister, Aktuelles Verwaltungsprozessrecht, JuS, 416 (421); Wiedemann, Richterliche Rechtsfortbildung, NJW 2014, 2407; eine entsprechende Regelung existiert in der FGO nicht (Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 [328 Fn. 151] mit Verweis auf von Groll, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 6. Aufl., 2006, vor § 40 FGO Rn. 36). 279  Vergleiche dazu Durner, Reform in der Verwaltunsgerichtsordnung, NVwZ 2015, 841 (843). 280  Vergleiche dazu Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (46 f.); Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 5; Krebs, Subjektiver Rechtsschutz und objektive Rechtskontrolle, in: Erichsen/Hoppe/ von Mutius (Hrsg.), Festschrift für Christian-Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, 1985, 191 (210); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 52.



C. Bindungselemente91

rens ein Alleinstellungsmerkmal der VwGO innerhalb der betrachteten Prozessrechtsordnungen. Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches des SGB281 vom 24.3.2011 wurde eine entsprechende Regelung in § 55a SGG aufgenommen.282 Sie ist § 47 VwGO nachgebildet und zeichnet sich durch eine objektive Rechtskontrolle mit subjektiver Rechtswegeröffnung aus.283 Durch Einfügung dieser Vorschrift hat sich das SGG an die VwGO angenähert und weitere Elemente einer objektiven Rechtskontrolle aufgenommen. b) Rechtsfortbildung Zum Teil wird die Rechtsfortbildung als Prozesszweck genannt.284 Diese ist von der Auslegung abzugrenzen. Bei der Auslegung der Gesetze geht es darum, die Bedeutung des geschriebenen Normtextes herauszustellen.285 Richterliche Rechtsfortbildung ergänzt oder ersetzt das geltende Recht.286 Typische Erscheinungsformen sind Analogie und teleologische Reduktion.287 Die Grenze zwischen Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung bildet der mögliche Wortsinn.288 Sobald die Interpretation des Normtextes über den möglichen Wortsinn hinausgeht, ist sie der Rechtsfortbildung zuzuordnen.289 Richterliche Rechtsfortbildung als Prozesszweck zu erörtern, ist insofern 281  BGBl

I 2011, 453 ff. in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 55 SGG Rn. 10a; siehe § 3 C. II. 1. 283  BR-Drs. 661/00, 215 f.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 55a SGG Rn. 1 ff. 284  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 6; Lames, Rechtsfortbildung als Prozesszweck, 1993, S. 133 f.; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 62 ff.; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (349, 385); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 198. Zur Anerkennung der Rechtsfortbildung als Aufgabe der dritten Gewalt vergleiche Guckelberger, Norm- und Sachverhaltswissen im Verwaltungsprozess, VerwArch 108 (2017), 1 (14 f.). 285  Vergleiche Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.  Aufl., 1991, S. 313. 286  Wiedemann, Richterliche Rechtsfortbildung, NJW 2014, 2407 (2410). 287  Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 888; Wiedemann, Richterliche Rechtsfortbildung, NJW 2014, 2407 (2409). 288  Schenke, Auslegung und Rechtsfortbildung, DStR-Beihefter 2011, 54; dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S. 322, 366; Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 187. 289  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S. 322; Nettesheim, Auslegung und Fortbildung nationalen Rechts im Lichte des Gemeinschaftsrechts, AöR 119 (1994), 261 (263 ff.). 282  Keller,

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

folgerichtig, als sich die gesellschaftlichen Wertevorstellungen wandeln.290 Diese Wertevorstellungen werden durch Auslegung und Rechtsfortbildung im Prozess konkretisiert und auf das Recht übertragen,291 da viele Normtexte interpretationsoffen sind.292 Relevant wird dies sowohl im Zivilprozess als auch in den Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozessen hinsichtlich unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln.293 Der Richter muss da­ rauf hinwirken, sowohl den subjektiven Rechten des Einzelnen als auch dem objektiven Recht hinreichend Geltung zu verschaffen.294 Grenzen für die Rechtsfortbildung ergeben sich aus dem Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG.295 Daneben können Grenzen auch aus den Grundrechten abgeleitet werden.296 Der Richter darf sich nicht in den Wider290  Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 13. 291  BVerfG, Beschluss vom 14.2.1973 – 1 BvR 112/65 (Soraya), E 34, 269 (287). 292  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S.63 ff.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 194; Pawlowski, Aufgabe des Zivilprozesses, ZZP 80 (1967), 345 (370). 293  Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn.  836 ff. 294  Siehe §  2  C. I. 1. und §  2  C. I. 2. a). 295  Drechsler, Grundlagen und Grenzen der richterrechtlichen Rechtsfortbildung, ZJS 2015, 344 (350 ff.); Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 14; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 69; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 910; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 59; Kirchhof, Richterliche Rechtsfindung, gebunden an „Gesetz und Recht“, NJW 1986, 2275 (2275 f.). 296  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 70. Es wird teilweise darauf eingegangen, dass die Grenzen der Rechtsfortbildung im Verwaltungsprozess enger seien als im Zivilprozess, da häufig auch die Verwaltungsbehörden beteiligt seien und durch Urteil in die Kompetenzen der Exekutive eingegriffen werde (Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S.  69 f.; Roellecke, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Grenzbereich der Gesetzgebung, NJW 1978, 1776 [1778]). Daneben brächten solche Entscheidungen oft Eingriffe in Grundrechte mit sich (Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 70). Dies würde aus den gleichen Gründen auch für die Finanz- und Sozialgerichtsprozesse gelten. Diese These ist plausibel, sofern sie sich auf die Häufigkeit grundrechtsrelevanter Entscheidungen bezieht. Allerdings ist klarstellend anzumerken, dass die Grundrechte im Zivilprozess aufgrund der mittelbaren Drittwirkung gleichermaßen relevant sind (vergleiche zur mittelbaren Drittwirkung Guckelberger, Die Drittwirkung der Grundrechte, JuS 2003, 1151 ff.; knapp zu den Unterschieden Schapp, Grundrechte als Werteordnung, JZ 1998, 913 [918]). Da durch die Grundrechte eine objektive Werteentscheidung für die Rechtsordnung getroffen wird, sind sie in allen Prozessen von Bedeutung (zu den Grundrechten als Werteordnung vergleiche Di Fabio, Grundrechte als Werteordnung, JZ 2004, 1 ff.; Schapp, Grundrechte als Werteordnung, JZ 1998, 913 ff.).



C. Bindungselemente93

spruch zum Gesetzgeber stellen, sondern muss lediglich dafür Sorge tragen, Gesetzeslücken zu schließen.297 Eine Rechtsfortbildung contra legem ist nach herrschender Meinung unzulässig.298 Ausdrücklich gesetzlich verankert ist die richterliche Rechtsfortbildung in der ZPO, der FGO, dem SGG und der VwGO sowie im GVG.299 § 132 Abs. 4 GVG, § 11 Abs. 4 VwGO, § 11 Abs. 4 FGO und § 41 Abs. 4 SGG normieren, dass der erkennende Senat eine Frage grundsätzlicher Bedeutung dem jeweiligen Großen Senat des jeweiligen obersten Gerichtshofs des Bundes zur Entscheidung vorlegen kann, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.300 Nach § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO lässt das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung unter anderem zu, wenn die Fortbildung des Rechts dies erfordert. Als weitere Voraussetzung nennt § 511 Abs. 4 Nr. 2 ZPO, dass die Partei durch das Urteil nicht mit mehr als sechshundert Euro beschwert sein darf. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO und § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts dies erfordert. Die durch Art. 95 Abs. 3 GG eingeräumte Möglichkeit, einen GmS-OGB zu bilden, zeigt ebenfalls, dass eine Rechtsschöpfung in Form der Rechtsfortbildung dem Willen des Gesetzgebers entspricht.301 Durch den GmS-OGB sollen umstrittene Rechtsfragen geklärt werden.302 Auch die richterliche Rechtsfortbildung steht lediglich neben dem Prozesszweck der Gewährung subjektiven Rechtsschutzes. Zu ihr kommt es als „Nebenprodukt“, wenn subjektive Rechte durchgesetzt werden sollen.

297  Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 839. 298  Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 16; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 1 SGG Rn. 2; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 58 f. 299  Eine Aufzählung der Mehrzahl der relevanten Normen findet sich bei Jachmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 95 GG Rn. 13 und Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 63. 300  Zu § 11 Abs. 4 FGO vergleiche Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S.  407 f. 301  Classen, Funktional ausdifferenzierte Rechtsprechungskompetenzen?, JZ 2007, 53; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 63; zum GmS-OGB Bremer, Bundessozialgericht Oberster Gerichtshof des Bundes – Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, SozSich 1968, 263 ff.; Miebach, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 1971 und Schulte, Rechtsprechungseinheit als Verfassungsauftrag, 1986. 302  Miebach, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 1971, S.  109 f.; Schulte, Rechtsprechungseinheit als Verfassungsauftrag, 1986, S. 83  ff.; Späth, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BB 1977, 153.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

c) Rechtsfrieden und Rechtssicherheit Weiterhin sollen Rechtsfrieden und Rechtssicherheit303 erreicht werden.304 Der Prozess soll in einem geordneten Rahmen zu einer endgültigen Entscheidung führen, die den Konflikt auflöst.305 Der Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit sind lediglich die Folge der Feststellung des subjektiven Rechts.306 Sie können jedoch auch herbeigeführt werden durch eine Lösung des Konflikts in Form einer gütlichen Beilegung.307 3. Zwischenergebnis Aus der Betrachtung der Haupt- und Nebenfunktionen des Prozesses lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie prozessuale Normen ausgestaltet werden sollten, um diesen Funktionen gerecht zu werden. Bei Gemeinsamkeiten in den Prozessrechtsordnungen kann dies zu einer übergeordneten und alle Prozessrechtsordnungen umfassenden Betrachtung führen. Neben den analysierten lassen sich zahlreiche weitere prozessuale Funktionen finden.308 Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle Konkretisierungen der subjektiven Rechtschutzfunktion und der Bewahrung der objektiven Rechtsordnung sind.309 Soweit zur Rechtssicherheit von Arnauld, Rechtssicherheit, 2006. Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (59); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 77 ff.; Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S.  140 ff.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 185, 190; Weth, Einige prozessrecht­ liche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182 (184); andere Ansicht Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 6 und Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 17, die den Rechtsfrieden nicht als Prozesszweck ansehen. 305  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 3; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 77. 306  Zum Rechtsfrieden Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 4 und Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 17. 307  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 1 Rn. 18 f.; siehe § 2 B. I. 308  So werden bei Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (15 f.) als weitere Zwecke des Zivilprozesses unter anderem Rechtskonkretisierung, Rechtsausübung, Verwirklichung von Gerechtigkeit, Wahrheitsfindung, Herbeiführung von Rechtskraft und Prozesserledigung genannt. 309  Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (15 f.) geht ebenfalls davon aus, dass sich die meisten Zwecke irgendwie dem subjektiven Rechtsschutz und der Bewahrung der objektiven Rechtsordnung zuordnen lassen. Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 6 geht sogar davon aus, dass alle Prozesszwecke im subjektiven Rechtsschutz aufgehen. 303  Umfassend 304  Gaul,



C. Bindungselemente95

die subjektive Rechtsschutzfunktion im Mittelpunkt steht und damit der verfassungsrechtlich normierte Justizgewährleistungsanspruch, entfaltet sie eine starke Bindungswirkung für die Regelungen der unterschiedlichen Verfahrensordnungen. Insofern ist die Charakterisierung der subjektiven Rechtsschutzfunktion als Hauptfunktion des Prozesses und damit auch mittelbar der Prozessrechtsordnungen gerechtfertigt. Im Ergebnis verfolgen die Prozesse aller untersuchten Verfahrensordnungen dieselben Zwecke.310 Dies folgt auch daraus, dass die Zwecksetzung durch die Konstitutionalisierung und Europäisierung geprägt ist.311 Innerhalb des Zivilprozesses werden jedoch andere Schwerpunkte gesetzt als im Rahmen von Prozessen, die den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zugeordnet sind. Dies ergibt sich aus der in vielen Fällen gegebenen strukturellen Unterlegenheit des Bürgers gegenüber dem Staat in Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozessen. Zudem steht in Prozessen der öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen verstärkt der objektive Rechtsschutz im Mittelpunkt. Gleichwohl bleibt es in allen Prozessrechtsordnungen grundsätzlich bei der Geltung der erläuterten Zwecke. Eine entsprechende Analyse ist daher auch prozessordnungsübergreifend sinnvoll.312 Ein Vergleich auf dieser Basis ist möglich. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei den prozessualen Zwecken in den einzelnen Verfahrensordnungen kann zur Rechtfertigung von Regelungsunterschieden führen.

II. Prozessmaximen und allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze Vorliegend soll auf die in den analysierten Prozessrechtsordnungen relevanten Verfahrensmaximen eingegangen werden. Es handelt sich bei ihnen um Leitbilder313, die zur Beschreibung von Prozessrechtsordnungen herange310  So auch Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (6) und Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 53 zu den Unterschieden zwischen Zivil- und Verwaltungsprozess, die anführen, zwischen den Zwecken der beiden Prozessarten gebe es keine grundsätzlichen Unterschiede. Diese Aussage treffen sie im Zusammenhang mit der Ermittlung des Anwendungsbereichs der Generalklausel des § 173 Satz 1 VwGO; siehe zur Generalklausel § 3 C. II. 2. 311  Siehe § 1 D. II. 3. und § 2 C. I. 312  Gaul, Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 28 (62) weist jedoch darauf hin, dass die Ergiebigkeit des Prozesszweckes nicht überbewertet werden dürfe. 313  Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 102 f.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 199 mit weiteren Nachweisen; zum Leitbildbegriff Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 ff.; siehe § 4 A. II.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

zogen werden.314 Sie helfen bei der Auslegung prozessualer Regelungen. Weiterhin kann auf ihrer Basis „wissenschaftliche Rechtspolitik“ betrieben werden,315 um klarzustellen, wie Regelungskomplexe idealtypisch zu gestalten sind. Prozessrechtsmaximen sollen dabei helfen, die Ziele der einzelnen Verfahren zu verwirklichen.316 Dabei treffen sie keine eigene Aussage über das Ziel, sondern ebnen lediglich den Weg zur Zielerreichung.317 Zu unterscheiden ist zwischen den sogenannten „großen Maximen“ und weiteren Maximen.318 Die „großen Maximen“ sind solche, die eine Prozessrechtsordnung – mit Durchbrechungen – als Ganzes prägen und als Gegensatzpaare auftreten.319 Sie werden im Folgenden als Hauptmaximen bezeichnet. Weitere prozessuale Maximen, die vor allem durch punktuelle Regelungen in die prozessualen Ordnungen integriert werden, sollen ebenfalls dargestellt werden.320 Sie könnten anhand einzelner Normen ausgelegt werden.321 An dieser Stelle sollen sie jedoch als übergeordnete prozessuale Konzepte analysiert werden. Neben die Verfahrensgrundsätze treten allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze.322 Diese ergeben sich aus einzelnen Normen der Verfassung. Sie stellen konkrete Anforderungen an die Ausgestaltung von Verfahrensordnungen 314  So ausdrücklich Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 199 f.; Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (53 f.) und Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 311 gehen auf die Bedeutung der Prozessrechtsmaximen für die Auslegung und das Wesen der Prozessrechtsordnungen ein; näher zum Begriff der Prozessmaximen vergleiche auch Hofmann, Prozessökonomie – Rechtsprinzip und Verfahrensgrundsatz der ZPO, ZZP 126 (2013), 83 (100 ff.). 315  Baur, Zivilprozeßrecht, 3. Aufl., 1979, Rn. 10; Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (56); siehe § 2 Fn. 37. 316  Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 101 ff.; insofern sind die Prozessrechtsmaximen mit den prozessualen Zwecken und Funktionen verknüpft. 317  Popp, Verfahrenstheoretische Grundlagen der Fehlerkorrektur im Strafverfahren, 2005, S. 103. 318  Der Begriff der „großen Maximen“ findet sich bei Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 211. 319  Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41 (41 f.); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 199 ff., 211; Schröder, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 48. 320  Münch, Grundfragen des Zivilprozesses, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 5 (8 ff.). 321  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 211 f. 322  Weitere allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze finden sich bei Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl.,



C. Bindungselemente97

und sind gerade nicht nur als Hintergrundvorstellungen für deren Auslegung zu bezeichnen.323 Sie geben vor, wie eine Norm auszulegen ist, helfen damit aber nicht zwingend bei der Analyse der Wahrnehmung von Prozessrecht. Vor allem zeigen sie, dass die Verfahrensordnungen dem höherrangigen Recht genügen müssen.324 Ihre Darstellung erfolgt zur Abgrenzung von den „echten“ Prozessrechtsmaximen. 1. Hauptmaximen a) Dispositionsmaxime versus Offizialmaxime Als Hauptmaximen sind zunächst die Offizialmaxime und die Disposi­ tionsmaxime zu nennen.325 Die ZPO, die VwGO, die FGO und das SGG sind der Dispositionsmaxime zugeordnet.326 Im Verwaltungsprozess ist sie mit dem Untersuchungsgrundsatz verbunden.327 Dies gilt gleichermaßen für den Sozialgerichtsprozess und den Finanzgerichtsprozess.328 Die Offizialmaxime prägt die StPO.329 Diese wird vorliegend nicht behandelt.330 Daher wird auf die Offizialmaxime nur der Vollständigkeit halber in der gebotenen Kürze eingegangen.

2017, Vorbemerkung vor § 60 SGG Rn. 1a  ff.; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 43. 323  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 213; Ule, Zur Vereinheitlichung der gerichtlichen Verfahrensordnungen, DVBl 1958, 691 (696). 324  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 82 Rn. 1; Schumann, Prozessrecht und Methode. Elemente einer prozessualen Betrachtungsweise, Essays in Honour of Konstantinos D. Keramus, 2009, 1209 (1211 ff.). 325  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (628); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 199; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 315. 326  Zur VwGO und ZPO Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 52; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 92; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 203, 205; Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 86 VwGO Rn. 2; Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 88 VwGO Rn. 1 ff. 327  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (628); siehe § 2 C. II. 1. b). 328  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 205. 329  Kudlich, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2014, Einleitung Rn. 126. 330  Siehe §  1  D. II. 1. e).

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Verfahren, in denen die Offizialmaxime gilt, zeichnen sich dadurch aus, dass sie insgesamt von Amts wegen durchgeführt werden.331 Das Gericht hat die Herrschaft über das gesamte Verfahren.332 Dies bezieht sich sowohl auf die Einleitung als auch auf den Betrieb und die Beendigung.333 Nach § 152 Abs. 1 StPO leitet der Staat die Strafverfolgung ein.334 Einschränkungen ergeben sich aus der Möglichkeit der Erhebung von Privatklagen nach §§ 374 ff. StPO und der Existenz von Antrags- und Ermächtigungsdelikten, beispielsweise im Sinne des § 123 Abs. 2 StGB, des § 230 StGB oder des § 194 Abs. 4 StPO.335 Die Dispositionsmaxime wird oft als die prozessuale Seite der Privatautonomie bezeichnet.336 Sie wird auch Verfügungsgrundsatz genannt.337 In Verfahrensordnungen, die von der Dispositionsmaxime geprägt sind, können die Beteiligten frei über den Prozess als Ganzes verfügen.338 Es ist ihnen möglich, das „Ob“ und das „Wie“ der Rechtsdurchsetzung zu bestimmen.339 Das 331  Reimer,

Verfahrenstheorie, 2015, S. 202. in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 91. 333  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 202. 334  Kudlich, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2014, Einleitung Rn. 136 f.; Peters, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2016, § 152 StPO Rn. 21 f. Zum aus § 152 Abs. 2 StPO abgeleiteten Legalitätsprinzip vergleiche Peters, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2016, § 152 StPO Rn. 26 ff. und zum Opportunitätsprinzip vergleiche Peters, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2016, § 152 StPO Rn. 75 ff. 335  Kudlich, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2014, Einleitung Rn. 138; Peters, in: Knauer/Kudlich/Schneider (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 2016, § 152 StPO Rn. 23 ff. § 123 Abs. 2 StGB beinhaltet ein absolutes Antragsdelikt. In § 230 StGB sind relative Antragsdelikte geregelt. § 194 Abs. 4 StGB regelt hingegen ein Ermächtigungsdelikt. 336  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (628); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 312. 337  Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (7). 338  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 91; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 313. 339  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (56); Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 24; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 203. 332  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann,



C. Bindungselemente99

bedeutet, sie entscheiden selbst über die Einleitung, den Inhalt, den Gang und die Beendigung des Verfahrens.340 So wird die Klage nur durch Antrag des Beteiligten erhoben und nur durch seinen Antrag ein Rechtsmittel eingelegt.341 Innerhalb des Verfahrens ist das Gericht gemäß § 308 Abs. 1 ZPO,342 § 88 VwGO, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO und § 123 SGG an die Anträge der Beteiligten gebunden.343 Eine Klageänderung durch die Parteien ist nach §§ 263 ff. ZPO, § 91 VwGO, § 67 FGO und § 99 SGG unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.344 Das Verfahren muss nicht zwingend durch eine gerichtliche Entscheidung beendet werden. Eine Beendigung durch Parteianträge in Form eines Prozessvergleichs im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 106 VwGO und § 101 Abs. 1 SGG ist möglich.345 Daneben kann der Kläger, gegebenenfalls mit Zustimmung anderer Beteiligter, die Klage gemäß § 269 ZPO, § 92 VwGO, § 72 FGO und § 102 SGG zurücknehmen oder übereinstimmend die Erledigung nach § 91a Abs. 1 ZPO, § 161 Abs. 2 VwGO und § 138 FGO erklären.346 Die übereinstimmende Erledigungserklärung ist für den Sozialgerichtsprozess nicht ausdrücklich geregelt. Sie ist jedoch nach den Kriterien des § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 91a Abs. 1 ZPO möglich.347 Zudem können Beendigungsanträge auf Erlass eines Anerkenntnis- und Verzichtsurteils nach §§ 306, 307 ZPO gegebenenfalls in 340  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (628); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 312; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 202. 341  Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, Vorbemerkung vor § 60 SGG Rn. 3. 342  Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48). 343  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (628). 344  Zur Klageänderung in der ZPO vergleiche Foerste, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15.  Aufl., 2018, § 263 ZPO Rn. 1 ff. 345  Im finanzgerichtlichen Verfahren ist ein Prozessvergleich hingegen nicht möglich, da die Beteiligten sich nicht über den Steueranspruch vergleichen können (vergleiche Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 76 FGO Rn. 4; Steinhauff, Der Güterichter im Finanzgerichtsprozess, SteuK 2013, 160 [163]). 346  Zur ZPO vergleiche Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48); zur Erledigung im Verwaltungsprozess vergleiche Schenke, Der Erledigungsrechtsstreit im Verwaltungsprozeß, 1996; zur übereinstimmenden Erledigungs­ erklärung vergleiche Roller, Die übereinstimmende Erledigungserklärung im Sozialgerichtsverfahren, NZS 2003, 357 ff. 347  Näher dazu Roller, Die übereinstimmende Erledigungserklärung im Sozialgerichtsverfahren, NZS 2003, 357 (357, 361).

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Verbindung mit § 173 Satz 1 VwGO348 oder § 202 Satz 1 SGG349 gestellt werden.350 Durchbrechungen der Dispositionsmaxime im Zivilprozess finden sich bei übergeordnetem öffentlichen Interesse, beispielsweise bei Ehesachen.351 Weiterhin wird die Dispositionsmaxime in allen Verfahrensordnungen durchbrochen, sofern das Gericht Hinweis- und Aufklärungspflichten im Sinne von § 139 ZPO, § 86 VwGO, §§ 103, 106 SGG und § 76 FGO nachzukommen hat.352 Daneben ergeben sich weitere Einschränkungen der Dispositionsmaxime vor allem im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen, soweit der Zweck einer Klage auf die objektive Bewahrung der Rechtsordnung gerichtet ist.353 Hier kann die Tätigkeit des Vertretes des

348  Vergleiche dazu Breunig, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 86 VwGO Rn. 7; Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41 (45 f.). 349  Vergleiche zum Anerkenntnisurteil im SGG Hintz, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm u. a. (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar Sozialrecht, 51. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 101 SGG Rn. 9. Die entsprechende Anwendung der ZPO-Vorschriften in Bezug auf den Verzicht ist im sozialgerichtlichen Verfahren streitig (gegen die entsprechende Anwendung Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 86; dafür Hauck, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar mit Nebenrecht (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 102 SGG Rn. 16). Einigkeit besteht jedoch darin, dass die Erklärung des Anspruchsverzichts im sozialgerichtlichen Verfahren als Klagerücknahme behandelt wird (Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 86; Hauck, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar mit Nebenrecht (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 102 SGG Rn. 16; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 101 SGG Rn. 25). 350  Im finanzgerichtlichen Verfahren kann ein Anerkenntnisurteil nicht ergehen, da der Steuerpflichtige nicht über den Steueranspruch disponieren kann (vergleiche Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 89; Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 76 FGO Rn. 5 sowie Völker, Kein Anerkenntnisurteil im finanzgerichtlichen Verfahren, DStZ 1992, 207 [207 f.]). Auch ein Verzichtsurteil existiert im finanzgerichtlichen Verfahren nicht (vergleiche Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 95 FGO Rn. 5). 351  Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 36; Rauscher, in: Krüger/ Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 327. Für die Ehesachen gelten zwar weitgehend die Regelungen der ZPO, sie sind jedoch mit § 113 FamFG dem Anwendungsbereich des FamFG zugeordnet. Dieses bleibt für die vorliegenden Ausführungen ohne Belang (siehe bereits § 1 D. II. 1. a)). 352  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 325. 353  Zum Verwaltungsprozess vergleiche Cormann, Die Erledigung im Verwaltungsprozeß, 1997, S. 56.



C. Bindungselemente101

öffentlichen Interesses im Sinne des § 36 VwGO relevant werden.354 Dieser muss beispielsweise bei der Klagerücknahme gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO und bei der Berufungsrücknahme gemäß § 126 Abs. 1 Satz 2 VwGO einwilligen, sofern er an der Verhandlung teilgenommen hat.355 b) Beibringungsmaxime versus Untersuchungsmaxime Ein weiteres Gegensatzpaar stellen die Beibringungsmaxime und die Untersuchungsmaxime dar.356 Die Beibringungsmaxime ist der für das Zivil­ prozessrecht zentrale Grundsatz,357 während das verwaltungs-, finanz- und sozial­gerichtliche Verfahren durch die Untersuchungsmaxime geprägt sind.358 Die Beibringungsmaxime bringt ebenso wie die Dispositionsmaxime zum Ausdruck, dass das subjektive Recht des Einzelnen im Mittelpunkt steht.359 Die Parteien sind in diesem Fall besser als das Gericht geeignet, den Sachverhalt aufzuklären.360 Der Untersuchungsgrundsatz hingegen gilt verstärkt in Verfahren, in welchen ein öffentliches Interesse an der Aufklärung der Wahrheit besteht.361 354  Näher zu dessen Tätigkeit im Allgemeinen vergleiche Guckelberger, Vor- und Nachteile eines Vertreters des öffentlichen Interesses, BayVBl 1998, 257 ff. 355  Guckelberger, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 36 VwGO; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 5. Aufl., 2018, § 36 VwGO Rn. 8; Wysk, in: Wysk (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., 2016, § 36 VwGO Rn. 3. 356  Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 86 VwGO Rn. 6; Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2002, S. 2; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 328; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 199. 357  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 329; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 208. 358  Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2002, S.  2 f. 359  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 164 f.; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 329. 360  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 330. 361  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 165  f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 77 Rn. 4.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Die Beibringungsmaxime wird auch Verhandlungsmaxime beziehungsweise Prinzip der formellen Wahrheit genannt.362 Durch sie geprägte Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass die Verfahrensbeteiligten den Prozessstoff und die Beweismittel selbst in den Prozess einbringen.363 Das Gericht darf grundsätzlich nur diese eingebrachten Tatsachen berücksichtigen.364 Die Parteien sind gemäß § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, nur subjektiv wahre Tatsachen vorzubringen.365 Das Gericht kann davon ausgehen, dass unrichtige Tatsachen von der Gegenpartei nach § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO bestritten werden. Folgen eines erkennbar unwahren Tatsachenvortrages können eine Verurteilung wegen Prozessbetruges nach § 263 StGB, Schadenersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB oder § 826 BGB und Durchbrechungen der Rechtskraft im Sinne von § 826 BGB sein.366 Bei Rechtsfragen muss das Gericht dagegen seine eigene Bewertung treffen.367 Das heißt, es muss das auf den Sachverhalt anwendbare Recht entsprechend des Grundsatzes „iura novit curia“ selbstständig feststellen und auslegen.368 362  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 336; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 206. 363  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (58); Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48 f.); Rauscher, in: Krüger/ Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 328; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  206; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 77 Rn. 8; zu einer möglichen Ausweitung des Beibringungsgrundsatzes Gaier/Freundenberg, Ist die Zivilprozessordnung noch modernes Verfahrensrecht?, ZRP 2013, 27 (29). 364  Zu den diesbezüglich auftretenden Problemen Windau, Das googelnde Gericht – Ist der Beibringungsgrundsatz noch zeitgemäß?, NJOZ 2018, 761 ff. 365  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 138 ZPO Rn. 2 ff.; zur Wahrheit im Zivilprozess Brand, Grenzen zivilprozessualer Wahrheit und Gerechtigkeit, NJW 2017, 3558 (3560 f.). 366  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 138 ZPO Rn. 8. 367  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 344; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 77 Rn. 10. 368  Prütting, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 293



C. Bindungselemente103

Der Beibringungsgrundsatz wird durch richterliche Frage- und Hinweispflichten im Sinne des § 139 ZPO ergänzt.369 Diese Durchbrechungen entsprechen dem Interesse an einer geordneten Rechtspflege und dienen dem Schutz der schwächeren Partei.370 Die Untersuchungsmaxime ist ebenfalls unter den Bezeichnungen Amtsermittlungsprinzip, Inquisitions- und Instruktionsmaxime bekannt.371 Dieser Grundsatz besagt, dass das Gericht die für das Verfahren zentralen Informationen zu beschaffen hat.372 Dies gilt zum einen, um ein mögliches Informationsdefizit einer Seite zu überwinden.373 Zum anderen wird einem eventuell gegebenen öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung Rechnung getragen.374 Ausdrücklich geregelt ist die Untersuchungsmaxime in § 86 Abs. 1 VwGO375, § 76 Abs. 1 FGO und § 103 SGG.376 Sie stellt für die öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen die Regel dar, auch wenn es an einigen Stellen Durchbrechungen gibt.377 Der Umfang der Amtsermittlungspflicht ZPO Rn. 2; kritisch zum Grundsatz „iura novit curia“ Zuck, Iura novit curia, ZRP 2010, 272. 369  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (58); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 343; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 77 Rn. 5 f. 370  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 331; Henckel, Gedanken zur Entstehung und Geschichte der Zivilprozeßordnung, in: Baltzer/Baumgärtel/Peters u. a. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Rudolf Bruns, 1980, 111 (126). 371  Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 86 VwGO Rn. 6 f.; Müller, Der Amtsermittlungsgrundsatz in der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit, JuS 2014, 324. 372  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (49); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 346; näher dazu Guckelberger, Norm- und Sachverhaltswissen im Verwaltungsprozess, VerwArch 108 (2017), 1 (19 f.). 373  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 206. 374  Kaufmann, Untersuchungsgrundsatz und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2002, S. 150  ff., zu den Gründen insgesamt S. 114  ff.; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 346; Guckelberger, Wissensgenerierung im Verwaltungsgerichtsprozess, DVBl 2017, 222 (223 f.). 375  Zum Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsprozess vergleiche Koehl, Die Sachverhaltsfeststellung im Verwaltungsprozess, JA 2017, 541 ff. 376  Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 165. 377  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 209.

104

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

erstreckt sich nicht auf jedes einzelne Detail des Sachverhaltes, sondern reicht nur soweit, wie es durch materiell- und prozessrechtliche Vorgaben gefordert wird.378 So regeln § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO sowie § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, dass die Verfahrensbeteiligten an der Aufklärung einer Tatsache mitwirken müssen.379 Weitere Durchbrechungen ergeben sich aus dem Antragsrecht des § 109 SGG und den Präklusionsvorschriften § 87b VwGO, §§ 106a, 157a SGG sowie § 79b FGO.380 2. Weitere prozessuale Maximen Weitere erwähnenswerte und für alle Prozessrechtsordnungen geltende Maximen stellen der Grundsatz der Mündlichkeit, der Grundsatz der Unmittelbarkeit, der Grundsatz der Öffentlichkeit, die Konzentrationsmaxime, der Beschleunigungsgrundsatz sowie der Grundsatz des Amtsbetriebes dar. a) Grundsatz der Mündlichkeit Gemäß § 128 Abs. 1 ZPO, § 101 Abs. 1 VwGO, § 90 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 124 Abs. 1 SGG verhandeln die Parteien vor Gericht stets mündlich.381 Nach dem BVerfG kann aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet werden, dass Gerichtsverfahren öffentlich und mündlich durchgeführt werden sollen.382 378  Vergleiche dazu Guckelberger, Norm- und Sachverhaltswissen im Verwaltungsprozess, VerwArch 108 (2017), 1 (27); Müller, Der Amtsermittlungsgrundsatz in der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit, JuS 2014, 324 (325 ff.). 379  Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 86 VwGO Rn. 69 ff.; Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 76 FGO Rn. 37 f.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, Vorbemerkung vor § 60 SGG Rn. 4b. 380  Müller, Der Amtsermittlungsgrundsatz in der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit, JuS 2014, 324 (327). 381  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (62); Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (626); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 214; zum Grundsatz der Mündlichkeit im Zivilprozessrecht; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 79 Rn. 1 ff., 20 ff.; ebenfalls zum Grundsatz der Mündlichkeit im Zivilprozessrecht Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 370; zum Ablauf der mündlichen Verhandlung im Finanzgerichtsprozess vergleiche Bilsdorfer, Der Rechtsanwalt und die mündliche Verhandlung vor dem Finanzgericht, NJW 2001, 331 ff. 382  So BVerfG, Beschluss vom 13.9.2001 – 1 BvR 2069/00 (keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG durch Unterlassen der gemäß Art. 6 Abs. 1



C. Bindungselemente105

Dies kann auch aus dem allgemeinen Öffentlichkeitsgrundsatz der Demo­ kratie geschlossen werden.383 Daneben ergibt es sich dies aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, nach dem vor Gericht öffentlich verhandelt und das Urteil öffentlich verkündet wird.384 Schriftliche Verfahren gibt es nur in Ausnahmefällen.385 Dazu zählen beispielsweise § 128 Abs. 2 ZPO, § 331 Abs. 3 ZPO, § 101 Abs. 2 VwGO, § 90 Abs. 2 FGO sowie § 124 Abs. 2 SGG.386 Dadurch wird der Grundsatz der Mündlichkeit eingeschränkt. Dasselbe gilt für die Möglichkeit der Kombination der mündlichen Verhandlung mit vorbereitenden Schriftsätzen und Bezugnahme auf diese in der Verhandlung, zum Beispiel nach § 129 ZPO, § 86 Abs. 4, Abs. 5 VwGO, § 108 SGG und § 77 Abs. 1 FGO.387 Im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess gibt es nach § 84 VwGO, § 90a FGO und § 105 SGG die Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.388 Der Grundsatz der Mündlichkeit dient der größeren Nachvollziehbarkeit und Anschaulichkeit EMRK geforderten mündlichen Verhandlung im FGG-Verfahren), BeckRS 2001, 22953 (22953 Rn. 6). 383  Binnewies/Wollweber, Die mündliche Verhandlung – lästige Pflicht oder lustvolle Kür?, NJW 2016, 283; Müller-Bernhardt, Vorbereitung und Ablauf der münd­ lichen Verhandlung, NWVBl 2015, 361. 384  Binnewies/Wollweber, Die mündliche Verhandlung – lästige Pflicht oder lustvolle Kür?, NJW 2016, 283; Geiger, Die mündliche Verhandlung im Verwaltungsprozess – rechtliche und praktische Hinweise –, BayVBl 2006, 421; Redeker, Mündliche Verhandlung – Sinn und Wirklichkeit, NJW 2002, 192; Scheidler, Die mündliche Verhandlung im Verwaltungsprozess, VBlBW 2012, 365. 385  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (626); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (50). 386  Brüning, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 101 VwGO Rn. 7 ff.; Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 90 FGO Rn. 9 ff.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 124 SGG Rn. 4 ff.; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128 ZPO Rn. 1. 387  Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 45 f.; vergleiche auch Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 86 VwGO Rn. 144 ff.; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 455 ff.; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 108 SGG Rn.  1 ff.; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128 ZPO Rn. 2; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 77 FGO Rn.  1 ff. 388  Vergleiche dazu Fischer, Der Gerichtsbescheid in Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, JuS 2013, 611 ff.

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

des Verfahrens und trägt dazu bei, dass Missverständnisse ausgeräumt werden können.389 Dies ist das Ideal aller analysierten Verfahrensordnungen.390 Im Finanzgerichtsprozess wird die Bedeutung des Mündlichkeitsgrundsatzes nochmals dadurch verstärkt, dass es mit dem FG nur eine Tatsacheninstanz gibt.391 Das bedeutet, der mündlichen Verhandlung vor dem FG kommt ein besonderes Gewicht zu.392 b) Grundsatz der Unmittelbarkeit In allen zu analysierenden Verfahrensordnungen gilt, der Grundsatz formeller Unmittelbarkeit.393 Das bedeutet, dass die mündliche Verhandlung 389  Rosenberg/Schwab/Gottwald,

Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 79 Rn. 5 ff. beachten ist, dass dem Grundsatz der Mündlichkeit im Verwaltungsprozess ein größeres Gewicht zukommen kann als im Zivilprozess (Kothe, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 101 VwGO Rn. 1; Scheidler, Die mündliche Verhandlung im Verwaltungsprozess, VR 2011, 379 [380]; Scheidler, Die mündliche Verhandlung im Verwaltungsprozess, VBlBW 2012, 365; näher zur mündlichen Verhandlung im Zivilprozess vergleiche Henkel, Die mündliche Verhandlung im Zivilprozess aus kommunikationspsychologischer Sicht, ZZP 110 (1997), 91 ff.). Grund dafür ist, dass in zivilgerichtlichen Verfahren die Parteien häufig auf die von ihnen vorgebrachten Schriftsätze Bezug nehmen, während in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Sachvortrag des Bericht­ erstatters nach § 103 Abs. 2 VwGO in vielen Fällen dazu führt, dass die Beteiligeten die Sach- und Rechtslage nochmals erörtern (Kothe, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 101 VwGO Rn. 1). Dies gilt auch für den Finanzprozess, in dem zu Beginn der mündlichen Verhandlung nach § 92 Abs. 2 FGO ebenfalls ein Sachvortrag des Berichterstatters erfolgt. Teilweise wird vertreten, ein Verzicht auf den Sachvortrag sei möglich (vergleiche zum Verwaltungsgerichtsprozess Kothe, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 103 VwGO Rn. 4; zum Finanzgerichtsprozess vergleiche Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 92 FGO Rn. 8). 391  Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 92 FGO Rn. 6. 392  Vergleiche auch Binnewies/Wollweber, Die mündliche Verhandlung – lästige Pflicht oder lustvolle Kür?, NJW 2016, 283 (289). 393  Ein Grundsatz materieller Unmittelbarkeit wie im Strafrecht, wonach nur die sachnächsten Beweise herangezogen werden dürfen, existiert dagegen in den analysierten Verfahrensordnungen nicht (vergleiche dazu Rudisile, in: Schoch/Schneider/ Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 96 VwGO Rn. 20; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 355 ZPO Rn. 5). Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 48 weist auf die Streitigkeit dieser Frage hin, vertritt jedoch, dass sich eine materielle Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht aus § 355 ZPO entnehmen lässt. 390  Zu



C. Bindungselemente107

unmittelbar nur vor dem erkennenden Gericht zu erfolgen hat.394 Auch dürfen nur die unmittelbar erhobenen Beweise verwendet werden.395 Der Grundsatz der formellen Unmittelbarkeit manifestiert sich in den zu betrachtenden Verfahrensordnungen in § 128 Abs. 1 ZPO, § 309 ZPO, § 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 96 Abs. 1 VwGO, § 112 VwGO, § 81 Abs. 1 FGO, § 103 FGO, § 117 SGG und § 129 SGG.396 Sinn und Zweck ist die Bildung einer eigenen und sachgerechten Überzeugung durch das Gericht.397 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit unterliegt ebenfalls Durchbrechungen. So kann die Beweisaufnahme zum Beispiel gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 ZPO einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen werden.398 In den anderen Verfahrensordnungen gibt es ebenfalls Ausnahmen vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, beispielsweise in § 96 Abs. 2 VwGO, § 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 361 ZPO oder § 362 ZPO und § 81 Abs. 2 FGO.399 Demnach kann die Beweisaufnahme gleichermaßen durch einen beauftragten oder einen ersuchten Richter erfolgen. 394  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (63); Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 112 VwGO Rn. 2; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, Vorbemerkung vor § 60 SGG Rn. 7; Kern, Der Unmittelbarkeitsgrundsatz im Zivilprozess, ZZP 125 (2012), 53 (54 f.); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 390 f.; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S.  214; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 80 Rn. 1 ff. 395  Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 81 FGO Rn. 8; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 117 SGG Rn. 1; Kern, Der Unmittelbarkeitsgrundsatz im Zivilprozess, ZZP 125 (2012), 53 (56 ff.); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 390, 392; Rudisile, in: Schoch/ Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 96 VwGO Rn. 16. 396  Zu den Vorschriften der ZPO vergleiche Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51). 397  Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 112 VwGO Rn. 2; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 80 Rn. 1. 398  Vergleiche dazu Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/ Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (64); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51). 399  Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 81 FGO Rn. 9; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 117 SGG Rn. 3b; Kühl, in: Breit-

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

c) Grundsatz der Öffentlichkeit In § 169 Satz 1 GVG, der für die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen jeweils in Verbindung mit § 55 VwGO, § 61 SGG und § 52 FGO gilt, ist der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung normiert.400 In § 52 Abs. 2 FGO wird er auf das steuerrechtliche Verfahren angepasst.401 Der Grundsatz der Öffentlichkeit soll dazu beitragen, die Tätigkeit der Gerichte demokratisch zu kontrollieren und so die richterliche Unabhängigkeit zu stärken.402 Gemeint ist damit, dass der Verhandlungssaal öffentlich zugänglich sein muss.403 Bildund Tonaufnahmen zu Vorführungs- oder Veröffentlichungszwecken waren nach § 169 Satz 2 GVG in der Fassung vom 9.5.1975 grundsätzlich unzulässig.404 Dies wurde durch das Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen (Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren – EMöGG)405 vom 8.10.2017, das zum 19.4.2018 in Kraft trat, geändert. Es wurden einige Ausnahmen zu dem grundsätzlichen Verbot der Ton- und Bildaufnahmen eingeführt. Zu den kreuz/Fichte (Hrsg.), SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2014, § 117 SGG Rn. 2; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 96 VwGO Rn. 25 ff. 400  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (60); Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (626); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48, 51); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 400; Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 214. 401  Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 55 VwGO Rn. 2. 402  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (61); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 400, Rn. 1; weiterführend zum Sinn und Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes Rittig, Mehr Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren? – Zu den Reformüberlegungen zu § 169 GVG, NJ 2016, 265 (265 f.). 403  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn.  400 f.; Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 169 GVG Rn. 11 ff. 404  BGBl I 1975, 1077  ff.; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 400. 405  BGBl I 2017, 3546 ff.



C. Bindungselemente109

wichtigsten Neuerungen gehört es, dass gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3–Satz 5 GVG bei Verfahren, an denen ein erhebliches Medieninteresse besteht, Arbeitsräume mit Tonübertragung für Medienvertreter eingerichtet werden.406 Zudem können Tonaufnahmen für bedeutende zeitgeschichtliche Verfahren künftig nach § 169 Abs. 2 GVG gespeichert werden.407 Daneben können die obersten Gerichtshöfe des Bundes ihre Entscheidungen nach § 169 Abs. 3 GVG durch die Medien verkünden lassen.408 Dies ist für das BVerfG bereits gemäß § 17a BVerfGG möglich.409 Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit finden sich in §§ 170 ff. GVG.410 Sie sollen dem Schutz privater und 406  Altenhain, Ein halbherziger Entwurf, DRiZ 2016, 304 (306 f.); Huff, Bundesjustizministerium will Urteilsverkündungen live aus dem Gerichtssaal, ZAP 2016, 763 f.; Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 55 VwGO Rn. 2; Walther, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 169 GVG Rn. 18, 23 ff.; kritisch Hoeren, Medienöffentlichkeit im Gericht – die Änderungen des GVG, NJW 2017, 3339 (3340 f.) und Rittig, Mehr Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren? – Zu den Reformüberlegungen zu § 169 GVG, NJ 2016, 265 (268). 407  Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 55 VwGO Rn. 2; Walther, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 169 GVG Rn. 18, 28; dies begrüßend Huff, Bundesjustizministerium will Urteilsverkündungen live aus dem Gerichtssaal, ZAP 2016, 763 (764) und Rittig, Mehr Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren? – Zu den Reformüberlegungen zu § 169 GVG, NJ 2016, 265 (268 f.). 408  Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 55 VwGO Rn. 2; Walther, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 169 GVG Rn. 18, 19 ff.; vergleiche dazu Altenhain, Ein halbherziger Entwurf, DRiZ 2016, 304 (304 ff.); kritisch Hoeren, Medienöffentlichkeit im Gericht – die Änderungen des GVG, NJW 2017, 3339 (3340); kritisch bereits zum Referen­ tenentwurf Huff, Bundesjustizministerium will Urteilsverkündungen live aus dem ­Gerichtssaal, ZAP 2016, 763 (764) und Rittig, Mehr Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren? – Zu den Reformüberlegungen zu § 169 GVG, NJ 2016, 265 (267 f.). 409  Vergleiche dazu Rittig, Mehr Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren? – Zu den Reformüberlegungen zu § 169 GVG, NJ 2016, 265 (266 f.). 410  Näher dazu Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (626); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51); Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 169 GVG Rn. 29. Zu beachten ist, dass § 170 GVG im verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Verfahren nicht angewandt wird, da die Regelung in den Verweisungsnormen nicht genannt ist (vergleiche zum verwaltungsprozessualen Verfahren Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 253). Daneben wird in § 52 FGO und § 62 SGG nicht auf § 171a GVG und § 198 GVG verwiesen. § 171a GVG thematisiert die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Erziehungsanstalt und hat für verwaltungsgerichtliche Verfahren ebenfalls keine praktische Relevanz (Kimmel, in: Posser/ Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 55 VwGO Rn. 11). Der Verweis auf § 198 GVG sollte zudem durch den Gesetzge-

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

öffentlicher Interessen dienen.411 Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, bleibt zugleich die Medienöffentlichkeit eingeschränkt.412 d) Konzentrationsmaxime und Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung Die Konzentrationsmaxime zielt darauf ab, dass eine Instanz so schnell wie möglich abgeschlossen wird.413 Häufig wird sie relevant, wenn es um die Frage geht, ob eine Verhandlung wiedereröffnet wird.414 Dies richtet sich nach § 156 ZPO415, § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO416, § 121 Satz 2 SGG417 sowie § 93 Abs. 3 FGO418. Einerseits wird durch diese Vorschriften das Verfahren vor dem Gericht der jeweiligen Instanz verlängert. Dies läuft der Konzentrationsmaxime zuwider. Andererseits wird durch die Wiedereröffnung ber korrigiert werden. In seinen ursprünglichen Fassungen befasste sich die Vorschrift mit der Beratung und Abstimmung der Richter bei Entscheidungen (vergleiche die unterschiedlichen Fassungen in RGBl I 1877, 41 [75] und BGBl I 1950, 455 [531]). § 198 GVG in seiner früheren Fassung war schon durch § 85 Nr. 13 DRiG zum 1.7.1962 aufgehoben worden (BGBl I 1961, 1665 [1678]; Hoppe, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 55 VwGO Rn. 1). Er wurde durch das ÜberlVfRschG wieder neu eingefügt (BGBl I 2011, 2302 [2303 f.]). Seit der Einführung des ÜberlVfRSchG wird in § 173 Satz 2 VwGO auf die nunmehr im GVG verankerten Vorschriften zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren verwiesen (BGBl I 2011, 2302 [2305]; siehe § 3 D. I. 2.). 411  Bruns, Maximendenken im Zivilprozessrecht, in: Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, 53 (60). 412  Walther, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 169 GVG Rn. 29. 413  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 359. 414  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 359. 415  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18.  Aufl., 2018, §  105 Rn.  44 ff.; Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 156 ZPO Rn. 3 ff. 416  Zudem kann § 156 Abs. 2 ZPO über § 173 Satz 1 VwGO herangezogen werden (vergleiche Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35.  EL September 2018, §  173 VwGO Rn. 162). 417  Im SGG existiert keine § 156 Abs. 2 ZPO entsprechende Vorschrift, jedoch ist die Wiedereröffnung in den dort genannten Fällen für das SGG ebenfalls anerkannt (vergleiche Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 121 SGG Rn. 3a). 418  Zu den Gründen für eine Wiedereröffnnung nach der FGO vergleiche Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 93 FGO Rn.  9 ff.



C. Bindungselemente111

jedoch vermieden, dass Rechtsmittel eingelegt werden und so das Verfahren insgesamt verlängert wird.419 Bei der Konzentrationsmaxime handelt es sich um eine spezielle Ausprägung des Grundsatzes der Verfahrensbeschleunigung.420 Der Beschleunigungsgrundsatz ist den betrachteten Prozessrechtsordnungen gemeinsam.421 Dies ist der Fall, obwohl die Gefahr der Prozessverschleppung verstärkt in Verfahren besteht, in denen vorrangig der Untersuchungsgrundsatz gilt.422 Abgeleitet wird der Beschleunigungsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK.423 Er manifestiert sich in zahlreichen Vorschriften, welche auf die zügige Durchführung gerichtlicher Verfahren abzielen.424 Zu nennen sind hier beispielsweise die Vorschrift des § 296 ZPO, welche die Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln bei verspätetem Vorbringen regelt, und die Regelung des § 273 ZPO zur Vorbereitung des Termins.425 Im Verwaltungsprozess können § 87 VwGO zur 419  Vergleiche dazu Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 359. 420  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 359; einige Autoren verwenden die Begriffe der Konzentrationsmaxime und des Grundsatzes der Verfahrensbeschleunigung synonym (Ax/Große/Melchior u. a., Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 21. Aufl., 2017, Rn. 3173; Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 [627]; Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 [52]). 421  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 359 hält es für fraglich, ob der Beschleunigungsgrundsatz tatsächlich die Qualität einer prozessualen Maxime erlangt hat; zum Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung Baur, Zivilprozeßrecht, 3. Aufl., 1979, Rn. 51 und Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., 2018, § 81 Rn. 1 ff.; vergleiche auch Willmann, Die Konzentrationsmaxime, 2003, S. 26 ff. 422  Dies resultiert daraus, dass im Zivilprozess das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, Beweismitteln und Beweiseinreden grundsätzlich frei und bis zur letzten mündlichen Verhandlung möglich ist (vergleiche dazu näher Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41 [47 f.]). Dies ergibt sich auch aus § 278 Abs. 1 ZPO und § 283 Abs. 1 ZPO (Lüke, Grundsätze des Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41 [47]). 423  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, Vorbemerkung vor § 60 SGG Rn. 1. 424  Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (48, 52); Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 214. 425  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (52); Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommen-

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§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und die in § 86 Abs. 3, Abs. 4 VwGO geregelten Befugnisse des Vorsitzenden und des Berichterstatters als Beispiele herangezogen werden.426 Für den Sozialgerichtsprozess ist § 106 SGG, welcher die Aufklärungspflicht des Vorsitzenden regelt, zu nennen.427 Im Finanzgerichtsprozess kann auf § 79 FGO zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Bezug genommen werden.428 e) Grundsatz des Amtsbetriebes Die untersuchten Verfahrensordnungen sind generell vom Grundsatz des Amtsbetriebes geprägt.429 Beim Amtsbetrieb liegt der Verfahrensablauf in den Händen des Gerichts.430 Einen diametralen Gegensatz bildet der Parteibetrieb, bei dem der Verfahrensablauf Sache der Parteien ist.431 Ausdruck des Amtsbetriebes ist beispielsweise, dass das Gericht dem Beklagten die Klage zustellt.432 Dies ergibt sich in den analysierten Verfahrensordnungen aus §§ 166 Abs. 2, 271, 276 f. ZPO, § 85 VwGO, § 71 FGO und § 104 SGG.433 tar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 366. Zur Präklusion als Ausdruck des Beschleunigungsgrundsatzes vergleiche Baudewin/Wegner, Die Präklusion im Zivilprozess – Bedeutung, Chancen, Risiken, NJW 2014, 1479 ff. 426  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (627). 427  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 106 SGG Rn. 1a. 428  Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 316. 429  Kothe, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 86 VwGO Rn. 3. 430  Kothe, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 86 VwGO Rn. 3. 431  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 97. Historisch war die ZPO vom Grundsatz des Parteibetriebs geprägt. Dies wurde mit der Geltung des Grundsatzes der Privatautonomie im Zivilprozessrecht begründet. Die so weitreichende Dispositionsbefugnis der Parteien über das Verfahren führte zu erheblichen Unsicherheiten über den zu erwartenden Verfahrensablauf. Daher wurde der Parteibetrieb schrittweise auch in der ZPO durch den Amtsbetrieb ersetzt (vergleiche dazu Braun, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 2014, S. 562). 432  Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 35 Rn. 26. 433  Vergleiche dazu in Bezug auf den Verwaltungsprozess Schenke, in: Kopp/ Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 85 VwGO Rn. 1; vergleichend zu VwGO und ZPO Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 181. Im Übrigen gelten die Zustellungsvorschriften der ZPO in den



C. Bindungselemente113

Für Verfahrensschritte, die sich auf das Verfahren als Ganzes oder auf den Übergang des Verfahrens in eine neue Instanz beziehen, ist jedoch in den analysierten Verfahrensordnungen trotz des Grundsatzes des Amtsbetriebes ein Antrag erforderlich.434 Der Grund dafür ist die Geltung der Dispositionsmaxime.435 3. Allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze Als allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze des gerichtlichen Verfahrens werden neben dem bereits erörterten Justizgewährleistungsanspruch der Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf einen gesetzlichen Richter relevant. a) Rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG Das Recht auf rechtliches Gehör ist in Art. 103 Abs. 1 GG und auf völkerrechtlicher Ebene in Art. 6 Abs. 1 EMRK niedergelegt.436 Es handelt sich um ein Prozessgrundrecht.437 In seinem Rahmen entfaltet die in Art. 1 Abs. 1 GG niedergelegte Menschenwürde ihre Wirkung.438 Zudem trägt der Grundsatz auf rechtliches Gehör dem Rechtsstaatsprinzip im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung.439 Er besagt, dass jede Partei vor einer Entscheidung die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen über § 56 Abs. 2 VwGO, § 53 Abs. 2 FGO und § 63 Abs. 2 SGG (siehe § 3 C. II. 3. b) aa)). 434  Zur VwGO und zur ZPO vergleiche Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 181. 435  Siehe §  2  C. II. 1. a). 436  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625; Rauscher, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Einleitung Rn. 371; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 130; siehe zu Art. 6 EMRK bereits § 2 C. I. 1. b). 437  Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 8. Aufl., 2018, Art. 103 GG Rn. 3; Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher OnlineKommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 528; näher zu seiner Bedeutung Guckelberger, Norm- und Sachverhaltswissen im Verwaltungsprozess, VerwArch 108 (2017), 1 (22). 438  Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 2. 439  BVerfG, Beschluss vom 24.3.1987 – 1 BvR 1046/85 (Fernschriftliche Begründung einer Berufung), E 74, 228 (233); Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 2.

114

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Möglichkeit haben muss, ihren Standpunkt darzustellen.440 Dies beinhaltet das Recht zur Antragstellung sowie zum Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln, aber auch von Rechtsmeinungen.441 Dieses Vorbringen muss zwingend berücksichtigt werden.442 Für die Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs sind zudem die richterlichen Hinweis- und Aufklärungspflichten nach § 139 ZPO, § 86 VwGO, § 76 FGO und § 106 SGG von Bedeutung.443 Daneben steht den Parteien ein Informationsrecht zu.444 Adressat des Anspruchs sind die Gerichte.445 Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann in den einzelnen Verfahrensordnungen auch mittels des außerordent­ lichen Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge geltend gemacht werden.446 Regelungen dazu finden sich in § 321a ZPO, § 152a VwGO, § 133a FGO und § 178a SGG.447

440  BVerfG, Beschluss vom 25.10.2001 – 1 BvR 1079/96 (Verletzung des recht­ lichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung), NJW 2002, 1334 (1334 f.); Möller, Die Verfahrensgrundsätze des Zivilverfahrens, JA 2010, 47 (51); Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, Einleitung Rn. 28; Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 11; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 128. 441  Diese Schwerpunkte werden bei Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 137 ff. näher erläutert. Ein Anspruch auf ein Rechtsgespräch besteht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht (BVerfG, Beschluss vom 27.7.1971 – 2 BvR 443/70 (Bebauungsplan), E 31, 364 [370]); kritisch dazu Redeker, Rechtsgepräch, NJW 2007, 343 (343 f.); vergleiche zum Rechtsgespräch im Verwaltungsprozess Ortloff, Rechtspsychologie und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Das Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung, NVwZ 1995, 28 ff. 442  Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 13; näher dazu Fischer, Aktuelles Zivilprozessrecht, JuS 2015, 797 (798 ff.). 443  Zu den Hinweispflichten nach der ZPO vergleiche Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625 (626); Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 140 ff.; siehe bereits § 2 C. II. 1. a). 444  Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 103 GG Rn. 8 ff. 445  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 135. 446  Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 103 Abs. 1 GG Rn. 119 ff.; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 130; zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG allgemein vergleiche Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 103 Abs. 1 GG Rn. 112 ff. 447  Siehe §  2  C. I. 1. a) bb).



C. Bindungselemente115

b) Recht auf einen gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG Das Recht auf einen gesetzlichen Richter wird abgeleitet aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Es wird nach Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG durch das Verbot von Ausnahmegerichten ergänzt. Eine entsprechende Regelung für die ordentliche Gerichtsbarkeit findet sich zudem in § 16 GVG. Durch das Recht auf einen gesetzlichen Richter werden das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und der in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Gleichheitsgrundsatz konkretisiert.448 Das Recht auf einen gesetzlichen Richter beinhaltet, dass die Zuständigkeit eines erkennenden Gerichts von vornherein bestimmbar ist.449 Die Zuständigkeit soll dabei durch ein Gesetz festgelegt werden.450 Daneben muss nicht nur ein Gericht bereitgestellt werden, sondern es muss überdies dessen Unabhängigkeit und Neutralität gewährleistet sein.451 Adressat des Anspruches ist die gesamte Staatsgewalt.452 Bei richterlichen Entscheidungen, die auf einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 GG beruhen, besteht die 448  Hufen,

Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 35 Rn. 18. Widersprüchliches zum gesetzlichen Richter, in: Heinrich/Hilgendorf/ Mitsch u. a. (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag, 2004, 569 (570); Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 301, 306  ff.; siehe §  2  C. I. 1. a) aa); näher Vogel, Das Recht auf den gesetzlichen Berichterstatter, jM 2018, 245 (248). Aktuelle Probleme ergeben sich in diesem Zusammenhang bei § 52 Nr. 2 VwGO, der einen besonderen Gerichtsstand für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Bereich der Bundesverwaltung normiert (Berstermann, in: Posser/ Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 52 VwGO Rn. vor 1, 8 ff.). Dessen Satz 4 zur Zuständigkeitskonzentration wurde neu eingeführt durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (AsylverfahrensbeschleunigungsG) vom 20.10.2015 (BGBl I 2015, 1722 ff.). Die örtliche Zuständigkeit des VG bestimmt sich demnach in Anlehnug an § 83 Abs. 3 AsylG. In § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG werden die Landesregierungen ermächtigt, einem VG für die Bezirke mehrerer VGe Streitigkeiten nach diesem Gesetz hinsichtlich bestimmter Herkunftsstaaten zuzuweisen, sofern dies für die Verfahrensförderung sachdienlich ist. Nach § 83 Abs. 3 Satz 2 AsylG können die Landesregierungen die Ermächtigung auf eine andere Stelle übertragen. Diese „Subdelegation“ ist problematisch, weil nicht hinreichend bestimmt ist, an wen die Ermächtigung übertragen werden kann (vergleiche dazu Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 52 VwGO Rn. 11a). So kann es entgegen Art. 101 Abs. 2 Satz 1 GG zu sachfremden Einflüssen bei der Zuständigkeitsbestimmung kommen (Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 52 VwGO Rn. 11a). 450  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 301, 302 ff. 451  Fritzsche-Brandt, Die zivil-, verwaltungs- und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, JA 2009, 625; Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 101 GG Rn. 3. 452  Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 101 GG Rn. 4. 449  Grunsky,

116

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Möglichkeit, sie im Rechtsmittelverfahren anzufechten.453 Der Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG stellt einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 1 ZPO, § 138 Nr. 1 VwGO, § 119 Nr. 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 547 Nr. 1 ZPO dar.454 Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist als objektives Verfassungsrecht zu qualifizieren,455 welches in engem Zusammenhang mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG steht.456 4. Zwischenergebnis Die prozessualen Maximen können Aufschluss darüber geben, ob einzelne Regelungen prozessordnungsübergreifend betrachtet werden. Dies geschieht, indem herausgearbeitet wird, auf Grundlage welcher Prozessrechtsmaximen Normen gestaltet und diskutiert werden. Sie sind zu unterscheiden von den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, welche zwingend in allen Verfahrensordnungen zu betrachten sind. Die größte Bindungswirkung entfalten die Justizgrundrechte als unmittelbar geltendes Verfassungsrecht. Die Verfahrensgrundsätze wurden hingegen von der Rechtsdogmatik entwickelt. Deshalb entfalten sie keine unmittelbare Bindungswirkung.

III. Weitere Bindungselemente Weitere Bindungselemente der Prozessrechtsordnungen können ihre typischen Regelungsthemen sein.457 Durch die Beschreibung ihrer Voraussetzungen, Funktionen, Vor- und Nachteile können prozessordnungsübergreifende 453  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 313; Stanicki, Die funktionelle Zuständigkeit des Familiengerichts, FamRZ 1977, 683 (684); zum Rechts­ mittel der Verfassungsbeschwerde vergleiche Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 101 GG Rn. 31 f. 454  Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 313, zu weiteren möglichen Folgen eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 GG vergleiche Rn. 311 ff. 455  BVerfG, Beschluss vom 25.10.1966 – 2 BvR 291, 656/64 (Zurückverweisung an ein von der Vorinstanz verschiedenes Gericht), E 20, 336 (344); Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 101 GG Rn. 6. 456  Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 39. Aufl., Stand: 15.11.2018, Art. 101 GG Rn. 6; siehe § 2 C. I. 1. a) aa). 457  Ähnlich Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 223 und Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (271 ff.); vergleiche auch Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 1, Jura



D. Zusammenleitung117

Erkenntnisse gewonnen werden.458 Beispiele für die demnach zu betrachtenden Leitbegriffe sind die Begriffe459 und Typen von Verfahren460, die mit dem Verfahrensablauf betraute Stelle, der Verfahrensablauf und die Verfahrensbeteiligten.461 Diese Leitbegriffe geben einen engeren Rahmen für die Analyse des Prozessrechts als Prozesszwecke und Prozessmaximen.

D. Zusammenleitung Eine allgemeine Prozessrechtslehre beziehungsweise Prozesslehre tritt in verschiedenen Formen auf. Ein einheitlicher Begriff existiert nicht. Dementsprechend kann sie nicht nur einer einzigen Disziplin zugeordnet werden. Die vorliegend zugrunde gelegte Definition einer allgemeinen Prozessrechtslehre orientiert sich an Bülow und Steinberg. Sie versteht den Prozess als Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten und dem Gericht und das Prozessrecht als die auf dieses Rechtsverhältnis bezogenen Rechtsnormen, die auf eine allgemeine Grundregel für alle analysierten Prozessrechtsordnungen zurückgeführt werden sollen. Der Stellenwert einer allgemeinen Prozessrechtslehre ergibt sich aus ihrer Bedeutung in der Literatur sowie auf wissenschaftlichen Tagungen. Eine allgemeine Prozessrechtslehre orientiert sich an verschiedenen Bindungselementen, anhand derer abgebildet werden kann, ob Gemeinsamkeiten beziehungsweise Unterschiede zwischen den Prozessrechtsordnungen bestehen. Sie zeigt auch auf, inwiefern von einer Einheit des Prozessrechts ausgegangen werden kann. Sowohl die prozessualen Funktionen, die prozessualen Maximen und auch die Leitbegriffe wurden bereits in unterschiedlichen Arbeiten zur allgemeinen Prozessrechtslehre als Bindungselemente gewählt. Aus ihnen kann ein allgemeiner Teil des Prozessrechts entwickelt werden. 2015, 911 ff. und Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 2, Jura 2015, 1036 ff. 458  Ähnlich Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 223; Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (271 ff.); siehe § 2 B. III. 459  Vergleiche dazu Schumann, Prozessrecht und Methode. Elemente einer prozessualen Betrachtungsweise, Essays in Honour of Konstantinos D. Keramus, 2009, 1209 (1220). 460  Das deutsche Prozessrecht kennt beispielsweise die Typen der Feststellungs-, Leistungs- und Gestaltungsklage (Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 [157]). 461  Reimer, Einheit und Vielheit der Verfahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (271 ff.).

118

§ 2 Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre

Dieser kann in gemeinsamen Regelungen für alle Prozessrechtsordnungen bestehen. Es kann sich aber auch um für alle Prozessrechtsordnungen geltende Auslegungsgrundsätze handeln, die auf den einzelnen Bindungselementen beruhen können. Die verschiedenen Bindungselemente zeigen, dass eine allgemeine Prozessrechtslehre auf verschiedene Arten gestaltet werden kann. Dabei entfalten sie unterschiedliche Bindungswirkung. Die größte Bindungswirkung geht von den Justizgrundrechten aus. Sie sind ausdrücklich im Grundgesetz normiert und sind zwingend im Rahmen aller Prozesse und damit auch Prozessrechtsordnungen zu beachten. Bei den Verfahrensgrundsätzen handelt es sich hingegen um Schöpfungen der Rechtsdogmatik, die keine unmittelbar rechtsverbindliche Wirkung haben. Nachdem die Bindungselemente im Einzelnen dargestellt wurden, können sie bei der folgenden Analyse besser erkannt werden, die einzelne, zentrale oder doch jedenfalls systemprägende prozessuale Institute umfasst.462

462  Siehe

§ 3, § 4 und § 5.

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung Um darzulegen, ob dem Prozessrecht auf Ebene der Gesetzgebung das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre zugrunde liegt, sind die gesetzgeberischen Ausführungen beim Normerlass näher zu untersuchen. Es ist herauszuarbeiten, ob es sich bei den ausgewählten prozessualen Instituten aus der Sicht des Gesetzgebers um einen allgemeinen Teil des Prozessrechts handelt, dem für alle untersuchten Verfahrensordnungen dieselbe Bedeutung zukommt. Dabei ist darauf einzugehen, welche Bedeutung dem Gedanken der Einheit des Prozessrechts in den gesetzgeberischen Ausführungen zukommt, da dieser ein Indiz für die Möglichkeit der Entwicklung eines allgemeinen Teils des Prozessrechts ist.1 Ein Indiz für die Existenz des Einheitsgedankens im Prozessrecht ist der Ansatz zur Schaffung einer einheitlichen Prozessrechtsordnung für die öffentlich-rechtliche Fachgerichtsbarkeit in Form einer allgemeinen Verwaltungsprozessordnung (VwPO) aus dem Jahr 1968.2 Dieser Ansatz wird auch noch heute diskutiert. Auf ihn sowie auf die aktuelle Diskussion soll in diesem Teil kurz eingegangen werden. Bei der Analyse der Gesetzgebungsperspektive im Prozessrecht ist zu beachten, dass dem Gesetzgeber nur eine beschränkte Anzahl an Regelungsmodellen zur Auswahl steht, wie er ein prozessuales Institut in eine Prozessordnung integrieren kann.3 Diese Regelungsmodelle sind vorzustellen. Verschiedene Prozessrechtsordnungen können sich nur aufeinander beziehen, wenn das positive Recht dies ausdrücklich vorsieht.4 Dies kann beispielsweise in Form von Verweisungen geschehen. Aus diesem Grund sind neben den Ausführungen zu den Regelungsmodellen auch Ausführungen zu 1  Siehe

§ 2 B. III. dazu die Sekundärziele § 2 B. III. 3  Siehe dazu § 3 B. 4  Reimer, Verfahrenstheorie, 2015, S. 112 ff.; Reimer, Einheit und Vielheit der Ver­ fahrensrechtswissenschaft(en): Einsichten der Rechtswissenschaftstheorie, in: EfferUhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 263 (266); vergleiche zur Einbeziehung ausländischen Rechts Hillgruber, Die Bedeutung der Rechtsvergleichung für das deutsche Verfassungsrecht und die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung in Deutschland, JöR 63 (2015), 367 (387). 2  Siehe

120

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

der Verweisungstechnik zu machen und in den Zusammenhang mit den Grundsätzen einer guten Gesetzgebung zu bringen. Im nächsten Schritt sind die ausgewählten prozessuale Institute zu betrachten und mit den einzelnen Regelungsmodellen in Verbindung zu bringen. Es soll untersucht werden, ob der Gesetzgeber den Einheitsgedanken und damit das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre bei der Regelung der prozessualen Institute verfolgt hat. Dabei wird darauf eingegangen, durch welches Regelungsmodell der Gesetzgeber die Einheit des Prozessrechts zum Ausdruck bringt.

A. Die Verwaltungsprozessordnung I. Das Vorhaben der Schaffung einer VwPO Der Gedanke, das Prozessrecht in Deutschland zu vereinheitlichen, ist nicht neu.5 Bereits in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand die Idee, für die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten eine VwPO zu schaffen.6 Diese sollte die VwGO, die FGO und das SGG zusammenfassen. Die Diskussion wurde auf dem 42. Deutschen Juristentag7 sowie durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 19568 angestoßen. Grundlage für die Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen war der Speyerer Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes 5  Vergleiche zum Beispiel Kern, Einheitliche Gerichtsbarkeit, DRiZ 1956, 214 (219 ff.); Wittreck, Auftakt zu einer neuen Runde: die Vereinheitlichung der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DVBl 2005, 211. 6  Es ging also nicht nur um die Angleichung der genannten Prozessrechtsordnungen, sondern um die Schaffung von etwas völlig Neuem in Form einer Vereinheitlichung. Zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 (163). Zu den verschiedenen, auch über die die öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten umfassenden Varianten hinausgehenden Möglichkeiten der Vereinheitlichung Wittreck, Auftakt zu einer neuen Runde: die Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DVBl 2005, 211 ff. 7  Baur, Empfiehlt es sich, die verschiedenen Zweige der Rechtsprechung ganz oder teilweise zusammenzufassen?, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristen­ tages (Hrsg.), Verhandlungen des zweiundvierzigsten Deutschen Juristentages, 1957, 1 ff.; vergleiche dazu Ule, Zur Vereinheitlichung der gerichtlichen Verfahrensordnungen, DVBl 1958, 691 (691 f.). 8  Vergleiche den entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion in BT-Drs. 2/2435; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 99a; vergleiche auch Redeker, Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten?, NJW 2004, 496.



A. Die Verwaltungsprozessordnung121

(VGG) aus dem Jahr 19699.10 Dieser orientierte sich vornehmlich an der VwGO.11 Die Arbeiten am VGG wurden federführend von Carl Hermann Ule geleitet.12 Im VGG wurden konvergierende Regelungen von VwGO, FGO und SGG zu einer allgemeinen Regelung zusammengeführt.13 Sonderregelungen blieben nur erhalten, wenn sie aufgrund der Eigenart der jeweiligen Gerichtsbarkeit unerlässlich waren.14 Inhaltlich nennenswert ist vor allem, dass der Rechtsweg einheitlich dreigliedrig ausgestaltet werden sollte.15 Zudem sollten auch die erstinstanzlichen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit mit drei Berufsrichtern besetzt werden.16 9  Ule,

Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969. zunächst noch abwartend Ule, Zur Vereinheitlichung der verwaltungsgerichtlichen Verfahrensordnungen, DVBl 1967, 345 (349); Windthorst, Der verwaltungsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz, 2009, S. 206. 11  Nipperdey, Informationen: Der Speyerer Entwurf für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, RdA 1968, 379; Rohwer-Kahlmann, Der Speyerer Entwurf, SGb 1968, 269; Ule, Für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, NJW 1968, 967 (969); Trzaskalik, Die Vereinheitlichung der Verwaltungsprozessordnungen, NJW 1982, 1553. 12  Näher dazu Meyer-Ladewig, Einstweiliger Rechtsschutz im Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, DVBl 1982, 117; Redeker, Werden die Prozeßordnungen zum ministeriellen Experimentierfeld?, DVBl 1992, 212; Schmidt-Jortzig, Die Verwaltungsprozeßordnung – Schicksal und Perspektive, in: Kirchhof/Jakob/Beermann (Hrsg.), Festschrift für Klaus Offerhaus zum 65. Geburtstag, 1999, 753 (757 f.). 13  Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969, S. 110; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 98; näher dazu Nipperdey, Informa­ tionen: Der Speyerer Entwurf für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, RdA 1968, 379 f.; Ule, Für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, NJW 1968, 967 (969). 14  Rohwer-Kahlmann, Der Speyerer Entwurf, SGb 1968, 269; Schmidt-Aßmann/ Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 98; Ule, Für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, NJW 1968, 967 (969); Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969, S. 110. 15  Nipperdey, Informationen: Der Speyerer Entwurf für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, RdA 1968, 379 (380); Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/ Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 98; Rohwer-Kahlmann, Der Speyerer Entwurf, SGb 1968, 269 (270 f.) geht daneben auf den möglichen zweigliedrigen Aufbau der Sozialgerichtsbarkeit ein; mit zusätzlichen Ausführungen zu dem zweigliedrigen Aufbau des verwaltungsgerichtlichen und sozialgerichtlichen Verfahrens Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969, S. 103 ff. und Ule, Für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, NJW 1968, 967 (971 ff.). 16  Nipperdey, Informationen: Der Speyerer Entwurf für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, RdA 1968, 379 (380); Rohwer-Kahlmann, Der Speyerer Entwurf, SGb 1968, 269 (270); Ule, Für ein einheitliches Verwaltungsgerichtsgesetz, NJW 1968, 967 (969 ff.). 10  Dazu

122

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

In den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der ­ ntwurf des VGG fortentwickelt. Das Bundesministerium der Justiz beaufE tragte im Jahre 1968 einen Koordinierungsausschuss mit der Vorbereitung eines Entwurfs für eine VwPO17.18 Dieser wurde 198219 und noch einmal 198520 von der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Der Bundesrat sprach sich anschließend mehrheitlich für die Vereinheitlichung aus.21 Allerdings wurde das Gesetz nie verabschiedet. Der 10. Bundestag arbeitete mit dem Entwurf nicht weiter.22 In den 11. Bundestag wurde es nicht mehr eingebracht.23 Das Scheitern des Gesetzes ist auf den Streit um die Zahl der Sondervorschriften zurückzuführen.24 Außerdem wurde im Rahmen der Diskussion der Fokus vermehrt auf eine Entlastung der Gerichte gelegt, statt wie ursprünglich geplant auf eine Vereinfachung und Verbesserung des Rechtsschutzes durch einheitliche Vorschriften.25 Wenn allein der Entlastungsgedanke im Mittelpunkt steht, so sind einheitliche Vorschriften weniger zweck17  Bundesminister

der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978. Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten?, NJW 2004, 496; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 98. 19  BT-Drs. 9/1851. 20  BT-Drs. 10/3437; BT-Drs. 10/3477. 21  BR-PlPr. 511, 148B (148B ff., 158B ff.); zum Inhalt BR-Drs. 100/82. 22  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1264). 23  Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 99a; zum Ablauf der parlamentarischen Behandlung des Gesetzentwurfes Schmidt-Jortzig, Die Verwaltungsprozeßordnung – Schicksal und Perspektive, in: Kirchhof/Jakob/Beermann (Hrsg.), Festschrift für Klaus Offerhaus zum 65. Geburtstag, 1999, 753 (759 ff.). 24  Zum Scheitern des Vorhabens Kraft, Zum Luxus eines Einheitsgesetzes, ZRP 1985, 97; Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263); Ule, Abgesang auf die einheitliche Verwaltungsprozeßordnung, DVBl 1991, 509 (509 f.); Redeker, Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten?, NJW 2004, 496 (497 f.); Schrouff, Quo vadis Verwaltungsprozeßordnung?, AnwBl 1986, 141; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Das Widerspruchsverfahren als Voraussetzung des Gerichtszuganges in VwGO, FGO und SGG, NVwZ 2011, 914 (915); Windthorst, Der verwaltungsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz, 2009, S.  209 ff. 25  Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Einleitung Rn. 99 f.; Schrouff, Quo vadis Verwaltungsprozeßordnung?, AnwBl 1986, 141; zu den Zielen vergleiche auch Schmidt-Jortzig, Die Verwaltungsprozeßordnung – Schicksal und Perspektive, in: Kirchhof/Jakob/Beermann (Hrsg.), Festschrift für Klaus Offerhaus zum 65. Geburtstag, 1999, 753 (766); Trzaskalik, Die Vereinheitlichung der Verwaltungsprozessordnungen, NJW 1982, 1553 (1553 f.). 18  Redeker,



A. Die Verwaltungsprozessordnung123

mäßig, als wenn der Gedanke der Verbesserung des Rechtsschutzes der Diskussion zugrunde liegt.26 In ihrer von Kompromissen geprägten Form wurde die Vereinheitlichung der VwPO den an sie gestellten Erwartungen nicht mehr gerecht.

II. Die Aktualität der Schaffung einer VwPO Trotz ihres damaligen Scheiterns gewinnt die Idee einer einheitlichen VwPO immer wieder an Aktualität.27 Das zeigen zwei jüngere Vereinheitlichungsansätze. Einer davon bezieht sich auf die Schaffung einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit.28 Sein Kerngehalt ist damit überwiegend die Justizeinheit.29 Der zweite Ansatz initiiert ein einheitliches Gerichtsverfassungs- und Prozessrecht.30 Hier steht die Verfahrenseinheit im 26  Allerdings lässt sich eine Verbesserung des Rechtsschutzes nicht allein durch eine Vereinheitlichung der prozessualen Regelungen erreichen (vergleiche Schenke, Mehr Rechtsschutz durch eine einheitliche Verwaltungsprozeßordnung?, DÖV 1982, 709 ff.). 27  Windthorst, Der verwaltungsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz, 2009, S. 214; zur Bedeutsamkeit der früheren Arbeiten an der VwPO Schmidt-Jortzig, Die Verwaltungsprozeßordnung – Schicksal und Perspektive, in: Kirchhof/Jakob/Beermann (Hrsg.), Festschrift für Klaus Offerhaus zum 65. Geburtstag, 1999, 753 (770 f.). Auch in der Gesetzgebungslehre wird immer mehr Wert auf Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung gelegt (Karpen, 40 Jahre Gesetzgebungslehre in Deutschland und der Beitrag der ZRP, ZRP 2007, 234 [235]). 28  Heister-Neumann, „Große Justizreform“ – Der Weg zu einer zukunftsfähigen Justiz, ZRP 2005, 12 (13); Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1262 f.); Weth, Die Große Justizreform in Deutschland – Ein Bericht aus Sicht der Wissenschaft, ZZP 120 (2007), 135 (148 f.); Weth, Einige prozessrechtliche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182; vergleiche dazu Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (339 ff.); zur Zusammenfassung der Gerichtsbarkeiten vergleiche bereits Franke, Wie viele Gerichtsbarkeiten brauchen wir?, ZRP 1997, 333 (335 f.); historisch Cartellieri, Ein Recht, aber wieviel Gerichtsbarkeiten? Zur weiteren Aufspaltung der Bundesgerichtsbarkeit im Jahre 1953, BB 1953, 1021 ff.; Hamann, Vereinheitlichung der Gerichtsbarkeiten?, DVBl 1955, 205 ff. 29  Zur Justizeinheit Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 (161 f.). 30  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1262 f.); Weth, Die Große Justizreform in Deutschland – Ein Bericht aus Sicht der Wissenschaft, ZZP 120 (2007), 135 (148 f.); Weth, Einige prozessrechtliche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182; vergleiche dazu Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (343 ff.). Diese Idee kam im Übrigen auch schon früher auf (vergleiche Kniesch, Die Notwendigkeit der Einheit der Rechtspflege, NJW 1954, 1137 [1140]; Kniesch, Grundriss des Gerichtsverfahrensrechts,

124

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Mittelpunkt.31 Für die vorliegende Arbeit, die das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre zum Gegenstand hat, ist in erster Linie der zweite als Ansatz als mögliches Sekundärziel einer einheitlichen Prozessrechtsordnung von Interesse.32 Es darf jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass sich bei der Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten grundsätzlich die Frage stellt, ob sich die unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen noch rechtfertigen lassen.33 Das bedeutet, für die Frage einer einheitlichen Verfahrensordnung ist auch der Ansatz relevant, welcher zunächst nur Justizeinheit fordert.34 Er beschränkte sich zu Beginn nur auf die Forderung nach einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit. Der Vorschlag einer Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten wurde im Rahmen der 75. Justizministerkonferenz im Jahre 2004 erneut in die öffentliche Diskussion eingebracht.35 Auf dieser wurde eine bundesrechtliche Öffnungsklausel propagiert, die es den Ländern ermög­ lichen sollte, die Fachgerichtsbarkeiten zusammenzulegen.36 Eine solche wurde noch im selben Jahr für die Sozialgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit zeitlich begrenzt durch das Siebente Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG)37 eingeführt.38 Hintergrund 1954, S.  18 ff.; Wittreck, Auftakt zu einer neuen Runde: die Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DVBl 2005, 211 [212]). 31  Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 (161 f.). 32  Siehe § 2 B. III. 33  Bettermann, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen einer Angleichung der deutschen Verfahrensordnungen, ZZP 70 (1957), 161 (162); Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1265); den Zusammenhang als selbstverständlich voraussetzend Stüer/Hermanns, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit unter einem Dach, ZRP 2002, 164 (165); Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Die Verwaltung 43 (2010), 309 (338) hingegen sieht den Zusammenhang als nicht zwingend an. 34  Siehe § 2 B. III. 35  Justizministerinnen und Justizminister, 75. Konferenz vom 17./18.6.2004 in Bremerhaven, Stand: 2004, TOP I.1. 36  Justizministerinnen und Justizminister, 75. Konferenz vom 17./18.6.2004 in Bremerhaven, Stand: 2004, TOP I.1.; näher dazu Tabbara, Zusammenführung oder Einverleibung? – Die Sozialgerichtsbarkeit und ihr Verhältnis zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, NZS 2009, 483 ff. 37  BGBl I 2004, 3302 ff. 38  Vergleiche dazu Kruschinsky, Kein blinder Aktionismus! Was gegen die Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten in Deutschland spricht, RuP 2004, 73 (77). Die Öffnungsklausel wurde in den damaligen §§ 50a–50d SGG eingeführt. Sie traten am 15.12.2004 in Kraft (Art. 1 Nr. 8 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 7. SGGÄndG). § 50d galt bis 31.12.2005 (Art. 3 Nr. 1, Nr. 2 7. SGGÄndG in Verbindung mit Art. 4



A. Die Verwaltungsprozessordnung125

war eine Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit.39 Diese sollte durch die Möglichkeit eines flexibleren Personaleinsatzes bekämpft werden.40 Allerdings hat lediglich Bremen diese Möglichkeit der Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten genutzt.41 Eine weitere gesetzgeberische Initiative stellte das Gesetz zur Öffnung des Bundesrechts für die Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in den Ländern (Zusammenführungsgesetz) dar.42 Es wurde durch einen Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg und Sachsen vom 2.7.2004 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.43 Jedoch war es nicht von Erfolg gekrönt.44 Aufgrund des Gesetzes hätte das GG geändert werden müssen. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 95 Abs. 1 GG fünf Gerichtsbarkeiten garantiert.45 Ein entsprechender Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 92 und 108) wurde ebenfalls am 2.7.2004 durch die Länder Baden-Württemberg und Sachsen vorgelegt,46 jedoch nie verabschiedet.47 Im Jahre 2009 trafen CDU, CSU und FDP eine Koalitionsvereinbarung zur Vereinigung der Verwaltungsgerichte und Sozialgerichte.48 Auch auf der Abs. 3 7. SGGÄndG). §§ 50a–50c SGG waren bis 31.12.2008 gültig (Art. 3 Nr. 3, Nr. 5 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 4 7. SGGÄndG). 39  Schafhausen, Erneut Sozial- und Verwaltungsgerichte zusammenführen – Eine alte Idee im neuen Gewand: Was bringt der Koalitionsvorschlag?, AnwBl 2010, 163. 40  BR-Drs. 820/07, 1; Schafhausen, Erneut Sozial- und Verwaltungsgerichte zusammenführen – Eine alte Idee im neuen Gewand: Was bringt der Koalitionsvorschlag?, AnwBl 2010, 163. 41  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263). Die Erfahrungen in Bremen wurden positiv bewertet. Die Zusammenlegung trug zur Entlastung der Verwaltungsgerichte bei (OVG Nordrhein-West­ falen, Überlastung der Sozialgerichte, Stand: 4.3.2008). 42  BR-Drs. 544/04; ausführlich dazu Wittreck, Auftakt zu einer neuen Runde: die Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten, DVBl 2005, 211 ff. 43  BR-Drs. 544/04. 44  Das Gesetz unterfiel der Diskontinuität. Es wurde in der 16. Legislaturperiode am 20.1.2006 erneut durch Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt eingebracht (BR-Drs. 47/06). Es wurde jedoch nie verabschiedet. 45  Vergleiche dazu näher Schafhausen, Erneut Sozial- und Verwaltungsgerichte zusammenführen – Eine alte Idee im neuen Gewand: Was bringt der Koalitionsvorschlag?, AnwBl 2010, 163 (165 f.). 46  BR-Drs. 543/04. 47  Der Entwurf unterfiel der Diskontinuität. Er wurde durch Gesetzesantrag des Bundesrates vom 20.1.2006 in der 16. Wahlperiode erneut eingebracht (BR-Drs. 46/06). Im Bundestag wurde er jedoch in der 16. Wahlperiode nicht mehr behandelt. 48  CDU, CSU, FDP, Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP. 17. Legislaturperiode, Stand: 2009, 111; vergleiche dazu Schafhausen, Erneut Sozial- und Verwaltungsgerichte zusammenführen – Eine

126

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

82. Justizministerkonferenz wurde eine Zusammenlegung der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten befürwortet.49 Zudem wurde die Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten bis vor kurzem noch vom Bundesministerium der Justiz geprüft,50 ohne dass sich daraus jedoch weitere konkrete Initiativen ergeben hätten. Auf der 76. Justizministerkonferenz im Jahre 2006 wurde ein einheitliches Prozess- und Gerichtsverfahrensgesetz beschlossen.51 Der Ansatz wurde allerdings nicht weiterverfolgt.52 Dennoch zeigt sich, dass Vereinheitlichungstendenzen im Prozessrecht trotz der vielen ergebnislosen Diskussionen noch immer aktuell sind53 und jederzeit wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden können.54 Die bisherige Entwicklung lässt sich aber eher als Falsifikation der These, dass ein allgemeines Prozessrecht einschließlich einer allgemeinen Prozessrechtslehre ein Gewinn für die Rechtsordnung ist, sehen. Abschließend entschieden ist damit über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit eines allgemeinen Prozessrechts aber noch bei weitem nicht.55 alte Idee im neuen Gewand: Was bringt der Koalitionsvorschlag?, AnwBl 2010, 163 ff.; kritisch Jung, Auf ein Neues: Die Koalitionsvereinbarung und die Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten, DRiZ 2009, 352 ff. 49  Justizministerinnen und Justizminister, 82. Konferenz vom 9.11.2011 in Berlin, Stand: 2011, TOP I.6. 50  Deutscher Bundestag – Petitionsausschuss, Petition 21438: Gerichte – Keine Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten, Stand: 1.12.2011; Richter, Abschluss des Petitionsverfahrens 21438 durch den Deutschen Bundestag, Stand: 13.12.2012; weiterführend zur Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016, § 3 Rn. 5. 51  Justizministerinnen und Justizminister, 76. Konferenz vom 29./30. Juni 2005 in Dortmund, Stand: 2005, TOP I.1.; vergleiche Weth, Die Große Justizreform in Deutschland – Ein Bericht aus Sicht der Wissenschaft, ZZP 120 (2007), 135 (138). Ein konkreter Gesetzgebungsvorschlag lag diesem Beschluss noch nicht zu Grunde. Es wurden jedoch bereits Leitlinien für eine Neuordnung erarbeitet und konkrete Regelungsthemen benannt. 52  Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1263). 53  Windthorst, Der verwaltungsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz, 2009, S. 202; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Das Widerspruchsverfahren als Voraussetzung des Gerichtszuganges in VwGO, FGO und SGG, NVwZ 2011, 914 (915). 54  So auch Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1265); zu den bei Reformen zu berücksichtigenden Aspekten Weth, Die Große Justizreform in Deutschland – Ein Bericht aus Sicht der Wissenschaft, ZZP 120 (2007), 135 (153 ff.). 55  Dazu Weth, Die Große Justizreform in Deutschland – Ein Bericht aus Sicht der Wissenschaft, ZZP 120 (2007), 135 (141 ff.); Weth, Einige prozessrechtliche Anmerkungen zur Großen Justizreform, NZA 2006, 182 (185 ff.).



B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institute 127

Aus den wiederholt auftretenden Diskussionen über die Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten und die Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen ergibt sich, dass der Einheitsgedanke in Bezug auf das Prozessrecht noch immer bedeutsam ist. Es ist zu erwarten, dass er in aktuellen rechtspolitischen Diskussionen weiterhin seinen Platz finden wird.

B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institutein den unterschiedlichen Verfahrensordnungen Modelle in der Wissenschaft dienen dazu, fachspezifische Erscheinungen zu verallgemeinern.56 In der Rechtswissenschaft treten sie meist auf einzelne Rechtsgebiete oder aber auf übergeordnete Themenfelder begrenzt auf.57 Modellbildung wird vollzogen, indem die fachspezifischen Erscheinungen auf die Kernelemente reduziert und somit vereinfacht werden.58 Welches die Kernelemente sind, bestimmt sich nach dem Zweck der Modellbildung. Im Folgenden sollen die in Betracht kommenden gesetzgeberischen Modelle zur Regelung der prozessualen Institute in den unterschiedlichen Verfahrensordnungen vorgestellt werden.59 Diese werden zum besseren Verständnis nicht nur erläutert, sondern auch bildlich60 dargestellt. An dieser 56  Luchterhandt, Modelle und Typen in der Wissenschaft, in: Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft (Hrsg.), Jahrbuch 2013 der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft, 2014, 61; zur Allgemeinheit einer Theorie Canaris, Funktion, Struktur und Falsifikation juristischer Theorien, JZ 1993, 377 ff.; zum Modellbegriff Altmann, Von der Fachsprache zum Modell, in: Wiegand (Hrsg.), Sprache und Sprachen in den Wissenschaften, 1999, 294 ff. und Schuhr, Rechtsdogmatik als Wissenschaft, 2006, S. 117 ff., 221 ff. 57  So schreibt Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, 2004, S. 120 ff. zur Modellbildung im europäischen Verwaltungskooperationsrecht; allgemein zur Möglichkeit der Modellbildung in der Rechtswissenschaft Steininger, Die Jurisprudenz auf Erkenntnissuche? – Ein Plädoyer für eine Neuorientierung der Rechtswissenschaft, NJW 2015, 1072 (1072 f.). 58  Schuhr, Rechtsdogmatik als Wissenschaft, 2006, S. 127. 59  Dieses Vorgehen entspricht auch der Darstellung in Vosskuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 102. Die Modelle werden von der Rechtswissenschaft entwickelt (Schuhr, Rechtsdogmatik als Wissenschaft, 2006, S. 120). 60  Bilder beziehungsweise graphische Darstellungen in juristischen Arbeiten sind noch immer wenig verbreitet (Röhl, Das Recht nach der visuellen Zeitwende, JZ 2003, 339; vergleiche aber Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, 2004, S. 123 ff., der dieses Stilmittel zur Unterstützung seiner Ausarbeitungen einsetzt). Bilder in wissenschaftlichen Arbeiten sind Bilder vom Recht (zur Abgrenzung vergleiche Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 20 f.). Werden

128

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Stelle wird nicht darauf eingegangen, aus welchem Grund der Gesetzgeber das jeweilige Regelungsmodell wählt.61 In einigen Fällen werden die Regelungsmodelle nochmals in Varianten unterteilt.

I. Regelungsmodell 1: Vorrang der ZPO Regelungsmodell 1 zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Gesetzgeber bei der Regelung eines prozessualen Instituts in einer Prozessrechtsordnung an der Regelung des thematisch entsprechenden prozessualen Instituts in der ZPO orientiert.62 Die Eignung der ZPO als Orientierungspunkt ergibt sich aus ihrem großen Regelungsumfang63 und ihrer weit zurückreichenden dogmatischen Tradition64. Das zu regelnde prozessuale Institut ist bei Regelungsmodell 1 bereits in der ZPO normiert. In den anderen analysierten Prozessrechtsordnungen wird über die Generalverweisungen65 oder sonstige Verweisungen die unmittelbare oder entsprechende Anwendung66 der ZPORegelung angeordnet.67 Ein prozessuales Institut kann auf diese Weise in jede der drei weiteren analysierten Prozessrechtsordnungen, VwGO, FGO und SGG, aus der ZPO übernommen werden.

sie in theoriestützender Weise eingesetzt und so einfach wie möglich gestaltet, tragen sie zum besseren Textverständnis bei. Wichtig ist die „optimale Wort-Bild-Balance“ (Boehme-Neßler, Multimedia und Recht, K & R 2003, 530 [533, 534]). Bilder können also zur Aufwertung der Darstellung führen. Dies rechtfertigt ihre Toleranz in wissenschaftlichen Arbeiten. Zu den Vor- und Nachteilen von Bildern in wissenschaftlichen Arbeiten vergleiche Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S.  21 ff. 61  Dies wird vielmehr später bei der Analyse der einzelnen prozessualen Institute näher beleuchtet (siehe § 3 D.). 62  Siehe § 3 C. I. 63  Beispielsweise ist die VwGO im Vergleich zur ZPO ein schlankes Gesetz (Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1; Wysk, in: Wysk (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., 2016, § 173 VwGO Rn. 3). 64  Baring, Die Prozeßvoraussetzungen im Verwaltungsrechtsstreit, AöR 76 (1950/51), 435. 65  Generalverweisungen in VwGO, FGO und SGG sind § 173 Satz 1 VwGO, § 155 FGO Satz 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG. 66  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 204. 67  Allgemein zu den Verweisungen des Verwaltungsprozessrechts in die ZPO vergleiche Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S.  203 ff.



B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institute 129

Abbildung 1: Vorrang der ZPO

II. Regelungsmodell 2: Getrennte Regelungen Prozessuale Institute können in jeder Prozessrechtsordnung gesondert normiert werden. Dabei kann dasselbe prozessuale Institut in jeder Prozessrechtsordnung nahezu identisch oder in jeder Prozessrechtsordnung unabhängig von den Regelungen der anderen Prozessrechtsordnungen ausgestaltet werden. 1. Variante 1: Eigenständige Regelungen Diese Regelungsvariante ist dadurch gekennzeichnet, dass keine Beziehung zu anderen Prozessrechtsordnungen hergestellt wird. Der Regelungsgehalt der jeweiligen prozessualen Institute ist prozessordnungsintern ausgestaltet. Das heißt, es gibt keine evidenten Anhaltspunkte für eine Verknüpfung mit anderen Prozessrechtsordnungen. Der Gesetzgeber zieht die anderen Prozessrechtsordnungen für die Normgebung nicht heran, sondern konzen­ triert sich allein auf eine Einpassung in die Prozessrechtsordnung, in der die Normierung erfolgt. 2. Variante 2: Parallele Regelungen Bei der Regelungsvariante wird dasselbe prozessuale Institut zwar in allen Prozessrechtsordnungen gesondert normiert, es herrscht jedoch nahezu Regelungsidentität.68 Diese zeichnet sich durch identische Formulierungen der Regelungen in den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen aus. Charakte68  Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 526, 530 f. bezeichnet dies als wünschenswerte „Binnenrechtsvergleichung“ beziehungsweise „Parallelgesetze“; zu den Parallelregelungen vergleiche auch Meyer-Seitz, Arbeit am Gesetz, in: Baldus/Theisen/Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 29 (38).

130

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Abbildung 2: Getrennte Regelungen – Eigenständige Regelungen

ristisch ist daneben, dass die prozessualen Institute denselben Regelungsaufbau beziehungsweise dieselbe Regelungssystematik aufweisen. Dennoch wird auf die jeweiligen Besonderheiten der unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen Rücksicht genommen. Regelungen, die nicht zu dem Wesen einer Prozessrechtsordnung passen, werden in dieser nicht übernommen und die spezifischen prozessordnungsimmanenten Begriffe werden angepasst. Zusätzlich werden Verweise auf die jeweilige Prozessrechtsordnung zugeschnitten. Untervarianten können bei teilidentischen Regelungen des jeweiligen prozessualen Instituts und bei ähnlichen Regelungen entstehen. Außerdem kommen sie in Betracht, wenn die Regelungen sich in ihren Formulierungen und ihrer Systematik unterscheiden, ihre Anwendung im Verfahren jedoch zum selben Ergebnis führt. Zudem ist es möglich, dass dieselbe Regelung nur in zwei oder drei der betrachteten Prozessrechtsordnungen vorkommt.69

III. Regelungsmodell 3: Einheitliches Gesetz Regelungsmodell 3 findet Anwendung, wenn für Vorschriften, die in mehreren Prozessrechtsordnungen gelten, ein eigenes Gesetz geschaffen wird. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden unmittelbar oder kraft Verweisung auf die Prozessrechtsordnungen Anwendung. Es handelt sich dann um einen Teil des allgemeinen Prozessrechts. Ähnliche Konzepte finden sich im BGB,

69  Mögliche Kombinationen für das Vorkommen nahezu identischer Regelungen in Prozessrechtsordnungen sind also: ZPO, VwGO und FGO; ZPO, VwGO und SGG; ZPO, FGO und SGG; VwGO, FGO und SGG (Dreierkombinationen); ZPO und FGO; ZPO und VwGO; ZPO und SGG; VwGO und FGO; VwGO und SGG; FGO und SGG (Zweierkombinationen).



B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institute 131

Abbildung 3: Getrennte Regelungen – Parallele Regelungen

das mit einem allgemeinen Teil beginnt.70 Sie lassen sich auch im Verwaltungsrecht nachweisen, dessen Systematik durch das allgemeine Verwaltungsrecht geprägt ist. Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts finden sich im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).71 Ein weiteres Beispiel für die Schaffung allgemeiner Regelungen ist der Entwurf eines einheitlichen Umweltgesetzbuches (UGB-KomE) aus dem Jahr 199872. Mit diesem ist es gelungen, die verstreuten Vorschriften zum Umweltrecht in einem Gesetz zusammenzuführen.73 Der Entwurf wurde jedoch nie verabschiedet. Ein erneuter Versuch im Jahre 2009 in Form eines Referentenentwurfs zum UBG (UGB-E 2009) scheiterte ebenfalls.74 Auch das GVG verfolgt ein entspre70  Der allgemeine Teil des BGB ist ein eigenes Buch innerhalb des BGB, das für die anderen Bücher des BGB ebenfalls Anwendung findet. Die allgemeinen Vorschriften werden „vor die Klammer gezogen“ (Köhler, Einführung, in: Deutscher Taschenbuch Verlag (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch mit Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz, Produkthaftungsgesetz, Unterlassungsklagengesetz, Wohnungseigentumsgesetz, Beurkundungsgesetz und Erbbaurechtsgesetz, 82. Aufl., 2018, S. XV). Zu den allgemeinen Teilen im Bereich des Schuldrechts Noll, Gesetzgebungslehre, 1973, S.  223 f. 71  Zu beachten ist allerdings, dass das allgemeine Verwaltungsrecht dort nicht abschließend kodifiziert, sondern in vielen Teilen auch ein Produkt der Dogmatik ist (Scherzberg, Das allgemeine Verwaltungsrecht zwischen Praxis und Reflexion, in: Röhl/Trute/Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 837 [837 insbesondere Fn. 1 mit weiteren Nachweisen]). 72  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Umweltgesetzbuch (UGB-KomE), 1998. 73  Grundsätzlich Sellner, Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches, in: Röhl/Trute/ Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 192 (198 ff.). 74  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Referentenentwurf für das Umweltgesetzbuch nach Anhörung (Dezember 2008), Stand:

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

chendes Konzept. Es enthält Grundsätze, die für das gesamte Gerichtsverfassungsrecht gelten.75 In den Bereich dieses Regelungsmodells fallen ebenso die bereits dargestellten, aber gescheiterten Konzepte einer einheitlichen Prozessrechtsordnung beziehungsweise Verfahrensordnung. Diese kann es für die analysierten Prozessrechtsordnungen nach vorhandenen Ansätzen in Form einer kleinen76 und einer großen Lösung77 geben, sodass zwei plausible Varianten möglich sind. Ähnlich wie bei der Kodifikation des Umweltgesetzbuches sind insbesondere die Harmonisierung, die Vereinheitlichung und die Vereinfachung ins Zentrum zu stellen.78 Zentral ist die Vereinheitlichung der Begriffe und der Verfahrensvorschriften.79 Dies ist jedoch nicht ausreichend. Stattdessen müssen zusätzlich die Grundprinzipien der Verfahrensordnungen harmonisiert werden.80 Wichtig ist, dass die Kodifikation einen Mehrwert gegenüber dem Ist-Zustand bringt.81

4.12.2008; zum Scheitern Riedel/Weber, Brauchen wir das Umweltgesetzbuch noch? Wider die Legendenbildung über das gescheiterte UGB, NVwZ 2009, 998 ff. 75  Sinngemäß Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 20. 76  Vergleiche Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 93; Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1264). 77  Vergleiche Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 93; Meyer-Ladewig, Aktualität einer Vereinheitlichung des Prozessrechts, NVwZ 2007, 1262 (1265). 78  Sellner, Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches, in: Röhl/Trute/Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 192 (194); Riedel/Weber, Brauchen wir das Umweltgesetzbuch noch? Wider die Legendenbildung über das gescheiterte UGB, NVwZ 2009, 998 (1001). 79  Sellner, Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches, in: Röhl/Trute/Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 192 (203 f.); zur Vereinheitlichung der Begriffe vergleiche auch Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 526 f. 80  Sellner, Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches, in: Röhl/Trute/Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 192 (193). 81  Sellner, Der systematische Ertrag einer Kodifikation für das allgemeine Verwaltungsrecht am Beispiel des Umweltgesetzbuches, in: Röhl/Trute/Möllers u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 192 (197).



B. Regelungsmodelle des Gesetzgebers für prozessuale Institute 133

1. Große Lösung – Einheit aller betrachteten Prozessrechtsordnungen Zur Schaffung einer einheitlichen Prozessrechtsordnung im Rahmen der großen Lösung82 wird aus allgemeinen Grundsätzen sowie aus verallgemeinerungsfähigen Normen der Prozessrechtsordnungen ein allgemeiner Teil konstruiert.83 Die jetzigen GVG-Regelungen können für den allgemeinen Teil weitgehend übernommen werden. Um den Besonderheiten der bisher bestehenden Prozessrechtsordnungen Rechnung zu tragen, werden diese als Sonderregelungen im besonderen Teil der einheitlichen Prozessrechtsordnung normiert. Dieser folgt auf den allgemeinen Teil. Je geringer der Umfang dieses besonderen Teils ist, desto gelungener ist das Modell der einheitlichen Prozessrechtsordnung.84 Innerhalb des besonderen Teils gibt es einen Abschnitt, welcher die Besonderheiten und Abweichungen der ZPO regelt.85 Dem folgen Abschnitte, welche dieselbe Funktion jeweils für VwGO, FGO und SGG erfüllen. Die Teile des GVG, welche nicht für alle betrachteten Prozessrechtsordnungen gelten, müssen auf ihre Übertragbarkeit auf alle Prozessrechtsordnungen überprüft werden. Sind diese Regelungen nicht auf alle Prozessrechtsordnungen übertragbar, sind sie zu streichen oder im besonderen Teil, bei dem Abschnitt derjenigen Prozessrechtsordnung, für die sie momentan gelten, zu verorten. Die Reihenfolge der Abschnitte des besonderen Teils kann beliebig verändert werden.

Abbildung 4: Einheitliches Gesetz – Große Lösung

82  Vergleiche Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 2, 35; Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 93. 83  Bei einer Neukodifikation ist es sinnvoll, sich an bereits bewährten Systemen zu orientieren (vergleiche Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 526). 84  Nach Justizministerinnen und Justizminister, 76. Konferenz vom 29./30. Juni 2005 in Dortmund, Stand: 2005, Top I.1. soll der allgemeine Teil möglichst umfangreich sein. 85  Nach Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 97 ist die Einbeziehung der ZPO (und auch des ArbGG) aufgrund ihrer Andersartigkeit schwierig. So auch Redeker, Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten?, NJW 2004, 496.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

2. Kleine Lösung – Einheit der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen Für die kleine Lösung86 gilt konstruktiv grundsätzlich dasselbe wie für die große Lösung. Allerdings werden die Regelungen der ZPO nicht berücksichtigt und in den allgemeinen Teil werden nur die für die öffentlich-rechtliche Fachgerichtsbarkeit geltenden GVG-Regelungen übernommen. So würde eine einheitliche Prozessrechtsordnung für die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten geschaffen.87 Denkbar wäre auch, nur zwei der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsordnungen in dieser Form zusammenzufassen.88 Eine konstruktiv etwas andere, aber im Ergebnis vergleichbare Lösung wurde im Rahmen des Speyerer Entwurfs eines VGG von 196689 und dem Entwurf einer VwPO von 197890 gewählt.91 Mit diesen wurde ein Gesetz ohne einen vorweggenommenen allgemeinen Teil erstellt, der die Abweichungen zwischen den einzelnen Verfahrensordnungen aufzufangen versucht.92 Der weitgehend parallele Aufbau der öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen wurde im Rahmen einer einheitlichen Prozessrechtsordnung

86  Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 2, 35; Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 93. 87  In diesem Zusammenhang könnten auch Unstimmigkeiten in den Verfahrensordnungen behoben werden. Zu Unstimmigkeiten in der VwGO vergleiche Durner, Reform in der Verwaltunsgerichtsordnung, NVwZ 2015, 841 (842 ff.). 88  Eine kleine Lösung könnte sich theoretisch nicht nur auf die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen beschränken. Es besteht die Möglichkeit, eine einheitliche Prozessrechtsordnung für unterschiedliche Kombinationen von zwei bis drei Prozessrechtsordnungen mit entsprechender Einbeziehung des GVG zu normieren. In Betracht kommen damit die Kombinationen ZPO, VwGO und FGO; ZPO, VwGO und SGG; ZPO, FGO und SGG (Dreierkombinationen); ZPO und VwGO; ZPO und FGO; ZPO und SGG (Zweierkombinationen). Solche Ansätze haben bislang keine Bedeutung erlangt und sind auch in naher Zukunft nur schwer vorstellbar. 89  Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969. 90  Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978. 91  Siehe §  3  B. III. 2. 92  Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 99; Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969; diese Konstruktion käme für die Große Lösung als Reinform wohl nicht in Betracht. Wenn noch weitere vielleicht vom Aufbau her abweichende Prozessrechtsordnungen wie die ZPO hinzukämen, wäre ein einheitlicher Aufbau für die einheitliche Prozessrechtsordnung bereits extrem kompliziert zu konstruieren. Die 76. Justizministerkonferenz beschäftigte sich auch nur mit der gegenläufigen Lösung (Justizministerinnen und Justizminister, 76. Konferenz vom 29./30. Juni 2005 in Dortmund, Stand: 2005, TOP I.1.; siehe §  3  B. III. 1.).



C. Verweisungstechniken135

Abbildung 5: Einheitliches Gesetz – Kleine Lösung

nachempfunden. Die Grundlage bildet die VwGO.93 Die Besonderheiten für die einzelnen Gerichtsbarkeiten, die nicht durch Verallgemeinerungen aufgelöst werden konnten, wurden bei der thematisch passenden allgemeinen Vorschrift verortet.94 Sie wurden entweder in einem eigenen Absatz der thematisch passenden Vorschrift geregelt oder es wurde eine eigene Norm für sie erstellt, die in der Nähe der allgemeinen Vorschrift angesiedelt war. Auf diese Weise wird ebenfalls ein allgemeiner Teil gebildet, der Unterschied ist jedoch, dass er nicht am Anfang des Gesetzes steht.

C. Verweisungstechniken I. Veweisungstechnik als Bestandteil der Gesetzgebungslehre Welches der dargestellten Regelungsmodelle gewählt wird, um ein prozessuales Institut in die unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen aufzunehmen, wird durch den Gesetzgeber bestimmt.95 Die inhaltlichen Regelungen sind in vielen Fällen durch rechtspolitische Kompromisse geprägt.96 Daneben unterwirft sich der Gesetzgeber dogmatischen Systemen.97 Mit allen Fragen der Gesetzgebung befasst sich die Rechtsetzungs- beziehungsweise die Gesetzgebungslehre.98 Der Gesetzgeber hat sich nicht nur mit der inhaltlichen Aus93  Bundesminister der Justiz, Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung, 1978, S. 98; Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969, S. 97. 94  Ule, Entwurf eines Verwaltungsgerichtsgesetzes, 1969; siehe § 3 A. I.; zum vorzugswürdigen vertikalen Aufbau von Gesetzen vergleiche Ball, Vom neuen Weg der Gesetzgebung, 1921, S. 33 ff.; Noll, Gesetzgebungslehre, 1973, S. 225 ff. 95  Zur Tendenz des Gesetzgebers, sich an bereits bestehenden Modellen zu orientieren vergleiche Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S.  524 f. 96  Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 5. 97  Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 5; Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 223 ff. 98  Karpen, Rechtssetzungslehre, JuS 2016, 577 ff.; Karpen, Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre in der Bundesrepublik Deutschland, ZG 1986, 5 (6 ff.); Karpen, 40 Jahre Gesetzgebungslehre in Deutschland und der Beitrag der ZRP, ZRP 2007, 234 f.; Redeker, Auf der Suche nach besserer Gesetzgebung, NJW 2002, 2756 (2757).

136

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

gestaltung der Gesetze, sondern auch mit der Gesetzgebungstechnik, einem Untergebiet der Gesetzgebungslehre, auseinanderzusetzen.99 Dazu gehört die Frage, ob inhaltsgleiche Regelungen in verschiedenen Gesetzen zu wiederholen sind oder die Regelung lediglich in einem Gesetz niedergeschrieben und durch Verweisung100 in anderen Gesetzen gültig sein soll.101 Einerseits schränken zu viele Verweisungen die Lesbarkeit des Gesetzes ein, andererseits führt der umfassende Verzicht auf Verweisungen dazu, dass sich der Umfang des Gesetzestextes vergrößert.102 Durch Verweisungen werden zudem Zusammenhänge aufgezeigt und so die inhaltlichen Aussagen der Texte gestützt.103 Werden sie an den richtigen Stellen eingefügt, so trägt dies maßgeblich zu einer guten Gesetzgebung bei.104 Sofern der Gesetzgeber die in Regelungsmodell 1 aufgegriffene Verweisungstechnik anwendet, will er nicht nur die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen den durch die Verweisung verbundenen Regelungen betonen.105 Er muss sich darüber hinaus an den Standards der Gesetzgebungstechnik orientieren. Dies ist gegebenenfalls zu berücksichtigen, wenn analysiert wird, weshalb der Gesetzgeber Regelungsmodell 1 und damit die Verweisungstechnik verwendet.106 Das gilt ebenso

99  Emenegger, Gesetzgebungskunst, 2006, S.  202  ff.; Karpen, Rechtssetzungslehre, JuS 2016, 577 (582 ff.); Karpen, 40 Jahre Gesetzgebungslehre in Deutschland und der Beitrag der ZRP, ZRP 2007, 234 f.; Karpen, Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre in der Bundesrepublik Deutschland, ZG 1986, 5 (29 ff.); Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 4 ff.; Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 56 f. 100  Zum Verweisungsbegriff Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S.  35 ff.; Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S.  19 ff.; Noll, Gesetzgebungslehre, 1973, S. 228; Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl., 2002, Rn.  378 ff. 101  Karpen, Rechtssetzungslehre, JuS 2016, 577 (583); vergleiche dazu Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 55. 102  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn.  225 ff.; Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S. 98 ff.; Karpen, Rechtssetzungslehre, JuS 2016, 577 (583); Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 7 f. 103  Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S. 99 f.; Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 11 ff. 104  Karpen, Rechtssetzungslehre, JuS 2016, 577 (583); Karpen, Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre in der Bundesrepublik Deutschland, ZG 1986, 5 (32). 105  Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S. 105; Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970, S. 11 ff. 106  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 29 sieht in § 173 Satz 1 VwGO einen „Mitgarant[en] für ein möglichst einheitliches Prozessrecht“.



C. Verweisungstechniken137

für die Analyse des Auftretens der anderen Regelungsmodelle bei der Untersuchung der verschiedenen prozessualen Institute.

II. Verweisungen in den analysierten Prozessrechtsordnungen In den analysierten Prozessrechtsordnungen wird vor allem von der ZPO auf das GVG sowie von VwGO, FGO und SGG auf die ZPO und das GVG verwiesen. Zudem enthält das SGG Verweise auf die VwGO. 1. Verweisungen von SGG auf VwGO Die Verweisungen des SGG auf die VwGO beziehen sich auf konkrete VwGO-Vorschriften und finden sich in § 55a Abs. 5 Satz 3 SGG, § 102 Abs. 2 Satz 3 SGG, § 156 Abs. 2 Satz 2 SGG, § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3, Abs. 2 Satz 1 SGG und § 206 Abs. 1 SGG. Bei ihnen handelt es sich um ein neueres Phänomen. Sie wurden alle durch jüngere Gesetzesänderungen – zwischen 2001 und 2011 – eingefügt.107 Mit den Verweisungen des SGG auf die VwGO wird die besondere Nähe des sozialgerichtlichen Verfahrens zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich gemacht. Die Verweisungen des SGG auf die VwGO wurden in der Literatur bislang noch nicht umfassend in einem Gesamtzusammenhang diskutiert. An dieser Stelle soll daher ein kurzer Überblick über sie gegeben werden. In § 55a SGG wird eine dem § 47 VwGO entsprechende Vorschrift zum Normenkontrollverfahren eingefügt und auf den die Rechtsfolgen der Feststellung der Nichtigkeit von Landesrecht regelnden § 183 VwGO verwiesen.108 107  § 55a VwGO wurde durch Art. 4 Nr. 4 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 2011, 453 ff.) eingefügt. § 102 Abs. 2 SGG wurde durch Art. 1 Nr. 17c des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 2008, 444 ff.) eingefügt. § 156 Abs. 2 SGG wurde durch Art. 8 Nr. 7a des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 2011, 3057 ff. (2012, 570)) eingefügt. § 197a SGG wurde eingefügt durch Art. 1 Nr. 68 nach Maßgabe des Art. 17 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl I 2001, 2144 ff.). § 206 SGG wurde eingefügt durch Art. 1 Nr. 15 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3302 ff.). 108  Vergleiche BR-Drs. 661/00, 63 f., 215 f. An der Stelle wird erläutert, die entsprechende Geltung des § 183 VwGO bedeute, die auf einer nichtigen Satzung erlassenen Verwaltungsakte blieben unberührt; siehe § 2 C. I. 2. a) zum Normenkontrollverfahren.

138

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGG und § 156 Abs. 2 Satz 2 SGG verweisen für die Rücknahme der Klage beziehungsweise der Berufung auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2 VwGO, wonach der (Berufungs-)Kläger bei einer fingierten Rücknahme die Kosten zu tragen hat.109 § 102 Abs. 2 SGG ist an § 92 Abs. 2 VwGO angelehnt.110 Die Regelung des § 156 Abs. 2 SGG ist § 126 Abs. 2 VwGO nachgebildet und orientiert sich an § 102 Abs. 2 VwGO.111 Bei den bislang genannten Bezugnahmen auf die VwGO handelt es sich um punktuelle Verweise, die Rechtsfolgen regeln. Ein umfassenderer Verweis findet sich in § 197a SGG. Dieser regelt Ausnahmen von der Gerichtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens nach § 183 SGG.112 Die Kostenregelungen der §§ 154–162 VwGO werden in § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt.113 Sonderregelungen dazu finden sich in § 197a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2.114 § 206 SGG trifft Übergangsregelungen. Einen ausdrücklichen Verweis auf die VwGO enthält § 206 Abs. 1 SGG. Dieser bestimmt, dass es für Verfahren in den Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) vom 5.8.1997115, für die die Verwaltungsgerichte über den 31.12.2004 hinaus weiterhin zuständig bleiben, bei der Gerichtskostenfreiheit verbleibt. Insofern wird auf die Vorschrift des § 188 VwGO in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung verwiesen. Hintergrund dieser Regelung ist es, dass nach § 51 Nr. 6a SGG in der Fassung vom 9.12.2004 zum 1.1.2005 der Rechtsweg zu den Sozialgerichten für Verfahren in den Sachgebieten der Sozialhilfe und des AsylbLG eröffnet wurde.116 Bereits bei den Verwaltungsgerichten anhängige Verfahren sollten dort verbleiben.117 Der Verweis auf 109  BT-Drs.

16/6764, 12, 27; BT-Drs. 16/7716, 8, 19 f. 16/7716, 8, 19 f., 29 f.; BT-Drs. 16/8217, 11; näher dazu Bienert, Die Klagerücknahme nach § 102 II des Sozialgerichtsgesetzes, NZS 2009, 554  ff.; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 92 VwGO Rn. 5 sieht Vereinheitlichungsbedarf bei den Vorschriften zur Klageerhebung in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen und in der ZPO, um eine bessere Übersichtlichkeit zu erreichen. 111  BT-Drs. 16/6764, 12, 27. 112  BT-Drs. 14/5943, 12, 28. 113  BT-Drs. 14/5943, 12, 28 f. 114  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 197a SGG Rn. 9. 115  BGBl I 1997, 2022 ff. 116  BGBl I 2004, 3302 (3303). 117  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 206 SGG Rn. 2 f. 110  BT-Drs.



C. Verweisungstechniken139

§ 188 VwGO in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist im Hinblick auf die in der Verwaltungsgerichtsbarkeit verbleibenden Verfahren nötig, da zum 1.1.2005 die Verfahren in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des AsylbLG durch eine entsprechende Änderung des § 188 VwGO von der Gerichtskostenfreiheit ausgeschlossen wurden.118 § 206 Abs. 2 SGG wurde infolge der Öffnungsklausel eingeführt, die vorübergehend für die Sozialgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Zusammenlegung in bestimmten Fällen ermöglichte.119 Die Norm regelt, was mit den laufenden Fällen vor den Verwaltungsgerichten nach Aufhebung der Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten zum 1.1.2009 geschehen soll.120 Mittlerweile dürfte § 206 SGG wegen des Zeitablaufs keine Bedeutung mehr haben.121 Die Regelung des § 206 Abs. 1 SGG wurde dahingehend kritisiert, dass sie besser in die VwGO gepasst hätte, da sie die Verwaltungsgerichtsbarkeit beträfe.122 Das hätte zum Entfall eines Verweises auf die VwGO im SGG geführt und somit das Regelwerk des SGG verschlankt. Die ausdrücklichen Verweisungen des SGG auf die VwGO stehen nahezu allesamt im Zusammenhang mit den Gerichtskosten. Da im SGG der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit gilt,123 verweist das SGG in den Fällen, in denen Ausnahmen von der Gerichtskostenfreiheit gemacht werden sollen, auf die VwGO. Diese enthält hinsichtlich der Kosten in den §§ 155–161 VwGO im Gegensatz zum SGG ein ausdifferenziertes System.124 Einen Sonderfall stellt der Verweis in § 55a SGG dar. Dieser ordnet für die Feststellung der Nichtigkeit einer landesrechtlichen Vorschrift im sozialgerichtliche Normenkontrollverfahren dieselbe Rechtsfolge an wie bei der Feststellung der Nichtigkeit solcher Vorschriften im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren. Dies rührt daher, dass das Normenkontrollverfahren nach der VwGO regelungstechnisch ein Vorbild für das sozialgerichtliche Normenkontrollver118  BGBl

I 2004, 3302 (3303). Zusammenlegung BT-Drs. 15/3838, 1; siehe § 3 A. II. 120  BT-Drs. 15/3169, 6, 10, 11, 13, 15; BT-Drs. 15/3838, 4; BT-Drs. 15/3867, 3 f. 121  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 206 SGG Rn. 1. 122  Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 206 SGG Rn. 6. 123  Vergleiche zu den Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens insbesondere zur Gerichtskostenfreiheit Harks, Der sogenannte Grundsatz der Klägerfreundlichkeit, NZS 2018, 49 (54). 124  Vergleiche zum Kostenregime im SGG Krauß, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 183 SGG Rn. 5 ff. 119  Zur

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

fahren darstellt.125 Lange Zeit war das Normenkontrollverfahren für landesrechtliche Vorschriften ein Spezifikum der VwGO.126 Durch die Verweisungen des SGG auf die VwGO wird also das SGG einerseits in seinen besonderen Kostenregelungen ergänzt. Andererseits nimmt es verwaltungsgerichtliche Spezifika auf, die lange Zeit allein für den verwaltungsgerichtlichen Prozess charakteristisch waren. 2. Generalverweisungen in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen Innerhalb der Verweisungssystematik sind vor allem die Generalverweisungen in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen auf das GVG und die ZPO hervorzuheben. Deshalb wird näher auf § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG eingegangen.127 Die Regelungen in § 173 Satz 1 VwGO und § 202 Satz 1 SGG sind wortlautgleich.128 Demnach sind die Vorschriften des GVG und der ZPO einschließlich § 278 Abs. 5 und § 278a ZPO entsprechend anzuwenden, soweit es in der VwGO beziehungsweise im SGG keine Bestimmungen über das Verfahren gibt und wenn die grundsätzlichen Unterschiede der Verfahrens­ arten dies nicht ausschließen. Der Wortlaut des § 155 Satz 1 FGO weicht geringfügig von demjenigen des § 173 Satz 1 VwGO und des § 202 Satz 1 SGG ab.129 Nach § 155 Satz 1 FGO sind die Vorschriften des GVG und der ZPO einschließlich § 278 Abs. 5 und § 278a ZPO sinngemäß anzuwenden, 125  Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 55a SGG Rn. 1. 126  Vergleiche zum Beispiel Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974, S. 9. 127  § 173 Satz 2 VwGO, § 202 Satz 2 SGG und § 155 Satz 2 SGG werden an späterer Stelle behandelt (siehe § 3 C. II. 3. b) bb) und § 3 D. I. 2.). Es handelt sich um Spezialverweisungen (Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 16). Nach § 173 Satz 3 VwGO können Verwaltungsgerichte als Schiedsgerichte bestimmt werden (Wolff, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 173 VwGO Rn. 38). Dies führt zu einem zweistufigen Verfahren bei verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten über öffentlich-rechtliche Schiedssachen (Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 16). § 202 Satz 3 SGG enthält daneben Sonderregelungen für die Anwendung bestimmter Vorschriften des GWB. 128  Diese Normen wären damit im Verhältnis zueinander Regelungsmodell 2 Variante 2 zuzuordnen. 129  Demnach sind die Generalverweisungen des SGG und der VwGO im Verhältnis zur Generalverweisung der FGO einer Untervariante des Regelungsmodells 2 Variante 2 zuzuordnen.



C. Verweisungstechniken141

soweit die FGO keine Bestimmungen über das Verfahren enthält. Es wird also auf die sinngemäße statt auf die entsprechende Anwendbarkeit der GVG- und ZPO-Vorschriften verwiesen. Daneben wird für Verfahren nach dem FGO die sinngemäße Anwendung der GVG-Vorschriften nicht durch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich § 155 Satz 1 FGO ebenfalls von § 173 Satz 1 VwGO und § 202 Satz 1 SGG.130 Die ZPO-Vorschriften sollen in der FGO hingegen nur sinngemäß gelten, soweit die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Durch § 173 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO, § 155 Satz 1 Halbsatz 2 FGO und § 202 Satz 1 Halbsatz 2 SGG wird das 6. Buch der ZPO ausdrücklich für nicht anwendbar in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen erklärt.131 a) Subsidiarität Die Generalverweisungen sind subsidiär anwendbar.132 Das bedeutet, es wird nur auf sie zurückgegriffen, um Lücken in den jeweiligen Verfahrensordnungen zu schließen.133 Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Lücken nicht um planwidrige Regelungslücken im Sinne einer Analogie handelt.134 Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung der Generalverweisun130  Vergleiche zum unterschiedlichen Wortlaut von § 173 Satz 1 VwGO und § 202 Satz 1 SGG auf der einen Seite und § 155 Satz 1 FGO auf der anderen Seite Brandis, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordung – Finanzgerichtsordnung Kommentar, 154. EL Oktober 2018, § 155 FGO Rn. 1. 131  Die Norm wurde eingeführt mit Wirkung zum 1.11.2018 durch das Gesetz zur Einführung der zivilprozessualen Musterklage vom 12.7.2018 (BGBl I 2018, 1151 ff.); siehe. §  2  C. I. 2. a). 132  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 13, 23; Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (3 f.); Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 173 VwGO Rn. 1; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 1; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 1. 133  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 54 ff., 59 ff.; Hintz/Lowe, in: Hintz/Lowe (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2012, § 202 SGG Rn. 3; Krasney, Die Anwendbarkeit zivilprozessualer Vorschriften im sozialgerichtlichen Verfahren, 1961, S. 43 ff.; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 2; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 3. 134  Falk, Die Anwendung der Zivilprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung, 1975, S. 9 f.; Meissner/Steinbeiß-

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

gen gerade nicht geregelte Bereiche in die jeweiligen Prozessrechtsordnungen integrieren.135 Der Begriff des Verfahrens ist weit auszulegen.136 Bestimmungen über das Verfahren sind alle Normen, die mit jeglichem Stadium der Durchführung des verwaltungsgerichtlichen, finanzgerichtlichen oder sozialgerichtlichen Verfahrens zusammenhängen.137 Ob eine Lücke in den Verfahrensordnungen vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.138 b) Keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten Damit die Vorschriften der ZPO zur Anwendung kommen, dürfen sich das verwaltungsgerichtliche, das finanzgerichtliche und das sozialgerichtliche Verfahren jeweils nicht grundsätzlich vom zivilprozessualen Verfahren unterscheiden. Normen, für welche dies gilt, können hier lediglich exemplarisch aufgezählt werden.139 Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 54 f.; siehe § 3 C. II. 2. c). 135  Auer, Inhalt, Reichweite und Grenzen der Verweisung in § 173 Verwaltungsgerichtsordnung, 1993, S. 67 ff.; Falk, Die Anwendung der Zivilprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung, 1975, S. 9 f. 136  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 22; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 2; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 6; vergleiche auch Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 202 SGG Rn. 6. 137  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 22, 71 f.; Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 173 VwGO Rn. 2; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 2; vergleiche auch Engel-Boland, in: Roos/ Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 202 SGG Rn. 6. Mit den Bestimmungen des Abschnitts Verfahren sind nicht nur die Abschnitte mit der Überschrift Verfahren des jeweiligen Gesetzes gemeint. Die Formulierung bezieht sich vielmehr auf das ganze Gesetz (vergleiche dazu Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 [5] zur VwGO und Brandis, in: Tipke/ Kruse (Hrsg.), Abgabenordung – Finanzgerichtsordnung Kommentar, 154. EL Oktober 2018, § 155 FGO Rn. 4). 138  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 61; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 3; Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 202 SGG Rn. 5. 139  So auch in Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn.  111 ff.; Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009,



C. Verweisungstechniken143

Grundsätzliche Unterschiede ergeben sich gegebenenfalls, wenn in den Verfahrensordnungen verschiedene Verfahrensgrundsätze gelten.140 Sie können beispielsweise aus der Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes in der VwGO, in der FGO und im SGG im Gegensatz zur Anwendung des Beibringungsgrundsatzes in der ZPO resultieren.141 Daraus lässt sich ableiten, dass zum Beispiel für die Regelungen über das Geständnis nach §§ 288 ff. ZPO im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess kein Raum bleibt.142 Ebenfalls grundsätzliche Unterschiede liegen vor, wenn in den verweisenden Ordnungen eigenständige Grundentscheidungen getroffen werden.143 Für Verfahren nach der FGO kann das die Entscheidung für die Zweigliedrigkeit des Instanzenzuges sein.144 1 (4 f.); Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 6 ff.; Groß, in: Lüdtke/Berchthold (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Handkommentar, 5. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 8 in ihren eigenen Darstellungen. 140  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 78; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 4 f.; Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 202 SGG Rn. 10. 141  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 3; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 36. Hinsichtlich des Beibringungsgrundsatzes und des Untersuchungsgrundsatzes kommen die Unterschiede zwischen ZPO auf der einen und VwGO, FGO und SGG auf der anderen Seite am deutlichsten zum Ausdruck. Da in den Verfahren nach den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen zumeist der Staat auf einer Seite steht, ist es wichtig, dass der Sachverhalt vollständig ermittelt wird, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (dazu Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 [6 f.], der auf die Unterscheide zwischen VwGO und ZPO eingeht); siehe § 2 C. II. zu den Prozessmaximen. 142  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 216; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 40; Schmidt, in: MeyerLadewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 3. 143  Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 35. 144  Klein, Der Finanzgerichtsprozess als besondere Prozessart des öffentlichen Rechts, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny u. a. (Hrsg.), Einheit der Prozessrechtswissenschaft?, 2016, 175 (178 f.); Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 39. Daraus ergibt sich etwa, dass § 36 ZPO zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit im Finanzgerichtsprozess unanwendbar ist (Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 40 und Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.),

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Auch bei der Anwendung der Vorschriften des GVG gilt, dass ein grundlegender Unterschied zwischen verwaltungsgerichtlichem und sozialgericht­ lichem Verfahren auf der einen Seite und den GVG-Vorschriften auf der anderen Seite nicht gegeben sein darf. Nach dem Wortlaut des § 155 Satz 1 FGO gilt diese Voraussetzung für die GVG-Vorschriften im finanzgericht­ liche Verfahren nicht.145 Unanwendbar in allen öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen sind beispielsweise Titel 3–10 und 12 des GVG.146 Sie thematisieren speziell den Aufbau, die Organisation und die Zuständigkeiten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften.147 Ihre Unanwendbarkeit kann zum einen daraus abgeleitet werden, dass die zuvor erläuterte Tatbestandsvoraussetzung der Regelungslücke nicht vorliegt. Sie ergibt sich für die VwGO und das SGG auch aus den grundsätzlichen Unterschieden der Verfahrensarten. c) „Entsprechende“ beziehungsweise „sinngemäße“ Anwendbarkeit Auf Rechtsfolgenseite ist entweder die „entsprechende“ oder die „sinngemäße“ Anwendung der ZPO- und GVG-Vorschriften angeordnet. Beide Formulierungen implizieren, dass die herangezogenen Regelungen Modifikationen zugänglich sind.148 Im Rahmen der Gesetzgebungslehre wird ihr BedeuFGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 10 jeweils mit Verweis auf BFH, Beschluss vom 26.2.2004 – VII B 341/03 (Bestimmung des zuständigen Gerichts des zulässigen Rechtswegs durch den BFH bei negativem Kompetzenkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtsbarkeiten), E 204, 413 [415]). Daneben gibt es für das finanzgerichtliche Verfahren die Regelung des § 39 FGO. 145  Brandis, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordung – Finanzgerichtsordnung Kommentar, 154. EL Oktober 2018, § 155 FGO Rn. 1; Schwarz, in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 1, 16; andere Ansicht Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 6. 146  Zur VwGO vergleiche Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/ Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 108; Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (6). 147  So auch Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 108; Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (6) zur VwGO. Dies ist aber aufgrund des von der ordentlichen Gerichtsbarkeit abweichenden Aufbaus der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit auch auf die FGO und das SGG übertragbar. 148  BVerwG, Urteil vom 31.7.1984 – 9 C 881/82 (Prüfung der Prozessvollmacht in Verwaltungsstreitverfahren), NJW 1985, 1178; Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 (4); Wolff, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 173 VwGO Rn. 12;



C. Verweisungstechniken145

tungsgehalt als identisch angesehen.149 Entsprechende Verweisungsnormen werden als Analogieverweisungen bezeichnet.150 Sie kennzeichnen, dass der Text der Bezugsnorm gegebenenfalls nicht wörtlich passt.151 Um eine Analogie im engeren Sinne152 handelt es sich jedoch mangels planwidriger Regelungslücke bei den Generalverweisungen nicht.153 Die Anordnung der sinngemäßen oder entsprechenden Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften weist darauf hin, dass den verfahrensrechtlichen Besonderheiten von VwGO, FGO und SGG Rechnung getragen werden muss.154 So kann beispielsweise die Regelung des § 88 Abs. 2 ZPO zur Nachprüfung der Vollmacht eines RechtsSchmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 2; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 6; Hintz/Lowe, in: Hintz/Lowe (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2012, § 202 SGG Rn. 8; Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 49. 149  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn. 232. Bei Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 26 findet sich eine Differenzierung. Diese bezieht sich allerdings nicht auf die Generalverweisungen, sondern auf die Spezialverweisungen. Demnach könne, wenn die entsprechende Anwendbarkeit angeordnet werde, eine Norm herangezogen werden, auch wenn die Wortlautgrenze sehr stark ausgedehnt werden müsse („Vergewaltigung des Wortlautes“). Werde die sinngemäße Anwendbarkeit ermöglicht, könne der Sinngehalt der Norm in beträchtlichem Maße angepasst werden. Im Ergebnis handelt es sich jedoch um lediglich graduelle Unterschiede. Beide Formulierungen ermöglichen auch bei dieser Interpretation eine vereinfachte Übernahme der ZPO-Vorschriften in die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen. 150  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn. 232. 151  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn. 232. 152  Voraussetzungen einer Analogie im engeren Sinne sind das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und das Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage hinsichtlich zweier Tatbestände (vergleiche dazu näher Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 202 ff.). 153  So auch Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn.  54 ff.; Wolff, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 173 VwGO Rn. 3; siehe § 3 C. II. 2. a); andere Ansicht Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 45. 154  Wolff, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 173 VwGO Rn. 12 f.; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 26; Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 202 SGG Rn. 13; Krasney, Die Anwendbarkeit zivilprozessualer Vorschriften im sozialgerichtlichen Verfahren, 1961, S. 80 f.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

anwalts im Verwaltungsprozess modifiziert angewandt werden.155 In besonderen Fällen, die zu Zweifeln an der Vollmacht des Rechtsanwalts führen, kann das Vorliegen der Vollmacht von Amts wegen überprüft werden.156 Die Regelung der ZPO muss nach ihrem Sinn und Zweck auf die öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen übertragen werden.157 So wird die Übernahme der ZPO-Vorschriften in die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen vereinfacht.158 3. Spezialverweisungen auf ZPO und GVG in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen Neben den erläuterten Generalverweisungen gibt es in VwGO, FGO und SGG Verweisungen, die ohne weitere Voraussetzungen oder unter Vorbehalt die Anwendung bestimmter Vorschriften in ZPO und GVG zwingend vorschreiben.159 Dabei handelt es sich um Spezialverweisungen. Sie werden als Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt und Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen bezeichnet.160 Die Spezialverweisungen treten in den verschiedensten Zusammenhängen auf. Sie sind zahlreich und lassen sich 155  BVerwG, Urteil vom 31.7.1984 – 9 C 881/82 (Prüfung der Prozessvollmacht in Verwaltungsstreitverfahren), NJW 1985, 1178; Wolff, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 173 VwGO Rn. 12.1.; Schmid, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 4. Aufl., 2014, § 173 VwGO Rn. 49. 156  BVerwG, Urteil vom 31.7.1984 – 9 C 881/82 (Prüfung der Prozessvollmacht in Verwaltungsstreitverfahren), NJW 1985, 1178. 157  Wysk, in: Wysk (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., 2016, § 173 VwGO Rn. 13; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/ Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 45 f.; Groß, in: Lüdtke/Berchthold (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Handkommentar, 5. Aufl., 2017, § 202 SGG Rn. 4. 158  Siehe zu den Vor- und Nachteilen der Verweisungen bereits § 3 C. I.; Braun Binder, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 5. Aufl., 2018, § 173 VwGO Rn. 4 ff. 159  Zu den Verweisungen von VwGO auf GVG und ZPO vergleiche Meissner, Die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, VBlBW 2009, 1 ff.; Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 201 ff.; zu den Verweisungen von FGO auf ZPO und GVG vergleiche Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 250. EL November 2018, § 155 FGO Rn. 7, 16, 25 ff.; zu den Verweisungen von SGG auf ZPO und GVG vergleiche Fock, in: Breitkreuz/Fichte (Hrsg.), SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2014, § 202 SGG Rn. 2. 160  Zur Prägung der Begrifflichkeiten in der VwGO vergleiche Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 201  ff.; Nolte, Das neue Media­tionsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (29).



C. Verweisungstechniken147

inhaltlich nicht knapp zusammenfassen.161 Daher sind sie in der gebotenen Kürze beispielhaft zu benennen.162 a) Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt Eine umfangreiche Spezialverweisung mit Abweichungsvorbehalt bezieht sich in den analysierten Verfahrensordnungen auf die Beweisaufnahme. Sie ist in § 98 VwGO, § 82 FGO und § 118 Abs. 1 SGG geregelt und nennt jeweils ausdrücklich bestimmte Vorschriften der ZPO zur Beweisaufnahme, die in den einzelnen Verfahrensordnungen Anwendung finden sollen. Daneben verweisen § 167 Abs. 1 VwGO und § 198 Abs. 1 SGG auf das 8. Buch der ZPO für die Vollstreckung in verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren. Es handelt sich ebenfalls um Verweisungen von großem Umfang. Auch § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO verweist auf die Vorschriften des 8. Buches der ZPO zur Zwangsvollstreckung. Diese Vorschrift ist allerdings den Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen zuzuordnen. Die Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt werden nur angewandt, soweit das jeweilige Verfahrengesetz keine abweichende Vorschrift enthält. In diesem Zusammenhang werden die folgenden unterschiedlichen Formulierungen verwendet: „Soweit (…) nicht abweichende Vorschriften enthalten, …“, „Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, …“, „Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, …“, „Soweit sich aus diesem

161  Zu den unterschiedlichen Spezialverweisungen in der VwGO Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (29 ff.). 162  Nicht angesprochen werden Verweisungen auf das EGGVG. Diese finden sich in § 175 VwGO, § 186 Satz 2 VwGO, § 156 FGO, § 159 FGO und § 209 SGG. Weiterhin wird nicht auf die Normen eingegangen, die lediglich die Nichtanwendbarkeit einer ZPO-Vorschrift nennen. Dies ist bei § 102 Abs. 4 VwGO, § 91 Abs. 4 FGO und § 110 Abs. 3 SGG der Fall. Daneben gilt dies auch für § 170 Abs. 3 Satz 1 SGG. Ebenfalls nicht näher erläutert werden Vorschriften, die sich auf Teile oder Normen des GVG oder der ZPO beziehen, die bereits über andere Normen desselben Gesetzes für anwendbar erklärt werden. Dazu zählen § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO, welche § 21g GVG nennen. § 21g GVG ist jedoch bereits über § 4 VwGO und § 4 FGO in VwGO und FGO anzuwenden. Weiterhin in diese Kategorie fallen die Vorschriften zur Rechtshängigkeit nach § 90 Satz 2 VwGO, § 66 Satz 2 FGO und § 94 Satz 2 SGG sowie § 104 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG zur Mitteilung der Klageschrift. Diese beziehen sich auf die Vorschriften des 17. Titels des GVG. Letztere gelten bereits über § 173 Satz 2, § 155 Satz 2 FGO und § 202 Satz 2 SGG in den jeweiligen Verfahrensordnungen. Auch zur Bezugnahme des § 152 Abs. 1 VwGO und des § 177 Abs. 1 SGG auf § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG wird nicht Stellung genommen. § 17a GVG gilt bereits über § 83 Satz 1 VwGO und § 98 Satz 1 SGG in VwGO und SGG.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Gesetz nichts anderes ergibt …“, „…, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.“ Sie haben jedoch alle denselben Bedeutungsgehalt. b) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen aa) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf die ZPO Für Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf die ZPO in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen hat der Gesetzgeber das Bestehen einer Regelungslücke bereits festgestellt, sodass sie ohne weitere diesbezügliche Prüfung Anwendung finden.163 Eine Spezialverweisung ohne Voraussetzung betrifft die Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen in §§ 41–49 ZPO. Auf diese verweisen § 54 Abs. 1 VwGO, § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 60 Abs. 1 SGG, wobei im SGG § 46 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wird. Die Regelungen sollen die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Richters im Sinne des Art. 97 GG stärken und so dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip Rechnung tragen.164 Die Zustellungsvorschriften der ZPO finden über § 56 Abs. 2 VwGO, § 53 Abs. 2 FGO und § 63 Abs. 2 SGG Anwendung. Sie tragen zu einem einheitlichen wirksamen Rechtsschutz in angemessener Zeit bei.165 Dasselbe gilt für §§ 222, 224 Abs. 2, Abs. 3, 225 und 226 ZPO, die Regelungen zu den Fristen treffen und gemäß § 57 Abs. 2 VwGO und § 54 Abs. 2 FGO in die jeweiligen Verfahrensordnungen übernommen werden.166 § 62 Abs. 4 VwGO, § 58 Abs. 2 Satz 2 FGO und § 71 Abs. 6 SGG verweisen auf die Regelungen der §§ 53–56 ZPO zur Prozessfähigkeit. Die Verweisungen in der VwGO und der FGO erstrecken sich des Weiteren auf § 57 ZPO und § 58 ZPO. Die Vorschriften zur Prozessfähigkeit sollen einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf gewährleisten.167

163  Vergleiche zur VwGO Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 245. 164  Heinrich, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 41 ZPO Rn. 1. 165  Häublein, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 166 ZPO Rn. 5. 166  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 262. 167  Hübsch, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 51 ZPO Rn. 2.



C. Verweisungstechniken149

Die Regelungen zur Streitgenossenschaft der §§ 59–63 ZPO, die durch § 64 VwGO, § 59 FGO und § 74 SGG in VwGO, FGO und SGG Eingang finden, dienen der Prozessökonomie.168 Im SGG gilt dies gleichermaßen für die Regelungen zur Hauptintervention nach §§ 64–65 ZPO. § 105 VwGO, § 94 FGO und § 122 SGG übernehmen die Vorschriften der §§ 159–165 ZPO zum Protokoll. Sie tragen so dazu bei, einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu sichern.169 Jeweils im Einzelnen aufgelistete Regelungen zu Arrest und Verfügung aus der ZPO werden über § 123 Abs. 3 VwGO, § 114 Abs. 2 FGO und § 86b Abs. 4 Satz 2 SGG in die jeweiligen Verfahrensordnungen integriert. Sie vervollständigen die verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Vorschriften zur einstweiligen Anordnung. Weiterhin wird die Vorschrift des § 343 ZPO für den Ausspruch des Gerichts bei der Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 5 Satz 4 VwGO, § 133a Abs. 5 Satz 4 FGO und § 178a Abs. 5 Satz 4 SGG entsprechend in die jeweilige Verfahrensordnung übernommen, sofern es um die Frage geht, ob die Ausgangsentscheidung aufrechterhalten oder aufgehoben wird.170 In seinem direkten Anwendungsbereich regelt § 343 ZPO die Entscheidung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil.171 § 153 VwGO, § 134 FGO und § 179 Abs. 1 SGG verweisen auf die ZPOVorschriften des 4. Buches zur Wiederaufnahme des Verfahrens. Dass Entscheidungen rechtskräftig werden und somit grundsätzlich Bestand haben, dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit.172 Durch die Möglichkeiten der Wiederaufnahme wird dies durchbrochen.173 Im Anwendungsbereich 168  Dressler, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 59 ZPO Rn. 1. 169  Schübel-Pfister, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 105 VwGO Rn. 1; Leopold, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 122 SGG Rn. 6; Brandis, in: Tipke/ Kruse (Hrsg.), Abgabenordung – Finanzgerichtsordnung Kommentar, 154. EL Oktober 2018, § 94 FGO Rn. 2. 170  Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 152a VwGO Rn. 34; Ratschow, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 133a FGO Rn. 19; Haack, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 178a SGG Rn. 41. 171  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 343 ZPO Rn. 1. 172  Nieva-Fenoll, Das Prinzip der Rechtskraft und seine Mythen, ZZP 129 (2016), 89; zur Befriedungsfunktion vergleiche auch Thomale, Materielle Rechtskraft – Eine kurze Ideen- und Kodifikationsgeschichte, JZ 2018, 430. 173  Musielak, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 578 ZPO Rn. 1.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

der Wiederaufnahme haften der Entscheidung so schwerwiegende Mängel an, dass sie nicht aufrechterhalten werden kann.174 Die Vorschriften des § 100 ZPO zu Kosten bei Streitgenossen findet gemäß § 159 Satz 1 VwGO und § 194 Satz 1 SGG Eingang in die jeweilige Verfahrensordnung und wird immer angewandt, wenn der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen besteht.175 Das heißt beispielsweise auch bei verschuldeten zusätzlichen Kosten nach § 155 Abs. 4 VwGO beziehungsweise § 192 Abs. 1 SGG.176 § 100 ZPO gilt nach dem Wortlaut des Abs. 1 nur für den unterliegenden Teil. Die Vorschrift des § 110 ZPO zur Prozesskostensicherheit gilt über § 165a VwGO im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten entsprechend. Sie ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch auf Beigeladene anwendbar, um die Prozesskostenschuld bei außereuropäischen Kostenpflichtigen effektiv zu sichern.177 Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO gelten die Vorschriften der ZPO zur Prozesskostenhilfe und § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend. § 142 Abs. 1 FGO bezieht sich für das finanzgerichtliche Verfahren ebenfalls auf die Vorschriften zur Prozesskostenhilfe der ZPO. Auch § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG verweist auf die Vorschriften zur Prozesskostenhilfe der ZPO, schließt jedoch die Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren ausdrücklich aus. Die Vorschriften zur Prozesskostenhilfe sind in allen Verfahrensordnungen notwendig, da sie dem in Art. 20 Abs. 1 GG niedergelegten Sozialstaatsprinzip, dem Justizgewährleistungsanspruch nach Art. 19 Abs. 4 GG beziehungsweise Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und dem Gleichheitsgrundsatz im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragen.178 Daneben dienen sie auch der Erfüllung des Gewährleistungsgehaltes des Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie des Art. 47 Abs. 3 GrCh.179 174  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 290; Schreiber, Die Rechtskraft im Zivilprozess, Jura 2008, 121 (124). 175  Rennert, in: Eyermann/Fröhler (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl., 2019, § 159 VwGO Rn. 3; Gutzler, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 194 SGG Rn. 10. 176  Zur VwGO vergleiche Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 297. 177  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 301. 178  Kießling, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 7. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu §§ 114–127 ZPO Rn. 1; Zuck, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der zivilprozessualen Prozesskostenhilfe, NJW 2012, 37 (37 f.); Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 302. 179  Jarass, Bedeutung der EU-Rechtsschutzgewährleistung für nationale und EUGerichte, NJW 2011, 1393.



C. Verweisungstechniken151

Weiterhin wird über § 183 Satz 3 VwGO und § 157 Satz 3 FGO auf die Vorschrift des § 767 ZPO zur Vollstreckungsabwehrklage Bezug genommen. Dies gilt für die Fälle, in denen landesrechtliche Vorschriften für verfassungswidrig erklärt werden und dennoch aus auf ihrer Grundlage erhaltenen Titeln vollstreckt werden soll. Nach § 89 FGO wird für die Erzwingung der Vorlage von Urkunden, die zum Beweis bestimmt sind, § 380 ZPO sinngemäß angewandt. Dies soll ebenso wie im originären Anwendungsbereich des § 380 ZPO eine ordnungsgemäße Rechtspflege sicherstellen.180 In § 76 Abs. 3 SGG werden § 487 ZPO und die §§ 490–494 ZPO zum Beweissicherungsverfahren der ZPO für anwendbar erklärt. Diese und weitere Vorschriften zum Beweissicherungsverfahren sind in VwGO und FGO bereits über § 98 VwGO und § 82 FGO, also in den Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt, integriert.181 Weitere Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen des SGG auf die ZPO sind thematisch im Bereich der Prozessbevollmächtigung angesiedelt. Sie sind in § 73 Abs. 2 Satz 4 SGG und § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG normiert. Über § 73 Abs. 2 Satz 4 SGG wird § 157 ZPO entsprechend angewandt, der dem bevollmächtigten Rechtsanwalt die Möglichkeit bietet, Stationsreferendaren in Fällen, in denen die Parteien den Rechtsstreit selbst führen können, eine Untervollmacht zu erteilen.182 Für Umfang und Beschränkung der Prozessvollmacht, Regelungen zu mehreren Prozessbevollmächtigten sowie Wirkung und Geltungsdauer der Prozessvollmacht verweist § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG auf § 81 ZPO und die §§ 83–86 ZPO. Für die optionale Zustellung des Widerspruchsbescheides findet sich eine Spezialverweisung in § 85 Abs. 3 Satz 3 SGG auf § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, der die Möglichkeit der Ersatzzustellung in Geschäftsräumen regelt. Diese Vorschrift soll auf die nach § 73 Abs. 2 Nr. 3–Nr. 9 SGG als Bevollmächtigte zugelassenen Personen entsprechend angewandt werden können.183 Zudem nimmt das SGG in § 182a Abs. 1 Satz 1 SGG für Beitragsansprüche von Unternehmen der privaten Pflegeversicherung nach dem 11. Buch des Sozialgesetzbuchs auf die Vorschriften der ZPO über das Mahnverfahren 180  Scheuch, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 380 ZPO Rn. 1. 181  Gutzeit, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 76 SGG Rn. 1; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 76 SGG Rn. 1; siehe § 3 C. II. a). 182  Straßfeld, in: Roos/Wahrendorf (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 2014, § 73 SGG Rn. 67. 183  Vergleiche dazu Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 85 SGG Rn. 8a.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Bezug und erklärt diese für anwendbar. Daneben wird in § 182a Abs. 2 Satz 2 SGG für Entscheidungen über den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ausdrücklich die entsprechende Anwendbarkeit des § 700 Abs. 1 ZPO und des § 343 ZPO angeordnet. Nach § 197 Satz 2 SGG findet § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO entsprechend Anwendung, wenn der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten fesetsetzt. Die Norm betrifft allein die Festsetzung der Kosten im Verhältnis der Parteien zueinander.184 Parallelnormen hierzu finden sich in § 164 VwGO sowie § 149 Abs. 1 FGO. Diese enthalten jedoch keine Verweisung auf die ZPO. Im Rahmen der Vollstreckung nach dem SGG kann der Vorsitzende des Gerichts, in den Fällen, in denen ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Diese kann nach § 199 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGG von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. § 199 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ordnet ausdrücklich die entsprechende Geltung der §§ 108, 109 und 113 ZPO für die Sicherheitsleistung an. bb) Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf das GVG Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf das GVG in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen beziehen die Vorschriften über das Präsidium und die Geschäftsverteilung des 2. Titels des GVG in die VwGO, die FGO und das SGG mit ein. Auf sie wird über § 4 VwGO, § 4 FGO und § 6 SGG verwiesen. Sie dienen dazu die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 GG und den gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu gewährleisten.185 § 55 VwGO, § 52 Abs. 1 FGO und § 61 SGG integrieren die Ordnungsvorschriften der §§ 169, 171b–197 GVG zur Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung in die jeweilige Verfahrensord-

184  Münker, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 197 SGG Rn. 1. 185  BVerwG, Urteil vom 28.11.1975 – VII C 47.73 (Geschäftsverteilungsplan: Justitiabilität – Rechtsweg – Klageart – Verbindlichkeit), E 50, 11 (16); Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., 2007, Rn. 365 ff.; Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 21a GVG Rn. 2; zur Bedeutung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Rahmen der Geschäftsverteilung vergleiche auch Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, 6. Aufl., 1987, S.  137 ff.



C. Verweisungstechniken153

nung. Daneben nennt § 55 VwGO auch § 171a GVG und § 198 GVG. Letzteres hat jedoch keine praktische Relevanz.186 § 83 Satz 1 VwGO, § 70 Satz 1 FGO und § 98 Satz 1 SGG verweisen auf §§ 17–17b GVG. In § 98 Satz 1 SGG erstreckt sich der Verweis nicht auf § 17b Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GVG. Die §§ 17–17b GVG werden durch die Spezialverweisungen der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen zur Bestimmung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der Gerichte entsprechend angewandt.187 Durch diese Spezialverweisungen werden Verzögerungen vermieden, wenn das unzuständige Gericht angerufen wird.188 § 149 Abs. 2 VwGO und § 131 Abs. 2 FGO verweisen auf § 178 GVG und § 181 Abs. 2 GVG. Daraus ergibt sich, dass eine Beschwerde gegen die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 178 GVG keine aufschiebende Wirkung hat, einer Beschwerde gegen Beschlüsse bei Amtshandlungen außerhalb der Sitzung nach § 180 GVG hingegen aufschiebende Wirkung zukommt.189 § 175 Satz 2 SGG verweist mit derselben Wirkung ebenfalls auf § 61 SGG in Verbindung mit § 178 GVG und § 180 GVG.190 § 175 Satz 2 SGG stellt keine voraussetzungslose Spezialverweisung dar, da die Vorschriften der ZPO und des GVG zur aufschiebenden Wirkung nur Anwendung finden, soweit das SGG auf Vorschriften der ZPO und des GVG verweist. Es handelt sich um eine Spezialverweisung mit Abweichungsvorbehalt, die jedoch inhaltlich den Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen von VwGO und FGO entspricht.191 Daneben erklärt § 173 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in Form einer Spezialverweisung ohne Voraussetzungen für die Einlegung einer Be186  Siehe

§ 2 Fn. 410. ihrem originären Anwendungsbereich regeln sie Fragen zur Rechtswegzuständigkeit und sind über die Generalverweisungen der § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG entsprechend beziehungsweise sinngemäß anwendbar (vergleiche Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 173 VwGO Rn. 3; Stapperfend, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 155 FGO Rn. 8; Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 17 GVG Rn. 3 f.). 188  Zum Zweck der §§ 17 ff. GVG in ihrem originären Anwendungsbereich vergleiche Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, Vorbemerkung § 17 GVG Rn. 4 ff. 189  Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 149 VwGO Rn. 4; Ratschow, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 131 FGO Rn. 2; Wagner/Wagner, in: Kühn/von Wedelstädt (Hrsg.), Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung Kommentar, 22. Aufl., 2018, § 131 FGO Rn. 1 ff. 190  Näher dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 175 SGG Rn. 2b. 191  Daher wird sie an dieser Stelle miterörtert. 187  In

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

schwerde gegen Ordnungsmittel weiterhin die Frist des § 181 Abs. 1 GVG von einer Woche ab Bekanntgabe für anwendbar.192 Als weitere voraussetzungslose Spezialverweisungen sind § 173 Satz 2 VwGO, § 155 Satz 2 FGO sowie § 202 Satz 2 SGG einzuordnen. Sie erklären die Vorschriften des 17. Titels des GVG unter Modifikationen für entsprechend anwendbar.193 § 5 Abs. 3 SGG verweist zudem auf §§ 158–160, 164–166 und 168 GVG zur Amtshilfe. In der VwGO und der FGO können die Vorschriften zur Amtshilfe im GVG dagegen über die Generalverweisungen Anwendung finden, um entsprechende Regelungslücken zu schließen.194 c) Rechtsfolgenseite der Spezialverweisungen In den Spezialverweisungen in die jeweiligen Verfahrensordnungen finden sich auf Rechtsfolgenseite verschiedene Formulierungen: „ist (…) entsprechend anzuwenden“, „sind entsprechend anzuwenden“, „sind (…) entsprechend anzuwenden“, „gilt entsprechend“, „gilt (…) entsprechend“, „gelten entsprechend“, „gelten (…) entsprechend“, „sind sinngemäß anzuwenden“, „sind (…) sinngemäß anzuwenden“, „gilt sinngemäß“, „gilt (…) sinngemäß“, „gelten sinngemäß“, „gelten (…) sinngemäß“, „findet entsprechende Anwendung“, „finden entsprechende Anwendung“, „entsprechend den Vorschriften (…) ZPO“, „nach den Vorschriften (…) der ZPO“, „nach den Vorschriften der ZPO“, „gelten die Vorschriften (…) der ZPO“ und „nach diesen Gesetzen“, „bleibt unberührt“ und „bleiben unberührt“. Die Verwendung der Begriffe „entsprechend“ und „sinngemäß“ weist darauf hin, dass die zu übernehmenden ZPO- oder GVG-Vorschriften Modifikationen zugänglich sind.195 Es ist unerheblich, ob sie „entsprechend/sinngemäß gelten“, „entsprechend/ sinngemäß Anwendung finden“, „entsprechend/sinngemäß anzuwenden sind“ oder etwas „entsprechend den Vorschriften“ geregelt wird.196 Sofern die Formulierungen „nach den Vorschriften“ „gelten die Vorschriften“ oder „nach 192  Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 173 SGG Rn. 5. 193  Siehe dazu näher § 3 D. I. 2. 194  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 109; Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 13 FGO Rn. 2. 195  Siehe dazu näher § 3 Fn. 148. 196  So auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 204, dessen Ausführungen sich jedoch auf die in der VwGO enthaltenen Formulierungen in den Verweisungen auf ZPO und GVG beschränken.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute155

diesen Gesetzen“ verwendet werden, sind die Vorschriften, auf welche Bezug genommen wird, in der verweisenden Verfahrensordnung direkt und ohne Modifikationen anwendbar.197 Die Formulierungen „bleibt unberührt“ und „bleiben unberührt“ sind gängig in der Verweisungstechnik.198 Sie können klarstellend auf eine andere Norm hinweisen, eine parallele Anwendbarkeit anordnen oder ein Vorrangverhältnis begründen.199 In § 149 Abs. 2 VwGO, § 131 Abs. 2 FGO und § 173 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, in denen diese Formulierung verwendet wird, dient sie der Klarstellung.200 Die Anwendung von § 55 VwGO, § 52 FGO und § 61 SGG jeweils in Verbindung mit § 178 GVG und § 181 GVG führt bereits zum selben Ergebnis. Die Spezialverweisungen sind vorrangig vor den Generalklauseln auf ihre Einschlägigkeit zu prüfen. Auch durch sie wird die Vereinheitlichung der Prozessrechtsordnungen vorangetrieben. Primär relevant für Regelungsmodell 1 sind jedoch die Generalklauseln, da sie die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen in einem noch weiteren Umfang für die im Zentrum stehenden ZPO-Vorschriften öffnen. Daneben erfolgt auch eine weitere Öffnung für die GVG-Vorschriften, die in der ZPO bereits unmittelbar anwendbar sind.

D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute Anhand der ausgewählten prozessualen Institute wird erläutert, welche gesetzgeberischen Ansätze im Einzelnen gewählt wurden.201 Zunächst werden die Fassungen der ausgewählten Regelungen vor Erlass des Überl­ VfRSchG, des MediationsuaFöG, des VideokonfIntensG und des ERVFöG in der gebotenen Kürze untersucht. Dabei wird auf die gesetzgeberische Betrachtungsweise bei Erlass der Regelungen eingegangen. Dasselbe geschieht 197  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 204 zur VwGO. In der VwGO wird der Ausdruck „nach diesen Gesetzen“ nicht erwähnt, er hat allerdings denselben Bedeutungsgehalt wie die beiden anderen genannten Formulierungen. 198  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn. 231. 199  Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3.  Aufl., 2008, Rn. 87. 200  Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 149 VwGO Rn. 4; sinngemäß auch Wagner/Wagner, in: Kühn/von Wedelstädt (Hrsg.), Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung Kommentar, 22. Aufl., 2018, § 131 FGO Rn. 2 und Luik, in: Hauck/ Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 173 SGG Rn. 3. 201  Siehe § 1 A. und § 3 B.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

im Anschluss für die durch die genannten Gesetze eingeführten und im Fokus stehenden Neuregelungen. In einer Konklusion zu den jeweiligen prozessualen Instituten werden sie den zuvor dargestellten Regelungsmodellen202 zugeordnet. Es wird aufgezeigt, welche gesetzgeberische Intention den Regelungsmodellen zugrunde liegt. Aus dieser Vorgehensweise ergibt sich, dass das Gesetzgebungsverfahren teilweise dargestellt wird. Im Mittelpunkt stehen das gesetzgeberische System und die gesetzgeberische Wahrnehmung bei der Normentstehung.

I. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren Der Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren wird mittlerweile durch das am 3.12.2011 in Kraft getretene ÜberlVfRSchG vom 24.11.2011203 konkret gesetzlich normiert. Überlange Gerichtsverfahren, sind Verfahren, die unangemessen lange dauern.204 Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, bestimmt sich nach der jeweiligen Situation.205 Allgemein gültige Zeitangaben ergeben sich weder aus der EMRK noch aus dem GG.206 1. Ausgangspunkte Zu dem sich aus Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 13 EMRK ergebenden Recht auf effektiven Rechtsschutz gehört auch das Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer.207 Dieses Recht ist nur wirksam, wenn es auch durchsetzbar ist.208 Wenn es in Ge202  Siehe

§ 3 B. I 2011, 2302 ff. 204  Steinbeiß-Winkelmann, Überlange Gerichtsverfahren – der Ruf nach dem Gesetzgeber, ZRP 2007, 177. 205  Steinbeiß-Winkelmann, Überlange Gerichtsverfahren – der Ruf nach dem Gesetzgeber, ZRP 2007, 177. 206  Roller, Unangemessene Dauer von Gerichtsverfahren und richterliche Unabhängigkeit, DRiZ 2012, 1; zur Möglichkeit den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Verfahrensdauer mit Hilfe der Theorie der „beweglichen Systeme“ zu konkretisieren vergleiche Eleftheriadis, Der Entschädigungsanspruch gemäß § 198 GVG bei überlangen Gerichtsverfahren, 2018, S. 212 ff. 207  BR-Drs. 540/10, 1; BT-Drs. 17/3802, 1; vergleiche zu der Ableitung des Rechts auf angemessene Verfahrensdauer aus den verfassungs-, völker- und unionsrecht­ lichen Vorschriften Eleftheriadis, Der Entschädigungsanspruch gemäß § 198 GVG bei überlangen Gerichtsverfahren, 2018, S. 25 ff.; siehe zum Justizgewährleistungsanspruch §  2  C. I. 1. 208  Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, Einleitung; nach der früher herrschenden Meinung galt Art. 19 Abs. 4 GG nicht für Rechtsschutz gegen den Richter. Mittlerweile wurde dies 203  BGBl



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute157

richtsverfahren gefährdet oder beeinträchtigt wird, müssen Rechtsbehelfe eingreifen.209 Fälle, in denen solche Rechtsbehelfe notwendig werden, sind aus allen Gerichtsbarkeiten bekannt.210 Ursprünglich war der Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren nicht einheitlich normiert und dadurch sehr unübersichtlich.211 Um die Gefährdung oder Verletzung des Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer geltend zu machen, gab es keine speziellen Rechtsbehelfe vor den deutschen Gerichten.212 Solche Rechtsverletzungen konnten nur im Rahmen der Dienstaufsichtsbeschwerde, der Verfassungsbeschwerde, des Amtshaftungsanspruches und der außerordentlichen Beschwerde angegriffen werden.213 Im Hinblick auf die unangemessene Dauer des Vorverfahrens ist die Untätigkeitsklage zu erwähnen. a) Dienstaufsichtsbeschwerde, § 26 Abs. 2 DRiG Die Dienstaufsichtsbeschwerde im Sinne des § 26 Abs. 2 DRiG dient dazu, Richtern aller Gerichtsbarkeiten ein Fehlverhalten vorzuhalten und sie für bestimmte Bereiche des Art. 19 Abs. 4 GG relativiert (vergleiche dazu SchmidtAßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 96 ff.; Voßkuhle, Bruch mit einem Dogma: Die Verfassung garantiert Rechtsschutz gegen den Richter, NJW 2003, 2193 ff.). Jedenfalls im Bereich des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruches wird auch Rechtsschutz gegen den Richter garantiert (siehe § 2 C. I. 1. a) bb); § 2 Fn. 61). 209  BR-Drs. 540/10, 2; BT-Drs. 17/3802, 1. 210  BT-Drs. 17/3802, 15. 211  BR-Drs. 540/10, 1; BT-Drs. 17/3802, 1; vergleiche dazu Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291); Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 67. 212  BT-Drs. 17/3802, 1; zum Rechtsschutz vor dem EGMR vergleiche Remus, Amtshaftung bei verzögerter Amtstätigkeit des Richters, NJW 2012, 1403 (1404 f.); zum Rechtsschutz vor dem EuGH Scheel, Unionsrechtlicher Schadensersatzanspruch bei unangemessener Verfahrensdauer, EuZW 2014, 138 ff. 213  BR-Drs. 540/10, 1, 19; BT-Drs. 17/3802, 1, 15; BT-PlPr. 17/84, 9494C (9536C); BT-PlPr. 17/130, 15348C (15472C); dazu Geipel, Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren aus zivilrechtlicher Sicht, ZAP 2012, 111; Greger, Überlange Gerichtsverfahren: Handlungsoptionen und Anwaltspflichten, AnwBl 2015, 536 (537); Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291); Huerkamp/ Wielpütz, Gerichtliche Untätigkeit – Aktuelle Probleme der Untätigkeitsverfassungsbeschwerde, JZ 2011, 139 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, Überlange Gerichtsverfahren – der Ruf nach dem Gesetzgeber, ZRP 2007, 177 ff.; zur Verfassungsbeschwerde Breitkreuz, Effektiver Rechtsschutz zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes, ASR 2012, 2; Zimmermann, Richterhaftung bei Verzögerung des Verfahrens und bei Vergleichs­ protokollierung, FPR 2012, 556 (558 ff.).

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

zur ordnungsmäßigen Erledigung ihrer Amtsgeschäfte zu ermahnen.214 Die Richter haben die Amtsgeschäfte unverzögert zu erledigen.215 Die richter­ liche Unabhängigkeit darf durch die Dienstaufsicht nicht beeinträchtigt werden.216 Der Einzelne hat bei der Dienstaufsichtsbeschwerde nach § 26 Abs. 2 DRiG keinen Anspruch darauf, dass der Staat seine Aufsichtsbefugnisse ausübt.217 Durch die Verortung der Regelungen zur Dienstaufsichtsbeschwerde in dem allgemeingültigen DRiG wurde sie in einem für alle Verfahrensordnungen geltenden Gesetz niedergelegt. Der Einheitsgedanke manifestiert sich in Form eines Rechtsbehelfs außerhalb der Prozessrechtsordnungen. b) Verfassungsbeschwerde, Art. 94 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG Die Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 94 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG konnte auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 19 Abs. 4 GG gestützt werden.218 Allerdings entspricht sie nicht den Anforderungen des Art. 13 EMRK, da das BVerfG keine Beschleunigung anordnet und keine Wiedergutmachung zuspricht, sondern nur die Verfassungswidrigkeit einer Verfahrensdauer feststellt.219 Daneben dauern Verfahren vor dem BVerfG ihrerseits zumeist lange an.220

214  BT-Drs. 3/2785, 5, 13; BT-PlPr. 3/162, 9367D (9368A); Staats, in: Staats (Hrsg.), Deutsches Richtergesetz, 2012, § 26 DRiG Rn. 12. Insgesamt sollte das DRiG einen neuen Anfang markieren und Richtern, die in die nationalsozialistische Herrschaft verstrickt waren, die Möglichkeit geben, selbst aus dem Dienst auszuscheiden (BT-Drs. 3/2785, 27; BT-PlPr. 3/162, 9367D [9380A]). 215  Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 53; Weber, Der EGMR als Motor der effektiven Durchsetzung von Umgangsrechten, NZFam 2015, 337 (339); dazu Forkel, Erledigungszahlen unter (Dienst-)Aufsicht!, DRiZ 2013, 132 f. 216  BT-Drs. 3/516, 39 f.; BT-PlPr. 3/162, 9367D (9368A); Steinbeiß-Winkelmann, Amtshaftungsansprüche wegen überlanger Verfahrensdauer?, NJW 2014, 1276. 217  EGMR, Urteil vom 8.6.2006 – Nr. 75529/01 (Sürmeli/Deutschland), NJW 2006, 2389 (2392 Rn. 109); Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291). 218  BVerfG, Beschluss vom 24.9.2009 1 BvR 1304/09 – (zur Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes durch Untätigkeit des Sozialgerichts über den Abschluss des Verfahrens), NZS 2010, 381 ff.; Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Per­ spektive, NJW 2012, 1 (5); Heine, Die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen und zum Verfahren der auf § 198 GVG gestützten Entschädigungsklage, MDR 2013, 1147 (1150); Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute159

Mit der Verfassungsbeschwerde wollte der Gesetzgeber einheitlich die Möglichkeit schaffen, Grundrechtsverletzungen abzuhelfen. Sie war in Art. 98 des Herrenchiemseer Verfassungsentwurfes vorgesehen.221 Zunächst war sie jedoch nur einfachgesetzlich in § 90 BVerfGG verankert.222 Später wurde die Verfassungsbeschwerde im Zuge der Notstandsverfassung in Art. 93 GG aufgenommen.223 Es handelt sich um einen übergeordneten Rechtsbehelf, auf den aus allen Verfahrensordnungen verwiesen werden kann. c) Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG Als Kompensationsmöglichkeit für Schäden infolge der drittbezogenen Verletzung einer Amtspflicht kam lediglich der Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG in Betracht.224 Dieser ist gemäß Art. 34 Satz 3 GG und § 40 Abs. 2 VwGO auf dem Zivilrechtsweg einklagbar.225 Der Anspruch setzt jedoch ein Verschulden voraus und ermöglicht nur eine Kompensation von Vermögensschäden.226 Immaterielle Nachteile können nicht ausgeglichen werden.227 Im Falle einer pflichtwidrigen Verzöge219  EGMR, Urteil vom 8.6.2006 – Nr. 75529/01 (Sürmeli/Deutschland), NJW 2006, 2389 (2391 Rn. 106); Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291). 220  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291). 221  Walter, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 93 GG Rn. 49. 222  Walter, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 93 GG Rn. 51. 223  BT-Drs. 5/3506 (neu), 1; Walter, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 93 GG Rn. 51; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2018, Art. 93 GG Rn. 17. 224  BT-Drs. 17/3802, 1, 15; zum Amtshaftungsanspruch Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (5 f.); Brüning, Staatshaftung bei überlanger Dauer von Gerichtsverfahren, NJW 2007, 1094 ff.; Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (291); Remus, Amtshaftung bei verzögerter Amtstätigkeit des Richters, NJW 2012, 1403 (1405 ff.). 225  Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84.  EL August 2018, Art. 34 GG Rn. 317. 226  BR-Drs. 540/10, 2; BT-Drs. 17/3802, 2; Althammer, Schmerzensgeld wegen überlanger Dauer von Zivilverfahren, JZ 2011, 446 (448). 227  BR-Drs. 540/10, 2; BT-Drs. 17/3802, 2; vergleiche dazu Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 58.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

rung der Ausübung des Amtes findet das in § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB normierte Spruchrichterprivileg keine Anwendung.228 Dies ergibt sich aus § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB. Das bedeutet, dass die Begrenzung auf eine Haftung für Straftaten nicht eingreift. Dennoch stellt das verbleibende Erfordernis des Verschuldens eine Hürde für die Geltendmachung des Anspruches dar. Materiell-rechtlich ist der Amtshaftungsanspruch einheitlich ausgestaltet. Die gesetzgeberische Rechtswegzuweisung des Amtshaftungsanspruches zu den ordentlichen Gerichten ist von historischen Zufälligkeiten bedingt.229 Zu der Zeit, zu der er sich herausgebildet hat, war ein effektiver Rechtsschutz nur vor den ordentlichen Gerichten möglich.230 Aus der Rechtswegzuweisung des Amtshaftungsanspruches zu den ordentlichen Gerichten kann nach der Gesetzgebungsgeschichte231 insbesondere kein Vorrang des Zivilrechtsweges beziehungsweise der ZPO abgeleitet werden. d) Außerordentliche Beschwerde Weiterhin wurde in besonderen Fällen eine außerordentliche Beschwerde zugelassen.232 Diese war in der Zivilgerichtsbarkeit anders als in der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit größtenteils akzeptiert.233 Bei der außer­ ordentlichen Beschwerde handelte es sich um einen mittels richterlicher Rechtsfortbildung entwickelten Rechtsbehelf.234 Kritisch zu bewerten war, dass dieser Rechtsbehelf daher nicht dem Gebot der Rechtsbehelfsklarheit entsprach.235 Dies konnte dazu führen, dass das Recht auf effektiven Rechtsschutz beeinträchtig war, weil dem Rechtsuchenden der Zugang zu den Gerichten erschwert wurde.236 Allerdings waren die außerordentlichen Beschwerden als Einzelfälle anzusehen.237 228  Vergleiche dazu OLG München, Beschluss vom 25.11.2011 – 1 W 2105/11 (Staatshaftung für richterliche Tätigkeiten und Maßnahmen der Staatsanwaltschaft), BeckRS 2011, 27318. 229  Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 34 GG Rn. 305 f. 230  Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 34 GG Rn. 306; Papier, Staatshaftung kraft „Überlieferung“?, JZ 1975, 585 ff. 231  Zur Gesetzgebungsgeschichte Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, 84. EL August 2018, Art. 34 GG Rn. 1 ff. 232  BR-Drs. 540/10, 1, 19; BT-Drs. 17/3802, 1, 15; BT-PlPr. 17/84, 9494C (9536C). 233  BT-Drs. 17/3802, 38, 43; Steinbeiß-Winkelmann, Überlange Gerichtsverfahren – der Ruf nach dem Gesetzgeber, ZRP 2007, 177 (178 ff.). 234  BR-Drs. 540/10, 2; BT-Drs. 17/3802, 1. 235  BVerfG, Beschluss vom 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 (fachgerichtlicher Rechtsschutz), E 107, 395 (416); BR-Drs. 540/10, 2; BT-Drs. 17/3802, 1. 236  Siehe zum Justizgewährleistungsanspruch § 2 C. I. 1.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute161

e) Untätigkeitsklage, § 75 VwGO, § 46 FGO, § 88 SGG Erwähnenswert sind im Zusammenhang mit dem Rechtsschutz bei unangemessener Verfahrensdauer auch die gerichtlichen Rechtsbehelfe bei unangemessen langer Dauer des Vorverfahrens in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen.238 Erstreckt sich das Vorverfahren über einen unangemessen langen Zeitraum, besteht gemäß § 75 VwGO, § 46 FGO und § 88 SGG die Möglichkeit, Untätigkeitsklage zu erheben. Diese Regelungen beziehen sich jedoch nicht auf die unangemessen lange Dauer des Gerichtsverfahrens selbst und liegen daher außerhalb des eigentlichen Untersuchungsgegenstandes. Es sei nur so viel gesagt, dass es sich bei den Regelungen zur Untätigkeitsklage um eigenständige Regelungen in den Prozessrechtsordnungen handelt. Während die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG eine echte Bescheidungsklage ist, wird mit den Regelungen in § 75 VwGO und § 46 FGO die Vornahme oder der Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt.239 Voraussetzung für die Erhebung der Untätigkeitsklage ist, dass die Behörde nicht innerhalb der sogenannten Sperrfrist tätig wird.240 Diese beträgt bei der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO drei Monate, bei der Untätigkeitsklage nach § 46 FGO sechs Monate und bei der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG drei bis sechs Monate. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass nach dem SGG das Fehlen eines zureichenden Grundes für die Erhebung der Untätigkeitsklage keine echte Prozessvoraussetzung ist.241 Die VwGO setzt dagegen das Bestehen eines zureichenden Grundes und die FGO die Mitteilung eines zureichenden Grundes für die Zulässigkeit der Klage voraus.242 Der einheitliche Zweck der Vorschriften wurde bei ihrem ursprünglichen Erlass in der Verfah-

237  BT-Drs. 17/3802, 43.

238  BT-Drs. 17/3802, 17; allgemein zum Vorverfahren in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen vergleiche Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Das Widerspruchsverfahren als Voraussetzung des Gerichtszuganges in VwGO, FGO und SGG, NVwZ 2011, 914 ff. 239  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 88 SGG Rn. 2 mit weiteren Nachweisen. 240  Zur Bedeutung der Sperrfrist vergleiche Leisner, Die untätige Behörde, Verw­ Arch 91 (2000), 227 (240 ff.). 241  Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer u. a. (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 88 SGG Rn. 6; andere Ansicht Hintz, in: Rolfs/Giesen/ Kreikebohm u.  a. (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar Sozialrecht, 51. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 88 SGG Rn. 4. 242  Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO Kommentar, 24. Aufl., 2018, § 75 VwGO Rn. 8; Harder, Die Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO, DB 1995, 1583 (1585).

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

rensbeschleunigung gesehen.243 Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu § 44 FGO wurde auf die VwGO-Regelung verwiesen.244 2. ÜberlVfRSchG a) Regelungssystematik Das ÜberlVfRSchG setzt sich aus vierundzwanzig Artikeln zusammen. Relevant für die Analyse sind Art. 1, Art. 5 und Art. 7–9 ÜberlVfRSchG. Mit Art. 1 ÜberlVfRSchG wurde das GVG um einen 17. Titel ergänzt. Eingefügt wurden die §§ 198–201 GVG. § 198 GVG normiert einen Anspruch auf Entschädigung wegen einer unangemessen langen Verfahrensdauer.245 Es handelt sich um einen staatshaftungsrechtlichen Anspruch sui generis.246 Die Regelung enthält sowohl die materiellen Voraussetzungen, aus denen sich das Vorliegen des Anspruches ergibt, als auch prozessuale Voraussetzungen für dessen Geltendmachung. § 198 GVG gilt für Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 1 GVG. Sonderregelungen sind nach § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 2 GVG für das Insolvenzverfahren zu beachten. Der Entschädigungsanspruch kann nur durch Verfahrensbeteiligte im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG geltend gemacht werden.247 Voraussetzung für das Bestehen eines Entschädigungsanspruches ist nach § 198 Abs. 1 GVG die unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens, die anhand der Umstände des Einzelfalles zu bewerten ist. Daneben ist ein durch die unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens erlittener Nachteil erforderlich. Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach § 198 Abs. 2 GVG vermutet. Hintergrund der Regelung ist, dass ein solcher Nachteil schwer zu beweisen ist.248 243  BT-Drs.

1/4357, 27; BT-Drs. 4/1446, 47; BT-Drs. 3/55, 38. 4/1446, 47; zu BT-Drs. 4/3523, 6. 245  Zu den möglichen Ursachen überlanger Verfahrensdauern vergleiche Keders, Langdauernde Zivilverfahren – Ursachen überlanger Verfahrensdauern und Abhilfemöglichkeiten, NJW 2013, 1697 ff. 246  BT-Drs. 17/3802, 19; Reiter, Die Rechtsnatur des Entschädigungsanspruchs wegen unangemessener Verfahrensdauer, NJW 2015, 2554 (2555); Tiedemann, Das neue Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, ArbR 2011, 382. 247  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1. 248  Graf, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GVG, Stand: 1.9.2018, § 198 GVG vor Rn. 1. 244  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute163

Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG muss mindestens sechs Monate vor Geltendmachung des Entschädigungsanspruches eine Verzögerungsrüge erhoben worden sein.249 Bei dieser von der Verzögerungsrüge abhängigen Wartefrist handelt es sich um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für den Entschädigungsanspruch.250 Die Verzögerungsrüge ist in § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG legaldefiniert. Sie ist nicht als förmlicher Rechtsbehelf einzuordnen.251 Die Verzögerungsrüge stellt eine doppelt relevante Tatsache dar, da ihre Erhebung zum richtigen Zeitpunkt auch eine Voraussetzung für die Begründetheit des Entschädigungsanspruches ist.252 Die Entschädigungsklage kann nach § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG spätestens sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Erledigung des Verfahrens erhoben werden.253 Auch bei dieser Frist handelt es sich um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung.254 Neben die Entschädigung oder an die Stelle der Entschädigung kann auch die Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 GVG treten.255 Allerdings kann nicht unmittelbar auf Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer geklagt werden.256 249  Deeg, Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren – Auswirkungen im arbeitsgerichtlichen Verfahren, ArbRAktuell 2012, 415 (416). 250  Pondelik, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer vor den Finanzgerichten, SteuK 2014, 334 (335); Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 247. 251  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (292 f.); siehe § 3 D. I. 2. b) aa). 252  Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 247. 253  Deeg, Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren – Auswirkungen im arbeitsgerichtlichen Verfahren, ArbRAktuell 2012, 415 (416). 254  Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 256. 255  Vergleiche dazu näher Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens, NJW 2015, 433 ff. 256  BGH, Urteil vom 23.1.2014 – III ZR 37/13 – (Entschädigungsklage wegen überlang andauerndem Ausgangsverfahren), NJW 2014, 939 (939 Leitsatz 2); Reiter, Die Rechtsnatur des Entschädigungsanspruchs wegen unangemessener Verfahrensdauer, NJW 2015, 2554 (2558 f.); Schlick, Die Rechtsprechung des BGH zur öffentlich-rechtlichen Entschädigung, NJW 2014, 2686 (2689); Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 262; andere Ansicht Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens, NJW 2015, 433 ff.; Schenke, Rechtsschutz bei überlanger Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren, NVwZ 2012,

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

§ 199 GVG modifiziert § 198 GVG für das strafrechtliche Verfahren257 und wird daher von der Analyse ausgeschlossen. In § 200 GVG ist die Haftung für Verzögerungen geregelt. Die Vorschrift bestimmt, dass der Bund und das entsprechende Land jeweils für Verzögerungen haften, die die ihnen zugeordneten Gerichte verursacht haben.258 Der Bund und die Länder sind damit für Entschädigungsklagen passivlegitimiert.259 § 201 Abs. 1 GVG regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit für Entschädigungsklagen bei überlangen Gerichtsverfahren.260 Für Entschädigungsklagen gegen ein Land sind die Oberlandesgerichte der Bezirke, in denen das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wird, ausschließlich zuständig.261 Für Entschädigungsklagen gegen den Bund ist der BGH ausschließlich zuständig. § 201 Abs. 2 GVG bestimmt, dass die Vorschriften der ZPO für die landgerichtlichen Verfahren im ersten Rechtszug entsprechend anzuwenden sind und eine Entscheidung durch den Einzelrichter ausgeschlossen ist. Letzteres trägt der Annahme Rechnung, dass Entscheidungen durch Kollegialspruchkörper eine höhere Qualität hätten.262 Weiterhin wird auf Ent257 (264); Wolff, Der Verzögerungsentschädigungsanspruch im öffentlichen Recht, VR 2012, 289 (292); wohl auch BVerwG, Urteil vom 11.7.2013 – 5 C 23/12 D (Entschädigung wegen unangemessener Dauer des Gerichtsverfahrens), NJW 2014, 96 (103 Rn.  59 ff.); Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (6). 257  Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 199 GVG Rn. 1. 258  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 200 GVG Rn. 1 ff. 259  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1; Wolff, Der Verzögerungsentschädigungsanspruch im öffentlichen Recht, VR 2012, 289 (291). 260  Wittschier, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 201 GVG Rn. 1. 261  Diese Regelung wurde nochmals geändert durch Art. 1 Nr. 6a des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung sowie zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes (GVerfÄndG) vom 6.11.2011 (BGBl I 2011, 2554 ff.). Zuvor sprach sie dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Regierung des beklagten Landes ihren Sitz hatte, die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen auf Entschädigung gegen ein Land zu. Durch Art. 1 Nr. 6b desselben Gesetzes wurde Art. 201 Abs. 1 Satz 4 GVG vom 24.11.2011 aufgehoben, der ursprünglich regelte, dass die Präsidenten der Gerichte und ihre ständigen Vertreter an Entscheidungen über einen Anspruch nach § 198 GVG nicht mitwirken sollten. Siehe auch § 3 D. I. 2. b) aa). 262  BT-Drs. 17/3802, 25; Geipel, Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren aus zivilrechtlicher Sicht, ZAP 2012, 111 (118).



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute165

scheidungen des Oberlandesgerichts die Vorschrift des § 543 ZPO zur Zulassungsrevision angewandt und auch eine entsprechende Anwendung des § 544 ZPO geregelt. Nach § 201 Abs. 3 Satz 1 GVG kann das Entschädigungsverfahren ausgesetzt werden, wenn das Verfahren, von dessen Dauer der Verzögerungsanspruch abhängt, noch nicht beendet ist. Dies gibt dem Gericht die Möglichkeit, die Prozesse sinnvoll aufeinander abzustimmen.263 Bei Strafverfahren ist die Aussetzung nach § 201 Abs. 3 Satz 2 GVG zwingend. Bei unangemessener Verfahrensdauer, aber dennoch vollständigem oder teilweisem Nichtbestehen eines Entschädigungsanspruches, kann das Gericht nach § 201 Abs. 4 GVG die Kosten nach billigem Ermessen festlegen.264 Durch Art. 5 ÜberlVfRSchG wurde die Vorschrift des § 41 ZPO zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Richters um eine Nr. 7 erweitert.265 Diese bestimmt, dass ein Richter, der in dem als überlang angegriffenen Verfahren mitgewirkt hat, nicht in seiner Funktion über den Entschädigungsanspruch entscheiden darf. Art. 7 Nr. 4 ÜberlVfRSchG erweiterte § 183 SGG um einen weiteren Satz, nach dem die Kostenfreiheit nicht bei Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens gilt. Durch Art. 7 Nr. 5 ÜberlVfRSchG wurde § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG dahingehend ergänzt, dass bei Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens Kosten nach dem GKG erhoben werden. Dies gilt auch bei Kostenfreiheit des Ausgangsverfahrens.266 Art. 7 Nr. 6 Überl­ VfRSchG ergänzte die Verweisungsnorm des § 202 SGG um einen neuen Satz 2. Dieser regelt, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG im Sozialgerichtsprozess mit einigen Modifikationen entsprechend anwendbar sind. An die Stelle des Oberlandesgerichts tritt das Landessozialgericht. Statt des BGH ist nunmehr das BSG zuständig. Die ZPO wird durch das SGG ersetzt. Der Verweis auf die Regelungen zum Rechtsschutz bei überlangen Verfahren ist notwendig, da diese sich nicht auf Verfahrensregelungen beschränken, sondern auch Regelungen zur Gerichtsbarkeit enthalten.267 Durch Art. 8 ÜberlVfRSchG wurde in § 173 VwGO eine neue § 202 Satz 2 SGG entsprechende Regelung als Satz 2 eingefügt. Die Vorschriften 263  Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 201 GVG Rn. 19. 264  Rathmann, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 7.  Aufl., 2017, § 201 GVG Rn. 6; vergleiche dazu näher Breitkreuz, Effektiver Rechtsschutz zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes, ASR 2012, 2 (6). 265  Heinrich, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 41 ZPO Rn. 1. 266  Vergleiche dazu Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 197a SGG Rn. 1. 267  BT-Drs. 17/3802, 29; Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 202 SGG Rn. 4.

166

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

des 17. Titels des GVG werden dadurch im Verwaltungsprozess für entsprechend anwendbar erklärt. An die Stelle des Oberlandesgerichts tritt das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des BGH das BVerwG und an die Stelle der ZPO die VwGO. Art. 9 ÜberlVfRSchG modifizierte die Generalverweisungsnorm des § 155 FGO nach dem Vorbild von § 202 SGG und § 173 VwGO. Der 17. Titel des GVG wurde wiederum für entsprechend anwendbar erklärt, indem ein neuer Satz eingefügt wurde. Statt des Oberlandesgerichts und des BGH wird nunmehr der BFH genannt. An die Stelle der ZPO tritt die FGO. Klarstellend wird erwähnt, dass auch hier die Regelungen zum Verfahren im ersten Rechtszug entsprechend anwendbar sind.268 b) Relevanz des Einheitsgedankens aa) GVG Die Verortung der Regelungen des ÜberlVfRSchG im für die ordentliche Gerichtsbarkeit allgemein geltenden GVG und die Verweisungen in VwGO, FGO und SGG zeigen bereits, dass die Regelungen in den analysierten Verfahrensordnungen einheitlich gelten sollen.269 In der Gesetzesbegründung werden immer wieder die Rechtsprechung des EGMR und der grundgesetzlich gewährleistete effektive Rechtsschutz herangezogen, um die Regelungen zu rechtfertigen.270 Insbesondere die Urteile Sürmeli/Deutschland271 und Rumpf/Deutschland272 werden wiederholt genannt.273 In diesen hat der 268  Marx, in: Marx/Roderfeld (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 155 FGO Rn. 16. 269  Der neue Rechtsbehelf soll sich ausdrücklich auf alle gerichtlichen Verfahren und das Verfahren zur Vorbereitung der öffentlichen Klage im Strafverfahren beziehen (vergleiche BT-Drs. 17/3802, 2, 18; BT-Drs. 17/7217, 27; BT-PlPr. 17/84, 9494C [9538D]). 270  BT-Drs. 17/3802, 1, 15, 16, 18, 39; BT-Drs. 17/7217, 1; BR-PlPr. 875, 377B (378B, 391C f.); BT-PlPr. 17/84, 9494C (9536B f., 9539A); BT-PlPr. 17/130, 15348C (15469C ff.); vergleiche dazu auch Roller, Rechtsschutz bei überlangen Verfahren – eine Zwischenbilanz, DRiZ 2015, 66. 271  EGMR, Urteil vom 8.6.2006 – Nr. 75529/01 (Sürmeli/Deutschland), NJW 2006, 2389. 272  EGMR, Urteil vom 2.9.2010 – Nr. 46344/06 (Rumpf/Deutschland), NJW 2010, 3355. Das Verfahren wurde vom EGMR als Pilotverfahren geführt (Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493). 273  BT-Drs. 17/3802, 33 ff.; näher dazu Kirchberg, Überlange Verfahrensdauer in der Verwaltungsgerichtsbarkeit – wie wirksam ist der Rechtsschutz nach § 198 GVG?, DVBl 2015, 675 (676  f.); Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 335.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute167

EGMR die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, einen wirksamen Rechtsbehelf zu schaffen, mit dem sich ein Betroffener gegen die überlange Verfahrensdauer vor den deutschen Gerichten wehren kann.274 Der neue Rechtsbehelf soll das Verfahren abschließend und umfassend regeln.275 Der Amtshaftungsanspruch bleibt jedoch parallel anwendbar.276 Da die Regelungen des GVG unmittelbar für die ordentliche Gerichtsbarkeit gelten,277 wird an vielen Stellen auf zivilprozessuale Spezifika eingegangen. Beispielsweise soll die Kosten-Nutzen-Relation der Justiz insgesamt erhöht werden.278 Um die voraussichtlichen Kosten, die aus dem neuen Rechtsbehelf resultieren, zu kalkulieren, wird auf die durchschnittliche Dauer zivilprozessrechtlicher Verfahren eingegangen.279 Relativierend wird angedeutet, dass die Verfahrensdauer in den Gerichtsbarkeiten unterschiedlich ist.280 Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass die Verfahren nach der ZPO vorrangig im Fokus standen. Dass vor allem im Rahmen der Zivilprozesse das Problem des fehlenden Bürgervertrauens besteht, wenn der Prozess zu lange andauert, wurde im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt.281 Obwohl der Gesetzgeber seinen Wunsch nach einem einheitlichen Verfahren immer wieder betonte, geht er an vielen Stellen in den Gesetzgebungsmaterialien darauf ein, dass die Besonderheiten der anderen Verfahrensordnungen Berücksichtigung finden müssen.282 Dies zeigt sich auch in der Einzelbegründung der GVG-Vorschriften. So soll, um die Unangemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG festzustellen, das Gesamtverfahren betrachtet werden.283 Daneben soll das Gleichgewicht zwischen dem Interesse an einer zügigen Bearbeitung und dem Interesse an einem gründlichen Verfahren unter Berücksichtigung der Verfahrensgrundsätze gewahrt werden.284 Insofern wird 274  BT-Drs. 17/3802, 1; Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173. 275  BT-Drs. 17/3802, 16; BR-PlPr. 875, 377B (378A). 276  BR-Drs. 540/10, 21, 26; BT-Drs. 17/3802, 16, 19. Eine einheitliche Kodifizierung des Staatshaftungsrechts ist mit dem ÜberlVfRSchG nicht initiiert (BT-PlPr. 17/130, 15348C [15469C, 15471A f.]). 277  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 3; zu den Regelungen des Entschädigungsanspruches speziell vergleiche BT-Drs. 17/3802, 22. 278  BT-Drs. 17/3802, 2; BR-PlPr. 875, 377B (378B); BT-PlPr. 17/84, 9494C (9539B). 279  BT-Drs. 17/3802, 39, 43. 280  BT-Drs. 17/3802, 43. 281  BT-PlPr. 17/84, 9494C (9536B). 282  BT-Drs. 17/3802, 16 f., 25, 34. 283  BT-Drs. 17/3802, 18. 284  BT-Drs. 17/3802, 18.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

nicht zwischen den einzelnen Prozessrechtsordnungen differenziert. Der Bundesrat wollte jedoch klargestellt wissen, dass bei der Bestimmung der Angemessenheit der Verfahrensdauer die Besonderheiten der jeweiligen Prozessrechtsordnungen zu berücksichtigen sind.285 Damit könnten insbesondere der Grundsatz der Amtsermittlung sowie die unterschiedliche Ausgestaltung der Instanzenzüge bei der Anwendung der Regelung beachtet werden.286 Die Bundesregierung sah dies als selbstverständlich an.287 Dies spricht für ein starkes Bewusstsein der Unterschiede zwischen den Prozessrechtsordnungen, die besonders bei den GVG-Regelungen Berücksichtigung finden müssen. Die Begründung zu § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG verdeutlicht, dass in allen Verfahrensordnungen außer der StPO auf die Rechtsprechung des EGMR abgestellt werden kann, um zu untermauern, dass bei immateriellen Nachteilen eine Wiedergutmachung statt einer Entschädigung ausreichend ist.288 In diesen Fällen ist das Entschädigungsbegehren abzuweisen. Für die Urteilsabfassung wird auf § 313a ZPO und die entsprechenden Vorschriften in den anderen Verfahrensordnungen hingewiesen.289 Diese regeln, in welchen Fällen die Begründungspflicht eines Urteils entfällt. Dabei ist zu beachten, dass eine Begründung des Urteils aus konventionsrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich ist.290 Dies gilt auch für die VwGO, die FGO und das SGG. § 313a ZPO ist in der VwGO, der FGO und dem SGG mangels Regelungslücke nicht über die jeweilige Generalverweisung anwendbar.291 Stattdessen beinhalten die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen eigene Vorschriften zur Begründungspflicht. In der VwGO sind hier die §§ 117 Abs. 5, 84 Abs. 4, 130b und 144 Abs. 7 VwGO zu nennen.292 Für die FGO kann auf die §§ 105 Abs. 5, 90a Abs. 4 und 126 Abs. 6 FGO verwiesen werden und für das SGG auf die §§ 136 Abs. 5, 105 Abs. 4, 153 Abs. 1, Abs. 2 und 170 Abs. 3 SGG. Der sich aus konventionsrechtlichen Gesichtspunkten ergebenden Begründungspflicht ist also im Rahmen unterschiedlicher Vorschriften 285  BT-Drs. 17/3802, 34; näher dazu Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Einführung Rn. 344. 286  BT-Drs. 17/3802, 34. 287  BT-Drs. 17/3802, 40. 288  BR-Drs. 540/10, 26; BT-Drs. 17/3802, 19. 289  BR-Drs. 540/10, 27; BT-Drs. 17/3802, 20. 290  BT-Drs. 17/3802, 20; EGMR, Urteil vom 29.3.2006 – Nr. 36813/97 (Scordino/ Italien, Nr. 1), NJW 2007, 1259 (1265 Rn. 204). 291  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 239; Söhngen, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 202 SGG Rn. 40. 292  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 239.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute169

nachzukommen. Trotz der einheitlichen Regelung im GVG müssen die Besonderheiten der Verfahrensordnungen beachtet werden. Der in § 198 Abs. 3 GVG verorteten Verzögerungsrüge wird eine Warnfunktion zugeschrieben.293 Bei der Erhebung der Verzögerungsrüge ist der Kläger nicht beweispflichtig für die Umstände, auf denen seines Erachtens die unangemessene Verfahrensdauer basiert.294 Die Begründung des Gesetzesentwurfes weist darauf hin, dass eine Darlegungs- und Beweispflicht des Klägers vor dem Oberlandesgericht und dem BGH besteht, wenn er auf Entschädigung klagt.295 Es wird betont, dass die in den übrigen Verfahrensordnungen geltenden Besonderheiten bei der Anwendung der GVG-Regelungen zu berücksichtigen sind.296 Diese ergeben sich in diesem Fall vor allem daraus, dass im zivilprozessualen Verfahren im Gegensatz zu den öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen der Beibringungsgrundsatz gilt.297 Der Bundesrat wollte den Gerichten in bestimmten Fällen die Möglichkeit einräumen, die Entschädigungsklage durch Beschluss zurückzuweisen, wenn die Voraussetzungen der § 198 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 GVG nicht vorlagen.298 Um dies zu regeln, wurde ein neuer § 198 Abs. 5 Satz 3-Satz 8 GVG vorgeschlagen. Voraussetzung für die Zurückweisung durch Beschluss sollte sein, dass die Klage nicht dem Interesse der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung diente oder offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte.299 Entsprechend § 522 Abs. 2 ZPO sollte der Beschluss einstimmig gefasst werden.300 Vorgesehen war auch die Unanfechtbarkeit des Beschlusses.301 Die Bundesregierung lehnte diesen Vorschlag ab.302 Sie begründete dies damit, dass auch im Zivilprozess unzulässige Klagen durch Urteil nach mündlicher Verhandlung als unzulässig abgewiesen werden.303 Dies gilt auch für VwGO, FGO und SGG.304. Weiterhin wurde darauf eingegangen, dass Entscheidungen des Oberlandesgerichts nur nach Zulassung der Revision anfechtbar seien.305 Dies bezieht sich auch auf die Entscheidungen des Oberverwaltungs293  BR-Drs.

540/10, 28 ff.; BT-Drs. 17/3802, 20 f. 21. 295  BT-Drs. 17/3802, 21, 25. 296  BR-Drs. 540/10, 29; BT-Drs. 17/3802, 21. 297  BT-Drs. 17/3802, 21. 298  BT-Drs. 17/3802, 35 f. 299  BT-Drs. 17/3802, 35 f. 300  BT-Drs. 17/3802, 36. 301  BT-Drs. 17/3802, 36. 302  BT-Drs. 17/3802, 41. 303  BT-Drs. 17/3802, 41. 304  § 101 VwGO, § 90 FGO, § 124 SGG. 305  BT-Drs. 17/3802, 41 f. 294  BT-Drs. 17/3802,

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

gerichts und des Landessozialgerichts.306 Entscheidungen des BFH im Entschädigungsverfahren sind hingegen nicht im Rahmen der Revision anfechtbar.307 Trotz dieser Parallelen und Unterschiede geht die Bundesregierung in ihrer Begründung nur auf die ZPO ein und betont so deren Vorrang. Die Definitionen des Begriffs des Gerichtsverfahrens und des Verfahrensbeteiligten in § 198 Abs. 6 GVG beziehen sich auf Verfahren in allen Gerichtsbarkeiten sowie auf alle am Verfahren Beteiligten.308 Bei der Erläuterung zum Begriff der Verfahrensbeteiligten wird darauf hingewiesen, dass der Begriff den unterschiedlichen Sprachgebrauch der Verfahren vor den ordentlichen Gerichten berücksichtigt.309 Bei Anwendung der Norm in Verfahren vor anderen Gerichten ist daher der Sprachgebrauch anzupassen.310 So sind als Verfahrensbeteiligte sowohl die Parteien im Zivilprozess als auch die Beteiligten in den Verfahren vor den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten anzusehen.311 Bei der Erläuterung der Zuständigkeitsaufteilung zwischen Oberlandesgerichten und Bundesgerichten in § 201 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GVG wird nochmals darauf verwiesen, dass die Regelung sinngemäß auf die anderen Verfahrensordnungen übertragen werden muss.312 Um eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten, kann der GmS-OGB angerufen werden.313 Es war also trotz Zuweisung der Entscheidung über die Entschädigung an die jeweiligen sachkundigen Gerichte314 Einheitlichkeit gewollt.315 Um die Pro306  Geis/Thirmeyer, Revision und Beschwerde im Verwaltungsprozess, JuS 2013, 799 ff.; Berchthold/Guttenberger, Wem kommt die Zulassung der Revision zugute?, NZS 2017, 121 ff.; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 173 VwGO Rn. 17 f.; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 202 SGG Rn. 10. 307  Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 155 FGO Rn. 8. 308  BR-Drs. 540/10, 31 f.; BT-Drs. 17/3802, 22 f. 309  BR-Drs. 540/10, 33; BT-Drs. 17/3802, 23. 310  BR-Drs. 540/10, 33; BT-Drs. 17/3802, 23. 311  BR-Drs. 540/10, 33; BT-Drs. 17/3802, 23. 312  BR-Drs. 540/10, 35; BT-Drs. 17/3802, 25; Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (6). 313  BT-Drs. 17/3802, 25. 314  BT-Drs. 17/3802, 25; die Zuweisung wohl missverstehend BT-PlPr. 17/84, 9494C (9538A); siehe dazu näher § 3 Fn. 368. 315  Dazu Steinbeiß-Winkelmann/Sporrer, Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, NJW 2014, 177. Dass eine einheitliche Rechtsprechung gewollt ist, ergibt sich zum Beispiel aus BR-Drs. 540/10, 35; BT-Drs. 17/3802, 25; BT-Drs. 17/7217, 23 und BT-PlPr. 17/130, 15348C (15471D).



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute171

rogation nach § 38 ZPO und eine Begründung von Zuständigkeiten kraft ­rügeloser Einlassung im Sinne von § 39 ZPO zu vermeiden, enthält § 201 Abs. 1 Satz 3 GVG die Anordnung der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit.316 Dies ist nur für das zivilprozessuale Verfahren relevant, da die §§ 38 ff. ZPO in den anderen Verfahrensordnungen keine Anwendung finden.317 Hier wird deutlich, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen der Begründung an den ZPO-Vorschriften orientiert. Der Bundesrat schlug zudem vor, Dekonzentrationsermächtigungen für die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch in § 201 Abs. 1 Satz 5 und Satz 6 GVG zu erteilen.318 So sollten die Länder für einen Bezirk weitere Oberlandesgerichte für zuständig erklären können oder die Zuständigkeit eines anderen Oberlandesgerichts begründen können.319 Der Bundesrat argumentierte, dass das örtlich grundsätzlich zuständige Gericht auch über die Revision oder Berufung entscheide.320 Eine divergierende Rechtsprechung sei aufgrund der Möglichkeit der Revision nach § 201 Abs. 2 Satz 3 GVG nicht zu befürchten.321 Die Bundesregierung lehnte die vorgeschlagenen Dekonzentrationen wegen der Gefahr der Zersplitterung der Zuständigkeiten ab.322 Für den Rechtsuchenden sei es so schwieriger herauszufinden, welches Gericht zuständig sei.323 Das Argument der Zuständigkeit des örtlich zuständigen Gerichts für Revisions- und Berufungsverfahren greife nicht, da im Entschädigungsprozess keine Sachprüfung stattfinde.324 Es war prozessordnungsinterne Einheitlichkeit gewolllt. Kurze Zeit später wurde im Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Haupt­ verhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher

316  BT-Drs. 17/3802, 25; vergleiche dazu auch Brummund, Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, JA 2012, 213 (215). 317  Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 117; Redeker, in: Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 16. Aufl., 2014, § 52 VwGO Rn. 2; Söhngen, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 202 SGG Rn. 20; Herbert, in: Gräber (Hrsg.), FGO Finanzgerichtsordnung Kommentar, 8. Aufl., 2015, § 38 FGO Rn. 3. 318  BT-Drs. 17/3802, 37, 42. 319  BT-Drs. 17/3802, 37. 320  BT-Drs. 17/3802, 37. 321  BT-Drs. 17/3802, 37. Eine Revision gegen die Entscheidung des BFH ist nicht mehr möglich (siehe § 3 D. I. 2. b) cc)). Allerdings drohen im Hinblick auf seine Entscheidungen anders als bei mehreren Oberlandesgerichten evident keine Divergenzen. 322  BT-Drs. 17/3802, 42. 323  BT-Drs. 17/3802, 42. 324  BT-Drs. 17/3802, 42.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

­orschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes (GVerfÄndG)325 vom V 6.11.2011 eine bundeseinheitliche Dekonzentration für das Entschädigungsverfahren eröffnet,326 nach der das Oberlandesgericht zuständig ist, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wird.327 Es war wiederum prozessordnungsinterne Einheitlichkeit gewollt. Weiterhin sah der Bundesrat in § 201 Abs. 1 Satz 7 GVG eine Konzentrationsermächtigung vor.328 Ein Oberlandesgericht sollte für mehrere Bezirke oder das gesamte Gebiet mehrerer Länder für zuständig erklärt werden können.329 Länderübergreifende Konzentrationsermächtigungen wurden insgesamt abgelehnt, weil sie dem Wesen der ZPO widersprechen.330 Daneben führten sie zu Unklarheiten für den Rechtsuchenden.331 Wieder wurde argumentativ ein Beispiel aus der ZPO herangezogen, um Einheitlichkeit zu erreichen. Die Begründung zu § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG verweist darauf, dass die Vorschriften über den erstinstanzlichen Zivilprozess vor den LGen Anwendung finden und zudem Anwaltszwang nach § 78 ZPO besteht.332 Erneut wird betont, dass der Kläger vor dem Oberlandesgericht und dem BGH darlegen und beweisen muss, dass er Verzögerungsrüge erhoben hat.333 Dasselbe gilt für die Tatsachen, aus denen sich seines Erachtens die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens ergibt.334 Grund hierfür ist die Geltung des Beibringungsgrundsatzes.335 Bei der Übertragung der Vorschrift auf die Verfahren in den anderen Gerichtsbarkeiten sind wiederum die Besonderheiten der entsprechenden Verfahrensordnungen zu berücksichtigen.336 Die Begründung ist an der ZPO ausgerichtet. Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages verdeutlicht in § 201 Abs. 2 Satz 2 GVG, dass nur eine Sachentscheidung durch 325  BGBl

I 2011, 2554 ff. näher BT-Drs. 17/7669, 3; BR-PlPr. 888, 485B (497C); siehe § 3 D. I. 2. a). 327  Diese wurde jedoch in der ursprünglichen Fassung des ÜberlVfRSchG nicht berücksichtigt, sondern erst durch eine Gesetzesänderung einen Monat nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG (auf die Änderung hinweisend Breitkreuz, Effektiver Rechtsschutz zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes, ASR 2012, 2); siehe §  3  D. I. 2. a); §  3 Fn.  261. 328  BT-Drs. 17/3802, 37. 329  BT-Drs. 17/3802, 37. 330  BT-Drs. 17/3802, 42. 331  BT-Drs. 17/3802, 42; siehe dazu § 2 C. II. 3. b). 332  BT-Drs. 17/3802, 25. 333  BT-Drs. 17/3802, 25. 334  BT-Drs. 17/3802, 25. 335  BT-Drs. 17/3802, 25; siehe § 2 C. II. 1. b). 336  BR-Drs. 540/10, 36; BT-Drs. 17/3802, 25. 326  Dazu



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute173

den Einzelrichter ausgeschlossen ist.337 Er reagierte damit auf eine Prüfbitte des Bundesrates.338 Durch die Änderung werde klargestellt, dass sowohl der obligatorische Einzelrichter nach § 348a ZPO als auch der originäre Einzelrichter nach § 348 ZPO gemeint seien.339 Der Ausschluss der Entscheidung durch den Einzelrichter führt in den anderen Verfahrensordnungen zur Unanwendbarkeit der Regelungen über den konsentierten Einzelrichter.340 Dieser ist beispielsweise in § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO, § 79a Abs. 3, Abs. 4 FGO und § 155 Abs. 3, Abs. 4 SGG normiert. Entscheidungsbefugnisse des Vorsitzenden im vorbereitenden Verfahren, beispielsweise über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens nach § 87a Abs. 1 Nr. 1 VwGO, bleiben durch die neue Formulierung erhalten, da es sich nicht um Sachentscheidungen handelt.341 Entsprechendes gilt für dieselben Befugnisse in den anderen Verfahrensordnungen. Argumentativ geht der Rechtsausschuss des Bundestages damit von der ZPO aus, ist aber auch darum bemüht, auf die Besonderheiten der anderen Verfahrensordnungen einzugehen. Die Begründung zur Regelung des § 201 Abs. 2 Satz 3 GVG ist ebenfalls an der ZPO ausgerichtet.342 Für die Revision gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts findet demnach § 543 ZPO Anwendung.343 Somit ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Zudem findet § 544 ZPO entsprechend Anwendung. In der Begründung wird nur auf die ZPO-Vorschriften eingegangen. In Verfahren nach der VwGO und dem SGG sind die entsprechenden Revisionsvorschriften ihrer eigenen Verfahrensordnung anzuwenden.344 Gegen Entscheidungen des BFH ist hingegen keine Revision möglich.345

337  BT-Drs.

17/7217, 28.

338  BT-Drs. 17/3802, 39,

43. 17/7217, 28. 340  BT-Drs. 17/7217, 28. 341  BT-Drs. 17/7217, 28; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 173 VwGO Rn. 13; Ott, in: SteinbeißWinkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 202 SGG Rn. 6; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 155 FGO Rn. 6. 342  BR-Drs. 540/10, 36; BT-Drs. 17/3802, 25. 343  BR-Drs. 540/10, 36; BT-Drs. 17/3802, 25. 344  Vergleiche dazu §§  132  f. VwGO und Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 173 VwGO Rn. 17 f.; §§ 160 f. SGG und Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 202 SGG Rn. 10. 345  Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 155 FGO Rn. 8. 339  BT-Drs.

174

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Die Fraktion der Linken forderte im Gesetzgebungsverfahren, § 201 GVG zu streichen.346 Begründet wurde dies damit, dass es sich bei dem Entschädigungsanspruch um einen staatshaftungsrechtlichen Anspruch handele.347 Dieser dürfe nicht vor den Fachgerichtsbarkeiten eingeklagt werden, sondern gehöre nach Art. 34 Abs. 1 Satz 3 GG primär vor die ordentlichen Gerichte. Mit diesem Vorschlag wurde Einheitlichkeit in anderer Form angestrebt. Er erlangte letztlich jedoch keine Geltung. bb) ZPO Für die Verfahren vor den Zivilgerichten gilt der 17. Titel des GVG auch ohne eine einschlägige Verweisungsnorm in der ZPO.348 Dies ergibt sich auch aus § 201 GVG. In der Entwurfsfassung des ÜberlVfRSchG war daher zunächst keine Änderung der ZPO vorgesehen. Der Bundesrat schlug jedoch vor, § 41 ZPO um eine Nr. 7 zu ergänzen.349 Dadurch sollte erreicht werden, dass Richter, die in dem beanstandeten Gerichtsverfahren mitgewirkt haben, nicht über die Entschädigung zu entscheiden haben.350 Dieser Vorschlag wurde von der Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft.351 Er wurde auch vom Rechtsausschuss des Bundestages aufgegriffen.352 Aufgrund dessen wurde die Befangenheitsregelung eingeführt. Sie gilt nach § 54 Abs. 1 VwGO, § 51 Abs. 1 FGO und § 60 Abs. 1 SGG auch für das verwaltungsgerichtliche, das finanzgerichtliche und das sozialgerichtliche Verfahren. Damit wird ein vor allem im Rahmen des Zivilprozesses bestehendes Problem auch für die anderen Verfahrensordnungen einheitlich in der ZPO gelöst. cc) VwGO, FGO und SGG Aus der Ergänzung der Generalverweisungsnormen von VwGO, FGO und SGG ergibt sich, dass die Regelungen des GVG zum Rechtsschutz bei überlangen Verfahren in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen ebenfalls 346  BT-Drs.

17/7217, 27. 17/7217, 27. 348  Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, Vorbemerkung zu § 1 GVG Rn. 3. 349  BT-Drs. 17/3802, 37. Diesem Vorschlag wurde später tatsächlich gefolgt, jedoch verschob sich die Nummerierung, sodass es sich im tatsächlich erlassenen Gesetz um eine Nr. 8 handelte. 350  BT-Drs. 17/3802, 37. 351  BT-Drs. 17/3802, 42. 352  BT-Drs. 17/7217, 1 f., 11, 29. 347  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute175

angewandt werden. So wurde im Gesetzesentwurf der Bundesregierung in § 155 FGO, § 202 SGG und § 173 VwGO der Satz eingefügt, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG entsprechend Anwendung finden.353 Dies war erforderlich, da § 155 Satz 1 FGO, § 202 Satz 1 SGG und § 173 Satz 1 VwGO nur für Verfahrensregelungen eine allgemeine Verweisung auf das GVG enthalten.354 Durch die Ergänzung in VwGO, FGO und SGG ergibt sich hinsichtlich des Rechtsschutzes bei überlangen Verfahren ein Gleichlauf der Verfahrensordnungen. Für die Verfahrensordnungen der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten gelten nun dieselben Regelungen zum Rechtsschutz bei überlangen Verfahren wie in der ZPO. Das GVG dient in diesem Bereich als allgemeines Gesetz, das in allen untersuchten Verfahrensordnungen angewandt wird.355 In § 155 FGO sollte ein weiterer Satz eingefügt werden, wonach der BFH einem Oberlandesgericht im Sinne von § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG gleichsteht.356 Zu der Begründung macht der Gesetzesentwurf keine Angabe. Die Klarstellung erfolgte, da der Aufbau der Finanzgerichtsbarkeit im Gegensatz zu dem der anderen Gerichtsbarkeiten lediglich zweigliedrig ist.357 Ein Oberfinanzgericht existiert nicht. Ohne diese Regelung wäre wohl von einer Zuständigkeit der Finanzgerichte auszugehen gewesen, die nach § 2 FGO obere Landesgerichte sind. Den Besonderheiten der Verfahrensordnungen musste Rechnung getragen werden. Das zeigte sich bei dieser Thematik im Gesetzgebungsverfahren sehr deutlich. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens schlug der Bundesrat vor, in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten jeweils klarzustellen, welche Gerichte für den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren im Einzelnen zuständig sind.358 So sollten in sozialgerichtlichen Verfahren an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht und an die Stelle des BGH das BSG treten. Für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde vorgesehen, das Oberlandesgericht durch das Oberverwaltungsgericht und den BGH durch das BVerwG zu ersetzen. Im finanzgerichtlichen Verfahren 353  BR-Drs.

540/10, 7 f.; BT-Drs. 17/3802, 9 f. 540/10, 7 f., 42; BT-Drs. 17/3802, 9 f., 29; siehe dazu § 3 C. II. 2. 355  Der Begriff des allgemeinen Gesetzes zielt an dieser Stelle nicht auf das allgemeine Gesetz des Art. 5 Abs. 2 GG, sondern die generelle Geltung des Gesetzes in mehreren Verfahrensordnungen ab. In der Arbeit wird er in diesem Kontext verwendet. 356  BR-Drs. 540/10, 7 f.; BT-Drs. 17/3802, 10. 357  Zur Zweistufigkeit der FGO vergleiche Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Das Widerspruchsverfahren als Voraussetzung des Gerichtszuganges in VwGO, FGO und SGG, NVwZ 2011, 914 (918); Schaz, Grundlagen des Finanzgerichtsprozesses, JuS 2014, 803. 358  BT-Drs. 17/3802, 38 f. 354  BR-Drs.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

sollte an die Stelle des Oberlandesgerichts das Finanzgericht treten und an die Stelle des BGH der BFH.359 Dadurch wurde die Parallelität zwischen den Verfahrensordnungen aufrechterhalten. Es wurde aber nochmals deutlich gemacht, dass aufgrund der Unterschiede, hier der verschiedenen Gerichte, Anpassungen erfolgen müssten. Dies sollte vor allem für den Bereich der Finanzgerichtsbarkeit gelten. Um weitgehende Parallelität zu erreichen, sollte nicht wie ursprünglich vorgesehen der BFH, sondern das Finanzgericht an die Stelle des Oberlandesgerichts treten, wenn ein Entschädigungsanspruch im finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemacht wird.360 Begründet wurde dies damit, dass das Finanzgericht nach § 2 FGO ebenso wie das Oberlandesgericht, das Landessozialgericht und das Oberverwaltungsgericht ein Obergericht der Länder ist.361 Mit der Zuweisung der primären Zuständigkeit an die Finanzgerichte wurden Unterschiede zwischen den Verfahrensordnungen vermieden. Die Bundesregierung stimmte den Klarstellungen in VwGO, FGO und SGG zu und wollte diese sogar in weiteren Verfahrensordnungen zur Stärkung der Einheitlichkeit implementieren.362 Allerdings sollte es für die Finanzgerichtsbarkeit bei der Version in der Entwurfsfassung bleiben.363 Demnach traten an die Stelle der Oberlandesgerichte nicht die Finanzgerichte, sondern der BFH.364 Dieser ist somit für den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren ausschließlich zuständig.365 Dadurch wurde einem Votum der Präsidenten der Finanzgerichte und des BFH Rechnung getragen.366 Es geht bei der Regelung also auch darum, den Interessen von Vertretern der Rechtspraxis gerecht zu werden. Eine Zuweisung an die Finanzgerichte wäre auch deshalb von Vorteil gewesen, weil auf diese Weise das Rechtsmittel der Revision gegen die Entscheidung im Entschädigungsverfahren hätte angewandt werden können.367 Stattdessen wurde die Einheitlichkeit durchbrochen und die Besonderheiten des finanzgerichtlichen Verfahrens wurden berücksichtigt. Die Klarstellungen über die Gerichtszuständigkeiten sind als sinnvoll zu bewerten, da sich selbst die an der Gesetzgebung beteiligten Parteien nicht 359  BT-Drs. 17/3802, 38.

360  BT-Drs. 17/3802, 38 f. 361  BT-Drs. 17/3802, 39. 362  BT-Drs. 17/3802, 43. 363  BT-Drs. 17/3802, 43. 364  BR-Drs.

540/10, 8; BT-Drs. 17/3802, 10.

365  BT-Drs. 17/3802, 43. 366  BT-Drs. 17/3802, 43.

367  Vergleiche dazu Berchthold/Guttenberger, Wem kommt die Zulassung der Revision zugute?, NZS 2017, 121 (125 f.).



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute177

immer über die Interpretation der Regelungen einig waren. Bei der Diskussion des Gesetzes im Plenum wurde beispielsweise die Kompetenz der Oberlandesgerichte zur Bewertung der überlangen Dauer von Gerichtsverfahren angezweifelt, da schwierige steuerrechtliche und verwaltungsrechtliche Sachverhalte in Bezug auf die Möglichkeit der schnelleren Klärung bewertet werden müssten.368 Insofern wurde wohl durch die Entwurfsfassung tatsächlich nicht hinreichend klar, dass die Zuständigkeit für die Bewertung der Verfahrensdauer im jeweils betroffenen Gerichtszweig verbleiben sollte.369 Dies zeigt, dass nicht alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten bei den ursprünglichen Regelungen im GVG automatisch an deren Anpassung für verwaltungs-, finanz- und sozialprozessuale Verfahren gedacht haben. Sie richteten sich rein nach dem Wortlaut des § 201 GVG. Auch in den Empfehlungen des Rechtsausschusses des Bundestages wird deutlich, dass Klarstellungen in Bezug auf die einzelnen Verfahrensordnungen und gerichtlichen Zuständigkeiten erforderlich waren.370 Im sozialgerichtlichen Verfahren trat an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landes­ sozialgericht, an die Stelle des BGH das BSG und an die Stelle der ZPO das SGG.371 Den Regelungen im SGG entsprechend trat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des BGH das BVerwG und an die Stelle der ZPO die VwGO.372 In der FGO ergaben sich ähnliche Anpassungen. Das Oberlandesgericht und der BGH wurden entsprechend der Stellungnahme der Bundesregierung durch den BFH ersetzt und an Stelle der ZPO trat die FGO.373 Ergänzend wurde noch erwähnt, dass die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug entsprechend anwendbar seien.374 Diese Änderung war erforderlich, da der BFH ausnahmsweise erstinstanzlich tätig wird.375 Durch die Klarstellungen in der FGO werden deren Besonderheiten berücksichtigt. 368  BT-PlPr. 17/84, 9494C (9538A); dieses Missverständnis könnte auch aus dem Referentenentwurf herrühren, in dem noch von einer einheitlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den Entschädigungsanspruch ausgegangen wurde (Steinbeiß-Winkelmann/Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott (Hrsg.), Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Anhang 5 Referentenentwurf 15.03.2010, S. 411 ff.; Eleftheriadis, Der Entschädigungsanspruch gemäß § 198 GVG bei überlangen Gerichtsverfahren, 2018, S. 228). 369  BT-Drs. 17/3802, 39. 370  BT-Drs. 17/7217, 1. 371  BT-Drs. 17/7217, 12, 29. 372  BT-Drs. 17/7217, 12, 30. 373  BT-Drs. 17/7217, 12 f., 30. 374  BT-Drs. 17/7217, 13, 30. 375  Brandis, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordung – Finanzgerichtsordnung Kommentar, 154. EL Oktober 2018, § 155 FGO Rn. 16.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Für das sozialgerichtliche Verfahren ergaben sich neben der Regelung in § 202 SGG noch einige Besonderheiten in Bezug auf den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren. In § 183 SGG sollte eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit normiert und in der Folge § 197a SGG entsprechend geändert werden.376 Andernfalls wurde befürchtet, dass die neu eingeführte Möglichkeit der Erhebung der Verzögerungsrüge im Bereich des Sozialrechts zu Missbrauch führen könnte.377 Vor den Sozialgerichten werden oft nur sehr niedrige Forderungen eingeklagt.378 Damit könnte der Entschädigungsanspruch in vielen Fällen attraktiver sein als der eigentliche Prozessgegenstand.379 Einer solchen Befürchtung steht jedoch entgegen, dass es in sozialgerichtlichen Verfahren oft um Zahlungen geht, die sofort benötigt werden. Zudem wird eine zugesprochene Entschädigung wohl auf die ­Regelleistungen angerechnet.380 Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens herrschte keine Einigkeit über die Regelungen zur Ausnahme von der Kostenfreiheit, die im Ergebnis eingeführt wurden.381 Die Meinung, die das ­sozialgerichtliche Verfahren den Entschädigungsverfahren der anderen Gerichtsbarkeiten gleichstellen wollte und sich daher gegen die Kostenfreiheit aussprach, hat sich durchgesetzt. c) SachVRÄndG – Folgeänderungen nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG als Exkurs Für den gesetzgeberischen Willen, beim Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren einen Gleichlauf der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen untereinander und mit der ZPO zu erreichen, spricht auch eine spätere Änderung von § 90 VwGO, § 66 FGO und § 94 SGG durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes (SachVRÄndG).382 376  BR-Drs.

540/10, 7, 42; BT-Drs. 17/3802, 9, 29. 875, 377B (377D). 378  BR-PlPr. 875, 377B (377D). 379  BR-PlPr. 875, 377B (377D). 380  BT-PlPr. 17/84, 9494C (9537D), zu den diesbezüglichen Unklarheiten Schmidt, NZS-Jahresrevue 2017: Verwaltungsverfahrens- und Prozessrecht; Überlange Gerichtsverfahren, NZS 2018, 255 (262); ausführlich Stotz, Die Entschädigung nach § 198 GVG wegen überlanger Verfahrensdauer – ein Pyrrhussieg für Bezieher von SGB II-Leistungen?, NZS 2015, 410 (411 ff.). 381  BT-Drs. 17/7217, 27. 382  BGBl I 2016, 2222 ff. 377  BR-PlPr.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute179

Diese Vorschriften normieren, wann eine Streitsache rechtshängig ist. In der VwGO, der FGO und dem SGG fallen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage grundsätzlich zusammen. Die Streitsache wird bereits mit Erhebung der Klage rechtshängig.383 Im Zivilprozess wird die Streitsache nach § 261 Abs. 2 ZPO erst mit Zustellung der Klageschrift rechtshängig. § 12 Abs. 1 GKG macht die Zustellung der Klage von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig. Sofern der Gerichtskostenvorschuss nicht gezahlt wird, wird die Klage nicht zugestellt. Das bedeutet, dass die Klage im Zivilprozess bei fehlender Zahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht rechtshängig wird, im Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess hingegen schon. Durch das ÜberlVfRSchG wurde § 12a GKG eingefügt.384 Dieser verwies auf § 12 Abs. 1 GKG. Dadurch sollte die Zustellung der Klageschrift auch in Verfahren wegen überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von der Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig gemacht werden.385 Die Streitsache sollte also erst nach Zahlung des Gerichtskostenvorschusses rechtshängig werden. In verwaltungsgerichtlichen, finanzgerichtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren war ihre Rechtshängigkeit auch in Verfahren des Rechtsschutzes bei überlangen Gerichtsverfahren weiterhin unabhängig von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses.386 Dies war nicht die Intention des Gesetzgebers.387 Er wollte bereits durch das ÜberlVfRSchG erreichen, dass auch in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen die Rechtshängigkeit von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig gemacht wird.388 Um eine Angleichung an die ZPO zu erreichen, wurde in die öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen jeweils eine Vorschrift zur Rechtshängigkeit der Klage in Verfahren zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren aufgenommen.389 Die Rechtshängigkeit wird nunmehr auch dort von der Zustellung der Klageschrift abhängig gemacht.390 Dies regeln § 90 383  BT-Drs.

18/9092, 21 f. 10, 29. 385  BT-Drs. 17/3802, 10, 29; Schneider, Kosten in Rechtsschutzverfahren bei überlangen Gerichtsverfahren, AGS 2012, 53 (55). 386  Zur Unklarheit der Situation BT-PlPr. 18/183, 18130B (18212D  f.); Hinne, Neuregelungen zur Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer, ZRP 2015, 201 (202); Roller, Rechtsschutz bei überlangen Verfahren – eine Zwischenbilanz, DRiZ 2015, 66 (69). 387  Vergleiche dazu bereits Hinne, Neuregelungen zur Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer, ZRP 2015, 201 (203). 388  BT-Drs. 17/3802, 29; BT-Drs. 18/9092, 21; BT-PlPr. 18/183, 18130B (18212D). 389  BGBl I 2016, 2222 (2224). 390  BT-Drs. 18/9092, 2. 384  BT-Drs. 17/3802,

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Satz 2 VwGO, § 66 Satz 2 FGO und § 94 Satz 2 SGG.391 Der Kläger ist nach § 12a Satz 2 GKG auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.392 Bei den die Vorschriften zur Rechtshängigkeit ergänzenden Regelungen handelt es sich jeweils um eigenständige Normen mit demselben Wortlaut.393 In der Begründung zur Regelung in der VwGO wird auf die Begründung zum SGG verwiesen.394 Die Begründung zur Regelung in der FGO bezieht sich auf die Begründung zu den Regelungen in SGG und VwGO.395 Sie tragen zu einer bereichsspezifischen Angleichung der Verfahrensordnungen hinsichtlich der Rechtshängigkeit bei.396 3. Konklusion Für den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren gab es ursprünglich keine spezifische gesetzliche Regelung. Mit der Verfassungsbeschwerde, der Dienstaufsichtsbeschwerde sowie dem Staatshaftungsanspruch waren einheitliche allgemein gültige Regelungen vorhanden. Dies entspricht Regelungsmodell 3. Die Rechtspraxis entwickelte die außerordentliche Beschwerde, die innerhalb der verschiedenen Gerichtsbarkeiten jedoch nicht dieselbe Akzeptanz erreichte und uneinheitlich angewandt wurde. Mit der Einfügung der Regelungen zum Rechtsschutz bei überlangen Verfahren ins GVG entfaltete dieses seine Wirkung als allgemeines, das heißt in diesem Fall in allen untersuchten Verfahrensordnungen geltendes, Gesetz. So wurde den einschlägigen Bestimmungen der EMRK und des GG Rechnung getragen.397 Regelungsmodell 3 fand Anwendung. Gleichzeitig wurde ein Schwerpunkt auf die ZPO gelegt, da für das Verfahren vor den Zivilgerichten das GVG unmittelbar Anwendung findet. In der Gesetzesbegründung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Besonderheiten der anderen Prozessrechtsordnungen Berücksichtigung finden müssen. Dennoch orientieren sich die Argumentationsstrukturen vornehmlich an der ZPO. Insgesamt sollten die Regelungen Einheitlichkeit schaffen. Dabei kam der ZPO eine Vorbildwirkung zu. 391  BT-Drs.

18/9092, 6 f., 21 f. 18/9092, 7, 22. 393  BT-Drs. 18/9092, 6 f. 394  BT-Drs. 18/9092, 22. 395  BT-Drs. 18/9092, 22. 396  Gegen die Neuregelung, um den Unterschieden der Verfahrensordnungen Rechnung zu tragen BT-Drs. 18/9092, 14; BT-PlPr. 18/183, 18130B (18214D ff.); ebenfalls gegen die Neuregelung BT-Drs. 18/9092, 12 f. 397  Art. 6 Abs. 1 EMRK gilt nicht im finanzgerichtlichen Verfahren (siehe § 2 C. I. 1. b)). Auf dieses finden jedoch die grundgesetzlichen Normen Anwendung, sodass eine Normierung in der FGO auch unter diesem Aspekt zwingend scheint. 392  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute181

Aufgrund der unmittelbaren Geltung des GVG sind in der ZPO keine Änderungen nötig. Lediglich eine Regelung zur Befangenheit der Richter wurde geändert. Diese Änderung manifestiert sich aufgrund von Spezialverweisungen auch in den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen. Regelungsmodell 1 wurde angewandt und trägt zur einheitlichen Normierung bei. Zunächst wurde nur die entsprechende Anwendbarkeit des 17. Titels des GVG für VwGO, FGO und SGG in den Generalverweisungsnormen implementiert. Regelungstechnisch wurde so die Parallelität der Verfahrensordnungen sichergestellt. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch deutlich, dass Klarstellungen aufgrund der Besonderheiten der Verfahrensordnungen erforderlich waren. So mussten die Gerichtszuständigkeit und die anwendbaren Prozessrechtsordnungen nochmals ausdrücklich geregelt werden. Für die FGO bedurfte es weiterer Klarstellungen innerhalb der Generalverweisung. Für das SGG mussten noch weitere Regelungen außerhalb der Generalverweisung geändert werden. Diese individuellen Änderungen in FGO und SGG führten jedoch weitgehende inhaltliche Anpassungen der Verfahrensordnungen herbei. Der Gesetzgeber war sensibilisiert im Hinblick auf mögliche Missverständnisse und wollte einheitliche Regelungen schaffen. Insgesamt dominierte Regelungsmodell 3, wobei die ZPO gegenüber den anderen Verfahrensordnungen schwerpunktmäßig Beachtung fand.

II. Mediation Das am 27.7.2012 in Kraft getretene MediationsuaFöG gibt den Anstoß, das prozessuale Institut der Mediation zu analysieren. Der Güterichter kann im Rahmen des durch das MediationsuaFöG neu eingeführten Güterichtermodells die Methode der Mediation anwenden.398 Zudem kann im Gerichtsverfahren auf die Mediation verwiesen werden. Auf diese Weise entfaltet die Mediation Relevanz für die Analyse der Prozessrechtsordnungen.399

398  Siehe

§  3  D. II. 2. a). sollte das MedG auch für richterliche Mediatoren gelten (BTDrs. 17/5335, 11). Inzwischen wird überwiegend vertreten, dass das MedG keine unmittelbare Anwendung auf Güterichter findet, die die Methode der Mediation anwenden (vergleiche Löer, in: Klowait/Gläßer (Hrsg.), Mediationsgesetz, 2. Aufl., 2018, § 278 ZPO Rn. 11; Ulrici, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Anhang 1 zu § 278a ZPO. Mediationsgesetz Rn. 11). Die andere Ansicht vertritt Ortloff, Vom Gerichtsmediator zum Güterichter im Verwaltungsprozess, NVwZ 2012, 1057 (1059). Dieser differenziert nach einzelnen Regelungen des MedG. 399  Ursprünglich

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Kennzeichnend für alle Konfliktbeilegungsverfahren und damit auch für die Mediation ist es, dass ein neutraler Dritter nach einer festgelegten Verfahrensordnung oder Verfahrensweise an der Beilegung eines Konfliktes zwischen einem oder mehr Beteiligten mitwirkt.400 Eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Konfliktbeilegungsverfahren ergibt sich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rolle des Dritten. Bei der Mediation unterstützt der Mediator die Parteien bei der Suche nach einem Vorschlag zur Lösung des Konfliktes und trägt auf diese Weise zur Streitbeilegung bei.401 Einen eigenen Vorschlag zur Konfliktlösung unterbreitet er hingegen nicht.402 Hintergrund des Erlasses des MediationsuaFöG war die Mediations-RL vom 21.5.2008,403 die nach Art. 12 Abs. 1 Mediations-RL mit Ausnahme von Art. 10 Mediations-RL bis zum 21.5.2011 in nationales Recht zu transformieren war.404 Ihr Geltungsbereich beschränkt sich entsprechend Erwägungsgrund 8 Mediations-RL auf grenzüberschreitende Zivil- und Handelssachen. Sie trifft keine umfassenden Regelungen, sondern befasst sich vor allem mit dem Verhältnis von Mediations- und Gerichtsverfahren und Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Mediation.405 Wegen der Vielzahl und der Komplexität der im Gesetzgebungsverfahren zu lösenden Regelungsfragen konnte die Mediations-RL erst mit über einem Jahr Verspätung umgesetzt werden.406 Es erfolgte eine überschießende Umsetzung.407 Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Mediation als Meilenstein 400  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (233). 401  Schenke/Silberzahn, Ombudsstellen in Deutschland, pm 2015, 112; zur Abgrenzung zwischen der Mediation und weiteren Konfliktbeilegungsverfahren vergleiche Silberzahn, Die ADR-Richtlinie als neuer Weg der verbraucherrechtlichen Konfliktmittlung, 2016, S. 4 ff. 402  Eckstein, Mediation und weitere alternative Konfliktlösungsinstrumente, JuS 2014, 698 (699); Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (234). 403  Siehe §  1  D. II. 3. 404  Vergleiche Eidenmüller/Prause, Die europäische Mediationsrichtlinie – Per­ spektiven für eine gesetzliche Regelung der Mediation in Deutschland, NJW 2008, 2737. 405  Eidenmüller/Prause, Die europäische Mediationsrichtlinie – Perspektiven für eine gesetzliche Regelung der Mediation in Deutschland, NJW 2008, 2737; Hopt/Steffek, Mediation – Rechtsvergleich, Regelungsmodelle, Grundsatzprobleme, in: Hopt/ Steffek (Hrsg.), Mediation, 2008, 1 (6). 406  Vergleiche dazu Steffek, Rechtsfragen der Mediation und des Güterichterverfahrens – Rechtsanwendung und Regulierung im Spiegel von Rechtsvergleich und Rechtstatsachen, ZEuP 2013, 528 ff. 407  Vergleiche bereits die Vorüberlegungen zum konkreten Gesetzgebungsverfahren Steffek, Die Umsetzung der Mediationsrichtlinie vor dem Hintergrund internatio-



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute183

für die Entwicklung der Streitkultur bezeichnet.408 Tatsächlich bringt das MediationsuaFöG viele Neuerungen in der gesetzgeberischen Betrachtungsweise mit sich. 1. Ausgangspunkte a) Allgemeines Bis zum Erlass des MediationsuaFöG vom 21.7.2012 waren die Regelungen zur Mediation in solche zur außergerichtlichen, gerichtsnahen und gerichtsinternen Mediation unterteilt.409 Die außergerichtliche Mediation ist durch ihre vollständige Unabhängigkeit vom Gerichtsverfahren gekennzeichnet.410 Das Verfahren der gerichtsnahen Mediation findet ebenfalls unabhängig vom Gerichtsverfahren statt.411 Insofern ist es wie die außergerichtliche Mediation der außergerichtlichen Konfliktbeilegung zuzuordnen.412 Institu­ tionell ist die gerichtsnahe Mediation jedoch an das Gerichtsverfahren rückgebunden, da sie durch richterlichen Vorschlag ausgelöst wird.413 Die gerichtsinterne Mediation zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch einen anderen als den erkenntnisbefugten Richter im Gericht durchgeführt wird.414

naler Erfahrungen: Bericht über das Jahrestreffen der Freunde des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, ZEuP 2010, 438 (440). 408  BR-PlPr. 881, 131C (161C). 409  BR-Drs. 60/11, 1; BT-Drs. 17/5335, 1. 410  Guckelberger, Einheitliches Mediationsgesetz auch für verwaltungsrechtliche Konflikte, NVwZ 2011, 390 (391); Hopt/Steffek, Mediation – Rechtsvergleich, Regelungsmodelle, Grundsatzprobleme, in: Hopt/Steffek (Hrsg.), Mediation, 2008, 1 (20). Zur Differenzierung zwischen der obligatorischen und der allgemeinen außergerichtlichen Streitbeilegung vergleiche Prütting, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 278 ZPO Rn. 57 ff., 61 ff. 411  Hopt/Steffek, Mediation – Rechtsvergleich, Regelungsmodelle, Grundsatzprobleme, in: Hopt/Steffek (Hrsg.), Mediation, 2008, 1 (20). 412  BT-Drs. 17/5335, 11. 413  Hopt/Steffek, Mediation – Rechtsvergleich, Regelungsmodelle, Grundsatzprobleme, in: Hopt/Steffek (Hrsg.), Mediation, 2008, 1 (20); Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (236). 414  Ade/Alexander, Gerichtsnahe Mediation rund um die Welt, ZKM 2007, 183; Guckelberger, Einheitliches Mediationsgesetz auch für verwaltungsrechtliche Konflikte, NVwZ 2011, 390 (391); Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (236); Sick, Kritische Überlegungen zur gerichts-integrierten Mediation, ZRP 2007, 203.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung fanden sich vor Erlass des MediationsuaFöG bereits Bestimmungen in § 135 FamFG in der Fassung vom 17.12.2008415, § 156 Abs. 1 Satz 3 FamFG in der Fassung vom 17.12.2008416 und § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001417.418 Daneben regelte § 15a EGZPO419 in der Fassung vom 17.12.2008420 die Möglichkeit der Länder, ein obligatorisches vor- und außergerichtliches Güteverfahren einzuführen.421 Diese Vorschrift hatte in quantitativer Hinsicht wenig Erfolg.422 Zudem normierte § 7a BORA in der Fassung vom 25./26.4.2002423 bereits die von einem Rechtsanwalt zu erfüllenden Voraussetzungen, um sich als Mediator bezeichnen zu dürfen.424 Daneben existierten zahlreiche weitere Regelungen zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung.425 Beispielhaft sind die Regelungen zur Konfliktbeilegung durch Ombudsstellen zu nennen.426 415  Die Vorschrift wurde ursprünglich eingeführt durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), das mehrheitlich am 1.9.2009 in Kraft getreten ist (vergleiche BGBl I 2008, 2586 ff.; BT-Drs. 16/6308, 36). Sie war früher in § 52 FGG geregelt (vergleiche BT-Drs. 14/4722, 84). 416  Diese Vorschrift wurde ebenfalls durch das FGG-RG eingefügt (vergleiche BGBl I 2008, 2586 ff.; BT-Drs. 16/6308, 40, 236 f.). 417  Diese Vorschrift wurde eingefügt durch das ZPO-RG (vergleiche BGBl I 2001, 1887 (1892); siehe zum ZPO-RG auch § 3 D. I. 2. c)). 418  BT-Drs. 17/5335, 11. 419  Die Vorschrift wurde eingefügt durch das am 1.1.2000 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung vom 15.12.1999 (vergleiche BGBl I 1999, 2400; BT-Drs. 14/980, 3 ff.). Sie wurde bis heute drei Mal geändert und einmal neu bekannt gemacht. 420  § 15a EGZPO galt zu dem Zeitpunkt als das MediationsuaFöG geschaffen wurde in der zuletzt durch das FGG-RG geänderten Fassung (vergleiche BGBl I 2008, 2586 [2700]). 421  Ade/Alexander, Gerichtsnahe Mediation rund um die Welt, ZKM 2007, 183 (184); Ortloff, Mediation – Regelungsbedarf?, NJW 2008, 2544 (2546); Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 7. Aufl., 2017, § 15a EGZPO Rn. 1. 422  Greger, Obligatorische Schlichtung – Erfahrungen und Zukunftsperspektiven, SchiedsVZ 2005, 76 (78); Knodel/Winkler, Obligatorische Streitschlichtung – hilfreich oder lästig?, ZRP 2008, 183. 423  Die Vorschrift wurde eingefügt mit Wirkung vom 1.1.2003 durch Beschluss der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) (vergleiche Bundesrechtsanwaltskammer, Amtliche Bekanntmachungen – Berufsordnung, BRAK-Mitteilungen 5/2002, 219). 424  BR-Drs. 60/11, 12; BT-Drs. 17/5335, 11. 425  BT-Drs. 17/5335, 11; zu weiteren punktuellen Nennungen der außergericht­ lichen Konfliktbeilegung im Gesetz vergleiche Nebe, Die Mediation soll gestärkt werden, Stbg 2010, 418; Ulrici, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Anhang 1 zu § 278a ZPO. Mediationsgesetz Rn. 5. 426  Schenke/Silberzahn, Ombudsstellen in Deutschland, pm 2015, 112 ff.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute185

Die gerichtsinterne Mediation wurde bislang auf § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 analog gestützt.427 b) ZPO-RG Die zentrale Norm, durch die das Konzept der Mediation Eingang in die Verfahrensordnungen fand, ist § 278 Abs. 5 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001. Die Regelung wurde durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) vom 27.7.2001428 eingefügt. Bei der Schaffung der Regelung wurde hauptsächlich die Einführung der Güteverhandlung in die ZPO diskutiert.429 Der Schlichtungsgedanke sollte in den Zivilprozess aufgenommen werden.430 So spielte sich die Debatte weitgehend prozessordnungs­ intern ab. Allerdings hatte der Gesetzgeber bereits die Harmonisierung der Verfahrensordnungen im Blick.431 Dies bezog sich jedoch schwerpunktmäßig auf andere prozessuale Institute, an deren Regelung in den anderen betrachteten Verfahrensordnungen, also VwGO, FGO und SGG, die ZPO angeglichen wurde.432 § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 regelte, dass das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen kann. Diese Vorschrift bezog sich zunächst nicht auf die Mediation. In den neueren Gesetzgebungsmaterialien wird darauf verwiesen, dass die gerichtsinterne Mediation nach § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 analog in der ZPO sowie in der Verwaltungsund Sozialgerichtsbarkeit anwendbar war.433 Der Gesetzgeber hatte bei Er427  BR-Drs. 60/11, 27; BT-Drs. 17/5335, 19; Hess, Perspektiven der gerichtsinternen Mediation in Deutschland, ZZP 118 (2011), 137 (146 f.). 428  BGBl I 2001, 1887 ff. 429  BT-Drs. 14/4722, 1, 8  f., 60, 62, 71, 83  f., 147  f., 154, 155  ff.; BT-Drs. 14/6036, 2, 14 f., 117, 121; BR-PlPr. 756, 472B (507D, 509C f.); BR-PlPr 765, 282B (284C); BT-PlPr. 14/138, 13522D (13529B); BT-PlPr. 14/170, 16630A (16636B, 16637C, 16640C). 430  BT-Drs. 14/4722, 1, 58 ff.; BT-Drs. 14/6036, 2, 117. 431  BT-PlPr. 14/170, 16630A (16640C). 432  BT-Drs. 14/4722, 67, 69 f.; siehe dazu auch die Ausführungen zu den durch das ZPO-RG eingeführten Regelungen zur Videokonferenztechnik in § 3 D. III. 1. c). 433  BR-Drs. 60/11, 27; BT-Drs. 17/5335, 19. Eine gerichtsinterne Mediation gab es daneben auch ab 1.6.2010 am FG Rheinland-Pfalz (vergleiche Günther, Mediation in der Finanzgerichtsbarkeit, AOStB 2010, 259). Zur Streitigkeit der Anwendung der Mediation im Verwaltungsprozess vergleiche Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (26); zur Anwendung im Sozialgerichtsprozess Berchthold, Grenzen und Möglichkeiten einer Ökonomisierung sozialgerichtlicher Verfahren, NZS 2011, 401 (407).

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

lass der Vorschrift insgesamt nicht an die gerichtsinterne Mediation gedacht.434 Durch § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 wurde die gerichtsnahe Mediation gereglt. Demnach konnte das Gericht den Parteien in geeigneten Fällen eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschlagen. Es bleibt unklar, ob der Gesetzgeber bereits zum Zeitpunkt der Einführung der Regelung daran gedacht hat, dass die Norm auch in den verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung finden soll oder ob er eine Regelung lediglich für den Zivilprozess schaffen wollte. In ersterem Fall wäre er von einem Vorrang der ZPO ausgegangen, in letzterem Fall, hätte er eine rein prozessordnungsinterne Betrachtung vorgenommen. In der Literatur ist eine Diskussion darüber entfacht, ob die Regelungen zur Güteverhandlung in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen über die Generalverweisungen entsprechend Anwendung finden sollten oder nicht. Einerseits sollte § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 im Zusammenhang mit der obligatorischen Güteverhandlung im Sinne des § 278 Abs. 2 ZPO gesehen werden, die nur für den Zivilprozess gilt.435 Andererseits könnte es sich jedoch um eine Ergänzung des § 278 Abs. 1 ZPO handeln, der auf die anderen Verfahrensordnungen übertragbar ist.436 Er regelt, dass auf eine gütliche Streitbeilegung hinzuwirken ist. Auch im Verwaltungsund Sozialgerichtsprozess ist eine einvernehmliche Streitbeilegung anzustre434  Später gab es jedoch in Form eines Gesetzesantrags einen Versuch Bayerns, die gerichtsinterne Mediation auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zu stellen (BR-Drs. 747/04). Dies galt jedoch nur für den Zivilprozess (vergleiche BR-Drs. 747/04, 1 f., Anlage, 1 ff.; BR-PlPr. 804, 505D [506A]). Allerdings wurde hier schon deutlich, dass durch die Etablierung des Güterichters in der ZPO der Weg zur alternativen Streitbeilegung für die Justiz insgesamt geöffnet werden sollte (BR-PlPr. 804, 505D [506B]). Zudem wurde darauf verwiesen, dass bereits Modellversuche der Richtermediation in allen Gerichtsbarkeiten liefen (BR-PlPr. 804, 505D [506B]). 435  Dieser Gedanke findet sich im Hinblick auf den Verwaltungsgerichtsprozess auch bei Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S.  534 f.; Ortloff, Mediation außerhalb und innerhalb des Verwaltungsprozesses, NVwZ 2004, 385 (387); von Bargen, Mediation im Verwaltungsprozess, DVBl 2008, 468 (475); im Hinblick auf den Sozialgerichtsprozess lässt er sich nachweisen bei Söhngen, in: Hauck/Behrend (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz (SGG), 41. EL Dezember 2018, § 202 SGG Rn. 35. 436  Zur VwGO Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 203; Ortloff, Mediation außerhalb und innerhalb des Verwaltungsprozesses, NVwZ 2004, 385 (387); § 278 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 könnte auch als komplett unanwendbar auf die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen eingeordnet werden, da diese Regelungen zum Erörterungstermin enthalten, die als abschließend zu betrachten sein könnten (vergleiche dazu Berchthold, Grenzen und Möglichkeiten einer Ökonomisierung sozialgerichtlicher Verfahren, NZS 2011, 401 [407]).



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute187

ben. Sie kennen ebenso wie der Zivilprozess Elemente des gerichtlichen Vergleichs nach § 106 VwGO und § 101 SGG. Zudem gibt es im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren den Erörterungstermin. Die für die gütliche Streitbeilegung relevanten Regelungen sind § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO und § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG. Diese dienen vorrangig dem Ziel der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung.437 In ihrem Rahmen kann jedoch auch eine gütliche Einigung angestrebt werden.438 Etwas anderes gilt für die FGO. Dort finden sich ebenfalls Regelungen zum Erörterungstermin nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Allerdings gibt es keine Regelung zum Vergleich.439 Dies wird damit begründet, dass wegen der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nach Art. 20 Abs. 3 GG und § 85 AO ein Vergleich über den Steueranspruch nicht möglich ist.440 Daher war es problematisch, die Mediation im Finanzgerichtsprozess anzuwenden.441 Wenn es bei der Einfügung der Güteverhandlung die Absicht des Gesetzgebers gewesen wäre, diese verfahrensordnungsübergreifend zu regeln, hätte er sich eindeutig äußern müssen.442 Der Einheitsgedanke lässt sich aus der gesetzgeberischen Regelung und dem Gesetzgebungsverfahren nicht eindeutig erkennen. Es kann allenfalls gemutmaßt werden, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 zumindest in VwGO und SGG für so unproblematisch hielt, dass sie im Gesetzgebungsverfahren keine Erwähnung finden musste. Allein aufgrund einer solchen Annahme kann jedoch nicht davon ausegangen werden, dass der Gesetzgeber durch den Gedanken von der Einheit des Prozessrechts beeinflusst wurde. Vielmehr wäre eine konkrete Erwähnung im Gesetzgebungsver437  von

Bargen, Gerichtsinterne Mediation, 2008, S. 268 ff. Bargen, Gerichtsinterne Mediation, 2008, S. 269, 274. Dennoch sind die Regelungen zum Erörterungstermin nicht leges speciales zur Güteverhandlung, sondern eigenständige Regelungen (vergleiche dazu näher Rixen/Zeitlmann, Alternative Konfliktlösung durch den Güterichter in der Sozialgerichtsbarkeit, in: Arnold/Lorenz/ Cziupka (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Hannes Unberath, 2015, 381 [387]; zur Abgrenzung zwischen Güteverfahren und Erörterungstermin Greger, Erörterungstermin im Zivilprozess – warum nicht?, NJW 2014, 2554). 439  Siehe § 2 Fn. 345. 440  Boochs, Mediation im Steuerrecht, DStR 2006, 1062; Paul, Mediation – Ein Thema für Finanzgerichte?, DStR 2008, 1111 (1114 f.) auch zu weiteren Hindernissen; von Bargen, Gerichtsinterne Mediation, 2008, S. 276. 441  Paul, Mediation – Ein Thema für Finanzgerichte?, DStR 2008, 1111 (1116); im Ergebnis für die Sinnhaftigkeit mediativer Elemente im Steuerverfahren Boochs, Mediation im Steuerrecht, DStR 2006, 1062 (1064). 442  Zur VwGO Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 35. EL September 2018, § 173 VwGO Rn. 203; kritisch in diesem Zusammenhang von Bargen, Mediation im Verwaltungsprozess, DVBl 2008, 468 (475 Fn. 43). 438  von

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

fahren oder eine Konkretisierung des geltenden Rechts erforderlich gewesen. Die Bezugnahme auf die Harmonisierung der Verfahrensordnungen hinsichtlich des gesamten ZPO-RG war in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. 2. MediationsuaFöG a) Regelungssystematik Das endgültig verabschiedete MediationsuaFöG besteht aus neun Artikeln. Nur die für die Analyse relevanten Artikel werden näher dargestellt. Art. 1 des Gesetzes ist gleichzeitig auch sein Herzstück. Mit diesem wurde das aus neun Paragraphen bestehende und damit sehr knapp gefasste Mediationsgesetz (MedG) eingeführt.443 Es trifft allgemeine Regelungen für alle Bereiche, in welchen die Mediation vorkommt.444 So enthält § 1 MedG Begriffsbestimmungen für die Mediation sowie den Mediator in Form von Legaldefinitionen.445 Die Mediation wird als vertrauliches und strukturiertes Verfahren bezeichnet, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.446 § 2 MedG normiert die Kernelemente des Mediationsverfahrens.447 Offenbarungspflichten und Tätigkeitsbeschränkungen werden in § 3 MedG statuiert. § 3 Abs. 1 – Abs. 4 MedG sichern die Unabhängigkeit und Neutralität des Mediationsverfahrens, während § 3 Abs. 5 MedG der Qualitätssicherung dient.448 § 4 MedG regelt die Verschwiegenheitspflicht des Mediators und seiner Hilfspersonen.449 Er beruht auf den Vorgaben des Art. 7 Mediations-RL. In § 5 MedG werden Regelungen zur Aus- und Fortbildung des Mediators getroffen. § 5 Abs. 3 MedG verweist auf die nach § 6 MedG durch Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aufzustellenden Kriterien für die Aus- und Fortbildung

443  BR-Drs.

60/11, 15; BT-Drs. 17/5335, 11. in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Anhang 1 zu § 278a ZPO. Mediationsgesetz Rn. 11. 445  BR-Drs. 60/11, 18; BT-Drs. 17/5335, 13; siehe § 3 D. II. 2. a). 446  Zur Freiwilligkeit der Mediation Ulrici, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Anhang 1 zu § 278a ZPO. Mediationsgesetz Rn. 34 f. 447  Risse, Das Mediationsgesetz – Eine Kommentierung, SchiedsVZ 2012, 244 (247). 448  BT-Drs. 17/5335, 16 f. 449  Risse, Das Mediationsgesetz – Eine Kommentierung, SchiedsVZ 2012, 244 (247). 444  Ulrici,



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des zertifizierten Mediators.450 Der Gesetzgeber ermöglicht dem Bund und den Ländern über § 7 MedG zu erforschen, ob eine Mediationskostenhilfe eingeführt werden soll.451 § 8 MedG regelt die Evaluation des Mediationsverfahrens. Diese dient der Qualitätssicherung.452 In § 9 MedG findet sich eine Übergangsbestimmung zum Begriff des gerichtlichen Mediators, dessen Verwendung nur bis einschließlich 1.8.2013 gestattet war. Art. 2 MediationsuaFöG stellt die innerhalb der ZPO vorgenommenen Änderungen dar. Durch Nr. 2 des Artikels wurde in § 41 ZPO eine Nr. 8 eingefügt, welche den Richter, der an der Mediation oder einem anderen Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung mitgewirkt hat, in diesem Fall von der Ausübung seines Richteramtes ausschließt. Dies gilt in gleicher Weise für den Güterichter.453 Zudem wurde § 159 Abs. 2 ZPO um einen Satz 2 ergänzt. Demnach ist zur Protokollaufnahme über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO ein übereinstimmender Antrag der Parteien erforderlich. Dies dient dem Schutz der Vertraulichkeit des Güteverfahrens.454 § 253 Abs. 3 ZPO wurde ebenfalls geändert. Die dort verorteten, fakultativen Anforderungen an den Inhalt der Klageschrift wurden auf drei Nummern verteilt. Als inhaltliche Neuerung erwies sich lediglich § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Demnach soll in der Klageschrift Auskunft darüber gegeben werden, ob vor Klageerhebung ein Mediationsversuch oder der Versuch eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung stattgefunden hat. Daneben ist anzugeben, ob es einem solchen Verfahren entgegenstehende Grün­de gibt. 450  Eine entsprechende Verordnung über die Aus- und Fortbildung zertifizierter Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) vom 21.8.2016 ist am 17.9.2017 in Kraft getreten (vergleiche BGBl I 2016, 1994 ff.). 451  Risse, Das Mediationsgesetz – Eine Kommentierung, SchiedsVZ 2012, 244 (252). 452  Gläßer, in: Klowait/Gläßer (Hrsg.), Mediationsgesetz, 2.  Aufl., 2018, § 8 MedG Rn. 11. 453  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (48 f.); Stackmann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 41 ZPO Rn. 28; Vossler, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 41 ZPO Rn. 13b; andere Ansicht VG Göttingen, Beschluss vom 27.10.2014 – 2 B 986/13, 2 A 717/13, 2 A 851/13, 2 A 1002/13 (Richterausschluss bei vorangegangener Güterichtertätigkeit), juris. 454  BT-Drs. 17/8058, 10; Wöstmann, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 7. Aufl., 2017, § 159 ZPO Rn. 4.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Die wichtigsten Änderungen der ZPO durch Art. 2 MediationsuaFöG waren diejenigen des § 278 Abs. 5 ZPO sowie die Einfügung des § 278a ZPO. Der neue § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO bestimmt, dass die Parteien durch das Gericht für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche an einen dafür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter verwiesen werden können. Das Einverständnis der Parteien ist hierfür nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht erforderlich.455 Der für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche bestimmte und nicht entscheidungsbefugte Richter wird in Form einer Legaldefinition als Güterichter benannt.456 § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO gibt diesem Güterichter alle Methoden der Konfliktbeilegung inklusive der Mediation als Werkzeug an die Hand. Es handelt sich um eine zusätzliche Möglichkeit der gerichtsinternen Konfliktbeilegung.457 Die berufsrechtlichen Regelungen des MedG sind auf den Güterichter nicht anwendbar.458 In § 278a ZPO werden die außergerichtliche Konfliktbeilegung und Mediation geregelt. Dessen Abs. 1 ermöglicht es dem Gericht, den Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorzuschlagen. Die Vorschrift regelt nun die gerichtsnahe Mediation.459 Nach § 278a Abs. 2 ZPO hat die Durchführung eines Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung beziehungsweise Mediation die Anordnung des Ruhens des Verfahrens durch das Gericht zur Folge.460 Dies dient der Verfahrensökonomie.461 455  Prütting, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 278 ZPO Rn. 14. Ortloff, Vom Gerichtsmediator zum Güterichter im Verwaltungsprozess, NVwZ 2012, 1057 (1060) und Steinhauff, Der Güterichter im Finanzgerichtsprozess, SteuK 2013, 160 (162) wollen die Vorschrift jedoch so auslegen, dass ein Einverständnis der Parteien erforderlich ist. Steinhauff will dies aus dem pflichtgemäßen Ermessen des erkennenden Gerichts ableiten und Ortloff aus dem Sinn und Zweck der Norm. 456  BR-PlPr. 898, 295C (295D); Löer, in: Klowait/Gläßer (Hrsg.), Mediationsgesetz, 2. Aufl., 2018, § 278 ZPO Rn. 9; zur richtigen Verwendung von Legaldefinitionen vergleiche Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl., 2002, Rn. 356 ff. 457  Bacher, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 278 ZPO Rn. 19. 458  Ulrici, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, Anhang 1 zu § 278a ZPO. Mediationsgesetz Rn. 11 mit weiteren Nachweisen; für die Anwendbarkeit der verfahrensrechtlichen Regelungen des MedG Ortloff, Vom Gerichtsmedia­ tor zum Güterichter im Verwaltungsprozess, NVwZ 2012, 1057 (1059). 459  Prütting, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 278 ZPO Rn. 31. 460  Zum Ruhen des Verfahrens Bamberger, Der ruhende Verwaltungsprozess, NVwZ 2015, 942 ff.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute191

Durch Art. 5 MediationsuaFöG wurde die Generalverweisung in § 202 Satz 1 SGG auf das GVG und die ZPO geändert.462 Durch die Änderung wurde ein expliziter Hinweis der entsprechenden Anwendbarkeit des § 278 Abs. 5 ZPO und des § 278a ZPO aufgenommen, soweit das SGG keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Art. 6 MediationsuaFöG befasst sich mit einer gleichlaufenden Änderung des § 173 Satz 1 VwGO.463 Auch hier wurde die Generalverweisung auf die ZPO und das GVG ausdrücklich auf § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO ausgedehnt, soweit die VwGO keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und Unterschiede zwischen den Verfahrensarten nicht entgegenstehen.464 Nach Art. 8 MediationsuaFöG wurde § 155 Satz 1 FGO § 202 Satz 1 SGG und § 173 Satz 1 VwGO entsprechend ergänzt.465 In § 155 Satz 1 FGO wird nunmehr ebenfalls die ausdrückliche sinngemäße Anwendbarkeit von § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO angeordnet, soweit die FGO keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und dies nicht den Unterschieden zwischen den Verfahrensarten widerspricht. b) Relevanz des Einheitsgedankens aa) MedG Das MedG wurde von Grund auf neu geschaffen, wobei unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen waren.466 Das Hauptziel des MediationsuaFöG, die Mediation und sonstige Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung zu fördern,467 sollte unter anderem 461  Ulrici, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 278a ZPO Rn. 1 mit Verweis auf die Ausführungen von Hess, Perspektiven der gerichts­ internen Mediation in Deutschland, ZZP 118 (2011), 137 (155). 462  Siehe zu den Generalverweisungen in VwGO, FGO und SGG auf die ZPO und das GVG § 3 C. II. 2. 463  Siehe zu den Generalverweisungen in VwGO, FGO und SGG auf die ZPO und das GVG § 3 C. II. 2. 464  Zur Problematik der Verortung dieses Verweises in der VwGO Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 (31). 465  Siehe zu den Generalverweisungen in VwGO, FGO und SGG auf die ZPO und das GVG § 3 C. II. 2. 466  BT-PlPr. 17/105, 12053A (12053B ff.). 467  BR-Drs. 60/11, 1; BT-Drs. 17/5335, 1.

192

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

durch ein MedG mit allgemeinen Regelungen erreicht werden.468 Die Regelungen gelten für alle Mediationsformen und alle Mediatoren.469 Die Grundund Verfahrenspflichten sowie das Bestehen einer Aus- und Fortbildungspflicht wurden einheitlich normiert, um Rechtszersplitterung zu vermeiden.470 Die Aus- und Fortbildungspflicht wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens inhaltlich konkretisiert.471 Dies zeigt den Willen des Gesetzgebers, ein einheitlich strukturiertes Verfahren einzuführen.472 Darüber hinaus spiegeln sowohl die Anregung473 als auch die spätere tatsächliche Umsetzung einer einheitlichen Zertifizierung für alle Mediatoren den Einheitsgedanken wider. Der Gesetzesentwurf zum MedG orientiert sich in vielerlei Hinsicht an der ZPO. So heißt es in den Gesetzgebungsmaterialien, die in die ZPO eingeführten Regelungen über Mediationsvereinbarungen machten eine Definition für die Mediation notwendig.474 Diese wurde in § 1 des allgemeingültigen MedG verortet. Sie unterteilte die Mediation in die gerichtsinterne, gerichtsnahe und außergerichtliche Mediation.475 Als die gerichtsinterne Mediation in der ZPO im Gesetzgebungsverfahren durch ein erweitertes Güterichterkonzept ersetzt wurde, das unter anderem auf das SGG, die VwGO und die FGO übertragen wurde,476 musste § 1 MedG entsprechend geändert werden.477 Des Weiteren wird in der Mediationsdefinition des § 1 MedG der Begriff „Partei“ verwendet. Laut den Gesetzgebungsmaterialien ist dieser untechnisch zu verstehen.478 Daher sei eine Anwendbarkeit des § 1 MedG gleichermaßen für Verfahrensordnungen gegeben, in welchen der Begriff des „Beteiligten“ verwendet werde.479 Dazu zählen beispielsweise VwGO, FGO und SGG.480 Trotz dieses ausdrücklichen Hinweises zeigte sich wiederum der Vorrang der ZPO deutlich, indem von ihr verwendete Begrifflichkeiten als allgemeingültige nicht-fachspezifische Termini übernommen wurden.

468  BR-Drs.

60/11, 1 ff.; BT-Drs. 17/5335, 5 f., 29. 60/11, 15; BT-Drs. 17/5335, 11. 470  BR-Drs. 60/11, 15; BT-Drs. 17/5335, 12. 471  BT-Drs. 17/8058, 6 f., 23. 472  BR-PlPr. 881, 131C (159A f.); BT-PlPr. 17/149, 17837D (17839A). 473  BR-PlPr. 881, 131C (161B). 474  BR-Drs. 60/11, 18; BT-Drs. 17/5335, 13. 475  BR-Drs. 60/11, 1, 18; BT-Drs. 17/5335, 5, 13; siehe § 3 D. II. 1. a). 476  BT-Drs. 17/8058, 1. 477  BT-Drs. 17/8058, 4, 17. 478  BT-Drs. 17/5335, 13. 479  BR-Drs. 60/11, 18; BT-Drs. 17/5335, 13. 480  Vergleiche § 63 VwGO, § 57 FGO und § 69 SGG. 469  BR-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute193

Der Vorrang der ZPO wurde ebenso durch die Erläuterungen zu der Verschwiegenheitspflicht in § 4 MedG bekräftigt. Nach diesen soll grundsätzlich eine Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 4 MedG auch in Verfahren, in denen der Untersuchungsgrundsatz gilt, angenommen werden.481 Explizit wird § 103 SGG genannt.482 Daneben gilt der Untersuchungsgrundsatz in der FGO und dem SGG.483 Weiterhin wurde vom Bundesrat vorgeschlagen, ein dispositives Beweiserhebungs- beziehungsweise Vortragsverbot für das Mediationsgespräch in die ZPO und die anderen Verfahrensordnungen aufzunehmen.484 Dies wurde von der Bundesregierung deshalb insgesamt abgelehnt, weil ein solches dispositives Beweiserhebungsverbot dem Zivilprozessrecht fremd sei.485 Damit blieb es lediglich bei einem gewöhnlichen Zeugnisverweigerungsrecht der nach § 4 MedG zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen in der ZPO sowie in den auf sie verweisenden Verfahrensordnungen gemäß § 383 Nr. 6 ZPO.486 Zu den verweisenden Verfahrensordnungen zählen die VwGO und das SGG nach § 98 VwGO und § 118 SGG.487 Die Regelung richtet sich also ebenfalls nach der ZPO. Die FGO verweist in diesem Zusammenhang hingegen nicht auf die ZPO. Hier gilt für die Verschwiegenheit § 84 FGO.488 Dass sich das MedG vorrangig an den Regelungen der ZPO orientiert, folgt mitunter aus der am 13.6.2008 in Kraft getretenen Mediations-RL. Diese zwang zur ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Mediation im nationalen Recht.489 Ihre Geltung beschränkt sich allerdings auf grenzüberschreitende Zivil- und Handelssachen.490 Sie gab Anstoß, auch Regelungen zu erlassen, die über die erforderlichen Bestimmungen hinausgehen.491 § 9 MedG trifft eine Übergangsbestimmung für die gerichtsinterne Mediation. Zunächst verwies § 9 MedG auf § 15 GVG, der die gerichtsinterne Mediation regeln sollte. Dies wurde jedoch obsolet als § 15 GVG aufgrund der Abschaffung der gerichtsinternen Mediation im weiteren Gesetzgebungs481  BT-Drs.

17/5335, 17. 60/11, 25; BT-Drs. 17/5335, 17. 483  Zum Untersuchungsgrundsatz siehe § 2 C. II. 1. b). 484  BT-Drs. 17/5335, 32; vergleiche dazu Goltermann/Hagel/Klowait u. a., „Das neue Mediationsgesetz“ aus Unternehmenssicht, SchiedsVZ 2013, 41 (44, 48). 485  BT-Drs. 17/5496, 3. 486  BR-Drs. 60/11, 14, 24; BT-Drs. 17/5335, 11, 17. 487  Siehe §  3  C. II. 3. a). 488  Vergleiche dazu Henssler/Deckenbrock, Das neue Mediationsgesetz: Mediation ist und bleibt Anwaltssache!, DB 2012, 159; Hölzer, Die Mediation im Steuerrecht nach dem Referentenentwurf zum Mediationsgesetz, DStR 2010, 2538 (2539). 489  Siehe §  1  D. II. 3. 490  BT-Drs. 17/5335, 10. 491  Siehe § 3 D. II. 482  BR-Drs.

194

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

verfahren entfiel.492 Im Ergebnis trifft § 9 MedG eine Übergangsbestimmung für die Bezeichnung des richterlichen Mediators vorrangig in der Zivilgerichtsbarkeit, aber auch in Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit. bb) GVG Nach dem ursprünglich geplanten § 15 GVG blieb es jedem Bundesland selbst überlassen, ob es eine gerichtsinterne Mediation einführen und diese gegebenenfalls auf einzelne Gerichte konzentrieren wollte.493 Dies sollte über § 173 Satz 1 VwGO und § 202 Satz 1 SGG gleichermaßen für die VwGO und das SGG gelten. Die FGO sollte hingegen auf § 15 GVG nicht ausdrücklich Bezug nehmen.494 Der Gesetzgeber strebte eine Vereinheit­ lichung der Rechtslage für den Zivil-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsprozess an. Den Finanzgerichtsprozess berücksichtigte er nicht. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens regte der Bundesrat an, die Wörter „in Zivilsachen“ in § 15 GVG zu streichen, da dieser auch für VwGO und SGG gelten sollte.495 Eine solche Klarstellung hielt die Bundesregierung nicht für erforderlich, da die anderen Verfahrensordnungen auf § 15 GVG verwiesen.496 Die Einheitlichkeit der Verfahrensordnungen wurde nicht ausdrücklich weiter betont. Weiterhin stand der Vorschlag im Raum, die Mediation an einem anderen als dem erkennenden Gericht derselben oder einer anderen Gerichtsbarkeit durchzuführen.497 Dies wäre eine weitere Möglichkeit gewesen, um die Vorteile eines einheitlichen Verfahrens der gerichtsinternen Mediation zu nutzen und dieses so zu sichern. Sie wurde nicht umgesetzt.

492  BT-Drs.

17/8058, 8, 20. 60/11, 17, 28; BT-Drs. 17/5335, 13, 19. Der genaue Wortlaut des § 15 GVG sollte lauten: „Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass gerichtsinterne Mediation in Zivilsachen angeboten wird. Die gerichtsinterne Mediation kann einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen durch Rechtsverordnung auf die jeweils zuständige oberste Landesbehörde übertragen.“ (BR-Drs. 60/11, 4; BT-Drs. 17/5335, 6). Aus der Ermächtigung der Bundesländer lässt sich für sich genommen keine Ablehnung des Einheitsgedankens entnehmen (siehe dazu auch im Rahmen des VideokonfIntensG § 3 D. III. 2. b)). 494  BR-Drs. 60/11, 27 f.; BT-Drs. 17/5335, 19; anders noch Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf zum Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, Stand: 4.8.2010, 5, 23. 495  BT-Drs. 17/5335, 30. 496  BT-Drs. 17/5496, 2. 497  BT-Drs. 17/5335, 30; BT-Drs. 17/5496, 2. 493  BR-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute195

Die Ermächtigung der Landesregierungen zum Angebot der gerichtsinternen Mediation in Zivilsachen über § 15 GVG wurde schließlich gestrichen.498 Dies galt somit ebenso für die gerichtsinterne Mediation im Rahmen der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Streichung ist eine Folge des Entfalls der gerichtsinternen Mediation in allen Verfahrensordnungen. Die gerichtsinterne Mediation durfte aufgrund ausdrücklicher gesetzgeberischer Entscheidung nach Ablauf der Übergangszeit auch durch analoge Anwendung bereits existenter Vorschriften nicht mehr durchgeführt werden.499 Die Einheitlichkeit der analysierten Verfahrensordnungen wurde durch die Entfernung der Regelung aus dem für alle Verfahrensordnungen geltenden GVG herbeigeführt. cc) ZPO Im ersten Entwurf des MediationsuaFöG strebte die Bundesregierung eine einheitliche Rechtsgrundlage für die gerichtsinterne Mediation in ZPO sowie in SGG und VwGO an.500 Auch aus dem gerichtlichen Verfahren sollte vermehrt in Verfahren der Mediation beziehungsweise der außergerichtlichen Konfliktbeilegung verwiesen werden können.501 Dies sollte durch die Ein­ fügung des § 278a ZPO zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung erreicht werden.502 Die Änderung des § 278 Abs. 5 ZPO zum Verweis der Parteien an einen beauftragten oder ersuchten Richter als Güterichter für die Güteverhandlung diente dazu, das Güterichtermodell von der gerichtsinternen Mediation abzugrenzen.503 Daneben wurden § 41 Nr. 7 ZPO zum Ausschluss des Richters und § 253 Abs. 3 ZPO zu den inhaltlichen Anforderungen der Klageschrift geändert.504 Um die Vollstreckbarkeit der Mediationsvereinbarung zu gewährleisten, war ein neuer § 796d ZPO geplant.505 Dessen Einführung wurde jedoch entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages nicht weiterverfolgt.506 Durch die Änderungen der ZPO wurden gleichzeitig die Einheit von ZPO, VwGO und SGG für die Mediation angestrebt und der Vorrang der ZPO betont. Letzterer folgte insbesondere auch daraus, dass sich die Pflicht zum Erlass des Gesetzes aus der Me498  BT-Drs.

17/8058, 8, 20. 17/8058, 20. 500  BR-Drs. 60/11, 1 f., 14; BT-Drs. 17/5335, 1, 11. 501  BR-Drs. 60/11, 1 f.; BT-Drs. 17/5335, 1. 502  BR-Drs. 60/11, 4 ff.; BT-Drs. 17/5335, 6 f. 503  BT-Drs. 17/5335, 20. 504  BR-Drs. 60/11, 4 ff.; BT-Drs. 17/5335, 6 f. 505  BT-Drs. 17/5335, 7. 506  BT-Drs. 17/8058, 10. 499  BT-Drs.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

diations-RL ergab, welche ausschließlich für grenzüberschreitende Zivil- und Handelssachen gilt.507 Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurden § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO nochmals geändert.508 Die gerichtsinterne Mediation wurde – auch für die VwGO, die FGO umd das SGG – durch das sogenannte Güterichtermodell ersetzt.509 Die Unterscheidung zwischen gerichtsinterner, gerichtsnaher und außergerichtlicher Mediation entfiel.510 In § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO wurde eine Vorschrift über Protokolle im Rahmen von Güteverhandlungen eingefügt.511 Um die Vertraulichkeit und damit das Vertrauen in die Mediation zu gewährleisten, wird ein Protokoll nur dann erstellt, wenn die Parteien es wünschen.512 Die gesamten Änderungen bezogen nunmehr auch die FGO in das Streben nach einem für alle untersuchten Prozessrechtsordnungen einheitlichen Modell mit ein. Dies galt ebenfalls für die im Vermittlungsausschuss noch vorgenommenen Änderungen. Sie betrafen § 278 Abs. 5 ZPO sowie § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO.513 Die Begrifflichkeiten wurden entsprechend an das Güterichtermodell angepasst und vereinheitlicht. Der Güterichter wird nicht mehr als beauftragter und ersuchter Richter bezeichnet, sondern als für eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche bestimmter Richter legaldefiniert.514 Zudem stellt § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO nunmehr klar, dass der Güterichter alle Methoden der Mediation anwenden kann. Damit unterfällt der Güterichter nicht den Regelungen des MedG, sondern allein denen der Prozessrechtsordnungen.515 dd) VwGO, FGO und SGG Im ursprünglichen Gesetzesentwurf des MediationsuaFöG sollte über § 202 Satz 1 SGG und § 173 Satz 1 VwGO auf § 15 GVG sowie auf § 278a ZPO verwiesen werden.516 Damit wurde die außergerichtliche Konfliktbeile507  Siehe

§  1  D. II. 3. 17/8058, 8 f. 509  BT-Drs. 17/8058, 1, 17, 21, 23 f.; BT-PlPr. 17/149, 17837D (17839D, 17842C, 17845A). 510  BT-PlPr. 17/149, 17837D (17839D). 511  BT-Drs. 17/8058, 9, 21. 512  BT-Drs. 17/8058, 9, 21; BT-PlPr. 17/149, 17837D (17845B f.). 513  BT-Drs. 17/10102, 2. 514  BR-PlPr. 898, 295C (295D). 515  BR-PlPr. 898, 295C (316A); anders noch BR-Drs. 60/11, 15 und BT-Drs. 17/5335, 11; siehe dazu § 3 Fn. 399. 516  BR-Drs. 60/11, 9 f., 14; BT-Drs. 17/5335, 9. 508  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute197

gung gefördert.517 Zudem wurde die bislang für das SGG und die VwGO umstrittene gerichtsinterne Mediation in den Verfahrensordnungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.518 Dies war weiterhin nicht unumstritten. Es wurde auf das strukturelle Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten in SGG und VwGO verwiesen und daraus geschlossen, dass die von diesen Verfahrensordnungen umfassten Bereiche sich nicht für eine Mediation eigneten.519 In der FGO sollte es zunächst keine Rechtsgrundlage für die Mediation geben.520 Dies wurde mit den Besonderheiten der Verfahrensart begründet.521 Befürworter eines weiten Anwendungsbereichs der Mediation regten an, diese Ausnahme zu überprüfen.522 Zunächst sollte bezüglich aller Formen der Mediation Einheitlichkeit zwischen ZPO, VwGO und SGG hergestellt werden. Die weiteren Änderungen der ZPO gelten in VwGO und SGG aufgrund von Verweisungen. Durch eine Änderung der §§ 167 f. VwGO und §§ 198 f. SGG wurden die in die ZPO eingefügten Vorschriften zur Vollstreckbarkeit der Mediation übernommen und angepasst.523 § 41 ZPO ist über § 60 Abs. 1 SGG beziehungsweise § 54 Abs. 1 VwGO anwendbar.524 § 253 ZPO gilt hingegen wegen § 92 SGG beziehungsweise § 82 VwGO nicht für den Sozialgerichts- und Verwaltungsprozess.525 Eine Modifikation dieser Regelung wurde aufgrund der Besonderheiten der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten nicht initiiert.526 Stattdessen wurde die Notwendigkeit der Sonderregelungen betont, um dem Verfahren gerecht zu werden.527 Für das SGG kam als Begründungsansatz noch das Erfordernis eines einfachen Zugangs zu den Sozialgerichten hinzu.528 SGG und VwGO wurden in diesem Verfahrensabschnitt weitgehend einheitlich betrachtet. In weiten Teilen orientierte sich der Gesetzgeber an der ZPO.

517  BR-Drs.

60/11, 1 f., 14; BT-Drs. 17/5335, 1, 11. 60/11, 38 f.; BT-Drs. 17/5335, 25. 519  BT-PlPr. 17/105, 12053A (12057C). 520  Anders noch Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf zum Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, Stand: 4.8.2010, 10, 30. 521  BR-Drs. 60/11, 14; BT-Drs. 17/5335, 11. 522  BT-PlPr. 17/105, 12053A (12059B f.). 523  BT-Drs. 17/5335, 9, 25; siehe § 2 C. I. 1. a) aa) und § 3 D. II. 2. b) cc). 524  BR-Drs. 60/11, 38 f.; BT-Drs. 17/5335, 25. 525  BR-Drs. 60/11, 38 f.; BT-Drs. 17/5335, 25. 526  BR-Drs. 60/11, 38 f.; BT-Drs. 17/5335, 25. 527  BR-Drs. 60/11, 38 f.; BT-Drs. 17/5335, 25. 528  BR-Drs. 60/11, 38; BT-Drs. 17/5335, 25; vergleiche zum Grundsatz der Klägerfreundlichkeit im sozialgerichtlichen Verfahren Harks, Der sogenannte Grundsatz der Klägerfreundlichkeit, NZS 2018, 49 ff. 518  BR-Drs.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wirkte der Bundesrat ausdrücklich darauf hin, das Güterichtermodell in SGG und VwGO zur Anwendung zu bringen.529 Dies sei nicht gewährleistet, da § 202 Satz 1 SGG und § 173 Satz 1 VwGO lediglich auf § 278a ZPO und § 15 GVG verwiesen.530 Der Bundesrat schlug daher vor, § 202 Satz 1 SGG um einen Verweis auf § 278 Abs. 5 ZPO zu ergänzen.531 In der VwGO sollte hingegen nicht § 173 Satz 1 VwGO ergänzt werden. Stattdessen kam seitens des Bundesrates die Idee auf, eine eigene Verweisung auf die §§ 278 Abs. 5, 278a ZPO und § 15 GVG in § 86a VwGO zu verorten.532 Des Weiteren sollte geregelt werden, dass § 106 VwGO für gerichtliche Vergleiche vor dem Güterichter entsprechend gilt.533 Begründet wurde die Regelung außerhalb des § 173 Satz 1 VwGO damit, dass andernfalls gegen dessen Auffangcharakter verstoßen würde.534 Unklar blieb, weshalb der Bundesrat dieses Argument nicht in Bezug auf § 202 Satz 1 SGG verwendete.535 Der Vorschlag durchbrach den Gleichlauf von SGG und VwGO in systematischer Form. Inhaltlich wurde jedoch in beiden Verfahrensordnungen die Anwendbarkeit des Güterichtermodells geregelt. Damit war der neue § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO über § 105 VwGO und § 122 SGG in verwaltungsgerichtlichen und in sozialgerichtlichen Verfahren gleichermaßen anwendbar. Die Bundesregierung wollte dennoch weiter prüfen, wie das Güterichterverfahren in den Verfahrensordnungen außerhalb der ZPO regelungstechnisch umgesetzt werden könnte.536 Entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wurden die Generalverweisungen in § 202 Satz 1 SGG und § 173 Satz 1 VwGO geändert, sodass ausdrücklich auf § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO verwiesen wird.537 Auf § 15 GVG wird nicht mehr verwiesen, da dieser entfiel.538 Die Änderungen zum Vollstreckungsrecht in SGG und VwGO wurden infolge 529  BR-PlPr. 881, 131C (159B) mit ausdrücklicher Betonung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bei diesen Ausführungen werden wohl Güterichtermodell und gerichtsinterne Mediation vermischt. 530  BT-Drs. 17/5335, 33 f. 531  BT-Drs. 17/5335, 33 f. 532  BT-Drs. 17/5335, 34. 533  BT-Drs. 17/5335, 34. 534  BT-Drs. 17/5335, 34; zur späteren Kritik der Nennung der §§ 278 Abs. 5, 278a ZPO in der Generalverweisungsnorm des § 173 Satz 1 VwGO vergleiche Nolte, Das neue Mediationsgesetz und die Verweisungssystematik der VwGO, HFR 2012, 22 ff. 535  Thüringen brachte im Bundesrat den Einwand vor, die Verweisung müsse in SGG und VwGO über die jeweiligen Generalverweisungen einheitlich gestaltet werden (BR-Drs. 60/3/11), konnte sich jedoch im Ergebnis nicht durchsetzen. 536  BT-Drs. 17/5496, 3. 537  BT-Drs. 17/8058, 13 f., 23 f. 538  Siehe §  3  D. II. 2. b) bb).



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute199

des Entfalls der Änderungen in den § 794 und des Entfalls des § 796d ZPO nicht durchgeführt.539 In der für SGG und VwGO parallelen Begründung wird auf die Begründung zur Änderung des § 278 Abs. 5 ZPO verwiesen.540 In der FGO wurde eine Rechtsgrundlage für das Güterichtermodell sowie die Mediation geschaffen, indem in die Generalverweisung des § 155 Satz 1 FGO ein ausdrücklicher Verweis auf § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO aufgenommen wurde.541 Dabei wurde ebenfalls auf die bereits zu § 278 Abs. 5 ZPO gegebene Begründung Bezug genommen.542 In SGG und VwGO wurde damit die gerichtsinterne Mediation wie in der ZPO durch das Güterichtermodell ersetzt beziehungsweise in der FGO das Güterichtermodell implementiert.543 Für die VwGO sah der Gesetzgeber von der Schaffung einer neuen Verweisungsnorm ab. Dadurch, dass das Güterichtermodell nicht nur in der ZPO gilt, sollte die gütliche Streitbeilegung im gerichtlichen Verfahren insgesamt gefördert werden.544 Ohne ausdrücklichen Hinweis im Gesetzgebungsverfahren kann davon ausgegangen werden, dass § 41 Nr. 8 ZPO über § 51 FGO entsprechend gilt.545 Zudem wird § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO über § 94 FGO entsprechend angewandt.546 Ebenso wie in der VwGO und dem SGG gilt § 253 ZPO nicht für das finanzgerichtliche Verfahren. Grund hierfür ist § 65 FGO. Insgesamt wurden SGG, VwGO und FGO stärker angeglichen. Zudem galten ZPO und GVG weiterhin als Orientierungspunkte. So wurden alle weiteren Änderungen der ZPO, die im Vermittlungsausschuss noch erfolgten, durch die Verweisungen auf SGG, VwGO und FGO übertragen.547 Der Einheitsgedanke unter Wahrung der Besonderheiten der Verfahrensordnungen blieb erhalten. 3. Konklusion Im Gesetzgebungsverfahren zum ZPO-RG lässt sich der Einheitsgedanke in Bezug auf § 278 Abs. 5 ZPO nicht hinreichend nachweisen. Die Regelung wurde allein für die ZPO erlassen und eine Übertragbarkeit auf VwGO, FGO und SGG nicht diskutiert. Es fand damit Regelungsmodell 2 Variante 1 Anwendung. 539  BT-Drs.

17/8058, 14, 23. 17/8058, 23 f. 541  BT-Drs. 17/8058, 15, 24. 542  BT-Drs. 17/8058, 24. 543  BT-Drs. 17/8058, 1, 15, 17, 21, 23 f. 544  BT-Drs. 17/8058, 17, 21. 545  Siehe §  3  C. II. 3. b) aa). 546  Siehe §  3  C. II. 3. b) aa). 547  Zu den Änderungen im Vermittlungsausschuss vergleiche BT-Drs. 17/10102. 540  BT-Drs.

200

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Das MedG, das durch das MediationsuaFöG erlassen wurde, führt zu Vereinheitlichungen ohne spezifischen Bezug zu einer Prozessrechtsordnung. Es handelt sich nicht um Prozessrecht im engeren Sinne, sondern im Ergebnis um Regelungen, die bei einem Verweis des Rechtsstreits aus dem Prozessrecht Anwendung finden. Dies gilt unabhängig davon, welchem Gerichtszweig das Verfahren zuzurechnen ist beziehungsweise welcher Prozessrechtsordnung es unterstellt ist. Daneben wird teilweise vertreten, dass die verfahrensrechtlichen Regelungen des MedG auch für den Güterichter Anwendung finden sollen.548 Insofern stellt das MedG einen allgemeinen Teil, also ein für alle Prozessrechtsordnungn gültiges Gesetz im Sinne von Regelungs­ modell 3, dar.549 Die Regelungen des MedG orientieren sich auch am auf alle analysierten Verfahrensordnungen anwendbaren GVG. Vor allem enthalten sie jedoch ZPO-spezifische Elemente. Die geplante Regelung der gerichtsinternen Mediation im GVG für ZPO, VwGO und SGG entsprach Regelungsmodell 3 ohne die Einbeziehung der FGO. Dieses Modell erledigte sich jedoch mit der Streichung des § 15 GVG. Trotz dieser Tendenzen zu Regelungsmodell 3 sind die analysierten Regelungen des MediationsuaFöG schwerpunktmäßig Regelungsmodell 1 zuzuorden. Grund dafür ist, dass das Güterichtermodell und die Regelungen zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung in der ZPO verankert und durch Verweise in den anderen Prozessrechtsordnungen übernommen wurden. Dies gilt für fast alle in diesem Zusammenhang geänderten Regelungen der ZPO. Der Vorrang der ZPO sowie der Einheitsgedanke wurden betont. Die Übernahme der Regelungen des § 278 Abs. 5 ZPO und der § 278a ZPO sowie § 41 Nr. 8 ZPO und § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO erfolgte für VwGO, FGO und SGG weitgehend parallel. Es wurde den Besonderheiten von VwGO, FGO und SGG Rechnung getragen, indem § 253 ZPO nicht auf sie übertragen wird. Für das SGG wurde dies am ausführlichsten begründet. Nicht vollständig parallel verläuft auch der Entwicklungsprozess. Bemerkenswert ist, dass die FGO zuerst nicht in das MediationsuaFöG aufgenommen wurde. Die FGO wurde zunächst eigenständig betrachtet. Dem finanzgerichtlichen Prozess wurde die Eignung abgesprochen, einen adäquaten Rahmen für die Mediation zu bilden. Letztendlich setzte sich der Einheitsgedanke unter Einbeziehung der FGO durch. Wie in VwGO und SGG wird in der FGO über die Generalverweisung auf § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO verwiesen. Die Fragen der Entwicklung bis hin zum Güterichtermodell stellten sich für die FGO nicht, da der konkrete Vorschlag für eine Rechtsgrund548  Siehe § 3 Rn. 399. Sofern die gerichtsinterne Mediation tatsächlich eingeführt worden wäre, hätte jedenfalls von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der verfahrensrechtlichen Regelungen des MedG ausgegangen werden müssen. 549  Siehe § 3 B. III.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute201

lage erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, als bereits Einigkeit über die Ersetzung der gerichtsinternen Mediation durch ein Gütemodell besteht. Angesichts der weitgehenden Parallelität der geschaffenen Regelungen kann aber davon ausgegangen werden, dass bei frühzeitiger Berücksichtigung der FGO die Diskussion zur Regelung in der FGO auch ähnlich wie die Diskussion zu der Regelung im SGG und der VwGO verlaufen wäre.

III. Videokonferenztechnik Das VideokonfIntensG, welches am 1.11.2013 in Kraft getreten ist, gibt Anlass, die Perspektive des Gesetzgebers hinsichtlich des prozessualen Instituts der Videokonferenztechnik näher zu beleuchten. Die Videokonferenz stellt eine besondere Form der Telekommunikation dar.550 Mit Hilfe von Mikrofonen, Kameras, Lautsprechern und Bildwiedergabemedien wird eine audiovisuelle Verbindung zwischen den Teilnehmern der Videokonferenz hergestellt.551 Die Übertragung von Bild und Ton ermöglicht einen wechselseitigen Informationsaustausch, der einer natürlichen Interaktion näherkommt als ein Telefongespräch.552 1. Ausgangspunkte a) ZSchG Erstmals normiert wurde der Einsatz der Videokonferenztechnik in § 247a StPO in der Fassung vom 30.4.1998. Die genannte Vorschrift wurde in ihrer ursprünglichen Fassung durch das Zeugenschutzgesetz (ZSchG)553 in die StPO eingefügt.554 Dieses trat am 1.12.1998 in Kraft.555 Demnach sollte eine Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung unter bestimmten Voraussetzungen per Videokonferenz möglich sein.556 Da die StPO jedoch bei der 550  Glunz, Psychologische Effekte beim gerichtlichen Einsatz von Videotechnik, 2011, S. 11; Nissen, Die Online-Videokonferenz im Zivilprozess, 2004, S. 19. 551  Glunz, Psychologische Effekte beim gerichtlichen Einsatz von Videotechnik, 2011, S. 11. 552  Nissen, Die Online-Videokonferenz im Zivilprozess, 2004, S. 19. 553  BGBl I 1998, 820 ff. 554  BT-Drs. 17/1224, 10; Böttiger, Der Einsatz von Videokonferenztechnik in der mündlichen Verhandlung und dem Erörterungstermin im sozialgerichtlichen Verfahren, WzS 2013, 263. 555  BGBl I 1998, 820 (822). 556  Die Videokonferenz konnte nach § 247a Satz 1 Halbsatz 1 StPO in der Fassung vom 30.4.1998 bei der Vernehmung besonders schutzwürdiger Zeugen angewandt werden. Daneben konnte sie nach § 247a Satz 1 Halbsatz 1 in der Fassung

202

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

vorliegenden Betrachtung aus oben genannten Gründen ausgenommen bleiben soll, sind die Ausgangspunkte in den anderen Prozessrechtsordnungen zu finden.557 b) 2. FGOÄndG Ausgangsregelungen zur Videokonferenztechnik waren für den Finanzgerichtsprozess die §§ 91a, 93a FGO in der Fassung vom 19.12.2000. Sie regelten die Möglichkeit des Einsatzes der Videokonferenztechnik, wenn sich Beteiligte, Bevollmächtigte, Beistände, Zeugen und Sachverständige an einem anderen Ort als dem Sitzungszimmer aufhielten. Die Durchführung der Videokonferenz mit Beteiligten, Bevollmächtigten und ihren Beiständen war nur auf Antrag möglich. Um die Videokonferenztechnik für die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen einzusetzen, war das Einverständnis der Beteiligten erforderlich. Die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen sollte aufgezeichnet werden, sofern die Vertreter dieser Personengruppen gegebenenfalls in einer weiteren mündlichen Verhandlung nicht vernommen werden konnten und dies zur Erforschung der Wahrheit erforderlich war.558 § 93a Abs. 2 FGO in der Fassung vom 19.12.2000 regelte, wie mit den Aufzeichnungen zu verfahren war. Eingefügt wurden die genannten Vorschriften durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2. FGOÄndG) vom 19.12.2000559, welches am 1.1.2001 in Kraft trat. vom 30.4.1998 durchgeführt werden, wenn die Voraussetzungen des § 251 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 oder Nr. 4 StPO in der Fassung vom 1.4.1987 vorlagen und die Vernehmung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich war (vergleiche Böttiger, Der Einsatz von Videokonferenztechnik in der mündlichen Verhandlung und dem Erörterungstermin im sozialgerichtlichen Verfahren, WzS 2013, 263 ff.; Thomsen, Einsatzmöglichkeiten der Videokonferenztechnik in der Justiz – ein erster Erfahrungsbericht, SchlHA 2004, 285 [285 f.]). 557  Siehe zum Ausschluss der StPO in dieser Arbeit § 1 D. II .1. e). Im Übrigen wird bei der Einführung der Videokonferenztechnik in das strafprozessuale Verfahren auch der Aspekt des Zeugen- und Opferschutzes stark betont (BT-Drs. 13/7165, 1, 4 f.; BT-PlPr. 754, 361D [362B f.]). Dem Gedanken des Zeugen- und Opferschutzes kommt in den anderen Verfahrensordnungen nicht im selben Maße Bedeutung zu wie im Strafprozessrecht. Fritsche, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 128a ZPO Rn. 10 und Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 128a ZPO Rn. 1 heben hervor, dass § 128a ZPO anders als § 247a StPO nicht dem Zeugenschutz zu dienen bestimmt sei. 558  Diese Regelung entspricht § 247a Satz 4 StPO in der Fassung vom 30.4.1998 (vergleiche BT-Drs. 14/4549, 12). 559  BGBl I 2000, 1757 ff.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute203

Durch dieses wurde primär die Verbesserung des Verfahrens der Finanz­ gerichte angestrebt.560 Es sollte modernisiert werden.561 Das audiovisuelle Verfahren für Verfahrensbeteiligte wurde für das finanzgerichtliche Verfahren als zweckmäßig angesehen.562 Es wurde jedoch abgelehnt, dieses auf die anderen Verfahrensordnungen zu übertragen.563 Eine Regelung für die anderen Verfahrensordnungen wurde nicht initiiert. Lediglich in einer Beratung zum Gesetzgebungsverfahren wurde gefordert, die Regelung der Videokonferenztechnik im Finanzgerichtsprozess später ebenfalls in die anderen Verfahrensordnungen aufzunehmen.564 Im Finanz­ gerichtsprozess sollte eine dem Zivilprozess entsprechende Modernisierung angestrebt werden.565 Es wurde also ausdrücklich auf den Zivilprozess Bezug genommen. Die Ausführungen stammen von einem Abgeordneten der damals regierenden SPD und lassen darauf schließen, dass der Vereinheit­ lichungsgedanke im Ansatz bereits vorhanden war. Mehr Hinweise darauf, dass bei der Einführung der Regelung in der FGO die anderen Verfahrensordnungen gleichermaßen in den Fokus genommen wurden, können dem Gesetzgebungsverfahren zum 2. FGOÄndG nicht entnommen werden. Die Idee einer Vereinheitlichung zeichnete sich bis dato nur vereinzelt ab. §§ 91a, 93a FGO in der Fassung vom 19.12.2000 waren daher als prozessordnungsinterne Regelungen zu qualifizieren, die insgesamt noch nicht vom Grundsatz der Vereinheitlichung des Verfahrens getragen wurden. Die FGO wurde stattdessen isoliert betrachtet. c) ZPO-RG und JKomG Tragende Norm für den Einsatz der Videokonferenztechnik im Zivilprozess ist § 128a ZPO. Dieser wurde in seiner ursprünglichen Fassung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) vom 27.7.2001566

560  BR-Drs.

440/00, 1; BT-Drs. 14/4061, 1. 14/131, 12672A (12696C). 562  BT-PlPr. 14/122, 11751A (11777D). 563  Vergleiche BT-PlPr. 14/122, 11751A (11777D). Gründe hierfür wurden nicht näher erläutert. Diese ausdrückliche Ablehnung ist nur an dieser Stelle im Gesetzgebungsverfahren dokumentiert. Die Ablehnung kann jedoch auch daraus geschlossen werden, dass in dem dargestellten Gesetzgebungsverfahren nicht der Versuch unternommen wurde, konkrete Regelungen zur Videokonferenz außerhalb der FGO zu erlassen. 564  BT-PlPr. 14/122, 11751A (11775C). 565  BT-PlPr. 14/122, 11751A (11775C). 566  BGBl I 2001, 1887 ff. 561  BT-PlPr.

204

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

eingefügt, welches am 1.1.2002 in Kraft trat.567 § 128a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 normierte den Einsatz der Videokonferenztechnik in der mündlichen Verhandlung für Parteien, ihre Bevollmächtigten und Beistände. Diesen sollten im Einverständnis mit den Parteien auf Antrag gestattet werden können, auch in Abwesenheit Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wurde in diesen Fällen zeitgleich in das Sitzungszimmer und an den Ort, an dem sich Parteien, Bevollmächtigte und Beistände aufhielten, übertragen. Zudem konnte nach § 128a Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 eine Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen und Parteien im Einverständnis mit den Parteien im Rahmen der Videokonferenz stattfinden. Die Vernehmung wurde dann zeitgleich in das Sitzungszimmer und – soweit eine Gestattung nach § 128a Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 vorlag – auch an den Ort übertragen, an dem sich die Parteien, ihre Bevollmächtigten und Beistände aufhielten. Bereits zu dieser Zeit war nach § 128a Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 eine Aufzeichnung nicht vorgesehen und die Entscheidung über die Vornahme einer Videokonferenz als unanfechtbar gekennzeichnet. § 128a ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 wurde in der Zeit vor Erlass des VideokonfIntensG einmal geändert. Durch das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (JKomG) vom 22.5.2005568, welches am 1.4.2005 in Kraft trat, wurde § 128a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 ergänzt.569 Dies stellte sicher, dass bei der Beweisaufnahme Bild und Ton mithilfe der Videokonferenztechnik auch an den Ort übertragen wurden, an dem sich der zu vernehmende Zeuge oder Sachverständige befand.570 So wurde es ermöglicht, diese direkt und zeitnah zu befragen.571 Durch die Änderung wurde § 128a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.5.2005 an § 93a Abs. 2 Satz 2 FGO in der Fassung vom 19.12.2000 angeglichen. Dies fand jedoch im Gesetzgebungsverfahren keine Erwähnung. Mit Erlass des § 128a ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 regelte der Gesetzgeber nicht nur die Einführung der Videokonferenztechnik in der ZPO, sondern auch in den anderen zu analysierenden Prozessordnungen. So galt § 128a ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 über die Generalverweisung des 567  Vergleiche

313 ff.

568  BGBl

dazu Schultzky, Videokonferenzen im Zivilprozess, NJW 2003,

I 2005, 837 ff. (2022). Vorschrift wurde am 21.10.2005 neu bekannt gemacht (vergleiche BGBl I 2005, 3202 [3204]). 570  BR-Drs. 609/04, 6, 76; BR-Drs. 122/05, 4; BT-Drs. 15/4067, 5, 31; BT-Drs. 15/4952, 5. 571  BR-Drs. 609/04, 76; BT-Drs. 15/4067, 31. 569  Die



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute205

§ 173 VwGO für die VwGO und über § 202 SGG für das SGG.572 Dies thematisierte der Gesetzgeber bei Erlass des § 128a ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 sowie der Vornahme der zugehörigen Folgeänderungen in der ZPO573 nicht. Auch bei der Änderung des § 128a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 durch das JKomG ging er darauf nicht ein. Die Änderungen der ZPO durch das ZPO-RG wurden insgesamt als Grundstein gesehen, der zu einer späteren Harmonisierung der deutschen Verfahrensordnungen beitragen sollte.574 Sie sollten Rechtseinheit schaffen.575 Dies ergab sich auch aus der Gesetzesbegründung. Die Regelung des § 128a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 führte zu einer Durchbrechung der unmittelbaren mündlichen Verhandlung zugunsten der Prozessökonomie beziehungsweise zu einer Beschleunigung des Verfahrens.576 Da die beiden Prinzipien in allen analysierten Prozessrechtsordnungen miteinander konfligieren,577 sind diese Überlegungen zur Zulassung der Videokonferenztechnik auf sie übertragbar. Voraussetzung für die Durchführung der Videokonferenztechnik war die entsprechende technische Ausstattung.578 Dies galt für Prozesse aller Gerichtsbarkeiten gleichermaßen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Forderung nach Rechtseinheit hauptsächlich bei der Änderung anderer Vorschriften durch das ZPO-RG erhoben wurde. Als Beispiel ist die Forderung nach einem einheitlichen Berufungsrechtszug zu nennen.579 Auch die Angleichung der Vorschriften an andere Verfahrensordnungen wurde an anderer Stelle relevant. Dies galt zum Beispiel für die Vorschriften zur Zulassung des Revisionsverfahrens durch das Instanzgericht und zur Einführung einer Generalklausel in § 128 Abs. 4 ZPO für die freigestellte mündliche Verhandlung, wenn das Gericht nicht in Urteilsform entscheidet.580 Diese wurden an die Vorschriften der VwGO, der

572  Darauf ging der Gesetzgeber jedoch erst später mit Einführung des VideokonfIntensG ausdrücklich ein (vergleiche BT-Drs. 17/1224, 1, 10; vergleiche auch BR-Drs. 643/07, 2, 12). In den Gesetzgebungsmaterialien zum ursprünglichen Erlass des § 128a ZPO und zu dessen Änderung findet sich dazu nichts. Vergleiche zur bisherigen Regelung auch Schild, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 102a VwGO Rn. 4 ff. 573  Bei den Folgeänderungen handelt es sich um Änderungen der §§ 160 Abs. 1 Nr. 4, 375 Abs. 1, 479 Abs. 1 ZPO (BGBl I 2001, 1887 [1889 ff.]). 574  BT-PlPr. 14/170, 16630A (16640C). 575  BT-PlPr. 14/170, 16630A (16641A). 576  BT-Drs. 14/6036, 119. 577  Siehe §  2  C. II. 2. b) und §  2  C. II. 2. d). 578  BT-Drs. 14/6036, 120. 579  BT-Drs. 14/4722, 64 f. 580  BT-Drs. 14/4722, 67, 69 f.

206

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

FGO und des SGG angepasst.581 Bei der Einführung des § 128a ZPO wurde im Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben, dass die Stärkung moderner Kommunikationsmittel durch den Einsatz von Videokonferenztechnik im Zivilprozess selbst erreicht werden sollte.582 Die Videokonferenztechnik sollte dazu beitragen, die geforderte Erhöhung von Qualität und Effizienz der Ziviljustiz zu verwirklichen.583 Diese Ausführungen zeigen, dass der Zivilprozess im Hinblick auf das prozessuale Institut der Videokonferenztechnik vorrangig isoliert betrachtet wurde. Die Rechtsfolgen für die den anderen Prozessrechtsordnungen unterliegenden Verfahren wurden nicht berücksichtigt. Durch die Geltung des § 128a ZPO in SGG und VwGO über die Generalverweisungen wurde die ZPO als Grundordnung gekennzeichnet und ihr Vorrang verdeutlicht. Dies geschah, ohne dass die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten dies ausdrücklich thematisierten. 2. VideokonfIntensG a) Regelungssystematik Nach der Eingrenzung der betrachteten Prozessrechtsordnungen sind für die zu erstellende Analyse die Art. 1–5 VideokonfIntensG sowie Art. 9 Video­ konfIntensG relevant. Durch Art. 1 VideokonfIntensG wurde ein neuer Abs. 1a in § 185 GVG eingefügt. Dieser regelt, dass der Dolmetscher während der Gerichtsverhandlung nicht zwingend im Sitzungszimmer anwesend sein muss. Er kann auch mittels Videokonferenz zugeschaltet werden.584 Art. 2 VideokonfIntensG fasste § 128a ZPO neu. Nach § 128a Abs. 1 ZPO kann Parteien, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestattet werden, Verfahrenshandlungen per Videokonferenz vorzunehmen. Zudem können ein Zeuge, ein Sachverständiger und eine Partei gemäß § 128a Abs. 2 ZPO auf Antrag auf diese Weise vernommen werden. Eine Aufzeichnung der Videokonferenz wird in § 128a Abs. 3 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen und die Ermessensentscheidung über die Durchführung einer Videokonferenz als unanfechtbar gekennzeichnet.

581  BT-Drs. 14/4722, 67,

69 f. 14/6036, 2; BT-PlPr. 14/170, 16630A (16640C). 583  BT-Drs. 14/6036, 2, 116. 584  Vergleiche zur Tätigkeit des Dolmetschers Zimmermann, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2017, § 185 GVG Rn. 7. 582  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute207

Art. 3 VideokonfIntensG glich § 91a FGO an § 128a ZPO an. Der Begriff der Parteien wurde durch den Begriff der Beteiligten ersetzt. In § 91a Abs. 4 FGO wurde die entsprechende Anwendung der Videokonferenz für Beteiligte, Bevollmächtigte und Beistände in Erörterungsterminen angeordnet. § 93a FGO wurde aufgehoben. Durch Art. 4 VideokonfIntensG und Art. 5 VideokonfIntensG wurden § 102a VwGO sowie § 110a SGG in die entsprechenden Prozessrechtsordnungen eingefügt. Sie weisen denselben Wortlaut und dieselbe Struktur wie § 91a FGO auf. Es erfolgte lediglich eine Änderung des Wortlautes der jeweiligen Binnenverweisungen für die Anwendung der Videokonferenztechnik im Rahmen von Erörterungsterminen. In § 110a Abs. 2 Satz 1 SGG sind zudem die Beteiligten nicht genannt. Dies hat den Hintergrund, dass eine Parteivernehmung im Sozialgerichtsprozess nicht als förmliches Beweismittel vorgesehen ist.585 § 118 Abs. 1 SGG verweist nicht auf die §§ 445–455 ZPO.586 Art. 9 VideokonfIntensG ermächtigte die Landesregierungen dazu, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass unter anderem die soeben dargestellten erneuerten beziehungsweise neu eingefügten Normen bis zum 31.12.2017 unangewendet blieben. Dabei kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen werden. Von der Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung hatten das Saarland587 und Mecklenburg-Vorpommern588 Gebrauch gemacht.589 b) Relevanz des Einheitsgedankens Die Relevanz des Einheitsgedankens für das prozessuale Institut der ­ ideokonferenztechnik ist beim Gesetzgebungsverfahren zum Videokonf­ V IntensG größtenteils anders zu beurteilen als noch bei den Gesetzgebungs-

585  Francke/Dörr, Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz, 2.  Aufl., 2010, S. 123. 586  Siehe §  3  C. II. 3. a). 587  Verordnung zur Zurückstellung des Inkrafttretens des Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (VidIntGIZStVO) vom 19.9.2013 (Amtsblatt des Saarlandes Teil I 2013, 289); aufgehoben mit Wirkung vom 12.12.2014 durch Verordnung vom 26.11.2014 (Amtsblatt des Saarlandes Teil I 2014, 442). 588  Landesverordnung zur Umsetzung des Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (IntVidKTLVO) vom 9.11.2013 (GVOBl Mecklenburg-Vorpommern 2013, 641). 589  Nordrhein-Westfalen und viele andere Bundesländer haben die Ermächtigung nicht genutzt (Bamberger, § 102a VwGO, NWVBl 2018, 7 [8]).

208

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

verfahren zum ZPO-RG und zum 2. FGOÄndG. Das VideokonfIntensG wird als Paradigmenwechsel gesehen.590 Bereits 2007 gab es eine Gesetzgebungsinitiative zur Videokonferenz­ technik,591 welche sich mit der Wahl eines neuen Bundestages am 27.9.2009 infolge des Grundsatzes der Diskontinuität erledigte.592 In der 837. Sitzung des Bundesrates wurde der damalige Gesetzesantrag des Landes Hessen diskutiert.593 Hierbei merkte der Justizminister des Landes Hessen an, dass die Videokonferenztechnik durch Änderung des § 128a ZPO und die entsprechenden Querverweise in die anderen Prozessrechtsordnungen verstärkt Anwendung finden werde.594 Zunächst ging er damit vom Vorrang der ZPO und einer auf diese Weise einheitlichen Regelung der Videokonferenztechnik in den Prozessrechtsordnungen aus. Ungeachtet dieser Vorüberlegungen wurden in dem der Diskontinuität unterfallenen Entwurf des VideokonfIntensG neben der Änderung der ZPO ebenfalls Änderungen der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen angestrebt, in denen die Durchführung einer Videokonferenz eigenständig geregelt wurde.595 Dies gilt ferner für den Gesetzesentwurf, der dann tatsächlich zum Erlass des VideokonfIntensG führte.596 Mit diesem wurde der ursprüngliche, der Diskontinuität unterfallene Entwurf erneut eingebracht.597 Die Neuregelungen in ZPO, VwGO, FGO und SGG sind im Ergebnis weitgehend wortlautgleich.598 Es handelt sich um Parallelregelungen.599 Zu Beginn bestehende Unterschiede wurden nach und nach angeglichen. So war in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen vorgesehen, neben den Beteiligten, Bevollmächtigten und Beiständen ausdrücklich die Vertreter zu nennen, um die Videokonferenztechnik auch auf Verfahren mit Vertretern öffentlicher Körperschaften und Behörden anwenden zu können.600 Dies war jedoch überflüssig. Gesetzliche Vertreter juristischer Personen des Privat590  BT-Drs.

17/12418, 10. 643/07; BT-Drs. 16/7956. 592  Zur Diskontinuität vergleiche Schild, in: Posser/Wolff (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar VwGO, 47. Aufl., Stand: 1.10.2018, § 102a VwGO Rn. 1. 593  BR-PlPr. 837, 340D (340D f.). 594  BR-PlPr. 837, 340D (341A). 595  BT-Drs. 16/7956. 596  BT-Drs. 17/1224. 597  BR-Drs. 902/09, 1. 598  BT-Drs. 17/1224, 17; BT-Drs. 17/12418, 4 ff. 599  BT-Drs. 17/12418, 17. 600  BT-Drs. 17/1224, 7 f., 13. 591  BR-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute209

rechts und öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Behörden, die nicht Bevollmächtigte sind, sind von den Regelungen zur Videokonferenztechnik erfasst.601 Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertreter in den Normen zur Videokonferenztechnik ausdrücklich Erwähnung findet. Durch den Wegfall der Nennung des Vertreters wurden die Regelungen der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen weiter an die ZPO-Regelungen angeglichen. Weitere Vorschläge zur Änderung der Regelungen wurden nur für alle Verfahrensordnungen parallel angenommen oder abgelehnt. So wurde in keiner der analysierten Verfahrensordnungen eine Aufzeichnung der Videokonferenz ermöglicht.602 Daneben wurde die Verwendung der Videokonferenztechnik nicht mehr von einem Einverständnis der Parteien beziehungsweise Beteiligten abhängig gemacht.603 Die Durchführung der Verhandlung mittels Videokonferenztechnik in allen analysierten Verfahrensordnungen wurde auf Antrag ermöglicht.604 Die Verwendung der Videokonferenztechnik bei Verfahrenshandlungen der Parteien beziehungsweise Beteiligten, Bevollmächtigten und Beistände kann sogar von Amts wegen gestattet werden.605 Unterschiede zwischen den Verfahrensordnungen blieben nur bestehen, soweit sie notwendig waren, um den Besonderheiten der jeweiligen Verfahrensarten Rechnung zu tragen. So wurde in der VwGO, der FGO und im SGG zusätzlich die Anwendbarkeit der jeweiligen Vorschriften auf Erörterungstermine normiert.606 Ein Erörterungstermin zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ist in der ZPO nicht normiert,607 sodass ein entsprechender Verweis in § 128a ZPO entfällt.608 § 110a Abs. 2 Satz 1 SGG in seiner endgültigen Fassung nennt zudem nicht den Beteiligten.609 Dies hängt damit zusammen, dass die Beteiligtenvernehmung im Sozialgerichtsprozess kein förmliches Beweismittel darstellt.610 In der Gesetzesbegründung zu § 128a ZPO, § 102a VwGO, § 91a FGO und § 110a SGG werden die Vereinheitlichung beziehungsweise die

601  BT-Drs.

17/1224, 17; BT-Drs. 17/12418, 14 f. 17/12418, 4 ff., 14 f. 603  BT-Drs. 17/1224, 7 ff., 13. 604  BT-Drs. 17/12418, 4 ff., 14 f.; BT-Drs. 17/12418, 5 ff. 605  BT-Drs. 17/12418, 5 ff. 606  Zur Möglichkeit der Einführung eines Erörterungstermins in die ZPO vergleiche Greger, Erörterungstermin im Zivilprozess – warum nicht?, NJW 2014, 2554 ff. 607  Vergleiche dazu Greger, Erörterungstermin im Zivilprozess – warum nicht?, NJW 2014, 2554 ff. 608  BT-Drs. 17/1224, 7 ff., 13; BT-Drs. 17/12418, 4 ff., 14 f. 609  BT-Drs. 17/12418, 15. 610  BT-Drs. 17/1224, 13; BT-Drs. 17/12418, 15; siehe § 3 D. III. 2. a). 602  BT-Drs.

210

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Einheitlichkeit der Verfahrensordnungen als Ziel genannt, das durch die Parallelität dieser Vorschriften erreicht werden sollte.611 Der allgemeine Teil des Gesetzesentwurfes enthält ebenfalls eine einheit­ liche Zielfestsetzung und Problemfeststellung. Er nennt als Ziele des Gesetzes, dass Verfahren schnell und kostengünstig sein sollen.612 Problematisiert werden eventuelle Durchbrechungen der in allen Verfahrensordnungen geltenden Maximen der Unmittelbarkeit, der Mündlichkeit und der Öffentlichkeit.613 Dieser Aufbau, der eine allgemeine Begründung des gesamten Änderungsgesetzes und jeweils vorschriftenbezogene, konkrete Begründungen enthält, ist für Gesetzesentwürfe üblich. Er wird bei der Änderung, Schaffung oder Aufhebung von Vorschriften aus verschiedenen Regelungswerken verwendet, die aufgrund eines inhaltlichen Zusammenhanges in demselben Gesetzgebungsverfahren geändert werden.614 Insgesamt war also eine Vereinheitlichung der Vorschriften zur Videokonferenztechnik in den analysierten Verfahrensordnungen gewünscht. Dies gilt, obwohl die Regelung in jeder Verfahrensordnung gesondert normiert wird. Dasselbe Ergebnis hätte durch die Änderung des § 128a ZPO erreicht werden können. Der Grund für die Sonderregelungen lag darin, dass die Videokonferenztechnik bis zum Erlass des VideokonfIntensG wenig angenommen wurde.615 Die Digitalisierung hatte noch nicht ihr volles Potenzial entfalten können.616 Nach dem neuen § 185 Abs. 1a GVG soll die Videokonferenztechnik bei dem Einsatz von Dolmetschern zugelassen werden.617 Im Gesetzesentwurf wird betont, dass eine generelle Regelung für alle Verfahrensordnungen gewünscht ist.618 Es zeigte sich das Verlangen nach einheitlichen Regelungen im Gesetzgebungsverfahren.

611  BT-Drs.

17/12418, 14 f. 17/1224, 1 f., 11, 12, 16; BT-Drs. 17/12418, 12, 13, 14; BR-PlPr. 17/96, 11055A (11055C, 11058D); BT-PlPr. 17/222, 27658C (27659A, 27660A, 27661A, 27662C). 613  BT-Drs. 17/12418, 12; BR-PlPr. 17/96, 11055A (11058A); BT-PlPr. 17/222, 27658C (27661D ff.). 614  So kann eine „all-in-one“-Gesetzgebung erreicht werden. 615  BT-Drs. 17/1224, 1. 616  Vergleiche zu dieser Überlegung Lang, Elektronischer Rechtsverkehr – oder: Die Justizkommunikation der Zukunft, Der Wirtschaftsführer 2015, 52 (54), der sich zur Videokonferenztechnik als vergessener Dimension des elektronischen Rechtsverkehrs äußert. 617  BGBl I 2013, 935 ff. 618  BT-Drs. 17/1224, 9, 14 f., 19. 612  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute211

Unpassend erscheint die ursprünglich geplante Verordnungsermächtigung für die Länder, welche selbst über eine Anwendung der Videokonferenztechnik in den unterschiedlichen Verfahren entscheiden können sollten.619 Allerdings führt es zu weit, dieser geplanten Regelung eine generelle Abkehr vom Einheitlichkeitsgedanken zu entnehmen.620 Trotzdem fügte es sich unter diesem Aspekt besser ein, dass nach der abschließenden Version des VideokonfIntensG nur das Inkrafttreten der Regelungen zur Videokonferenztechnik durch die Länder bis zum 31.12.2017 verschoben werden konnte.621 3. Konklusion Im Gesetzgebungsverfahren zum 2. FGOÄndG fand ursprünglich Regelungsmodell 2 Variante 1 Anwendung. Der Gesetzgeber fügte das prozessuale Institut der Videokonferenztechnik nur in das finanzprozessuale Verfahren ein. Eine generelle Regelung wurde nicht geschaffen. Mit der Einführung des § 128a ZPO im Rahmen des ZPO-RG wurde Regelungsmodell 1 angewandt. Bei Erlass der Regelung spielte der Einheitsgedanke eine untergeordnete Rolle. Eingepasst wurde die Regelung nur für den Zivilprozess. Dass die Regelung auch für VwGO und SGG gelten sollte, wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt deutlich. Erst zu diesem Zeitpunkt trat der Einheitsgedanke zutage. Der Vorrang der ZPO gegenüber den Regelungen in SGG und VwGO wurde betont. Das VideokonfIntensG basiert schwerpunktmäßig auf Regelungsmodell 2 Variante 2. Grundsätzlich könnte der Eindruck entstehen, dass eigenständige Regelungen, selbst wenn sie wortlautgleich sind, die Voraussetzungen schaffen sollen, die Eigenheiten der Verfahrensordnungen stärker zu betonen. Im VideokonfIntensG ging es jedoch nicht um die Schaffung eigenständiger Reglungen aus diesem Grund. Stattdessen sollte das Konzept der Videokonferenztechnik hervorgehoben werden. Dass die Regelungen nunmehr parallel und eigenständig normiert sind, bietet die Chance, eigene prozessuale Dogmatiken zu den anderen Verfahrensordnungen herauszubilden und diese wiederum auf die ZPO zu übertragen. Damit könnte den optimalen Auslegungen aller Verfahrensordnungen zur Geltung verholfen werden. So werden neue Möglichkeiten für die einheitliche Anwendung des prozessualen Instituts der Videokonferenztechnik geschaffen.

619  BT-Drs.

17/1224, 9, 14 f. dazu bereits §  3  D. I. 2. b) bb). 621  BT-Drs. 17/12418, 9 f., 13, 17 f.; BGBl I 2013, 935 (937). 620  Siehe

212

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Lediglich die Regelungen zur Videokonferenz für Dolmetscher wurden im für alle Verfahrensordnungen geltenden GVG geregelt. Es wurde Regelungsmodell 3 angewandt, um eine in allen analysierten Verfahrensordnungen gültige Regelung zu schaffen. Auch diese Regelung bietet Raum für die Entwicklung einer allgemeinen Prozessrechtslehre. Dass die Regelung im GVG und nicht bei den Regelungen zur Videokonferenztechnik in den Verfahrensordnungen verortet wurde, hat rechtspraktische Gründe. Im GVG fanden sich bereits vor Einführung des VideokonfIntensG Regelungen zur Hinzuziehung eines Dolmetschers, bei denen sich der neue § 185 Abs. 1a GVG thematisch am besten einfügte. Ein solches Vorgehen trägt auch dazu bei die Gesetze entsprechend der Regeln zu einer guten Gesetzgebung schlank zu halten.622 Das VideokonfIntensG bildet den Trend ab, Vorschriften, die mit der Digitalisierung im Zusammenhang stehen, einheitlich zu regeln. Um dies zu erreichen, fanden Regelungsmodell 2 Variante 2 und Regelungsmodell 3 Anwendung. Die Gesetzgebungsebene bietet Raum für eine allgemeine Prozessrechtslehre.623 Die Regelungen können in allen Prozessrechtsordnungen auf dieselbe Weise angewandt werden.

IV. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten Auch das ERVGerFöG vom 10.10.2013, dessen Vorschriften mehrheitlich zum 1.1.2018 in Kraft traten, führt Neuregelungen zum elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten in den betrachteten Verfahrensordnungen herbei, die es zu analysieren gilt. Unter elektronischem Rechtsverkehr versteht man die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten und den Gerichten.624 Dazu ist auch die Einreichung elektronischer Schriftsätze sowie die elektronische Aktenführung zu zählen.625 Die zugehörigen Regelungen werden in den folgenden Ausführungen im Mittelpunkt stehen. Zu analysieren sind in diesem Zusammenhang die §§ 130a–130d, 298 und 298a ZPO, die §§ 55a–55d VwGO, die §§ 52a–52d FGO und die §§ 65a–65d SGG. 622  Siehe

§ 3 C. I. dazu auch die Justizministerinnen und Justizminister, 82. Konferenz vom 9.11.2011 in Berlin, Stand: 2011, TOP I.1., welche die Regelungen zur Videokonferenztechnik als geeignet für einen allgemeinen Teil des Prozessrechts ansahen. 624  Deutscher EDV-Gerichtstag e. V., Gemeinsame Kommission elektronischer Rechtsverkehr, Stand: 2019; weitere Definitionsversuche finden sich bei Lang, Elektronischer Rechtsverkehr – oder: Die Justizkommunikation der Zukunft, Der Wirtschaftsführer 2015, 52. 625  Zu den weiteren zugehörigen Bereichen vergleiche Hähnchen, Einführung: Was ist „Elektronischer Rechtsverkehr“?, JurPC Web.-Dok. 151/2007, Abs. 1–22. 623  Vergleiche



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute213

1. Ausgangspunkte Schon seit 2001 existierten Vorschriften zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs in Deutschland in der ZPO und den anderen Verfahrensordnungen.626 Diese wurden bislang nur ungenügend genutzt.627 Die vor Erlass des ERVGerFöG geltenden Vorschriften zum elektronischen Rechtsverkehr betrafen Regelungen zur Einreichung elektronischer Schriftsätze bei Gericht, zur elektronischen Zustellung an einen bestimmten Personenkreis628 und zur elektronischen Aktenbearbeitung.629 a) FormAnpG Die Änderungen durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (FormAnpG)630, welches am 1.8.2001 in Kraft trat, erfolgten unter Berücksichtigung der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen vom 13.12.1999 (EG-Elektronische-Signaturen-RL)631.632 Ausgangspunkt der analysierten Regelungen des ERVGerFöG in den Prozess626  BR-Drs.

818/12, 1, 23; BT-Drs. 17/12634, 1, 20; BR-PlPr. 906, 48C (49B). 818/12, 1, 23; BT-Drs. 17/12634, 1, 20; so auch Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2775 f.); Brosch, Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, K & R 2014, 9. 628  Die Vorschriften zur elektronischen Zustellung wurden durch das am 1.7.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gericht­ lichen Verfahren (ZustRG; BGBl I 2001, 1206 ff.) in die ZPO eingefügt. Die ZPOVorschriften zur Zustellung im gerichtlichen Verfahren sollten zukünftig über Verweisung in § 63 Abs. 2 SGG, § 56 Abs. 2 VwGO und § 53 Abs. 2 FGO in den anderen Verfahrensordnungen gelten (BT-Drs. 14/4554, 5 ff., 10, 14, 28, 31; BT-Drs. 14/5564, 5, 14, 19). Auf das Zustellungsrecht, welches sich ebenfalls im Zuge der Entwicklungen zum elektronischen Rechtsverkehr fortentwickelt hat (BGBl I 2013, 3786 [3787]; BT-Drs. 17/12634, 10, 20 f., 28 ff., 46 f., 54; BT-Drs. 17/13948, 6 f., 33 f.), wird im Folgenden nicht gesondert eingegangen. 629  BT-Drs. 15/4067, 1; BR-Drs. 609/04, 1. 630  BGBl I 2001, 1542 ff. 631  ABl EU 2000 Nr. L 13, 12 ff. Die EG-Elektronische-Sigaturen-RL wurde aufgehoben durch die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-VO) vom 23.6.2014 (ABl EU 2014 Nr. L 257, 73 ff. (2015 Nr. L 23, 19 und 2016 Nr. L 155, 44)); siehe zur eIDAS-VO bereits § 1 D. II. 3. 632  BT-Drs. 14/4987, 1; BT-PlPr. 14/158, 15508D (15516C); näher dazu Kilian/ Rimkus, Elektronischer Rechtsverkehr: Wie gut ist die Anwaltschaft vorbereitet?, ­AnwBl 2014, 913 (914). 627  BR-Drs.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

rechtsordnungen war § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001. Durch das FormAnpG sollte erreicht werden, dass Parteien und am Verfahren beteiligte Dritte ihre Schriftsätze als elektronisches Dokument bei Gericht einreichen konnten.633 Geplant war, die Schriftform zu ersetzen. Dazu sollte das einzureichende Dokument gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden.634 Die Vorschrift war zwar als Soll-Vorschrift formuliert, im Vermittlungsausschuss wurde jedoch davon ausgegangen, dass sie für bestimmende Schriftsätze grundsätzlich zwingenden Charakter hatte.635 Nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 wurden die Bundes- und Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt und die Form der Einreichung der elektronischen Dokumente zu bestimmen.636 § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 ermöglichte es den Landesregierungen, diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen zu übertragen. Nach § 130a Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 konnte die Zulassung auf einzelne Verfahren und Gerichte begrenzt werden.637 § 130a Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 erklärte das Dokument für eingereicht, sobald die für den Empfang zuständige Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hatte.638 In der Entwurfsfassung des FormAnpG existierte in den anderen Verfahrensordnungen zunächst keine § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 entsprechende Regelung. Die ZPO wurde isoliert an den elektronischen Rechtsverkehr angepasst. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde initiiert, Regelungen zur Einreichung elektronischer Dokumente auch in die öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen aufzunehmen.639 § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 wäre ohne ausdrückliche Bestimmung auch nicht über die Generalverweisungsnormen § 202 Satz 1 SGG, § 173 Satz 1 VwGO und § 155 Satz 1 FGO in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen anwendbar gewesen.640 So wurden nach Kritik des Bundesrates641 wortlautgleiche Regelungen zu § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 in § 108a SGG, § 86a VwGO und § 77a FGO jeweils in der Fassung vom 633  BT-Drs. 14/4987, 1, 10, 23 f.; BT-Drs. 14/5561, 1; BT-PlPr. 14/146, 14334C (14383D). 634  BT-Drs. 14/4987, 5 f., 24. 635  BR-PlPr. 765, 312A (322C f.). 636  BT-Drs. 14/4987, 6, 24. 637  BT-Drs. 14/5561, 6, 20. 638  BT-Drs. 14/4987, 6, 24. 639  BT-Drs. 14/4987, 38, 47  f.; BT-Drs. 14/6353, 10 ff., 21; BT-PlPr. 14/146, 14334C (14381A, 14383D). 640  BT-Drs. 14/4987, 38. 641  BT-Drs. 14/4987, 38; BR-Drs. 535/00 (Beschluss), 14.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute215

13.7.2001 eingeführt.642 Auch nach diesen Vorschriften sollte die qualifizierte elektronische Signatur zwingend auf bestimmende Schriftsätze Anwendung finden.643 Von diesem Grundsatz konnte nur in besonderen Fällen abgewichen werden.644 Anpassungen der Vorschriften während des Gesetzgebungsverfahrens gab es parallel in allen Verfahrensordnungen.645 Nur vereinzelt wurden Abweichungen bezüglich der Sozialgerichtsbarkeit vorgeschlagen. So sah es die Fraktion der FDP als sinnvoller an, in diesen Verfahren die Landesjustizverwaltung statt die jeweilige oberste Landesbehörde über die Zulassung elektronisch signierter Dokumente entscheiden zu lassen.646 b) JKomG Weitere Änderungen, die im Zusammenhang mit dem elektronischen Rechtsverkehr stehen, ergaben sich durch das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (JKomG) vom 22.3.2005647. Durch dieses wurde die elektronische Aktenbearbeitung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und in den Fachgerichtsbarkeiten eingeführt.648 § 130a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 wurde durch eine Regelung ergänzt, die vorgab, wie zu verfahren war, wenn das übermittelte elek­ tronische Dokument nicht für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet war.649 Ein neuer § 130b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 zum gericht­ lichen elektronischen Dokument wurde eingefügt.650 Gerichtliche Dokumente, die einer Unterschrift bedurften, konnten demnach auch als elektronisches Dokument aufgezeichnet werden, sofern sie mit einer qualifizierten 642  BT-Drs.

S. 9.

643  BR-Drs.

14/4987, 47 f.; Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011,

283/1/01, 2 f.; BR-PlPr. 765, 312A (312B f., 322C f.). 765, 312A (312B f., 322C f.). 645  BR-Drs. 497/01, 2, 4 f.; BT-Drs. 14/4987, 36, 44; BT-Drs. 14/5561, 6, 10 ff., 20 f.; BT-Drs. 14/6353, 2 f. 646  BT-Drs. 14/5561, 19. 647  BGBl I 2005, 837 ff. (2022); umfassend zur Entstehungsgeschichte Schwoerer, Die elektronische Justiz, 2005, 121 ff. Die im Folgenden erörterten und durch das JKomG eingeführten beziehungsweise geänderten §§ 130a, 130b, 298 und 298a ZPO wurden neu bekannt gemacht durch die Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005 (BGBl I 2005, 3202 ff.). Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht. 648  BR-Drs. 609/04, 1; BT-Drs. 15/4067, 2, 24, 27 f.; BT-Drs. 15/4952, 1, 44; BRPlPr. 809, 76A (107D); BT-PlPr. 15/161, 15088A (15088D, 15089D, 15093B); zu den Vorteilen der elektronischen Aktenführung gegenüber der Aktenführung in Papierform BT-Drs. 18/9416, 31. 649  BT-Drs. 15/4067, 5. 650  BT-Drs. 15/4067, 5, 31; BR-Drs. 609/04, 3, 70 f. 644  BR-PlPr.

216

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

elektronischen Signatur des Richters, Rechtspflegers, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Gerichtsvollziehers versehen wurden.651 Zudem wurden mit den §§ 298 und 298a ZPO jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 Regelungen zum Aktenausdruck und zur elektronischen Akte geschaffen.652 § 298 Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 regelte, dass von einem elektronischen Dokument im Sinne von § 130a ZPO und § 130b ZPO ein Ausdruck für die Akten gemacht werden konnte. § 298 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 normierte die Formerfordernisse. In § 298 Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 wurde die Speicherung des elektronischen Dokuments geregelt, um einen Beweisverlust zu vermeiden.653 § 298a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 erlaubte die elektronische Aktenführung, die durch Verordnung der Länder und des Bundes näher geregelt und auf einzelne Gerichte oder Verfahren begrenzt werden konnte. § 298a Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 normierte den Medientransfer von der Papierakte in die elektronische Akte und die Aufbewahrungspflicht der Papierdokumente.654 In § 298a Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 fanden sich Regelungen zum Vermerk über den Medientransfer. In die VwGO wurden neue §§ 55a und 55b VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 eingefügt und § 86a VwGO in der Fassung vom 13.7.2001 aufgehoben.655 § 55a Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 entsprachen inhaltlich weitgehend § 130a Abs. 1– Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005. In der Gesetzesbegründung zum Entwurf des § 55a Abs. 1 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 wurde angeführt, die Vorschrift decke sich inhaltlich mit der neuen Fassung des § 130a ZPO vom 22.3.2005.656 Ein Unterschied bestand darin, dass nach § 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 der Verordnungsgeber die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur vorzuschreiben hatte. Dies widersprach nicht der Aussage des Gesetzgebers, der in der neuen Regelung des § 55a Abs. 1 VwGO eine Präzisierung des geänderten § 130a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 sah.657 § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 war so zu interpretieren, dass bei bestimmenden Schriftsätzen zwingend eine qualifizierte elektronische Signatur angebracht werden musste.658 Diese Regelung 651  BT-Drs.

15/4067, 5, 31; BR-Drs. 609/04, 3, 70 f. 15/4067, 6, 32 f.; BT-Drs. 15/4952, 6 f., 47 f.; BR-Drs. 609/04, 5, 73 ff. 653  BT-Drs. 15/4067, 6, 32. 654  BT-Drs. 15/4067, 6, 33. 655  BR-Drs. 609/04, 12 ff., 86 ff., 92; BT-Drs. 15/4067, 8 f., 37 f., 39. 656  BR-Drs. 609/04, 86; BT-Drs. 15/4067, 37. 657  BR-Drs. 609/04, 86; BT-Drs. 15/4067, 37. 658  Vergleiche auch Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 97. 652  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute217

wurde bei § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 nicht dem Verordnungsgeber überlassen, sondern direkt in der Norm festgeschrieben. Zudem ermöglichte § 55a Abs. 1 Satz 4 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 dem Verordnungsgeber ausdrücklich die zusätzliche Zulassung eines anderen sicheren Verfahrens als der elektronischen Signatur. Auch dies konnte als Präzisierung des § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 verstanden werden. Weiterhin waren von § 130a Abs. 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 auch Schriftsätze Dritter an das Gericht umfasst. § 55a Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 nannte dagegen lediglich die elektronischen Dokumente der Beteiligten. Auf diesen Unterschied ging der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung nicht ein. Es ist davon auszugehen, dass es sich um ein Versehen handelte.659 Dies gilt auch, weil in § 86a Abs. 1 VwGO in der Fassung vom 13.7.2001 die Schriftsätze Dritter noch ausdrücklich miteinbezogen waren. Eine gewollte Abweichung von dieser Regelung wäre zumindest zu begründen gewesen. § 55a Abs. 1 Satz 7 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005, wonach die Rechtsverordnung der Bundesregierung nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, hatte nur klarstellende Bedeutung.660 Dies galt auch für die Regelung des § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005, wonach die Vorschriften über die Beifügung der Abschriften für die übrigen Beteiligten der VwGO auf elektronische Dokumente keine Anwendung fanden.661 Für die ZPO ergab sich Letzteres aus der Neufassung des § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005.662 Die Regelungsidentität des § 55a Abs. 2 Satz 1 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 und des § 130a Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 ergab sich aus dem Zusammenspiel des § 130a Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 mit § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005.663 Eine entsprechende identische Formulierung in allen betrachteten Verfahrensordnungen wurde vom Bundesrat initiiert, konnte sich im Ergebnis jedoch nicht durchsetzen.664 § 55a Abs. 3 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 entsprach § 130b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005.665 In § 130b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 wurden jedoch als unterzeichnungsberechtigte Personen zusätzlich der Rechtspfleger und der Gerichtsvollzieher genannt. Die Gesetzesbegrün659  So auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S.  459 f. 660  BT-Drs. 15/4067, 37. 661  BT-Drs. 15/4067, 38. 662  BT-Drs. 15/4067, 5, 31. 663  Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 100 f. 664  BT-Drs. 15/4067, 58 f., 69. 665  Vergleiche auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 459; Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 15.

218

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

dungen zu diesen beiden Vorschriften ähneln sich, ohne dass eine Übereinstimmung offengelegt wird.666 Inhaltlich trafen § 298 ZPO und § 298a ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 weitgehend dieselben Regelungen wie § 55b VwGO in der Fassung vom 22.3.2005. In der ZPO wurden die Überführung der Akte von der elektronischen Form in die Schriftform und von der Schriftform in die elektronische Form getrennt geregelt, während sie in der VwGO in einer einheitlichen Vorschrift zusammengefasst wurden.667 In der VwGO waren die Dokumente gemäß § 55b Abs. 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 zwingend in die Form zu übertragen, in der die Akte geführt wurde, soweit durch Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt wurde. Die Vorschriften in § 298 Abs. 1 und § 298a Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 waren nach dem Wortlaut bloße Sollvorschriften.668 Allerdings wurde sowohl in der Gesetzesbegründung zu § 55b Abs. 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 als auch in der Gesetzesbegründung zu § 298a Abs. 2 ZPO vom 22.3.2005 von einer Transferpflicht beziehungsweise von einem zwingenden Transfer ausgegangen.669 Weiterhin wich § 298a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 von § 55b Abs. 3 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 geringfügig ab. Beide Vorschriften sahen vor, die Unterlagen in Papierform bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter aufzubewahren.670 § 298a Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 stellte dies jedoch unter den Vorbehalt, dass die Unterlagen weiter benötigt wurden. Inhaltlich fehlte in der VwGO zudem eine ausdrückliche Regelung zur Ermächtigung für den Ausdruck der Akte. Eine solche wurde vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Dieser erklärte zwar lediglich für die Formerfordernisse des Medientransfers in § 55b Abs. 4 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 ausdrücklich, dass die Vorschrift sich inhaltlich mit § 298 Abs. 2 ZPO und § 298a Abs. 3 ZPO vom 22.3.2005 decke.671 Jedoch ist davon auszugehen, dass er bei der Aktenbearbeitung Einheitlichkeit erreichen wollte.672 Er entschied sich in der VwGO lediglich für eine zusammengefasste Regelung.

666  BR-Drs.

609/04, 70 f., 89 f.; BT-Drs. 15/4067, 31, 38. auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 461 f. 668  Vergleiche dazu Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 13. 669  BR-Drs. 609/04, 75, 89 f.; BT-Drs. 15/4067, 31, 18. 670  Näher dazu vergleiche Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S.  119 f. 671  BR-Drs. 609/04, 90; BT-Drs. 15/4067, 38. 672  Vergleiche auch Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 463; dementsprechend auch die einheitlichen Änderungsvorschläge beziehungsweise Änderungen nach BT-Drs. 15/4067, 63 ff., 69; BT-Drs. 15/4952, 7, 667  Vergleiche



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute219

Die Änderung der FGO zeichnete sich ebenfalls durch eine Einfügung eines neuen § 52a und § 52b FGO jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 und die Streichung der ursprünglichen Regelung des § 77a FGO in der Fassung vom 13.7.2001 aus.673 In der Begründung wurde auf die Begründung zur Entwurfsfassung von § 55a und § 55b VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 Bezug genommen.674 Weiterhin wurden auch in das SGG unter Aufhebung des § 108a SGG in der Fassung vom 13.7.2001 neue §§ 65a und 65b SGG in der Fassung vom 22.3.2005 eingefügt.675 In der Begründung wurde ebenfalls auf § 55a und § 55b VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 verwiesen.676 Es wurden zwar verfahrensinterne, jedoch nach Vorstellung des Gesetzgebers jeweils einheitliche Vorschriften in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsordnungen geschaffen. Sie ähneln stark den ZPO-Regelungen. Der Gesetzgeber wollte es nicht zu großen Unterschieden kommen lassen. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, weshalb der Gesetzgeber nicht bereits durch das JKomG identische Vorschriften in die analysierten Verfahrensordnungen eingefügt hat.677 c) EAJEGuERVFöG Das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (EAJEGuERVFöG) vom 5.7.2017678 änderte einige analysierte Regelungen in der jeweiligen Fassung nach dem JKomG. Diese Änderungen galten in den durch das ERVGerFöG eigentlich zeitlich früher neu gefassten Vorschriften fort. Zu einer solchen Konstellation kam es, da die betroffenen Vorschriften in ihren neuen Fassungen nach dem ERVGerFöG erst zum 1.1.2018 in Kraft traten.679 Dabei mussten auch die zwischenzeitlich durch das EAJEGuERVFöG erlassenen Änderungen berücksichtigt werden.

13, 17 f., 22, 47 f., 49 f. zur elektronischen Aktenbearbeitung in den analysierten Verfahrensordnungen. 673  BR-Drs. 609/04, 18 ff., 21, 95 f.; BT-Drs. 15/4067, 10 f., 40. 674  BR-Drs. 609/04, 95; BT-Drs. 15/4067, 40; BT-Drs. 15/4952, 17 f., 49. 675  BR-Drs. 609/04, 24 ff., 27, 100 f.; BT-Drs. 15/4067, 12 f., 41. 676  BR-Drs. 609/04, 100; BT-Drs. 15/4067, 41; BT-Drs. 15/4952, 22, 49. 677  Kritisch auch Sellner, Die Justiz im elektronischen Zeitalter, 2011, S. 130; zu den Neuerungen durch das JKomG allgemein vergleiche Viefhues, Das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz, NJW 2005, 1009 ff. und ergänzend Hähnchen, Elektronische Akten bei Gericht – Chancen und Hindernisse, NJW 2005, 2257 ff. 678  BGBl I 2017, 2208 ff. 679  Siehe §  3  D. IV. 2. a).

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Die Parallelvorschriften § 298a Abs. 1 Satz 4 ZPO, § 55b Abs. 1 Satz 5 VwGO, § 52b Abs. 1 Satz 5 FGO und § 65b Abs. 1 Satz 5 SGG in der Fassung vom 22.3.2005 wurden ergänzt.680 Sie regeln nunmehr, dass bei Zulassung der elektronischen Akte nur für einzelne Gerichte oder Verfahren durch die dies bestimmende Rechtsverordnung auch bestimmt werden kann, dass durch öffentlich bekanntzumachende Verwaltungsvorschrift geregelt wird, in welchen Verfahren die Prozessakten elektronisch geführt werden. Diese Neuerungen traten zum 13.7.2017 in Kraft.681 Sie sollten dazu beitragen, dass flexibler bestimmt werden kann, welche Gerichte die elektronische Akte pilotieren sollen.682 Die Begründungen zur Änderung der Regelungen in den Verfahrensordnungen sind wortlautgleich und verweisen auf die Begründung der entsprechenden StPO-Vorschrift.683 Im EAJEGuERVFöG steht die Einführung der elektronischen Akte im Strafverfahren im Mittelpunkt.684 Der Gesetzgeber wollte den weiteren Gleichlauf der analysierten Verfahrensordnungen erreichen. Das EAJEGuERVFöG passt zudem weitere Vorschriften des ERVGerFöG nach dessen Inkrafttreten an.685 Auch diese Anpassungen erfolgen in den Verfahrensordnungen gleichlaufend.686 d) eIDAS-Durchführungsgesetz Durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-Durchführungsgesetz) vom 18.7.2017 wurden in § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 55a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 VwGO, § 52a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 FGO und § 65a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 SGG jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 die Verweisungen auf das Signaturgesetz gestrichen.687 Das eIDAS-Durchführungsgesetz sollte die Rahmenbedingungen für den Vollzug der eIDAS-VO schaffen.688 Es regelte das Außerkrafttreten des Signaturgesetzes vom 16.5.2001 (SigG)689 mit Ab680  BT-Drs.

18/12203, 38, 47, 51 f., 55, 79, 84, 87, 89. 18/12203, 69 f. 682  BT-Drs. 18/12203, 79, 84, 87, 89. 683  BT-Drs. 18/12203, 79, 84, 87, 89. 684  BT-Drs. 18/12203, 1. 685  Siehe §  3  D. IV. 2. a). 686  Siehe §  3  D. IV. 2. a). 687  BGBl I 2017, 2745 (2753, 2754); BT-Drs. 18/12494, 24 ff., 49. 688  BT-Drs. 18/12494, 1, 30; BT-Drs. 18/12833, 1; zum Entwurf der eIDAS-VO vergleiche Roßnagel/Johannes, Entwurf einer EU-Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste, ZD 2013, 65 ff. 689  BGBl I 2001, 876 ff. 681  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute221

lauf des 28.7.2017.690 Das SigG wurde durch das Vertrauensdienstegesetz (VDG) ersetzt.691 Infolgedessen mussten die Verfahrensordnungen angepasst werden.692 Das Gesetz wurde zeitlich nach dem ERVGerFöG erlassen. Es änderte jedoch die nach Erlass des JKomG bestehenden Regelungen, da die entsprechenden Regelungen des ERVGerFöG erst zum 1.1.2018 in Kraft traten. Die Streichung der Verweisungen auf das SigG galt dementsprechend auch für die späteren Regelungen nach dem ERVGerFöG. 2. ERVGerFöG a) Regelungssystematik Für die folgende Analyse relevant sind Art. 1, 4–6, 19 und 24–26 ERVGerFöG.693 Das ERVGerFöG beinhaltet Änderungen von Regelungen zum erweiterten elektronischen Zugang zu den Gerichten, zum Mahn- und Vollstreckungsverfahren, zum Zustellungsrecht und zu den Vorschriften zum Beweiswert sowie die Einführung eines Schutzschriftenregisters.694 Vorliegend werden die Regelungen des elektronischen Zuganges zu den Gerichten und der elektronischen Aktenführung analysiert. In Art. 1 ERVGerFöG werden die Änderungen der ZPO wiedergegeben. Neben einer Änderung des § 130a ZPO wurden ein neuer § 130c ZPO und ein neuer § 130d ZPO eingefügt. § 130a ZPO trifft Regelungen zu den bei Gericht einzureichenden Schriftsätzen und Erklärungen.695 In § 130a Abs. 1 ZPO bleibt normiert, dass Erklärungen aller Verfahren der ZPO, die der Schriftform bedürfen, als elektronisches Dokument eingereicht werden können.696 § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass die Dokumente für die elektronische Bearbeitung geeignet sind. Durch § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO wird der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates ermöglicht, in welcher die entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Übermittlung und Bearbeitung elektronischer Dokumente festgelegt werden 690  BGBl

I 2017, 2745 (2756). I 2017, 2745 ff. 692  BT-Drs. 18/12494, 2, 30, 49. 693  BGBl I 2013, 3786 ff. 694  BT-Drs. 17/12634, 20 ff. 695  Fritsche, in: Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 5. Aufl., 2016, § 130a ZPO Rn. 1. 696  von Selle, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 130a ZPO Rn. 7. 691  BGBl

222

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

sollen. Dies ist durch die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Be­hördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24.11.2017 geschehen.697 § 130a Abs. 3 ZPO sieht vor, dass elektronische Dokumente eine qualifizierte elektronische Signatur der verantwortenden Person benötigen oder von dieser signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt werden.698 Die sicheren Übermittlungswege werden in § 130a Abs. 4 ZPO definiert. Zu ihnen zählt der Versand über den Postfachund Versanddienst des De-Mail-Verfahrens nach § 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO, wenn der Versender beim Versand sicher im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 De-Mail-Gesetz angemeldet ist und er sich eine sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz bestätigen lässt. Gemäß § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO ist auch der Übermittlungsweg zwischen dem elektronischen Anwaltspostfach oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und dem elektronischen Postfach des Gerichts ein sicherer Übermittlungsweg. Das besondere elektronische Anwaltspostfach nach § 31 BRAO wird wohl künftig der wichtigste sichere Übermittlungsweg werden.699 § 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO nennt das besondere Behördenpostfach als sicheren Übermittlungsweg. Dieses wird durch die ERVV näher gestaltet.700 § 130a ZPO sieht vor, dass auf Grundlage des § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO durch Rechtsverordnung noch weitere sichere Übermittlungswege bestimmt werden können. § 130a Abs. 5 ZPO regelt, wann ein elektronisches Dokument als eingegangen gilt. Regelungen zur Unwirksamkeit des Einganges elektronischer Dokumente trifft § 130a Abs. 6 ZPO.701 Im neuen § 130c ZPO wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates elektronische Formulare einzuführen.702 Ein solches elektronisches Formular kann zum Bei697  BGBl I 2017, 3803 ff., näher dazu Ulrich/Schmieder, Die elektronische Einreichung in der Praxis, NJW 2019, 113 ff. 698  Dazu Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753; näher zu § 130a Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO Schmieder/Liedy, Der Versand durch Dritte aus dem beA ohne qualifizierte Signatur, NJW 2018, 1640 ff. 699  Stadler, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz Kommentar, 15. Aufl., 2018, § 130a ZPO Rn. 30; näher zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach vergleiche Siegmund, Das beA von A bis Z, NJW 2017, 3134 ff. 700  Seiler, in: Thomas/Putzo (Hrsg.), Zivilprozessordnung Kommentar, 39. Aufl., 2018, § 130a ZPO Rn. 4; von Selle, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher OnlineKommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 130a ZPO Rn. 20 f. 701  Näher dazu Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 (2757). 702  Hier gab es nach Inkrafttreten des ERVGerFöG eine redaktionelle Änderung durch die Zehnte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.2015 (ZustAnpV 10;



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute223

spiel der Kostenfestsetzungsantrag sein.703 Nach § 130c Satz 2 ZPO kann bestimmt werden, dass die Formulare in maschinenlesbarer Form zu übermitteln sind. In § 130c Satz 3 ZPO wird geregelt, dass sie auf einer Kommunikationsplattform im Internet bereitzustellen sind. Die Bereitstellung soll kostenfrei sein.704 § 130c Satz 4 ZPO eröffnet erweiterte Möglichkeiten für die Identifikation eines Formularverwenders gegenüber § 130a Abs. 3 ZPO.705 Der neue § 130d Satz 1 ZPO führt die Pflicht zur Verwendung elektronischer Dokumente für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts bei der Übermittlung von vorbereitenden Schriftsätzen und Anlagen sowie schriftlich einzureichenden Anträgen und Erklärungen ein. § 130d Satz 2 ZPO erklärt die allgemeinen Vorschriften ausnahmsweise für anwendbar, sofern die technischen Möglichkeiten zur Übermittlung vor­ übergehend nicht gegeben sind. Nach § 130d Satz 3 ZPO ist dies bei Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen und auf Antrag die elektronische Erklärung nachzureichen. Weiterhin wird die Vorschrift des § 298 ZPO über den Aktenausdruck geändert. Nach dem neuen § 298 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist grundsätzlich ein Ausdruck eines elektronischen Dokumentes für die Akte anzufertigen, sofern diese in Papierform geführt wird. § 298 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ZPO regeln, wann und in welcher Form von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden kann.706 Gemäß § 298 Abs. 2 ZPO ist es aktenkundig zu machen, wenn das elektronische Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird. § 298 Abs. 3 ZPO regelt den sogenannten Transfervermerk.707 Dieser ist erforderlich, wenn ein elektronisches Dokument mit einer BGBl I 2015, 1474 ff.), in welcher der Umbenennung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) in Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Dezember 2013 Rechnung getragen wurde (Merkur.de, Zuständigkeiten – Merkel lässt Ministerien neu ordnen, Stand: 18.12.2013). Nunmehr wird auch in § 130c Satz 1 ZPO in der Fassung vom 31.8.2015 der neue Name Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz verwendet. 703  BR-Drs. 818/12, 35; BT-Drs. 17/12634, 27; Müller-Teckhof, Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten – Harmonisierung der Formerfordernisse mit Möglichkeiten moderner Kommunikation, MMR 2014, 95 (97). 704  BR-Drs. 818/12, 35; BT-Drs. 17/12634, 27; von Selle, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 130c ZPO Rn. 2. 705  von Selle, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 130c ZPO Rn. 3. 706  Viefhues, Rechtliche Grundlagen des beA und des elektronischen Rechtsverkehrs, NJW-Beilage 2016, 86 (88). 707  Bacher, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 298 ZPO Rn. 8.

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, jedoch nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurde. Der Transfervermerk enthält Angaben zur Gültigkeit der elektronischen Signatur.708 § 298 Abs. 4 ZPO erklärt die Löschung eines elektronischen Dokumentes nach sechs Monaten für zulässig. Neben der Änderung des § 298 ZPO wurden § 298a Abs. 2 und Abs. 3 ZPO durch einen neu gefassten § 298a Abs. 2 ZPO ersetzt. § 298a Abs. 1 ZPO regelt, dass die Prozessakten in elektronischer Form geführt werden können und enthält Ermächtigungen der Bundesregierung und der Landesregierungen zur Zulassung der elektronischen Akte.709 § 298a Abs. 2 Satz 1, Satz 2 ZPO normieren, dass in Papierform eingereichte Schriftstücke und Unterlagen nach dem Stand der Technik in ein elektronisches Dokument übertragen werden sollen, das bildlich und schriftlich mit den Schriftstücken und Unterlagen in Papierform übereinstimmt.710 Nach § 298a Abs. 2 Satz 3 ZPO können eingereichte Schriftstücke und Unterlagen in Papierform nach sechs Monaten vernichtet werden, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind. Diese Änderungen durch das ERVGerFöG wurden bereits vor seinem Inkrafttreten einer weiteren Aktualisierung unterzogen. So erfolgte eine Änderung durch das EAJEGuERVFöG vom 5.7.2017. Durch das Gesetz wurde die Norm zweifach neu gefasst. Eine Variante gilt vom 1.1.2018 bis 31.12.2025 und die andere Variante ab dem 1.1.2026.711 In der ab 1.1.2018 gültigen Variante wird ein neuer § 298a Abs. 1a ZPO eingefügt, der die verbindliche elektronische Aktenführung ab dem 1.1.2026 vorschreibt.712 Die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen werden weiterhin durch die Bundesregierungen oder Landesregierungen in Form einer Rechtsverordnung geregelt. Neu in § 298a Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 5.7.2017 wird ein Transfervermerk für die Umwandlung der Papierakte in die elektronische Akte eingefügt, an den hohe Anforderungen gestellt werden.713 In der ab 1.1.2026 gültige Version der Vorschrift wird § 298a Abs. 1a ZPO zu § 298a Abs. 1 ZPO, wobei Satz 1 regelt, dass die Prozessakten ab sofort elektronisch geführt werden.714 708  Bacher, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, 31. Aufl., Stand: 1.12.2018, § 298 ZPO Rn. 8. 709  Zu den noch vor Inkrafttreten des ERVGerFöG wirksam werdenden Änderungen durch das EAJEGuERVFöG siehe § 3 D. IV. 1. c). 710  Viefhues, Rechtliche Grundlagen des beA und des elektronischen Rechtsverkehrs, NJW-Beilage 2016, 86 (88 f.). 711  BT-Drs. 18/12203, 39, 80 f. 712  BT-Drs. 18/9416, 88  f.; 103; BT-Drs. 18/12203, 38, 79 f.; BT-PlPr. 18/190, 18898B (18949B f.). 713  BT-Drs. 18/12203, 39, 80 f. 714  BT-Drs. 18/12203, 41, 81.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute225

Art. 4 ERVGerFöG änderte das SGG. § 65a Abs. 1– 6 SGG wurden ­nahezu wortlautgleich zu § 130a ZPO gefasst. In § 65a Abs. 5 Satz 3 SGG blieb zusätzlich geregelt, dass für die Verfahrensbeteiligten keine Abschriften bei elektronischer Kommunikation hinzuzufügen sind.715 § 65a Abs. 2 SGG in der Fassung vom 22.3.2005 wurde zu § 65a Abs. 7 SGG. Dieser regelt die Anforderungen an ein elektronisches Dokument, das die handschriftliche Unterzeichnung durch einen Richter oder Urkundsbeamten ersetzen kann. Auch bei § 65a SGG ergaben sich nach Erlass des ERVGerFöG noch weitere Änderungen durch das EAJEGuERVFöG vom 5.7.2017. § 65a Abs. 7 SGG wird um einen zweiten Satz ergänzt.716 Die Ergänzung entsprach der Ergänzung des § 130b ZPO um einen zweiten Satz durch das EAJEGuERVFöG vom 5.7.2017 mit Wirkung vom 1.1.2108.717 Durch diesen wurden nach § 298a Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 5.7.2017 qualifiziert eingescannte elektronische Dokumente den Dokumente in § 130b Satz 1 ZPO gleichgestellt.718 § 65b Abs. 1 SGG regelt weiterhin die Möglichkeit der Aktenführung in elektronischer Form. Er entspricht § 298a Abs. 1 ZPO. Zusätzlich regelt er, dass eine Rechtsverordnung der Bundesregierung nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zudem wurden in § 65b SGG die Regelungen zur Rechtsverordnung in zwei Sätze unterteilt, ohne dass dies zu inhaltlichen Unterschieden führt. Dem neuen § 65b Abs. 2 – Abs. 5 SGG entspricht § 298 Abs. 1– Abs. 4 ZPO. § 65b Abs. 5 SGG stellt anders als § 298 Abs. 4 ZPO klar, dass er sich auf Abs. 2, also die Aktenführung in Papierform bezieht. § 65b Abs. 6 SGG entspricht weitgehend § 298a Abs. 2 ZPO. In § 65b Abs. 6 SGG musste noch klargestellt werden, dass es um die elektronische Aktenführung geht. Letzteres ergibt sich für § 298a ZPO aus der Überschrift und dem Gesamtzusammenhang. Die weiteren Änderungen von § 65b SGG entsprachen denen des § 298 ZPO und des § 298a ZPO. Auch § 65b Abs. 1– Abs. 2 SGG wurde durch das EAJEGuERVFöG einmal zum 1.1.2018 und einmal zum 1.1.2026 neu gefasst.719 Sowohl die Änderung als auch die Begründung entsprechen derjenigen des § 298a Abs. 1– Abs. 2 ZPO durch das EAJEGuERVFöG.720 § 65c SGG wurde genau wie § 130c ZPO gefasst, lediglich die Binnenverweisungen und der Verordnungsgeber unterscheiden sich. Letzterer ist in § 65c SGG das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 715  Siehe zur ehemaligen Verortung der Regelung in § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005, der § 65a Abs. 2 Satz 2 SGG entsprach, § 3 D. IV. 1. b). 716  BT-Drs. 18/12203, 47, 84. 717  BT-Drs. 18/12203, 37, 47, 77, 84. 718  BT-Drs. 18/12203, 37, 77. 719  BT-Drs. 18/12203, 47 f., 84. 720  BT-Drs. 18/12203, 47 f., 84.

226

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Der neue § 65d ZPO, in welchem die Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte geregelt wird, entspricht weitgehend § 130d ZPO. Im Rahmen des § 65d SGG wurde die Nutzungspflicht auf vertretungsberechtigte Personen erweitert, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht. Art. 5 ERVGerFöG änderte die VwGO und Art. 6 ERVGerFöG die FGO. Eingefügt wurden ein neuer § 55a VwGO und ein neuer § 52a FGO. Diese entsprechen § 65a SGG. Dies gilt auch für die durch das EAJEGuERVFöG eingefügten Ergänzungen.721 Der neue § 55b Abs. 2 – Abs. 6 VwGO und der neue § 52a Abs. 2 – Abs. 6 FGO sind wortlautgleich wie § 65b Abs. 2 – Abs. 6 SGG. Auch die Folge­ änderungen durch das EAJEGuERVFöG wurden entsprechend gefasst.722 § 55c VwGO und § 52c FGO, die zum Erlass von Rechtsverordnungen im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs ermächtigen, haben denselben Wortlaut wie § 65c SGG. Allerdings ist der Verordnungsgeber das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.723 Außerdem wurden die Binnenverweisungen auf VwGO und FGO angepasst. § 55d VwGO und § 52d FGO entsprechen § 65d SGG. Wiederum mussten nur die Binnenverweisungen verändert werden. In Art. 24 ERVGerFöG wurden die Länder zum Erlass von Verordnungen ermächtigt. Art. 24 Abs. 1 ERVGerFöG eröffnet den Landesregierungen die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass § 130a ZPO, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO in ihrer Form vor Erlass des ERVGerFöG bis zum 31.12.2018 oder 31.12.2019 weiter fortgelten. Dabei kann die Fortgeltung nur einheitlich bestimmt werden.724 Nach Art. 24 Abs. 2 ERVGerFöG können die Länder regeln, dass die in Art. 26 Abs. 7 ERVGerFöG genannten Vorschriften bereits am 1.1.2020 oder am 1.1.2021 in Kraft treten. Zu den betroffenen Vorschriften zählen § 130d ZPO, § 65d SGG, § 55d VwGO und § 52d FGO. Sofern die Länder von der Ermächtigung des Art. 24 Abs. 1 ERVGerFöG Gebrauch gemacht haben, ist es nur möglich, das Inkrafttreten auf den 1.1.2021 zu verschieben. Nach Art. 24 Abs. 3 ERVGerFöG können die Länder die Ermächtigungen in Abs. 2 und Abs. 3 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 721  BT-Drs.

18/12203, 51, 55, 87, 89. 18/12203, 51 ff., 55 f., 87, 89 f. 723  Zu einer redaktionellen Änderung nach Inkrafttreten des ERVGerFöG siehe § 3 Rn. 702. 724  Beispiele für Länder, die von der Möglichkeit der Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht haben, finden sich in Schenke, in: Kopp/Schenke Wolf-Rüdiger (Hrsg.), VwGO Kommentar, 23. Aufl., 2017, § 55a VwGO Rn. 6 ff. 722  BT-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute227

Art. 25 ERVGerFöG bestimmt, dass der Bund ab 1.1.2016 von seiner Verordnungsermächtigung nach § 130a ZPO, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO in der Fassung des ERVGerFöG Gebrauch machen durfte. Das Inkrafttreten wird durch Art. 26 ERVGerFöG geregelt.725 Nach Art. 26 Abs. 1 ERVGerFöG sollten die Vorschriften des ERVGerFöG grundsätzlich am 1.1.2018 in Kraft treten. In Art. 26 Abs. 2 – Abs. 9 ERVGerFöG finden sich abweichende Regelungen. Nach Art. 26 Abs. 4 ERVGerFöG traten § 130c ZPO, § 65c SGG, § 55c VwGO und § 52c FGO bereits am 1.1.2014 in Kraft. Gemäß Art. 26 Abs. 7 ERVGerFöG treten § 130d ZPO, § 65d SGG, § 55d VwGO und § 52d FGO vorbehaltlich einer Verordnung nach Art. 24 Abs. 2 ERVGerFöG erst am 1.1.2022 in Kraft.726 Nach Art. 26 Abs. 8 ERVGerFöG gilt die den Ländern durch Art. 24 ERVGerFöG eingeräumte Verordnungsermächtigung vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2021. Die Verordnungsermächtigung des Bundes nach Art. 25 ERVGerFöG galt gemäß Art. 26 Abs. 9 ERVGerFöG vom 1.1.2014 bis zum 31.12.2018. b) Relevanz des Einheitsgedankens Ziel des ERVGerFöG war es, die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten zu stärken.727 Dies kann nur prozessordnungsübergreifend geschehen. Das erkannte auch der Gesetzgeber. Er forderte bundeseinheitliche, flächendeckende Regelungen in der ZPO und in den anderen Verfahrensordnungen, um den elektronischen Zugang zur Justiz zu erweitern.728 Mit der Erstnennung der ZPO wurde diese als Ausgangspunkt markiert. Die anderen Verfahrensordnungen wurden nachrangig genannt. aa) ZPO In die ZPO wurden neue Bestimmungen zu den elektronischen Dokumenten in § 130a ZPO eingeführt.729 Die Begründung zu dieser Vorschrift wurde allgemein gehalten. § 130a ZPO soll den elektronischen Zugang zu den Gerichten erweitern und erleichtern.730 Die Vorschrift wird durch bundesein725  Näher dazu auch Brosch, Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, K & R 2014, 9 (13); Kilian/Rimkus, Elektronischer Rechtsverkehr: Wie gut ist die Anwaltschaft vorbereitet?, AnwBl 2014, 913 (914). 726  Siehe §  3  D. IV. 2. a). 727  BR-Drs. 818/12, 1, 23; BT-Drs. 17/12634, 1, 20. 728  BR-Drs. 818/12, 1, 23; BT-Drs. 17/12634, 1 f., 23. 729  BR-Drs. 818/12, 1 f., 31; BT-Drs. 17/12634, 9, 24 f. 730  BR-Drs. 818/12, 31; BT-Drs. 17/12634, 24.

228

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

heitliche Rechtsverordnungen konkretisiert. Die technischen Rahmenbedingungen für die elektronische Übermittlung werden bundeseinheitlich festgelegt.731 Dies gilt auch für sichere Übermittlungswege im Sinne des § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO.732 Im Rechtsausschuss des Bundestages wurde noch ein weiterer sicherer Übermittlungsweg in den § 130a Abs. 4 ZPO als Nr. 3 eingefügt, der durch Rechtsverordnung nach § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO konkretisiert werden soll.733 Es handelt sich um das Behördenpostfach.734 Betont wurde, dass die Nutzung sicherer Übermittlungswege nicht von der Einhaltung der Vertraulichkeitsregelungen entbindet.735 Die Vertraulichkeitsregelungen ergäben sich jedoch nicht aus der ZPO und den anderen Verfahrensordnungen.736 Dies ist die einzige Stelle in der Gesetzesbegründung, an der auf die anderen Verfahrensordnungen Bezug genommen wird. Trotz der oft allgemein gehaltenen Ausführungen zu der Regelung, wird immer wieder die ZPO herangezogen.737 Später wurde die ZPO-Regelung in den anderen betrachteten Verfahrensordnungen übernommen.738 In § 130c ZPO geht es um die Einführung von Formularen. Sie wurde bundeseinheitlich durch Rechtsverordnung ermöglicht.739 Begründet wurde dies mit der Vereinfachung und Standardisierung der gerichtlichen Verfahrensabläufe.740 Diese Aussage bezog sich zwar nur auf die ZPO, kann aber als genereller, dem ERVGerFöG zugrunde liegender Gedanke aufgefasst werden. § 130d ZPO regelt eine Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte und Behörden.741 Sie bezieht sich auf alle schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO.742 Es wurde eine zivilprozessordnungsinterne Regelung geschaffen, welche in die anderen Verfahrensordnungen zu übernehmen war.743 731  BR-Drs.

818/12, 31; BT-Drs. 17/12634, 24; BR-PlPr. 906, 48C (49C). 818/12, 33 f.; BT-Drs. 17/12634, 26. 733  BT-Drs. 17/13948, 5, 33. 734  Brosch, Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, K & R 2014, 9 (11); Meyer, „It’s the End of The World as We Know it …“, NZS 2014, 294; Viefhues, Rechtliche Grundlagen des beA und des elektronischen Rechtsverkehrs, NJW-Beilage 2016, 86 (87). 735  BT-Drs. 17/12634, 26. 736  BT-Drs. 17/12634, 26. 737  BT-Drs. 17/12634, 25 f. 738  Siehe §  3  D. IV. 2. b) bb). 739  BR-Drs. 818/12, 2, 35; BT-Drs. 17/12634, 9, 27. 740  BR-Drs. 818/12, 35; BT-Drs. 17/12634, 27; BT-PlPr. 17/246, 31452C (31453C). 741  BR-Drs. 818/12, 3, 35 ff.; BT-Drs. 17/12634, 10, 27 f. 742  BR-Drs. 818/12, 36; BT-Drs. 17/12634, 28. 743  Siehe §  3  D. IV. 2. b) bb). 732  BR-Drs.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute229

Die Änderungen in § 298 ZPO und § 298a ZPO dienen in weiten Teilen zur Vereinfachung gerichtlicher Verfahrensabläufe.744 Die Übertragung einer Akte in die elektronische Form nach dem Stand der Technik entspricht dem Wunsch, in allen Verfahrensordnungen technische Entwicklungen für den Prozess verwertbar zu machen.745 Die Änderungen wurden dennoch nur in Bezug zur ZPO begründet und später in den anderen Verfahrensordnungen in ähnlicher Weise wiederaufgenommen.746 bb) VwGO, FGO und SGG § 55a VwGO, § 52a FGO und § 65a SGG wurden in Anlehnung an § 130a ZPO geändert.747 Es wurde ausdrücklich erklärt, dass die Vorschriften nach Zielsetzung und Regelungsgehalt nahezu deckungsgleich zu § 130a ZPO sind.748 Die Begründungen zu § 52a VwGO, § 52a FGO und § 65a SGG haben denselben Wortlaut.749 Das führt dazu, dass der elektronische Zugang zu den Gerichten durch das ERVGerFöG einheitlich geregelt wird. Aufgrund des Vorschlages des Rechtsausschuss des Bundestages wurde in § 55a Abs. 4 Nr. 3 VwGO, § 52a Abs. 4 Nr. 3 FGO und § 65a Abs. 4 Nr. 3 SGG ebenso wie in § 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO ein zusätzlicher Übermittlungsweg eingeführt.750 Die Begründung in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen bezieht sich dabei auf die Einführung des sicheren Übermittlungsweges in der ZPO.751 Hinsichtlich § 52a FGO schlug der Bundesrat vor, von der einheitlichen Regelung abzuweichen. Er zweifelte daran, dass das Steuergeheimnis nach § 30 AO durch die Verwendung des De-Mail-Verfahrens als sicherer Übermittlungsweg bei der Übermittlung elektronischer Dokumente an das FG gewahrt wird.752 Grund dafür sei insbesondere, dass der Provider beim DeMail Verfahren nicht ausreichend gegen Zugriffe Dritter geschützt sein könnte.753 Als mögliche Lösung wurde eine zusätzliche „Ende-zu-Ende“-Ver744  BT-Drs.

17/12634, 29 f. Übertragung der Akte nach dem Stand der Technik BT-Drs. 17/12634, 30. 746  Siehe §  3  D. IV. 2. b) bb). 747  BT-Drs. 17/12634, 13 ff., 37 f. 748  BT-Drs. 17/12634, 37 f. 749  BT-Drs. 17/12634, 37 f. 750  BT-Drs. 17/13948, 15, 18, 21, 33, 36 f. 751  BT-Drs. 17/13948, 15, 18, 21, 33, 36 f. 752  BT-Drs. 17/12634, 52; näher zum De-Mail-Gesetz vergleiche Ritter, De-Mail: Meilenstein in der Entwicklung der elektronischen Kommunikation?, VuR 2014, 334; Arnold/Lorenz/Cziupka (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Hannes Unberath, 2015  ff.; Roßnagel, Das De-Mail-Gesetz, NJW 2011, 1473 ff. 753  BT-Drs. 17/12634, 52. 745  Zur

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§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

schlüsselung zwischen Verwaltung und Gericht gesehen.754 Die Bundesregierung sah die vom Bundesrat aufgezeigte Problematik bereits durch eine Änderung der AO als gelöst an.755 Nach ihrer Ansicht handelte es sich nicht um ein verfahrensrechtliches, sondern um ein materielles Problem. Zudem führte sie an, dass optional ein anderer Übermittlungsweg nach § 52a FGO gewählt werden kann.756 Sofern ein verfahrensrechtliches Problem überhaupt angenommen wurde, wurde es also für das finanzgerichtliche Verfahren selbst gelöst. Bei Zweifeln an der Sicherheit des De-Mail-Verfahrens kann auch in den anderen Verfahrensordnungen ein anderer sicherer Übermittlungsweg gewählt werden. Mit der Neufassung von § 55b VwGO, § 52b FGO und § 65b SGG wurden die neu gefassten § 298 ZPO und § 298a Abs. 2 ZPO mit nahezu demselben Wortlaut in das verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtliche Verfahren integriert.757 Die Begründungen zu den Vorschriften in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen haben denselben Wortlaut.758 Nach dem Vorschlag des Bundesrates wurden in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages neue Vorschriften, § 55c VwGO, § 52c FGO und § 65c SGG, zur Verwendung elektronischer Formulare geschaffen.759 Begründet wird dies damit, dass auch dort wie in der ZPO Anträge und Erklärungen zur Prozesskostenhilfe relevant werden.760 Zur weiteren Begründung wird auf den wortlautgleichen § 130c ZPO verwiesen.761 Durch diese späteren Einfügungen wurde die Angleichung der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen an die ZPO weiter vorangetrieben. In § 55d VwGO, § 52d FGO und § 65d SGG wurde die in § 130d ZPO geregelte Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs erweitert auf nach der VwGO, der FGO und der SGG vertretungsberechtigte Personen, für die jeweils ein sicherer Übermittlungsweg nach § 55a Abs. 4 Nr. 2 VwGO, § 52a Abs. 4 Nr. 2 SGG und § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht.762 Im Übrigen wird auf die Begründung des § 130d ZPO verwiesen.763

754  BT-Drs. 755  BT-Drs. 756  BT-Drs. 757  BT-Drs. 758  BT-Drs. 759  BT-Drs. 760  BT-Drs. 761  BT-Drs. 762  BT-Drs. 763  BT-Drs.

17/12634, 52. 17/12634, 55. 17/12634, 55. 17/12634, 13 ff., 37 f. 17/12634, 37 f. 17/13948, 16, 36. 17/12634, 46. 17/13948, 36 f. 17/12634, 14 ff. 17/12634, 37 f.



D. Einzelanalyse ausgewählter prozessualer Institute231

cc) Vorschriften zum Inkrafttreten Nach Art. 24 Abs. 1 ERVGerFöG sollten § 130a ZPO, § 55a VwGO, § 52a FGO und § 65a SGG in ihrer alten Fassung zunächst von den Ländern durch Rechtsverordnung bis 31.12.2021 weiterhin für anwendbar erklärt werden können.764 Dies sollte nur einheitlich für die genannten Vorschriften gelten.765 Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme vor, die Fortgeltung der ursprünglichen Vorschriften nur bis einschließlich 31.12.2019 zuzulassen.766 Dafür sollte die Nutzungspflicht nach den neuen Vorschriften des § 130d ZPO, § 55d VwGO, § 52d FGO und § 65d SGG bereits früher für anwendbar erklärt werden können.767 Dem stand die Bundesregierung aufgeschlossen gegenüber.768 Die Idee des Bundesrates wurde auch in der Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages sowie im tatsächlich verabschiedeten Art. 24 Abs. 1 ERVGerFöG aufgenommen.769 Der Bundesrat wollte, dass die zur Übermittlung und Bearbeitung von technischen Dokumenten geeigneten Rahmenbedingungen im Sinne von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 65a Abs. 2 Satz 2 SGG, § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO und § 52a Abs. 2 Satz 2 FGO in ihren künftigen Fassungen durch Rechtsverordnung bereits frühzeitig festgelegt werden können.770 Dasselbe sollte für die Rechtsverordnungen gelten, die zu den sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegen im Sinne der § 130a Abs. 2 Nr. 4 ZPO, § 65a Abs. 4 Nr. 4 SGG, § 55a Abs. 4 Nr. 4 VwGO und § 52a Abs. 4 Nr. 4 SGG von der Bundesregierung erlassen werden können.771 Dies sollte durch neue Vorschriften in den einzelnen Verfahrensordnungen ermöglicht werden.772 Das Außerkrafttreten dieser neuen Vorschriften war vorgesehen, sobald § 130a ZPO, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO in ihren neuen Fassungen in Kraft traten.773 Die einzelnen Vorschriften in den unterschiedlichen Verfahrensordnungen wurden wortlautgleich gefasst.774 Die Bundesregierung wollte die erforderliche Übergangsermächtigung bündeln und nicht in den einzelnen Verfahrensordnungen regeln.775 Auf diese Weise wurden die Ein764  BR-Drs. 765  BR-Drs. 766  BT-Drs. 767  BT-Drs. 768  BT-Drs. 769  BT-Drs. 770  BT-Drs. 771  BT-Drs. 772  BT-Drs. 773  BT-Drs. 774  BT-Drs. 775  BT-Drs.

818/12, 21 f., 58 f.; BT-Drs. 17/12634, 18 f., 40 f. 818/12, 21 f., 58 f.; BT-Drs. 17/12634, 18 f., 40 f. 17/12634, 50. 17/12634, 50 f., 55; BT-Drs. 17/13948, 29, 37. 17/12634, 55. 17/13948, 29, 37. 17/12634, 44 f. 17/12634, 44 f. 17/12634, 44 f. 17/12634, 45. 17/12634, 44 f. 17/12634, 53.

232

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

heitlichkeit und der Zusammenhang zwischen den Vorschriften stärker betont. Die Idee der Bündelung wurde schließlich in Art. 25 ERVGerFöG aufgenommen.776 Das Inkrafttreten des Art. 25 ERVGerFöG wurde in einem neuen Art. 26 Abs. 9 ERVGerFöG entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates geregelt.777 Grundsätzlich traten alle Änderungen in den Verfahrensordnungen nach Art. 26 Abs. 1 ERVGerFöG zum 1.1.2018 in Kraft.778 Allerdings gab es einige Abweichungen.779 Die Vorschriften in den unterschiedlichen Verfahrensordnungen, die parallele Regelungen enthalten, entfalten aber dennoch jeweils gleichzeitig ihre Wirkung. So wurde mit Art. 25 Abs. 5 ERVGerFöG der Entwurfsfassung festgelegt, dass die Vorschriften über die Nutzungspflichten von Rechtsanwälten in ZPO, SGG, VwGO und FGO grundsätzlich einheitlich zum 1.1.2022 in Kraft treten.780 Die Verordnungsermächtigung der Länder aus Art. 24 ERVGerFöG ist gemäß Art. 26 Abs. 6 ERVGerFöG der Entwurfsfassung einheitlich vom 1.1.2017 bis 1.1.2022 gültig.781 § 65c SGG, § 55c VwGO, § 52c FGO und § 130c ZPO traten nach Art. 26 Abs. 4 ERVGerFöG am 1.7.2014 in Kraft.782 Das Inkrafttreten wurde für die Parallelvorschriften einheitlich geregelt und auch in der Diskussion einheitlich gestaltet. Die Regelungen wurden im ERVGerFöG gebündelt, das für die analysierten Verfahrensordnungen einheitlich gilt. 3. Konklusion Die Entwicklung der zentral analysierten Vorschriften § 130a ZPO, § 130b ZPO, § 298 ZPO, § 298a ZPO, § 55a VwGO, § 55b VwGO, § 52a FGO, § 52b FGO, § 65a SGG, § 65b SGG erfolgte parallel. Die Regelungen in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen sind deckungs- und inhaltsgleich und an der ZPO orientiert. In den Begründungen zur Änderung der Vorschriften durch das JKomG wird bei der Begründung zu den VwGO-Vorschriften auf die ZPO verwiesen. Die Begründungen zu den Änderungen der FGO und SGG verweisen dagegen auf die VwGO. Damit ergab sich eine übergeordnete Orientierung an der ZPO. Es wurde weitgehend Regelungsmodell 2 Variante 2 angewandt. 776  BT-Drs.

17/13948, 29, 38. 17/13948, 30, 38. 778  BR-Drs. 818/12, 22, 59; BT-Drs. 17/12634, 19, 41. 779  BR-Drs. 818/12, 22, 59 f.; BT-Drs. 17/12634, 19, 41. 780  BR-Drs. 818/12, 22, 59 f.; BT-Drs. 17/12634, 19, 41. 781  BR-Drs. 818/12, 22, 60; BT-Drs. 17/12634, 19, 41. 782  BT-Drs. 17/12634, 46; BT-Drs. 17/13948, 29, 38. 777  BT-Drs.



E. Zusammenleitung233

In der Neuregelung durch das ERVGerFöG sind die Entwicklungen im Ergebnis vergleichbar. Die Vorschriften der ZPO gaben die Entwicklung vor, in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen wurden sie übernommen. Das Recht der elektronischen Aktenführung sowie die Vorschriften zu den elektronischen Dokumenten wurden in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen selbstständig geregelt. Die Regelungen sind untereinander identisch und nahezu identisch zur ZPO. Bei der Begründung der Vorschriften der VwGO, der FGO und des SGG wird auf die Begründung zur ZPO Bezug genommen. Die Begründungen zu den Vorschriften der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen sind jeweils identisch. In der ZPO wurde schon in der Entwurfsfassung des ERVGerFöG eine Regelung zu den elektronischen Formularen eingefügt. Identische Regelungen wurden im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch für die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen geschaffen. Anpassungen erfolgten einheitlich. Regelungsmodell 2 Variante 2 fand überwiegend Anwendung. Trotzdem wurde der Vorrang der ZPO betont. Die in ihr enthaltenen Vorschriften weichen teilweise, zum Beispiel hinsichtlich des Regelungsstandortes, geringfügig von den Vorschriften in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen ab. So verlaufen § 65b SGG, § 55b VwGO und § 52b FGO nach ihrem Wortlaut nicht parallel zu § 130b ZPO, sondern nehmen § 298 ZPO und § 298a ZPO mit auf. Obwohl hier offensichtlich zumindest hinsichtlich der Regelungsstandorte mehr Einheit zwischen den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen untereinander besteht als dass eine Anpassung an die ZPO erfolgt ist, wird in der Begründung auf letztere Bezug genommen. So unterscheidet sich der Entwurf des ERVGerFöG vom JKomG. Eine ZPO-orientierte Gesetzgebung wurde deutlicher gemacht. Die Einheit zwischen den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen wird in den Gesetzesbegründungen nicht eigens thematisiert. Das Inkrafttreten der Parallelvorschriften der Verfahrensordnungen wurde jeweils einheitlich im ERVGerFöG geregelt. Insofern fand Regelungsmodell 3 Anwendung. Dies kann aber vernachlässigt werden, da diese Regelungen nur vorübergehende Bedeutung haben.

E. Zusammenleitung Der Einheitsgedanke wird bei der Betrachtung aller prozessualen Institute auf Gesetzgebungsebene relevant. Er manifestiert sich in der Verwendung unterschiedlicher gesetzgeberischer Regelungsmodelle. Die eindeutige Dominanz eines bestimmten Regelungsmodells kann nicht festgestellt werden.

234

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Es zeigt sich, dass versucht wurde, die untersuchten Themen des abgebildeten Zeitraumes einheitlich zu regeln. Die analysierten Regelungen des ÜberlVfRSchG sind hauptsächlich im GVG geregelt und folgen überwiegend Regelungsmodell 3. In der ZPO war diesbezüglich keine weitere Regelung erforderlich, während die Anwendbarkeit der Regelungen für VwGO, FGO und SGG über die Generalverweisungen angeordnet wurde. Die zentralen Regelungen des ÜberlVfRSchG sind auch dem verfassungsrechtlich relevanten Postulat der Verfahrensbeschleunigung zuzuordnen. Der Druck durch den EGMR veranlasste den Gesetzgeber, diese Regelungen im GVG als auf alle Verfahrensordnungen anwendbaren Gesetz zu verorten. Das Regelungsmodell dient der Einheitlichkeit der Verfahrensordnungen. Die erörterten Regelungen des MediationsuaFöG folgen mehrheitlich Regelungsmodell 1. Zudem kommt hinsichtlich des MedG Regelungsmodell 3 zum Tragen. Die Mediation war aufgrund der Mediations-RL zwingend zu regeln. Dies geschah in Form des MedG. Dieses ist unabhängig davon, aus welcher Verfahrensordnung auf die Mediation verwiesen wird, anwendbar. Die Regelung des Güterichtermodells in § 278 Abs. 5 ZPO und des Verweises in die außergerichtliche Streitbeilegung in § 278a ZPO entspricht insofern der alten Rechtslage als die für die Mediation relevanten Regelungen in der ZPO verortet werden. Die ausdrücklichen Nennung von § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO in den Generalverweisungen der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen diente der Klarstellung und der Betonung der Regelungen. Zuvor war die Mediation nach der gesetzgeberischen Regelung nicht für alle Verfahrensordnungen ein zur Verfügung stehendes Instrument. Bei den untersuchten Regelungen des VideokonfIntensG und des ERVGerFöG dominiert Regelungsmodell 2 Variante 2. Eine Einzelregelung des VideokonfIntensG und der ERVGerFöG wird nach Regelungsmodell 3 ausgestaltet. Auffällig ist, dass die untersuchten Regelungen zunächst in Form von Regelungsmodell 1 eingeführt werden sollten. Hinsichtlich der untersuchten Regelungen des ERVGerFöG ist dies nie geschehen. Die Regelungen des VideokonfIntensG waren jedoch in ihrem Ursprung Regelungsmodell 1 zuzuordnen. Nachdem sich die Videokonferenztechnik nicht durchsetzen konnte, wurden die Regelungen nach Regelungsmodell 2 Variante 2 unter Berücksichtigung aller Verfahrensordnungen normiert. Auch die bereits in Form von Regelungsmodell 2 Variante 2 normierten Regelungen des ERVGerFöG wurden zur Betonung des elektronischen Rechtsverkehrs noch erweitert. Durch die Erweiterung der Regelungen erfolgten weitere Angleichungen der Verfahrensordnungen in Form von Regelungsmodell 2 Variante 2. Die untersuchten prozessualen Institute, die im engsten Zusammenhang mit der Digitalisierung stehen, wurden also in den Verfahrensordnungen



E. Zusammenleitung235

nahezu identisch geregelt, allerdings durch eigenständige Regelung. Dies geschah, um sie zu betonen und dem Rechtsanwender aller Verfahrensordnungen ins Bewusstsein zu rufen. Insgesamt zeigt sich, dass Regelungsmodell 1 oft gewählt wird. Dies ist wohl der langen Tradition der ZPO geschuldet. Zudem ist es gesetzgeberisch mit dem geringsten Aufwand verbunden, da sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht die Expertenkommissionen zu allen Verfahrensordnungen einigen müssen. Daneben entspricht dieses Vorgehen auch den Vorgaben der guten Gesetzgebung, Regelungen nicht unnötig zu wiederholen und den Umfang von Gesetzestexten so nicht unnötig zu erweitern.783 Regelungsmodell 2 Variante 1 wird im Zusammenhang mit den erörterten prozessualen Instituten wenig genutzt. Es wird verwendet, um die Besonderheiten der Verfahrensordnungen zu betonen. Regelungsmodell 2 Variante 2 wird meistens gewählt, um die Anwendbarkeit der Regelungen in allen Verfahrensordnungen klarzustellen und die Regelungen insgesamt zu betonen. Auf diese Weise normierte Regelungen sind dem Gesetzgeber besonders wichtig. Dies ergibt sich für die erörterten prozessualen Institute aus ihrem aktuellen Zeitbezug. Das Modell könnte zwar auch als Absage oder Relativierung der allgemeinen Prozessrechtslehre gedeutet werden, weil durch die voneinander unabhängigen Regelungen dogmatische Sonderwege begünstigt werden. Allerdings führen die parallelen Regelungen dazu, dass bei Vorlage zum GmS-OGB eine einheitliche Auslegung vorgeschrieben werden könnte, um voneinader abweichende Entscheidungen zu vermeiden.784 Wenn es beispielsweise zu einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes zu einer dieser Regelungen kommt und ein anderer oberster Gerichtshof davon abweichen will, so ist dafür eine Vorlage beim GmS-OGB geboten.785 Dies spricht eher für die Deutung, dass durch die parallelen Regelungen in den Prozessrechtsordnungen die Bedeutung des prozessualen Instituts hervorgehoben werden soll. Es ist davon auszugehen, dass es nicht darum ging, die Regelungen in den einzelnen Prozessrechtsordnungen unterschiedlich anzuwenden. Unmittelbar auf völker- oder europarechtlichen Vorgaben beruhende Regelungen wurden in vielen Fällen in einem auf alle Verfahrensordnungen anwendbaren Gesetz wie dem MedG oder dem GVG verortet. Somit fand Regelungsmodell 3 Anwendung. Dies erleichtert später erforderliche Anpassun783  Siehe

§ 3 C. I. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 1971, S.  109 ff. 785  § 2 Abs. 1 RsprEinhG; Späth, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BB 1977, 153. 784  Miebach,

236

§ 3 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

gen, die ebenfalls auf supranationaler Ebene begründet werden. Diese These gilt nicht für Regelungen, die völker- oder europarechtliche Vorgaben lediglich berücksichtigen und nicht direkt umsetzen. Weiterhin trägt Regelungsmodell 3 dem Grundsatz der Gesetzgebungstechnik Rechnung, Regelungen nicht unnötig zu wiederholen und die Gesetze auf diese Weise schlank zu halten.786 Der Einheitsgedanke manifestiert sich in Regelungsmodell 1, Regelungsmodell 2 Variante 2 und Regelungsmodell 3. Diese Regelungsmodelle bieten Raum für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Bei Regelungsmodell 1 kann das Zivilprozessrecht als allgemeiner Teil des Prozessrechts angesehen werden. Bei Regelungsmodell 3 werden weitere Gesetze außerhalb der traditionellen Prozessrechtsordnungen bereitgestellt, die als allgemeine Teile des Prozessrechts dienen. Es findet eine Einheitsgesetzgebung statt. Regelungsmodell 2 Variante 1 bietet Raum für eine Sondertheorie in Bezug auf die prozessualen Regelungen in den jeweiligen Verfahrensordnungen. Dass in den Verfahrensordnungen eine eigenständige Regelungen getroffen wird, steht in einem scharfen Kontrast zur Einheitsgesetzgebung. Die gilt auf den ersten Blick auch für Regelungsmodell 2 Variante 2. Jedoch handelt es sich hier um eine Parallelgesetzgebung. Daher wird das Modell im Rahmen der untersuchten prozessualen Institute hauptsächlich zur Betonung der Einheitlichkeit genutzt. Aus diesen Überlegungen ergeben sich passgenauere Bezeichungen für die einzelnen Regelungsmodelle, die eingeführt werden können: Regelungsmodell 1: Zivilprozessrecht als allgemeiner Teil des Prozessrechts Regelungsmodell 2 Variante 1: Sondertheorie Regelungsmodell 2 Variante 2: Parallelgesetzgebung Regelungsmodell 3: Einheitsgesetzgebung Modelle:

Modelltheorien:

- RM 1: Vorrang der ZPO

- RM 1: ZPO als allgemeiner Teil des Prozessrechts

- RM 2: Getrennte Regelungen - Var. 1: Eigenständige Regelungen - Var. 2: Parallele Regelungen - RM 3: Einheitliches Gesetz

- RM 2: Tatsächliche Anwendung

- Var. 1: Sondertheorie - Var. 2: Parallelgesetzgebung - RM 3: Einheitsgesetzgebung

Abbildung 6: Von Modellen zu Modelltheorien 786  Siehe

§ 3 C. I.

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht auf Ebene der Rechtsdogmatik Auf der zweiten im Fokus stehenden Analyseebene wird untersucht, wie die ausgewählten prozessualen Institute in der Rechtsdogmatik dargestellt werden. Das Erkenntnisinteresse ist dabei darauf gerichtet, nachzuzeichnen, ob der Rechtsdogmatik in diesem Bereich das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre zugrunde liegt.1 Dies ist der Fall, wenn die Analyse der prozessualen Institute auf dem Verständnis des Prozessrechts als Einheit basiert. Einleitend werden daher Ausführungen zum Verstehensprozess prozessualer Institute gemacht, der sich vor der endgültigen Auslegung abspielt. Dem folgt die Entwicklung einer Analysemethode, die aufzeigt, inwieweit der Einheitsgedanke in ausgewählten rechtsdogmatischen Quellen verankert ist.2 Abschließend wird die Analyse durchgeführt und die Ergebnisse werden ausgewertet.

A. Der Textproduktion vorausgehende Verstehensprozesse Bei der Analyse der Quellen ist zugrunde zu legen, dass sich die Verfasser regelmäßig bereits mit den prozessualen Instituten auseinandersetzen, bevor sie beginnen, einen Text abzufassen. Diese vorab erworbenen Kenntnisse und Meinungsbilder sind bei der Analyse der Quellen zu berücksichtigen. Die überwiegende Mehrheit der Verfasser wird das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre nicht ausdrücklich hervorheben. Stattdessen werden ihre zuvor erworbenen Vorstellungen von der Einheit des Prozessrechts bewusst oder unbewusst in die Textproduktion miteinfließen. Sie müssen von der hier durchzuführenden Analyse erfasst werden, damit dem Erkenntnis­ interesse Rechnung getragen werden kann. Die gegebenenfalls vor der Textproduktion erworbenen Vorstellungen der Verfasser von der Einheit des Prozessrechts können der Beschreibungskategorie des Vorverständnisses oder

1  Siehe

§ 1 B. Methode gestaltet sich ähnlich wie in Greenhalgh/Peacock, Effectiveness and efficiency of search methods in systematic reviews of complex evidence: audit of primary sources, BMJ 2005, 1064 beschrieben. 2  Die

238

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

der theoretischen Figur des Leitbildes3 zugeordnet werden. Dies wird im Folgenden in der gebotenen Kürze dargestellt.

I. Vorverständnis 1. Begriff des Vorverständnisses Der Begriff des Vorverständnisses stammt aus der Hermeneutik.4 Bei dieser handelt es sich um eine Theorie des Verstehens und der Interpretation von Texten und gesprochener Rede.5 Ihr liegt die Vorstellung zugrunde, dass für die Bedeutung eines Textes die Wechselbeziehungen zwischen Interpreten und dem Text entscheidend sind.6 Daher sind Vorverständnis und Vorurteil Grundbedingung des Verstehensprozesses.7 Das Vorverständnis ist eine Vormeinung beziehungsweise eine Erwartung in Bezug auf Sprache und Inhalt eines Textes.8 Die Auslegung von Rechtsund Gesetzestexten basiert auf einem juristischen Vorverständnis.9 Dieses ist geprägt durch das juristische Vorwissen, aber auch durch soziale Erfahrungen 3  Zur theoretischen Figur des Leitbildes als Teil der juristischen Dogmatik vergleiche Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641 (645). 4  Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 40; Canaris, Funktion, Struktur und Falsifikation juristischer Theorien, JZ 1993, 377 (380); Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 ff.; Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 33; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 116 ff.; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 78. 5  Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S.  133 f.; Rese, Phronesis als Modell der Hermeneutik, in: Figal (Hrsg.), Hans-Georg Gadamer, 2007, 127; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 156; Schäfers, Einführung in die Methodik der Gesetzesauslegung, JuS 2015, 875 (876 f.). 6  Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 28 ff. 7  Zum Vorurteil Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 30. 8  Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224. 9  Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 40; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S. 136; Canaris, Funktion, Struktur und Falsifi­ kation juristischer Theorien, JZ 1993, 377 (390); Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 16 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 30 ff.; Müller/Christensen, Juristische Methodik, 11. Aufl., 2013, Rn.  271 f.; Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 (225); Kramer, Juristische Methodenlehre, 4. Aufl., 2013, S. 325 f.



A. Der Textproduktion vorausgehende Verstehensprozesse239

während der Ausbildung.10 Den klassischen rechtswissenschaftlichen Auslegungsmethoden ist das Vorverständnis nicht zugänglich.11 Durch die grammatikalische, die historische, die systematische und die teleologische Auslegung kann es also nicht festgestellt werden.12 Die Kriterien, die für das Vorverständnis von Bedeutung sind, sind stattdessen zu den verschiedenen Themengebieten gesondert herauszuarbeiten. Die für die Auslegung relevanten Gesamtumstände ergeben den sogenannten „hermeneutischen Zirkel“.13 Dieser beschreibt eine Wechselwirkung zwischen Vorverständnis und Auslegungsergebnis.14 Das Vorverständnis trägt zur Auslegung eines Textes bei.15 Das führt dazu, dass das Auslegungsergebnis nur verständlich ist, sofern das Vorverständnis berücksichtigt wird. Dennoch kommt es nicht zu einem Zirkelschluss. Stattdessen soll das Gesamtverständnis durch das Zusammenspiel von Vorverständnis und Auslegung auf eine neue Ebene gehoben werden.16 2. Vorverständnis und Einheit des Prozessrechts Das Vorverständnis kann beinhalten, dass der Verfasser eines Textes sich das Prozessrecht als Einheit vorstellt. Er geht dann von einem Zusammenhang der Regelungen in den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen aus. 10  Konkret Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S. 10, 136; Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 (225); Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 30 f.; allgemein Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S.  39 f. 11  Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S. 8. 12  Kritisch zu deren Anwendung in der Praxis Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S. 8; zu den einzelnen Methoden Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 (226 f.); Kramer, Juristische Methodenlehre, 4. Aufl., 2013, S. 55 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, § 22. 13  Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1970, S. 19 ff.; Gadamer, Wahrheit und Methode, 1960, S. 250  ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S. 28; Poser, Wissenschaftstheorie, 2. Aufl., 2012, S. 229 ff.; speziell zum Begriff des hermeneutischen Zirkels im juristischen Sinn Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 (227); Müller/Christensen, Juristische Methodik, 11. Aufl., 2013, Rn. 272. 14  Klatt, Juristische Hermeneutik, in: Hilgendorf/Joerden (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, 2017, 224 (227); Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 28. 15  Schmitt Glaeser, Vorverständnis als Methode, 2004, S. 31; zur Verfassungs­ interpretation Böckenförde, Staat, Verfassung, Demokratie, 1991, S. 82. 16  Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S. 28.

240

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Zutage kommen kann das Vorverständnis bei der Auslegung der einzelnen prozessualen Institute. So wird ein Verfasser, welcher seinen Ausführungen das Verständnis des Prozessrechts als Einheit zugrunde legt, bei der Analyse eines prozessualen Instituts immer wieder Sinnbezüge zu der Auslegung desselben prozessualen Instituts in den anderen Prozessrechtsordnungen herstellen. Kriterien, die auf eine Vorstellung der Verfasser von Einheitlichkeit hindeuten, sind das Übernehmen von Interpretationsansätzen zu Regelungen aus anderen Prozessrechtsordnungen, das Herausarbeiten derselben Pro­ bleme, die inhaltsgleiche Lösung von Problemen und die Hinweise auf Rechtsgestaltungen und Auslegungen in anderen Rechtsgebieten.

II. Leitbild 1. Begriff des Leitbildes und Abgrenzung zum Vorverständnis Die theoretische Figur des Leitbildes ist schwerpunktmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, für das Verfassungsrecht relevant.17 Dort finden sich Leitbilder zu einzelnen Normen, aber auch zu den Staatsstrukturbestimmungen.18 Sie werden in der Rechtsprechung des BVerfG bereits sinngemäß erwähnt.19 Bei Leitbildern handelt es sich um Hintergrundvorstellungen zu Rechtsnormen, die sich nicht immer unmittelbar am Gesetzestext orientieren.20 Sie knüpfen an gesellschaftliche Gerechtigkeitsvorstellungen an und tragen so zu einer offenen und dynamischen Rechtsanwendung bei.21 Ande17  Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 20; zur Relevanz im Verwaltungsrecht Baer, Schlüsselbegriffe, Typen und Leitbilder als Erkenntnismittel und ihr Verhältnis zur Rechtsdogmatik, in: Schmidt-Aßmann/HoffmannRiem (Hrsg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2004, 223 (233). 18  Beispiele finden sich bei Bumke, Rechtsdogmatik, 2017, S. 144 und Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (160 ff.). 19  BVerfG, Urteil vom 1.7.1953 – 1 BvL 23/51 (Haftentschädigung) E 2, 380 (381); BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 (Südweststaat), E 1, 14 (15). 20  Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641 (645 Fn. 41); Volkmann, Rechtsgewinnung aus Bildern – Beobachtungen über den Einfluss dirigierender Hintergrundvorstellungen auf die Auslegung des heutigen Verfassungsrechts, in: Krüper/Merten/ Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 77 (80); Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (175). 21  Baer, Schlüsselbegriffe, Typen und Leitbilder als Erkenntnismittel und ihr Verhältnis zur Rechtsdogmatik, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2004, 223 (247 ff.); Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 26 f.; Franzius, § 4 Modalitäten und Wirkungsfaktoren der Steuerung durch Recht, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 23; Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (159, 181).



A. Der Textproduktion vorausgehende Verstehensprozesse241

rerseits führt der Rückgriff auf ein Leitbild auch dazu, den Rechtsanwender zu entlasten und ihm eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben.22 Aufgrund der Offenheit der Leitbilder wird kritisiert, dass sie dazu dienen könnten, eine beliebige Interpretation des Rechts zu rechtfertigen.23 Dieser Gefahr kann entgegengetreten werden, indem offengelegt wird, wie Leitbilder entstehen und auf welche Weise aus einem Leitbild Rechtsfolgen abgeleitet werden.24 Die Begriffsbestimmung kann zu der Annahme führen, das Leitbild sei dem Vorverständnis zugehörig. Das Leitbild steht jedoch auf einer Stufe zwischen der endgültigen Auslegung der Rechtsnorm und dem Vorverständnis.25 Daneben erlangt es im Gegensatz zum Vorverständnis durch den Entwicklungsprozess, den es bei seiner Anwendung durchläuft, objektive Geltung.26 Dabei bleibt es jedoch immer von subjektiven Vorstellungen beeinflusst.27 Leitbilder können allgemein-abstrakt formuliert sein, sich aber auch auf eine konkrete rechtliche Fragestellung beziehen.28 Damit muss ein Leitbild 22  Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (180, 186). 23  Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (179, 184, 189, 192); Voßkuhle, § 1 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 2012, Rn. 42. 24  Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (191); näher dazu Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 185 ff.; Franzius, § 4 Modalitäten und Wirkungsfaktoren der Steuerung durch Recht, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2.  Aufl., 2012, Rn. 27a; Huber, Rechtsgewinnung aus Bildern – Kurzintervention, in: Krüper/Merten/Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 91 (92). 25  Dazu Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 20, 22; Lerche, Stil und Methode der verfassungsrechtlichen Entscheidungspraxis, in: Badura/ Dreier (Hrsg.), Festschrift – 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, 2001, 333 (343 ff.). 26  Volkmann, Rechtsgewinnung aus Bildern – Beobachtungen über den Einfluss dirigierender Hintergrundvorstellungen auf die Auslegung des heutigen Verfassungsrechts, in: Krüper/Merten/Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 77 (84). 27  Huber, Rechtsgewinnung aus Bildern – Kurzintervention, in: Krüper/Merten/ Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 91 (92). 28  Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 21; vergleiche zu allgemeinen Leitbildern Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (160, 162 ff.); zu konkreten Leitbildern Volkmann, Leitbild­ orientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (158), der an dieser Stelle das Leitbild des Abgeordneten erläutert.

242

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

bereits konkreter fassbar sein als das bloße Vorverständnis.29 Es ergibt sich aus einem bestimmten Vorverständnis und präzisiert dieses.30 Das bedeutet, das Leitbild ist thematisch begrenzter als das Vorverständnis, welches zu einem ganzen Rechtsgebiet erarbeitet wird. Gleichzeitig enthält es bereits weiterführende Impulse.31 2. Leitbild und Einheit des Prozessrechts Sofern die Verfasser von Texten Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen herstellen und Prozessrecht bei konkreter Bezugnahme auf einzelne prozessuale Institute einheitlich betrachten, handelt es sich bei diesem Verständnis um ein Leitbild. Es geht anders als beim Vorverständnis nicht um das gesamte Rechtsgebiet des Prozessrechts, sondern nur um die einheitliche Betrachtung und Auslegung bestimmter Normenkomplexe und Begriffe.32 Dabei wird näher herausgestellt, aus welchen konkreten Umständen sich die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts ergibt. Der Verfasser geht nicht nur davon aus, dass es Zusammenhänge zwischen der Auslegung der prozessualen Institute gibt, sondern präzisiert bereits seine Vorstellungen von diesen Zusammenhängen.33 Dass das Leitbild der Einheit des Prozessrechts für den Rechtsanwender eine Rolle spielt, lässt sich daran erkennen, dass bei der Analyse der prozessualen Institute auf eine bestimmte Weise Sinnbezüge zu anderen Prozessrechtsordnungen hergestellt werden. Kriterien, um diese Sinnbezüge zu erkennen, sind prinzipiell die beim Vorverständnis genannten.34 29  Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 41; Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 20; zum Vorverständnis siehe § 4 A. I. 30  Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 41. 31  Zur Abgrenzung von Leitbildern zu Werten und Prinzipien vergleiche Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 24 f., 36 ff.; Helleberg, Leitbildorientierte Verfassungsauslegung: Bestandsaufnahme und Kritik unter besonderer Würdigung der Versammlungsfreiheit, 2016, S. 23 ff.; zu Werten und Prinzipien allgemein vergleiche Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl., 1994, S. 125 ff. 32  Die Einheit des Prozessrechts kann auch als allgemeines Leitbild in Bezug auf das gesamte Prozessrecht verstanden werden. Auch dieses kommt bei der Rechtsanwendung einzelner Normen zutage. Allerdings müsste sich die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts dann hinsichtlich ihres Bedeutungsgehaltes im Vergleich zum Vorverständnis konkretisiert haben. 33  Braun, Leitbilder im Recht, 2014, S. 41. 34  Siehe § 4 A. I. 2. Dies folgt daraus, dass sich das Leitbild von der Einheit des Prozessrechts aus einem entsprechenden Vorverständnis ergibt und sich eine theoretisch mögliche Unterscheidung der beiden Figuren durch bloße Textlektüre schwierig gestaltet.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts243

Auch weitere Leitbilder, die von dem Verständnis des Prozessrechts als Einheit geprägt sind, haben sich als Untergruppen herausgebildet.35 Beispielsweise ist das gesamte Prozessrecht von den Prozessrechtsmaximen geprägt.36 Diese manifestieren sich in einzelnen Vorschriften der unterschiedlichen Verfahrensordnungen. Sofern sie für alle oder mehrere Prozessrechtsordnungen gelten, ergibt sich aus ihnen jeweils ein Leitbild, das dem Leitbild der Einheit des Prozessrechts untergeordnet ist. Wenn ein Verfasser in einem Text auf solche Prozessrechtsmaximen Bezug nimmt, ist dies andererseits auch ein Indiz dafür, dass seinen Ausführungen die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts zugrunde liegt.

III. Zusammenfassung Das Postulat der Einheit des Prozessrechts kann sowohl als Vorverständnis als auch als Leitbild auftreten. Beide dem endgültigen Verstehensprozess vorgelagerten Vorstellungen finden sich in Texten wieder, in denen die Verfasser sich mit prozessualen Instituten befassen. Auch lassen sich beide Figuren anhand derselben Kriterien identifizieren. Dass die Einheit des Prozessrechts als Vorannahme erkannt wird – unabhängig davon in welcher Form – ist entsprechend der Hypothese von großer Bedeutung für die Analyse der zu untersuchenden Texte.

B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts in juristischen Texten Die bisherige Textarbeit der Jurisprudenz ist durch das Verstehen der Texte geprägt. Allerdings können juristische Texte ebenso auf einer anderen Ebene analysiert werden. Dies kann durch eine formale Analyse juristischer Texte geschehen, durch die Rückschlüsse auf deren Inhalt gezogen werden kann. 35  Zu Ober- und Unterleitbildern vergleiche Volkmann, Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 157 (191); Volkmann, Verfassungsrecht zwischen normativem Anspruch und politischer Wirklichkeit, VVDStRL 67 (2008), 57 (71). Als Unterleitbild zur Einheit des Prozessrechts kommt auch das Leitbild des Einheitsjuristen in Betracht. Wenn Recht einheitlich betrachtet wird, ist auch die Ausbildung zum Einheitsjuristen sinnvoll (vergleiche Joecks/Guse, Juristenausbildung: Der Studiengang „Bachelor of Laws“ an der Universität Greifswald, NJ 2002, 568). Der Begriff des Einheitsjuristen wird bei Joecks/Guse nicht verwendet, sondern stammt aus Baer, Schlüsselbegriffe, Typen und Leitbilder als Erkenntnismittel und ihr Verhältnis zur Rechtsdogmatik, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2004, 223 (234). 36  Siehe § 2 C. II.

244

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Rechtfertigen lässt sich ein solches Vorgehen durch die Bedeutung der Sprache in der Rechtswissenschaft. Die Rechtswissenschaften gehören auch zu den Textwissenschaften.37 Ohne Sprache kann das Recht keine Wirkung entfalten.38 Daneben wird die formale Arbeit mit Texten infolge der rasch fortschreitenden Digitalisierung erheblich erleichtert.39 So stellen Bibliotheken elektronische Kataloge zur Verfügung, juristische Datenbanken wie beck-online und juris gewinnen immer mehr an Bedeutung und einige Verlage und Autoren entscheiden sich, ihre Texte auch unabhängig von spezifischen Datenbanken im Internet zu veröffentlichen.40 Dies führt dazu, dass auch nicht originär empirisch geprägte Wissenschaften wie die Rechtswissenschaft selbst einfach statistische Erhebungen zur formalen Analyse von Texten durchführen können.41 Durch die erweiterten Möglichkeiten der digitalen Datenauswertung werden quantitative Diskursanalysen zukünftig in der Rechtswissenschaft einen höheren Stellenwert erlangen.42 Dies ergibt sich daraus, dass eine Vielzahl an Quellen formal in kürzester Zeit ausgewertet werden kann. 37  Augsberg, Die Lesbarkeit des Rechts, 2009, S. 9  ff.; Busse, Recht als Text, 1992, S.  1 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 308; dies gilt auch nach dem digitalen Wandel (vergleiche Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 [485 f.]). 38  Busse, Recht als Text, 1992, S. 3 f.; näher auch zum Zusammenhang zwischen Sprache und Recht Christensen, Sprache und Normativität oder wie man eine Fiktion wirklich macht, in: Krüper/Merten/Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 127 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Aufl., 2018, Rn. 150 ff.; Stein, Vom Bedeuten in Sprach- und Rechtswissenschaft – Kurzintervention, in: Krüper/Merten/Morlok (Hrsg.), An den Grenzen der Rechtsdogmatik, 2010, 139 ff. 39  Vergleiche Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 ff. zu den Konsequenzen der Digitalisierung für das rechtswissenschaftliche Arbeiten. 40  Vergleiche auch Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 (485); zudem Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Beispiel der Rechtswissenschaft, JZ 2010, 913 (916). 41  Röhl, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 8 (29); zur Empirie in der Rechtswissenschaft Möllers, Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2002), 22 (40 ff.); zu empirischen Argumenten in der Rechtswissenschaft und speziell im Europarecht Müller/Christensen, Juristische Methodik, 3. Aufl., 2012, Rn. 104 ff.; Steininger, Die Jurisprudenz auf Erkenntnissuche? – Ein Plädoyer für eine Neuorientierung der Rechtswissenschaft, NJW 2015, 1072 (1077) befürwortet die Strukturerfassung durch empirisch ermittelte Daten; zur Frage, inwieweit die Textinterpretation als empirisch zu qualifizieren ist Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn. 15. 42  So auch von Arnauld, Öffnung der Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2014), 39 (48 f.).



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts245

Die Auswertung vieler Quellen generiert eine neue Komplexität. Je mehr Texte – beispielsweise in Form von Entscheidungen – als potenzielle Präjudizien auszuwerten sind, desto schwieriger wird die Rechtsfindung. Zu beachten ist daher, dass eine formale Analyse von Texten die klassische juristische Textarbeit keinesfalls ersetzen, sondern nur ergänzen kann. Sie bietet allerdings die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Bedeutung eines Themengebiets oder einzelner Themenkomplexe zu verschaffen.

I. Untersuchte rechtsdogmatische Quellen Untersucht wurden aktuelle Aufsätze und Entscheidungen zu den näher betrachteten prozessualen Instituten.43 1. Datengewinnung Das Datenmaterial wurde eingegrenzt, indem aktuelle Kommentare zu den relevantesten Regelungen44 des ÜberlVfRSchG, des MediationsuaFöG, des VideokonfIntensG und des ERVGerFöG durchgesehen wurden. a) Auswahl der analysierten Kommentare Gewählt wurden nur Kommentare, die der Julius-Maximilians-Universität Würzburg über beck-online zur Verfügung gestellt waren. Berücksichtigung fanden dabei die Fassungen der Kommentare bis einschließlich Dezember 2017. aa) ÜberlVfRSchG Zum GVG wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 198–201 GVG in folgenden Werken: Graf, BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 28. Edition, Stand: 1.7.2017; Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage, 2013; Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage, 2017; Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 3, 5. Auflage, 2017; Saenger, ZPO, 7. Auflage, 2017.

43  Siehe

zu den Gründen für die Auswahl gerade dieser Quellentypen § 1 D. II. 2. den relevantesten Regelungen sind die unter § 3 D. am ausführlichsten erläuterten Regelungen und die zugehörigen Verweisungsnormen gemeint. 44  Mit

246

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Zur ZPO wurden analysiert die Kommentierungen zu § 41 Nr. 7 ZPO in folgenden Werken: Musielak/Voit, ZPO, 14.  Auflage, 2017; Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Auflage, 2016; Saenger, ZPO, 7. Auflage, 2017; Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 27. Edition, Stand: 1.12.2017. Zur VwGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 54 und 173 Satz 2 VwGO in folgenden Werken: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, 2014; Oestereicher/Decker/Konrad, Praxis der Kommunalverwaltung VwGO, 2016; Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 43. Edition, Stand: 1.10.2017; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage, 2014; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017 (33. Ergänzungslieferung); Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auf­ lage, 2014; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, 2016. Zur FGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 51 und 155 Satz 2 FGO in folgendem Werk: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Auflage, 2015. Zum SGG wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 60 und 202 Satz 2 SGG in folgenden Werken: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage, 2014 (nur §§ 183, 197a SGG); Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtlandt, BeckOK KostR, 20. Edition, Stand: 15.11.2017 (nur §§ 183, 197a SGG); Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Auflage, 2017; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, 2017; Rolfs/ Gießen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 47.  Edition, Stand: 1.12.2017; Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz: SGG, 1. Auflage, 2014 (nur Literaturkopf). bb) MediationsuaFöG Zum MedG wurde analysiert die Kommentierung in folgendem Werk: Rauscher, Münchener Kommentar zum FamFG, Band 1, 2. Auflage, 2013. Zur ZPO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 41 Nr. 8, 159 Abs. 2 Satz 2, 253 Abs. 3 Nr. 1, 278 Abs. 5 und 278a ZPO in folgenden Werken: Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage, 2017; Saenger, ZPO, 7. Auflage, 2017; Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Auflage, 2016; Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 27. Edition, Stand: 1.12.2017.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts247

Zur VwGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 54, 105 und 173 Satz 2 VwGO in folgenden Werken: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, 2014; Oestereicher/Decker/Konrad, Praxis der Kommunalverwaltung VwGO, 2016; Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 43. Edition, Stand: 1.10.2017; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage, 2014; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017 (33. Ergänzungslieferung); Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auf­ lage, 2014; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, 2016. Zur FGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 51, 94 und 155 Satz 1 FGO in folgendem Werk: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Auflage, 2015. Zum SGG wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 60, 122 und 202 Satz 1 SGG in folgenden Werken: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Auflage, 2017; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, 2017; Rolfs/ Gießen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 47.  Edition, Stand: 1.12.2017; Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz: SGG, 1. Auflage, 2014 (nur Literaturkopf). cc) VideokonfIntensG Zum GVG wurde analysiert die Kommentierung zu § 185 Abs. 1a GVG in folgenden Werken: Graf, BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 28. Edition, Stand: 1.7.2017; Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage, 2013; Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage, 2017; Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 3, 5. Auflage, 2017; Saenger, ZPO, 7. Auflage, 2017. Zur ZPO wurde analysiert die Kommentierung zu § 128a ZPO in folgenden Werken: Musielak/Voit, ZPO, 14.  Auflage, 2017; Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Auflage, 2016; Saenger, ZPO, 7. Auflage, 2017; Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 27. Edition, Stand: 1.12.2017. Zur VwGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 102a und 55 VwGO in folgenden Werken: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, 2014; Oestereicher/Decker/Konrad, Praxis der Kommunalverwaltung VwGO, 2016; Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 43. Edition, Stand: 1.10.2017; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage, 2014;

248

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017 (33. Ergänzungslieferung); Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage, 2014; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, 2016. Zur FGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 52 Abs. 1 und 91a FGO in folgendem Werk: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Auflage, 2015. Zum SGG wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 61 Abs. 1 und 110a SGG in folgenden Werken: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Auflage, 2017; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, 2017; Rolfs/ Gießen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 47.  Edition, Stand: 1.12.2017; Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz: SGG, 1. Auflage, 2014 (nur Literaturkopf). dd) ERVGerFöG Zur ZPO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 130a–130d, 298 und 298a ZPO in folgenden Werken: Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage, 2017 (nur §§ 130a–130c, 298, 298a ZPO); Rauscher/Krüger, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Auflage, 2016; Saenger, ZPO, 7. Auflage 2017 (nur §§ 130a–130c, 298, 298a ZPO); Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 27. Edition, Stand: 1.12.2017. Zur VwGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 55a–55d VwGO in folgenden Werken: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, 2014 (nur §§ 55a und 55b VwGO); Oestereicher/Decker/Konrad, Praxis der Kommunalverwaltung VwGO, 2016 (nur §§ 55a–55c VwGO); Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 43. Edition, Stand: 1.10.2017; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage, 2014 (nur §§ 55a–55c VwGO); Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017 (33. Ergänzungslieferung) (nur §§ 55a–55c VwGO); Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage, 2014 (nur §§ 55a–55c VwGO); Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, 2016 (nur §§ 55a–55c VwGO). Zur FGO wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 52a–52d FGO in folgendem Werk: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Auflage, 2015. Zum SGG wurden analysiert die Kommentierungen zu den §§ 65a–65d SGG in folgenden Werken:



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts249

Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Auflage, 2017 (nur §§ 65a–65c SGG); Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, 2017; Rolfs/Gießen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 47. Edition, Stand: 1.12.2017 (nur §§ 65a–65c SGG); Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz: SGG, 1. Auflage, 2014 (nur Literaturkopf). ee) Gesamtsumme Es wurden insgesamt einundzwanzig Kommentare analysiert. Darunter befanden sich zwei Kommentare zur StPO, ein Kommentar zum FamFG, zwei Kommentare zum Kostenrecht, vier Kommentare zur ZPO, sieben Kommentare zur VwGO, ein Kommentar zur FGO und vier Kommentare zum SGG.45 b) Datengewinnung aus den Kommentaren Die einschlägigen Abschnitte der Kommentare wurden manuell nach Aufsätzen46 und Entscheidungen47 durchsucht.48 Urteilsanmerkungen und Rezen­ sionen wurden nicht als Analysegegenstand hinzugezogen, um die Vergleichbarkeit der Quellen zu gewährleisten. Bei ihnen handelt es sich um Ausarbeitungen, die sich primär auf eine andere Quelle beziehen und sich darauf konzentrieren, deren Überlegungen nachzuvollziehen.49 Die anderen Quellen rezipieren Literatur in unterschiedlichem Maße. Auch in zeitlicher Hinsicht wurde die Anzahl der Quellen weiter begrenzt. Anlass für die Analyse der prozessualen Institute war jeweils eine gesetzgeberische Neuregelung in dem Zeitraum nach 2010.50 In die Untersuchung wurden nur solche Quellen miteinbezogen, die nach der Verkündung und teilweise auch im Jahr der Ver­ kündung dieser Neuregelungen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wur-

45  Die Kommentare zur StPO, zum FamFG und zum Kostenrecht wurden analysiert, weil sie die im Fokus der Untersuchung stehenden Vorschriften der betrachteten Prozessrechtsordnungen erläutern. 46  Siehe § 1 D. II. 2. und § 8 A. 47  Siehe § 1 D. II. 2. und § 8 A. 48  Diese Methode, bei der Quellen aus anderen Quellen gewonnen werden, wird in Greenhalgh/Peacock, Effectiveness and efficiency of search methods in systematic reviews of complex evidence: audit of primary sources, BMJ 2005, 1064 als „snowballing“ bezeichnet. 49  So zu Rezensionen auch Mangold, Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht, 2011, S. 174 in ihrer inspirierenden Datenerhebung zum Gemeinschaftsrecht in rechtswissenschaftlichen Zeitschriften. 50  Siehe §  1  D. II. 3.

250

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

den.51 Aus den auf diese Weise gewonnenen Quellen wurden diejenigen ausgesondert, die nicht über den Zugang zu den Datenbanken beck-online, juris und WISO der Julius-Maximilians-Universität Würzburg oder die Elektronische Zeitschriftendatenbank der Julius-Maximilians-Universität Würzburg oder allgemein über die Suchmaschine Google verfügbar waren.52 Diese Einschränkung vereinfachte die Durchführung und Überprüfung der Textanalyse. Sie führte zu einer plausiblen Begrenzung der Datenmenge und trägt der Digitalisierung Rechnung, die zukünftig immer mehr Einfluss darauf haben wird, welche Texte in wissenschaftlichen Arbeiten rezipiert werden.53 Es ist davon auszugehen, dass vermehrt Texte rezipiert werden werden, die digital zugänglich sind. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die Anzahl digital verfügbarer Texte zunehmen wird. 2. Datensortierung Das gewonnene Datenmaterial wurde neben der Trennung nach Aufsätzen und Entscheidungen und nach der Zugehörigkeit zu bestimmten prozessualen Instituten noch weiter sortiert.54 In die Auswertung wurden nur Aufsätze aufgenommen, die sich mit den prozessualen Instituten im Zivil-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess befassen und solche, welche sich allgemein55 mit den prozessualen Instituten befassen. Sie waren für die Untersuchung entsprechend zu trennen.56 Dasselbe galt für Entscheidungen. 51  Siehe

§  1  D. II. 3. in Frage kommenden Entscheidungen sind dabei vollständig digital verfügbar. Soweit der Zugriff über beck-online möglich ist, werden sie als BeckRS-­ Dokumente abgespeichert, um möglichst einheitliche Formate zu erhalten (siehe § 8 A. III. 1.). Die in Frage kommenden Aufsätze sind hingegen nicht vollständig verfügbar. 53  Auch zu früheren Zeiten erfolgte die Rezeption von Quellen bereits nach ihrer Verfügbarkeit (vergleiche zum Beispiel Lenders, Einführung in die linguistische Datenverarbeitung I, 1972, S. 1). Zur Möglichkeit der Zuhilfenahme digital verfügbarer Medien vergleiche Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 (483 ff.). 54  Zur Datengewinnung und Datensortierung als Bestandteil der Statistik vergleiche Stocker/Steinke, Statistik, 2017, S. 3. 55  Diese Kategorie ist nötig, da die Untersuchung der prozessualen Institute anlässlich der Neuregelung mit sich bringt, dass viele Aufsätze sich generell mit der Neuregelung befassen. 56  Die Aufsätze werden getrennt, indem der Text „geskimmt“, das heißt, kurz überflogen wird (zum „Skimming“ vergleiche Krengel, 30 Minuten Effizientes Lesen, 3. Aufl., 2009, S. 39 ff.; Seiler, Schneller Lesen, 2009, S. 103 f.). Dabei werden auch die Überschriften, die berufliche Schwerpunktsetzung der Autoren, sofern sie offengelegt wird, und die veröffentlichende Zeitschrift als Zuordnungskriterien herangezogen. Zu den verschiedenen Lesetechniken vergleiche Deutscher Manager-Verband e. V., Handbuch Soft Skills, 2004, S. 267 ff. 52  Die



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts251

Es wurden nur Entscheidungen der Zivil-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichte getrennt in die Untersuchung mitaufgenommen. Damit wurden beispielsweise Entscheidungen der Strafgerichte und Aufsätze zur StPO nicht berücksichtigt. Auch Entscheidungen und Aufsätze, die spezielles Verfahrensrecht neben den ausgewählten Prozessrechtsordnungen zum Gegenstand haben, wurden aussortiert. Somit wurden zum Beispiel Entscheidungen der Familiengerichte und Landwirtschaftsgerichte sowie Aufsätze zum FamFG und LwVG ausgesondert.57 Dies entspricht dem Erkenntnisinteresse der Arbeit, das sich auf die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts in der ZPO, der VwGO, der FGO und dem SGG konzentriert.58 Insgesamt verblieben 295 Quellen für die Analyse. Von diesen Quellen waren 278 verwertbar.59 Diese Anzahl ist ausreichend, um signifikante Ergebnisse zu erzielen.60

II. Analysemethode Eine rein qualitative Einzelauswertung ausgewählter Aufsätze und Urteile hat sich als nicht zielführend erwiesen. Zum einen ist die genaue Untersu57  So bleiben zum Beispiel AG Darmstadt, Beschluss vom 12.8.2014 – 50 F 1990/13 (Mündliche Verhandlung Videokonferenz), BeckRS 2014, 16803 und BGH, Beschluss vom 29.11.2013 – BLw 4/12 (Senatsberatung durch Telefonkonferenz in Landwirtschaftssache), BeckRS 2014, 01655; BGH, Beschluss vom 31.5.1988 – 1 BvR 520/83 (Existenzminimum), E 78, 214 außer Betracht. An dieser Stelle ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei der Analyse des ÜberlVfRSchG die gesamte Rechtsprechung der Entschädigungsgerichte berücksichtigt wurde, selbst wenn das verzögerte Verfahren zuvor vor einem Familiengericht oder Strafgericht verhandelt wurde. Verfahren des 17. Titels des GVG sind vor dem BGH dem III. Zivilsenat zugeordnet, der als Entschädigungssenat fungiert (BGH, Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2012, Stand: 1.1.2012; BGH, Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2013, Stand: 1.1.2013; BGH, Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2014, Stand: 1.1.2014; BGH, Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2015, Stand: 1.1.2015; BGH, Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2016, Stand: 1.1.2016; BGH, Geschäftsverteilungsplan des BGH für das Geschäftsjahr 2017, Stand: 1.1.2017). Auch bei den meisten Oberlandesgerichten, deren Entscheidungen untersucht wurden, gibt es im Untersuchungszeitraum einen Senat, der für die Verfahren nach dem 17. Titel des GVG zuständig ist (vergleiche stellvertretend für viele OLG Düsseldorf, Richterlicher Geschäftsverteilungsplan 2016, Stand: 1.1.2016, 20). 58  Siehe § 1 B. 59  Zur Unverwertbarkeit der gewonnenen Entscheidungen zum ERVGerFöG siehe §  4  B. III. 4. c). 60  Vergleiche das Beispiel aus Fahrmeir/Künstler/Pigeot u. a., Statistik, 8. Aufl., 2018, S. 1 zum Rücklauf von Fragebögen.

252

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

chung einiger weniger Quellen wenig aussagekräftig. Eine Vollerhebung61 in dieser Form wäre jedoch zu umfangreich gewesen und hätte zudem einen sehr rezeptiven Charakter gehabt, da bei einer solchen die inhaltlichen Aussagen der Einzeltexte mitberücksichtigt und ausgelegt hätten werden müssen. Damit rückte die quantitative Analyse der ausgewählten Aufsätze und Urteile in den Fokus. Da jedoch auch bei einer quantitativen Analyse noch weitere Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen gezogen werden müssen, wurde vorliegend eine gemischte Methode gewählt, die quantitative aber auch qualitative Elemente enthält.62 Die Analyse wurde in Form einer Primärdatenanalyse durchgeführt.63 Das bedeutet, die Daten wurden nicht nur eigenständig ausgewertet, sondern auch eigenständig erhoben. Dies hatte den Vorteil, dass die Daten exakt entsprechend des Erkenntnisinteresses erhoben werden konnten.64 In Vorbereitung auf die finale Datenerhebung wurden die zu analysierenden rechtsdogmatischen Quellen gesammelt und sortiert.65 Die finalen Daten wurden erhoben, indem in den Quellen nach ausgewählten Schlüsselwörtern gesucht, also eine sogenannte „Keyword Extraction“ durchgeführt wurde.66

61  Zum Begriff der Vollerhebung vergleiche Fahrmeir/Künstler/Pigeot u. a., Statistik, 8. Aufl., 2018, S. 25. 62  Ignatow/Mihalcea, An Introduction to Text Mining, 2018, S. 65 f.; zur Unterscheidung Baer, Rechtssoziologie, 3. Aufl., 2017, § 10 Rn. 14; zur Vermischung quantitativer und qualitativer Dimensionen bei der Auslegung von Rechtstexten infolge der Digitalisierung vergleiche Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 (485). 63  Vergleiche dazu Johannes, Forschungsdatenmanagement in der Rechtswissenschaft, DÖV 2017, 899 (905); Stocker/Steinke, Statistik, 2017, S. 13; Wagner, „Message follows Method“ – Wie beeinflussen Forschungsmethoden Perspektiven und Programm der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre?, StuW 2014, 200 (209 f.). 64  Fahrmeir/Künstler/Pigeot u. a., Statistik, 8. Aufl., 2018, S. 24; Wagner, „Message follows Method“ – Wie beeinflussen Forschungsmethoden Perspektiven und Programm der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre?, StuW 2014, 200 (209). 65  Siehe § 4 B. I. 66  Vergleiche dazu allgemein Archer, Does Frequency really matter?, in: Archer (Hrsg.), What’s in a word list?, 2009, 1 (2 ff.); Archer, Promoting the wider use of Word Frequency and Keyword Extraction Techniques, in: Archer (Hrsg.), What’s in a word list?, 2009, 159 ff. Der Begriff der „Keyword Extraction“ wird zumeist verwendet, wenn Texte automatisch auf Schlüsselwörter untersucht werden. In der hier durchgeführten Analyse wurden die Schlüsselwörter zuvor festgelegt. Die Suche selbst lief automatisch (siehe § 8 A. III.). Zur automatischen Textanalyse in Form der Schlüsselwortsuche Kuhn, Möglichkeiten inhaltlicher Erschließung von Rechtsdokumenten auf Grundlage von Automaten, in: Vogel (Hrsg.), Zugänge zur Rechtssemantik, 2015, 221 (226).



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts253

1. Schlüsselwörter Die Schlüsselwörter mussten an das Erkenntnisinteresse und die Quellen angepasst werden. Es wurde darauf geachtet, dass sie geeignet sind, die Grundvorstellung von der Einheit des Prozessrechts nachzuzeichnen. Zudem mussten sie thematisch auf die prozessualen Institute abgestimmt werden, die im Fokus der jeweiligen erörterten Quellen stehen. Um dem Erkenntnisinteresse Rechnung zu tragen, bestand die Möglichkeit, entweder allgemeine oder spezifische Schlüsselwörter auszuwählen. a) Allgemeine Schlüsselwörter Allgemeine Schlüsselwörter finden sich vor allem in Rechtsgebieten, die für die gesamte Rechtsordnung gelten und so eine Verbindung zwischen den Prozessrechtsordnungen schaffen. Sie stammen meist aus dem Verfassungs-, Europa- oder Völkerrecht, die ein Dach der Prozessrechtsordnungen bilden.67 Auch Prozessrechtsmaximen, die in allen Prozessrechtsordnungen gelten, können als allgemeine Schlüsselwörter verwendet werden. Zudem kommen weitere unter dem Verfassungsrang stehende Rechtsnormen in Betracht, die in allen Prozessrechtsordnungen herangezogen werden. Die Normen selbst können als Schlüsselwörter verwendet werden sowie die sich aus ihnen ergebenden Prinzipien. Beispiele für allgemeine Schlüsselwörter sind das Recht auf rechtliches Gehör und die zugehörigen Rechtsnormen. Dieses ist verfassungsrechtlich gewährleistet und soll durch die Normen aller Prozessrechtsordnungen verwirklicht werden.68 Somit weisen solche Begriffe auf ein Einheitsdenken im Bereich des Prozessrechts hin. Problematisch ist jedoch, dass die hinter den allgemeinen Schlüsselwörtern stehenden Rechtsgedanken zumeist zwingend in allen Prozessrechtsordnungen zu berücksichtigen sind. Dies gilt gerade, wenn es sich um aus der Verfassung übernommene Rechtsgedanken handelt. Das bedeutet, solche Schlüsselwörter machen in vielen Fällen nur kenntlich, dass höherrangiges Recht berücksichtigt wird. Damit sind allgemeine Schlüsselwörter nicht geeignet, sicher nachzuzeichnen, inwieweit Texte auf der Grundvorstellung von der Einheit des Prozessrechts aufbauen.

67  Siehe 68  Siehe

§  4  B. II. 1. a). §  2  C. II. 3. a).

254

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

b) Spezifische Schlüsselwörter Spezifische Schlüsselwörter sind Begriffe, die exakt auf eine Prozessrechtsordnung zugeschnitten sind. Sie können problemlos einer bestimmten Prozessrechtsordnung zugeordnet werden. Als Begriffskategorien kommen hier vor allem Vorschriften, Gerichte, Quellen und nur für bestimmte Prozessrechtsordnungen geltende Prozessrechtsmaximen in Betracht.69 Die Begriffe FGO und BFH lassen den Leser beispielsweise sofort an das Finanzprozessrecht denken. Bei den als Schlüsselwörter geeigneten Quellen handelt es sich vor allem um Zeitschriften70 und Entscheidungssammlungen. Ein Zitat aus der „ZZP“71 lässt vermuten, dass der Schwerpunkt der gewählten Äußerung im Zivilrecht liegt. Der Begriff Amtsermittlungsgrundsatz deutet auf einen Prozess vor den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten hin. Zu berücksichtigen ist, dass auch Synonyme und Abkürzungen als Schlüsselwörter gewählt werden müssen.72 Sucht man in Texten nach spezifischen Schlüsselwörtern, so sind fünf Themengruppen zu unterscheiden. In der ersten Themengruppe werden zivilprozessordnungsspezifische Schlüsselwörter gesucht und in der zweiten Themengruppe verwaltungsprozessordnungsspezifische Schlüsselwörter. Die dritte Themengruppe bildet finanzprozessordnungsspezifische Schlüsselwörter ab, während hinter der vierten Themengruppe sozialgerichtsgesetzes­ spezifische Schlüsselwörter stehen. Eine fünfte Themengruppe beinhaltet Schlüsselwörter, die auf die öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen allgemein hindeuten. Die Texte zu prozessualen Instituten legen in den meisten Fällen ihren Fokus auf eine bestimmte Prozessrechtsordnung. Das heißt, Schlüsselwörter zur Themengruppe dieser Prozessrechtsordnung werden bei der Suche in diesem Text am häufigsten vorkommen.73 Wenn signifikant viele Schlüsselwörter zu weiteren Prozessrechtsordnungen genannt werden, bedeutet dies im Allgemeinen, dass ein Bezug zu anderen Prozessrechtsordnungen hergestellt und prozessordnungsübergreifend gedacht wird. Schlüsselwörter der Themengruppe 5 nehmen eine Sonderstellung ein. Zum einen verklammern sie die öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen und zum anderen bilden sie ein Gegengewicht zu Schlüsselwörtern der ZPO. 69  Siehe zu den verwendeten Schlüsselwörtern und ihrer Einteilung nach Kategorien § 4 B. und § 8 A. III. 1. 70  Zu den verschiedenen Adressatenkreisen und Schwerpunktsetzungen juristischer Zeitschriften Kersten, Digitale Rechtsdidaktik, JuS 2015, 481 (487). 71  Siehe §  8 A. III. 5. a) aa); §  8 A. III. 5. b) aa); §  8 A. III. 5. c) aa); §  8 A. III. 5. d) aa). 72  Zur Eingabe der Schlüsselwörter, die alle möglichen Varianten berücksichtigt siehe §  8 A. III. 5. 73  Diese generelle Vorannahme galt es im Hinblick auf die einzelnen prozessualen Institute zu modifizieren und zu konkretisieren.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts255

Spezifische nach Themengruppen und Kategorien unterteilte Schlüsselwörter eignen sich dafür, den Grundgedanken einer allgemeinen Prozessrechtslehre in Texten nachzuzeichnen. Sie können abbilden, ob der Text sich nicht nur an der hauptsächlich untersuchten Prozessrechtsordnung, sondern auch an anderen Prozessrechtsordnungen orientiert.74 Wenn spezifische Schlüsselwörter einer anderen Prozessrechtsordnung als der Prozessrechtsordnung, auf die sich der Text fokussiert, in dem Text vorkommen, dann ist dies ein Indiz dafür, dass dem Text der Gedanke von der Einheit des Prozessrechts zugrunde liegt. Je häufiger spezifische Schlüsselwörter anderer Prozessrechtsordnungen genannt werden, desto höhere Bedeutung kommt diesem Indiz zu. 2. Suche a) Suchmodalitäten Entsprechend der vorgenommenen Datensortierung wurde getrennt nach prozessualen Instituten, Aufsätzen und Entscheidungen gesucht. Aufsätze waren zudem getrennt nach Fußnoten und Text zu durchsuchen. Dies hat den Hintergrund, dass es in den meisten Fällen bedeutsamer ist, wenn ein Schlüsselwort im Text genannt wird. Der Autor bezieht sich ausdrücklich auf das Schlüsselwort und die mit ihm zusammenhängende Thematik und möchte nicht, wie zumeist in den Fußnoten, lediglich seine Ausführungen untermauern oder Gegenpositionen darstellen. In den Urteilen finden sich die Nachweise im Text. Eine Suche, die zwischen Text und Nachweisen trennt, gestaltet sich daher technisch als schwierig. Bei den Urteilen handelt es sich allerdings um eine andere Textgattung als bei den Aufsätzen. Sie enthalten nicht so viele abstrakte Ausführungen wie Aufsätze. Daher sind Schlüsselwörter, die nicht der für das Urteil herangezogenen Prozessrechtsordnung zuzuordnen sind, hauptsächlich in den Nachweisen zu erwarten. Daraus ergibt sich, dass eine Trennung zwischen Text und Nachweisen für die Suche nach Schlüsselwörtern in Urteilen nicht zwingend erforderlich ist. Eine manuelle Suche nach Schlüsselwörtern erwies sich als fehleranfällig. Zwar ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse tendenziell korrekt sind, aber selbst eine mehrfache Überprüfung aller Dokumente kann Fehler in der Zählung nicht sicher ausschließen. Daher wurde mit Hilfe eines Informatikers in mehreren Arbeitsschritten ein gemessen am heutigen Standard innovatives und speziell auf das Er-

74  Zu

den verwendeten Schlüsselwörtern siehe § 8 A. III. 5.

256

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

kenntnisinteresse zugeschnittenes Computerprogramm entwickelt.75 Dieses basiert auf einer Wordsuche mit Wildcards und einer spezifischen Excelauswertung mit Datenblatt und Gesamtaufstellung. Das bedeutet, es werden Texte in Worddokumenten durchsucht und die Ergebnisse dann automatisch in ein Exceldokument übertragen. Das Programm beschleunigt und automatisiert den Suchprozess und die Systematisierung und macht die Suche weniger fehleranfällig. Zudem trägt es dazu bei, dass die Ergebnisse einfacher nachgeprüft werden können. b) Leistungsfähigkeit der Suche Zu berücksichtigen ist, dass die Verwendung von Schlüsselwörtern einer anderen Themengruppe in dem Aufsatz oder der Entscheidung einer bestimmten Themengruppe nicht unbedingt darauf schließen lässt, dass das Prozessrecht als Einheit gesehen wird. Die Prozessrechtsordnungen können nicht nur eigenständig oder als Einheit betrachtet werden. Auch Zwischenstufen sind vorhanden. Zwischen Einheitsbetrachtung und Ausdifferenzierung steht das Bewusstsein für andere Prozessrechtsordnungen. Zwar werden in diesen Fällen prozessuale Institute in den einzelnen Prozessrechtsordnungen eigenständig ausgewertet, jedoch wird die Perspektive erweitert und auch die anderen Prozessrechtsordnungen betrachtet. Das Schema zeigt die abgestuften Betrachtungsweisen von Prozessrecht. Diese können sich von einer komplett eigenständigen Betrachtungsweise zu einer einheitlichen Betrachtung der Prozessrechtsordnungen verdichten.

Abbildung 7: Betrachtungsweisen von Prozessrecht

75  Zur

Entwicklung und Funktionsweise des Programmes siehe § 8 A.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts257

Sofern sich in einem Text keine Schlüsselwörter finden lassen, die anderen Prozessrechtsordnungen als der Text selbst zugeordnet sind, so lässt sich hieraus deutlich ableiten, dass die Einheitsvorstellung in diesem Text fehlt. Das Prozessrecht der im Fokus stehenden Prozessrechtsordnung wird eigenständig ausgelegt. Werden Schlüsselwörter einer Prozessrechtsordnung innerhalb einer einer anderen Prozessrechtsordnung zugeordneten Quelle gefunden, kann dies sowohl auf eine parallele Auslegung der Prozessrechtsordnungen schließen lassen als auch auf das bloße Bewusstein für die Ausgestaltung in den anderen Prozessrechtsordnungen. Die Suche gibt insofern lediglich eine Tendenz wieder. Die parallele Auslegung der Prozessrechtsordnungen deutet darauf hin, dass das Prozessrecht als Einheit verstanden wird. Dies ist die Grundlage für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Problematischer sind die Fälle, in denen lediglich ein Bewusstsein für die Ausgestaltung des jeweiligen prozessualen Institus in anderen Prozessrechtsordnungen besteht. Dem sind die Texte zuzuordnen, in denen lediglich aufgezeigt wird, wie Probleme zu einem bestimmten prozessualen Institut in anderen Prozessrechtsordnungen gelöst werden. Es sind aber auch die Texte umfasst, in denen eine bewusste Abgrenzung von den anderen Prozessrechtsordnungen vorgenommen wird. Die Schlüsselwortsuche vermag nicht zu zeigen, ob negativ oder positiv auf eine andere Prozessrechtsordnung Bezug genommen wird.76 Sie gibt nicht klar wieder, ob in dem untersuchten Text eine bewusste Abgrenzung von anderen als der im Fokus stehenden Prozessrechtsordnung vorgenommen wird oder ob auf die zu anderen Prozessrechtsordnungen vertretenen Ansichten zurückgegriffen wird. Sofern aufgezeigt wird, wie ein prozessuales Institut in den anderen Prozessrechtsordnungen geregelt ist, kann dies den Texten zugeordnet werden, denen tendenziell der Gedanke von der Einheit des Prozessrechts zugrunde liegt. Das Heranziehen von Ausführungen zu demselben prozessualen Institut in anderen Prozessrechtsordnungen weist darauf hin, dass von einer möglichen Einheit des Prozessrechts ausgegangen wird, indem ein Vergleich versucht wird. Auch solche Texte bereiten einen Weg für das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre. Sofern in einem Text nur darauf eingegangen wird, wie ein prozessuales Institut in einer der von ihm nicht untersuchten Prozessrechtsordnungen geregelt wird, um sich von dieser abzugrenzen, kann grundsätzlich nicht darauf geschlossen werden, dass das Prozessrecht als Einheit gesehen wird. Eine 76  Zu den Grenzen computerlinguistischer Simulationsmodelle vergleiche auch Schmitz, Computerlinguistik, 1992, S. 99.

258

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

derart bewusste und reflektierte Abkehr distanziert sich noch deutlicher von den Einheitsvorstellungen als Auffassungen, die andere Prozessrechtsordnungen überhaupt nicht wahrnehmen. Durch diese Überlegungen wird der durchgeführten Schlüsselwortsuche scheinbar die Grundlage entzogen. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus einem aus dem Erkenntnisinteresse abgeleiteten Argument. Das Ziel der Arbeit ist es, das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre auf Ebene der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik nachzuweisen oder darzustellen, dass ein solcher Nachweis nicht möglich ist.77 Dieser Nachweis gelingt am einfachsten und am deutlichsten, indem auf beiden Ebenen untersucht wird, ob sich der Einheitsgedanke im Prozessrecht darstellen lässt. Deshalb wurde in der Arbeit der Fokus hierauf gelegt. In einem Text auf rechtsdogmatischer Ebene, der sich hinsichtlich der von ihm untersuchten Prozessrechtsordnung bewusst von anderen Texten abgrenzt, wird ebenfalls von möglichen Zusammenhängen zwischen den Prozessrechtsordnungen ausgegangen beziehungsweise davon, dass solche hergestellt werden könnten. Andernfalls würde eine Abgrenzung kaum für nötig befunden werden. Das Bewusstsein für Zusammenhänge zwischen den Prozessrechtsordnungen bietet jedoch ebenfalls Raum für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Bei dieser geht es auch um die Vergleichbarkeit der Prozessrechtsordnungen. Daher ist es aufgrund des Erkenntnisinteresses vorliegend unschädlich, dass die Suche sowohl Texte, in denen prozessuale Institute in den unterschied­ lichen Prozessrechtsordnungen parallel oder positiv vergleichend erläutert werden, als auch Texte, in denen eine bewusste Abgrenzung zu den prozessualen Instituten in den unterschiedlichen Prozessrechtsordnungen erfolgt, erfasst.

III. Auswertung Die Auswertung erfolgte getrennt nach den prozessualen Instituten. Für die einzelnen Institute wurden die Erwartungen an die Suchergebnisse mit den tatsächlichen Ergebnissen verglichen und den Gründen für eventuelle Abweichungen nachgegangen.78 Die aufgestellten Hypothesen orientieren sich an der Gesetzessystematik der untersuchten prozessualen Institute. Zwar sind Gesetzgebung und Rechtsdogmatik auf zwei unterschiedlichen Gestaltungs77  Siehe

§ 1 B. Vorgehensweise stellt nur eine Möglichkeit dar, die gegebenen Daten zu analysieren. Weitere Forschungsansätze wie beispielsweise der Vergleich der absoluten und relativen Häufigkeiten der Schlüsselwörter der verschiedenen Themengruppen sind möglich; siehe zu einer weiteren Herangehensweise § 8 A. III. 8. 78  Diese



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts259

ebenen angesiedelt, jedoch beeinflussen sie einander.79 So legt die Rechtsdogmatik einerseits Gesetze aus, andererseits gibt sie dem Gesetzgeber Anregungen für die Rechtsgestaltungen.80 Bei der Auswertung wurden Ergebnisse bereits ab einem Treffer berücksichtigt. Hintergrund war, dass sowohl Quellen als auch Schlüsselwörter manuell vorausgewählt wurden, sodass gänzlich unpassende Analysegegenstände und -begriffe bereits von vornherein ausgeschlossen sind.81 Zudem war der Umfang der einzelnen Quellen so gering, dass bereits einem Treffer ein Aussagegehalt in Bezug auf das Erkenntnisinteresse zukommen kann. Wenn in mindestens fünfzig Prozent der betrachteten Quellen zu den einzelnen prozessualen Instituten bezogen auf die jeweilige Prozessrechtsordnung und Textart Verweise auf Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen vorkamen, wurde dies dahingehend bewertet, dass überwiegende Tendenzen einer einheitlichen Betrachtung des Prozessrechts bestehen. Als Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen wurden solche beurteilt, die nicht zu den in den jeweiligen Texten im Fokus stehenden Pozessrechtsordnungen gehören. Zu jedem Themengebiet wurden dazu vorab Hypothesen erstellt. Wenn in den Texten Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen vorkamen, wurde näher untersucht, ob diese unerwarteten Schlüsselwörter mehrheitlich der Kategorie Vorschrift, Gericht, Quelle oder Maxime zuzuordnen waren.82 Konnten zu einzelnen Themengebieten in Bezug auf die jeweilige Prozessrechtsordnung und Textart keine aussagekräftigen Datensätze erstellt werden, so wurde dies weder als Indiz für noch als Indiz gegen die Tendenz einer einheitlichen Betrachtung gewertet. Die Ergebnisse der Suche können unter dem folgenden QR-Code abgerufen werden.83 Sie können zum besseren Textverständnis herangezogen werden. Für die Darstellung der Einzelergebnisse wird Microsoft Excel benötigt. Die Einzelergebnisse finden sich in den jeweils nach Themen benannten 79  Siehe

§ 1 B. und § 5. reflektierenden Funktion der Dogmatik de Lazzer, Rechtsdogmatik als Kompromissformular, in: Dubischar/Folkers/Futter u. a. (Hrsg.), Dogmatik und Methode, 1975, 85 (94 f., 106); siehe § 1 B.; § 1 D. I. 2.; § 5. 81  Anders zu bewerten wäre dies bei der Vorauswahl von Interviewpartnern. Bei diesen besteht das Risiko, dass ihre Aussagen thematisch nicht zur durchgeführten Studie passen. Nach Thematik vorausgewählte schriftliche Quellen bergen dieses Risiko nicht. 82  Siehe zu den Kategorien § 8 A. III. 6. 83  Alternativ auch unter folgendem Link: https://www.dropbox.com/sh/xpjlb7f p7p7pjpa/AABvynXdNSpxk2JFQGQAL_Upa?dl=0. Daneben sind sie in dem beiliegenden Verzeichnis der automatisiert erstellten Analysedateien einsehbar (Silberzahn, Appendix, Verzeichnis der automatisiert erstellten Analysedateien, 2021). 80  Zur

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§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

QR-Code

Ordnern. Um Zugang zu einer umfassenden graphischen Darstellung zu erhalten, ist ein vorheriger Download von Microsoft Power BI Desktop erforderlich.84 Die Daten zur graphischen Darstellung finden sich im Ordner Power BI. 1. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren (194 Quellen) a) Hypothese Die wichtigsten Neuerungen durch das ÜberlVfRSchG erfolgten durch die Einführung eines Regelungskomplexes in das GVG. Die Vorschriften des GVG werden nicht als Schlüsselwörter verwendet,85 da dieses als allgemeines, für alle Vefahrensordnungen gültiges Gesetz angesehen wird.86 Allerdings wird mit § 41 Nr. 7 ZPO eine Vorschrift in der Analyse berücksichtigt, die in den weiteren untersuchten Verfahrensordnungen kraft Verweisung gilt. Daher ist zu erwarten, dass in allen Quellen neben Schlüsselwörtern der Themengruppe, der sie selbst zugeordnet sind, in geringem Umfang Schlüsselwörter der Themengruppe 1 vorkommen. In den verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Quellen können daneben noch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 enthalten sein. In den zivilprozessualen Quellen sind einzig Schlüsselwörter der Themengruppe 1 zu erwarten. Eine Ausnahme stellen die allgemeinen Aufsätze dar,87 bei deren Analyse davon auszugehen ist, dass sie neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 mindestens Schlüsselwörter einer weiteren Themengruppe enthalten. 84  Ein Download ist unter https://powerbi.microsoft.com/de-de/downloads/ möglich. Vergleiche für nähere Informationen Silberzahn, Appendix, Verzeichnis der automatisiert erstellten Analysedateien, 2021, Vorwort. 85  Es würde sich um allgemeine Schlüsselwörter handeln (siehe § 4 B. II. 1. a)). 86  Siehe dazu § 3 B. III. 87  Zum Begriff siehe § 4 B. I. 2.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts261

b) Auswertung der Aufsätze (33 Quellen) aa) Allgemeine Aufsätze (13 Quellen) In einem den allgemeinen Aufsätzen zugeordneten Text werden lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1 verwendet. Fußnoten zu diesem Text gibt es nicht. In allen anderen Texten werden Schlüsselwörter aus mindestens zwei verschiedenen Themengruppen genannt. Die Themengruppen sind so kombiniert, dass nicht lediglich Schlüsselwörter einer der Themengruppen 2, 3 oder 4 in Verbindung mit Themengruppe 5 vorkommen. Dies gilt auch für die zugehörigen Fußnoten. Zweien dieser Texte sind keine Fußnoten zugeordnet. In einem davon kommen Schlüsselwörter der Themengruppen 2, 3 und 4, jedoch nicht solche der Themengruppe 1 vor. Insgesamt kommen Schlüsselwörter der Themengruppe 1 deutlich am häufigsten vor. bb) Zivilprozessuale Aufsätze (9 Quellen) Die Texte zweier Aufsätze enthalten ausschließlich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. Die Fußnoten zu diesen Aufsätzen beinhalten daneben Schlüsselwörter der Themengruppen 2 beziehungsweise der Themengruppen 2 und 5 der Kategorie Quelle. Alle weiteren Texte enthalten neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 Schlüsselwörter mindestens einer weiteren Themengruppe. Zu einem der Texte gibt es keine Fußnoten außerhalb des Textes. Die Fußnoten zu einem Text enthalten lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. In allen anderen Fußnoten finden sich auch Schlüsselwörter der anderen Themengruppen in unterschiedlichen Kombinationen. Die abweichenden Schlüsselwörter gehören vor allem den Kategorien Quelle und Gericht, in sehr viel geringerem Umfang aber auch den Kategorien Vorschrift und Maxime an. Insgesamt werden in allen Aufsätzen auch die anderen Verfahrensordnungen miteinbezogen. cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (4 Quellen) Die Texte der verwaltungsprozessualen Aufsätze beinhalten entsprechend den Erwartungen Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2 und 5. Dies gilt auch für die Fußnoten zu einem dieser Texte. In den Fußnoten zu einem anderen dieser Texte finden sich lediglich Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 5. In den anderen beiden Fußnotendokumenten finden sich unerwarteterweise Schlüsselwörter der Themengruppe 3 neben solchen der Themengruppen 1 und 2 beziehungsweise 1, 2 und 5. Diese gehören mehrheitlich der Kategorie Quelle, in zwei Fällen auch der Kategorie Gericht an. Damit

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§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

werden in der Hälfte der verwaltungsprozessualen Aufsätze finanzprozessuale Dokumente herangezogen. dd) Finanzprozessuale Aufsätze (4 Quellen) In zwei Texten kommen wie prognostiziert lediglich Schlüsselwörter der Themengruppen 3 beziehungsweise 3 und 5 vor. Die zu einem der Texte gehörigen Fußnoten enthalten ebenfalls den Erwartungen entsprechend einzig Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 3. Die zu dem anderen Text gehörigen Fußnoten enthalten zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppe 2 und 4. Die beiden anderen Texte enthalten neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 3 solche der Themengruppe 1 und 2 beziehungsweise der Themengruppe 4. Die zugehörigen Fußnoten enthalten Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2 und 3 beziehungsweise 1, 2, 3 und 4. Sie sind vor allem der Kategorie Quelle, aber auch den Kategorien Gericht und Vorschrift zugeordnet. In den finanzprozessualen Aufsätzen finden damit auch die anderen Prozessrechtsordnungen Beachtung, wobei hauptsächlich auf ihnen zugehörige Quellen zurückgegriffen wird. ee) Sozialprozessuale Aufsätze (3 Quellen) In den Texten aller Aufsätze sind wie erwartet Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 4 und in einem Fall auch der Themengruppe 5 enthalten. Einem der Texte sind keine Fußnoten zugeordnet. Die Fußnoten zu den anderen Texten beinhalten in einem Fall zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppe 2 und in dem anderen Fall solche der Themengruppen 2 und 3. Diese zusätzlichen Schlüsselwörter gehören den Kategorien Gericht und Quelle an. Das heißt, auch in den sozialprozessualen Aufsätzen wird in vielen Fällen auf Ausführungen, die zu anderen Verfahrensordnungen gemacht werden, zurückgegriffen. c) Auswertung der Entscheidungen (161 Quellen) aa) Zivilprozessuale Entscheidungen (62 Quellen) Ausschließlich Schlüsselwörter der Themengruppe 1 enthalten achtundzwanzig Entscheidungen. In den anderen Entscheidungen finden sich Schlüsselwörter aller anderen Themengruppen in verschiedenen Kombinationen. Sie kommen dabei nicht zwingend kumulativ vor. Vor allem gehören sie der Kategorie Gericht und an zweiter Stelle der Kategorie Quelle an. Teilweise finden sich bei den nicht von den Erwartungen umfassten Themengruppen



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts263

auch Schlüsselwörter der Kategorien Vorschrift und Maxime. In den wenigsten Entscheidungen werden also nur zivilprozessuale Schlüsselwörter verwendet. In den meisten Entscheidungen wird auf Rechtsprechung und Quellen zurückgegriffen, die originär anderen Prozessrechtsordnungen zuzuordnen sind. bb) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (26 Quellen) Elf Entscheidungen enthalten den Erwartungen entsprechend Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 2, der Themengruppen 1, 2 und 5, der Themengruppen 2 und 5 sowie der Themengruppe 2. In den übrigen Entscheidungen werden zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 3 und 4 in unterschiedlichen Kombinationen mit den erwarteten Schlüsselwörtern und nicht immer kumulativ zitiert. Die Schlüsselwörter der Themengruppen 3 und 4 sind mehrheitlich der Kategorie Gericht, teilweise auch der Kategorie Quelle und in wenigen Fällen der Kategorie Vorschrift zuzuordnen. Es wird also in den meisten Entscheidungen auf die Entscheidungen anderer Gerichtsbarkeiten zurückgegriffen. cc) Finanzprozessuale Entscheidungen (24 Quellen) In neun Entscheidungen werden nur Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 3 verwendet. In einer weiteren Entscheidung werden lediglich Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 3 und 5 verwendet. Diese entsprechen den Erwartungen. In zwölf Entscheidungen werden Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 3 und 5, der Themengruppen 1 und 3 sowie der Themengruppen 3 und 5 mit Schlüsselwörtern der Themengruppen 3 und/oder 4 kombiniert. In drei Entscheidungen kommen Schlüsselwörter der Themengruppen 3 und 2 vor. Die unerwarteten Schlüsselwörter gehören vor allem der Kategorie Gericht, teilweise auch der Kategorie Quelle und in einem Fall auch der Kategorie Vorschrift an. Die Finanzgerichte gehen häufig auf die Entscheidungen anderer Gerichtsbarkeiten ein. dd) Sozialprozessuale Entscheidungen (49 Quellen) Lediglich in acht Entscheidungen finden sich den Erwartungen entsprechend ausschließlich Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 4, der Themengruppen 4 und 5 oder der Themengruppen 1, 4 und 5. In allen anderen Entscheidungen kommen zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 2 und 3 in verschiedenen Kombinationen mit den erwarteten Schlüsselwörtern und nicht immer kumulativ vor. Die außerhalb des Erwartungshorizonts lie-

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§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

genden Schlüsselwörter gehören mehrheitlich der Kategorie Gericht an, es kommen aber auch solche der Kategorien Quelle und noch etwas weniger häufig solche der Kategorie Vorschrift vor. d) Ergebnis In den Aufsätzen finden sich in allen Bereichen überwiegend Tendenzen, auch auf die anderen nicht unmittelbar im Fokus stehenden Verfahrensordnungen zurückzugreifen. Ein großer Teil der Entscheidungen aller Gerichtsbarkeiten zeigt ebenfalls deutliche Tendenzen, die anderen Verfahrensordnungen näher zu betrachten. Dabei wird hauptsächlich auf Gerichtsentscheidungen anderer Gerichtsbarkeiten verwiesen. Insgesamt kommen neben den Schlüsselwörtern der Themengruppe, die der jeweiligen Quelle zugeordnet ist, Schlüsselwörter der Themengruppe 1 häufig vor. Unerwartete Schlüsselwörter sind hauptsächlich den Kategorien Gericht und Quelle zuzuordnen. Das heißt sowohl in Entscheidungen als auch in Aufsätzen besteht die Tendenz, vor allem Entscheidungen und Literatur, die primär auf andere Ge­ richtsbarkeiten zugeschnitten sind, heranzuziehen. 2. Mediation (48 Quellen) a) Hypothese Durch das MediationsuaFöG werden Regelungen in den einzelnen Prozessrechtsordnungen geändert. VwGO, FGO und SGG verweisen für die Regelungen zur Mediation auf die ZPO. Daher ist zu erwarten, dass in den Quellen neben Schlüsselwörtern der Themengruppe der jeweiligen Quelle überwiegend Schlüsselwörter der Themengruppe 1 verwendet werden. In den verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Quellen können zudem noch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 auftreten. In den allgemeinen Aufsätzen sind neben Schlüsselwörtern aus Themengruppe 1 Schlüsselwörter aus mindestens einer weiteren Themengruppe zu erwarten. b) Aufsätze (36 Quellen) aa) Allgemeine Aufsätze (20 Quellen) Sowohl in den Texten als auch in den Fußnoten der allgemeinen Aufsätze überwiegt die Anzahl der Schlüsselwörter der Themengruppe 1. Neun Aufsätze enthalten im Text nur der Themengruppe 1 zugeordnete Schlüsselwörter. In zwei dieser Aufsätze werden auch in den Fußnoten lediglich zivilpro-



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zessuale Schlüsselwörter genannt. In den Fußnoten zu sechs dieser Aufsätze finden sich keine Schlüsselwörter. In den Fußnoten des anderen Aufsatzes sind zusätzlich zu Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 noch Schlüsselwörter der Themengruppe 3 enthalten. Die anderen elf Texte enthalten Schlüsselwörter aus zwei Themengruppen und mehr. Schlüsselwörter der Themengruppe 1 finden sich in jedem dieser Texte. In den Fußnoten zu vier dieser Texte werden lediglich Schlüsselwörter aus Themengruppe 1 verwendet. In den Fußnoten zu sieben dieser Texte kommen noch zusätzlich Schlüsselwörter der anderen Themengruppen in verschiedenen Kombinationen vor. Die allgemeinen Aufsätze setzen einen zivilprozessualen Schwerpunkt. Dass oft ausschließlich zivilprozessuale Schlüsselwörter verwendet werden, ist überraschend. Die zivilprozessuale Schwerpunktsetzung selbst überrascht nicht. bb) Zivilprozessuale Aufsätze (8 Quellen) In fünf Texten kommen wie prognostiziert nur Schlüsselwörter der Themengruppe 1 vor. In den Fußnoten zu drei dieser Texte kommen ebenfalls nur Schlüsselwörter der Themengruppe 1 vor. Das bedeutet, drei Gesamttexte entsprechen vollständig den Erwartungen. In den Fußnoten der anderen beiden Texte wird einmal zusätzlich ein Schlüsselwort der Themengruppe 3 der Kategorie Gericht genannt und einmal zusätzlich ein Schlüsselwort der Themengruppe 4 der Kategorie Gericht. Es ist davon auszugehen, dass auf Ausführungen anderer Gerichtsbarkeiten zurückgegriffen wird. Die anderen drei Texte enthalten zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 2, 3, 4 und 5. Die zusätzlichen Themengruppen in diesen Texten kommen in unterschied­ lichen Kombinationen und nicht immer gleichzeitig vor. Sie sind mehrheitlich der Kategorie Vorschrift, an zweiter Stelle der Kategorie Gericht und vereinzelt auch den Kategorien Maxime und Quelle zuzuordnen. In den Fußnoten zu einem dieser Texte finden sich lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. Zwei zu den Texten gehörige Fußnoten enthalten zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 2, 3 und 4. Diese sind vornehmlich der Kategorie Quelle, aber auch der Kategorie Gericht zuzuordnen. Das bedeutet, lediglich drei Aufsätze sind rein zivilprozessual geprägt. Vielmehr werden prozessuale Vorschriften, Gerichte und Quellen genannt, die den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen zugeordnet sind. In einem Fall wird auch auf eine solche Maxime zurückgegiffen. cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (7 Quellen) Von den verwaltungsprozessualen Aufsätzen enthalten drei Texte und die zugehörigen Fußnoten den Erwartungen entsprechend lediglich Schlüssel-

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wörter aus Themengruppe 1, 2 und teilweise 5. Vier Texte enthalten zudem zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 3 und 4 in unterschiedlichen Kombinationen und nicht immer kumulativ. Die Abweichungen sind den Kategorien Gericht, Vorschrift und Quelle88 zuzuordnen. Die zugehörigen Fußnoten entsprechen den Erwartungen, indem sie Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 2 sowie teilweise 5 enthalten. Eine Tendenz, auf andere Prozessrechtsordnungen einzugehen, ist vorhanden. dd) Finanzprozessuale Aufsätze (0 Quellen) Den Kriterien entsprechende finanzprozessuale Aufsätze waren nicht verfügbar. ee) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) In dem einzigen analysierten sozialprozessualen Aufsatz entsprechen die Schlüsselwörter im Text den Erwartungen. In den Fußnoten finden sich zusätzliche Schlüsselwörter der Themengruppe 3 der Kategorien Gericht und Quelle. Auf die finanzprozessuale Rechtsprechung wird Bezug genommen. c) Entscheidungen (12 Quellen) aa) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (10 Quellen) In drei verwaltungsprozessualen Entscheidungen werden einzig Schlüsselwörter der Themengruppe 2 verwendet. In einer verwaltungsprozessualen Entscheidung finden sich lediglich Schlüsselwörter der Themengruppen 2 und 5. Diese Entscheidungen sind jedoch in einer weiteren analysierten Entscheidung zusammengefasst. In der zusammenfassenden Entscheidung finden sich Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2 und 5. In allen weiteren Entscheidungen werden ebenfalls Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 2 und in einigen noch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 verwendet. Somit entsprechen die verwaltungsprozessualen Entscheidungen den Erwartungen. 88  Das Ergebnis in der Schlüsselwortsuche ist an dieser Stelle etwas ungenau, da HFR für „Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung“ stehen soll und als Schlüsselwort der Kategorie Quelle der Themengruppe 3 zuzuordnen ist. In einem durchsuchten Aufsatz steht es für die Zeitschrift „Humboldt Forum Recht“, welche als juristische Internetzeitschrift alle Rechtsgebiete umfasst. Dies ist jedoch für eine Tendenzanalyse unschädlich, da neben diesem Treffer weitere Treffer der Themengruppe 3 vorhanden sind. In anderen Texten tritt dieses Problem nicht auf.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts267

bb) Sozialprozessuale Entscheidungen (2 Quellen) In den untersuchten sozialprozessualen Entscheidungen finden sich zusätzliche Schlüsselwörter der Themengruppe 2 der Kategorien Gericht und Vorschrift. Die sozialgerichtlichen Entscheidungen sind auch nach dem Verwaltungsprozessrecht ausgerichtet. cc) Zivil- und finanzprozessuale Entscheidungen (0 Quellen) Den Kriterien entsprechende zivil- und finanzprozessuale Entscheidungen liegen nicht vor. d) Ergebnis Die Analyse der Aufsätze zum MediationsuaFöG zeichnet ein gemischtes Bild. Es ergibt sich ein zivilprozessualer Schwerpunkt, der aufgrund der Gesetzessystematik nicht überraschend ist. In allen Bereichen werden in vielen Aufsätzen Schlüsselwörter aus mehr Themengruppen als erwartet vorgefunden. In den meisten allgemeinen Aufsätzen finden sich ebenfalls entsprechend der Erwartungen Schlüsselwörter aus mehreren Themengruppen. Damit zeigt sich, dass der Einheitsgedanke tendenziell überwiegt. In den analysierten verwaltungs- und sozialprozessualen Entscheidungen wird den Erwartungen entsprechend vorrangig jeweils auf zivilprozessuale und verwaltungsprozessuale beziehungsweise zivilprozessuale und sozial­ prozessuale Schlüsselwörter zurückgegriffen. In den sozialgerichtlichen Entscheidungen werden auch verwaltungsprozessuale Schlüsselwörter verwendet. Damit ergibt sich wie vorhergesehen eine an der ZPO orientierte Rechtsprechung, die einzig im sozialgerichtlichen Bereich auf Erwägungen aus weiteren Prozessrechtsordnungen zurückgreift. Finanzprozessuale Aufsätze und Entscheidungen konnten nicht analysiert werden. Das Fehlen finanzprozessualer Aufsätze ist überraschend, da eine Neuregelung in vielen Fällen zu ihrer Erforschung anregt. Das Fehlen der Entscheidungen kann daraus resultieren, dass im finanzgerichtlichen Prozess lange Zeit keine Mediation durchgeführt wurde und das Potenzial für eine solche auch lange nicht gesehen wurde. Ursprünglich sollte es auch im Rahmen des MediationuaFöG keine Mediation im Bereich der Finanzgerichtsbarkeit geben.89 Die Einführung der Regelungen zur Mediation in die FGO 89  Hölzer, Mediation im Steuerverfahren, ZKM 2012, 119 ff.; zur Mediation im Steuerrecht vergleiche Thomas/Wendler, Das neue Mediationsgesetz, DStR 2012, 1881 ff.

268

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

muss nicht automatisch zur Folge haben, dass die Mediation tatsächlich genutzt wird und es zu Entscheidungen in diesem Bereich kommt. Überraschend ist auch, dass keine den Kriterien entsprechende zivilpro­ zessuale Entscheidung gefunden werden konnte. Dies könnte umgekehrt daraus resultieren, dass vor Erlass des MediationsuaFöG bereits eindeutige gesetz­liche Grundlagen für die Durchführung der Mediation in der ZPO gegeben waren.90 Für diese hatte sich bereits vor Erlass des MediationsuaFöG eine Tradition herausgebildet, an welche angeknüpft werden kann.91 Damit könnte die Mediation für diesen Bereich besonders gut funktionieren und folglich seltener eine gerichtliche Entscheidung erforderlich machen. Das Fehlen der zivil- und finanzprozessualen Entscheidungen zu den Regelungen des MediationsuaFöG könnte aber ebenso dem Zufall zuzurechnen sein, da insgesamt wenig Entscheidungen zu den Regelungen des MediationsuaFöG vorliegen. 3. Videokonferenztechnik (7 Quellen) a) Hypothese Das prozessuale Institut der Videokonferenztechnik ist in ZPO, VwGO, FGO und SGG eigenständig geregelt. Dementsprechend ist zu erwarten, dass Aufsätze und Entscheidungen nur Schlüsselwörter der eigenen Themengruppe enthalten. Quellen, die den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen zugeordnet sind, können daneben Schlüsselwörter der Themengruppe 5 enthalten. Eine Ausnahme bilden die allgemeinen Aufsätze, die Schlüsselwörter aus Themengruppe 1 bis 5 enthalten können, zumindest aber Schlüsselwörter aus zwei unterschiedlichen Themengruppen enthalten sollten. Sofern Schlüsselwörter der Themengruppe 5 in Kombination mit Schlüsselwörtern aus lediglich einer der Themengruppen von 2 bis 4 in einem allgemeinen Aufsatz vorkommen, sollten noch Schlüsselwörter aus mindestens einer anderen Themengruppe im Text enthalten sein.

90  Siehe

§  3  D. II. 1. a).

91  Damerau/Zemmrich,

Mediation im Gerichtswesen – Ein Überblick über alternative Streitbeilegungsmöglichkeiten in Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, JA 2007, 203 (205).



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts269

b) Aufsätze (3 Quellen) aa) Allgemeine Aufsätze (2 Quellen) In den Texten kommen den Erwartungen entsprechend Schlüsselwörter aller Themengruppen vor. Die Themengruppe 1 ist dominant. Die Schlüsselwörter sind hauptsächlich der Kategorie Vorschrift zuzuordnen. Zu einem Text gibt es keine Fußnoten. In den Fußnoten zu dem anderen Text finden sich keine Schlüsselwörter. bb) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) In dem untersuchten sozialprozessualen Aufsatz finden sich Schlüsselwörter der Themengruppe 1 bis 4 sowohl im Text als auch in den Fußnoten. Im Text ist die Themengruppe 4 wie prognostiziert deutlich dominant. In den Fußnoten werden Schlüsselwörter der Themengruppe 3 am häufigsten verwendet, gefolgt von Schlüsselwörtern der Themengruppe 1. Die Schlüsselwörter der unerwarteten Themengruppen sind hauptsächlich der Kategorie Vorschrift, teilweise auch den Kategorien Gericht und Quelle zuzuordnen. Die Kategorie Maxime kommt nur zweimal vor. cc) Zivil-, verwaltungs- und finanzprozessuale Aufsätze (0 Quellen) Zivil-, verwaltungs- und finanzprozessuale Aufsätze, die den bei der Datengewinnung aufgestellten Kriterien entsprechen, sind nicht verfügbar. c) Entscheidungen (4 Quellen) aa) Zivilprozessuale Entscheidungen (1 Quelle) Die untersuchte Entscheidung enthält den Erwartungen entsprechend lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. bb) Verwaltungsprozessuale Entscheidungen (0 Quellen) Eine den Kriterien entsprechende verwaltungsprozessuale Entscheidung konnte beim Sammeln der Daten nicht gefunden werden.

270

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

cc) Finanzprozessuale Entscheidungen (2 Quellen) In den finanzprozessualen Entscheidungen sind Schlüsselwörter der Themengruppe 3 am häufigsten genannt. In einer der Entscheidungen kommt daneben ein Schlüsselwort der Themengruppe 1 vor. In der anderen Entscheidung werden zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 4 und 5 genannt. Die unerwarteten Schlüsselwörter der Themengruppen 1 und 4 sind den Kategorien Maxime, Gericht und Vorschrift zuzuordnen. dd) Sozialprozessuale Entscheidungen (1 Quelle) In der untersuchten sozialprozessualen Entscheidung werden hauptsächlich Schlüsselwörter der Themengruppe 4 genannt; zu einem geringen Anteil auch solche der Themengruppe 5. d) Ergebnis Zum prozessualen Institut der Videokonferenztechnik wurden insgesamt nur sieben Quellen ausgewertet. Die Videokonferenztechnik ist in der FGO bereits seit 2001 und in der ZPO bereits seit 2002 normiert und hat sich durch die Neuregelung nur geringfügig verändert.92 Zur Videokonferenztechnik in Zivil-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsprozessen konnten keine den Kriterien entsprechenden Aufsätze gefunden werden. In diesen Bereichen werden Videokonferenzen bereits seit längerem durchgeführt. Deshalb gab die Neuregelung wohl einen geringeren Anstoß, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Die Aufsätze nach Einführung des VideokonfIntensG konzentrieren sich stattdessen zum einen auf das sozialgerichtliche Verfahren, zum anderen auf die Zusammenfassung der Regelungen des VideokonfIntensG. Im sozialgerichtlichen Verfahren wurden bis zur Einführung des § 110a SGG keine Videokonferenzen durchgeführt.93 Deshalb bietet die Neuregelung des VideokonfIntensG im SGG einen Anlass, das Thema aufzugreifen. Entgegen den Erwartungen werden auch in dem sozialprozessualen Aufsatz prozessordnungsübergreifende Bezüge vor allem zum Zivil- und Finanzprozessrecht hergestellt. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die zivilprozessualen und die finanzprozessualen Regelungen zur Videokonferenztechnik länger existieren und ihnen damit Vorbildcharakter zukommt. In 92  Siehe

§ 3 D. III. Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847; jedoch wäre die Durchführung einer Videokonferenz im sozialgerichtlichen Verfahren theoretisch möglich gewesen (vergleiche Timme, Neuregelung im SGG und in der ZPO, NZS 2004, 292 [297]). 93  Leopold,



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts271

den allgemeinen Aufsätzen dominiert das Zivilprozessrecht. In den Aufsätzen findet sich also der Gedanke von der Einheit des Prozessrechts. Die nicht im Fokus stehenden Verfahrensordnungen finden Berücksichtigung. Die Rechtsprechung neigt hingegen mit Ausnahme der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu einer vollständig getrennten Betrachtung der Prozessrechtsordnungen. Für den Zivilprozess kann dies durch die lange Existenz der Regelung in der ZPO erklärt werden. Die zivilprozessuale Dogmatik hat möglicherweise überzeugende Thesen und Argumente zu den Rechtsfragen der Videokonferenztechnik hervorgebracht, ohne auf andere Verfahrensordnungen Bezug nehmen zu müssen. Für den Sozialgerichtsprozess kann dies so erklärt werden, dass die neue Regelung zur Entwicklung einer eigenen sozialprozessualen Dogmatik genutzt werden soll. Dass keine den Kriterien entsprechenden verwaltungsprozessualen Entscheidungen vorliegen, dürfte dem Zufall und der geringen Anzahl der Quellen zur Videokonfenztechnik geschuldet sein. Bei den Entscheidungen zeichnet sich also lediglich im Rahmen der finanzprozessualen Rechtsprechung der Einheitsgedanke ab. 4. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten (29 Quellen) a) Hypothese Die untersuchten Neuerungen durch das ERVGerFöG beinhalten jeweils getrennte Regelungen zu den elektronischen Dokumenten und der elektronischen Aktenführung in den unterscheidlichen Verfahrensordnungen. In den Quellen sind also lediglich Schlüsselwörter der zu der jeweiligen Verfahrensordnung gehörigen Themengruppe zu erwarten. In den verwaltungs-, finanzund sozialprozessualen Texten können daneben gegebenenfalls Schlüsselwörter der Themengruppe 5 vorkommen. Eine Ausnahme stellen die allgemeinen Aufsätze dar. In diesen sind Schlüsselwörter zweier oder mehrerer unterschiedlicher Themengruppen zu erwarten. Dabei ist zu beachten, dass bei der Kombination von Schlüsselwörtern der Themengruppen 2, 3 oder 4 mit Schlüsselwörtern der Themengruppe 5 noch mindestens Schlüsselwörter einer weiteren Themengruppe zu erwarten sind. b) Aufsätze (29 Quellen) aa) Allgemeine Aufsätze (15 Quellen) In den allgemeinen Aufsätzen finden sich fünf Texte, in denen einzig Schlüsselwörter der Themengruppe 1 verwendet werden. Die Fußnoten zu zwei dieser Texte enthalten ebenfalls nur Schlüsselwörter der Themen-

272

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

gruppe 1. Zu einem dieser Texte gibt es keine Treffer in den Fußnoten. Die weiteren diesen Texten zugehörigen Fußnoten enthalten Schlüsselwörter mehrerer Themengruppen. Ein Text beinhaltet ausschließlich Schlüsselwörter der Themengruppe 2. Die zugehörigen Fußnoten enthalten keine Treffer. Es gibt zwei Texte, die lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 4 enthalten. Ein Text verzichtet auf Fußnoten. Die zu dem anderen Text gehörigen Fußnoten enthalten Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2, 3 und 4. Ein Text enthält lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 5 und in den diesem zugeordneten Fußnoten keine Treffer. In fünf Texten finden sich Schlüsselwörter mehrerer Themengruppen. Zu einem dieser Texte gibt es keine Fußnoten. In drei der zu den Texten gehörigen Fußnoten finden sich Schlüsselwörter mehrerer Themengruppen. In einem den Texten zugehörigen Fuß­ notendokument kommen nur Schlüsselwörter der Themengruppe 1 vor. In einem weiteren Text finden sich keine Schlüsselwörter. Diesem sind keine Fußnoten zugeordnet. Damit entsprechen lediglich acht Quellen bei einer Gesamtbetrachtung von Text und Fußnoten den Erwartungen. Schlüsselwörter der Themengruppe 1 sind dominant. Insgesamt werden nicht in allen Quellen spezifische, einer bestimmten Themengruppe zuzuordnende Begrifflichkeiten gefunden. Dies resultiert aus der allgemeinen, nicht zwingend einer bestimmten Themengruppe zuzuordnenden Betrachtungsweise. bb) Zivilprozessuale Aufsätze (9 Quellen) Vier Texte enthalten den Erwartungen entsprechend lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. Dasselbe gilt für die Fußnoten zu zwei von diesen Texten. In den zugehörigen Fußnoten der anderen beiden Texte finden sich zusätzliche Schlüsselwörter der Themengruppen 2 bis 4 in unterschiedlichen Kombinationen. Die verbleibenden fünf Texte enthalten neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 Schlüsselwörter aller weiteren Themengruppen in verschiedenen Kombinationen und nicht immer kumulativ. Zwei der zu diesen Texten gehörigen Fußnotendokumente enthalten lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 1. In den übrigen Fußnoten finden sich Schlüsselwörter der Themengruppen 1 bis 4 in unterschiedlichen Kombinationen und nicht immer kumulativ. Die unerwarteten Schlüsselwörter zählen hauptsächlich zu der Kategorie Vorschrift. Es kommen aber auch solche der Kategorien Quelle, Gericht und in einem Fall der Kategorie Maxime vor. In den zivilprozessualen Aufsätzen finden sich Indizien für eine prozessordnungsübergreifende Betrachtung.



B. Die Vorstellung von der Einheit des Prozessrechts273

cc) Verwaltungsprozessuale Aufsätze (3 Quellen) Alle Texte und die zugehörigen Fußnoten enthalten neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 2 Schlüsselwörter der anderen Themengruppen. Die Schlüsselwörter der anderen Themengruppen kommen in unterschiedlichen Kombinationen und nicht immer kumulativ vor. Die Schlüsselwörter der unerwartet auftretenden Themengruppen 1, 3 und 4 zählen hauptsächlich zu der Kategorie Quelle, aber auch zu den Kategorien Vorschrift und Gericht. Kein Aufsatz bezieht sich allein auf die VwGO. Der Einheitsgedanke wird deutlich. dd) Finanzprozessuale Aufsätze (1 Quelle) Der analysierte finanzprozessuale Aufsatz enthält im Text entgegen den Erwartungen Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2 und 4 der Kategorien Quelle, Vorschrift und Gericht. Auch in ihm werden andere Verfahrensordnungen berücksichtigt. Die zugehörigen Fußnoten enthalten den Erwartungen entsprechend lediglich Schlüsselwörter der Themengruppe 3. ee) Sozialprozessuale Aufsätze (1 Quelle) In dem untersuchten sozialprozessualen Aufsatz werden im Text und in den Fußnoten zusätzliche Schlüsselwörter der Themengruppen 1, 2 und 3 verwendet. Diese zählen hauptsächlich zu der Kategorie Vorschrift, aber auch zu den Kategorien Gericht und Quelle. Auch in dem untersuchten sozialprozessualen Aufsatz spiegelt sich der Einheitsgedanke wider. c) Entscheidungen (0 Quellen) Zwar wurden insgesamt siebzehn den Kriterien entsprechende Entscheidungen für den Untersuchungszeitraum von 2011 bis 2017 gefunden. In diesen werden jedoch nicht die Vorschriften des ERVGerFöG angewendet. Diese traten mehrheitlich erst zum 1.1.2018 in Kraft.94 Daher bilden die Entscheidungen nicht die Perspektive der Rechtsprechung auf die Neuregelungen ab. Aussagekräftige Daten konnten daher im Ergebnis nicht gewonnen werden.

94  Siehe

§  3  D. IV. 2. a).

274

§ 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

d) Ergebnis Die Aufsätze zeigen mehrheitlich Tendenzen, sich an anderen Prozessrechtsordnungen zu orientieren. Die überwiegend prozessordnungsübergreifende Betrachtung könnte darin begründet liegen, dass die Neuregelung dem Digitalisierungsprozess geschuldet ist, der alle Rechtsgebiete berücksichtigen muss, um praktisch zu funktionieren.

IV. Kontrolle der Ergebnisse Zur Kontrolle wurde aus jedem Bereich jeweils eine Quelle nochmals manuell auf Anhaltspunkte für die einheitliche Betrachtung des Prozessrechts untersucht.95 Das bedeutet, insgesamt fünfundzwanzig Quellen wurden nochmals einzeln analysiert. Dies entsprach einer Stichprobe96 von circa neun Prozent. Die einzeln zu analysierenden Quellen wurden dabei nach dem Zufallsprinzip gewählt.97 Die Ergebnisse dieser stichprobenartigen manuellen Kontrolle bestätigten die Ergebnisse der automatischen Auswertung.

C. Zusammenleitung Die vorliegende, die Auswertung unterstützende Tabelle zeigt auf, ob es in dem jeweiligen Quelltyp zu dem jeweiligen prozessualen Institut Tendenzen einer einheitlichen Betrachtung von Prozessrecht gibt. Das Pluszeichen kennzeichnet Tendenzen einer einheitlichen Betrachtung, das Minuszeichen ist gesetzt, wenn solche Tendenzen nicht erkennbar sind. Ob die Tendenzen stark oder schwach sind, wird schematisch nicht berücksichtigt. Allerdings finden sich dort, wo das Pluszeichen steht, in mindestens fünfzig Prozent der betrachteten Quellen Verweise auf Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen.98 Zu den Aufsätzen hätten insgesamt zwanzig Datensätze aufgestellt werden können. Es wurden Quellen für sechzehn Datensätze gefunden. In allen Datensätzen fanden sich mehrheitlich Tendenzen einer prozessordnungsüber95  Um eine größere Lesbarkeit des Textes zu gewährleisten, wird die Analyse im Anhang dargestellt (siehe § 8 A.). 96  Zum Begriff der Stichprobe in der Statistik Stocker/Steinke, Statistik, 2017, S.  432 ff. 97  Es handelt sich um eine geschichtete Zufallsstichprobe (vergleiche Fahrmeir/ Künstler/Pigeot u. a., Statistik, 8. Aufl., 2018, S. 26). Zu Zufallsvorgängen vergleiche Stocker/Steinke, Statistik, 2017, S. 4 f. 98  Siehe zu den Hypothesen §  4  B. III. 1. a); §  4  B. III. 2. a); §  4  B. III. 3. a); §  4 B. III. 4. a).



C. Zusammenleitung275

greifenden Analyse. Zu den Entscheidungen hätten insgesamt sechzehn Datensätze aufgestellt werden können. Quellen wurden für dreizehn Datensätze gefunden. Vier davon waren jedoch nicht aussagekräftig, da sie sich inhaltlich nicht mit den untersuchten Neuregelungen befassten. Hierbei handelte es sich um die Entscheidungen zum ERVGerFöG. Damit ergaben sich neun aussagekräftige Datensätze. In sechs davon fanden sich mehrheitlich Tendenzen einer prozessordnungsübergreifenden Analyse. Das bedeutet, es lagen von potenziell sechsunddreißig Datensätzen Quellen für fünfundzwanzig Datensätze vor. In zweiundzwanzig dieser Datensätze fand sich die überwiegende Tendenz, auch auf nicht schwerpunktmäßig im Fokus stehende Prozessrechtsordnungen einzugehen oder insgesamt prozessordnungsübergreifend zu arbeiten. Bei einer Gesamtbetrachtung ergab sich folglich das eindeutige Ergebnis, dass sich in Bezug auf die analysierten prozessualen Institute auf Ebene der Rechtsdogmatik Tendenzen prozessordnungsübergreifender Darstellungen nachweisen lassen. Dies ließ sich so nicht ohne weiteres auf die einzelnen prozessualen Institute übertragen. So ergaben sich bei einer Einzelbetrachtung der prozessualen Institute und der Differenzierung nach Quellen teilweise abweichende Ergebnisse. Bei der Einzelbetrachtung der Datensätze zum ÜberlVfRSchG finden sich in allen Quellen überwiegend Tendenzen, Prozessrecht als Einheit zu betrachten. Die Aufsätze zum MediationsuaFöG sind ebenfalls mehrheitlich von der Vorstellung der Einheit des Prozessrechts geprägt. Bei den Entscheidungen gibt es kein deutliches Ergebnis. Von den beiden Datensätzen, die vorliegen, finden sich in dem einen Datensatz Tendenzen einer prozessordnungsübergreifenden Betrachtung, während der Datensatz zu den verwaltungsprozes­ sualen Entscheidungen eine solche Betrachtung nicht widerspiegelt. Bei allen vorliegenden Datensätzen zu den Aufsätzen zum Videokonf­ IntensG ergibt sich eine Tendenz, Prozessrecht als Einheit zu betrachten. Bei den Entscheidungen gibt es diese Tendenz hingegen nicht. So finden sich in den zivil- und sozialprozessualen Entscheidungen keine Anhaltspunkte dafür, dass die anderen Prozessrechtsordnungen wahrgenommen werden. Die Datensätze zu den Aufsätzen zu den ausgewählten Regelungen des ERVGerFöG sind insgesamt von dem Gedanken des Prozessrechts als Einheit geprägt. Lediglich bei den Entscheidungen, also auf dogmatischer Ebene, wird der Einheitsgedanke nicht immer vorgefunden. Bei den Datensätzen, für die der Nachweis nicht gelingt, handelt es sich um solche Datensätze, bei denen die Anzahl der analysierten Quellen gering war. Letzteres bedeutet konkret, es lagen innerhalb des Datensatzes nur eine bis zehn Quellen zur Untersuchung vor.

(+) Keine Daten

(+)

Keine Daten

(+)

(+)

(+)

(+)

MediationsuaFöG

VideokonfIntensG

ERVGerFöG

(+)

(+)

(+)

(+)

ÜberlVfRSchG

verwaltungsprozessual

zivilprozessual

Aufsätze

allgemein

Prozessuales Institut

(+)

(+)

(+)

(+)

Keine Daten Keine Daten

(+)

sozialprozessual

(+)

finanzprozessual

Quelltyp

Keine Daten Keine aussagekräftigen Daten

Keine aussagekräftigen Daten

(–)

(+)

verwaltungsprozessual

Keine aussagekräftigen Daten

(+)

Keine Daten

(+)

finanzprozessual

Entscheidungen

(–)

Keine Daten

(+)

zivilprozessual

Tabelle 1 Tendenzen der Betrachtung des Prozessrechts als Einheit

Keine aussagekräftigen Daten

(–)

(+)

(+)

sozialprozessual

276 § 4 Analyse der Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht

§ 5 Interdependenzen zwischen den Ebenen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik in Bezug auf die Relevanz des Einheitsgedankens im Prozessrecht Interdependenzen beschreiben wechselbezügliche Abhängigkeiten und Einflüsse.1 Sie kommen in unterschiedlichen Formen vor. Die Existenz von Interdependenzen zwischen Rechtsdogmatik und Gesetzgebung ist allgemeiner Konsens.2 Sie resultiert daraus, dass beide eine die Rechtsordnung prägende Rolle einnehmen. Gesetzgebung und Rechtsdogmatik bilden kein Gegensatzpaar, sondern sind in vielen Fällen eng miteinander verflochten. Die Verflechtungen sind vielschichtig und komplex. Eine Systematisierung kann erfolgen, indem einerseits Gesetzgebung und Dogmatik und andererseits ihre Produkte einander gegenüberstellt werden. Produkte der Gesetzgebung sind die Gesetze, während die Dogmatik Vorgaben für die Rechtsanwendung hervorbringt. Damit stehen sich die folgenden Begriffspaare gegenüber: Gesetz und Vorgaben für die Rechtsanwendung, Gesetz und Rechtsdogmatik, Gesetzgebung und Vorgaben für die Rechtsanwendung sowie Gesetzgebung und Rechtsdogmatik.3 Das Gesetz wird unter Beachtung der rechtsdogmatischen Vorgaben für die Rechtsanwendung ausgelegt.4 Um diese Vorgaben zu entwickeln, arbeitet die Rechtsdogmatik an einem bestimmten Gesetz.5 Die Gesetzgebung orientiert sich ebenso an den Vorgaben der Rechtsdogmatik für die Rechtsan1  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (12). 2  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (12); vergleiche Behrends/Henckel (Hrsg.), Gesetzgebung und Dogmatik, 1989. 3  Die Idee der Systematisierung von Interdependenzen durch die Bildung von Begriffspaaren entstammt Bergmanns, ‚Recht‘ und ‚Wirtschaft‘: Systematisierung der Interdependenzen und ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung, 2015, S. 4. 4  Eine Definition aus der Wirtschaftstheorie findet sich bei Gillenkirch, Interdependenz Definition, Stand: 2019. 5  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (129).

278 § 5 Interdependenzen zwischen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik

wendung.6 Damit beeinflussen Rechtsdogmatik und Gesetzgebung einander insofern, als sie sich wechselseitige Impulse liefern. Diese führen dazu, dass einerseits dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen wird, andererseits dem Gesetzgeber neue gestalterische Möglichkeiten aufgezeigt werden, die zu einer Weiterentwicklung des Rechts führen. Beide Ebenen werden zudem durch weitere Faktoren beeinflusst.7 Dies resultiert daraus, dass sie sich trotz der vorgenommenen vereinfachenden Systematisierung nicht in einem geschlossenen System befinden. Das führt dazu, dass es weitere indirekte Wechselbeziehungen zwischen den Ebenen gibt. Der Einfluss der Gesetzgebung auf die Rechtsdogmatik erscheint selbstverständlich.8 Die Rechtsdogmatik arbeitet am Gesetz.9 Sie ist an die gesetzgeberischen Vorgaben gebunden. Dies ergibt sich bereits aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG. Das Gesetz als Produkt des demokratisch legitimierten Gesetzgebungsverfahrens ist Gegenstand der Dogmatik. Ihre Aufgabe ist es, neue Gesetze in das bestehende dogmatische System einzupassen und diese fortzuentwickeln. Dabei ist es unerheblich, ob nach der subjektiven Theorie10 der Wille des ursprünglichen Gesetzgebers bei Erlass der Rechtsnorm für maßgeblich gehalten wird oder nach der objekiven Theorie11 allein der objektive Sinn und Zweck der Rechtsnorm unabhängig vom Willen des ursprünglichen Gesetzgebers ermittelt werden soll. Ebenso könnte ein vermittelnder Ansatz12 gewählt werden. Wesentlich ist allein, dass die Dogmatik sich durch das Gesetz und den Gesetzgeber leiten lässt. Nicht ganz so selbstverständlich ist hingegen die Beeinflussung der Gesetzgebung durch die Rechtsdogmatik. Diese ist in demokratischer Hinsicht nicht zwingend. Der Gesetzgeber ist nach Art. 20 Abs. 3 GG zunächst nur an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden. Die Rechtsdogmatik schafft aber 6  Waldhoff, Kritik und Lob der Dogmatik: Rechtsdogmatik im Spannungsfeld von Gesetzesbindung und Funktionsorientierung, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 17 (28). 7  So auch Bergmanns, ‚Recht‘ und ‚Wirtschaft‘: Systematisierung der Interdependenzen und ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung, 2015, S. 6 hinsichtlich des dort dargestellten Untersuchungsgegenstandes. 8  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (12); Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 11 f. 9  Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 369, 376. 10  Lorz, Die Gesetzesauslegung im Blick des Gesetzgebers?, in: Baldus/Theisen/ Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 87 (91 ff.). 11  Lorz, Die Gesetzesauslegung im Blick des Gesetzgebers?, in: Baldus/Theisen/ Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 87 (93 ff.). 12  Lorz, Die Gesetzesauslegung im Blick des Gesetzgebers?, in: Baldus/Theisen/ Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, 87 (95 f.).



§ 5 Interdependenzen zwischen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik279

ein System, das die Gesetze konkretisiert, ihre Anwendung vereinfacht und Lösungsansätze bietet, um mit Regelungen umzugehen, die außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens Probleme bereiten.13 Daneben bietet sie dem Gesetzgeber gestalterische Anreize, um Regelungen anzupassen oder neue Regelungen zu erlassen. Sie wird also wie bereits festgestellt nicht nur reflektierend tätig.14 Der Gesetzgeber kann sich bei der Gesetzgebung an diesen rechtsdogmatischen Vorgaben orientieren.15 Dies vereinfacht den Gesetzgebungsprozess. Daneben fügt sich seine Gesetzgebung bei der Berücksichtigung der Rechtsdogmatik besser in das bereits bestehende System ein.16 Allerdings ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, auch außerhalb rechtsdogmatischer Vorgaben zu experimentieren und Regelungen zu schaffen.17 Diese können sich bewähren, von der Rechtsdogmatik aufgegriffen werden und das System ergänzen. Andererseits kann es auch zu gesetzgeberischen Missgriffen kommen, vor allem wenn der Gesetzgeber von bewährten Vorgaben der Rechtsdogmatik abweicht.18 In diesen Fällen muss er sich rechtspolitisch rechtfertigen und die Gründe für sein Vorgehen angeben.19 Diese Rechtfertigungsobliegenheit ist einer der vorgenannten weiteren Faktoren, der eine mittelbare Wechselbezüglichkeit zwischen Rechtsdogmatik und Gesetzgebung schafft. Auf diese Weise wird die Rechtspolitik als auch der Gesellschaft zuzurechnender Faktor in die Analyse miteinbezogen. Jedenfalls zeigt sich, dass der Gesetzgeber trotz fehlender zwingender normativer Vorgaben zumindest soziologisch an die Rechtsdogmatik gebunden ist. Er kann und sollte nicht willkürlich und unter Ausblendung aller rechtsdogmatischen Vorgaben agieren.20 13  Sinngemäß auch Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 60; zur Systembildung durch Rechtsdogmatik Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 524. 14  Siehe § 1 B. und § 5. 15  Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 524 bezeichnet rechtsdogmatische Theorien als „Orientierungsmaßstab“ für den Gesetzgeber. 16  Hassemer, Dogmatik zwischen Wissenschaft und richterlicher Pragmatik: Einführende Bemerkungen, in: Kirchhof/Magen/Schneider (Hrsg.), Was weiß Dogmatik?, 2012, 3 (13); Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 12. 17  Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S.  524 f. 18  Ähnlich Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 525. 19  Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 525. 20  Starck, Woher kommt das Recht?, 2015, S. 369; Gärditz, Wissenschaftlicher Dissens als Rechtsproblem, DÖV 2017, 41 (42) bezeichnet wissenschaftliche Erkenntnis als „Grundlage rationaler politischer Entscheidungen“.

280 § 5 Interdependenzen zwischen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik

Das bedeutet grundsätzlich, dass bei Übereinstimmung dessen, was der Gesetzgeber mit dem jeweiligen Gesetz bezweckt hat und den dazu hervorgebrachten Vorgaben der Rechtsdogmatik, ein ideales System für die Rechtsanwendung gefunden wäre. Das ist jedoch nur teilweise richtig und auch nur unter der Prämisse, dass es sich nicht um ein dynamisches System handeln soll. Denn Abweichungen auf der einen Ebene können zu Verbesserungen und Anpassungen auf der anderen Ebene führen. Beide Ebenen sind jeweils weiteren sich wandelnden Einflüssen ausgesetzt, die auf die andere Ebene übertragen werden können. Das bedeutet, Abweichungen sind nicht nur negativ zu bewerten. Einerseits können sie für Schwächen auf der einen Ebene stehen, andererseits aber für Entwicklungsoffenheit und Dynamik. Genauso ist die auf den ersten Blick positiv zu bewertende Übereinstimmung zwischen den Ebenen nicht unbedingt das Ziel. Sie steht zwar einerseits für ein funktionierendes System, in dem sich Gesetzgeber und Rechtsdogmatiker einig sind. Andererseits kann eine solche Übereinstimmung bei der Gegenüberstellung der Ebenen bedeuten, dass jegliche Entwicklung in diesem Bereich eingeschlafen ist. Dies gilt es bei der folgenden Gegenüberstellung der Relevanz des Einheitsgedankens auf Ebene der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik zu beachten. Sofern auf beiden Ebenen der Einheitsgedanke in Bezug auf das Prozessrecht nachgewiesen ist, desto eher besteht Raum für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Sofern auf beiden Ebenen der Gedanke eines einheitlichen Prozessrechts nicht nachgewiesen werden kann, besteht kein unmittelbares Potenzial für eine einheitliche Prozessrechtslehre. Wird lediglich auf einer der beiden Ebenen der Nachweis erbracht, dass es Tendenzen gibt, das Prozessrecht einheitlich zu betrachten, besteht dennoch die Möglichkeit, dass sich eine allgemeine Prozessrechtslehre entwickelt, indem die eine Ebene von der anderen Ebene gestalterisch beeinflusst wird.

A. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren Das Musterbeispiel der Untersuchung stellt der Rechtsschutz bei überlangen Verfahren dar. Es spiegelt deutlich einen „doppelten Einheitsgedanken“ wider. Der Gesetzgeber gestaltet die zentralen Regelungen nach Regelungsmodell 3. Er betont, eine einheitliche Regelung für alle Verfahrensordnungen schaffen zu wollen. Dies zeichnet sich auf rechtsdogmatischer Ebene ebenfalls deutlich ab. Diese Erkenntnis wird auch durch die meisten Referenzquellen validiert.



D. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten281

B. Mediation Der Gesetzgeber regelt das Güterichtermodell und die Verweisung auf die Mediation einheitlich in der ZPO. Insofern verwendet er Regelungsmodell 1. Die Verweisungsnormen in den öffentlichen Verfahrensordnungen werden parallel angepasst. Daneben erlässt er ein neues insgesamt auf die außergerichtliche Mediation anwendbares MedG und greift demnach auf Regelungsmodell 3 zurück. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zeigt sich, dass eine einheitliche Regelung in allen Verfahrensordnungen gewollt ist. Auf rechtsdogmatischer Ebene überwiegt der Einheitsgedanke bei den Aufsätzen ebenfalls. Auf Rechtsprechungsebene finden sich nur wenige Referenzquellen und die gefundenen Entscheidungen zeichnen ein gemischtes Bild. So orientieren sich die Entscheidungen in vielen Fällen an der Gesetzgebungssystematik und gehen nur auf die ZPO und die im Mittelpunkt stehende Verfahrensordnung ein. In diesen Fällen wird nicht auf die Nachbardisziplinen eingegangen. Dies zeigt sich deutlich für die verwaltungsprozessuale Rechtsprechung.

C. Videokonferenztechnik Auf gesetzgeberischer Ebene sind die untersuchten Regelungen des VideokonfIntensG von Regelungsmodell 2 Variante 2 geprägt. Es wurde herausgearbeitet, dass der Gesetzgeber trotz der getrennten Regelungen hier den Einheitsgedanken verfolgt. Auf rechtsdogmatischer Ebene ist man diesbezüglich etwas zurückhaltender. Zum einen wurde das prozessuale Institut im maßgeblichen Untersuchungszeitraum sehr wenig rezipiert. Zum anderen sind in der Rechtsprechung kaum Ansätze einer prozessordnungsübergreifenden Regelung vorhanden. In der zivil- und sozialprozessualen untersuchten Rechtsprechung liegen sie nicht vor. Das bedeutet, die Rechtsprechung richtet sich stärker nach der tatsächlichen Regelungssystematik als nach dem im Hintergrund stehenden Einheitsgedanken des Gesetzgebers. Die Aufsätze weisen hingegen ebenfalls prozessordnungsübergreifende Ansätze auf. Somit gibt es Divergenzen zwischen der gesetzgeberischen Ebene und der rechtsdogmatischen Ebene.

D. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten Dem elektronischen Rechtsverkehr liegt auf Ebene der Gesetzgebung der Einheitsgedanke zugrunde. Anwendung findet vor allem Regelungsmodell 2 Variante 2 und hinsichtlich der Regelungen zum Inkrafttreten auch Regelungsmodell 3. Auch auf dogmatischer Ebene überwiegt der Einheitsgedanke

282 § 5 Interdependenzen zwischen der Gesetzgebung und der Rechtsdogmatik

bei den untersuchten Aufsätzen. Hinsichtlich der mittlerweile auch existenten Rechtsprechung besteht ebenfalls Potenzial, sich durch den Einheitsgedanken inspirieren zu lassen.

E. Zusammenleitung Auf allen Ebenen der untersuchten prozessualen Institute lässt sich der Einheitsgedanke in Bezug auf das Prozessrecht nachweisen. Das bedeutet, sie bieten Potenzial für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Dabei ist es nicht durch eine bestimmte Gesetzessystematik bedingt, dass auf Ebene der Prozessrechtsdogmatik der Einheitsgedanke verfolgt wird. Auffällig ist lediglich, dass die Rechtsprechung vor allem, wenn Regelungsmodell 2 Variante 2 schwerpunktmäßig durch den Gesetzgeber verwendet wird, teilweise von einer Einheitsbetrachtung des Prozessrechts absieht. Dies konnte bei der Rechtsprechnung zum VideokonfIntensG nachgewiesen werden. Es kommt zwar auch bei der Verwendung von Regelungsmodell 1 im Bereich des MediationsuaFöG vor, aber nur bei einem Datensatz. Das heißt, die Rechtsprechung neigt verstärkt dazu, sich an den Regelungen der Verfahrensordnung ihres Gerichtszweiges zu orientieren, sofern sie eine eigenständige Regelung beinhaltet. Dass sich der Einheitsgedanke auf den verschiedenen Ebenen nachweisen lässt, kann unterschiedliche Gründe haben. Prinzipiell wurden prozessuale Institute untersucht, die Potenzial für eine einheitliche Betrachtungsweise bieten. Das heißt jedoch nicht, dass eine solche tatsächlich erfolgen muss. Wenn der Einheitsgedanke nachgewiesen werden kann, kann dies der Historie der Regelung geschuldet sein oder der ausführlicheren Rezeption des prozessualen Instituts in einer anderen Verfahrensordnung. Grund dafür kann aber auch einfach der Wille zu einer einheitlichen Auslegung sein. Dies ist plausibel, wenn man an die Vorteile denkt, die eine solche einheitliche Auslegung und auf ihr basierend eine allgemeine Prozessrechtslehre bietet. So könnte der Nachweis des Einheitsgedankens auf Gesetzgebungsebene den Schluss zulassen, dass bei streitigen Rechtsfragen und bei Abweichung der Auslegung der einheitlich zu betrachtenden Regelungen voneinander eine Anrufung des GmS-OGB möglich sein soll.21 Darüber hinaus dient die einheitliche Interpretation vor allem einer Vereinfachung des 21  Chatziathanasiou/Hartmann, „Allgemeines Prozessrecht“ – Bausteine des Verfahrensrechts in ZPO, VwGO und StPO – Teil 1, Jura 2015, 911 (912); kritisch dazu Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 453; siehe dazu bereits § 3 E.



E. Zusammenleitung283

Rechts.22 Experten für eine bestimmte Prozessrechtsordnung können ihr Wissen auch auf andere Prozessrechtsordnungen übertragen.23 In der Praxis führt dies auch zur Verfahrensbeschleunigung und zur Vermeidung von Kosten.24 Es lässt zudem weitere Schlüsse zu, dass der Einheitsgedanke sich auf beiden Ebenen schwerpunktmäßig abzeichnet. Zum einen wird bestätigt, dass es nicht zwingend erforderlich ist, ein allgemeines, für alle Verfahrensordnungen geltendes Gesetz zu erlassen, um eine allgemeine Prozessrechtslehre zu betreiben. Wichtiger ist stattdessen eine einheitliche Methodik.25 Daneben wird nachgewiesen, dass die Themenkomplexe der Digitalisierung und der Europäisierung Potenzial für eine allgemeine Prozessrechtslehre bieten. Die Untersuchung selbst beschränkt sich zwar nur auf abgegrenzte Regelungsbereiche, für ihre Übertragbarkeit spricht jedoch, dass die genannten Oberbegriffe in vielen Fällen als Gründe für eine einheitliche Auslegung verwendet werden.

22  Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (162). 23  Im Umkehrschluss dazu Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 453, der in der Spezialisierung die Auflösung der einheitlichen Rechtsordnung sieht. 24  Lüke, Von der Notwendigkeit einer Allgemeinen Prozeßrechtslehre, ZZP 107 (1994), 145 (162). 25  So Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., 2008, S. 10.

§ 6 Zusammenfassung Zu § 2 I. Das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre wurde in der Wissenschaft vor allem in den 1950er und 1970er Jahren thematisiert. Auch davor und danach war es immer wieder Thema von wissenschaftlichen Tagungen und Aufsätzen. II.  Es gab und gibt viele unterschiedliche Ansätze, das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre zu definieren. Die Definitionen unterscheiden sich danach, welches Erkenntnisinteresse verfolgt wird. III.  Der Arbeit liegt eine weite Definition der allgemeinen Prozessrechtslehre zugrunde, welche sich an Steinberg und Bülow orientiert. Diese verstehen den Prozess als Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten und dem Gericht und das Prozessrecht als die auf dieses Rechtsverhältnis bezogenen Rechtsnormen, die auf eine allgemeine Grundregel für alle analysierten Prozessrechtsordnungen zurückgeführt werden sollen. IV.  Charakteristisch für das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre sind ihre Bindungselemente. Anhand der Bindungselemente können die Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den Prozessrechtsordnungen abgebildet werden. Bindungselemente können beispielsweise prozessuale Funktionen, Maximen oder auch Leitbegriffe sein. V.  Den Bindungselementen kommt unterschiedliche Bindungswirkung zu. Die Justizgrundrechte entfalten die größte Bindungswirkung, da sie im Grundgesetz normiert sind und zwingend Beachtung finden müssen. Die Verfahrensgrundsätze sind hingegen Schöpfungen der Rechtsdogmatik, die jenseits ihrer Positivierung im Gesetz nicht unmittelbar rechtsverbindlich sind. VI.  Anhand der Bindungselemente lässt sich ein allgemeiner Teil der Prozessrechtsordnungen herausarbeiten. Dies ist der Kern der allgemeinen Prozessrechtslehre. VII.  Sofern sich aufgrund der Bindungselemente ergibt, dass einheitliche Gedanken hinter den Regelungen in den einzelnen Prozessrechtsordnungen stehen, so ist der Anwendungsbereich für eine allgemeine Prozessrechtslehre eröffnet.



§ 6 Zusammenfassung285

VIII.  Gleichzeitig vermag die allgemeine Prozessrechtslehre aufzuzeigen, inwieweit die hinter den Regelungen der einzelnen Prozessrechtsordnungen stehenden Erwägungen voneinander abweichen und an welchen Stellen die Besonderheiten der einzelnen Prozessrechtsordnungen betont werden. Zu § 3 Zur Verwaltungsprozessordnung I.  In Deutschland gab es seit den 1950er Jahren Bestrebungen, die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zu vereinheitlichen. Grundlage hierfür sollte eine einheitliche Prozessrechtsordnung für VwGO, FGO und SGG sein. Der entsprechende Gesetzesentwurf scheiterte daran, dass eine Einigung im Streit um die Zahl der Sondervorschriften für die einzelnen Prozessrechtsordnungen nicht erzielt werden konnte. II.  In jüngerer Zeit gab es zwei weitere Ansätze zur Vereinheitlichung des Prozessrechts. Einer dieser Ansätze bezog sich auf die Schaffung einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit. Um die Sozialgerichtsbarkeit zu entlasten, wurde eine zeitlich begrenzte Zusammenlegung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit ermöglicht. Hiervon hat lediglich Bremen Gebrauch gemacht. Alle anderen Beschlüsse, Gesetzesanträge und Gesetzesentwürfe konnten sich letztendlich nicht durchsetzen. Der zweite Ansatz initiierte ein einheitliches Gerichtsverfassungs- und Prozessrecht. Dieser Ansatz war Thema auf der 76. Justizministerkonferenz im Jahre 2006, wurde jedoch nicht weiter verfolgt. III.  Die jüngere Gesetzgebungsgeschichte sowie die politischen Initiativen zeigen, dass der Einheitsgedanke in Bezug auf das Prozessrecht und somit das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre weiterhin eine Rolle spielt. Zu den Regelungsmodellen des Gesetzgebers I.  Der Gesetzgeber hat nur eine begrenzte Anzahl an Möglichkeiten, prozessordnungsübergreifende Regelungen umzusetzen. II.  Regelungsmodell 1 basiert auf dem Vorrang der ZPO als Mutter aller Verfahrensordnungen. Das zu regelnde prozessuale Institut wird in die ZPO eingefügt. In VwGO, FGO und SGG wird über die Generalverweisungen oder sonstige Verweisungen die unmittelbare oder entsprechende Anwendbarkeit der ZPO-Regelung angeordnet. III.  Bei Regelungsmodell 2 wird ein prozessuales Institut in den jeweiligen Prozessrechtsordnungen gesondert geregelt. Bei der Variante 1 dieses

286

§ 6 Zusammenfassung

Regelungsmodells erfolgt die Regelung völlig eigenständig. Es gibt keine Verknüpfung mit den anderen Prozessrechtsordnungen. Bei Variante 2 des Regelungsmodells 2 verlaufen die Regelungen in den einzelnen Prozessrechtsordnungen parallel und weitgehend wortlautgleich. IV.  Bei Regelungsmodell 3 wird für Vorschriften, welche in allen Prozessrechtsordnungen gelten sollen, ein eigenes Gesetz geschaffen. Dessen Vorschriften finden unmittelbar oder kraft Verweisung in den einzelnen Prozessrechtsordnungen Anwendung. Ein Beispiel für ein solches Gesetz ist das GVG. Zu diesem Regelungsmodell würde auch die sogenannte große Lösung, die Schaffung einer einheitlichen Prozessrechtsordnung aus den bestehenden Prozessrechtsordnungen und dem GVG, zählen. Auch die kleine Lösung, die Schaffung einer einheitlichen Prozessrechtsordnung für die öffentlich-recht­ lichen Fachgerichtsbarkeiten, wäre an dieser Stelle einzuordnen. Zu den Verweisungstechniken des Gesetzgebers I.  Der Gesetzgeber sollte sich an den Empfehlungen der Gesetzgebungslehre orientieren. Diese betreffen insbesondere Vorgaben in Bezug auf die Gesetzgebungs- bzw. Verweisungstechnik. Die Verweisungen verringern den Umfang der Gesetze und zeigen Zusammenhänge auf. Sie dürfen aber die Lesbarkeit der Gesetze nicht beeinträchtigen. Relevant wird die Verweisungstechnik vor allem im Zusammenhang mit Regelungsmodell 1. II.  Die ZPO verweist auf das GVG. Die VwGO, die FGO und das SGG verweisen auf das GVG und die ZPO. Das SGG verweist zudem auf die VwGO. III.  Die Verweisungen des SGG auf die VwGO beruhen auf jüngeren Gesetzesänderungen zwischen den Jahren 2001 und 2011. Die meisten dieser Regelungen stehen im Zusammenhang mit den Gerichtskosten. IV.  Hinsichtlich der Verweisungen in der VwGO, der FGO und dem SGG auf das GVG und die ZPO wird zwischen Generalverweisungen und Spezialverweisungen differenziert. V.  Generalverweisungen finden sich in § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO sowie § 202 Satz 1 SGG. Sie sind subsidiär anwendbar und dienen dazu, die Lücken in den Verfahrensordnungen zu schließen. Damit die Normen der ZPO im verwaltungsgerichtlichen, finanzgerichtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung finden, darf es im Zusammenhang mit der jeweiligen Norm keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten geben. Das gilt auch für die Anwendbarkeit der Normen des GVG in der VwGO und im SGG. Auf der Rechtsfolgenseite werden die Normen der ZPO und des GVG jeweils entsprechend angewandt. Dies impliziert, dass sie Modifikationen zugänglich sind.



§ 6 Zusammenfassung287

VI.  Spezialverweisungen schreiben die Anwendung bestimmter Vorschriften des GVG und der ZPO in den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen zwingend vor. Sie können nochmals in Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt und Spezialverweisungen ohne ersichtliche Voraussetzungen unterteilt werden. VII.  Spezialverweisungen mit Abweichungsvorbehalt finden Anwendung soweit sich aus dem verweisenden Gesetz nichts anderes ergibt. Beispiele sind § 82 FGO, § 118 Abs. 1 SGG und § 98 VwGO, die auf bestimmte Vorschriften in der ZPO zur Beweisaufnahme verweisen. VIII. Bei Spezialverweisungen ohne Voraussetzungen auf das GVG und die ZPO in den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen wird das Bestehen einer Regelungslücke vorausgesetzt. Sie finden ohne weitere diesbezügliche Prüfung Anwendung. Beispiele sind § 53 Abs. 2 FGO, § 63 Abs. 2 SGG und § 56 Abs. 2 VwGO, die die Zustellungsvorschriften der ZPO in den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen für anwendbar erklären. Zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren auf Gesetzgebungsebene I. Der Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren war ursprünglich nicht einheitlich normiert und daher sehr unübersichtlich geregelt. II.  Bei Gefährdung oder Verletzung des Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer bestand lediglich die Möglichkeit, Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen, Verfassungsbeschwerde zu erheben oder einen Amtshaftungsanspruch geltend zu machen. III.  Die Effektivität dieser Möglichkeiten ist sehr begrenzt. Bei der Dienstaufsichtsbeschwerde besteht kein Anspruch auf das Tätigwerden. Die Verfassungsbeschwerde ist ein subsidiärer Rechtsbehelf und sieht keine Möglichkeit der Wiedergutmachung vor. Der Amtshaftungsanspruch setzt wiederum ein Verschulden voraus. Er ermöglicht keine Kompensation immaterieller Nachteile. Dennoch wurde dem Einheitsgedanken im Prozessrecht Rechnung getragen, da diese Möglichkeiten in gleicher Weise in ZPO, VwGO, FGO und SGG bestehen. IV.  Als weitere Rechtsschutzmöglichkeit wurde teilweise die außerordentliche Beschwerde aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung zugelassen. Sie war in der Zivilgerichtsbarkeit weiter verbreitet als in den öffentlich-recht­ lichen Fachgerichtsbarkeiten. Dass die außerordentliche Beschwerde überhaupt zugelassen wurde, zeigt die Präsenz des Einheitsgedankens im Prozessrecht. Die unterschiedlichen Anerkennungsgrade in den einzelnen Gerichtsbarkeiten sprechen wiederum für eine Ausdifferenzierung.

288

§ 6 Zusammenfassung

V.  Das ÜberlVfRSchG resultierte aus Vorgaben des EGMR. Dieser hatte Deutschland dazu verurteilt, einen wirksamen Rechtsbehelf zu schaffen, mit dem sich Betroffene gegen die überlange Verfahrensdauer vor Gericht wehren können sollten. Es sollte Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK Rechnung getragen werden. VI. Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) führte dazu, dass konkrete Regelungen zur Sanktion einer unangemessenen Verfahrensdauer in den §§ 198–201 GVG eingeführt wurden. Diese Regelungen gelten unmittelbar für die ZPO und werden über § 173 Satz 2 VwGO, § 155 Satz 2 FGO und § 202 Satz 2 SGG in die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten übernommen. Dabei werden Modifikationen hinsichtlich der Gerichtszuständigkeit und der anwendbaren Normen vorgenommen. Besonderheiten gelten vor allem für die FGO, da der BFH erstinstanzlich tätig wird. Daneben wurde eine Regelung zur Befangenheit des Richters in § 41 ZPO eingefügt, die über § 54 Abs. 1 VwGO, § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 60 Abs. 1 SGG in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen gilt. Durch eine Änderung des § 183 SGG sowie des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG wurde der im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens geltende Grundsatz der Kostenfreiheit für den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren ausgehebelt. VII.  Die ursprünglichen Möglichkeiten, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer zu erhalten, entsprachen Regelungsmodell 3. Dem Einheitsgedanken wurde modelltechnisch Rechnung getragen. Allerdings gab es keine einheitliche Rechtsanwendung. VIII.  Indem die maßgeblichen Regelungen im GVG verortet wurden, fand Regelungsmodell 3 Anwendung. Gleichzeitig wurde ein Schwerpunkt auf die ZPO gelegt. Dies ergibt sich aus der unmittelbaren Geltung der Regelungen des GVG für die ZPO. Um den Besonderheiten der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen Rechnung zu tragen, waren allerdings Anpassungen nötig. Lediglich hinsichtlich der Regelung zur Befangenheit in der ZPO wurde Regelungsmodell 1 angewandt. Dies geschah, weil umfangreiche Regelungen zur Befangenheit des Richters an dieser Stelle bereits normiert waren. Dennoch lag der Schwerpunkt auf Regelungsmodell 3. Die Einheitlichkeit der Verfahrensordnungen war aufgrund völkerrechtlicher Vorgaben gewollt. Das GVG fungiert in Bezug auf den Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren als allgemeiner Teil des Prozessrechts. Zur Mediation auf Gesetzgebungsebene I.  Vor dem Erlass des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung (MediationsuaFöG) waren



§ 6 Zusammenfassung289

die außergerichtliche, die gerichtsnahe und die gerichtsinterne Mediation voneinander zu unterscheiden. II.  Es fanden sich zahlreiche Regelungen zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung außerhalb der untersuchten Verfahrensordnungen, beispielsweise im FamFG oder in der BORA. Daneben gab es eine Regelung in § 278 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001. Die gerichtsinterne Mediation wurde hingegen auf § 278 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog in der Fassung vom 27.7.2001 gestützt. § 278 Abs. 5 ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 wurde durch das ZPO-RG eingefügt. III.  § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO sollte analog auf die gerichtsinterne Mediation im Zivil-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsprozess Anwendung finden. Dies wurde erst in den neueren Gesetzgebungsmaterialien betont. § 278 Abs. 1 Satz 2 ZPO war analog über die Generalverweisungsnormen sowohl im Verwaltungsgerichtsprozess als auch im Sozialgerichtsprozess anwendbar. IV.  Mit dem MedationsuaFöG wurde das MedG eingeführt, das die außergerichtliche Mediation regelte. Dieses orientiert sich vor allem hinsichtlich der Verwendung der Begrifflichkeiten an der ZPO. Es wurde auf Grundlage der Mediations-RL entwickelt. Dennoch wurden bei der Gesetzgebung auch die anderen Verfahrensordnungen berücksichtigt, beispielsweise bezüglich der Übergangsbestimmungen nach Art. 9 MedG. V. Ursprünglich war auch eine Regelung in § 15 GVG geplant, welche jedem Bundesland ermöglichen sollte, selbst über die Einführung einer gerichtsinternen Mediation zu entscheiden. Hierbei wurden nur die ZPO, die VwGO und das SGG berücksichtigt. Allerdings kam die Reglung nicht zustande, sodass es insofern bei der Einheitlichkeit der Verfahrensordnungen blieb. VI. Eine Regelung zur Befangenheit des Richters wurde in § 41 ZPO eingefügt, der über § 54 Abs. 1 VwGO, § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 60 Abs. 1 SGG auch für die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen gilt. Auch eine Regelung zur Protokollaufnahme im Rahmen der Güteverhandlung wurde in § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingefügt und über § 105 VwGO, § 94 FGO und § 122 SGG auch in den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten angewandt. Die in § 253 Abs. 3 ZPO eingefügten Änderungen zum Inhalt der Klageschrift sind hingegen wegen § 82 VwGO, § 65 FGO und § 92 SGG nicht auf die öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen übertragbar. Insofern wird deren Besonderheiten Rechnung getragen. VII.  In der ZPO wurde das Güterichtermodell in § 278 Abs. 5 ZPO integriert. In § 278a ZPO wurde die außergerichtliche Konfliktbeilegung normiert. Diese Regelungen finden aufgrund einer ausdrücklichen Ergänzung von § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO und § 202 Satz 1 SGG auch in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen Anwendung.

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§ 6 Zusammenfassung

VIII. In der Fassung nach dem ZPO-RG kam der Einheitsgedanke im Gesetzgebungsverfahren nicht zur Geltung. Die Regelungen zur Mediation wurden erst später auf Verwaltungsgerichts- und Sozialgerichtsprozess übertragen. Damit wurde ursprünglich Regelungsmodell 2 Variante 1 gewählt. IX.  Der Erlass des MediationsuaFöG folgte auf Grundlage der MediationsRL. Es wurde durch europäische Vorgaben beeinflusst. Hinsichtlich des MedG wurde Regelungsmodell 3 gewählt. Es handelt sich um einheitliche Regelungen der Mediation, die im Rahmen der Prozessrechtsordnungen auch auf den Güterichter angewendet werden sollen. Hinsichtlich der Neuregelungen in den Prozessrechtsordnungen wurde Regelungsmodell 1 angewandt, um den Einheitsgedanken zu betonen. Zunächst wurde die FGO nicht miteinbezogen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch entschieden, dass die Neuregelungen in der ZPO auch im finanzgerichtlichen Verfahren sinnvoll seien. Daher erfolgte eine gesetzgeberische Angleichung, die zu einer weiteren Angeleichung der Verfahrensordnungen in Bezug auf diesen Regelungskomplex führte. Lediglich hinsichtlich der Neuregelung in § 253 ZPO wurden die Besonderheiten der Verfahrensordnungen weiterhin betont. Zur Videokonferenztechnik auf Gesetzgebungsebene I.  Das prozessuale Institut der Videokonferenztechnik wurde im Rahmen des 2. FGOÄndG zunächst allein in der FGO geregelt. II. Im Rahmen des ZPO-RG fand die Videokonferenztechnik über einen neuen § 128a ZPO in der Fassung vom 27.7.2001 Eingang in die ZPO. Dieser wurde durch das JKomG modifiziert. Die Anwendbarkeit der Norm über die Generalverweisungen in VwGO und SGG wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht explizit thematisiert. III. Durch das Gesetz zur Intensivierung der Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (VideokonfIntensG) wurden nach dem Entwurf des Bundesrates parallele, nahezu wortlautgleiche Regelungen zur Videokonferenztechnik in § 128a ZPO, § 102a VwGO, § 91a FGO sowie § 110a SGG geschaffen. Dem Gesetz lag der Einheitsgedanke zugrunde. Unterschiede zwischen den Verfahrensordnungen ergaben sich lediglich aufgrund der Besonderheiten der Verfahrensordnungen. Beispielsweise musste in der VwGO, der FGO und dem SGG noch die Anwendbarkeit der jeweiligen Vorschriften auf Erörterungstermine explizit klargestellt werden. In § 110a Abs. 2 Satz 1 SGG wird zudem nicht der Beteiligte genannt, da die Beteiligtenvernehmung im Sozialgerichtsprozess kein förmliches Beweismittel darstellt. Daneben wurde in § 185 Abs. 1a GVG eine Regelung zur Videokonferenztechnik bei Hinzuziehung eines Dolmetschers eingefügt



§ 6 Zusammenfassung291

und so in diesem Fall eine einheitliche Regelung in allen Verfahrensordnungen erreicht. IV.  Bei der Einführung der Regelung in die FGO durch das 2. FGOÄndG fand Regelungsmodell 2 Variante 1 Anwendung. Der Finanzgerichtsprozess wurde isoliert betrachtet. V.  Bei der Einführung des § 128a ZPO durch das ZPO-RG wurde der Zivilprozess ebenfalls isoliert betrachtet. Regelungsmodell 2 Variante 1 wurde somit im Gesetzgebungsverfahren gewählt, auch wenn durch die Anwendbarkeit der Regelungen in VwGO und SGG über die Generalverweisungsnormen faktisch von Regelungsmodell 1 hätte ausgegangen werden können. Dies wurde im Gesetzgebungsverfahren zum ZPO-RG nicht thematisiert. VI.  Die Neuregelungen durch das VideokonfIntensG sollten der Digitalisierung Rechnung tragen. Vorrangig wurde Regelungsmodell 2 Variante 2 gewählt. Dasselbe Ergebnis hätte sich auch durch eine Änderung des § 128a ZPO und eine entsprechende Streichung der FGO-Normen zur Videokonferenztechnik ergeben. In diesem Fall hätte § 128a ZPO in den anderen Verfahrensordnungen über die Generalverweisungsnormen Anwendung finden können. Dies wäre eine Konstellation von Regelungsmodell 1 gewesen. Die eigenständigen Regelungen in den Verfahrensordnungen bedeuten keine Abkehr vom Einheitsgedanken. Die neuen Regelungen sollen durch die Parallelgesetze lediglich betont werden, um die Digitalisierung voranzutreiben. Im Hinblick auf die GVG-Regelung wurde Regelungsmodell 3 angewandt. Insofern bildet das GVG einen allgemeinen Teil für die analysierten Verfahrensordnungen. Zum elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten auf Gesetzgebungsebene I.  Bereits seit 2001 existieren Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr in der ZPO sowie in den anderen Verfahrensordnungen. II.  Durch das FormAnpG wurden Regelungen zur Einreichung elektronischer Schriftsätze bei Gericht in § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 eingeführt und aufgrund der Kritik des Bundesrates auch parallele, wortlautgleiche Regelungen in § 86a VwGO, § 77a FGO und § 108a SGG normiert. III.  Durch das JKomG wurde § 130a ZPO in der Fassung vom 13.7.2001 ergänzt. Ein neuer § 130b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 zum gerichtlichen elektronischen Dokument wurde eingefügt. Mit § 298 ZPO und § 298a ZPO jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 wurden Regelungen zum Aktenausdruck und zur elektronischen Akte geschaffen. In die VwGO wurden neue §§ 55a und 55b VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 eingefügt und § 86a

292

§ 6 Zusammenfassung

VwGO in der Fassung vom 13.7.2001 wurde aufgehoben. § 55a Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 entsprach mit einigen kleineren Unterschieden inhaltlich weitgehend § 130a Abs. 1– Abs. 3 ZPO in der Fassung vom 22.3.2005. § 55a Abs. 3 VwGO in der Fassung vom 22.3.2005 entsprach § 130b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005, ohne dass die Regelungsidentität in der Gesetzesbegründung offengelegt wurde. Inhaltlich entsprachen sich § 298 ZPO und § 298a ZPO jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 sowie § 55b ZPO in der Fassung vom 22.3.2005 weitgehend. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen wollte der Gesetzgeber bei der Aktenbearbeitung Einheitlichkeit erreichen. In der FGO wurden neue §§ 52a und 52b FGO jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 eingefügt und § 77a FGO in der Fassung vom 13.7.2001 gestrichen. Im SGG wurden neue §§ 65a und 65b SGG jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 eingefügt und § 108a SGG in der Fassung vom 13.7.2001 gestrichen. Die neuen Vorschriften in FGO und SGG waren Parallelregelungen zu denjenigen in der VwGO und nahmen auch auf die Gesetzesbegründung zur VwGO Bezug. IV. Durch das EAJEGuERVFöG vom 5.7.2017 wurden die Parallelvorschriften § 298a Abs. 1 Satz 4 ZPO, § 55b Abs. 1 Satz 5 VwGO, § 52b Abs. 1 Satz 5 FGO und § 65b Abs. 1 Satz 5 SGG in der Fassung vom 22.3.2005 inhaltlich übereinstimmend dahingehend ergänzt, dass durch öffentlich bekanntzumachende Verwaltungsvorschrift bestimmt werden kann, in welchen Verfahren Prozessakten elektronisch geführt werden. V. Durch das eIDAS-Druchführungsgesetz vom 18.7.2017 wurden in § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 55a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 VwGO, § 52a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 FGO und § 65a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 SGG jeweils in der Fassung vom 22.3.2005 die Verweisungen auf das Signaturgesetz gestrichen. VI. Die Vorschriften des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERVGerFöG) vom 10.10.2013 traten mehrheitlich zum 1.1.2018 in Kraft. § 130a ZPO wurde neu gefasst. Insbesondere wurde der Erlass einer Rechtsverordnung der Bundesregierung ermöglicht, in welcher die entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Übermittlung und Bearbeitung elektronischer Dokumente festgelegt werden sollten. Zudem wurden sichere Übermittlungswege für elektronische Dokumente definiert. In einem neuen § 130c ZPO wurde das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates elektronische Formulare einzuführen. Ein neuer § 130d ZPO statuiert die Pflicht zur Verwendung elektronischer Dokumente für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts bei der Übermittlung von vorbereitenden Schriftsätzen und Anlagen sowie schriftlich einzureichenden Anträgen und Erklärungen.



§ 6 Zusammenfassung293

VII.  Die Vorschrift des § 298 ZPO über den Aktenausdruck wurde geändert. Daneben wurden § 298a Abs. 2 und Abs. 3 ZPO durch einen neu gefassten § 298a Abs. 2 ZPO ersetzt. Dieser regelt die Übertragung von Papierakten in elektronische Dokumente. VIII. § 65a Abs. 1– Abs. 6 SGG wurde nahezu wortlautgleich zu § 130a ZPO gefasst. § 65a Abs. 2 SGG in der Fassung vom 22.3.2005 wurde zu § 65a Abs. 7 SGG. Er wurde § 130b ZPO entsprechend ergänzt. IX.  Dem neuen § 65b Abs. 2 – Abs. 5 SGG entsprechen weitgehend § 298 Abs. 1 – Abs. 4 SGG. § 65b Abs. 6 SGG entspricht weitgehend § 298a Abs. 2 ZPO, wobei in § 65b Abs. 6 SGG noch klargestellt werden musste, dass es um die elektronische Aktenführung geht. Die weiteren Änderungen des § 65b SGG entsprachen denen des § 298 ZPO und des § 298a ZPO. X. § 65c SGG wurde genau wie § 130c ZPO gefasst, lediglich die Binnenverweisungen und der Verordnungsgeber unterscheiden sich. Dieser ist bei § 65c SGG das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. XI. Der neue § 65d SGG entspricht weitgehend § 130d ZPO. Die Nutzungspflicht wurde auf vertretungsberechtigte Personen erweitert, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht. XII.  § 55c VwGO und § 52c FGO entsprechen bis auf wenige Anpassungen § 65c FGO. § 55d VwGO und § 52d FGO entsprechen ebenfalls bis auf wenige Anpassungen § 65d SGG. XIII. Die Landesregierungen konnten einheitlich die Fortgeltung von § 130a ZPO, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO bis längstens 31.12.2019 bestimmen. Sie konnten auch regeln, dass § 130d ZPO, § 65d SGG, § 55d VwGO und § 52d FGO bereits am 1.1.2020 oder 1.1.2021 in Kraft treten. Der Bund durfte bereits ab 1.1.2016 von seiner Verordnungsermächtigung in § 130a ZPO, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO Gebrauch machen. Grundsätzlich traten die Vorschriften des ERVGerFöG am 1.1.2018 in Kraft. § 130c ZPO, § 65c SGG, § 55c VwGO und § 52c FGO traten jedoch bereits am 1.1.2014 in Kraft. § 130d ZPO, § 65d SGG, § 55d VwGO und § 52d FGO treten erst am 1.1.2022 in Kraft, sofern die Länder nicht von ihrer Verordnungsermächtigung Gebrauch machen. XIV.  Die Entwicklung der zentral analysierten Vorschriften § 130a ZPO, § 130b ZPO, § 298 ZPO, § 298a ZPO, § 55a VwGO, § 55b VwGO, § 52a FGO, § 52b FGO, § 65a SGG, § 65b SGG erfolgte parallel. Sie wurde immer wieder durch europäische Vorgaben beeinflusst, beispielsweise durch die EG-Elektronische-Signaturen-RL und die eIDAS-VO. Von Anfang an waren die Regelugen an der ZPO orientiert. Die Regelungen in den öffentlichrechtlichen Verfahrensordnungen waren deckungs- und inhaltsgleich. Die

294

§ 6 Zusammenfassung

Gesetzesbegründungen orientierten sich an der Begründung zur VwGO. Diese orientierte sich an der Begründung zur ZPO. Regelungsmodell 2 Variante 2 fand von Anfang an Anwendung. XV.  Hintergrund des ERVGerFöG war es, die Digitalisierung voranzutreiben und flächendeckende Regelungen für den elektronischen Zugang zur Justiz einzuführen. Dazu wurde Regelungsmodell 2 Variante 2 angewandt. Die Vorschriften der ZPO gaben die Entwicklung vor. Die Vorschriften der öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen waren inhaltlich identisch und entwickelten sich parallel. Sie waren auch weitgehend inhaltsgleich mit den Regelungen in der ZPO. In der ZPO weicht vor allem der Standort der Normen von demjenigen in den Parallelvorschriften in den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen ab. In den Begründungen der Regelungen wurde jeweils auf die ZPO Bezug genommen. Dem Einheitsgedanken wurde insofern Rechnung getragen. Dazu trägt auch die einheitliche Regelung zum Inkrafttreten der Parallelvorschriften in den unterschiedlichen Verfahrensordnungen bei. Dadurch, dass die Regelung in allen Verfahrensordnungen parallel erfolgte, wurde sie besonders betont. Zum Einheitsgedanken von Prozessrecht auf gesetzgeberischer Ebene und zur Entwicklung von Modelltheorien I.  Der Einheitsgedanke wird bei der Betrachtung aller prozessualen Institute auf Gesetzgebungsebene relevant. Er manifestiert sich in der Verwendung von Regelungsmodell 1, Regelungsmodell 2 Variante 2 und Regelungsmodell 3. Die Dominanz eines bestimmten Modells lässt sich nicht feststellen. II. Regelungsmodell 1 wurde oft gewählt. Dies resultiert wohl aus der langen dogmatischen Tradition der ZPO, der Einfachheit dieser Gesetzgebungstechnik und der Tatsache, dass die Regelungen entsprechend der Vorgaben einer guten Gesetzgebung nicht unnötig wiederholt werden. Es handelt sich um das vorrangig im Rahmen des MediationsuaFöG gewählte Regelungsmodell. III. Regelungsmodell 2 Variante 1 wurde hinsichtlich der betrachteten prozessualen Institute wenig genutzt. Es wurde lediglich herangezogen, um den Besonderheiten der Verfahrensordnungen Rechnung zu tragen. IV.  Regelungsmodell 2 Variante 2 wurde zumeist gewählt, um die entsprechenden Regelungen zu betonen und deren Anwendbarkeit in allen Verfahrensordnungen klarzustellen. Es war dabei nicht das Ziel, eine eigenständige Entwicklung der Regelungen zu forcieren. Diesem Regelungsmodell entsprechen die neu eingeführten Regelungen durch das VideokonfIntensG und das



§ 6 Zusammenfassung295

ERVGerFöG. Es geht also vor allem um Regelungen, welche die Digitalisierung vorantreiben sollen. V. Regelungsmodell 3 fand zumeist Anwendung, wenn die Regelungen unmittelbar auf völker- oder europarechtlichen Vorgaben beruhten. Dies galt vor allem im Rahmen des ÜberlVfRSchG und des MediationsuaFöG. Die Regelungen wurden in vielen Fällen in einem auf alle Prozessrechtsordnungen anwendbaren Gesetz verortet wie beispielsweise dem MedG und dem GVG. Die These gilt nicht für Regelungen, die völker- und europarechtliche Vorgaben lediglich berücksichtigen und nicht direkt umsetzen. VI. Bei Regelungsmodell 1 kann das Zivilprozessrecht als allgemeiner Teil des Prozessrechts gesehen werden. Bei Regelungsmodell 3 werden weitere Gesetze außerhalb der Prozessrechtsordnungen eingeführt. Diese wirken als allgemeiner Teil des Prozessrechts. Es findet eine Einheitsgesetzgebung statt. Bei Regelungsmodell 2 Variante 1 besteht eine größere Wahrscheinlichkeit, dass sich die Regelungen innerhalb der Prozessrechtsordnungen eigenständig entwickeln. Das Modell bietet Raum für eine Sondertheorie. Dass in den Verfahrensordnungen eigenständige Regelungen bestehen, steht dem Einheitsgedanken jedoch nicht zwingend entgegen. Dies zeigt Regelungsmodell 2 Variante 2, in dessen Rahmen eine Parallelgesetzgebung erfolgt. Bei Verwendung dieses Modells ist ebenfalls der Einheitsgedanke präsent. VII.  Aus diesen Überlegungen konnten Modelltheorien zu den vorgestellten Modellen entwickelt werden. Diese bilden eine zentrale Errungenschaft der Arbeit. VIII.  Die zu „Regelungsmodell 1: Vorrang der ZPO“ gehörige Modelltheorie kann als „ZPO als allgemeiner Teil des Prozessrechts“ bezeichnet werden. IX.  Die zu „Regelungsmodell 2 Variante 1: Getrennte Regelungen – Eigenständige Regelungen“ gehörige Modelltheorie kann als „Sondertheorie“ bezeichnet werden. X.  Die zu „Regelungsmodell 2 Variante 2: Getrennte Regelungen – Parallele Regelungen“ gehörige Modelltheorie kann als „Parallelgesetzgebung“ bezeichnet werden. XI.  Die zu „Regelungsmodell 3: Einheitliches Gesetz“ gehörige Modelltheorie kann als „Einheitsgesetzgebung“ bezeichnet werden.

296

§ 6 Zusammenfassung

Zu § 4 Zur computergestützten Textanalyse I.  Der Einheitsgedanke im Prozessrecht und damit die Grundlage für eine allgemeine Prozessrechtslehre kann auf rechtsdogmatischer Ebene mittels einer computergestützten Textanalyse nachgewiesen werden. II.  Der Textanalyse liegt der Gedanke zugrunde, dass die Autorinnen und Autoren ihre zuvor erworbenen Vorstellungen von der Einheit des Prozessrechts bewusst oder unbewusst in die Textproduktion miteinfließen lassen. III.  Einfallstore sind das Vorverständnis und prozessuale Leitbilder. Beim Vorverständnis handelt es sich um dem endgültigen Verstehensprozess vorgelagerte Vorstellungen, die sich anhand derselben Kriterien identifizieren lassen. Das Leitbild ist vereinfacht dargestellt konkreter als das Vorverständnis. Beim Vorverständnis erkennt der Verfasser, dass es Zusammenhänge zwischen der Auslegung der prozessualen Institute gibt. Das Leitbild präzisiert seine Vorstellungen von diesen Zusammenhängen bereits. IV. Die formale Textanalyse wird durch die zunehmende Digitalisierung erleichtert. Immer mehr Quellen sind online verfügbar und damit einer computergestützten Textanalyse unmittelbar zugänglich. V.  Die ausgewerteten Daten wurden anhand ihrer digitalen Verfügbarkeit ausgewählt. Zur Datengewinnung wurden 21 aktuelle, online verfügbare Kommentare zu den relevantesten Regelungen des ÜberlVfRSchG, des MediationsuaFöG, des VideokonfIntensG und des ERVGerFöG in den Fassungen bis einschließlich 2017 analysiert. Dabei wurden der Universität Würzburg sowie allgemein online zugängliche Aufsätze und Entscheidungen zu den jeweiligen Neuregelungen im Jahr ihrer Verkündung berücksichtigt. Diese wurden jeweils in zivilprozessuale, verwaltungsprozessuale, finanzprozessuale und sozialprozessuale Aufsätze und Entscheidungen unterteilt. Bei den Aufsätzen gab es daneben noch solche, die sich mit dem jeweiligen prozessualen Institut allgemein befassen. VI. Es wurden insgesamt 295 Quellen erfasst, von denen 275 Quellen verwertbar waren. VII. Die computergestützte Textanalyse wurde in Form einer KeywordAnalyse durchgeführt. Für diese wurden Schlüsselwörter ausgewählt, die sich eindeutig bestimmten Prozessrechtsordnungen zuordnen ließen. Es handelte sich um zivilprozessuale (Themengruppe 1), verwaltungsprozessuale (Themengruppe 2), finanzprozessuale (Themengruppe 3) und sozialprozessuale (Themengruppe 4) Schlüsselwörter sowie Schlüsselwörter, die sich generell den öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen zuordnen lassen



§ 6 Zusammenfassung297

(Themengruppe 5). Die Schlüsselwörter wurden weiter nach den Kategorien Gericht, Quelle, Vorschrift und Maxime unterteilt. VIII. Es wurde in den nach prozessualen Instituten, Aufsätzen und Entscheidungen unterteilten Texten nach den Schlüsselwörtern gesucht. Bei den Aufsätzen erfolgte eine getrennte Suche in Texten und Fußnoten. IX. Die Verwendung von Schlüsselwörtern einer anderen Themengruppe in einem Aufsatz zu einer bestimmten Themengruppe lässt darauf schließen, dass das Prozessrecht als Einheit gesehen wird oder dass ein Bewusstsein für eine entsprechende Ausgestaltung des untersuchten prozessualen Instituts in den anderen Prozessrechtsordnungen besteht. In diesen Fällen existiert eine Grundlage für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Die Suche bildet insofern eine Tendenz ab. Sofern keine Schlüsselwörter anderer Themengruppen gefunden werden als der Themengruppe, welcher der Text zugeordnet wird, so lässt dies auf eine isolierte Betrachtung der Prozessrechtsordnungen schließen. X.  Für die Auswertung der Ergebnisse galt Folgendes: Wenn in mindestens fünfzig Prozent der zu einem prozessualen Institut jeweils betrachteten Aufsätze und Entscheidungen Schlüsselwörter anderer Themengruppen vorkamen als der derjenigen Themengruppe, welcher die Texte zugeordnet waren, wurde dies als Tendenz gesehen, das Prozessrecht als Einheit zu betrachten. Zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren auf rechtsdogmatischer Ebene I.  Für die Neuerungen durch das ÜberlVfRSchG wurden 194 Quellen gefunden. Die wichtigsten Neuerungen erfolgten im GVG, aber auch in der ZPO. Sofern in diesem Zusammenhang Prozessrecht isoliert betrachtet würde, müssten in den Quellen neben Schlüsselwörter der Themengruppe zu der die Quellen selbst gehören in geringem Umfang auch Schlüsselwörter der Themengruppe 1 vorkommen. In verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Quellen müssten auch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 gefunden werden. Bei den allgemeinen Aufsätzen war zu erwarten, dass neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 mindestens Schlüsselwörter einer weiteren Themengruppe vorkommen. II. In den Aufsätzen und Entscheidungen finden sich in allen Bereichen überwiegend Tendenzen, nicht nur auf die in der Hypothese zugrunde gelegten Schlüsselwörter, sondern auch auf Schlüsselwörter der nicht unmittelbar im Fokus stehenden Verfahrensordnungen zurückzugreifen. Die unerwarteten Schlüsselwörter sind hauptsächlich den Kategorien Quelle und Gericht zuzu-

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§ 6 Zusammenfassung

ordnen. Dies bestätigt die Tendenz, Gerichtsentscheidungen und Quellen zu anderen Prozessrechtsordnungen heranzuziehen. Zur Mediation auf rechtsdogmatischer Ebene I.  Für die Analyse der Quellen zu den Neuregelungen durch das MediationsuaFöG wurden 48 Quellen gefunden. Zu erwarten war, dass bei einer prozessordnungsinternen Betrachtung in den Quellen Schlüsselwörter der Quelle gefunden werden, der sie zugeordnet sind. In den verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Quellen können daneben noch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 vorkommen. Da die Regelungen hauptsächlich in der ZPO niedergeschrieben sind und über die Generalverweisungen in den anderen Verfahrensordnungen Anwendung finden, waren daneben zusätzlich Schlüsselwörter der Themengruppe 1 zu erwarten. In den allgemeinen Aufsätzen waren neben Schlüsselwörtern der Themengruppe 1 mindestens Schlüsselwörter einer weiteren Themengruppe zu erwarten. II.  In den Aufsätzen finden sich überwiegend Schlüsselwörter anderer als der erwarteten Themengruppen. In den meisten analysierten verwaltungsund sozialprozessualen Entscheidungen wird den Erwartungen entsprechend vorrangig jeweils auf zivilprozessuale und verwaltungsprozessuale beziehungsweise zivilprozessuale und sozialprozessuale Schlüsselwörter zurückgegriffen. In den sozialgerichtlichen Entscheidungen werden auch verwaltungsprozessuale Schlüsselwörter verwendet. Zivil- und finanzprozessuale Entscheidungen wurden nicht gefunden. Zur Videokonferenztechnik auf rechtsdogmatischer Ebene I.  Zur Analyse der Quellen zu den Neuregelungen des VideokonfIntensG wurden nach den aufgestellten Kriterien 7 Quellen gefunden. Es war zu erwarten, dass Aufsätze und Entscheidungen nur Schlüsselwörter der eigenen Themengruppe enthalten. In den verwaltungs-, finanz- und sozialprozessualen Quellen können daneben noch Schlüsselwörter der Themengruppe 5 vorkommen. In den allgemeinen Aufsätzen können Schüsselwörter mehrerer unterschiedlicher Themengruppen vorkommen. II. In den untersuchten Aufsätzen finden sich Schlüsselwörter mehrerer Themengruppen. Für den Sozialgerichtsprozess stellte die Videokonferenztechnik tatsächlich eine neue Entwicklung dar, sodass sich die Dogmatik auch hiermit befasste. Zivil-, verwaltungs- und sozialprozessuale Aufsätze wurden nicht gefunden. In den finanzprozessualen Entscheidungen finden sich Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen, in den zivil- und sozialprozessualen Entscheidungen hingegen nicht. Für die zivilprozessualen Ent-



§ 6 Zusammenfassung299

scheidungen lässt sich dies mit der lange bestehenden Dogmatik zur Videokonferenztechnik in der ZPO erklären. Für die sozialprozessuale Entscheidung kann gefolgert werden, dass insofern das sozialgerichtliche Verfahren isoliert betrachtet wird. Verwaltungsprozessuale Entscheidungen konnten nicht gefunden werden. Zum elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten auf rechtsdogmatischer Ebene I.  Um die Neuregelungen durch das ERVGerFöG zu analysieren, wurden 29 Aufsätze gefunden. Bei einer isolierten Betrachtung wären in den Quellen lediglich Schlüsselwörter der zu der jeweiligen Verfahrensordnung gehörigen Themengruppe zu erwarten. In den verwaltungs-, finanz- und sozialprozes­ sualen Quellen können daneben gegebenenfalls Schlüsselwörter der Themengruppe 5 vorkommen. In den allgemeinen Aufsätzen sind Schlüsselwörter mindestens zweier Themengruppen zu erwarten. II. In allen Aufsätzen wurden mehrheitlich Schlüsselwörter unerwarteter Themengruppen gefunden. Das bedeutet, es zeigen sich überwiegend Tendenzen, sich an anderen Prozessrechtsordnungen zu orientieren. Die gefundenen Entscheidungen ergingen nicht zu den Neuregelungen des ERVGerFöG, da diese zu dem Untersuchungszeitpunkt noch nicht in Kraft waren. Sie wurden daher nicht untersucht. Zum Einheitsgedanken von Prozessrecht auf rechtsdogmatischer Ebene I. Bei allen untersuchten Aufsätzen sowie bei den Entscheidungen zu ÜberlVfRSchG ließ sich die Tendenz nachweisen, Prozessrecht als Einheit zu betrachten. II.  Lediglich in den verwaltungsprozessualen Entscheidungen zum MediationsuaFöG und in den zivil- und sozialprozessualen Entscheidungen zum VideokonfIntensG konnte dies nicht bestätigt werden. In diesen Fällen waren jedoch wenig Referenzquellen vorhanden. II.  In den übrigen Entscheidungen zum MediationsuaFöG und zum VideokonfIntensG, zu denen Daten vorhanden waren, gelang der Nachweis der Tendenz, Prozessrecht als Einheit zu betrachten.

300

§ 6 Zusammenfassung

Zu § 5 I.  Die Gesetzgebung und die Rechtsdogmatik stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. II.  Die Rechtdogmatik muss sich an die Vorgaben des Gesetzgebers halten. Sofern der Gesetzgeber eine Einheitslösung anstrebt, muss die Rechtsdogmatik dem folgen. III. Die Sichtweise der Rechtsdogmatik hat auf nationaler Ebene anders als im Völkerrecht keinen unmittelbaren Einfluss auf die Gesetzgebung. Sie beeinflusst diese jedoch durch Gestaltungsvorschläge. IV.  Wird auf einer der beiden Ebenen in Bezug auf ein bestimmtes Regelungsthema der Einheitsgedanke im Prozessrecht nachgewiesen, so ist dies ein Indiz dafür, dass allgemeine Prozessrechtslehre betrieben werden kann. Beide Ebenen können sich gestalterisch beeinflussen. V.  Hinsichtlich des Rechtsschutzes bei überlangen Gerichtsverfahren lässt sich der Einheitsgedanke auf beiden Ebenen nachweisen. VI. Hinsichtlich der Regelungen zum MediationsuaFöG lässt sich der Einheitsgedanke auf Gesetzgebungsebene nachweisen. Auf rechtsdogmatischer Ebene gelingt der Nachweis in den Aufsätzen ebenfalls. In den Entscheidungen gelingt der Nachweis nur teilweise. Dies lässt sich gegebenenfalls durch die geringe Zahl der Referenzquellen erklären. VII.  Bei den Reglungen zum VideokonfIntensG gelingt der Nachweis des Einheitsgedankens auf gesetzgeberischer Ebene und auf rechtsdogmatischer Ebene hinsichtlich der Aufsätze, nicht jedoch hinsichtlich der Rechtsprechung. Dies ist gegebenenfalls durch die geringe Zahl der Referenzquellen zu erklären oder dadurch, dass in der Rechtsprechung der Einheitsgedanke nicht verfolgt wird. VIII. Bei den Regelungen zum ERVGerFöG lässt sich der Einheitsgedanke sowohl auf gesetzgeberischer Ebene als auch auf rechtsdogmatischer Ebene hinsichtlich der Aufsätze nachweisen. IX. Auf beiden Ebenen lässt sich in Bezug auf die prozessualen Institute der Einheitsgedanke überwiegend nachweisen, sodass Potenzial für eine allgemeine Prozessrechtslehre besteht. Es gibt kein favorisiertes Regelungsmodell, bei welchem der Einheitsgedanke häufiger auftritt. Dies gilt gerade für die Bereiche, die unmittelbar von Digitalisierung und Europäisierung geprägt sind. X. Gründe hierfür können die historische Entwicklung, die ausführliche Rezeption eines prozessualen Instituts in einer anderen Verfahrensordnung, aber auch der Wille zur Einheitsbetrachtung sein.

§ 7 Schlussbetrachtung und Ausblick Der Gedanke von der Einheit des Prozessrechts konnte auf gesetzgeberischer und rechtsdogmatischer Ebene erfolgreich nachgewiesen werden. Die analysierten prozessualen Institute bieten damit Potenzial für eine allgemeine Prozessrechtslehre. Dies gilt gerade für die aktuellen Themenbereiche der Europäisierung und der Digitalisierung. Das heißt, das Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre ist nicht gescheitert, sondern kann jederzeit wieder verstärkt in den Fokus der Prozessrechtswissenschaft gelangen. Was aber folgt daraus? Soll auf dieser Grundlage wieder versucht werden, ein Einheitsrecht in Form einer einheitlichen Prozessrechtsordnung zu schaffen? Oder soll versucht werden die Gerichtsbarkeiten zusammenzulegen? Diese Fragen standen nicht im Zentrum der Untersuchung, wurden aber als Konzepte, die sich nicht durchgesetzt haben, dargestellt. Für ihre vollständige Wiederbelebung scheint die Zeit noch nicht reif zu sein. Diese ist aber auch nicht notwendig, um dem Konzept der allgemeinen Prozessrechtslehre Rechnung zu tragen. Das Prozessrecht stellt aktuell ein ausdifferenziertes System mit bereits vielseitig erprobten Problemlösungsmechanismen bereit. Seine Funktionalität ist grundsätzlich gegeben. Das Prozessrecht abzuschaffen und durch ein Einheitsrecht zu ersetzen, würde mehr Aufwand verursachen als Nutzen bringen. In diesem Sinne sollte dem Grundsatz „Never change a running system!“ gefolgt werden. Im Gegensatz zu Umgestaltungen des Systems des Prozessrechts, ist es wichtig, das Bewusstsein für den Einheitsgedanken im Prozessrecht und das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre zu erweitern. Statt eines Einheitsrechts können einheitliche Methoden angewandt werden. Dies würde Spezialwissen übertragbar machen. Lösungsansätze für Probleme aus einer anderen Prozessrechtsordnung können übernommen werden und die Übernahme kann offengelegt werden. Eine weitere Sensibilisierung hierfür sollte in der juristischen Ausbildung erfolgen. Wird ein solcher Ansatz als nicht weitgehend genug eingeordnet, können außerhalb der bestehenden Prozessrechtsordnungen allgemeine, für alle Prozessrechtsordnungen gültige Gesetze zu bestimmten Themenbereichen geschaffen werden. Beispielsweise könnte ein „Digitalisierungsgesetz“ für den Bereich des Prozessrechts erlassen werden, in welchem die Formvorschriften

302

§ 7 Schlussbetrachtung und Ausblick

zum elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und die Vorschriften zur elektronischen Aktenführung für alle Prozessrechtsordnungen einheitlich geregelt werden. Auch solche bereichsspezifischen Anpassungen ohne Änderung des Gesamtsystems erscheinen möglich. Diese Arbeit kann einen Anstoß dafür geben, das Konzept einer allgemeinen Prozessrechtslehre wieder verstärkt in den Fokus zu nehmen, unabhängig davon, auf welche Weise. So bietet sie einen Anknüpfungspunkt in vielerlei Hinsicht. Auf gesetzgeberischer Ebene wurden zum Nachweis einer allgemeinen Prozessrechtslehre Regelungsmodelle dargestellt und zugehörige Modelltheorien entwickelt. Auf rechtsdogmatischer Ebene wurde eine Textanalyse durchgeführt. Sowohl die Modelltheorien als auch die Textanalyse schaffen Grundlagen für eine weitere Forschung im Bereich des Prozessrechts. Zum einen können noch weitere prozessuale Institute untersucht werden. Daneben kann die Untersuchung auf weitere Prozessrechtsordnungen ausgedehnt werden. Die Daten auf dogmatischer Ebene können noch kleinteiliger ausgewertet werden bis hin zur Analyse des Vorkommens einzelner Schlüsselwörter. Außerdem kann eine inhaltliche Analyse auch auf rechtsdogmatischer Ebene durchgeführt werden. Dies sind nur einige Ideen für ein weiteres Vorgehen. Jegliche Arbeiten, die thematisch anküpfen, sind begrüßenswert.

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4 A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) Der folgende Abschnitt soll einen Überblick darüber geben, wie die Idee für das Computerprogramm zur Textanalyse in § 4 entstanden ist, und die einzelnen Entwicklungsschritte nachzeichnen. Die Kenntnis dieser Einzelheiten, deren Darstellung weit über die Beschreibung der Methodik in § 4 hinausgeht, ist in dieser Detailliertheit für den Nachweis des Konzepts einer allgemeinen Prozessrechtslehre nicht erforderlich.1 Ihre Offenlegung dient jedoch dazu, die Ergebnisse der Textanalyse weitergehend zu verifizieren. Gleichzeitig wird deutlich, auf welche Weise interdisziplinäres Arbeiten für die Rechtswissenschaften einen Mehrwert liefern kann.2 Die Textanalyse bewegt sich im Schnittfeld von Computerlinguistik, Rechtsinformatik und Rechtswissenschaft.

I. Ursprungsgedanke Die ursprüngliche Idee, eine allgemeine Prozessrechtslehre in Texten nachzuweisen, sollte durch eine Analyse ausgewählter Entscheidungen und Aufsätze zu den einzelnen prozessualen Instituten umgesetzt werden. Die Probleme lagen zum einen darin, dass für die einzelnen prozessualen Institute eine repräsentative Anzahl an Texten ausgewählt werden musste. Weiterhin lagen sie auch in der Analyse selbst. Die Analyse von Einzeltexten führte schnell dazu, dass der Text des Autors einfach rezipiert wurde und dabei aufgezeigt wurde, an welchen Stellen sich prozessordnungsübergreifende Interpretationsansätze und Betrachtungen fanden. Aufgrund der nicht repräsentativen Ergebnisse wurde eine solche Herangehensweise verworfen.

1  Was bereits in § 4 B. ausführlich dargestellt wurde, wird nicht tiefgehend wiederholt. 2  Vergleiche dazu auch Gutmann, Intra- und Interdisziplinarität: Chance oder Störfaktor?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 93 (109 ff.); Saliger, Intra- und Interdisziplinarität: Wie kommt das Neue in die Rechtswissenschaft?, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, 117 (128 ff.); siehe § 1 D. I. 3.

304

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

II. Manuelle Suche nach Schlüsselwörtern Im Rahmen eines neuen Forschungsansatzes wurde die Textmenge vergrößert. Es wurden alle Aufsätze und Entscheidungen zu den prozessualen In­ stituten berücksichtigt, die in den für die Julius-Maximilians-Universität Würzburg online verfügbaren Kommentaren in den Fassungen bis Ende 2017 zu den relevantesten Einzelregelungen zitiert wurden. Diejenigen Aufsätze und Entscheidungen, die vor dem Jahr veröffentlicht wurden, in dem die Neuregelung, die Anlass zur Untersuchung der prozessualen Institute gab, verkündet wurde, wurden aussortiert. Außerdem wurden auch Aufsätze und Entscheidungen aussortiert, die nicht im Netzwerk der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg digital verfügbar waren. Die Aufsätze wurden in Texte und Fußnoten unterteilt und sortiert.3 Insgesamt ergaben sich fünfundzwanzig verschiedene Datensätze. Manuell wurde eine Liste mit Schlüsselwörtern erstellt, welche auf eine allgemeine Prozessrechtslehre hindeuten. Dabei wurden allgemeine4 und spezifische5 Schlüsselwörter aufgenommen. Die Suche erfolgte händisch mittels der Suchfunktionen der Word- und PDF-Dokumente. Diese unterschiedlichen Datenformate resultierten daraus, dass das Herunterladen der Quellen nach Verfügbarkeit erfolgte. Es stellte sich heraus, dass die Suche nach allgemeinen und spezifischen Schlüsselwörtern gleichzeitig nicht aussagekräftig war. Daher wurde entschieden, nach spezifischen Schlüsselwörtern für die im Fokus stehenden Prozessrechtsordnungen, der ZPO, der VwGO, der FGO und dem SGG, zu suchen. Dies geschah durch manuelle Suche und Zählung. Die Ergebnisse wurden in eine Exceltabelle eingetragen. Vorteil dieses Verfahrens war, dass bei der Suche die Wörter auch in allen grammatischen Fällen mitberücksichtigt werden konnten. Die Suche in Word- und PDF-Dokumenten funktioniert, sofern man die Einstellungen nicht verändert, nach dem „Enthält-Prinzip“. Das bedeutet, eine Suche nach Sozialgericht ermittelt auch Wörter wie Sozialgerichtsbarkeit und Sozialgerichtsgesetz, aber auch Landessozialgericht oder Bundessozialgericht. Solche Treffer konnten bei der manuellen Auswertung differenziert berücksichtigt werden. Gleichzeitig konnten Treffer, die sich nicht aus dem Text selbst ergaben, aussortiert werden. In vielen Onlinedokumenten wiederholen sich beispielsweise Titel und Fundstelle eines Aufsatzes auf jeder Seite. Online veröffentlichte Entscheidungen enthalten daneben meist viele unterschiedliche Parallelfundstellen, die ebenfalls nicht in jeder Printversion der Entscheidung vorkommen. Dadurch, dass im Rahmen der manuellen Suche von 3  Siehe

§  4  B. I. 2. §  4  B. II. 1. a). 5  Siehe §  4  B. II. 1. b). 4  Siehe



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 305

Treffer zu Treffer gesprungen werden kann, konnten die Treffer nochmals genauer analysiert werden. So konnten Treffer, die das Bild verzerrten, aussortiert werden. Außerdem konnten die Fußnoten bei der manuellen Suche sehr genau analysiert werden. Beispielsweise konnten auch Schlüsselwörter berücksichtigt werden, die in einer Fußnote nur durch Verweis auf die andere Fußnote dargestellt wurden. Durch die Auseinandersetzung mit den Treffern ergaben sich noch weitere relevante Schlüsselwörter, nach denen gesucht werden konnte. Diese vervollständigten und verfeinerten die Untersuchung. Nachteil dieser Methode war, dass sie enorm viel Zeit kostete. Zudem waren die Ergebnisse von der menschlichen Leistungsfähigkeit abhängig und damit äußerst fehleranfällig. Deshalb waren die Ergebnisse nur schwer überprüfbar.

III. Automatische Suche Eine Lösung für die im Rahmen der manuellen Suche auftretenden Probleme bot die computergestützte Suche nach festgelegten Schlüsselwörtern. Dafür musste zunächst ein passendes Programm gewählt werden. Dies gestaltete sich als schwierig, da die meisten in Frage kommenden Programme eher darauf ausgelegt sind, selbstständig relevante Schlüsselwörter im Text zu erkennen und Zusammenhänge aufzuzeigen.6 Ein solcher Forschungsansatz ist jedoch nicht exakt auf das bereits formulierte Erkenntnisinteresse abgestimmt. 1. Programmentwicklung Deshalb wurde stattdessen nach dem „Do-it-yourself“-Prinzip vorgegangen und in Zusammenarbeit mit einem Informatiker ein Computerprogramm entwickelt, welches genau auf das Erkenntnisinteresse angepasst ist. Die erste Version des Programmes bestand aus einem Exceldokument, das die Schlüsselwörter nach dem „Enthält“-Prinzip suchte. Die Suche funktionierte nur mit Worddokumenten. Zudem waren einheitliche Formate von Vorteil, da dadurch eventuelle Treffer bei der Suche, die sich aus einem bestimmten Format ergaben, in allen Dokumenten vorkamen. Die Entscheidungen wurden, soweit dies möglich war, als BeckRS-Dokumente im Wordformat, das heißt als docx-Dokumente, gespeichert. Aufsätze wurden, soweit dies möglich war, aus beck-online heruntergeladen und ebenfalls im Wordformat ge6  Vergleiche zum Beispiel das Programm bereitgestellt von TextRazor Ltd., Live Demo TextRazor, Stand: 2018. Weitere Hinweise auf solche Programme und andere die Textanalyse vorbereitende und erleichternde Programme finden sich in Ignatow/ Mihalcea, An Introduction to Text Mining, 2018, S. 241 ff.

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§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

speichert. Die anderen Dokumente stammen aus juris und der Elektronischen Zeitschriftendatenbank der Universität Würzburg oder waren über die Suchmaschine Google online auffindbar. Es konnte also nur eine weitgehende, aber keine vollständige Angleichung der verwendeten veröffentlichten Dokumente erfolgen. Unabhängig von ihrer Herkunft wurden die Aufsätze nach Text und Fußnoten unterteilt, sofern die Fußnoten nicht im Text selbst enthalten waren. Das Programm in seiner ersten Version ermöglichte lediglich eine Suche in Einzeldokumenten. Außerdem konnte nicht zwischen einzelnen Wörtern mit demselben Wortstamm differenziert werden. Die Suche, bei der nur einzelne Dokumente ausgewählt werden konnten, war sehr aufwändig. Zudem erschien es nicht exakt, Wörter nach demselben Wortstamm zusammenzufassen. Daher war eine Weiterentwicklung des Programms nötig. Bereits in der ersten Version konnte in dem Programm getrennt nach Text und Fußnoten gesucht werden. Da Text und Fußnoten jeweils in unterschiedlichen Dokumenten als Haupttext gespeichert wurden, wurde die Funktion der Suche in den Fußnoten nicht genutzt. Die zweite Version des Programmes enthielt die Möglichkeit, in multiplen Dateien zu suchen. In einer dritten Version wurde die Suchfunktion dahingehend erweitert, dass für die Suche die Wildcards von Word entsprechend angewandt wurden.7 So konnte nach Groß- und Kleinschreibung differenziert und auch nach ganzen Worten gesucht werden. Zudem bestand die Möglichkeit, nach den gesetzlichen Vorschriften zu suchen und dabei zu berücksichtigen, dass zu den einzelnen Paragraphen bestimmte Absätze, Sätze und Nummern zitiert werden können. 2. Auswertung Die Auswertung enthielt zum einen eine Tabelle, in der die Anzahl jedes einzelnen Schlüsselwortes pro Text aufgelistet war. Weiterhin wurden die Schlüsselwörter in fünf Themengruppen unterteilt.8 In einem zusammenfassenden Datenblatt wurde angegeben, welcher Text, welche Anzahl an Schlüsselwörtern welcher Themengruppen enthielt, wie viele Schlüsselwörter insgesamt in jedem Text vorkamen und wie viele Schlüsselwörter in allen Texten eines Datensatzes vorkamen.

7  Die verschiedenen Wildcards werden von Mayor/Linke, Finding and replacing characters using wildcards, Stand: 2000–2017 dargestellt. 8  Siehe §  4  B. II. 1. b).



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 307

3. Datensätze Die Datensätze sind, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, in ihrer finalen Version wie folgt benannt: – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_allgemein.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_zivilprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_verwaltungsprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_finanzprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Entscheidungen_zivilprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Entscheidungen_verwaltungsprozessual. xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Entscheidungen_finanzprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Entscheidungen_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Aufsätze_allgemein.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Aufsätze_zivilprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Aufsätze_verwaltungsprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Aufsätze_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Entscheidungen_verwaltungsprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_MediationsuaFöG_Entscheidungen_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_VideokonfIntensG_Aufsätze_allgemein.xlsm, – WortSuche_v3_VideokonfIntensG_Aufsätze_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_VideokonfIntensG_Entscheidungen_zivilprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_VideokonfIntensG_Entscheidungen_finanzprozessual. xlsm, – WortSuche_v3_VideokonfIntensG_Entscheidungen_sozialprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ERVGerFöG_Aufsätze_allgemein.xlsm, – WortSuche_v3_ERVGerFöG_Aufsätze_zivilprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ERVGerFöG_Aufsätze_verwaltungsprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ERVGerFöG_Aufsätze_finanzprozessual.xlsm, – WortSuche_v3_ERVGerFöG_Aufsätze_sozialprozessual.xlsm.

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§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

4. Fehlerbehebung bei der Suche Bei der Suche nach den Schlüsselwörtern traten zu Beginn noch Fehler auf. Diese resultierten aus den Suchtermen, die gewährleisten sollten, dass verschiedene Zitierweisen einer Gesetzesvorschrift berücksichtigt wurden. Es sollte nicht nur § 54 VwGO gefunden werden, sondern beispielsweise auch § 54 Abs. 1 VwGO oder § 54 I VwGO. Der ursprüngliche Suchterm hierfür lautete . An den Stellen, an denen Fehlermeldungen auftraten, wurde dieser Suchterm zum Beispiel durch ersetzt.9 Diese Vorgehensweise galt für alle Suchterme, bei denen es sich um Vorschriften handelt. Ein weiteres Problem ergab sich bei Vorschriften, die aus Kombinationen von Zahlen mit Buchstaben bestanden, wenn auch zusätzlich allein nach der Vorschrift ohne den Buchstabenannex gesucht werden sollte. Diese Problematik ergab sich beispielsweise im Hinblick auf § 278 ZPO und § 278a ZPO. Damit bei der Suche nach § 278 ZPO nicht auch § 278a ZPO gefunden wurde, musste der Suchterm verwendet werden. Dieser modifizierte Suchterm wurde nur verwendet, wenn aufgrund der thematischen Vorauswahl die Wahrscheinlichkeit bestand, dass eine Vorschrift sowohl als selbstständige Zahl als auch in Kombination mit Kleinbuchstaben gefunden werden könnte. Eine Schwierigkeit war es, bei der Suche nach verschiedenen Variationen eines Wortes einzelne Wörter unberücksichtigt zu lassen. So sollten beispielsweise bei der Suche nach Sozialgericht auch die Varianten Sozialgerichts, Sozialgerichte, Sozialgerichten, Sozialgerichtsbarkeit und Ähnliche gefunden werden. Gleichzeitig sollte das Wort Sozialgerichtsgesetz nicht gefunden werden, da dieses ein eigenständiges Schlüsselwort darstellt. Für dieses Problem konnte keine überzeugende Lösung gefunden werden, sodass bei der Suche nach Sozialgericht auch Sozialgerichtsgesetz gefunden wurde. Dasselbe galt im Rahmen der anderen öffentlich-rechtlichen Prozessrechtsordnungen. So wurde bei der Suche nach Finanzgericht auch der als eigenständiges Schlüsselwort vorkommende Term Finanzgerichtsordnung gefunden. Auch bei der Suche nach dem Wort Verwaltungsgericht wurde der Term Verwaltungsgerichtsordnung berücksichtigt. Diese geringe Ungenauigkeit bei der Schlüsselwortsuche konnte jedoch vernachlässigt werden.

9  Siehe

§  8 A. III. 5. a) ff); §  8 A. III. 5. b) ff); §  8 A. III. 5. c) ff); §  8 A. III. 5. d) ff).



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 309

5. Suchterme Teilweise wurden als Schlüsselwörter nur ganze Wörter gesucht. Andere Wortvariationen sollten nicht berücksichtigt werden. Dies betraf vor allem die Suche nach Abkürzungen von Gerichten. Ein solcher Suchterm war zum Beispiel . Sofern es sinnvoll erschien, wurde nur nach dem Wortstamm eines Wortes gesucht. So berücksichtigte beispielsweise die Suche nach Untersuchungs auch die Worte Untersuchungsgrundsatz, Untersuchungsprinzip und Untersuchungsmaxime. Weiterhin wurden bei der Suche nach den relevanten Begriffen möglichst viele gängige Synonyme als eigenständige Schlüsselwörter in die Suche miteinbezogen, wenn sie durch die Suche nach einem Wortstamm nicht berücksichtigt werden konnten. Aus den durchgeführten Tests ergaben sich die folgenden für die verschiedenen prozessualen Institute leicht abgewandelten Schlüsselwortlisten. Zur Klarstellung wurde hinter jedem Schlüsselwort die Begriffskategorie vermerkt, der es zugeordnet wurde. a) ÜberlVfRSchG aa) Themengruppe 1 ZPO (Kategorie Vorschrift), Zivilprozessordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Amtsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Kammergericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberlandesgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesgerichtshof (Kategorie Gericht), Zivilgericht (Kategorie Gericht), Beibringungs (Kate­ gorie Maxime), Verhandlungs (Kategorie Maxime), (Kategorie Vorschrift), AcP (Kategorie Quelle), BGHE (Kategorie Quelle), BGHZ (Kategorie Quelle), LMK (Kategorie Quelle), MDR (Kategorie Quelle), NJW (Kategorie Quelle), juris PraxisReport BGH-Zivilrecht (Kategorie Quelle), RabelsZ (Kategorie Quelle), ZZP (Kategorie Quelle). bb) Themengruppe 2 VwGO (Kategorie Vorschrift), Verwaltungsgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgerichtshof (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesverwaltungsgericht (Kategorie

310

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

Gericht), (Kategorie Vorschrift), Buchh (Kategorie Quelle), BVDR-Rundschreiben (Kategorie Quelle), BVerwGE (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Quelle), NVwZ (Kategorie Quelle), VerwArch (Kategorie Quelle). cc) Themengruppe 3 FGO (Kategorie Vorschrift), Finanzgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Finanzgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesfinanzhof (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), BFHE (Kategorie Quelle), BFH/NV (Kategorie Quelle), DStR (Kategorie Quelle), EFG (Kategorie Quelle), HFR (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Steuerrecht (Kategorie Quelle), NWB (Kategorie Quelle), StB (Kategorie Quelle), Stbg (Kategorie Quelle), SteuK (Kategorie Quelle), ZSteu (Kategorie Quelle). dd) Themengruppe 4 SGG (Kategorie Vorschrift), Sozialgerichtsgesetz (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Sozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), ASR (Kategorie Quelle), BSGE (Kategorie Quelle), NZS (Kategorie Quelle), juris Praxisreport Sozialrecht (Kategorie Quelle), SGb (Kategorie Quelle), SozR (Kategorie Quelle), SozSich (Kategorie Quelle), SRA (Kategorie Quelle), SRa (Kategorie Quelle). ee) Themengruppe 5 Amtsermittlung (Kategorie Maxime), von Amts wegen (Kategorie Maxime), Untersuchungs (Kategorie Maxime), Inquisition (Kategorie Maxime), Instruktion (Kategorie Maxime), AöR (Kategorie Quelle), BayVBl (Kategorie Quelle), Der Staat (Kategorie Quelle), DÖV (Kategorie Quelle), DVBl (Kategorie Quelle), DVP (Kategorie Quelle), Jus Publicum (Kategorie Quelle), NordÖR (Kategorie Quelle), ThürVBl (Kategorie Quelle).



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 311

ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen Im Datensatz WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Aufsätze_zivilprozessual wurde in den Suchtermen aller Vorschriften das @-Zeichen durch {1;20} ersetzt. Im Datensatz WortSuche_v3_ÜberlVfRSchG_Entscheidungen_verwaltungsprozessual wurde durch ersetzt. b) MediationsuaFöG aa) Themengruppe 1 ZPO (Kategorie Vorschrift), Zivilprozessordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Amtsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Kammergericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberlandesgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesgerichtshof (Kategorie Gericht), Zivilgericht (Kategorie Gericht), Beibringungs (Kategorie Maxime), Verhandlungs (Kategorie Maxime), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), AcP (Kategorie Quelle), BGHE (Kategorie Quelle), BGHZ (Kategorie Quelle), LMK (Kategorie Quelle), MDR (Kategorie Quelle), NJW (Kategorie Quelle), juris PraxisReport BGH-Zivilrecht (Kategorie Quelle), RabelsZ (Kategorie Quelle), ZZP (Kategorie Quelle). bb) Themengruppe 2 VwGO (Kategorie Vorschrift), Verwaltungsgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgerichtshof (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), Buchh (Kategorie Quelle), BVDR-Rundschreiben (Kategorie Quelle), BVerwGE (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Quelle), NVwZ (Kategorie Quelle), VerwArch (Kategorie Quelle).

312

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

cc) Themengruppe 3 FGO (Kategorie Vorschrift), Finanzgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Finanzgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesfinanzhof (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), BFHE (Kategorie Quelle), BFH/NV (Kategorie Quelle), DStR (Kategorie Quelle), EFG (Kategorie Quelle), HFR (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Steuerrecht (Kategorie Quelle), NWB (Kategorie Quelle), StB (Kategorie Quelle), Stbg (Kategorie Quelle), SteuK (Kategorie Quelle), ZSteu (Kategorie Quelle). dd) Themengruppe 4 SGG (Kategorie Vorschrift), Sozialgerichtsgesetz (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Sozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), ASR (Kategorie Quelle), BSGE (Kategorie Quelle), NZS (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Sozialrecht (Kategorie Quelle), SGb (Kategorie Quelle), SozR (Kategorie Quelle), SozSich (Kategorie Quelle), SRA (Kategorie Quelle), SRa (Kategorie Quelle). ee) Themengruppe 5 Amtsermittlung (Kategorie Maxime), von Amts wegen (Kategorie Maxime), Untersuchungs (Kategorie Maxime), Inquisition (Kategorie Maxime), Instruktion (Kategorie Maxime), AöR (Kategorie Quelle), BayVBl (Kategorie Quelle), Der Staat (Kategorie Quelle), DÖV (Kategorie Quelle), DVBl (Kategorie Quelle), DVP (Kategorie Quelle), Jus Publicum (Kategorie Quelle), NordÖR (Kategorie Quelle), ThürVBl (Kategorie Quelle). ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen Abweichende Suchterme wurden nicht benötigt.



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 313

c) VideokonfIntensG aa) Themengruppe 1 ZPO (Kategorie Vorschrift), Zivilprozessordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Amtsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Kammergericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberlandesgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesgerichtshof (Kategorie Gericht), Zivilgericht (Kategorie Gericht), Beibringungs (Kategorie Maxime), Verhandlungs (Kategorie Maxime), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), AcP (Kategorie Quelle), BGHE (Kategorie Quelle), BGHZ (Kategorie Quelle), LMK (Kategorie Quelle), MDR (Kategorie Quelle), NJW (Kategorie Quelle), juris PraxisReport BGH-Zivilrecht (Kategorie Quelle), RabelsZ (Kategorie Quelle), ZZP (Kategorie Quelle). bb) Themengruppe 2 VwGO (Kategorie Vorschrift), Verwaltungsgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgerichtshof (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), Buchh (Kategorie Quelle), BVDR-Rundschreiben (Kategorie Quelle), ­BVerwGE (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Quelle), NVwZ (Kategorie Quelle), VerwArch (Kategorie Quelle). cc) Themengruppe 3 FGO (Kategorie Vorschrift), Finanzgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Finanzgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesfinanzhof (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), BFHE (Kategorie Quelle), BFH/NV (Kategorie Quelle), DStR (Kategorie Quelle), EFG (Kategorie Quelle), HFR (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Steuerrecht (Kategorie Quelle), NWB (Kategorie Quelle), StB (Kategorie Quelle), Stbg (Kategorie Quelle), SteuK (Kategorie Quelle), ZSteu (Kategorie Quelle).

314

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

dd) Themengruppe 4 SGG (Kategorie Vorschrift), Sozialgerichtsgesetz (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Sozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), ASR (Kategorie Quelle), BSGE (Kategorie Quelle), NZS (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Sozialrecht (Kategorie Quelle), SGb (Kategorie Quelle), SozR (Kategorie Quelle), SozSich (Kategorie Quelle), SRA (Kategorie Quelle), SRa (Kategorie Quelle). ee) Themengruppe 5 Amtsermittlung (Kategorie Maxime), von Amts wegen (Kategorie Maxime), Untersuchungs (Kategorie Maxime), Inquisition (Kategorie Maxime), Instruktion (Kategorie Maxime), AöR (Kategorie Quelle), BayVBl (Kategorie Quelle), Der Staat (Kategorie Quelle), DÖV (Kategorie Quelle), DVBl (Kategorie Quelle), DVP (Kategorie Quelle), Jus Publicum (Kategorie Quelle), NordÖR (Kategorie Quelle), ThürVBl (Kategorie Quelle). ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen Abweichende Suchterme wurden nicht benötigt. d) ERVGerFöG aa) Themengruppe 1 ZPO (Kategorie Vorschrift), Zivilprozessordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Amtsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Kammergericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberlandesgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesgerichtshof (Kategorie Gericht), Zivilgericht (Kategorie Gericht), Beibringungs (Kategorie Maxime), Verhandlungs (Kategorie Maxime), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vor-



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 315

schrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), AcP (Kategorie Quelle), BGHE (Kategorie Quelle), BGHZ (Kategorie Quelle), LMK (Kategorie Quelle), MDR (Kategorie Quelle), NJW (Kategorie Quelle), juris PraxisReport BGH-Zivilrecht (Kategorie Quelle), RabelsZ (Kategorie Quelle), ZZP (Kategorie Quelle). bb) Themengruppe 2 VwGO (Kategorie Vorschrift), Verwaltungsgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Oberverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Verwaltungsgerichtshof (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), Buchh (Kategorie Quelle), BVDR-Rundschreiben (Kategorie Quelle), BVerwGE (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht (Kategorie Quelle), NVwZ (Kategorie Quelle), VerwArch (Kategorie Quelle). cc) Themengruppe 3 FGO (Kategorie Vorschrift), Finanzgerichtsordnung (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Finanzgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundesfinanzhof (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), BFHE (Kategorie Quelle), BFH/NV (Kategorie Quelle), DStR (Kategorie Quelle),

316

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

EFG (Kategorie Quelle), HFR (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Steuerrecht (Kategorie Quelle), NWB (Kategorie Quelle), StB (Kategorie Quelle), Stbg (Kategorie Quelle), SteuK (Kategorie Quelle), ZSteu (Kategorie Quelle). dd) Themengruppe 4 SGG (Kategorie Vorschrift), Sozialgerichtsgesetz (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Gericht), Sozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Landessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Gericht), Bundessozialgericht (Kategorie Gericht), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), (Kategorie Vorschrift), ASR (Kategorie Quelle), BSGE (Kategorie Quelle), NZS (Kategorie Quelle), juris PraxisReport Sozialrecht (Kategorie Quelle), SGb (Kategorie Quelle), SozR (Kategorie Quelle), SozSich (Kategorie Quelle), SRA (Kategorie Quelle), SRa (Kategorie Quelle). ee) Themengruppe 5 Amtsermittlung (Kategorie Maxime), von Amts wegen (Kategorie Maxime), Untersuchungs (Kategorie Maxime), Inquisition (Kategorie Maxime), Instruktion (Kategorie Maxime), AöR (Kategorie Quelle), BayVBl (Kategorie Quelle), Der Staat (Kategorie Quelle), DÖV (Kategorie Quelle), DVBl (Kategorie Quelle), DVP (Kategorie Quelle), Jus Publicum (Kategorie Quelle), NordÖR (Kategorie Quelle), ThürVBl (Kategorie Quelle). ff) Abweichende Suchterme aufgrund von Fehlermeldungen Abweichende Suchterme wurden nicht benötigt. e) Doppelungen Einige wenige Schlüsselwörter konnten mehrfach als Treffer auftreten. So wurde zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht bei der Suche nach juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht und bei der Suche nach Bundesverwaltungsgericht gefunden. Diese Doppelung konnte jedoch vernachlässigt wer-



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 317

den, da die Treffermenge kaum erhöht wurde und die möglichen Treffer derselben Themengruppe angehörten, sodass das Ergebnis nicht verfälscht wurde. Daneben wurden bei Vorschriften, bei denen spezifisch nach einem bestimmten Paragraphen und allgemein nach der Akürzung für die Prozessrechtsordnung gesucht wurde, die Abkürzung für die Prozessrechtsordnung doppelt berücksichtigt. Ein Beispiel dafür stellten die Suchbegriffe und dar. Da diese Art und Weise der Suche dazu diente, alle Abkürzungen der Prozessrechtsordnungen zu erfassen und hinsichtlich aller Prozessrechtsordnungen nach spezifischen Vorschriften und der Abkürzung für die Prozessrechtsordnung gesucht wurde, beeinträchtigt dies das Ergebnis nicht wesentlich. Das Gleichgewicht zwischen den Prozessrechtsordnungen bleibt gewahrt. Eine weitere Doppelung ergab sich bei der Suche nach . Bei dieser wurde auch BFH/NV gefunden. Es handelte sich um Schlüsselwörter derselben Themengruppe. Damit wurde das Ergebnis nicht verfälscht. Zudem kam BFH/NV als Schlüsselwort insgesamt selten vor. 6. Kategorien a) Allgemeines Um die Daten noch weiter aufzubereiten, wurden die Schlüsselwörter nach Kategorien unterteilt. Es wurde nach prozessordnungsspezifischen Vorschriften, Gerichten, Quellen und Maximen gesucht. Das Suchprogramm wurde so angepasst, dass in der Auswertungstabelle jedes Datensatzes eingestellt werden konnte, dass nur die Ergebnisse der einzelnen Kategorien angezeigt wurden und nicht die Gesamttrefferzahl der Schlüsselwörter der einzelnen Themengruppen. Dabei wurde jeweils angezeigt, wie viele Treffer der einzelnen Kategorien es pro Text und pro Themengruppe gab. Zudem wurde die Summe der Treffer der jeweiligen Kategorie in allen Texten als Gesamt­ ergebnis angezeigt. b) Quelle Zu den Schlüsselwörtern der Kategorie Quelle gehören Zeitschriften und Entscheidungssammlungen. Ihre schwerpunktmäßige Zuordnung zu den einzelnen Themengruppen bedarf der Erläuterung durch eine kurze Zusammenfassung ihrer inhaltlichen Schwerpunkte.

318

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

aa) Themengruppe 1 „AcP (Archiv für civilistische Praxis). Juristische Fachzeitschrift mit Schwerpunkt im deutschen Privatrecht. Aufsätze im Bereich des bürgerlichen Rechts, Handels-, Wirtschafts-, Arbeitsrechts, der Rechtsgeschichte und Methodenlehre.“ „BGHE (= Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen). Juristische Rechtsprechungssammlung mit Darstellung und Aufarbeitung der Urteile und Beschlüsse des BGH.“ „BGHZ (= Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen). Zivilrechtliche Entscheidungssammlung zu Urteilen und Beschlüssen des BGH. Herausgegeben von Richtern des BGH.“ „LMK (in Fortführung der „Kommentierten BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring, LM“). Elektronisch veröffentlichte juristische Fachzeitschrift mit kommentierter BGH-Rechtsprechung im Zivil- und Gesellschaftsrecht und im gewerblichen Rechtsschutz.“ „MDR (Monatsschrift für Deutsches Recht). Zivilrechtliche Fachzeitschrift mit Schwerpunkt im Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht. Aufsätze und Urteile zu relevanten zivilrechtlichen Fragestellungen.“ „NJW (Neue Juristische Wochenschrift). Führende Fachzeitschrift für juristische Theorie und Praxis. Hervorbringung von Spezialtiteln zur Ausgliederung spezieller Themen (so zum Beispiel NStZ für Strafrecht und NVwZ für Verwaltungsrecht). NJW als solche mit besonderem Akzent im allgemeinen Zivilrecht.“ „Juris Praxisreport BGH-Zivilrecht. Veranschaulichung und Kommentierung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Zivilsenate des BGH überwiegend durch Rechtsanwälte des BGH.“ „RabelsZ (Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht). Juristische Fachzeitschrift mit internationalen Bezügen. Mehrsprachige (Deutsch, Englisch, Französisch) Aufsätze auf den Gebieten des Privat-, Wirtschafts- und Verfahrensrechts unter Einbeziehung des Europarechts. Mit besonderem Akzent auf Richtlinien, Verordnungen, Übereinkommen der Europäischen Union sowie der Haager Konferenz.“ „ZZP (Zeitschrift für Zivilprozess, bis 1942 unter dem Titel „Zeitschrift für deutschen Zivilprozess“). Juristische Fachzeitschrift mit Abhandlungen, Entscheidungen und Buchrezensionen. Hauptbetätigungsfeld im Bereich prozessualer Themen (deutscher und ausländischer) Zivilgerichtsbarkeit.“



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 319

bb) Themengruppe 2 „BDVR-Rundschreiben (Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen-Rundschreiben). Fachzeitschrift für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Aufsätzen zu gesetzlichen Neuerungen und deren Auswirkungen auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit.“ „Buchholz (= Entscheidungssammlung, teilweise abgekürzt als Buchh). Darstellung der Entscheidungen des BVerwG durch Mitglieder des Gerichts. Aufteilung in sechs verschiedene Bereiche (öffentlicher Dienst, einzelne Verwaltungszweige, Lastenausgleich, Wehrwesen, Verfassungs- und Verfahrensrecht).“ „BVerwGE (= Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts). Verwaltungsrechtliche Entscheidungssammlung zu den relevanten Urteilen und Beschlüssen des BVerwG.“ „Juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht. Fachzeitschrift mit Kommentierungen und Erläuterungen zu höchstrichterlichen Entscheidungen im verwaltungsgerichtlichen Bereich durch Richter am BVerwG.“ „NVwZ (Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht). Verwaltungsrechtliche Fachzeitschrift mit Aufsätzen und Entscheidungen (unter anderem von EGMR, EuGH, BVerfG, BVerwG, OVGen und VGen), welche die gesamte Thematik des Verwaltungsrechts (so auch des Bau- und Planungsrechts, Umweltrechts, Ausländer- und Asylrechts, Beamtenrechts, et cetera) gänzlich umfassen.“ „VerwArch (Verwaltungsarchiv). Fachzeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik mit Aufsätzen zur Verwaltung in der Praxis, zur Verwaltungsgerichtsbarkeit und zur Beurteilung höchstrichterlicher Rechtsprechung.“ cc) Themengruppe 3 „BFHE (= Entscheidungen des Bundesfinanzhofs). Amtliche Rechtsprechungssammlung zu den relevantesten zur Publikation freigegebenen Entscheidungen des BFH. Herausgegeben von dessen Mitgliedern.“ „BFH/NV (= Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, NV = Nicht Veröffentlicht). Sammlung der nicht zur Veröffentlichung freigegebenen Urteile und Beschlüsse des BFH.“ „DStR (Das deutsche Steuerrecht). Fachzeitschrift für das deutsche Steuerrecht insbesondere für Steuerberater und Rechtsanwälte für Steuerrecht.“

320

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

„EFG (= Entscheidungen der Finanzgerichte). Finanzrechtliche Entscheidungssammlung mit inhaltlichem Schwerpunkt auf Entscheidungen des BVerfG, des BFH sowie des EuGH aus dem Bereich des Steuerrechts und des Steuerberatungsgesetzes.“ „HFR (= Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung). Juristische Rechtsprechungssammlung mit den zur Publikation vorgesehenen steuerrechtlichen Entscheidungen des BFH, des BVerfG, des EuGH sowie von weiteren obersten Gerichten des Bundes.“ „Juris PraxisReport Steuerrecht. Praxisbezogene Fachzeitschrift mit Abdeckung des gesamten Bereichs des Steuerrechts (so auch der Abgabenordnung, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Gewerbesteuer, Kirchensteuer, des deutschen internationalen Steuerrechts, et cetera) durch Anmerkungen zu aktuellen Vorgängen im Bereich der Rechtsprechung und Rechtsetzung.“ „NWB (NWB Steuer- und Wirtschaftsrecht). Fachzeitschrift mit steuerund wirtschaftsrechtlichen Inhalten.“ „StB (Der Steuerberater). Steuerrechtliche Zeitschrift mit Darlegung von Entscheidungen der Finanzgerichte und der Verwaltung sowie mit Auswertung von Anmerkungen anderer Fachzeitschriften und betriebswirtschaftlicher Beratung.“ „Stbg (Die Steuerberatung). Fachzeitschrift mit inhaltlichem Schwerpunkt auf dem nationalen und internationalen Steuerrecht, Ausführungen zum Berufsrecht und Berufsstand, Steuerstrafrecht, Wirtschaftsrecht, betriebswirtschaftliche Beratung, Arbeits- und Sozialrecht, et cetera und zugleich Organ des Deutschen Steuerberaterverbandes e. V.“ „SteuK (Steuerrecht kurzgefaßt, die Beck’sche Steuer-Zeitschrift, seit Januar 2017 Eingliederung in die Zeitschrift DStR (Deutsches Steuerrecht)). Anmerkungen zu Entscheidungen und Verwaltungshandeln im steuerrecht­ lichen Fachbereich.“ „ZSteu (Zeitschrift für Steuern und Recht). Juristische Fachzeitschrift für Steuern und Recht mit Beiträgen und Abhandlungen unter anderem zu Urteilen des BFH sowie zu weiteren aktuellen Themen des Fachbereichs.“ dd) Themengruppe 4 „ASR (Anwalt/Anwältin im Sozialrecht, resultierend aus der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im DAV). Fachzeitschrift für Sozialrecht mit gegenwärtigen Abhandlungen und Berichten im Bereich des Sozialrechts, sowie mit Kommentierungen zu gesetzlichen Neuerungen und Urteilen der Sozialgerichte im Rechtsprechungsteil. Mitunter Einbeziehung von Überschneidungen zu anderen Rechtsgebieten im „Netzwerk Sozialrecht“.



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 321

„BSGE (= Entscheidungen des Bundessozialgerichts). Amtliche Rechtsprechungssammlung zu den Entscheidungen des BSG mit entsprechenden von Richtern des BSG formulierten Leitsätzen.“ „NZS (Neue Zeitschrift für Sozialrecht, hervorgegangen aus der NZA (Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht)). Juristische Fachzeitschrift für das gesamte Sozialrecht, unter anderem mit Abhandlungen zur Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung, Familienpflegezeit, elektronischen Gesundheitskarte, et cetera und Entscheidungen vor allem von BSG und Instanzgerichten. Das Hauptbetätigungsfeld liegt im Sozialversicherungsrecht und mittlerweile auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende.“ „Juris PraxisReport Sozialrecht. Fachzeitschrift mit umfassender Betrachtung des gesamten Bereichs des Sozialrechts durch Beiträge zu Entscheidungen und Gesetzesänderungen des Fachbereichs. Besondere Beachtung finden das Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende, das Recht der Sozialhilfe, das Arbeitsförderungsrecht, das Recht der Ausbildungsförderung, das Recht der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Unfall- und sozialen Pflegeversicherung, das Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, das soziale Entschädigungsrecht, das sozialrechtliche Verwaltungsverfahrensrecht sowie das sozialgerichtliche Verfahrensrecht.“ „SGb (Die Sozialgerichtsbarkeit). Fachzeitschrift für die gesamte Bandbreite des Sozialrechts mit Fachbeiträgen, Abhandlungen zu relevanter Rechtsprechung des BSG sowie anderer oberster Bundes- und Instanzgerichte und mit kritischer Befassung mit sämtlichen sozialrechtlichen, mitunter auch verfahrensrechtlichen, Gesichtspunkten.“ „SozSich (Soziale Sicherheit). Fachzeitschrift für Arbeit und Soziales mit Fachinformationen unter anderem zu Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung oder Hartz IV. Abhandlungen mitunter zu den Sozialgesetzen, sozialrecht­ lichen Urteilen, zu Erkenntnissen aus der sozialpolitischen Forschung sowie zur Sozialversicherung.“ „SRA (Sozialrecht aktuell, auch SRa). Zeitschrift für Sozialberatung mit Orientierung an gegenwärtiger Rechtsentwicklung. Umfangreiche Rechtsprechungsmaterialien, Abhandlungen und Stellungnahmen zu verschiedenen Bereichen des Sozialrechts mit praxisnaher Orientierung.“ ee) Themengruppe 5 „AöR (Das Archiv des öffentlichen Rechts). Zeitschrift zum öffentlichen Recht (vorwiegend) der Bundesrepublik Deutschland mit Aufsätzen über Gesetzgebung und Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Entwicklung der Staatsrechtslehre und der Praxis des öffentlichen Rechts.“

322

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

„BayVBl (Bayerische Verwaltungsblätter). Juristische Fachzeitschrift für öffentliches Recht und Verwaltung. Aufsätze über entscheidende Entwicklungen im Bundes- und Landesrecht mit europarechtlichen Aspekten.“ „Der Staat. Fachzeitschrift für (deutsches und europäisches) öffentliches Recht, für Staatslehre und Verfassungshistorie. Abhandlungen zur Entstehung und Entwicklung des Staates im Vergleich zu anderen Staaten (insbesondere im europäischen Kontext) sowie Analyse von gegenwärtigen Vorgängen und Themen in Deutschland und Europa.“ „DÖV (Die Öffentliche Verwaltung). Fachzeitschrift für das öffentliche Recht mit Aufsätzen, Berichten und Urteilsanmerkungen zu öffentlich-rechtlichen, verwaltungswissenschaftlichen und internationalen Themen.“ „DVBl (Das Deutsche Verwaltungsblatt, erstmalig 1879 erschienen als „Preußisches Verwaltungsblatt“). Älteste öffentlich-rechtliche Fachzeitschrift für das deutsche und europäische öffentliche Recht. Entscheidungen und Aufsätze mit Fachinformationen aus Rechtsprechung, Verwaltung und Wissenschaft.“ „DVP (Deutsche Verwaltungspraxis). Fachzeitschrift für die öffentliche Verwaltung mit Abhandlungen, Kommentaren und Fallbearbeitungen zu Rechtsprechung und Rechtsetzung im Bereich der Verwaltungspraxis.“ „NordÖR (Die Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland). Zeitschrift für öffentliches Recht der fünf Küstenländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit Abhandlungen zum norddeutschen Staats- und Verwaltungsrecht durch hiesige Richter/innen der Oberverwaltungsgerichte und Verfassungsgerichte und mit besonderem Schwerpunkt im Seerecht.“ „ThürVBl (Thüringer Verwaltungsblätter). Fachzeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung mit Abhandlungen zu den Vorgängen im Bundes- und im (thüringischen) Landesrecht mit neuesten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie mit ergänzenden Prüfungsfällen.“ Weitere Zeitschriften, Abkürzungen, Schreibweisen und Synonyme hätten in die Suche miteinbezogen werden können. Die Vorauswahl der Schlüsselwörter wurde aber unter anderem im Rahmen der vorgeschalteten manuellen Suche getroffen. Daher fanden an dieser Stelle jedenfalls die relevantesten Begriffe als Schlüsselwörter Berücksichtigung.



A. Vorgehensweise bei der Textanalyse (Detailbeschreibung) 323

7. Ergebnisse Um die Ergebnisse besser auszuwerten, wurden die relevantesten Zahlen in Form von Schaubildern schematisiert. Die Einzelergebnisse sind unter dem obigen QR-Code unter dem Ordner Einzelergebnisse abrufbar.10 8. Statistik Um die Ergebnisse außerhalb der bereits vorgenommenen Auswertung noch weiter zu verifizieren, wurde mit den vier Datensätzen zu den Entscheidungen beim ÜberlVfRSchG jeweils eine Analyse anhand des Mittelwertes durchgeführt. Die untersuchten Datensätze sind für die Fragestellung nicht nur von großer Relevanz, sondern auch repräsentativ. Bei der Durchführung der Analyse wurde auf die Schlüsselwörter der jeweiligen Themengruppen Bezug genommen, die nach den Hypothesen im Text zu erwarten waren. Es wurde berechnet, wie viel Prozent der Schlüsselwörter Themengruppen zuzuordnen sind, die nicht von der Hypothese umfasst werden. Im Hinblick auf jeweils über neunzig Prozent der Schlüsselwörter trifft die Hypothese zu. Allerdings gibt es auch Abweichungen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Texte zwar den Hypothesen entsprechend stark an die im Fokus stehende Prozessrechtsordnung anknüpfen, allerdings auch auf die anderen Prozessrechtsordnungen Bezug nehmen. Dies entspricht dem Ergebnis, das sich auch unabhängig von der Berechnung des Mittelwertes zu den Entscheidungen beim ÜberlVfRSchG ergibt.11 Die Ergebnisse der Berechnung lassen sich ebenfalls unter dem obigen QR-Code über den Ordner Mittelwertberechnung abrufen.12

10  Siehe § 4 B. III. Die Ergebnisse sind alternativ auch unter folgendem Link abrufbar: https://www.dropbox.com/sh/xpjlb7fp7p7pjpa/AABvynXdNSpxk2JFQGQA L_Upa?dl=0. Sie können zudem in Silberzahn, Appendix, Verzeichnis der automatisiert erstellten Analysedateien, 2021 eingesehen werden. 11  Siehe § 4 B. III. 1. und § 4 C. 12  Siehe § 4 B.  III. Die Ergebnisse sind auch unter folgendem Link abrufbar: ­h ttps://www.dropbox.com/sh/xpjlb7fp7p7pjpa/AABvynXdNSpxk2JFQGQAL_ Upa?dl=0. Sie können zudem in Silberzahn, Verzeichnis der automatisiert erstellten Analysedateien, 2019 eingesehen werden.

324

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse I. Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren 1. Aufsatzkontrolle a) Allgemeiner Aufsatz: „Die Klage auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens“13 Der untersuchte Aufsatz thematisiert unter Heranziehung der Rechtsprechung des BVerwG und des BGH, ob unmittelbar auf die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 GVG geklagt werden kann.14 Im Ergebnis bejaht der Autor dies und schließt sich der Rechtsprechung des BVerwG an.15 Gleichzeitig grenzt er sich ausführlich von der Rechtsprechung des BGH ab.16 Neben den GVG-Vorschriften werden eine ZPO-Vorschrift und eine VwGO-Vorschrift im Text genannt.17 In den Fußnoten zitiert der Autor Rechtsprechung des BGH, des BVerwG und eines OVG sowie einen Kommentar zur VwGO.18 Außerdem geht er auf die Rechtsprechung des BFH ein.19 Daneben zieht er einen verwaltungsprozessualen Aufsatz heran.20 Damit äußert sich der Autor zu einer verfahrensordnungsübergreifenden Problematik des Rechtsschutzes bei überlanger Verfahrensdauer. Er geht auf drei unterschiedliche Verfahrensordnungen ein.

13  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 ff. 14  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 ff. 15  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 (438 f.). 16  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 ff. 17  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 (433 f.). 18  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 (433 Fn. 3 ff.). 19  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 (436 Fn. 29; 437 Fn. 32). 20  Schenke, Die Klage auf Feststellung der unangemessenen lichen Verfahrens, NJW 2015, 433 (435 Fn. 23).

Dauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gerichtDauer eines gericht-



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse325

b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive“21 Die Autoren nehmen eine zivilrechtliche Perspektive ein und beleuchten den neu eingeführten § 198 GVG ausführlich.22 Sie thematisieren dessen unmittelbare Geltung vor den ordentlichen Gerichten.23 Im Text wird hauptsächlich Rechtsprechung der Zivilgerichtsbarkeit diskutiert.24 In den Fußnoten ziehen die Autoren neben zivilrechtlicher Literatur, zivilrechtlichen Normen und zivilrechtlicher Rechtsprechung auch Aufsätze zum Steuerrecht heran.25 Diese Verweise beziehen sich vor allem auf den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Verfahrensdauer. Die Autoren gehen weiterhin darauf ein, dass die Entschädigung vor der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit geltend gemacht werden muss.26 Sie zeigen ein Bewusstsein für die Vorteile einer rechtswegspezifischen und nicht klagespezifischen Spezialisierung. Problematisiert wird in diesem Zusammenhang, dass im Bereich des Zivilrechts unterschiedliche Gerichtszuständigkeiten für den Entschädigungsanspruch bestehen.27 Insgesamt werden vor allem Aussagen über die Neuregelungen für das Zivilrecht gemacht und zivilprozessuale Vorschriften zur Verdeutlichung herangezogen. Trotzdem wird auch auf die Ausführungen von Autoren zum finanzgerichtlichen Verfahren abgestellt. Diese sollen übertragen werden können, ohne zu verkennen, dass vor den Gerichten anderer Rechtswege manchen Fragestellungen ein anderes Gewicht zukommt.

21  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 ff. 22  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 ff. 23  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (2). 24  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (4 ff.). 25  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (2 Fn. 10, 16, 18; 3 Fn. 40). 26  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (6). 27  Althammer/Schäuble, Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, NJW 2012, 1 (6).

326

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Der neue staatshaftungsrechtliche Anspruch bei überlangen Gerichtsverfahren“28 Die Autorin betrachtet die Neuregelungen durch das ÜberlVfRSchG aus verwaltungsrechtlicher Perspektive.29 Sie weist auf die geforderte Rechtsschutzeffektivität im Zivilrecht, aber auch im öffentlichen Recht hin.30 Daneben thematisiert sie die Anwendbarkeit der §§ 198 ff. GVG über § 173 Satz 2 VwGO auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren.31 Die Vorschrift des § 198 GVG beleuchtet die Autorin unter Einbeziehung verwaltungsprozessualer Besonderheiten wie dem Untersuchungsgrundsatz ausführlich.32 So weist sie unter anderem darauf hin, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer die Besonderheiten der Prozessrechtsordnungen zu berücksichtigen seien.33 Bei den Ausführungen zu der Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG stellt sie die Unterschiede zwischen Zivilprozessen und anderen Prozessen dar.34 Sie erklärt, bei den Verwaltungsprozessen sei häufig der Staat beteiligt, dem Nachteile aus dem Gerichtsverfahren eher zugerechnet werden können.35 Im Text geht sie auf die BGH-Rechtsprechung ein.36 In den Fußnoten zieht sie neben zivil- und verwaltungsrechtlicher Literatur und Rechtsprechung auch finanzprozessuale Literatur und Rechtsprechung heran.37 Der Verwaltungsprozess mit seinen Besonderheiten wird deutlich hervorgehoben. Die Autorin erkennt, dass eine Orientierung an der ZPO möglich ist und nimmt auch eine übereinstimmende 28  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 ff. 29  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 ff. 30  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289. 31  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (292). 32  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (292 ff.). 33  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (295). 34  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (296). 35  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (296). 36  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (297). 37  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 (289 Fn. 29; 292 Fn. 61; 295 Fn. 110; 296 Fn. 144; 298 Fn. 161).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse327

Auslegung der §§ 198 ff. GVG in den anderen Fachgerichtsbarkeiten an. Allerdings stellt sie die Besonderheiten der VwGO im Vergleich dazu noch deutlicher heraus.38 d) Finanzprozessualer Aufsatz: „Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren“39 Der Autor befasst sich mit der Bedeutung des ÜberlVfRSchG für das finanzgerichtliche Verfahren.40 Er geht auf den Einfluss des EGMR ein und thematisiert die fehlende Geltung des Art. 6 EMRK für das finanzgerichtliche Verfahren.41 Nachfolgend stellt er dar, dass das Gesetz über § 155 Satz 2 FGO auch für das finanzgerichtliche Verfahren gelten soll, da ein einheitliches Rechtsschutzsystem gewünscht sei.42 Zudem widmet sich der Autor ausführlich der Vorschrift des § 198 GVG und geht vor allem auf den Begriff der Unangemessenheit der Verfahrensdauer ein.43 Dabei zitiert er steuerrechtliche Literatur und Rechtsprechung.44 Daneben zieht er aber auch weiteren Verfahrensordnungen zugeordnete Quellen heran.45 Der finanzgerichtliche Schwerpunkt wird deutlich gesetzt. Dennoch verkennt der Autor die Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus anderen Rechtsgebieten nicht und setzt damit den Einheitsgedanken in Bezug auf das Prozessrecht voraus.

38  Guckelberger, Der neue staatshaftungsrechtliche Entschädigungsanspruch bei überlangen Gerichtsverfahren, DÖV 2012, 289 ff. 39  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 ff. 40  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 ff. 41  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173. 42  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 (2174). 43  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 (2174 ff.). 44  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 (2173 Fn. 1, 3, 7; 2178 Fn. 55). 45  Böcker, Neuer Rechtsschutz gegen die überlange Dauer finanzgerichtlicher Verfahren, DStR 2011, 2173 (2173 Fn. 2 ff.).

328

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

e) Sozialprozessualer Aufsatz: „Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit – Zum Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011 –“46 Bei der Erörterung der neu eingeführten Regelungen durch das Überl­ VfRSchG thematisiert der Autor deren Anwendbarkeit über § 202 Satz 2 SGG für das sozialgerichtliche Verfahren.47 Im Text werden prozessuale Normen des GVG, der ZPO, des SGG und des ÜberlVfRSchG genannt.48 Der Autor geht auf die Unangemessenheit der Dauer eines sozialprozes­sualen Verfahrens ein.49 Zudem weist er als Besonderheit des sozialgerichtlichen Verfahrens auf die Notwendigkeit der Bürgerfreundlichkeit hin und nennt auch den Amtsermittlungsgrundsatz.50 Neben sozialprozessualer und zivilprozessualer Literatur und Rechtsprechung zieht der Autor auch verwaltungsprozessuale Quellen heran, um seine Ausführungen zu belegen.51 Allerdings liegt der Schwerpunkt seiner Wahrnehmung auf dem Sozialrecht und dem im Rahmen von Sozialprozessen anwendbaren Zivilrecht.

46  Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 (493 f.). 47  Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 (494). 48  Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 ff. 49  Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 (494 f.). 50  Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 (494 f.). 51  Vergleiche zu den verwaltungsprozessualen Quellen Söhngen, Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer in der Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2012, 493 (494 Fn. 24; 496 Fn. 50; 498 Fn. 69).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse329

2. Rechtsprechungskontrolle a) Zivilprozessuale Entscheidung: „Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von ‚Massenverfahren‘ “52 Mit Verzögerungen bei Massenverfahren beschäftigt sich der BGH in einer Entscheidung vom 12.2.2015.53 Er behandelt die Frage, wann in diesen Fällen eine unangemessene Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG gegeben ist und inwieweit ein immaterieller Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vorliegt, wenn einzelne dieser Verfahren nicht in einem angemessenen Zeitraum behandelt werden.54 Dabei zieht er hauptsächlich die Vorschrift des § 198 GVG sowie ZPO-Vorschriften heran.55 Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ÜberlVfRSchG und Art. 24 ÜberlVfRSchG werden ebenfalls genannt.56 Für die Interpretation der Unangemessenheit der Verfahrensdauer trifft der BGH allgemein die Aussage, dass kein Anspruch auf optimale Verfahrensförderung bestehe, sondern nur auf eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung.57 Er nennt weitere BGH-Urteile.58 Bei der Frage, was unter einem immateriellen Nachteil zu verstehen ist und ob ein solcher vorliegt, beruft sich der BGH auf Kommentierungen zu § 198 GVG sowie zur ZPO.59 Daneben zieht er eine Entscheidung des BFH heran.60 Auch jeweils eine sozial- und verwaltungsprozes­suale Quelle werden verwendet.61 Der Schwerpunkt liegt auf dem Zivilprozessrecht, jedoch wird auch Bezug auf andere Gerichtszweige genommen. 52  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157. 53  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157. 54  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157. 55  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157. 56  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 22). 57  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 26). 58  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 26 ff., 36, 43). 59  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 39 ff.). 60  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 41). 61  BGH, Urteil vom 12.2.2015 – III ZR 141/14 (Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer von „Massenverfahren“), BeckRS 2015, 04157 (04157 Rn. 32, 34).

330

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

b) Verwaltungsprozessuale Entscheidung: „Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer“62 In einer Entscheidung vom 29.2.2016 befasst sich das BVerwG mit der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG.63 Dazu werden Normen der VwGO sowie § 198 ff. GVG und Art. 23 Überl­ VfRSchG herangezogen.64 Die Anwendbarkeit der GVG-Normen über § 173 Satz 2 VwGO betont das BVerwG ausdrücklich.65 Vorrangig greift es auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, aber auch auf zivilgerichtliche, finanzgerichtliche und sozialgerichtliche Rechtsprechung und Quellen zurück.66 Dies betrifft auch die Frage, ob die Einlegung einer Verzögerungsrüge erforderlich ist, wenn eine Instanz bei Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG bereits abgeschlossen war.67 Die Entscheidung beschränkt sich also nicht auf verwaltungsprozessuale Ausführungen. c) Finanzprozessuale Entscheidung: „Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH“68 Eine Entscheidung des BFH vom 7.2.2017 thematisiert die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde sowie die Anwendbarkeit der sechsmonatigen Wartefrist nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG, wenn das Ausgangsverfahren bereits in allen Instanzen rechtskräftig abgeschlossen ist.69 Die Ausführungen des BFH sind auch auf sonstige Beschwerden übertragbar, die mit einer Nichtzulassungsbeschwerde in Zusammenhang stehen.70 Der BFH nennt Vorschriften der FGO, der ZPO und des 62  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 ff. 63  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 ff. 64  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 (3464 Rn. 9 ff.). 65  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 (3464 Rn. 11). 66  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 (3465 Rn. 12 ff.). 67  BVerwG, Urteil vom 29.2.2016 – 5 C 31/15 D (Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer), NJW 2016, 3464 (3467 Rn. 31). 68  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431. 69  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431. 70  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 20).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse331

GVG.71 Er zieht Rechtsprechung aus allen öffentlich-rechtlichen Gerichtszweigen und der Zivilgerichtsbarkeit heran.72 Der BFH hält die Dauer einer Nichtzulassungsbeschwerde, die innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen ist, für angemessen.73 Bei seiner Argumentation beruft er sich ausdrücklich auf Rechtsprechung des BSG und des BVerwG und begründet dies damit, dass sich Verfahren über Nichtzulassungsbeschwerden des BFH nicht wesentlich von solchen Verfahren vor dem BSG und nicht wesentlich von Verfahren über die Zulassung von Berufungen vor einem OVG unterscheiden.74 Weiterhin sei die sechsmonatige Wartefrist nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG zwischen der Erhebung der Verzögerungsrüge und der Entschädigungsklage nicht anzuwenden, wenn das Ausgangsverfahren bereits in allen Instanzen rechtskräftig beendet sei.75 Dies gelte aber nicht, wenn im Ausgangsverfahren Anhörungsrügen erhoben worden seien.76 Um dies zu belegen, zieht der BFH jeweils BGH-Entscheidungen heran.77 Damit orientiert sich der BFH für § 198 GVG betreffende Fragen sowohl an der zivilgerichtlichen Rechtsprechung als auch an sozialgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und versucht sich nicht nur an einer eigenen finanzprozes­ sualen Auslegung des § 198 GVG in Bezug auf die behandelten Fragen. d) Sozialprozessuale Entscheidung: „Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge“78 In einer Entscheidung vom 15.12.2015 geht das BSG darauf ein, dass eine Verzögerungsrüge gemäß Art. 23 ÜberlVfRSchG spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG geltend gemacht werden muss, damit 71  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 9 ff.). 72  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 9 ff.). 73  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 15). 74  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 16). 75  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 23). 76  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 23). 77  BFH, Beschluss vom 7.2.2017 – X S 31-36/16 (PKH) (Angemessenheit der Dauer von Beschwerdeverfahren vor BFH), BeckRS 2017, 94431 (94431 Rn. 23). 78  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452.

332

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

der Anspruch auf Entschädigung und der Anspruch auf Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer nicht präkludiert sind.79 Dazu zieht das BSG Rechtsprechung des BFH, des BGH sowie seine eigene Rechtsprechung heran.80 Für die ebenfalls behandelte Frage, ob isoliert auf Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer geklagt werden kann, führt das BSG sozialgerichtliche Rechtsprechung sowie Rechtsprechung des BGH und des BVerwG an.81 Es schließt sich der die aufgeworfene Frage bejahenden Rechtsprechung des BVerwG an.82 Damit weicht das BSG von der BGHRechtsprechung ab.83 Eine Anrufung des GmS-OGB wird abgelehnt, da der Fall des BGH keinen genau gleich gelagerten Sachverhalt umfasst habe.84 In der Entscheidung zieht das BSG die §§ 198 ff. GVG sowie Art. 23 Überl­ VfRSchG und VwGO- und SGG-Normen heran.85 Außerdem geht es auf zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Literatur ein.86 Das BSG macht ­ ausdrücklich deutlich, dass es versucht, die Rechtsprechung einheitlich zu gestalten. Es entscheidet sich in einer zentralen Frage, sich eher dem BVerwG, das ebenfalls der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit zuzuordnen ist, anzuschließen, statt dem BGH zu folgen.87 Insgesamt orientiert

79  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452. 80  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 17). 81  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 13 ff.). 82  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 15). 83  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 15). 84  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 16). 85  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 9 ff.). 86  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 15). 87  BSG, Urteil vom 15.12.2015 – B 10 ÜG 1/15 R (Keine Entschädigung für ein überlanges Gerichtsverfahren wegen nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge), BeckRS 2016, 68452 (68452 Rn. 15, 20).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse333

sich das BSG an Urteilen aller in der Analyse berücksichtigten Gerichtsbarkeiten.

II. Mediation 1. Aufsatzkontrolle a) Allgemeiner Aufsatz: „Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in das staatliche Konfliktlösungssystem“88 Der Autor befasst sich mit der Mediation allgemein. Er stellt ihre Entwicklung und ihr Verhältnis zu staatlichen Gerichtsverfahren dar.89 Weiterhin geht er auf die Änderungen der Verfahrensordnungen durch das Mediationsua­ FöG ein.90 Dabei befasst er sich vorrangig mit § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO.91 Auch § 41 Nr. 8 ZPO, § 159 Abs. 2 ZPO, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und weitere zivilprozessuale Vorschriften finden Erwähnung.92 In den Fußnoten zitiert der Autor vor allem Literatur zur ZPO.93 Daneben zieht er Rechtsprechung der Zivilgerichte heran.94 Als Normen nennt der Auter solche der ZPO, der VwGO und des SGG.95 In Bezug auf die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens werden § 118 SGG sowie § 98 VwGO zitiert.96 Der Autor nimmt eine einheitliche Betrachtung vor, bei der vor allem die ZPO im Fokus steht, aber auch die anderen Verfahrensordnungen berücksichtigt werden. 88  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 ff. 89  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 ff. 90  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (238 ff.). 91  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (238 ff.). 92  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (242 ff.). 93  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (230 Fn. 1 ff.). 94  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (241 Fn. 47, 48, 50). 95  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (236 Fn. 20; 239 Fn. 41; Fn. 52, 55). 96  Kreissl, Mediation – Von der Alternative zum Recht zur Integration in staatliche Konfliktlösungssystem, SchiedsVZ 2012, 230 (242 Fn. 55).

das das das das das das das das 242 das

334

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem – Aufgabenbereiche und Methoden des Güterichters nach § 278 ZPO – Eine erste Bilanz“97 Thema des Aufsatzes ist die Figur des Güterichters, welche in das staat­ liche Gerichtssystem eingepasst werden soll.98 Die Autoren befassen sich vor allem mit § 278 ZPO und § 278a ZPO.99 Weiterhin gehen sie auf § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein.100 Zudem wenden sie sich praktischen Erfahrungen mit dem Güterichtermodell zu.101 Dabei werden auch Erfahrungen außerhalb der Zivilgerichtsbarkeit, beispielsweise des VG Darmstadt und des LSG Hessen, angesprochen.102 Deren Internetseiten werden in die Fußnoten mitaufgenommen.103 Die Autoren zitieren daneben vor allem Literatur zur ZPO.104 Jedoch wird ein Beitrag aus dem Gebiet des Sozialprozessrechts mehrfach genannt sowie zwei Aufsätze aus dem Bereich des Verwaltungsrechts.105 Sogar ein Aufsatz zum Finanzprozessrecht findet Eingang in die Erläuterungen.106 Die Autoren nehmen damit die anderen Prozessrechtsordnungen außerhalb der ZPO nicht nur wahr, sondern lassen sich auch durch diese beeinflussen und lenken.

97  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 ff. 98  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 ff. 99  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1911 ff.). 100  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1912 f.). 101  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1912 f.). 102  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1912). 103  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1912 Fn. 19, 22). 104  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1910 Fn. 1 ff.). 105  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1911 Fn. 8, 10, 14; 1912 Fn. 25; 1914 Fn. 38, 41 f.; 1915 Fn.  53 ff.). 106  Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem, NJW 2014, 1910 (1911 Fn. 13).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse335

c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten des Mediationsförderungsgesetzes“107 Als Impulsgeber für die Ausführungen zur Mediation im Verwaltungsverfahren wird das MediationsuaFöG genannt. Es wird darauf hingewiesen, dass das Verfahren der Mediation Eingang in die ZPO, VwGO, FGO und das SGG gefunden hat, auf das Verwaltungsverfahren jedoch nicht zugeschnitten sei.108 Hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte des Mediationsua­ FöG wird also auf seine Bedeutung für alle untersuchten Verfahrensordnungen hingewiesen. Danach wird primär auf die Erfahrungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit dem Mediationsverfahren eingegangen und dann übergeleitet zu der möglichen Rolle der Mediation im Verwaltungsverfahren.109 Eine Entscheidung des BVerwG zur Möglichkeit der Durchführung einer Mediation vor dem förmlichen Planfeststellungsverfahren wird dargestellt.110 Weiterhin geht es um die Mediation im Allgemeinen und die Verwaltungsmediation und ihre Modalitäten im Speziellen.111 Daneben werden spezielle Rechtsgrundlagen zur Bürgerbeteiligung vorgestellt. Die Vorschriften, auf die Bezug genommen wird, stammen vor allem aus dem BauGB, dem NABEG sowie dem VwVfG und sind somit mehrheitlich verwaltungsrechtlicher Natur oder für mehrere oder alle Rechtsgebiete geltend.112 Diskutiert wird, auch im Widerspruchsverfahren die Mediation anzubieten.113 In den Fußnoten verweist der Autor hauptsächlich auf zivilprozessuale und verwaltungsprozessuale Literatur und Entscheidungen sowie auf verwaltungsrechtliche Literatur.114 Daneben werden zivilprozessuale und verwaltungsprozessuale Vorschriften sowie dem Verwaltungsrecht zuzuordnende Vorschriften

107  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 ff. 108  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (469). 109  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (469 f.). 110  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (471). 111  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (470 ff.). 112  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (470 ff.). 113  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (473 f.). 114  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (468 Fn. 1 ff.).

des Media­ des Media­ des Media­ des Media­ des Media­ des Media­ des Media­ des Media­

336

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

genannt.115 Die Veröffentlichungen, auf die am Ende des Textes Bezug genommen wird, beziehen sich vor allem auf die Mediation allgemein und Prozesse in Verwaltungssachen.116 Auch insgesamt wird vor allem Bezug genommen auf Verwaltungsrechtssachen. Im Rahmen der Gesetzgebungshistorie wird das Themengebiet auf die anderen Prozessrechtsordnungen erweitert. d) Sozialprozessualer Aufsatz: „Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren“117 Der Autor thematisiert die gütliche Streitbeilegung im sozialgerichtlichen Verfahren.118 Im Text nennt er Vorschriften der ZPO und des SGG.119 Die Anwendbarkeit von § 278 Abs. 5 ZPO und § 278a ZPO über § 202 Satz 1 SGG betont er ausdrücklich.120 Für die Anwendbarkeit des § 41 Nr. 8 ZPO auf den Güterichter wird § 60 SGG als Verweisungsvorschrift genannt.121 Bei der Darstellung einiger Regelungen der ZPO, die über Verweisungen im SGG Anwendung finden, geht der Autor nicht auf die Verweisungsnorm ein. So wird § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO thematisiert, ohne auf § 118 SGG hinzuweisen.122 Auch § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO wird erwähnt, ohne ausdrücklich den Zusammenhang zu § 122 SGG herzustellen.123 Selbst in Fällen, in denen die ZPO-Regelung nicht gilt, verweist der Autor zunächst auf diese. So wird § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO genannt, der aber wegen § 90 SGG keine An-

115  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten des Media­ tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (469 Fn. 2, 5; 471 Fn. 23, 26; 473 Fn. 46, 47). 116  von Bargen, Mediation im Verwaltungsverfahren nach Inkrafttreten des Media­ tionsförderungsgesetzes, ZUR 2012, 468 (474). 117  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 ff. 118  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 ff. 119  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 ff. 120  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (41, 43). 121  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (47, 48 f.). 122  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (47 f.). 123  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (48, 50).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse337

wendung findet.124 Weiterhin geht der Autor auf den Amtsermittlungsgrundsatz ein,125 der vor allem im SGG, der VwGO und der FGO gilt. Dabei nennt er § 103 SGG als Rechtsgrundlage.126 In den Fußnoten gibt der Autor Normen des SGG und der ZPO an.127 Er zitiert Literatur aus diesen Rechtsgebieten.128 Zudem wertet er eine Entscheidung des BSG aus.129 Auch verwaltungsprozessuale und steuerrechtliche Literatur findet Eingang in seine Ausführungen.130 Es erfolgt eine detaillierte Auslegung der ZPO und des SGG, die sich jedoch immer wieder auf die Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens bezieht und daneben die anderen Verfahrensordnungen wahrnimmt. 2. Rechtsprechungskontrolle a) Verwaltungsprozessuale Entscheidung: „Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung“131 Das OVG Münster stellt am 16.8.2016 klar, dass die Verweisung eines Rechtsstreits vor den Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO kein Ruhen des Verfahrens vorsehe.132 Es führt aus, dass keine planwidrige Regelungslücke gegeben sei und infolgedessen weder § 278a Abs. 2 ZPO noch § 278 Abs. 4 124  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (42). 125  Siehe dazu §  2  C. II. 1. b). 126  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (43, 48). 127  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (43 Fn. 8; 45 Fn. 30; 50 Fn. 65 f.). 128  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (41 Fn. 1 ff.). 129  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (46 Fn. 36). 130  Dürschke, Güterichter statt Mediator – Güteverhandlung und Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren, NZS 2013, 41 (42 Fn. 10; 45 Fn. 30; 48 Fn. 53); die verwaltungsprozessuale Literatur kann durch die automatische Suche nicht erfasst werden, da sie sich an dieser Stelle aus den individuell gestalteten Titeln von Monographien ergibt. Trotzdem wird der Aufsatz sowohl nach der automatischen Suche als auch nach der Stichprobenkontrolle den Aufsätzen zugerechnet, für welche der Einheitsgedanke gilt. Da die Suche nur Tendenzen abzeichnet, ist diese Ungenauigkeit unwesentlich. 131  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083. 132  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083 (51083 Rn. 3).

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§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

ZPO analog angewendet werden können.133 Um diese Ansicht zu stützen, zieht das OVG Münster einen ZPO-Kommentar heran.134 Bei der ersten Nennung des § 278 Abs. 5 ZPO wird dieser in Verbindung mit der Generalverweisungsnorm des § 173 Satz 1 VwGO herangezogen.135 Weitere zivilprozessuale Normen werden ohne Verknüpfung mit § 173 Satz 1 VwGO verwendet.136 Der dabei vergleichend genannte § 278 Abs. 4 ZPO wäre jedoch auch nicht über § 173 Satz 1 VwGO anwendbar.137 Das OVG Münster strebt keine autonome Auslegung der zivilprozessualen Normen innerhalb des Verwaltungsrechtsregimes an. b) Sozialprozessuale Entscheidung: „Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens“138 In einer Entscheidung vom 5.9.2016 befasst sich das LSG Bayern mit der Verweisung eines Verfahrens vor den Güterichter nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO.139 Diese ist als prozessleitende Verfügung gemäß § 172 Abs. 2 SGG unanfechtbar.140 Zudem bedarf es keines Einverständnisses der Parteien zur Durchführung des Güterichterverfahrens.141 Das LSG Bayern wendet die einschlägigen ZPO-Normen an und 133  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083 (51083 Rn. 3). 134  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083 (51083 Rn. 3). 135  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083 (51083 Rn. 1). 136  OVG Münster, Beschluss vom 16.8.2016 – 19 A 2484/15 (Konfliktbeilegung, Mandatsniederlegung, Dienstpflichtverletzung), BeckRS 2016, 51083 (51083 Rn. 1, 3). 137  Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 2015, S. 534; vergleiche zu § 278 ZPO in der Fassung vom 5.12.2008 noch Weitz, Gerichtsnahe Mediation in der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit, 2008, S. 381 ff. 138  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051. 139  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051. 140  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051 (73051 Rn. 8). 141  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051 (73051 Rn. 9); siehe § 3 D. II. 2. a).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse339

verknüpft diese ausdrücklich mit den SGG-Normen.142 Es greift vorrangig auf sozialprozessuale Literatur und Rechtsprechung zurück.143 Weiterhin bezieht es sich für das fehlende Erfordernis des Einverständnisses auf ein Urteil des OVG Bautzen.144 Es zeigt sich, dass nicht nur das SGG bei der Fall­ lösung herangezogen wird, sondern auch die verwaltungsgerichtliche Praxis Beachtung findet.

III. Videokonferenztechnik 1. Aufsatzkontrolle a) Allgemeiner Aufsatz: „Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz – Ein kleiner Schritt auf dem Weg zum elektronischen Gerichtsverfahren“145 Der Autor thematisiert die Neuregelung der Videokonferenztechnik in allen Verfahrensordnungen und weist auf die Wortlautgleichheit der Regelungen hin.146 Vorrangig nennt er Beispiele aus der ZPO und verweist auf den Zivilprozess.147 § 128a ZPO wird als „Kern der Neuregelung“ der Videokonferenztechnik verstanden.148 Daneben nennt er die entsprechenden Vorschriften aus FGO, SGG und VwGO.149 Der Autor zieht als Beispiele für die positive Entwicklung der Videokonferenztechnik Gerichte in Bayern und

142  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051 (73051 Rn. 3, 8). 143  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051 (73051 Rn. 8 ff.). 144  LSG Bayern, Beschluss vom 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B (Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen Verweisung an den Güterichter und Anordnung des Ruhens des Verfahrens), BeckRS 2016, 73051 (73051 Rn. 9); OVG Bautzen, Beschluss vom 6.8.2014 – 1 A 257/10 (Wirkung der Verweisung an den Güterichter) – juris Rn. 1. 145  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 ff. 146  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 ff. 147  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 ff. 148  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 (331). 149  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 (331).

340

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

Schleswig-Holstein sowie das FG Berlin-Brandenburg heran.150 In den Fußnoten finden sich Verweise auf zivilrechtliche Rechtsprechung.151 Es handelt sich um eine allgemeine Betrachtung. Diese orientiert sich vorrangig an der ZPO. b) Sozialprozessualer Aufsatz: „Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess“152 In seinem Aufsatz befasst sich der Autor schwerpunktmäßig mit der Reglung des § 110a SGG.153 Daneben stellt er die Entwicklung der Videokonferenztechnik in den anderen Verfahrensordnungen dar und nennt deren Vorschriften.154 Weiterhin greift er ausdrücklich auf die Erfahrungen der Finanzgerichtsbarkeit und das Schrifttum von ZPO und FGO zurück.155 Zudem verweist er für die Suche nach geeigneten Videokonferenzanlagen auf die Finanzämter, da im finanzgerichtlichen Verfahren die Videokonferenz schon länger durchgeführt wird.156 Der genannte Rückgriff auf die anderen Verfahrensordnungen spiegelt sich auch im Fußnotenapparat wider. So zieht der Autor neben Urteilen des BSG auch BFH-Urteile heran.157 Zusätzlich zu der Literatur zum SGG verwendet er auch verwaltungsprozessuale, vorrangig jedoch zivilprozessuale und finanzprozessuale Literatur.158

150  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 (331). 151  Prütting, Auf dem Weg von der mündlichen Verhandlung zur Videokonferenz, AnwBl 2013, 330 (330 Fn. 1). 152  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 ff. 153  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 (848 ff.). 154  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 ff. 155  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 (847, 854). 156  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 (848). 157  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 (850 Fn. 44; 851 Fn. 67; 853 Fn. 93). 158  Leopold, Der neue § 110a SGG – Videokonferenzen im Sozialgerichtsprozess, NZS 2013, 847 (847 Fn. 1 ff.).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse341

2. Rechtsprechungskontrolle a) Zivilprozessuale Entscheidung: „Unerreichbarkeit eines Auslandszeugen“159 Das OLG München zieht in einer Entscheidung vom 14.2.2014 § 128a ZPO und einzig zivilprozessuale Literatur heran.160 Es nimmt eine rein zivilprozessuale Beurteilung des Sachverhaltes vor. b) Finanzprozessuale Entscheidung: „Kein Kindergeld für in Südamerika tätigen Missionar“161 Allein unter Bezugnahme auf § 91a FGO entscheidet das FG Nürnberg am 29.1.2014, dass eine Verhandlung, ohne die Durchführung einer Videokonferenz zu ermöglichen, bei rügeloser Einlassung nicht zur Beschwer führt.162 Außerdem weist das FG Nürnberg darauf hin, dass eine Videokonferenz per Skype nicht den Anforderungen des § 91a FGO entspricht.163 Es zieht insgesamt vor allem Rechtsprechung des BFH heran.164 Allerdings bezieht sich das FG Nürnberg auch auf das Sozialgericht und eine ZPO-Norm. Die Entscheidung greift nur vereinzelt Elemente aus anderen Verfahrensordnungen auf.165 Durch diesen vereinzelten Rückgriff ist sie jedoch bei der automatischen Suche dem Feld der prozessordnungsübergreifenden Entscheidungen zuzuordnen.

159  OLG München, Urteil vom 14.2.2014 – Auslandszeugen), BeckRS 2014, 03742. 160  OLG München, Urteil vom 14.2.2014 – Auslandszeugen), BeckRS 2014, 03742. 161  FG Nürnberg, Urteil vom 29.1.2014 – Südamerika tätigen Missionar), BeckRS 2014, 162  FG Nürnberg, Urteil vom 29.1.2014 – Südamerika tätigen Missionar), BeckRS 2014, 163  FG Nürnberg, Urteil vom 29.1.2014 – Südamerika tätigen Missionar), BeckRS 2014, 164  FG Nürnberg, Urteil vom 29.1.2014 – Südamerika tätigen Missionar), BeckRS 2014, 165  FG Nürnberg, Urteil vom 29.1.2014 – Südamerika tätigen Missionar), BeckRS 2014,

10 U 3074/13 (Unerreichbarkeit eines 10 U 3074/13 (Unerreichbarkeit eines 3 K 861/13 94811. 3 K 861/13 94811. 3 K 861/13 94811. 3 K 861/13 94811. 3 K 861/13 94811.

(Kein Kindergeld für in (Kein Kindergeld für in (Kein Kindergeld für in (Kein Kindergeld für in (Kein Kindergeld für in

342

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

c) Sozialprozessuale Entscheidung: „Unfallversicherung, Arbeitsunfall“166 Das LSG Hessen äußert sich in einer Entscheidung vom 24.3.2015 zur Zulässigkeit der Übertragung einer Zeugenaussage mittels Videokonferenztechnik.167 Es zieht § 110a SGG, Literatur zum SGG und sozialgerichtliche Rechtsprechung vor allem des BSG heran.168 Der Fokus der Rechtsprechung bleibt prozessordnungsintern.

IV. Elektronischer Rechtsverkehr mit den Gerichten 1. Aufsatzkontrolle a) Allgemeiner Aufsatz: „Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter – Entwicklung und Entwicklungsperspektiven von E-Justice“169 Der Autor bezieht sich in seinen Ausführungen zum Konzept des elektronischen Rechtsverkehrs auf alle Verfahrensordnungen. Er nennt hauptsächlich zivilprozessuale Normen wie § 130a ZPO, § 130c ZPO, § 130d ZPO und § 298a ZPO.170 Weiterhin geht der Autor auf die Neuregelung des § 191a GVG ein.171 Erwähnung finden auch § 55a VwGO und § 55d VwGO.172 Der Autor bezieht sich vorrangig auf zivilprozessuale Rechtsprechung.173 So betont er, dass der BGH als erstes Gericht den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet hat.174 Daneben geht er auf verwaltungsprozessuale und finanzprozessuale Rechtsprechung sowie auf Rechtsprechung des GmS-OGB ein.175 In den Fußnoten verweist der Autor auf Entscheidungen von Zivilgerichten, Verwaltungsgerichten, Finanzgerichten und Sozialgerichten sowie auf die 166  LSG Hessen, Urteil vom 24.3.2015 – L 3 U 225/10 (Unfallversicherung, Arbeitsunfall), BeckRS 2015, 67052. 167  LSG Hessen, Urteil vom 24.3.2015 – L 3 U 225/10 (Unfallversicherung, Arbeitsunfall), BeckRS 2015, 67052 (67052 Rn. 24). 168  LSG Hessen, Urteil vom 24.3.2015 – L 3 U 225/10 (Unfallversicherung, Arbeitsunfall), BeckRS 2015, 67052 (67052 Rn. 20 ff.). 169  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 ff. 170  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 ff. 171  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2780). 172  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2779). 173  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2776). 174  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2776). 175  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2776, 2778).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse343

Rechtsprechung des GmS-OGB.176 Zudem nennt er die Norm des § 100 VwGO. Die Literaturnachweise sind schwerpunktmäßig dem Zivilprozess zuzuordnen.177 Insgesamt thematisiert der Autor das Konzept des elektronischen Rechtsverkehrs sowie dessen Probleme und Herausforderungen generell, ohne sich auf eine bestimmte Prozessrechtsordnung zu beschränken. b) Zivilprozessualer Aufsatz: „Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess“178 Der Autor beschäftigt sich ausdrücklich nur mit den Veränderungen durch das ERVGerFöG im Zivilprozess.179 Im Text nennt er einzig zivilprozessuale Normen und befasst sich vor allem näher mit § 130a ZPO, § 130d ZPO, § 298 ZPO, § 298a ZPO, § 371a ZPO und § 371b ZPO.180 Zudem nimmt er auf die Rechtsprechung des BGH Bezug.181 In den Fußnoten wird nahezu ausschließlich auf zivilprozessuale Literatur, Rechtsprechung und Vorschriften eingegangen.182 An einer Stelle nennt der Autor eine finanzprozessuale Vorschrift und Entscheidung.183 Trotz der Beschränkung der Themenstellung auf den Zivilprozess geht der Autor bei der Analyse des elektronischen Rechtsverkehrs auf die FGO ein. c) Verwaltungsprozessualer Aufsatz: „Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?“184 Den elektronischen Verwaltungsprozess in all seinen Facetten thematisieren die Autoren unter Heranziehung von § 55a VwGO und § 55b VwGO.185 176  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2776 Fn. 8, 9; 2779 Fn. 43). 177  Bernhardt, Die deutsche Justiz im digitalen Zeitalter, NJW 2015, 2775 (2775 Fn.  1 ff.). 178  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 ff. 179  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 ff. 180  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 (2754 ff.). 181  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 (2754 ff.). 182  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 (2753 Fn.  1 ff.). 183  Bacher, Der elektronische Rechtsverkehr im Zivilprozess, NJW 2015, 2753 (2753 Fn. 4). 184  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 ff. 185  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 ff.

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§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

Daneben wird § 174 ZPO genannt.186 Bei ihren Erläuterungen im Text verweisen die Autoren zudem auf die Erfahrungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit.187 In den Fußnoten gehen sie sowohl auf verwaltungprozessuale als auch auf zivilprozessuale und finanzprozessuale Entscheidungen ein.188 Zudem ziehen die Autoren verwaltungsprozessuale und zivilprozessuale Literatur heran.189 Daneben nennen sie § 130a ZPO, § 55a VwGO, § 52a FGO, § 65a SGG zu den elektronischen Dokumenten und § 55b VwGO, § 100 VwGO, § 298 ZPO und § 298a ZPO zur elektronischen Aktenführung.190 Es handelt sich um eine Analyse des elektronischen Verwaltungsprozesses, bei der auf die anderen Verfahrensordnungen eingegangen wird. d) Finanzprozessualer Aufsatz: „Die elektronische Klage – Verwendung von Fax, Computerfax und E-Mail in der Praxis“191 Die Anforderungen an eine Unterschrift in verfahrensgestaltenden Schriftsätzen stellt der Autor des untersuchten finanzprozessualen Aufsatzes dar.192 Seine Ausführungen werden auf Beispielsfälle gestützt.193 Einen Schwerpunkt seiner Ausführungen legt er auf das elektronische Dokument.194 Dabei zieht er sowohl in den innertextlichen Verweisen als auch ausdrücklich finanzprozessuale, zivilprozessuale und verwaltungsprozessuale Rechtsprechung sowie Rechtsprechung des GmS-OGB heran.195 Neben den FGOVorschriften geht der Autor auf die VwGO-, SGG- und ZPO-Vorschriften

186  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 (18). 187  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 ff. 188  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 (21 Fn. 57, 59, 62, 63; 22 Fn. 77, 80). 189  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 (14 Fn. 1 ff.). 190  Geis/Berlit, Elektronischer Verwaltungsprozess – Vision, Illusion oder Bedrohung?, DVBl 2014, 14 (16 Fn. 12; 17 Fn. 14; 23 Fn. 86). 191  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax und ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 ff. 192  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax und ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 ff. 193  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax und ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 ff. 194  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax und ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 (278 ff.). 195  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax und ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 (276 ff.).



B. Stichprobenkontrolle der Textanalyse345

ein.196 Die verwendete Literatur ist mehrheitlich dem Finanzprozessrecht zuzuordnen.197 Der Autor wirft an vielen Stellen einen vergleichenden Blick auf die anderen Verfahrensordnungen. e) Sozialprozessualer Aufsatz: „Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute und morgen“198 Der Autor befasst sich mit dem elektronischen Rechtsverkehr in der Sozialgerichtsbarkeit.199 Er stellt § 65a SGG in den Mittelpunkt, spricht aber auch die parallele Vorschrift des § 130a ZPO sowie die parallelen Vorschriften in den anderen Verfahrensordnungen an.200 Daneben befasst er sich mit § 65b ZPO, § 174 ZPO und § 195 ZPO.201 Bei der Darstellung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches zieht er wiederum § 130a ZPO heran, statt die entsprechende Vorschrift des SGG zu nennen.202 Um zu erklären, dass die Schriftform ein aliud zum elektronischen Rechtsverkehr ist, geht er auf die entsprechenden Vorschriften in VwGO, FGO und SGG ein.203 Im Text verweist der Autor bereits ausdrücklich nicht nur auf sozialgerichtliche Rechtsprechung, sondern ebenso auf zivilgerichtliche und finanzgerichtliche Rechtsprechung und solche des GmS-OGB.204 Auch in den Fußnoten geht der Autor nicht nur auf sozialprozessuale Literatur und Rechtsprechung ein,205 sondern auch auf finanzprozessuale und zivilgerichtliche Rechtspre-

196  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 ff. 197  Weigel, Die elektronische Akte – Verwendung von Fax, Computerfax ­E-Mail in der Praxis, StBW 2013, 275 ff. 198  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 ff. 199  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 ff. 200  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 ff. 201  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 (898 ff.). 202  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 (899). 203  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 (899). 204  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 (897 f.). 205  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute morgen, NZS 2015, 896 (896 Fn. 1 ff.).

und und und und und und und und und und

346

§ 8 Anhang: Ergänzungen zu § 4

chung und Rechtsprechung des GmS-OGB.206 Zudem nennt er die Parallelnormen zu § 65a SGG in VwGO, FGO und ZPO und befasst sich auch mit einer weitere zivilprozessuale Norm zur Zustellung.207 Insgesamt zieht der Autor Vergleiche und Parallelen zu anderen Prozessrechtsordnungen und legt damit seinen Ausführungen den Einheitsgedanken zugrunde. 2. Rechtsprechungskontrolle Mangels verwendbarer Datensätze konnte keine Rechtsprechungskontrolle durchgeführt werden.208

206  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute und morgen, NZS 2015, 896 (897 Fn. 8, 10, 11, 14; 898 Fn. 18, 20, 22; 899 Fn. 27). 207  Müller, Der elektronische Rechtsverkehr in der Rechtsanwendung – heute und morgen, NZS 2015, 896 (896 Fn. 1; 897 Fn. 4). 208  Siehe dazu §  4  B. III. 4. c).

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Personen- und Sachverzeichnis 2. FGOÄndG  202 f., 208, 211, 290 f.

Computerlinguistik  39, 303

Akkusationsmaxime siehe Anklagegrundsatz allgemeine Prozesslehre  59, 117 allgemeine Prozessrechtslehre  35, 53 ff., 65 f., 68 f., 87, 117 f., 212, 236, 257 f., 280, 282 ff., 296 f., 300 f., 303 f. allgemeiner Teil  67, 117, 133, 135, 236, 284, 288, 295 Amtsermittlungsgrundsatz  254, 328, 337 Amtshaftungsanspruch  157, 159 f., 167, 287 Andreas Popp  65 angemessene Verfahrensdauer  156 f., 161 ff., 165, 169, 172, 287 f., 324 f., 329, 332 Anklagegrundsatz  46 außergerichtliche Konfliktbeilegung  33, 49, 183 f., 186, 189 ff., 195 ff., 200, 234, 281, 289 f. außerordentliche Beschwerde  114, 157, 160, 180, 287

Deduktion  34 De-Mail  222, 229 f. Dienstaufsichtsbeschwerde  157 f., 180, 287 Digitalisierung  50 f., 210, 212, 234, 244, 250, 252, 274, 283, 291, 294 ff., 300 f. Digitalisierungsgesetz  301 Dispositionsmaxime  43 f., 97 f., 100 f., 113

Beibringungsgrundsatz  101 ff., 143, 169, 172 Beibringungsmaxime siehe Beibringungsgrundsatz Beobachtungsebene  35 Beschleunigungsgrundsatz siehe Ver­ fahrensbeschleunigung Betrachtungsweise  31 f., 34, 69, 155, 183, 256, 272, 282 Bindungselemente  32, 53, 69 ff., 116 ff., 284 Caroline Zagajewski  62 Christoph Trzaskalik  61

EAJEGuERVFöG  219, 220, 224 ff., 292 effektiver Rechtsschutz  72, 76, 78, 80 f., 83, 116, 143, 156 EG-Elektronische-Signaturen-RL  213, 293 eiDAS-Durchführungsgesetz  220 Einheit des Prozessrechts  31, 33 35, 67, 69, 117, 119 f., 187, 237, 239, 242 f., 251, 253, 255, 257, 271, 275, 296, 301 Einheitsgedanke  33, 67, 119 f., 127, 158, 166, 187, 191 f., 194, 199 f., 207, 211, 227, 233, 236 f., 258, 267, 271, 273, 275, 277, 280 ff., 285, 287 f., 290 f., 294 ff., 299 ff., 327, 337, 346 Einheitsgesetzgebung  236, 295 elektronische Akte  212 f., 215 f., 218 ff., 223 ff., 229, 233, 271, 291 ff., 302 elektronische Aktenbearbeitung siehe elektronische Akte elektronische Aktenführung siehe elek­ tronische Akte elektronische Dokumente  214 ff., 221 ff., 227, 229, 231, 233, 271, 291 ff., 344

378

Personen- und Sachverzeichnis

elektronische Kommunikation  51, 204, 212, 215, 225 elektronischer Rechtsverkehr  33, 49, 212 ff., 219, 222, 226 ff., 230, 234, 271, 281, 291 f., 299, 302, 342 f., 345 elektronisches Formular  222 f., 230, 233, 292 EMRK  51, 77, 81 ff., 87, 105, 111, 113, 150, 156, 158, 180 ERVGerFöG  48, 51 f., 212 f., 219 ff., 224 ff., 231 ff., 245, 248, 271, 273, 275 f., 292 ff., 299 f., 314, 343 ERVV  222 Europäisierung  50 f., 95, 283, 300 f. Europarecht siehe europarechtlich europarechtlich  72, 87, 235 f., 253, 295, 322 Fachgerichtsordnung  43, 79, 120, 134, 143, 161, 208, 219 FormAnpG  213 f., 291 Funktionen des Prozessrechts  69 ff., 87, 94 ff., 116 f., 284 Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes  40 Generalverweisung  128, 140 f., 145 f., 153 f., 166, 168, 174, 181, 186, 191, 198 ff., 204, 206, 214, 234, 285 f., 289 ff., 298, 338 Georg Steinberg  59, 117, 284 Gerichtszugang  76, 80, 82, 84 f., 160, 197, 221, 227, 229 Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren  33, 49, 288, 328 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergericht­ lichen Konfliktbeilegung  33, 49, 288 Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten  33, 49, 292 Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes der Videokonferenztechnik in

gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren  33, 49 Gesetzgebungslehre  36 f., 123, 135 f., 144, 286 Gesetzgebungsmaterialien  46 f., 167, 185, 192, 205, 289 GmS-OGB  40, 93, 170, 235, 332, 342 ff. GrCh  83 ff., 150 Grundsatz der Mündlichkeit  104 ff., 210 Grundsatz der Öffentlichkeit  42, 104 f., 108 f., 210 Grundsatz der Unmittelbarkeit  104, 106 f., 210 Güterichter  181, 186, 189 f., 192, 195 f., 198 ff., 234, 281, 289 f., 334, 336 ff. Güterichterkonzept siehe Güterichter Güterichtermodell siehe Güterichter Harmonisierung der Verfahrensordnungen  132, 185, 188, 205 Hermeneutik  238 hermeneutischer Zirkel  239 Hypothese  243, 259 f., 264, 268, 271, 297, 323 Induktion  34 Interdependenzen  33, 277 interdisziplinär  37 f., 303 Interdisziplinarität siehe interdisziplinär intradisziplinär  37 Intradisziplinarität siehe intradisziplinär Jakob Julius Nolte  56 James Goldschmidt  54 f. JKomG  203 ff., 215, 219, 221, 232 f., 290 f. Johann Josef Hagen  59 Justizeinheit  68, 123 f. Justizgewährleistungsanspruch  72 ff., 79 ff., 83 f., 95, 113, 150, 157 Justizgrundrecht  116, 118, 284



Personen- und Sachverzeichnis379

Keyword Extraction  252 Leitbegriff  70, 117, 284 Leitbild  33, 95, 238, 240 ff., 296 manuelle Suche  249, 255, 304 f., 322 Mediation  33, 49 ff., 181 ff., 185 ff., 234, 264, 267 f., 281 f., 288 ff., 298, 333, 335 f. MediationsuaFöG  49, 51, 155, 181 ff., 188 ff., 195 f., 200, 234, 245 f., 264, 267 f., 275 f., 282, 288, 290, 294 ff., 298 ff., 311, 333, 335 Mediator  181 f., 184, 188 f., 192, 194, 336 Medientransfer  216, 218 Mündlichkeitsgrundsatz siehe Grundsatz der Mündlichkeit Musterfeststellungsklage  88 Mutter aller Prozessrechtsordnungen siehe Mutter aller Verfahrensordnungen Mutter aller Verfahrensordnungen  30, 41, 285 Neue Verwaltungsrechtswissenschaft  38 Niklas Luhmann  58 objektive Rechtskontrolle  87, 89, 91 Öffentlichkeitsgrundsatz siehe Grundsatz der Öffentlichkeit Offizialmaxime  46, 97 f. Oskar Bülow  53, 55, 65, 117, 284 Petra Cormann  62 Philipp Reimer  56 ff., 64 Prozessrechtsmaxime  70, 96 f., 116, 243, 253 f. Prozessrechtswissenschaft  36 f., 47 prozessuale Funktionen siehe Funktionen des Prozessrechts prozessuale Institute  33 ff., 49 f., 62, 69, 118 ff., 127 ff., 135, 137, 155 f., 181, 183, 185, 201, 206 f., 211, 233 ff.,

240, 242 f., 245, 249 f., 253 ff., 268, 270, 274 ff., 281 f., 285, 290, 294, 296 f., 300 ff., 309 Prozesszweck  54, 56, 70, 89, 91, 93 ff., 117 Recht auf den gesetzlichen Richter  113, 115, 152 rechtliches Gehör  86, 113 f., 253 Rechtsdogmatik  30 ff., 47 f., 57, 62, 116, 118, 237, 245, 252, 258 f., 275, 277 ff., 284, 296 ff. rechtsdogmatisch siehe Rechtsdogmatik Rechtseinheit  40, 205 Rechtsfrieden  55, 94, 149 Rechtshängigkeit  64, 147, 179 f. Rechtsinformatik  39, 303 Rechtskraft siehe rechtskräftig rechtskräftig  54, 63, 102, 149, 163, 218, 330 f. Rechtslage  54, 106, 194, 234 Rechtspraxis  48 Rechtsschutzeffektivität siehe effektiver Rechtsschutz rechtsstaatliche Grundsätze rechtsvergleichend siehe Rechtsvergleichung Rechtsvergleichung  56, 123, 129 Rechtsverhältnis  54, 64 f., 117, 284 Regelungsmodelle  33, 119 f., 127 ff., 132, 135 ff., 140, 155 f., 180 f., 199 f., 211 f., 232 ff., 280 ff., 285 f., 288, 290 f., 294 f., 300, 302 Relevanz des Einheitsgedankens  33, 119, 166, 191, 207, 227, 237, 277, 280 Robert Alexy  64 Schlüsselwörter  33, 252 ff., 296 ff., 302, 304 ff., 308 f., 316 f., 322 f. SigG  220 f. Signatur  213 ff., 222, 224 Sondertheorie  236, 295 Spezialverweisung  140, 145 ff., 151 ff., 181, 286 f.

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Personen- und Sachverzeichnis

subjektive Rechte  71 f., 75 ff., 79, 81, 85, 87 ff., 101 Textanalyse  7, 33, 252, 296, 302 f., 305, 324 ÜberlVfRSchG  49, 51, 110, 155 f., 162, 165 ff., 172, 174, 178 f., 234, 245, 251, 260, 275 f., 288, 295 ff., 299, 309, 323, 326 ff. Unmittelbarkeitsgrundsatz siehe Grundsatz der Unmittelbarkeit Untätigkeitsklage  157, 161 Untersuchungsgrundsatz siehe Untersuchungsmaxime Untersuchungsmaxime  44, 46, 97, 101, 103, 111, 143, 193, 309, 326 VDG  221 Vereinheitlichung des Prozessrechts  68, 155, 285 Verfahrensbeschleunigung  104, 110 ff., 161 f., 234, 283 Verfahrensdogmatik  57 Verfahrenseinheit  123 Verfahrensgrundsatz  41, 46, 96, 116, 118, 143, 167, 284 Verfahrensökonomie  190

Verfahrenstheorie  56 ff. Verfassungsbeschwerde  157 ff., 180, 287 Verfügungsgrundsatz  98 Verzögerungsrüge  163, 169, 172, 178, 330 f. Videokonferenztechnik  33, 49, 201 ff., 234, 268, 270 f., 281, 290 f., 298 f., 339 f., 342 VideokonfIntensG  49, 52, 201, 204 ff., 210 ff., 234, 245, 247, 270, 275 f., 281 f., 290 f., 294, 296, 298 ff., 313 Völkerrecht siehe völkerrechtlich völkerrechtlich  113, 253, 288, 300 Vorrang der ZPO  31, 128 f., 160, 170, 186, 192 f., 195, 200, 206, 208, 211, 233, 236, 285, 295 Vorverständnis  33, 237 ff., 296 Wilhelm Sauer  55 Wolfgang Grunsky  32, 55 f. ZPO-RG  45, 184 f., 188, 199, 203, 205, 208, 211, 289 ff. ZSchG  201 Zugang zu den Gerichten siehe Gerichtszugang