Das Bauernjahr. Lateinisch - deutsch [Annotated] 311044013X, 9783110440133

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Das Bauernjahr. Lateinisch - deutsch [Annotated]
 311044013X, 9783110440133

Table of contents :
INHALT
EINFÜHRUNG
Die Tradition
Autor und Werk
Das Bauernjahr
Landwirtschaft, Tiermedizin und Baumveredelung
Palladius und seine Zeit
Ökologie und Nachhaltigkeit
Zum Nachleben des Werks
Erläuterungen zum Verständnis
A – Anbaumethoden
B – Bauwesen
G – Götter und Magie
K – Kalender, Gestirne, Zeitmessung
L – Lebensmittel
M – Maße und Gewichte
N – Namen von Personen
O – Orte, Länder, Völker
P – Pfl anzen
V – Veredelung von Bäumen
W – Winde und Himmelsrichtungen
Zu dieser Ausgabe
TEXT UND ÜBERSETZUNG
Buch 1: Grundlagen
Grundsätzliches
Bauernhof
Vogelzucht
Einrichtungen und Heilmittel
Imkerei
Sonstiges
Buch 2: Januar
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 3: Februar
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 4: März
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Imkerei
Zeitmessung
Buch 5: April
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Imkerei
Zeitmessung
Buch 6: Mai
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Imkerei
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 7: Juni
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Imkerei
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 8: Juli
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Tierhaltung
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 9: August
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Imkerei
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 10: September
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 11: Oktober
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Imkerei
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 12: November
Ackerbau I
Gartenbau
Obstbau
Imkerei
Ackerbau II
Tierhaltung
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 13: Dezember
Ackerbau
Gartenbau
Obstbau
Sonstiges
Zeitmessung
Buch 14: Tiermedizin
Einführung
Rinder
Pferde
Maultiere
Schafe und Ziegen
Schweine
Andere Autoritäten zu Rindern
Andere Autoritäten zu Pferden
Buch 15: Baumveredelung
Proöm für Pasiphilus
Lehrgedicht
ANHANG
Zur Textgestaltung
Literaturhinweise
Register

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SAMMLUNG TUSCULUM

Herausgeber: Niklas Holzberg Bernhard Zimmermann

Wissenschaftlicher Beirat: Günter Figal Peter Kuhlmann Irmgard Männlein-Robert Rainer Nickel Christiane Reitz Antonios Rengakos Markus Schauer Christian Zgoll

PALL ADIUS

DAS BAUERNJAHR

Lateinisch-deutsch

Herausgegeben und übersetzt von Kai Brodersen

DE GRUYTER

ISBN 978-3-11-044013-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-043213-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-043233-6 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Für Einbandgestaltung verwendete Abbildungen: Cologny (Genève), Fondation Martin Bodmer, Cod. Bodmer 52: 6v/7r (www.e-codices.unifr.ch) Satz: Kai Brodersen, Erfurt Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier

Printed in Germany www.degruyter.com

I N H A LT

EINFÜHRUNG Die Tradition 9 Autor und Werk 10 Das Bauernjahr 13 Landwirtschaft, Tiermedizin und Baumveredelung Palladius und seine Zeit 16 Ökologie und Nachhaltigkeit 18 Zum Nachleben des Werks 19 Erläuterungen zum Verständnis 22 A – Anbaumethoden 22 B – Bauwesen 22 G – Götter und Magie 24 K – Kalender, Gestirne, Zeitmessung 25 L – Lebensmittel 26 M – Maße und Gewichte 27 N – Namen von Personen 28 O – Orte, Länder, Völker 28 P – Pflanzen 29 V – Veredelung von Bäumen 31 W – Winde und Himmelsrichtungen 32

Zu dieser Ausgabe

32

TEXT UND ÜBERSETZUNG Buch 1: Grundlagen

36/37

Grundsätzliches 38/39 Bauernhof 62/63 Vogelzucht 86/87 Einrichtungen und Heilmittel Imkerei 122/123 Sonstiges 128/129

102/103

15

6

Inhalt Buch 2: Januar

138/39

Ackerbau 140/141 Gartenbau 156/157 Obstbau 160/161 Sonstiges 172/173 Zeitmessung 176/177

Buch 3: Februar

178/179

Ackerbau 182/183 Gartenbau 230/231 Obstbau 240/241 Tierhaltung 262/263 Sonstiges 264/265 Zeitmessung 272/273

Buch 4: März

274/275

Ackerbau 276/277 Gartenbau 288/289 Obstbau 298/299 Tierhaltung 324/325 Imkerei 340/341 Zeitmessung 344/345

Buch 5: April

346/347

Ackerbau 348/349 Gartenbau 352/353 Obstbau 356/357 Tierhaltung 360/361 Imkerei 360/361 Zeitmessung 366/367

Buch 6: Mai

368/369

Ackerbau 370/371 Gartenbau 376/377 Obstbau 376/377 Tierhaltung 378/379 Imkerei 382/383 Sonstiges 383/384 Zeitmessung 388/389

Inhalt Buch 7: Juni

390/391

Ackerbau 392/393 Gartenbau 396/397 Obstbau 398/399 Tierhaltung 400/401 Imkerei 402/403 Sonstiges 408/409 Zeitmessung 412/413

Buch 8: Juli

414/415

Ackerbau 416/417 Gartenbau 418/419 Obstbau 420/421 Tierhaltung 420/421 Sonstiges 424/425 Zeitmessung 428/429

Buch 9: August

430/431

Ackerbau 432/433 Gartenbau 434/435 Obstbau 436/437 Imkerei 436/437 Sonstiges 438/439 Zeitmessung 448/449

Buch 10: September

450/451

Ackerbau 452/453 Gartenbau 464/465 Obstbau 466/467 Sonstiges 468/469 Zeitmessung 470/471

Buch 11: Oktober

472/473

Ackerbau 474/475 Gartenbau 486/487 Obstbau 490/491 Imkerei 496/497 Sonstiges 496/497 Zeitmessung 514/515

7

8

Inhalt Buch 12: November

516/517

Ackerbau I 518/519 Gartenbau 526/527 Obstbau 526/527 Imkerei 541/543 Ackerbau II 542/543 Tierhaltung 546/547 Sonstiges 552/554 Zeitmessung 564/564

Buch 13: Dezember

566/567

Ackerbau 566/567 Gartenbau 568/569 Obstbau 568/569 Sonstiges 570/571 Zeitmessung 572/573

Buch 14: Tiermedizin

574/575

Einführung 574/575 Rinder 584/585 Pferde 624/625 Maultiere 632/533 Schafe und Ziegen 636/637 Schweine 652/563 Andere Autoritäten zu Rindern 658/659 Andere Autoritäten zu Pferden 664/665

Buch 15: Baumveredelung

674/675

Proöm für Pasiphilus 674/675 Lehrgedicht 676/677

ANHANG Zur Textgestaltung 695 Literaturhinweise 697 Register

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E I N F Ü H RU N G

Die Tradition rerum rusticarum scribendi sollertiam apud Graecos primus Hesiodus Boeotius humanis studiis contulit, deinde Democritus. Mago quoque Carthaginiensis in viginti octo voluminibus studium agricolationis conscripsit. apud Romanos autem de agricultura primus Cato instituit, quam deinde Marcus Terentius expolivit; mox Vergilius laude carminum extulit. nec minorem studium habuerunt postmodum Cornelius Celsus et Iulius Atticus, Aemilianus, sive Columella insignis orator, qui totum corpus disciplinae eiusdem conplexus est. Das Raffinement des Schreibens über Landwirtschaft hat bei den Griechen als erster Hesiod aus Böotien zu den Kulturwissenschaften beigetragen, dann Demokrit. Der Karthager Mago schrieb in 28 Büchern eine Studie über den Ackerbau. Bei den Römern aber lehrte als erster Cato über den Ackerbau, was dann Marcus Terentius [Varro] verfeinerte; bald hob Vergil ihn durch den Preis seiner Lieder hervor. Nicht weniger Eifer hatten danach Cornelius Celsus und Iulius Atticus, [Palladius] Aemilianus und auch Columella, der berühmte Redner, der das ganze Corpus dieser Disziplin erfasst hat. (Isidor, Etymologiae 17.1.1)

Mit diesen Worten stellt der heilige Isidor von Sevilla (um 560 – 636 n. Chr.) in seiner Enzyklopädie Etymologiae, die das antike Wissen für seine Zeit zusammenfasst, einige ihm wichtige Autoren über die Landwirtschaft vor. Er nennt den griechischen Dichter Hesiod aus dem 7. Jahrhundert v. Chr., der in seinem Buch Erga kai Hemerai (»Werke und Tage«) das bäuerliche Leben beschreibt, und den griechischen Philosophen Demokrit (um 460–370 v. Chr.), zu des-

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Einführung

sen umfassender Aufbereitung des zeitgenössischen Wissens in einem heute verlorenen Werkteil demnach auch landwirtschaftliche Themen gehörten. Es folgt der karthagische Autor Mago, dessen nicht datierbares Werk uns verloren ist; es soll von Decimus Iunius Silanus ins Lateinische übersetzt worden sein (Plinius, Naturalis Historia 18.22). An römischen Autoren nennt Isidor den Marcus Porcius Cato (234–149 v. Chr.; zur Unterscheidung von seinem Urenkel, einem Gegner Caesars, auch Cato der Ältere genannt), dessen Werk über die Landwirtschaft die älteste uns vollständig erhaltene lateinische Prosaschrift ist, sodann den Marcus Terentius Varro (126–27 v. Chr.), unter dessen gelehrten Werken auch drei Bücher über die Landwirtschaft erhalten sind, sowie den Dichter Publius Vergilius Maro (70 v. – 19 n. Chr.; Vergil), dessen vier erhaltene Bücher Georgica von Ackerbau, Obst- und Weinbau, Viehzucht und Imkerei handeln. Von dem enzyklopädischen Werk des Aulus Cornelius Celsus (um 25 v. – um 50 n. Chr.) ist uns hingegen nur der Werkteil über die Medizin erhalten, und das im 1. Jahrhundert n. Chr. entstandene, wohl dem Weinbau gewidmete Werk des Iulius Atticus ist ganz verloren. Erhalten sind dagegen zwölf Bücher des Lucius Iunius Moderatus Columella († um 70 n. Chr.) über die Landwirtschaft aus einem Werk, das einst vielleicht 16 Bücher umfasste (s. u. S. 33), und ein Buch über die Baumveredelung, das unter seinem Namen überliefert ist. Überliefert ist uns aber auch das Werk des Palladius Aemilianus, das in diesem Band vorgestellt wird.

Autor und Werk Palladius Rutilius Taurus Aemilianus – so der umfangreiche, auf das hohe Ansehen der Familie weisende Name –

Einführung

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stammte wohl aus Gallien; dort jedenfalls sind die Namen Palladius und Rutilius häufiger belegt. Was wir sicher über ihn selbst wissen, entnehmen wir allein seinem Werk: Er besaß Güter auf Sardinien (4.10.16, 12.15.3) und in Italien (4.10.24) in der Nähe von Rom (3.25.1), wohl aber auch in »kalten« (8.3.2) oder gar »sehr kalten« (4.10.15) Regionen. Palladius’ Wirkungszeit zu bestimmen ist schwierig, zumal auch der Widmungsträger von Buch 15, Pasiphilus, nicht genau bestimmbar ist (Überlegungen dazu und zur Person des Palladius bietet Bartoldi 2014, 15–36). Der im Zusammenhang mit dem Werktitel überlieferte Begriff vir illustris, der einst nur Senatsmitgliedern zustand, wurde wohl erst seit Kaiser Valentinian I. (346–375 n. Chr.) auch für andere hochgestellte Persönlichkeiten genutzt (Codex Iustinianus 12.8.2), weshalb man an das späte 4. oder an das 5. Jahrhundert n. Chr. als Palladius’ Wirkungszeit denkt. Dazu passt durchaus das Bild von der Welt, das Palladius’ Werk voraussetzt: Wer sich eine Existenz als Bauer aufbauen möchte, wird sich weit entfernt von einer Stadt (1.6.2) in einem Gebiet niederlassen, in dem frühere Besitzer sich vielleicht einmal um Rebstöcke (2.13.2) und Ölbäume (3.18.6) gekümmert hatten, das aber nun ganz verwildert ist. Man hat sich selbst um die Wasserversorgung und den Bau eines Gehöfts zu kümmern; den Boden muss man nötigenfalls durch Rodung, jedenfalls durch Aufbrechen (proscindere, eine »Brache« herstellen) und mehrfaches Pflügen neu urbar machen. Vielleicht findet man auch in einem aufgegebenen alten Bauwerk noch ein Säulenfragment (7.1), das man zum Walzen des Bodens benutzen kann. Doch immer noch droht Gefahr von Leuten, die Bäume anzünden oder abholzen (5.2.2) oder Bienenstöcke stehlen (5.7.6). Der Bauer arbeitet fast ausschließlich für die Selbstversorgung: Überhaupt nur zu Drosseln (1.26.1) und Ferkeln

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Einführung

(3.26.2) übernimmt Palladius die Hinweise Columellas auf eine mögliche Vermarktung! Man solle vielmehr nur verkaufen, was nicht bewahrenswert sei (8.4.5, 11.14.3, 12.13.8, 14.33.2), und nur selten etwas hinzukaufen – einzig zu Stroh (1.6.4), Bienen (1.38.1), Spargelsetzlingen (4.9.11) und Rindern empfiehlt Palladius einen Ankauf, warnt aber vor den Tricks der Verkäufer (4.11.1). Zugleich bietet Palladius als erster antiker Autor einige Hinweise auf Arbeitskraft sparende Vorrichtungen und Maschinen: Erstmals bei ihm ist die Nutzung der Schwerkraft beim Abfließen von frisch gepresstem Traubensaft erwähnt (1.18.1), erstmals eine Wassermühle (1.41) und erstmals eine Erntemaschine (7.2.2–3), die sonst nur durch zeitgenössische Reliefs bezeugt ist (White 1967, 157–173). Die offenbar wenigen Arbeitskräfte sind alle auf dem Hof eingesetzt und sollen sich nicht in die (offenbar ferne) Stadt aufmachen müssen (1.6.2); ja, Reisen bringen nur Probleme (1.6.7). Palladius gibt sich seiner offenbar hohen Stellung zum Trotz als bodenständiger Bauer, der selbst über eigene Erfahrung in der Landwirtschaft verfügt. An nicht weniger als 19 Stellen nimmt er auf diese zu Obstbäumen (2.15.1, 3.25.20, 3.25.22, 3.25.27, 3.25.31, 4.10.15, 4.10.16, 4.10.24, 8.3.1, 8.3.2, 11.12.5, 12.7.1, 12.7.8, 12.7.12, 12.7.22) und zu anderen landwirtschaftlichen Praktiken (2.13.8, 3.18.6, 3.26.5, 12.15.3) Bezug; an mindestens sieben weiteren Stellen, die sich nicht auf Obstbäume beziehen, legen seine Formulierungen einen Bezug zu eigener Erfahrung zumindest nahe (1.28.5, 2.9.1, 3.10.4, 3.24.8, 6.2.1, 11.8.2, 14.27.1). Außer auf seine eigene Erfahrung greift Palladius freilich auch auf ältere Literatur zur Landwirtschaft zurück. Für die Fragen des Hausbaus nutzt Palladius das kleine Werk über das römische Eigenheim des Cetius Faventinus aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. (vgl. Brodersen/Brodersen 2015); es geht

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seinerseits auf das zehn Bücher umfassende Architekturwerk des Vitruvius aus dem 1. Jahrhundert zurück, doch nutzt Palladius für seine Angaben zum Bauwesen ausschließlich Cetius Faventinus, den er freilich nie namentlich erwähnt. Für den Anbau von Feldfrüchten, Wein und Oliven sowie für die Tierhaltung ist seine wichtigste Vorlage das Werk des Columella aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. (s. o. S. 10), für Gemüse- und Obstbau ist es das Werk des Gargilius Martialis aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., das uns freilich weitgehend verloren ist. Für raffiniertere Rezepte – etwa für aromatisierte Weine – greift Palladius wohl auf eine Zusammenstellung zurück, die im 4. Jahrhundert n. Chr. der griechische Autor Vindonius Anatolios von Berytos (Beirut) verfasst hatte; auch sie ist uns verloren, lag aber der im 10. Jahrhundert entstandenen und erhaltenen griechischen Sammlung der Geoponika zugrunde, in der älteres Wissen über den Landbau in 12 Büchern zusammengeführt wird.

Das Bauernjahr Palladius’ Leistung besteht nun zum ersten darin, dass er der Überfülle an tradierten Informationen eine sinnvolle, auf die alltägliche Praxis bezogene Auswahl getroffen hat. Spekulationen, wie sie Columella (2 pr, 9.2) etwa zum Alter der Erde oder zum mythischen Ursprung der Bienen bot, fehlen bei Palladius ganz, und auch viele Spezialangaben – etwa zur Züchtung von eigentlich wildlebenden Tieren oder von Meeresfischen – lässt er aus. Palladius bietet so eine handliche, auf das Wesentliche beschränkte, gelegentlich fast zu kurze Darlegung. Zum zweiten ergänzt Palladius das tradierte Wissen um neue, stets auf eine möglichst einfache Praxis bezogene

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Ratschläge. So nennt er zur Vermehrung von Ölbäumen nicht nur die von Columella (3.18.6, 5.9.1–4) empfohlenen arbeitsintensiven Verfahren, sondern auch eine »einfache und praktische Methode« (3.18.6); beim Spargel rät er anders als Columella (11.3.43–46) nicht zu einer aufwändigen und langsamen Vermehrung, sondern bevorzugt die »billige und sparsame« Umsetzung von wilden Spargelwurzeln (3.24.8) oder den Ankauf von bereits einsetzbaren Pflanzen (4.9.10–12), und bei der Hühnerhaltung empfiehlt er ebenfalls abweichend von Columella (8.2–7) eine sich selbst versorgende Schar (1.27). Dieser Vorliebe für einfache Methoden entspricht auch ein einfacher Stil, der kurze Sätze und eine unkomplizierte Syntax bevorzugt und die Leserschaft dort, wo in der älteren Literatur Passivkonstruktionen verwendet werden, in der zweiten Person direkt anspricht (vgl. Columella 2.11.5 mit Palladius 2.9.2) oder in der ersten Person Plural mit einbezieht (vgl. Columella 9.15.12 mit Palladius 7.7.3); in der Übersetzung wird dafür meist eine Konstruktin mit »man« genutzt. Freilich bemüht sich auch Palladius um die Vermeidung von Wiederholungen, was etwa die Abwechslung bei den genutzten Begriffen (so wird der Baumstamm 3.25.7 sowohl als lignum als auch als truncus bezeichnet) und die unterschiedlichen Einleitungen der sonst stereotypen Kapitel zur Schattenlänge zeigen. Die dritte und wichtigste Leistung des Palladius ist aber zweifellos die Strukturierung des Stoffs anhand des bäuerlichen Jahres. Bauernkalender sind uns aus antiken Inschriften bekannt (Corpus Inscriptionum Latinarum VI 1, 2305; siehe Wissowa 1903), und auch in der Literatur gab es kürzere nach den Jahreszeiten geordnete Angaben bereits seit Hesiod (Erga kai Hemerai 383–616), so bei Varro (De Agri Cultura 1.29–37), Columella (11.2) und Plinius d. Ä. (Naturalis Historia 18.230–320); auch ist das dritte

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Buch der (in der erhaltenen Form freilich viel späteren) Geoponika (s. o. S. 13) so organisiert. Ein ganzes Werk nach dem Bauernjahr aufzubauen, ist jedoch offenbar erstmals Palladius gelungen.

Landwirtschaft, Tiermedizin und Baumveredelung Palladius’ Angaben zu jedem Monat folgen dabei stets demselben Muster: Je eine wohl vom Autor selbst stammende Inhaltsübersicht vor Buch 1–13 erhöht die Benutzerfreundlichkeit (vgl. Schröder 1999), ebenso in Buch 14 die Liste der Heil- und Hilfsmittel für die Tiermedizin, die eine handliche Liste gleichsam »zum Abhaken« bietet. Beschrieben werden sodann in den Büchern zum Bauernjahr (2-13) jeweils Ackerbau (einschließlich Ölbaumhainen und Weingärten), Gartenbau, Obstbau, Tierhaltung, Imkerei und Sonstiges in meist mehreren Kapiteln. Diese sind ihrerseits (die Einteilung in Paragraphen wurde erst in der Moderne eingeführt) sprachlich deutlich untergliedert: Palladius beginnt einen neuen Sinnabschnitt regelmäßig mit Formulierungen wie »In diesem Monat« (hoc mense) oder »Jetzt« (nunc). Den Abschluss der Monatskapitel bildet jeweils eine Übersicht darüber, wie lang im Lauf des Tages der Schatten eines Menschen ist, womit eine ganz einfache, freilich nur sehr grobe Zeitmessung möglich wird (s. u. S. 25f.). Auf »zweimal sieben« Bücher seines Werks bezieht sich Palladius in dem Gedicht über die Baumveredelung (15.3 v.3), doch bewahren die meisten der über 100 mittelalterlichen Abschriften (s. u. S. 19) nur die Bücher 1–13. Erst 1925 fand der schwedische Altertumswissenschaftler Josef Svennung (1895–1985) in einer in Mailand bewahrten Handschrift aus dem 13./14. Jahrhundert (Codex Ambrosianus C

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212 inf.) zwischen den 13 Büchern und dem Gedicht auch Palladius’ Buch über Tiermedizin, das offenbar das 14. Buch des Werks bildete. Das Buch bespricht die Behandlung von Krankheiten und »Seuchen« (mit pestis benennt Palladius ansteckende Krankheiten und Epidemien) an Rindern, Pferden, Maultieren, Schafen und Schweinen und stellt diesbezügliche, aber im Bauernkalender übergangene Angaben zusammen, wie sie etwa Columella in Buch 6–7 geboten hatte. Auch wenn Palladius hier das vorgefundene Material oft fast wörtlich übernimmt, erhöht er den praktischen Nutzen der Darstellung dadurch, dass er vorab die Heilmittel zusammenstellt, die der Bauer stets bereithalten solle. Das Buch über Baumveredelung, das als letztes (nicht nummeriertes, hier der Einfachheit halber als 15. gezähltes) folgt, begründet Palladius damit, dass der Schreiber des Exemplars seines Werks, das er seinem Freund Pasiphilus präsentieren wollte, so langsam vorangekommen sei, dass Palladius gleichsam zur Entschädigung ein Gedicht verfasst habe; ob dies der einzige Grund ist, können wir nicht sagen (bereits auf Columellas 12 Bücher zur Landwirtschaft folgte eines über Baumveredelung), doch bietet das Gedicht dem Palladius nach 14 in jeder Hinsicht prosaischen Büchern jedenfalls die Möglichkeit zu brillieren (und in v. 51 mit Palladii rami auf sich selbst zu verweisen); im Unterschied zum 14. Buch wiederholt das Gedicht einiges in den vorhergehenden Büchern bereits Gesagte. Anders als frühere, in Hexametern abgefasste Lehrgedichte zu landwirtschaftlichen Themen (wie die oben genannten Werke des Hesiod und des Vergil; vgl. Effe 1977) wählt Palladius für sein Gedicht über die Baumveredelung das elegische Distichon, bei dem jeweils Hexameter und Pentameter aufeinander folgen (was die deutsche Prosaübersetzung freilich nicht nachzuahmen versucht).

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Palladius und seine Zeit Zwei für landwirtschaftliche Betriebe wichtige Aspekte behandelt Palladius – anders als seine Vorlagen, namentlich Columella – nicht: Finanzen und Personal. Selbst wenn dies dem Bemühen um Knappheit geschuldet sein sollte, führt es dazu, dass dem eigenen Handeln des Bauern größere Bedeutung zugemessen wird. Hatte Columella noch gewinnbringendes Agieren eines Gutsbesitzers in den Blick genommen, dem es um die Sicherung und Mehrung des ererbten Familienvermögens ging (Columella 1 pr 7–10), also um Profit (quaestus, Columella 2.2.5), achtet Palladius auf die Produktivität (fructus, Palladius 1.5.6): Sein Bauer arbeitet selbst, und zwar »aufgrund von Freude und Produktivität« (ratione voluptatis et fructus, 1.1.2) und – wie wir schon (S. 11f.) gesehen haben – im Wesentlichen zur Selbstversorgung. Auch über das landwirtschaftliche Personal äußert sich Palladius kaum. Hatte etwa Columella wiederholt ausführliche Berechnungen über die für ein Vorhaben erforderlichen »Mann-Tage« vorgelegt, verweist Palladius nur darauf, dass »die Berechnung, wie viele Arbeitskräfte benötigt werden, nicht einheitlich sein [kann], da die Erden so vielfältig sind« und da nur eine »Vertrautheit mit dem Boden und der Provinz leicht zeigen [wird], welche Anzahl jede Aufgabe ... durchführen kann« (1.6.3). Und hatte Columella sehr ausführlich über den Einsatz von Landarbeitern (1.6–9), Aufsehern und Pächtern (11–12) aus dem Sklavenstand gesprochen, erwähnt Palladius nur selten Landsklaven (1.6.18; in 1.9.4 und 15 pr 1–2 bezieht er sich auf Haussklaven) und Pächter (1.6.6, 14.29.4) und nutzt sonst den allgemeinen Begriff operae oder operarii (Arbeitskräfte: 1.6.3, 3.9.13, 6.4.1, 7.2.1, 8.1.1, 9.3; vgl. 12.14). Offenbar wollte er den Nutzen seines Werks unabhängig vom jeweiligen Gesellschaftssystem sichern.

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Angesichts dieser Haltung des Palladius wurde in der Forschung die Beziehung seines Werks zu den sozialen Bedingungen der Spätantike kontrovers diskutiert (etwa von Kaltenstadler 1984, Morgenstern 1989, Vera 1999, Grey 2007), doch nicht abschließend geklärt: So gibt es unterschiedliche Ansichten über die – sicher in den Regionen je unterschiedlichen – Bedingungen auf dem Land; zudem machen es Palladius’ häufige Rückgriffe auf ältere Autoritäten schwierig, Tradiertes von Zeitgenössischem zu unterscheiden.

Ökologie und Nachhaltigkeit Die antike und damit »vormoderne« Landwirtschaft steht in einer langen Tradition des ökologischen und nachhaltigen Landbaus; Kunstdünger und im Labor erstellte Pestizide waren noch nicht erfunden. Palladius weiß freilich, dass nach einer Rodung – also nach der Umwandlung von Wald- in Ackerland – der Boden nur anfangs von sich aus fruchtbar ist und deshalb im Lauf der Zeit eine Bodenverbesserung notwendig wird (2.1.5–7), etwa durch Fruchtwechsel und Brache, Gründüngung oder Ausstreuen von Mist oder Asche, aber auch durch Einbringen anderer Erde. Palladius empfiehlt immer wieder, dass man möglichst ressourcensparend arbeiten soll; so wird das Wasser, in dem man Bohnen gekocht hat, noch zur Stärkung von Pfirsichbäumen verwendet (12.7.4). Abwasser aus dem Bad soll durch den Garten fließen (1.39.4) und ggf. auch die Wassermühle betreiben (1.41); überhaupt soll Abwasser aus dem Gehöft zur Bewässerung dienen (3.23.1). Abwärme aus dem Bad kann einen darüberliegenden Wohnraum heizen (1.39.5). Nicht zuletzt sind der einfachen Haltbarmachung

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von Lebensmitteln – künstliche Kühlung stand noch nicht zur Verfügung – besonders viele Angaben gewidmet. Ähnlich sparsam erfolgt die Klimatisierung der Gebäude: Nur wenige Räume – namentlich die Bäder – werden erwärmt, und zwar mit einer Fußbodenheizung (1.20, 1.39); sonst erfolgen Heizung und Kühlung allein unter Nutzung der jahreszeitlichen Sonneneinstrahlung (1.8.3).

Zum Nachleben des Werks Palladius’ lateinisches Werk wurde wegen seines praktischen Nutzens bereits im 6. Jahrhundert von dem römischen Gelehrten und Staatsmann Cassiodor (s. u. S. 33f.) und im 7. Jahrhundert von Isidor von Sevilla empfohlen (s. o. S. 9), und während manche von Palladius’ Vorlagen wenig gelesen wurden (von Columellas Werk etwa gibt es nur wenige Abschriften) oder gar verloren gingen (s. o. S. 13), ist Palladius’ Werk – bis auf kleine Textlücken in 2.17 und 13.4 – in seinen ersten 13 Büchern durch mehr als 100 mittelalterliche Abschriften erhalten, deren älteste aus dem 9. Jahrhundert stammen und in Frankreich entstanden; seit dem 12. Jahrhundert wissen wir von Abschriften in England, seit dem 13. Jahrhundert in Italien und Spanien (vgl. Rodgers 1975b und 1976). Im 13. Jahrhundert griffen auch die großen Gelehrten Vinzenz von Beauvais und Albertus Magnus auf Palladius zurück. Palladius’ Ratschläge wurden dabei auch oft praktisch umgesetzt; so erhalten einige der frühen Abschriften Zusätze und Randnotizen zu Angaben des Palladius, denen – wie der Imkerei – in Nordeuropa besondere Aufmerksamkeit galt (vgl. Ambrosoli 1997). Gerade auch die Kapitel zur Gartenarbeit fanden das Interesse sowohl des Walahfrid Strabo im 9. Jahrhundert als

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auch des berühmten Gelehrten Francesco Petrarca im 14. Jahrhundert, der in sein Palladius-Exemplar dazu Notizen eintrug (vgl. Ellis-Rees 1995). Der praktische Nutzen von Palladius’ Werk führte ebenfalls bereits im Mittelalter zur Erstellung von Übersetzungen oder eher Adaptionen in Volkssprachen. In Italien entstand die erste Übersetzung 1340 in den florentinischen (s. Zanotti 1810), eine zweite 1528 in den umbrischen Dialekt, eine dritte 1560 (s. Trayomere Blasco 1911). Auf der iberischen Halbinsel entstand in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine katalanische Version, dann eine auf dieser beruhende kastilische (Codex Matritensis 10211). Eine englische Versübersetzung gab um 1442 Humfrey, Herzog von Gloucester, der jüngste Sohn König Heinrichs IV., in Auftrag (vgl. Lodge 1873–1879; Liddell 1896); sein Bücherschatz wird bis heute in dem nach ihm »Duke Humfrey« benannten Teil der Bodleian Library in Oxford bewahrt. Bald erschienen auch – die bisher einzigen, freilich unvollständigen – Übersetzungen oder eher Adaptionen ins Deutsche (Herr 1538, May 1612) und ins Französische (1554). Palladius’ lateinisches Werk selbst wurde nach dem Aufkommen des Buchdrucks weit verbreitet: Die Erstausgabe erschien 1472 in Venedig, bis 1543 kamen dann etwa 20 unterschiedliche Ausgaben hinzu (vgl. Rodgers 1975a und 1975b), die alle auch die landwirtschaftlichen Werke des Cato, Varro und Columella enthalten. Auch der indirekte Einfluss von Palladius’ Werk war beachtlich: Zwischen 1304 und 1309 schuf der aus Bologna stammende Jurist und Staatsmann Pietro de’ Crescenzi (Petrus de Crescentiis, um 1230/35 – um 1320) sein Werk Ruralia Commoda (vgl. Richter 1995–2002) auf der Grundlage von Palladius, dessen Angaben er meist wörtlich abschrieb, aber nicht mehr nach dem Bauernjahr sortierte, sondern

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thematisch reorganisierte (so handelt Buch 5 von den Bäumen, Buch 6 vom Gartenbau) und durch anderes Material ergänzte: Er entnahm Angaben zu Vieh und Geflügel dem Werk des Varro, weitere dem des Cato und Angaben zur Imkerei den Georgica Vergils, wieder andere späteren Autoren und der eigenen Erfahrung; Gargilius Martialis und Columella lagen ihm hingegen nicht vor. Pietro de’ Crescenzis Werk fand rasch weite Verbreitung: Gut 100 Abschriften des lateinischen Textes sind erhalten, weitere etwa 40 bieten Übersetzungen; von diesen bot um 1350 eine ins Italienische ein zusätzliches Kapitel über den Anbau von Reis (vgl. Calkins 1986). Das Aufkommen des Buchdrucks führte zu einer noch weiteren Verbreitung: Zwischen 1471 und 1548 kamen 15 unterschiedliche Druckausgaben auf den Markt; 42 Übersetzungen in Volkssprachen wurden zwischen 1478 und 1583 gedruckt (vgl. Ambrosoli 1997). In der frühen Neuzeit fand dann zudem eine auch als Abbreviatio Palladii (»Abkürzung des Palladius«) bekannte lateinische Kurzversion von Palladius’ Werk weite Verbreitung, nämlich das wohl bereits im 13. Jahrhundert entstandene sogenannte »Pelzbuch« (»pelzen« ist von impellitare, »anplatten« abgeleitet – zu dieser Pfropftechnik s. u. S. 31) des Gottfried von Franken, das auf der Grundlage des Palladius und anhand eigener Erfahrungen von Baumveredelung und Weinbau im Laufe des Bauernjahrs handelt (vgl. Braekman 1989; Mayer 2001; Giese 2005). Auch wenn Palladius’ Werk seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zunehmend von landwirtschaftlichen Handbüchern in den Volkssprachen verdrängt wurde, die auf die jeweiligen Gegebenheiten der Region weit besser Bezug nehmen konnten, bleibt er der wohl wichtigste Autor, der das landwirtschaftliche Wissen der Antike für das Mittelalter und die frühe Neuzeit bewahrte.

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Einführung Erläuterungen zum Verständnis

Palladius setzt bei seiner Leserschaft einige Kenntnisse voraus, die nachstehend für ein heutiges Lesepublikum zusammengestellt werden sollen, um einen ungehinderten Lesegenuss zu ermöglichen. In der Übersetzung verweisen hochgestellte Buchstaben auf die nachstehenden Angaben über Anbaumethoden, Bauwesen, Götter, Kalender, Lebensmittel, Maße, Namen, Orte, Pflanzen, Veredelung von Bäumen und Winde. A – Anbaumethoden Besonderen Wert legt Palladius auf durch Graben und Pflügen urbar gemachte Äcker, die er als pastinum bezeichnet; neben dem vollflächigen Umgraben empfiehlt er anlassbezogen auch das Graben einer Furche (sulcus) oder einer Grube (scrobis) für die Anpflanzung. Rebstöcke, die in ebenen oder nur flach geneigten Weingärten angebaut werden, haben weiße und schwarze (dunkelblaue oder -rote) Trauben und müssen meist mit Stöcken gestützt oder an eigens gepflanzte Bäume gebunden werden; bei dieser Art von Weingarten spricht Palladius von einem arbustum. Zwischen den Rebstöcken bleibt oft ein Streifen Land, der mit anderen Feldfrüchten bepflanzt werden kann. B – Bauwesen Palladius beginnt seine Darstellung mit Hinweisen zur Neuerrichtung eines Bauernhauses, die auf Cetius Faventinus zurückgehen. Er nennt dabei Bruchsteine (rudus) ebenso wie an der Sonne getrocknete (s. 6.12), aber nicht gebrannte Lehmziegel (Backsteine, also gebrannte Ziegel, finden im Bauwesen nur zur Sicherung gegen eindringendes Regenwasser Verwendung); ein »2-Fuß-Ziegel« ist ein Ziegel mit quadratischem Grundriss und einer Seitenlänge

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von 2 Fuß (s. u. S. 27). Auch Kies, Grobsand und Sand werden eingesetzt; bei letzterem bezeichnet carbunculus wohl eine bräunliche Farbe. Für Fachwerkbauten wird Bauholz aller Art verwendet. Eiche unterscheidet Palladius mit älteren Autoren von der sogenannten Wintereiche. Zur Kastanie bietet Palladius übrigens die erste Erwähnung ihres Einsatzes als Bauholz (12.15.2); als solches sollte Kastanie im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in Südeuropa besonders beliebt werden. Holzverbindungen werden durch Nägel (1.9.3) oder Stränge (1.13.1) hergestellt, da man die Holzschraube noch nicht kannte. Ein wichtiger Baustoff für Palladius ist Kalk: Der heute sogenannte »technische Kalkkreislauf« wurde in der Antike zwar nicht in seinen chemischen Vorgängen verstanden, war aber in der Praxis seit langem vertraut. Er besteht aus drei Phasen: Natürlicher Kalkstein (Calciumcarbonat) wird zerkleinert (ganz pulverisierter Kalk wird als »Kalkblüte« bezeichnet) und »gebrannt«, also in einem Brennofen stark erhitzt; dabei entsteht Branntkalk (Calciumoxid; beim Brennvorgang entweicht nämlich das Kohlenstoffdioxid). Diesen Branntkalk löscht man mit Wasser ab und sumpft ihn in einer Grube ein, so dass Löschkalk (Calciumhydroxid) entsteht, den man auch als Grubenkalk bezeichnet; je länger diese Masse eingesumpft liegt, desto homogener wird sie. Dieser Grubenkalk wird als Kalkmörtel verarbeitet und härtet an der Luft aus (durch Wasserabgabe und Kohlenstoffdioxidaufnahme wird er wieder zu Calciumcarbonat, also Kalkstein). Als »Silberschaum« (spuma argenti) bezeichnet Palladius die sogenannte Bleiglätte (Blei(II)-oxid). Richtig warnt Palladius vor der Verwendung von Bleirohren, die er nur als ultima ratio versteht (9.11.3; übrigens ist dies der erste Beleg

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für die Fügung ultima ratio). Das lateinische Wort nitrum bezeichnet verschiedene Alkalien, vor allem wohl Natron. An zusammengesetzten Baustoffen nennt Palladius das opus Signinum (benannt nach dem Ort Signium, dem heutigen Segni in der italienischen Region Lazio), ein wasserdichtes Material, das man zur Abdichtung von Wänden, Brunnenschächten und Böden einsetzt; es besteht aus einer Mischung von Kalkmörtel, Sand und einem Zuschlag (caementum), etwa aus Stein oder Fragmenten aus gebranntem Ton, die an der Oberfläche unstrukturiert oder auch in Mustern verlegt werden; durch Glätten und Polieren erhält die nach dem Einbau sichtbare Seite dann eine glänzende Oberfläche (heute als Terrazzo bekannt). Als opus testacium wird Mauerwerk oder Boden bezeichnet, in den Bruchstücke gebrannter Ziegel (testae, Backsteine) eingearbeitet sind. G – Götter und Magie Palladius setzt die Kenntnis einiger weniger antiker Gottheiten voraus: Von den Kindern des Zeus (lateinisch Iuppiter) nennt er Apollon (Apollo, auch nach dem »pythischen« Delphi Pythius genannt), Athene (die jungfräuliche Göttin Minerva, auch mit ihrem Beinamen Pallas), Dionysos (Bacchus, auch unter seinem Beinamen Echionius, mit seinem Zeichen, dem Thyrsosstab, wohl einem Stängel des Riesenfenchel) sowie die Musen (Musae oder Camenae), dazu die Nymphen (Nymphae), die in Bäumen und Gewässern leben, ferner die Gattin des Trojaheimkehrers Demophon, Phyllis, die dem Mythos zufolge in einen Mandelbaum verwandelt wurde. Christliche Motive gibt es bei Palladius nicht; vielmehr bietet er den einzigen erhaltenen Beleg für ein (freilich kaum echtes) Orakel aus Delphi (11.14.13; s. Parke/Wormell 1974) und betont in der altrömischen Tradition, ein be-

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stimmtes Phänomen sei nicht als prodigium zu werten, also nicht als ein auf Unheil vorausweisendes, von den Göttern gesandtes Vorzeichen (14.38.2). Als Heilmittel für Äcker nennt Palladius u. a. vielerlei magische Elemente (1.35; vgl. 1.24.2) und verweist auch sonst auf die Wirksamkeit von Verfluchungen (4.9.14) und Zaubersprüchen (14.17, 14.65); in den beiden zuletzt genannten Fällen gehen Palladius’ Angaben nicht auf Columella (s. o. S. 13) zurück, sondern sind im Latein seiner eigenen Zeit (etwa caballus für »Pferd«) formuliert (vgl. Svennung 1935b). K – Kalender, Gestirne, Zeitmessung Häufig bezieht sich Palladius auf den Mond und seine Phasen. Mit dem Mond, der »die Sonnenstrahlen gespürt« hat (12.1.3), ist der abnehmende, bei Sonnenaufgang noch sichtbare Mond gemeint. Außerdem nennt Palladius die Plejaden (Vergiliae), die bis Ende Oktober oder Anfang November sichtbar waren. Er erwähnt ferner die Tierkreiszeichen Krebs (cancer) und Steinbock (capricornus) sowie den »Hundsstern« Sirius (canicula), mit dessen Erscheinen (in Rom am 19. Juli) die heute noch sprichwörtlichen Hundstage beginnen. Palladius unterscheidet die zwölf Monate des Jahres; als einziges besonderes Datum nennt er (13.1) das in Rom am 11. Dezember gefeierte »Siebenhügelfest« (septimontium). Innerhalb der Monate folgt Palladius der traditionellen Einteilung nach Tagen vor den Kalenden, Nonen und Iden; in der Übersetzung werden die Datumsangaben in die heute gebräuchliche Form umgesetzt. Am Ende aller zwölf Monatskapitel bietet Palladius Angaben zu den unterschiedlichen Längen des Schattens, den ein Mensch im Laufe des Jahres und im Laufe des Tages wirft. Anders als reguläre Sonnenuhren erfordert diese Zeit-

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messung keine Kenntnis der Himmelsrichtung und keinen Messstab; vielmehr schreitet der Beobachter (mit seiner individuellen Körper- und Fußlänge) seinen eigenen Schatten ab und entnimmt der Tabelle dann die ungefähre Tageszeit (s. Brodersen 2016). Der lichte Tag wird dabei – wie in der Antike üblich – stets in 12 Stunden eingeteilt, unabhängig von ihrer tatsächlichen Dauer. Palladius benennt die Schattenlänge jeweils nach Ablauf dieser Stunden (und daher nicht mehr für die 12. Stunde); das Ende der 6. Stunde fällt somit stets genau auf den Mittag. L – Lebensmittel Palladius setzt die Kenntnis einer Reihe von zubereiteten Lebensmitteln voraus. Von besonderem Interesse für Palladius und seine Leserschaft ist der Weinbau (es ist also durchaus angemessen, dass heute ein edler Weißwein aus der südafrikanischen Region Swartland als »Palladius« verkauft wird). Zudem erwähnt Palladius acinaticium, eine Art Trockenbeerenauslese, und passum, einen Süßwein, dessen Herstellung er schildert (11.19), außerdem durch Einkochen aus Most gewonnene Sirupe, nämlich defritum, einen Most von dicker Konsistenz, caroenum, einen auf 2/3, und sapa, einen auf 1/3 reduzierten Mostsirup (11.18). Wein konnte mit Honig, Meerzwiebeln, Rosen, Veilchen oder Wermut versetzt werden; aus fermentiertem Honig wurde auch mulsum, eine Art Met, hergestellt. Da die Antike noch keinen Rohrzucker kannte, kam dem Honig als Süßstoff besondere Bedeutung zu; übrigens sprach man in der Antike nicht von der »Bienenkönigin«, sondern vom »König« eines Schwarms. Aus unreifen Trauben und Oliven wurde das zähflüssige omphacium gewonnen. Die als garum bezeichnete Würzsoße

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wurde aus fermentierten Fischen hergestellt und ist wohl am ehesten der heute in der ostasiatischen Küche verwendeten, ebenso hergestellten Soße »Nam Pla« vergleichbar. Palladius nennt ferner garum-Bodensatz (allecula) und Wein-Bodensatz (faeces) als besonders wirksame Würz- und Heilmittel. M – Maße und Gewichte Palladius geht in seinem Werk davon aus, dass seine Leserschaft Kenntnis von Maß- und Gewichtsangaben hat. Bei den Längenmaßen ist das Grundmaß der Fuß (pes, knapp 30 Zentimeter). 5 Fuß entsprechen einem passus (Armspanne, Doppelschritt), von denen 1000 eine Meile (milia passuum) bilden; 1 1/2 Fuß bilden eine Elle (cubitus), 1/4 Fuß ist eine Handbreit (palma), die ihrerseits aus 3 Zoll (uncia) oder 4 Fingerbreit (digitus, dactylus) besteht. Für die Flächenmaße ist das Grundmaß das Joch (iugerum), laut Palladius (2.12) ein Quadrat von 180 Fuß Seitenlänge (mithin gut 1/4 Hektar); es besteht aus drei Dritteljoch (modius). Für in der Praxis wichtiger als das Flächenmaß sieht Palladius die Bearbeitungsdauer (»Manntage«) an (1.11), auch wenn diese zwischen den Regionen variiert (s. o. S. 17). Bei den Volumenmaßen ist das Grundmaß der Eimer (congius, gut 3 Liter). 12 Eimer bilden ein Fass (cadus, metreta), 8 eine Amphore (amfora), 4 eine Halbamphore (urna) und 2 2/3 einen Scheffel (modius, nur für Trockengut verwendet). 1 Eimer besteht seinerseits aus 3 Dritteleimern (choenica), 6 Krug (sextarius) – teils als »städtisch«, also in der Stadt Rom üblich, teils als „italisch« bezeichnet und teils nicht näher bestimmt –, 8 Dreiviertelkrug (dodrans), 12 Schoppen (cotula, hemina) oder 72 Schöpfkellen (cyathus). Das Volumen einer Flasche (laguna) ist nicht genau bestimmt.

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Grundmaß der Gewichte ist das Pfund (libra, knapp 400 Gramm), das aus 4 Viertelpfund (quadrans), 6 Sechstelpfund (sextans) oder 12 Unzen (uncia) besteht. Eine Unze wiederum entspricht 8 Drachmen (dragma, denarius, simiciculus) oder 16 Skripeln (scripulus). N – Namen von Personen Palladius nimmt in seinem Werk auf die bereits oben vorgestellten Autoritäten Cornelius Celsus, Columella, Demokrit, Mago, Gargilius Martialis und Vergil Bezug, außerdem auf den großen Gelehrten und Philosophen Aristoteles von Stageira (384–322 v. Chr.), während er den bei Columella (7.5.17) genannten ägyptischen Wunderschriftsteller Bolos von Mendes nur mehr als Bürger jener Stadt nennt (14.32.6) und gelegentlich Angaben Columellas zu den herangezogenen Autoritäten (wie 3.9.14 zu Mago oder 3.16.1 zu Iulius Atticus) nicht übernimmt. Mit dem Namen Apuleius bezieht sich Palladius (1.35.9) schließlich auf ein uns verlorenes Buch, das wie das erhaltene Heilkräuterbuch (Herbarius; vgl. Brodersen 2015) dem Apuleius zugeschrieben war (vgl. Geoponika 13.4.1). In der vorliegenden Übersetzung werden die Belegstellen in den uns erhaltenen Werken jeweils in eckigen Klammern geboten. Ferner bezieht sich Palladius gelegentlich auf römische Familien, nach deren Gütern besondere Sorten von Wein (Appiana vitis nach den Appii) oder Olivenöl (nach den Cominii, Licinii und Sergii) benannt waren. Dass der Widmungsträger des letzten Buchs, Pasiphilus, nicht genau bestimmbar ist, wurde bereits oben gesagt. O – Orte, Länder, Völker Die Welt des Palladius ist vor allem die Mittelmeerwelt: Im Zentrum ist Italien mit der Stadt (urbs) Rom und in ihrer Umgebung Tibur (Tivoli), das Land der Marser und der

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Sabiner, nach Süden dann Kampanien (Campagna) und schließlich Kalabrien (Calabria) und Tarent (Taranto) mit einer besonderen Art von Walnussbäumen, nach Norden die Weingegend von Am(m)inaea an der Adria sowie Ravenna. Auf Sardinien besaß Palladius ein Gut bei Neapolis (Santa Maria di Nabui). Außerdem nennt er das »keltische« Gallien (das etwa dem heutigen Frankreich entspricht) sowie auf der iberischen Halbinsel Spanien die (Hi)spani und die Region Baetica (Andalusien). Östlich von Italien erwähnt Palladius das Gebiet der Liburner (Kroatien), dann Griechenland mit Attika und mit der Heimat der Lakedämonier Sparta sowie die Kykladeninsel Kimolos (Cimolus). In Asia (Kleinasien) nennt Palladius Galatien (Galatia), Kappadokien (Cappadocia) und Karien (Caria), weiter östlich die Gebiete der Assyrer oder Syrer, Armenien, den Libanon, Medien (Iran), Arabien und schließlich das ferne Indien. In Africa (Nordafrika) kennt er Karthago (Carthago) mit seiner »punischen« Vergangenheit, Libyen mit der Stadt Kyrene (Cyrene) in der Hochebene des Jebel el-Akhdar und die Ammons-Oase in Ägypten, aus der das Ammoniacum genannte Salz und das gleichnamige Gummi-Harz stammen. Manche Ortsangaben sind bei Palladius freilich vor allem Sortenbezeichnungen, so die »aminäische« Rebe, die »karische« (Carica) und die »kalabrische« (Calabrica) Feige, die »medische« Pflanze (Medica) Luzerne und die »persische« Frucht (Persicus) Pfirsich. P – Pflanzen Verbinden wir heute mit mittelmeerischer Vegetation oft Tomaten, Paprika oder auch Südfrüchte wie Orangen, so konnte Palladius diese erst in der Neuzeit eingeführten

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Pflanzen noch nicht kennen. Er nennt freilich eine Vielzahl von Feldfrüchten und Obstsorten (zu denen er auch die Esskastanie und wegen ihrer essbaren Kerne die Pinie zählt), die noch heute als Nahrungsmittel gelten (und für die in der Übersetzung anhand der im Anhang genannten Werke von André 1985 in Verbindung mit Zander 2014 die heutigen Bezeichnungen eingesetzt sind). Einige der Pflanzen sind uns in einer weiterentwickelten Form bekannt, etwa die Bete (eine Rübenart; heute kennen wir fast nur noch die Rote Bete), die Karde (Artischocke), die Kresse (Gartenkresse), der Kohl (der zu Palladius’ Zeit wegen seines Strunks angebaut wurde – wie heute Kohlrabi – und wohl am ehesten dem heute als »Markstammkohl« bekannten Gemüse entsprach; s. 5.3.1), der Lattich (Grüner Salat), die Rauke (heute eher als Rucola bekannt), der Rübsen (Rübsamen) als Gemüse-, Öl- und Futterfrucht (wie sein Nachfahre, der Raps) und die Wegwarte (Zichorie, Chicoree). Das ulpicum ist eine heute nicht mehr bekannte (und daher nicht übersetzbare) Knoblauch-Art. Als »Maulbeere« wird in der Übersetzung die Schwarze Maulbeere wiedergegeben, als »Platterbse« die Saat-Platterbse und als »Senf« der weiße Senf. Aus den Stängeln der Papyrus-Staude wurde Beschreib-, aber auch Verbandsstoff hergestellt. Manche der von Palladius genannten Pflanzen spielen heute kaum noch eine Rolle bei der Ernährung, etwa die Schwarze Brustbeere (Jujube), der Erdbeerbaum, das Johannisbrot (dessen zu Mehl verarbeitete Kerne wir nur noch als Verdickungsmittel kennen), die Mispel, die Quitte und der Speierling. Ganz ausgestorben ist das einst in der Gegend von Kyrene im heutigen Libyen wachsende Silphion (silphium), das in der Antike als Wunderdroge galt; bereits Palladius zieht an seiner Statt laser(picium), also Asant heran.

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Bei der Gerste unterscheidet Palladius hordeum canterinum (»Pferdegerste«), die mehrzeilige Gerste zur Ernährung von Mensch und Tier (sie wurde laut Columella 2.9.14 zusammen mit Wicken und anderen Hülsenfrüchten angebaut, um Grünfutter für das Vieh zu produzieren), und hordeum Galaticum (»galatische Gerste«), die zweizeilige Gerste. Aus spartum (Binsen- oder Pfriemenginster, Espartogras) werden Taue und besonders bei Hufverletzungen Sandalen für Huftiere hergestellt, da das Hufeisen noch nicht bekannt war. V – Veredelung von Bäumen Die Veredelung von Bäumen versucht, durch die Verbindung einer »Unterlage« mit einem aufgepfropften »Edelreis« eine genetisch modifizierte Pflanze zu erstellen. Bei dieser heute oft als »grüne Gentechnik« bezeichneten Methode wird meist die Unterlage abgesägt und aufgespaltet, damit das Edelreis in den Spalt gesteckt werden und dort anwachsen kann (Spaltpropfung), oder das Edelreis wird zwischen Stamm und Rinde gesteckt und angebunden (Rindenpropfung). Soll hingegen die Unterlage weiterwachsen, wird das sogenannte Anplatten praktiziert, bei dem nur äußerlich von der weiterwachsenden Unterlage eine kleine Platte entfernt wird, an deren Stelle man die Knospe eines Edelreises befestigt; da die Knospe im Lateinischen als oculus (Auge) bezeichnet wird, spricht Palladius bei der Anplattung (inplastratio) auch von oculatio (»Augung«). Palladius nennt ein besonderes Werkzeug, den »gallischen Bohrer«, dessen Schnittkante Späne, nicht Spreißel erzeugt. Damit bleibt das Bohrloch weitgehend unversehrt, was bei der Baumveredelung die Chancen für das Edelreis verbessert; Columella (4.29.13–16) hatte diesen Bohrer als seine eigene Erfindung reklamiert.

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W – Winde und Himmelsrichtungen Zur Bezeichnung von Himmelsrichtungen nutzt Palladius entweder die Namen von Gestirnen, nämlich septentrio (das Siebengestirn) für den Norden, oriens und occidens (die aufgehende bzw. untergehende Sonne) für Osten und Westen und meridies (Mittag) für den Süden, oder aber Winde, nämlich Aquilo (Nordwind), Auster (Südwind), Favonius (Westwind) und Vulturnus (Südostwind).

Zu dieser Ausgabe Der lateinische Text der vorliegenden Tusculum-Ausgabe folgt weitgehend der nach wie vor maßgeblichen Edition von Robert H. Rodgers (Leipzig: Teubner 1975); zur besseren Lesbarkeit werden aber u und v unterschieden. Die nicht wenigen Abweichungen sind im Anhang (S. 693ff.) zusammengestellt. In der Textüberlieferung irrigerweise tradierte Wörter oder Passagen stehen im lateinischen Text in eckigen Klammern (und bleiben unübersetzt), notwendige Ergänzungen stehen in spitzen Klammern (und werden übersetzt). In der Übersetzung verweisen hochgestellte Buchstaben auf die entsprechenden Erläuterungen zum Verständnis in dieser Einführung zurück; über 500 weitere Erklärungen stehen in der Übersetzung in eckigen Klammern. Die in Text und Übersetzung gebotene Einteilung der Kapitel in Paragraphen geht nicht auf Palladius zurück, sondern ist ein modernes Hilfsmittel zur raschen Identifizierung von Passagen, das freilich nicht immer dem Aufbau von Palladius’ Werk gerecht wird. Die Inhaltsübersichten am Anfang der Bücher 1–13, die wohl von Palladius selbst stammen, wurden von späteren Kopisten zusätzlich – aller-

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dings nicht immer korrekt – in den Text eingetragen. Zur besseren Orientierung bietet die Übersetzung daher zusätzlich einige moderne Zwischenüberschriften. Der römische Staatsmann und Gelehrte Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus Senator (um 485 – um 585; Cassiodor), der unter dem Ostgotenkönig Theoderich d. Gr. wirkte, gründete nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst auf seinem Familienbesitz in Unteritalien beim heutigen Squillace das Kloster Vivarium, das er als Zentrum der Gelehrsamkeit anlegte. Auch Garten- und Ackerbau sollte hier studiert werden; dazu verweist Cassiodor auf viele der in dieser Einführung vorgestellten Werke, wenn er schreibt: quod si huius studii requirantur auctores, de hortis scripsit pulcherrime Gargilius Martialis, qui et nutrimenta holerum et virtutes eorum diligenter exposuit, ut ex illius commentarii lectione praestante Domino unusquisque et saturari valeat et sanari; quem vobis inter alios codices reliqui. pari etiam modo in agris colendis, in apibus, in columbis necnon et piscibus alendis inter ceteros Columella et Aemilianus auctores probabiles extiterunt. sed Columella sedecim libris per diversas agriculturae species eloquens ac facundus illabitur, disertis potius quam imperitis accommodus, ut operis eius studiosi non solum communi fructu sed etiam gratissimis epulis expleantur. Aemilianus autem facundissimus explanator duodecim libris de hortis vel pecoribus aliisque rebus planissima lucidatione disseruit, quem vobis inter alios lectitandum Domino praestante dereliqui. Wenn man nach Autoritäten für dieses Thema [Landwirtschaft] fragt, so hat Gargilius Martialis sehr schön über Gärten geschrieben, der auch die Pflege und die guten Eigenschaften von Gemüse sorgfältig dargelegt hat, so dass aus der Lektüre seines Kommentars mit Hilfe Gottes jeder sowohl satt als auch gesund zu werden vermag; ihn habe ich Euch mit anderen Codices hinterlassen. Auf gleiche Weise beim Ackerbau, bei der Bienen- und Tauben- wie auch bei der Fischzucht hat es neben anderen auch Columella und Aemilianus [Palladius] gegeben, lobenswerte Autoritäten. Columella vertieft sich in 16 Büchern

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Einführung eloquent und beredt in die verschiedenen Arten von Landwirtschaft, eher für Gelehrte als für Unerfahrene geeignet, so dass diejenigen, die sein Werk studieren, nicht nur von gewöhnlicher Frucht, sondern von angenehmsten Speisen erfüllt werden. [Palladius] Aemilianus hingegen, ein höchst beredter Erklärer, hat in zwölf [Monats-]Büchern Gärten, Viehzucht und andere Dinge in breitester Klarheit erörtert; ihn habe ich Euch unter anderen zur Lektüre mit Hilfe des Heern hinterlassen. (Cassiodor, Institutiones 1.28.6)

Nachdem die letzte deutsche – zumal unvollständige – Übersetzung von Palladius’ Werk vor mehr als vier Jahrhunderten erschienen ist und ohnehin eher eine Adaption als eine Übertragung war, möchte der vorliegende Band Palladius’ Werk erstmals zweisprachig und zugleich erstmals auf der heute maßgeblichen Textgrundlage vollständig in deutscher Übersetzung zugänglich machen.

Für die Aufnahme des Bandes in die Reihe danke ich Niklas Holzberg und Bernhard Zimmermann, für Beratung bei der von mir zu erstellenden Druckvorlage Katharina Legutke und Florian Ruppenstein und für das Mitlesen der Korrekturen Cordula Bachmann, Johanna Leithoff und Veit Rosenberger sowie für vielfältige Hilfe meiner lieben Frau Christiane. Universität Erfurt, im Februar 2016

Kai Brodersen

TEXT UND ÜBERSETZUNG

PA L L A D I I RU T I L I I TAU R I A E M I L I A N I V I R I I N LU S T R I S O P U S A G R I C U LT U R A E LIBER I tituli libri primi I de praeceptis rei rusticae II de quattuor rebus quibus agricultura consistit III de aeris probatione IIII de aqua probanda V de qualitate terrarum VI de industria et necessariis ad rura sententiis VII de agri electione vel situ VIII de aedificio VIIII de hibernis et aestivis mansionibus et pavimentis X de calce et harena XI de latericiis parietibus XII de lumine et altitudine XIII de cameris canniciis XIIII de opere albario X V de tectoriis XVI de vitanda valle, quae propter aquas diligi solet XVII de cisternis et maltha frigidaria XVIII de cella vinaria XVIIII de horreo

D E S PA L L A D I U S RU T I L I U S TAU RU S A E M I L I A N U S , DES BEDEUTENDEN MANNES, W E R K Ü B E R D I E L A N DW I RT S C H A F T B U C H I : G RU N D L A G E N Kapitel des 1. Buches 1. Lehren von der Landwirtschaft 2. Die vier Dinge, aus denen der Ackerbau besteht 3. Prüfung der Luft 4. Prüfen des Wassers 5. Qualität der Erden 6. Fleiß und notwendige Maximen für die Landarbeit 7. Wahl oder Lage des Ackers 8. Gebäude 9. Winter- und Sommerquartiere und -böden 10. Kalk und Sand 11. Wände aus LehmziegelnB 12. Belichtung und Höhe 13. Gewölbedecken mit Pfahlrohr 14. Verputz 15. Deckputze 16. Vermeiden einer Tallage, die [sonst] wegen des Wasser[zugangs] geschätzt wird 17. Zisternen und Dichtmasse für Kaltwasserbecken 18. Weinkammer 19. Speicher

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Liber I

XX de olei factorio XXI de stabulis equorum et boum XXII de corte XXIII de aviariis XXIIII de columbario XXV de turturario XXVI de turdis XXVII de gallinis XXVIII de pavonibus XXVIIII de fasianis XXX de anseribus XXXI de piscinis XXXII de fenili, paleario et lignario XXXIII de sterculino XXXIIII de locis horti et pomarii et sepibus et serendo XXXV de remediis hortorum vel agri XXXVI de area XXXVII de apium castris XXXVIII de apibus emendis XXXVIIII de balneis XXXX de malthis calidae et frigidae XXXXI de pistrino XXXXII de instrumentis agrestium

1. de praeceptis rei rusticae (1) pars est prima prudentiae ipsam, cui praecepturus es, aestimare personam. neque enim formator agricolae debet artibus et eloquentia rhetores aemulari, quod a plerisque factum est; qui dum diserte locuntur rusticis, adsecuti

Buch 1: GRUNDLAGEN

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20. Ölherstellungsraum 21. Pferde- und Rinderställe 22. Hof 23. Vogelhäuser 24. Taubenhaus 25. Turteltaubenschlag 26. Drosseln 27. Hühner 28. Pfauen 29. Fasanen 30. Gänse 31. Teiche 32. Heu-, Stroh- und Holzlager 33. Misthaufen 34. Lage von Garten und Obstgarten, Zäune und Aussaat 35. Heilmittel für Gärten oder Acker 36. Tenne 37. Bienenstöcke 38. Kauf von Bienen 39. Bäder 40. Dichtmassen für Warm- und Kaltwasser 41. Mühle 42. Werkzeuge für Landleute

Grundsätzliches 1. Lehren von der Landwirtschaft (1) Der erste Teil der Klugheit ist es, die Person, die man belehren möchte, selbst einzuschätzen. Der Ausbilder eines Bauern soll nämlich nicht in den Künsten und der Gewandtheit die Rhetoriker nachahmen, was freilich von den meisten Lehrern getan worden ist: Sie haben beredt zu den

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Liber I

sunt, ut eorum doctrina nec a disertissimis possit intelligi. sed nos recidamus praefationis moram, ne, quos reprehendimus, imitemur. (2) dicendum autem nobis est, si divina faverint, de omni agricultura et pascuis et aedificiis rusticis secundum fabricandi magistros et aquae inventionibus et omni genere eorum, quae vel facere vel nutrire oportet agricolam ratione voluptatis et fructus, suis tamen temporibus per universa distinctis. sane in pomis hoc servare constitui, ut eo mense, quo ponenda sunt singula, cum sua omni exequar disciplina.

2. de quattuor rebus, quibus agricultura consistit primo igitur eligendi et bene colendi agri ratio quattuor rebus constat: aere, aqua, terra, industria. ex his tria naturalia, unum facultatis et voluntatis est. naturae est, quod in primis spectare oportet, ut eis locis, quae colere destinabis, aer sit salutaris et clemens, aqua salubris et facilis, vel ibi nascens vel adducta vel imbre collecta, terra vero fecunda et situ commoda.

3. de aeris probatione aeris igitur salubritatem declarant loca ab infimis vallibus libera et nebularum noctibus absoluta et habitatorum considerata corpuscula: si eis color sanus, capitis firma sinceritas, inoffensum lumen oculorum, purus auditus, fauces

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Landleuten gesprochen und so doch nur erreicht, dass ihre Lehre nicht einmal von den Beredtsten verstanden werden konnte. Wir aber wollen von einem langwierigen Vorwort Abstand nehmen, um nicht die nachzuahmen, die wir kritisieren. (2) Zu sprechen aber haben wir, wenn die Götter gewogen sind, über von Ackerbau aller Art, Viehweiden und landwirtschaftliche Gebäude – dies im Anschluss an die Meister des Bauens –, über die Auffindung von Wasser und über alle Arten von dem, was der Bauer aufgrund von Freude und Produktivität tun oder nähren muss, und zwar insgesamt jeweils gesondert für die einschlägigen Zeiten. Nur bei den Obstbäumen habe ich beschlossen, sie in dem Monat, in dem sie jeweils gepflanzt werden, mitsamt der jeweiligen Kunde zusammen zu behandeln. 2. Die vier Dinge, aus denen der Ackerbau besteht Zuerst besteht die Methode der Auswahl und guten Bebauung des Ackers in vier Dingen: Luft, Wasser, Erde und Fleiß. Von ihnen sind drei naturgegeben, eines ist Sache der Fähigkeit und des Wollens. Der Natur zugewiesen ist, was man zuerst betrachten muss, dass nämlich an denen Orten, an denen man Anbau betreiben will, die Luft gesund und milde ist, dass das Wasser gesund und leicht zu erhalten ist – sei es dort entspringend, dorthin geführt oder aber aus Regen gesammelt – und dass die Erde fruchtbar und günstig gelegen ist. 3. Prüfung der Luft Auf eine gesunde Luft verweisen Orte, die von Talsohlen entfernt, nachts von Nebel frei und an den Körpern der Bewohner eingeschätzt werden können: ob die Farbe gesund ist, die Köpfe stetig und solide sind, die Sehkraft der Augen unbeeinträchtigt ist, das Gehör rein ist und die Kehle ein

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commeatum liquidae vocis exercent. hoc genere benignitas aeris adprobatur. his autem contraria noxium caeli illius spiritum confitentur. 4. de aqua probanda (1) aquae vero salubritas sic agnoscitur: primum ne a lacunis aut a palude ducatur, ne de metallis originem sumat, sed sit perspicui coloris neque ullo aut sapore aut odore vitietur, nullus illi limus insidat, frigus tepore suo mulceat, aestatis incendia frigore moderetur. sed quia solet his omnibus ad speciem custoditis occultiorem noxam tectior servare natura, ipsam quoque ex incolarum salubritate noscamus. (2) si fauces bibentium purae sunt, si salvo capite in pulmonibus ac thorace aut nulla est aut rara causatio. nam plerumque has noxas corporis ad inferiorem partem, quae supra sunt corrupta, demittunt, ut vitiato capite ad pulmones vel stomachum morbi causa decurrat. tunc culpandus aer potius invenitur. deinde si venter aut viscera vel latera vel renes nullo dolore aut inflatione vexantur, si vitia nulla vesicae sunt. haec atque his similia si apud incolas pro maiori parte constare videris, nec de aere aliquid nec de fontibus suspiceris.

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ungehindertes flüssiges Sprechen ermöglicht. Auf diese Art wird die gute Qualität der Luft bestätigt. Entgegengesetzte Anzeichen zeigen, dass das Klima der Region schädlich ist. 4. Prüfen des Wassers (1) Die Gesundheit des Wassers aber erkennt man so: Erstens soll es nicht aus Senken oder einem Sumpf geholt werden und auch nicht seinen Ursprung in Bergwerken haben, sondern es soll von klarer Farbe und nicht durch Eigengeschmack oder -geruch beeinträchtigt sein; es soll kein Schlamm in ihm sein; Kälte soll es mit seiner Temperatur abmildern, die feurige Hitze des Sommers aber durch Kühle mäßigen. Aber da die Natur bei all diesen in Bezug auf die Erscheinung beobachteten Punkten doch noch verborgene Gefahren bewahren kann, müssen wir sie auch aus der Gesundheit der Bewohner erkennen, (2) wenn nämlich die Kehlen derer, die das Wasser trinken, rein sind, wenn sie einen gesunden Kopf haben und wenn sie nie oder nur selten an Lungen- oder Brustkorbbeschwerden leiden. Häufig werden nämlich diese Schäden an die unteren Körperteile übertragen, wenn sie oben entstanden sind, so dass, wenn der Kopf betroffen ist, die Ursache der Erkrankung zu den Lungen oder zum Magen herabgeht – dann wird man die Luft als die wahrscheinlichere Ursache ansehen müssen. Sodann [ist es gut], wenn der Bauch, die Eingeweide, die Seiten und die Nieren von keinem Schmerz und keiner Schwellung gequält werden und wenn es keine Blasenprobleme gibt. Wenn man feststellt, dass man dies und diesem Ähnliches bei der Mehrheit der Bewohner sehen kann, braucht man sich weder über die Luft noch über die Wasserquellen Gedanken zu machen.

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5. de qualitate terrarum (1) in terris vero quaerenda fecunditas, ne alba et nuda sit gleba, ne macer sabulo sine admixtione terreni, ne creta sola, ne harenae squalentes, ne ieiuna glarea, ne aurosi pulveris lapidosa macies, ne salsa vel amara, ne uliginosa terra, ne tofus harenosus atque ieiunus, ne vallis nimis opaca et solida, sed gleba putris et fere nigra et ad tegendam se graminis sui crate sufficiens, aut mixti coloris, quae etsi rara sit, tamen pinguis soli adiunctione glutinetur. (2) quae protulerit, nec scabra sint nec retorrida nec suci naturalis egentia. ferat, quod frumentis dandis utile signum sit, ebulum, iuncum, calamum, gramen, trifolium non macrum, rubos pingues, pruna silvestria. color tamen non magno opere quaerendus est, sed pinguedo atque dulcedo. (3) pinguem sic agnoscis: glebam parvulam dulci aqua conspargis et subigis; si glutinosa est et adhaeret, constat illi inesse pinguedinem. item scrobe effossa et repleta, si superaverit terra, pinguis est, si defuerit, exilis, si convenerit aequata, mediocris. dulcedo autem cognoscitur, si ex ea parte agri, quae magis displicet, glebam fictili vase dulci aqua madefactam indicio saporis explores. (4) vineis quoque utilem per haec signa cognoscis: si [coloris et] corporis rari aliquatenus atque re-

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5. Qualität der Erden (1) Bei der Erde muss man nach Fruchtbarkeit suchen. Es soll keine weiße, nackte [von Vegetation freie] Scholle sein, kein magerer Grobsand ohne Beimischung von Erde, kein reiner Ton, kein kahler Sand, kein hungriger Kies, kein goldfarbener Staub, der steinig und dünn ist, kein Boden, der salzig, bitter oder sumpfig ist, kein sandiger hungriger Tuffstein, kein Land im Tal, das zu schattig und dicht ist, sondern eine krümelige Scholle, fast schwarz und in der Lage, sich selbst mit einer Oberflächenschicht aus eigenen Gräsern zu bedecken – sonst aber soll sie von gemischter Farbe sein. Auch wenn sie lose ist, kann sie durch die Zugabe von fettem Boden gebunden werden. (2) Die Vegetation auf ihr soll nicht schorfig oder spindelig sein und auch nicht Mangel an natürlichem Saft haben. Sie soll tragen, was eine nützliche Voraussage für einen künftigen Getreideertrag ermöglicht: Zwergholunder, Binse, Pfahlrohr, Gras, Klee – und zwar nicht mager –, fette Brombeeren und wilde Pflaumen. Man soll nicht besonders nach Farbe suchen, sondern nach Reichtum und Süße. (3) Fetten Boden erkennt man wie folgt: Man besprengt einen kleinen Klumpen mit süßem Wasser und knetet ihn; wenn er zäh und klebrig ist, gibt es offenbar Reichtum vor Ort. Auch wenn man eine Grube gräbt und wieder auffüllt und dabei Erde übrigbleibt, ist sie reich; wenn die Erde nicht [zum Wiederbefüllen] ausreicht, ist sie dürftig; wenn sie die Grube füllt und wieder eine Ebene bildet, ist sie mittelmäßig. Der Grad der Süße wird bestimmt, wenn man Erde aus einem besonders enttäuschenden Bereich des Lands in ein Keramikgefäß platziert, mit Süßwasser befeuchtet und es durch den Beweis seines Geschmacks prüft. (4) Darüber hinaus identifiziert man Boden, der für Weingärten nützlich ist, anhand folgender Anzeichen: Wenn seine Textur etwas offen

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soluti est, si virgulta, quae protulit, levia, nitida, procera, fecunda sunt, ut piros silvestres, prunos, rubos, ceteraque huiusmodi neque intorta neque sterilia neque macra exilitate languentia. (5) situs vero terrarum neque planus, ut stagnet, neque praeruptus, ut defluat, neque obrutus, ut in imum deiecta valle subsidat, neque arduus, ut tempestates immodice sentiat et calores. sed ex his omnibus utilis semper est aequata mediocritas et vel campus apertior et umorem pluvium clivo fallente subducens vel collis molliter per latera inclinata deductus vel vallis cum quadam moderatione et aeris laxitate submissa vel mons alterius culminis defensus obiectu et a molestioribus ventis aliquo liber auxilio vel sublimis, asper, sed nemorosus et herbidus. (6) sed cum sint genera terrarum plurima, ut pinguis aut macra, spissa vel rara, sicca vel umida et ex his pleraque vitiosa, tamen propter seminum differentiam saepe necessaria, maxime, sicut supra dixi, eligendus est pinguis ac resolutus ager, qui minimum laborem petit, fructum maximum reddit. secundi meriti est spissus, qui labore quidem maximo, tamen ad vota respondent. illud vero deterrimum genus est, quod erit siccum simul et spissum et macrum vel frigidum. qui ager pestiferi more fugiendus est.

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und locker ist und wenn die Gewächse, die er hervorbringt, glatt, glänzend, groß und fruchtbar sind – wilde Birnen, Pflaumen, Brombeeren und andere –, nicht verbogen oder unfruchtbar oder in magerer Dürftigkeit herabhängend. (5) Die Lage des Landes soll nicht so flach sein, dass der Boden stagniert, aber auch nicht so steil, dass er abgewaschen wird, nicht so eingetieft, dass er in der Sohle eines tiefen Tales liegt, aber auch nicht so hoch, dass er übermäßig Stürme und Hitze zu fühlen bekommt. Der Vorteil liegt immer in einem ausgewogenen Mittelmaß zwischen all diesen Situationen: entweder eine offene Ebene, die Regenwasser durch eine kaum wahrnehmbare Steigung oder von einem Hügel bezieht, der mit schrägen Seiten leicht abfällt, oder ein Tal, das nur mäßig niedrig und breit genug für die Bewegung von Luft ist, oder aber ein Berg, der von einem anderen Gipfel geschützt wird, mit einigen Unterständen vor schädlicheren Winden, oder Boden, der hoch und rau ist, aber waldreich und grasbewachsen. (6) Es gibt sehr viele Arten von Böden: fett oder mager, dicht oder locker, trocken oder feucht; die meisten davon haben Fehler in sich, sind aber aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen der Samen unterschiedlich erstrebenswert. Die erste Wahl freilich ist, wie ich oben [1.5.1] sagte, fettes, loses Land, das den geringsten Arbeitsaufwand erfordert und den größten Ertrag bringt. Die zweite Wahl an Wert ist dichtes Land, das sehr viel Arbeit erfordert, aber die eigenen Gebete beantwortet. Die schlimmste Art ist trockenes und gleichzeitig dichtes und mageres oder kaltes Land: Solche Flächen müssen gemieden werden, als ob sie verpestet wären.

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6. de industria et necessariis ad rura sententiis (1) sed ubi haec, quae naturalia sunt neque humana ope curari possunt, diligentius aestimaris, exequi te convenit partem, quae restat industriae. cuius haec erit cura vel maxima, ut has, quas subieci, ex omni opere rustico in primis debeas tenere sententias: praesentia domini provectus est agri. color terrae non magno opere desideretur, quia bonitatis incertus est auctor. (2) genera omnium surculorum vel frugum praeclara, sed terris tuis experta, committe; in novo enim genere seminum ante experimentum non est spes tota ponenda. locis umidis semina citius quam siccis degenerant; quare subinde succurrat electio. ferrarii, lignarii, doliorum cuparumque factores necessario habendi sunt, ne a labore sollemni rusticos causa desiderandae urbis avertat. locis frigidis a meridie vineta ponantur, calidis a septentrione, temperatis ab oriente vel, si necesse sit, occidente. (3) operarum ratio unum modum tenere non potest in tanta diversitate terrarum. et ideo soli et provinciae consu-

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6. Fleiß und notwendige Maximen für die Landwirtschaft (1) Nach der Auswertung dieser Elemente, die natürlich sind und nicht mit menschlichen Mitteln geändert werden können, muss man sich mit dem verbleibenden Bereich befassen, dem des Fleißes. Das beste Mittel für den Umgang mit diesem Element wird die Beachtung der folgenden Maximen sein, die aus allen Bereichen der bäuerlichen Arbeit genommen sind:  Des Hausherren Präsenz fördert den Fortschritt des Ackers.  Die Farbe des Bodens ist keine wichtige Voraussetzung, denn sie ist ein unzuverlässiger Führer zu seiner Qualität.  (2) Man muss sich auf die besten Sorten der einzelnen Schösslinge oder Feldfrüchte verlassen, aber erst nach ihrer Prüfung auf dem eigenen Land; man darf nicht alle Hoffnungen auf eine neue Sorte setzen, bevor man sie geprüft hat.  An feuchten Standorten degenerieren Samen schneller als an trockenen; wiederholte Selektion ist deshalb erforderlich.  Man muss auf dem Bauernhof auf jeden Fall Schmiede, Holzarbeiter, Töpfer und Fassmacher haben, damit die Landarbeiter nicht von ihrer regulären Arbeit durch die Notwendigkeit abgehalten werden, sich in die Stadt aufzumachen [um dort die von diesen Spezialisten angefertigten Objekte zu erwerben].  An kalten Orten sollen Weingärten nach Süden, an heißen nach Norden platziert werden, an gemäßigten nach Osten oder, falls erforderlich, nach Westen.  (3) Die Berechnung, wie viele Arbeitskräfte benötigt werden, kann nicht einheitlich sein, da die Erden so vielfältig sind; Vertrautheit mit dem Boden und der

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etudo facile ostendet, qui numerus unamquamque rem faciat, sive in surculis, sive in omni genere satorum. quae florent, constat non esse tangenda. bene eligi serenda non possunt, nisi hoc officium prius eligens adsumat. in rebus agrestibus maxime officia iuvenum congruunt, imperia seniorum. (4) in vitibus putandis tria consideranda sunt: fructuum spes, successura materies, locus, qui servet ac revocet. vitem si maturius putes, plura sarmenta, si serius, fructus plurimos consequeris. de locis deterrimis sicut arbores, ita homines convenit ad meliora transferre. post bonam vindemiam strictius, post exiguam largius puta. in omni opere inserendi, putandi ac recidendi, duris et acutis utere ferramentis. in vite vel arbore, quae facienda sunt, perage ante apertionem floris et gemmae. in vineis aratro praetermissa fossor emendet. locis calidis, siccis, apricis, pampinandum non est, cum magis vitis optet operiri. et ubi vineas Vulturnus exurit aut

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Provinz wird leicht zeigen, welche Anzahl [von Arbeitskräften] jede Aufgabe bei Schösslingen oder jeder Art von Saatgut durchführen kann. Was in Blüte steht, darf man auf keinen Fall berühren. Saatgut zur Aussaat kann nur gut ausgewählt werden, wenn eine zuvor gut ausgewählte Person diese Aufgabe übernimmt. In der Landwirtschaft sind junge Männer für die Erfüllung der Aufgaben am besten, ältere Männer für deren Anordnung. (4) Beim Zurückschneiden von Rebstöcken sind drei Dinge zu beachten: die Frucht, die man sich erhofft, das Wachstum, das folgen wird, und die Platzierung der [Schnitte, mit denen die] Rebstöcke bewahrt und erneuert werden. Wenn man einen Rebstock früher zurückschneidet, wird man mehr Ranken erzielen, wenn man es später tut, eine große Menge an Frucht. Von sehr schlechten Plätzen sollen Bäume [und Rebstöcke] ebenso wie Menschen an bessere umgesetzt werden [nicht umgekehrt]. Nach einer guten Weinlese muss man enger zurückschneiden, nach einer kleinen breiter. Bei jeder Aufgabe, die PfropfenV, Beschneiden oder Zurückschneiden umfasst, verwende man harte und scharfe Eisen-Werkzeuge. Bei Rebstock oder Baum führe man die erforderlichen Aufgaben vor der Öffnung der Blüten und Knospen aus. Im Weingarten muss ein Grabender heilen, was der Pflug ausgelassen hat. An heißen, trockenen und sonnigen Orten soll man die Rebstöcke nicht ablauben [vgl. 6.2.2], da sie Schatten

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flatus aliquis regionis inimicus, vitem tegamus straminibus vel aliunde quaesitis. (5) ramus laetus, viridis et sterilis in media olea abscidendus est, velut totius arboris inimicus. sterilitas et pestilentia aequo modo fugiendae sunt, vel si secum utraeque non fuerint. in pastinato solo inter novellas vites omnino nihil est conserendum; Graeci iubent exceptis caulibus, tertio anno, quae libebit, iniungere. omnia legumina Graecis auctoribus seri iubentur in sicca terra; faba tantummodo in umida debet aspargi. (6) domino vel colono confinia possidenti, qui fundum vel agrum suum locat, damnis suis ac litibus studet. in agro periclitantur interiora, nisi colantur extrema. omne triticum solo uliginoso post tertiam sationem in genus siliginis commutatur. tria mala aeque nocent, sterilitas, morbus, vicinus. (7) qui terram sterilem vineis occupat, et laboribus suis et sumptibus est iniquus. campi largius vinum, colles nobilius ferunt; Aquilo vites

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vorziehen. Und wenn ein Vulturnus-W oder ein anderer für die Gegend schädlicher Wind die Weingärten versengt, müssen wir die Rebstöcke mit Stroh zudecken, auch wenn wir dieses anderswo erwerben müssen. (5) Ein Zweig, der in der Mitte eines Ölbaums üppig, grün und unfruchtbar ist, soll abgeschnitten werden, als sei er dem ganzen feindlich. Unfruchtbarkeit und Seuchen müssen gleichermaßen vermieden werden, unabhängig davon, ob sie zusammen oder einzeln auftreten. Im pastinumA soll nicht gleich zwischen neue Rebstöcke gesät werden; erst im 3. Jahr – so raten die Griechen – mag man jegliche Feldfrucht außer Kohl als Begleiter anpflanzen. Die griechischen Autoritäten raten, dass alle Hülsenfrüchte auf trockenem Boden gesät werden; nur Bohnen sollen auf feuchte Flächen gestreut werden. (6) Wer seinen Bauernhof oder sein Grundstück einem Eigentümer oder Pächter von angrenzendem Land vermietet, strebt für sich Verluste und Streitigkeiten an. Die zentralen Bereiche eines Ackers sind gefährdet, wenn die äußeren Bereiche nicht kultiviert werden. In sumpfigem Boden verwandelt sich jeder Weizen nach der 3. Aussaat [wenn also im 2. und 3. Jahr Körner aus dem jeweiligen Vorjahr als Saatgut genutzt werden] in eine Art von Saat-Weizen. Drei Probleme sind gleichermaßen schädlich: Unfruchtbarkeit, Krankheit, Nachbar. (7) Jedermann, der unfruchtbares Land mit Rebstöcken bepflanzt, ist ein Widersacher seiner eigenen Arbeit und seiner Aufwendungen. Ebenes Land produziert reichlichen Wein, Hügel edlen; der Aquilo-WindW befruchtet ihm ausgesetzte Rebstö-

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sibi obiectas fecundat, Auster nobilitat. ita in arbitrio est, plus habeamus an melius. necessitas feriis caret. quamvis temperatis agris serendum sit, tamen si siccitas longa est, semina occata tutius in agris, quam in horreis servabuntur. viae malitia aeque et voluptatis et utilitatis adversa est. (8) qui agrum colit, gravem tributis creditorem patitur, cui sine spe absolutionis obstrictus est. qui arando crudum solum inter sulcos relinquit, suis fructibus derogat, terrae uber infamat. fecundior est culta exiguitas quam magnitudo neglecta. (9) nigras vites omnino repudies nisi in provinciis et eius generis, quo acinaticium fieri consuevit. longius adminiculum vitis incrementa producit. teneram et viridem vitem ferri acie ne recidas. omnis incisura sarmenti avertatur a gemma, ne eam stilla, quae fluere consuevit, extinguat. pro macie vel soliditate vitium nutrienda sarmenta putator iniungat.

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cken, der Auster-WindW veredelt sie. So ist es eine Frage des Urteils, ob wir mehr oder besseren [Wein] haben wollen. Notwendigkeit macht keine Ferien. Auch wenn man säen soll, solange die Felder feucht sind, wird, sofern trockenes Wetter lange andauert, Saatgut, einmal geeggt, auf den Feldern sicherer sein als in den Speichern. Die Probleme, die eine Reise mit sich bringt, schaden gleichermaßen dem Genuss und der Nützlichkeit [der Reise]. (8) Wer einen Acker bewirtschaftet, ist damit einem Kreditgeber ausgeliefert, dessen Forderungen anspruchsvoll sind und an den er ohne Hoffnung auf Entlassung gebunden ist. Jemand, der rohen [nicht umgegrabenen] Boden zwischen den Furchen lässt, schmälert seine Ernte und verringert die Fruchtbarkeit des Bodens. Ein kleines Landstück, gut gepflegt, ist ertragreicher als ein großes ungepflegtes. (9) Man soll schwarze Reben ganz zurückweisen, außer in denjenigen Provinzen und bei denjenigen Sorten, die man gewöhnlich für acinaticiumL nutzt. Eine längere Hilfestellung [durch Stützen] fördert das Wachstum des Rebstocks. Wenn ein Rebstock zart und grün ist, soll man ihn nicht mit einem scharfen Eisen[messer] zurückschneiden. Jeder Schnitt eines Reises sollen von der Knospe weg erfolgen, so dass die Tropfen, die aus dem Schnitt fließen, dieses nicht abtöten. Je nach Schlankheit oder Festigkeit der Rebstöcke verbindet der Beschneider die Reiser.

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terra profunda, quod Graeci adserunt, oleae grandes arbores efficit, fructus minores et aquatos ac seros magisque amurcae proximos. aer oleas tepidus iuvat et ventis mediocribus sine vi et horrore perflabilis. (10) vitis, quae ad iugum colitur, per aetates ad hoc perducenda est, ut locis molestioribus quattuor pedibus a terra, placidioribus vero septem summitas eius insurgat. hortus, qui caelo clementi subiacet et fontano umore percurritur, prope est, ut liber sit et nullam serendi disciplinam requirat. subligatio acerbis uvis facienda est, quando excutiendi aut rumpendi acini nulla formido est. (11) ligatura in vitibus locum debet mutare, ne unum semper adsiduitas conterat vinculorum. fossorem si apertus vitis oculus viderit, caecabitur spes magna vindemiae; et ideo, dum est clausa, fodietur. terrae altitudinem cum fecunditate, si ad frumenta, duobus pedibus explora, quattuor vero, si ad arbusta vel vites. vitis novella, ut facile incrementum dilecta consequitur, ita interitum celerem, si neglegatur, incurrit. (12) modum tene aestimatis facultatibus tuis in adsumptione culturae, ne superatis viribus excedente mensura

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 Tiefer Boden bringt – wie die Griechen angeben – große Ölbäume hervor, aber Oliven, die kleiner, wässrig und langsam reifend sind, ganz so wie Ölschaum.  Ölbäumen wird von einem Klima geholfen, das warm und mäßigen Winden ausgesetzt ist, nicht rauen oder gewalttätigen.  (10) Ein Rebstock, der an einem Joch gehalten wird, soll im Laufe der Jahre höher gezogen werden, damit die Krone an schlechteren Orten 4 FußM über dem Boden erreicht, an sanfteren aber 7 FußM.  Ein Garten, in sanftem Klima mit Quellwasser durchzogen, ist fast frei von Beschränkungen und benötigt keine [besondere] Kunde für die Aussaat.  Anbinden soll man die Rebstöcke, wenn die Trauben noch unreif sind und man keine Angst vor dem Abschlagen oder Aufplatzen der Beeren haben muss.  (11) Die Bindestelle bei Rebstöcken soll [öfter] verlegt werden, damit nicht eine Stelle durch die ständige Präsenz der Befestigungen aufgerieben wird.  Wenn das offene AugeV des Rebstocks [die Knospe] den Grabenden sieht, geht die große Hoffnung auf Weinertrag zugrunde; daher soll das Graben erfolgen, während das Auge noch geschlossen ist.  Man soll die Tiefe der Erde zusammen mit ihrer Fruchtbarkeit erproben: 2 FußM für Getreide, 4 FußM für arbustumA oder Rebstöcke.  So, wie junge Rebstöcke leicht wachsen, wenn sie liebevoll gepflegt werden, so finden sie ein rasches Ende, wenn sie ungepflegt bleiben.  (12) Man soll seinen Fähigkeiten treu bleiben und Mäßigung üben, wenn man Anbau betreibt, damit man seine Kräfte nicht übernimmt, seine Grenzen nicht übertrifft und in Schmach aufgeben muss, was man in Selbstüber-

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turpiter deseras, quod arroganter adsumis. semina plus quam annicula esse non debent, ne vetustate corrupta non prodeant. frumentum collis quidem grano robustius, sed mensurae minus refundet. omnia, quae seruntur, crescente luna et diebus tepidis sunt serenda. nam tepor evocat, frigus includit. (13) si tibi ager est silvis inutilibus tectus, ita eum divide, ut loca pinguia puras reddas novales, loca sterilia silvis tecta esse patiaris, quia illa naturali ubertate respondent, haec beneficio laetantur incendii. sed sic urenda distingues, ut ad incensum agrum post quinquennium revertaris. ita efficies, ut aequaliter vel sterilis gleba cum fecunditate contendat. (14) Graeci iubent olivam, cum plantatur et legitur, a mundis pueris atque virginibus operandum, credo, recordati arbori huic esse praesulem castitatem. nomina frumentorum superfluum est praecipere, quae aut loco subinde aut aetate mutantur. hoc satis est, ut eligamus praecipua in ea regione, quam colimus, vel exploremus advecta. lupinus et vicia pabularis, si virides succidantur et statim

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schätzung begonnen hat.  Saatgut soll nicht mehr als 1 Jahr alt sein, damit es nicht vom Alter verdorben wird und nicht [schon vor der Aussaat] keimt.  An Hügeln angebautes Getreide ist zwar im Korn fester, gibt aber eine geringere Menge.  Alle Aussaat soll bei zunehmendem Mond erfolgen und an warmen Tagen, denn Wärme zieht Dinge heraus, Kälte schließt sie ein.  (13) Wenn man Land hat, das von nutzlosem Wald bedeckt ist, teilt man es auf, so dass die fetten Gebiete zu sauberen neuen Feldern werden, lässt aber die unfruchtbaren Bereiche von Wald bedeckt, weil erstere durch ihren natürlichen Ertrag Gewinn bringen, während letztere durch Feuer fruchtbar gemacht werden. Aber man wird bei der Behandlung der Bereiche, die abgebrannt werden, abwechseln, um nach einer Pause von 5 Jahren auf das abgebrannte Land zurückzukommen; auf diese Weise wird man auch eine unfruchtbare Scholle dazu bringen, zu gleichen Bedingungen mit ertragreicher [Scholle] zu konkurrieren.  (14) Die Griechen raten, dass Ölbäume bei der Pflanzung und Lese von reinen Knaben und Mädchen behandelt werden; sie sind sich, wie ich annehme, der Keuschheit der Schutzgottheit des Ölbaums [MinervaG] bewusst.  Es ist überflüssig, die Namen der Getreidearten zu lehren, die sich immer wieder mit der Gegend oder dem Alter ändern; es genügt, dass wir die führenden Sorten in der Gegend, in der wir Ackerbau betreiben, auswählen oder diejenigen erproben, die eingeführt werden.  Wenn Lupine und Wicke grün geschnitten werden und man ihre geschnittenen Wurzeln unverzüglich um-

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supra sectas eorum radices aretur, stercoris similitudine agros fecundant; quae si exaruerint, antequam proscindas, in his terrae succus aufertur. ager aquosus plus stercoris quaerit, siccus minus. (15) calidis, maritimis, siccis, apricis, campestribus locis omne opus vinearum maturius inchoetur, frigidis, mediterraneis, umidis, opacis, montanis locis tardius; quod non solum de mensibus aut diebus dixerim, sed horis operandi. omne opus rusticum, cum fieri praecipitur, neque cito est, si ante quindecim dies, neque tarde, si post quindecim fiat. frumenta omnia maxime laetantur patenti campo et soluto, et ad solem reclini. (16) spissa et cretosa et umida terra bene far et triticum nutrit. hordeum soluto delectatur et sicco; nam si in lutoso spargatur, inmoritur. trimenstris satio locis frigidis, nivosis convenit, ubi qualitas aestatis umecta est, ceteris raro respondet eventu; semen trimenstre locis tepidis melius respondebit, si seratur autumno. si necessitas coget de salsa terra sperare aliquid, post autumnum plantanda est vel conserenda, ut malitia eius hibernis imbribus eluatur. aliquid etiam terrae dulcis vel harenae fluvialis subiciendum est, si illi virgulta committimus.

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pflügt, werden sie die Felder wie Mist düngen; wenn sie aber austrocknen, bevor man den Boden aufbricht, wird die wichtige Feuchtigkeit des Bodens in sie abgezogen. Gut bewässerter Boden braucht mehr Mist, trockenes Land weniger. (15) An heißen, maritimen, trockenen, sonnigen und ebenen Orten müssen alle Aufgaben im Weingarten früher begonnen werden, an kalten, binnenländischen, feuchten, schattigen und bergigen später; ich sage das nicht nur in Bezug auf Monate oder Tage, sondern auch die Arbeitsstunden. Wenn eine landwirtschaftliche Arbeit ansteht, ist es nicht zu früh, wenn man sie bereits 15 Tage vorher tut, und auch 15 Tage danach noch nicht zu spät. Alle Feldfrüchte freuen sich über offene flache Böden, die lose sind und schräg in Richtung der Sonne liegen. (16) Dichter, toniger und nasser Boden nährt Emmer und Weizen gut. Gerste freut sich über losen trockenen Boden, denn wenn sie auf schlammiges Land gesät wird, stirbt sie ab. 3-Monats-Pflanzen [die 3 Monate nach der Aussaat reif sind] eignen sich für kalte und schneereiche Orte, wo das Wetter im Sommer feucht ist; an anderen Stellen geben sie selten einen erfolgreichen Ertrag; in warmen Gegenden geben 3-Monats-Samen einen besseren Ertrag, wenn sie im Herbst gesät werden. Wenn Notwendigkeit dazu zwingt, eine gewisse Hoffnung auf salziges Land zu setzen, soll es nach dem Herbst bepflanzt oder angesät werden, damit seine Schlechtigkeit durch den Winterregen ausgewaschen werden kann; darüber hinaus soll man einige süße Erde oder Flusssand hinzufügen, wenn man ihm Stecklinge anvertrauen will.

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(17) seminarium mediocri terra instituere debemus, ut ad meliorem, quae sata fuerint, transferantur. lapides, qui supersunt, hieme rigent, aestate fervescunt; idcirco satis arbustis et vitibus nocent. terra, quae circa arbores movetur, ita est vicibus permutanda, ut ei, quae in summo fuerat, ima succedat. (18) in laetandis arboribus crates faciemus terram prius trunco admoventes et mox laetamen, ut sic opus natura beneficii alternante cumuletur. agri praesulem non ex dilectis tenere servulis ponas, quia fiducia praeteriti amoris ad inpunitatem culpae praesentis spectat.

7. de agri electione vel situ (1) in eligendo agro vel emendo considerare debebis, ne bonum naturalis fecunditatis colentium depravarit inertia et in degeneres surculos uber soli feracis expenderit. quod quamvis emendari possit insitione meliorem, tamen harum rerum sine culpa melior usus est quam cum spe corrigendi serus eventus. in seminibus ergo frumentorum praesens

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 (17) Ein Saatbeet müssen wir auf mittelmäßigem Boden einrichten, so dass die Setzlinge in eine bessere Erde übertragen werden können.  Auf der Oberfläche gelassene Steine werden im Winter einfrieren und im Sommer versengen; deshalb können sie Pflanzen, Sträuchern und Rebstöcken schaden.  Die Erde, die um Bäume aufgebracht wird, soll nacheinander umgegraben werden, damit jeweils ihr niedrigstes Niveau das ersetzt, was oben war.  (18) Zur Düngung von Bäumen werden wir Schichten machen, indem wir zuerst Erde in die Nähe des Stamms bringen, dann Mist, so dass die potenziellen Vorteile sich abwechseln, während sich das Material anhäuft.  Zur Aufsicht über den Bauernhof soll man keinen Sklaven von denen einsetzen, mit denen man eine zärtliche Verbundenheit hatte, denn das Vertrauen auf diese alte Liebe wird ihn dazu bringen, Straflosigkeit für alle vorliegenden Fehler zu erwarten.

Bauernhof 7. Wahl oder Lage des Ackers (1) Bei der Wahl oder dem Kauf eines Ackers muss man prüfen, ob sein natürlicher Ertrag durch die Faulheit seiner Pfleger verdorben wurde und ob diese die Fruchtbarkeit des Bodens durch unterlegene Pflanzungen verschwendet haben. Zwar kann man dies durch PfropfenV mit besseren Pflanzen korrigieren, doch ist es besser, sogleich den uneingeschränkten Genuss dieser Dinge zu haben als aufgeschobenen Erfolg und die Hoffnung auf Besserung. Freilich kann es auch eine sofortige Verbesserung durch [anderes]

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emendatio potest esse. (2) in vinetis maxime considerandum atque vitandum est, quod plerique fecerunt studendo famae tantum et latitudini pastinorum semina vitium statuentes vel sterilia vel saporis indigni; quod grandi tibi labore constabit, ut corrigas, si agrum conpares vitiis talibus occupatum. (3) positio ipsius agri, qui eligendus est, ea sit: in frigidis provinciis orienti aut meridiano lateri ager esse debet obpositus, ne alicuius magni montis obiectu his duabus partibus exclusus algore rigescat aut per partem septentrionis remoto aut per occidentis in vesperam sole dilato. in calidis vero provinciis pars potius septentrionis optanda est, quae et utilitati et voluptati et saluti aequa bonitate respondeat. (4) si vicinus est fluvius, ubi statuimus fabricae sedem parare, eius debemus explorare naturam, quia plerumque, quod exhalat, inimicum est, a quo, si talis sit, conveniet refugere conditorem. palus tamen omni modo vitanda est, praecipue quae ab Austro est vel occidente et siccari consuevit aestate, propter pestilentiam vel animalia inimica, quae generat.

8. de aedificio (1) aedificium pro agri merito et pro fortuna domini oportet institui, quod plerumque inmodice sumptum difficilius est sustinere quam condere. ita igitur aestimanda eius est magnitudo, ut, si aliquis casus incurrerit, ex agro, in quo est,

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Getreidesaatgut geben. (2) In den Weingärten wird man eine Situation besonders beachten und vermeiden müssen, wie sie von vielen Bauern geschaffen wird, die nur ans Prestige und das [Wohlstand offenbarende] Ausmaß ihres pastinumA denken, aber entweder unfruchtbare Rebstöcke oder solche von minderwertigem Saft haben. Es wird viel Mühe kosten, diese Situation zu korrigieren, wenn man einen Acker kauft, der Mängel wie diese aufweist. (3) Die Lage des Ackers selbst, den man wählen sollte, soll folgende sein: In kalten Provinzen soll er nach Osten oder Süden ausgerichtet werden, damit er von diesen Aspekten nicht durch einen großen Berg, der im Weg steht, abgeschnitten wird und so eiskalt ist, da er im Norden von Sonnenschein ausgeschlossen ist und im Westen nur abends beschienen wird. In heißen Provinzen aber soll man stattdessen einen nördlichen Aspekt wählen, der Nutzen, Genuss und Gesundheit des Wassers gleichermaßen sichert. (4) Liegt ein Fluss in der Nähe der geplanten Baustelle, müssen wir seine Natur überprüfen, da meistens die Ausdünstungen eines Flusses schädlich sind; wenn dies der Fall ist, wird der Bauherr es vermeiden wollen. Sumpfiger Boden hingegen muss unbedingt vermieden werden, vor allem solcher, der nach Süden oder Westen blickt und im Sommer austrocknet, und zwar im Hinblick auf Seuchen oder auf schädliche Tiere, die er hervorbringt. 8. Gebäude (1) Das Gebäude soll im Einklang mit dem Wert des Ackers und dem Reichtum des Besitzers stehen, da es in der Regel schwieriger ist, laufende Ausgaben für einen extravaganten Aufwand zu erhalten, als es ist, im Verhältnis dazu zu bauen. Die Größe soll daher so berechnet werden, dass man, wenn es einen Unfall gibt, dies mit dem Gewinn des

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unius anni aut multum biennii pensione reparetur. (2) ipsius autem praetorii situs sit loco aliquatenus erectiore et sicciore quam cetera propter iniuriam fundamentorum et ut laeto fruatur adspectu. fundamenta autem hoc modo ponenda sunt, ut latiora sint ex utraque parte semipedis spatio, quam parietis corpus increscet. si lapis vel tofus occurat, facilis causa est conlocandi, in quo sculpi tantum fundamenti forma debebit, unius pedis altitudine vel duorum. si solida et constricta invenietur argilla, quinta vel sexta pars altitudinis eius, quae supra terram futura est, fundamentis deputetur. quod si terra laxior fuerit, modo maioris altitudinis obruantur, donec munda sine ruderum suspicione occurrat argilla. quae si omnino desit, quartam mersisse sufficiet. studendum praeterea, ut hortis et pomariis cingi possit aut pratis. (3) sed totus fabricae tractus unius lateris longitudine, in quo frons erit, meridianam partem respiciat in primo angulo excipiens ortum solis hiberni et paululum ab occidente avertatur aestivo. ita proveniet, ut per hiemem sole inlustretur et calores eius aestate non sentiat.

9. de hibernis et aestivis mansionibus et pavimentis (1) forma tamen esse debet eiusmodi, ut ad habitationem breviter collectas et aestati et hiemi praebeat mansiones. quae hiemi parantur ita sint constitutae, ut possit eas hiberni solis totus propemodum cursus hilarare. in his pavimen-

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Ackers, auf dem es steht, aus 1 Jahr – allenfalls aus 2 Jahren – ausgleichen kann. (2) Die Lage des Hauptgebäudes soll etwas höher und trockener als alles andere sein, damit man Schäden an den Fundamenten verhindert und einen angenehmen Ausblick genießen kann. Die Fundamente sollen so gelegt werden, dass sie auf beiden Seiten 1/2 FußM breiter als die Wand sind, die auf ihnen aufgebaut wird. Wenn man [beim Fundamentgraben] auf Stein oder Tuff trifft, ist es ein Leichtes, sie zu sichern; dann wird es nur erforderlich sein, die Gestalt des Fundaments in diese Materialien bis zu einer Tiefe von 1 oder 2 FußM einzuschneiden. Wenn fester und kompakter Mergel gefunden wird, soll die Tiefe der Fundamente 1/5 oder 1/6 der beabsichtigten Wandhöhe über dem Boden sein. Wenn aber die Erde lockerer ist, muss sie zu einer größeren Tiefe gegraben werden, bis sie sauberen Mergel ohne eine Spur von rudusB aufscheinen lässt. Wenn Mergel völlig fehlt, wird es passend sein, sie zu 1/4 in den Boden einzutiefen. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass das Gebäude von Gärten und Obstgärten oder Wiesen umgeben werden kann. (3) Die gesamte Anlage soll so ausgerichtet werden, dass seine lange Front nach Süden weist und so die frühe Morgensonne im Winter an seiner Ecke empfängt, während es ein wenig von der untergehenden Sonne im Sommer abgewandt ist. Das Ergebnis wird sein, dass das Gebäude im Winter von der Sonne erhellt wird und im Sommer von dessen Wärme unberührt bleibt. 9. Winter- und Sommerquartiere und -böden (1) Die Anlage soll so sein, dass sie in einem kleinen Umfang Wohnquartiere für den Sommer und für den Winter bietet. Diejenigen, die für den Winter gedacht sind, sollen so positioniert werden, dass sie praktisch vom gesamten Verlauf der Wintersonne erfreut werden. Sie müssen geeig-

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ta oportuna esse debebunt. (2) primum in fabricis planis earum observandum est, ut aequalis et solida contignatio fiat, ne gradus ambulantium tremor fabricae titubantis excutiat. deinde ut axes quernae cum aesculeis non misceantur. nam quercus umore concepto, cum se coeperit siccare, torquetur et rimas in pavimento faciet; aesculus autem sine vitio durat. (3) sed si quercu subpetente aesculus desit, subtiliter quercus secetur et transversus atque directus duplex ponatur ordo tabularum clavis frequentibus fixus. de cerro aut fago aut farno diutissime tabulata durabunt, si stratis super paleis vel filice umor calcis nusquam ad tabulati corpus accedat. (4) tunc superstatuminabis: rudus, id est saxa contusa duabus partibus et una calcis temperante, constitues. hoc cum ad sex digitorum crassitudinem feceris et regula exploraris aequale, si loca hiemalia sunt, tale pavimentum debebis inponere, in quo vel nudis pedibus stantes ministri hieme non rigescant. inducto itaque rudere vel testacio pavimento congestos et calcatos spisse carbones cum sabulone et favilla et calce permiscebis et huius inpensae crassitudinem sex unciis iubebis inponi; quod exaequatum nigra pavimenta formabit et, si qua fundentur ex poculis, velociter rapta desuget. (5) sed si aestivae mansiones sunt, ori-

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nete Böden haben. (2) Bei der Konstruktion dieser Zimmer im Erdgeschoss ist erstens darauf zu achten, dass die Balken und Bretter [unter dem Unterboden] eben und fest sind, damit nicht auf einer instabilen Konstruktion Schwingungen die Schritte derer verärgern, die auf ihnen laufen, zweitens darauf, dass Dielen aus Eiche nicht mit Dielen aus Wintereiche gemischt werden; wird nämlich Eiche [durch den Auftrag von Estrich] feucht, dann verformt sie sich, wenn sie zu trocknen begonnen hat, und verursacht Risse im Estrich, während Wintereiche fehlerfrei und robust ist. (3) Wenn aber Wintereiche nicht verfügbar ist und man einen Vorrat an Eichen hat, sägt man die Eichendielen dünn und legt eine doppelte Schicht von Dielen im rechten Winkel zueinander übereinander, in kurzen Abständen vernageltB. Unterböden aus Zerreiche, Buche oder Esche werden eine sehr lange Zeit halten, wenn Stroh oder Farn auf ihnen ausgebreitet wird, um die Feuchtigkeit aus dem Kalk [des Estrichs] daran zu hindern, den Unterboden selbst zu erreichen. (4) Darauf wird man dann eine Grundlage [s. 6.11.1] legen: Zunächst bringt man rudusB auf, nämlich 2 Teile Steinbrocken mit 1 Teil Kalk. Nachdem man diesen bis zu einer Dicke von 6 FingerbreitM gebracht hat und mit einer Prüfleiste festgestellt hat, dass er waagrecht ist, muss man – wenn es sich um die Winterräume handelt – einen Boden auftragen, auf dem die Diener auch mit nackten Füßen stehen können, ohne im Winter zu frieren. Dafür bringt man nach dem Verteilen des rudusB und des Estrichs aus opus testaciumB Holzkohle auf, die aufgetürmt und – fest mit Sand, Asche und Kalk vermischt – zertreten wird, und legt von diesem Material eine Schicht von 6 ZollM Dicke auf. Einmal eingeebnet wird dies einen schwarzen Boden bilden und schnell alles absorbieren, was etwa aus Gefäßen darauf vergossen wird. (5) Wenn es aber Sommerquartiere

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entem solstitialem et partem septentrionis aspiciant et vel testacium, sicut supra diximus, accipiant pavimentum vel marmora vel tesseras aut scutulas, quibus aequale reddatur angulis lateribusque coniunctis. si haec deerunt, supra marmor tusum cernatur aut harena cum calce inducta levigetur.

10. de calce et harena (1) praeterea scire est necessarium construenti, quae calcis et harenae natura sit utilis. harenae ergo fossiciae genera sunt tria: nigra, rufa, cana; omnes praecipuae, rufa melior, meriti sequentis est cana, tertium locum nigra possidet. ex his, quae conprehensa manu edit stridores, erit utilis fabricanti. item si panno vel linteo candidae vestis inspersa et excussa nihil maculae relinquet aut sordis, egregia est. (2) sed si fossilis harena non fuerit, de fluminibus glarea aut litore colligetur. marina harena tardius siccatur et ideo non continue, sed intermissis temporibus construenda est, ne opus onerata corrumpat; camerarum quoque tectoria salso umore dissolvit. nam fossiles tectoriis et cameris ex celeri siccitate utiles sunt melioresque, si statim, cum effossae sunt, misceantur. nam diutino sole aut pruina aut imbre vanescunt. fluviales tectoriis magis poterunt convenire. (3) sed si uti necesse sit maris harena, erit commodum prius eam lacuna

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sind, sollen sie nach Norden und in Richtung des Sonnenaufgangs zur Sonnenwende [also nach Nordosten] blicken. Ihnen soll ein Boden aus opus testaciumB – wie oben [1.9.4] beschrieben – gegeben werden, aus Marmor oder aus rechteckigen oder rautenförmigen Steinen, deren Ecken und Kanten bündig sein müssen, um eine ebene Fläche zu ergeben. Wenn diese Materialien nicht zur Verfügung stehen, soll man Marmorgranulat über dem Boden ausstreuen oder eine glatte Oberfläche aus Sand und Kalk herstellen. 10. Kalk und Sand (1) Darüber hinaus ist es notwendig, beim Bau zu wissen, welche Arten von Kalk und Sand nützlich sind. Grubensand gibt es in drei Arten: schwarz, rot und weiß. Alle sind ausgezeichnet; roter ist am besten, weißer der nächstrangige in der Qualität, schwarzer drittrangig. Von all diesen wird Sand, der knirscht, wenn man ihn mit der Hand greift, für das Bauen nützlich sein. Auch wenn man ihn auf ein weißes Tuch oder ein Stück Leinen wirft, dieses dann ausschüttelt und keine Spuren oder Flecken darauf findet, ist er hervorragend. (2) Wenn es keinen Grubensand gibt, muss man Kies aus Flüssen oder von der Meeresküste holen. Meeressand trocknet langsamer; daher darf der Bau mit ihm nicht kontinuierlich durchgeführt werden, sondern in Intervallen, damit das Bauwerk nicht einstürzt, wenn eine Last auf es gelegt wird; Meeressand zerstört mit seiner salzigen Feuchtigkeit auch Deckenputz. Grubensand ist nützlich für Putz und Decken, da er schnell trocknet. Er ist besser, wenn er, nachdem er ausgegraben worden ist, sofort gemischt wird; er wird nämlich substanzlos, wenn er zu lange der Sonneneinstrahlung oder Frost oder Regen ausgesetzt ist. Flusssand wird man als besser für Putz geeignet befinden. (3) Wenn aber Meeressand verwendet werden muss, wird es von Vor-

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umoris dulcis inmergi, ut vitium salis aquis suavibus eluta deponat. calcem quoque albo saxo duro vel Tiburtino aut columbino fluviali coquemus aut rubro aut spongea aut postremo marmore. qui erit ex spisso et duro saxo, structuris convenit; ex fistuloso vero aut molliori lapide tectoriis adhibetur utilis. in duabus harenae partibus calcis una miscenda est. in fluviali vero harena si tertiam partem testae cretae addideris, operum soliditas mira praestabitur.

11. de latericiis parietibus quod si latericios parietes in praetorio facere volueris, illud servare debebis, ut perfectis parietibus in summitate, quae trabibus subiacebit, structura testacea cum coronis prominentibus fiat sesquipedali altitudine, ut, si corruptae tegulae aut imbrices fuerint, parietem non possint penetrare perpluvia. deinde providendum est, ut siccis et asperatis parietibus latericiis inducatur tectorium, quod umidis ac levibus adhaerere non poterit et ideo tertio eos prius debebis obducere, ut tectorium sine corruptione suscipiant.

12. de lumine et altitudine in primis studendum est in agresti fabrica, ut multa luce clarescat; deinde ut partes temporibus divisas, sicut supra dixi, congruis partibus offeramus, id est aestivas septentrioni, hibernae meridiano, vernas et autumnales orienti. men-

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teil sein, ihn zunächst in ein Süßwasserbecken zu werfen, damit das Problem des Salzes durch Ausspülen in Süßwasser beseitigt wird. Was Kalk betrifft, werden wir ihn aus harten weißen Felsen, Travertin, Flussmergel, Rotstein, Bimsstein oder aber Marmor brennen. Aus dichtem Hartgestein gebrannter Kalk ist für den Rohbau geeignet, während Kalk aus porösem oder weichem Stein sinnvoller im Putz aufgetragen wird. 1 Teil Kalk soll mit 2 Teilen Sand gemischt werden. Im Fall von Flusssand wird, wenn man 1/3 Ziegelmehl hinzufügt, das Ergebnis eine bemerkenswerte Stabilität des Bauwerks sein. 11. Wände aus LehmziegelnB Wenn man beim Hauptgebäude Wände aus [ungebrannten] Lehmziegeln nutzen will, muss man sicherstellen, dass man, nachdem die Wände fertig sind, oben unterhalb der Dachbalken vorspringende Gesimse aus gebrannten [und daher wasserresistenten] Ziegeln darauf baut, 1 1/2 FußM hoch. Auf diese Weise wird, wenn die Dach- oder Regenziegel beschädigt sind, durch das Leck kein Regenwasser in die Wand eindringen. Dann muss man dafür sorgen, dass auf die trockenen und aufgerauten Lehmziegelwände Feinputz aufgebracht wird, denn an einer feuchten oder glatten Wand wird dieser nicht haften. Man wird 3 Schichten auftragen, damit diese den Feinputz annehmen, ohne dass er verdorben wird [s. 1.15]. 12. Belichtung und Höhe Bei ländlichen Bauwerken müssen wir in erster Linie sicherstellen, dass sie hell und gut belichtet sind; dann richten wir – wie ich oben [1.9.1] gesagt habe – die Sommer- bzw. Winterquartiere in die entsprechenden Richtungen aus, also die Sommerquartiere nach Norden, die Winterquar-

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sura vero haec servanda est in tricliniis atque cubiculis, ut, quanta latitudo vel longitudo fuerit, in unum conputetur et eius medietas in altitudinem conferatur.

13. de cameris canniciis (1) cameras in agrestibus aedificiis ex ea materia utilius erit formare, quae facile invenietur in villa. itaque aut tabulis faciemus aut cannis hoc genere. asseres ligni Gallici vel cupressi directos et aequales constituemus in eo loco, ubi camera facienda est, ita ordinatos, ut inter se sesquipedalis mensura sit vacua. tunc eos catenis ligneis ex iunipero aut oliva aut buxo aut cupresso factis ad contignationem suspendemus et binas inter eos perticas dirigemus tomicibus alligatas. (2) postea palustrem cannam vel hanc crassiorem, quae in usu est, contusam facta et strictim vincta crate subnectimus et per omne spatium cum ipsis asseribus et perticis alligamus. dehinc primo inpensa pumicea induemus et trulla aequabimus, ut inter se cannarum membra constringat. post harena et calce coaequabimus. tertio tusi marmoris pulverem mixtum cum calce ducemus et poliemus ad summum nitorem.

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tiere nach Süden, die Frühjahrs- und Herbstquartiere nach Osten. Die Abmessungen, die man bei Speisesälen und anderen Räume beachten muss, sind folgende: Die Länge und Breite werden addiert, dann soll die Hälfte der Summe als Höhe genommen werden. 13. Gewölbedecken mit Pfahlrohr (1) In ländlichen Gebäuden wird es sinnvoll sein, Decken aus Material herzustellen, das leicht auf dem Gehöft gefunden wird. Dementsprechend werden wir sie entweder aus Dielen oder aus Pfahlrohr machen, und zwar folgendermaßen: Rundbalken aus gallischemO Holz [Tanne; vgl. 12.15.1] oder aus Zypressen werden gleichmäßig ausgerichtet und mit einem Abstand von 1 1/2 FußM voneinander in den Raum eingebaut, in dem die Decke errichtet werden soll. Dann werden wir sie dem Dachgebälk über ihnen mithilfe von SträngenB aus Wacholder, Ölbaum, Buchsbaum oder Zypresse verbinden und 2 Latten entlang des jeweiligen Raums zwischen den Balken mit Schnüren befestigen. (2) Zweitens werden wir Sumpf-Pfahlrohr oder die dickere Art, die üblicherweise verwendet wird, befestigen, nachdem wir sie abgeflacht haben und so Gitter bilden und diese fest mit den Rundbalken selbst und den Latten verbinden. Danach befestigt man sie über die gesamte Fläche an diesen Balken und Stangen. Dann werden wir all dies mit einer ersten Schicht aus Bimssteinmörtel versehen und mit einer Kelle glattstreichen, um die einzelnen Büschel aneinander zu befestigen. Daraufhin werden wir dies mit Sand und Kalk glätten. Drittens werden wir einen Putz aus mit Kalk vermischtem Marmorgranulat auftragen und auf Hochglanz polieren.

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14. de opere albario opus quoque albarium saepe delectat, cui calcem debebimus adhibere, cum multo tempore fuerit maceratum. ergo ut utilem probes, ascia calcem quasi lignum dolabis. si nusquam acies eius offenderit et, quod asciae adhaeret, fuerit molle atque viscosum, constat albariis operibus convenire.

15. de tectoriis parietum vero tectura sic fiet fortis et nitida: prima trullis frequentetur inductio. cum siccari coeperit, iterum inducatur ac tertio. post haec tria coria ex marmore grano coperiatur ad trullam. quae inductio ante tam diu subigenda est, ut rutrum, quo calx subigitur, mundum levemus. haec quoque marmoris grani inductio cum siccari incipiet, alius corium subtilius oportet inponi. sic et soliditatem custodiet et nitorem.

16. de vitanda valle vitandum est autem, quod plerique fecerunt aquae causa, villas infimis vallibus mergere et paucorum dierum voluptatem praeferre habitatorum saluti. quod magis metuemus, si provincia quam colimus, de morbis aestate suspecta est. [cum] si fons desit aut puteus, cisternas construere conveniet, quibus omnium conduci possit aqua tectorum. fiunt autem hoc modo:

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14. Prüfung von Kalk für Verputz Stuckarbeit erfreut häufig; für sie müssen wir Kalk verwenden, der lange gewässert worden ist. Um seine Nutzbarkeit zu erproben, wird man den Kalk mit einer Axt wie Holz hacken. Wenn die Kante der Klinge nicht gegen etwas schlägt und wenn das, was an der Axt hängen bleibt, weich und klebrig ist, wird er eindeutig für Stuckarbeiten geeignet sein. 15. Deckputze Wie man den Putz auf Wänden stark und glänzend macht: Die 1. Schicht soll regelmäßig mit einer Kelle aufgebracht werden. Wenn sie zu trocknen begonnen hat, soll eine 2. Schicht, dann eine 3. aufgebracht werden. Nach diesen 3 Schichten soll Marmorgranulat mit der Kelle aufgetragen werden. Dieser Putz soll zuvor lange genug durchgearbeitet worden sein, so dass die Schaufel, die man für die Bearbeitung des Kalks verwendet, sauber ist, wenn man sie herauszieht. Wenn auch dieser Marmorputz zu trocknen beginnt, soll eine weitere dünnere Schicht aufgebracht werden. Auf diese Weise wird der Putz sowohl seine Festigkeit als auch seinen Glanz behalten. 16. Vermeiden einer Tallage Man muss freilich vermeiden, was viele tun, um eine Wasserversorgung zu haben; diese legen ihre Gehöfte in Talsenken an und stellen so ein paar Tage Genuss vor die Gesundheit der Bewohner. Wir sollten uns davor besonders scheuen, wenn die Provinz, in der wir leben, im Sommer für Krankheiten anfällig ist. Wenn es keine Quelle oder keinen Brunnen gibt, wird es von Vorteil sein, Zisternen anzulegen, in denen Wasser von den Dächern aller Gebäude gesammelt wird. Sie werden in der folgenden Weise angelegt:

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17. de cisternis et maltha frigidaria (1) Signinis parietibus magnitudo ea, qua delectaris et cui sufficis, construatur longior magis quam latior. huius solum alto rudere solidatum relicto fusoriis loco testacei pavimenti superfusione levigetur. hoc pavimentum omni cura terendum est ad nitores et lardo pingui decocto adsidue perfricandum. (2) quod ubi deducto umore siccatum est, ne rimis in alique parte findatur, etiam parietes simili corio velentur obducti et ita post diuturnam et solidam siccitatem aquae praebeatur hospitium. anguillas sane piscesque fluviales mitti in his pascique conveniet, ut horum natatu aqua stans agilitatem currentis imitetur. sed si aliquando in quocumque loco pavimenti vel parietis tectura succumbat, hoc genus malthae adhibebimus, ut umor in exitum nitens possit includi. (3) rimas et lacunas cisternarum, piscinas vel puteos sarciemus hoc genere, etsi umor per saxa manabit: picis liquidae quantum volueris, et tantundem sumes unguinis, quod vocamus axungiam vel sevum. tunc in olla utrumque miscebis et coques, donec spumet; deinde ab igne removebis. cum fuerit eadem refrigerata permixtio, calcem minutim superadicies et ad unum corpus omnia mixta re-

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17. Zisternen und Dichtmasse für Kaltwasser (1) Die Wände sollen aus opus SigninumB hergestellt werden. Die Größe muss den jeweiligen Wünschen und Ressourcen entsprechen, die Länge soll größer als die Breite sein. Der Beckenboden wird mit einer tiefen Schicht von rudusB befestigt und durch Eingießen eines Estrichs aus opus testaciumB geglättet, wobei Platz für den Abfluss gelassen wird. Dieser Boden muss gewissenhaft auf Hochglanz poliert und immer wieder mit fettem eingekochten Tierschmalz eingerieben werden. (2) Wenn sich die Feuchtigkeit verflüchtigt hat und der Boden ausgetrocknet ist, so dass sich nirgendwo Risse zeigen, sollen die Wände verputzt und mit einer ähnlichen Lage beschichtet werden. Erst nachdem das Bauwerk getrocknet und lange Zeit ausgehärtet ist, kann Wasser eingelassen werden. Selbstverständlich wird es vorteilhaft sein, hier Aale und Flussfische einzusetzen und sie zu füttern, so dass durch ihr Schwimmen das stehende Wasser die Bewegung eines Laufstroms imitieren kann. Wenn aber irgendwann einmal die Boden- oder Wandfläche an einer beliebigen Stelle nachgibt, werden wir die folgende Art von Dichtmasse anwenden [zu anderen Arten s. 1.40], um das ausfließende Wasser zu halten. (3) Löcher und Risse in Zisternen, Fischteichen und Brunnen werden wir auf folgende Weise reparieren, auch wenn das Wasser durch Steine sickert: Man nimmt so viel flüssiges Pech, wie man will, und die gleiche Menge von dem Fett, das wir Achsenschmiere [Schmalz] oder Talg nennen. Als nächstes wird man beides in einen Topf geben, mischen und erhitzen, bis sich Blasen bilden, und dann vom Feuer nehmen. Wenn diese Mischung abgekühlt ist, wird man allmählich Kalk hinzufügen und die ganze Mischung homogen machen. (4) Und wenn man die Konsistenz von Schabeisen-Abschabungen [also von dem bei der Körperpflege mit einem Schabeisen von der zuvor eingeölten Haut

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vocabis. (4) cumque velut strigmentum feceris, inseres locis corruptis ac manantibus et pressum summa densitate calcabis. salutare erit aquas illuc per tubos fictiles duci et opertis inmeare cisternis. name caelestis aqua ad bibendum omnibus antefertur, ut, etsi fluens adhiberi possit, quae salubris non est, lavacris debeat et hortorum vacare culturae.

18. de cella vinaria (1) cellam vinariam septentrioni habere debemus obpositam frigidam vel obscurae proximam, longe a balneis, stabulis, forno, sterculinis, cisternis, aquis et ceteris odoris horrendi; ita instructam necessariis, ut non vincatur a fructu, sic autem dispositam, ut basilicae ipsius forma calcatorium loco habeat altiore constructum, ad quod inter duos lacus, qui ad excipienda vina hinc inde depressi sint, gradibus tribus fere ascendatur aut quattuor. ex his lacubus canales structi vel tubi fictiles circa extremos parietes currant et subiectis lateri suo doliis per vicinos meatus manantia vina defundant. (2) si copia maior est, medium spatium cupis deputabitur, quas, ne ambulacra prohibeant, asellis altioribus inpositas vel supra dolia possumus conlocare spatio inter se longiore distantes, ut, si res exigat, curantis transitus possit admitti. quod si cupis locum suum deputabimus, is locus ad calcatorii similitudinem podiis brevibus et testacio pa-

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abstreiften Gemisch aus Schmutz, Schweiß und Öl] hervorgebracht hat, kann man es an den Stellen, die beschädigt und undicht sind, einfügen und sehr fest drücken oder rammen. Es wird gesund sein, hier Wasser durch Keramikröhren zu führen und in überdachte Zisternen zu leiten. Regenwasser wird dabei allen anderen Arten von Trinkwasser vorgezogen, so dass, selbst wenn fließendes Wasser eingebracht werden kann, dieses, wenn es ungesund ist, nur für die Bäder und den Gartenbau vorgesehen werden soll. 18. Weinkammer (1) Wir sollen die Weinkammer auf der Nordseite haben; sie soll kalt und fast dunkel sein, weit entfernt von Bädern, Tierställen, Ofen, Misthaufen, Zisternen, Wasserläufen und anderen übelriechenden Orten. Sie soll mit dem Nötigen ausgestattet werden, so dass sie zur Weinlesezeit nicht überfordert ist, und soll in einer Weise gebaut sein, dass sie – wie eine Basilica [in ihrer Apsis] – eine erhöhte Ebene hat, auf der die Weinpresse steht und von der man 3 oder 4 Stufen zu den beiden Bottichen hinabsteigt, die auf jeder der beiden Seiten eingesenkt sind, um den Wein aufzufangen. Aus diesen Bottichen sollen integrierte Kanäle oder Keramikröhren an den Seiten der Wände verlaufen, neben denen auf einer niedrigeren Ebene Behälter stehen, in die der Wein durch Stoßröhren fließen kann. (2) Wenn die Menge zu groß ist, wird die Mitte der Kammer den Fässern vorbehalten sein. Damit sie nicht die Gänge blockieren, können wir sie auf höhere »Eselchen« [Podeste] oder über Gefäßen platzieren, mit einem großzügigen Raum zwischen ihnen, so dass, wenn erforderlich, für die Zuständigen der Zugang möglich ist. Wenn wir den Fässern einen bestimmten Bereich vorbehalten, soll dieser wie der Raum für die Presse mit niedrigen Umfassungsmauern und einem Estrich aus opus testaciumB undurchlässig gemacht

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vimento solidetur, ut, etiamsi ignorata se cupa diffuderit, lacu subdito excipiantur non peritura vina, quae fluxerint.

19. de horreo (1) situs horreorum quamvis ipsam desideret partem, et superior et longe ab omni umore et laetamine et stabulis ponendus est, frigidus, ventosus et siccus. cui providendum structurae diligentia, ne rimis possit abrumpi. solum igitur omne bipedis sternatur vel minoribus laterculis, quos suffuso testaceo pavimento debemus imprimere. (2) tunc divisas cellas, si magnus sperabitur seminum modus, grano cuique tribuemus. si terrae pauperes minora promittunt vel craticiis podiis erunt discernenda granaria vel vimineis vasculis redactus tenues congeremus. sed factis granariis amurca luto mixta parietes linuntur, cui aridi oleastri folia vel olivae pro paleis adiciuntur. quo tectorio siccato rursus amurca respergitur; quae ubi siccata fuerit, frumenta condentur. haec res gurgulionibus et ceteris noxiis animalibus inimica est. aliqui coliandri folia frumentis miscent ad servandum profutura. nihil tamen commodius erit diu custodiendis frumentis, quam si ex areis in alterum vicinum locum transfusa refrigerentur aliquantis diebus atque ita horreis inferantur. (3) negat Columella ventilanda esse frumenta, quia magis

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werden, damit selbst für den Fall, dass ein Fass unbemerkt aufbricht, der austretende Wein in dem Reservoir unterhalb gesammelt wird und nicht verloren geht. 19. Speicher (1) Der Standort der Speicher erfordert die gleiche Lage, muss aber zusätzlich ziemlich hoch liegen – weit weg von Feuchtigkeit, Mist und Tierställen – und kalt, windig und trocken. Die Anlage muss mit Sorgfalt geplant werden, damit sie nicht brechen und reißen kann. Entsprechend soll der ganze Boden mit 2-Fuß-ZiegelnB oder kleineren gepflastert werden, die auf einer Ebene von opus testaciumB verlegt werden. (2) Dann werden wir, wenn eine große Menge von [unterschiedlichem] Getreide zu erwarten ist, separate Fächer einrichten und sie für die einzelnen Getreidearten vorsehen. Wenn das Land arm ist und geringeren Ertrag verspricht, sollen die Speicher durch Roste aus Flechtwerk eingeteilt werden; bei dürftiger Ernte werden wir sie in Behältern aus Flechtwerk stapeln. Nachdem die Speicher errichtet worden sind, sollen die Wände nicht mit Spreu, sondern mit einer Mischung aus Ölschaum und Schlamm beschichtet werden, auf die dann trockene Blätter von wildem Ölbaum oder Ölbaum aufgetragen werden. Sobald diese Schicht getrocknet ist, wird sie wieder mit Ölschaum besprenkelt; nachdem dann auch diese getrocknet ist, kann das Getreide eingelagert werden. Diese Vorgehensweise schreckt Käfer und anderes Ungeziefer ab. Einige Leute vermischen Oleanderblätter mit dem Getreide, um die Konservierung zu unterstützen. Nichts aber wird mehr zur Konservierung von Getreide über eine lange Zeit beitragen, als wenn man es [nach dem Dreschen] von den Tennen zunächst an einen anderen nahegelegenen Ort schüttet, dort einige Tage lang kühlt und erst dann in die Speicher bringt. (3) ColumellaN [1.6.16-17] sagt, dass Getreide [nach

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miscentur animalia totis acervis. quae si non moveantur, in summitate intra mensuram palmi subsistent et hoc velut corrupto corio cetera inlaesa durabunt. adserit idem noxia animalia ultra praedictam mensuram non posse generari. herba coniza sicca, ut Graeci adserunt, substrata frumentis addit aetati. ab horreis tamen Auster esse debet aversus.

20. de oleo factorio olearis cella meridianis sit obiecta partibus et contra frigus munita, ut illi per specularia debeat lumen admitti. ita et operas, quae hieme futurae sunt, nullus algor inpediet, et oleum, cum premetur, iutum teporibus frigore non valebit adstringi. trapetis et rotulis et prelo nota est forma, quam consuetudo dictavit. receptacula olei semper munda sint, ne novos sapores infecta veteri rancore corrumpant. at si quis maiori diligentiae studet, subiectis hinc inde cuniculis pavimenta suspendat et ignem suggerat fornace succensa. ita purus calor olei cellam sine fumi nidore vaporabit, quo saepe infectum colore corrumpitur et sapore.

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dem Dreschen] nicht geworfelt [in die Luft geworfen] werden soll, da dies dazu beiträgt, dass Tiere in den Haufen eingemischt werden. Bewegt man sie nicht, werden sie nur bis 1 HandbreitM unter der Oberfläche bleiben; während diese Art von Außenschicht verdorben ist, bleibt der Rest unversehrt erhalten. Derselbe Autor gibt an, dass sich schädliche Tiere nicht unterhalb der eben genannten Tiefe vermehren können. Getrockneten Alant unter das Getreide zu mischen, verlängert seine Lebensdauer, wie die Griechen behaupten. Die Speicher sollen vom Auster-WindW abgewandt sein. 20. Ölherstellungsraum Der Ölherstellungsraum soll nach Süden ausgerichtet sein und muss vor Kälte geschützt werden. Für die Belichtung muss er also Lichtöffnungen aus lichtdurchlässigem Gestein [Glimmer oder Gips] haben; auf diese Weise werden die im Winter durchzuführenden Aufgaben nicht durch kühles Wetter behindert, und dank der Wärme gibt es, wenn das Öl gepresst wird, keine Möglichkeit, dass es wegen der Kälte erstarrt. Für die Ölmühlen, Mühlsteine und Pressen ist die von der Tradition bestimmte Form allgemein bekannt. Die Aufnahmegefäße für das Öl müssen immer sauber sein, damit sie den frischen Geschmack nicht verderben, wenn sie mit alter Ranzigkeit imprägniert sind. Wenn jemand sehr daran interessiert ist, zusätzliche Maßnahmen zu treffen, kann er einen erhöhten Boden mit kreuz und quer verlaufenden »Kaninchengänge« [Tunneln für die Fußbodenheizung] unter ihr bauen und Wärme bereitstellen, wenn er den Ofen anheizt. Auf diese Weise wird die Ölkammer ohne den Geruch von Rauch durch saubere Wärme warmgehalten; sonst dringt nämlich oft Rauch in das Öl ein und verdirbt Farbe und Geschmack.

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21. de stabulis equorum et boum stabula equorum vel boum, meridianas quidem respiciant partes, non tamen egeant a septentrione luminibus, quae per hiemem clausa nihil noceant, per aestatem patefacta refrigerent. ipsa stabula propter ungulas animalium ab omni umore suspensa sint. boves nitidiores fient, si focum proxime habeant et lumen intendant. octo pedes ad spatium standi singulis boum paribus abundant et in porrectione quindecim. plancae roboreae subponantur stationibus equorum, ut iacentibus molle sit, stantibus durum.

22. de corte cors ad meridiem pateat et obiecta sit soli, quia facilius erit propter ea, quae insunt, animalia ad aestatis temperandum calorem porticus furcis, asseribus et fronde formari, quae vel scindulis vel, si copia suppetit, tegulis vel, si facilius et sine inpensa placuerit, tegentur caricibus aut genestis.

23. de aviariis circa parietes cortis extremos aviaria facienda sunt, quia stercus avium maxime necessarium est agriculturae excepto anserum laetamine, quod satis omnibus inimicum est. sed habitacula ceterarum avium maxime necessaria sunt.

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21. Pferde- und Rinderställe Ställe für Pferde oder Rinder sollen eine Südlage haben, aber sie sollen nicht ohne Lichtöffnungen auf der Nordseite sein. Wenn diese im Winter geschlossen werden, schadet dies nicht, und wenn sie im Sommer geöffnet werden, bieten sie Kühlung. Zugunsten der Hufe der Tiere sollen die Ställe oberhalb von jeder Feuchtigkeit angelegt werden. Rinder werden glänzender, wenn sie eine Feuerstelle in der Nähe haben und ihrem Licht gegenüberstehen. 8 FußM Breite und 15 FußM Länge reichen für die Aufstellung je eines Rinderpaares. Eichendielen sollen auf den Böden der Pferdeplätze verlegt werden, um sie weich genug für das Liegen und hart genug für das Stehen zu machen. 22. Hof Der Hof soll nach Süden hin offen und der Sonne ausgesetzt sein; dabei wird es recht einfach sein, Portiken aus Astgabeln, runden Balken und Laub zu errichten, um die Sommerhitze für die Tiere auf dem Hof erträglich zu machen. Mit Schindeln oder – falls ein Vorrat davon zur Verfügung steht – Ziegeln werden die Unterstände gedeckt, wenn ein einfacheres und kostenloses Material bevorzugt wird, mit Segge und Ginster.

Vogelzucht 23. Vogelhäuser Vogelhäuser sollen an den Außenwänden des Hofs aufgebaut werden, da Vogelmist in der Landwirtschaft besonders wichtig ist – mit Ausnahme von Gänsekot, der für alles sehr schädlich ist. Die Häuser für die anderen Vögel sind aber sehr wichtig.

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24. de columbario (1) columbarium vero potest accipere sublimis una turricula in praetorio constituta levigatis ac dealbatis parietibus, in quibus a quattuor partibus fenestellae, sicut mos est, brevissimae fiant, ut columbas solas ad introitum exitumque permittant. nidi figurentur interius. (2) a mustelis tutae fiunt, si inter eas vetus spartea proiciatur, qua animalia calciantur, ut eam secreto non videntibus aliis unus adtulerit. non pereunt et neque locum deserunt, si per omnes fenestras aliquid de strangulati hominis loro aut vinculo aut fune suspendas. inducunt alias, si cymino pascantur adsiduo vel hirci alarum balsami liquore tangantur. (3) fetus frequentant, si hordeum torrefactum vel fabam vel herbum saepe consumant. triginta autem columbis volantibus diurni tres sextarii tritici sufficient aut creturae, ita ut herbum fetus gratia mensibus praebeamus hibernis. rutae ramulos plurimis locis oportet contra animalia inimica suspendere.

25. de turturibus sed columbarii cellae duo subiecta cubicula fiant, unum breve et prope obscurum, quo turtures claudi possint, quos nutrire facillimum est, nam nihil expetunt, nisi ut aestate, qua sola maxime pinguescunt, triticum vel milium mulsa maceratum semper accipiant. semodius unus diurnus

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24. Taubenhaus (1) Unterstützung für das Taubenhaus kann man durch ein hohes Türmchen bereitstellen, das auf dem Hauptgebäude des Bauernhofs mit glatten geweißten Wänden errichtet wird. Es soll Öffnungen nach 4 Richtungen haben, wie üblich sehr klein, um nur Tauben den Zu- und Abgang zu ermöglichen. Nester sollen innen ausgebildet sein. (2) Sie werden vor Wieseln sicher sein, wenn alte Sandalen aus spartumP, wie sie zum Beschuhen von Tieren verwendet werden [s. 14.15.2], unter ihnen ausgelegt werden, solange sie jemand heimlich bringt, ohne dass andere es sehen. Sie sterben nicht aus oder verlassen den Taubenschlag, wenn man ein Stück des Seils, Gürtels oder Taus von einem Erhängten in jede der Öffnungen hängt. Sie bringen andere Vögel hinein, wenn sie regelmäßig mit Kümmel gefüttert oder wenn ihre Flügelspitzen mit Balsamsalbe berührt werden. (3) Oft legen sie, wenn sie häufig mit gerösteter Gerste oder Bohnen oder Linsenwicke gefüttert werden. Für 30 fliegende [also sich überwiegend im Freien ernährende] Tauben genügen 3 KrugM Weizen oder Spreu pro Tag, solange wir in den Wintermonaten Linsenwicke bereitstellen, um das Legen zu fördern. An vielen Orten soll man gegen schädliche Tiere Rautenzweige auflegen. 25. Turteltauben Unterhalb des Verschlags für die Tauben kann man zwei Verschläge anlegen, und zwar einen kleinen und fast dunklen, in dem Turteltauben eingeschlossen werden können. Es ist sehr einfach, sie zu füttern, weil sie nichts brauchen, außer dass sie im Sommer – der einzigen Jahreszeit, in der sie sehr fett anwachsen – eine stetige Versorgung mit in mulsum-WasserL eingeweichtem Weizen oder Rispenhirse immer gerne annehmen. 1/2 ScheffelM pro Tag reicht für

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centum viginti turturibus sufficit. aqua sane eis frequenter mundior debet offerri. 26. de turdis (1) aliud vero cubiculum turdos nutriat. qui si alieno tempore saginentur, et voluptatem cibi et reditum maximum praestant parcitati beneficium ministrante luxuria. sit autem locus mundus et lucidus et undique levigatus. transversae in hoc perticae figuntur, quibus possint post inclusum volatum sedere. rami etiam virides saepe mutentur. (2) Caricae tunsae mixtis pollinibus largissime praebeantur. myrti etiam, si facultas est, lentisci, oleastri, ederae, arbuti semina interdum ad excludenda fastidia et maxime aqua munda tribuatur. claudantur inlaesi et recens capti mixtis aliquibus ante nutritis, quorum societate ad capiendos cibos pavidam novae captivitatis maestitudinem consolentur.

27. de gallinis (1) gallinas educare nulla mulier nescit, quae modo videtur industria. hoc de his praecepisse sufficiat, ut fumo, pulve-

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120 Turteltauben. Selbstverständlich soll ihnen sauberes Wasser häufiger bereitgestellt werden. 26. Drosseln (1) Der andere Verschlag soll für die Mästung von Drosseln verwendet werden. Wenn sie außerhalb der Jahreszeit [also im Sommer, da diese Zugvögel nur im Winter Station im Mittelmeerraum machen und nur dann zu fangen sind] gemästet werden, ergeben sie sowohl das Vergnügen, sie essen zu können, als auch eine sehr gute Rendite [beim Verkauf als Luxusware]: Genügsamkeit profitiert von Extravaganz! Man schafft einen Ort, der sauber, hell und auf allen Seiten glatt ist. Hier werden horizontal Stangen für die Vögel befestigt, auf die sie sich nach dem Fliegen in ihrem Verschlag setzen. Darüber hinaus sollen häufig grüne Zweige eingewechselt werden. (2) Pürierte und mit Mehl vermischte karischeO [Feigen] sollen sehr großzügig angeboten werden, auch sollen manchmal Beeren von Myrten – wenn man davon einen Vorrat hat –, Mastix, wildem Ölbaum, Efeu und Erdbeerbaum angeboten werden, um Langeweile bei ihrem Futter zu vermeiden, vor allem aber auch sauberes Wasser. Sie sollen unversehrt und kurz nach dem Fang in den Verschlag gesperrt werden, zusammen mit einer bestimmten Anzahl, die bereits eine Zeitlang gemästet worden ist; die Gegenwart dieser Vögel wird ihre Angst und Niedergeschlagenheit in ihrer neuen Gefangenschaft beschwichtigen, so dass sie Nahrung zu sich nehmen. 27. Hühner (1) Keine Frau, deren Natur irgendwie fleißig ist, weiß nicht, wie man Hühner aufzieht. Es genügt, dass man sie dazu folgendermaßen belehrt hat: dass die Hühner Zugang zu Rauch, Staub und Asche [vom Küchenherd; vgl. Colu-

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re utantur et cinere. sint praecipue nigrae aut flavi coloris, albae vitentur. vinaciae cibo sterilescunt. hordeo semicocto et parere saepe coguntur et reddunt ova maiora. duobus quiatis hordei bene pascitur una gallina, quae circuit. subponenda sunt his semper ova numero inpari luna crescente a decima usque in quintam decimam. (2) pituita his nasci solet, quae alba pellicula linguam vestit extremam. haec leviter unguibus vellitur et locus cinere tangitur et allio trito plaga mundata conspergitur. item allii mica trita cum oleo faucibus inseritur. stafis etiam agria prodest, si cibis misceatur adsidue. si amarum lupinum comedant, sub oculis illis grana ipsa procedunt. quae nisi acu leviter apertis pelliculis auferantur, extingunt. (3) oculos portulace suco forinsecus et mulieris lacte curemus vel Ammoniaco sale, cui mel et cyminum aequale miscentur. peduclos earum perimit stafis agria et torrefactum cyminum, paria et pariter tunsa cum vino et amari lupini aqua, si penetret secreta pinnarum.

28. de pavonibus (1) pavones nutrire facillimum est, nisi eis fures aut animalia inimica formides; qui plerumque per agros vagati sponte se pascunt pullosque educunt. altissimis vespere arbores

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mella 8.3.1] haben sollen. Vorzugsweise sollen sie schwarz oder gelb in der Farbe sein; weiße soll man vermeiden. Sie werden unfruchtbar, wenn man ihnen Trester zuführt. Von halbgekochter Gerste werden sie veranlasst, häufiger und dabei auch größere Eier zu legen. 2 SchöpfkellenM Gerste geben genügend Nahrung für eine freilaufende [also nicht im Käfig gehaltene] Henne. Vom 10. bis zum 15. Tag nach Neumond sollen bei zunehmendem Mond Eier immer in ungerader Zahl unter sie gelegt werden. (2) Gewöhnlich tritt unter ihnen Pips [Geflügeldiphtherie] auf. Diese Krankheit überzieht das Ende der Zunge mit einer weißen Haut. Diese wird leicht mit den Fingernägeln abgestreift, die Stelle mit Glut berührt und die gereinigte Wunde mit zerdrücktem Knoblauch bestreut. Alternativ wird ein Stückchen Knoblauch mit Öl zerkleinert in ihren Schlund gelegt. Auch Rittersporn ist hilfreich, wenn er regelmäßig mit dem Futter vermischt wird. Wenn sie Bitterlupine essen, treten die Samen unter ihren Augen hervor. Sofern man diese nicht mit einer Nadel durch leichtes Öffnen der Haut entfernt, werden sie die Tiere töten. (3) Wir können die Augen mit Portulaksaft oder Frauenmilch, äußerlich angewandt, behandeln oder mit AmmoniacumO-Salz, mit dem Honig und Kreuzkümmel zu gleichen Mengen vermischt sind. Ihre Läuse werden durch Rittersporn und gedörrten Kreuzkümmel abgetötet, in gleichen Mengen mit Wein und Wasser, in dem Bitterlupinen gekocht wurden, zusammen verrieben, sofern es tief in ihr Gefieder dringt. 28. Pfauen (1) Pfauen aufzuziehen ist sehr leicht, sofern für sie keine Bedrohung durch Diebe oder Raubtiere besteht. In den meisten Fällen streifen sie durch die Felder und füttern und pflegen ihre Küken selbst; am Abend setzen sie sich auf die

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petunt. una his cura debetur, ut incubantes per agrum feminas, quae hoc passim faciunt, a vulpe custodias. ideo in insulis brevibus meliori sorte nutriuntur. uni masculo feminae quinque sufficiunt. (2) masculi ova et pullos suos persecuntur velut alienigenas, priusquam illis cristarum nascatur insigne. ab Idibus Februariis calere incipiunt. faba leviter torrefacta in libidinem provocantur, si eis quinto quoque die tepida praebeatur. sex quiati uni sufficiunt. cupidinem coeundi masculus confitetur, quotiens circa se amictum caudae gemmantis incurvat et singularum capita oculata pinnarum locis suis exerit cum stridore procurrens. (3) si ova pavonum gallinis subponantur, excusatae matres ab incubatione tribus vicibus per annum fetus edunt. primus partus quinque ovorum, secundus quattuor, tertius trium vel duorum esse consuevit. sed electae, si hoc placuerit, nutrices gallinae sint, quae a primo incremento lunae novem diebus habeant novem ova subposita, quinque pavonina et cetera sui generis. (4) decima die omnia gallinacea subtrahantur et alia item gallinacea totidem recentia subponantur, quot ablata sunt, ut tricesima luna, hoc est expletis triginta diebus, possint cum pavonibus ovis aperiri. ova autem pavonum, quae gallinae subiecta sunt, saepe manu convertantur, quia hoc ipsa facere vix valebit. unam partem ovi notabis, ut te subinde convertisse cognoscas. maiores tamen gallinas oportet eligere, nam minoribus pauciora subpones. (5) natos si ad unam transferre a pluribus velis, dicit Colu-

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höchsten Bäume. Aber sie erfordern in einer Hinsicht Aufmerksamkeit, nämlich beim Schutz der weiblichen Tiere vor dem Fuchs, wenn sie brüten, was sie überall auf den Feldern tun. Aus diesem Grund werden sie mit mehr Erfolg auf kleinen Inseln gehalten. 5 weibliche Tiere sind für 1 männliches genug. (2) Die Männchen greifen die Eier und ihre eigenen Küken an, als ob sie nicht mit ihnen verwandt wären, bis die Küken ihren markanten Kamm entwickeln. Sie werden nach Mitte Februar paarungsbereit. Leicht geröstete Bohnen stimulieren ihre Lust, wenn man sie warm an jedem 5. Tag füttert; 6 SchöpfkellenM sind genug für 1 Vogel. Das Männchen zeigt seinen Wunsch nach Paarung, indem es seinen edelsteinbunten Schwanz wie einen Mantel ausbreitet und die Augen oben auf jeder Feder an ihrem eigenen Platz zeigt, während es mit einem Schrei vorprescht. (3) Wenn man Pfaueneier unter Bruthennen legt, legen die Pfauenmütter, vom Brüten befreit, dreimal pro Jahr. Das 1. Gelege besteht in der Regel aus 5 Eiern, das 2. aus 4 und das 3. aus 3 oder 2. Wenn man dies plant, soll man Bruthennen auswählen, die 9 Tage nach dem Wiedererscheinen des Mondes nach Neumond auf 9 Eier gesetzt werden, 5 von Pfauen und die übrigen von ihrer eigenen Art. (4) Am 10. Tag sollen alle Hühnereier entfernt und durch die gleiche Anzahl von frischen Hühnereiern ersetzt werden, so dass diese Küken mit denen aus den Pfaueneiern am 30. Tag nach Neumond schlüpfen, also nach Ablauf von 30 Tagen. Pfaueneier, die unter einer Bruthenne gelegt sind, sollen häufig von Hand gewendet werden, da jene kaum kräftig genug ist, dies selbst zu tun; dafür soll man das Ei an einem Teil markieren, so dass man weiß, ob man es richtig in Abständen gedreht hat. Man soll größere Bruthennen wählen, da man unter kleinere weniger Eier platzieren kann. (5) Wenn man die ausgebrüteten Küken von mehre-

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mella uni nutrici viginti quinque sufficere; mihi vero, ut bene educi possint, videntur quindecim satis esse. primis diebus far hordei conspersum vino pullis dabitur vel undecumque cocta pulticula et refrigerata. postea adicietur porrum concisum vel caseus recens sed expressus; nam serum pullis nocet. locustae etiam pedibus ablatis praebentur. (6) ita pascendi sunt usque ad sextum mensem. deinde hordeum poteris praebere solemniter. tricesimo quinto tamen die, postquam nati sunt, et in agrum tuto eici possunt comitante nutrice pascendi, cuius singultu revocantur ad villam. pituitas vero et cruditates his remediis summovebis, quibus gallina curatur. maximum illis periculum est, cum incipit crista produci, nam patiuntur languores infantum similitudine, cum illis tumentes gingivas denticuli aperire nituntur.

29. de fasianis (1) in fasianis nutriendis hoc servandum est, ut novelli ad creandos fetus parentur, id est qui anno superiore sunt editi; veteres enim fecundi esse non possunt. ineunt feminas mense Martio vel Aprili. duabus unus masculus sufficit, quia ceteras aves salacitate non aequat. semel in anno fetus creabunt. viginti fere ovis pariendi ordo concluditur. (2) gallinae his melius incubabunt, ita ut quindecim fasianina ova nutrix una coperiat; cetera sui generis subponantur.

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ren Bruthennen auf eine übertragen will, ist laut ColumellaN [8.11.13] 25 die richtige Zahl für 1 Bruthenne; ich aber denke, dass für eine gute Aufzucht 15 genug sind. An den ersten Tagen wird man den Küken mit Wein besprenkeltes Gerstenmehl oder einen Brei aus beliebigen gekochten und abgekühlten Körnern geben. Später werden zerstückelter Lauch oder Frischkäse dazukommen, ausgedrückt, da Molke schädlich für die Küken ist. Auch Heuschrecken werden bereitgestellt, wobei die Füße [also die Unterschenkel mit ihren Widerhaken] entfernt werden. (6) Man soll sie auf diese Weise bis zum 6. Monat füttern, dann kann Gerste in der üblichen Weise vorgesehen werden. Auch können sie 35 Tage nach dem Schlüpfen sicher auf das Feld herausgelassen werden in der Gesellschaft ihrer Bruthenne, deren Gackern sie zurück zum Bauernhof ruft. Man wird Pips und Verdauungsprobleme mit dem gleichen Heilmittel abwehren, das für die Heilung von Hühnern verwendet wird [s. 1.27.2]. Die größte Gefahr für sie besteht, wenn ihr Kamm zu wachsen beginnt, denn sie schmachten eher wie Säuglinge, wenn deren Milchzähne kommen und das geschwollene Zahnfleisch aufdrücken. 29. Fasanen (1) Bei der Fasanenzucht ist darauf zu achten, junge Vögel für die Vermehrung zu erhalten, also diejenigen, die im Vorjahr geboren wurden, da die alten Vögel möglicherweise nicht fruchtbar sind. Die Weibchen werden im März oder April gepaart. 1 Männchen dient nur 2 Weibchen, da es anderen Vögeln an Paarungsdrang nicht gleicht. Junge werden einmal im Jahr hervorgebracht. Die Abfolge des Geleges endet nach etwa 20 Eiern. (2) Es ist besser, wenn Bruthennen sie ausbrüten, wobei 1 Bruthenne 15 Fasaneneier abdeckt; die anderen unter ihr platzierten Eier sollen

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in subponendo de luna et diebus, quae sunt in aliis dicta, servemus. tricesimus dies maturos pullos in lumen emittet. sed per quindecim dies discocto ac refrigerato leviter hordei farre pascentur, cui vini imber aspergitur. post triticum fractum praebebis et locustas et ova formicae. sane ab aquae prohibeantur accessu, ne eos pituita concludat. (3) quod si pituitam patientur fasiani, allio cum pice liquida trito rostra eorum debebis adsiduus perfricare vel vitium, sicut gallinis fieri consuevit, auferre. (4) saginandi haec ratio est, ut unius modii tritici farina in brevissimas offulas redacta clauso fasiano per triginta dies ministrata sufficiat; vel si hordeaceam farinam praebere volueris, unius et semissis modii farina per praedictos dies saginam replebit. observandum sane est, ut offulae ipsae oleo levigentur asperso et ita inserantur faucibus, ne sub infima linguae parte mergantur. quod si evenerit, statim peribunt. illud quoque magnopere curemus, ut praebeantur nova alimenta digestis, quia eos facillimae onus cibi haerentis extinguit.

30. de anseribus (1) anser sane nec sine aqua nec sine herba facile sustinetur; locis consitis inimicus est, quia sata et morsu laedit et stercore. pullos praestat et plumas, quas et autumno vellamus

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von ihrer eigenen Art sein. Bei diesem Vorgang soll man beachten, was ich über andere Vögel in Bezug auf Mond und Termine gesagt habe [1.28.3-4]. Am 30. Tag werden die ausgereiften Küken ans Licht kommen. 15 Tage lang werden sie mit leicht gekochtem und abgekühltem Gerstenmehl gefüttert, das mit einem Schuss Wein besprenkelt wurde. Später wird man ihnen geschroteten Weizen, Heuschrecken und Ameiseneier geben. Man soll sie auf jeden Fall vom Zugang zu Wasser fernhalten, um zu verhindern, dass der Pips sie erledigt. (3) Wenn sie an Fasanen-Pips leiden, muss man ihre Schnäbel häufig mit Knoblauch abreiben, der mit flüssigem Pech vermahlen ist, oder die Beschwerde regelmäßig so entfernen, wie das bei Hühnern durchgeführt wird [s. 1.27.2]. (4) Das System der Mast ist folgendes: Das Mehl aus 1 ScheffelM Weizen, zu sehr kleinen Klößchen geknetet, ist die richtige Menge, um einen eingesperrten Fasan über 30 Tage zu versorgen; oder, wenn man Gerstenmehl zur Verfügung stellen möchte, wird das Mehl aus 1 1/2 ScheffelM Gerste über die vorgeschriebene Frist die Mast abschließen. Man muss selbstverständlich dafür sorgen, dass diese Stückchen vor dem Einsetzen in den Schlund mit einer Prise Öl bestrichen werden, damit sie nicht unter die Basis der Zunge fallen; wenn nämlich das geschieht, werden sie sogleich umkommen. Wir sollen auch große Sorgfalt darauf verwenden, dass die Rationen verdaut sind, bevor frische bereitgestellt werden, da eine Last von unverdauten Speisen sie sehr leicht tötet. 30. Gänse (1) Es ist selbstverständlich, dass die Gans nicht einfach ohne Wasser und ohne Gras gehalten werden kann. Sie ist schädlich für angesäte Bereiche, weil ihr Beißen und ihr Kot die Pflanzen schädigen. Sie bietet Gänseküken und Federn, die

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et vere. uni masculo tres feminae sufficiunt. si desit fluvius, lacuna formetur. si herba non subpetat, trifolium, fenum Graecum, agrestia intiba, lactuculas seremus alimento. albi fecundiores sunt, varii vel fusci minus, quia de agresti genere ad domesticum transierunt. (2) incubant a Kalendis Martii usque ad aestivum solstitium. plus parient, si gallinis ova subponas. extremum partum matribus iam vacaturis educare permittimus. pariturae ad haram perducantur. cum semel hoc feceris, consuetudinem sponte retinebunt. gallinis sicut pavonina et anseris ova subpones. sed anserina ova ne noceantur, subpositis subiciatur urtica. (3) parvi primis decem diebus intus pascendi sunt, postea sereno eos poterimus educere, ubi urtica non fuerit, cuius aculeos reformidant. quattuor mensum bene saginantur; nam melius in tenera aetate pinguescunt. polenta dabitur in die ter. large vagandi licentia prohibetur. loco obscuro claudentur et calido. sic maiores etiam secundo mense pinguescunt, nam parvuli saepe die tricesimo. saginantur melius, si ad satietatem milium praebeamus infusum. inter anserum cibaria legumen omne porrigi potest excepto herbo. (4) cavendum est etiam, ne pulli haedorum setas glutiant. Graeci sagin-

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wir sowohl im Herbst als auch Frühjahr rupfen. 3 Weibchen dienen 1 Männchen. Wenn kein Fluss vorhanden ist, muss ein Teich angelegt werden; wenn Gras nicht verfügbar ist, werden wir Klee, Bockshornklee, wilde Wegwarte und Lattich als Nahrungsmittel säen. Weiße sind fruchtbarer, vielfarbige oder dunkle weniger, weil sie vom Wildtyp zum domestizierten übergegangen sind. (2) Sie brüten vom 1. März bis zur Sommersonnenwende. Sie werden mehr Eier legen, wenn man die Eier unter Bruthennen legt. Wir werden nur das letzte Gelege den Müttern zur Aufzucht überlassen, damit sie sich erholen. Wenn sie kurz davor sind, Eier zu legen, soll man sie in den Stall führen; nachdem man dies einmal getan hat, werden sie diese Praxis von sich aus einhalten. Man wird Gänseeier so unter Bruthennen legen, wie man dies bei Pfaueneiern tut [s. 1.28.3-4]. Um aber zu verhindern, dass die Gänseeier beschädigt werden, wenn sie unter Bruthennen gelegt werden, sollen unter ihnen Brennnesseln ausgebreitet werden. (3) Die Jungen sollen innerhalb ihrer ersten 10 Tage unter Dach gehalten werden, dann können wir sie bei ruhigem Wetter herauslassen, und zwar irgendwohin, wo es keine Brennnesseln gibt, da sie gegen deren Stachel anfällig sind. Sie werden am besten 4 Monate lang gemästet, denn sie nehmen in einem jungen Alter besser an Gewicht zu. Gerstengrütze wird man ihnen dreimal täglich geben. Die Freiheit, weit und breit herumzustromern, wird ihnen verwehrt; vielmehr werden sie an einem dunklen und warmen Ort eingeschlossen. Auf diese Weise werden sogar die größeren im 2. Monat fett, die kleineren oft schon bis zum 30. Tag. Sie werden besser gemästet, wenn man so viel Rispenhirse einweicht, wie sie fressen können. An Futter können für Gänse alle Arten von Hülsenfrüchten außer Linsenwicke geboten werden. (4) Wir müssen auch sicherstellen, dass die Gänse keine Borsten von Böckchen

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andis anseribus polentae duas partes et furfuris quattuor aqua calida temperant et ingerunt pro adpetentis voluntate sumenda. tribus per diem vicibus potu adiuvant. media quoque nocte aquam ministrant. peractis vero triginta diebus, si, ut iecur his tenerescat, optabis, tunsas Caricas et aqua maceratas in offas volutabis exiguas et per dies viginti continuos ministrabis anseribus.

31. de piscinis his ordinatis cetera exequenda sunt. nam piscinae duae vel solo inpressae vel caeso lapide circa villam esse debebunt, quas facile est aut fonte aut imbre subpleri, ut una ex his usui sit pecoribus vel avibus aquaticis; alia madefaciat virgas et coria et lupinos et si qua rusticitas consuevit infundere.

32. de fenili, paleario, lignario feni, palearum, ligni, cannarum repositiones nil refert, in qua parte, dummodo siccae sint atque perflabiles et longe removeantur a villa propter casum subripientis incendii.

33. de sterculino (1) stercorum congestio locum suum tenere debebit, qui abundet umore et propter odoris horrenda a praetorii conver-

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verschlucken. Die Griechen mischen bei der Mästung von Gänsen 2 Teile Gerstengrütze und 4 Teile Kleie mit warmem Wasser und häufen es auf, damit die Tiere es nach Belieben fressen können. Sie ergänzen dies mit Tränken, dreimal am Tag, und bieten auch in der Mitte der Nacht Wasser an. Nachdem 30 Tage vergangen sind, wird man, wenn man ihre Leber weichmachen will, karischeO [Feigen] pürieren, in Wasser einweichen, zu kleinen Stückchen rollen und den Gänsen 20 Tage lang fortwährend anbieten.

Einrichtungen und Heilmittel 31. Teiche Sobald diese Dinge organisiert sind, gibt es andere, mit denen man sich beschäftigen muss. Es müssen zwei Teiche in der Nähe des Bauernhauses angelegt werden, entweder in den Boden eingesenkt oder aus dem Stein gehauen. Es ist leicht, sie aus einer Quelle oder mit Regenwasser zu füllen, wobei einer von ihnen für die Nutzung durch Vieh oder Wasservögel nützlicher ist, der andere für das Einweichen von Zweigen, Tierhäuten, Lupinen und allem anderen, was in der Routine des Landlebens eine Wässerung erfordert. 32. Heu-, Stroh- und Holzlager Es spielt keine Rolle, wo die Lager für Heu, Stroh, Holz und Stöcke aufgestellt werden, solange sie trocken, gut belüftet und weit vom Bauernhaus entfernt sind, wegen der Gefahr, dass in diesen Materialien unbemerkt ein Feuer ausbricht. 33. Misthaufen (1) Der Vorrat von Mist muss seinen eigenen Platz haben, der reichlich Feuchtigkeit hat und wegen des schrecklichen

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tatur aspectu. umor abundans hoc praestabit stercori, ut, si qua insunt spinarum semina, putrefiant. stercus asinorum primum est, maxime hortis; dein ovillum et caprinum et iumentorum; porcinum vero pessimum. cineres optimi. sed columbinum fervidissimum ceterarumque avium satis utile excepto palustrium. (2) stercus, quod anno requieverit, segetibus utile est nec herbas creat; si vetustius sit, minus proderit. pratis vero recentia stercora proficient ad uber herbarum. et maris purgamenta, si aquis dulcibus eluantur, mixta reliquis vicem stercoris exhibebunt et limus, quem scaturiens aqua vel fluvii incrementa respuerint.

34. de locis horti et pomarii et sepibus et serendo (1) horti et pomaria domui proxima esse debebunt. hortus sit sterculino maxime subiectus, cuius eum sucus sponte fecundet, ab area longe situs; nam pulverem palearum patitur inimicum. felix positio est, cui leniter inclinata planities cursus aquae fluentis per spatia discreta derivat. (2) si fons desit, aut inprimendus est puteus aut, si hoc nequeas, piscina superius construenda, ut illi aquas pluvia conferente hortus per aestivos rigetur ardores. si hac omni facultate carueris, semper altius tribus vel quattuor pedibus ad pas-

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Geruchs abgewandt vom Hauptgebäude liegt. Die reichliche Feuchtigkeit wird sicherstellen, dass alle etwa innenliegenden Dornbuschsamen im Mist verrotten. Eselmist ist von höchster Qualität besonders für Gärten, dann der von Schafen, Ziegen und Rindern; der von Schweinen ist am schlechtesten. Asche ist ausgezeichnet. Taubenmist ist am heißesten, der von anderen Vögeln – mit Ausnahme von Wasservögeln – ist sehr nützlich. (2) Mist, der ein Jahr geruht hat, ist nützlich für die Getreidefelder und wird kein Unkraut erzeugen; wenn er älter ist, wird er weniger nützen. Auf Wiesen hingegen wird frischer Mist den Reichtum des Grases fördern. Abfälle aus dem Meer [also an den Strand gespülte Meersalgen] werden, wenn sie in Süßwasser abgespült werden, als Ersatz für Mist wirken, wenn sie mit anderen Materialien vermischt werden, ebenso Schlamm, der von sprudelndem Wasser oder einem über die Ufer getretenen Fluss ausgespien wird. 34. Lage von Garten und Obstgarten, Zäune und Aussaat (1) Gärten und Obstgärten müssen in der Nähe des Hauses liegen. Der Garten soll am besten am Fuß des Misthaufens liegen, um so von selbst durch die Flüssigkeit aus ihm gedüngt zu werden, aber weit weg von der Tenne, da der Staub der Spreu für ihn schädlich ist. Eine günstige Lage ist auf flachem Boden mit einer leichten Steigung, die fließendes Wasser durch die verschiedenen Zonen des Gartens führen wird. (2) Wenn es keine Quelle gibt, muss man entweder einen Brunnen graben oder, wenn man dies nicht kann, auf einer höheren Ebene ein Becken bauen, so dass die Versorgung mit Wasser aus Niederschlägen in der Sommerhitze den Garten bewässern kann. Wenn man keine dieser Möglichkeiten hat, wird man den Garten ständig – wie im pastinumA – 3 oder 4 FußM tief umgraben. Bei solchem Handeln

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tini similitudinem fodies hortulum, qui sic cultus neglegat siccitates. (3) sed huic quamvis contra necessitatem iuta stercore quaelibet terra conveniat, tamen haec genera sunt in electione vitanda: creta, quam argillam dicimus, atque rubrica. illud quoque custodies in hortis, quos umoris natura non adiuvat, ut dividas partes et hieme ad meridiem, aestate ad septentrionem spatia colenda convertas. (4) munitionis multa sunt genera. alii luto inter formas clauso parietes figuratos ex partibus imitantur. quibus subpetit, macerias luto et lapide excitant. plerique sine luto congesta in ordinem saxa componunt. nonnulli fossis spatia colenda praecingunt; quod vitandum est, quia horto subducit umores, nisi forte locus palustris colatur. alii spinarum plantas et semina in munitione disponunt. (5) sed melius erit rubi semina et spinae, quae rubus caninus vocatur, matura colligere et cum farina herbi ex aqua macerata miscere; funes dehinc sparteos veteres hoc genere mixtionis sic inducere, ut intra funes semina recepta serventur usque ad verni temporis initia. (6) tunc ubi sepis futura est, duos sulcos tribus a se pedibus separatos sesquipedis altitudine faciemus et per utrosque funes cum seminibus obruemus levi terra. ita tri-

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kann man Dürren unbeachtet lassen. (3) Obwohl jede Art von Boden für den Garten geeignet ist, wenn er nötigenfalls mit Mist ergänzt wird, sollen dennoch die folgenden Arten bei deiner Wahl vermieden werden: der Ton, den wir »argilla« nennen [Mergel], und roter Ton. In Gärten, die keine Hilfe von natürlicher Feuchtigkeit erhalten, wird man auch darauf achten, Einteilungen vorzunehmen, nämlich einen Garten für den Winteranbau mit Blick nach Süden und einen Sommergarten mit Blick nach Norden. (4) Es gibt viele Arten von Einfriedung. Einige Leute stellen, indem sie Lehm zwischen Einfassungen einschließen, Wände her, die denen vergleichbar sind, die Stück für Stück [also aus einzelnen LehmziegelnB] hergestellt werden. Diejenigen, denen entsprechende Baustoffe zur Verfügung stehen, errichten Gartenmauern aus Lehm und Steinen. Die meisten häufen Steine ohne Schlamm auf und ordnen sie in Reihen an. Einige umgeben die Bereiche, die bearbeitet werden sollen, mit einem Graben; dies sollte aber vermieden werden, da es Feuchtigkeit vom Garten abzieht, es sei denn, die Anbaufläche ist zufällig sumpfig. Andere setzen junge Dornbüsche und -samen als Schutz ein. (5) Es wird aber besser sein, reife Samen von Brombeeren und dem »rubus caninus« [»Hundsbrombeere«] genannten Dornbusch [Hundsrose] zu sammeln und mit Mehl von Linsenwicke, mit Wasser angefeuchtet, zu vermischen; dann bestreicht man alte Taue aus spartumP mit dieser Mischung, so dass die in den Tauen eingeschlossenen Samen sich bis zum Beginn des Frühlings halten. (6) Dann ziehen wir, wo die Hecke sein wird, 2 Furchen, die 3 FußM voneinander entfernt und 1 1/2 FußM tief sind, legen die Seile mit ihren Samen längs hinein und decken sie leicht mit Erde ab. So werden am 30. Tag die Dornensträucher emporkommen, und man muss ihnen, solange sie zart sind, mit Hilfestellungen

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cesima die procedunt sentes, quos teneros adminiculis opus est adiuvare; qui inter se per spatia vacua relicta iungentur. (7) partes sane horti sic dividendae sunt, ut hae, in quibus autumno seminabitur, verno tempore pastinentur; quas seminibus vere conplebimus, autumni tempore debemus effodere. ita utraque pastinatio decoquetur beneficio algoris aut solis. areae faciendae sunt angustiores et longae, id est duodecim pedum longitudine et sex latitudine, sic propter spatia utrimque purganda divisae. margines vero earum locis umidis vel inriguis duobus pedibus erigantur; siccis uno extulisse sufficiet. inter areas, si umor consuevit effluere, spatia altiora ipsis areis esse debebunt, ut facilius ingrediatur aream de superiori parte umor admissus et, ubi sitientem saturaverit, in alias possit exclusus averti. (8) serendi tempora licet per menses certa signemus, tamen secundum loci et caeli naturam unusquisque custodiat. frigidis locis autumnalis satio celerior fiat, verna vero tardior; calidis autem regionibus et autumnalis serior fieri potest et verna maturior. quaecumque serenda sunt, cum crescit luna, seminentur, quae secanda sunt vel legenda, cum minuitur.

35. de remediis horti vel agri (1) contra nebulas et rubiginem paleas et purgamenta pluribus locis per hortum disposita simul omnia, cum nebulas

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[durch Stützen] helfen. Sie werden sich über den Raum, der [3 FußM breit] leer gelassen wurde, miteinander verbinden. (7) Es soll selbstverständlich getrennte Bereiche im Garten geben, so dass diejenigen, auf die im Herbst gesät werden soll, im Frühling umgegraben werden können, und diejenigen, die wir im Frühjahr mit Samen füllen wollen, im Herbst; so wird jedes pastinumA von den positiven Auswirkungen der Kälte oder Sonne gegart werden. Die Saatbeete sollen lang und recht schmal angelegt werden, das heißt 12 FußM lang und 6 FußM breit, um auf diese Weise das Jäten von beiden Seiten zu ermöglichen. Ihre Seiten sollen an nassen oder gut bewässerten Orten 2 FußM hoch sein, an trockenen Orten genügt eine Höhe von 1 FußM. Wenn die Feuchtigkeit dazu neigt, zwischen den Beeten abzufließen [statt diese zu bewässern], müssen die Räume zwischen ihnen höher liegen als die Beete selbst, so dass die Feuchtigkeit von oben leichter eindringen kann und nach dem Einweichen des durstigen Beets abgeschlossen und auf andere Beete umgeleitet werden kann. (8) Obwohl wir [im Folgenden] bestimmte Zeiten für die Aussaat von Monat zu Monat anzeigen, soll jeder einzelne sie nur mit Bezug auf die Natur des Ortes und des Klimas beachten. In kalten Räumen soll man die Herbstaussaat nach vorne bringen und die Frühjahrsaussaat verzögern; in heißen Regionen hingegen kann man die Herbstaussaat später und die Frühjahrsaussaat früher durchführen. Alle Aussaat soll bei zunehmendem Mond durchgeführt werden, alle Ernte oder Sammlung bei abnehmendem. 35. Heilmittel für Garten oder Acker (1) Gegen Nebel und Rost[pilzbefall] wird man Haufen von Stroh und Abfall an vielen Stellen rund um den Garten verteilen und verbrennen, alle auf einmal, wenn man eine Ge-

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videris instare, conbures. contra grandinem multa dicuntur; panno russeo mola coperitur. item cruentae secures contra caelum minaciter levantur. item omne horti spatium alba vite praecingitur vel noctua pinnis patentibus extensa suffigitur vel ferramenta, quibus operandum est, sevo unguntur ursino. (2) aliqui ursi adipem cum oleo tusum reservant et falces hoc, cum putaturi sunt, ungunt. sed hoc in occulto debet esse remedium, ut nullus putator intelligat. cuius tanta vis esse perhibetur, ut neque gelu neque nebula neque aliquo animali possit noceri. interest, ut res profanata non valeat. contra pulices et limaces vel amurcam recentem vel ex cameris fulginem spargimus. contra formicas, si in horto habent foramen, cor noctuae admoveamus; si foris veniunt, omne horti spatium cinere aut cretae candore signabimus. (3) contra erucas semina, quae spargenda sunt, sempervivi suco madefiant vel erucarum sanguine. cicer inter olera propter multam potentiam serendum est. aliqui cinerem de fico super erucas spargunt. item squillam vel in horto serunt vel certe suspendunt. aliqui mulierem menstruantem nusquam cinctam solutis capillis nudis pedibus contra erucas et cetera hortum faciunt circumire. aliqui fluviales cancros pluribus locis intra hortum crucifigunt. (4) contra animalia, quae vitibus nocent, campas quas in rosis invenire consuevimus, oleo mersas resolvi patieris in tabem et, cum

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fahr von Nebel erkennt. Gegen Hagel sind viele Dinge vorgeschrieben: Ein Mühlstein wird mit einem braunroten Tuch bedeckt. Ebenso erhebt man blutige Äxte drohend gegen den Himmel. Ebenso wird der gesamte Bereich des Gartens mit weißem Schmerwurz umkreist, oder eine Eule wird mit ausgestreckten offenen Flügeln befestigt oder Eisenwerkzeuge werden mit Bärenfett bestrichen. (2) Einige halten sich einen Vorrat an Bärenfett, mit Öl zerstoßen, und fetten ihre Haumesser mit ihm ein, etwa für das Zurückschneiden [von Bäumen und Sträuchern]. Dieses Mittel muss aber geheim gehalten werden, so dass keiner der Zurückschneidenden es versteht; seine Macht ist – wie man sagt – so groß, dass es nicht von Frost, Nebel oder einem Tier geschädigt werden kann; dabei ist es wichtig zu beachten, dass das Verfahren keine Kraft mehr hat, wenn es offengelegt wird. Gegen Flöhe und Schnecken breiten wir entweder frischen Ölschaum oder Ruß aus Gewölben aus. Gegen Ameisen, die ein Eingangsloch im Garten haben, sollen wir das Herz einer Eule in der Nähe platzieren; wenn sie von außen kommen, werden wir den gesamten Gartenbereich mit Asche oder weißem Ton umschreiben. (3) Gegen Raupen sollen die Samen in Hauswurzsaft oder Raupenblut getaucht werden. Kichererbse soll wegen ihrer großen Wirkung unter das Gemüse gesät werden. Einige streuen Feigenbaumasche über die Raupen. Auch säen sie Meerzwiebel im Garten oder hängen sie zumindest auf. Einige lassen eine menstruierende Frau, die keinerlei Binden trägt, ihr Haar lose hat und barfuß ist, gegen Raupen und andere Schädlinge rund um den Garten laufen. Einige befestigen an mehreren Stellen innerhalb des Gartens Flusskrebse an Kreuzen. (4) Gegen Wesen, die Rebstöcken schaden, wird man die Raupen, die man häufig auf Rosen findet, in Öl werfen, zerfallen und sich auflösen lassen, und

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putandae sunt vites, hoc oleo falces perunges. extinguuntur cimices amurca et felle bubulo lectis aut locis perunctis vel foliis ederae tritis ex oleo vel incensis sanguisugis. (5) ut olera animalia infesta non generent, in corio testudinis omnia semina, quae sparsurus es, sicca vel mentam locis pluribus, maxime inter caules, sere. hoc praestare fertur herbum aliquantulum satum, praecipue ubi radices et rapa nascuntur. vel acre acetum suco hyosciami mixtum fertur olerum pulices necare si spargas. (6) campas fertur evincere, qui fusticulos allii sine capitibus per horti omne spatium comburens nidorem locis pluribus excitarit. si vitibus consulemus, allio trito falces putatoriae feruntur ungendae. nasci quoque prohibentur, si circa arborum vel vitium crura bitumen et sulfur incendas vel si ablatas de horto vicino campas aqua excoquas et per horti tui spatia universa diffundas. ne cantharides vitibus noceant, in cote, qua falces acuuntur, ipsae sunt conterendae. (7) Democritus adserit neque arboribus neque satis quibuslibet noceri posse a quibuscumque bestiis, si fluviales cancros plurimos vel marinos, quos Graeci paguros nominant, non minus quam decem fictili vasculo in aqua missos tegas et sub divo statuas, ut decem

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wenn die Rebstöcke beschnitten werden müssen, bestreicht man das Haumesser mit diesem Öl. Wanzen werden durch Besprenkeln der Beete oder Felder mit Ölschaum und Rindergalle oder mit in Öl zerriebenen Efeublättern oder durch das Verbrennen von Blutegeln beseitigt. (5) Um zu vermeiden, dass Gemüse schädliche Wesen hervorbringt, soll man alle Samen, die man aussäen will, in einem Schildkrötenpanzer trocknen und an mehreren Stellen Minze ansäen, vor allem bei Kohl. Die Leute sagen, auch Linsenwicke habe diesen Effekt, wenn man eine bestimmte Menge davon ausstreut, insbesondere wo Rettich und Rübse wachsen. Alternativ soll – so sagt man – scharfer Essig mit Bilsenkrautsaft gemischt werden; der tötet dann Flöhe, wenn man sie damit bestreut. (6) Von Raupen sagt man, sie würden durch Verbrennen von Knoblauchstängeln ohne Köpfe [Knollen] im gesamten Gartenbereich und durch Erzeugen eines starken Geruchs an vielen Orten beseitigt werden. Wenn wir um unsere Rebstöcke besorgt sind, sollen – so heißt es – die Haumesser mit zerriebenem Knoblauch bestrichen werden. Raupen werden auch an der Vermehrung gehindert, wenn man um die Stämme der Bäume oder Rebstöcke herum Bitumen oder Schwefel verbrennt oder wenn man Raupen aus einem benachbarten Garten in Wasser kocht und dieses über alle Bereiche des eigenen Gartens gießt. Um zu verhindern, dass Kanthariden [Spanische Fliegen] den Rebstöcken schaden, sollen sie auf dem Schleifstein zerrieben werden, mit dem man sonst die Haumesser schärft. (7) Laut DemokritN [vgl. Geoponika 5.50 und 10.89.1] wird Bäumen oder Pflanzen aller Art von überhaupt keinem Wesen geschadet, wenn man viele – nicht weniger als 10 – Fluss- oder Meereskrebse, welche die Griechen »paguroi« nennen, in ein Keramikgefäß legt, mit Wasser bedeckt und das Gefäß ins Freie stellt, damit es 10

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diebus sole vaporentur. postea quaecunque inlaesa volueris esse, perfundas et octonis diebus peractis hoc repetas, donec solide, quae optaveris adolescant. (8) formicas abiges origano et sulfure tritis foramen aspergens. hoc et apibus nocet. item coclearum vacuas testas si usseris et eo cinere foramen inculces. culices galbano infuso fugantur aut sulfure, pulices amurca per pavimentum frequenter aspersa vel cymino agresti cum aqua trito vel cucumeris semen agrestis aqua resolutum saepe infundens vel aquam lupinorum psilotri austeritatibus iutam. (9) mures, si amurcam spissam patinae infuderis et in domo nocte posueris, adhaerebunt. item necabuntur, si elleboro nigro caseum vel panem vel adipes vel polentam permisceas et offeras. et agrestis cucumeris et coloquintidis suffusio sic nocebit. adversus mures agrestes Apuleius adserit semina bubulo felle maceranda, antequam spargas. nonnulli rododafnes foliis aditus eorum claudunt, qui rosis his, dum in exitum nituntur, intereunt. (10) talpas Graeci hoc genere persceuntur: nucem perforari iubent vel aliquod pomi genus soliditatis eiusdem. ibi paleas et cedram cum sulfure sufficienter includi. tunc omnes parvulos aditus et reliqua spiramenta talparum diligenter adobrui;

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Tage von der Sonne aufgeheizt wird, und wenn man dann mit dieser Flüssigkeit besprenkelt, was man unversehrt sehen will, und dies in Abständen von 8 Tagen wiederholt, bis die Pflanzen, wie erhofft, gründlich angewachsen sind. (8) Ameisen kann man dadurch vertreiben, dass man vor ihrem Eintrittsloch zerriebenes Oregano und Schwefel ausstreut – dies ist auch für Bienen schädlich – und ebenso dadurch, dass man leere Schneckenhäuser verbrennt und die Asche in ihr Eintrittsloch drückt. Mücken werden durch eine Infusion von Galbanharz oder Schwefel vertrieben, Flöhe, indem man den Boden häufig mit Ölschaum oder Wildkümmel, mit Wasser zerrieben, besprengt oder wiederholt mit Samen der wilden Gurken [Spritzgurke], mit Wasser zerrieben, oder auch mit Wasser von gekochten Lupinen, verstärkt mit dem bitteren Saft von Schmerwurz. (9) Mäuse werden, wenn man dicken Ölschaum in eine flachen Schale gießt und nachts ins Haus stellt, daran kleben bleiben. Ebenso werden sie getötet, wenn man schwarzen Nieswurz mit Käse, Brot, Fett oder Gerstengrütze vermischt und für sie auslegt. Auch ein Gericht aus wilden Gurken und Kürbis wird den gleichen Schaden anrichten. Gegen Feldmäuse – so heißt es bei ApuleiusN [vgl. Geoponika 13.5.1.] – sollen Samen in Rindergalle getaucht werden, bevor man sie aussät. Einige Leute blockieren die Mäuselöcher mit Oleanderblättern; sie gehen zugrunde, wenn sie diese anknabbern, während die Tiere sich darum bemühen herauszukommen. (10) Maulwürfe werden von den Griechen wie folgt angegangen: Sie weisen an, man solle in eine Nuss oder eine andere Art von Frucht mit vergleichbarer Festigkeit ein Loch bohren und dann eine ausreichende Menge von Spreu und Zedernharz zusammen mit Schwefel hineinstecken. Dann solle man alle kleinen Maulwurfseingänge und anderen Luftwege sorgfältig versperren; nur ein Loch – und zwar

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unum foramen, quod amplum est, reservari, in cuius aditu nucem intus incensam sic poni, ut ab una parte flatus possit accipere, quos ab alia parte diffundat; sic inpletis fumo cuniculis talpas vel fugere protinus vel necari. (11) mures rusticos, si querno cinere aditus eorum satures, adtactu frequenti scabies occupabit ac perimet. serpentes prope omni austeritate fugantur et nocentes spiritus innocentia fumi graveolentis exagitat. uramus galbanum vel cervi cornua, radices lilii, caprae ungulas. hoc genere monstra noxia prohibentur. (12) opinio Graecorum est, si nubes locustarum repente surrexerit, latentibus infra tecta cunctis hominibus eam posse transire; quod si inobservantes homines sub aere deprehendant, nullum fructum noceri, si continuo omnes ad tecta confugiant. pelli etiam dicuntur amari lupini vel agrestis cucumeris aqua decocta, si muriae mixta fundatur. aestimant aliqui locustas vel scorpios fugari posse, si aliqui ex his urantur in medi. (13) campas nonnulli ficulneo cinere persecuntur; si permanserint, urina bubula et amurca aequaliter mixta conferveant et, ubi refrixerint, olera omnia hoc imbre consperge. prasocoridas Graeci vocant animalia,

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ein breites – solle belassen werden, und an diesen Eingang platziert man die Nuss, innen mit einem Feuer erhellt, so dass sie von der einen Seite einen Luftstrom erhält und auf der anderen wieder abgibt. Wenn der Bau auf diese Weise mit Rauch gefüllt ist, werden die Maulwürfe entweder geradewegs fliehen oder aber getötet. (11) Wenn man bei Landmäusen [der Unterschied zu den 1.35.9 genannten Feldmäusen ist unklar; in Geoponika 13.4.2 werden die nachstehenden Mittel als gegen Hausmäuse wirksam genannt] ihre Eintrittsöffnungen mit Eichenasche begießt, werden sie bei häufigem Kontakt von Krätze befallen und getötet. Schlangen werden durch fast alles vertrieben, was bitter ist, und die Desinfektion mit scharf riechendem Rauch wehrt ihren infizierten Atem ab [Schlangenatem galt als giftig; vgl. etwa Columella 8.5.18]; wir sollen Galbanharz oder Hirschhorn, Lilienwurzeln und Ziegenhufe verbrennen. Auf diese Weise wird man schlimme Schädlinge fernhalten. (12) Die Ansicht der Griechen ist, dass eine Wolke von Heuschrecken, wenn sie plötzlich entsteht, so lange vorübergehen kann, wie alle Menschen in ihren Gebäuden verborgen bleiben; wenn die Heuschrecken plötzlich unter freiem Himmel Menschen antreffen, wird keine Ernte geschädigt, sofern jeder sofort in ein Haus eilt. Man sagt auch, sie würden durch Wasser, in dem bittere Lupine oder wilde Gurke [Spritzgurke] gekocht wurde, vertrieben, wenn es mit Salzlake vermischt und auf sie geschüttet wird. Manche Leute nehmen an, dass Heuschrecken oder Skorpione verjagt werden können, wenn einige von ihnen im Freien verbrannt werden. (13) Raupen vertreiben einige mit Feigenbaumasche. Wenn sie bleiben, kocht man Rinderurin und Ölschaum in gleichen Mengen zusammen und besprenkelt, sobald dies abgekühlt ist, das Gemüse mit einem Sprühregen davon. Als »prasokorides« [»Lauch-Schneider«] be-

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quae solent hortis nocere. ergo ventriculum statim vervecis occisi plenum sordibus suis, spatio, quo abundant, leviter debebis operire. post biduum repperies ibi animalia ipsa congesta. hoc cum bis vel tertio feceris, genus omne, quod nocebat, extingues. (14) grandini creditur obviare, si quis crocodili pellem vel hyaenae vel marini vituli per spatia possessionis circumferat et in villae aut cortis suspendat ingressu, cum malum viderit imminere. item si palustrem testudinem dextra manu supinam ferens vineas perambulet et reversus eodem modo sic illam ponat in terra, ut glebas dorsi eius obiciat curvaturae, ne possit inverti sed supina permaneat. hoc facto fertur spatium sic defensum nubes inimica transcurrere. (15) nonnulli ubi instare malum viderint, oblato speculo imaginem nubis accipiunt et hoc remedio nubem, seu ut sibi obiecta displiceat seu ut tamquam geminata alteri cedat, avertunt. item vituli marini pellis in medio vinearum loco uni superiecta viticulae creditur contra imminens malum totius vineae membra vestisse. (16) omnia semina horti vel agri feruntur ab omnibus malis ac monstris tuta servari, si agrestis cucumeris tritis radicibus

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zeichnen die Griechen Wesen, die häufig Gärten beschädigen [Maulwurfsgrille]. Für sie soll man den Magen eines gerade getöteten Hammels nehmen, der immer noch voll von ihrem Wiedergekäuten ist, und in einem Gebiet, wo sie im Überfluss vorhanden sind, leicht mit Erde abdecken. Nach 2 Tagen wird man diese Wesen dort angehäuft finden. Nachdem man dies zwei- oder dreimal getan hat, löscht man den ganzen Stamm aus, der Schaden verursacht hat. (14) Hagel wird – so nimmt man an – abgewehrt, wenn eine Person, die sieht, dass die Gefahr unmittelbar bevorsteht, die Haut eines Krokodils, einer Hyäne oder eines Seehunds um seinen Besitz herumträgt und am Eingang zum Landhaus oder Hof aufhängt. Auch wenn jemand eine Sumpfschildkröte auf dem Rücken in der rechten Hand hält und um seine Rebstöcke geht, dann in der gleichen Weise zurückkehrt, sie auf den Boden legt und Erdklumpen unter die Krümmung des Panzers drückt, so dass die Schildkröte sich nicht umdrehen kann, sondern auf dem Rücken liegen bleiben muss, wird – so heißt es – eine drohende Wolke an einer durch diese Handlung geschützten Fläche vorbeigehen. (15) Einige halten, wenn sie sehen, dass die Gefahr droht, einen Spiegel hoch, um eine Reflexion der Wolke zu fangen, und wehren mit diesem Hilfsmittel die Wolke ab; entweder wird sie davon verärgert, dass sie gegen sich selbst gesetzt ist, oder sie macht für die andere Wolke als ihren Doppelgänger Platz. Auch wenn in der Mitte des Weingartens ein Seehundfell über einen Rebstock geworfen wird, sind – so wird angenommen – die Glieder des ganzen Weingartens gegen die drohende Gefahr geschützt. (16) Alle Samen für Garten oder Felder sind vor allen Gefahren und Schädlingen geschützt, wenn sie zuerst in die pürierten Wurzeln von wilden Gurken [Spritzgurken] getaucht werden. Besser noch wird der Schädel einer

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ante macerentur. item equae calvaria sed non virginis intra hortum ponenda est vel potius asinae. creduntur enim sua praesentia fecundare, quae spectant.

36. de area area longe a villa esse non debet et propter exportandi facilitatem et ut fraus minor timeatur domini vel procuratoris vicinitate suspecta. sit autem vel strata silice vel saxo montis excisa vel sub ipsa triturae tempore ungulis pecorum et aquae admixtione solidata, clausa deinde et robustis munita cancellis propter armenta, quae, cum teretur, inducimus. sit circa hanc locus alter planus et purus, in quem frumenta transfusa refrigerentur et horreis inferantur; quae res in eorum durabilitate proficiet. fiat deinde undecumque proximum tectum, maxime in umidis regionibus, sub quo propter imbres subitos frumenta, si necessitas coegerit, raptim vel munda vel semitrita ponantur. sit autem loco sublimi et undecumque perflabili, longe tamen ab hortis, vineis atque pometis. nam sicut radicibus virgultorum prosunt laetamen et paleae, ita insidentes frondibus has perforant atque arere conpellunt.

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Pferdestute – und zwar einer, die schon trächtig gewesen ist – im Garten aufgestellt oder noch besser von einer Eselin; von seiner Anwesenheit nimmt man an, dass er allem, was ihm gegenüberliegt, Fruchtbarkeit schenkt. 36. Tenne (1) Die Tenne sollte nicht weit vom Gehöft entfernt sein, sowohl für das einfache Heranbringen von Getreide als auch zur Verringerung der Gefahr von Diebstahl, da der Herr oder Verwalter in der Nähe sein kann. Sie soll mit Steinplatten gepflastert, in einen Felsenhügel geschnitten oder aber kurz vor der Zeit des Dreschens mit der Zugabe von etwas Wasser von Tierhufen fest verdichtet werden, dann aber verschlossen bleiben und mit festen Schranken vor dem Großvieh geschützt werden, das wir erst [wieder] heranbringen, wenn das Dreschen ansteht [vgl. 7.1]. (2) In der Nähe soll es einen anderen ebenen Platz geben, auf den das Getreide ausgeschüttet und abgekühlt wird, bevor es zu den Speichern gebracht wird; dieses Verfahren wird seine Haltbarkeit verbessern. Vor allem in feuchten Gebieten soll das ganze Jahr lang ein Dach stehen, unter das man das Getreide schnell legen kann, gleich ob gereinigt oder halb gedroschen, wenn dies notwendig wird, weil plötzlich Regen einsetzt. Die Tenne soll an einer erhöhten Stelle liegen, an allen Seiten offen für den Wind, weit entfernt von Gärten, Wein- und Obstgärten. Während Mist und Spreu den Wurzeln der Pflanzen nutzen, verursachen sie, wenn sie sich auf den Blättern niederlassen, Gruben in ihnen und bewirken, dass sie austrocknen.

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37. de apium castris (1) apibus stationem non longe a domnicalibus vel in horti parte secreta et aprica et a ventis remota et calidiore locare debemus, quae in quadratam constituta mensuram fures et accessus hominum pecudumque submoveat. sit abundans floribus, quos vel in herbis vel in fructibus vel in arboribus procuret industria. (2) herbas nutriat origanum, thymum, serpyllum, satureiam, melisfyllum, violas agrestes, asfodilum, citreaginem, amaracum, hyacinthum, qui iris vel gladiolus dicitur similitudine foliorum, narcissum, crocum ceterasque herbas suavissimi odoris et floris. in fructibus vero sint rosae, lilia, violae flavae, rosmarinus, ederae; in arboribus zizyfus, amygdalus, Persicus, pirus pomiferaeque arbores, quibus nulla amaritudo respondet flore desucto; silvestria vero glandifera robora, terebinthus, lentiscus, cedrus, tilia, ulex minor et tinus. sed taxi removeantur inimicae. (3) primi saporis mella thymi sucus effundit, secundi meriti thymbra, serpyllum vel origanum, tertii meriti rosmarinus et satureia. ceterea ut arbutus et olera saporem rustici mellis efficiunt. sint autem arbores a septentrionali parte dispositae. frutices atque virgulta ordines suos sub maceriis exequantur. herbas deinde plano post frutices conseremus. fons

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Imkerei 37. Bienenstöcke (1) Wir müssen die Heimstatt für die Bienen nicht weit vom Haus des Hausherrn positionieren, vielleicht in einem Teil des Gartens, der ruhig, sonnig, windgeschützt und sehr heiß ist. Diese Heimstatt, auf ein quadratisches Maß [eine kompakte Grundlage] gestellt, soll Diebe oder die Annäherung von Menschen und Vieh verhindern. Dieser Bereich soll reich an Blüten sein, die fleißig in Form von Kräutern, Sträuchern oder Bäumen bereitgestellt sind. (2) Zu den Kräutern, die er tragen soll, gehören Oregano, Thymian, Sandthymian, Bohnenkraut, Melisse, wilde Veilchen, Affodill, Zitronenmelisse, Majoran, »hyacinthus« – auch Iris oder wegen der Ähnlichkeit der Blätter [mit einem gladius, Schwert] »gladiolus« genannt [Schwertlilie] –, Narzisse, Safran und aller anderen Kräuter mit süßestem Duft und Blüten. Unter den Sträuchern sollen Rosen, Lilien, gelbe Veilchen, Rosmarin und Efeu sein, unter den Bäumen Brustbeere, Mandel, Pfirsich, Birne und [weitere] Obstbäume, aus denen keine Bitterkeit kommt, wenn die Blüte ausgesaugt wird. [Geeignete] Wildpflanzen sind Eicheln tragende Eiche, Terpentinpistazie, Mastix, Zeder, Linde, kleineres Heidenkraut und Lorbeerschneeball; Eiben aber sollen ferngehalten werden, da man sie für schädlich hält. (3) Der Nektar von Thymian bringt Honig von bestem Geschmack, Thymbra-Bergminze, Sandthymian oder Oregano den der zweiten und Rosmarin und Bohnenkraut den der dritten Qualität. Andere Pflanzen wie Erdbeerbäume und Gemüse bringen den Geschmack von Landhonig hervor. Die Bäume sollen auf der Nordseite stehen, Sträucher und Büsche in Reihen unter den Gartenmauern; dann werden wir die Kräuter auf ebenem Boden jenseits der

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vel rivus huc conveniat otiosus, qui humiles transeundo formet lacunas, quas operiant rara et transversa virgulta sedes tutas apibus praebitura, cum sitient. (4) sed ab his apium castris longe sint omnia odoris horrendi, balneae, stabula, coquinae, fusoria. fugemus praeterea animalia, quae sunt apibus inimica, lacertos et blattas et his similia. aves etiam pannis et crepitaculis terreamus. purus custos frequens et castus accedat habens nova alvearia praeparata, quibus excipiatur exanimum rudis iuventus. (5) vitetur odor coeni et cancer exustus et locus, qui ad humanam vocem falsa imitatione respondet. absint et herbae titymallus, elleborum, thapsia, absentium, cucumis agrestis et omnis amaritudo conficiendae adversa dulcedini. (6) alvearia meliora sunt, quae cortex formabit raptus ex subere, quia non transmittunt vim frigoris aut caloris. possunt tamen et ferulis fieri. si haec desint, salignis viminibus fabricentur vel ligno cavatae arboris aut tabulis more cuparum. fictilia deterrima sunt, quae et hieme gelantur et aestate fervescunt. (7) sed inter ea loca, quae muniri debere praecepi, podia ternis alta pedibus fabricentur inducta testaceo et albario opere levigata prop-

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Sträucher säen. Hier sollen eine Quelle oder ein langsam laufender Bach liegen, der beim Vorüberfließen flache Becken bildet; diese sollen mit offenem Gestrüpp – und zwar Ginster – horizontal abgedeckt werden, um sichere Sitze für die Bienen bereitzustellen, wenn sie durstig sind. (4) Der Bienenstock soll weit entfernt von allem stehen, was üble Gerüche erzeugt: Badehäuser, Tierställe, Küchen und Abwasserrinnen. Wir müssen auch alle Wesen fernhalten, die für die Bienen nachteilig sind: Echsen, Motten und dergleichen. Darüber hinaus sollen wir Vögel mit Lumpen und Rasseln abschrecken. Der Pfleger soll in einem sauberen und keuschen Zustand sie häufig besuchen und neue Bienenstöcke im Voraus vorbereiten, um die unerfahrenen Jungen der Schwärme einzufangen. (5) Der Geruch von Kot und [zum Schutz der Rebstöcke; vgl. Plinius 18.293 und Geoponika 5.33.2] verbrannten Krebsen soll vermieden werden, ebenso jeder Ort, der auf die menschliche Stimme mit einer falschen Nachahmung [Echo] antwortet. Diese Kräuter sollen nicht anwesend sein: Wolfsmilch, Nieswurz, Thapsia, Wermut, wilde Gurke [Spritzgurke] und alles Bittere, das für die Schaffung von Süße nachteilig ist. (6) Besonders gute Bienenstöcke sind solche, die aus Kork gebildet werden, der von der Korkeiche abgezogen wurde, da er die Kraft von Kälte oder Hitze nicht durchlässt. Sie können aber auch aus Riesenfenchel-Stängeln gemacht werden. Wenn diese Materialien nicht verfügbar sind, sollen sie aus Weidenruten, dem Holz eines hohlen Baums oder aus Brettern wie beim Fassbau hergestellt werden. Die aus Keramik sind am schlechtesten, da sie im Winter frieren und im Sommer sieden. (7) Innerhalb der Anlage, die zu errichten ich oben [1.37.1] gelehrt habe, sollen 3 FußM hohe Podeste angefertigt werden, mit opus testaciumB verputzt und mit Deckputz geglättet, um den Schaden zu ver-

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ter lacertorum ceterorumque animalium noxam, quibus est moris inrepere; et supra haec podia alvearia conlocentur ita, ut non possint imbre penetrari, spatiolis inter se patentibus segregata. angustus tamen aditus admittat examina propter frigoris et caloris iniuriam. sane ventis frigidioribus altus paries resistat, qui locum possit defensis sedibus apricare. (8) aditus omnes soli obponantur hiberno, qui in uno cortice duo vel tres esse debebunt ea magnitudine, quae apis formam non possit excedere. sic enim noxiis animalibus ingressu resistetur angusto; vel si apes obsidere voluerint, exeuntes alio, cum non defuerit, utentur egressu.

38. de apibus emendis (1) apes si emendae sunt, provideamus, ut plena alvearia conparentur; quam rem vel inspectio vel murmuris magnitudo vel frequentia monstrat commeantis ac remeantis examinis; ex vicina potius quam longinqua regione, ne aeris novitate temptentur. si vero longius advehendae sunt, collo nocte portentur; nec conlocare nec aperire alvearia nisi vespere instante debemus. (2) speculemur deinde per triduum,

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meiden, den Eidechsen und andere Tiere verursachen, die sich einzuschleichen pflegen. Auf diesen Podesten sollen die Bienenstöcke in einer Weise platziert werden, dass sie nicht von Regen durchdrungen werden und voneinander durch kleine offene Zwischenräume getrennt sind. Wegen der schädlichen Auswirkungen von Kälte und Wärme soll ein nur schmaler Eingang die Schwärme einlassen. Selbstverständlich sollen kältere Winde von einer hohen Mauer abgehalten werden, welche die Wärme der Sonne auf den Ort bei gleichzeitigem Schutz der Bienenstöcke ziehen kann. (8) Alle Eingänge sollen zur Wintersonne hin offen sein. In einem Kork-Bienenstock soll es 2 oder 3 von ihnen geben, deren Größe nicht die Dimensionen einer Biene überschreitet, denn auf diese Weise werden Schädlinge von dem schmalen Eingang abgehalten, und wenn die Bienen abfliegen und die Schädlinge sie überfallen wollen, können die Bienen von einem anderen Ausgang Gebrauch machen, da dieser verfügbar sein wird. 38. Kauf von Bienen (1) Wenn Bienen gekauft werden müssen, haben wir sicherzustellen, dass wir ganze Bienenvölker erhalten. Dies geschieht entweder durch Inaugenscheinnahme oder durch die Lautheit ihres Summens oder durch die Anzahl, die beim Kommen und Gehen der Bienen ermittelt wird. Am besten [kommt der Schwarm] aus einer Nachbarregion, nicht einer weit entfernten, da er sonst von einem fremden Klima angestrengt wird. Wenn aber ein Schwarm aus weiterer Entfernung gebracht werden soll, muss man ihn nachts [also während der Ruhezeit der Bienen] auf dem Nacken [also zur Vermeidung von Rütteln nicht auf Lasttieren oder Wagen] transportieren und nicht absetzen und öffnen, bevor der Abend naht. (2) Dann soll man 3 Tage lang darauf

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ne omne ianuas suas egrediatur examen. hoc enim signo fugam meditantur adsumere. contra haec vel cetera suo unaquaeque mense reddemus. tamen creduntur non fugere, si stercus primogeniti vituli adlinamus oribus vasculorum.

39. de balneis (1) non alienus est, si aquae copia patiatur, patremfamilias de structura balnei cogitare; quae res et voluptati plurimum conferat et saluti. itaque balneum constituemus in ea parte, qua calor futurus est, loco ab umore suspenso, ne uligo eum fornacibus vicina refrigeret. lumina ei dabimus a parte meridiana et occidentis hiberni, ut tota die solis iuvetur et inlustretur aspectu. (2) suspensuras vero cellarum sic facies: aream primo bipedis sternis; inclinata sit tamen stratura ad fornacem, ut, si pilam miseris, intro stare non possit, sed ad fornacem recurrat. sic eveniet, ut flamma altum petendo cellas faciat plus calere. supra hanc straturam pilae laterculis argilla subacta et capillo constructae fiant distantes a se spatio pedis unius et semissis, altae pedibus binis semis. super

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achten, dass nicht der ganze Schwarm den Eingang verlässt; dies ist nämlich ein Anzeichen dafür, dass die Bienen fortzufliegen planen [vgl. 7.7]. Wir werden Schritte dagegen und andere Themen jeweils beim betreffenden Monat besprechen [4.15, 5.7, 6.10, 7.7, 9.7–13, 12.8]. Es wird freilich vermutet, dass die Bienen nicht fortfliegen, wenn wir die Eingangsöffnungen ihrer Stöcke mit dem Mist eines erstgeborenen Kalbs bestreichen.

Sonstiges 39. Bäder (1) Wenn die Wasserversorgung es ermöglicht, ist es nicht unangemessen, dass der Haushaltsvorstand den Bau eines Badegebäudes erwägt, das ja viel zum Vergnügen und zur Gesundheit beiträgt. Wir werden das Badegebäude dann an einem Ort anlegen, der warm sein wird, und zwar an einer über die Bodenfeuchtigkeit erhabenen Stelle, so dass kein feuchter Boden in der Nähe des Ofens das Bad abkühlt. Wir geben ihm Lichtöffnungen zur Südseite und zum winterlichen Sonnenuntergang, so dass es den ganzen Tag von der Sonne erfreut und erhellt wird. (2) Für die [durch eine Fußbodenheizung] angehobenen Zimmerfußböden geht man wie folgt vor: Zuerst muss man den Bereich mit 2-Fuß-ZiegelnB pflastern; das Pflaster soll in Richtung des Ofens abfallen, so dass ein Ball, den man auf ihn legt, nicht stehen bleibt, sondern auf den Ofen zu rollt. Das Ergebnis wird sein, dass die Flammen auf der Suche nach dem höheren Bereich die Räume wärmer machen. Auf dieses Pflaster sollen Pfeiler aus Lehmziegeln mit geknetetem Ton und Haar gebaut werden; sie sollen 1 1/2 FußM voneinander entfernt und 2 1/2 FußM hoch sein. Auf diesen Pfeilern

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has pilas bipedae constituantur binae in altum atque his superfundantur testacea pavimenta et tunc, si copia est, marmora conlocentur. (3) miliarum vero plumbeum, cui aerea patina subest, inter soliorum spatia forinsecus statuamus fornace subiecta, ad quod miliarium fistula frigidaria dirigatur et ab hoc ad solium similis magnitudinis fistula procedat, quae tantum calidae ducat interius, quantum fistula illi frigidi liquoris intulerit. cellae autem sic disponantur, ut quadrae non sint, sed verbi gratia si quindecim pedibus longae fuerint, decem latae sint; fortius enim vapor inter angusta luctabitur. (4) soliorum forma pro uniuscuiusque voluntate fundetur. piscinales cellae in aestivis balneis a septentrione lumen accipiant, in hiemalibus a meridie. si fieri potest, ita constituantur balneae, ut omnis earum per hortos decurrat eluvies. camerae in balneis Signinae fortiores sunt; quae vero de tabulis fiunt, virgis ferreis transversis et ferreis arcubus sustinentur. (5) sed si tubulos nolis inponere, super arcus ac virgas bipedas constitues ferreis ancoris conligatas capillo inter se atque argilla subacta cohaerentes et ita inpensam testaceam supter inducis; deinde albarii operis nitore decorabis. possumus etiam, si conpendio studemus,

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sollen 2-Fuß-ZiegelB in einer Doppelschicht gelegt werden; über diese wird ein Estrich aus opus testaciumB gegossen und dann, sofern man einen Vorrat hat, Marmor verlegt. (3) Wir werden einen [wie ein] Meilenstein [zylindrisch geformten Wasserbehälter] aus Blei über dem Ofen aufsetzen, unter dem [zur Isolierung vor der Ofenhitze] eine flache Kupferpfanne liegt, und zwar außen zwischen den Positionen der Badebecken [also nicht im Badegebäude und nicht direkt gegenüber einem der dortigen Becken]. Eine Kaltwasserleitung soll in diesen Behälter führen, und eine Röhre von ähnlicher Dicke soll aus ihm in die Badebecken laufen; diese Röhre wird so viel heißes Wasser in die Becken lassen, wie kaltes Wasser von der anderen Röhre in den Behälter gebracht wird. Die Räume sollen so angeordnet sein, dass sie nicht quadratisch sind, sondern etwa, wenn sie 15 FußM lang sind, 10 FußM breit sein sollen; die Wärme wird nämlich in einem engen Raum stärker herumfließen. Die Form der Badebecken kann nach den individuellen Wünschen gestaltet sein. (4) Räume mit Badebecken sollen in einem Sommerbadehaus von Norden belichtet werden, in einem Winterbadehaus von Süden. Wenn möglich, sollen die Bäder so positioniert werden, dass alles Abwasser aus ihnen durch den Garten fließt. In Baderäumen sind Decken aus opus SigninumB stärker. Decken aus Dielen werden durch horizontal verlaufende Eisenstangen und durch Eisenbögen getragen. (5) Wenn man aber keine Röhrchen [aus Pfahlrohr; vgl. 1.13] auflegen möchte, wird man über den Bögen und Stangen 2-Fuß-ZiegelB mit Eisenklammern anbringen, die mit geknetetem Mergel und Haaren verfugt und dann auf der Unterseite mit opus testaciumB beschichtet werden; dann wird man es mit hellen Stuckarbeiten schmücken. Wenn wir an Wirtschaftlichkeit interessiert sind, können wir die Winterquartiere über dem Badehaus anlegen;

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hiberna aedificia balneis inponere; hinc et habitationi teporem submittimus et fundamenta lucramur.

40. de malthis calidae et frigidae (1) scire convenit, quoniam de balneis loquimur, quae sunt malthae calidariae vel frigidariae, ut, si quando in soliis scissa sint opera, possit repente succurri. calidariarum conpositio talis est: picem duram, ceram albam ponderibus aequis, stuppam, picis liquidae totius ponderis dimidiam partem, testam minutam, florem calcis, omnia simul mixta confundes et incturis curabis inserere. aliter Ammoniacum remissum, ficum, stuppam, picem liquidam tundis in pilo et iuncturas oblinis. (2) aliter Ammoniacum et sulfur utrumque resolutum line vel infunde iuncturis. item picem duram, ceram albam et Ammoniacum et sulfur remissum simul iuncturis adline et cautere cuncta percurre. item florem calcis cum oleo mixtum iuncturis inline et cave, ne mox aqua mittatur. (3) aliter sanguini taurino et oleo florem calcis admisce et rimas coniunctionis obducito. item ficum et picem duram et ostrei testas siccas simul tundes, his omnibus iuncturas diligenter adlines.

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auf diese Weise stellen wir die Wärme von unten für den Wohnbereich bereit und machen zusätzlichen Gebrauch von den Fundamenten. 40. Dichtmassen für Warm- und Kaltwasser (1) Da wir über Bäder sprechen, ist es zweckmäßig, die Dichtmassen [vgl. 1.17.2–4] für heißes und kaltes Wasser zu kennen, so dass, wann immer ein Riss im Material der Badebecken auftritt, er schnell repariert werden kann. Die Zusammensetzung für Warmwasser[becken] ist wie folgt: Man nimmt festes Pech und weißes Wachs in gleichen Gewichtsmengen, Werg, flüssiges Pech mit einem Gewicht von der Hälfte der gesamten Mischung, Ziegelmehl und KalkblüteB. Man mischt und kombiniert dies alles zusammen und legt es vorsichtig in die Fugen. Alternative: Man verreibt AmmoniacumO-Gummi, der verflüssigt wurde, Feigen, Werg und flüssiges Pech in einem Mörser und streicht dies auf die Fugen. (2) Alternative: Man schmilzt AmmoniacumO-Gummi und Schwefel und streicht dies auf die Fugen oder gießt es in sie hinein. Ebenso: Man schmilzt festes Pech und weißes Wachs sowie AmmoniacumO und Schwefel zusammen, bestreicht damit die Fugen und lässt über sie alle ein Brenneisen laufen. Ebenso: Man streicht KalkblüteB, mit Öl gemischt, in die Fugen und achtet darauf, dass nicht bald Wasser eingebracht wird. (3) Alternative: Man mischt KalkblüteB in Stierblut und Öl und verwendet dies, um die Risse in den Fugen abzudecken. Ebenso: Man kann Feigen, hartes Pech und trockene Austernschalen zusammen zerkleinern und die Fugen sorgfältig mit all diesen Materialien bestreichen.

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item malthae frigidariae: sanguinem bubulum, florem calcis, scoriam ferri pilo universa contundis et ceroti instar efficies et curabis adlinere. item sevum liquefactum cribellato cineri admixtum frigidae aquae inter rimas labenti, si adlinatur, obsistet.

41. de pistrino si aquae copia est, fusuras balnearum debent pistrina suscipere, ut ibi formatis aquariis molis sine animalium vel hominum labore frumenta frangantur.

42. de instrumentis agrestium (1) instrumenta vero haec, quae ruri necessaria sunt, paremus: aratra simplicia vel, si plana regio permittit, aurita, quibus possit contra stationes umoris hiberni sata celsior sulcus adtollere, bidentes, dolabras, falces putatorias, quibus in arbore utamur et vite. (2) item messorias vel fenarias, ligones, lupos id est serrulas manubriatas minores maioresque ad mensuram cubiti, quibus facile est, quod per serram fieri

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Ebenso zu Kaltwasserdichtmassen: Man nimmt Rinderblut, KalkblüteB und Eisenschlacke, zerkleinert alles zusammen mit einem Stößel, bis es die Konsistenz von Wachssalbe hat und streicht es sorgfältig auf. Ebenso: Geschmolzener Talg mit gesiebter Asche wird Wasser, das durch Risse austritt, aufhalten, wenn man ihn aufstreicht. 41. Mühle Wenn es eine gute Versorgung mit Wasser gibt, soll der Abfluss aus dem Bad [nicht nur in den Garten, s. 1.39.4, sondern] auch in die Mühle geführt werden. Durch die Einrichtung von wassergetriebenen Mühlsteinen kann das Getreide ohne Arbeit von Tieren oder Menschen gemahlen werden. 42. Werkzeuge für Landleute (1) Man soll auch folgende Werkzeuge, die für das Land notwendig sind, bereithalten:  Pflüge, entweder einfache oder – wenn ebenes Gelände dies erlaubt – geohrte [»Ohren« werfen den Boden auf beiden Seiten der Pflugschar auf ], so dass eine erhöhte Kante Pflanzen im Winter oberhalb von stehendem Wasser halten kann  Zweizahn-Harken  Picken  Pfropfmesser für die Verwendung an Baum oder Rebstock  (2) ebenso Haumesser für die Ernte oder das Heu  Hacken  »Wölfe«, also kleine Sägen mit Handgriffen, länger oder kürzer – bis zu 1 ElleM Länge –, die anders als eine gewöhnliche Säge beim Schneiden des Stamms eines Bau-

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non potest, resecando trunco arboris aut vitis interseri, acus, per quas in pastinis sarmenta merguntur, falces a tergo acutas atque lunatas, cultellos item curvos minores, per quos novellis arboribus surculi aridi aut extantes facilius amputentur. (3) item falciculas brevissimas †tubulatas†, quibus filicem solemus abscidere, serrulas minores, vangas, runcones, quibus vepreta persequimur, secures simplices vel dolabratas, sarculos vel simplices vel bicornes vel ascias in aversa parte referentes; rastros. item cauteres, castratoria ferramenta atque tonsoria vel quae ad animalia solent pertinere medicinam. (4) tunicas vero pellicias cum cucullis et ocreas manicasque de pellibus, quae vel in silvis vel in vepribus, rustico operi et venatorio possint esse communes.

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mes oder Rebstocks leicht eingesetzt werden können  Pflanzhölzer zum Einpflanzen von Stecklingen im pastinumA  Haumesser, die auf der Rückseite geschärft und sichelförmig sind  Kleinere gekrümmte Eisen[messer], die es einfacher machen, trockene oder hervorstehende Seitentriebe an jungen Bäumen abzuschneiden  (3) ebenso sehr kleine Haumesserchen mit Röhren [Bedeutung unsicher: vielleicht »mit Rohrbuchsen« zur Befestigung an einem Griff oder »mit Rohrgriffen« zur Gewichtsersparnis], die wir benutzen, um Farn zu schneiden.  Kleinere Sägen  Spaten  Hacken, mit denen wir Gestrüpp angehen  Beile, einfach oder [zusätzlich auf der Rückseite des Beils] mit Picken  Jäthacken, sowohl einfache als auch zweischneidige mit Hackenklingen auf der Rückseite  Rechen  ebenso Kauterisierungseisen, Kastrations- und Scherwerkzeuge und die, welche die Tiermedizin betreffen  (4) Ledergewänder mit Kapuzen und Hosenbeine und Ärmel aus Leder, die einem doppelten Zweck dienen: für die Landarbeit und die Jagd entweder im Wald oder unter Gestrüpp.

LIBER II tituli mensis Ianuarii I de ablaqueandis vitibus II de pratis abstinendis in locis macris III de proscindendis agris et iungendis bubus vel arandi disciplina IIII de hordeo Galatico serendo V de cicercula serenda cum disciplina sua VI de vicia serenda non ad pabulum secandum sed ad semina redigenda cum disciplina sua VII de feno Graeco serendo legendi seminis causa cum disciplina sua VIII de herbo serendo VIIII de sariendis frumentis et leguminibus X de pastinandi generibus et scrobibus vitium XI de tabulis vinearum XII de mensura pastini Italica XIII de solo et caelo et loco pangendis vineis congruenti et ea quae illuc pertinet disciplina XIIII de hortis: in eo de lactuca serenda cum disciplina sua; item nasturcio, similiter et eruca; item caulibus, alio et ulpico XV de pomis: in eo de sorbo, de amygdalo, de nuce iuglandi cum disciplinis suis, et de ceteris pomis quorum disciplina suis mensibus continetur

BUCH 2 Kapitel des Monats Januar 1. Bodenlockerung bei Rebstöcken 2. Schonen von Wiesen an mageren Orten 3. Aufbrechen von Äckern und Jochung von Rindern oder Kunde vom Ackern 4. Aussaat von galatischerO GersteP 5. Aussaat von Platterbse mit ihrer Kunde 6. Aussaat von Wicke nicht zur Ernte als Futter, sondern zur Gewinnung von Saatgut, mit ihrer Kunde 7. Aussaat von Bockshornklee zur Gewinnung von Saatgut mit seiner Kunde 8. Aussaat von Linsenwicke 9. Hacken von Getreide und Gemüse 10. Arten des pastinumA-Herstellens und Gruben für Rebstöcke 11. Pflanzbeete für Rebstöcke 12. ItalischeO Maßangaben für das pastinumA 13. Boden, Klima und Lage, die für Rebstockpflanzungen passen, und was dazu an Kunde gehört 14. Gärten: darin Aussaat von Lattich mit ihrer Kunde; ebenso Kresse und ähnlich auch Rauke; ebenso Kohl, Knoblauch und ulpicumP 15. Obstbäume: darin Speierling, Mandel, Walnuss mit ihrer jeweiligen Kunde, und die übrigen Obstbäume, deren Kunde in ihrem jeweiligen Monat enthalten sind

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XVI de signandis animalibus et lardi et pernarum confectione et echini et rapis XVII de oleo myrtino XVIII de vino myrtite XIX de oleo laurino XX de lentiscino oleo XXI de gallinarum partu XXII de caedenda materie XXIII de horis

mensis Ianuarius expletis his, quae pertinent ad generale praeceptum, nunc operas suas singulis mensibus explicabo. itaque a mense Ianuario faciamus initium.

1. de ablaqueandis vitibus Ianuario mense locis temperatis ablaqueandae sunt vites, quod Itali excodicare appellant, id est circa vitis codicem dolabra terram diligenter aperire et purgatis omnibus velut lacus efficere, ut solis teporibus et imbribus provocetur.

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16. Markieren von Tieren und Zubereiten von Speck, Schinken, Seeigel und Rübsen 17. Myrtenöl 18. Myrtenwein 19. Lorbeeröl 20. Mastixöl 21. Nachwuchs von Bruthennen 22. Fällen von Bauholz 23. Stunden

Monat Januar Da das, was zur allgemeinen Lehre gehört, [in 1] erklärt worden ist, werde ich nun die Aufgaben erläutern, die zu jedem einzelnen Monat gehören. Wir wollen deshalb mit dem Monat Januar den Anfang machen.

Ackerbau 1. Bodenlockerung bei Rebstöcken Im Januar ist an gemäßigten Orten die Bodenlockerung bei Rebstöcken durchzuführen – ein Vorgang, den die Leute in ItalienO »excodicare« [»den Stamm, lat. codex, freilegen«] nennen –, also dafür, mit einer Hacke die Erde um den Rebstock aufzulockern; es ist also alles zu reinigen und eine Art Becken zu schaffen [in dem sich Regen- und Oberflächenwasser zur Bewässerung der Rebstockwurzeln sammeln können], so dass der Rebstock durch die Sonnenwärme und den Regen angeregt wird.

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2. de pratis abstinendis in locis macris apricis et macris aut aridis locis prata iam purganda sunt et a pecore vindicanda.

3. de proscindendis agris et iungendis bubus vel arandi disciplina (1) pingues et sicci et agri proscindi et apparari iam possunt. sed boves melius collo quam capite iunguntur. quos, ubi ad versuram venerint, arator retineat et iugum propellat, ut eorum colla refrigerentur. sulcus autem in arationibus longior quam centum viginti pedum esse non debet. servandum est, ne inter sulcos non mota terra relinquatur. glebae omnes dolabris dissipandae sunt. (2) sed aequaliter terram motam esse cognoscis, si transversam per sulcos perticam mittas; quas res saepius facta bubulcos ad hac neglegentia summovebit. observandum, ne lutosus ager aretur aut, quod saepe fit, post longas siccitates levi imbre perfusus. (3) nam terra, quae lutosa tractatur in primordio, fertur toto anno non posse tractari; quae autem supra leviter infusa est et subter sicca, si tunc aretur, adseritur per triennium sterilis fieri. et ideo mediocriter infusus ager, ut nec lutosus nec aridus sit, proscindi debet. si collis est, transversus per latera sulcetur. quae forma tunc servanda est, cum semen accipiet.

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2. Schonen von Wiesen an mageren Orten An Orten, die sonnig, mager oder trocken sind, sind jetzt die Wiesen zu reinigen und ist [zur Sicherung der Heuernte] das Vieh von ihnen fernzuhalten. 3. Aufbrechen von Äckern und Jochung von Rindern oder Kunde vom Ackern (1) Fette und trockene Felder können jetzt aufgebrochen und vorbereitet werden. Es ist besser, die Rinder am Hals als am Kopf [wohl an den Hörnern; vgl. Plinius 8.179] anzujochen. Wenn sie zum Wendepunkt kommen, soll der Pflüger sie anhalten und das Joch nach vorne drücken, um ihren Hals zu kühlen. Beim Pflügen soll eine Furche nicht länger als 120 FußM sein. Man muss sicherstellen, dass nicht zwischen den Furchen Erde unaufgelockert bleibt; alle Schollen müssen mit Hacken aufgebrochen werden. (2) Man wird wissen, dass die Erde gleichmäßig aufgelockert wurde, wenn man eine Latte quer durch die Furchen schieben kann. Wenn man dies öfter tut, wird es die Rindertreiber von nachlässiger Arbeit abhalten. Man muss darauf achten, dass nicht ein lehmiger Acker gepflügt wird und auch nicht einer, der – was oft geschieht – an der Oberfläche nach einer langen Trockenheit von einem leichten Regen benetzt worden ist. (3) Flächen, die erstmals bearbeitet werden, solange sie schlammig sind, kann man nämlich dann – so heißt es – ein ganzes Jahr lang nicht bearbeiten, während ein Feld, das von oben befeuchtet, unten aber trocken ist und in diesem Zustand gepflügt wird, angeblich sogar 3 Jahre unfruchtbar sein wird. Es ist also ein mäßig feuchtes Feld, weder schlammig noch trocken, das aufgebrochen werden muss. Wenn es ein Hügel ist, soll man es quer um seine Seiten pflügen; dieses Muster soll beibehalten werden, wenn das Feld angesät wird [anders Columella 2.4.10, der auf Hügeln zu schrägen Furchen rät].

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4. de hordeo Galatico serendo si clemens fuerit hiems, hordeum Galaticum, quod grave et candidum est, circa Idus Ianuarias seramus locis temperatis. octo modiis iugerum conplebitur.

5. de cicercula serenda cum disciplina sua cicercula mense hoc seritur loco laeto, caelo umido. tres modii iugerum conplent. sed hoc genus seminis raro respondet, quia decipitur Austro vel siccitate, dum floret, quod tunc prope necesse est evenire.

6. de vicia serenda cum disciplina sua hoc mense ultimo colligendi seminis causa, non pabuli secandi vicia seritur. iugerum sex modii occupant. serenda est in terra proscissa post horam secundam vel tertiam, cum ros esse desierit, quem ferre non potest. sed statim coperienda est ante noctem. nam si nuda manserit, noctis umore corrumpitur. observandum est, ne ante vicesimam quintam lunam seratur, quia sic satam limaces persecuntur.

7. de feno Graeco serendo fenum Graecum in Italia colligendi seminis causa mense Ianuario ultimo circa Februarias Kalendas seremus. sex modii iugero sufficient. arandum est spisse, sed non alte. nam si plus quam quattuor digitis obruatur, difficile nascitur. id-

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4. Aussaat von galatischerO GersteP Wenn der Winter mild ist, sollen wir galatische Gerste säen, die schwer und weiß ist, an gemäßigten Orten rund um den 13. Januar. Durch 8 ScheffelM [Saatgut] wird 1 JochM abgedeckt werden. 5. Aussaat von Platterbse mit ihrer Kunde Platterbse wird in diesem Monat an einem fruchtbaren Ort und bei feuchtem Wetter gesät. 3 ScheffelM decken 1 JochM ab. Aber diese Art von Samen gedeiht selten gut, denn sie verdirbt, wenn sie während der Blüte von einem AusterWindW oder einer Trockenheit betroffen ist – Bedingungen, die fast zwangsläufig zu jener Zeit auftreten. 6. Aussaat von Wicke mit ihrer Kunde Am Ende dieses Monats wird Wicke gesät, und zwar für die Gewinnung von Samen, nicht zur Ernte als Futter [dazu 10.8]. 6 ScheffelM füllen 1 JochM. Sie soll in aufgebrochene Erde nach der 2. oder 3. StundeK ausgesät werden, wenn es keinen Tau mehr gibt, den sie nicht ertragen können. Sie muss aber umgehend vor der Nacht abgedeckt werden; bleibt sie nämlich unbedeckt, wird sie durch die Feuchtigkeit der Nacht verdorben. Man muss darauf achten, dass sie nicht vor dem 25. Tag nach Neumond ausgesät wird, da sonst Schnecken das Saatgut angreifen. 7. Aussaat von Bockshornklee In ItalienO werden wir Bockshornklee Ende Januar und Anfang Februar zur Saatgutgewinnung säen [zur Futtergewinnung im September s. hingegen 10.8]. 6 ScheffelM werden für 1 JochM ausreichen. Das Pflügen soll dicht, aber nicht tief sein, denn wenn die Samen mehr als 4 FingerbreitM tief abgedeckt werden, wachsen sie nur mit Schwierigkeiten.

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circo quidam minimis aratris proscissa prius terra seminant et sarculis statim sata coperiunt.

8. de herbo serendo herbum seri et hoc mense novissimo potest loco sicco et macro. in iugero quinque modii seruntur.

9. de sariendis frumentis et leguminibus (1) hoc mense serenis et siccis diebus, dum gelicidia non est, sunt sarculanda frumenta. quod opus plerique negant fieri debere, quia radices eorum detegantur aut incidantur et necentur frigore subsecuto. mihi videtur herbosis locis tantum esse faciendum. sed triticum et far saritur quattuor foliorum, hordeum quinque, faba et legumina, cum supra terram quattuor digitis fuerint. (2) lupinus vero, qui unam radicem habet, si sarculetur, extinguitur; quod nec desiderat, quia herbas praeter auxilium cultoris adfligit. faba autem, si bis sarculetur, proficiet et multum fructum et maximum redditura, ut ad mensuram modii conplendi fresa propemodum sicut integra respondeat. si siccas segetes sarculaveris, aliquid contra rubiginem praestitisti. maxime hordeum siccum sarietur.

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Aus diesem Grund reißen einige Leute den Boden vor der Aussaat mit dem kleinsten Pflug auf und decken das Saatgut umgehend mit Hacken ab. 8. Aussaat von Linsenwicke Linsenwicke kann [nicht nur im Februar und im Oktober, s. 3.7 und 11.1, sondern] auch in diesem Monat am Monatsanfang gesät werden, und zwar an einem trockenen und mageren Ort. 5 ScheffelM werden auf 1 JochM gesät. 9. Hacken von Getreide und Gemüse (1) In diesem Monat muss man an heiteren und trockenen Tagen, wenn kein Frost herrscht, das Getreide hacken. Die meisten Leute sagen, dies solle nicht getan werden, weil deren Wurzeln freigelegt oder angeschnitten und durch nachfolgende Kälte getötet werden könnten. Mir scheint, dass dies nur an Orten voller Unkraut durchgeführt werden soll. Weizen und Emmer werden gehackt, wenn sie vierblättrig sind, Gerste, wenn sie fünfblättrig ist, und Bohnen und Hülsenfrüchte, wenn sie 4 FingerbreitM über den Boden herausragen. (2) Lupine aber, die nur eine Wurzel hat, wird vernichtet, wenn sie gehackt wird; sie begehrt auch gar kein Hacken, da sie das Unkraut ohne Hilfe des Pflegers überwältigt. Bohne hingegen gedeiht, wenn sie zweimal gehackt wird; sie wird viel und sehr großen Ertrag liefern, so dass sie ein Scheffelmaß fast ebenso gut füllt, wenn sie geschält, wie wenn sie als ganze hineingelegt wird. Indem du die Saat hackst, solange sie trocken ist, hilfst du ihr auch gegen den Rost[pilzbefall]. Insbesondere Gerste soll gehackt werden, wenn sie trocken ist.

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10. de pastinandi generibus et scrobibus vitium (1) pastinum fieri nunc tempus est; quod fit tribus generibus, aut terra in totum fossa aut sulcis aut scrobibus. terra tota debet effodi, ubi ager inmundus est, ut silvestribus truncis et radicibus filicis vel herbarum noxiarum spatia liberentur. ubi autem mundae sunt novales, scrobibus pastinemus aut sulcis; sed sulcis melius erit, quia umorem velut in totum spatia pastinata transmittunt. (2) fiunt ergo sulci tanta longitudine, quantam destinaveris tabulae, latitudine pedum duorum semis vel trium, ita ut iuncti duo fossores designatum linea spatium bidentibus persequantur altitudine trium vel duorum semis pedum. deinde si per homines vinea colenda est, tantum crudi soli relinquimus, et sic alter sulcus inprimitur. si vero arandae sunt vineae, quinque vel sex pedum spatia, quae non sunt fodienda, relinquemus in medio. (3) quod si scrobes fieri placeat, faciemus tribus pedibus altas, duobus semis latas, tribus longas. sive fossoribus colantur vineta seu bubus, eadem spatia, quae inter sulcos

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10. Arten des pastinumA-Herstellens und Gruben für Rebstöcke (1) Jetzt ist die Zeit für die Herstellung des pastinumA; dies wird auf eine von drei Weisen durchgeführt: durch vollständiges Umgraben des Bodens, durch Furchen oder durch Gruben. Wo ein Feld nicht gereinigt wurde, soll der Boden vollständig umgegraben werden, um die Flächen von Baumresten und von Farn- oder schädlichen Unkrautwurzeln zu befreien. Wo es aber reine neue Felder gibt, können wir das pastinum durch Gruben oder Furchen herstellen; mit Furchen ist es besser, denn dann wird die Feuchtigkeit praktisch über die ganzen pastinum-Flächen ausgebreitet. (2) Furchen werden in der Länge gezogen, für die man sich beim Pflanzbeet entschieden hat, und sollen 2 1/2 oder 3 FußM in der Breite messen, damit 2 Grabende, die im Verbund mit ihren Zweizahn-Harken [wohl zur Auflockerung des Bodens vor dem Aushub; vgl. Plinius 17,159] arbeiten, einen mit einer Schnur markierten Bereich [gleichzeitig] angehen können, 3 oder 2 1/2 FußM in die Tiefe. Als nächstes lassen wir, wenn ein [nicht von Weinstöcken belegter Landstreifen zwischen den Rebstöcken im] Weingarten von Menschenhand bearbeitet werden soll, die gleiche Breite an rohem Boden stehen, dann wird eine zweite Furche ausgehoben. Aber wenn die Weingärten [in ihrem Landstreifen zwischen den Rebstöcken] unter den Pflug genommen werden sollen, müssen wir einen Raum von 5 oder 6 FußM Breite belassen, der nicht umgegraben [und erst später mit dem Pflug bearbeitet] wird. (3) Wenn man lieber Gruben graben möchte, werden wir sie 3 FußM tief, 2 1/2 FußM breit und 3 FußM lang machen. Je nachdem, ob die [Landstreifen in den] Weingärten von Grabenden oder von [einen Pflug ziehenden] Rindern bearbeitet werden, sollen wir die Distanzen einhalten, die eben [2.10.2] zwischen den Furchen

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sunt dicta, servemus. ultra tres vero pedes altius fodiendae scrobes non sunt, ne laborent frigore sarmenta, quae pangimus. latera scrobibus aequaliter incisa sint, ne obliqua vitis saucietur alte nitentibus ferramentis, cum fossor incumbet. (4) pastino vero, quod omne versabitur, trium vel duorum semis pedum altitudine terra universa fodiatur; in quo erit diligentia, ne crudum solum fraude occulta fossor includat. quam rem subinde custos virga, in qua praedictae altitudinis modus designatus est, per spatia, quae fodiuntur, exploret. radices omnes et purgamenta, maxime rubi et filicis, in summum regeri faciat. quae cura in omni positionis genere et ubique servanda est.

11. de tabulis vinearum tabulas autem pro domini voluptate vel loci ratione faciemus sive integrum iugerum continentes seu medium seu quartanariam tabulam, quae quartam iugeri partem quadrata conficiet. 12. de mensura pastini Italica mensura vero pastini haec est in tabula quadrata iugerali, ut centeni octogeni pedes per singula latera dirigantur, qui multiplicati trecentas viginti et quattuor decempedas quadratas per spatium omne conplebunt. secundum hunc numerum omnia, quae volueris pastinare, discuties. decem et octo enim decempedae decies et octies subputatae trecen-

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benannt worden sind. Gruben sollen nicht tiefer als 3 FußM gegraben werden, damit Reiser, die wir hineinpflanzen, nicht unter Kälte leiden. Bei den Gruben sollen die Seiten gleichmäßig geschnitten werden, um zu verhindern, dass ein Rebstock, der in einem Winkel eingesetzt wurde, verwundet wird, falls die Werkzeuge tief eindringen, wenn sich der Grabende aufstützt. (4) In einem pastinumA, das völlig umgegraben werden soll, muss die ganze Erde auf eine Tiefe von 2 1/2 bis 3 Fuß umgewendet werden. Besondere Sorgfalt wird man darauf richten sicherzustellen, dass der Grabende nicht arglistig rohen Boden übriglässt: Der Wächter soll dies wiederholt im gesamten umzugrabenden Bereich mit einer Rute überprüfen, an dem das Niveau der vorgenannten Tiefe markiert ist. Er muss sicherstellen, dass alle Wurzeln und Reste insbesondere von Farnen und Brombeergestrüpp an die Oberfläche gebracht werden. Diese Pflege muss in allen Arten von Lage und überall beachtet werden. 11. Pflanzbeete für Rebstöcke Wir werden die Pflanzbeete im Einklang mit der Neigung des Hausherrn oder der Logik des Ortes anlegen; sie umfassen 1 ganzes JochM oder aber 1 Halb- oder 1 Viertelbeet, das aus 1/4 JochM im Rechteck besteht. 12. ItalischeO Maßangaben für das pastinumA In einem rechteckigen Pflanzbeet von 1 JochM ist das Maß des pastinumA 180 FußM auf jeder Seite; wenn man dies multipliziert, ergibt sich, dass man 324 Flächen von 10 FußM zum Quadrat auf der ganzen Fläche haben wird. Mit dieser Zahl wird man alles einteilen, was man als pastinum vorbereiten möchte. 18 Flächen von 10 FußM zum Quadrat mit 18 multipliziert wird 324 [solche Flächen] ergeben. Mit

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tas viginti quattuor explebunt. quo exemplum doceberis in maiore agro vel minore mensuram.

13. de solo et caelo et loco pangendis vineis congruenti et ea, quae illuc pertinet, disciplina (1) sed solum vineis ponendis nec spissum nimis nec resolutum, propius tamen resoluto; nec exile nec laetissimum, tamen laeto proximum; nec campestre nec praeceps, sed potius edito campo; nec siccum nec uliginosum, modice tamen roscidum; nec salsum nec amarum, quod vitium sapore corrupto vina contristat. (2) caelum mediocris qualitatis, tepidum tamen magis quam frigidum, siccum potius quam nimis imbridum. sed ante omnia vitis procellas ventosque formidat. ad pastinandum rudes agros potius eligamus vel maxime silvestres. ultima conditio est eius loci, in quo fuerunt vetusta vineta. quo si necessitas coegerit, prius multis arationibus exerceatur, ut abolitis radicibus prioris vineae et omni earum carie et squalore depulso novella vitis tutius possit induci. (3) tofus et alia duriora, ubi gelu relaxantur et solibus, pulcherrimas vineas ferunt refrigeratis aestate radicibus et umore detento. sed et soluta glarea et calculosus ager et mobiles lapides, si tamen haec omnia glebis se pinguibus miscuerunt, et silex, cui terra superposita est, quia frigidus est et umoris tenax, radices aestate sitire non patitur. item loca, ad quae de cacuminibus terra decurrit,

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diesem Beispiel wird man auch einen größeren oder kleineren Bereich zu messen lehren [vgl. auch 3.9.9–10 zur Anzahl der benötigten Rebstöcke]. 13. Boden, Klima und Lage, die für Rebstockpflanzungen passen, und was dazu an Kunde gehört (1) Der Boden für das Einsetzen von Rebstöcken soll weder zu dicht noch zu locker sein, aber eher locker; weder dürftig noch sehr fruchtbar, aber eher fruchtbar; weder flach noch steil, aber eher auf ebener Fläche; weder trocken noch sumpfig, sondern mäßig feucht; weder salzig noch bitter, da dieser Fehler den Saft verdirbt und den Wein traurig macht. (2) Das Klima soll von mittlerer Art sein, eher warm als kalt und eher trocken als zu regnerisch; vor allen Dingen aber fürchtet der Rebstock Stürme und Winde. Bei der Vorbereitung des Bodens für das pastinumA sollen wir rohe Flächen wählen, insbesondere bewaldete. Der zuletzt wünschenswerte Zustand ist ein Ort, an dem einst alte Rebstöcke standen. Wenn uns die Notwendigkeit dazu treibt, muss der Boden zuerst oft mit dem Pflug bearbeitet werden; damit so, wenn die Wurzeln des früheren Weingartens zerstört und Schimmel und Verfall ganz ausgestoßen worden sind, neue Rebstöcke sicherer eingebracht werden können. (3) Tuffstein und andere härtere Stoffe bringen, wenn sie durch Frost und Sonne aufgebrochen werden, sehr schöne Weingärten hervor, da die Wurzeln im Sommer gekühlt werden und Feuchtigkeit erhalten bleibt; ebenso ist es bei Kies, steinigem Boden und losen Steinen, solange sich all diese mit fetten Schollen verbunden haben, und bei Kieseln, über denen Erde liegt; da er kalt ist und Feuchtigkeit festhält, lässt er nicht zu, dass die Wurzeln im Sommer Durst leiden müssen. Ebenso [gut sind] Orte, auf die von Berghöhen Erde herabgespült wird, oder Täler, die durch

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vel valles, quas fluminum saturavit adgestio. sed hoc in his locis, quae gelu et nebulis infesta esse non possunt. (4) argillosa terra commoda est, argilla autem sola graviter inimica et cetera, quae in generalibus dixi. nam locus, qui misera virgulta produxerit, vel uliginosus vel salsus vel amarus vel siticulosus et aridus adprobatur. (5) niger sabulo et robeus utilis est, sed cui fortis terra permixta est. carbunculus, nisi stercoretur, macras vineas reddit. in rubrica difficile conprehendunt, quamvis postea nutriantur. sed hoc genus terrae operibus inimicum est, quia parvo vel umore vel sole nimis madescit aut dura est. at maxime utile solum est, quod inter omnes nimietates temperamentum tenebit et raro proximum quam denso fuerit. (6) plagam caeli vinea spectare debet locis frigidis meridianam, calidis septentrionalem, tepidis orientem, si tamen Austros vel Euros regio non habeat inimicos. quod si hoc est vitium, melius in Aquilonem vel Favonium vineta dirigimus. (7) sed locus, qui pastinandus est, prius inpedimentis et omnibus elisis liberetur arboribus, ne post calcatu adsiduo terra fossa solidetur. si campus est, duobus semis pedibus pastinetur, si clivus, tribus, collis praeruptus quattuor, ne citius terra decurrat, vallis duobus pedibus. sed ager uliginosus, qui umores altius fossus eructat sicut Ravennatis soli, non amplius quam in pedem semis

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die Anhäufung von Flüssen bereichert werden – aber nur an den Orten, die nicht durch Frost oder Nebel betroffen sein können. (4) Erde, die Mergel enthält, ist günstig, aber reiner Mergel ist ernsthaft ungünstig, ebenso die anderen Bodenarten, die ich bei den allgemeinen Ratschlägen [1.5] genannt habe. Ein Ort, der ärmliche Vegetation hervorbringt, wird sich damit als sumpfig, salzig, bitter, durstig oder trocken erwiesen. (5) Schwarzer oder roter Grobsand ist verwendbar, solange ihm feste Erde beigemischt ist; carbunculusB macht, wenn er nicht mit Mist gedüngt wird, magere Weingärten. In rotem Ton wachsen sie nur schwer an, auch wenn sie später durch ihn genährt werden. Aber diese Art von Erde ist für eine Bearbeitung ungünstig, da nur ein wenig Feuchtigkeit oder Sonne sie zu feucht oder zu hart machen. Am nützlichsten ist ein Boden, der zwischen allen Extremen eine ausgeglichene Position haben wird und selten viel näher an losem als an dichtem ist. (6) Als Himmelsregion soll der Weingarten an kalten Orten nach Süden blicken, an heißen nach Norden, an warmen nach Osten, aber nur, wenn die Region nicht unter schädlichen Auster- oder Eurus-WindenW leidet. Wenn der Weingarten diesen Mangel hat, werden wir besser daran tun, ihn zum Aquilo- oder Favonius-WindW hin auszurichten. (7) Der Ort, der als pastinumA vorbereitet werden soll, muss zunächst von Hindernissen und allen umgestürzten Bäumen befreit werden, so dass später [bei deren Abtransport] die einmal umgegrabene Erde nicht durch beständiges Trampeln wieder verdichtet wird. Wenn es ebenen Boden gibt, soll er auf 2 1/2 FußM umgegraben werden, am Hang auf 3, an einem steilen Hügel auf 4, um zu verhindern, dass die Erde zu schnell abrutscht, und bei Tallage nur auf 2 FußM. Aber sumpfiges Land, das Feuchtigkeit speit, wenn es tief gegraben wird, wie etwa im Gebiet von RavennaO, wird

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effoditur. (8) illud experimentis adsiduis conprehendi, vites melius provenire, si vel statim fossae terrae vel non longe ante pangantur, cum tumor pastini nondum repetita soliditate subsedit. hoc quoque in faciendis sulcis et scrobibus adprobavi, maxime ubi mediocris est terra.

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14. de hortis (1) mense Ianuario lactuca serenda est vel Decembri, ut planta eius Februario transferatur. itemque Februario seritur, ut possit Aprili mense transferri. sed certum est eam toto anno bene seri, si locus sit laetus, stercoratus, inriguus. antequam pangatur, radices eius resecemus aequaliter et liquido fimo linamus; vel quae iam panctae sunt, nudatae laetamen accipiant. (2) amant solum subactum, pingue, umidum, stercoratum. inter has herba manu est vellenda, non sarculo. latior fit, si rara ponatur vel, cum producere incipiet caulem, eo leviter inciso gleba prematur aut testa. candidae fieri putantur, si fluminis harena vel litoris frequenter spargatur in medias, et collectis ipsae foliis alli-

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nicht tiefer als 1 1/2 FußM ausgegraben [so Columella 3.13.6– 8, anders 3.13.2-5, dem Palladius 2.10.4 folgt]. (8) Ich habe durch wiederholte Experimente gelernt, dass die Rebstöcke besser wachsen, wenn sie in Boden gepflanzt werden, der soeben oder wenig zuvor umgegraben worden ist, wenn die [durch das Umgraben erreichte] Schwellung des pastinumA sich noch nicht durch wiedererlangte Festigkeit gesetzt hat. Ich habe dies auch bei der Herstellung von Furchen und Gruben [für das pastinum] getestet und für zutreffend befunden, insbesondere dort, wo die Erde mittelmäßig ist.

Gartenbau 14. Gärten (1) Im Monat Januar oder Dezember soll Lattich gesät werden, so dass die Setzlinge im Februar verpflanzt werden können. Ebenso gut wird er im Februar zum Auspflanzen im April gesät. Aber er kann sicherlich erfolgreich das ganze Jahr ausgesät werden, wenn der Ort fruchtbar, mit Mist gedüngt und bewässert ist. Bevor Lattich gepflanzt wird, sollen wir seine Wurzeln auf eine gleichmäßige Länge zuschneiden und mit Gülle abwischen; sonst werden, wenn die Pflanzen bereits ausgesetzt sind, die freigelegten Wurzeln Dünger aufnehmen. (2) Sie lieben einen Boden, der bearbeitet, fett, feucht und mit Mist gedüngt ist. Unkraut zwischen ihnen soll von Hand beseitigt werden, nicht mit einer Hacke. Lattich wird breiter, wenn er gut verteilt gepflanzt wird oder wenn er, sobald er einen Strunk hervorzubringen beginnt, leicht beschnitten und mit einem Klumpen Erde oder einem Backstein beschwert wird. Man meint, dass sie weiß wachsen, wenn man häufig Sand vom Flussufer oder der Küste auf ihre Mitte streut und sie mit

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gentur. (3) si vitio loci vel temporis vel seminis cito lactuca durescit, planta eius avulsa et denuo posita teneritudinem consequetur. item multis seminibus condita nascetur, si caprini stercoris bacam subula subtiliter excavaris et in ea semen lactucae, nasturci, ocimi, erucae, radicis inmiseris, tunc involutam fimo bacam terra optime culta brevi scrobe demerseris. rafanus nititur in radicem. cetera semina in summo lactuca pariter mergente prosiliunt singulorum sapore servato. (4) alii hoc ita adsecuntur: avulsae lactucae folia carpunt, quae radicibus iuncta sunt, et in eisdem gradibus surculo punctis praeter rafanum semina supradicta deponunt ac fimo adlinunt. sic obruta iterum lactuca praedictorum seminum caulibus ambietur. lactuca dicta est, quod abundantia lactis exuberet. (5) hoc mense nasturcium constat et omni tempore esse ponendum, loco, quali placebit, et caelo; fimum non desiderat; umorem quamvis diligat, tamen deesse non curat. si cum lactuca seratur, nasci fertur egregie. et nunc et mensibus, quibus volueris, et locis erucam serere nil moreris. hoc etiam mense caules et toto anno seri possunt, sed melius aliis, quibus adscriptum est.

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ihren Blättern als Bündel abbindet. (3) Wenn Lattich durch Fehler des Ortes, der Jahreszeit oder des Saatguts hart wird, erhält die Pflanze ihre Zartheit zurück, wenn sie herausgezogen und neu angepflanzt wird. Darüber hinaus wird sie durch mehrere andere Saaten gewürzt wachsen, wenn man eine Beere Ziegenkot vorsichtig mit einer Ahle aushöhlt und da hinein jeweils einen Samen von Lattich, Kresse, Basilikum, Rauke und Rettich einsetzt, dann die Kotbeere mit Mist abdeckt und in einer flachen Grube in sehr gut gepflegte Erde legt. Der Rettich drückt in die Wurzel; die anderen Samen brechen die Oberfläche auf, während der Lattich sie gleichzeitig absorbiert und so den Geschmack eines jeden erhält. (4) Andere erreichen dies auf folgende Weise: Sie ziehen eine Lattichpflanze heraus, zupfen die Blätter ab, die mit der Wurzel verbunden sind, machen in diesen Lagen Löcher mit einem Stock, legen die oben genannten Samen – mit Ausnahme des Rettichs – hinein und bestreichen dies mit Kot. So wieder eingepflanzt wird der Lattich umgeben sein von den Stielen, die aus den oben genannten Samen wachsen. Lattich [lactuca] wird so genannt, weil er einen reichlichen Überfluss an Milch [lac] hat. (5) In diesem Monat kann, wie feststeht, Kresse zu jeder Zeit, an jedem Ort und bei jedem Wetter angepflanzt werden. Sie will keinen Kot [als Dünger]; obwohl sie Feuchtigkeit schätzt, macht ihr ein Mangel daran keine Sorge. Wenn sie mit Lattich zusammen gesät wird, wird sie – so sagt man – außergewöhnlich gut keimen. Ebenfalls jetzt oder in jedem gewünschten Monat und an jedem Ort soll man nicht zögern, Rauke zu säen. In ebenfalls diesem Monat und das ganze Jahr über kann Kohl gesät werden, aber es wird besser in anderen Monaten getan, wie dort [3.24.5 zum Februar und 4.9.5 zum März] beschrieben wird.

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hoc etiam mense alium et ulpicum bene seretur; sed alio alba terra proficiet.

15. de pomis (1) sorba mense Ianuario, Februario et Martio locis frigidis, calidis vero Octobri et Novembri sorba seruntur egregie, ita ut matura in seminario ipsa poma pangantur. ego expertus sum multas arbores ex pomis sponte progenitas et in crescendo et in ferendo extitisse felices. (2) plantas etiam si quis ponere voluerit, habebit arbitrium, dummodo calidis locis mense Novembri, temperatis Ianuario vel Februario, frigidis Martio inclinante disponat. amat loca umida, montana et frigidis proxima, solum pinguissimum; cuius indicium certissimum facit, si frequens ubicumque nascatur. planta est transferenda robustior, scrobem desiderat altiorem et spatia largiora, ut, quod illi maxime prodest, a ventis frequentibus agitata grandescat. (3) si vermes patietur infestos, qui in ea rufi ac pilosi solent medullae interna sectari, aliquos ex his sine arboris iniuria detractos vicino crememus incendio. creduntur hoc genere vel fugere vel perire. si mi-

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In ebenfalls diesem Monat kann man Knoblauch und ulpicumP aussäen; für Knoblauch werden freilich helle Böden nützlich sein.

Obstbau 15. Obstbäume (1) Speierlingbaum Im Januar, Februar und März werden an kalten Orten mit ausgezeichneten Ergebnissen Speierlingbäume gesät, an heißen Orten aber im Oktober und November, und zwar tatsächlich durch das Einpflanzen von reifen Früchten in ein Saatbeet. Ich habe Erfahrung mit vielen Bäumen, die sich spontan aus den Früchten entwickelt haben und sowohl an Wachstum als auch an Ertrag reich waren. (2) Wenn jemand Setzlinge auspflanzen will, wird er auch diese Möglichkeit haben, so lange er sie an heißen Orten im Monat November, an gemäßigten Orten im Januar oder Februar und an kalten im zu Ende gehenden März pflanzt. Der Baum liebt Orte, die feucht und bergig sind und ganz nahe an kalten Gegenden liegen, sowie sehr fetten Boden; für letzteren ist es ein sehr zuverlässiges Anzeichen, wenn der Baum überall häufig wächst. Der Setzling soll verpflanzt werden, wenn er recht robust ist; er will eine recht tiefe Grube und recht großzügigen Platz, damit er gegen häufige Winde abgeschirmt ist; das ist besonders vorteilhaft für ihn. (3) Wenn er an schädlichen Würmern leidet, die auf ihm üblicherweise rot und haarig sind und sich zum inneren Mark vorarbeiten, sollen wir einige von ihnen ohne Beschädigung des Baums abziehen und in der Nähe auf einem Feuer verbrennen. Man glaubt, dass sie auf diese Wei-

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nus ferre coeperit, taedae cuneus eius radicibus inseratur vel circa ultimam partem fossa facta cumulo ingesti cineris adaequetur. mense Aprili sorba inseruntur in se, in cydoneo, in spina alba vel trunco vel cortice. (4) sorba servantur hoc genere: lecta duriora et posita, ubi mitescere coeperint, fictilibus usque ad plenum clauduntur urceolis gypso desuper tectis et bipedanea scrobe loco sicco sub sole merguntur ore perverso et desuper spissius terra calcatur. item secta per partes siccantur in sole et servantur in vasculis in hibernum. (5) cum voluerimus uti, aqua ferventi macerata revirescunt sapore iocundo. aliqui cum pediculis suis viridia lecta suspendunt locis opacis ac siccis. item ex sorbis maturis sicut ex piro vinum fieri traditur et acetum. alii sorba in sapa adserunt diu posse servari.

(6) amygdala amygdalus seritur Ianuario et Februario, item locis calidis Octobri et Novembri, semine et plantis, quae de maioris radice tolluntur. sed in hoc genere arboris nihil utilius est quam seminarium facere. fodiemus ergo altam pede uno se-

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se entweder vertrieben werden oder umkommen. Wenn er weniger zu tragen beginnt, soll ein Keil aus Fichtenholz in seine Wurzeln eingesetzt werden oder aber ein Graben rund um den Fuß des Baumes ausgehoben und mit hineingeworfener Asche eingeebnet werden. Im April wird der Baum auf sich selbst oder auf Quittenbaum oder Weißdorn gepfropftV, und zwar entweder in den Stamm oder in die Rinde. (4) Speierlingfrüchte werden auf folgende Weise konserviert: Sie werden noch recht hart gepflückt und zur Seite gestellt; wenn sie dann weich zu werden beginnen, werden sie in kleine Keramikgefäße bis zum Rand eingefüllt; diese werden oben mit Gips verschlossen und in eine 2 FußM tiefe Grube an einem trockenen Ort unter freiem Himmel kopfüber eingegraben, dann wird die Erde darüber recht dicht festgetreten. Alternativ werden sie in Stücke geschnitten, in der Sonne getrocknet und bis zum Winter in Behältern aufbewahrt. (5) Wenn wir sie verwenden wollen, leben sie, in kochendes Wasser getaucht, mit einem angenehmen Geschmack wieder auf. Manche Leute pflücken sie grün mit den Stängeln und hängen sie an schattigen und trockenen Plätzen auf. Ebenso kann man – so wird überliefert – aus reifen Speierlingfrüchten Wein und Essig in der gleichen Weise wie aus Birnen [s. 3.25.11] herstellen. Andere geben an, Speierlingfrüchte könnten für lange Zeit in sapaL konserviert werden. (6) Mandelbaum Mandelbaum wird im Januar oder Februar, an heißen Orten im Oktober oder November gesät, unter Verwendung entweder von Samen oder von Stecklingen aus der Wurzel eines größeren Baums. Für diese Baumart ist nichts nützlicher als die Anlage eines Pflanzbeets. Wir graben also ein Stück Land auf eine Tiefe von 1 1/2 FußM aus, in das

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mis aream, in qua obruemus amygdala non amplius quattuor digitis, ita ut cacumina figamus in terra spatio inter se binorum pedum separata. (7) amant agrum durum, siccum, calculosum, caelum calidissimum, quia mature florere consuerunt. ita statuendae sunt arbores, ut ad meridiem spectent. cum in seminario adoleverint, relictis ibi, quae spatio sufficiant, plantis alias transferemus mense Februario. sed ipsa amygdala ad ponendum et nova legamus et grandia, quae, antequam ponimus, pridie mulsa aquata nimis maceremus, ne germen extinguat ex multo melle mordacitas. (8) alii prius fimo liquido per triduum nuces eas macerant; deinde die et nocte esse patiuntur in mulsa, sed quae suspicionem tantum possit habere dulcedinis. cum in seminario amygdala disponimus, si siccitas intercesserit, ter in mense rigemus et herbis nascentibus circumfodiendo saepe purgemus. terra seminarii laetamen habere debet admixtum. spatia inter arbores viginti aut quindecim pedibus dedisse sufficiat. (9) putanda est Novembri mense, ut superflua et arida et densa tollamus. servandae sunt a pecore, quia, si rodantur, amarescunt. circumfodi non debent, quotiens florent, quia inde flos eius excutitur. in vetustate plus adfert. si ferax non est, taedae cuneum terebrata radice mergamus vel silicem sic inseramus, ut libro tegente claudatur. (10) locis frigidis, ubi metus est de pruina, Martialis dicit hoc

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wir die Mandeln nicht tiefer als 4 FingerbreitM so eingraben wollen, dass wir ihre Spitzen in einem Abstand von 2 FußM voneinander einbetten. (7) Sie lieben Boden, der hart, trocken und steinig ist, und ein sehr heißes Klima, da sie früh zu blühen pflegen. Die Bäume sollen so positioniert werden, dass sie nach Süden blicken. Sobald sie in den Pflanzbeeten herangewachsen sind, lassen wir dort nur so viele, wie für den Platz ausreichen, und verpflanzen die anderen im Monat Februar. Die Mandeln selbst, die wir für die Pflanzung wählen, sollen frisch und groß sein; am Tag vor dem Einpflanzen sollen wir sie in mulsumL mit einem hohen Wasseranteil einweichen, damit der Keim nicht durch die beißende Wirkung von zu viel Honig abgetötet wird. (8) Andere weichen diese Nüsse erst 3 Tage in Gülle ein und lassen sie dann 1 Tag und 1 Nacht lang in mulsumL, das nur einen Hauch von Süße haben soll. Wenn wir die Mandeln in ein Pflanzbeet legen, sollen wir sie, wenn trockenes Wetter eintritt, dreimal im Monat bewässern und durch häufiges Umgraben um sie herum von aufkommendem Unkraut befreien. Der Erde des Saatbeets muss Dünger beigemischt werden. Als ausreichender Abstand zwischen Bäumen sollen 20 oder 15 FußM vorgesehen werden. (9) Das Zurückschneiden soll im Monat November stattfinden, damit wir überflüssige, trockene und überfüllte Äste entfernen. Sie sollen vor Vieh geschützt werden, weil sie bitter werden, wenn [die Bäume unten] abgefressen werden. Man soll nicht um sie herumgraben, solange sie blühen, weil sonst von dort ihre Blüten abfallen. Sie tragen im Alter mehr. Wenn ein Baum nicht mehr ertragreich ist, soll man ein Loch in die Wurzel bohren und einen Keil aus Fichtenholz oder einen Kiesel so einsetzen, dass er eingeschlossen wird, wenn die Rinde ihn bedeckt. (10) An kalten Orten, wo man Angst vor Frost hat, hilft man ihm – so sagt

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remedio subveniri. antequam floreant, radices nudantur et albi lapides minutissimi mixti harenis congeruntur et, ubi iam tutum videbitur, ut debeant germinare, effossi iterum lapides summoventur. (11) teneras nuces amygdalus creabit, ut dicit, si ante florem radicibus ablaqueatis per dies aliquot calida aqua ingeratur. ex amaris dulces fiunt, si circumfosso stipite tribus digitis a radice fiat caverna, per quam noxium desudet umorem, vel medius truncus terebretur et cuneus ligni melle oblitus inprimatur vel si circa radice suillum stercus adfundas. (12) amygdala ad legendum maturitatem fatentur, cum fuerint spoliata corticibus. haec sine cura hominis servantur in longum. si difficulter corium dimittent, paleis obruta continuo relaxabunt. item decoriata, si aqua marina lavemus aut salsa, et candida fiunt et plurimum durant. mense Decembri vel Ianuario circa Idus amygdalus inseritur, locis vero frigidis et Februario. si tamen surculos condias, antequam germinent. utiles sunt, qui de summitate sumuntur. inseritur et sub cortice et in trunco. inseruntur in se, in Persico. (13) Graeci adserunt nasci amygdala scripta, si aperta testa nuculeum sanum tollas et in eo quodlibet scribas et iterum luto et porcino stercore involutum reponas.

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MartialisN – durch folgendes Heilmittel: Bevor der Baum blüht, werden die Wurzeln freigelegt und sehr kleine weiße Steine, mit Sand vermischt, werden auf ihnen aufgetürmt; wenn man dann sieht, dass sie sicher und rechtzeitig blühen, werden die Steine wieder ausgegraben und entfernt. (11) Der Mandelbaum wird – wie er sagt – zarte Nüsse bilden, wenn die Wurzeln vor der Blüte Bodenlockerung erfahren haben und mehrere Tage warmes Wasser auf sie gegossen wird. Aus bitteren werden süße, wenn man rund um den Stamm gräbt und in ihm 3 FingerbreitM von der Wurzel entfernt einen Hohlraum macht, durch den der Baum die schädliche Feuchtigkeit ausschwitzen kann, oder wenn durch die Mitte des Stamms ein Loch gebohrt wird und ein Holzkeil, mit Honig bestrichen, dort hineingezwungen wird oder wenn man Schweinemist um die Wurzeln gießt. (12) Mandeln offenbaren ihre Reife für das Pflücken, wenn sie von ihrer äußeren Beschichtung getrennt werden. Sie halten eine lange Zeit ohne menschliche Pflege. Wenn sie ihre Schale nur mit Schwierigkeiten abgeben, wird diese sofort zu lösen sein, wenn die Nüsse mit Spreu abgedeckt werden. Außerdem werden sie, wenn wir sie in Meerwasser oder Salzlake waschen, sobald sie geschält sind, sowohl hell als auch sehr gut haltbar. Mandelbäume werden im Monat Dezember und Mitte Januar, an kalten Orten auch im Februar gepfropftV, solange man die Pfropfreiser lagern kann, bevor sie aufkeimen. Nützlich sind die von der Spitze des Baumes genommenen. Sie werden sowohl unter der Rinde als auch im Stamm gepfropft, und zwar auf sich selbst oder auf Pfirsichbaum. (13) Die Griechen geben an, dass Mandeln mit einer Aufschrift wachsen, wenn man die Schale öffnet, ein gesundes Nüsslein herausnimmt, irgendetwas darauf schreibt, es wieder einschließt, mit Kot und Schweinemist abdeckt und einpflanzt [vgl. 12.7.3 zu Pfirsichen].

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(14) nux iuglans nucem seremus extremo Ianuario vel Februario. amat loca montana, umida et frigida, plerumque lapidosa. potest tamen et locis temperatis iuvante umore nutriri. serenda est nucibus suis eo more, quo et amygdala seruntur, et hisdem mensibus. si quas Novembri mense dispones, aliquatenus in sole siccabis, ut exsucetur noxium virus umoris. (15) quas vero mensi Ianuario vel Februario positurus es, aqua simplici pridie macerabis. ponemus autem transversas, ut latus, id est carina, ipsa figatur in terra. cacumen ipsum, cum ponimus nucem, in Aquilonis partem dirigemus. lapis subter vel testa ponenda est, ut radicem non simplicet sed repercussa respergat. laetior fiet, si saepius transferatur. in frigidis locis bima, in calidis debet trima transferri. (16) radices plantarum, sicut in aliis arboribus solemus, in hoc genere resecare non debes. fimo bubulo ima planta tinguenda est. sed melius cinis spargetur in scrobibus, ne calore stercoris aduratur; et cinis creditur vel corticis teneritudinem procurare vel fructuum densitatem. (17) altis scrobibus delectatur pro arboris magnitudine et desiderat intervalla maiora, quia stillicidiis foliorum suorum proximis vel sui generis nocebit arboribus. debet aliquando circumfodi, ne cava fiat

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(14) Walnussbaum Walnussbaum werden wir Ende Januar oder im Februar säen. Er liebt Orte, die bergig, feucht, kalt und überwiegend steinig sind. Er kann jedoch auch an gemäßigten Orten mit Hilfe von Feuchtigkeit genährt werden. Er soll aus Nüssen gesät werden, und zwar in der gleichen Weise und in den gleichen Monaten wie Mandeln [s. 2.15.6]. Wenn man sie im November aussetzt, wird man sie etwas in der Sonne trocknen, so dass die schädliche Sekretion von Feuchtigkeit herausgezogen wird. (15) Diejenigen aber, die man im Monat Januar oder Februar pflanzen will, soll man am Tag zuvor in einfachem Wasser einweichen. Man wird sie horizontal einlegen, so dass eine Seite – das ist eine Halbschale – selbst in dem Boden festsitzt. Was die Spitze angeht, so werden wir sie bei der Pflanzung der Nuss zum Aquilo-WindW hin ausrichten. Ein Stein oder ein Backstein soll daruntergelegt werden, so dass der Baum nicht nur eine einzige Wurzel, sondern ein Wurzelgeflecht bildet, wenn er auf dieses Hindernis trifft. Er wird fruchtbarer, wenn er häufiger verpflanzt wird. An kalten Orten muss er nach 2 Jahren verpflanzt werden, an heißen nach 3. (16) Bei dieser Art soll man die Wurzeln der Setzlinge nicht abschneiden, wie es unsere Praxis bei anderen Bäumen ist. Der unterste Teil der Pflanze soll in Rinderkot eingetaucht werden. Aber es ist besser, wenn man Asche in die Gruben streut, damit er nicht durch die Hitze des Mists verbrennt; von Asche glaubt man auch, dass sie entweder eine Weichheit der Schale oder eine Vielzahl an Frucht hervorbringt. (17) Der Baum freut sich über tiefe Gruben, die seiner Größe entsprechen, und wünscht größere Abstände, da er in der Nähe stehenden Bäumen – auch denen der eigenen Art – durch die Tröpfchen schadet, die von seinen Blättern fallen. Man muss gelegentlich um ihn herum graben, damit

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vitio senectutis. canalis longus a summo trunco ad imum debet excludi; sic beneficio solis et venti durescunt, quae in putredinem transierunt. (18) si dura nux est vel nodosa, cortex circumcidendus erit, ut vitium mali deducat umoris. alii radicum summa praecidunt, alii terebratae radici palum de buxo inprimunt vel cuprinum clavum vel ferreum. si Terentinam facere volueris, solam nucis carnem lana propter formicas obvolutam in seminario debebis obruere. si ferentem iam in hoc genus velis mutare, lexivo per annum continuum ter rigabis in mense. cortex in nuce dimissus maturitatis indicium est, qualis debet et poni. (19) nuces servantur vel paleis obrutae vel harena vel foliis suis aridis vel arca ex ligno suo facta inclusae vel cepis mixtae, quibus hanc vicissitudinem reddunt, ut eis acredinem tollant. Martialis expertum se ait virides nuces tantum liberatas putaminibus suis melle demergi et post annum virides esse et ipsum mel ita medicabile fieri, ut ex eo facta potio arterias curet et fauces. inseritur, ut plerique, mense Februario in arbuto, sed melius in trunco, ut aliqui, et in pruno vel in se.

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er nicht durch Altersschwäche hohl wird. Eine lange Rinne muss von der Oberseite des Stammes nach unten ausgestochen werden; auf diese Weise können die vorteilhaften Wirkungen von Sonne und Wind die Bereiche aushärten, die in Vermorschung übergegangen sind. (18) Wenn ein Walnussbaum hart oder knorrig ist, wird die Rinde ringsum aufzuschneiden sein, damit die schädliche Feuchtigkeit abgeleitet wird. Die einen Leute schneiden die Enden der Wurzeln zurück, die anderen bohren ein Loch in die Wurzel und drücken einen Pfahl aus Buchsbaum oder einen Nagel aus Kupfer oder Eisen hinein. Wenn man ihn zu einem tarentinischenO machen möchte, muss man nur das »Fleisch« der Nuss [also das Innere ohne ihre Schale; vgl. Columella 5.10.14] nehmen, wegen der Ameisen in Wolle einwickeln und in einem Pflanzbeet eingraben. Wenn man einen bereits Frucht tragenden Baum in dieser Art verändern möchte, wird man ihn ein ganzes Jahr lang dreimal im Monat mit Lauge gießen. Das Abwerfen der Nussschale ist dann das Zeichen für Reife, und das ist der Zustand, in dem sie gepflanzt werden muss. (19) Walnüsse werden durch Einlegen in Spreu oder Sand haltbar gemacht oder durch Eingraben in ihre eigenen getrockneten Blätter oder durch Einschließen in einer Schachtel aus ihrem eigenen Holz, oder sie werden mit Zwiebeln vermischt; im letzteren Fall erwidern sie die Gunst durch das Entfernen der Schärfe der Zwiebeln. MartialisN sagt, dass nach seiner eigenen Kenntnis grüne Nüsse, die nur von ihrer Schale befreit und in Honig getaucht worden waren, nach einem Jahr noch grün waren, während der Honig selbst so heilkräftig geworden sei, dass ein daraus hergestellter Trunk die Luftröhre und den Rachen heilt. Der Walnussbaum wird, wie die meisten angeben, im Monat Februar auf Erdbeerbaum gepfropftV, und zwar vorzugsweise im Stamm, nach manchen auch auf Pflaumenbaum oder auf sich selbst.

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(20) de aliis pomis, quae maxime per alios menses seruntur hoc mense tuberes inseruntur cydoneo. nunc locis temperatis Persicorum ossa ponuntur. et inseritur eadem Persicus in se, in amygdalo, in pruno; sed pruno Armenia inseremus et praecoqua. nunc etiam prunus inserenda est, antequam gumminet, in se et Persico. et cerasus oportune inseretur agrestis.

16. de signandis animalibus et lardi et pernarum confectione et echini et rapis hoc mense, sicut Columella dicit, maturi agni et animalia omnia minora atque maiora charactere signentur. hoc tempore lardi, echini salsi, raporum condiendorum et pernarum iusta confectio est.

17. de oleo myrtino hoc mense bacis myrtae oleum conficies hoc modo: unciam foliorum per olei unam libram mittis et per unci-

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(20) Andere Obstbäume, die überwiegend zu anderen Monaten ausgesät werden In diesem Monat werden Azaroldornbäume auf Quittenbäume gepfropft. Jetzt werden an gemäßigten Orten Pfirsichkerne gepflanzt; auch wird der Pfirsichbaum auf sich selbst oder auf Mandel- oder Pflaumenbaum gepfropft, doch auf Pflaumenbaum werden wir die armenischeO und die frühreifende Sorte [s. 12.7.3] pfropfen. Ebenfalls jetzt soll Pflaumenbaum gepfropft werden, bevor er Gummi [Harz] auszutränen beginnt, auf sich selbst oder auf Pfirsichbaum. Auch Kirschbaum wird günstig auf wilde Bäume gepfropft.

Sonstiges 16. Markieren von Tieren und Zubereitung von Speck, Schinken, Seeigel und Rübsen In diesem Monat sollen – wie ColumellaN [11.2.14] sagt – bereits jetzt reife Lämmer [zu späteren s. 5.6] und alle anderen Tiere, größere und kleinere, mit einem Zeichen markiert werden. Zu dieser Zeit ist es richtig, die Konservierung von Speck, eingesalzenen Seeigeln, gewürzten Rübsen und Schinken durchzuführen. 17. Myrtenöl In diesem Monat wird man Öl mit Myrtenbeeren erzeugen, wie folgt: ... [Textlücke; es fehlen Angaben zur Nutzung von Myrtenbeeren wie bei Plinius 15.72; erhalten ist nur die Aromatisierung mit Myrtenblättern] ... man fügt 1 UnzeM [Myrten]blätter in 1 PfundM Öl und 10 UnzenM Blätter in 1

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as decem vini veteris styptici heminam et cum oleo bullire facies. idcirco autem vino resperguntur folia, ne frigantur, antequam decoquant.

18. de vino myrtite item eisdem bacis vinum myrtite sic facies: in vini veteris sextariis urbicis decem mittis grana myrtae confracta sextarios urbicos tres, quae sint decem et novem diebus infusa. postea expressis myrtae granis colabis et in eo vino medium croci scripulum et folii unum scripulum mittes et ex mellis optimi decem libris omnia temperabis.

19. de oleo laurino item lauri bacis oleum conficietur hoc modo: lauri bacas quam plurimas et maturitate turgentes in aqua calida bullire facies et, ubi diu ferbuerint, olei, quod ex se dimiserint, supernatantis undam pinnis leviter cogentibus in vasa transfundes.

20. de oleo lentiscino lentiscini etiam olei matura confectio est, quae fit taliter: grana matura lentisci quam plurima colligis et una die ac nocte supra se acervata esse patieris. deinde sportam granis eisdem plenam cuicumque vasculo superponis et calida adiecta calcabis et exprimis. tunc ex eo umore, qui defluxerit, supernatans oleum lentiscinum sicut laurinum col-

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SchoppenM alten herben Wein und kocht dies mit dem Öl. Der Grund dafür, dass die Blätter mit Wein bedeckt werden, ist, dass man ihr Austrocknen verhindern will, bevor sie vollständig gekocht sind. 18. Myrtenwein Aus denselben Beeren kann man folgendermaßen Myrtenwein herstellen: In 10 stadt[römische] KrugM alten Wein legt man 3 stadt[römische] KrugM zerstoßene Myrtenbeeren, die 19 Tage lang eingelegt bleiben sollen. Nach dem Ausdrücken der Myrtenbeeren seiht man ihn dann ab; in den Wein gibt man 1/2 SkripelM Safran und 1 SkripelM folium [offenbar ein duftendes Blatt, wohl von Patschuli oder Narde] und mischt alles mit 10 PfundM bestem Honig. 19. Lorbeeröl Ebenso soll Lorbeerbeeren-Öl auf die folgende Weise hergestellt werden: Man wird so viele Lorbeerbeeren wie möglich, die prall mit Reife sind, nehmen und in heißem Wasser kochen. Wenn sie lange Zeit gekocht haben, wird eine Schicht des Öls, das sie von sich geben, auf der Oberfläche schwimmen; dieses wird man vorsichtig mit Federn sammeln und in Gefäße gießen. 20. Mastixöl Die Zeit ist auch reif für die Herstellung von Mastixöl, das wie folgt gemacht wird: Man sammelt reife Mastixbeeren, so viel wie möglich, und lässt sie 1 Tag und 1 Nacht lang aufeinander gehäuft stehen. Dann platziert man einen Flechtkorb voller Beeren oben auf einer beliebigen Art von Behälter, gießt heißes Wasser auf, tritt darauf und drückt sie so aus. Auf der Flüssigkeit, die dann ausfließt, schwimmt das Mastixöl oben und wird genauso wie Lorbeeröl gesam-

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ligetur. memento autem, ne rigore possit adstringi, aquam calidam saepe suffundere.

21. de gallinarum partu gallinarum partus fecunditatem repetit hoc mense post brumalem quietem. et incipiunt ad educandos pullos ova subponi. 22. de caedenda materie hoc etiam mense caedenda materies est ad fabricam, cum luna decrescit, et redicae vel pali faciendi. .

23. de horis hic mensis in horarum spatio cum Decembri mense convenit, quarum sic mensura colligitur: hora I pedes XXVIIII hora II pedes XVIIII hora III pedes XV hora IIII pedes XII hora V pedes X hora VI pedes VIIII hora VII pedes X hora VIII pedes XII hora VIIII pedes XV hora X pedes XVIIII hora XI pedes XXVIIII

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melt [s. 2.19]. Um es aber am Abkühlen und Erstarren zu hindern, muss man daran denken, häufig noch mehr heißes Wasser aufzugießen. 21. Nachwuchs von Bruthennen Auch Bruthennen werden in diesem Monat nach ihrer Winterruhe fruchtbarer, und man beginnt Eier für die Aufzucht der Küken unter sie zu legen. 22. Fällung von Bauholz In ebenfalls diesem Monat soll Bauholz gefällt werden, wenn der Mond abnimmt; auch sollen Stützen und Pfähle [für Rebstöcke] hergestellt werden.

Zeitmessung 23. StundenK Dieser Monat deckt sich mit dem Dezember in der Länge der Stunden, deren Messung wie folgt zusammengestellt wird: 1. Stunde 29 Fuß 2. Stunde 19 Fuß 3. Stunde 15 Fuß 4. Stunde 12 Fuß 5. Stunde 10 Fuß 6. Stunde 8 Fuß 7. Stunde 10 Fuß 8. Stunde 12 Fuß 9. Stunde 15 Fuß 10. Stunde 19 Fuß 11. Stunde 29 Fuß

LIBER III tituli mensis Februarii I de pratis servandis et laetamine saturandis II de proscindendis collibus III de satione trimenstri IIII de serenda lenticula cum disciplina sua, item cicercula V de serendo cannabo VI de agris Medicae parandi VII de herbo serendo VIII de curandis vitibus et arboribus et hordeo Galatico serendo VIIII de ponendis vineis pastino vel scrobibus aut sulcis et omni, quae illuc pertinet, disciplina X de arbustivis vitibus et plantis arborum vitiferarum XI de vineis provincialibus XII de putandis vineis communibus altis vel humilibus XIII de putatione arbusti XIIII de provincialibus vineis putandis XV de novellae putatione XVI de propaginibus XVII de insitionibus XVIII de instituendis olivetis XVIIII de pomiferis et spatiis earum generale praeceptum

BUCH 3 Kapitel des Monats Februar 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Erhaltung von Wiesen und [ihre] Sättigung mit Dünger Aufbrechen von Hügeln Aussaat von 3-Monats-Pflanzen Aussaat von Linse mit ihrer Kunde; ebenso Platterbsen Aussaat von Hanf Vorbereitung von Äckern für Luzerne Aussaat von Linsenwicke Versorgung von Rebstöcken und Bäumen und Aussaat von galatischerO GersteP 9. Einsatz von Rebstöcken in pastinumA oder Gruben oder Furchen und jede Kunde, die dazu gehört 10. Rebstöcke im arbustumA und Pflanzung von Rebstöcke stützenden Bäumen 11. Weingärten in der Provinz 12. Zurückschneiden in gewöhnlichenWeingärten, hohen oder tiefen 13. Zurückschneiden im arbustumA 14. Zurückschneiden in Weingärten in der Provinz 15. Zurückschneiden von jungen Rebstöcken 16. Vermehrung 17. Pfropfung 18. Einrichten von Ölbaumhainen 19. Allgemeine Lehre für Obstbäume und für ihren Raumbedarf

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Liber III

XX de fodiendis, palandis et ligandis vineis vel laetandis arboribus et plantis circumfodiendis XXI de rosis, liliis, croco, violis conserendis XXII de lini semine serendo XXIII de cannetis et asparagis et plantis salicum vel genestae et seminariis myrti et lauri XXIIII de hortis: in eo de sepibus, de lactuca, carduo, nasturcio, coliandro, papavere, alio, ulpico; de satureia cum disciplina; item de cepullis, similiter de aneto, senapi; de caulibus cum disciplina sua et de asparagis; de malva, menta, feniculo, pastinaca, cunela, cerefolio, beta, porro cum disciplina, inula et colocasiis similiter XXV de pomis: in eo de piro, de melo, cydoneo, siliqua, moro, abellana, myxa cum disciplinis suis XXVI de educatione porcorum XXVII de vino myrtite aliter XXVIII de vite theriaca XXVIIII de uva sine granis XXX de uite nimis lacrimosa XXXI myrtitis alia confectio secundum Graecos XXXII ut propomata sponte nascantur XXXIII ut vitis botryones varios ferat XXXIIII de horis

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20. Umgraben, Anpfählen und Festbinden von Rebstöcken oder Düngen von Bäumen und Umgraben rund um Pflanzen 21. Aussaat von Rosen, Lilien, Safran und Veilchen 22. Aussaat von Leinsamen 23. Pfahlrohr, Spargel und Weidenpflanzen oder Ginster und Saatbeete für Myrte und Lorbeer 24. Gärten: darin über Hecken, Lattich, Karde, Kresse, Koriander, Mohn, Knoblauch, ulpicumP; Bohnenkraut mit seiner Kunde, ebenso Zwiebeln, ähnlich Dill, Senf; Kohl mit seiner Kunde und Spargel, Malve, Minze, Fenchel, Möhre, Dost, Kerbel, Bete, mit ihrer jeweiligen Kunde, ähnlich auch Alant und Zehrwurz 25. Obst: darin Birn-, Apfel-, Quitten-, Johannisbrot-, Maulbeer-, Haselnuss- und Brustbeerbaum mit ihrer jeweiligen Kunde 26. Aufzucht von Schweinen 27. Myrtenwein auf andere Weise 28. Gegengift-Rebstock 29. Trauben ohne Kerne 30. Allzu sehr tränender Rebstock 31. Eine andere Herstellung von Myrtenwein nach den Griechen 32. Dass Süßweine spontan entstehen 33. Dass ein Rebstock verschiedene Traubenstängel hervorbringt 34. Stunden

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Liber III mensis Februarius

1. de pratis servandis et laetamine saturandis hoc mense locis temperatis prata incipient custodiri, quae prius, si macra sunt, sparso laetamine saturentur, quod eiciendum est luna crescente. quanto recentius fuerit, tanto plus nutriendis herbis valebit, quod a superiori parte fundatur, ut sucus eius per totum possit elabi.

2. de proscindendis collibus locis tepidis aut si tempus clemens et siccum fuerit, colles pingues vel hoc mense proscinde.

3. de satione trimenstri hoc mense serendum omne trimenstrium genus.

4. de serenda lenticula, item cicercula hoc etiam mense lenticulam sere solo tenui et resoluto vel etiam pingui, sed sicco maxime, quia luxuria et umore corrumpitur. usque ad duodecimam lunam bene seminatur, quae ut cito exeat atque grandescat, prius cum fimi ariditate miscenda est; atque ubi ita requieverit quattuor diebus

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Monat Februar

Ackerbau 1. Erhaltung von Wiesen und [ihre] Sättigung mit Dünger An gemäßigten Orten beginnt man in diesem Monat, die Wiesen zu schützen. Erstens soll man sie, wenn sie mager sind, durch Ausbringung von Dünger sättigen, der bei zunehmendem Mond ausgestreut wird. Je frischer er ist, desto wirksamer wird er bei der Ernährung von Kräutern sein; er soll auf eine höhere Ebene ausgebracht werden, so dass der Saft aus ihm sich über das ganze Gebiet ergießen kann. 2. Aufbrechen von Hügeln An warmen Orten oder, wenn das Wetter mild und trocken gewesen ist, muss man bereits in diesem Monat fette Hügel aufbrechen. 3. Aussaat von 3-Monats-Pflanzen In diesem Monat soll die gesamte Vielfalt an 3-MonatsPflanzen [die 3 Monate nach der Aussaat reif sind; s. 1.6.16] ausgesät werden. 4. Aussaat von Linse, ebenso Platterbse In ebenfalls diesem Monat soll man Linse in Böden säen, die zart und lose oder sogar fett ist, vor allem aber trocken, weil sie durch Üppigkeit und Feuchtigkeit verdorben wird. Bis zum 12. Tag nach Neumond kann sie gut ausgesät werden. Damit sie schnell keimt und gut wächst, soll sie zuerst mit trockenem Kot gemischt werden; nachdem sie 4 oder 5 Tage lang in dieser Mischung gelegen hat, wird sie ausgesät.

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aut quinque, tunc spargitur. iugerum modii unius semen inplebit. hoc etiam mense cicercula seritur loco et modo, quo ante descripsi. 5. de serendo cannabo hoc mense ultimo cannabum seris terra pingui, stercorata, rigua vel plana atque umida et altius subacta. in uno pede quadrato sex eiusdem seminis grana ponuntur.

6. de agris Medicae parandis nunc ager, qui accepturus est Medicam, de cuius natura, cum erit serenda, dicemus, iterandus est et purgatis lapidibus diligenter occandus. et circa Martias Kalendas subacto sicut in hortis solo formandae sunt areae latae pedibus decem, longae pedibus quinquaginta, ita ut eis aqua ministretur et facile possint ex utraque parte runcari. tunc iniecto antiquo stercore in Aprilem mensem reserventur paratae.

7. de herbo serendo hoc mense toto herbum adhuc seri potest, quia Martio serendum non est, ne pastu suo pecoribus noceat et boves reddat insanos.

8. de curandis vitibus et arboribus et hordeo Galatico serendo nunc pomis et vitibus vetus urina si adfundatur, et nume-

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1 ScheffelM Saatgut wird 1 JochM füllen. In ebenfalls diesem Monat soll Platterbse gesät werden, in der Art und Weise, die ich früher [2.5] beschrieben habe.

5. Aussaat von Hanf Am Ende des Monats soll man Hanf säen, auf Land, das fett, mit Mist gedüngt und bewässert ist oder das eben, feucht und auf eine gute Tiefe durchgearbeitet ist. 6 Samenkörner davon werden auf 1 Quadrat-FußM gepflanzt. 6. Vorbereitung von Äckern für Luzerne Jetzt muss das Land, auf dem Luzerne – eine Feldfrucht, deren Natur wir bei der Aussaatzeit besprechen werden [5.1] – wachsen soll, zum zweiten Mal [nach dem Aufreißen] gepflügt, von Steinen gesäubert und sorgfältig geeggt werden. Um Anfang März, sobald der Boden so wie Gartenboden bearbeitet ist, sollen Beete gebildet werden, 10 FußM breit und 50 FußM lang, damit Wasser an sie herangebracht werden kann und sie leicht von jeder Seite gejätet werden können. Nachdem dann eine Lage alten Mists aufgebracht wurde, sind sie für den Monat April bereit und reserviert. 7. Aussaat von Linsenwicke Es ist in diesem ganzen Monat weiterhin möglich, Linsenwicke zu säen, doch soll sie nicht im März gesät werden, damit sie dem Vieh nicht schadet, von dem sie gefressen wird, und Rinder nicht wahnsinnig macht [vgl. Plinius 18.139]. 8. Versorgung von Rebstöcken und Bäumen und Aussaat von galatischerO GersteP Wenn jetzt an Obstbäume und Rebstöcke alter Urin gegossen wird, verbessert das die Früchte sowohl in der Menge als

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ro fructuum praestat et formae; cui proderit, ut amurcam misceamus insulsam, maxime in oleis, sed hoc frigidioribus diebus, antequam fervor incipiat. etiam nunc hordeum Galaticum, quod grave et candidum est, seretur locis frigidis circa Martias Kalendas.

9. de ponendis vineis pastino vel scrobibus aut sulcis et omni, quae illuc pertinet, disciplina (1) hoc mense omnia genera pastinati soli seu sulci seu scrobes vitibus conpleantur. natura autem vitis caelum omne solumque sustentat, si genera convenienter aptentur. (2) plano igitur loco statues vitem, cuius genus nebulas sustinet et pruinas, collibus, quod siccitatem durat et ventos, pingui agro graciles minusque fecundas, macro feraces et solidas, denso validas atque frondosas, frigido et nebuloso, quae hiemem celeri maturitate praeveniunt aut quae duris acinis inter caligines securius florent; ventoso statui tenaces, calido grani tenerioris et umidi, sicco eas, quae pluvias ferre non possunt; et ne multa dicamus, eligenda sunt genera, quae professione vitiorum suorum contraria loca diligunt his, in quibus durare non poterant. placida sane regio et serena tuto genus omne suscipiet. (3) vitium genera numerare non adtinet. sed notum est maiores uvas pulchrae speciei, grani callosi et siccioris ad mensam, feracissimas

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auch in der Form. [Columella 2.14.2 empfiehlt ein Alter des Urins von 6 Monaten.] Es wird dabei nützlich sein, ungesalzenen Ölschaum einzumischen, vor allem für Ölbäume, dies aber an kälteren Tagen, bevor die Hitze beginnt. Ebenfalls jetzt soll galatische Gerste, die schwer und weiß ist, an kalten Orten um Anfang März gesät werden. 9. Einsatz von Rebstöcken in pastinumA oder Gruben oder Furchen und jede Kunde, die dazu gehört (1) In diesem Monat soll pastinumA beider Arten – mit Furchen oder Gruben [vgl. 2.10] – mit Rebstöcken bestückt werden. Die Natur des Rebstocks duldet jedes Klima und jeden Boden, wenn die Sorten in geeigneter Weise eingesetzt werden. (2) An flachen Orten findet man eine Vielzahl von Rebstöcken, deren Art Nebel und Frost ertragen kann; in den Hügeln solche, die Trockenheit und Winde aushält; auf fetten Äckern schlanke Sorten, die weniger fruchtbar sind; in magerem Land ertragreiche und solide; in dichtem Land starke und belaubte; in kaltem und nebligem Land Sorten, die dem Winter durch frühe Reifung entkommen oder feste Trauben haben und auch bei trübem Wetter blühen können; in einer windigen Lage fest verwurzelte Sorten; an einem heißen Ort solche mit weicheren feuchten Trauben; in einer trockenen Lage Sorten, die keinen Regen aushalten – um nicht mehr zu sagen: Wir müssen Sorten wählen, die – wie ihre Schwächen uns offenbaren – Standorte wünschen, die das Gegenteil von denen sind, in denen sie nicht zu bestehen in der Lage wären. Selbstverständlich fördert ein ruhiges Gebiet mit schönem Wetter sicher alle Sorten. (3) Es ist nicht wichtig, alle Rebsorten aufzulisten. Es ist ja bekannt, dass größere von schönem Aussehen mit schwieligen Beeren und rechter Trockenheit am besten für den Tisch geeignet sind, während sehr ergiebige von dünnerer

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vero et cutis tenerioris et sapore nobiles et maxime, quae citius deflorescunt, vindemiis esse servandas. (4) loca naturam plerisque vitibus mutant. solae Ammineae, ubicumque sint, vinum pulcherrimum reddunt. calidum statum potius quam frigidum sustinebunt. de pingui ad macrum transire non possunt, nisi stercus adiuverit. harum duo genera sunt, maior et minor; sed minor melius deflorescit et citius, internodiis minoribus et grano breviore. si arbori adplicetur, pinguem terram, si colatur in ordines, mediocrem desiderat. imbres contempnit et ventos; nam maior saepe vitiatur in flore. sunt et Appianae praecipuae. satis est genera ista dixisse. (5) industrius vir probata deligat et terris talibus mandet, quae imitari eas possint, unde sumuntur; sic merita sua quaeque servabit. sed vitem vel arborem melius erit de exili ad pinguem transferre. nam si a pingui terra ad solum exile transierint, utiles esse non possunt. eligenda sunt sarmenta, quae pangimus, de vite media neque de summa neque de infima, quinque vel sex gemmarum spatio a veteri procedentia, quia non facile degenerant, quae de locis talibus transferuntur. (6) sumantur autem de vite fecunda. neque putemus brachia esse fertilia, quae uvas singulas aut binas producant, sed quae multa ubertate curvantur. nam

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Schale und vornehmem Saft und insbesondere diejenigen, die ihre Blüten früh abwerfen, zur Weinherstellung gehalten werden. (4) Der Standort verändert bei den meisten Rebstöcken ihre Natur. Nur aminäischeO Rebstöcke produzieren die besten Weine, wo immer sie sind. Sie werden eine heiße Lage besser als eine kalte ertragen. Sie können nicht von fettem in mageren Boden verlegt werden, außer mit Hilfe von Mist. Es gibt von ihnen zwei Arten, die größere und die kleinere: Die kleinere wirft ihre Blüten besser und früher ab, hat kürzere Internodien und kleinere Beeren. Sie braucht reichen Boden, wenn sie [in einem arbustumA] an einen Baum gebunden wird, mittelmäßigen Boden aber, wenn sie in Reihen angebaut wird; sie verschmäht Regen und Winde. Die größere hingegen ist oft von Blüten verwöhnt. Rebstöcke von den Gütern der AppiiN sind auch hervorragend. Es reicht aus, diese Sorten erwähnt zu haben. (5) Ein fleißiger Mann soll erprobte Sorten wählen und sie in solchen Boden pflanzen, der dem ähnelt, von dem sie genommen wurden; auf diese Weise wird jede ihre eigenen Tugenden behalten. Es wird aber besser sein, einen Rebstock oder einen Baum von dürftigem in fetten Boden zu verlegen; wenn sie nämlich von fettem in dürftigen Boden bewegt werden, können sie nicht ertragreich sein. Die Stecklinge, die wir pflanzen, sollen aus der Mitte des Rebstocks gewählt werden, nicht von oben oder unten; sie sollen ein Stück Abstand von 5 oder 6 Knospen aus dem alten Holz ragen, da diejenigen, die von solchen Stellen übertragen werden, nicht leicht degenerieren. (6) Freilich sollen sie von einem ertragreichen Rebstock genommen werden. Und wir sollen nicht die Zweige als fruchtbar ansehen, die nur je 1 oder 2 Trauben hervorbringen, sondern diejenigen, die von einer großen Fülle herabgebogen werden. Ein ertragreicher Rebstock kann nämlich ein noch fruchtbareres Wachstum in sich ha-

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potest ferax vitis feraciores in se habere materias. erit et hoc signum fertilitatis, si de duro aliquo loco fructum citabit, si fetu inpleverit ramulos ex ima parte surgentes. (7) sed hoc signis positis per vindemias et notandum. ad pangendum novellus palmes debet eligi duri in se nihil habens et veteris sarmenti, quia hoc putrescente saepe corrumpitur. summa flagella repudiemus ac surculos; qui licet bono loco nati sunt, tamen feracitate caruerunt. (8) pampinarius, qui de duro nascitur, etiamsi adtulit, pro frugifero non est ponendus; in suo enim loco fecundatur a matre, translatus vero tenet sterilitatis vitium, quod nascendi conditione suscepit. caput sarmenti cum deponitur, torquendum non est nec aliquo more vexandum, ne demersa penitus fecundiore parte, quod sterili proximum est, supra terram relinquatur; deinde quod ipsa tortura vexatio est, et pars ea, de qua radix praesumitur, iniuriae nulli subicienda est, cum qua contendere cogatur, antequam teneat. ponendae sunt vites placidis diebus ac tepidis curandumque, ne sarmenta sole urantur aut vento, sed vel statim ponantur vel obruta reserventur.

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ben. Ebenfalls ein Anzeichen für Fruchtbarkeit ist, wenn der Rebstock von sich aus irgendwo auf dem Hartholz Frucht hervorbringt oder wenn die kleinen Triebe, die vom unteren Teil aufsteigen, mit Reben gefüllt sind. (7) Diese Rebstöcke soll man mit Zeichen markieren, die man während der Weinlese anbringt, und sich notieren. Zum Anpflanzen ist ein neuer Trieb auszuwählen, der nicht verholzt ist und keine alten Reiser in sich hat, da ein Trieb oft durch den Zerfall des Holzes verdorben wird. Wir sollen Triebe und Sprossen von weit oben ablehnen; obwohl sie in einem günstigen Ort gewachsen sind, fehlt ihnen nämlich die Fruchtbarkeit. (8) Ein Trieb, der aus Hartholz wächst, darf auch dann, wenn er Ertrag gebracht hat, nicht gepflanzt werden, als sei er fruchtbar; in seiner ursprünglichen Position stammt nämlich die Fruchtbarkeit vom Mutter-Rebstock, wenn er aber anderswohin verpflanzt wird, verliert er die Fruchtbarkeit, die er durch die Umstände seines Wachstums erworben hat. Wenn der Steckling gepflanzt wird, darf seine Spitze nicht verdreht oder in irgendeiner Weise grob behandelt werden, damit er nicht mit seinem fruchtbareren Teil ganz begraben wird, während der unfruchtbare Teil über dem Boden belassen wird. Darüber hinaus ist schon das Verdrehen selbst eine Qual, und der Teil, aus dem aller Voraussicht nach die Wurzel wachsen soll, darf keinerlei Verletzungen ausgesetzt werden, mit denen er zu kämpfen hätte, bevor er anwurzelt. [Anders Columella 3.18.2–6 nach Iulius AtticusN, demzufolge man die unterirdischen Teile waagerecht legen und die über dem Boden davon senkrecht abbiegen solle.] Rebstöcke sollen an ruhigen und warmen Tagen gepflanzt werden; dabei muss man darauf achten, dass die Stecklinge nicht von Sonne oder Wind ausgedorrt werden, sondern man muss sie entweder umgehend pflanzen oder abgedeckt halten.

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(9) hoc mense ac deinceps toto vere vinea ponenda est regionibus frigidis, pluviosis, pinguibus campis et umidis provinciis. sit autem mensura sarmenti cubitus unus. ubi pinguis est natura terrarum, maiora inter vites spatia relinquemus, ubi exilis, angusta. nonnulli itaque in his vitibus, quas toto solo pastinato disponunt, ternos pedes inter singulas vites quoquoversus dimittunt. sed hoc genere divisionis in iugerali tabula pangentur tria milia sescenta sarmenta. (10) quod si duos semis pedes inter vites relinqui placuerit, in eadem tabula ponentur vites quinque milia quadringentae septuaginta et sex. sed ad ponendum utemur hoc ordine: lineam servatis his spatiis, quae placuerit custodire, candidis signis vel quibuscumque notabimus; tunc tensa per tabulam linea in eis locis surculos vel calamos figemus, ubi vitis unaquaeque ventura est. ita spatium totius tabulae surculis conplebitur ad numerum vitium futurarum; atque is, qui pacturus est proiecta circa surculos sarmenta, sine ullo errore deponet. (11) praeterea non est uno genere vitium omne pastinum conserendum, ne annus iniquus generi spem vindemiae totius extinguat. et ideo quattuor vel quinque eximii generis sarmenta pangemus. sed maxi-

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(9) In diesem und dem ganzen folgenden Monat sollen Rebstöcke in kalten und regnerischen Gebieten auf fette Flächen und in feuchten Provinzen eingesetzt werden. Die Länge eines Stecklings soll 1 ElleM sein. Wo die Natur der Böden fett ist, werden wir breitere Zwischenräume zwischen den Rebstöcken lassen, wo sie dürftig ist, enge. Manche Leute lassen deshalb bei den Rebstöcken, die sie allein in pastinumA einsetzen, je 3 FußM Platz zwischen den einzelnen Rebstöcken in jede Richtung. Durch diese Einteilungsart können auf einem Pflanzbeet von 1 JochM 3600 Stecklinge gepflanzt werden. (10) Wenn man jedoch möchte, dass 2 1/2 Fuß Platz zwischen den Weinreben bleiben, werden auf das gleiche Pflanzbeet 5476 Rebstöcke gepflanzt werden. [Auf 1 JochM, ein Quadrat mit 180 FußM Seitenlänge, wie von Palladius 2.12 beschrieben, passen bei 3 FußM Abstand 60 x 60, also 3600 Stecklinge, bei 2 1/2 FußM Abstand 72 x 72, also 5184; die von Palladius genannte Zahl geht aber von 74 x 74 = 5476 aus.] Beim Einsetzen haben wir die folgende Ordnung zu beachten: Wir werden eine Linie unter Einhalten derjenigen Abstände, die zu beachten beschlossen wurde, mit weißen oder sonstigen Zeichen markieren; dann werden wir die Linie auf das ganze Pflanzbeet ausdehnen und Zweige oder Rohrstöcke an den Stellen anbringen, an die jeweils ein Rebstock kommen soll. So wird der gesamte Raum des Pflanzbeetes mit Zweigen gefüllt, die der Anzahl der zukünftigen Rebstöcke entsprechen, und derjenige, der die Bepflanzung durchführt, wird die Stecklinge, die neben die Zweige gelegt worden sind, ohne jeden Fehler einsetzen. (11) Außerdem ist das gesamte pastinumA nicht mit einer einzigen Sorte von Weinreben zu bepflanzen, damit nicht ein Jahr, das dieser Sorte ungünstig ist, die Hoffnung auf die ganze Weinlese zunichtemacht. Deshalb werden wir auch Stecklinge von 4 oder 5 herausra-

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me expediet genera tabulatim disponi et decimanis dividi, nisi deterreat operis difficultas. quod si [est] vetus vinea, singulorum generum surculis tabulatim poterimus inserere et facile hoc genus colendi, quod est pulchrum atque utile, consequemur. ita et maturitatis ac floris tempora, quae in vite diversa sunt, suis poterimus opportunitatibus obtinere. (12) nec parvo constabit, si legatur maturitas cum seritate, dispendio, cum unius tempestivam vindemiam sequi sit permixta cruditate vitiosum, alterius seras maturitates expectare damnificum. (13) huic commodo adicitur, quod pro generum diversitate per gradus accedente vindemia minor operarum numerus eam poterit expedire et generatim condere ac melius puros sapores sine luctamine alterius generis unaquaeque vina servare. hoc si difficile videbitur, non alias simul conseras, quam quae et sapore et flore et maturitate conveniunt. sed haec in pastinis vel sulcis ratio erit; in scrobibus vero per angulos quattuor sarmenta deponis. (14) sed, ut adserit Columella, vinaceam stercori mixtam simul sparges et, si exile solum fuerit, pinguem terram scrobi inferes vel aliunde portatam. cum vero plantam vel malleolum dis-

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genden Sorten pflanzen. Es ist äußerst nützlich, die Sorten in verschiedenen Saatbeeten getrennt einzusetzen und sie durch Gehwege zu trennen, sofern nicht die Schwierigkeit dieser Aufgabe einen davon abschreckt. Wenn wir aber alte Weingärten mit Zweigen bestimmter Sorten jeweils in einem eigenen Saatbeet bepflanzen können, werden wir es tatsächlich einfacher finden, diese Art des Anbaus zu erreichen, die gut aussieht und funktional ist. So werden auch wir in der Lage sein, Blüte- und Reifezeiten, die sich je nach den Sorten von Rebstöcken unterscheiden, für jede Sorte zur jeweils günstigsten Zeit zu haben. (12) Kein geringer Verlust wird sich ja ergeben, wenn normal reife Früchte zusammen mit spätreifen gesammelt werden, da es nicht sinnvoll ist, die Weinlese für eine Sorte zu der für sie richtigen Zeit durchzuführen, wenn ihr eine andere unreife Sorte beigemischt wird, und schädlich, die späte Reife der anderen Sorte abzuwarten. (13) Diesem Vorteil wird ein weiterer hinzugefügt, dass nämlich für eine Weinlese, die wegen unterschiedlicher Reifezeiten der Reben in Etappen durchgeführt wird, eine kleinere Anzahl von Arbeitskräften in der Lage ist, sie Sorte für Sorte zu verarbeiten und angemessen zu würzen; dazu kann man alle Säfte ohne Verunreinigung durch eine andere Sorte von reinem Geschmack halten. Wenn freilich diese Methode schwierig erscheint, soll man nur Rebstöcke zusammen pflanzen, die im Geschmack und in den Zeiten der Blüte und Reifung zueinander passen. Diese Methode also wird die im pastinumA oder in Furchen sein; bei Gruben hingegen pflanzt man Stecklinge an die 4 Ecken. (14) Nach ColumellaN [3.15.5, der seinerseits auf MagoN verweist] wird man zur gleichen Zeit Trester, mit Mist vermischt, ausbringen; wenn der Boden dürftig ist, wird man fette Erde in die Grube einbringen, selbst wenn man sie von anderswoher heranschaffen muss. Wenn wir

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ponimus, modice umido solo sed potius arido quam lutoso duabus gemmis supra terram relictis sarmenta ponemus obliqua; sic facilius conprehendent.

10. de arbustivis vitibus et plantis arborum vitiferarum (1) quod si arbustum te habere delectat, plantam generosae vitis prius in seminario nutrire debebis, ut inde radicata transferatur ad scrobem, cui arbor iniuncta est. seminarium vero dicimus aeque fossam tabulam pedum duorum semis altitudine. in hac, quam pro numero ponendarum vitium vel qualiumcumque plantarum protendis aut contrahis, brevissimo spatio distantia inter se sarmenta depones; (2) si vallis aut umectus est campus, trium gemmarum exceptis minutis, quas habebit inferius. et ubi convaluerint, hinc post biennium radicatas vites vel arbusculas transferes; quas cum depones in scrobe, ad singulas materias rediges putatis omnibus, quae scabra sunt, curtatis etiam radicibus, si quas potueris invenire vexatas. (3) in scrobe autem ad arbustum faciendum duas radicatas vites depones hoc servans, ne se in radice contingant; sed lapides quinum prope librarum me-

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einen Setzling oder einen Hammer-Trieb aussetzen [der aus einem Stock des Vorjahres wächst und bei dem ein kurzer Abschnitt des Stocks an beiden Seiten des Knotens belassen ist, so dass er einem Holzhammer ähnelt], werden wir sie in Boden setzen, der mäßig feucht – besser eher trocken als lehmig – ist, so dass 2 Knospen über dem Boden bleiben und wir die Setzlinge schräg einbringen; auf diese Weise werden sie leichter anwurzeln. 10. Rebstöcke im arbustumA und Pflanzung von Rebstöcke stützenden Bäumen (1) Wenn es dein Vergnügen ist, ein arbustumA zu haben, wirst du zunächst Stecklinge eines überlegenen Rebstocks in einem Saatbeet ziehen müssen, so dass sie, sobald sie Wurzeln haben, von dort je in eine Grube verpflanzt werden können, mit der ein Baum verbunden ist. Als Saatbeet bezeichnen wir ein Beet, das gleichmäßig zu einer Tiefe von 2 1/2 FußM umgegraben worden ist; in diesem Beet, das man je nach der Anzahl der Rebstöcke oder Pflanzen aller anderen Arten vergrößern oder verkleinern kann, stellt man die Stecklinge in einem sehr kurzen Abstand voneinander ein; (2) wenn es Land im Tal oder eine feuchte Fläche ist, genügt es, wenn sie 3 Knospen haben, abgesehen von den ganz kleinen, die es an der Basis gibt. Man wird die Rebstöcke oder angewurzelten Setzlinge nach 2 Jahren verpflanzen, wenn sie stark geworden sind. Wenn man sie in einer Grube einsetzt, stutzt man jede auf einen einzigen Stamm, schneidet alle Unebenheiten zurück und kürzt auch alle Wurzeln, die man etwa verletzt findet. (3) In eine Grube legt man bei der Herstellung eines arbustumA 2 angewurzelte Rebstöcke, wobei man darauf achtet, dass sie sich nicht mit ihren Wurzeln berühren; vielmehr wird man Steine mit einem Gewicht von jeweils etwa 5 PfundM zwischen beide legen und

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dios inter utramque constitues et ipsas vites ad scrobis latera discreta coniunges. Mago adserit scrobem non primo anno esse conplendam, sed subinde coaequandam; quae res vitem faciet altius fundare radices. sed hoc aridis provinciis forte conveniat; umidis autem sata putrefient recepto umore, nisi statim terra cumuletur. (4) sed arbusta qui faciet, plantas arborum de his generibus ponat. vel si agro subpetit abundantia, his utatur: populo, ulmo, fraxino in montanis et asperis, in quibus ulmus minus laeta est. has etiam Columella dicit seminario debere nutriri. mihi videtur, quia nulla provincia est, quae non ex his quamcumque sponte producat, plantas iam maiores de locis quibuscumque translatas vel eorum generum truncos radicatos hoc tempore circa scrobem vitis oportere constitui. (5) sed si ager frumentarius fuerit, ubi arbusta disponis, quadragenos pedes inter arbores relinque, ut seri possit, in exili autem vicenos. in scrobe vero vitis ab arbore sua sesquipedis spatio distare debebit. nam vitis multum subiecta arbori inceremento arboris obprimetur. caveis etiam munienda est adversum pecoris adpetentis iniurias et arbori suae protinus alliganda. (6) est et aliud de transferenda ex arbusto vite conpendium. fit ex vimine parva corbicula, quae mensuram pedis vel aliquanto minus circini

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die Rebstöcke selbst nur Kontakt zu ihrer jeweiligen Seite der Grube haben lassen. MagoN [laut Columella 5.5.4] gibt an, dass man die Grube im 1. Jahr nicht ganz füllen, sondern nach und nach auf das Bodenniveau aufschütten soll; dieses Verfahren führt dazu, dass der Rebstock seine Wurzeln tiefer sinken lässt. Dies passt vielleicht zu trockenen Provinzen; in feuchten werden die Stecklinge aber wegen der Feuchtigkeit in der Grube verrotten, wenn nicht unverzüglich Erde aufgeschüttet wird. (4) Wer ein arbustumA machen will, soll Stecklinge von folgenden Sorten einsetzen, oder, wenn sie im Land im Überfluss vorhanden sind, nutzen: Pappel, Ulme und – in bergigen und rauen Orten, wo Ulme weniger glücklich ist – Esche. ColumellaN [5.6.5, aber nur zu Ulme und Esche] sagt, diese Bäume müssen in einem Saatbeet gezogen werden. Meine Ansicht ist: Da es keine Provinz gibt, in der jeder dieser Bäume nicht spontan wächst, sollen schon größere Setzlinge oder angewurzelte Stämme [von Setzlingen ohne ihre Zweige; s. 3.18.1] dieser Arten zu dieser Zeit verpflanzt und bei der Grube für den Rebstock eingesetzt werden. (5) Wenn der Acker, in dem du das arbustumA anlegen willst, Getreideland ist, lasse dort je 40 FußM Platz zwischen den Bäumen, um eine Aussaat zu ermöglichen, auf dürftigem Land hingegen je 20. Ein Rebstock in seiner Grube muss in einem Abstand von 1 1/2 FußM von seinem Baum stehen, denn ein ganz dem Baum unterworfener Rebstock wird durch das Wachstum des Baumes bedrängt werden. Er soll auch mit Zäunen gegen Schäden durch gieriges Vieh abgeschirmt werden und unverzüglich an seinem Baum befestigt werden. (6) Es gibt auch eine andere Methode – eine Abkürzung – für die Verpflanzung eines Rebstocks aus einem arbustum. Dies geschieht mit einem Körbchen aus Flechtwerk, das innen von Rand zu Rand 1 FußM oder etwas weniger misst. Dieses wird zum

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spatio possit amplecti. haec ad arborem, cui vitis adhaeret, fertur et in fundi media parte pertunditur, quod sarmenti virgam possit admittere. (7) inducto itaque sarmento vitis eius, de qua transferre disponis, corbicula ipsa ex aliqua arboris parte suspenditur et viva terra repletur, ut sarmentum terra possit includi, quod sarmentum prius intorquetur. ita exacto annui temporis spatio sarmentum, quod clausum est, radices creabit intra praedictam corbiculam. tunc sub fundo corbis incisum radicatum sarmentum cum ipsa corbe portabitur ad locum, quem vitibus arbustivis destinabis inplere, ibique obruetur circa arboris maritandae radices. hoc genere, quantum volueris, numerum vitium transferes sine ambiguitate prendendi.

11. de vineis provincialibus vineae in provinciis multis generibus fiunt. sed optimum genus est, ubi vitis velut arbuscula stat brevi crure fundata. haec primo calamo iuvatur, donec solidetur. sed altior sesquipede esse non debet. ubi robusta fuerit, sola consistet. aliud genus est, in quo cannis pluribus circa dispositis ipsa vitis per cannas sarmentis ligatis in orbiculos flectitur se sequentes. ultimae positionis vitis est, quae per terram proiecta discumbit. hae omnes et scrobibus ponuntur et sulcis.

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[Stütz]baum des jeweiligen Rebstocks gebracht und in der Mitte der Basis durchbohrt, um den Trieb des Stecklings durchzulassen. (7) Sobald also ein Trieb des Rebstocks, von dem man eine Verpflanzung vornehmen möchte, in das Körbchen eingesetzt ist, wird er irgendwo an dem Baum aufgehängt und mit frischer Erde gefüllt, damit die Erde den Trieb umschließen kann; der Trieb wird dabei zuerst umgedreht werden. So wird nach Ablauf eines Jahres der eingeschlossene Trieb in dem eben genannten Körbchen Wurzeln schlagen. Dann wird das angewurzelte Pfropfreis unterhalb der Basis des Korbes durchtrennt und mitsamt dem Korb an den Ort gebracht, an dem man ein arbustumA mit Rebstöcken füllen will; dort wird er neben den Wurzeln des Baumes, der ihn stützen soll, eingegraben. Auf diese Weise wird man so viele Rebstöcke ohne jede Unsicherheit über ihr Anwachsen verpflanzen, wie man möchte. 11. Weingärten in der Provinz Weingärten in den Provinzen sind von vielen Arten zu finden. Die beste Art ist dort, wo der Rebstock wie ein Bäumchen steht, von einem kurzen Stamm getragen. Er wird zunächst von einem Rohrstock unterstützt, bis er solide geworden ist; er darf dann nicht größer als 1 1/2 FußM sein. Wenn er robust geworden ist, wird er von selbst stehen. Eine andere Art ist die, bei der mehrere Pfahlrohr-Stöcke um den Rebstock herumgestellt werden und seine Zweige an die Stöcke gebunden werden, so dass sie in eine Reihe von Kreisen gezwungen werden. Die schlechteste Art ist die, bei der ein Rebstock sich über den Boden erstreckt und auf ihm ruht. Alle diese Rebstöcke sind dabei [im pastinumA] entweder in Gruben oder Furchen gepflanzt.

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12. de putandis vineis communibus altis vel humilibus (1) hoc mense locis frigidis aliquatenus et temperatis vitium iusta putatio. sed ubi multae sunt vineae, dividantur et pars earum, quae septentrionem respiciet, verno putetur; alia pars adversa clementioribus plagis recidatur autumno. sed in putatione semper nitamur, ut vitis fiat in crure robustior, nec debili viticulae duo duramenta servemus. (2) auferenda sunt lata, intorta, debilia, malis locis nata sarmenta. focalis etiam, qui inter duo brachia medius nascitur, debet abradi; qui si pinguedine sua brachium quodcumque proximum debilitarit, illo deciso ipse succedat. erit tamen optimi putatoris inferius sarmentum, quod bono loco natum fuerit, reparandae vitis causa semper tueri et ad unam vel duas gemmas relinquere. (3) in locis clementioribus altius vitem licebit expandere; in exilibus aut aestuosis aut declivibus aut procellosis humilior est habenda. locis pinguibus singulis brachiis vitium bina flagella dimitte. sed erit sapientis aestimare vim vitis. nam quae altius colitur et fecunda est, plus quam octo palmites habere non debet, ita ut consideremus semper in inferiori parte custodem. (4) circa crus quicquid nascitur, amputandum est, si non desideret vinea revocari.

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12. Zurückschneiden in gewöhnlichen Weingärten, hohen oder tiefen (1) In diesem Monat ist an Orten, die etwas kalt und gemäßigt sind, die rechte Zeit für das Zurückschneiden der Rebstöcke. Aber wo es viele Weingärten gibt, soll die Arbeit aufgeteilt werden: Diejenigen, die nach Norden weisen, sollen im Frühjahr zurückgeschnitten werden; der andere Teil, der den milderen Himmelsregionen gegenüberliegt, soll im Herbst geschnitten werden. Beim Zurückschneiden sollen wir immer danach streben, dass der Rebstock in seinem Stamm stärker wird; wir dürfen bei einem schwachen Rebstöcklein nicht zwei harte Zweige bewahren. (2) Zu entfernen sind Triebe, die weit herausragen, verdreht oder schwach sind oder an der falschen Stelle wachsen. Auch ein in der Gabel wachsender Trieb, der zentral zwischen zwei Armen eines Rebstocks wächst, soll abgetrennt werden. Wenn aber sein fettes Wachstum einen benachbarten Arm geschwächt hat, soll letzterer ausgerottet werden und der Gabel-Trieb seine Stelle einnehmen. Ein sehr guter Zurückschneider wird immer einen tieferen Trieb, der an einem guten Platz wächst, im Hinblick auf die Wiederherstellung des Rebstocks [als Schutzzweig] behalten, und diesen Trieb mit 1 oder 2 Knospen belassen. (3) An milderen Orten ist es möglich, den Rebstock höher wachsen zu lassen, an dürftigen, überhitzten, schwülen, abschüssigen oder sturmgefährdeten Orten soll er niedriger gehalten werden. An Orten mit fettem Boden lasse man bei jedem Rebstock 2 Zweige an jedem Arm stehen. Aber eine weise Person wird die Kraft des Rebstocks bewerten: Einer, der höher ausgebildet und fruchtbar ist, soll nicht mehr als 8 Zweige haben, immer unter Berücksichtigung des [eben genannten] Schutzzweigs auf der unteren Ebene. (4) Alles Wachstum rund um den Stamm soll abgeschnitten werden,

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quod si truncus vitis sole aut pluviis aut noxiis animalibus est cavatus, purgamus, quicquid est mortuum, plagasque eas amurca linimus et terra; quod proderit adversum praedicta. cortex etiam rescissus et pendens a vite tollatur; quae res minorem faecem reddit in vino. muscus radatur ubicumque repertus. (5) sed plagae, quas in duro vitis accipiet, obliquae et rotundae esse debebunt. decisis, sicut supra dixi, male natis omnibus et veteribus novellos et fructuarios serva. ungues etiam custodum siccos et annotinos recide et omnia, quae vetera vel scabra repperies. haec, quae altius coluntur, ut in iugo vel pergula, ubi quattuor pedibus supra terram levatae steterint, quaterna brachia habeant. (6) si macra vitis erit, in singulis brachiis singula flagella dimittemus, si pinguis, billa. sed providendum, ne in una parte sint sarmenta, quae servas; quod cum fit, vitis, tamquam si fulgure tangatur, arescit. relinquenda sunt sarmenta neque circa durum neque in summo, quia haec velut pampinaria minus adferunt, illa vitem nimietate fetus onerant et longius ducunt. quare in medio loco servanda sunt, quae tuemur. plaga non iuxta gemmam sed aliquanto superius fiat et avertatur a gemma propter lacrimam defluentem.

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es sei denn, der Weingarten muss regeneriert werden. Wenn der Stamm des Rebstocks von Sonne, Regen oder schädlichen Tieren ausgehöhlt worden ist, beseitigen wir das tote Material und bestreichen die Wunden mit Ölschaum und Erde – eine Behandlung, die auch ein Schutz gegen die genannten Probleme sein wird. Auch Rinde, die zerrissen ist und lose vom Rebstock hängt, soll entfernt werden, was [später dann] zu weniger Weinbodensatz führen wird. Wo auch immer Moos gefunden wird, soll es abgeschabt werden. (5) Die Wunden, die der Rebstock dafür im Hartholz zu empfangen hat, müssen schräg und rund sein. Während man – wie ich eben [3.12.2] gesagt habe – alles abschneidet, was schlecht wächst oder alt ist, behalte man die neuen und fruchttragenden Triebe. Man schneide auch ein Jahr alte trockene »Krallen« an den Schutzzweigen ab, ebenso alles alte oder schuppige Material, das man findet. Diejenigen Rebstöcke, die höher gezogen werden sollen, etwa an einem Joch oder einer Pergola, sollen 4 Arme haben, wenn sie 4 FußM über dem Boden stehen. (6) Wenn die Rebstöcke mager sind, lassen wir 1 Peitsche pro Arm oder aber 2, wenn er fett ist. Aber man muss sicherstellen, dass die Pfropfreiser nicht alle auf einer Seite liegen: Wenn das geschieht, trocknet der Rebstock wie vom Blitz gerührt aus. Triebe sollen weder auf dem Hartholz noch an der Spitze belassen werden, da erstere wie Ranken weniger ertragreich sind, während zweitere den Rebstock mit übermäßiger Frucht belasten und ihr Wachstum zu weit ausdehnen. Deshalb sollen wir die bewahren, die im mittleren Bereich sind. Ein Schnitt soll nicht neben einer Knospe, sondern etwas höher gemacht werden und soll wegen der Tränentropfen von der Knospe wegführen.

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13. de putatione arbusti (1) vitis, quae in arbore conlocatur. prima eius materia ad secundam vel tertiam gemmam praecidatur. deinde omnibus annis aliquid per ramos crescere subinde patiamur unam materiam semper ad cacumen arboris dirigentes. sed qui fructum volunt maximum, materias plures per ramos summittunt, qui vinum melius, sarmenta in cacumen extendunt. fortioribus ramis arborum plures materiae, debilioribus inponendae sunt pauciores. (2) putandi autem ratio talis est, ut vetera sarmenta, quibus proximi anni fructus pependit, omnia recidantur et nova circumcisis capreolis et ramulis inutilibus dimittantur. sed providendum est omnibus annis vitem resolvi ac religari, quia refrigeratur. ita formandi sunt rami arborum vitiferarum, ne alter sub alterius linea dirigatur; sed loco pingui ulmus a terra octo pedibus, gracili vero septem sine ramo relinquenda est. (3) in solo roscido et nebuloso rami arboris vitiferae in orientem et occidentem putatione dirigantur, ut latera vacua solis radiis membra totius vitis ostendant. agendum est autem, ut vitis spissa non sit in arbore, et deficientibus primis arboribus substituendae sunt aliae. in loco clivoso humilius rami arborum servandi sunt, in plano et uliginoso altius. palmites ad arborem non duro vimine ligentur, ne eos vinculum

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13. Zurückschneiden im arbustumA (1) Ein Rebstock, der an einem Baum platziert ist, soll in seinem 1. Jahr bis zum Hartholz an der 2. oder 3. Knospe zurückgeschnitten werden. In jedem Folgejahr sollen wir nach und nach ein leichtes Wachstum auf den Zweigen des Baumes ermöglichen, während wir den Stamm immer in Richtung der Baumspitze lenken. Diejenigen, denen an der größten Ernte gelegen ist, sollen viele Triebe entlang der Zweige wachsen lassen, diejenigen, die besseren Wein möchten, lenken die Triebe in Richtung der Baumkrone. Auf die stärkeren Baumäste sollen mehr Stiele gelegt werden, auf die schwächeren weniger. (2) Das System des Zurückschneidens besteht darin, dass alle alten Triebe, an denen die Vorjahresfrüchte hingen, abgeschnitten und die neuen belassen werden, wobei ihre Ranken und nutzlosen kleinen Zweige entfernt werden. Man muss darauf achten, dass der Rebstock jedes Jahr losgebunden und [an anderer Stelle] wieder befestigt wird, da er davon erfrischt wird. Man muss die Baumäste, von denen die Rebstöcke gehalten werden, in der Weise formen, dass nicht einer über dem anderen steht. An einem fetten Ort soll die Ulme für 8 FußM über der Erde ohne Zweige gelassen werden, an einem mageren für 7 FußM. (3) Wo der Boden Tau und Nebel ausgesetzt ist, sollen die Äste eines Baumes, der einen Rebstock trägt, durch Zurückschneiden nach Osten und Westen geleitet werden, so dass die Flanke offen ist und die Glieder des gesamten Rebstocks den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind. Man muss sicherstellen, dass der Rebstock nicht vom Baum dicht überwachsen wird. Wenn die ersten Bäume schwach werden, müssen sie durch andere ersetzt werden. In einer abschüssigen Gegend sind die Baumäste niedriger zu halten, in flachem und schlammigem Boden höher. Die Zweige des Rebstocks sollen am Baum nicht mit harten Weidenruten befestigt werden, damit die Befestigung

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recidat aut adterat. hoc autem noveris, quia palmes, quod extra ligaturam pendens habuerit, fructu induit, quod intra ligaturam, materiae sequentis anni deputabit.

14. de provincialibus vineis putandis vites, quas provinciali more velut arbusculas stare dixi, si instituere velis, ramos a quattuor partibus his relinques et in eis brachiis sarmenta pro vitis possibilitate servabis. vites autem, quae cannis in orbem coguntur, sic putentur, quemadmodum eae, quae nituntur redicis aut palis. illae vero, quae sine adminiculis iacent, quod pro sola indigentia faciendum est vel necessitate provinciae, primo anno duas gemmas, deinde plures habebunt. sed huius generis vinea strictius est putanda.

15. de novellae putatione (1) novellam vitem Columella dicit a primo anno ad unam materiam esse formandam nec recidendam totam, sicut Italiae consuetudo est, anno secundo expleto, quia vel intereant vites in totum recisae vel infecunda sarmenta producant, quae amputato capite velut pampinaria de duro coguntur exire. (2) quare iuxta ipsam commissuram veteris sarmenti unam vel duas gemmas relinquendas, quod est

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sie nicht aufschneidet oder aufscheuert. Das aber musst du wissen, denn jeder Zuwachs an dem Trieb, der außerhalb der Befestigung hängt, wird mit Früchten bedeckt sein, während alles, was innerhalb der Befestigung liegt, dazu bestimmt ist, festes Hartholz für das folgende Jahr zu bilden. 14. Zurückschneiden in Weingärten in der Provinz Wenn man die Rebstöcke aufbauen will, die in der Provinz – wie [3.11] erwähnt – wie Bäumchen stehen, wird man ihnen an ihren vier Seiten Äste belassen, und auf diesen Armen wird man Triebe entsprechend der Kapazität des Rebstocks behalten. Aber die Rebstöcke, die mit im Kreis angeordneten Pfahlrohr-Stöcken gezogen werden [s. 3.11], sollen in der gleichen Weise wie die beschnitten werden, die an Stützen oder Pfählen stehen. Und diejenigen, die ohne Hilfsmittel hingestreckt liegen – was in der Provinz nur im Notfall oder bei Sachzwängen [nach Columella 5.5.17–19 insbesondere bei kaltem windigen Klima] durchgeführt werden soll –, werden im 1. Jahr 2 Knospen haben, danach mehr. Ein Rebstock dieser Art muss strenger zurückgeschnitten werden. 15. Zurückschneiden von jungen Rebstöcken (1) ColumellaN [4.11.1–4] sagt, ein junger Rebstock solle in seinem 1. Jahr zu einem einzigen festen Holzschaft geformt und am Ende des 2. Jahrs nicht wieder vollständig beschnitten werden, wie es die Praxis in Italien ist. Sein Grund ist, dass Rebstöcke entweder absterben, wenn sie vollständig zurückschnitten werden, oder unfruchtbare Triebe hervorbringen, die als aktive Triebe aus Hartholz hervorgehen müssen, da das Haupt des Rebstocks abgeschnitten wurde. (2) Folglich sollen – so sagt er – 1 oder 2 Knospen in der Nähe der Stelle belassen werden, wo ein altes Pfropfreis mit

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merito in viticula fortiore servandum, et sane excipiendam calamis novellam vel exiguis palis, ut tertio anno robustiores possit accipere. (3) nam quadrima novella, ubi laetum solum est, tres materias merito nutrire cogetur. statim post putationem sarmenta decisa vineis et rubi et inpedimentum fossoris omne tollatur.

16. de propaginibus (1) hoc etiam mense propagandae sunt vites. sed vetus et exesa vinea, cuius duramenta longe processerunt, ut Columella dicit, mergis melius reparabitur, quam si infossione totius corporis obruatur; quod agricolis certum est displicere. mergum dicimus, quotiens velut arcus supra terram relinquitur alia parte vitis infossa. (2) nam, ut ait Columella, cum totae stratae sunt, plurimis radicibus totius corporis fatigantur. mergi vero post biennium reciduntur in ea parte, quae supra est, et in loco iustas vites relinquunt. sed, ut agricolae adserunt, post biennium si recidas, plerumque infirmas habent radices et simul repente perierunt.

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dem Zweig verbunden wurde – das soll sicherlich im Falle eines stärkeren Rebstocks praktiziert werden; und selbstverständlich sollen die jungen Rebstöcke mit Stützen oder ganz kleinen Pfählen gestützt werden, bevor sie im 3. Jahr an einen stärkeren angepasst werden. (3) Ein junger Rebstock wird in seinem 4. Jahr recht dazu gebracht werden, 3 Triebe aus Hartholz zu tragen, wo der Boden fruchtbar ist. Unmittelbar nach dem Zurückschneiden sollen alle Triebe von den Rebstöcken entfernt werden, außerdem Brombeeren und alles, was die [zur Bodenverbesserung; vgl. 3.20.1, 4.7.2, 5.2.3] Grabenden behindern könnte. 16. Vermehrung (1) In ebenfalls diesem Monat sollen Rebstöcke vermehrt werden. Nach ColumellaN [4,2,2; 4.22.2–3; 4.15,2–3 nach Iulius AtticusN] wird es besser sein, einen alten verfallenen Rebstock, dessen Hartholz sich über eine weite Strecke verbreitet hat, mit Hilfe von Rebensenkern [mergi, »Taucher«] zu erneuern, statt dadurch, seinen ganzen Körper einzugraben – eine Meinung, die den Landwirten sicher missfällt; wir sprechen von einem Rebensenker, wenn über dem Boden sozusagen ein Bogen belassen wird, während ein anderer Abschnitt des Rebstocks vergraben wird. (2) [Ps.-]ColumellaN [Baumveredelung 7.4] erklärt freilich, dass in dem Fall, dass der ganze Rebstock abgesenkt wird, er durch die große Anzahl von Wurzeln erschöpft wird, die an seinem ganzen Körper entstehen. Die Rebensenker werden nach 2 Jahren an dem oberirdischen Abschnitt durchtrennt, was zu regelrechten Rebstöcken an diesem Ort führt. Allerdings geben [manche] Landwirte an, wenn man sie nach 2 Jahren durchtrenne, hätten sie in der Regel schwache Wurzeln und stürben plötzlich massenhaft. [Die Trennung der Rebensenker erst nach 3 Jahren empfiehlt Palladius 12.2.]

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17. de insitionibus (1) hoc mense calidis et apricis locis optime celebratur insitio, quae fit tribus generibus. sed ex his duo nunc fieri possunt, tertium reservatur aestati. sunt autem genera inserendi haec: aut sub cortice aut in trunco aut emplastro. inseremus ergo sic: arborem vel ramum in loco, qui nitidus et sine cicatrice est, serra recidemus non laeso cortice. post serraturam plagam ferramentis acutis nitidamus. (2) inde quasi cuneum tenuem ferreum vel osseum, maxime leoninum, inter corticem et lignum tribus prope digitis consideranter deponimus, ne corticis fascea dissipetur, et in eum modum subducto cuneo statim surculum mergimus una parte decisum salva medulla et cortice partis alterius, qui supra arborem sex vel octo digitis emineat. (3) duos vel tres vel plures surculos pro trunci qualitate constituemus. quaternis digitis vel amplius inter eos spatium relinquemus. tunc iunco aut ulmo aut vimine stringimus et super lutum musco tectum ponemus ac ligabimus, ut quattuor digitis supra lutum possit surculus eminere. plerosque delectat strictum primo sectae arboris truncum vinculis artioribus in medio findere et ibi surculos ex utraque parte rasos in modum cunei, ut integra sit medulla,

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17. PfropfungV (1) In diesem Monat ist die beste Zeit für die Durchführung des Pfropfens an heißen, sonnigen Orten. Es gibt 3 Möglichkeiten; 2 davon können jetzt durchgeführt werden, die 3. ist dem Sommer vorbehalten. Diese Methoden des Pfropfens sind: unter der Rinde, in den Stamm oder mit einer »Platte«V. Wir pfropfen [unter die Rinde] wie folgt: Wir verwenden eine Säge, um den Baum oder einen Ast an einer Stelle zu durchtrennen, die glänzend und unverletzt ist, ohne Beschädigung der Rinde. Nach dem Sägen schneiden wir die Wunde mit einem scharfen Eiseninstrument zurecht. (2) Dann legen wir eine Art dünnen Keil aus Eisen oder Knochen – vorzugsweise von einem Löwen – für etwa 3 FingerbreitM zwischen Rinde und Holz, vorsichtig, um ein Aufbrechen der Oberfläche der Rinde zu vermeiden. In der gleichen Weise drücken wir beim Herausziehen des Keils umgehend ein Pfropfreis hinein; dies ist zur Hälfte seiner Länge beschnitten worden, während Mark und Rinde an der anderen Hälfte bleiben. Es soll 6 bis 8 FingerbreitM aus dem Baumstumpf herausstehen. (3) Wir bringen 2, 3 oder mehr Pfropfreiser an dem Stamm an, so dass ein Abstand von 4 FingerbreitM oder mehr zwischen ihnen liegt. Dann binden wir den Stamm mit Binsen, Ulme[nrinde] oder Flechtwerk, legen Schlamm darüber, mit Moos bedeckt, und wickeln es ein, so dass das Pfropfreis zu 4 FingerbreitM aus dem Schlamm herausragt. Die meisten Leute schätzen die folgende Methode [der Pfropfung in den Stamm]: Sobald der Baum durchtrennt ist, binden sie den Stamm zunächst recht fest ab, spalten ihn dann in der Mitte auf; dann nehmen sie Pfropfreiser, die auf beiden Seiten in eine Keilform geschnitten worden sind, ohne das Mark zu entfernen, und drücken diese hi-

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demergere praemisso ante cuneolo, quo subducto depositus surculus redeunte in plagam materia possit adstringi. (4) sed hoc utrumque genus vernum est et fit crescente luna, ubi incipit arborum gemma turgescere. surculi autem, qui inserendi sunt, sint novelli, fertiles, nodosi, de novo nati, ab orientali arboris parte decisi, crassitudine digiti minoris, bifurci vel trifurci, gemmis pluribus uberati. (5) si arborem minorem desiderabis inserere, in qua sine dubio meliora incrementa proveniunt, circa terram secato; et quod melius est, surculos inter lignum corticemque depone, tunc stringe. quidam rasum ex utraque parte surculum convenientem soliditati arboris inferendae sic in medio deponunt, ut cortex surculi undique cortici arboris reddatur aequalis. sed in novella arbore terra mota usque ad ipsum insitum colligatur; quae eam res a vento et calore defendet. (6) mihi adseruit diligens agricola omne insitum sine dubio conprehendere, si depositis surculis viscum non temperatum in ipsa plaga pariter mergamus quasi glutino quodam sucos materiae utriusque mixturum. (7) de inplastratione suo mense dicemus. quartum genus Columella sic rettulit. Gallica terebra usque ad medullam arborem perforandam plaga interius leviter

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nein; bevor sie dies zu tun, legen sie den kleinen Keil ein, und während dieser wieder herausgezogen wird, schieben sie den Spross hinein; er wird durch das Holz festgehalten, wenn es sich wieder auf die Wunde legt. (4) Beide Methoden werden im Frühjahr und bei zunehmendem Mond durchgeführt, wenn die Knospen der Bäume zu schwellen beginnen. Die Pfropfreiser, die eingesetzt werden, sollen jung sein, fruchtbar, knorrig, aus neuem Holz wachsend, von der Ostseite des Baumes geschnitten, so dick wie ein kleiner Finger, mit 2 oder 3 Gabeln und auch mit mehreren Knospen versehen. (5) Wenn man einen kleineren Baum pfropfen will – das bringt auf jeden Fall besseres Wachstum –, schneidet man ihn dicht über dem Boden; und es ist besser, die Pfropfreiser zwischen dem Holz und der Rinde einzufügen und dann zu binden. Manche Leute nehmen einen Spross, auf beiden Seiten so abgeschnitten, dass er dem Umfang des zu pfropfenden Baumes entspricht, und setzen ihn so in der Mitte ein, dass die Rinde des Pfropfreises bündig mit der Baumrinde rundum abschließt. Im Fall eines jungen Baums soll die Erde gelockert und bis auf den Punkt des Transplantats aufgehäuft werden. Dies wird es von Wind und Hitze schützen. (6) Ein sorgfältiger Landwirt erklärte mir, dass jedes Transplantat zuverlässig anwächst, wenn man beim Einlegen der Pfropfreiser unverwässerten Leim mit ihnen in die Wunde eindrückt, den man als eine Art Klebstoff dafür benutzt, den Saft der beiden Materialien zu vermischen. (7) Von der AnplattungV werden wir beim richtigen Monat [7.5.2-4] handeln. ColumellaN [4.29.13–16] beschreibt ein viertes Verfahren wie folgt: Mit einem gallischenO BohrerV soll man ein Loch bis zur markigen Mitte des Baums bohren, leicht abfallend nach unten in Richtung der Innenseite. Wenn aller Bohr-

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inclinata. ibi educto omni scobe vitem vel ramum ad modum foraminis inpressi delibratum, sucidum tamen et umentem stricte inprimi una aut duabus gemmis foris relictis. tunc argilla et musco locum diligenter operiri. ita et vites in ulmo inseri posse commissas. (8) Hispanus quidam mihi hoc genus novae insitionis ostendit; ex Persico se adserebat expertum. salicis ramum brachii crassitudine, solidum, longum cubitis duobus aut amplius terebrari iussit in medio et plantam Persici in eadem loco, in quo consistit, spoliatam ramis omnibus solo capite relicto per ipsum saligni manubrii foramen induci; tunc eundem salicis ramum terrae capite utroque demerso in arcus similitudinem debere curvari, foramen luto, musco, vinculis stringi; anno deinde exempto, ubi infra medullam salicis caput plantulae sic cohaeserit, ut unitas sit ex duobus mixta corporibus, plantam subter incidi atque transferri et aggeri terram, quae arcum salicis cum Persici cacumine possit operire. hinc Persici poma sine ossibus nasci; sed hoc locis umidis convenire vel riguis et salices aquationibus adiuvandas, ut et natura ligni vigeat, quae delectatur umore, et superfluentem copiam suci germinibus ministret alienis.

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staub extrahiert wurde, steckt man den Stamm oder Zweig eines Rebstocks fest ein, der von seiner Rinde so befreit wurde, dass er in das Loch passt, aber noch voll Saft und Feuchtigkeit ist, und zwar so, dass 1 oder 2 Knospen außen liegen. Dann wird die Stelle sorgfältig mit Lehm und Moos abgedeckt. Auf diese Weise sei es – so sagt er – sogar möglich, Rebstöcke, die [in einem arbustumA] an Ulmen gebunden sind, zu pfropfen. (8) Ein Mann aus HispanienO zeigte mir das folgende neue Pfropfverfahren und versicherte mir, dass er seine Wirksamkeit auf Pfirsichen geprüft habe. Seine Anweisungen waren, dass in einen Weidenast von der Dicke eines Arms, ohne Hohlräume, 2 EllenM oder mehr in der Länge, durch die Mitte ein Loch gebohrt wird; dann wird ein junger Pfirsichtrieb, ohne dass er aus seiner Lage verschoben würde, von allen Zweigen befreit, wobei nur das Haupt bleibt, und durch das Loch im Weidenast geführt. Dann soll der Weidenast in einer Bogenform gekrümmt werden, wobei jedes der beiden Enden in den Boden versenkt wird, und das Loch soll mit Schlamm, Moos und Bindungen versiegelt werden. Ein Jahr später, wenn die Spitze des jungen Triebs so eng mit dem Mark der Weide verbunden ist, dass sich aus den beiden Körpern ein einheitliches Ganzes gebildet hat, wird der Trieb unten abgetrennt und verpflanzt, und ausreichend Erde wird um den Weidenbogen zusammen mit dem Pfirsichbaum-Wipfel aufgehäuft. Als Ergebnis davon – dies berichtete er – wachsen die Pfirsichfrüchte ohne Kerne. Aber er fügte hinzu, dass diese Methode für feuchte oder bewässerte Gebiete geeignet ist und dass den Weiden mit Bewässerung geholfen werden muss, so dass die Natur des Holzes, die Feuchtigkeit liebt, gedeihen und den Überfluss an Saft an das fremde Implantat abgeben kann.

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18. de instituendis olivetis (1) hoc mense locis temperatis instituemus oliveta, quae vel pastinis conserenda sunt, ut extremas circa decimanum tabulas cingant, vel suum locum tenebunt. si ponuntur in pastino, radicatae plantae decisis capitibus et brachiis et in truncum redactae usque ad mensuram cubiti unius et palmi in fermento terrae fossae defigantur locum palo antea deprimente. hordei grana subteriaciantur et amputetur his, quicquid putridi inventum fuerit aut arentis; et tunc capita earum luto velentur et musco ulmeis vinculis vel tenacibus quibuscumque constricta. (2) sed maximum beneficium est et proficit incremento, si rubrica partes notentur, quibus obversae steterant, et contra eas simili ratione ponantur. sint a se discretae pedibus quindecim vel viginti. omnis subinde circa eas herba vellatur; et quotiens se imber infuderit, brevissimis ac frequentissimis fossionibus sollicitentur. et subinde ducta a trunco terra atque permixta in aliquanto altiores cumulos congeratur. (3) quod si olivetum suo loco facere volueris, haec genera terrarum sequeris: terram, cui mixta sit glarea, aut cretam sabulonis coniunctione resolutam aut pinguem sabulonem aut terram naturae densioris et umidae. (4) creta figuli omnino repudianda est et uli-

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18. Einrichten von Ölbaumhainen (1) In diesem Monat werden wir in gemäßigten Gebieten Ölbaumhaine anlegen. Sie sollen entweder im pastinumA ausgesät werden, so dass sie die Ränder von Rebstock-Beeten beiderseits des Gehwegs umfassen [der in den Weingärten die Beete für die verschiedenen Sorten trennt; s. 3.9.11] oder je einen eigenen speziellen Bereich haben. Wenn sie im pastinumA platziert werden, pflanzt man wurzeltragende Setzlinge, deren Haupt abgeschnitten und deren Arme auf 1 ElleM und 1 HandbreitM vom Stamm aus gekürzt wurden, in den belüfteten Erdaushub, wobei man einen Pfosten dafür nutzt, die Gruben einzutiefen. Gerstenkörner sollen unter sie geworfen werden, und man soll alles Material, das vermorscht oder ausgetrocknet ist, abschneiden; dann sollen ihre Häupter mit Schlamm und Moos bedeckt und mit Befestigungen aus Ulmenrinde oder Bindungen jeglicher Art umwickelt werden. (2) Der größte Vorteil und Gewinn für ihr Wachstum ist aber, wenn die Richtung, der sie zugewandt stehen, auf ihnen mit Rotlehm markiert wird, und sie in ähnlicher Weise in diese Richtung gepflanzt werden. Sie sollen in einem Abstand von 15 oder 20 FußM voneinander stehen. Alles Unkraut um sie herum soll regelmäßig herausgezogen werden, und wann immer es Regenschauer gibt, sollen die Bäume durch sehr flache, aber häufige Kultivierung des Bodens gefördert werden. Auch der Boden soll hin und wieder vom Stamm weggezogen, aufgemischt und etwas höher angebracht werden. (3) Wenn man aber nur einen Hain für Ölbäume machen will, wird man nach den folgenden Arten von Böden suchen: Boden, in den Kies eingemischt ist, oder Ton, mit Grobsand kombiniert und von ihm aufgebrochen, oder reicher Grobsand oder Boden mit einer dichteren fruchtbaren Natur. (4) Töpferton muss unbedingt abgelehnt werden, ebenso sumpfiger Bo-

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ginosa et in qua semper umor adsistit et sabulo macer et nuda glarea; quamvis enim conprehendat, non convalescit. potest seri, et ubi arbutus aut ilex steterat. nam cerrus et excisa radices noxias relinquit, quarum virus oleam necat. locis aestuosis septentrionali colle, frigidis meridiano gaudet, mediis clivis delectatur. neque imum locum neque arduum patitur, magis modicos clivos, sicut est regio Sabina vel Baetica. bacarum genus numerosum est et plurium vocabulorum, sicut pausia, orchis, radius, Sergia, Licinia, Cominia et ceterae, quas nominare non adtinet. pausia tamen oleum quod reddit, dum viride est, optimum, sed cito vetustate corrumpitur. optimum Licinia dat, plurimum Sergia. sed de his hoc generaliter praecepisse sufficiet, maiores bacas cibo, minores oleo profuturas. (5) si frumentarius ager est, quem conserimus oliveto, quadragenis inter se pedibus distent, si macer, vicenis quinis. melius faciemus, si ordines in Favonium dirigamus. cum deponentur, in scrobes siccas constituantur quaternis pedibus fossas. glarea etiam, ubi lapides defuerint, misceatur et stercus. si clausus locus est, modice supra terram, quae ponuntur, emineant. si pecora formidantur, altiores trunci esse debebunt. in siccis vero

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den und solcher, in dem immer Wasser steht, auch magerer Grobsand oder nackter Kies; obwohl nämlich die Bäume anwachsen können, werden sie nicht gedeihen. Sie können gepflanzt werden, wo zuvor Erdbeerbaum oder Steineiche standen, nicht aber Zerreiche, denn selbst wenn sie abgeholzt wurde, lässt sie ihre schädlichen Wurzeln zurück, deren Gift die Ölbäume tötet. An schwülen Orten genießen sie einen nach Norden ausgerichteten Hügel, an kalten Orten hingegen einen nach Süden ausgerichteten, und in mittelmäßigem Klima schätzen sie Abhänge; eine tief liegende Lage oder auch eine hohe erdulden sie nicht, sondern bevorzugen gemäßigte Hügel wie die der Region SabinaO oder BaeticaO. Die Arten von Oliven sind zahlreich und haben viele Namen, wie zum Beispiel pausia, orchis, radius, Oliven von den Gütern der SergiiN, LiciniiN und CominiiN und all die anderen, die hier nicht genannt werden. Die pausia-Olive ist ausgezeichnet, solange sie frisch ist, verdirbt mit dem Alter aber bald. Die der LiciniiN gibt das beste Öl, die der SergiiN die größte Menge. Es genügt, die folgende allgemeine Lehre zu diesen Sorten zu geben: Größere Oliven werden als Nahrung nützlich sein, kleinere für Öl. (5) Wenn es Getreide-Flächen sind, in die wir einen Ölbaumhain pflanzen, sollen sie 40 FußM voneinander entfernt stehen [damit zwischen den Baumreihen Getreide angebaut werden kann], aber 25 FußM, wenn das Land mager ist. Wir werden es besser machen, wenn wir die Reihen in Richtung Favonius-WindW ausrichten. Wenn sie gepflanzt werden, sollen sie in trockene Gruben 4 FußM tief eingestellt werden. Auch soll, wo es einen Mangel an Steinen und Dünger gibt, Kies eingemischt werden, außerdem Mist. Wenn der Ort eingeschlossen ist, sollen die Bäume, wenn sie gepflanzt werden, nur geringfügig über den Boden herausragen; wenn aber Kleinvieh eine Gefahr ist, müssen die Stämme höher sein.

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provinciis, cum pluviae desunt, et rigare conveniet. (6) si provincia indiget olivetis et non est, unde planta sumatur, seminarium faciendum est, id est tabula effossa, sicut superius dixi, ut ibi, sicut Columella dicit, rami serra incisi in modum sesquipedalem deponantur. inde post quinquennium poterit valida planta transferri et locis frigidis hoc mense plantari. scio plerosque, quod facilius atque utilius est, radices olearum, quae in silvis plerumque sunt, aut in locis desertis in cubitalem mensuram recisas aut in seminario, si placuerit, aut in oliveto solere disponere et admixtione stercoris adiuvare. qua re proveniet, ut ex unius arboris radicibus numerosa planta nascatur.

19. de pomiferis et spatiis earum generale praeceptum (1) etiam pomiferas arbores possumus in pastinis a septentrionali regione disponere, de quibus singillatim dicemus, quae specialiter sunt tenenda. nam pomis eadem convenit terra, quae vitibus. scrobes autem maiores facies, ut materiae prosis et fructui. si pomarium facies, inter ordines tricenos pedes relinques. (2) plantas statues radicatas, quod est melius. servabis, ne cacumina aut manu fracta aut erosa non crescant. unum quemque ordinem suo generi deputabis,

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In trockenen Regionen wird es auch sinnvoll sein, sie zu bewässern, wenn es einen Mangel an Regen gibt. (6) Falls der Provinz Ölbaumhaine fehlen und es keinen Ort gibt, von dem junge Pflanzen genommen werden können, muss man ein Pflanzbeet machen, also ein aufgegrabenes Pflanzbeet, wie ich schon oben [3.10.1–2] sagte. Dort werden, wie ColumellaN [5.9.3.] sagt, Zweige eingepflanzt werden, die in Längen von 1 1/2 FußM gesägt wurden. Nach 5 Jahren sind die Pflanzen stark und in der Lage, von dort verpflanzt zu werden; in diesem Monat können sie an kalten Orten gepflanzt werden. Ich weiß, dass die meisten Leute etwas Einfacheres und Praktischeres tun: Sie finden Ölbäume, die weithin in Wäldern oder an unbewohnten Orten wachsen, schneiden ihre Wurzeln in Abschnitte von 1 ElleM Länge, setzen sie entweder in einem Pflanzbeet oder, wenn gewünscht, in einem Ölbaumhain ein und helfen ihnen durch Einmischen von Mist. Das Ergebnis wird sein, dass aus den Wurzeln eines Baumes zahlreiche Setzlinge wachsen. 19. Allgemeine Lehre für Obstbäume und für ihren Raumbedarf (1) Wir können auch Obstbäume in Gruben in Böden pflanzen, die nach Norden ausgerichtet sind. Wir werden ihre speziellen Anforderungen einzeln behandeln. Die Art von Boden, die für Rebstöcke geeignet ist, passt auch für Obstbäume, aber man macht die Gruben größer, um das Wachstum von Holz und Frucht zu unterstützen. Wenn man einen Obstgarten macht, wird man 30 FußM zwischen den Reihen freilassen. (2) Setzlinge mit Wurzeln einzupflanzen, ist der bessere Weg [als unbewurzelte]. Man muss darauf achten, dass ihre Spitzen nicht durch die Handhabung abgebrochen und zerstört werden, da sie sonst nicht

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ne infirmae a valentioribus obprimantur. plantas similiter notabimus, ut ipsis, quibus steterant, cardinibus obponamus. (3) de clivo, sicco, exili in planum, pinguem, umidum transferemus. si truncos ponere volueris, supra terram prope tribus pedibus erigantur. ubi duas in una scrobe plantas deponis, cavendum est, ne se contingant. nam vermibus interibunt. sed, ut Columella dicit, feraciores sunt, quae seminibus, hoc est, nucibus suis, quam quae plantis ponuntur aut ramis. ubi regio siccior est, aquationibus adiuventur.

20. de fodiendis, palandis et ligandis vitibus vel laetandis arboribus (1) nunc locis maritimis et calidis fodiendae sunt vites vel, si haec provinciae consuetudo est, exarandae et in eisdem locis palandae aut ligandae sunt vineae, priusquam gemma procedat, cuius concussione vel adtritu incurritur grande dispendium. (2) nunc oleae ceteraeque arbores laetamen accipiunt decrescente luna. sufficiet autem maiori arbori veges una, minori media, ita ut subducta a radicibus terra et fimo permixta revocetur. tempore hoc, si quae sunt in seminariis plantae,

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wachsen können. Man wird jede Zeile einer bestimmten Art zuordnen, um zu vermeiden, dass schwache Bäume von stärkeren überwältigt werden. Wir werden die Pflanzen in ähnlicher Weise wie bei Ölbäumen markieren [s. 3.18.2], damit wir sie in der Ausrichtung pflanzen können, in der sie zuvor standen. (3) Wir werden sie von abfallenden, trockenen und dürren Standorten an ebene, reiche und feuchte verpflanzen. Wenn man [bewurzelte; vgl. 3.10.4] Stämme pflanzen will, sollen sie etwa 1 FußM über den Boden ragen. Wo man 2 Pflanzen in eine Grube setzt, muss man darauf achten, dass sie sich nicht berühren, sonst werden sie von den Würmern getötet. Aber wie ColumellaN sagt, sind Bäume, die aus Samen – also ihren eigenen Früchten – gezogen werden, ertragreicher als jene, die aus Setzlingen oder aus Abschnitten von Zweigen gepflanzt werden. [Allerdings sagt Columella 5.10.6, ein gepfropfter Baum sei fruchtbarer.] Wo die Region trockener ist, soll mit Bewässerung nachgeholfen werden. 20. Umgraben, Anpfählen und Festbinden von Rebstöcken oder Düngen von Bäumen (1) An maritimen und heißen Orten soll in den Weingärten nun [zwischen den Rebzeilen] umgegraben oder gepflügt werden, wenn das der Brauch in der Provinz ist. An den gleichen Stellen sollen die Rebstöcke mit Pfählen gestützt und angebunden werden, bevor die Knospen schwellen, da große Verluste entstehen, wenn man die Knospe anschlägt oder reibt. (2) Jetzt sollen Öl- und andere Bäume bei abnehmendem Mond gedüngt werden. Eine Fuhre Mist wird genug für einen größeren Baum sein, für einen kleineren die Hälfte. Die Erde soll von den Wurzeln weg gegraben, mit dem Kot vermischt und wieder zurückgebracht werden. Zu dieser

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circumfodiendae sunt et amputandi eis rami superflui vel radiculae, quas circa in superiori parte miserunt.

21. de rosis, liliis, croco, violis conserendis (1) hoc mense rosaria conseremus, quae sulco brevissimo aut scrobibus ponenda sunt vel virgulis vel etiam semine. semina autem rosarum non putemus medios flosculos esse aurei coloris, quos rosae ferunt, sed bacas nutriunt, quas in brevissimi piri similitudinem plenas seminibus suis post vindemiam reddunt [maturas]. quarum tamen maturitas ex colore fusco et mollitie poterit aestimari. (2) si qua etiam sunt antiqua rosaria, hoc tempore circumfodiuntur sarculis vel dolabris et ariditas universa reciditur. nunc et quae rara sunt, possunt ducta virgarum propagine reparari. si rosam temperius habere volueris, duobus palmis ab ea guirum fodies et aqua calida bis rigabis in die. (3) nunc et liliorum bulbos ponemus vel lilia ante habita sariemus summa diligentia, ne oculos circa radicem nascentes et minores bulbulos sauciemus, qui a matre subtracti atque in alios digesti ordines nova lilieta formabunt. item violarum plantae et croci bulbi serendi sunt vel subtiliter, si fuerant ante, fodiendi.

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Zeit soll man in dem Pflanzbeet um die jungen Pflanzen herum graben und soll überflüssige Zweige und alle höheren Wurzeln abschneiden, die um sie herum wachsen. 21. Aussaat von Rosen, Lilien, Safran und Veilchen (1) In diesem Monat werden wir Rosenbeete anlegen. Sie sollen in einem sehr flachen Graben oder in Gruben gepflanzt werden, mit Stecklingen oder sogar Samen. Wir dürfen nicht denken, dass Rosensamen die goldenen Mitten der Rosenblüten sind; vielmehr entwickeln sie – nach der Weinlese – Beeren, die heranreifen, dann aussehen wie sehr kleine Birnen und voller Samen sind. Ihre Reife kann man an ihrer dunklen Farbe und Weichheit beurteilen. (2) Alte Rosenbeete werden um diese Zeit mit Hacken oder Spitzhacken umgegraben und alle Trockenheit wird weggeschnitten. Jetzt können Beete, die Lücken haben, durch Einsetzen von Stecklingen wiederhergestellt werden. Wenn man Rosen früher haben möchte, muss man einen Kreis von 2 HandbreitM Abstand vom Stock graben und zweimal täglich mit heißem Wasser gießen. (3) Jetzt werden wir auch Lilienzwiebeln pflanzen oder Lilien hacken, die vorher festgelegt wurden, und zwar mit größter Sorgfalt, um die AugenV, die sich um die Wurzel gebildet haben, oder die kleineren Zwiebeln nicht zu verletzen. Diese werden, wenn sie von der Mutterzwiebel gezogen worden sind, in Reihen an anderer Stelle gesetzt und neue Lilienbeete bilden. Ebenso sollen wir Veilchen- und Safranzwiebeln auspflanzen oder zart um das bereits an Ort und Stelle Stehende graben.

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22. de lini semine serendo hoc mense aliqui lini semen laeto solo in iugerum decem modios spargunt et lina consecuntur exilia.

23. de cannetis et asparagis et plantis salicum vel genestae (1) tempore hoc canneta ponenda sunt factis brevissimis scrobibus et oculis cannarum per singulas scrobes obrutis, qui semipedis spatio inter se distare debebunt. si calidae et siccae provinciae studemus, valles umidas vel inriguas opus est deputare cannetis; si frigida regio est, locis mediis instituantur, sed suco villarum subditis. inter haec asparagorum etiam semina spargere possumus, ut mixta nascantur, quia et asparagi coluntur et incenduntur hoc more, quo cannae. (2) sed si sunt antiqua canneta, hoc tempore sarientur recisis, quae in radice purganda sunt, id est putribus, male porrectis et si qua gignendi oculos non habebunt. nunc salicis plantas et omnium generum, quae arbusto adplicandae sunt, vel genestae, ubi deerit, obruemus. ex bacis etiam myrti et lauri seminaria faciemus vel, si fuerant, excolemus.

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22. Aussaat von Leinsamen In diesem Monat säen einige Leute Leinsamen in fruchtbaren Boden, 10 ScheffelM auf 1 JochM, und erhalten schlanke Flachsfäden als Ergebnis. [Diese dichte Aussaat führt zu eng wachsenden Pflanzen mit feinen, für das Weben geeigneten Fasern; zu einem weiteren Verfahren s. 11.2.] 23. Pfahlrohr, Spargel und Stecklinge von Weiden und Ginster (1) Zu dieser Zeit soll Pfahlrohr gepflanzt werden, unter Verwendung von sehr flachen Gruben, wobei die AugenV der Pfahlrohre jeweils eine eigene Grube in 1/2 FußM Abstand erhalten. Wenn wir es mit einer heißen, trockenen Region zu tun haben, müssen wir für das Pfahlrohr Land im Tal vorsehen, das feucht oder bewässert ist; wenn das Gebiet kalt ist, sollen sie an Orten von mittlerer Höhe gepflanzt werden, die das Abwasser von landwirtschaftlichen Gehöften empfangen. Unter ihnen können wir auch Spargelsamen säen, so dass sie als eine begleitende Ernte wachsen, da Spargel in der gleichen Weise wie Pfahlrohr angebaut und [nach der Ernte] verbrannt wird. (2) Wenn man aber altes Pfahlrohr hat, wird man es zu dieser Zeit hacken, und alles an der Wurzel, die zu reinigen ist, wegschneiden, also alles, was verrottet, krumm oder ohne AugenV für das Wachstum ist. Jetzt werden wir Stecklinge von Weiden und von allen für ein arbustumA genutzten Arten [Pappel, Ulme und Esche; s. 3.10.4] einsetzen, auch Ginster, wo er nicht vorhanden ist. Wir werden auch Pflanzbeete mit Myrten- und Lorbeerbeeren anlegen oder vorhandene Beete pflegen.

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24. de hortis (1) circa Idus Februarias sepes hortorum ex congesto in funibus spinarum semine faciendae, sicut dictum est, cum de munimine loqueremur hortorum. item Graeci dicunt de grossa rubi virga fieri debere particulas et palmaribus scrobibus obrui et cotidie, donec frondeat, fossione et rigatione nutriri. (2) hoc mense lactuca seritur, ut possit Aprili mense transferri. item carduus seritur et nasturcium et coliandrum et papaver, sicut mense Novembri, et alium vel ulpicum. nunc satureia seritur pingui agro, non stercorato, sed aprico vel melius mari proximo; et cum cepullis mixta seminatur. (3) hoc etiam mense cepullas seris; sed constat et vere et autumno esse seminandas. si semen eius severis, in caput crescit et minus reddit in semine; si capitulum ponas, ipsum macescit et multum semen educit. terram cepae desiderant pinguem, vehementer subactam, inriguam, stercoratam. ibi areas faciemus omnibus herbis et radice purgatas. seremus placido et sereno die, maxime Austro vel Euro flantibus. (4) si minuente luna serantur, tenues et acriores proveniunt, si crescente, robustae et saporis umecti. rarius sunt ponendae, runcandae ac sarculandae saepius. si capita voluerimus his esse maiora, folia omnia

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Gartenbau 24. Gärten (1) Um die Mitte des Februar sollen Gartenhecken angelegt werden, aus in Tauen eingebetteten Dornbuschsamen, wie wir gesagt haben, als wir über die Einfriedung von Gärten sprachen [1.34.5]. Ebenso könne man – sagen die Griechen – kleine Abschnitte von einer dicken Brombeerstrauchrute abschneiden, in 1 HandbreitM tiefe Gruben eingraben und sie täglich pflegen, indem man umgräbt und bewässert, bis sie austreiben. (2) In diesem Monat wird Lattich gesät, damit er im April ausgepflanzt werden kann. Ebenso wird Karde gesät, auch Kresse, Koriander, Mohn, Knoblauch oder ulpicumP, wie im November [12.6]. Jetzt wird Bohnenkraut gesät, in reichem Boden, gedüngt, solange dieser sonnig oder – besser noch – in der Nähe des Meeres ist. Es kann auch in Kombination mit Zwiebeln gesät werden. (3) In ebenfalls diesem Monat soll man Zwiebeln säen, obwohl es allgemein anerkannt ist, dass auch Frühjahr und Herbst gute Aussaatzeiten sind. Wenn man die Samen sät, wachsen sie zu Zwiebeln und haben ihren Ertrag weniger in der Art von Samen; wenn man die Zwiebelpflanze in der Größe verringert, erzeugt sie aber viel Samen. Zwiebeln schätzen reichen Boden, kräftig bearbeitet, bewässert und gedüngt. Wir machen Beete in solchen Böden, die von jedem Unkraut und allen Wurzeln gereinigt sind. Wir werden an einem ruhigen schönen Tag säen, vorzugsweise bei Auster- oder Eurus-WindW. (4) Wenn man bei abnehmendem Mond sät, ist ihr Wachstum dünn und ziemlich bitter; wenn bei zunehmendem Mond, sind sie fest und saftig im Geschmack. Sie sollen recht dünn gepflanzt und recht häu-

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debemus auferre; sic sucus ad inferiora cogetur. de quibus vero semina colligenda sunt, iuventur adminiculis, ubi caulem coeperint excitare. cum niger color seminis fuerit, praeferunt maturitatis indicia. vellendi sunt talli adhuc semisicci cum semine et sic in sole siccandi. (5) hoc mense anetum seres locis frigidis. omnem caeli statum patitur, sed tepidiore laetatur. rigetur, si se imber abstineat. seratur rarius. aliqui semen eius non obruunt opinantes, quod a nulla ave tangatur. nunc et senapi serere possumus. hoc etiam mense caules seremus, qui et toto anno seri possunt. solum pingue et satis subactum diligunt; argillam et glaream timent; sabulone et harenis non delectantur, nisi perennis unda succurrat. (6) omnem statum caeli caulis patitur, frigidum magis. contra Austrum positi citius ferunt, contra septentrionem serius. sed hic et sapore caulis vincit et robore. clivis delectatur et ideo ponendae sunt plantae per pulvinos arearum. gaudet stercore et sarculatione. rarius positus convalescit. celerius coquetur virore servato, si, dum est trium vel quattuor foliorum, nitrum tritum cribello desuper spargas, ut speciem pruinae canentis imitetur. (7) Columella dicit plantarum radices alga marina involvendas servandae viriditatis causa fimo simul adhaerente. ponendae sunt plantae maioris incrementi, quia, licet serius conprehendant, fortiores fient. si hiems est, tepido iam die,

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fig gejätet und gehackt werden. Wenn wir größere Zwiebeln wollen, müssen wir die Blätter entfernen; auf diese Weise wird der Saft in das untere Ende gezwungen werden. Diejenigen, die man aus Samen zieht, sollen mit kleinen Stöcken gestützt werden, wenn sie einen Stiel zu entwickeln beginnen. Die Samen signalisieren ihre Reife, wenn sie sich schwarz verfärben. Die Stiele mit ihren Samen sollen, während sie noch halbtrocken sind, eingeholt und in der Sonne getrocknet werden. (5) In diesem Monat wird man an kalten Orten Dill säen. Er wächst in jedem Klima, genießt aber ein wärmeres. Man muss ihn bewässern, wenn es nicht regnet, und ziemlich dünn säen. Manche Menschen graben die Samen nicht ein, da sie meinen, dass Vögel sie nicht berühren. Jetzt können wir auch Senf säen. In ebenfalls diesem Monat werden wir Kohl säen, obwohl er eigentlich das ganze Jahr lang ausgesät werden kann. Er liebt reichen, gut bearbeiteten Boden, fürchtet Mergel und Kies und ist nicht glücklich mit Grobsand oder Sand, es sei denn, ihm wird ganzjährig durch Bewässerung geholfen. (6) Kohl wächst in jedem Klima, vorzugsweise in kaltem. Er bringt früher Ertrag, wenn er nach Süden blickt, später, wenn er nach Norden blickt, aber letzterer ist in Geschmack und Robustheit überlegen. Er liebt Abhänge und soll auf Bergrücken in Beete gepflanzt werden. Er genießt Mist und Hacken. Wenn er ziemlich dünn gepflanzt wird, wächst er stark. Er wird beim Kochen schneller gar werden und seine Kraft bewahren, wenn man, sobald er 3 oder 4 Blätter hat, durch ein Sieb geriebenes NatronB aufstreut, das wie Raureif aussieht. (7) ColumellaN [11.3.23] sagt, dass man ihm helfen kann, [beim Kochen] sein frisches Grün zu behalten, wenn man seine Wurzeln beim Umpflanzen in Meeresalgen einwickelt und zugleich etwas Mist auflegt. Man soll die

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si aestas, cum sol in vesperam declinatur, planta pangenda est. vastior fiet, si terra operiatur adsidue. semen brassicae vetustum mutatur in rapa. (8) hoc mense post Idus sfongeas asparagorum vel novas formare incipiemus ex semine vel antiquas ponemus. mihi etiam illud vile videtur ac diligens, ut asparagi agrestis radices plurimas in unum locum congeramus cultum vel certe saxosum, quae statim fructum dent ex loco, qui aliud nil alebat, et has annis omnibus incendamus in scopis, ut fructus frequentior surgat et fortior. hoc autem genus est sapore iocundius. (9) nunc etiam malva seri potest. mentam quoque sere plantis vel radicibus loco umido vel circa aquas. apricum solum nec pingue nec stercoratum desiderat. hoc mense feniculum seres loco aprico et modice saxoso. seritur primo vere pastinaca et semine ponetur et plantis loco pingui, soluto, altius pastinato; raram statues, ut robur accipiat. cunela etiam nunc seritur et colitur eo more, quo alium vel cepulla. nunc cerefolium locis frigidis post Idus seratur; desiderat agrum laetum, umidum, stercoratum. (10) hoc mense betam seremus, quamvis possit et tota aes-

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Setzlinge, die mehr Wachstum haben, umpflanzen, weil sie zwar langsamer wachsen, aber stärker werden. Im Winter soll die Verpflanzung in der Wärme des Tages durchgeführt werden, im Sommer, wenn die Sonne gegen Abend untergeht. Sie werden breiter werden, wenn sie regelmäßig mit Erde abgedeckt werden. Alter Kohlsamen verwandelt sich in Rübsen. (8) In diesem Monat werden wir nach seiner Mitte Spargel-»Schwämme« beginnen [s. 4.9.11], entweder indem wir neue aus Samen generieren oder indem wir alte auspflanzen. Tatsächlich halte ich es für eine billige und sparsame Methode, wenn wir viele wilde Spargelwurzeln an einer Stelle auspflanzen, die unbebaut – und am besten steinig – ist, so dass sie an einem Ort, der sonst nichts tragen kann, sogleich eine Ernte einbringen. Und wir werden diese, also die Stiele, jedes Jahr verbrennen, damit ihre Ausbeute dichter und fester wird. Diese Sorte ist angenehm im Geschmack. (9) Ebenfalls jetzt kann Malve ausgepflanzt werden. Auch Minze soll man aus Setzlingen oder Wurzeln starten, an einem feuchten Ort oder am Wasser. Sie will sonnigen Boden, weder reich noch gedüngt. In diesem Monat wird man Fenchel an einem sonnigen, mäßig felsigen Platz säen. Zu Frühjahrsanfang wird auch Möhre gesät; sie wird durch Samen oder Setzlinge in reichen Boden gepflanzt, lose und ganz tief eingegraben. Man wird sie gut verteilen, damit sie stark wird. Dost wird ebenfalls jetzt gesät und in der gleichen Weise wie Knoblauch oder Zwiebel kultiviert. Jetzt ist die Zeit für die Aussaat von Kerbel an warmen Orten, nach der Monatsmitte; er will Land, das fruchtbar, feucht und gedüngt ist. (10) In diesem Monat werden wir Bete säen, obwohl sie

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tate seminari. amat agrum putrem, umidum locum. transferenda est quattuor aut quinque foliorum radicibus fimo recenti oblitis. amat frequenter effodi et multo stercore saturari. (11) hoc mense porrus serendus; quem si sectilem velis, post duos menses, quam satus est, poteris desecare manentem in areis suis, quamvis adserat Columella etiam sectivum diutius duraturum melioremque, si transferatur. et quotiens secabitur, aqua iuvetur et stercore. si capitatum facere velis, quod vere severis, Octobri mense transferre debebis. serendus est loco laeto et maxime campestri, area plana, pastinata alte et diu subacta et stercorata. si sectivum velis, spissius, si capitatum, rarius seris. sarculo frequentandus est et herbis liberandus. (12) cum digiti crassitudinem habuerit, a media parte praecisis foliis et truncatis radicibus transferatur; oblitus fimo liquido quaternis vel quinis digitis separetur. cum radices aget, modice conprehendendus et adlevandus est sarculo, ut suspensus a terra, quod spatii vacuum subter invenerit, capitis vastitate cogatur inplere. item plura semina in unum ligata si deposueris, grandis porrus nascetur ex omnibus. item si capiti eius rapae semen inmittas sine ferro

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den ganzen Sommer lang gesät werden können. Sie liebt krümeliges Land und eine feuchte Lage. Sie ist bereit für die Verpflanzung – die Wurzeln werden dabei mit frischem Mist bestrichen –, wenn sie vier- oder fünfblättrig ist. Sie liebt es, häufig umgegraben und mit viel Mist durchnässt zu werden. (11) In diesem Monat soll Lauch gesät werden. Wenn man ihn zum Schneiden möchte, kann man ihn 2 Monate nach der Aussaat schneiden und in den Beeten lassen, obwohl ColumellaN [11.3.30] angibt, dass auch Lauch zum Schneiden länger und besser überdauern wird, wenn man ihn verpflanzt. Jedes Mal, wenn Lauch geschnitten wird, soll ihm mit Wasser und Mist geholfen werden. Wenn man ihn »mit Kopf« [Knolle] machen möchte, wird man im Oktober verpflanzen, was man im Frühjahr ausgesät hat. Man soll ihn in fruchtbaren Boden säen, vorzugsweise in der Ebene, in einem Beet, das flach ist, als pastinumA umgegraben, lange bearbeitet und gedüngt. Wenn man ihn zum Schneiden möchte, sät man ihn dichter, wenn »mit Kopf«, dünner. Lauch muss häufig mit der Hacke besucht und frei von Unkraut gehalten werden. (12) Wenn [die Pflanzen] die Dicke eines Fingers haben, sollen sie verpflanzt werden, wobei die Blätter auf halber Höhe abgehackt und die Wurzeln abgeschnitten werden. Man beschmiert sie mit Mist und setzt sie 4 oder 5 FingerbreitM auseinander ein. Sobald sie Wurzeln geschlagen haben, sollen sie vorsichtig genommen und mit der Hacke angehoben werden, so dass sie vom Boden entfernt gehalten werden und infolgedessen gezwungen sind, den leeren Raum, den sie unter sich finden, mit einem Kopf von entsprechender Größe zu füllen. Wenn man dazu mehrere zusammengebundene Samen pflanzt, wird aus ihnen allen ein großer Lauch wachsen, ebenso, wenn man – ohne Eisen[messer] – Rübsensamen in den Kopf steckt und

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et pangas, multum fertur increscere; melius, si frequenter hoc facias. (13) hoc mense inula seritur, quo canneta ponuntur. seritur oculis sicut calami, quos abscidere et terra leviter debemus obruere terra fossa et subacta excitatis ad lineam pulvinis, quibus eius oculos oportet infodere. trium pedum inter se spatia separantur. (14) hoc mense colocasei bulbos ponemus. amant umidum locum, pinguem, maxime inriguum. circa fontes laetantur et rivos nec de soli qualitate curant, si perpetuo foveantur umore. frondere prope semper possunt, si tamquam citreta tegumentis defendantur a frigore. hoc mense cyminum et anessum seritur loco bene subacto et cui laetamen admisceas. quod satum est, herbis purgetur adsidue.

25. de pomis (1) pirus plantas pirorum mense Februario locis frigidis ponemus, calidis vero Novembri; sed mense Novembri pira locis tepidis conserenda sunt, ut solo iuventur inriguo. ita et florem plurimum proferent et magnitudinem pomi turgentis

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auspflanzt, wird dies – so sagen die Leute – viel Wachstum bringen, umso mehr, je häufiger man dies tut. (13) In diesem Monat wird Alant gestartet, wo Pfahlrohr gepflanzt wird. Wie Rohrstock wird er mit AugenV begonnen; wir müssen sie abschneiden und leicht in Erde eingraben, in mit Gruben versehenen, gut bearbeiteten Boden, nachdem wir längliche Bodenrippen gebildet haben, in die wir die AugenV eingraben müssen. Sie werden voneinander durch einen Abstand von 3 FußM getrennt. (14) In diesem Monat werden wir die Zwiebeln von Zehrwurz pflanzen. Sie lieben einen feuchten, reichen Ort, vor allem einen, der bewässert ist. Sie sind glücklich in der Umgebung von Quellen und Bächen und sind der Bodenqualität gegenüber gleichgültig, solange sie von ständiger Feuchtigkeit begünstigt werden. Sie können fast ununterbrochen Blätter bilden, wenn sie wie Zitronenbäume durch Abdeckungen vor der Kälte geschützt werden. In diesem Monat werden Kümmel und Anis gesät, an einem gut gearbeiteten Ort, in den man Dünger mischen soll. Die Aussaat soll regelmäßig von Unkraut befreit werden.

Obstbau 25. Obstbäume (1) Birnbaum Wir werden Birnbaum-Setzlinge im Februar an kalten Plätzen auspflanzen, an heißen aber im November. Der Grund dafür, Birnbäume an warmen Orten im November zu beginnen, ist, dass ihnen dann die Feuchtigkeit in der Erde zugutekommen kann; auf diese Weise werden sie nicht nur reichlich Blüten haben, sondern auch die Frucht zu einer

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adquirent. nasci tamen tali solo maxima diligunt, quali vineas diximus convenire; sed laeto solo et validas arbores et fructus plurimos consequemur. (2) lapidosi generis pira vitium mutare creduntur, si terris mollibus conserantur. sed pirum plantis serere prope tardus eventus est; tamen quibus hoc placet, ut semina generosa nihil sibi de agresti asperitate permisceant, plantas bimas aut trimas eo more, quo oleae ponuntur, radicatas magnis scrobibus ponant, supra terram tribus altas vel quattuor pedibus, quarum decisa cacumina argilla mixta muscus debet operire. nam si quis pirorum semen aspargat, nasci quidem necesse est originem suam refovente natura, cuius aeternitati nulla tarditas potest creare fastidium. sed homini hoc spectare longinquum est, cum et sero veniant et de generis habilitate decedant. (3) melius ergo hoc mense Novembri fiet, ut pirorum plantas radicatas seramus agrestium subactis bene scrobibus, ut, cum prehenderint, inserantur. hoc autem interest, quod, quae plantis suis seruntur, dulcedinem ac teneritudinem servant, diu tamen servata non durant; insita vero moram temporis sustinebunt. spatia inter piros triginta pedum mensura discernat. genus hoc arboris, ut

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guten Größe anschwellen lassen. Sie schätzen vor allem die Art von Boden, die wir als für Rebstöcke geeignet benannt haben [1.5.4; 2.13.5], aber in fruchtbarem Boden werden wir starke Bäume und viel Obst hervorbringen. (2) Es wird angenommen, dass Birnen von einer steinigen Art diesen Fehler verlieren, wenn sie in weichem Untergrund ausgepflanzt werden. Eigentlich bringt das Ziehen von Birnen aus Setzlingen nur langsame Ergebnisse. Diejenigen jedoch, die diese Methode wählen, um so die kultivierten Sorten vor einer Vermischung mit den rauen Wildformen zu bewahren, sollen sie wie Ölbäume pflanzen, indem sie die Bäume, wenn sie 2 oder 3 Jahre alt und gut angewurzelt sind, in große Gruben stellen, so dass sie 3 oder 4 FußM über den Boden hinausragen. Moos, gemischt mit Lehm, soll verwendet werden, um die verletzten Spitzen abzudecken [die man wie bei den Ölbäumen abtrennt; s. 3.18.1]. Wenn nämlich jemand Birnenkerne pflanzt, werden sie ohne Zweifel wachsen; die Natur fördert immer ihre eigene Methode der Fortpflanzung und für ihre ewige Perspektive kann keinerlei Langsamkeit ermüdend sein. Aber für einen Menschen ist es ein langwieriges Geschäft, darauf zu warten, da sie sich nur langsam entwickeln und von der guten Qualität der Sorte degenerieren. (3) Die bessere Methode wird also sein, wenn wir im November verwurzelte Setzlinge von wilden Birnen in Gruben in gut gearbeitetem Boden pflanzen und pfropfenV, sobald sie angewachsen sind. Es besteht der Unterschied, dass diejenigen, die aus reinen Setzlingen begonnen werden, Süße und Zartheit bewahren, aber bei der Einlagerung nicht lange halten, während diejenigen, die gepfropft werden, den Lauf der Zeit gut überstehen. Ein Maß von 30 FußM soll den Abstand zwischen Birnbäumen bestimmen. Um bei dieser Art Ergebnisse hervorzubringen, muss man sie mit häufiger Bewässerung und wiederhol-

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proficiat, frequenti umore et adsiduis fossionibus est colendum usque adeo, ut tempore, quo florere consuevit, nihil perditura credatur de flore prolato, si eam tunc fossor adiuverit. (4) multum proficis, si interiecto anno, quale libet, laetamen adiungas; sed bubulum creditur spissa et gravia poma generare. aliqui cinerem miscent credentes hinc contrahi pomis argutos sapores. generum varietates exequi supervacuum puto, cum in ponendis vel excolendis sit nulla distantia. si languida arbor est piri, vel oblaqueatae radicem terebras et ibi ligneum palum deprimis vel in trunco similiter terebrato ex taeda cuneum figis vel, si hoc desit, ex quercu. (5) vermes eius arboris et nati necantur et nasci prohibentur radicibus felle taurino frequenter infusis. item faeces vini veteris recentes, si radicibus adfundantur per triduum, diutius arbores in floribus laborare non faciunt. (6) si lapidosa pirus est, ab extremis radicibus terram priorem levabis et secernes omnes lapillos; quibus diligenter remotis alteram terram cribro cretam in loco eius infundes. sed hoc proderit, si rigare non cesses. mense Februario et Martio pirus inseritur more, quo dictum est, cum de insitione loqueremur, sub cortice et in trunco. inseritur autem piro agresti, melo, ut nonnulli,

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tem Umgraben fördern – so sehr, dass man in der Blütezeit denkt, der Baum könne keine der Blüten verlieren, die er hervorgebracht hat, wenn der Grabende ihm zu dieser Zeit hilft [bei anderen Bäumen vermeidet man die Blütezeit, um ein Abschlagen von Blüten zu vermeiden; s. etwa 2.15.9]. (4) Man wird viel Gutes tun, wenn man nach 1 Jahr Pause Mist ergänzt; jede Art wird nützen, aber von Rindermist nimmt man an, dass er dicht gesetzte, schwere Früchte fördert. Einige Leute mischen Asche ein, weil sie glauben, dass diese in der Frucht zu starken Aromen führt. Ich denke, dass es überflüssig ist, die verschiedenen Arten darzulegen, da es keine Unterschiede in der Pflanzung und Pflege gibt. Wenn ein Birnbaum kränklich ist, muss man entweder um die Wurzel herum eine Bodenlockerung vornehmen, ein Loch in die Wurzel bohren und einen Holzpfahl hindurchzwingen oder in ähnlicher Weise ein Loch in den Stamm bohren und einen Fichten- oder hilfsweise Eichenkeil darin befestigen. (5) Die Würmer an diesem Baum werden am Wachsen gehindert oder nach dem Wachsen abgetötet, wenn man die Wurzeln des Baums häufig mit Stiergalle begießt. Frischer Weinbodensatz von altem Wein wird, wenn er 3 Tage lang auf die Wurzeln gegossen wird, verhindern, dass die Bäume zu lange in Blüte stehen. (6) Wenn eine Birne steinig ist, wird man die vorhandene Erde von den Wurzelspitzen entfernen und alle kleinen Steine abtrennen. Nach sorgfältigem Entfernen wird man an deren Stelle frische Erde schütten, die gesiebt wurde. Dies wird allerdings nur dann wirksam sein, wenn man ständig bewässert. Im Februar und März wird der Birnbaum unter der Rinde oder im Stamm gepfropft, in der Weise, die wir beim PfropfenV beschrieben haben [3.17]. Er wird auf wilden Birn- oder Apfelbaum gepfropft, nach mehreren Autoritäten aber auf Mandelbaum und Dornbusch; nach VergilN

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amygdalo et spino, ut Vergilius, orno et fraxo et cydoneo, ut aliqui, et Punico sed fisso ligno. (7) surculus piri, qui inseritur ante solstitium, anniculus esse debet et priusquam figatur, foliis et omni tenera parte privari; post solstitium vero eum figis, qui summum germen inclusit. [pirus omni genere inseritur.] (8) condienda sunt pira [ita] die placido decrescente luna a vicesima secunda usque in octavam. eadem poma sicca et manu lecta hora a secunda in quintam vel a septima in decimam, a caducis diligenter electa, integra et prope dura et aliquanto viridia in picato vase clauduntur, quod operculo tegitur et deorsum os eius inclinatur atque obruitur in eo loco, circa quem perennis aqua decurrit. (9) item quae dura sunt in carne et cute, prius in acervo posita, ubi se mollire coeperint, in vas fictile bene coctum picatumque ponuntur et operculo superveniente gypsantur. vas brevi scrobe demergitur in eo loco, qui cotidie sole tangatur. plurimi pira obruta inter paleas aut frumenta servarunt. alii statim lecta cum tenacibus suis picatis urceis condiderunt et oribus vasculorum gypso vel pice clausis ipsa sub divo obruta sabulone texerunt. alii pira, quae se non contingerent, in melle servarunt. item pira divisa et purgata granis in sole siccantur. (10) aliqui aquam salinam, cum coeperit undare calefacta, despumant et ei post iam frigidae pira servanda

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[Georgica 2,71–72] auf wilde Esche, Esche und Quittenbaum, nach einigen auch auf Granatapfelbaum, aber nur in den gespaltenen StammV. (7) Ein Birnen-Pfropfreis, das vor der Sonnenwende eingesetzt wird, soll ein Jahr alt sein; vor dem Einsetzen sollen seine Blätter und alles Weichholz abgestreift werden; nach der Sonnenwende aber soll man ein Pfropfreis einsetzen, das einen äußeren Trieb hat. (8) Birnen sollen an einem ruhigen Tag eingelagert werden, bei abnehmendem Mond, vom 22. bis zum 28. Tag nach Neumond. Die Früchte sollen trocken sein und von der 2. bis zur 5. oder von der 7. bis zur 10. StundeK von Hand gepflückt werden; sie sollen solide, fast schwer und etwas grün sein, sorgfältig von denen getrennt, die bereits abgefallen sind. Sie werden in einem verpichten Gefäß gelagert, das dann mit einem Deckel abgedeckt und mit der Öffnung nach unten an einem Ort vergraben wird, in dessen Nähe ganzjährig ein Wasserlauf fließt. (9) Birnen hingegen, die schwer an Fleisch und Schale sind, werden zuerst auf einen Haufen gelegt, wo sie weich zu werden beginnen, und dann in ein Keramikgefäß gegeben, das gut gebrannt und verpicht ist, und mit Gips um den Deckel eingesiegelt; das Gefäß wird in einer flachen Grube an einem Ort versenkt, den die Sonne jeden Tag erreicht. Andere Leute haben Birnen in Spreu oder Getreide vergraben konserviert. Andere haben sie unmittelbar nach der Ernte mit ihren Stielen in verpichte Gefäße gelegt und die Öffnung mit Gips oder Pech verschlossen und dieses dann im Freien unter einer Abdeckung aus Grobsand begraben. Andere haben Birnen, die sich gegenseitig nicht berühren, in Honig gehalten. Ebenso kann man Birnen aufschneiden, von ihren Samen reinigen und in der Sonne trocknen. (10) Manche erhitzen Salzwasser und schöpfen den Schaum ab, wenn es zu kochen anfängt; nachdem es abgekühlt ist, legen sie die Bir-

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demergunt. tunc exempta post tempus exiguum condunt urceo et eius lito ore conservant; vel nocte et die in frigida salsa manere patiuntur, post in aqua pura biduo macerant, deinde in sapa vel passo vel dulci vino mersa custodiunt. .

(11) vinum piri et acetum vinum de piris fit, si contusa et sacco rarissimo condita ponderibus conprimantur aut prelo. hieme durat, sed prima acescit aestate. acetum sic fit de piris: pira silvestria vel asperi generis matura in cumulo reservantur per triduum. deinde mittuntur in vasculo, cui fontana aut pluvialis aqua miscetur, et opertum vas per triginta dies relinquitur ac subinde, quantum sublatum fuerit aceti ad usum, tantum redditur aquae ad reparationem. .

(12) liquamen ex piris liquamen de piris castimoniale sic fiet. pira maturissima cum sale calcantur integro. ubi carnes eorum fuerint resolutae, vel in cupellis vel in vasculis fictilibus picatis condiuntur. post mensem tertium suspensae hae carnes liquorem dimittunt saporis iocundi sed coloris albiduli. contra hoc illud proderit, ut tempore, quo saliuntur, pro aliqua parte vina nigella permisceas.

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nen hinein, die konserviert werden sollen, nehmen sie nach kurzer Zeit heraus und legen sie in ein Gefäß, verschließen seine Öffnung mit Gips und lagern es ein; oder sie lassen sie 1 Tag und 1 Nacht in kaltem Salzwasser stehen, tauchen sie dann 2 Tage lang in frisches Wasser und lagern sie in sapaL, passumL oder süßen Wein eingelegt. (11) Birnenwein und -essig Wein aus Birnen wird gewonnen, indem man sie aufschlägt, in einen sehr feinen Sack einschließt und mit Gewichten oder in einer Presse ausdrückt. Er hält sich über Winter, wird aber zu Beginn des Sommers sauer. Essig aus Birnen wird wie folgt hergestellt: Wilde Birnen oder die einer harten Sorte werden, wenn sie reif sind, 3 Tage lang in einem Stapel gelagert. Dann werden sie mit der Zugabe von Regen- oder Quellwasser in ein Gefäß gelegt, abgedeckt und 30 Tage lang darin gelassen; danach wird der Essig für die Verwendung abgezogen und mit einer gleichen Menge Wasser ersetzt. (12) Birnensauce Fasten-Birnensauce kann wie folgt hergestellt werden: Sehr reife Birnen werden zusammen mit ganzen Salzkörnern zertreten. Wenn ihr Fruchtfleisch eingestampft ist, werden sie in kleinen Fässern oder in verpichten Keramikgefäßen gelagert. Nach dem 3. Monat werden diese entleert, dann gibt dieses Fruchtfleisch eine Flüssigkeit von herrlichem Geschmack, aber blasser Farbe ab. Um dies zu korrigieren, wird es hilfreich sein, wenn man beim Salzen eine bestimmte Menge schwärzlichen Wein einmischt.

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(13) de melo mense Februario et Martio mela seramus, si calida et sicca regio est, Octobri et Novembri. eorum plura sunt genera, quae numerare superfluum est. amant pingue ac laetum solum et cui umorem non tam rigatio quam natura subpetit. et si in harena vel argilla sit, rigationibus adiuvetur. montanis locis debent ad meridiem versa constitui. et frigido solo proveniunt, si caeli tepor adiuverit, nec in asperis et umectis sedem recusant. macrum et aridum solum poma vermiculosa efficit et caduca. (14) seruntur omni genere sicut piri; neque exarari neque effodi desiderant. idcirco eis magis prata conveniunt. stercus ovillum tantum non exigunt quidem, sed libenter adsumunt, vel si cineris pulveres misceantur. amant modestas rigationes. putatio illis apta est, sed maxime, ut arida aut male nata tollantur. (15) citius senescit haec arbor et in senectute degenerat. si caduca sunt poma, fissae radici lapis iniectus poma retinebit. lacertae viridis felle si tangantur cacumina, non putrescit. vermes eius suillo stercore mixto humanae urinae aut felle bubulo extinguuntur; qui si plures circa arborem sunt, aereo scalpro semel rasi non ultra nascentur. quae rasa sunt, bubulum stercus obducat. (16) si spissa poma ramos onerabunt, interlegenda

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(13) Apfelbaum Wir werden Apfelbäume im Februar und März säen, wenn die Gegend jedoch heiß und trocken ist, im Oktober oder November. Es gibt viele Sorten, die aufzuzählen überflüssig ist. Sie lieben reichen fruchtbaren Boden, dessen Feuchtigkeit nicht durch Bewässerung, sondern von der Natur geliefert wird; einem Baum in Sand oder Mergel soll durch Bewässerung geholfen werden. In bergigen Orten sollen sie so gepflanzt werden, dass sie nach Süden ausgerichtet sind. Sie wachsen auch in kaltem Boden, wenn ihnen von der Wärme des Klimas geholfen wird, und verweigern eine Position in rauem oder feuchtem Boden nicht. Magerer und trockener Boden macht die Äpfel wurmig und lässt sie herabfallen. (14) Sie werden mit denselben Methoden wie Birnen gestartet. Sie schätzen es nicht, wenn in ihrer Umgebung gepflügt oder umgegraben wird, und aus diesem Grund passen Wiesen besser zu ihnen. Sie benötigen nicht unbedingt Schafmist, nehmen ihn aber gerne an, zumindest wenn feine Asche mit ihm vermischt wird. Sie schätzen mäßige Bewässerung. Zurückschneiden ist angemessen, aber vor allem, um trockenes oder fehlerhaftes Holz zu entfernen. (15) Dieser Baum altert recht schnell und verschlechtert sich im Alter. Wenn die Äpfel zum Abfallen neigen, wird sie ein Stein, der in die zuvor gespaltene Wurzel eingefügt wird, am Baum halten. Wenn die Baumkrone mit der Galle einer grünen Eidechse berührt wird, dann wird der Baum nicht verrotten. Würmer werden mit Schweinemist, mit Menschenurin oder mit Rindergalle entfernt. Wenn es eine große Anzahl von ihnen um einen Baum gibt, schabt man sie mit einem Bronzeskalpell ab und sie werden nicht mehr erscheinen. Die abgeschabten Bereiche sollen mit Rindermist bedeckt werden. (16) Wenn die Zweige von einer schweren Ernte von Äpfeln belastet werden, sollen alle fehlerhaften

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sunt quaeque vitiosa, ut alimentum ceteris sucus aequiperet et generosis abundantiam ministret, quam numerosa vilitate perdebat. (17) malus omni genere inseri potest, quo pirus. mense Februario, Martio et aliis, quibus pirus, inseritur in melo, in piro, in spino, pruno, sorbo, Persico, platano, populo, salice. diligenter legenda sunt mela, quae volumus custodire. ea in locis obscuris, ubi ventus non sit, stramentis prius in crate subiectis in cumulos secreta disponimus; qui cumuli frequenti divisione separentur. aliqui diversa dixerunt, vel singula in vasculis fictilibus picatis atque oblitis claudi vel argilla involvi vel solos pediculos creta adlini vel in tabulis substrata palea disponi et stramentis de superiori parte coperiri. (18) mela rotunda, quae orbiculata dicuntur, sine cura toto anno servare se possunt. alii in puteo vel cisterna mergunt vasa fictilia, quibus diligenter picatis et clausis mela committunt. alii ex arbore mela inlaesa sumpserunt et pediculis eorum pice ferventi mersis supra tabulatum per ordinem disposuerunt nucum foliis subter expositis. plerique scobem populi vel abietis inter mela diffundunt. (19) constat mela sic ponenda, ut pediculorum partes deorsum facias neque, antequam usui necessaria videantur esse, contingas. vinum et acetum fit ex melis, sicut ex piris ante praecepi.

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Früchte ausgedünnt werden, damit der Saft seine Nahrung gleichmäßig auf den Rest verteilt und die gut gezogenen Äpfel mit der Fülle versorgt, die sonst auf eine Menge von mittelmäßigen verschwendet würde. (17) Apfelbaum kann mit den gleichen Verfahren wie Birnbaum gepfropftV werden [s. 3.25.6–7]. Im Februar, März und anderen Monaten wird er wie Birnbaum auf Apfelund Birnbaum, Dornbusch, Pflaumen-, Speierling-, Pfirsichbaum, Platane, Pappel und Weide gepfropft. Äpfel, die wir einlagern wollen, müssen sorgfältig gesammelt werden. Wir legen sie in Haufen an dunklen Orten, wo es keinen Wind gibt, nachdem wir zuvor Stroh auf Roste aus Flechtwerk gelegt haben. Die Haufen sollen durch häufige Einteilungen voneinander getrennt werden. Einige Leute nennen verschiedene Methoden: Entweder schließt man sie einzeln in verpichte und versiegelte Keramikgefäße ein oder man beschichtet sie mit Mergel oder beschmiert ihre Stiele mit Ton oder man legt sie auf Bretter, die mit Spreu bestreut sind, und deckt sie von oben mit Stroh ab. (18) Runde Äpfel, die man »orbiculata« [kugelig] nennt, können ein ganzes Jahr lang ohne jede Mühe aufbewahrt werden. Einige Leute versenken Keramikgefäße in einem Brunnen oder einer Zisterne und vertrauen ihnen die Äpfel nach sorgfältiger Verpichung und Verschließung an. Einige pflücken unbeschädigte Äpfel vom Baum, tauchen ihre Stiele in kochendes Pech und legen sie in Reihen auf einen Holzboden, wobei unter ihnen Walnussblätter ausgebreitet sind. Die meisten Leute schütten Sägemehl von Pappeln oder Tannen zwischen die Äpfel. (19) Alle sind sich einig, dass man Äpfel mit dem Stiel nach unten legt und sie nicht berührt, bevor man die Notwendigkeit hat, sie zu verwenden. Wein und Essig werden aus Äpfeln in der Weise hergestellt, die ich vorhin [3.25.11] bei Birnen gelehrt habe.

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(20) cydoneis serendis plerique tempora diversa dixerunt; tamen mihi usu conpertum est in Italia circa Urbem mense Februario vel inchoante Martio plantas cydoneorum radicatas in pastinato solo tenuisse adeo feliciter, ut saepe sequentis anni fruge gauderent, si posita maioris status fuissent. locis siccis et calidis extremo Octobri vel Novembri inchoante ponantur. amant cydonea locum frigidum, umectum. si in tepido statuantur, opus est illis rigatione succurri. (21) ferunt tamen statum mediocris situs inter naturam frigoris et caloris et in planis et in declivibus proveniunt, magis tamen inclinata et devexa desiderant. serunt aliqui cacuminibus et talea, sed tardus est in utroque proventus. ita ponendae sunt [largae] arbores cydonei, ne alteram quatiente vento stillicidium tangat alterius. (22) dum minor est vel ponitur, iuvetur stercore, maior vero cinere vel cretae pulvere semel toto anno radicibus misso. poma in his et cito matura et maioris incrementi adsiduus umor efficiet. riganda sunt, quotiens caelestis negatur infusio, et circumfodienda locis calidis Octobri mense et Novembri, frigidis Februario vel Martio. nisi circumfodiatur adsidue, aut sterilis efficitur aut eius poma degenerant. putanda est, sicut probavi, et a vitiosis omnibus liberanda. (23) si arbor aegra est, amurca aquae

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Quitte (20) Für Quitten, die ausgesät werden sollen, werden von vielen Autoritäten verschiedene Termine genannt. Ich aber weiß aus Erfahrung, dass in Italien bei der Stadt [RomO] im Februar oder Anfang März Quittenpflanzen so erfolgreich im pastinumA anwurzelten, dass sie oft schon im folgenden Jahr in Frucht schwelgten, wenn sie schon bei der Pflanzung von beträchtlicher Höhe gewesen waren. An heißen, trockenen Orten sollen sie im Oktober oder Anfang November gepflanzt werden. Quitten schätzen einen kalten, feuchten Ort; wenn sie in eine warme Umgebung gesetzt werden, muss man ihnen durch Bewässerung helfen. (21) Aber sie akzeptieren eine Platzierung an einem mittelmäßigen Ort, der in seiner Natur zwischen heiß und kalt ist. Sie wachsen in ebenen und abschüssigen Lagen, aber lieber an Steigungen und Abhängen. Einige beginnen sie mit Zweigspitzen oder Stecklingen, doch ist der Fortschritt bei beiden Methoden langsam. Quittenbäume sollen in der Weise gestellt werden, dass keiner von den Tropfen eines anderen berührt wird, wenn der Wind an ihnen rüttelt. (22) Solange der Quittenbaum recht klein oder neu gepflanzt ist, soll man ihm mit Mist helfen, wenn er aber größer wird, mit Asche oder gemahlenem Ton, der einmal im Jahr auf die Wurzeln gestreut wird. Ständige Feuchtigkeit wird Früchte dieser Art früher reif und das Wachstum größer machen. Sie sollen bewässert werden, wenn Regen vom Himmel fehlt, und an heißen Orten soll im Oktober oder November um sie herum umgegraben werden, an kalten im Februar oder März. Wenn nicht regelmäßig rund um den Baum herum umgegraben wird, wird er entweder unfruchtbar oder seine Frucht degeneriert. Der Baum muss, wie ich herausgefunden habe, beschnitten und von allem befreit werden, was defekt ist. (23) Wenn der Baum kränklich ist, wird Ölschaum zu gleichen Teilen

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aequaliter mixta radicibus debet adfundi aut calx vivus temperatus cum creta vel resina locularis pici liquidae mixta trunco arboris adlini vel ablaqueatae arbori circa radices inparis numeri poma cydonea pro magnitudine eius ponenda et obruenda firmantur; quod annis singulis factum custodiet a vitiis, sed arboris longae derogabit aetati. (24) mense Februario cydonea inseruntur, melius in trunco quam in cortice. recipiunt in se surculos prope omnis generis Punici, sorbi, omnium malorum, quae meliora producunt. inserantur autem novellae arbores, quibus sucus in cortice est; si maior est, circa radicem melius inseretur, ubi cortex et lignum beneficio soli adhaerentis umescit. (25) legenda sunt matura cydonea, quae hoc more servantur: vel inter binas tegulas posita, si luto ex omni parte claudantur vel si defrito incoquantur aut passo. alii, quae maiora sunt, fici foliis involuta custodiunt. alii tantum locis siccis reponunt, a quibus ventus excluditur. alii canna vel ebore in quattuor partes divisa sublatis omnibus, quae in medio sunt, in vase fictili melle obruunt. (26) alii, in melle sic integra demittunt, in quo genere condiendi satis matura deliguntur. alii milio obruunt vel paleis separata demergunt. alii plenis vino optima vasculis mittunt vel vini

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mit Wasser gemischt und auf die Wurzeln ausgegossen, oder BranntkalkB, mit Ton vermischt; auch soll Buchsbaum-Harz [in Buchsbaum-Kisten gelagertes Harz], mit flüssigem Pech vermischt, auf dem Baumstamm verstrichen werden; andere meinen, der Baum solle Bodenlockerung erfahren und eine ungerade Anzahl von Quitten, entsprechend seiner Größe, um seine Wurzeln gelegt und vergraben werden. Wenn man dies jedes Jahr tut, wird es ihn vor Erkrankungen schützen, wird aber von einer langen Lebensdauer des Baumes Jahre abziehen. (24) Quittenbäume werden im Februar gepfropftV, im Stamm, nicht in der Rinde. Sie akzeptieren Pfropfreiser fast jeder Art: Granatapfel- und Speierlingbaum sowie alle weichschaligen Obstbäume; diese verbessern sie. Das Pfropfen soll auf junge Bäume erfolgen, die Saft in der Rinde haben. Ein größerer Baum wird besser in der Nähe der Wurzel gepfropft, wo Rinde und Holz feucht sind, da Boden an ihnen haftet. (25) Quitten sollen, wenn sie reif sind, gepflückt und wie folgt eingelagert werden: Man platziert sie entweder zwischen zwei Ziegel, wenn sie rings mit Schlamm eingeschlossen sind oder wenn sie in defritumL oder passumL gekocht werden. Andere bewahren die größeren in Feigenblätter gewickelt auf. Andere legen sie einfach in trockenen Räumen beiseite, aus denen Wind ausgeschlossen ist. Andere teilen sie mit einem [angeschnittenen] Pfahlrohr oder einem Elfenbeinmesser in Viertel und entfernen alles in der Mitte und decken sie in einem Keramikgefäß mit Honig ab. (26) Andere legen sie ganz, so wie sie sind, in Honig; eine ziemlich reife Frucht wird für dieses Verfahren der Einlagerung gewählt. Andere vergraben sie voneinander getrennt in Rispenhirse oder legen sie in Spreu. Andere legen sie in Gefäße mit bestem Wein, oder machen die gleiche Mischung aus

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et defriti ad servanda cydonea aequum corpus efficiunt. alii doliis musti mergunt atque ita claudunt, quod odoratum reddit et vinum. alii in patina nova sicco gypso obruunt separata cydonea.

(27) siliqua siliqua Februario mense seritur et Novembri et semine et plantis. amat loca maritima, calida, sicca, campestria; tamen, ut ego expertus sum, in locis calidis fecundior fiet, si adiuvetur umore. potest et taleis poni. scrobem desiderat largiorem. inseri eam posse mense Februario credunt aliqui in pruno vel amygdalo. siliquae servantur diutissime, si expandantur in cratibus.

(28) morus amica est morus et vitis. mora nascuntur ex semine, sed et poma et virgulta degenerant. serenda est taleis vel cacuminibus, melius autem taleis sesquipedalibus ex utraque parte levigatis ac fimo oblitis. cum locum palo ante fecerimus, inmergemus ac tegemus cinere terris admixto. non amplius quam quattuor digitis operimus. seremus a medio Februario et toto Martio, locis vero calidioribus Octobri postremo vel Novembris initio, sed verno maxime die nono Kalendarum Aprilium. (29) amant loca calida, sabulosa et plerumque maritima. in tufo vel argilla vix conprehendunt.

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Wein und defritumL für die Einlagerung der Quitten. Andere legen sie in Fässer voll Most und versiegeln sie dann, ein Vorgang, der auch den Wein duftend macht. Andere decken die Quitten, ohne dass sie sich berühren, mit trockenem Gips in einer neuen Schüssel ab. (27) Johannisbrotbaum Johannisbrotbaum wird im Februar oder November sowohl mit Samen als auch mit Pflanzen begonnen. Er schätzt Orte, die maritim, heiß, trocken und flach sind; ich habe freilich schon selbst die Erfahrung gemacht, dass er an heißen Orten fruchtbarer wird, wenn ihm mit Feuchtigkeit geholfen wird. Er kann auch durch Stecklinge vermehrt werden. Er schätzt eine ziemlich große Grube. Einige glauben, er könne im Februar auf Pflaum- oder Mandelbaum gepfropftV werden. Johannisbrot hält für eine sehr lange Zeit, wenn es auf Roste aus Flechtwerk verteilt wird. (28) Maulbeerbaum Maulbeerbaum und Rebstock sind Freunde. Maulbeerbäume wachsen aus Samen, dann aber werden sowohl die Frucht als auch das Holzwachstum verschlechtert. Er soll aus Stecklingen oder Zweigspitzen, aber besser aus Stecklingen von 1 1/2 ZollM gestartet werden, die auf jeder Seite geglättet und mit Mist bestrichen worden sind. Nachdem wir zunächst einen Ort mit einem Pfosten vorbereiten, legen wir sie hinein und decken sie mit Asche ab, mit Erde vermischt. Wir decken sie nicht tiefer als 4 FingerbreitM ab. Wir pflanzen sie ab Mitte Februar und im März aus, an wärmeren Orten aber in den letzten Oktobertagen oder Anfang November. Im Frühjahr ist die beste Zeit der 24. März. (29) Sie lieben heiße Orte mit kiesigen Böden, und in der Regel diejenigen am Meer. Sie wachsen nur schwer

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umor adsiduus moris prodesse non creditur. fossionibus laetatur et stercore. putria in his et arida post triennium sunt putanda. plantam, si robustam, transferes mense Octobri et Novembri, si teneram, Februario et Martio. scrobes desiderat altiores, intervalla maiora, ne umbris prematur alterius. (30) feracem laetioremque mori arborem fieri aliqui tradiderunt, si perforato hinc inde trunco singulos cuneos inseramus terebinthi hinc, inde lentisci. circa Octobres Kalendas morus ablaqueanda est et radicibus eius vini veteris recentissimae faeces infundendae. inseritur in fico et in se tantum sub cortice. ulmo insita conprehendit, sed parturit magnae infelicitatis augmenta.

(31) abellana abellanae ponendae sunt nucibus suis. non amplius supra terram ducenda est quam crassitudine digitum duorum. plantis tamen et subole expertus sum melius provenire. mense Februario seu planta seu semen exponitur. gaudent loco macro, umido, frigido, etiam sabuloso. mense Iulio circa Nonas abellana matura est.

(32) myxa nunc seruntur myxa ex nuculeis in aliquo vase positis, donec

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in Tuffstein oder Mergel an. Gleichmäßige Feuchtigkeit wird nicht als hilfreich für Maulbeerbäume angesehen. Sie genießen es, umgegraben und gedüngt zu werden. Vermorschtes und trockenes Holz soll bei dieser Art nach dem 3. Jahr beschnitten werden. Man wird die Bäumchen im Oktober oder November verpflanzen, wenn sie robust sind, im Februar oder März hingegen, wenn sie zart sind. Der Baum schätzt tiefere Gruben und weiteren Abstand, um nicht durch den Schatten des nächsten Baumes bedrängt zu werden. (30) Einige haben gesagt, ein Maulbeerbaum werde fruchtbar und kräftiger, wenn man auf beiden Seiten ein Loch in den Stamm bohrt und auf der einen Seite einen Keil aus Terpentinpistazienholz einsetzt, auf der anderen einen aus Mastix. Gegen Ende September soll beim Maulbeerbaum Bodenlockerung vorgenommen werden, und sehr frischer Weinbodensatz von altem Wein soll auf seine Wurzeln gegossen werden. Er wird auf Feigenbaum und auf sich selbst gepfropftV, aber nur unter der Rinde. Wenn er auf Ulme gepfropft wird, wächst er an, bringt aber Wachstum von großer Unfruchtbarkeit. (31) Haselnussbaum Haselnussbäume sollen mit Hilfe ihrer Nuss gepflanzt werden. Erde wird über sie bis zu einer Tiefe von höchstens 2 FingerbreitM gezogen. Nach meiner Erfahrung wächst er besser durch Setzlinge und Ableger. Der Setzling oder die Samen werden im Februar gepflanzt und genießen einen Ort, der mager, feucht und kalt ist, auch bei kiesigen Böden. Haselnüsse sind um den 7. Juli reif. (32) Brustbeerbaum Jetzt wird Brustbeerbaum gepflanzt, durch Nüsse, die man in einen Behälter legt, bis die Pflanzen einige Robustheit

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plantae induant firmitatem, caelo tepido, terra soluta, umore moderato. inseruntur mense Martio sorbis vel spinis.

de pomis aliis aliorum mensum etiam nunc tuberes seruntur et inseruntur et ossa duracinorum vel plantae eiusdem generis ponuntur et transferuntur et inseri possunt. et mespilus inseritur et ossa prunorum. (33) ficus etiam locis temperatis nunc poni poteat et sorbus hoc etiam mense seri et amygdali semina in areis obrui et locis temperatis nunc inseri mense inchoante, frigidis vero exeunte, conditis tamen surculis, antequam germinent. et pistaciae planta vel nunc statui aut inseri potest et castanearum semen aspargi. nuces quoque iuglandes etiam nunc seminariis recondi et ipsum genus inseri et frigidis et umectis locis nunc poterunt pineta seminari.

26. de educatione porcorum (1) nunc verres maxime feminas inire debebunt. legendi sunt vasti et ampli corporis sed rotundi potius quam longi, ventre et clunibus magnis, rostro brevi, cervice glandulis spissa, libidinosi, anniculi, qui usque ad quadrimos inire feminas

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erlangen, in einem warmen Klima mit lockerem Boden und gemäßigter Feuchtigkeit. Er wird im März auf Speierlingbaum oder Dornbusch gepfropft. Früchte, die bei anderen Monaten besprochen werden Ebenfalls jetzt wird Azaroldorn gesät und gepfropftV. Kerne von hartfrüchtigen Pfirsichen oder Abschnitte der gleichen Sorte werden angepflanzt; diese Pfirsiche können auch verpflanzt und gepfropft werden. Auch Mispel wird gepfropft. Pflaumensteine werden gepflanzt. (33) Ebenfalls jetzt können Feigen an gemäßigten Orten gepflanzt werden; in ebenfalls diesem Monat kann man Speierlingbaum ausgepflanzen, Mandeln in Beete setzen und Mandelbäume pfropfen, an gemäßigten Orten zu Beginn des Monats, an kalten am Ende; die Pfropfreiser sollen [im Winter gewonnen und] eingelagert werden, bevor sie blühen [s. 2.15.12.]. Einen Pistaziensteckling kann man jetzt entweder auspflanzen oder pfropfen und Esskastaniensamen ausstreuen. Ebenfalls jetzt können Walnüsse in Saatbeete eingegraben werden; die Art kann jetzt gepfropft werden. An kalten oder feuchten Orten können jetzt Pinien ausgesät werden.

Tierhaltung 26. Aufzucht von Schweinen (1) Jetzt ist vor allem die Zeit, zu der bei Schweinen die Paarung erfolgen muss. Die [für die Zucht] ausgewählten Eber sollen groß und ausreichend kräftig, aber rund und nicht lang sein, mit großem Bauch und Hüften, eine kurze Schnauze und einen dicken Hals mit Drüsen haben. Sie sollen lustvolle 1-jährige sein und sind in der Lage, bis zum

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possunt. scrofas vero longi lateris debemus eligere et quibus ad sustinendum feturae onus magnus se venter effundat, cetera verribus similes; (2) sed in regionibus frigidis densi et nigri pili, in tepidis, qualescumque provenerint. femina ad creandum usque in annos septem partus onera gestare sufficiet; ad concipiendum annicula debet incipere. quarto exempto mense pariunt, ubi quintus incipit. incipiunt autem, sicut dixi, mense Februario, ut solidioribus herbis nati et stipula succedente pascantur. ubi facultas est transigendi, venditis, qui subinde nati sunt, celerior matribus fetura reparatur. (3) genus hoc omnibus locis haberi potest, melius tamen agris palustribus quam siccis, praecipue ubi arborum fructuosarum silva subpetit, quae subinde maturis fructibus alterna per annum mutatione succurrat. maxime locis graminosis et cannarum vel iunci radice nutriuntur. sed deficientibus alimentis per hiemem nonnumquam praebenda sunt pabula glandis, castaneae vel frugum vilia excrementa ceterarum; verno magis, cum lactent novella virentia, quae porcis solent nocere. (4) neque gregatim claudendae sunt porcae more aliarum pecudum, sed haras sub porticibus faciemus, quibus mater unaquaeque claudatur et alumnum gregem tutior ipsa defendat a frigore; quae harae a superiori parte detectae sint, ut libere numerum pastor exploret et

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4. Lebensjahr weibliche Tiere zu bespringen. Als Zuchtsauen sollen wir diejenigen mit langen Flanken und einem großen geräumigen Bauch wählen, um die Last der Trächtigkeit auszuhalten, in anderer Hinsicht aber wie die Eber; (2) in kalten Regionen sollen sie einen dichten schwarzen Haarwuchs haben, aber in warmen Regionen so, wie sie kommen. Im Hinblick auf die Vermehrung wird ein weibliches Tier die Last der Trächtigkeit bis zum 7. Lebensjahr ertragen; im Hinblick auf die Empfängnis soll es als 1-jähriges beginnen. Sie gebären nach 4 Monaten zu Beginn des 5. Sie werden, wie ich gesagt habe, im Februar beginnen, so dass sich die Ferkel von vielen Kräutern und den nachfolgenden Stoppelfeldern ernähren können. Wo es die Möglichkeit der Vermarktung gibt, werden die nachfolgenden Gruppen von Ferkeln [die noch nicht mit fester Nahrung gefüttert werden müssen] verkauft; dies stellt die Vermehrungsfähigkeit der Mütter schneller wieder her. (3) Diese Art kann an allen Arten von Orten gehalten werden, aber besser in sumpfigen als in trockenen Gebieten, vor allem, wenn Wald mit Obstbäumen zur Verfügung steht, um bei Intervallen mit reifen Früchten im Jahresablauf zu helfen. Sie ernähren sich vor allem von grasbewachsenen Plätzen und von den Wurzeln von Pfahlrohr oder Binsen. Aber wenn das Futter im Winter knapp ist, sollen gelegentlich Eicheln, Esskastanien oder billige Reste anderer Pflanzen bereitgestellt werden, umso mehr im Frühling, weil frisches Grünfutter saftig ist und dazu neigt, den Schweinen zu schaden. (4) Sauen sollen nicht wie andere Tiere zusammen eingepfercht werden; vielmehr werden wir Ställe unter Portiken anlegen, in denen jede Sau einzeln eingepfercht werden kann. Hier wird sie selbst sicherer sein und kann auch ihren Wurf vor der Kälte schützen. Diese Ställe sollen oben offen sein, damit derjenige nicht behindert wird, der die Anzahl überprüft;

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oppressis a matre fetibus saepe subueniat subtrahendo. curabit autem, ut fetus proprios cum unaquaque procludat. plus vero quam octo, sicut Columella dicit, nutrire non debet. (5) mihi vero utilius probatur experto porcam, cui pabula subpetunt, ut plurimum sex nutrire debere, quia, licet plures possit educare, tamen frequentiore numero sucta deficiet. in porcis etiam illud est commodum, quod inmissi vineis necdum turgentibus vel exacta vindemia gramine persecuto diligentiam fossoris imitantur.

27. de vino myrtite aliter in huius mensis initio aliter myrtite sic facies: mittes vini veteris decem sextarios in laguna et bacarum myrtae libras quinque miscebis. cum viginti et duorum dierum spatium confusa transegerint, per quos vas cotidie convenit agitari, tunc palmea sporta colabis et praedictis decem sextariis mellis optimi fortiter triti pondo quinque miscebis.

28. de vite theriaca theriacam vitem sic faciemus, cuius iste profectus est, ut vinum eius vel acetum vel uva vel sarmentorum cinis pro-

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häufig rettet er auch Ferkel durch Herausziehen unter der Mutter, wenn sie feststecken, und wird dafür sorgen, dass die Ferkel, die mit der Mutter eingepfercht sind, ihre eigenen sind. Nach ColumellaN [7.9.13] soll sie nicht mehr als 8 ernähren. (5) Aber es ist nach meiner Erfahrung praktischer, dass eine ordentlich gefütterte Sau nicht mehr als 6 ernährt; auch wenn sie mehr aufziehen kann, wird sie Kraft verlieren, wenn sie eine größere Anzahl säugt. Darüber hinaus ist das folgende ein nützliches Merkmal von Schweinen: Wenn man sie in einen Weingarten lässt, bevor die Trauben quellen oder wenn die Weinlese abgeschlossen ist, kommen sie beim Umgraben von Gras der Sorgfalt eines menschlichen Grabenden gleich.

Sonstiges 27. Myrtenwein auf andere Weise Zu Beginn dieses Monats wird man Myrtenwein mit einer anderen [als der 2.18 beschriebenen] Methode machen, und zwar wie folgt: Man gießt 10 KrugM alten Wein in eine Flasche und mischt 5 PfundM Myrtenbeeren hinein. Wenn sie einen Zeitraum von 22 Tagen in dieser Mischung verbracht haben, während derer man den Behälter jeden Tag schütteln soll, werden sie durch einen Palm-Flechtkorb gesiebt, dann mischt man 5 PfundM besten Honig, heftig geschlagen, in die vorgenannten 10 Krug. 28. Gegengift-Rebstock (1) Wir werden einen Gegengift-Rebstock [der den im Weingarten Arbeitenden bei Verletzungen einen raschen Zugang zu einem wirksamen Medikament bietet; vgl. 14.1.5] wie folgt machen; sein Wert besteht darin, dass sein Wein oder

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ficiat contra morsus omnium bestiarum. fit autem sic: sarmentum, quod pangendum est, trium digitorum spatio in ima parte findatur et sublata medulla ad eius vicem theriacae medicamen addatur. tunc terrae mandetur vinculo diligenter astrictum. (2) aliqui eadem sarmenta iam medicamine satiata intra squillae bulbum recondunt et terris hac ratione conmittunt. aliqui antidoti eius adfusione radices vitis infundunt. sane sarmentum, si de hac vite sumatur ad transferendum, potentiam materni medicaminis non tenebit. oportebit autem theriacae infusione adsidua vim suci senescentis iterare.

29. de uva sine seminibus (1) est pulchra species uvae, quae granis interioribus caret. hinc efficitur, ut summa iocunditate sine inpedimento sorberi possit velut unum omnium corpus uvarum. fit autem Graecis auctoribus hac ratione per artem succedente natura: sarmentum, quod obruendum est, quantum latebit in terra, tantum findere debebimus et medulla omni sublata ac diligenter exculpta membra iterum divisae partis adunare et vinculo constricta deponere. (2) vinculum tamen papyro adserunt esse faciendum et sic in umida terra esse ponen-

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Essig, seine Trauben oder die Asche von seinen Zweigen gegen die Bisse von allen Arten von Tieren wirksam sind. Er wird wie folgt hergestellt: Der Steckling, der gepflanzt werden soll, wird unten über eine Strecke von 3 FingerbreitM aufgespaltet werden, und nachdem man das kernige Zentrum entfernt hat, soll ein Gegengift-Medikament an seiner Stelle zugegeben werden. Dann soll er sorgfältig verbunden und in die Erde gebracht werden. (2) Andere stecken die gleichen Stecklinge, einmal mit Medikament imprägniert, in eine Meerzwiebel und übergeben sie auf diese Weise der Erde. Andere tauchen die Wurzeln des Rebstocks in eine Infusion des Gegengifts. Selbstverständlich wird ein Setzling, der dieser Rebsorte für die Verpflanzung entnommen wird, die Heilkraft des Mutterrebstocks nicht behalten. Man soll die Stärke des alternden Safts des Rebstocks mit regelmäßigen Infusionen des Gegengifts erneuern. 29. Traube ohne Samen (1) Es gibt eine feine Art von Traube, die keine Samen [Kerne] enthält. Das Ergebnis ist, dass man das Fleisch von einem ganzen Bündel von Trauben wie eine einzige Frucht mit dem größten Vergnügen und ohne Behinderung genießen kann. Nach Angaben der griechischen Autoritäten wird dies auf folgende Weise durchgeführt, wobei die Natur durch menschliche Fähigkeiten verbessert wird: Den Setzling, der in die Erde gesteckt werden soll, werden wir der Länge nach aufteilen, die ganze markige Mitte entfernen und vorsichtig auskratzen und dann die Arme des geteilten Abschnitts wieder zusammenbringen, festbinden und auspflanzen. (2) Sie erklären, dass die Bindung aus PapyrusP gemacht werden soll und dass dieser gebundene Abschnitt in feuchte Erde gelegt werden soll. Eine aufwändigere Methode, die von einigen Leuten benutzt wird, ist es, den Teil des

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dum. diligentius quidam sarmentum revinctum, quantum excisum est, intra squillae bulbum demergunt, cuius beneficio adserunt sata omnia conprehendere posse facilius. (3) alii tempore, quo vites putant, sarmentum frugiferum putatae vitis in ipsa vite, quam possunt de alto sublata medulla, excavant non divisum et calamo adfixo alligant, ne possit inverti. tunc opon Quirenaicon, quod Graeci sic appellant, in excavata parte suffundunt ex aqua prius ad sapae pinguedinem resolutum et hoc transactis octonis diebus semper renovant, donec vitis germina novella procedant. et in granatis malis fieri hoc posse firmatur a Graecis et in cerasis. opus est experiri.

30. de vite nimis lacrimosa vites quae lacrimarum nimietate tabescunt et deplorando vim roboris sui avertuntur a fructu, trunco earum lacerato Graeci sinum fieri iubent; si hoc minus proderit, radicum robur pingue rescindi, ut adferat medicinam vulnus inpressum. tunc insulsa amurca ad medietatem decocta et refrigerata plagae excisio perlinetur et sub hac acetum acre fundatur.

31. myrtitis alia confectio apud Graecos (1) Graeci item myrtite sic praecipiunt temperari: myrti ba-

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Abschnitts, der ausgehöhlt und zusammengebunden wird, in die Zwiebel einer Meerzwiebel zu stecken; sie erklären, dass alle Pflanzen mit dieser Hilfe leichter anwachsen. (3) Andere höhlen beim Rebschnitt einen Früchte tragenden Zweig des beschnittenen Rebstocks am Rebstock selbst aus, entfernen so viel Mark, wie sie von oben erreichen können, ohne den Zweig aufzuspalten, und befestigen ihn an einem Stock, um zu verhindern, dass er nach unten kippt. Dann gießen sie in den ausgehöhlten Zweig »kyrenäischenO Saft« [silphiumP], wie die Griechen ihn nennen [Asant], nachdem sie diesen mit Wasser zur Konsistenz von sapaL verdünnt haben, und erneuern dies alle 8 Tage, bis der Rebstock neues Wachstum austreibt. Die Griechen behaupten, dass dies auch mit Granatäpfeln und mit Kirschen [vgl. 11.12.7 nach Gargilius MartialisP] gemacht werden kann; dies muss geprüft werden. 30. Allzu sehr tränender Rebstock Bei Rebstöcken, die durch einen Überschuss von Tränen schmachten und infolge des Verweinens ihrer Kraft die Fruchtbildung aufhören, soll man – wozu die Griechen raten – den Stamm aufschlitzen und eine Vertiefung ausbilden; wenn dies nur geringe Wirkung hat, soll das dicke Wurzelholz aufgeschnitten werden, so dass die so geschaffene Wunde eine Heilung bewirken kann. Dann soll man ungesalzenen Ölschaum, der auf 1/2 eingekocht und abgekühlt ist, auf die ausgeschnittene Öffnung streichen und darunter scharfen Essig gießen. 31. Eine andere Herstellung von Myrtenwein nach den Griechen (1) Auch lehren die Griechen, dass Myrtenwein wie folgt gemischt werden soll: Man legt 8 UnzenM reife Myrten-

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cas maturas in umbra siccatas et postea tusas, uncias octo mittes in linteo et suspendis in vino et vas coperies ac †linabis†; et cum plurimis diebus sic fuerit, auferes et uteris. (2) aliqui myrtae bacas sine pluvia collectas maturas ex locis siccioribus calcant vel exprimunt et vino miscent octo cotularum mensuram per amforam vini. quod vinum medicinae quoque proderit, ubi stypticis est utendum stomachum solidare titubantem, reiectiones sanguinis inhibere, fluorem ventris astringere, limum dysintericae passionis medicabiliter asperare.

32. ut propomata sponte nascantur conditum vel absentium vel rosatum vel violacium procedere sponte fertur ex vitibus, ut natura suscipiat, quod procurare suevit industria, si sarmenta in vas aliquod semiplenum supradictis potionibus mersa serventur et vivam terram simul resolvas ad lexivi modum, donec oculi sarmentorum nitantur exire; tunc eadem sarmenta gemmantia, in quo volueris loco, vitium ceterarum more deponas.

. 33. ut botryones varii nascantur ut vitis botryones et albos adferre possit et nigros, Graeci sic fieri debere iusserunt: si vicinae sint vites nigra et alba, cum putantur, sarmenta utriusque inter se divisa sic iunge, ut medios utriusque generis oculos aequando reddere pos-

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beeren, im Schatten getrocknet und dann zerstoßen, in ein Leintuch, hängt es in den Wein, deckt den Behälter ab und verschließt ihn. Nach dem Ablauf vieler Tage entfernt man dieses und verwendet den Wein. (2) Manche Leute nehmen reife Myrtenbeeren, die von ziemlich trockenen Stellen ohne Regen gesammelt worden sind, treten oder pressen sie aus und mischen den Saft mit Wein, 8 SchoppenM auf 1 AmphoreM. Dieser Wein wird auch als Medizin nützlich sein, wenn man Adstringentien verwenden muss; sie sagen, er binde einen mulmigen Magen, unterdrücke das Erbrechen von Blut, zügele Ausfluss aus dem Bauch und verfestige heilsam den Schleim von Dysenterie. 32. Spontane Entstehung von Süßweinen Es wird gesagt, dass Würzwein oder Wermut-, Rosen- oder Veilchenwein spontan aus Rebstöcken entstehe – wobei die Natur tut, was in der Regel durch menschlichen Fleiß erreicht wird –, wenn man Rebstockstecklinge in ein Gefäß taucht, das halb mit den oben genannten Trünken gefüllt ist, und zur gleichen Zeit frische Erde in dem Trunk auflöst wie bei der Herstellung von Lauge. Man hält die Stecklinge, bis ihre AugenV sich zu öffnen versuchen; dann pflanzt man die angehenden Stecklinge, wohin immer man möchte, genauso wie die anderen Rebstöcke. 33. Hervorbringung von verschiedenen Traubenstängeln durch einen Rebstock Damit ein Rebstock Trauben hat, die sowohl weiß als auch schwarz sind, haben die Griechen angeordnet, dass man Folgendes tun solle: Wenn schwarze und weiße Rebstöcke benachbart sind, spaltet man zur Zeit des Rebschnitts je ein Pfropfreis und verbindet sie miteinander; durch Nivellierung der benachbarten AugenV von jeder Art, kann man sie

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sis unitati; tunc papyro ligabis stricto et molli atque umida terra curabis adlinere et interiectis ternis diebus adaquare, donec germen novae frondis erumpat. hinc exempto tempore, si libuerit, genus efficies per plura sarmenta.

34. de horis hic mensis in horarum mensura cum Novembri mense concordat, quas hac numeri ratione colligimus: hora I pedes XXVII hora II pedes XVII hora III pedes XIII hora IIII pedes X hora V pedes VIII hora VI pedes VII hora VII pedes VIII hora VIII pedes X hora VIIII pedes XIII hora X pedes XVII hora XI pedes XXVII

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zu einer vereinen. Dann wird man sie mit Streifen aus PapyrusP verbinden. Man muss darauf achten, sie mit weicher, feuchter Erde zu verstreichen und alle 3 Tage zu wässern, bis die neue Blattknospe aufbricht. Dann kann man im Laufe der Zeit, wenn man wünscht, diese Technik bei weiteren Pfropfreisern anwenden.

Zeitmessung 34. StundenK In der Länge der Stunden entspricht dieser Monat dem November; wir stellen dies durch die folgende Rechnung fest: 1. Stunde 27 Fuß 2. Stunde 17 Fuß 3. Stunde 13 Fuß 4. Stunde 10 Fuß 5. Stunde 8 Fuß 6. Stunde 7 Fuß 7. Stunde 8 Fuß 8. Stunde 10 Fuß 9. Stunde 13 Fuß 10. Stunde 17 Fuß 11. Stunde 27 Fuß

LIBER IIII tituli mensis Martii I de putandis vineis et inserendis »et pangendis vitibus II de pratis purgandis in locis frigidis et proscindendis agris III de panico et milio serendo cum disciplina IIII de cicere serendo cum ordine suo V de cannabo VI de cicera VII de novellis pulverandis et fodiendis, vitibus palandis ac ligandis et veteranis vineis restituendis et aegris et laesis VIII de oleis amurca saginandis et cetera earum cura; item de seminariis et rosariis faciendis vel colendis et sariendis frumentis VIIII de hortis: in eo de carduis cum disciplina, de ulpico, alio et cepulla, cunela, aneto, senapi, caulibus, malvis, armoracea, origano, lactuca, beta, porro, cappari, colocaseis, satureia, nasturcio, intibis, rafanis; de melonibus et cucumere cum disciplina sua; item de asparagis et sfongeis eorum, similiter et ruta et coliandro cum disciplina sua et cucurbita; similiter et blito; item de anesso et cymino

BUCH 4 Kapitel des Monats März 1. Zurückschneiden von Rebstöcken und Propfen und Pflanzen von Rebstöcken 2. Reinigung von Wiesen an kalten Orten und Aufbrechen von Äckern 3. Aussaat von Kolben- und Rispenhirse mit ihrer Kunde 4. Aussaat von Kichererbse mit ihrer Ordnung 5. Hanf 6. Platterbse 7. Auflockern und Umgraben von jungen Rebstöcken, Zurückschneiden und Anbinden von Rebstöcken und Wiederbelebung von alten, kranken und verletzten Rebstöcken 8. Hilfe für Ölbäume mit Ölschaum und andere Fürsorge für sie; ebenso Anlage von Saatbeeten und Rosenbeeten oder Pflege und Jäten von Getreide 9. Gärten: darin Karden mit ihrer Kunde, ulpicumP, Knoblauch und Zwiebel, Dost, Dill, Senf, Kohl, Malve, Hederich, Oregano, Lattich, Bete, Lauch, Kapern, Zehrwurz, Bohnenkraut, Kresse, Wegwarte, Gartenrettich; dann Melonen und Gurken mit ihrer Kunde, ebenso Spargel und seine »Schwämme«, ähnlich Raute und Koriander mit ihrer Kunde und Kürbis, ähnlich Aufsteigender Fuchsschwanz, ebenso Anis und Kümmel

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X de pomis: in eo de melo Punico cum disciplina et vini sui confectione, de citreo, similiter de mespilo et de fico cum disciplinis suis et aliis pomis quorum disciplina suis mensibus continetur XI de conparandis bubus, tauris, vaccis XII de domandis bubus XIII de equis, equabus et pullis et aetate eorum XIIII de mulino genere et asinis XV de apibus XVI de horis

mensis Martius

1. de putandis vineis et inserendis et pangendis vitibus (1) hoc mense locis frigidis putatio vinearum celebrabitur, de qua abunde Februario mense locuti sumus, usque quo incipit gemma esse suspecta. nunc vineas oportet inserere, cum vites non aquato sed spisso umore lacrimabunt. servabimus ergo, ut truncus, qui inseritur, solidus sit et alimento umoris exuberet neque una vetustate aut iniuria laceratus arescat. tunc decisae viti surculi qui inserendi sunt, sint solidi, rotundi, gemmis spissis et pluribus oculati. (2) tres tamen oculi in insitione suffici-

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10. Obstbäume: darin Granatapfel mit seiner Kunde und mit der Herstellung von Wein aus ihm, Zitrone, ähnlich Mispel und Feige mit ihrer Kunde und andere Obstarten, deren Kunde bei den jeweiligen Monaten enthalten ist 11. Kauf von Rindern, Stieren und Kühen 12. Zähmung von Rindern 13. Pferde, Stuten, ihre Fohlen und deren Alter 14. Hervorbringen von Maultier und Esel 15. Bienen 16. Stunden Monat März

Ackerbau 1. Zurückschneiden von Rebstöcken und Pfropfen und Pflanzen von Rebstöcken (1) In diesem Monat wird an kalten Orten das Zurückschneiden der Rebstöcke – davon haben wir ausführlich im Februar [3,12–15] gehandelt – bis zu der Zeit durchgeführt, in der es die ersten Anzeichen der Knospung gibt. Jetzt muss man die Rebstöcke pfropfen, während sie Saft austränen, der dick, nicht wässrig ist. Wir werden sicherstellen, dass der zu pfropfende Stamm fest und an nahrhaftem Saft überreich ist, keineswegs von den Verheerungen des Alters oder einer Verletzung ausgetrocknet. Als nächstes werden in den [zur Pfropfung im StammV nahe am Boden abgeschnittenen; vgl. 3.17] Rebstock die Pfropfreiser eingefügt, fest, rund, dicht mit Knospen versehen und mit mehreren AugenV. (2) 3 AugenV sind für das Pfropfen

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ent. radendum est ergo sarmentum ad mensuram digitorum duorum, ut ab una parte sit cortex. aliqui non patiuntur nudam medullam, sed leviter radunt, ut incisura sensim possit in acumen exire et corticata pars cortici novae matris aptetur. infimus oculus ita infigendus est, ut trunco iunctus adhaereat; qui oculus exteriorem partem debet aspicere, vinculo salicis infuso et paleato luto desuper alligari, tegumento quoque aliquo a ventis et a sole defendi, ne hi quatiant, hic adurat. (3) ubi calor temporis coeperit, ligaturae ipsi pinicillo circa vesperam tenuis debet frequenter umor adfundi, ut hoc alimento contra vim caeli torrentis animetur. cum vero germen eruperit et aliquod ceperit incrementum, calami adiutorio debet adnecti, ne motus aliqui fragilem procedentis sarmenti quasset aetatem. ubi solidius quantumcumque processerit, vincula oportet abscidi, ne adolescentia mollissimi germinis nodo durae constrictionis angatur. (4) aliqui infra terram semipedis spatio effossae viti surculos inserunt et beneficio congestionis adcumulant, ut hoc quoque novis sarmentis praeter nutricis alimenta subveniat. nonnulli circa terras melius adserunt inserendum, quia in altiori difficilius conprehendunt.

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ausreichend. Der Zweig soll dabei auf eine Länge von 2 FingerbreitM freigelegt werden, wobei die Rinde auf einer Seite belassen wird. Manche Leute halten nichts davon, das Mark freizulegen und kratzen nur leicht, so dass der Schnitt schrittweise bis zur Spitze kommt und der Teil mit Rinde gegen die Rinde der neuen Mutterpflanze angepasst werden kann. Das unterste AugeV soll so eingeführt werden, dass es in engem Kontakt mit dem Stamm steht. Das AugeV soll nach außen blicken und mit einem durchnässten Weidenband sowie auf der Oberseite mit Schlamm, mit Spreu gemischt, gesichert werden; zudem soll es durch eine Art Abdeckung davor geschützt werden, dass die Winde es schütteln und die Sonne es austrocknet. (3) Wenn die heiße Jahreszeit beginnt, soll häufig am Abend ein wenig Wasser aus einem Schwamm auf die Bindung gespritzt werden, um sie gegen die Gewalt der sengenden Hitze zu erhalten und zu erfrischen. Aber sobald das Pfropfreis aufgesprungen und etwas angewachsen ist, muss es an einem Rohrstock als Hilfestellung befestigt werden, damit jede Schüttelbewegung der wachsenden Zweige in diesem zarten Alter verhindert wird. Wenn es eine bestimmte Menge bedeutenderen Wachstums gegeben hat, sollen die Befestigungen weggeschnitten werden, damit das Pfropfreis in seinem zarten Alter nicht durch die einengende Bindung erwürgt wird. (4) Einige Leute stecken die Pfropfreiser unter der Erde in den Rebstock, nachdem der Boden bis zu einer Tiefe von 1/2 FußM aufgegraben wurde, und lassen sie von dem Ersatzboden, der um sie aufgehäuft wird, Nutzen haben; dies ist für die neuen Stecklinge eine zusätzliche Hilfe über die Nährstoffe vom Mutter-Rebstock hinaus. Einige behaupten, das Pfropfen solle besser in Bodennähe erfolgen, da die Pfropfreiser in größerer Höhe schwieriger anwachsen.

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usque ad Idus vel aequinoctium vites locis frigidis pangendae sunt seu pastino seu sulco seu scrobibus more, quo dictum est..

2. de pratis purgandis in locis frigidis et proscindendis agris nunc locis frigidis prata purganda atque servanda sunt. locis gelidis colles pingues et agros uliginosos proscindere atque exarare conveniet. vervacta etiam, quae Ianuario mense sunt facta, repetere.

3. de panico et milio serendo cum disciplina calidis et siccis regionibus panicum seremus et milium. levem et solutam terram desiderant nec in sabulone solum sed in harena quoque proveniunt, dum modo caelo umido et solo serantur inriguo, quia siccum et argillosum agrum reformidant. herbis liberentur adsidue. quinque sextariis spatium iugerale conplebitur.

4. de cicere serendo cum ordine suo nunc cicer utrumque serere debemus loco laetissimo, caelo umido. macerandum est pridie, ut possit citius nasci. iugerum tribus modiis conseretur. cicer grande nasci Graeci dicunt, si infundatur aqua tepida pridie; amare etiam loca maritima; temperius provenire, si seratur autumno.

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Bis zur Mitte des Monats oder zur Tagundnachtgleiche sollen Rebstöcke an kalten Orten ausgepflanzt werden, entweder im pastinumA oder in Furchen oder in Gruben, wie oben [3.9] beschrieben. 2. Reinigung von Wiesen an kalten Orten und Aufbrechen von Äckern An kühlen Orten sollen jetzt die Wiesen gereinigt und für Heu reserviert werden. An kalten Orten wird es sinnvoll sein, fette Hügel und sumpfige Äcker auzubrechen und zu pflügen; auch die Brachflächen, die im Januar gepflügt wurden, muss man erneut behandeln. 3. Aussaat von Kolben- und Rispenhirse mit ihrer Kunde In heißen, trockenen Regionen werden wir Rispenhirse und Kolbenhirse säen. Diese wollen einen leichten, lockeren Boden und wachsen nicht nur in Kies, sondern auch in Sand, sofern sie bei feuchtem Wetter und in gut bewässerten Boden gesät werden, da sie trockenen oder Lehmboden verabscheuen. Sie müssen regelmäßig von Unkraut befreit werden. 5 KrugM Saatgut wird eine Fläche von 1 JochM füllen. 4. Aussaat von Kichererbse mit ihrer Ordnung Jetzt sollen wir beide Arten von Kichererbse [Columella 2.10.20 identifiziert diese als arietillum und Punicum] in sehr fruchtbares Land und bei feuchtem Wetter aussäen. Das Saatgut soll am Vortag eingeweicht werden, damit es schneller keimen kann. 1 JochM wird mit 3 ScheffelnM besät werden. Die Griechen sagen, dass die Kichererbse groß werde, wenn am Vortrag warmes Wasser über sie ausgegossen wird, dass sie auch maritime Standorte liebt und dass sie früher kommt, wenn sie im Herbst gesät worden ist.

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5. de cannabo hoc etiam mense cannabum serimus usque in aequinoctium vernum hac ratione, qua in Februario disputatum est.

6. de cicera nunc cicera seritur, quae distat a cicercula solo colore, quo sordet, et nigrior est, primo sulco vel secundo solo laeto. iugerum quattuor vel tribus vel etiam duobus modiis inplebimus.

7. de novellis pulverandis et fodiendis, vitibus palandis ac ligandis (1) hoc mense novella vinea incipiat pulverari, quod nunc ac deinceps per omnes Kalendas usque ad Octobres faciendum est non solum propter herbas, sed ne tenera adhuc semina solidata terra constringat. graminum radices, quae plurimum vitibus nocent, extirpandae sunt. (2) nunc locis frigidis vinearum fossio celebranda est; et palandae ac ligandae sunt vites. sed novellam mollibus vinculis alligemus, quia eam teneram vincula duriora praecidunt. palus maioribus vitibus solidus, minoribus ponatur exilis. propter umbrae molestiam statuatur ab Aquilone et plaga

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5. Hanf In ebenfalls diesem Monat säen wir auch Hanf aus, bis zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche, und zwar in der im Februar [3.5] beschriebenen Art und Weise. 6. Platterbse Jetzt wird Platterbse in fruchtbaren Boden gesät, der zum ersten oder zweiten Mal gepflügt worden ist. Sie unterscheidet sich von einem Kichererbschen nur in der Farbe und ist dunkler und schwärzer. Wir werden 1 JochM mit 4 oder 3 oder sogar nur 2 ScheffelnM füllen. 7. Auflockerung und Umgrabung von jungen Rebstöcken, Zurückschneiden und Anbinden von Rebstöcken (1) In diesem Monat sollen wir anfangen, den Boden rund um einen neuen Rebstock aufzubrechen. Dies soll von nun an regelmäßig zu Beginn eines jeden Monats bis Oktober durchgeführt werden, nicht nur wegen des Unkrauts, sondern auch, um den hart gewordenen Boden daran zu hindern, die noch zarten Pflanzen einzuengen. Graswurzeln, die den Rebstöcken sehr schädlich sind, sollen herausgezogen werden. (2) Jetzt muss an kühlen Orten die Aufgabe des Umgrabens der Weingärten durchgeführt werden [an warmen Orten wird der Boden zwischen den Rebstockzeilen im Februar umgegraben, s. 3.20, an sehr kalten im April, s. 5.2.3.]; die Rebstöcke sollen mit Pfählen gestützt und angebunden werden; einen neuen Rebstock müssen wir mit weichen Bändern befestigen, da härtere das zarte Wachstum abschneiden. Ein kräftiger Pfahl soll für die größeren Rebstöcke genutzt werden, ein dünner für die kleineren. Wegen des Problems der Schatten soll er beim Aquilo-WindW und auf der kalten Seite in einem Abstand von 4 FingerbreitM

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frigida spatio quattuor digitorum vel semipedis remotus a vite, ut possit ex omni parte circumfodi. (3) ut vetus vinea reparetur: vineas veteres nunc aliqui a terra altius truncant studentes reparationi, sed vitiosum est. nam plerumque vastior plaga sole putrescit et roribus. quare hoc genere reparetur. prius ablaqueabitur altius, donec eius nodus adpareat. deinde infra terram supra nodum reciditur, ut operta de frigore et sole nihil timeat. hoc faciendum est, si optimi generis vitis est et alte posita; alioquin generosis melius erit inserenda sarmentis. omnia supra dicta locis calidis primo mense, frigidis vero post Idus ipsius exequemur. (4) aegras vites refovere: aegras vites vel quibus fructus arescit, circumfodies et urinam veterem suffundes. item cinerem sarmenti vel querci aceto mixtum subice, aut incisas circa terram laetamine refoveto; et quae germinant fortiora, dimitte. (5) laesas bidente curare: cum vitis bidente laedetur aut ferro, plagam, si terrae iuncta est, adline stercore ovillo vel

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oder 1/2 FußM von dem Rebstock gesetzt werden, so dass der Boden rund um den Rebstock umgegraben werden kann. (3) Um einen alten Weingarten zu erneuern: Manche Leute schneiden alte Rebstöcke in einiger Höhe über dem Boden mit der Absicht ab, sie zu erneuern; dies aber ist ungünstig, denn in der Regel verrottet die große Wunde infolge von Sonne und Tau. Daher soll die Erneuerung auf folgende Weise durchgeführt werden: Zunächst wird um den Rebstock herum recht tief Bodenlockerung durchgeführt, bis der Wurzel-Knoten sichtbar ist. Dann wird er unter der Erde oberhalb des Knotens abgeschnitten, so dass er abgedeckt werden kann und nichts von Kälte oder Sonne zu befürchten hat. Dies soll geschehen, wenn der Rebstock von ausgezeichneter Qualität und tief verwurzelt ist; sonst ist es besser, ihn mit Zweigen von ausgewählter Qualität zu pfropfen. All die oben genannten Aufgaben werden wir in heißen Gegenden am ersten Tag des Monats durchführen, in kalten aber nach der Mitte des Monats. (4) Um kränkliche Rebstöcke wieder zu beleben: Wenn Rebstöcke kränklich sind oder ihre Frucht austrocknet, wird man um sie herum graben und alten Urin aufgießen oder auch Reisig- oder Eichenasche, mit Essig vermischt, aufstreuen; oder man schneidet sie in Bodennähe ab, belebt sie mit Mist, und belässt die stärkeren Triebe, die nach oben kommen. (5) Um von der Zweizahn-Harke beschädigte [Rebstöcke] zu heilen: Wenn ein Rebstock durch eine Zweizahn-Harke oder ein anderes Werkzeug beschädigt wird, bestreicht man die Wunde, wenn sie auf Bodenhöhe ist, mit Schaf- und Ziegenmist; dann stellt man, nachdem die Erde gemischt

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caprino; tunc terra mixta et circumfossa ligare curato. si in radice laesa est, operiens liquidum laetamen admisce.

8. de oleis amurca saginandis et cetera earum cura (1) nunc oleis laborantibus circum radices insulsa amurca fundetur. maximis arboribus, quod Columella dicit, sex congii, mediocribus quattuor, ceteris pro aestimatione sufficiunt. alii paleas fabae binos per maiorem arborem qualos, alii veteris urinae humanae trunco, quantum satis videtur, adfundunt et arbori mortarium statim faciunt, maxime locis siccis trunco ante coperto. (2) oleam sterilem terebra Gallica perforabis. tunc duos frugiferae arboris ab australi parte ramos eiusdem magnitudinis tollis et stricte in foramen utrumque conicies et absciso eo, quod superabit, luto paleato curabis occulere. sed si sine fruge luxuriant, oleastri palum vel lapidem vel pini vel querci palos radicibus eius infige. nunc etiam, quibus moris est, frumenta iterum sarire conveniet. nunc locis frigidis seminaria, quae Februario dicta sunt, bacarum et seminum fiant et rosaria in mensis initio percolantur.

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und um den Rebstock aufgebracht wurde, sicher, dass sie festgebunden wird. Ist der Schaden an der Wurzel, gießt man Gülle ein, wenn man sie abdeckt. 8. Hilfe für Ölbäume mit Ölschaum und andere Fürsorge für sie (1) Wenn Ölbäume Schwierigkeiten haben, wird man ungesalzenen Ölschaum rund um ihre Wurzeln ausgießen. Bei sehr großen Bäumen genügen, wie ColumellaN [11.2.29] sagt, 6 EimerM, bei mittleren 4 und bei anderen im Verhältnis entsprechend. Manche Menschen legen für einen ziemlich großen Baum 2 geflochtene Körbe Bohnenschalen auf; andere gießen eine von ihnen für zweckmäßig gehaltene Menge von altem Menschenurin an den Stamm und machen – vor allem in trockenen Gegenden – umgehend, nachdem sie den Stamm abgedeckt haben, einen »Mörser« [eine Vertiefung zum Ansammeln von Regenwasser] für den Baum. (2) Wenn ein Ölbaum unfruchtbar ist, wird man ihn mit einem gallischenO BohrerV anbohren. Dann kann man 2 Zweige der gleichen Größe von der Südseite eines fruchtbaren Baums nehmen und von beiden Seiten fest in das Loch stecken; man schneidet ab, was herausragt, und achtet darauf, es mit Schlamm, mit Spreu gemischt, abzudecken. Aber wenn sie blühen, doch keine Frucht tragen, stecke man einen Pfahl aus wildem Ölbaum, einen Stein oder einen Pinien- oder Eichenpfahl in ihre Wurzeln. Ebenfalls jetzt wird für diejenigen, die dieser Praxis folgen, die geeignete Zeit sein, die Getreidefrüchte zu hacken. Jetzt sollen in kalter Umgebung die Pflanzbeete für Beeren und Samen angelegt werden, wie im Februar besprochen [3.10.1 und 3.23.2], auch soll der Anbau von Rosenbeeten [s. 3.21] zu Beginn des Monats abgeschlossen sein.

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9. de hortis (1) nunc horti optime sumunt initia cultionis. mense Martio carduus seritur. terram stercoratam et solutam diligit, quamvis in pingui possit melius provenire. et hoc illi contra talpas prodest, si pangatur in solido, ne terra ab inimicis animalibus facilius perforetur. (2) serendi sunt cardui luna crescente in area iam parata. semina spatio semipedis sint discreta. cavendum est, ne semina inversa ponantur, nam debiles, incurvos et duros creabunt. non alte inprimenda sunt, sed tribus digitis conprehensa mergantur, donec ad primos articulos terra perveniat. tunc leviter operiantur et herbis liberentur adsidue, donec plantaria solidentur et rigentur, si aestus intervenit. (3) si acumina seminum confringas, spinis carebunt. item si semina eorum madefeceris per triduum laurino oleo vel nardo vel opobalsamo vel suco rosae vel masticino et postea siccata depresseris, eiusdem saporis orientur, cuius unguentum semina conbiberunt. singulis sane annis a codice auferendae sunt plantae, ut nec matres fatigentur et suboles per alia spatia digeratur; cum aliqua tamen radicis parte vellendae sunt. quos reservabis ad semina colligenda, liberatos onmibus pullis testa supertegere debebis aut corti-

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Gartenbau 9. Gärten (1) Jetzt ist die beste Zeit, mit dem Anbau im Garten zu beginnen. Im März wird Karde gesät. Sie schätzt gut gedüngten lockeren Boden, obwohl sie besser in fruchtbarem Boden wächst. Gegen Maulwürfe ist es hilfreich, sie in harten Boden zu pflanzen, so dass die Erde nicht so leicht von diesen schädlichen Wesen untertunnelt werden kann. (2) Karde soll bei zunehmendem Mond in einer vorbereiteten Umgebung gesät werden, die Samen 1/2 FußM voneinander entfernt. Es ist darauf zu achten, dass die Samen nicht über Kopf eingesetzt werden, denn dann werden sie schwach, schief und erzeugen harte Stiele. Sie sollen nicht tief in den Boden gedrückt werden, aber mit 3 Fingern ergriffen und in den Boden gedrückt werden, bis dieser das erste Fingergelenk erreicht. Dann sollen sie leicht abgedeckt und ständig von Unkraut befreit werden, bis die Pflanzen Robustheit gewonnen haben; sie werden bewässert, wenn heißes Wetter um sich greift. (3) Wenn man die Spitzen der Samen abbricht, werden sie keine Stacheln haben. Ebenso, wenn man ihre Samen 3 Tage lang mit Lorbeeröl, Narde, Balsam, Rosensaft oder Mastix befeuchtet, dann trocknet und einpflanzt, werden sie mit dem gleichen Aroma wie die Salbe heranwachsen, welche die Samen absorbiert haben. Selbstverständlich soll man jedes Jahr Triebe aus dem Bestand entfernen, so dass die Mutterpflanzen nicht erschöpft werden und der Nachwuchs in verschiedenen Bereichen angepflanzt werden kann. Sie müssen freilich mit einem Teil der Wurzel herausgezogen werden. Und diejenigen, die man behalten will, um Samen zu sammeln, soll man von allen Trieben befreien und über und über mit einem Back-

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ce. nam solent semina sole vel imbribus interire. (4) contra talpas prodest cattos frequenter habere in mediis carduetis. mustelas habent plerique mansuetas. aliqui foramina earum rubrica et suco agrestis cucumeris inpleverunt. nonnulli iuxta cubilia talparum plures cavernas aperiunt, ut illae territae fugiant solis admissu. plerique laqueos in aditu earum setis pendentibus ponunt. (5) hoc etiam mense ulpicum bene et alium seremus et cepullas et cunelam locis frigidis et anetum. nunc et senapi et caules optime seruntur vel plantantur; et malva seritur. armoracea et origani planta transfertur. lactuca et beta et porrus et cappar seri possunt et colocasea et satureia et nasturcium. intiba etiam et rafanos nunc aliqui serunt, quibus utantur aestate. (6) nunc melones serendi rarius. distent inter se semina pedibus duobus locis subactis vel pastinatis, maxime harenis. semina eius mulsa et lacte per triduum maceranda sunt et tunc iam siccata ponenda. hinc suaves efficientur, odorati autem, si eorum semina multis diebus inter rosae folia sicca mergantur. (7) nunc et cucumeres seminantur rare sulcis factis altitudine sesquipedali, latitudine pedum trium. inter sulcos octo pedum spatium crudum relinquis, ubi possint vagari. herbis iuvantur, ideo sarculo et runcatione non indigent. semina

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stein oder mit Rinde abdecken; die Samen werden nämlich in der Regel durch Sonne oder Regen getötet. (4) Gegen Maulwürfe ist es hilfreich, Katzen oft in der Mitte der Kardenbeete zu halten; viele halten auch zahme Frettchen. Einige füllen ihre Eintrittsöffnungen mit rotem Ocker und mit dem Saft der wilden Gurke [Spritzgurke]. Einige stellen mehrere Öffnungen in der Nähe der Maulwurfsbauten her, so dass sie durch den Eintritt von Sonne erschrecken und weglaufen. Viele stellen in ihren Eingängen Schlingen mit Schlaufen aus Tierhaaren auf. (5) In ebenfalls diesem Monat werden wir gut Knoblauch, ulpicumP, Zwiebeln und Dost an kalten Orten aussäen, ebenso Dill. Jetzt sollen auch Senf und Kohl gesät oder gepflanzt werden; auch Malve wird jetzt gesät. Wilder Rettich und Oregano werden ausgepflanzt; Lattich, Bete, Lauch und Kapern können gesät werden, ebenso Zehrwurz, Bohnenkraut und Kresse. Jetzt säen manche Leute auch Wegwarte und Rettich für den Einsatz im Sommer aus. (6) Jetzt sollen Melonen gesät werden, und zwar ziemlich gut verteilt: Die Samen sollen 2 FußM voneinander entfernt sein, in gut bearbeitetem oder eingegrabenem Boden, vorzugsweise Sand. Die Samen sollen 3 Tage lang in mulsumLWasser und Milch eingeweicht und dann nach dem Trocknen gepflanzt werden; das wird sie süß machen. Aber wenn ihre Samen seit vielen Tagen unter trockenen Rosenblättern versteckt worden sind, werden sie parfümiert werden. (7) Jetzt werden auch Gurken gesät, gut verteilt, in 1 1/2 FußM tiefen und 3 FußM breiten Furchen. Zwischen den Furchen lässt man eine unbebaute Fläche von 8 FußM, in die sie sich ausbreiten können. Ihnen wird von Unkraut geholfen, so dass man dieses nicht durch Hacken oder Jäten

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si ovillo lacte et mulsa maceres, dulces nascentur et candidi. longi ac teneri fiunt, si aquam in patenti vasculo sub eis ponas duobus palmis inferiorem, ad quam festinando tales efficientur. (8) sine semine nascentur, si prius eorum semina oleo Sabino perungantur et herba ea, quae culex dicitur, trita confricentur. aliqui florem cucumeris cum viticulae suae capite cannae inserunt, cui prius omnes nodos perforaverint; ibi cucumis nascitur in nimiam longitudinem tensus. oleum sic metuit, ut, si iuxta posueris, velut hamus plicetur. quotiens tonat, velut timore convertitur. (9) si eius florem, sicut in vite sua est, in forma fictili clauseris ac ligaris, qualem vultum forma vel hominis vel animalis habuerit, talem cucumeris figura praestabit. haec omnia Gargilius Martialis adseruit. Columella dicit, loco aprico et stercoroso si rubos habeamus aut ferulas, post autumni aequinoctium his iuxta terram recisis et excavatis ligneo stilo inter medullas laetamen inmittamus et cucumeris semen addamus; hinc nasci fructus, qui possint et inter frigora non negari. (10) hoc mense asparagos seremus circa Apriles Kalendas pingui loco, umido, subacto ita, ut minoribus fossulis ad lineam directis bina aut terna grana semipedis spatio discreta ponantur. dehinc stercore solum tegatur et herbae subinde vellantur vel per hiemem supra stramina iaciantur primo

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beseitigen muss. Wenn man die Samen in Schafmilch und mulsumL-Wasser einweicht, werden sie süß und weiß wachsen. Sie werden lang und zart, wenn man Wasser in einem 2 HandbreitM offenen Gefäß unter ihnen aufstellt; sie werden dies, weil sie sich beeilen, es zu erreichen. (8) Sie werden kernlos, wenn ihre Samen zunächst mit Sadebaumöl eingefettet und mit zerquetschten Blättern des Krauts eingerieben werden, das »culex« [Mücke; nicht genau identifiziert, vgl. Plinius 19.68] genannt wird. Manche Leute legen die Gurkenblüte mit dem Ende ihres Haupts in ein Pfahlrohr, nachdem sie alle seine Knoten durchbohrt haben; darin wächst die Gurke gestreckt zu einer ungewöhnlichen Länge. Sie fürchtet Öl so sehr, dass sie, wenn man in der Nähe Ölbäume pflanzt, sich wie ein Haken umwendet. Immer, wenn es donnert, dreht sie sich um, als habe sie Angst. (9) Wenn man die Blüte auf ihrem Stock in ein Keramikgefäß einschließt und dort befestigt, wird jede Art von Gesicht, das die Form wiedergibt – gleich ob Mensch oder Tier – von der Gurke angezeigt. All dies wird von Gargilius MartialisN angegeben. ColumellaN [11.3.53 nach BolosN] sagt, wir sollten, wenn wir Brombeersträucher oder Fenchel an einem sonnigen, gut gedüngten Ort haben, sie nach der HerbstTagundnachtgleiche in Bodennähe abschneiden und mit einer Holzspitze aushöhlen, dann Mist in das Mark füllen und Gurkensamen einfügen; die Frucht wächst von hier auf jeden Fall, auch in kaltem Wetter. (10) In diesem Monat werden wir um die letzten Tage Spargel an einem reichen, feuchten, gut bearbeiteten Ort aussäen, nachdem wir kleine Gräben in einer geraden Linie gemacht haben; 2 oder 3 Samen sollen je 1/2 FußM voneinander entfernt platziert werden. Dann soll der Boden mit Mist bedeckt werden; Unkraut muss man immer wieder herausziehen, sonst muss Stroh für den Winter oben dar-

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vere tollenda. hinc post triennium nascentur asparagi. sed expeditior ratio est, si asparagorum sfongeas ponas, quae cito fructum ministrent. (11) hae sic fiunt: semina asparagi, quanta tribus digitis conprehendere possis, post Idus Februarias pingui et stercorato loco in singulis fossis pones et leviter obrues. his coeuntibus radix conexa nascetur, quae adpellatur sfongea. sed et haec moras habet. nam per biennium in seminario suo [est] stercore et adsidua runcatione nutrienda. deinde post aequinoctium autumni transferetur et vere asparagum dabit. has erit utilius conparare quam longa expectatione nutrire. eas tamen in sulcis disponemus: si loca sicca sunt, inter medios sulcos, si umida, in summitate sulcorum. umor sfongeas asparagorum transitu suo debet tantum rigare, non sistere. (12) asparagum, quem primo protulerint, confringere debemus, non avellere, ne adhuc invalidam moveamus sfongeam; ceteris annis avellendus est, ut oculos ipsius germinationis aperiat, quia, si deinceps refringas, loca, quae fecunda esse consuerunt, remanente asparagi radice claudentur. ministrabunt autem vere; et autumno reservabis eum, de quo sumpturus es semina. postea scopas eius incendes, tunc circa hiemem sfongeis adicies stercus et cinerem.

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auf geworfen und im Frühjahr entfernt werden. Von hier wird der Spargel bis zum 3. Jahr weiterwachsen. [Palladius zählt hier inklusiv, rechnet also das Aussaatjahr als das erste Jahr.] Ein rascheres Verfahren ist jedoch, wenn man »Schwämme« [Spargelsetzlinge] pflanzt, was eine schnellere Ernte bereitstellt. (11) Diese werden wie folgt erstellt: Nach der Februarmitte setzt man an einem reichen, gut gedüngten Ort in jeden Graben so viel Spargelsamen, wie man in 3 Fingern halten kann, und deckt sie leicht ab. Wenn diese zusammenwachsen, werden sie ein Wurzelgeflecht bilden, einen so genannten »Schwamm«. Aber auch dies führt zu Verzögerungen, denn wenn sie 2 Jahre lang im eigenen Pflanzbeet mit Mist und ständigem Jäten gepflegt worden sind, werden sie zur Herbst-Tagundnachtgleiche umgepflanzt, damit man im Frühling Spargel erhält. Es wird bequemer sein, diese »Schwämme« zu kaufen, statt sie über eine lange Wartezeit selbst zu pflegen. Auf jeden Fall werden wir sie in der Mitte zwischen Furchen auspflanzen, wenn der Platz trocken ist, oben auf den Rippen, wenn er feucht ist. Feuchtigkeit soll die »Schwämme« nur im Vorbeigehen benetzen, nicht stehen bleiben. (12) Wir sollen den ersten Spargel, der hervorgebracht wird, abbrechen, aber nicht herausziehen, um zu vermeiden, den »Schwamm« zu verschieben, solange er noch instabil ist; in den folgenden Jahren aber soll er weggezogen werden, um die keimenden AugenV zu öffnen, denn, wenn man diese weiterhin abbricht, werden die Knoten, die in der Regel ertragreicher sind, durch die restlichen Spargelwurzeln vor Ort blockiert. Sie werden im Frühjahr hervorkommen, und im Herbst wird man nur die belassen, von denen man Samen zu gewinnen beabsichtigt. Danach kann man ihre Stiele verbrennen, dann etwa im Winter Mist und Asche auf die »Schwämme« ausbreiten.

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(13) hoc mense ruta seritur locis apricis solius cineris inspersione contenta. loca desiderat altiora, unde umor elabitur. si ponas semina eius adhuc clausa folliculis, singulatim manu debebis adfigere. si iam minuta sunt, sparsa iactabis et rastro obducta coperies. caules eius, qui inclusis seminibus nati fuerint, fortiores erunt, sed sero nascentur. ramuli eius cum aliqua corticis parte convulsi verno tempore pro plantis tenebunt; tota vero translata morietur. (14) nonnulli ramulos eius pertusae fabae inserunt vel bulbo atque ita obruunt alieno vigore servandos. prosecuntur etiam maledictis et maxime in terra soluti lateris ponunt, quod prodesse certissimum est. sed, ut adserunt, melius furtiva proveniet. sub fici arboris umbra libentius adquiescit. non effodi herba sed optat avelli. inmundae mulieris formidat adtactum. (15) ab hoc mense usque in Octobrem totum coliandrum seritur. amat terram pinguem, sed et macro solo nascitur. semen melius putatur, quod vetustius fuerit. delectatur umore. satum bene cum olere quocumque nascetur. (16) hoc mense cucurbita serenda est. amat solum pingue, umidum, stercoratum, solutum. hoc in cucurbitis insigne est, quod longas pariunt et exiles semina, quae in earum cervice nascuntur; quae in ventre fuerant, cucurbitas faciunt crassiores, quae in fundo, latas, si inversis cacuminibus obruantur. ubi adolescere coeperint, adminiculis adiuven-

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(13) In diesem Monat wird an sonnigen Plätzen Raute gesät; sie begnügt sich mit nur einer Prise Asche. Sie erfordert höherer Orte, von denen Feuchtigkeit abfließt. Wenn man die Samen noch in ihren Hülsen umschlossen pflanzt, muss man sie einzeln per Hand setzen; wenn aber die kleinen Samen bereits abgetrennt sind, wird man sie dünn ausstreuen und mit dem Rechen unterharken, um sie abzudecken. Stämme, die aus dem eingeschlossenen Samen wachsen, werden stärker sein, aber langsamer wachsen. Zweige, die man mit einem Teil der Rinde im Frühjahr abgezogen hat, kann man als Alternative zu Keimlingen nehmen; wenn aber die ganze Pflanze bewegt wird, stirbt sie ab. (14) Einige Leute bohren ein Loch in eine Bohne oder Birne, legen Rautenzweige ein und vergraben sie so, damit sie durch die geliehene Kraft genährt werden. Manche verwünschen sie sogar mit Verfluchungen, insbesondere pflanzen sie jene in losem Boden, der ihnen ganz sicher hilft. Sie behaupten aber, dass gestohlene Raute besser wächst. Sie ist glücklicher im Schatten eines Feigenbaums. Sie will, dass Unkraut ausgerissen wird, nicht ausgegraben. Sie fürchtet die Berührung einer unreinen [menstruierenden] Frau. (15) Ab diesem Monat bis zum Oktober wird Koriander gesät. Er liebt reichen Boden, wächst aber auch in magerem. Älteres Saatgut gilt als besser. Er ist begierig nach Feuchtigkeit. Er wird gut wachsen, wenn er neben einem beliebigen Gemüse gesät wird. (16) In diesem Monat soll Kürbis gesät werden. Er liebt Erde, die reich, feucht, gut gedüngt und locker ist. Ein bemerkenswerter Punkt bei Kürbissen ist, dass Samen, die im Hals gewachsen sind, lange dünne Kürbisse hervorbringen, während die im Bauch gewachsenen dickere und die aus der Basis breite Kürbisse machen, wenn sie kopfüber eingepflanzt werden. Wenn sie zu heranzuwachsen beginnen,

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tur. quae servantur ad semina, usque ad hiemem in sua vite dependeant, deinde sublatae in sole ponantur aut fumo. aliter semina putrefacta depereunt. (17) hoc mense blitus seritur solo qualicumque sed culto. olus hoc neque runcandum est neque sarculandum. cum semel natum fuerit, ipsum se per multa secula seminis sui deiectione reparabit, ut, etiam si velis, vix possit aboleri. nunc etiam serpyllum seritur plantis et semine sed vetustate meliori. laetius frondebit, si iuxta piscinam vel lacum vel putei margines conseratur. anessum quoque et cyminum nunc bene seritur. locis laetioribus melius provenit itemque ceteris, si umore iuvetur et stercore.

10. de pomis (1) malum Punicum locis temperatis mensa Martio vel Aprili mala Punica seremus, calidis vero et siccis Novembri. amat haec arbor solum cretosum, macilentum, sed in pingui etiam provenit. regio illi est apta, quae calida est. seritur plantis de matrum radice devulsis. sed quamvis multis generibus seratur,

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sollen sie mit Hilfestellungen gestützt werden. Diejenigen, die man für Saatgut aufbewahrt, sollen bis zum Winter an den Stöcken belassen, dann entfernt und in die Sonne oder in Rauch gelegt werden. Andernfalls werden die Samen verrotten und absterben. (17) In diesem Monat soll Aufsteigender Fuchsschwanz in jede Art von kultiviertem Boden gesät werden. Dieses Gemüse muss man nicht jäten oder hacken. Einmal angebaut wird es sich über viele Generationen durch abgefallene Samen vermehren, mit dem Ergebnis, dass es kaum unterdrückt werden kann, selbst wenn man dies wünschen sollte. Ebenfalls jetzt soll Sandthymian durch Setzlinge oder Samen begonnen werden, der im Alter besser ist. Er wird überschwänglicher Blätter hervorbringen, wenn er in der Nähe eines Bassins oder Teiches oder am Rand eines Brunnens wächst. Ebenfalls jetzt werden Anis und Kümmel gut ausgesät. Sie wachsen besser an fruchtbaren Orten, aber auch an anderen, wenn ihnen mit Feuchtigkeit und Mist geholfen wird.

Obstbau 10. Obstbäume (1) Granatapfelbaum An gemäßigten Orten werden wir im März oder April Granatapfelbäume beginnen, an heißen und trockenen aber im November. Dieser Baum liebt tonhaltige magere Böden, wächst aber auch in fruchtbaren. Eine heiße Region ist für ihn geeignet. Er wird mit Setzlingen gepflanzt, die aus der Mutterwurzel gezogen werden. Auch wenn es viele Methoden zum Pflanzen gibt, ist die folgende die beste: Ein

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melius tamen ramus eius cubitalis incisus manubrii crassitudine et capite utroque acuta falce levigatus scrobi velut obliquus inmergitur. prius tamen porcino stercore et in capite et in parte, quae ima est, oblinatur, vel in crudo solo malleo cogatur ad inferiora defigi. (2) melius proveniet, si ponendus ramus gemmante iam matre sumatur. sed qui in scrobe deponit, si tres lapillos in ipsa radice constituat, providerit, ne poma findantur. curandum, ne virgulta inversa deponas. creduntur acida fieri, si rigentur adsidue; nam siccitas in his et suavitatem praestat et copiam. cuius tamen nimietati aliquid debet umoris obponi. (3) circumfodi autumno debet et verno. si acida nascuntur, modicum laseris cum vino tritum per summa arboris cacumina oportet infundi vel ablaqueatis radicibus taedae clavus infigi. alii algam marinam obruunt ad radices, cui nonnulli stercus miscent asininum atque porcinum. si florem non continet, urinam veterem cum pari mensura aquae temperabis et per annum in radicibus fundes. uni arbori amfora ingesta sufficiet. vel amurcam mittes insulsam vel algam radicibus iunges et bis rigabis in mense vel arboris florentis truncum plumbeo circulo debebis includere vel

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Zweig, 1 ElleM lang und so dick wie ein Hackengriff, wird abgeschnitten; er wird an jedem Ende mit einem scharfen Rebschnittmesser abgeschnitten und wie ein Rebstocksetzling schräg in eine Grube gepflanzt; zuvor soll er jedoch mit Schweinemist auf der Ober- und Unterseite bestrichen werden. In unbebautem Boden soll er mit einem Hammer eingetrieben werden, um ihn so auf ein niedrigeres Niveau zu bringen. (2) Er wird besser wachsen, wenn der gepflanzte Zweig von einem Mutterbaum genommen wird, der bereits Knospen hat. Wenn er [als ein bereits bewurzeltes Pfropfreis] in eine Grube gepflanzt wird, legt der Pflanzer 3 Steine in die Wurzel und wird so dafür sorgen, dass die Frucht nicht gespalten wird. Es ist darauf zu achten, dass man den Setzling nicht mit der Oberseite nach unten pflanzt. Es wird angenommen, dass er sauer wird, wenn man ihn wiederholt bewässert; bei dieser Art führt Dürre sowohl zu Süße als auch zu einer reichlichen Ernte. Etwas Feuchtigkeit soll aber doch bereitgestellt werden, um ein Übermaß an Ertrag zu vermeiden. (3) Um ihn herum soll etwa im Herbst und Frühjahr umgegraben werden. Wenn die Frucht hart ist, soll ein wenig Asant, mit Wein vermahlen, auf die Kronen gegossen werden oder aber man behandelt die Wurzeln mit Bodenlockerung und setzt einen Fichtenpflock in sie. Andere graben Meeresalgen um die Wurzeln herum ein; manche mischen Esel- oder Schweinemist dazu. Wenn er seine Blüten nicht halten kann, wird man alten Urin mit einer gleichen Menge Wasser verdünnen und dreimal im Jahr an die Wurzeln gießen; eine Schüttung von 1 AmphoreM wird für einen Baum ausreichen. Alternativ gießt man ungesalzenen Ölschaum auf oder legt Meeresalgen auf die Wurzeln und wässert sie zweimal im Monat; sonst muss man den Stamm des Baumes, wenn er in Blüte steht, mit einem Bleiband einkreisen oder eine Schlangen-

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corio anguis involuere. (4) si crepant poma, lapidem in media arboris radice subponis vel squillam circa arborem seris. et si, dum pendent poma, tenacibus, sicut in arbore habentur, intorseris, in totum annum sine corruptione servantur. si vermibus laborant, tangis radices felle bubulo et continuo moriuntur; aut clavo aeneo si vermes eosdem purges, difficile nascentur; vel asini urina stercori admixta porcino vermibus obviabit. cinis cum lexivo circa Punici truncum frequenter infusus laeta et fructuosa reddet arbusta. (5) adserit Martialis candida in his grana fieri, si argillae et cretae quartam partem gypsi misceas et toto triennio hoc genus terrae radicibus eius adiungas. idem dicit mirae magnitudinis fieri, si olla fictilis obruatur circa arborem Punici et in ea ramus cum flore claudatur, ne resiliat ligatus ad palum; tunc coperta olla contra aquae muniatur incursus. autumno patefacta suae magnitudinis poma redhibebit. (6) multa in Punico ipse adserit poma procedere, si titymalli et portulacae sucus aequaliter mixtus, antequam germinet, trunco arboris adlinatur. inseri posse firmatur de ramorum conexione, ut medulla utrimque divisa se iungat. in se tantum inseri potest circa

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haut um ihn herumwickeln. (4) Wenn die Frucht aufbricht, legt man einen Stein in die Mitte der Baumwurzel oder sät Meerzwiebel um den Baum herum an. Und wenn die Früchte am Baum hängen, verdreht man sie auf ihren Stielen, wie sie auf dem Baum gehalten werden, dann halten sie sich etwa ein ganzes Jahr, ohne zu verderben. Wenn sie von Würmern geplagt werden, berührt man die Wurzeln mit Rindergalle und sie sterben sogleich ab, oder wenn man die Würmer mit einem Bronzenagel beseitigt, wird ihre Fortpflanzung gehemmt werden; auch wird Eselsurin, mit Schweinemist gemischt, die Würmer abwehren. Eine häufige Einbringung von Asche mit Lauge um den Stamm des Granatapfels macht das arbustumA kräftig und fruchtbar. (5) MartialisN gibt an, dass weiße Samen produziert werden, wenn man Mergel oder Ton mit 1/4 Gips mischt und diese Erdmischung 3 volle Jahre zu den Wurzeln gibt. Er sagt auch, dass sie zu einer wundervollen Größe wachsen, wenn bei dem Granatapfelbaum ein Keramiktopf vergraben und ein blühender Zweig darin eingeschlossen wird, an einem Pfahl befestigt, damit er nicht zurückfedert; dann wird der Topf abgedeckt und gegen das Eindringen von Wasser gesichert. Wenn man ihn im Herbst öffnet, wird er Frucht von der gleichen Größe wie er selbst vorweisen. (6) Der gleiche Autor stellt fest, dass auf einem Granatapfelbaum viele Früchte wachsen, wenn auf den Baumstamm, bevor er knospt, eine Mischung aus gleichen Anteilen von Wolfsmilch- und Portulaksaft gestrichen wird. Das PfropfenV kann, wie bestätigt wird, durchgeführt werden, indem man die Zweige zusammenbindet, wobei die markigen Zentren der beiden geteilten Zweige eine Einheit bilden. [Vgl. das 3.33 beschriebene Verfahren bei benachbarten Rebstöcken.] Er kann nur auf sich selbst gepfropft werden, und zwar Ende März, nahe am Anfang April.

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Apriles Kalendas mense Martio ultimo. sed secto trunco surculus recentissimus statim debet inseri, ne mora exiguum, qui inest, siccet umorem. (7) Punica mala servantur, si picatis pediculis ordinata suspendas. aliter lecta integra in aqua marina vel muria fervente mergantur, ut conbibant. per triduum sole siccentur, ut sub divo nocte non maneant; post in loco frigido suspendantur. cum volueris uti, aqua dulci pridie macerabis. feruntur haec pomis recentibus aemulari. (8) item, si a tactu invicem separata paleis obruantur. item, fossa fit longa et cortex eiusdem latitudinis paratur, cui mala acutis surculis suis adfiguntur. tunc inversus cortex supra fossam ponitur, ut mala sine terrae tactu subterpendentia ab umore defendat. item, si inducantur argilla et ea siccata loco frigido pendeant. (9) item, si seriola sub divo obruatur, quae habeat harenas usque ad medium et mala cum tenacibus lecta inprimantur cannis singulis vel sambuci virgulis et ita separata in harenis figantur, ut ipsa quattuor digitis emineant ab harena. hoc et sub tecto in scrobe tripedana fieri potest. et

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Wenn der Stamm abgeschnitten wird, muss umgehend ein sehr frisches Pfropfreis eingesetzt werden, damit nicht eine Verzögerung die geringe Menge an Feuchtigkeit in ihm austrocknet. (7) Granatäpfel konserviert man, indem man Pech auf die Stiele aufbringt und sie in Reihen aufhängt. Alternativ soll man sie unversehrt einholen und in kochendes Salzwasser oder Salzlake eintauchen, damit sie diese absorbieren. Sie sollen 3 Tage lang in der Sonne getrocknet werden, ohne jedoch nachts im Freien zu bleiben; dann sollen sie in einem kühlen Ort aufgehängt werden. Wenn man sie verwenden möchte, wird man sie am Vortag in frischem Wasser einweichen. Man sagt, sie können es mit frischem Obst aufnehmen! (8) Ebenso, wenn sie in Spreu eingegraben sind und so weit voneinander Abstand haben, dass sie sich nicht gegenseitig berühren. Ebenso wird ein langer Graben ausgehoben und ein Stück Rinde von der gleichen Breite wird geholt, an dem die Früchte mit ihren eigenen spitzen Zweigen befestigt werden. Dann wird die Rinde umgedreht und über dem Graben angeordnet, so dass sie die unter sich hängende Frucht vor der Feuchtigkeit schützt, während sie jeglichen Kontakt mit der Erde unmöglich macht. Ebenso, wenn sie mit feinem Ton beschichtet und nach dem Trocknen an einem kühlen Platz aufgehängt werden. (9) Ebenso, wenn im Freien ein Gefäß in den Boden eingegraben und zur Hälfte mit Sand gefüllt wird, und wenn die Früchte gepflückt und mit ihren Stielen jeweils auf ein einzelnes Pfahlrohr oder einen Holunderstock aufgesteckt und [diese Stöcke] in Sand wie diesen gelegt werden, wobei die Früchte sich nicht berühren und [auf ihren Stöcken] 4 FingerbreitM von dem Sand entfernt sind. Dies kann auch unter Dach getan werden kann, in einer Grube von 3 FußM Tiefe. Für die Konservierung der Früchte ist es förderlich,

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utilius est ad servandum, si cum ramo longiore tollantur. (10) aliter, in seriola, cui ad medium aqua mittatur, suspenduntur mala, ne umorem tangant, et seria clauditur, ne ventus inrumpat. item, in dolio intra hordeum sic ordinantur, ne se invicem tangant; dolium desuper operitur. vinum de malis granatis conficies hoc modo: grana matura purgata diligenter in palmea fiscella mittis et in coclea exprimes et leniter coques usque ad medietatem. cum refrixerit, picatis et gypsatis vasculis claudis. alii sucum non excoquunt, sed singulis sextariis libras mellis singulas miscent et in praedicta vasa custodiunt.

(11) de citreo mense Martio citri arbor multis modis seritur: semine, ramo, talea, clava. amat terram rarioris naturae, caelum calidum umoremque continuum. si granis velis serere, ita facies. terram in duos pedes fodies, cinerem miscebis, breves areas facies: ut utrimque per canales aqua discurrat. in his areis palmarem scrobem manibus aperies et tria grana deorsum verso acumine iuncta constitues et obruta cotidie rigabis. citius procedent, si beneficio aquae tepentis utaris. (12) natis germinibus semper proxima herba runcetur. potest hinc trima planta transferri. si ramum velis ponere, non

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wenn die Früchte mit einem ziemlich langen Stiel gepflückt werden. (10) Alternativ werden die Früchte in einem Gefäß aufgehängt, das halb voll Wasser ist, ohne dass es sie berührt; das Gefäß wird verschlossen, so dass kein Wind eindringen kann. Ebenso werden sie in einem Vorratsgefäß in Gerste eingegraben, und zwar so angeordnet, dass sie sich gegenseitig nicht berühren; der Behälter wird auf der Oberseite abgedeckt. Granatapfelwein wird man wie folgt machen: Man platziert die reifen Granatäpfel, sorgfältig gereinigt, in einem Palmenkörbchen, zerdrückt sie mit einer Spindelpresse und kocht den Saft vorsichtig auf 1/2 der Menge ein. Wenn er abgekühlt ist, speichert man ihn in Gefäßen, die verpicht und mit Gips versiegelt werden. Manche Leute erwärmen den Saft nicht, sondern vermischen ihn mit Honig – 1 PfundM auf 1 KrugM – und bewahren ihn in den oben genannten Gefäßen. (11) Zitronenbaum Zitronenbaum wird im März mit vielen Methoden gestartet: Samen, Zweig, Abschnitt, Stock. Er liebt Boden mit einer eher offenen Textur, einem heißen Klima und ständige Feuchtigkeit. Wenn man ihn aus Samen beginnen will, wird man dazu wie folgt vorgehen: Man wird die Erde auf 2 FußM Tiefe aufgraben, Asche hineinmischen und kleine Beete so anlegen, dass das Wasser durch Kanäle auf jeder Seite abfließen kann. In diesen Beeten wird man eine Grube von 1 HandbreitM Tiefe graben, 3 Samen nebeneinander mit ihren Spitzen nach unten einsetzen, abdecken und täglich bewässern. Sie kommen schneller hervor, wenn man warmes Wasser nimmt, um ihnen zu helfen. (12) Sobald sie gekeimt haben, muss man in ihrer Nähe immer Unkraut jäten. Nach 3 Jahren kann ein Setzling von hier aus verpflanzt werden. Wenn man einen Zweig nutzen möchte,

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amplius sesquipedem debebis inmergere, ne putrescat. clava seri commodius est, quae fit manubrii crassitudine, longitudine cubitali, ex utraque parte levigata, nodis et aculeis recisis, sed integra summitate gemmarum, per quas spes futuri germinis intumescat. (13) diligentiores et fimo bubulo adlinunt utrimque, quod summum est, vel marina alga vestiunt vel argilla subacta partis utriusque extrema coperiunt atque ita in pastinato solo deponunt. talea et gracilior et brevior esse potest; quae similiter ut clava mergetur, sed talea palmis duobus supersit, clava omnis obruitur. in spatio non desiderat intervalla maiora. aliis arboribus non debet adnecti. (14) calidis locis, sed inriguis et maritimis maxime gaudet, quibus umor exundat. sed si quis hoc genus, ut in regione frigida nutriatur, extorquet, loco vel parietibus munito vel in meridianam partem verso disponat hanc arborem. sed hibernis mensibus tectum stramine velet agresti; ubi aestas refulserit, aeri arbor nuda et secura reddatur. (15) talea sive clava eius calidissimis regionibus et per autumnum ponitur; frigidissimis Iulio et Augusto positas et cotidianis rigationibus animatas ipse usque ad poma et magna incrementa perduxi. citreum iuvari creditur, si cucurbitae vicinis locis serantur; quarum vites etiam conbustae utilem citri arboribus cinerem praebent. (16) gaudent adsidua fos-

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soll man ihn nicht tiefer als 1 1/2 FußM eingraben, damit er nicht verrottet. Einen Baum mit einem Stock zu beginnen ist vorteilhafter. Er wird die Dicke eines Hackengriffs haben und 1 ElleM lang sein, an jedem Ende abgeschnitten, wobei Knoten und Dornen entfernt werden, aber die obersten Knospen intakt bleiben, damit das Versprechen künftiger Triebe in ihnen anschwellen kann. (13) Besonders sorgfältige Leute bestreichen jedes Ende mit Rindermist oder wickeln sie in Meeresalgen ein oder bedecken jedes Ende mit gut durchgearbeitetem Lehm und pflanzen ihn so wie den ein, der in aufgegrabene Böden gesteckt wurde. Ein Abschnitt kann dünner und kürzer sein und wird wie ein Stock gepflanzt werden, soll aber in 2 HandbreitM Höhe über den Boden hinausragen, während ein Stock vollständig eingegraben wird. An Abstand erfordert er keine besonders großen Lücken. Er soll nicht in Verbindung mit anderen Bäumen gepflanzt werden. (14) Er genießt heiße, aber gut bewässerte und maritime Orte, wo es reichlich Feuchtigkeit gibt. Aber wenn jemand diese Art in einer kalten Region zu wachsen zwingt, soll er den Baum an einem Ort pflanzen, der durch Wände geschützt oder aber nach Süden ausgerichtet ist. Selbst dann muss man ihn in den Wintermonaten abdecken und mit Stroh von den Feldern schützen; wenn der Sommer wieder glänzt, kann der Baum wieder ins Freie gestellt werden, nackt und sicher. (15) In sehr heißen Regionen wird er auch im Herbst gepflanzt mit Abschnitten oder Stöcken; in sehr kalten Regionen habe ich selbst ihn im Juli und August gepflanzt, mit täglicher Bewässerung beschleunigt und dazu gebracht, Frucht zu tragen und groß zu wachsen. Manche glauben, dass es dem Zitronenbaum hilft, wenn in seiner Nähe Kürbisse gesät werden; ihre Stöcke liefern bei der Verbrennung auch Asche, die für Zitronenbäume nützlich ist. (16) Die Bäu-

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sione. hinc proveniunt pallia maiora. nisi quae arida sunt, rarissime debemus abscidere. inseritur mense Aprili locis calidis, Maio frigidis, non sub cortice, sed fisso trunco circa ipsas radices. inseritur et piro, ut quidam, et moro, sed insiti surculi qualo desuper omnino muniendi sunt vel fictili vasculo. adserit Martialis apud Assyrios pomis hanc arborem non carere; quod ego in Sardinia territorio Neapolitano in fundis meis conperi, quibus solum et caelum tepidum est, umor exundans, per gradus quosdam sibi semper poma succedere, cum maturis se acerba substituant, acerborum vero aetatem florentia consequantur, orbem quemdam continuae fecunditatis sibi ministrante natura. (17) feruntur acres medullas mutare dulcibus, si per triduum mulsa aqua semina ponenda macerentur vel ovillo lacte, quod praestat. aliqui mense Februario truncum obliquo foramine ab imo terebrant, ita ut altera parte non exeat; ex hoc umorem fluere permittunt, donec poma formentur; tunc foramen luto replent; sic, quod est medium, fieri dulce confirmant. (18) citreum et in arbore potest per totum annum propemodum custodiri: melius, si vasculis quibuscumque claudatur. si velis legere atque servare, nocte luna latente debebis cum ramis foliatis carpere et secreta disponere. alii singula vasis

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me genießen es, wenn man wiederholt umgräbt, was die Frucht größer macht. Wir sollen sie nur sehr selten zurückschneiden, mit Ausnahme von ausgetrockneten Zweigen. Zitronenbäume werden an heißen Orten im April, in kalten im Mai nicht unter der Rinde, sondern im Stamm gepfropftV, der direkt an den Wurzeln aufgespaltet worden ist [vgl. 3.17]. Er wird sowohl auf Birnbaum und, wie manche sagen, auf Maulbeerbaum gepfropft; in jedem Fall sind die Sprossen nach dem Einstecken mit allen Mitteln von oben mit Hilfe eines Fruchtkorbs oder Keramikgefäßes zu schützen. Bei MartialisN heißt es, dass dieser Baum in AssyrienO nicht mit der Fruchtbildung aufhört. Das erfuhr ich durch eigene Erfahrung im Gebiet von NeapolisO in SardinienO auf meinem Betrieb, der warmen Boden und Klima und reichlich Feuchtigkeit hat: Die Früchte folgen in einer Art Serie aufeinander, wobei unreife von reifen übernehmen und die in Blüte denen im unreifen Stadium folgen, als liefere die Natur selbst eine Art Kreislauf kontinuierlicher Fruchtbarkeit. (17) Es wird gesagt, dass das Fruchtfleisch von bitter zu süß wechselt, wenn Samen vor dem Anpflanzen 3 Tage lang in mulsumL-Wasser oder – noch besser – in Schafmilch eingeweicht werden. Einige Leute bohren im Februar ein Loch in den Stamm, schräg von der Basis nach oben, aber nicht bis zur anderen Seite. Aus diesem lassen sie die Feuchtigkeit abfließen, bis die Frucht gebildet wird; dann wird das Loch mit Schlamm verfüllt. Sie sagen, das Ergebnis sei, dass die Mitte der Frucht süß werde. (18) Zitrone kann fast ein ganzes Jahr tatsächlich auf dem Baum gehalten werden, doch besser, wenn sie in kleinen Töpfen eingeschlossen wird. Wenn man sie sammeln und bewahren möchte, muss man sie von ihren belaubten Zweigen in einer Nacht pflücken, wenn der Mond verdeckt ist, und muss sie getrennt voneinander hinlegen. Manche Leute

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singulis claudunt vel gypso adlinunt et opaco loco ordinata custodiunt. plerique in cedri scobe vel straminibus minutis vel in paleis tecta servant.

(19) mespilum mespila locis calidis maxime gaudent, sed inriguis; tamen frigidis quoque proveniunt; magis sabulone pingui aut glareosa terra, cui harena permixta est, vel argilla cum saxis. serenda est taleis mense Martio vel Novembri, sed solo stercorato et subacto, ita ut utrumque caput taleae stercus obducat. sunt eius incrementa tardissima. amat putari atque circumfodi et parco umore inter siccitates saepe refoveri. seritur et semine, sed in longiorem speratur aetatem. (20) si vermibus occupatur, stilo aereo purgandi sunt et amurca vel humana vetere urina vel viva calce perfundendi, sed parcius propter arboris noxam, vel aqua decocti lupini; sed putatur hinc arbor sterilis fieri. fimus et cinis vitium simul, si radicibus infundantur, fertilem reddunt. (21) si formicae molestae sunt, rubrica cum aceto et cinere temperata necabuntur. si poma labuntur, frustum de eius radice praecisum in media trunci parte figatur. inseritur mense Februario in se et in piro et in melo. surculus tamen eius ex arbore media debet

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legen jede in einen eigenen Topf oder überziehen sie mit Gips und lagern sie in Reihen an einem schattigen Ort. Die meisten Menschen halten sie abgedeckt in Sägemehl von Zedern, gehacktem Stroh oder Spreu. (19) Mispel Mispeln sind am glücklichsten an Orten, die heiß, aber gut bewässert sind, doch wachsen sie auch an kalten Orten. Sie bevorzugen fruchtbaren Grobsand oder Kiesboden, dem Sand beigemischt ist, oder Mergel mit Steinen. Die Mispel soll durch Stecklinge im März oder November gestartet werden, aber nur in Boden, der gut gedüngt und gut bearbeitet ist; jedes Ende des Stecklings soll dabei mit Mist abgedeckt werden. Ihr Wachstum ist extrem langsam. Sie schätzt es, zurückgeschnitten und aufgegraben zu werden und möchte in Trockenzeiten häufig mit geringen Mengen von Wasser erfrischt werden. Sie wird auch aus Samen begonnen, aber dies bedeutet, dass man für einen längeren Zeitraum nur hoffen kann. (20) Wenn sie von Würmern angegriffen wird, sollen diese mit einem Bronzenagel entfernt werden und mit Ölschaum, altem Menschenurin, Branntkalk – aber sparsam wegen der möglichen Beschädigung des Baumes – oder Wasser aus gekochter Lupine besprenkelt werden; von letzterem freilich glaubt man, es mache den Baum unfruchtbar. Wenn Mist und Rebstockasche zusammen auf die Wurzeln gegossen werden, machen sie den Baum fruchtbar. (21) Wenn Ameisen lästig sind, werden sie mit Rotlehm, mit Essig und Asche gemischt, abgetötet. Wenn die Frucht fällt, soll ein von seiner Wurzel genommener Abschnitt in der Mitte des Stammes befestigt werden. Sie wird im Februar auf sich selbst oder auf Birnoder Apfelbaum gepfropftV. Der Spross muss allerdings aus der Mitte des Baumes genommen werden, denn einer aus

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adsumi; nam de summitatibus vitiosus est. in trunco fisso inserenda est; nam corticis macies ieiuna nil nutriet. (22) mespila ad servandum leguntur necdum mitia, quae et in arbore diu durabunt vel in urceolis picatis vel in ordinem suspensa vel, ut quidam, posca condita. die serena legantur ac media et paleis obruantur discreta, ne ea vicissim tactus adficiat. vel cum pediculis lecta semimatura et salsa aqua per dies quinque macerata postea sapae infundantur, ut enatent. servantur et melle, sed si nimis matura collegeris.

(23) de ficu calidis locis fici planta radicata Novembri mense, temperatis Februario, frigidis melius Martio vel Aprili ponenda est; si taleam vel cacumen ponas, ultimo Aprili, cum ei se viridior sucus infuderit. plantae in scrobe depositae lapides substituendi sunt; ad radicem fimo terra miscenda est. si loca frigida sunt, plantarum cacumina divisis cannae internodiis defendantur a frigore. (24) si cacumen velis ponere, trisulcum ramum bimum vel trimum ab australi parte decides et sic obrues, ut divisa cacumina terra interiacente velut tres surculos reddant. taleam sic ponemus, ut cetera, cui leviter ab infima parte divisae lapidem mergemus in fis-

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der Krone ist ungut. Er muss auf den gespalteten Stamm gepfropft werden, da die hungrige Magerkeit der Rinde keine Nahrung geben wird. (22) Mispeln werden zur Einlagerung gesammelt, solange sie noch nicht weich sind. Sie werden sich am Baum lange halten, auch in verpichten Gefäßen, in Reihen aufgehängt oder – manchen Leuten zufolge – in Essig-Wasser gelagert. Sie sollen an einem schönen Tag mittags gesammelt und in Spreu eingegraben werden, gut verteilt, damit ein Verderben durch Kontakt miteinander verhindert wird. Oder sie können halbreif mit ihren Stielen gepflückt, 5 Tage lang in Salzlake eingeweicht und dann in sapaL geworfen werden, so dass sie darin schwimmen. Man kann sie auch in Honig einlagern, aber nur, wenn man sie einsammelt, wenn sie sehr reif sind. (23) Feigenbaum An heißen Orten soll ein bewurzelter Feigensetzling im November, an gemäßigten im Februar gepflanzt werden, an kalten aber besser im März oder April – Ende April, wenn man eine Wipfel- oder Zweigspitze einpflanzt, nachdem lebendigerer Saft in sie geströmt ist. Wenn der Setzling in die Grube gesteckt wird, sollen Steine unter ihm platziert werden; die Erde in der Nähe der Wurzel soll mit Mist vermischt werden. Wenn der Ort kalt ist, sollen die Spitzen der Jungpflanzen vor der Kälte mit gespalteten Internodien von Pfahlrohr geschützt werden. (24) Wenn man eine Zweigspitze pflanzen will, wird man einen dreigabeligen Zweig, 2 oder 3 Jahre alt, von der Südseite des Baums abschneiden und so eingraben, dass die Spitzen durch die dazwischenliegende Erde getrennt sind und wie 3 Einzelstecklinge aussehen. Ein Abschnitt wird wie andere Arten gepflanzt werden: Nachdem man ihn unten leicht aufgespaltet hat, wird man einen Stein in die Spalte einfügen. Ich selbst habe große Feigen-

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so. ego mense Februario ultimo vel Martio in Italia plantas grandes ficorum per pastinatum solum disposui et eo anno poma pepererunt supra conprehendendi felicitatem velut tributa reddentes. (25) legendae sunt plantae, in quibus frequens nodus extuberat. steriles creduntur, quae nitidae sunt et oculos suos per longa internodia distulerunt. si plantam fici prius nutrias in seminario et maturam transferas in scrobem, poma generosiora producet. aliqui multum prodesse confirmant, si plantam fici diviso squillae bulbo intersitam strictamque vinculis conlocemus. scrobes amat altas, intervalla maiora, terrae genus durum et gracile et siccum pro utili sapore pomorum. (26) provenit et petrosis atque asperis; tamen potest locis prope omnibus seri. quae in montanis et frigidis locis nascuntur, quia minus lactis habent, ad siccitatem durare non possunt. usus illis in viridi est, melioris magnitudinis et saporis arguti. quae nascuntur in campis et locis calidis, et pinguiores sunt et in siccitate durabiles. (27) si genera numerare velimus, inmensum est; sufficit, quod omnibus aequa cultura est. illa distantia est, quod in Caricis melius alba servatur. in locis nimie frigidis praecoquas ficos seramus, quae cito veniant, ut ante imbres genus hoc possit occurrere, calidis vero et aestuosis eam, quae sera maturat. gaudet adsidua fossione. per autumnum proderit, si stercus admoveas, praecipue de aviariis. reciden-

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setzlinge im pastinatumA in ItalienO im späten Februar oder März gepflanzt; in demselben Jahr haben sie über den Erfolg im Einwurzeln hinaus Früchte produziert, als wollten sie mir Tribut zollen. (25) Wir sollten Setzlinge wählen, deren Knoten nahe beieinanderliegen; diejenigen, die glänzen und deren AugenV durch lange Zwischenräume getrennt sind, werden für unfruchtbar gehalten. Wenn man einen Feigensetzling zunächst in einem Saatbeet pflegt und dann zu gegebener Zeit in eine Grube umpflanzt, wird er überlegene Früchte produzieren. Einige Leute erklären, es sei sehr hilfreich, wenn wir eine Meerzwiebel aufspalten, den Feigensetzling zwischen die beiden Hälften legen, sie wieder zusammenbinden und einpflanzen. Der Feigenbaum schätzt tiefe Gruben, großen Abstand und eine Art von Erde, die hart, leicht und – im Interesse eines akzeptablen Geschmacks der Frucht – trocken ist. (26) Er wächst auch an rauen felsigen Stellen, kann jedoch an fast jeder Art von Stelle gestartet werden. Diejenigen, die an bergigen oder warmen Orten wachsen, können nicht bis zum Trockenstadium warten, da sie weniger Saft haben; sie werden grün verwendet, mit größerer Gestalt und ausgeprägtem Geschmack. Diejenigen, die im Flachland und an heißen Orten wachsen, sind üppig und auch gut haltbar, wenn sie getrocknet sind. (27) Wenn wir die Sorten aufzählen wollten, wäre dies eine riesige Aufgabe; es genügt zu sagen, dass der Anbau für alle gleich ist. Es besteht folgender Unterschied, dass unter karischenO [Feigen] die weißen besser halten. An außergewöhnlich kalten Orten sollen wir schnell reifende Feigen pflanzen, so dass diese Art der Regenzeit zuvorkommen kann, an heißen und schwülen Orten aber eine spät reifende Sorte. Sie genießt wiederholtes Umgraben. Im Herbst wird es hilfreich sein, wenn man einigen Mist einbringt, insbesondere den aus den Vogelhäusern. Man soll jeden vermorschten oder

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da sunt in ea, quae aut putria aut male nata repperis; et ea ratione putanda est, ut inclinata per latera possit expandi. (28) in locis umectis ficus saporis obtusi est, cui circumcisis contra hoc radicibus aliquantus cinis debet adfundi. aliqui inter ficarias caprifici arborem serunt, ut non sit necesse per singulas arbores pro remedio eadem poma suspendi. mense Iunio circa solstitium caprificandae sunt arbores fici, id est suspendendi grossi ex caprifico, lino velut serta pertusi. si hoc desit, aprotani virga suspenditur; aut callum, quod in ulmeis foliis invenitur, aut arietina cornua circa radices arboris obruuntur; vel truncus arboris, quo loco turget, scarificandus est, ut possit umor effluere. (29) ne vermes patiatur, ramum terebinthi vel lentisci taleam cum plantis fici cacumine ponemus inverso. uncinis aereis tollendi sunt vermes ex fico. alii amurcam, alii veterem urinam ablaqueatis radicibus miscent. alii bitumen et oleum aut solam calcem vivam latebris vermium linunt. si formicae molestae sunt, rubrica butyro et pice liquida mixta circa truncum debet induci. alii coracinum piscem contra formicas in arbore suspendendum esse confirmant. (30) si fructus suos velut aegra proiciet, alii rubrica aut amurca insulsa mixta aqua

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schlecht gebildeten Zweig, den man findet, abschneiden und den Baum so zurückschneiden, dass er nach außen gerichtet ist und sich zu den Seiten hin erweitert. (28) An feuchten Stellen sind Feigen matt im Geschmack. Dagegen soll nach dem Zurückschneiden um die Wurzeln eine bestimmte Menge an Asche aufgestreut werden. Manche Leute pflanzen einen wilden Feigenbaum in die Feigenplantagen, um die Notwendigkeit zu vermeiden, in jedem eine Frucht davon als Heilmittel aufzuhängen. Im Juni nämlich sollen rund um die Sonnenwende Feigenbäume »kaprifiziert« werden; dafür sollen unreife Feigen von einem wilden Feigenbaum an einer Schnur wie ein Kranz aufgefädelt werden. Wenn diese nicht verfügbar sind, wird ein Zweig Wermut aufgehängt oder die Schwiele, die man auf Ulmenblättern findet, oder aber es wird ein Widderhorn in der Nähe der Wurzeln des Baumes vergraben, oder der Baumstamm wird an einer Schwellung aufgerissen, so dass die Feuchtigkeit abfließen kann. (29) Um zu verhindern, dass der Feigenbaum an Würmern leidet, werden wir einen Zweig der Terpentinpistazie oder einen Abschnitt von Mastix verkehrt herum mit den Feigensetzlingen einpflanzen. Bronzehaken sollen verwendet werden, um Würmer von einem Feigenbaum zu entfernen. Einige Leute mischen Ölschaum, andere alten Urin in die Bodenlockerung um die Wurzeln. Andere streichen Bitumen und Öl oder nur BranntkalkB auf die Verstecke der Würmer. Wenn Ameisen ein Ärgernis sind, soll Rotlehm, mit Butter und flüssigem Pech gemischt, um den Stamm aufgebracht werden. Andere erklären, dass gegen Würmer ein Rabenfisch [eine schwarze Flussfischart] oben im Baum aufgehängt werden soll. (30) Wenn der Baum seine Früchte abwirft, als sei er kränklich, bestreichen einige Leute ihn mit Rotlehm oder ungesalzenem Ölschaum, mit Wasser gemischt, oder legen einen Flusskrebs

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arborem linunt vel cancrum fluvialem cum ramo rutae suspendunt vel algam marinam vel fascem lupinorum vel radici terebratae cuneum figunt vel securi arboris corium saepe proscindunt. cum folia producere incipiunt fici, ut multum fructum et pinguem ferant, in principio germinis cacumina summa decutimus vel hoc tantum cacumen, quod ex arboris medietate procedit. (31) si maturam ficum vis serotinam facere, incipientes grossos decute, cum illis fabae fuerit magnitudo. ut ficus cito maturet, suco cepae longioris cum oleo et pipere mixto unge poma, quando grossi incipiunt subrubesere. Aprili mense ficum debemus inserere inter corticem vel, si novellae arbores sunt, fisso ligno, quod statim operiendum est et ligandum, ne ventus introeat. (32) melius conprehendunt, si circa terram recisa inserantur arbusta. aliqui et Iunio mense inserunt. surculus legendus est anniculus; inutilis enim creditur maioris vel minoris aetatis. inoculari ficus locis siccis Aprili, umidis Iulio mediante poterit, Octobri mense locis tepidis. [propagari ficus ramis potest.] inseritur autem in caprifico, in moro, in platano et oculis et surculis. (33) ficus virides servari possunt vel in melle ordinatae, ne se invicem tangant, vel singulae intra viridem cucurbitam clausae locis unicuique cavatis et item tessera, quae secatur, inclusis suspensa ea cucurbita, ubi non sit ignis aut fumus. alii [missas] ficus recentes minus matu-

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zusammen mit einem Rautenzweig oder Meeresalgen oder ein Bündel von Lupinen auf oder bohren die Wurzel an und befestigen einen Keil in ihr oder brechen wiederholt die Rinde des Baums mit einer Axt auf. Wenn Feigenbäume beginnen, Blätter hervorzubringen, schneiden wir, damit sie eine Menge praller Frucht tragen, die obersten Sprieße ab, wenn die Knospen sich zu öffnen beginnen, oder auch nur die obersten Sprieße aus der Mitte des Baumes. (31) Wenn man einen frühen Baum zu einem spät tragenden machen will, haut man die Feigen ab, wenn sie von der Größe einer Bohne sind. Um einen Feigenbaum früh reifen zu lassen, bestreicht man die Frucht mit dem Saft einer länglichen Zwiebel, mit Öl und Pfeffer vermischt, wenn die jungen Feigen einen rötlichen Schimmer zu haben beginnen. Wir sollen Feigen im April in der Rinde pfropfen, oder, wenn die Bäume jung sind, im aufgespalteten Stamm-Holz, das sogleich abgedeckt und zusammengebunden werden soll, damit kein Wind hineinkommen kann. (32) Sie gedeihen besser, wenn die Pflanzen vor dem Pfropfen nah am Boden abgeschnitten worden sind. Einige Leute pfropfen sie sogar im Juni. Wir sollen einen einjährigen Spross wählen, denn ein älterer oder jüngerer gilt als nutzlos. Das AnplattenV von Feigen kann an trockenen Orten im April, an feuchten Mitte Juli, an warmen im Oktober durchgeführt werden. Man pfropft auf wilden Feigen-, Maulbeer- oder Platanenbaum sowohl durch AugenV [Knospen; vgl. 7.5] als auch durch Pfropfreiser. (33) Grüne Feigen kann man entweder in Honig einlagern, so angeordnet, dass sie einander nicht berühren, oder einzeln in einem grünen Kürbis eingeschlossen, jeweils ausgehöhlt und wieder verschlossen mit der Platte, die ausgeschnitten wurde; dabei wird der Kürbis aufgehängt, wo es kein Feuer und keinen Rauch gibt. Manche Leute sammeln frische unreife Feigen mit ihren Stielen, schließen

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ras in novo vase fictili lectas cum pediculis et a se separatas recludunt et in dolio vini pleno vas natare permittunt. (34) Martialis dicit Caricas per genera multa servari, cum ratio una sufficiat. ergo hoc genere, quo Campania tota custodit, servare debemus: in cratibus ficus expanditur usque ad meridiem et adhuc mollis in qualum refunditur. tunc calefacto forno ad panis coquendi modum subpositis tribus lapidibus, ne ardeat qualus, includitur et, clauso forno ubi discocta ficus fuerit, sicut est calida, interpositis foliis suis in vas fictile conditur bene picatum densius pressa et operculo diligenter obducitur. (35) si pluviis abundantibus crates non possis expandere, sub tecto eas ita ponis, ut semipede erigantur a terra et eas ad vicem solis cinis subiectus vaporet et subinde ficus, sicut est divisa, vertatur, ut ficorum coria siccentur et pulpae; tunc duplicata in cistellis servetur aut loculis. alii maturas mediocriter ficus et divisas in cratibus expandunt toto sole siccandas; recipiunt nocte sub tecta. (36) nunc ficulnea cacumina obruuntur utiliter, cum tumescunt, ut plantas faciant, si earum copia non abundat. ut etiam varios fructus una ficus exhibeat, ramos duos nigrae

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sie getrennt voneinander in einem neuen Keramikgefäß ein und lassen den Behälter in einem [zunächst offenen] Fass voll Wein schwimmen. (34) MartialisN sagt, karischeO [Feigen] werden auf vielen Methoden haltbar, allerdings sei ein System allein ausreichend; also sollen wir sie nach dem folgenden Verfahren einlagern, das in ganz KampanienO verwendet wird: Die Feigen werden bis zum Mittag auf Roste aus Flechtwerk ausgebreitet, dann wieder in einen Fruchtkorb gelegt, während sie immer noch weich sind. Anschließend wird der Korb in einem Ofen auf Brotbacktemperatur aufgeheizt, wobei 3 Steine unter ihn gelegt werden, um zu verhindern, dass er Feuer fängt; dann wird der Ofen geschlossen. Sobald die Feigen durch das Erhitzen weich geworden sind, werden sie noch heiß in einem gut verpichten Keramikgefäß zwischen Schichten ihrer eigenen Blätter dicht gepackt, und das Gefäß wird vorsichtig mit einem Deckel verschlossen. (35) Wenn man sie wegen reichlicher Regenfälle nicht auf Rosten aus Geflecht ausbreiten kann, soll man sie unter ein Dach legen, 1/2 FußM oberhalb des Bodens, und Asche darunterlegen, die sie anstelle der Sonne erwärmt; die Feigen sollen so, wie sie sind, aufgeteilt und immer wieder gewendet werden, damit ihre Haut und ihr Fruchtfleisch trocknen können. Dann sollen sie umgeschlagen und in Kisten oder Kästen aufbewahrt werden. Andere Leute spalten die Feigen, wenn sie mäßig reif sind, und verstreuen sie auf Roste aus Geflecht, damit sie den ganzen Tag in der Sonne trocknen; sie bringen sie dann in der Nacht unter Dach. (36) Jetzt werden nützlicherweise Zweigspitzen von Feigenbäumen vergraben, solange die Knospen schwellen, um so junge Setzlinge zu machen, wenn man nicht über ein reichhaltiges Angebot von ihnen verfügt. Damit ein einzelner Baum vielfältiges Obst aufweist, soll man zwei Zweige –

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et albae arborum ita inter se vinculo stringis ac torques, ut germina miscere cogantur. sic obruti et stercorati et umoribus iuti, ubi prodire coeperint, germinantes oculos aliqua sibi adnexione conglutina. tunc germen adunatum parturiet duos colores, quos unitate dividat, divisione coniungat.

(37) de pomis aliorum mensium nunc et pirus vel malus inseri ac seri potest et cydonea et prunus inseritur et sorba ponuntur et morus nono Kalendarum Aprilium die et inseruntur pistacia et locis frigidis pini semen aspargitur.

11. de conparandis bubus, tauris, vaccis (1) hoc mense conparandi sunt boves, qui tamen, sive de nostris capiantur armentis sive emantur, idcirco nunc parabuntur utilius, quia necdum sagina temporis pleni aut celare possunt fallaciam venditoris et vitia sua aut ad repugnandum domiturae contumacem pleni roboris exercere fiduciam. (2) haec tamen signa spectanda sunt in bubus, seu de nostro seu de alieno grege fuerint conparandi: ut sint bones novelli, quadrati, [et] grandibus membris et so-

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von einem schwarzen und einem weißen Baum – zusammenbinden und in einer Weise biegen, dass sie gezwungen sind, ihre Knospen zu vermischen. So werden sie gepflanzt und ihnen wird mit Mist und Feuchtigkeit geholfen. Wenn sie zu wachsen beginnen, hält man die keimenden Knospen mit irgendeiner Art von Befestigung zusammen. Dann wird dieses verschmolzene Pfropfreis zwei Farben hervorbringen, unterschieden in Einheit und verbunden in Vielfalt. (37) Obstbäume anderer Monate Jetzt werden sowohl Birn- als auch Apfelbaum gepfropft und begonnen; Quitten- und Pflaumenbaum werden gepfropft; Speierlinge werden gepflanzt, auch Maulbeeren am 24. März [vgl. 3.25.28.]. Pistazie wird gepfropft und an kalten Orten werden Piniensamen ausgestreut.

Tierhaltung 11. Kauf von Rindern, Stieren und Kühen (1) In diesem Monat wird der Rinderbestand gesichert. Gleich ob sie aus unserer eigenen Großviehherde genommen werden oder erworben worden sind, ist jetzt die geeignete Zeit für den Erhalt von ihnen, und zwar aus den folgenden Gründen: Weil sie noch nicht mit jahreszeitlicher Fülle gemästet sind, können sie ihre eigenen Fehler oder die Tricks des Verkäufers nicht verbergen; auch haben sie nicht das Vertrauen der voll genährten Kraft, die sie gegen eine Zähmung eigensinnig machen würde. (2) Das sind die Punkte, die man bei Rindern beachten muss, gleich ob sie aus der eigenen Herde kommen oder aus einer anderen erworben werden sollen: Die Rinder sollen jung und blockartig sein, mit massiven Gliedern eines festen Körpers, überall hervortreten-

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lidi corporis, musculis ac toris ubique surgentibus, magnis auribus, latae frontis et crispae, labris oculisque nigrantibus, cornibus robustis ac sine curvaturae pravitate lunatis, patulis naribus et resimis, cervice torosa atque conpacta, palearibus largis et circa genua fluentibus, pectore grandi, armis vastis, ventre non parvo, porrectis lateribus, latis lumbis, dorso recto et plano, cruribus solidis, nervosis et brevibus, ungulis magnis, caudis longis ac setosis, pilo totius corporis denso ac brevi, robei maxime coloris aut fusci. (3) melius autem boves de vicinis locis parabimus, qui nulla soli aut aeris varietate temptentur. aut si hoc deest, de locis similibus ad similia transferamus. illud ante universa curandum est, ut viribus ad trahendum conparentur aequales, ne valentioris robur alteri procuret exitium. in moribus haec consideranda sunt: sint arguti, mansueti, timentes hortamen clamoris ac verberis, cibi adpetentes. sed si regionis ratio patitur, nullus melior cibus est quam viride pabulum. ubi vero deest, eo ordine ministretur, quo pabuli copia et laborum coget accessio. (4) nunc tauros quoque, cui cordi est armenta construere, conparabit his signis aut a tenera aetate summittet, ut sint alti atque ingentibus membris, aetatis mediae et magis, quae iuventute minor est, quam quae declinat in senium, torva facie, parvis cornibus, torosa vastaque cervice, ventri substricto. (5) vaccas etiam nunc maxime parabimus; sed eligemus forma altissima, corporis longi, uteri capacis et magni lata

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den Muskeln, großen Ohren, einer breiten gelockten Stirn, schwärzlichen Lippen und Augen, robusten, halbmondförmigen Hörnern ohne defekte Krümmung, Nüstern, die weit offen stehen und sich zurückspreizen, einem gut gebauten muskulösen Hals, großer Wamme, die sich nach unten bis zu den Knien erstreckt, einer großen Brust, riesigen Schultern, einem nicht kleinen Bauch, langen Flanken, breiten Lenden, einem geraden flachen Rücken, Beinen, die solide, sehnig und kurz sind, großen Hufen, einem langen grobhaarigen Schweif, dichten kurzen Haaren am ganzen Körper und vorzugsweise von roter oder dunkler Farbe. (3) Wir werden besser daran tun, Rinder aus den umliegenden Gebieten zu erwerben, da sie von keiner Veränderung des Bodens oder des Klimas beeinflusst werden. Alternativ, wenn dies nicht möglich ist, sollen wir sie aus vergleichbaren Orten holen. Vor allem müssen wir dafür sorgen, dass die erworbenen Tiere gleich an Zugkraft sind, damit nicht die Kraft des Stärkeren dem anderen zum Verhängnis wird. Beim Temperament ist Folgendes zu beachten: Sie sollten eifrig, sanft, gehorsam bei einer Aufforderung durch Rufen oder Schlagen, und begierig nach Futter sein. Wenn es die Natur der Region ermöglicht, gibt es kein besseres Futter als Grünfutter; wo dieses jedoch fehlt, wird man sie mit Futter nach dem Diktat von dessen Vorhandensein um ihren geplanten Einsatz ernähren. (4) Ebenfalls jetzt wird jemand, der sich den Aufbau einer Großviehherde vorgenommen hat, Stiere erwerben oder von zartem Alter an aufziehen, und zwar auf der Grundlage folgender Punkte: Sie sollen groß sein, großgliedrig, von mittlerem Alter – oder eher jünger als älter –, mit einem wilden Gesicht, kleinen Hörnern, einem massiven muskulösen Hals und kompaktem Bauch. (5) Ebenfalls jetzt ist die beste Zeit, den Bestand an Kühen zu sichern. Wir sollen solche auswählen, die eine sehr hohe

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fronte, oculis nigris et grandibus, pulchris cornibus et praecipue nigris, aure setosa, palearibus et caudis maximis, ungulis brevibus et cruribus nigris et parvis, aetatis maxime trimae, quia usque ad decennium fetura ex his procedit utilior. nec ante aetatem trimam tauros his oportet admitti. (6) sed erit studium diligentis amotis senioribus novellas subinde conducere et steriles aratro ac laboribus deputare. Graeci adserunt, si mares creare velis, sinistrum tauri in coitu ligandum esse testiculum, si feminas, dextrum; tamen tauros diu ante abstinendos, ut, cum tempus est, acrius in causas dilati fervoris incumbant. (7) sed his armentis hieme maritima et aprica loca, aestate opaca paremus ac frigida, montana maxime, quia melius frutectis et his herba internascente saturentur. quamvis circa fluvios recta propter loca amoena pascantur, fetura tamen aquis tepidioribus adiuvatur; unde magis utilius habentur, ubi pluvialis aqua tepentes format lacunas. (8) tolerat tamen frigus hoc armenti genus et potest facile hibernare sub divo; quibus tamen septa fieri propter iniuriam gravidarum convenit laxiora. stabula vero utilia sunt strata saxo aut glareis aut harenis, devexa aliquatenus, ut umor possit elabi, parti meridianae obversa propter flatus glaciales, quibus aliquis resistere debet obiectus.

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Form, einen langen Körper, eine große geräumige Gebärmutter, breite Stirn, große, schwarze Augen, gutaussehende Hörner – vorzugsweise schwarz –, haarige Ohren, sehr große Wammen und Schwänze, kompakte Hufe mit kleinen schwarzen Beinen haben und vorzugsweise 3 Jahre alt sind, da die Jungen, die sie bis zu ihrem 10. Lebensjahr hervorbringen, zufriedenstellend sein werden; vor ihrem 3. Jahr sollen sie nicht zur Züchtung herangezogen werden. (6) Ein sorgfältiger Landwirt wird es zu seiner regelmäßigen Pflicht machen, ältere Kühe zu entfernen, junge zu sammeln und die unfruchtbaren an den Pflug zu verweisen oder für andere Aufgaben heranzuziehen. Die Griechen sagen, man solle, wenn man männliche Tiere hervorbringen wolle, den linken Hoden des Stiers bei der Zucht abbinden, für weibliche den rechten. Sie fügen hinzu, dass den Bullen über einen längeren Zeitraum die Paarung verweigert werden soll, um sie umso eifriger zu machen, wenn die Zeit kommt, aufgrund ihrer verschleppten Begierde. (7) Für Großvieh sollen wir im Winter sonnige maritime Standorte, im Sommer schattige und kühle bereithalten, vor allem in den Bergen, da sie durch die Büsche und die Kräuter zufriedener werden, die unter ihnen wachsen. Obwohl man sie zu Recht in der Nähe von Flüssen wegen der Annehmlichkeit dieser Orte weiden lässt, wird ihre Vermehrung durch wärmeres Wasser unterstützt; folglich ist es besser, sie dort zu halten, wo Regenwasser recht warme Pfützen bildet. (8) Allerdings verträgt diese Art von Großvieh auch Kälte und kann leicht auch im Winter ins Freie. Es ist angebracht, recht geräumige Pferche für sie zu schaffen, um Schaden für die trächtigen Kühe zu vermeiden. Ihre Ställe sind sinnvollerweise mit Steinen, Kies oder Sand ausgelegt und etwas nach unten abfallend, so dass die Feuchtigkeit ablaufen kann, und nach Süden gewendet, wegen der eisigen Winde, gegen die sie einen gewissen Schutz bieten sollen.

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12. de domandis bubus (1) hoc mense ultimo domandi sunt trimi boves, quia post quinquennium bene domari non possunt aetatis repugnante duritia. capti ergo statim domentur, qui quidem prius, cum teneri fuerint, frequenti manus adtrectatione mansuescant. sed stabulum novi boves largioribus spatiis habere debebunt, ut et ante stabulum loca nullis concludantur angustiis et producti non aliqua vitientur offensa. (2) in ipso vero stabulo asseres transversi a terra septem pedibus alti configantur. ad quos boves ligentur indomiti. tunc eligis absolutam tempestatibus et inpedimentis omnibus diem, qua capti perducantur ad stabulum. quorum si nimia fuerit asperitas, uno die ac nocte inter vincula mitigentur atque ieiunia. tunc appellationibus blandis et inlecebris oblatorum ciborum, non a latera neque a tergo, sed a fronte accedens bubulcus admulceat naresque et terga pertractet mero subinde conspergens, hac tamen cautione, ne aliquem calce contingat aut cornu. quod vitium, si in primordiis effectui sibi cessisse senserit, obtinebit. (3) tunc mitigatis os et palatum salibus frica et in gulam demitte praesulsae adipis librales offas et vini sextarios singulos cornu infundente per fauces; quae res intra triduum totius saevitiae iram resolvet.

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12. Zähmung von Rindern (1) Am Ende dieses Monats sollen 3 Jahre alte Rinder gezähmt werden. Sie können nicht erfolgreich gezähmt werden, wenn sie älter als 5 Jahre sind, da sie dann vom Alter abgehärtet und widerständig sind. So sollen sie umgehend eingefangen und gezähmt werden; in der Tat sollen sie früher, während sie noch jung und zart sind, durch häufige Handhabung zahm werden. Neue Rinder müssen einen geräumigen Stall haben, so dass der Bereich davor nicht eingeschränkt ist und sie, wenn sie herausgeführt werden, nicht durch ein Hindernis verunsichert werden. (2) Im Stall selbst soll 7 FußM über dem Boden waagerecht ein Rundbalken befestigt werden, so dass die wilden Rinder daran gebunden werden können. Dann wählt man einen Tag, der frei von schlechtem Wetter und allen anderen Hindernissen ist, an dem man sie einfangen und in den Stall bringen kann. Wenn ihre Wildheit zu groß ist, sollen sie gefesselt und gefügig gemacht werden, indem sie einen Tag und eine Nacht hungrig gehalten werden. Dann wird der Rinderhirt, wobei er in einer schmeichelnden Weise mit den Tieren spricht und sie mit dem Angebot von Futter lockt – er nähert sich nicht von der Seite oder von hinten an, sondern von vorne – sie streicheln, Nüstern und Rückseite betasten und gelegentlich ungemischten Wein aufsprenkeln. Aber er soll Vorsichtsmaßnahmen treffen, dass das Rind niemanden mit seinem Huf oder Horn berühren kann, denn wenn es von Anfang an verstanden hat, dass dies zu seinem Vorteil wirkt, wird sich dieser Fehler festsetzen. (3) Wenn sie dann bereits gefügig gemacht sind, reibt man Mund und Gaumen mit Salz ein und legt in ihren Schlund besonders salzige Fettklöße von 1 PfundM Gewicht und gießt mithilfe eines Horns [als Trichter] 1 KrugM Wein in ihren Schlund. Diese Behandlung wird innerhalb von 3 Tagen ihre böse

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aliqui eos inter se iungunt ac docent onera temptare leviora; et, quod utile est, si arationi parantur, subacto prius solo exercendi sunt, ut novus labor tenera adhuc colla non quasset. (4) expeditior autem domandi ratio est, ut asperum bovem mansueto et valido bovi coniungas, quo ostendente facile ad omnia cogetur officia. si post domituram decumbit in sulco, non adficiatur igne nec verbere, sed potius, cum decumbit, pedes eius ita ligentur vinculis, ut non possit progredi aut stare vel pasci. quo facto siti ac fame lassatus carebit hoc vitio.

13. de equis, equabus et pullis (1) hoc mense saginati ac pasti ante admissarii generosis equabus admittendi sunt et repletis feminis item ad stabula colligendi. neque tamen aequalem numerum omnium debemus adhibere, sed aestimatis viribus uniuscuiusque admissarii summittenda sunt pauca vel numerosa coniugia, quae res efficiet admissarios non parva aetate durare. iuveni tamen equo et viribus formaque constanti non amplius quam duodecim vel quindecim debemus admittere, ceteris pro qualitate virium suarum. (2) sed in admissario quattuor spectanda sunt: forma, color, meritum, pulchritudo. in forma haec sequemur: vastum corpus et solidum, robori conveniens altitudo, latus longissimum, maximi ac rotun-

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wilde Natur völlig verändern. Einige Leute spannen sie dann zusammen ins Joch und lehren sie, leichte Lasten zu bewältigen. Wenn man sie für den Pflug vorbereitet, ist es sinnvoll, sie auf zuvor bestelltem Boden zu trainieren, so dass die neue Aufgabe sie nicht in den Hals sticht, solang der noch immer zart ist. (4) Ein schnelles Verfahren der Zähmung aber ist es, ein wildes Rind zu einem ins Joch zu spannen, das sanft und stark ist; es wird einfach zur Durchführung jeder Aufgabe gezwungen werden, da das andere Tier es ihm zeigt. Wenn es sich nach der Zähmung in die Furche legt, soll es nicht mit Feuer oder Schlägen behandelt werden; vielmehr sollen, wenn es sich hinlegt, seine Füße gefesselt werden, so dass es nicht gehen oder stehen oder grasen kann. Wenn dies geschehen ist, wird es vor Hunger und Durst gefügig werden und diesen Fehler verlieren. 13. Pferde, Stuten und Fohlen (1) In diesem Monat sollen die Hengste, nachdem sie konditioniert und gut genährt worden sind, zu Stuten von guter Art geführt und nach der Paarung mit den Stuten wieder in ihre Ställe gebracht werden. Wir sollen aber nicht eine gleiche Anzahl zu allen führen, vielmehr sollen wir die Stärke der einzelnen Hengste bewerten und dann wenige oder zahlreiche Stuten für ihn vorsehen. Diese Maßnahme wird dafür sorgen, dass die Hengste nicht nur für eine kurze Zeit ausdauern. Selbst wenn ein Hengst in seinen besten Jahren, von stabiler Stärke und Gestalt ist, sollen wir ihm nicht mehr als 12 oder 15 zuführen, anderen entsprechend ihrer Stärke weniger. (2) Wir werden bei einem Hengst auf 4 Dinge achten: Gestalt, Farbe, Leistung und Schönheit. Bei der Gestalt zielen wir auf die folgenden Merkmale: ein fester Körper, Größe, die zur Robustheit passt, eine sehr lange Flanke, große runde Hinterkeulen, eine breite Brust,

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di clunes, pectus late patens et corpus omne musculorum densitate nodosum, pes siccus et solidus et cornu concavo altius calciatus. pulchritudinis partes hae sunt: ut sit exiguum caput et siccum pelle propemodum solis ossibus adhaerente, aures breves et argutae, oculi magni, nares patulae, coma et cauda profusior, ungularum solida et fixa rotunditas. (3) colores hi praecipui: badius, aureus, albineus, russeus, murteus, cervinus, gilbus scutulatus, albus guttatus, candidissimus, niger pressus; sequentis meriti varius cum pulchritudine, nigro vel albineo vel badio mixtus, canus cum quovis colore, spumeus maculosus, murinus obscurior. sed in admissariis praecipue legamus clari et unius coloris; ceteri vero despiciendi, nisi magnitudo meritorum culpam coloris excuset. (4) eadem in equabus consideranda sunt, maxime ut sint longi et magni ventris et corporis; sed hoc in generosis servetur armentis. ceterae passim toto anno inter pascua dimissis secum maribus inpleantur. equarum natura est partum spatio duodecimi mensis absolvere. illud in admissariis servandum est, ut mediis aliquibus spatiis separentur propter noxam furoris alterni; sed his armentis pascua legamus pinguissima, hieme aprica, frigida et opaca provideamus aestate nec adeo mollibus locis nata, ut ungularum firmitas de asperitate nil sentiat. (5) si equa marem pati noluerit, trita squilla naturalia eius infecta libidinem

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der ganze Körper mit dicken Muskelknoten versehen, ein Fuß, trocken und fest, mit ziemlich hohem Huf aus hohlem Horn. Bei der Schönheit sind die Elemente folgende: Der Kopf soll klein und trocken sein, mit der Haut fast direkt auf den Knochen liegend; kurze, scharf definierte Ohren; große Augen; geblähte Nüstern; sehr reichliche Mähne und Schweif; eine solide, feste Rundheit an den Hufen. (3) Bei den Farben ist es insbesondere dies: dunkelbraun, golden, weißlich, rotbraun, myrtenfarben, hirschbraun, graubraun gemustert, weißscheckig, reines weiß, schwarz. Die zweite Qualität ist eine wunderschöne fleckige Färbung mit einer Mischung aus schwarz, weißlich oder dunkelbraun; grau mit einer anderen Farbe kombiniert; eine schillernde Schaumfarbe; ein recht langweiliges Mausgrau. Bei Hengsten aber sollen wir insbesondere jene mit einer einzigen markanten Farbe wählen; andere sollen abgelehnt werden, es sei denn, die Größe ihrer Leistung kompensiert ihre fehlerhafte Färbung. (4) Die gleichen Punkte sollen bei Stuten berücksichtigt werden, vor allem, dass sie lang und groß an Bauch und Körper sein sollen. Aber das ist eine Überlegung bei Tieren guter Abstammung. Was die anderen Stuten angeht, können die Hengste auf den Viehweiden mit ihnen ohne Einschränkung ganzjährig zusammen sein und sich mit ihnen paaren. Stuten beenden ihre Trächtigkeit von Natur aus irgendwann im 12. Monat. Worauf man bei Hengsten achten muss, ist, dass sie voneinander durch einigen Zwischenraum getrennt werden, um Schaden von ihrer Wut gegeneinander zu verhindern. Für diese Tiere sollen wir sehr reiche Viehweiden wählen, die im Winter sonnig, im Sommer kalt und schattig sind und deren Boden nicht so weich ist, dass die Festigkeit ihrer Hufe nie auf etwas Hartes trifft. (5) Wenn eine Stute einen Hengst nicht akzeptiert, wird ein Einreiben ihrer Genitali-

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concitabunt. deinde gravidae non urgeantur nec famem frigusque tolerent nec inter se locis conprimantur angustis. generosas equas et quae masculos nutriunt, alternis annis summittere debebimus, ut pullis puri et copiosi lactis robur infundant; ceterae passim replendae. (6) aetas incipientis admissarii quinti anni initio esse debebit. femina recte et bima concipiet, quia post decennium iners ex ea suboles et tarda nascetur. pulli equarum nati manu tangendi non sunt, quia eos tactus laedit adsiduus. quantum ratio patitur, defendantur a frigore. in pullis pro aetatis merito ea sunt consideranda, quae signum bonae indolis monstrant, quae in patribus vel matribus spectanda praecepi. dabit et hilaritas, alacritas agilitasque documentum. (7) nunc domandi sunt pulli, ubi tempus bimae aetatis excesserint. consideranda sunt magna, longa, musculosa et arguta corpora, testiculi pares, exigui et cetera, quae in patribus dicta sunt. mores, ut vel ex summa quiete facile concitentur vel ex incitata festinatione non difficile teneantur. (8) aetatis consideratio talis est. bimo et sex mensum dentes medii superiores cadunt. quadrimo canini mutantur. intra sextum annum molares superiores cadunt. sexto anno,

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en mit zerriebener Meerzwiebel ihre Lust entfachen. Sind die Stuten einmal trächtig, sollen sie nicht belastet werden, nicht Hunger oder Kälte ertragen müssen und auch nicht in einem engen Raum zusammengedrängt werden. Stuten von guter Abstammung und solche, die männliche Fohlen erwarten, sollen nur jedes 2. Jahr gedeckt werden, so dass sie ihren Fohlen die Stärke ihrer reichlichen, reinen Milch geben können; die anderen können ohne Einschränkung gedeckt werden. (6) Das Alter, in dem ein Hengst beginnt, soll der Beginn seines 5. Jahres sein; ein weibliches Tier kann bereits im Alter von nur 2 Jahren trächtig werden; nach ihrem 10. Jahr werden von ihr geborene Fohlen schwach und träge sein. Die neu geborenen Fohlen sollen nicht mit der Hand angefasst werden, da wiederholte Berührung ihnen schadet. So viel, wie praktisch möglich ist, sollen sie vor Kälte geschützt werden. Bei Fohlen soll man unter Berücksichtigung ihres Alters die Punkte beachten, die Anzeichen von guter Qualität sind und auf die man auch – wie ich oben gelehrt habe – bei Vater und Mutter achten muss; auch können Lebendigkeit, Wachsamkeit und Beweglichkeit als Anzeichen dienen. (7) Jetzt sollen Fohlen, die das Alter von 2 Jahren überstanden haben, gezähmt werden. Zu beachtende Punkte sind: Größe, Länge, Muskulösität, gute Körperdefinition, gleichmäßige kleine Hoden, und die anderen Dinge, die im Hinblick auf die Hengste erwähnt wurden, dazu ein Temperament, dass sie leicht aus tiefer Ruhe geweckt werden können oder sich ohne Schwierigkeiten nach einem harten Galopp beruhigen. (8) Ihr Alter wird wie folgt bewertet: Nach 2 1/2 Jahren fallen die oberen Schneidezähne aus. Nach 4 Jahren werden die Eckzähne ersetzt. Während des 5. Jahres werden die oberen Backenzähne herausfallen. Im 6. Jahr werden diejenigen, die als erste ersetzt worden

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quos primo mutavit, exaequat. septimo anno omnes dentes eius explentur. latent abhinc aetatis notae; sed provectioribus tempora cavari incipiunt, supercilia canescere, dentes plerumque prominere. hoc mense omnia quadrupedia, maxime equos, castrare debemus-

14. de mulis et asinis (1) si quem mulorum genus creare delectat, equam magni corporis, solidis ossibus et forma egregia debet eligere; in qua non velocitatem, sed robur exquirat. aetas a quadrima usque in decennem huic admissurae iusta conveniet. si asinus equam fastidit admissus, ostensam prius asinam, donec coeundi voluptas sollicitetur, adhibemus; qua subducta equam libido incitata non spernet et raptus inlecebris generis sui in permixtionem consentiet alieni. (2) si morsu furens laedit obiectas, aliquatenus labore mitescat. creantur et ex equo et asina vel onagro et equa. sed generosius nullum est huiusmodi animal, quam quod asino creante nascetur. utiles tamen admissarii nascentur ex onagro et asina; qui post in subole secutura agilitatem fortitudinemque restituant. (3) admissarius tamen asinus sit huiusmodi, corpore amplo, solido, musculoso, strictis et fortibus membris, nigri

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sind, glatter, im 7. sind alle Zähne gefüllt [also abgeschliffen; vgl. Columella 6.29.5]. Von hier an sind Altersspuren nicht mehr offensichtlich. Aber bei Tieren von weiter fortgeschrittenem Alter beginnen die Schläfen einzusinken, die Augenbrauen auszubleichen und die Zähne im Allgemeinen herauszuragen. In diesem Monat sollen wir alle Vierbeiner und insbesondere Pferde kastrieren. 14. Maultiere und Esel (1) Wenn jemand Maultiere hervorbringen möchte, soll er eine Stute von großem Körper, festen Knochen und hervorragender Gestalt auswählen, wobei er in ihr nicht nach Geschwindigkeit sucht, sondern nach Kraft. Ein Alter von 4 bis 10 wird für diese Art der Zucht gut sein. Wenn der männliche Esel kein Interesse an der Stute zeigt, nachdem er zu ihr gesellt wurde, ist unser Ausweg, ihm erst eine Eselin zu zeigen, bis die Begierde nach Paarung angeregt wird. Wenn sie entfernt wird, ist sein Wunsch geweckt, auch die Stute nicht zu verschmähen; von dieser Verlockung verführt wird er bereit sein, sich auf eine Vermischung der Tierarten mit einem anderen Wesen einzulassen. (2) Wenn er in seiner Raserei den Stuten, die ihm angeboten werden, durch Beißen weh tut, soll er durch Arbeit etwas beruhigt werden. Maultiere können von einem Hengst und einer Eselin oder von einem wilden Esel und einer Stute gezüchtet werden. Aber kein Tier dieser Art ist besser als das von einem Esel gezeugte. Die Paarung eines wilden Esels mit einem weiblichen Esel wird nützliche Hengste hervorbringen und später, in der nächsten Generation, wieder Beweglichkeit und Mut hervorbringen. (3) Ein Zuchthengst soll wie folgt sein: groß, fest, muskulös, gut geformte starke Glieder, schwarz oder vorzugsweise mausgrau oder rot. Aber wenn er an sei-

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vel murini maxime coloris aut robei; qui tamen, si discolores pilos in palpebris aut auribus geret, colorem subolis plerumque variabit. minor trimo, maior decenni non debet admitti. (4) annicula mula debet a matre depelli et per montes asperos pasci, ut itineris laborem in tenera aetate solidata contempnat. minor vero asellus maxime agro necessarius est, qui et laborem tolerat et neglegentiam propemodum non recusat.

15. de apibus (1) hoc mense maxime apibus solet morbus incumbere. nam post hiberna ieiunia titymalli et ulmi amaris floribus, qui prius nascuntur, avidius adpetitis solutionem ventris incurrunt et pereunt, nisi adfueris velocitate remedii. praebebis ergo mali granati cum vino Ammineo grana contrita vel uvae passae cum rore Syriaco et austeri vino vel simul omnia levigata et incocta vino aspero; quae deinde in ligneis canalibus refrigerata ponantur. item rosmarinus aqua mulsa decoctus congelatur et in imbrice ponitur sucus huiusmodi. (2) quod si horridae videntur atque contractae torpere silentio et mortuarum corpora frequenter efferre, canalibus

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nen Wimpern oder Ohren Haare einer anderen Farbe hat, wird dies in der Regel Anlass zu einer Mischfarbe bei seinen Jungen sein. Er soll nicht eingelassen werden, wenn er jünger als 3 oder älter als 10 ist. (4) Ein weibliches Maultier soll von seiner Mutter im Alter von einem Jahre entwöhnt und auf rauen Berghängen geweidet werden, so wird man es im zarten Alter einspannen können, und es wird die Mühsal des Weges nicht scheuen. Ein Eselchen aber [das nicht zur Fortpflanzung, sondern nur zur Arbeit dient] ist unerlässlich auf dem Hof, denn es duldet nicht nur harte Arbeit, sondern erträgt auch weitgehende Vernachlässigung [vgl. Columella 6.37.10; 7.1].

Imkerei 15. Bienen (1) In diesem Monat neigen Bienen besonders dazu, von Krankheit befallen zu werden. Nach ihrem Winterhunger suchen sie nämlich eifrig die bitteren Blüten von Wolfsmilch und Ulmen auf, die sich zuerst öffnen; so erleben sie eine Lockerung des Magens und kommen um, wenn man nicht mit einem schnellen Heilmittel zur Hand ist: Man wird sie also mit geriebenen Granatapfelkernen in aminäischemO Wein versorgen, mit Rosinen mit syrischemO Sumach und trockenem Wein oder mit all diesen Zutaten zusammen, pulverisiert und in scharfem Wein gekocht; sie sollen dann abgekühlt und in Holztröge platziert werden. Auch hilft Rosmarin, in mulsumL-Wasser gekocht, gekühlt und diese Flüssigkeit in einem [umgedrehten und daher nun konkaven] Regenziegel. (2) Wenn sie aber schrecklich und zerzaust aussehen, träge und still sind und häufig tote Bienen herausbringen, soll man in Rinnen, die aus Pfahl-

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ex canna factis mel cum gallae pulvere vel siccae rosae coctum debebis infundere. illud ante omnia expediet, ut putres partes favorum vel vacuas ceras, quas aliquo casu examen ad paucitatem redactum non valebit inplere, semper recidas acutissimis ferramentis subtiliter, ne mota alia pars favorum cogat apes domicilia concussa deserere. (3) nocet apibus plerumque felicitas sua. nam si nimiis floribus annus exuberat, dum solam curam gerendi mellis exercent, de prole nil cogitant; cuius omissa reparatione populus idem labore confectus extinguitur totius gentis exitio. itaque cum mellis nimietatem videris ex florum grandi et continua messe defluere, interiectis ternis diebus clauso foramine non eas patiaris exire. ita ad generandam subolem conferentur. (4) nunc circa Kalendas Apriles curandi sunt alvei, ut omnia purgamenta tollantur et sordes, quas tempus contraxit hibernum et vermiculi et tineae et araneae, quibus corrumpitur usus favorum, et papiliones, qui vermiculos stercore suo faciunt nasci. tunc fumus incensi sicci bubuli stercoris adhibeatur, qui aptus est apium saluti; quae purgatio frequenter usque in autumni tempora celebretur. haec omnia ceteraque efficies castus et sobrius et alienus a

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rohr gemacht sind, Honig, der mit pulverisierter Pflanzengalle oder getrockneter Rose erhitzt ist, gießen. Vor allem wird es wirksam sein, regelmäßig verschimmelte Teile der Waben oder leere Waben wegzuschneiden, die zu füllen der Schwarm nicht in der Lage ist, wenn er durch ein Unglück auf eine kleine Zahl reduziert worden ist. Man soll dies mit sehr scharfen Werkzeugen und vorsichtig tun, um zu vermeiden, einen anderen Abschnitt der Waben zu verschieben und die Bienen so zu zwingen, ihren abgelösten Wohnsitz aufzugeben. (3) Bienen erleiden oft von ihrem eigenen Glück Schaden. Wenn das Jahr eine große Fülle von Blüten hervorbringt, widmen die Bienen ihre Aufmerksamkeit ausschließlich dem Ziel, Honig zu sammeln, und verschwenden keinen Gedanken an den Nachwuchs. Wird dieser Prozess der Erneuerung ignoriert, vergeht das aktuelle Volk, von Mühsal ermattet, und die ganze Generationenlinie wird zerstört. Wenn man also einen übermäßigen Anstrom von Honig als Folge einer großen und nachhaltigen Ernte von Blüten erkennt, wird man das Flugloch in Abständen von 3 Tagen verschließen und so verhindern, dass sie ausfliegen. Auf diese Weise werden sie sich der Hervorbringung von Nachwuchs zuwenden. (4) Jetzt um die letzten Tage des Monats müssen wir uns um die Bienenstöcke kümmern und den Müll und Schmutz, der sich im Winter angesammelt hat, entfernen, ebenso die Raupen, Maden und Spinnen, welche die Nützlichkeit der Waben verderben, und die Motten, die dazu führen, dass aus ihrem Kot Maden geboren werden. Dann soll Rauch von brennendem trockenen Rindermist eingesetzt werden, da er vorteilhaft für die Gesundheit der Bienen ist. Diese Reinigung soll bis in den Herbst hinein häufiger durchgeführt werden. Du wirst alle diese und andere Aufgaben ausführen, während du keusch und nüchtern bist und un-

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balneis vel a cibis acribus et odoris inmundi atque omnibus salsamentis.

16. de horis hic mensis ad deprehendendas horas consentit Octobri: hora I pedes XXV hora II pedes XV hora III pedes XI hora IIII pedes VIII hora V pedes VI hora VI pedes V hora VII pedes VI hora VIII pedes VIII hora VIIII pedes XI hora X pedes XV hora XI pedes XXV

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berührt von Bädern, scharf riechenden Lebensmitteln oder gesalzenen Speisen.

Zeitmessung 16. StundenK Zur Bestimmung der Stunden stimmt dieser Monat mit dem Oktober überein: 1. Stunde 25 Fuß 2. Stunde 15 Fuß 3. Stunde 11 Fuß 4. Stunde 8 Fuß 5. Stunde 6 Fuß 6. Stunde 5 Fuß 7. Stunde 6 Fuß 8. Stunde 8 Fuß 9. Stunde 11 Fuß 10. Stunde 15 Fuß 11. Stunde 25 Fuß

LIBER V tituli mensis Aprilis I de Medica serenda et disciplina eius II de inserenda olea vel oleastro, de vineis et seminariis fodiendis et inserendis rutibus et agris umidis et pinguibus proscindendis III de hortis: in eo de caulibus, item de apio, de atriplice, de ocimo cum disciplinis suis, item de melone, cucumere, porro, cappari, serpyllo, colocasio, lactucis, beta, cepullis, coliandro, intibis, cucurbitis ac menta IIII de pomis: in eo de zizyfa cum disciplina sua et de aliis pomis quorum suis mensibus disciplina descripta est V de oleo violacio et vino VI de armentis: in eo de vitulis nutriendis, de tonsuris et signaturis VII de apibus: in eo de vestigandis apibus et purgandis alveariis VIII de horis

BUCH 5 Kapitel des Monats April 1. Aussaat von Luzerne und ihre Kunde 2. Pfropfen von Ölbaum oder wildem Ölbaum, Umgrabung von Rebstöcken und Saatbeeten und Einsaat von Raute und feuchten Äckern und Aufbrechen von fetten Böden 3. Gärten: darin Kohl, ebenso Sellerie, Melde und Basilikum mit ihrer jeweiligen Kunde, ebenso Melone, Gurke, Lauch, Kapern, Sandthymian, Zehrwurz, Lattich, Bete, Zwiebel, Koriander, Wegwarte, Kürbis und Minze 4. Obstbäume: darin Brustbeerbaum mit seiner Kunde und andere Obstbäume, deren Kunde jeweils bei ihrem Monat beschrieben ist 5. Veilchenöl und -wein 6. Großvieh: darin Ernährung von Kälbern, Scheren und Markieren 7. Bienen: darin Suche nach Bienen und Reinigen der Bienenstöcke 8. Stunden

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Liber V mensis Aprilis

1. de Medica serenda et disciplina eius (1) hoc mense in areis, quas ante, sicut diximus, praeparasti, Medica serenda est; quae semel seritur et decem annis permanet, ita ut quater vel sexies possit per annum recidi. agrum stercorat, macra animalia reficit, curat aegrota. iugerum eius toto anno tribus equis abunde sufficit. singuli quiati seminis occupant locum latum pedibus quinque, longum pedibus decem. (2) sed mox ligneis rastellis obruantur iacta semina, quia sole citius conburuntur. post sationem ferro locum tangi non licet, sed rastris ligneis frequenter herba mundetur, ne teneram Medicam premat. (3) prima messis eius tardius fiat, ut aliquantum semen excutiat. ceterae vero messes, quam volueris cito, peragantur et iumentis praebeantur. sed primo parcius praebenda est novitas pabuli; inflat enim et multum sanguinem creat. ubi secueris, saepius riga. post paucos dies, cum fruticare coeperit, omnes alias herbas runcato. ita et sexies per annum metes et annis decem poterit manere continuis.

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Monat April

Ackerbau 1. Aussaat von Luzerne und ihre Kunde (1) In diesem Monat wird in die zuvor so, wie wir [3.6] besprochen haben, vorbereiteten Beete Luzerne gesät. Einmal gesät, bleibt sie 10 Jahre lang und kann vier- bis sechsmal pro Jahr geschnitten werden. Sie düngt den Boden, stärkt magere und heilt kranke Tiere. 1 JochM davon ist für 3 Pferde über das ganze Jahr reichlich genug. 1 SchöpfkelleM Saatgut reicht für eine Fläche von 5 FußM Breite und 10 FußM Länge. (2) Saatgut aber, das einmal ausgestreut wurde, muss alsbald mit kleinen hölzernen Rechen eingegraben werden, weil es sonst recht rasch von der Sonne versengt wird. Nach der Aussaat darf man den Ort nicht mit Eisen berühren; vielmehr sollen hölzerne Rechen verwendet werden, um das Unkraut zu jäten, und zwar häufig, so dass es die zarte Luzerne nicht erdrückt. (3) Die erste Ernte soll recht spät gemacht werden, damit sie einige Samen fallen lassen kann. Die weiteren Ernten können jedoch so schnell, wie man will, durchgeführt und dem Vieh gegeben werden. Aber dieses neue Futter soll zunächst nur spärlich zugeführt werden, da es aufbläht und viel Blut schafft. Nach dem Schneiden wässere man es häufig. Nach wenigen Tagen, wenn es beginnt, Triebe auszubringen, soll man alle anderen Pflanzen ausjäten. Auf diese Weise kann man sechsmal im Jahr ernten, und Luzerne ist dennoch in der Lage, 10 Jahre am Stück anzudauern.

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Liber V

2. de inserenda olea et cetera (1) nunc locis temperatis oliva inseratur; quae inseritur inter corticem more pomorum, sicut supra dictum est. sed ut oleastro inseras, contra illud, quod ex oliveto insito et casu incenso renascitur oleaster infelix, sic providendum est: positis prius oleastri bracchiis in scrobe, in qua disponemus inserere, scrobes ita replebimus, ut mediae vacuae sint. (2) cum conprehenderit oleaster, inseremus in infimo vel insitum ponemus; et insitionem prope infra terram nutriemus. deinde sicut adolescit, terram subinde colligimus. ita conmissura in profundo latente, quisquis urit aut caedit, olivae locum non auferet pullulandi; quae et apertam redeundi felicitatem de olea et occultam valendi feracitatem de oleastri conexione retinebit. (3) aliqui oleas in radicibus inserunt et, ubi conprehenderint, cum aliqua parte radicis avellunt et transferunt more plantarum. Graeci oleas ab octavo Kalendarum Aprilium die usque in tertio Nonas Iulias inseri debere praecipiunt, ita ut locis frigidis serius, calidis maturius inserantur. locis frigidissimis nunc vinearum fossio ante Idus peragenda est et si qua de Martio mense restabunt. (4) vites quoque inserimus. seminaria, quae sunt ante facta, herbis liberentur

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2. PfropfenV von Ölbaum usw. (1) Jetzt soll an gemäßigten Orten der Ölbaum gepfropft werden. Er wird wie Obstbäume in der Rinde gepfropft, wie oben [3.17] beschrieben. Beim Pfropfen auf wilden Ölbaum müssen wir der Gefahr, dass aus einem bereits gepfropften und durch einen Vorfall verbrannten Ölbaumhain nur unfruchtbare wilde Ölbäume wachsen [da dann allein die UnterlagenV überleben], auf folgende Weise begegnen: Zuerst werden wir Zweige von wildem Ölbaum in die Grube einsetzen, in die wir den Ölbaum setzen wollen, dann füllen wir die Gruben wieder an, aber nur bis zur mittleren Höhe. (2) Wenn der wilde Ölbaum angewachsen ist, werden wir ihn unten [abschneiden und mit kultiviertem Ölbaum] pfropfen – oder, wenn bereits gepfropft, auspflanzen – und das Pfropfreis durch die Anhäufung von der Erde knapp darüber nähren. Dann häufen wir so, wie es heranwächst, regelmäßig mehr Erde darauf. Da das Transplantat auf diese Weise tief verborgen ist, wird jemand, der den Baum anzündet oder abholzt, nicht den Ort zerstören, von dem aus der Ölbaum sprießen soll. Von dem Ölbaum wird er die Fähigkeit behalten, über der Erde wieder nachzuwachsen; unterirdisch wird er wegen seiner Verbindung mit dem wilden Ölbaum seine Fähigkeit zu gedeihen bewahren. (3) Einige Leute pfropfen Ölbäume [nicht in den Stamm, sondern] in die Wurzeln, und wenn die Transplantate angewachsen sind, ziehen sie diese mit einem Teil der Wurzel aus und pflanzen sie wie Stecklinge um. Die Griechen raten dazu, dass Ölbäume vom 25. März bis 5. Juli gepfropft werden, an kalten Orten später, an heißen früher. Jetzt soll an sehr kalten Orten das Graben der Weingärten vor Mitte des Monats abgeschlossen werden, ebenso alle Aufgaben, die vom März übriggeblieben sind. (4) Auch Rebstöcke pfropfen wir. Die Pflanzbeete, die früher [s. 3.10]

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Liber V

et leviter circumfodiantur. nunc locis mediocriter siccis milium seremus et panicum. hoc mense pingues campi et agri, qui diu aquam tenant, proscindantur post Idus, cum et omnes herbas protulerunt et earum semina nondum maturitate firmata sunt.

3. de hortis (1) hoc etiam mense ultimo et prope vere transacto brassicam serere possumus, quae cauli serviet, quia quimae tempus amisit. nunc apium bene seritur locis calidis et frigidis terra, quali volueris, dummodo ubi umor adsiduus est, quamvis nasci, si necesse fuerit, et in siccitate non deneget; et prope omnibus mensibus a primo vere ad autumnum seratur extremum. (2) ex ipsius genere est ipposelinon, durius tamen et austerius, et eleoselinon molli folio et caule tenero, quod nascitur in lacunis, et petroselinon maxime locis asperis. haec omnia genera possunt habere diligentes. apios maiores facies, si semen, quantum tribus digitis conprehendi potest, linteolo clauseris rariore et brevi fossa obrueris. ita omnium seminum germen capitis unius soliditate nectetur. crispi fi-

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angelegt worden sind, sollen von Unkraut befreit und leicht umgegraben werden. Jetzt werden wir an mäßig trockenen Orten Rispen- und Kolbenhirse säen. In diesem Monat sollen nach seiner Mitte fette Böden und Felder, die lange Zeit Feuchtigkeit halten, aufgebrochen werden, wenn alles Unkraut gewachsen ist, aber aufgrund mangelnder Reifung noch keine Samen gestreut hat.

Gartenbau 3. Gärten (1) In ebenfalls diesem Monat können wir am Monatsende, wenn der Frühling fast vorüber ist, Kohl säen. Er wird wegen des StrunksP angebaut, da die Zeit für Frühlingsgrün vergangen ist. Jetzt wird Sellerie gut angesät, an heißen oder kalten Orten und in jeder beliebigen Art von Boden, solange dieser konstante Feuchtigkeit aufweist; freilich verweigert er das Wachsen nötigenfalls auch in trockener Umgebung nicht und kann in fast jedem Monat vom Frühjahrsanfang bis zum Spätherbst gesät werden. (2) Zu derselben Gattung gehören Schwarze Gelbdolde [Schwarzer Liebstöckel] – allerdings härter und bitterer – und Wildsellerie mit weichem Blatt und zartem Stiel, der in Teichen wächst, sowie Petersilie vor allem an rauen Orten. Sorgfältige Gärtner können alle diese Sorten haben. Man wird die Selleriepflanzen größer machen, wenn man so viel Saatgut heranzieht, wie man mit 3 Fingern fassen kann, in einem recht dünnen Leinenstreifen einschließt und sie in einem flachen Graben eingräbt. Auf diese Weise werden die Triebe aller Samen in einem einzigen dichten Kopf ineinandergreifen. Sie werden lockig,

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Liber V

unt, si semina ante tundantur vel si super areas nascentes aliqua pondera volutentur aut pedibus proculcentur enata. apii semina vetustiora citius nascuntur, quae novella sunt, serius. (3) hoc mense atriplicem seremus, si rigare poterimus, et Iulio vel ceteris usque ad autumnum mensibus. amat adsiduo umore satiari. semen statim, cum spargitur, obruendum est, herbae ei subinde vellantur. transferri etsi necessarium non est, cum bene seritur, tamen potest melius adolescere, si spatio rariore pangatur et iuvetur suco laetaminis et umoris. ferro tamen semper est recidendum, quia ita pullulare non cessat. (4) nunc ocimum seritur. cito nasci dicitur, si statim, cum severis, aqua calida perfundas. rem miram de ocimo Martialis adfirmat, quod modo purpureos modo albos flores modo russeos pariat et, si ex eo semine frequenter seratur, modo in serpyllum modo in sisymbrium mutetur. (5) hoc etiam mense melones et cucumeres seruntur et porrus et in primordio capparis et serpyllum et colocasei plantaria ponemus et lactucas et betas et cepullas et coliandrum seremus et intiba secunda satione, quibus utamur aestate, et cucurbitas et mentam radice vel planta.

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wenn die Samen zunächst gestampft oder wenn Gewichte über die wachsenden Beete gerollt oder die Keime mit Füßen getreten werden. Ältere Selleriesamen keimen schneller, frischere langsamer. (3) In diesem Monat werden wir Melde säen, wenn wir sie bewässern können, ebenso im Juli oder den folgenden Monaten bis in den Herbst. Sie liebt es, mit konstanter Feuchtigkeit gesättigt zu werden. Das Saatgut muss sofort nach der Aussaat vergraben werden; Unkraut soll regelmäßig um es herum gejätet werden. Zwar ist ein Umpflanzen nicht erforderlich, wenn sie richtig gesät ist, doch kann sie besser heranwachsen, wenn sie mit mehr Raum ausgepflanzt und mit dem Saft von Mist und Wasser unterstützt wird. Freilich soll sie immer wieder mit dem Eisen[messer] zurückgeschnitten werden, da sie auf diese Weise kontinuierlich Sprossen hervorbringt. (4) Jetzt wird Basilikum gesät. Man sagt, es keime schnell, wenn es sofort nach der Aussaat mit heißem Wasser durchnässt wird. MartialisN behauptet eine wundervolle Sache über Basilikum, dass es aus der gleichen Aussaat bald violette, bald weiße und bald rote Blüten hervorbringt und dass es, wenn man wiederholt aus der gleichen Aussaat sät, sich bald in Sandthymian, bald in Kresse verwandelt. (5) In ebenfalls diesem Monat werden Melonen und Gurken gesät, auch Lauch, und zu Beginn des Monats werden wir Kapern-, Sandthymian- und Zehrwurz-Setzlinge auspflanzen. Außerdem sollen wir Lattich, Bete, Zwiebeln und Koriander säen und eine zweite Aussaat von Wegwarte für den Einsatz im Sommer vornehmen, ebenso Kürbisse und Minze aus einer Wurzel oder einem Setzling.

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4. de pomis (1) zizyfa locis calidis Aprili mense zizyfum conseremus, frigidis vero Maio vel Iunio. amat loca calida, aprica. seritur ossibus et stipite et planta. crescit tardissime. sed si plantam ponas, Martio magis terra molli, si ossibus seras, in scrobe palmari, ita ut terna grana per scrobem cacuminibus ponantur inversis. quibus in imo et in summo adfundatur laetamen et cinis et herbis adnascentibus manu planta liberetur erumpens. (2) cum pollicis soliditati similis fuerit, transferatur in locum pastinatum vel in scrobem. terram diligit non nimis laetam, sed proximam tenui atque ieiunae. per hiemem prodest illi, ut circa codicem lapidum cumulus adgeratur, qui aestate debet auferri. (3) si arbor haec tristis est, ferrea strigili subrasa hilarior fiet vel si fimum bubulum radicibus modice et frequenter adfundas. zizyfa collecta matura in longo vase fictili servantur oblito et loco sicciore conposito; vel recens lecta poma, si guttis vini veteris perfundas, efficitur, ne ea rugarum deformet adtractio. servantur etiam decisa cum ramis suis aut sua fronde involuta atque suspensa.

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Obstbau 4. Obstbäume (1) Brustbeerbaum An heißen Orten werden wir im April Brustbeerbaum pflanzen, an kalten aber im Mai oder Juni. Er liebt heiße, sonnige Orte. Er wird aus Kernen, Wurzeln oder Setzlingen genommen; er wächst sehr langsam. Wenn man aber Setzlinge pflanzt, tut man dies eher im März in einen weichen Untergrund; wenn man einen Kern sät, muss man ihn in eine Grube von 1 HandbreitM Tiefe stecken; dabei werden 3 Samen kopfüber in jede Grube gesteckt. Mist und Asche soll in das untere und obere Ende der Grube geschüttet werden, und die ausbrechenden Setzlinge sollen von Hand von dem Unkraut befreit werden, das in der Nähe wächst. (2) Wenn er daumendick ist, soll er in ein pastinumA oder in eine Grube umgepflanzt werden. Er liebt Boden, der nicht zu reich, sondern nahezu dünn und hungrig ist. Im Winter ist ihm ein Steinhügel, um den Stamm gehäuft, von Nutzen; dieser muss im Sommer entfernt werden. (3) Falls dieser Baum unglücklich ist, wird er aufgemuntert, wenn der Stamm mit einem Schabeisen sauber abgeschabt wird, oder wenn man regelmäßig ein wenig Rindermist um seine Wurzeln schüttet. Wenn die Brustbeeren reif sind, werden sie in einem großen Keramikgefäß gesammelt, das verschlossen gehalten und an einem trockenen Ort platziert wird. Wenn man die frisch gesammelten Früchte mit Tropfen alten Weins besprengt, führt das dazu, dass sie nicht durch Falten entstellt werden. Sie werden auch konserviert, indem sie mit ihren Zweigen abgeschnitten oder in ihre eigenen Blätter eingewickelt und aufgehängt werden.

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(4) de pomis aliorum mensum hoc etiam mense locis temperatis mala granata ponuntur ea ratione, qua dictum est, et inseruntur. nunc circa Kalendas Maias Persicus inoculari potest, quo more inplastratur ficus, sicut diximus, cum de insitione loqueremur. hoc mense calidis locis citri arbor inseritur, sicut supra memoravi. nunc locis frigidis fici plantaria disponemus servantes eam, quae supra dicta est, disciplinam. (5) nunc etiam ficum debemus inserere in ligno vel sub cortice, sicut ante praecepi, et eam locis siccis inoculare. nunc palmarum planta, quam cefalonem vocamus, locis apricis et calidis est ponenda. hoc mense sorbum poterimus inserere in se, in cydoneo, in spina alba.

5. de oleo et vino violacio tot violae uncias infundes, quot olei libras miseris, et diebus quadraginta sub divo habere debebis. violae purgatae, ut de rore nil habeat, libras quinque vini veteris decem sextariis debebis infundere et post triginta dies decem mellis ponderibus temperare.

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(4) Obstbäume anderer Monate In ebenfalls diesem Monat werden an gemäßigten Orten Granatapfelbäume mit der oben [4.10.1–2] beschriebenen Methode gepflanzt und gepfropft. Jetzt um die letzten Tage des Monats kann Pfirsichbaum in der Art und Weise angeplattetV werden, in der man Feigenbaum anplattet, wie wir bei der Erörterung des Pfropfens [4.10.32] gesagt haben. In diesem Monat wird an heißen Orten der Zitronenbaum gepfropft, wie ich oben [4.10.16] beschrieben habe. Jetzt werden wir an kalten Orten auch Feigenbaumsetzlinge auspflanzen, wobei wir die Kunde, die oben [4.10.23-25] beschrieben worden ist, beachten. (5) Ebenfalls jetzt sollen wir den Feigenbaum in den Stamm oder unter die Rinde pfropfen, wie ich früher [4.10.31-32] gelehrt habe, und an trockenen Orten anplattenV. Jetzt soll die junge Dattelpalmenpflanze, die wir »kephalos« [»Kopf«; heute »Palmherz«] nennen [vgl. Plinius 13.36 und 39], an sonnigen und heißen Orten eingepflanzt werden. In diesem Monat werden wir Speierlingbaum auf sich selbst, auf Quittenbaum oder auf Weißdorn pfropfen können. 5. Veilchenöl und -wein Man schüttet so viele UnzenM Veilchen in Öl, wie man PfundM Öl hat; dies muss man dann 40 Tage lang im Freien halten. Man soll 5 PfundM Veilchen, von jeder Feuchtigkeit sauber freigewischt, in 10 KrugM alten Wein schütten und nach 30 Tagen zur Versüßung mit 10 PfundM Honig versetzen.

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6. de armentis hoc mense vituli nasci solent, quorum matres abundantia pabuli iuventur, ut sufficere possint tributo laboris et lactis. ipsis autem vitulis tostum molitumque milium cum lacte misceatur salivati more praebendum. nunc locis calidis tondeantur oves et serotini fetus hoc mense signentur. nunc prima est admissura, quae excellit, arietum, ut agnos iam maturos hibernum tempus inveniat. .

7. de apibus (1) hoc mense locis aptis apes quaeremus. sed loca mellifica indicant apes, si circa fontes frequentissimae pascantur; nam si rariores videbuntur, in his locis mellificari utiliter non potest. quod si frequentes aquantur, ubi sint examina earum, hoc genere possumus invenire: (2) ac primo, quam longe sint, exploremus, aut proxime; rubricam liquidam brevi vasculo infusam geramus et observemus fontes aut

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Tierhaltung 6. Großvieh In diesem Monat werden üblicherweise die Kälber geboren. Ihre Mütter sollen mit einer Fülle von Futter unterstützt werden, so dass sie sowohl mit Arbeitskraft als auch mit Milch ihren Beitrag leisten können. Für die Kälber selbst wird man geröstete und zerriebene Rispenhirse mit Milch mischen und wie einen den Speichelfluss anregenden Brei bereitstellen. Jetzt sollen an heißen Orten die Schafe geschoren werden, und spät geborene Lämmer sollen in diesem Monat markiert werden. Jetzt erfolgt die erste Zuführung der Widder [zur Paarung], die hervorragend dafür geeignet ist, dass im folgenden Winter die Lämmer bereits herangereift sind. [Die Tragzeit von Schafen beträgt 5 Monate, so dass eine Paarung im April Lämmer im September hervorbringt.]

Imkerei 7. Bienen (1) In diesem Monat werden wir an geeigneten Orten nach Bienen suchen. Plätze, die zur Herstellung von Honig geeignet sind, werden von den Bienen angezeigt, wenn sie in sehr großer Zahl in der Umgebung von Quellen Nahrung suchen; wo sie eher selten zu sehen sind, kann nicht sinnvoll Honig hergestellt werden. Wenn sie in großer Zahl trinken, werden wir ihre Schwärme auf folgenden Weise entdecken können: (2) Zuerst gilt es zu erforschen, wie weit entfernt oder wie nah sie sind. Wir sollen etwas flüssigen Rotlehm in einen kleinen Behälter schütten und müssen die Quellen

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aquas vicinas. tunc dorsa apum bibentium tangat illo liquore tincta fistucula atque ibidem moremur. si cito reversae fuerint, quas tinximus, hospitia earum proxima esse noscemus, si tarde, spatio longiore summota, quod pro mora temporis aestimamus. ad proxima facile venies, ad longinqua hoc genere perduceris: (3) cannae unum internodium cum suis recides articulis et in latere aperies. ibi mel exiguum vel defritum mittes et iuxta fontem pones. cum ad eum convenerint apes atque ingressae fuerint post odorem, foramen pollice claudes adposito et unam tantum patieris exire, cuius fugam persequere. ea tibi partem demonstrat hospitii. cum ipsam coeperis non videre, alteram continuo dimittes et sequeris. ita singulae subinde dimissae te faciunt usque ad locum examinis pervenire. (4) aliqui mellis brevissimum circa aquas vasculum ponunt, de quo cum apes aquando gustaverit, ad commune pabulum pergens alias exhibebit; quarum frequentiam subinde crescentem notata revolantium parte usque ad examina persequeris. (5) quod si est examen in spelunca reconditum, fumo eicietur et, cum exierit, aeris sonitu territum in frutice vel in aliqua silvae se parte suspendet et ita admoto vasculo recipietur. si vero

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oder naheliegenden Gewässer beobachten; dann berühren wir die Rücken der Bienen, wenn sie trinken, mit einem Hälmchen, das in diese Flüssigkeit eingetaucht war, und warten weiterhin ab. Wenn die von uns gefärbten Bienen rasch zurückkehren, wissen wir, dass ihre Quartiere in der Nähe sind; wenn später, sind sie in einer größeren Entfernung, die wir nach Ablauf der Zeit abschätzen können. (3) Die nahegelegenen Schwärme findet man leicht; zu den entfernteren führt das folgende Verfahren: Man schneidet 1 Internodium von Pfahlrohr mitsamt seinen Knoten ab und macht ein Loch in die Seite. Dort hinein gibt man ein wenig Honig oder defritumL und legt es in die Nähe einer Quelle. Wenn die Bienen sich rund um sie versammeln und dem Duft nach in die Öffnung kriechen, verschließt man es, indem man den Daumen darüber hält, und lässt nur eine von ihnen wieder heraus. Ihrem Flug folgt man, denn er zeigt einem die Richtung ihres Quartiers. Wenn man sie anfangs nicht sehen kann, lässt man sogleich eine andere frei und folgt ihr. Lässt man sie eine nach der anderen auf diese Weise frei, werden sie uns an den Ort des Schwarms bringen. (4) Manche Leute stellen einen sehr kleinen Behälter mit Honig in der Nähe der Wasserquellen auf; wenn die Biene, die wegen des Wassers gekommen ist, davon kostet, wird sie sich zu den anderen aufmachen und uns diese so zeigen. Wenn ihre Zahl rasch anwächst, kann man ihnen nach Feststellung der Richtung, in die sie zurückfliegen, bis zu den Schwärmen folgen. (5) Wenn der Schwarm in einer Höhle versteckt ist, wird man ihn durch Rauch heraustreiben. Beim Verlassen kann man ihn durch den Klang von Bronze erschrecken, so dass er sich an einen Strauch oder an den Teil eines Baumes hängt; dann kann man ein Gefäß bringen und den Schwarm einsammeln. Wenn er sich aber in einem hohlen Baumast niedergelassen hat, kann

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in cavae arboris ramo fuerit, acutissima serra idem ramus supra infraque decisus et munda veste copertus poterit adferri et inter alvearia conlocari. (6) vestigantur autem mane, ut tota dies sufficiat ad sequendum. nam vespere peracto opere ad aquas plerumque non redeunt. vasa autem, quibus recipiuntur, perfricanda sunt citreagine vel herbis suavibus et conspargenda imbre mellis exigui; quod si verno fiat et circa fontes alvearia sic tincta ponantur, locis, quibus apum frequentia est, multitudinem sibi sponte conducent, si tamen servari a furibus possint. (7) hoc etiam mense, sicut supra, purganda sunt alvearia sordibus et necandi papiliones, qui maxime abundant florentibus malvis, quos hoc genere intercipiemus: vas aeneum miliario simile id est altum et angustum, vespere inter alvearia conlocemus et in fundo eius ponamus lumen accensum. illuc papiliones convenient et circa lumen volitabunt et angustia vasculi ab igne proximo interire cogentur.

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man den Ast ober- und unterhalb mit einer sehr scharfen Säge abtrennen, dann mit einem sauberen Tuch abdecken und zwischen den Bienenstöcken aufstellen. (6) Man wird am Morgen tätig, so dass der ganze Tag für die Verfolgung zur Verfügung steht. Wenn die Bienen abends ihre Arbeit getan haben, kehren sie meistens nicht mehr zu den Wasserquellen zurück. Die Behälter, in die sie aufgenommen werden sollen, wird man mit Zitronenmelisse [vgl. 1.37.2] oder süßen Kräutern einreiben und mit ein wenig flüssigem Honig besprengen. Wenn man diese Aufgabe im Frühjahr übernimmt und auf diese Weise parfümierte Bienenstöcke um Quellen und Orte herum aufstellt, die häufig von Bienen besucht werden, kann man eine Vielzahl ohne Anstrengung anziehen, sofern man die Stöcke vor Dieben geschützt aufstellen kann. (7) In ebenfalls diesem Monat ist – wie oben [4.15.4] gesagt – die Zeit dafür, die Bienenstöcke zu reinigen und die Motten zu töten, die besonders zahlreich sind, wenn Malven blühen. Wir werden sie in folgender Weise abfangen: Ein Bronzegefäß wie ein miliarium [»Meilenstein«, ein zylindrisches Gefäß; vgl. 1.39.3], also hoch und schlank, werden wir in der Abenddämmerung unter den Bienenstöcken platzieren und in seiner Basis ein brennendes Licht einsetzen. Motten werden dort zusammenkommen und um das Licht flattern; aufgrund der schlanken Form des Gefäßes werden sie durch die Nähe der Flamme ins Verderben gezwungen.

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8. de horis huius mensis horae horis mensis Septembris aequantur hoc genere: hora I pedes XXIIII hora II pedes XIIII hora III pedes X hora IIII pedes VII hora V pedes V hora VI pedes IIII hora VII pedes V hora VIII pedes VII hora VIIII pedes X hora X pedes XIIII hora XI pedes XXIII

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Zeitmessung 8. StundenK Die Stunden dieses Monats entsprechen den Stunden des Septembers wie folgt: 1. Stunde 24 Fuß 2. Stunde 14 Fuß 3. Stunde 10 Fuß 4. Stunde 7 Fuß 5. Stunde 5 Fuß 6. Stunde 4 Fuß 7. Stunde 5 Fuß 8. Stunde 7 Fuß 9. Stunde 10 Fuß 10. Stunde 14 Fuß 11. Stunde 24 Fuß

LIBER VI tituli mensis Maii I de panico et milio, de florentibus satis, de recidendo feno II de novellae sarmentis relinquendis et pampinandis vitibus III de proscindendis et aperiendis novis agris IIII de occandis vitibus arboribusque et rude caedenda, fodiendis seminariis, putandis oleis ac lupino vertendo V de hortis: in eo de spatiis, de apio, coliandro, melone, cucurbita, carduo, radice, ruta VI de pomis: de flore mali Punici, Persico inplastrando, citro inserendo et ficu plantanda vel inserenda, de zizyfa et palma plantanda VII de armentis: in eo de castrandis bubus VIII de tonsuris ovium VIIII de caseo faciendo X de apibus XI de pavimentis et solariis XII de lateribus faciendis XIII de rosato XIIII de oleo liliacio XV de oleo roseo XVI de rodomelli XVII de rosis viridibus servandis XVIII de horis

BUCH 6 Kapitel des Monats Mai 1. Kolben- und Rispenhirse, blühende Saaten, Schneiden von Heu 2. Belassen von neuen Trieben und Ablauben von Rebstöcken 3. Aufbrechen und Öffnen von neuen Äckern 4. Eggen von Rebstöcken und Bäumen und Fällen von Stabholz, Umgraben von Saatbeeten, Beschneiden von Ölbäumen und Unterpflügen von Lupine 5. Gärten: darin über Abstände, Sellerie, Koriander, Melone, Kürbis, Karde, Rettich, Raute 6. Obstbäume: Granatapfelblüte, AnplattenV von Pfirsich, Aussaat von Zitrone und Pflanzung oder Aussaat von Feige, Pfropfen von Brustbeerbaum und Dattelpalme 7. Großvieh: darin Kastrierung von Rindern 8. Scheren von Schafen 9. Herstellung von Käse 10. Bienen 11. Estriche und Sonnenterrassen 12. Herstellung von LehmziegelnB 13. Rosenwein 14. Lilienöl 15. Rosenöl 16. Rosenhonig 17. Konservierung von frischen Rosen 18. Stunden

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Liber VI mensis Maius

1. de panico et milio, de florentibus satis, de recidendo feno (1) locis frigidis et umectis panicum seremus et milium more, quo dixi. nunc omnia prope, quae sata sunt, florent; neque tangi a cultore debebunt. florent autem sic: frumenta et hordeum et quae sunt seminis singularis, octo diebus florebunt et deinde per dies quadraginta grandescent flore deposito usque ad maturitatis eventum. quae vero duplicis seminis sunt, sicut faba, pisum, ceteraque legumina, quadraginta diebus florent simulque grandescunt. (2) hoc mense in locis siccis, calidis sive maritimis fena recidantur, prius tamen, quam exarescant. quod si pluviis infusa fuerint, converti ante non debent, quam pars eorum summa siccata est.

2. de novellae sarmentis relinquendis et pampinandis vitibus (1) nunc consideremus novella vitis sarmenta, quae protulit, et ei pauca et solida relinquamus et adminiculis firmemus, donec brachia prolata durescant. non autem amplius resectae et pullulanti viticulae quam duae vel tres materiae relinquantur et alligentur propter iniuriam venti. ideo autem

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Monat Mai

Ackerbau 1. Kolben- und Rispenhirse, blühende Saaten, Schneiden von Heu (1) An kalten und nassen Orten säen wir Kolben- und Rispenhirse in dem oben [4.3] beschriebenen Verfahren. Jetzt sind fast alle Saaten in Blüte und sollen nicht berührt oder bearbeitet werden. Die Blüte findet wie folgt statt: Getreide, Gerste und allen einsamigen Pflanzen [Monokotyledonen mit 1 Keimblatt] werden 8 Tage lang blühen und dann 40 Tage nach Abwurf der Blüten anschwellen, bis die Reife eingetreten ist. Doppelsamige Pflanzen [Dikotyledonen mit 2 Keimblättern] wie Bohnen, Erbsen und die übrigen Hülsenfrüchte blühen 40 Tage lang und schwellen zugleich an. (2) In diesem Monat soll man an Orten, die trocken, heiß oder maritim sind, Heu schneiden, und zwar auf jeden Fall, bevor es austrocknet. Wenn das Heu von Regen durchnässt wird, soll es nicht gewendet werden, solang die Oberseite nicht ausgetrocknet ist. 2. Belassen von neuen Trieben und Ablauben von Rebstöcken (1) Jetzt sollen wir die von einem neuen Rebstock hervorgebrachten Triebe untersuchen und nur einige wenige kräftige belassen und mit Hilfsmitteln stützen, bis die ausgetretenen Zweige hart werden. Ein Rebstock, der zurückgeschnitten worden ist und wieder sprießt, soll nicht mehr als 2 oder 3 Zweige an sich behalten, und diese sollen festgebunden

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tres materias dixi debere dimitti, ne dissipantibus ventis nulla remaneat, si in primordio reliqueris pauciores. (2) hoc mense pampinari conveniet. sed tunc est oportuna pampinatio, cum teneri rami digitis stringentibus crepabunt sine difficultate carpentis. haec res uvas efficit pinguiores et maturitati consulit solis admissu.

3. de proscindendis et aperiendis novis agris (1) nunc quoque pingues agri et herbosi proscindantur. sed si agros incultos volueris aperire, considerabis, siccus an umidus sit ager, silvis aut gramine, frutectis vestitus aut filice. si umidus erit, fossarum ductibus ex omni parte siccetur. sed apertae fossae notae sunt, caecae vero hoc genere fiunt: inprimuntur sulci per agrum transversi altitudine pedum ternum; postea usque ad medietatem lapidibus minutis replentur aut glarea et super terra, quam egesseramus, aequatur. (2) sed fossarum capita unam patentem fossam petant, ad quam declives recurrant. ita et umor deducetur et agri spatia non peribunt. si defuerint lapides, sarmentis vel stramine subiecto coperiantur vel quibuscumque virgultis. sed si nemorosus est, extirpatis aut raro relictis arboribus excolatur, (3) si lapidosus, per macerias saxorum turba collecta

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werden, um Windschäden zu vermeiden. Ich sage, dass 3 Zweige belassen werden sollen, damit nicht, wenn man von Anfang an weniger belässt, überhaupt keiner bleibt, wenn die Winde sie erschüttern. (2) In diesem Monat ist es nützlich, die Rebstöcke abzulauben. Die rechte Zeit für das Ablauben ist erreicht, wenn die weichen Blattstängel ohne Schwierigkeiten abfallen, sobald der mit dem Ablauben Beauftragte mit dem Finger an ihnen zieht. Ablauben macht die Trauben dicker und fördert die Reifung durch den Zugang von Sonnenlicht. 3. Aufbrechen und Öffnen von neuen Äckern (1) Ebenfalls jetzt sollen fette und von Unkraut sprießende Felder aufgebrochen werden. Wenn man aber unbebaute Felder öffnen will, muss man bedenken, ob das Feld trocken oder nass ist, ob es im Wald- oder Grasland liegt und ob es von Sträuchern oder Farn bedeckt ist. Wenn es nass ist, soll es durch das Ausheben von kreuz und quer laufenden Gräben ausgetrocknet werden. Offene Gräben sind allen vertraut [und bedürfen daher hier keiner Erläuterung], blinde Gräben aber werden wie folgt hergestellt: Man zieht Furchen mit einer Tiefe von je 3 FußM quer über das Feld; dann werden sie zur Hälfte mit kleinen Steinen oder Kies gefüllt und bis zur Mitte mit der Erde abgeflacht, die wir ausgegraben haben. (2) Von ihrem Ausgangspunkt sollen die Gräben zu einem offenen Graben hin verlaufen, zu dem das Wasser hinabfließen kann. Auf diese Weise wird die Feuchtigkeit abgeführt, während die Offenheit des Feldes nicht verloren geht. Wenn es nicht genügend Steine gibt, können sie mit abgeschnittenen Reisern oder Stroh oder jeder Art von Reisig abgedeckt werden. Wenn das Feld noch baumbestanden ist, sollen vor dem Anbau alle Bäume gerodet oder nur hier und da belassen werden. (3) Wenn es

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et purgari poterit et inde muniri. iuncus et gramen et filices frequenti aratione vincentur. sed filicem, si saepe fabam conseras vel lupinos et si subinde nascentem mucrone falcis incidas, intra exiguum tempus absumes.

4. de occandis vitibus arboribusque et rude caedenda, fodiendis seminariis, putandis oleis ac lupino vertendo (1) hoc mense arbores et vites, quae ablaqueatae fuerant, occare, hoc est, operire iam convenit. nunc ad rudem faciendam silva caedatur, quando omni fronde vestita est. caedendi autem hic modus est, ut optimus operarius in alta silva modii spatium, mediocris vero tertia minus possit abscidere. (2) nunc et seminaria fodiuntur adsidue et locis praegelidis et pluviosis oleae putantur et eis muscus abraditur. at si quis lupinum stercorandi agri causa seminabit, aratro illum nunc debebit evertere.

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steinig ist, kann das Feld durch eine Einfriedung aus den haufenweise gesammelten Steinen gereinigt und zugleich befestigt werden. Binsen, Gras und Farne werden durch wiederholtes Pflügen besiegt werden. Wenn man häufig Bohne oder Lupinen sät und das Farnkraut mit der Spitze eines Haumessers abschneidet, sobald es ausschießt, wird man es innerhalb kurzer Zeit beseitigen. 4. Eggen von Rebstöcken und Bäumen und Fällen von Stabholz, Umgraben von Saatbeeten, Beschneiden von Ölbäumen und Unterpflügen von Lupine (1) In diesem Monat ist eine geeignete Zeit für die Bearbeitung der Böden um Bäume und Rebstöcke herum, bei denen zuvor Bodenlockerung vorgenommen worden ist [s. 2.1], also für die erneute Abdeckung ihrer [zuvor freigelegten] Wurzeln. Jetzt soll der Wald für die Herstellung von Stabholz gefällt werden, sobald er vollständig belaubt ist [es kann im Frühjahr leichter entrindet werden; vgl. Plinius 16.188; Bauholz hingegen wird laut 12.15 im Winter gefällt]. Die Maßgabe für die Fällung ist, dass eine sehr gute Arbeitskraft in dichtem Wald die Fläche von 1 DritteljochM, eine mittelmäßige 1/3 weniger bearbeiten kann. (2) Jetzt werden auch Pflanzbeete sorgfältig umgegraben und besonders an frostigen und regnerischen Orten Ölbäume beschnitten; auch wird Moos abgeschabt. Jeder, der Lupine zum Zweck der Düngung eines Felds gesät hat, muss sie jetzt mit dem Pflug unterpflügen.

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5. de hortis hortorum spatia, quae per autumnum seminibus inplenda destinantur aut plantis, nunc conveniet pastinare. hoc mense apium bene seritur, sicut ante iam dictum est, vel coliandrum et melones et cucurbitae, carduus et radices et ruta pangetur. porri quoque planta transfertur, ut rigationibus animetur.

6. de pomis locis calidis nunc mala Punica florere incipiunt. ramus ergo cum flore, sicut Martialis dicit, si obruto circa arborem fictili vase claudatur et, ne resiliat, ligetur ad palum, pro vasculi magnitudine pomum reddit autumno. hoc etiam mense locis calidis inplastrari Persicus potest. locis frigidis nunc citri arbor inseritur, ut ea, quae dicta est, disciplina servetur. nunc frigidis locis zizyfum conserimus et ficum vel inserimus. hoc etiam mense palmae planta disponitur.

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Gartenbau 5. Gärten Nun wird eine geeignete Zeit dafür sein, jene Bereiche der Gärten umzugraben, die dazu bestimmt sind, im Herbst mit Samen oder Setzlingen bestückt zu werden. In diesem Monat wird auch Sellerie gut ausgesät, wie oben [5.3] gesagt, auch Koriander, Melonen und Kürbisse; Karde, Rettiche und Raute können gepflanzt werden. Auch Lauchsetzlinge können ausgepflanzt werden, so dass sie durch Bewässerung rascher gedeihen.

Obstbau 6. Obstbäume An heißen Orten beginnen jetzt die Granatapfelbäume zu blühen. Wenn man, wie MartialisN sagt, einen blühenden Zweig in ein in der Nähe des Baumes eingegrabenes Keramikgefäß einschließt und ihn, um das Zurückfedern zu verhindern, an einen Pfahl bindet, wird er im Herbst Früchte hervorbringen, die der Größe des Gefäßes entsprechen [vgl. 4.10.5]. In ebenfalls diesem Monat kann an heißen Orten Pfirsichbaum angeplattetV werden [s. 7.5]. An kalten Orten wird jetzt Zitronenbaum nach der Kunde gepfropft, die oben [4.10.16] beschrieben worden ist. Jetzt pflanzen wir an kalten Orten Brustbeer- und Feigenbaum oder pfropfen sie. In ebenfalls diesem Monat werden auch Stecklinge von Dattelpalmen eingesetzt.

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7. de armentis (1) nunc castrandi sunt vituli, sicut Mago dicit, tenera aetate, ut fissa ferula testiculi conprimantur et paulatim confracti resolvantur. sed hoc luna decrescente verno vel autumno fieri debere praecepit. alii ligato ad machinam vitulo duabus angustis regulis ligneis sicut forcipibus ipsos nervos adprehendunt, qui Graece cremasteres dicuntur. (2) his conprehensis tentos testiculos ferro resecant et ita recidunt ut aliquid de his capitibus nervorum suorum dimittatur haerere. quae res et sanguinis nimietatem prohibet et non omnino iuvencos subducto robore virilitatis effeminat. nec admittendum est, quod plerique faciunt, ut statim castratos coire conpellant. nam certum est ab eis generari, sed ipsos fluxu sanguinis interire. vulnera vero castraturae cinere sarmentorum et spuma linentur argenti. (3) castratus abstineatur a potu et cibis pascatur exiguis ac sequenti triduo praebeantur ei tenerae arborum summitates et frutecta mollia et herbae viridis coma dulciore saliva roris aut fluminis. pice etiam liquida mixto cinere et modico oleo post triduum vulnera diligenter ungenda sunt. sed melius genus castrationis sequens usus invenit: (4) alli-

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Tierhaltung 7. Großvieh (1) Jetzt sind die Kälber zu kastrieren, wie MagoN [laut Columella 6.26] sagt, also in einem zarten Alter. Die Hoden sollen mit einem aufgespalteten langen Riesenfenchel zerdrückt, nach und nach zerbrochen und so aufgelöst werden. Seine Lehre besagte, dass dies bei abnehmendem Mond im Frühjahr oder Herbst durchzuführen sei. Andere binden das zu kastrierende Kalb an einem Gerüst fest und verwenden zwei schmale Leisten aus Holz wie eine Zange, um die Muskeln zu greifen, die auf Griechisch »kremasteres« [»Hänger«], genannt werden [Hodenheber]. (2) Man greift die Hoden, streckt sie und schneidet sie mit einem Eisen[messer] so zurück, dass ein Teil von ihnen an den Enden der Muskeln hängen bleibt; dies verhindert einen übermäßigen Verlust von Blut, verweiblicht die Kälber nicht völlig und entfernt auch nicht alle männliche Kraft. Wir sollen aber nicht dem Verfahren folgen, das viele anwenden, die sie dazu zwingen, sich gleich nach der Kastration zu paaren. Es ist nämlich sicher, dass sie sich fortpflanzen werden, aber auch, dass sie selbst durch den Blutverlust umkommen. Die Kastrationswunden sollen mit Reisigasche und SilberschaumB bestrichen werden. (3) Das kastrierte Tier soll vom Trinken abgehalten werden und nur wenig Futter erhalten; die nächsten 3 Tage lang sollen zarte Baumspitzen, weiche Triebe und grüne Kräuterblätter mit dem süßen Geschmack von Tau oder Flusswasser bereitgestellt werden. Auch sollen nach 3 Tagen die Wunden vorsichtig mit flüssigem Pech behandelt werden, das mit Asche und ein wenig Öl vermischt wurde. Aber die folgende Praxis bietet eine bessere Methode der Kastration: (4) Sobald das Kalb festgebunden und nie-

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gato enim iuvenco atque deiecto testiculi stricta pelle clauduntur atque ibi lignea regula premente deciduntur ignitis securibus vel dolabris vel, quod est melius, formato ad hoc ferramento, ut gladii similitudinem teneat. ita enim circa ipsam regulam ferri acies ardentis inprimitur unoque ictu et moram doloris beneficia celeritatis absumit et ustis venis ac pellibus a fluxu sanguinis [strictis] plagam cicatrix quodammodo cum ipso vulnere nata defendit.

8. de tonsuris ovium (1) locis temperatis nunc ovium celebranda tonsura est. sed tonsas oves hoc unguine medicemur: sucum decocti lupini, faeces vini veteris et amurcam pari mensura miscebis et in unum corpus omnia redacta curabis adlinere. (2) post triduum deinde, si mare vicinum est, litori mergantur extremo; si in mediis terris pascimus, aqua caelestis cum sale paululum decocta sub divo debebit pecorum tonsa et uncta membra diluere. hoc enim modo curatum pecus toto anno nec scabrum fieri dicitur et prolixas lanas creare fertur ac molles.

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dergeworfen wurde, werden die Hoden dadurch eingeschränkt, dass die Haut eng abgebunden wird; mit einer Holzleiste wird dann an dieser Stelle Druck ausgeübt und sie werden mit einem glühenden Beil, einer Picke oder besser mit einem für diesen Zweck gestalteten Eiseninstrument abgeschnitten, das wie ein Schwert geformt ist. Sowie der Rand des glühenden Eisens auf diese Weise unten neben die Leiste mit einem einzigen Schlag gepresst wird, verhindert dies dank seiner Geschwindigkeit langanhaltende Schmerzen, und da zugleich die Adern und die Haut kauterisiert werden, ist der Schnitt vor starken Blutungen durch die Narbe geschützt, die sich sozusagen zugleich mit der Wunde bildet. 8. Scheren von Schafen (1) An gemäßigten Orten ist jetzt die Zeit für die Durchführung der Schafschur. Wir sollen die geschorenen Schafe mit folgender Salbe behandeln: Man mischt die Flüssigkeit von eingekochten Lupinen, Weinbodensatz von altem Wein und Ölschaum zu gleichen Mengen, und wenn all dies zu einer einheitlichen Masse reduziert ist, streicht man es sorgfältig auf. (2) Dann lässt man nach 3 Tagen, wenn Meer in der Nähe ist, die Tiere sich ins seichte Wasser eintauchen. Wenn unsere Viehweide im Inland liegt, wird Regenwasser kurz unter freiem Himmel mit Salz aufgekocht und verwendet, um die Gliedmaßen der Schafe nach dem Scheren und der Salbung zu waschen. Man sagt, dass auf diese Weise behandelte Tiere das ganze Jahr frei von Krätze bleiben und üppige weiche Wolle hervorbringen.

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9. de caseo faciendo (1) hoc mense caseum coagulabimus sincero lacte coagulis vel agni vel haedi vel pellicula, quae solet pullorum ventribus adhaerere, vel agrestis cardui floribus vel lacte ficulno, cui serum debet omne deduci, ut [et] ponderibus urgeatur. ubi solidari coeperit, loco opaco ponatur aut frigido et pressus subinde adiectis pro adquisita soliditate ponderibus trito ac torrefacto sale debet aspergi et iam durior vehementius premi. (2) post aliquot dies solidatae iam formulae per crates ita statuantur, ne invicem se unaquaeque contingat. sit autem loco clauso et a ventis remoto, ut teneritudinem servet atque pinguedinem. vitia casei sunt, si aut siccus sit aut fistulosus; quod eveniet, si aut parum prematur aut sales nimios accipiat aut calore solis uratur. in recenti caseo conficiendo aliqui nucleos virides pineos terunt atque ita lacte mixto gelant. (3) aliqui thymum tritum et frequenter colatum congelant. qualemcumque etiam saporem velis, efficere poteris adiecto, quod elegeris, condimento seu piperis seu cuiuscumque pigmenti.

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9. Herstellung von Käse (1) In diesem Monat werden wir Milch für Käse gerinnen lassen, wobei wir reine Milch mit Lab vom Lamm oder Ziegenböckchen nutzen oder das Häutchen, das am Magen von Küken zu hängen pflegt, oder Blüten der wilden Karde oder den Saft eines Feigenbaums. Alle Molke muss abgezogen werden, daher wird sie mit Gewichten gepresst [tropft also nicht nur ab]. Wenn die Masse sich zu verfestigen beginnt, soll sie an einen schattigen oder kühlen Ort gelegt und weiter mit Gewichten gepresst werden, die man schrittweise in Übereinstimmung mit dem Grad der Festigkeit auflegt; dann soll sie mit gemahlenem und gedörrtem Salz bestreut und stärker gepresst werden, je straffer sie wird. (2) Nachdem sie einige Tage lang fest geworden ist, werden die Laibe so auf Roste aus Flechtwerk gelegt, dass sie sich nicht gegenseitig berühren. Der Ort soll geschlossen und vor Wind geschützt sein, so dass der Käse seine Zartheit und seinen Reichtum behält. Fehler im Käse sind, wenn er trocken oder salzig oder voller Fisteln ist; dies wird geschehen, wenn er nicht genug gepresst wurde, zu viel Salz bekommen hat oder von der Hitze der Sonne versengt wurde. Bei der Herstellung von Frischkäse zerquetschen manche Leute grüne Pinienkerne; nachdem die Milch mit ihnen vermischt wurde, gerinnt sie. (3) Einige bringen Milch mit Thymian zur Gerinnung, der zerdrückt und mehrmals gesiebt wurde. Man kann jeden Geschmack herstellen, den man will, indem man das Gewürz seiner Wahl hinzufügt – gleich, ob Pfeffer oder jedwede Spezerei.

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10. de apibus hoc mense incipiunt augeri examina et in extremis favorum partibus maiores creantur apiculae, quas aliqui reges putant; sed Graeci eos oestros appellant et necari iubent, quia requiem concutiunt quiescentis examinis. nunc papiliones abundant, quos necemus more, quo dixi.

11. de pavimentis et solariis (1) nunc circa extremum mensem pavimenta in solariis fiunt; quae in frigidis regionibus et, ubi pruinae sunt, glacie suspenduntur et pereunt. sed si hoc placuerit, sternemus duplices ordines tabularum transversos atque directos et paleam vel filicem supra constituemus aequaliter. aequabimus saxo, quod manum possit inplere. (2) pedaneum super rudus inducimus et adsiduo vecte densamus; tunc, antequam rudus siccetur, bipedas, quae per omnia latera canaliculos habeant digitales, iungemus, ita ut calce viva ex oleo temperata bipedarum canales, qui inter se connectendi sunt, inpleantur et earum coniunctio rudus omne coperiat. nam siccata omnis materia unum corpus efficiet et nullum transmittet umorem. (3) postea sex digitorum testacium super-

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Imkerei 10. Bienen In diesem Monat beginnen die Schwärme zu wachsen, und ziemlich große junge Bienen werden an den Rändern der Waben geboren. Einige Leute denken, dass diese die KönigeL sind, aber die Griechen nennen sie »oistroi« [Drohnen] und sagen, dass man sie töten soll, weil sie den Frieden des Schwarms stören, wenn er im Ruhezustand ist. Jetzt sind Motten reichlich vorhanden, und wir sollen sie so abtöten, wie oben [5.7.7] beschrieben.

Sonstiges 11. Estriche und Sonnenterrassen (1) Jetzt, rund um das Monatsende, werden Estriche auf Sonnenterrassen gemacht. In kalten Regionen und wo Fröste auftreten, werden sie durch Eis angehoben und zerstört. Aber wenn es uns gefällt, werden wir zwei Reihen von Dielen quer zueinander verlegen und eine Schicht aus Spreu oder Farn gleichmäßig über sie ausbreiten. Dann machen wir eine Ebene [vgl. 1.9.4] aus Steinen von einer Größe, die gut in der Hand liegt. (2) Darüber breiten wir eine 1 FußM dicke Schicht aus rudusB aus und rammen sie gründlich mit einem Stampfer. Vor dem Trocken des rudus werden wir dann 2-Fuß-ZiegelB, die an allen Seitenkanten Rillen von 1 FingerbreitM Breite haben, miteinander verbinden; diese Rillen in den Ziegeln, die miteinander verbunden werden sollen, füllt man mit BranntkalkB, der mit Öl vermischt wurde; die Ziegel müssen das gesamte rudus bedecken. Aus all diesem Material wird, wenn es getrocknet ist, ein einziger Festkörper gebildet, der keine Feuchtigkeit durchlässt. (3) Anschließend

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fundimus et frequenter virgis verberabimus, ne rimis possit aperiri. tunc tessellas latiores vel tabellas qualescumque marmoreas aut paginas inprimemus et hanc constructionem res nulla vitiabit.

12. de lateribus faciendis hoc mense lateres faciendi sunt ex terra alba vel creta vel rubrica. nam qui aestate fiunt, celeritate fervoris in summa cute siccantur interius umore servato; quae res scissuris eos faciet aperiri. fiunt autem sic: terra creta diligenter et omni asperitate purgata mixta cum paleis diu macerabitur et intra formam lateri similem reprimetur. tunc ad siccandum relicta subinde versabitur ad solis aspectum. sint vero lateres longitudine pedum duorum, latitudine unius, altitudine quattuor unciarum.

13. de rosato quinque libras rosae pridie purgatae in vini veteris decem sextariis merges et post triginta dies decem despumati mellis libras adicies et uteris. 14. de oleo liliacio per olei libras singulas dena lilia curabis infundere et vas vitreum quadraginta diebus locare sub divo. 15. de oleo roseo in olei libras singulas rosae purgatae singulas uncias mittis et septem diebus in sole suspendis et luna.

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bringen wir opus testaciumB in einer Schicht von 6 FingerbreitM auf und schlagen es häufig mit Ruten, damit keine Ritzen offenbleiben. Dann werden wir recht große Mosaikquadrate hineindrücken oder jede Art von Marmorfliesen oder Platten, und nichts wird diese Konstruktion verderben. 12. Herstellung von LehmziegelnB In diesem Monat sollen Lehmziegel aus weißer Erde, Ton oder Rotlehm hergestellt werden. Lehmziegel, die im Sommer gemacht werden, trocknen durch die rasche Wirkung der Hitze an der Oberfläche aus, während in ihnen Feuchtigkeit verbleibt; dies bewirkt, dass sie sich in Rissen öffnen. Diese werden wie folgt hergestellt: Ton, der sorgfältig gesiebt und von allen groben Stücken bereinigt ist, soll mit Spreu vermischt, lange eingeweicht und in eine Form gedrückt werden, die einem Lehmziegel ähnelt. Dann soll man sie trocknen lassen und immer wieder umdrehen, so dass sie in der Sonne zu liegen kommen. Lehmziegel sollen 2 FußM lang, 1 FußM breit und 4 ZollM hoch sein. 13. Rosenwein Man legt 5 PfundM Rosen, am Vortag gereinigt, in 10 KrugM alten Wein; nach 30 Tagen fügt man 10 PfundM abgeschäumten Honig hinzu und verwendet ihn. 14. Lilienöl Man legt in je 1 PfundM Öl 10 Lilienblüten und stellt das Glasgefäß 40 Tage lang unter freiem Himmel auf. 15. Rosenöl Man legt in je 1 PfundM Öl 1 UnzeM gereinigte Rosen und hängt dies 7 Tage in die Sonne und den Mondschein.

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16. de rodomeli in suci rosae sextariis singulis libras singulas mellis admisces et diebus quadraginta sub sole suspendis. 17. de rosis viridibus servandis rosas nondum patefactas servabis, si in canna viridi stante fissa recludas ita, ut scissuram coire patiaris, et eo tempore cannam recidas, quo rosas virides habere volueris. aliqui olla rudi conditas ac bene munitas sub divo obruunt ac reservant

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18. de horis in horarum mensuris Maius respondet Augusto: hora I pedes XXIII hora II pedes XIII hora III pedes VIIII hora IIII pedes VI hora V pedes IIII hora VI pedes III hora VII pedes IIII hora VIII pedes VI hora VIIII pedes VIIII hora X pedes XIII hora XI pedes XXIII

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16. Rosenhonig Man mischt mit je 1 KrugM Rosensaft 1 PfundM Honig und setzt dies 40 Tage lang der Sonne aus. 17. Konservierung von frischen Rosen Rosen, die sich noch nicht geöffnet haben, konserviert man, indem man sie in einem grünen Pfahlrohr einschließt; dieses hat man aufgespalten, dann den Spalt sich wieder schließen lassen; man schneidet das Pfahlrohr in dem Moment weg, zu dem man die frischen Rosen haben will. Manche Leute legen sie in einen unbehandelten [nicht verpichten] Topf und vergraben sie, gut abgedeckt, im Freien und konservieren sie so.

Zeitmessung 18. StundenK Bei der Messung der Stunden entspricht der Mai dem August: 1. Stunde 23 Fuß 2. Stunde 13 Fuß 3. Stunde 9 Fuß 4. Stunde 6 Fuß 5. Stunde 4 Fuß 6. Stunde 3 Fuß 7. Stunde 4 Fuß 8. Stunde 6 Fuß 9. Stunde 9 Fuß 10. Stunde 13 Fuß 11. Stunde 23 Fuß

LIBER VII tituli mensis Iunii I de area paranda II de messibus III de agris proscindendis; de vineis occandis, fodiendis ; vicia, feno Graeco, lenticula, faba, lupino colligendis IIII de hortis: in eo de brassica, apio, betis, radicibus, lactucis, coliandro V de pomis: in eo de flore Punici, de piro, de melo, zizyfo, fico; de inplastratione VI de armentis: in eo de castratura, de caseo, tonsuris VII de apibus: in eo de legendo et conficiendo melle vel cera, de servandis examinibus et signis eorum et regibus, de inopia examinum, de subplendis alveariis VIII de pavimentis et latere VIIII qualiter fructuum venturorum experimenta sumantur X de oleo camemelo XI de oenanthe XII de alfita XIII de horis

BUCH 7 Kapitel des Monats Juni 1. Vorbereitung der Tenne 2. Ernte 3. Aufbrechen von Äckern; Eggen von Weingärten, Umgraben von Saatbeeten; Sammeln von Wicke, Bockshornklee, Linse, Bohne und Lupine 4. Gärten: darin Kohl, Sellerie, Bete, Rettiche, Lattich, Koriander 5. Obstbäume: darin Granatapfelblüte, Birne, Apfel, Brustbeere, Feige; AnplattenV 6. Großvieh: darin Kastrieren, Käse, Schur 7. Bienen: darin Sammeln und Verarbeiten von Honig oder Wachs, Bewahren von Schwärmen und ihren Anzeichen, KönigeL, Mangel an Schwärmen, Bereitstellen von Bienenstöcken 8. Estriche und LehmziegelB 9. Wie man Proben für künftige Ernten durchführt 10. Kamillenöl 11. Wilde Weinrebe 12. Gerstengrütze 13. Stunden

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1. de area paranda hoc mense area paranda est ad trituram, cuius primo terra radatur. deinde effossa leviter mixtis paleis et amurca aequatur insulsa; quae res a muribus et formicis frumenta defendit. tunc premenda est rotunda lapide vel columnae quocumque fragmento, cuius volutatio possit eius spatia solidare. dehinc sole siccetur. aliqui mundatis areis aquam spargunt et minuta ibi pecora diu spatiari ac proculcare conpellunt. et cum terra ungulis stricta fuerit, spectant solidam siccitatem.

2. de messibus (1) nunc primo hordei messis incipitur, quae consummanda est, antequam grana refractis spicis lapsa decurrant, quia nullis sicut triticum folliculis vestiuntur. quinque modios recidere potest pleni agri opera una messoris experti, mediocris vero tres, ultimi etiam minus. sed hordei culmos iacere in agris aliquantum sinamus, quia fertur hoc more grandescere.

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Monat Juni

Ackerbau 1. Vorbereiten der Tenne In diesem Monat soll die Tenne [vgl. zu ihrer Lage 1.36] für das Dreschen hergerichtet werden. Zunächst soll die Erde geharkt werden; dann soll sie, nachdem sie leicht aufgebrochen und mit Spreu und ungesalzenem Ölschaum vermischt worden ist, eingeebnet werden; dies schützt das Getreide vor Mäusen und Ameisen. Danach soll sie mit einem zylindrischen Stein oder dem Fragment einer Säule, die zur Verfestigung ihrer Oberfläche gerollt werden kann, komprimiert und dann von der Sonne getrocknet werden. Manche Leute sprenkeln nach der Säuberung Wasser auf den Boden und lassen Kleinvieh darüber laufen und trampeln; wenn die Erde von ihren Hufen hart geworden ist, sind sie auf einen soliden trockenen Zustand bedacht. 2. Getreideernte (1) Jetzt beginnt erstmals die Gerstenernte; sie muss abgeschlossen sein, bevor die Ähren sich aufspalten und die Körner herausfallen, da sie nicht wie bei Weizen mit kleinen Schalen bekleidet sind. 5 ScheffelM eines vollen Feldes [also Gerste aus 5 ScheffelnM Saatgut; vgl. Columella 2.12.2] können von einer erfahrenen Arbeitskraft gemäht werden, 3 von einer mittelmäßigen, noch weniger von einer schlechten. Wir sollen aber die abgeschnittenen Gerstenhalme eine Weile auf dem Boden liegen lassen, denn man nimmt an, dass die Gerste auf diese Weise anschwillt.

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Liber VII

(2) nunc etiam mense postremo locis maritimis et calidioribus ac siccis tritici messis absciditur. quam paratam esse cognoscis, si aequaliter spicarum populus maturato rubore flavescat. pars Galliarum planior hoc conpendio utitur ad metendum et praeter hominum labores unius bovis opera spatium totius messis absumit: fit itaque vehiculum, quod duabus rotis brevibus fertur. (3) huius quadrata superficies tabulis munitur, quae forinsecus reclines in summo reddant spatia largiora. ab eius fronte carpenti brevior est altitudo tabularum. ibi denticuli plurimi ac rari ad spicarum mensuram constituuntur in ordine, ad superiorem partem recurvi. a tergo vero eiusdem vehiculi duo brevissimi temones figurantur velut amites basternarum. ibi bos capite in vehiculum verso iugo aptatur et vinculis, mansuetus sane, qui non modum conpulsoris excedat. (4) hic ubi vehiculum per messes coepit inpellere, omnis spica in carpentum denticulis conprehensa cumulatur abruptis ac relictis paleis altitudinem vel humilitatem plerumque bubulco moderante, qui sequitur. et ita per paucos itus ac reditus brevi horarum spatio tota messis inpletur. hoc campestribus locis vel aequalibus utile est et his, quibus necessaria palea non habetur.

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(2) Ebenfalls jetzt wird am Ende des Monats die Weizenernte vorgenommen, und zwar an maritimen Orten und an solchen, die recht warm und trocken sind. Man erkennt, dass der Weizen bereit [zur Ernte] ist, wenn der Großteil der Ähren einen einheitlichen goldenen Farbton annimmt. Der Teil von GallienO, der ein recht ebenes Gelände hat, nutzt die folgende Abkürzung bei der Ernte; sie spart menschliche Arbeit, und die Arbeit eines einzigen Rindes an einem Tag ersetzt die lange Zeit, die sonst für die gesamte Ernte benötigt wird: Es wird also ein Fahrzeug gebaut, das von 2 kleinen Rädern getragen wird. (3) Seine quadratische Fläche ist mit Brettern umzäunt, die etwas nach außen geneigt sind und so oben einen größeren Raum geben. An der Vorderseite des Wagens ist die Höhe der Bretter geringer. Dort ist in einem von der Größe der Ähren abhängigen Abstand in einer Reihe eine Vielzahl von kleinen Zähnen angebracht, die sich oben nach hinten zurückkrümmen. An der Rückseite desselben Fahrzeugs sind 2 sehr kurze, wie Tragestangen von Sänften geformte Jochstangen. Dort [hinten] wird ein Rind mit einem Joch und Ketten mit seinem Kopf an dem Fahrzeug festgemacht – selbstverständlich ein ruhiges Tier, dessen Tempo von seinem Treiber festgelegt wird. (4) Wenn dieser beginnt, das Fahrzeug durch das Getreide zu schieben, werden alle Ähren von den kleinen Zähnen erfasst und [im Wagen] aufgehäuft, während die abgeschnittenen [Halme und die] Spreu zurückbleiben; die Höhe oder Tiefe wird dabei immer wieder durch den Viehtreiber gesteuert, der hinterherläuft. Und so wird mit wenigen Wendungen hin und her die gesamte Ernte in wenigen Stunden eingebracht. Dies ist nützlich, wo es Ebenen oder ebenes Gelände gibt und wo man die Spreu nicht weiterverwendet.

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3. de agris proscindendis, de vineis occandis, fodiendis , vicia, feno Graeco et ceteris colligendis (1) nunc frigidissimis locis, quae Maio sunt praetermissa, faciemus. agros aeque proscindemus herbosis et gelidis partibus. vineta occabimus. colligemus viciam. fenum Graecum resecamus ad pabulum. hoc mense locis frigidis peragenda est leguminum messis; itaque lenticulam collectam cineri mixtam bene servabimus vel vasis oleariis aut salsamentariis repletis statimque gypsatis. (2) nunc et faba luna minuente velletur, ante lucero sane, et, antequam luna procedat, excussa et refrigerata ponetur. ita gurguliones non patietur infestos. hoc mense lupinus colligitur et, si placuerit, statim seretur ex area; sed longe ab umore est ponendus in horreis. sic enim diutissime custoditur, maxime si granaria eius adflaverit fumus adsiduus.

4. de hortis hoc mense circa solstitium brassicam seremus, quam inchoante transferamus Augusto vel inriguo loco vel pluvia initi-

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3. Aufbrechen von Äckern; Eggen von Weingärten, Umgraben von Saatbeeten; Sammeln von Wicke, Bockshornklee usw. (1) Jetzt müssen wir an sehr kalten Orten tun, was im Mai unterlassen wurde. Wir werden die Felder in den Bereichen, die voll Unkraut und kalt sind, erst einmal einheitlich aufbrechen [also zwischen den Furchen keine Gehwege stehen lassen; vgl.2.3]. Die Weingärten werden wir eggen, die Pflanzbeete umgraben, Wicke einsammeln und Bockshornklee als Futter abschneiden. In diesem Monat soll an kalten Orten die Ernte der Hülsenfrüchte durchgeführt werden. Wir werden bemerken, dass Linsen, gesammelt und mit Asche versetzt, sich in Öl- und Einsalzgefäßen gut halten, wenn diese nach der Befüllung sofort mit Gips verschlossen werden. (2) Jetzt wird man auch Bohnen bei abnehmendem Mond pflücken, selbstverständlich vor der Morgendämmerung. Bevor der Mond zuzunehmen beginnt, sollen sie gedroschen, gekühlt und gelagert werden; auf diese Weise werden sie nicht an schädlichen Käfern leiden. In diesem Monat wird Lupine gesammelt; sie kann, wenn gewünscht, unmittelbar nach dem Dreschen ausgesät werden. Aber in den Scheunen müssen sie weit von der Feuchtigkeit entfernt platziert werden, denn auf diese Weise halten sie am längsten, insbesondere, wenn man wiederholt Rauch auf die Kornspeicher bläst.

Gartenbau 4. Gärten In diesem Monat um die Sonnenwende werden wir Kohl säen, der Anfang August an einem Ort ausgepflanzt wird,

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ante madefacto. apium quoque bene serere poterimus, betas et radices et lactucas et coliandrum, si rigemus.

5. de pomis (1) hoc etiam mense ramus Punici, sicut supra diximus, poterit intra fictile vasculum claudi, ut ad eius magnitudinem poma restituat. nunc pira vel mela ubi ramos multa poma densabunt, interlegenda sunt quaecumque vitiosa, ut sucus, qui ingrate his possit inpendi, ad meliora vertatur. hoc etiam mense locis frigidis zizyfum serere poterimus. (2) nunc caprificandae sunt arbores fici, sicut in eius narravimus disciplina. aliqui eas et hoc mense inserunt. locis frigidis Persicus inoculatur, palmae planta circumfoditur. hoc mense vel Iulio celebratur insitio in pomis, quae inplastratio dicitur. solis arboribus convenit, quibus pinguis sucus in cortice est, ut ficis et oleis ac similibus, ut Martialis dicit, et Persico. (3) fit autem sic: ex novellis ramis et nitidis ac

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der entweder bewässert oder durch den Beginn der Regenzeit angefeuchtet ist. Wir werden auch in der Lage sein, erfolgreich Sellerie, Bete, Rettich, Lattich und Koriander zu säen, wenn wir sie bewässern.

Obstbau 5. Obstbäume (1) In ebenfalls diesem Monat kann – wie wir oben [4.10.5 und 6.6] sagten – ein Granatapfelzweig in einem Keramikgefäß eingeschlossen werden, um Früchte der entsprechenden Größe zu erzeugen. Jetzt sollen bei Birn- oder Apfelbäumen, auf denen viele Früchte die Zweige bedrängen, die fehlerhaften ausgedünnt werden, damit der Saft, der auf diese verschwendet würde, zu besseren Früchten umgeleitet wird. In ebenfalls diesem Monat werden wir in der Lage sein, an kalten Orten Brustbeere zu säen. (2) Jetzt sollen Feigenbäume »kaprifiziert« werden, wie wir bei der Kunde dazu oben [4.10.28] gesagt haben; einige Leute pfropfen sie ebenfalls in diesem Monat. An kalten Orten werden Pfirsichbäume angeplattetV, und um Dattelpalmen herum gräbt man um. In diesem Monat oder im Juli wird die Pfropfung von Obstbäumen durchgeführt, die man inplastratio [AnplattungV] nennt. Sie passt nur für diejenigen Bäume, die reichlich Saft in ihrer Rinde haben, etwa Feigen-, Öl- und ähnliche Bäume, außerdem – wie MartialisN sagt – für Pfirsichbäume. [Diese Einschränkung gilt offenbar nur für Feigenbäume als UnterlageV, da laut 4.10.32 Feigen- auf Maulbeer- oder Platanenbäume gepfropft werden.] (3) Sie wird wie folgt durchgeführt: Von den jungen, glänzenden und ertragrei-

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feracibus gemmam, quae bene adparebit sine dubio processura, duobus digitis quadratis circumsignabis, ut ipsa statuatur in medio, et ita subtiliter corticem levabis acutissimo scalpro, ne gemma laedatur. item ex ea arbore, cui velimus inserere, similiter cum gemma tolletur emplastrum, nitido tamen atque uberi loco. (4) tunc ibi convenienter astringitur et pressum circa gemmam vinculis cogitur sine germinis laesione cohaerere, ut ea, quae adposita redditur, locum gemmae prioris includat. tunc luto superlines et liberam gemmam relinques. ramos superiores eius arboris secabis ac stirpes ac viginti uno diebus exactis resoluto vimine vinculorum repperies externi seminis gemmam mire in arboris alienae membra transisse.

6. de armentis: in eo de castratura, de caseo, de tonsuris hoc etiam mense vituli recte, ut dictum est ante, castrantur. nunc etiam caseum iure conficimus et oves in frigida regione tondemus.

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chen Zweigen wählt man eine Knospe, die ein gutes Aussehen hat und sicher sprießen wird. Man markiert ein Quadrat von 2 FingerbreitM Seitenlänge um sie herum, so dass sie in der Mitte positioniert ist, und hebt dann vorsichtig die Rinde mit einem sehr scharfen Skalpell ab, um eine Beschädigung der Knospe zu vermeiden. Auf die gleiche Weise wird von dem Baum, auf dem wir das Transplantat anbringen wollen, an einem glänzenden, fruchtbaren Ort eine Platte mit einer Knospe entfernt. (4) Dann wird dort die neue Platte passend befestigt und durch den Druck von Bindungen um die Knospe herum dazu gezwungen, ohne Beschädigung der Sprosse anzuhaften, so dass das Gebiet, das von der vorigen Knospe besetzt war, durch die Befestigung der neu angebrachten PlatteV verschlossen wird. Dann soll man die Oberfläche mit Lehm verstreichen, wobei nur die Knospe frei bleibt. Man wird die höheren Äste und Zweige jenes Baumes wegschneiden, und wenn 21 Tage verstrichen sind, wird man die Bindungen lösen und finden, dass die Knospe des fremden Baums wie wundersam auf die Glieder des Baums übergegangen ist.

Tierhaltung 6. Großvieh: darin Kastrieren, Käse, Schur In ebenfalls diesem Monat soll man Kälber kastrieren, wie zuvor [6.7] gesagt worden ist. Ebenfalls jetzt stellen wir Käse her und scheren in kalten Regionen die Schafe.

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7. de apibus (1) hoc mense alvearia castrabuntur, quae matura esse ad mellis redactum signis pluribus instruemur. primum, si plena sunt, apum subtile murmur audimus. nam vacuae sedes favorum velut concava aedificia voces, quas acceperint, in maius extollunt. quare cum murmuris sonus magnus et raucus est, agnoscimus non esse idoneas ad metendum crates favorum. item cum fucos a sedibus suis, qui sunt apes maiores, grandi intentione deturbant, matura mella testantur. (2) castrabuntur autem alvearia matutinis horis, cum torpent apes nec caloribus asperantur. fumus admovetur ex galbano et arido fimo bubulo, quem in pultario factis carbonibus convenit excitare; quod vas ita figuratum sit, ut velut inversi infidubli angusto ore fumum possit emittere. atque ita cedentibus apibus mella recidentur. ad examinis pabulum hoc tempore pars favorum debet quinta dimitti. sane putres ac vitiosi favi de alvearibus auferantur. (3) nunc mella conficimus congestis in mundissimum sabanum favis ac diligenter expressis. sed antequam premamus, partes favorum corruptas vel pullos habentes recidemus, nam malo sapore mella corrumpunt. mel recens paucis die-

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Imkerei 7. Bienen (1) In diesem Monat werden die Bienenstöcke »kastriert« [ihnen wird also der Honig entnommen]. Es wird viele Anzeichen geben, die uns darüber informieren, dass die Bienenstöcke für die Honigernte bereit sind: Erstens hören wir, wenn sie voll sind, das Summen der Bienen gedämpft. Leere Bereiche in den Waben vermehren ja die Stimmen wie Hohlräume, die sie aufnehmen. Dementsprechend erkennen wir, wenn das Summen laut und hart klingt, dass die Roste aus Flechtwerk mit den Waben noch nicht für die Ernte geeignet sind. Wenn sie hingegen die Drohnen – dies sind die größeren Bienen – mit großer Entschlossenheit von ihren Plätzen vertreiben, bezeugen sie, dass der Honig reif ist. (2) Die Bienenstöcke werden in den Morgenstunden »kastriert«, wenn die Bienen träge und noch nicht von der Hitze erregt sind. Es wird Rauch aus Galbanharz oder trockenem Rindermist angeblasen, wobei der Rauch der Einfachheit halber mit Kohlen erzeugt wird, die in einem Gefäß platziert sind. Dieses Gefäß ist in einer solchen Weise geformt, dass es den Rauch aus einer engen Öffnung wie der eines umgekehrten Trichters herauslassen kann. Dann wird, wenn die Bienen den Stock verlassen, der Honig herausgeschnitten. Um Nahrung für den Schwarm zu gewährleisten, soll zu dieser Zeit 1/5 der Waben belassen werden. Selbstverständlich sollen schimmlige und fehlerhafte Waben aus den Bienenstöcken entfernt werden. (3) Jetzt bereiten wir Honig, indem wir die Waben in einem sehr sauberen Leintuch einsammeln und vorsichtig ausdrücken. Aber bevor wir sie drücken, werden wir die Teile der Waben wegschneiden, die verdorben sind oder Larven enthalten, da ihr schlechter Geschmack den Honig verdirbt.

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bus apertis vasculis habendum est atque in summitate purgandum, donec refrigerato musti calore deferveat. nobilius mel erit, quod ante expressionem secundam velut sponte profluxerit. (4) hoc etiam mense ceram conficimus, quae in vase aeneo ferventi aqua pleno minute concisis favorum reliquiis mollietur et deinde in aliis vasculis sine aqua resoluta digeretur in formas. nunc, sed mense ultimo, nova egrediuntur examina; custos esse debebit attonitus, quia novellae apes vagantibus animis iuventute, nisi serventur, effugiunt. exeuntia in aditu suo morantur uno aut duobus diebus, quae statim novis alveariis excipienda sunt. (5) observabit autem custos adsiduus usque in octavam vel nonam horam, quia post haec tempora non facile fugere aut emigrare consuerunt, quamvis aliquae statim et procedere et abire non dubitent. signa futurae fugae haec sunt: ante biduum vel triduum acrius tumultuantur et murmurant. quod ubi adposita frequenter aure explorator agnoverit, sollicitior adversum haec esse debebit. (6) solent haec signa, et cum pugnaturae sunt, facere: quarum pugnam conpescit pulvis aut mulsae aquae imber aspersus. inest illi ad originis suae reparandam concordiam dulcis auctoritas. sed cum se agmina sic pacata in ramo aut loco quocumque suspenderint, si unius uberis eductione

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Der frische Honig soll für ein paar Tage in offenen Behältern aufbewahrt und seine Oberfläche soll abgeschöpft werden, bis er zu fermentieren aufhört, sobald die Hitze des Mostes abgekühlt ist. Edler wird der Honig sein, der sozusagen von selbst fließt, also der vor der zweiten Pressung. (4) In ebenfalls diesem Monat machen wir Wachs. Nachdem die Überreste der Waben fein zerschnitten worden sind, wird das Wachs in einem Bronzegefäß voll kochendem Wasser aufgeweicht; dann wird es in anderen Gefäßen ohne Wasser geschmolzen und in Formen verteilt. Jetzt, doch am Ende des Monats, ziehen neue Schwärme aus. Der Wächter muss darauf achten, denn die neuen Bienen werden mit Fernweh in ihren jugendlichen Gemütern fortfliegen, wenn sie nicht zurückgehalten werden. Vor dem Abflug verweilen sie 1 oder 2 Tage lang über den Eingängen; man soll sie unverzüglich abfangen und ihnen neue Bienenstöcke geben. (5) Der Wächter wird bis zur 8. oder 9. StundeK ständig darüber wachen, denn in der Regel werden sie nach dieser Zeit nicht leicht fortfliegen oder auswandern, auch wenn manche selbst dann noch ohne Zögern herauskommen und sogleich fortfliegen. Die Anzeichen für eine bevorstehende Flucht sind folgende: 2 oder 3 Tage vorher werden ihre Aufregung und ihr Summen schärfer. Derjenige, der sie überprüft, soll das Ohr häufig an den Bienenstock legen; wenn er dieses Anzeichen erkennt, muss er bezüglich dieser Sache noch wachsamer sein. (6) Sie geben regelmäßig die folgenden Anzeichen, wenn sie sich auf einen Kampf vorbereiten: Ihre Kämpfe werden durch eine Prise Staub oder einen Tropfen mulsumL-Wasser beendet. Letzteres hat eine süße Macht, Harmonie zwischen den Lebewesen zu schaffen, die es hervorgebracht haben. Nachdem die Heere auf diese Weise befriedet worden sind und an einem Ast oder wo auch immer hängen, wird

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pendebunt, noris aut unum regem esse universis aut reconciliatis omnibus manere concordiam. si vero duo vel plura ubera suspendens se populus imitatur, et discordes sunt et tot leges esse, quot velut ubera videris, confitentur. (7) ubi globos apium frequentiores videris, uncta manu suco mellissofilli vel apiastri reges requiras. sunt autem paulo maiores et oblongae magis quam ceterae apes, rectioribus cruribus neque grandibus pinnis, pulchri coloris et nitidi, leves sine pilo, nisi forte pleniores quasi capillum gerunt in ventre, quo tamen non utuntur ad vulnus. sunt alii fusci atque hirsuti, quos oportet extingui et pulchriorem relinqui. qui si frequenter vagatur cum examinibus, ereptis alis reservetur; hoc enim manente nulla discedet. (8) sed si nulla nascantur examina, duorum vel trium multitudinem vasculorum in unum conferre possumus; dulci tamen liquore conspersas apes atque inclusas per triduum tenebimus adposito cibo mellis et exigua tantum spiracula relinquemus in cella. quod si velis alvearium, cui per aliquam pestem multitudo subducta est, populi adiectione reparare, considerabis in aliis abundantibus ceras favorum et extremitates, quae pullos habent, et, ubi signum nascituri regis inveneris, cum subole sua recides et in id alvearium

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man, wenn sie als Schwarm in einer einzigen brustartigen Form abhängen, wissen, dass entweder die gesamte Gruppe über einen einzigen KönigL verfügt oder dass sie alle in Einklang gebracht worden sind und ihre Harmonie Bestand hat. Wenn aber der Schwarm sich teilt und in zwei oder mehreren brustartigen Formen abhängt, sind sie in Zwietracht und zeigen, dass es so viele KönigeL gibt, wie man brustartige Formen sehen kann. (7) Wenn man mehrere Ballen von Bienen sieht, muss man die Hand mit dem Saft von Melisse und Immenblatt einreiben und nach den Königen suchen. Diese sind ein wenig größer und länglicher als die anderen Bienen, mit geraden Beinen und kleinen Flügeln, von schöner Farbe, glänzend und glatt, ohne Haare außer vielleicht einem starken haarähnlichen Auswuchs auf ihrem Bauch; sie nutzen dieses nicht zum Stechen. Es gibt andere, dunkel und behaart; diese sollen getötet und nur die schöneren belassen werden. Wenn der KönigL häufig mit dem Schwarm auffliegt, hält man ihn durch Abreißen seiner Flügel an Ort und Stelle. Solange er nämlich bleibt, wird keine Biene fortfliegen. (8) Wenn aber keine neuen Schwärme geboren werden, können wir die Bienen aus 2 oder 3 Behältern zusammenbringen. Dann werden wir die Bienen mit süßer Flüssigkeit besprenkeln und 3 Tage lang mit einem Vorrat an Honig als Nahrung ruhig halten, wobei wir nur kleine Luftlöcher in dem Bienenstock belassen. Wenn hingegen die Zahl der Bienen in einem Stock durch irgendeine Seuche verringert wurde und man diese durch Hinzufügen eines neuen Volks wiederherstellen möchte, wird man die Waben und die äußersten Ränder beobachten, in denen die anderen vollgepackten Bienenstöcke die Larven haben, und wenn man Anzeichen dafür erkennt, dass ein KönigL gebildet werden soll, wird man ihn mit dieser neuen Generation

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pones. (9) est autem hoc regis futuri signum. inter cetera foramina, quae pullos continent unum maius ac longius velut uber adparet. sed tunc transferendi sunt, quando erosis coperculis ad nascendum maturi capita nituntur exerere; nam si inmaturos transtuleris, interibunt. si autem se subitum levabit examen, strepitu aeris terreatur aut testulae. tunc ad alvearium rediet aut in proxima fronde pendebit; et inde in novum vas herbis consuetis et melle conspersum manu adtrahatur aut trulla et, cum in eo loco requieverit, vespere inter alia conlocetur.

8. de pavimentis et latere hoc etiam mense pavimenta faciemus sub divo et lateres more, quo dixi.

9. qualiter fructuum venturorum experimenta sumantur Graeci adserunt Aegyptios hoc more proventum futuri cuiusque seminis experiri: aream brevem loco subacto et umido nunc excolunt et in ea divisis spatiis omnia frumenti vel leguminum semina spargunt. deinde in ortu caniculae, qui

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wegschneiden und in seinen Bienenstock legen. (9) Das Anzeichen für einen künftigen KönigL ist folgendes: Unter den Öffnungen, welche die Larven enthalten, ist eine sichtlich größer und länger, wie ein Brust geformt. Sodann soll man sie umsetzen, sobald sie die Beläge aus ihren Zellen angenagt haben und reif genug sind, um herauszugehen und zu kämpfen. Wenn man sie nämlich umsetzt, solange sie noch unreif sind, werden sie umkommen. Wenn sich ein Schwarm plötzlich in die Luft erhebt, soll er durch den Lärm von Bronze oder Keramik in Furcht versetzt werden; er wird dann in den Bienenstock zurückkehren oder sich an einen belaubten Ast in der Nähe hängen; von dort aus soll er in einen neuen, mit vertrauten Kräutern und Honig bestreuten Behälter mit der Hand oder mit einer Kelle gebracht werden. Wenn sie sich an diesem Ort beruhigt haben, sollen sie am Abend zu den anderen Bienenstöcken gestellt werden.

Sonstiges 8. Estriche und LehmziegelB In ebenfalls diesem Monat werden wir Estriche und Lehmziegel im Freien in der Art machen, die ich oben [6,11–12] beschrieben habe. 9. Wie man Proben für künftige Ernten durchführt Die Griechen behaupten, dass die Ägypter die Ausbeute jeder künftigen Ernte wie folgt erproben: Sie bebauen eine kleine Fläche in einem Gebiet von feuchtem, gut bearbeitetem Boden und säen dann Samen von jeder Art von Getreide und Hülsenfrucht in je eigenen Abschnitten aus. Beim Aufgang des HundssternsK, der bei den Römern als

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apud Romanos quartodecimo Kalendarum Augustarum die tenetur, explorant, quae semina ortum sidus exurat, quae inlaesa custodiat. his abstinent, illa procurant, quia indicium noxae aut beneficii per annum futurum generi unicuique sidus aridum praesenti exitio vel salute praemisit.

10. de oleo camemelo per olei libras singulas camemeli herbae florentis auream medietatem, proiectis albis follis, quibus flos ambitur, unciarum singularum pondus infundis et quadraginta diebus in sole constitues. 11. de oenanthe silvestres uvas, cum florent, sine rore colligimus et expandimus in sole, ne quid restet umoris et flos ad excutiendum siccior adparetur. tunc cribello spisso cernemus, ut grana non transeant, sed flos solus decidat. hunc in melle servamus infusum et, cum diebus triginta fuerit conditum, temperamus eo genere et more, quo rosatum moris est temperare.

12. de alfita hordeum semimaturum, cui adhuc superest aliquid de virore, per manipulos ligabis et torrebis in forno, ut facile mola possit infringi, et in modio uno salis aliquantum, dum molitur, miscere curabis ac servas.

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der 19. Juli berechnet wird, überprüfen sie, welche Saaten durch den Aufstieg dieses Sterns versengt worden und welche unverletzt geblieben sind. Sie verzichten auf die ersteren und kümmern sich um die letzteren, weil der trockene Stern Anzeichen für Schaden oder Nutzen für die einzelnen Arten im folgenden Jahr durch seine gegenwärtige Versengung oder Pflege vorhergesagt hat. 10. Kamillenöl Man gießt in je 1 PfundM Öl 1 UnzeM blühendes Kamillenkraut – und zwar die goldene Mitte, wobei man die weißen Blütenblätter verwirft, von denen die Blume umgeben ist – und stellt dies 40 Tage lang in die Sonne. 11. Wilde Weinrebe Wir sammeln Büschel von wilder Weinrebe, wenn sie blüht, frei von Tau, und breiten sie in der Sonne aus, so dass keine Feuchtigkeit bleibt und die getrocknete Blüte für das Aussieben bereit ist. Dann werden wir sie mit einem feinen Sieb durchseihen, so dass die Samen nicht hindurchkommen können, sondern nur die Blume durchfällt. Diese halten wir in Honig eingegossen, und wenn sie 30 Tage lang gelagert wurden, mischen wir sie in der gleichen Weise [in alten Wein; vgl. 6.13], wie sie für die Zubereitung von Rosenwein verwendet wird. 12. Gerstengrütze Man wird halbreife Gerste, die immer noch ein wenig grün ist, zu Bündeln binden und im Ofen rösten, damit sie leicht zerstoßen werden kann; man achte darauf, in je 1 ScheffelM beim Zerstoßen etwas Salz unterzumischen, und bewahrt ihn auf.

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Liber VII

13. de horis Iunius ac Iulius horarum sibi aequa spatia contulerunt: hora I pedes XXII hora II pedes XII hora III pedes VIII hora IIII pedes V hora V pedes III hora VI pedes II hora VII pedes III hora VIII pedes V hora VIIII pedes VIII hora X pedes XII hora XI pedes XXII

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Zeitmessung 13. StundenK Juni und Juli entsprechen einander in der Länge der Stunden: 1. Stunde 22 Fuß 2. Stunde 12 Fuß 3. Stunde 8 Fuß 4. Stunde 5 Fuß 5. Stunde 3 Fuß 6. Stunde 2 Fuß 7. Stunde 3 Fuß 8. Stunde 5 Fuß 9. Stunde 8 Fuß 10. Stunde 12 Fuß 11. Stunde 22 Fuß

LIBER VIII tituli mensis Iulii I de iterandis agris, de messe triticea, de extirpandis vepribus et filectis, de arboribus operiendis, pulverandis novellis II de hortis: in eo de cepullis, radicibus, atriplice, ocimo, malva, beta, lactuca, porro; item napis et rapis cum disciplina sua III de pomis: in eo de inplastratione; de piro, melo, citreo, ficu, palma IIII de armentis et gregibus: in eo de admittendis tauris et arietibus V de extirpando gramine VI de vino scyllite VII de ydromelli VIII de aceto scylletico VIIII de senapi X de horis

BUCH 8 Kapitel des Monats Juli 1. Zweites Pflügen der Äcker, Weizenernte, Ausrotten von Dornsträuchern und Farnen, Abdecken von Bäumen, Bestauben von neuen Rebstöcken 2. Gärten: darin Zwiebel, Rettich, Melde, Basilikum, Malve, Bete, Lattich, Lauch; ebenso Steckrübe und Rübsen mit ihrer Kunde 3. Obstbäume: darin AnplattungV; Birne, Apfel, Zitrone, Feige, Dattelpalme 4. Großvieh und Herdentiere: darin die Zuführung von Stieren und Widdern 5. Ausrottung von Gras 6. Meerzwiebelwein 7. Honigwasser 8. Meerzwiebelessig 9. Senf 10. Stunden

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Liber VIII mensis Iulius

1. de iterandis agris, de messe triticea, de extirpandis vepribus et filectis, de arboribus operiendis, pulverandis novellis hoc mense agri, qui Aprili proscissi fuerant, circa Kalendas iterentur. nunc locis temperatis tritici messis expletur more, quo dictum est. silvestres agri utillime extirpabuntur arboribus atque virgultis, cum luna decrescit, desectis radicibus atque conbustis. hoc mense arbores, quae in messe steterant, sectis messibus obruantur adgestione terrarum propter nimios solis ardores. opera una viginti maximas obruet. nunc et novellae vites mane et vespere iam calore deposito effodi debent et averso gramine pulverari. hoc mense utiliter vel ante caniculares dies filices extirpabis et caricem.

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Monat Juli

Ackerbau 1. Zweites Pflügen der Äcker, Weizenernte, Ausrotten von Dornsträuchern und Farnen, Abdecken von Bäumen, Bestauben von neuen Rebstöcken In diesem Monat sollen um den 1. herum die Felder, die im April aufgebrochen worden sind, zum zweiten Mal gepflügt werden. Jetzt ist an gemäßigten Orten die Weizenernte abgeschlossen, wie oben [7.2] beschrieben. Es wird sehr zweckmäßig sein, waldreiche Felder von Dornsträuchern und Farnen zu befreien, und zwar bei abnehmendem Mond, wobei die Wurzeln abgeschnitten und verbrannt werden. In diesem Monat sollen Bäume, die in den Getreidefeldern stehen, nach der Ernte wegen der übermäßigen Hitze der Sonne durch Aufschütten von Erde um sie herum abgeschirmt werden. Eine Arbeitskraft wird an 1 Tag 20 sehr große Bäume abdecken. Jetzt sollen auch neue Rebstöcke am Morgen ausgegraben werden und am Abend, wenn die Wärme nachlässt, nach Entfernung des Grases bestaubt werden [um sie gegen Sonne und Nebel zu schützen]. In diesem Monat oder vor den HundstagenK wird man sinnvollerweise Farne und Segge ausrotten.

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Liber VIII

2. de hortis (1) hoc etiam mense cepullas serimus inriguis aut frigidis locis et radices et atriplicem, si rigare possumus, et ocimum, malvas, betas, lactucas et porras rigandos. hoc mense loco riguo napos seremus et rapa solo putri et soluto nec spisso. locis umidis laetantur et campis. sed napus in sicco et prope tenui atque devexo et sabuloso melior nascitur. (2) loci proprietas utrumque semen in alterum mutat. nam rapa in alio solo per biennium sata mutantur in napos; alia vero napus transit in rapa. subactum solum stercoratum versatumque conquirunt, quod et ipsis et segetibus proderit, quae ibi anno eodem seruntur. iugero raporum quattuor sextarii, napi autem quinque sufficiunt. (3) si spissa sunt, intervelles aliqua, ut cetera roborentur. ut vero semina maiora redigantur, eruta rapa foliis omnibus purgas et ad dimidii digiti crassitudinem in caule succides. tunc in sulcis diligenter subactis octonis digitis separata obrues et inicis terram et calcabis. ita magna nascentur.

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Gartenbau 2. Gärten (1) In ebenfalls diesem Monat säen wir Zwiebeln an gut bewässerten oder kalten Orten, ebenso Rettich und Melde, wenn wir sie bewässern können, und Basilikum, Malven, Bete, Lattich und Lauch, die alle bewässert werden müssen. In diesem Monat werden wir an einem gut bewässerten Ort Steckrüben und Rübsen in Boden säen, der krümelig und lose, nicht dicht ist. Rübsen lieben feuchte Orte und ebene Böden, Steckrüben hingegen wachsen besser in trockenem, fast dünnem, geneigtem und grobsandigem Boden. (2) Der Charakter des Ortes kann die Samen der einzelnen Arten zu anderen verändern: In einer Art von Boden werden [die Samen von] Rübsen, die dort 2 Jahre lang ausgesät worden sind, sich zu Steckrüben verändern, aber in einer anderen Bodenart geht Steckrübe zu Rübse über. Sie erfordern Böden, die bearbeitet, gedüngt und umgegraben worden sind; dies wird ihnen und der Saat helfen, die dort [nach der Ernte] in demselben Jahr ausgesät werden soll. 4 KrugM Saatgut von Rübsen genügen für 1 JochM, aber 5 KrugM von Steckrüben. (3) Wenn sie dicht stehen, muss man sie ausdünnen, so dass der Rest stark wachsen kann. Um die Setzlinge größer zu machen, gräbt man die Rübsen aus, reinigt sie von all ihren Blättern und schneidet sie bis zu einer Dicke von 1/2 FingerbreitM auf den Stamm zurück. Dann wird man sie 8 FingerbreitM voneinander entfernt in sorgfältig gezogene Furchen einsenken, Erde darüber werfen und sie festtreten. Auf diese Weise werden sie groß wachsen.

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3. de pomis (1) hoc etiam mense inplastratio celebrari potest, sicut ante demonstravi, et pirus vel malus locis umidis nunc insita me explorante processit. hoc etiam mense in pomis serotinis, quae ubertate nimia ramos oneraverunt, sicut praedixi, interlegenda sunt, si qua vitiosa reppereris, ut arboris sucum vertamus ad meliorum nutrimenta pomorum. (2) nunc citri taleam loco inriguo, frigidis regionibus plantasse me memini et cotidianis animasse liquoribus, quae et nascendo et adferendo votum felicitatis aequavit. hoc tempore locis umidis inoculari ficus et inseri citreum potest, mense iam medio palmae planta circumfodi. nunc locis temperatis amygdala matura sunt ad legendum.

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4. de armentis (1) hoc tempore maxime tauris summittendae sunt vaccae, quia decem mensum partus sic poterit maturo vere concludi; et certum est eas post vernam pinguedinem gestientes

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Obstbau 3. Obstbäume (1) In ebenfalls diesem Monat kann das AnplattenV durchgeführt werden, wie ich oben [7.5] beschrieben habe. Transplantate von Birn- oder Apfelbaum, die zu dieser Zeit an feuchten Orten gemacht worden sind, haben nach meiner Erfahrung Erfolg. In ebenfalls diesem Monat soll man auch von spät Frucht tragenden Obstbäumen, die ihre Äste mit übermäßiger Fruchtmenge beladen haben, – wie ich schon [3.25.16 und 7.5.1] sagte – jede defekte Frucht abpflücken, die man findet, damit wir den Baumsaft dazu bringen, die besseren Früchte zu ernähren. (2) Jetzt habe ich, wie ich mich erinnere, einen Zitronenbaum-Abschnitt an einem gut bewässerten Ort in kalten Regionen gepflanzt und mit täglicher Bewässerung stimuliert; sowohl im Wachstum als auch im Ertrag wurde er meinen Hoffnungen für seinen Erfolg gerecht. Zu dieser Zeit kann man an feuchten Orten Feigenbäume anplattenV und Zitronenbäume pfropfen, um die Mitte des Monats dann um die Dattelpalme herum graben. Jetzt sind an gemäßigten Orten Mandeln reif für das Sammeln.

Tierhaltung 4. Großvieh (1) Zu dieser Zeit insbesondere soll man Kühe von den Bullen decken lassen, da auf diese Weise ihre 10 Monate währende Trächtigkeit im späten Frühjahr abgeschlossen sein wird; weil sie nach der Frühlingsmast voll von Energie

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veneris amare lasciviam. uni tauro quindecim vaccas Columella adserit posse sufficere curandumque, ne concipere nequeant nimietate pinguedinis. si abundantia pabuli est in regione, qua pascimus, potest annis omnibus in feturam vacca summitti; si vero indigetur hoc genere, alternis temporibus onerandae sunt maximeque, si eaedem vaccae alicui operi servire consuerunt. (2) hoc mense arietes candidissimi eligendi et admittendi sunt mollibus lanis, in quibus non solum corporis candor considerandus est sed etiam lingua; quae si maculis fuscabitur, varietatem reddet in subole. de albo plerumque nascitur coloris alterius; de fuscis numquam, sicut Columella dicit, potest albus creari. eligemus arietem altum, procerum, ventre promisso et lanis candidis tecto, cauda longissima, velleris densi, fronte lata, magnis testibus, aetatis trimae, qui tamen usque in octo annos potest utiliter inire. (3) femina debet bima summitti, quae usque in quinquennium feturae necessaria est, anno septimo deficit. eligenda est vasti corporis et prolixi velleris ac mollissimi, lanosi et magni uteri. sed providendum est in hoc genere, ut pabuli ubertate saturetur et longe pascatur a sentibus, qui et lanam minuunt et corpus incidunt. (4) admittendi sunt mense Iulio, ut nati ante hiemem convalescant. Aristoteles adserit,

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sind, werden sie auf jeden Fall die Lust der Paarung genießen. Nach ColumellaN [6.24.3] genügt 1 Stier für 15 Kühe, und man muss sich davor hüten, dass sie wegen übermäßiger Fettheit nicht in der Lage sind, trächtig zu werden. Wenn es mehr als genug Futter in dem Bereich gibt, wo sie weiden, kann eine Kuh in jedem Jahr trächtig werden, wenn es aber in dieser Hinsicht Mangel gibt, soll sie nur jedes 2. Jahr gedeckt werden, insbesondere wenn dieselben Kühe regelmäßig für irgendeine Art von Arbeit herangezogen werden. (2) In diesem Monat sollen die weißesten weichfelligen Widder ausgewählt und zu den Schafen gebracht werden. Man soll nicht nur am Körper nach Weiße suchen, sondern auch auf der Zunge: Wenn sie fleckig ist, wird das Ergebnis eine in der Farbe unterschiedliche Nachkommenschaft sein. Von einem weißen Widder werden oft Lämmer mit einer anderen Farbe hervorgehen, aber nach ColumellaN [7.2.6] kann von einem dunklen Widder nie ein weißes Lamm gezeugt werden. Wir werden einen Widder wählen, der groß und lang ist, mit einem niedrigen, von weißer Wolle bedeckten Bauch, einem sehr langen Schwanz, dichtem Vlies, breiter Stirn, großen Hoden, und der 3 Jahre alt ist – auch wenn man ihn nützlicher Weise bis ins Alter von 8 Jahren zur Vermehrung einsetzen kann. (3) Ein weibliches Tier soll im Alter von 2 Jahren gedeckt werden und ist bis zu einem Alter von 5 Jahren gut geeignet, trächtig zu sein; im 7. Jahr hört es auf. Man wählt ein großbauchiges Mutterschaf mit einem üppigen, sehr weichen Vlies und einem großen wolligen Bauch. Man muss sicherstellen, dass die Schafe gut mit reichem Futter versorgt sind und fern von Dornensträuchern weiden, die sowohl die Wolle reduzieren als auch den Körper aufschneiden können. (4) Zugeführt werden sollen die Widder im Juli, so dass die Lämmer noch vor

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si masculos plures creari velis, admissurae tempore siccos dies et halitum septentrionis eligendum et contra eum ventum greges esse pascendos; si feminas generari velis, Austri captandos flatus et in eum pascua dirigenda ac sic ineundas matres. mortuarum vel vitiosarum numerus novella subole reparetur. (5) autumno debiles quaeque pretio mutentur, ne eas inbecillas hibernum frigus absumat. aliqui duobus ante mensibus arietes a coitu revocant, ut facem libidinis augeat dilatio voluptatis. quidam coire sine discretione permittunt, ut hoc eis genere per annum totum fetura non desit. .

5. de extirpando gramine hoc mense, cum sol Cancri tenebit hospitium, luna sexta in Capricorni signo posita, gramen ablatum Graeci adserunt nihil de radicibus redditurum. item si bidentes cyprei fiant et sanguine tingantur hircino et post fornacis ardores non aqua sed eodem sanguine temperentur, per eos erutum gramen extingui.

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dem Winter stark werden können. AristotelesN sagt [laut Columella 7.3], man solle, wenn man mehr männliche Tiere haben wolle, für die Paarung trockene Tage, Nordwind und Viehweiden wählen, die diesem Wind gegenüberliegen; wenn weibliche Tiere entstehen sollen, suche man nach dem Auster-WindW und leite die weidende Herde in Richtung zu ihm und vermehre die Schafe auf diese Weise. Verluste durch Tod oder Krankheit muss man mit neuen Jungen ausgleichen. (5) Im Herbst sollen alle schwachen Mutterschafe verkauft werden; sonst könnten sie im kalten Winter in ihrem gebrechlichen Zustand zugrunde gehen. Manche Leute hindern die Widder 2 Monate im Voraus an der Paarung, damit die Verschiebung des Vergnügens die Flamme ihrer Lust steigert; einige erlauben ihnen eine wahllose Paarung, um auf diese Weise das ganze Jahr über einen Vorrat an Lämmern zu haben.

Sonstiges 5. Ausrottung von Gras In diesem Monat, wenn die Sonne das Haus des KrebsesK innehaben wird [in der Antike im Juni/Juli], wenn der 6. [Voll-]Mond [des Jahres] im Zeichen des [dem Krebs gegenüberliegenden] SteinbocksK steht, wird Gras, das entfernt wird, aus seinen Wurzeln überhaupt nicht mehr nachwachsen, wie die Griechen angeben. Ebenso sagen sie, dass Zweizahn-Harken, die aus Kupfer hergestellt und in Ziegenbockblut getaucht und nach dem Erhitzen im Ofen nicht mit Wasser, sondern mit demselben Blut abgelöscht worden sind, jedes Gras abtöten, das mit ihnen beseitigt wird.

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6. de vino scyllite (1) hoc mense vinum scyllite sic facimus: scyllam de montanis aut maritimis locis sub ortu canicularium lectam procul a sole siccamus. ex hac in vini amfora unius librae mensuram mittimus, incisis tamen ante superfluis et abiectis foliis, quibus pars extrema vallatur. (2) quidam velamina ipsa filo inserta suspendunt, ut vino infusa mergantur et non admixta faecibus post quadraginta dierum spatium serta, quae adpensa sunt, auferantur. hoc vini genus tussi resistet, ventrem purgabit, flegma dissolvet, splenicis proderit, acumen praestabit oculorum, concitabit digestionis auxilia.

7. de ydromelli inchoantibus canicularibus diebus aquam puram pridie sumis ex fonte. in tribus aquae sextariis unum sextarium non despumati mellis admiscebis ac diligenter per caroenarias divisum quinque horarum spatio continuo per investes pueros curabis agitare vasa ipsa concutiens. tunc quadraginta diebus ac noctibus patieris esse sub caelo.

8. de aceto scylletico (1) squillae albae crudae proiectis duris atque extrinsecus positis omnibus teneram medietatem ad libram et sex uncias per minutas partes recides et in aceti acerrimi duodecim sextariis merges. vas signatum quadraginta diebus patieris esse sub sole. post abiecta squilla acetum diligentius exco-

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6. MeerzwiebelweinL (1) In diesem Monat stellen wir Meerzwiebelwein wie folgt her: Wir trocknen Meerzwiebeln aus den Bergen oder vom Meer kurz vor dem Aufgang des HundssternsK fern von der Sonne. Davon legen wir 1 PfundM in 1 AmphoreM Wein, nachdem wir die überflüssigen Teile abgeschnitten und die Blätter verworfen haben, die das Ende umgeben. (2) Manche Leute durchbohren diese Hüllen und hängen sie an einer Schnur auf, so dass sie eingegossen und in den Wein gesenkt werden, ohne sich mit dem Weinbodensatz zu vermischen; nach einer Pause von 40 Tagen können diese Girlanden dann entfernt werden. Diese Art von Wein wird Husten bekämpfen, den Magen reinigen, Schleim brechen, Milzbeschwerden lindern, das Sehvermögen schärfen und die Verdauungssäfte anregen. 7. Honigwasser Zu Beginn der HundstageK nimmt man am Tag zuvor reines Wasser aus einer Quelle. In 3 KrugM Wasser mischt man 1 KrugM Honig, der nicht abgeschäumt wurde, und nachdem man dies sorgfältig auf caroenumL-Gefäße aufgeteilt hat, muss man es 5 Stunden lang von präpubertären Knaben hin- und herbewegen lassen, von denen die Gefäße selbst geschüttelt werden. Dann wird man es 40 Tage und Nächte lang im Freien stehen lassen. 8. MeerzwiebelessigL (1) Man wird den zarten mittleren Teil ungekochter weißer Meerzwiebel nehmen, alle harten äußeren Teile verwerfen, und zwar in einem Gewicht von 1 1/2 PfundM, es fein zerschneiden und in 12 KrugM sehr scharfen Essig legen. Das verschlossene Gefäß wird man 40 Tage lang in der Sonne stehen lassen. Nachdem man dann die Meerzwiebel verworfen hat, wird man

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labis et in bene picata vasa transfundes. (2) aliud acetum digestioni et saluti accommodum: squillae dragmas octo, aceti sextarios triginta mittes in vasculo et piperis unciam unam, mentae et casiae aliquantum et post tempus uteris.

9. de senapi senapis semen ad modum sextarii unius et simiciculi redigere curabis in pulverem, cui mellis pondo quinque, olei Spani unam libram, aceti acris unum sextarium misces et tritis omnibus diligenter uteris.

10. de horis Iulii et Iunii horas par mensurarum libra conposuit: hora I pedes XXII hora II pedes XII hora III pedes VIII hora IIII pedes V hora V pedes III hora VI pedes II hora VII pedes III hora VIII pedes V hora VIIII pedes VIII hora X pedes XII hora XI pedes XXII

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den Essig vorsichtig abgießen und in gut verpichte Gefäße umfüllen. (2) Ein anderer Essig ist vorteilhaft für die Verdauung und die Gesundheit: Man legt 8 DrachmenM Meerzwiebel und 30 KrugM Essig [eine allzu große Menge – vielleicht ein Missverständnis] in ein Gefäß mit 1 UnzeM Pfeffer und etwas Minze und Zimt und verwendet es nach einer Weile. 9. Senf Senfkörner wird man sorgfältig zu Pulver reduzieren, dann vermischt man 1 KrugM und 1 simiciculus [= 1/8 UnzeM; eine allzu präzise Angabe – vielleicht ein Missverständnis; vgl. 12.22.3] mit 5 PfundM Honig, 1 PfundM hispanischemO Öl und 1 KrugM scharfem Essig und verwendet es nach sorgfältigem Umrühren.

Zeitmessung 10. StundenK Die Stunden von Juli und Juni passen mit gleichartigen Messungen zueinander: 1. Stunde 22 Fuß 2. Stunde 12 Fuß 3. Stunde 8 Fuß 4. Stunde 5 Fuß 5. Stunde 3 Fuß 6. Stunde 2 Fuß 7. Stunde 3 Fuß 8. Stunde 5 Fuß 9. Stunde 8 Fuß 10. Stunde 12 Fuß 11. Stunde 22 Fuß

LIBER VIIII tituli mensis Augusti I de agris exilibus arandis, de adparanda vindemia, de occatione vinearum locis frigidis II de exili et misera vinea reficienda III de pampinandis et obumbrandis vitibus et extirpandis carectis atque filectis IIII de urendis pascuis V de hortis: in eo de rapa et napo, de radice cum disciplina sua, de pastinaca VI de pomis VII de apibus VIII de aqua invenienda VIIII de puteis X de aqua probanda XI de aquae ductibus XII de mensuris et ponderibus fistularum XIII de onfacomelli XIIII de horis

BUCH 9 Kapitel des Monats August 1. Pflügen von mageren Äckern, Vorbereitung der Weinlese, Eggen von Weingärten an kalten Orten 2. Wiederbelebung magerer und ärmlicher Weingärten 3. Ablauben und Beschatten von Rebstöcken, Ausrottung von Seggen und Farnen 4. Abbrennen von Viehweiden 5. Gärten: darin Rübse und Steckrübe, Rettich mit seiner Kunde, Möhre 6. Obstbäume 7. Bienen 8. Auffinden von Wasser 9. Brunnen 10. Prüfen von Wasser 11. Wasserleitungen 12. Maße und Gewichte von Röhren 13. Sirup aus omphaciumL 14. Stunden

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Liber VIIII mensis Augustus

1. de agris exilibus arandis, de adparanda vindemia, de occatione vinearum locis frigidis hoc mense ultimo circa Kalendas Septembres ager planus, umidus, exilis incipiat exarari. nunc maritimis locis vindemiae adparatus urgetur. hoc etiam mense locis frigidissimis occatio vinearum est.

2. de exili et miseria vinea reficienda hoc tempore, si terra exilis in vinea est et vinea ipsa miserior, tres vel quattuor lupini modios in iugero sparges atque ita occabis. quod ubi fruticarit, evertitur et optimum stercus praebet in vineis, quia laetamen propter vini vitium non convenit inferre vinetis.

3. de pampinandis et obumbrandis vitibus et extirpandis carectis atque filectis nunc locis frigidis pampinatur, locis vero ardentibus ac siccis obumbratur potius uva, ne vi solis arescat, si aut vineae

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Monat August

Ackerbau 1. Pflügen von mageren Äckern, Vorbereitung der Weinlese, Eggen von Weingärten an kalten Orten In diesem Monat soll am Ende, um den 1. September, das Pflügen von Land begonnen werden, das eben, feucht und mager ist. Jetzt müssen an maritimen Orten die Vorbereitungen für die Weinernte vorangetrieben werden. In ebenfalls diesem Monat muss man an sehr kalten Orten die Weingärten eggen. 2. Wiederbelebung magerer und ärmlicher Weingärten Zu dieser Zeit muss man, wenn der Boden in einem Weingarten dünn ist und die Weingärten selbst recht ärmlich sind, 3 oder 4 ScheffelM Lupinen auf 1 JochM säen und dann eggen. Wenn sie buschig werden, gräbt man sie um; sie bieten den besten Dünger für die Weingärten, da das Einbringen von Mist in Weingärten ungeeignet ist, weil es den Wein verdirbt. 3. Ablauben und Beschatten von Rebstöcken, Ausrottung von Seggen und Farnen Jetzt werden an kalten Orten die Rebstöcke abgelaubt [damit die Sonne die Trauben erreichen kann], während an heißen und trockenen Orten die Trauben [u. a. mit Stroh; vgl. Columella 11.2.61] beschattet werden, damit sie nicht von der Kraft der Sonne ausgetrocknet werden, jedenfalls sofern das geringe Wachstum der Rebstöcke oder die Ver-

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brevitas aut facultas permittit operarum. hoc etiam mense extirpare possumus carecta atque filecta.

4. de urendis pascuis nunc urenda sunt pascua, ut et altorum fruticum festinatio reprimatur ad stirpes et incensis aridis nova laetius herba succedat.

5. de hortis (1) hoc etiam mense ultimo siccis locis rapa et napus serenda sunt hac ratione, qua dictum est. hoc mense ultimo locis siccioribus radices seruntur, quae hieme sui usum ministrent. amant terram pinguem, solutam, diu subactam, qualem rapa. tofum et glaream reformidant. gaudent caeli statu nebuloso. serendae sunt spatiis grandibus et alte fossis. (2) meliores proveniunt in harenis. serantur post novam pluviam, nisi forte possint rigari. quod satum est, statim debet operiri levi sarculo. iugerum duo sextarii vel, ut quidam, quattuor, cum seruntur, inplebunt. laetamen non est ingerendum, sed potius paleae, quia inde fungosae sunt. suaviores fiunt, si eas aqua salsa frequenter aspergas. radices feminini generis putantur, quae minus acres sunt et habent folia latiora, levia et cum iocunditate vi-

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fügbarkeit von Arbeitskräften dies ermöglichen. In ebenfalls diesem Monat können wir Seggen und Farne ausrotten. 4. Abbrennen von Viehweiden Jetzt sollen die Viehweiden abgebrannt werden, so dass große schnell wachsende Pflanzen bis zum Anfang ihres Stängels gekürzt werden und anstelle des verbrannten trockenen nun frisches Gras besser wachsen kann.

Gartenbau 5. Gärten (1) In ebenfalls diesem Monat ist gegen Ende die Zeit für die Aussaat von Rübsen und Steckrüben in trockenen Gegenden, und zwar nach der oben [8.2] beschriebenen Methode. In diesem Monat am Ende werden an trockeneren Orten Rettiche gesät, so dass sie im Winter zur Verfügung stehen. Sie lieben – wie die Rübsen – reichen, lockeren Boden, der lange umgegraben worden ist, und fürchten Tuffstein und Kies; sie genießen bewölkten Himmel. Man soll sie in große, tief umgegrabene Beete säen. (2) Sie wachsen besser in Sand. Sie sollen nach frischem Regen gesät werden, sofern sie gerade nicht bewässert werden können. Das Saatgut soll umgehend mit einer leichten Hacke abgedeckt werden. Bei der Aussaat werden 2 KrugM – oder 4, wie manche sagen – jeweils 1 JochM abdecken. Man streut nicht Mist um sie herum, sondern Spreu, da ersterer sie porös macht. Sie werden süßer, wenn man sie häufig mit Salzwasser besprenkelt. Für weibliche Rettiche hält man diejenigen, die weniger scharf schmecken und breitere Blätter haben, glatt sind und einen

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rentia. (3) ex his ergo semina colligemus. maiores fieri creduntur, si sublatis omnibus foliis et solo tenui caule dimisso saepe terris operiantur. si ex nimis acra dulcem fieri velis, semina die et nocte melle macerabis aut passo. rafanum tamen sicut brassicam constat esse vitibus inimicam. nam si circa se serantur, natura discordante refugiunt. hoc etiam mense pastinacas seremus.

6. de pomis etiam nunc inplastrantur arbusta. pirum nunc plerique inserunt et locis inriguis arborem citri.

7. de apibus hoc mense crabrones molesti sunt alveariis apium, quos persequi ac necare debemus. nunc etiam, quae Iulio non occurrimus, exequamur.

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attraktiven Grünton aufweisen. (3) Von diesen also werden wir Samen sammeln. Man nimmt an, dass sie größer werden, wenn man alle Blätter entfernt und nur den dünnen Strunk belässt und sie dann häufig mit Erde abdeckt. Wenn sie zu scharf sind und man sie süß machen will, wird man die Samen 1 Tag und 1 Nacht in Honig oder passumL einweichen. Es ist bekannt, dass Rettich wie auch Kohl Rebstöcken gegenüber feindlich ist. Wenn sie nebeneinander gepflanzt werden, gehen sie wegen ihrer übereinstimmenden Natur zurück. In ebenfalls diesem Monat werden wir Möhren säen.

Obstbau 6. Obstbäume Ebenfalls jetzt können noch Obstbäume angeplattetV werden. Jetzt propfen die meisten Leute Birn- und an gut bewässerten Orten Zitronenbaum.

Imkerei 7. Bienen In diesem Monat machen Hornissen den Bienenstöcken viel Mühe, und wir müssen sie aufspüren und töten. Ebenfalls jetzt sollen wir auch die Aufgaben erledigen, die wir im Juli nicht angegangen sind.

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8. de aqua invenienda (1) nunc si deerit aqua, eam quaerere ac vestigare debebis, quam taliter poteris invenire: ante ortum solis his locis, quibus aqua quaerenda est, aequaliter pronus mento ad solum depresso iacens in terra spectabis orientem et, in quo loco crispum subtili nebula aerem surgere videris et velut rorem spargere, signo aliquo vicinae stirpis aut arboris praenotabis. nam constat siccis locis, ubi hoc fiet, aquam latere. sed terrarum genus considerabis, ut possis vel de tenuitate vel de abundantia iudicare. (2) creta tenues nec optimi saporis venas creabit, sabulo solutus exiles, insuaves, limosas et spatio altiore summersas; nigra terra umores et stillicidia non magna ex hibernis imbribus et liquore collecta sed saporis egregii, glarea mediocres et incertas venas sed suavitate praecipuas, sabulo masculus et harena et carbunculus certas et ubertate copiosas. in saxo rubro bonae et abundantes sunt. (3) sed providendum est, ne inventae inter rimas refugiant et per intervenia dilabantur. sub radicibus montium et in saxis silicibus uberes, frigidae, salubres; locis campestribus salsae, graves, tepidae, insuaves. quarum sapor si optimus

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Sonstiges 8. Auffinden von Wasser (1) Jetzt wird man, wenn es einen Mangel an Wasser gibt, nach Wasser suchen und es aufspüren müssen. Auf folgende Weise wird man in der Lage sein, es zu finden: Vor Sonnenaufgang wird man sich in jenen Bereichen, in denen man nach Wasser suchen muss, flach auf den Boden legen, mit dem Gesicht nach unten und mit dem Kinn auf den Boden gedrückt, und nach Osten schauen. Wo man die aufsteigende Luft mit einem feinen Nebel und sozusagen Tauriesel wabern sieht, wird man sich die Stelle markieren, indem man einen nahegelegenen Busch oder Baum als Wahrzeichen nimmt. Es steht nämlich fest, dass es an trockenen Orten dort, wo dies geschieht, unten Wasser gibt. Um aber seine Kargheit oder Fülle zu beurteilen, wird man die Art des Bodens einschätzen. (2) Ton wird nur spärliche Wasseradern hervorbringen, nicht vom besten Geschmack; loser Grobsand wird Adern hervorbringen, die mager, sauer und schlammig sind und tiefer im Boden liegen; schwarze Erde wird Feuchtigkeit und viele Tropfen produzieren, vom Winterregen und Grundwasser gesammelt, geringe Mengen, aber mit hervorragendem Aroma; Kies wird bescheidene und unzuverlässige Adern, aber von außergewöhnlicher Süße erzeugen; kräftiger Grobsand, Sand und carbunculusB werden zuverlässige Adern mit einem reichhaltigen Strom erzeugen. In rotem Gestein sind sie gut und reichlich. (3) Man muss sich aber davor hüten, dass die gefundenen Adern in ihrem Lauf durch Risse verschwinden oder durch Zwischenräume abfließen. Am Fuß von Bergen und in Kieselsteinen sind sie reichlich, kalt und gesund, an Orten in der Ebene hingegen salzig, widerlich, warm und unangenehm. Wenn der Geschmack sehr gut ist, wird man wis-

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fuerit, noveris eas sub terris exordium de monte sumpsisse; sed in mediis campis montanorum fontium suavitatem sequentur, si umbrantibus tegantur arbustis. (4) sunt et haec signa vestigandae aquae, quibus tunc credimus, si neque lacuna est neque aliquis ibi ex consuetudine umor insidet aut praeterit: iuncus tenuis, salix silvatica, alnus, vitex, arundo, edera ceteraque, si qua umore gignuntur. (5) locus ergo, ubi praedicta signa reppereris, fodiatur latitudine pedibus tribus, altitudine pedibus quinque et proxime solis occasum mundum vas ibi aereum vel plumbeum interius unctum inversum ponatur in solo ipsius fossionis. tunc supra fossae labra crates facta de virgis ac frondibus additaque terra spatium omne coperiat. (6) sequenti die aperto loco, si in eodem vase sudores intrinsecus invenientur aut stillae, aquas ibi esse non dubites. item si vas figuli siccum neque coctum eadem ratione ponatur ac similiter operiatur; altero die, si aquarum vena est in praesenti, vas concepto umore solvetur. item vellus lanae aeque positum vel copertum, si tantum colligit umoris, ut alia die fundat expressum, copias inesse testabitur. (7) item lucerna oleo plena et incensa, si ibi similiter tecta ponatur et secuto die inveniatur extincta superantibus alimentis, aquas idem locus habebit.

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sen, dass sie aus einer unterirdischen Bergquelle kommen. Selbst mitten in der Ebene können sie der Süße einer Bergquelle nahekommen, wenn sie von Schatten spendendem Bauwerk geschützt werden. (4) Die folgenden sind auch Anzeichen für Wasservorkommen; wir können ihnen auch dann vertrauen, wenn es keine Becken und kein regelmäßig stehendes oder fließendes Wasser gibt: dünne Binse, wilde Weide, Erle, Mönchspfeffer, Pfahlrohr, Efeu und andere Pflanzen, die Feuchtigkeit brauchen, um zu wachsen. (5) Dort, wo man die oben genannten Zeichen findet, gräbt man eine 3 FußM breite und 5 FußM tiefe Grube und lässt bei Sonnenuntergang ein sauberes Gefäß aus Bronze oder Blei hinab, das innen mit Öl eingefettet ist; man platziert es kopfüber auf den Boden der Grube. Dann legt man auf die oberen Ränder der Grube einen Rost aus Stöcken und Blättern, fügt Erde hinzu und deckt so den ganzen Bereich ab. (6) Am nächsten Tag öffnet man das Gefäß, und wenn in dem Gefäßinneren Feuchtigkeit oder Tropfen gefunden werden, kann man sicher sein, dass Wasser vorhanden ist. Ebenso, wenn ein trockenes, aber nicht gebranntes Keramikgefäß eingesetzt in der gleichen Weise abgedeckt wird; wenn eine Wasserader vorhanden ist, wird das Gefäß am nächsten Tag durch die Aufnahme von Feuchtigkeit zerfallen sein. Ebenso, wenn ein Schaffell eingesetzt und abgedeckt wird und so viel Feuchtigkeit sammelt, dass es am nächsten Tag ausgewrungen werden kann, wird dies die Anwesenheit von einer reichlichen Quelle bezeugen. (7) Ebenso, wenn eine mit Öl gefüllte leuchtende Lampe in ähnlicher Weise unter eine Abdeckung gestellt und am folgenden Tag ausgelöscht vorgefunden wird, obwohl noch Brennstoff vorhanden war, wird der Ort Wasser haben.

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item si in eo loco focum feceris et terra vaporata umidum fumum nebulosumque ructaverit, aquas inesse cognoscis. his itaque repertis certa signorum firmante notitia puteum fodies et aquae caput requires vel, si plura sunt, in unum colliges. tamen maxime sub radicibus montium in septentrionali parte quaerendae sunt aquae, quia in his locis magis abundant utilioresque nascuntur.

9. de puteis (1) sed in fodiendis puteis cavendum est fossorum periculum, quoniam plerumque terra sulfur, alumen, bitumen educit, quorum spiritus mixti anhelitum pestis exhalant et occupatis statim naribus extorquent animas, nisi quis fugae sibi velocitate succurrat. prius ergo quam descendatur ad intima, in eis locis lucernam pones accensam. quae si extincta non fuerit, periculum non timebis; si vero extinguetur, cavendus est locus, quem spiritus mortifer occupavit. (2) quod si alio loco aqua non potest inveniri, dextera laevaque puteos fodiemus usque ad aquae ipsius libramentum et ab his foramina hinc inde patefacta velut nares intro agemus, qua nocens spiritus evaporet; quo facto latera puteorum structura suscipiat. fodiendus est autem puteus latitudine octo pedum quoquoversum, ut binos pedes structura concludat; quae structura vectibus ligneis subinde denseatur et

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Ebenso, wenn man ein Feuer entfacht und die erwärmte Erde feuchten, nebligen Rauch ausstößt, wird man wissen, dass es Wasser gibt. Wenn also diese Bedingungen vorgefunden und durch die sicheren Kenntnisse der Anzeichen bestätigt wurden, wird man einen Brunnen graben und nach der Wasserquelle suchen, oder, wenn es mehrere sind, sie in einem einzigen Brunnen sammeln. Wohlgemerkt soll man Wasserquellen besonders am Fuße der Nordseite der Berge suchen, da sie dort häufiger vorkommen und mehr nützen. 9. Brunnen (1) Beim Graben von Brunnen muss man freilich Vorkehrungen gegen die Gefahr für die Grabenden treffen, da die Erde oft Schwefel, Alaun und Bitumen hervorbringt. Wenn ihre Gase sich verbinden, verströmen sie eine verpestete Ausdünstung, und sobald sie die Nasenlöcher füllen, ersticken sie sofort den Atem des Lebens, es sei denn, die Person rettet sich durch schnelle Flucht. Daher legt man vor dem Abstieg in die Tiefe eine brennende Lampe dorthin. Wenn sie nicht ausgelöscht wird, braucht man Gefahren nicht zu befürchten; wenn sie aber erlischt, muss man den Ort meiden, der mit einem tödlichen Gas gefüllt ist. (2) Wenn Wasser nicht an anderer Stelle gefunden werden kann, werden wir rechts und links vom Brunnen Schächte bis zum Wasserniveau graben, und von diesen werden wir innen von jeder Seite Durchstiche wie die Nasenlöcher machen, so dass die schädlichen Gase entweichen können. Sobald dies geschehen ist, sollen die Seiten der Vertiefungen durch Mauerwerk abgestützt werden. Der Brunnen soll mit einem Durchmesser von 8 FußM gegraben werden, so dass auf allen Seiten Wände von 2 FußM [Dicke] gebaut werden können. Dieses Mauerwerk soll regelmäßig mit Holzbal-

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structa sit lapide toficio vel silice. (3) si aqua limosa fuerit, salis admixtione corrigetur. sed dum fodiatur puteus, si terra non stabit vitio generis dissoluti aut umore laxabitur, tabulas obicies directas undique et eas transversis vectibus sustinebis, ne fodientes ruina concludat.

10. de aqua probanda aquam vero novam sic probabis: in vase aeneo nitido spargis, et si maculam non fecerit, probabilis iudicetur. item decocta aeneo vasculo, si harenam vel limum non relinquet in fundo, utilis erit. item si legumina cito valebit excoquere vel si colore perlucido carens musco et omni labe pollutionis aliena. sed qui in alto sunt putei, perforatis usque ad infimam partem terris ad loca inferiora possunt vice fontis exire, si vallis subiectae natura permittat.

11. de aquae ductibus (1) cum vero ducenda est aqua, ducitur aut forma structili aut plumbeis fistulis aut canalibus ligneis aut fictilibus tubis. si per formam ducetur solidandus est canalis, ne per rimas aqua possit elabi; cuius magnitudo pro aquae mensura

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ken eingerammt und selbst aus Tuffstein oder Hartgestein errichtet werden. (3) Wenn das Wasser schlammig ist, wird dies durch die Beimischung von Salz korrigiert. Aber während der Schachtgrabung wird man, wenn die Erde aufgrund ihrer lockeren Art instabil oder durch Feuchtigkeit aufgeweicht ist, gegen sie ringsum vertikale Bretter stellen und diese mit horizontalen Balken unterstützen, damit kein Zusammenbruch die Grabenden einschließt. 10. Prüfen von Wasser Neu gefundenes Wasser wird man in folgender Weise prüfen: Man spritzt es in ein glänzendes Bronzegefäß, und wenn es keine Flecken hinterlässt, kann es als akzeptabel beurteilt werden. Ebenso, wenn man es in einem Bronzegefäß kocht, wird es verwendbar sein, wenn kein Sand oder Schlamm am Boden bleibt. Ebenso, wenn es in der Lage ist, Hülsenfrüchte schnell zu kochen [denn Kalk, Salz u. a. verlängern die Kochzeit von Bohnen; vgl. 12.1.3] oder wenn es von durchscheinender Farbe ohne Moos und unangemessene Verfärbung durch Verunreinigungen ist. Wasser aus Brunnen an hoch gelegenen Orten kann, wenn die Natur des Tales unten es zulässt, auf niedrigerem Grund wie ein Springbrunnen durch ein Loch aufsprudeln, das in den Boden des Brunnens gebohrt wird. 11. Wasserleitungen (1) Wenn man Wasser heranführen muss, wird dies durch einen gebauten Kanal oder Bleiröhren, Holzrinnen oder Keramikröhren erfolgen. Wenn es durch einen Kanal geführt wird, muss diesem eine ununterbrochene Rinne gegeben werden, damit das Wasser nicht durch Risse zu entkommen

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facienda est. si per planum veniet, inter centenos vel sexagenos pedes sensim reclinetur structura sesquipedem, ut vim possit habere currendi. (2) si qui mons interiectus occurrerit aut per latera eius aquam ducemus obliquam aut ad aquae caput speluncas librabimus, per quas structura perveniat. sed si se vallis interserat, erectas pilas vel arcus usque ad aquae illata vestigia construemus aut plumbeis fistulis clausam deici patiemur et explicata valle consurgere. sed, quod est salubrius et utilius, fictilibus tubis cum ducitur, duobus digitis crassi et ex una parte reddantur angusti, ut palmi spatio unus in alterum possit intrare. quas iuncturas viva calce oleo subacta debemus inlinere. (3) sed antequam his aquae cursus admittitur, favilla per eos mixta exiguo liquore decurrat, ut glutinare possit, si qua sunt vitia tubulorum. ultima ratio est plumbeis fistulis ducere; quae aquas noxias reddunt. nam cerossa plumbo creatur adtrito, quae corporibus nocebit humanis. diligentis erit aquarum receptacula fabricari, ut copiam vel inops vena procuret.

12. de mensuris et ponderibus fistularum mensura vero fistularum plumbo servetur huiusmodi: centenaria decem pedum mille ducentas libras habeat, octogenaria octingentas quadraginta, quinquagenaria similiter

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vermag; deren Größe soll der Wassermenge entsprechen. Wenn es über ebenen Boden kommen soll, muss das Bauwerk allmählich – 1 1/2 FußM auf je 60 oder 100 FußM – tiefer werden, um eine kräftige Strömung zu ermöglichen. (2) Wenn ein Berg im Weg steht, werden wir das Wasser entweder seitlich um seine Flanken führen oder auf der Ebene der Wasserquelle einen Tunnel bauen, durch den der Kanal hindurchgeht. Wenn aber ein Tal dazwischenliegt, werden wir Pfeiler oder Bögen im richtigen Niveau für das Wasser errichten oder es in Bleiröhren eingeschlossen hinab- und auf der anderen Talseite wieder heraufsteigen lassen. Wenn das Wasser in Keramikröhren geführt wird, die gesünder und vorteilhafter sind, sollen sie 2 FingerbreitM dick und an einem Ende schmal gemacht werden, so dass eines in das andere mit einem Überstand von 1 HandbreitM passt. Wir müssen diese Fugen mit BranntkalkB einstreichen, der mit Öl verknetet ist. (3) Doch bevor man in ihnen den Wasserfluss erlaubt, wird Asche mit ein wenig Flüssigkeit vermischt und hindurchgeführt, um eventuelle Schwachstellen in den Röhren abzudichten. Die letzte Möglichkeit ist es, Bleiröhren zu nutzen, was aber das Wasser schädigt, denn wenn das Blei korrodiert, wird Bleiweiß gebildet, das dem menschlichen Körper schadet. Ein sorgfältiger Mensch wird kleinere Rückhaltebecken bauen, so dass auch eine dürftige Quelle eine gute Versorgung mit Wasser sicherstellt. 12. Maße und Gewichte von Bleiröhren Bleiröhren müssen nun je nach Wassermenge folgende Dichte und folgendes Maßverhältnis erhalten: Wenn »Hunderter« [= vor dem Biegen zur Röhre 100 ZollM breite Bleiplatten] gegossen werden à 10 FußM [Länge], sollen sie 1200 PfundM [Gussmaterial] erhalten. »Achtziger« [à 10 FußM] sollen 840 PfundM erhalten; »Fünfziger« – ebenfalls

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decem pedum pondo sescenta octoginta, quadragenaria pondo sescenta, tricenaria pondo quadringenta quinquaginta, vicenaria pondo ducenta quadraginta, octonaria pondo centum. 13. de onfacomelli in uvae semiacerbae suci sextariis sex, mellis triti fortiter duos sextarios debebis infundere et sub solis radiis diebus quadraginta decoquere.

14. de horis Augustum Maio par solis cursus aequavit: hora I pedes XXIII hora II pedes XIII hora III pedes VIIII hora IIII pedes VI hora V pedes IIII hora VI pedes III hora VII pedes IIII hora VIII pedes VI hora VIIII pedes VIIII hora X pedes XIII hora XI pedes XXIII

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10 FußM lang – 680 PfundM, »Vierziger« à 10 FußM 600 PfundM, »Dreißiger« 450 PfundM, »Zwanziger« à 10 FußM 240 PfundM, »Achter« 100 PfundM.

13. Sirup aus omphaciumL In 6 KrugM Saft aus noch halbrohen Trauben muss man 2 KrugM kräftig geschlagenen Honig schütten und 40 Tage lang im Sonnenschein einkochen lassen.

Zeitmessung 14. StundenK Der August ist mit dem Mai durch den vergleichbaren Lauf der Sonne gleich: 1. Stunde 23 Fuß 2. Stunde 13 Fuß 3. Stunde 9 Fuß 4. Stunde 6 Fuß 5. Stunde 4 Fuß 6. Stunde 3 Fuß 7. Stunde 4 Fuß 8. Stunde 6 Fuß 9. Stunde 9 Fuß 10. Stunde 13 Fuß 11. Stunde 23 Fuß

LIBER X tituli mensis Septembris I de agris pinguibus tertiandis vel inplendis exilibus, de stercorando II de serendo tritico et adoreo in locis frigidis et opacis III de remedio salsi umoris, de seminum mensuris et diversis remediis ad sationem pertinentibus IIII de serendo hordeo canterino V de lupino serendo VI de piso serendo VII de sisamo serendo et proscindendis agris ad Medicam VIII de vicia et feno Graeco et farragine serendis VIIII de lupino serendo qui natus evertatur et loca fecundet exilia X de pratis novellis formandis vel veteribus excolendis XI de vindemia celebranda XII de panico et milio metendis et faselo ad escam serendo et adparandis aucupiis XIII de hortis: in eo de papavere, brassica, thymo, origano, cappari cum disciplinis, item nasturcio, aneto, radicibus, pastinacis, cerefolio, lactuca, betis, coliandro, rapis et napis XIIII de pomis: in eo de tubure XV de pavimentis solariorum et lateribus

B U C H 10 Kapitel des Monats September 1. Drittes Pflügen von fetten oder Anreicherung von mageren Äckern; Ausbringen von Mist 2. Aussaat von Weizen und Emmer an kalten und dunklen Orten 3. Heilmittel für salzige Feuchtigkeit, Maße von Saaten und diverse Heilmittel, die sich auf die Saat beziehen 4. Aussaat von canterinumP-Gerste 5. Aussaat von Lupine 6. Aussaat von Erbse 7. Aussaat von Sesam und Aufbrechen von Äckern für Luzerne 8. Aussaat von Wicke, Bockshornklee und Mischfutter 9. Aussaat von Lupine, die nach Entstehung untergepflügt wird und magere Orte fruchtbar macht 10. Einrichtung von neuen Wiesen oder Pflege von alten 11. Durchführung der Weinlese 12. Ernte von Kolben- und Rispenhirse und Aussaat von Kuhbohnen als Nahrungsmittel und Herstellung von Vogelschlingen 13. Gärten: darin Mohn, Kohl, Thymian, Oregano, Kapern mit ihrer jeweiligen Kunde, ebenso Kresse, Dill, Rettiche, Möhren, Kerbel, Lattich, Bete, Koriander, Rübsen und Steckrüben 14. Obstbäume: darin Azaroldorn 15. Estriche auf Sonnenterrassen und LehmziegelB

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XIV de diamoron XVII de servandis uvis XVIII de vite, cuius fructus umore putrescit XVIIII de horis

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1. de agris pinguibus tertiandis vel inplendis exilibus, de stercorando (1) hoc mense, ager pinguis et qui diu tenere consuevit umorem, tertia vice arabitur, quamvis umido anno possit et antea tertiari. nunc ager umidus, planus, exilis, quem primum Augusto arari diximus, iteratur ac seritur. graciles clivi nunc primum arandi sunt et serendi statim circa aequinoctium. (2) agri nunc stercorandi sunt, sed in colle spissius, in campo rarius laetamina disponentur, cum luna minuitur; quae res herbis, si servetur, officiet. uni iugero adserit Columella viginti quattuor stercoris carpenta sufficere, in plano vero decem et octo. sed idem cumuli tot dissipandi sunt, quot ea die poterunt exarari, ne stercora exsucata nihil prosint. (3) eiciuntur quidem laetamina et qualibet hiemis parte. sed

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16. Maulbeer-Medikament 17. Konservierung von Trauben 18. Ein Rebstock, dessen Frucht wegen Feuchtigkeit verfault 19. Stunden Monat September

Ackerbau 1. Drittes Pflügen von fetten oder Anreicherung von mageren Äckern, Ausbringen von Mist (1) In diesem Monat wird fettes Land, das regelmäßig für eine lange Zeit Feuchtigkeit hält, zum 3. Mal gepflügt, wenn auch in einem feuchten Jahr dieses 3. Pflügen noch früher erfolgen kann. Jetzt wird feuchtes, ebenes, mageres Land, das – wie oben [9.1] gesagt – erstmals im August gepflügt wurde, ein zweites Mal gepflügt und angesät. Jetzt sollen Abhänge mit dünnem Boden erstmals gepflügt und gesät werden, und zwar unmittelbar nach der Tag- und Nachtgleiche. (2) Jetzt soll Mist auf Felder ausgebracht werden; er soll auf Hängen dichter, auf ebenem Untergrund dünner verteilt werden, wenn der Mond abnimmt; dies wird das Unkraut zügeln. ColumellaN [2.5.1] gibt an, dass für 1 JochM 24 Fuhren Mist ausreichen, 18 in der Ebene. Man soll nur so viel Mist ausbringen, wie man an diesem einen Tag einpflügen kann, damit der Mist nicht seinen Saft verliert und unwirksam wird. (3) Tatsächlich wird Mist zu jeder Zeit im Winter ausgebracht. Wenn er aus irgendeinem Grund

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si tempore suo eici aliqua ratione non poterunt, antequam seras, more seminis per agros pulverem stercoris sparge vel caprinum manu proice et terram sarculis misce. nec prodest nimium stercorare uno tempore sed frequenter et modice. ager aquosus plus stercoris, siccus vero minus requirit. (4) sed si laetaminis copia non abundat, hoc pro stercore optime cedit, ut sabulosis locis cretam id est argillam, spargas, cretosis ac nimium spissis sabulonem. hoc et segetibus proficit et vineas pulcherrimas reddit. nam laetamen in vineis saporem vini vitiare consuevit.

2. de serendo tritico et adoreo in locis frigidis et opacis hoc mense uliginosis locis aut exilibus aut frigidis aut opacis circa aequinoctium triticum et adoreum seritur, dum serenitas constat, ut radices frumenti ante hiemem convalescant.

3. de remedio salsi umoris, de seminum mensuris et diversis remediis ad sationem pertinentibus (1) solet terra umorem salsum vomere, qui segetes necat. ubi hoc fit, columbinum stercus aut cupressi folia oportet inspargere et ita, ut eadem misceantur, inarare. melius tamen omnibus remediis erit, si aquarius sulcus noxium deducat umorem. in mediocris agri iugero quinque tritici modios et adorei totidem conseremus. nam quattuor ager pinguis

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nicht rechtzeitig verteilt werden kann, streut man vor der Aussaat pulverisierten Mist wie Saatgut über die Felder oder wirft von Hand Ziegenmist aus und vermischt ihn mit der Hacke mit dem Boden. Zu viel Düngung auf einmal ist nicht hilfreich, vielmehr häufige und mäßige Ausbringung. Nasser Boden erfordert mehr Mist, trockener weniger. (4) Wenn man aber nicht über genug Mist verfügt, ist es ein ausgezeichneter Ersatz, auf grobsandige Orte feinen Ton, also Mergel, zu streuen und auf Orte, die tonig oder zu sehr verdichtet sind, Grobsand. Beides kommt der Saat zugute und führt zu sehr feinen Weingärten, denn Mist in Weingärten hat die Angewohnheit, den Geschmack des Weines zu verderben [vgl. 9.2]. 2. Aussaat von Weizen und Emmer an kalten und dunklen Orten In diesem Monat wird an Orten, die schlecht entwässert, mager, kalt oder schattig sind, rund um die Tag- und Nachtgleiche Weizen und Emmer gesät werden, wenn gutes Wetter herrscht, so dass die Wurzeln der Pflanzen noch vor dem Winter stark wachsen können. 3. Heilmittel für salzige Feuchtigkeit, Maße von Saaten und diverse Heilmittel, die sich auf die Saat beziehen (1) Mancher Boden hat die Eigenart, eine salzige Flüssigkeit von sich zu geben, durch welche die Saat getötet wird. Wo dies geschieht, soll man Taubenmist oder Zypressenblätter ausstreuen und dann einpflügen, um sie mit dem Boden zu vermischen. Besser als jedes andere Mittel wird es sein, die schädliche Flüssigkeit durch einen Wassergraben abzuziehen. Auf 1 JochM mäßig gutes Land säen wir 5 ScheffelM Weizen und ebenso viel Emmer; fettes Land soll 4 empfangen. Wenn man den Scheffel, mit dem man die Aus-

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accipiat. si modium, quo seretur, hyenae pelle vestieris et ibi aliquandiu, quod serendum est, esse patiaris, sata bene provenire firmantur. (2) item, quoniam quaedam animalia subterranea sectis radicibus necant plerumque frumenta, contra hoc proderit, si herbae, quae sedum dicitur, sucus aquae mixtus una nocte madefaciat, quae spargenda sunt, semina; vel agrestis cucumeris umor expressus et eius radix trita, si aqua diluatur et eodem, quae serenda sunt, macerentur umore. aliqui ubi hoc segetes suas perferre senserunt, inter initia vitiorum insulsa amurca vel praedicta aqua sulcos et arata perfundunt.

4. de serendo hordeo canterino nunc gracili solo hordeum seritur canterinum modiis quinque per iugerum. post hoc genus agros cessare patieris, nisi forte laetamen aspergas.

5. de lupino serendo nunc vel maturius aliquanto lupinus seritur in qualicumque terra vel crudo solo; cui hoc proderit, ut seratur, antequam frigus incipiat. limoso agro non nascitur; cretam reformidat, amat exilem terram atque rubricam. decem modiis iugeri mensura conpletur.

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saat vornimmt, in ein Hyänenfell einwickelt und die Samen dort einige Zeit belässt, wird das Ausgesäte – so sagen manche Leute – gut vorankommen. (2) Da es auch gewisse unterirdische Wesen gibt, die häufig die Wurzeln anfressen und das stehende Getreide abtöten, wird es dagegenwirken, wenn man Saatgut ausbringt, das eine Nacht lang im Saft der Pflanze namens »sedum« [Fetthenne, Mauerpfeffer], mit Wasser gemischt, eingeweicht wurde, oder wenn der Saft einer wilden Gurke [Spritzgurke], mit ihrer zerkleinerten Wurzel zusammen ausgedrückt, mit Wasser verdünnt und das Saatgut mit dieser Flüssigkeit getränkt wird. Einige Leute begießen, wenn sie bemerken, dass ihre Ernten diese Probleme haben, gleich zu Beginn der Erkrankung die Furchen und Äcker mit ungesalzenem Ölschaum oder mit der vorgenannten Flüssigkeit. 4. Aussaat von canterinumP-Gerste Jetzt wird in dünnem Boden canterinum-Gerste gesät, 5 ScheffelM auf 1 JochM. Nach diesem Anbau wird man die Felder brachliegen lassen, es sei denn, man kann Dünger auf sie streuen. 5. Aussaat von Lupine Jetzt – oder etwas früher – wird Lupine gesät, auf jede Art von Boden, auch ungepflügten. Sie wird Nutzen von einer Aussaat vor Beginn der Kälte haben. Sie wächst nicht auf schlammigem Grund und Boden, verabscheut Ton, liebt dünnen Boden und Rotlehm. Von 10 ScheffelnM Saatgut wird 1 JochM abgedeckt.

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6. de piso serendo hoc mense postremo pisum seremus terra facili et soluta loco tepido; caelo delectatur umecto. iugero quattuor modios vel tres sparsisse sufficiet.

7. de sisamo serendo et proscindendis agris ad Medicam nunc sisamum seretur putri solo vel pinguibus harenis vel terra congesticia. iugero quattuor vel sex sextarios sevisse conveniet. hoc mense postremo prima vice agros proscindemus, qui habituri sunt Medicam.

8. de vicia et feno Graeco et farragine serendo nunc viciae prima satio est et feni Graeci, cum pabuli causa seruntur. viciae septem modii iugerum, aeque et feni Graeci semen inplebit. farrago etiam loco restibili stercorato seritur hordeo canterino in iugero decem modios spargimus circa aequinoctium, ut ante hiemem convalescat. si depasci saepius velis, usque in Maium mensem eius pastura sufficiet. quod si ex ea etiam semen redigere, usque ad Martias Kalendas et dehinc pecora prohibebis.

9. de lupino serendo hoc mense, ut loca fecundentur exilia, lupinus circa Idus seratur et, ubi creverit, vertente vomere putrefiat excisus.

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6. Aussaat von Erbse In diesem Monat am Ende werden wir Erbse in leichten und lockeren Boden in einer warmen Lage säen; sie schwelgt in einem feuchten Klima. Es genügt, 3 oder 4 ScheffelM auf 1 JochM auszustreuen. 7. Aussaat von Sesam und Aufbrechen von Äckern für Luzerne Jetzt wird Sesam gesät werden, in krümeliger Erde oder fettem Sand oder gemischtem Boden. Es genügt, 4 bis 6 KrugM auf 1 JochM zu säen. In diesem Monat, an seinem Ende, werden wir die Felder aufbrechen, die Luzerne tragen sollen. 8. Aussaat von Wicke, Bockshornklee und Mischfutter Jetzt erfolgt die erste Aussaat von Wicke und Bockshornklee, wenn sie als Futter gesät werden [zur Aussaat als Kulturpflanzen siehe 2.6.7]. 7 ScheffelM Wicke werden 1 JochM füllen, ähnliches gilt für Bockshornkleesamen. Auch Mischfutter wird jetzt gesät, in Dauerkulturflächen, die gedüngt worden sind, unter Heranziehung auch von canterinumPGerste. Wir säen 10 ScheffelM auf 1 JochM um die Tag- und Nachtgleiche, damit es vor dem Winter stark werden kann. Wenn man es häufig abweiden lassen möchte, wird es bis Mai als Viehweide belassen; wenn man aber auch Samen von ihm sammeln möchte, lässt man es bis zum 1. März abweiden und wird dann das Vieh von ihm fernhalten. 9. Aussaat von Lupine In diesem Monat um die Mitte soll, um magere Bereiche fruchtbar zu machen, Lupine gesät werden. Wenn sie gewachsen ist, soll sie abgeschnitten und mit der Pflugschar untergepflügt werden; man lässt sie so verrotten.

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10. de pratis novellis formandis vel veteribus excolendis (1) nunc prata, si libuerit, possumus novella formare. si eligendi facultas est, locum pinguem, roscidum, planum, leviter inclinatum vel huiusmodi vallem deputabimus, ubi umor nec statim praecipitari cogitur nec diu debet haerere. (2) potest quidem et soluto et gracili solo prati forma, si rigetur, inponi. extirpandus est itaque locus hoc tempore et liberandus inpedimentis omnibus vel herbis laetioribus et solidis atque virgultis. deinde cum frequenter exercitus fuerit ac multa aratione resolutus, summotis lapidibus et glebis ubique confractis stercoretur luna crescente recenti laetamine. (3) ab ungulis iumentorum summa intentione servetur intactus, praecipue quotiens umescit, ne inaequale solum reddant mollibus locis inpressa vestigia. sed si prata vetera muscus obduxerit, abradendus est et scalptis eisdem locis feni spargenda sunt semina et, quod ad necandum muscum prodest, cinis saepius ingerendus. (4) quod si sterilis factus est locus carie, incuria, vetustate, exaretur ac de novo rursus aequetur. nam prata sterilia plerumque arare conveniet. sed in novo prato rapa conserere possumus, quorum messe finita cetera, quae dicta sunt, exequemur. viciam tamen feni seminibus mixtam post haec spargemus. rigari vero, antequam durum solum fecerit, non debebit, ne eius cratem minus solidam vis interflui corrumpat umoris.

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10. Einrichtung von neuen Wiesen oder Pflege von alten (1) Jetzt können wir, sofern gewünscht, neue Wiesen einrichten. Wenn eine Möglichkeit der Wahl besteht, werden wir ein Gebiet bereitstellen, das fett, voll Tau, eben und nur leicht abfallend ist oder Land dieser Art im Tal, wo die Feuchtigkeit nicht auf einmal ablaufen und auch nicht lange Zeit stehen bleiben muss. (2) Freilich kann man Wiesen auch auf losem, dünnen Boden anlegen, wenn man sie bewässert. Zu dieser Zeit soll das Gebiet von Baumwurzeln befreit und von allen Hindernissen bereinigt sein, etwa von fruchtbarem, kräftigen Unkraut und Gestrüpp. Wenn es dann häufig bearbeitet und durch viel Pflügen aufgebrochen ist, die Steine entfernt wurden und die Schollen ganz gebrochen sind, soll es bei zunehmendem Mond mit frischem Mist gedüngt werden. (3) Es ist mit strenger Sorgfalt von den Hufen der Nutztiere unberührt zu halten, vor allem wenn es feucht ist, damit nicht der von den Füßen ausgeübte Druck den Boden an weichen Stellen holprig macht. Wenn Moos sich über alte Wiesen verbreitet hat, soll es abgekratzt werden; die Bereiche sollen geharkt und mit Heusaat angesät werden; als eine Maßnahme, um das Moos abzutöten, soll häufig Asche verstreut werden. (4) Wenn der Bereich aber durch Verfall, Vernachlässigung oder Alter unfruchtbar geworden ist, soll er von neuem gepflügt und geeggt werden, denn es wird in der Regel förderlich sein, unfruchtbare Wiesen umzupflügen. Auf der künftigen Wiese können wir Rübsen säen. Wenn deren Ernte abgeschlossen ist, führen wir die anderen eben [9.10.2] genannten Maßnahmen durch. Nach diesen Schritten werden wir Wicke mit Heusaat gemischt aussäen. Aber sie soll nicht bewässert werden, bis sie den Boden befestigt hat, sonst wird die Kraft des durchströmenden Wassers die weiche Oberfläche beschädigen.

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11. de vindemia celebranda (1) hoc mense locis tepidis maritimisque celebranda vindemia est, frigidis adparanda. in doliis picandis hic modus erit, ut dolium ducentorum congiorum duodecim libris picetur et deinde pro minoris aestimatione subducas. sed maturitatem vindemiae cognoscimus hoc genere: si expressa uva vinacia, quae in acinis celantur, hoc est grana, sint fusca et nonnulla propemodum nigra; quam rem naturalis maturitas facit. (2) diligentiores optimae cerae in viginti picis libras unam libram miscent, quae et odori proficit et sapori et picem lenitate permulcens frigoribus eam non patitur dissilire. picis tamen gustu exploranda dulcedo est, quia saepe vina eius amaritudine vitiantur.

12. de panico et milio metendis et faselo ad escam serendo et adparandis aucupiis nunc quibusdam locis panicum metetur et milium. tempore hoc faselus ad escam seratur. nunc in amitibus adparetur aucupium noctuae ceteraque instrumenta capturae, ut circa Kalendas exerceatur Octobres.

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11. Durchführung der Weinlese (1) In diesem Monat soll an Orten, die warm oder maritim sind, die Weinlese durchgeführt werden, an kalten Orten wird sie vorbereitet. Bei der Verpichung der Fässer wird der Maßstab sein, dass ein Fass von 200 EimernM mit 12 PfundM verpicht wird; entsprechend der Größe eines kleineren Fasses kann man davon abziehen. Dass die Weintrauben reif sind, erkennen wir auf folgende Art: wenn bei einer Traube, die man zusammengedrückt hat, die in ihr verborgenen Abfallstoffe – also die Kerne – dunkel, fast schwarz sind; dies bewirkt die natürliche Reifung. (2) Besonders sorgfältige Leute mischen 20 PfundM Pech mit 1 PfundM bestem Wachs, was den Geruch und den Geschmack verbessert und durch seine Geschmeidigkeit das Pech aufweicht und so verhindert, dass es bei kaltem Wetter aufbricht. Nichtsdestotrotz soll das Pech im Blick auf seine Süße gekostet werden, da Wein oft von seiner Bitterkeit verdorben wird. 12. Ernte von Kolben- und Rispenhirse und Aussaat von Kuhbohnen als Nahrungsmittel und Herstellung von Vogelschlingen Jetzt werden an einigen Orten Kolben- und Rispenhirse geerntet werden. Zu dieser Zeit werden Kuhbohnen als Nahrungsmittel ausgesät werden. Jetzt sollen Vogelschlingen für Käuzchen und andere Geräte für den Vogelfang vorbereitet werden, damit sie rund um den 1. Oktober eingesetzt werden können.

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13. de hortis (1) nunc papaver seritur locis siccis et calidis; potest et cum aliis oleribus seminari. fertur utilius provenire, ubi virgae et sarmenta conbusta sunt. tempore hoc brassicam seres utilius, ut plantas eius Novembri inchoante transponas; de quibus et hieme olus et vere possit quima produci. (2) hoc mense spatia hortorum, quae per vernum seminibus inpleturus es, alte tribus pedibus pastinare debebis et luna decrescente his stercus inferre. hoc mense ultimo thymum seremus, sed melius plantis nascitur, quamvis possit et semine. agrum diligit apricum, macrum, maritimum. nunc circa aequinoctium seres origanum; stercorari ac rigari, donec convalescat, amplectitur. amat loca aspera atque saxosa. hisdem diebus seritur cappari. late serpit, suco suo terris nocet. serendum est ergo, ne procedat ulterius, circumveniente fossato vel luto structis parietibus solo sicco et gracili. herbas sponte persequitur, floret aestate. sub occasu Vergiliarum cappari arescit. (3) giddi hoc mense ultimo bene seritur. hoc mense nasturcium seremus et anetum locis temperatis et calidis et radices locis siccis et pastinacas et cerefolium

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Gartenbau 13. Gärten (1) Jetzt wird Mohn an Orten gesät, die trocken und heiß sind. Er kann auch zusammen mit anderen Küchenkräutern gesät werden. Er wird erfolgreicher an einer Stelle wachsen, an der Zweige und Triebe verbrannt worden sind. Zu dieser Zeit wird man recht erfolgreich Kohl säen, damit die Setzlinge im November ausgepflanzt werden können; Kohlgemüse könnte dann im Winter aus ihnen hergestellt werden, Kohlspross im Frühjahr [vgl. 5.3.1]. (2) In diesem Monat wird man in den Bereichen im Garten, die man im Frühjahr mit Saatgut füllen will, 3 FußM tiefe Gruben ausheben und bei abnehmendem Mond Mist auf sie ausbringen. In diesem Monat am Ende werden wir Thymian säen; allerdings wächst er besser aus Setzlingen, doch kann er auch aus Samen gezogen werden. Er liebt sonnigen, dünnen und maritimen Boden. Jetzt wird man rund um die Tag- und Nachtgleiche Oregano säen. Er begrüßt es, wenn er gedüngt und bewässert wird, bis es stark gewachsen ist. Er liebt raue, felsige Stellen. Während dieser gleichen Tage wird Kapernbusch gesät. Er breitet sich weit aus und sein Saft ist schädlich für den Boden. Daher soll er, um eine zu weite Ausbreitung zu verhindern, hinter einem Graben oder Wänden aus ausgehärtetem Lehm in trockenen dünnen Boden gesät werden. Er vertilgt Unkraut ohne Hilfe; er blüht im Sommer. Nahe am Niedergang der PlejadenK trocknet der Kapernstrauch aus. (3) Schwarzkümmel wird in diesem Monat am Ende gut gesät. In diesem Monat werden wir an gemäßigten oder heißen Orten Kresse und Dill, an trockenen Rettich aussäen; auch

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circa Octobres Kalendas et lactucas et betas et coliandrum et primis diebus rapa et napos.

14. de pomis (1) mense Septembri circa Kalendas Octobres vel Februario tubures seremus subole vel nucleis, cuius tenera diligenter nutriri debet infantia. sumatur cum radicibus planta divulsa. bubulo fimo linetur ac luto. statuatur pingui terra et subacta subditis conchis et marina alga; terris magna sui parte condatur. (2) alii pomis statim grana decussa et sole siccata pingui et prope cribrata terra autumno tria simul ponunt, quae feruntur in unicum coire virgultum; quod adsidua rigatione iuvandum est atque fossura, quae solum leviter scalpens teneritudini robur inducat. post annum deinde vel aliquanto tardius, quae fuerit de semine planta, transfertur; et hoc genere fructus efficit dulciores. (3) mense Ianuario ultimo vel Februario tuburum sulculus mirabiliter proficit cydoneo insitus. inseritur autem melis omnibus et piris et prunis et Calabrici, melius trunco fisso quam cortice. desuper qualo vel fictili vasa munitur repletis usque prope summitatem, surculis terra subacta cum ster-

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Möhren und Kerbel um den 1. Oktober sowie Lattich, Bete und Koriander und in den ersten Tagen des Monats Rübsen und Steckrüben.

Obstbau 14. Obstbäume (1) Jetzt um die letzten Tage des Septembers oder im Februar vermehren wir Azaroldorn durch Triebe oder Kerne. Ihre zarte Jugend muss sorgfältig gepflegt werden. Ein abgetrennter Setzling muss mit den Wurzeln genommen werden; wir werden ihn mit Rindermist und Schlamm bestreichen. Er soll in den fetten, gut bearbeiteten Böden mit untergelegten Muscheln und Meeresalgen über das Meiste ihrer Länge eingesetzt und mit Erde abgedeckt werden. (2) Andere klopfen die Samen sogleich aus der Frucht, trocknen sie in der Sonne und pflanzen sie in Dreiergruppen unmittelbar im Herbst in reichen Boden, der so gut wie gesiebt wurde. Sie sollen in einem einzigen Strauch zusammenwachsen. Man muss ohm mit ständigem Bewässern und mit einem Umgraben helfen, das den Boden leicht aufkratzt und die zarten Pflanzen abhärtet. Nach einem Jahr oder etwas länger wird dann eine aus Samen gezogene Pflanze verpflanzt und bringt auf diese Weise süße Frucht hervor. (3) Ende Januar oder im Februar wird ein Azaroldornspross wunderbar gedeihen, wenn er auf Quittenbaum gepfropftV wird. Er kann aber auf alle Sorten von Apfel-, Birn-, Pflaumen- und kalabrischemO [Feigen]baum gepfropft werden, vorzugsweise im geteilten Stamm, nicht in der Rinde. Der Spross wird von oben mit einem Fruchtkorb oder einem Keramikgefäß geschützt, während gut mit Mist vermischte Erde bis fast über den [nur wenig aus dem Boden ragenden;

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core. prosunt tuburibus, quae melis prodesse memoravi. tubures servabuntur, si obruantur in milio vel urceolis picatis et oblitis.

15. de pavimentis solariorum et latere hoc etiam mense pavimenta in solariis et lateres faciemus eo more, quo Maio mense descripsi.

16. de diamoron sucum mori agrestis paululum facies defervere. tunc suci duas partes et unam mellis admiscebis et mixta curabis ad pinguedinem mellis excoquere.

17. de servandis uvis uvas, quas servare volumus, legamus inlaesas neque acerbitate rigidas neque maturitate refluentes, sed quibus est et granum luce penetrabili splendidum et tactus cum molli iocunditate callosus. si qua sunt corrupta vel vitiosa, resecemus; nec patiamur interesse, quibus inexpugnabilis acerbitas contra blandimenta aestivi caloris induruit. tunc incisos

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vgl. 3.17] Spross hinaus auf seiner Oberseite aufgetragen wird. Vorteilhaft für Azaroldornbäume sind die Dinge, die ich oben [3.25.13-16] als nützlich für Äpfel erwähnt habe. Azaroldornfrüchte werden konserviert werden, wenn sie mit Rispenhirse abgedeckt oder in verpichten und versiegelten Gefäßen aufbewahrt wird.

Sonstiges 15. Estriche auf Sonnenterrassen und LehmziegelB In ebenfalls diesem Monat werden wir Estriche auf Sonnenterrassen errichten, ebenso LehmziegelB in der Weise, die ich zum Monat Mai [6.11–12] beschrieben habe. 16. Ein Maulbeer-Medikament Man kocht den Saft der wilden Maulbeere etwas ein; dann mischt man 2 Teile Saft mit 1 Teil Honig und stellt sicher, dass die Mischung bis zur Konsistenz von Honig einkocht. [Plinius 23,136 empfiehlt dieses Medikament bei Erkrankungen von Mund, Rachen und Speiseröhre; vgl. auch Dioskurides 1,126.] 17. Konservierung von Trauben An Trauben, die wir einlagern wollen, wählen wir diejenigen aus, die keine Schäden haben und weder durch Säure hart noch durch Reife schlaff sind; vielmehr sollen sie Kerne haben, die hell scheinen, wenn sie beleuchtet werden, und eine harte Oberfläche aufweisen, kombiniert mit einer angenehmen Weichheit. Wenn irgendwelche verdorben oder fehlerhaft sind, sollen wir sie ausschneiden; und wir sollen nicht zulassen, dass irgendwelche bleiben, deren innewohnende Säure sie gegen die Schmeicheleien der Sommerwär-

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botryonum tenaces calida pice oportet amburi atque ita in loco sicco, frigido et obscuro sine luminis inruptione suspendi.

18. de vite, cuius fructus umore putrescit vitis, cuius fructus umore putrescit, per latera pampinanda est ante tricesimum vindemiae diem et sola frons illa servanda est, quae in summitate posita solem nimium defendit a vertice.

19. de horis Septembris et Aprilis dies horis similibus conferuntur: hora I pedes XXIIII hora II pedes XIIII hora III pedes X hora IIII pedes VII hora V pedes V hora VI pedes IIII hora VII pedes V hora VIII pedes VII hora VIIII pedes X hora X pedes XIIII hora XI pedes XXIIII

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me abgehärtet hat. Dann sollen die abgeschnittenen Stiele der Trauben mit heißem Pech versengt und so an einem trockenen, kalten und dunklen Ort aufgehängt werden, wo kein Licht eindringt. 18. Ein Rebstock, dessen Frucht wegen Feuchtigkeit verfault Ein Rebstock, dessen Frucht wegen Feuchtigkeit verfault, muss 30 Tage vor der Weinlese an den Seiten abgelaubt werden; man soll nur die Blätter auf der Oberseite belassen, da sie die Krone der Rebstöcke vor übermäßiger Sonne schützen.

Zeitmessung 19. StundenK Die Tage von September und April haben vergleichbare Zeiten: 1. Stunde 24 Fuß 2. Stunde 14 Fuß 3. Stunde 10 Fuß 4. Stunde 7 Fuß 5. Stunde 5 Fuß 6. Stunde 4 Fuß 7. Stunde 5 Fuß 8. Stunde 7 Fuß 9. Stunde 10 Fuß 10. Stunde 14 Fuß 11. Stunde 24 Fuß

LIBER XI tituli mensis Octobris I de adoreo et tritico et hordeo canterino et herbo et lupino et piso et sisamo et faselo serendis II de lini semine serendo III de notanda vitium fertilitate, quam providebimus panctioni IIII de ponendis vineis vel propagandis, reparandis, putandis; et arbustis V de ablaqueanda novella VI de utilitate propagandae nunc vineae VII de inserendis arboribus vel vitibus VIII de olivetis instituendis et colendis, laetandis, vel remediis eorum vel olivis condiendis vel fossis rivisque purgandis VIIII remedium, si uva conpluta est X de oleo viridi faciendo et laurino XI de hortis: in eo de intibis, de carduis, de senapi, malva cum disciplinis, item de aneto, cepulla, menta, pastinaca, thymo, origano, cappari, beta, armoracea, porro transferendo et ocimo XII de pomis: in eo de palma, pistaciis, cerasis et aliis pomis quorum per menses suos disciplina digesta est, item de condiendis pomis XIII de apibus

B U C H 11 Kapitel des Monats Oktober 1. Aussaat von Emmer, Weizen, canterinumP-Gerste, Linsenwicke, Lupine, Erbse, Sesam, Kuhbohne 2. Aussaat von Leinsamen 3. Aufzeichnung der Fruchtbarkeit von Rebstöcken, die wir für die Vermehrung vorsehen wollen 4. Platzierung und Vermehrung von Rebstöcken, Beleben und Zurückschneiden; auch arbustaA 5. Bodenlockerung bei neuen Rebstöcken 6. Nutzen der jetzt durchgeführten Vermehrung von Rebstöcken 7. Pfropfen von Bäumen oder Rebstöcken 8. Einrichtung und Pflege von Ölbaumhainen, Düngung oder Heilmittel für sie oder Würzen von Oliven und Reinigung von Gruben und Bachbetten 9. Heilmittel, wenn die Traube verregnet ist 10. Herstellung von grünem und von Lorbeeröl 11. Gärten: darin Wegwarte, Karde, Senf, Malve mit der jeweiligen Kunde, ebenso Dill, Zwiebel, Minze, Möhre, Thymian, Oregano, Kaper, Bete, Hederich, Verpflanzung von Lauch und Basilikum 12. Obstbäume: darin Dattelpalme, Pistazien-, Kirsch- und andere Obstbäume, deren Kunde bei ihrem jeweiligen Monat zusammengestellt ist, ebenso Würzen von Obst 13. Bienen

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XIIII quae Graeci vel alii super vina condienda curandaque dixerunt XV rosatum sine rosa fieri XVI de vinis pomorum XVII de ynomelli XVIII de defrito, caroeno, sapa XVIIII de passo XX de cydonite XXI de fermento musteorum servando XXII de uva passa XXIII de horis mensis October

1. de adoreo et tritico, de hordeo canterino et herbo et lupino et piso et sisamo et faselo serendis (1) hoc tempore adoreum seremus ac triticum. iusta satio est a decimo Kalendas Novembres usque ad sexto Idus Decembres regionibus temperatis. nunc etiam laetamen effertur ac spargitur. (2) hoc etiam mense seremus hordeum, quod dicitur canterinum. seritur macra et sicca terra vel satis pingui. hac vincitur; alteri, non habet amplius, quod noceret, quae semen aliud ferre non possit. laeto agro nunc est serendum.

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14. Was Griechen oder andere über das Würzen und Zubereiten von Weinen gesagt haben 15. Rosenwein ohne Rosen herstellen 16. Weine aus Obst 17. Honigwein 18. defritumL, caroenumL und sapaL 19. passumL 20. Quittenwein 21. Bewahrung von Hefe aus Most 22. Rosinen 23. Stunden Monat Oktober

Ackerbau 1. Aussaat von Emmer, Weizen, canterinumP-Gerste, Linsenwicke, Lupine, Erbse, Sesam, Kuhbohne (1) Zu dieser Zeit werden wir Emmer und Weizen aussäen. Die rechte Zeit für die Aussaat ist in gemäßigten Regionen vom 23. Oktober bis zum 8. Dezember. Ebenfalls jetzt wird Mist ausgebracht und verstreut. (2) In ebenfalls diesem Monat werden wir die sogenannte canterinumP-Gerste säen. Sie wird in Boden gesät, der mager und trocken oder aber ziemlich fett ist. Letzterer ist mehr als genug für sie [wird also von ihr nicht verbraucht], während sie bei der anderen Art, die sonst keinen Samen tragen kann, keinen zusätzlichen Schaden bringt. Jetzt ist die Zeit, sie in fruchtbares Land auszusäen [in dünnen Boden im September; s. 10.4]. In fruchtbaren Boden muss jetzt gesät werden.

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(3) etiam nunc herbum, lupinum et pisum et sisamum seremus, ut dixi; sisamum usque ad Idus Octobres et faselum, tamen terra pingui aut restibili agro. quattuor modiis iugerum conplebimus.

2. de lini semine serendo hoc mense lini semen seremus, si placet, quod pro malitia sui serendum non est, nam terrae uber exhaurit. sed si velis, loco pinguissimo et modice umido seretur; in iugero octo modiis. aliqui macro solo spissum serunt; ita adsecuntur, ut linum subtile nascatur.

3. de notanda vitium fertilitate, quam providebimus panctioni nunc oportuna vindemia est, cuius tempore notanda est fecunditas vitium et notis quibuscumque signanda, ut ex his ad ponendum sarmenta possimus eligere. adserit autem Columella uno anno explorari fertilitatem non posse sed quattuor; quo numero cognoscitur vera generositas surculorum.

4. de ponendis vineis vel propagandis, reparandis, putandis; et arbustis hoc mense postremo, ubi calidi ac sicci aeris qualitas est, ubi exilis et aridus campus, ubi collis praeruptus aut macer, vites utillime ponuntur, de quibus satis mense Februario disputavi.

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(3) Ebenfalls jetzt werden wir Linsenwicke, Lupine, Erbse und Sesam säen, wie oben [10.5–9] gesagt – Sesam bis zum 15. Oktober –, ebenso Kuhbohne, freilich in reichen Boden oder Land, das jährlich gepflügt wird. Man wird 4 ScheffelM für 1 JochM nehmen. 2. Aussaat von Leinsamen In diesem Monat werden wir, sofern gewünscht, Leinsamen säen. Im Hinblick auf seine Schädlichkeit ist es besser, ihn nicht zu säen, da er die Fruchtbarkeit des Bodens erschöpft. Wenn man es aber wünscht, wird er an einem Ort gesät, der sehr fett und mäßig feucht ist, und zwar 8 ScheffelM auf 1 JochM. Einige säen ihn dick in mageren Boden; sie stellen auf diese Weise sicher, dass der Flachs, der heranwächst, feine Stängel hat. 3. Aufzeichnung der Fruchtbarkeit von Rebstöcken, die wir für die Vermehrung vorsehen wollen Jetzt ist die geeignete Zeit für die Weinlese, während der wir die Fruchtbarkeit einzelner Weinstöcke aufzeichnen und durch irgendeine Form von Zeichen markieren werden, so dass wir aus ihnen für die Gewinnung von Stecklingen auswählen können. ColumellaN [3.6.4] gibt freilich an, dass ihre Fruchtbarkeit nicht aus 1, sondern aus 4 Jahren bestimmt werden kann; in dieser Zeit wird die wahre Exzellenz der Pflanzen ermittelt. 4. Platzierung und Vermehrung von Rebstöcken, Reparatur und Zurückschneiden; auch arbustaA In diesem Monat am Ende werden, wo das Klima heiß und trocken ist, wo es eine magere und trockene Ebene gibt oder wo ein steiler oder magerer Hügel ist, Rebstöcke am besten gepflanzt; ich habe dies hinreichend beim Februar [3.9] behandelt.

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nunc locis siccis, calidis, exilibus, macris, harenosis, apricis, quaecumque de pastinis, de vitibus ponendis, putandis, propagandis, reparandis vel arbusto faciendo ante dicta sunt, rectius fiunt, ut contra exilitatem glebae hibernis imbribus adiuventur. sic et umorem sitientibus conferunt et recisa vel mersa glacie non adurunt, quia talibus locis pruinarum vis et natura nescitur.

5. de ablaqueanda novella (1) post Idus Octobres ablaqueanda est omnis novella seu in pastino seu in scrobibus aut sulcis, ut amputentur radices supervacuae, quas produxit aestate; quae si convaluerint, inferiores radices faciunt interire et ita remanebit vitis in summitate suspensa; quae res eam frigori obnoxiam faciet et calori. sed hae radiculae non ad siccum debent recidi, ne aut plures inde nascantur aut nova plaga corpori vitis inpressa vi secuti algoris uratur. (2) recidemus autem relicto digiti spatio et, si placida ibi hiems est, apertas relinquimus vites, si violenta, ante Decembres Idus operiemus, si praefrigida, aliquantum columbini stercoris sub ipsa hieme circa

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Jetzt ist an Orten, die trocken, heiß, dünn, mager, sandig und sonnig sind, die geeignete Zeit für die früher besprochenen Aufgaben der Aushebung von Gruben [2.10], das Pflanzen, Zurückschneiden, Vermehren und Beleben von Rebstöcken und der Anlage eines arbustumA, so dass der Scholle gegen ihre Ausdünnung durch Winterregen geholfen werden kann [3.9–16]. Auf diese Weise bringt der Regen durstigen Feldern Feuchtigkeit, ohne sie zu beschädigen, wenn sie geschnitten oder von Eis begraben werden, da an solchen Orten die wirkliche Kraft von Frost unbekannt ist. 5. Bodenlockerung bei neuen Rebstöcken (1) Nach dem 15. Oktober soll bei allen neuen Rebstöcken – sei es im pastinumA oder in Gruben oder Gräben – Bodenlockerung [s. 2,1] vorgenommen werden, so dass die überflüssigen Wurzeln, die er im Sommer hervorgebracht hat, weggeschnitten werden können. Wenn diese nämlich zu stark werden, lassen sie die unteren Wurzeln absterben, und auf diese Weise wird der Rebstock nur auf der Oberfläche sitzen, was ihn anfällig für Kälte und Wärme macht. Diese Wurzeln sollen aber nicht gleich bis zum trockenen Stammholz zurückgeschnitten werden, damit sie nicht mehr aus dieser Stelle herauswachsen, sonst würde die neue Wunde, die dem Körper des Rebstocks zugefügt wurde, durch die Kraft der nachfolgenden Kälte verschlimmert. (2) Vielmehr werden wir einen Stumpf von 1 FingerbreitM Länge belassen, wenn wir sie zurückschneiden. Wenn dort der Winter mild ist, belassen wir die [durch die Bodenlockerung freigelegten] Rebstöcke dem Wetter ausgesetzt; wenn er heftiger ist, werden wir sie vor Mitte Dezember abdecken; wenn er sehr kalt ist, werden wir zu Beginn des Winters etwas Taubenmist auf der Basis der Rebstöcke verbreiten. ColumellaN

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viticularum vestigia largiemur, quod contra frigus nimium Columella dicit toto faciendum esse quinquennio.

6. de utilitate propagandae nunc vineae hoc tempore idcirco locis, quibus dixi, propagatio melior est, quia firmandis radicibus vitis incumbit, cum proferendi palmitis eam cura non permovet.

7. de inserendis arboribus vel vitibus hoc mense aliqui vites et arbores locis calidissimis inserere consuerunt. 8. de olivetis instituendis et colendis, laetandis, vel remediis eorum vel olivis condiendis vel fossis rivisque purgandis (1) nunc etiam locis calidis et apricis oliveta instituemus more vel ordine, quem Februarius mensis ostendit. seminaria quoque olearum locis talibus faciemus hoc tempore et omnia, quae ad oleam pertinebunt. olivas quoque albas condiemus, sicut postea referetur. hoc tempore ablaqueandae sunt arbores oleae provinciis siccioribus ac tepidis, ita ut eis a superiori parte umor possit induci. (2) omnem subolem convelli Columella praecepit; mihi videtur paucas dimitti semper ac solidas, ex quibus

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sagt, dies solle gegen übermäßige Kälte volle 5 Jahre lang durchgeführt werden. [Tatsächlich empfiehlt Columella 4.8.3–4 in den ersten 5 Jahren eine jährliche Bodenlockerung und rät zum Hinzufügen von Taubenmist als Schutz vor Kälte beim erneuten Abdecken der Wurzeln.] 6. Nutzen der jetzt durchgeführten Vermehrung von Rebstöcken Zu dieser Zeit ist an den oben [11.4] genannten Orten die Vermehrung aufgrund der Tatsache besser, dass der Rebstock sich auf die Stärkung seiner Wurzeln konzentriert und nicht mit der Entwicklung von Trieben befasst ist. 7. PfropfenV von Bäumen oder Rebstöcken In diesem Monat pflegen manche Leute an sehr heißen Orten, Rebstöcke oder Bäume zu pfropfen. 8. Einrichtung und Pflege von Ölbaumhainen, Düngung oder Heilmittel für sie oder Würzen von Oliven und Reinigung von Gruben und Bachbetten (1) Ebenfalls jetzt werden wir an heißen und sonnigen Plätzen Ölbaumhaine in der Art und nach dem System anlegen, das zum Februar [3.18] erklärt wurde. Wir werden zu dieser Zeit auch Pflanzbeete für Ölbäume an solchen Orten anlegen und alles tun, was sich auf Ölbäume bezieht. Wir werden auch weiße Oliven würzen, wie später [12.22] erläutert wird. Zu dieser Zeit soll bei Ölbäumen in den Provinzen, die mild und trockener sind, die Bodenlockerung durchgeführt werden, so dass Feuchtigkeit von höher liegendem Boden [durch kleine Kanäle] zu ihnen geführt werden kann. (2) ColumellaN [5.9.13] lehrt, dass alle Ausläufer abgerissen werden sollen; ich bevorzuge, dass man immer ein paar

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vel in vetustate matris loco delecta succedat vel melius nutrita et adgestae terrae beneficio et iam suas habens radices ad olivetum faciendum sine cura seminarii transferatur arbuscula. nunc, si subpetit, intermisso triennio stercoranda sunt oliveta locis maxime frigidis. caprini stercoris sex librae uni arbori vel cineri modii singuli sufficient. muscus tamen semper radatur arboribus; et putentur, sicut Columella dicit, octo annorum aetate transacta. videtur mihi unoquoque auno sicca, infructuosa, cum aliqua debilitate nascentia debere resecari. (3) quod si fructus arbor laeta non adferet, terebretur Gallica terebra usque ad medullam foramine inpresso, cui oleastri informis talea vehementer artetur et ablaqueatae arbori amurca insulsa vel vetus urina fundatur. hoc enim velut coitu steriles arbores uberantur, quas tamen durante malitia oportebit inserere. hoc mense fossas rivosque purgabimus.

9. remedium, si uva conpluta est Graeci iubent, si uvam nimius imber infuderit, posteaquam mustum eius primo ardore fervebit, ut ad alia vascula trans-

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starke belässt, so dass, wenn die Mutterpflanze alt wird, ein ausgewählter ihre Stelle übernehmen kann. Alternativ kann ein Baum, der dank der um ihn aufgeschütteten Erde besser genährt ist und seine eigenen Wurzeln entwickelt hat, als junger Baum verpflanzt werden und so zur Schaffung eines Ölbaumhaines beitragen, ohne dass man sich um ein Pflanzbeet kümmern muss. Jetzt soll den Ölbaumhainen Mist gegeben werden, wenn er verfügbar ist, und zwar ganze 3 Jahre lang, vor allem an kalten Orten. 6 PfundM Ziegenmist oder 1 ScheffelM Asche werden jeweils für einen Baum ausreichen. Moos soll immer von den Bäumen abgekratzt werden, und sie sollen auch beschnitten werden, und zwar nach ColumellaN [5.9.15] nach Ablauf von 8 Jahren. Mir aber scheint, dass in jedem Jahr die Teile, die trocken, unfruchtbar oder in ihrem Wachstum irgendwie defekt sind, weggeschnitten werden sollen. (3) Wenn ein gesunder Baum keine Frucht trägt, soll mit einem gallischenO BohrerV bis zur markigen Mitte gebohrt werden [vgl. 3.17.7], und da hinein sollen Abschnitte von wilden Ölbäumen gedrückt und festgebunden werden. Wenn der Baum durch Bodenlockerung behandelt wurde, soll ungesalzener Ölschaum oder alter Urin ausgegossen werden, denn durch diese Art von Koitus sind sozusagen unfruchtbare Bäume wieder fruchtbar gemacht worden. Wenn ihr andauernder Unwille bestehen bleibt, sind sie zu pfropfen. In diesem Monat werden wir Gruben und Bachbetten reinigen. 9. Heilmittel, wenn die Traube verregnet ist Die Griechen weisen an, man solle, wenn ein übermäßiger Regen die Trauben genässt hat, deren Most nach seiner ersten Gärung in andere Behälter umgießen. So wird das

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feratur. ita propter naturae gravitatem remanens aqua subsidet et translatum vinum pure servabitur relicto, quicquid se illi ex imbre miscuerat.

10. de oleo viridi faciendo et laurino (1) nunc oleum viride faciemus hoc genere: olivam quam recentissimam, cum varia est, colligis et, si diebus aliquot collegeris, expandis, ne calefiat. si qua ibi putris aut sicca est, removes. ubi vero conpleveris modum factorii, sales tritos vel non tritos, quod est melius, in olivam eandem mittis per decem modios tres salis et molis primo et sic salitam in novis canistris esse patieris, ut pernoctet cum salibus et ducat in se eosdem sapores; ac mane premi incipiat olei meliorem fluxum redditura salis sapore concerto. (2) canales sane et omnia receptacula olei calida aqua prius lavabis, ut nihil de anni praeteriti rancore custodiant. focos etiam non propius admovebis, ne olei saporem fumus inficiat. nunc mense postremo locis siccis et calidis ad oleum faciendum lauri bacas legemus.

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Wasser wegen seiner natürlichen Schwere [aufgrund seines im Vergleich zu Most höheren spezifischen Gewichts] am Boden bleiben, während der umgegossene Wein von all dem rein gehalten wird, was der Regen eingemischt hat. 10. Herstellung von grünem und von Lorbeeröl (1) Jetzt werden wir grünes Öl in der folgenden Weise machen: Man sammelt die Oliven, während sie gesprenkelt sind, so frisch wie möglich, und wenn man sie über mehrere Tage gesammelt hat, breitet man sie aus, damit sie nicht warm werden. Alle faulen oder trockenen Oliven muss man entfernen. Sobald man die richtige Menge für den Herstellungsraum [vgl. 1.20] hat, fügt man auf 10 ScheffelM Oliven 3 ScheffelM Salz – gemahlen oder nicht; letzteres ist besser – hinzu und zerreibt sie erstmals. Man wird sie gesalzen, wie sie sind, in neue Körbe aus Rohrgeflecht legen, wo sie die Nacht in dem Salz liegen und seinen Geschmack annehmen, und am Morgen soll man mit der Pressung anfangen; es wird einen besseren Ölfluss geben, da der Geschmack des Salzes absorbiert wurde. (2) Selbstverständlich wird man zuvor die Rinnen und all die Behälter für das Öl mit heißem Wasser auswaschen, damit sie keine Ranzigkeit aus dem Vorjahr enthalten. Man wird sie auch nicht zu nahe ans Feuer bewegen, damit der Rauch den Geschmack des Öls nicht verdirbt. Jetzt am Ende des Monats sammeln wir an trockenen heißen Orten Lorbeerbeeren für die Herstellung von Öl.

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11. de hortis (1) mense Octobri serenda sunt intiba, quae hiemi serviant. amant umores et terram solutam. harenis et salsis locis atque maritimis summa proveniunt. area his planior adparetur, ne radices eorum terra fugiente nudentur. quattuor foliorum transferantur ad locum stercoratum. tunc plantae cardui ponuntur; quas cum ponemus, radices earum summas ferro resecamus ac fimo tinguimus; ternum pedum spatio separamus incrementi causa pedali scrobe depositas binas aut ternas. cinerem saepe sub hieme diebus siccis fimumque miscebimus. (2) hoc mense senapi seremus. terram diligit aratam et, si fieri potest, congesticiam, quamvis ubicumque nascatur. sarculari debet adsidue, ut respergatur pulvere, quo fovetur. non minus gaudet umore. de quo semen legere disponis, suo loco esse patieris; quod ad escam parabis, robustius facies transferendo. in senapi vetus semen inutile est vel sationi vel usui; quod dentibus fractum si intus viride videbitur, novum est; si album fuerit, vetustatem fatetur. (3) hoc mense malva serenda est, quae occursu hiemis ab incrementi longitudine reprimetur. loco pingui delectatur et

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Gartenbau 11. Gärten (1) Im Oktober sollen Wegwarten gesät werden, um im Winter dienen zu können. Sie lieben Feuchtigkeit und lockeren Boden; sie wachsen am besten an sandigen, salzigen und maritimen Orten. Ein recht ebener Bereich soll für sie vorbereitet sein, so dass ihre Wurzeln keinen Bodenrutschungen ausgesetzt sind. Wenn sie vierblättrig sind, sollen sie an einen Ort übertragen werden, der gedüngt worden ist. Jetzt sind die Kardensetzlinge auszusetzen. Wenn wir sie aussetzen, kürzen wir die Spitzen der Wurzeln mit einem Eisen[messer] und tauchen sie in Mist. Wir platzieren sie im Abstand von 3 FußM zugunsten des Wachstums und legen je 2 oder 3 in einer Grube in 1 FußM Tiefe. An trockenen Wintertagen werden wir oft Asche und Kot hinzumischen. (2) In diesem Monat werden wir Senf säen. Er schätzt gepflügten Boden oder, wenn möglich, Mischboden, obwohl er überall wächst. Es muss wiederholt gehackt werden, damit er mit Staub bestreut wird, der ihn fördert. Er freut sich nicht weniger über Feuchtigkeit. Die Pflanzen, aus denen man Samen gewinnen will, wird man an Ort und Stelle lassen, diejenigen aber, die man als Nahrungsmittel vorbereitet, wird man durch die Umpflanzung kräftigen. Alte Senfsamen sind sowohl für die Aussaat als auch für die Verwendung [als Nahrungsmittel] wertlos. Wenn man sie zwischen den Zähnen zerknackt, erkennt man frische daran, dass sie im Inneren grün sind, alte an ihrer weißen Farbe. (3) In diesem Monat wird Malve gesät werden; sie wird durch das Einsetzen des Winters von einem Längenwachstum abgehalten werden. Sie erfreut sich an einem fetten

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umido, gaudet laetamine. transferuntur plantae eius, cum coeperint folia quattuor habere vel quinque. melius conprehendit eius planta, quae tenera est; maior enim translata languebit. sapor illis melior est, si non transferantur. sed ne cito erigantur in caulem, in medio earum glebulas constitues aut lapillos. rara ponenda est, sarculo delectatur adsiduo. sic liberandae sunt herbis, ne motum sentiant in radice. si transferendis plantis nodum facias in radice, sessiles fient. (4) nunc etiam locis temperatis et calidis anetum seremus. cepullae seruntur et hoc mense vel menta et pastinaca, thymum et origanum et cappar mensis initio. item betam locis siccioribus nec non armoraceam seremus vel transferemus ad culta, ut melior fiat; nam haec agrestis est rafanus. (5) nunc porrum verno satum transferre debemus, ut crescat in capite. sane sarculis circumfodiatur adsidue et conprehensa porri planta velut tenacibus adlevetur, ut inanitas spatii, quae radicibus suberit, incremento capitis subpleatur. ocimum quoque etiam nunc seremus, quod citius nasci fertur hoc tempore, si aceti imbre leviter spargatur infusum.

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und feuchten Ort und genießt es, gedüngt zu werden. Ihre Setzlinge werden umgepflanzt, wenn sie anfangen, 4 oder 5 Blätter zu haben; besser wird ein Setzling wachsen, der noch jung ist; ein älterer welkt, wenn er verpflanzt wird. Ihr Aroma ist allerdings besser, wenn sie nicht umgepflanzt werden. Um zu verhindern, dass sie in den Stiel schießen, wird man kleine Schollen oder Steinchen in ihre Mitte platzieren. Man soll sie gut verteilt einstellen; sie genießen es, wenn der Boden um sie ständig gehackt wird. Man muss sie so von Unkraut befreien, dass ihre Wurzel keine Bewegung spürt. Wenn man beim Umpflanzen einen Knoten in die Wurzel der Setzlinge macht, werden sie in die Breite wachsen. (4) Ebenfalls jetzt werden wir an gemäßigten und an heißen Orten Dill säen. Zwiebeln werden in diesem wie in anderen Monaten gesät, auch Minze, Möhren, Thymian, Oregano und Kapern zu Beginn des Monats. Ebenso werden wir an trockeneren Orten Bete und auch wilden Rettich säen oder auf Ackerland umsetzen, um ihn zu verbessern; er ist ja die unkultivierte Form von Rettich. (5) Jetzt müssen wir Lauch, der im Frühjahr gesät wurden, verpflanzen, damit die Köpfe [Knollen] wachsen. Selbstverständlich soll er mit ständigem Hacken umgegraben werden, und die Lauchpflanzen sollen etwa mit einer Zange ergriffen und angehoben werden, so dass der leere Raum unter den Wurzeln mit dem Wachstum eines Kopfes [Knolle] gefüllt wird. Ebenfalls jetzt werden wir Basilikum säen; man sagt, es keime zu dieser Zeit schneller, wenn es angefeuchtet und leicht mit Essigregen besprenkelt wird.

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12. de pomis (1) cui placet curas agere saeculorum, de palmis cogitet conserendis. hoc igitur mense dactylorum non veterum sed novorum ac pinguium recentia ossa debebit obruere, terrae cinerem miscere. si plantam velit, ponenda est Aprili mense vel Maio. locis delectatur apricis et calidis. fovenda est, ut crescat, umore. terram solutam vel sabulonem requirit, ita tamen, ut, quando planta disponitur, circa eam vel sub ea pinguis terra fundatur. annicula transferatur aut bima Iunio mense, incipiente vel Iulio. (2) circumfodiatur adsidue et rigatione continuos aestatis vincat ardores. aquis palmae aliquatenus salsis iuvantur, quae infici debent salibus, etiam si tales eas natura non praebuit. si aegra est arbor, faeces vini veteris ablaqueatae oportet infundi vel radicum supervacua capillamenta decidi vel cuneum salicis interfossis radicibus premi. constat autem locum prope nullis utilem fructibus, in quo palmae sponte nascuntur. (3) pistacia seruntur autumno mense Octobri et subole et nucibus suis; sed melius ipsa pistacia iuncta ponuntur, mas ac femina. marem dicunt, cui sub corio velut ossei longi

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Obstbau 12. Obstbäume (1) Wenn jemand die Möglichkeit vorsehen möchte, etwas für die Nachwelt zu pflanzen, soll er an die Aussaat von Dattelpalmen denken. Diesen Monat wird er frische Kerne – nicht die von alten Datteln, sondern fette neue – eingraben und Asche in den Boden mischen müssen. Wenn er einen Trieb nutzen möchte, soll der im April oder Mai gepflanzt werden. Die Dattelpalme genießt sonnige, heiße Orte. Sie braucht eine Förderung durch Feuchtigkeit, um zu wachsen. Lockere Erde oder Grobsand ist, was sie erfordert, doch mit der Maßgabe, dass um eine junge Pflanze, die ausgesetzt wird, herum oder unter sie fette Erde geschüttet wird. Sie soll, wenn sie 1 oder 2 Jahre alt ist, umgesetzt werden, im Juni oder Anfang Juli. (2) Um sie herum soll ständig gegraben und bewässert werden, damit sie die unermüdliche Sommerhitze übersteht. Dattelpalmen kann man zu einem gewissen Grad mit Salzwasser helfen; ihr Wasser soll, wenn die Natur nicht salzig ist, mit Salz eingegossen werden. Wenn der Baum kränklich ist, soll alter Weinbodensatz um ihn herum gegossen werden, sobald die Bodenlockerung durchgeführt worden ist, oder es sollen überflüssige Wurzeln abgeschnitten werden oder es soll ein Keil aus Weidenholz in die durchbohrten Wurzeln gedrückt werden. Es ist allgemein bekannt, dass ein Ort, am dem Dattelpalmen spontan wachsen, für nahezu keine anderen Früchte von Nutzen ist. (3) Pistazienbäume werden im Herbst vermehrt, im Oktober, sowohl aus Trieben als auch aus ihren Nüssen. Der bessere Weg ist es, wenn Pistazienbäume in Paaren gepflanzt werden, männlich und weiblich. Als männlich bezeichnet

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videntur latere testiculi. qui diligentius facere voluerit, pertusos caliculos et stercorata terra repletos parabit et in his pistacia terna constituet, ut ex omnibus germen quodcumque procedat; quod, ubi convaluerit planta, hinc facilius transferatur mense Februario. amat locum calidum, sed umectum, et rigatione gaudet et sole. inseritur terebintho mense Februario vel Martio; [ut] alii et amygdala inseri posse firmarunt. (4) cerasus amat caeli statum frigidum, solum vero positionis umectae. in tepidis regionibus parva provenit. calidum non potest sustinere. montana vel in collibus constituta regione laetatur. cerasi plantam silvestrem transferre debemus mense Octobri vel Novembri et eam primo Ianuario, cum conprehendit, inserere. plantaria vero creari possunt, si praedictis mensibus spargantur poma, quae summa facilitate nascentur. (5) ego sic huius arboris facilitatem probavi, ut virgulta ex ceraso pro adminiculis per vineam posita in arborem prosiluisse confirmem. et Ianuario mense seri potest. inseritur mense Novembri melius vel, si necesse sit, extremo Ianuario. alii et Octobri inserendam esse dixerunt. Martialis in trunco inseri iubet; mihi inter corticem et lignum feliciter semper evenit. qui in trunco inserunt, sicut Martialis dicit, omnem lanuginem, quae circa est, auferre debebunt; quam,

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man diejenigen, die Hoden unter ihrer Rinde verborgen zu haben scheinen, die aussehen, als seien sie längliche Knochen. Wer sie besonders sorgfältig pflanzen will, wird Gefäße mit Löchern im Boden vorbereiten, mit gedüngter Erde gefüllt, und in jedes davon 3 Pistazien so einpflanzen, dass eine Art Keimling aus allen von ihnen wachsen kann; die Pflanze kann leichter von hier umgepflanzt werden, sobald sie stark geworden ist, und zwar im Monat Februar. Sie liebt einen warmen, aber feuchten Ort, und genießt Bewässerung und Sonne. Sie wird im Februar oder März auf Terpentinpistazienbäume gepfropft. Andere haben festgestellt, dass sie auch auf Mandelbäume gepfropft werden kann. (4) Der Kirschbaum liebt ein kaltes Klima und Boden in einer feuchten Lage. In warmen Regionen wird er nicht groß; er kann Hitze nicht ertragen. Er genießt eine bergige Region oder eine in Hügeln. Wir sollen im Oktober oder November den Steckling eines jungen Wildkirschbaums auspflanzen und Anfang Januar pfropfen, nachdem er herangewachsen ist. Kirschbaumsetzlinge können heranwachsen, wenn die Früchte in den genannten Monaten ausgestreut werden, da sie sehr leicht keimen. (5) Nach meiner Erfahrung mit der einfachen Natur dieses Baumes kann ich bestätigen, dass Stäbe aus Kirschbaumholz, als Stützen im Weingarten platziert, sich zu Bäumen entwickelt haben. Er kann auch im Januar gesät werden. Es ist besser, ihn im November oder, falls erforderlich, Ende Januar zu pfropfen. Andere haben gesagt, dass der Oktober auch eine Zeit für die Propfung sei. MartialisN weist an, dass er im Stamm gepfropftV werden soll; für mich hat sich die Pfropfung zwischen Rinde und Holz immer als erfolgreich herausgestellt. Diejenigen, die in den Stamm pfropfen, wie MartialisN sagt, werden alle Bohrspäne rund um das Transplantat zu entfernen haben; er gibt

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si remanserit, insitis nocere manifestat. (6) in cerasis hoc servandum et in omnibus gumminatis, ut tunc inserantur, quando his vel non est vel desinit gummen effluere. cerasus inseritur in se, in pruno, in platano, ut alii, in populo. amat scrobes altas, spatia largiora, adsiduas fossiones. putari in ea putria et sicca debebunt vel, quae densius artata protulerit, ut rarescat. fimum non amat atque inde degenerat. (7) cerasia ut sine ossa nascantur, fieri Martialis hoc dicit: arborem teneram ad duos pedes recides et eam usque ad radicem findes, medullam partis utriusque ferro curabis abradere et statim utrasque partes in se vinculo stringis et oblinis fimo et summam partem et laterum divisuras. post annum cicatrix ducta solidatur. hanc arborem surculis, qui adhuc fructum non adtulerunt, inseris et, ut adserit, ex his sine ossibus poma nascentur. si cerasus concepto umore putrescit, in trunco foramen accipiat, quo possit educi. (8) si formicas patitur, sucum portulacae debebis infundere cum aceti media parte permixtum vel vini faecibus truncum arboris florentis adlinere. si aestu canicularium fatigatur, trium fontium singulos sextarios sumptos post solis occasum radicibus arboris iubeamus influere sic, ne remedium luna deprehendat. vel herbam symfoniacam circa arboris truncum torquebimus

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an, dass es dem Transplantat schadet, wenn sie bleiben. (6) Bei Kirschbäumen und allen anderen gummihaltigen [also Harz austränenden] Bäumen muss man sicher sein, dann zu pfropfen, wenn sie keinen Gummi [Harz] haben oder wenn er aufgehört hat herauszufließen. Kirschbaum wird auf sich selbst gepfropft, auf Pflaum- und Platanenbaum, nach anderen auf Pappel. Er liebt eine tiefe Grube, recht großzügigen Abstand und ständige Umgrabung. Morsche oder trockene Teile müssen abgeschnitten werden, ebenso Zweige, die zu dicht gedrängt stehen, um den Baum zu öffnen. Er schätzt Kot nicht und wird von diesem Schaden erleiden. (7) MartialisN sagt, Kirschen ohne Steine [Kerne; vgl. 3.29 zu kernlosen Trauben] könne man auf folgende Art anbauen: Man schneidet einen jungen Baum auf 2 FußM zurück und spaltet ihn bis zur Wurzel hinab, kratzt das Mark auf beiden Seiten sorgfältig mit einem Eisen[messer] heraus, bindet sie dann sofort zusammen und streicht Mist auf die Oberseite und die Schlitze an den Seiten. Nach einem Jahr ist die Wunde verheilt. Man pfropft diesen Baum dann mit Pfropfreisern, die noch keine Frucht getragen haben, und der Baum – so behauptet er – wird so Früchte ohne Steine hervorbringen. Wenn ein Kirschbaum wegen der Aufnahme von Feuchtigkeit morsch wird, soll man ein Loch in seinen Stamm machen, durch das die Flüssigkeit ablaufen kann. (8) Wenn er unter Ameisen leidet, muss man Portulaksaft, mit der halben Menge von Essig gemischt, aufgießen oder den Stamm des blühenden Baumes mit Weinbodensatz bestreichen. Wenn er durch die Hitze der HundstageK ermüdet ist, wird man Wasser aus 3 Quellen sammeln – jeweils 1 KrugM von jeder – und nach Sonnenuntergang an die Wurzeln des Baumes gießen, ohne dass Mondlicht auf das Heilmittel scheint, oder man wird Stinkendem Nachtschatten

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in coronam vel ex ea iuxta imum codicem cubile faciemus. cerasia non aliter quam in sole usque ad rugas siccata servantur.

(9) mense Octobri aliqui mali arborem calidis et siccis regionibus ponunt et cydonea circa Novembres Kalendas et sorbum vel amygdala in seminariis obruunt et pini semen aspergunt. hoc mense poma condienda sunt atque servanda eo more, quo in singulorum titulis continetur, vel ut quaeque matura processerint.

13. de apibus hoc etiam mense alvearia castrabuntur more quo dictum est. quae tamen oportet inspicere et, si abundantia est, demere, si mediocritas, partem mediam relinquere pro hiemis inopia; si vero sterilitas adparet in cellis, nil prorsus auferre. mellis vero et cerae superius est demonstrata confectio.

14. quae Graeci vel alii super vina condienda curandaque dixerunt (1) ne lecta praeteream, quae Graeci sua fide media de con-

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in einem Kranz um den Baumstamm binden oder ein Beet davon unten nahe am Stamm anlegen. Kirschen kann man ausschließlich dadurch konservieren, dass man sie in der Sonne trocknet, bis sie schrumpeln. (9) Im Oktober pflanzen einige Leute in heißen, trockenen Gegenden Apfel- und am Monatsende Quittenbäume; sie pflanzen Speierlinge und Mandeln in Saatbeete und streuen Pinienkerne aus. In diesem Monat oder wenn sie jeweils reif werden, sollen Früchte eingelagert und mit den im jeweils einschlägigen Abschnitt beschriebenen Verfahren getrocknet werden.

Imkerei 13. Bienen In ebenfalls diesem Monat werden die Bienenstöcke in der oben [7.7] beschriebenen Weise »kastriert« werden. Man soll sie inspizieren und heranziehen, wenn es eine Fülle [von Honig] gibt; wenn es nur eine mäßige Menge ist, belässt man die Hälfte für den winterlichen Mangel, wenn sich aber in den Waben Sterilität zeigt, gar keine wegnehmen. Die Zubereitung von Honig und Wachs wurde oben [7.7] erläutert.

Sonstiges 14. Was Griechen oder andere über das Würzen und Zubereiten von Weinen gesagt haben (1) Um nichts auszulassen, was ich bei meiner Lektüre gesammelt habe, war ich darauf bedacht darzulegen, was die

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diendi vini genera disputarunt, demonstrare curavi; qui vini naturam tali ratione discernunt et hanc in eo volunt esse distantiam, ut, quod dulce est, gravius dicant, quod album et aliquatenus salsum, convenire vesicae, quod croceo colore blanditur, digestioni accommodum, quod album et stypticum, prodesse stomacho laxiori; transmarinum pallorem facere et tantum sanguinem non creare; uvis nigris fieri forte, robeis suave, albis vero plerumque mediocre. (2) in condiendo ergo vino aliqui Graecorum mustum decoctum ad medietatem vel tertiam partem vino adiciunt. alii Graeci ita iubent, aquam marinam mundam de puro et quieto mari, quam anno ante conpleverint, reservari; cuius talem esse naturam, ut et salsedine vel amaritudine per hoc tempus careat et odore et dulcis fiat aetate. (3) ergo eius octogesimam partem musto admiscent et gypsi quinquagesimam. post tertiam deinde diem fortiter commovent ac pollicentur non aetatem solum vino, sed splendorem quoque coloris adferre. oportet autem nona quaque die vinum moveri atque curari vel, si tardius, undecima. frequens enim respectus faciet iudicare, utrum vendenda sit species an tenenda. quidam resinae siccae tritae uncias tres dolio inmergunt et permovent et vina diuretica sic fieri posse persuadent. (4) mustum vero, quod per pluvias frequentes leve est, sic curari debere iusserunt, quod probari gustu ipsius poterit: omne mustum decoqui iubent, donec pars eius vi-

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Griechen mit der ihnen eigenen Autorität an Methoden für die Würzung von Wein vorgeschlagen haben. Sie nehmen bei den Arten von Wein nach dem folgenden System Unterscheidungen vor und wollen, dass folgende Differenzierung bei ihnen besteht: Was süß ist, nennen sie recht schwer; was weiß und etwas salzig ist, sei – so sagen sie – gut für die Blase; was eine attraktive gelbe Farbe hat, sei gut für die Verdauung; was weiß und adstringierend ist, sei hilfreich für einen losen Unterbauch [Durchfall]. Wein aus Übersee bringe Blässe hervor und erzeuge nicht so viel Blut; aus schwarzen Trauben komme robuster, aus roten süßer Wein, aus weißen aber in der Regel nur eine mittelmäßige Art. (2) In Gewürzwein fügen einige Griechen dann Most, der auf 1/2 oder 1/3 eingekocht ist, dem Wein hinzu. Andere Griechen geben die folgenden Anweisungen: Sauberes Meerwasser von einer klaren ruhigen See wird ein Jahr im Voraus in Gefäße geschüttet und eingelagert. Seine Natur ist so, dass es in dieser Zeit seine Salzigkeit und Bitterkeit und seinen Geruch verliert und mit dem Alter süß wird. (3) Dann mischen sie 1/80 davon mit dem Most und 1/50 Gips. Nach dem 3. Tag rühren sie dies dann kräftig um und schwören, dass dies dem Wein nicht nur Langlebigkeit, sondern auch Helligkeit der Farbe verleiht. Der Wein soll jedoch an jedem 9. Tag geschüttelt und überprüft werden, spätestens an jedem 11. Tag. Die häufige Kontrolle ermöglicht es einem nämlich zu beurteilen, ob diese bestimmte Art verkauft oder noch zurückgehalten werden soll. Einige Autoritäten werfen 3 UnzenM pulverisiertes trockenes Harz in ein Gefäß und rühren es um; sie sind davon überzeugt, dass Wein auf diese Weise zum Diuretikum gemacht werden kann. (4) Most, der wegen häufigen Regens wässrig ist, müsse – so lehren sie – auf folgende Weise verbessert werden, die man durch den Geschmack des Mostes erproben kann [vgl. 11.9]: Sie be-

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cesima possit absumi; melius quoque fieri, si centesimam partem gypsi adicias; Lacedaemonios vero eo usque decoquere, donec vini quinta pars pereat, et quarto anno usibus ministrare. (5) suave vinum de duro fieri docent, si hordeacei pollinis quiatos duos simul cum vino subactos mittas in vini vasculo et hora una ibi esse patiaris. aliqui faeces vini dulcis admiscent. aliqui addunt glycyridiae siccae aliquantum et utuntur, cum diu vasorum commotione miscuerint. vinum quoque intra paucos dies optimi odoris effici, si bacas myrti agrestis montanas, siccas et tunsas mittas in cado et decem diebus requiescere patiaris; tunc coles et utaris. vitis etiam flores arbustivae collectos in umbra siccare curabis. tunc diligenter tusos et cretos habebis in vasculo novo, et cum volueris, tribus cadis unam floris mensuram, quam Syri choenicam vocant, adicis et superlines dolium et sexta vel septima die aperies et uteris. (6) vinum fieri ad potandum suave ita docent: feniculi vel satureiae singulorum congruum modum vino inmergi atque turbari vel fructum, quem duae nuces pineae produxerint, torrefactum et linteo ligatum mitti in vasculo ac superlini et usui esse quinque diebus exactis. (7) vinum autem velut vetus effici de novello, si amygdala amara, absentium, pini frugiferi gummen, fenum Graecum simul frigas, quantum sufficere aestimaris,

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stimmen, dass der Most einkocht werden muss, bis 1/20 der Gesamtmenge entfernt ist. Er werde auch besser, wenn man 1/100 Gips hinzufügt. Die LakedämonierO jedoch – so sagen sie – kochen ihn ein, bis 1/5 des Weins entfernt ist, und bringen ihn im 4. Jahr zur Nutzung. (5) Sie lehren, dass süßer Wein aus herbem gemacht werde, wenn man 2 SchöpfkellenM Gerstenmehl mit etwas Wein zu einer Paste verarbeitet, in das Gefäß mit Wein legt und 1 StundeK lang dort belässt. Einige Autoritäten mischen Weinbodensatz von süßem Wein hinzu. Einige fügen eine bestimmte Menge an trockener Süßholzwurzel hinzu und verwenden den Wein nach dem Mischen, indem sie die Gefäße lange schütteln. Man kann – so sagen sie – Wein auch innerhalb von wenigen Tagen einen ausgezeichneten Duft geben, wenn man einige getrocknete und zerkleinerte Beeren der wilden Bergmyrte in das Gefäß wirft und 10 Tage lang dort lässt; dann gießt man den Wein ab und verwendet ihn. Man könne auch die Blüten von Rebstöcken aus einem arbustumA sammeln und im Schatten trocknen; dann würden sie sorgfältig zerkleinert, gesiebt und in einem neuen Gefäß aufbewahrt. Wenn man dies wolle, könne man 1 DritteleimerM – die Syrer nennen dieses Maß »choenica« – zu 3 FassM Wein hinzufügen, den Behälter verschließen, nach dem 6. oder 7. Tag öffnen und verwenden. (6) Sie lehren, Wein werde wie folgt für das Trinken süß gemacht: Passende Mengen an Fenchel und Bohnenkraut werden in den Wein getaucht und umgerührt, oder aber die Nüsse [Kerne] von 2 Pinienzapfen werden – gebacken und in ein Tuch gebunden – in das Gefäß platziert und verschlossen; dies sei nach dem Ablauf von 5 Tagen gebrauchsfertig. (7) Darüber hinaus wird neuer Wein zur Erscheinungsform von altem gebracht, wenn man eine ausreichend scheinende Menge Bittermandel, Wermut, Gummi [Harz] einer Frucht tragenden Pinie und Bocks-

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et pariter tundas et ex his unum quiatum per amforam mittas; et magna vina conficies. si vero senseris peccatura, huic confectioni aloën, murram, crocomagma singula modis aequalibus tusa et in pulverem redacta cum melle miscebis et uno quiato unam amforam condire curabis. (8) anniculum quoque vinum ut longam simulare videatur aetatem, meliloti unciam unam, glycyridiae uncias tres, nardi Celtici tantundem, aloës epatites uncias duas tundis et cernis et in sextariis quinquaginta coclearia sex reconde et vas ponis in fumo. (9) in album colorem vina fusca mutari, si ex faba lomentum factum vino quis adiciat vel ovorum trium lagunae infundat alborem diuque commoveat; sequenti die candidum repperiri. quod si ex Afra pisa lomentum adiciatur, eadem die posse mutari. (10) vitibus quoque hanc esse naturam, ut alba vel nigra, si redigantur in cinerem vinoque adiciantur, ei unamquamque formam sui coloris possint inponere, ut ex nigra fuscum, candidum vero reddatur ex alba, ea ratione scilicet, ut conbusti sarmenti cineris modii unius mensura mittatur in dolio, quod habebit amforas decem, et triduo sic relictum post operiatur ac lutetur; album vel, si ita visum fuerit, nigrum repperiri quadraginta diebus exactis. (11) vinum quoque adserunt ex molli forte sic fieri: althaeae, hoc est ibisci, folia vel radices aut eius caulem tenerum decoctum mitti aut gypsum aut ciceris cotulas duas

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hornklee dörrt, zusammen zerdrückt und 1 SchöpfkelleM dieser Mischung auf 1 AmphoreM gibt: So wird man große Weine machen! Aber wenn man das Gefühl hat, dass Weine dabei sind zu verderben, wird man mit diesem Rezept gleiche Mengen von Aloë, Myrrhe und Rückständen von Safranöl zerkleinern, zu Pulver reduzieren und dann zusammen mit Honig vermischen; man verwendet 1 SchöpfkelleM dieser Mischung, um 1 AmphoreM Wein zu würzen. (8) Um 1 Jahr alten Wein als langlebig erscheinen zu lassen, zerstößt und siebt man 1 UnzeM Steinklee, 3 UnzenM Süßholzwurzel, die gleiche Menge an keltischerO Narde und 2 UnzenM Leberaloë, gibt 6 Esslöffel davon in 50 KrugM Wein und stellt den Behälter in den Rauch. (9) Dunkler Wein kann – so sagen sie – zu weißem geändert werden, wenn man Mehl zum Wein hinzufügt oder 3 Eiweiß in 1 KrugM gießt und eine lange Zeit umrührt; am nächsten Tag wird man feststellen, dass er nur mehr schwach gefärbt ist. Aber wenn stattdessen das Mehl der [nord]afrikanischenO Erbse hinzugefügt wird, kann es am gleichen Tag die Farbe ändern. (10) Sie sagen auch, die Natur der Rebstöcke sei derart, dass ein weißer oder schwarzer, zu Asche reduziert und in den Wein geworfen, seine jeweils eigene Farbe auf den Wein übertrage, so dass er von einem schwarzen Rebstock dunkel gemacht werde und von einem weißen hell. Die Methode bestehe darin, dass man 1 ScheffelM des verbrannten Rebstocks in ein Fass legt, das 10 AmphorenM Platz bietet, und nachdem es dort 3 Tage belassen worden ist, das Fass mit Schlamm abdichtet; dann werde man den Wein nach dem Ablauf von 40 Tagen weiß – oder, so man dies beabsichtigt habe, schwarz – vorfinden. (11) Sie behaupten auch, dass milder Wein wie folgt stark gemacht werde: Blätter oder Wurzeln oder zarte Stiele von Eibisch, also Hibiskus, werden gekocht und in den Wein gegeben, oder Gips oder 2 SchoppenM Platterbse

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aut cupressi pilulas tres aut buxi folia, quantum manus ceperit, aut apii semen aut cinerem sarmentorum, cui vis flammae corpus reliquit exile omni soliditate detracta. (12) vinum vero ea die ex austero limpidum atque optimum fieri, si grana piperis decem, pistacia viginti adiecto modico vino simul conteras et in sex vini sextarios mittas diu omnibus ante commotis, tunc requiescere patiaris et coles usui mox futurum. item faeculentum statim limpidum reddi, si septem pini nucleos in unum vini sextarium mittas diuque commoveas et paululum cessare patiaris; mox sumere puritatem colarique debere et in usum referri. (13) item [vinum] quod Cretensibus oraculum Pythii Apollinis monstrasse memoratur, fieri mustum sic candidum et sumere vetustatis saporem. squinuanthos uncias quattuor, aloës epatites uncias quattuor, masticis optimae unciam unam, cassiae fistulae unciam unam, spicae Indicae semunciam, murrae optimae unciam unam, piperis unciam unam, turis masculi non rancidi unciam unam; tundis universa et in tenuissimum pulverem cribro excutiente deducis. (14) cum vero mustum ferbuerit, despumabis et omnia uvarum grana, quae fervor in summum regessit, expelles. tunc gypsi triti atque cribrati tres Italicos sextarios mittes in vini amforas decem, prius tamen partem quartam vini condiendi in alia vasa transfundis et ita gypsum adicies et dolium viridi ac radicata canna per biduum fortiter agitabis. (15) tertia vero die ex supra scriptis pulveribus quaterna coclearia conpleta modestius in denas vini amforas mittis et vini, sicut supra

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oder 3 Kugeln [Zapfen] von Zypressen oder eine Handvoll Buchsbaumblätter oder Selleriesamen oder die Asche von Rebstecklingen, die von der Kraft der Flammen zu Pulver geworden seien, nach Entfernung aller Feststoffe. (12) Man sagt, saurer Wein werde an ein und demselben Tag klar und exzellent gemacht, wenn man 10 Pfefferkörner und 20 Pistazien, mit ein wenig Wein zusammen zermahlen, in 6 KrugM Wein legt, nachdem man ihn zuerst für lange Zeit umgerührt habe; dann solle man ihn ruhen lassen und abgießen, wenn man ihn nutzen wolle. Ebenso wird wolkiger Wein rasch geklärt, wenn man 7 Pinienkerne in 1 KrugM Wein legt, dies für lange Zeit umrührt und ein wenig stehen lässt; er wird schnell klar, soll dann abgegossen und verwendet werden. (13) Ebenso: Das Orakel des ApolloG hat – so wird gesagt [dies ist nur hier belegt] – den Kretern offenbart, dass auf folgende Weise Most geklärt werde und den Geschmack eines alten Weines erhalte: 4 UnzenM Kamelgras, 5 UnzenM Leberaloë, 1 UnzeM bester Mastix, 1 UnzeM Mutterzimtstängel, 1/2 UnzeM indischeO Narde, 1 UnzeM beste Myrrhe, 1 UnzeM Pfeffer, 1 UnzeM Weihrauch, nicht ranzig, werden genommen, zerrieben, zu feinstem Pulver reduziert und durch ein Sieb geseiht. (14) Wenn der Most vergoren ist, soll man ihn abschöpfen und alle Traubenkerne, die von der Gärung an die Oberfläche gebracht worden sind, wegwerfen. Dann legt man 3 italischeO KrugM zerriebenen und gesiebten Gips in 10 AmphorenM Wein, aber zuerst muss man 1/4 des Weins, der gewürzt werden soll, in andere Gefäße abgießen; man fügt den Gips hinzu und rührt den Behälter 2 Tage lang kräftig mit einem grünen Pfahlrohr, das Wurzeln hat. (15) Am 3. Tag legt man 4 gestrichene Esslöffel des oben genannten Pulvers in jeweils 10 AmphorenM Wein, fügt das Viertel des Weins hinzu, das man – wie eben

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scriptum est, quartam partem, quam alibi defuderas, superadicies et dolium replebis et item diu agitare curabis, ut specierum vis omne musti corpus inficiat. (16) tunc operies atque adlinis relicto brevi foramine, quo aestuantia vina suspirent. sed exemptis quadraginta diebus et hoc spiraculum claudis et deinde, cum libuerit, gustas. illud memento servare prae ceteris, ut, quotiens vinum movetur, investis puer hoc aut aliquis satis purus efficiat. linimentum quoque dolii non gypso sed sarmentorum cinere debebis inducere. (17) item vinum, quod salutare contra pestilentiam sit et stomacho prosit, fieri fertur hoc genere: in optimi musti metreta una, antequam ferveat, tusi absentii octo uncias linteo involutas demittis et exactis quadraginta diebus curabis auferre. id vinum refundis lagunis minoribus et uteris. (18) nunc condiunt primo amne musti spumantis egesto, quibus moris est gypso vina medicari. sed si natura lenius vinum est et saporis umecti, in centum congiis duos gypsi sextarios misisse sufficiet. quod si vinum nascitur virtute solidius, medietas abunde praedictis poterit satis esse mensuris.

15. rosatum sine rosa fieri nunc rosatum sine rosa facies sic: folia citri viridia sporta palmea missa in musti nondum ferventis vase deponis et

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angegeben – abgegossen hatte, und füllt so das Fass. Auch hier wird man sicherstellen, dass der Wein für eine lange Zeit bewegt wird, so dass die Kraft der Inhaltsstoffe die gesamte Menge des Mostes imprägnieren kann. (16) Dann wird man das Gefäß abdecken und verschließen, wobei man ein kleines Loch lässt, damit der gärende Wein atmen kann; nach 40 Tagen verschließt man auch dieses Luftloch und kostet, wenn man will, den Wein. Vor allem soll man sich daran erinnern sicherzustellen, dass ein noch nicht pubertierender Knabe oder jemand, der ausreichend keusch ist, das Umrühren übernimmt. Auch soll man den Behälter nicht mit Gips, sondern mit Asche aus zurückgeschnittenen Rebstöcken versiegeln. (17) Ebenso geben sie das folgende Rezept für einen Wein, der gegen Seuchen wirksam sein wird und die Verdauung unterstützt: In 1 FassM erstklassigem Most werden, bevor er gärt, 8 UnzenM zermahlener, in ein Tuch eingewickelter Wermut gelegt; wenn 40 Tage vergangen sind, stellt man sicher, dass er entfernt wird. Man gießt den Wein in kleinere Flaschen und verwendet ihn. (18) Jetzt würzen [den Wein], wenn der erste Schwall der Schaumbildung abgeschöpft wurde, die Leute, die aus der Behandlung von Wein mit Gips eine Tradition gemacht haben. Wenn der Charakter des Weines mild ist und er wässrig schmeckt, wird es genügen, 2 KrugM Gips auf 100 EimerM Wein zu geben. Wenn aber der Wein von Natur aus substantieller ist, wird die Hälfte dieser Menge völlig ausreichen. 15. Rosenwein ohne Rosen herstellen Jetzt wird man Rosenwein ohne Rosen wie folgt machen: Man legt grüne Blätter des Zitronenbaums in einen Palmen-Flechtkorb, taucht sie in ein Gefäß von Most, der

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claudes, et exemptis quadraginta diebus melle addito ad modum rosati, cum placebit, uteris.

16. de vinis pomorum hoc mense omnia, quae locis suis leguntur, ex pomis vina conficies. 17. de ynomelli (1) mustum de maioribus et egregiis vitibus post viginti dies, quam levatum fuerit ex lacu, quantum volueris, sumes et ei mellis non despumati optimi quintam partem prius tritam fortiter, donec albescat, admisces et [ex] canna radicata vehementer agitabis. (2) movebis autem sic per dies quadraginta continuos vel, quod est melius, quinquaginta, ita ut, cum moveris, mundo linteo tegas, per quod facile confectio aestuabunda suspiret. post dies ergo quinquaginta munda manu purgas, quodcumque supernatabit. in vasculo gypso diligenter includis et ad vetustatem reservas. (3) melius tamen, si in minora et picata vascula proximo vere transfundas et gypsata diligenter operias et in terrena et frigida cella recondas vel harenis fluvialibus vel eodem solo vascula ex aliqua parte summergas. hoc nulla vitiatur aetate, si tam diligenter effeceris.

18. de defrito, caroeno, sapa nunc defritum, caroenum, sapam conficies. cum omnia uno genere conficiantur ex musto, modus his et virtutem mutabit et nomina. nam defritum a defervendo dictum,

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noch nicht gärt, und verschließt dieses; 40 Tage danach kann man ihn nach der Zugabe von Honig in der für Rosenwein üblichen Menge [s. 6.13] verwenden, wenn man dies wünscht. 16. Weine aus Obst In diesem Monat wird man alle Obstweine herstellen, über die man in ihren jeweils eigenen Abschnitten lesen kann. 17. Honigwein (1) Man nimmt eine Menge von Most großer und besserer Rebstöcke 20 Tage, nachdem er aus der Kufe entfernt worden ist, und fügt 1/5 von erstklassigem, nicht abgeschöpftem Honig hinzu, der zuerst mit einem bewurzelten Röhricht so lange kräftig geschlagen worden ist, bis er weiß ist. (2) Auf diese Weise wird man ihn 40 oder besser 50 Tage lang einrühren, wobei man ihn nur mit einem sauberen Tuch abdeckt, damit die gärenden Inhalte leicht atmen können. Nach 50 Tagen entfernt man mit sauberen Händen alles, was auf der Oberfläche schwimmt. Dann verschließt man alles sorgfältig mit Gips in einem Gefäß und legt es beiseite, damit der Wein reift. (3) Es ist aber besser, wenn man den Wein im folgenden Frühjahr in kleinere verpichte Gefäße umgießt, die Gefäße vorsichtig mit Gips verschließt und in einem kalten unterirdischen Keller lagert oder zur Hälfte in Flusssand oder in den Boden eingräbt. Solange man dies sorgfältig durchführt, wird keinerlei Alterung diesen Wein verderben. 18. defritumL, caroenumL und sapaL Jetzt soll man defritumL, caroenumL und sapaL herstellen. Obwohl diese alle in der gleichen Weise aus Most gemacht werden, wird die verwendete Methode ihre Qualitäten und Namen ändern: defritumL, dessen Name von defervendum

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ubi ad spissitudinem fortiter despumarit, effectum est, caroenum: cum tertia perdita duae partes remanserint sapa, ubi ad tertias redacta descenderit; quam tamen meliorem facient cydonea simul cocta et igni subposita ligna ficulna.

19. de passo (1) passum nunc fiet ante vindemiam, quod Africa suevit universa conficere pingue atque iocundum; et quo ad conditum si utaris mellis vice, ab inflatione te vindices. leguntur ergo uvae passae quam plurimae et in fiscellis clausae iunco factis aliquatenus rariore contextu virgis primo fortiter verberantur. (2) deinde ubi uvarum corpus vis contusionis exsolverit, cocleae subposita sporta conprimitur. hinc passum est, quicquid efluxerit, et conditum vasculo mellis more servatur.

20. de cydonite (1) abiecto corio mala cydonea matura in brevissimas ac tenuissimas particulas recides et proicies durum, quod habetur interius. dehinc in melle decoques, donec ad mensuram mediam revertatur, et coquendo piper subtile conspergis. (2) aliter: suci cydoneorum sextarios duos, aceti sextarium unum semis et mellis duos sextarios misces ac decoques, donec tota permixtio pinguedinem puri mellis imitetur. tunc triti piperis atque zingiberis binas uncias miscere curabis.

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[Einkochen] kommt, entsteht, wenn Most kräftig zu einer dichten Konsistenz eingekocht worden ist, caroenumL, wenn 1/3 verschwunden ist und 2/3 bleiben, sapaL, wenn er auf 1/3 reduziert wurde. Er wird besser, wenn man Quitten mit ihm kocht und Feigenholz für das Feuer verwendet. 19. passumL (1) Jetzt wird vor der Weinlese passumL hergestellt werden; ganz [Nord-]AfrikaO macht regelmäßig fettes, köstliches passum. Wenn man es für Würzwein anstelle von Honig verwendet, wird man sich vor Blähungen schützen. Also: Die Trauben werden nach der Lese [laut Columella 12.39.1 auf Gestellen] getrocknet – je mehr desto besser – und in recht lose geflochtene Binsenkörbchen gelegt. Zuerst werden sie kräftig mit Ruten geschlagen. (2) Wenn dann den Körper der Trauben die Kraft der Schläge aufgebrochen hat, wird je ein Korbinhalt unter die Presse gelegt und ausgepresst. Was herausfließt, ist passum und wird in einem Gefäß wie Honig aufbewahrt. 20. Quittenwein (1) Nachdem man die Schale reifer Quitten verworfen hat, schneidet man die Früchte in sehr dünne Stückchen und wirft den harten Kern weg. Dann kocht man sie mit Honig ein, bis sie auf 1/2 reduziert worden sind, und streut beim Kochen fein gemahlenen Pfeffer auf. (2) Alternativ: Man mischt 2 KrugM Quittensaft, 1 1/2 KrugM Essig und 2 KrugM Honig und kocht diese ein, bis die gesamte Mischung in ihrer Konsistenz reinem Honig gleicht. Dann wird man dafür sorgen, dass je 2 UnzenM gemahlener Pfeffer und Ingwer eingemischt werden.

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21. de fermento musteorum servando ex novo tritico purgato farriculum facies et musto sub pedibus rapto curabis infundere, ita ut modio farris lagunam musti adicias; deinde sole siccabis et item similiter infundis ac siccas. hoc cum tertio feceris, panes ex eo brevissimos admodum facies musteorum et in sole siccatos vasculis novis fictilibus recondis et gypsas; pro fermento, quo tempore anni musteos facere volueris, hoc uteris. .

22. de uva passa uvam passam Graecam sic facies: melioris acini et dulcis et lucidi botryones in ipsa vite torquebis et patieris sponte marcescere, deinde sublatos in umbra suspendis et uvam destrictam conponis in vasculis, substernis pampinos sicco algore frigentes et manu conprimes et, ubi vas inpleveris, item pampinos addis nihilo minus non calentes et operculabis ac statues in loco frigido sicco, quem nullus fumus infestet.

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21. Bewahrung von Hefe aus Most Man wird aus neuem Weizen gedroschenes Mehl nehmen und es mit Most versetzen, der mit den Füßen ausgepresst wurde; dabei wird 1 FlascheM Most in 1 ScheffelM Mehl gegossen. Dann wird man dies in der Sonne trocknen lassen, erneut in derselben Weise eingießen und wieder trocknen lassen. Nachdem man dies ein drittes Mal getan hat, wird man sehr kleine Laibe dieses Mostbrotes formen, nach dem Trocknen in der Sonne in neuen Keramikgefäßen aufbewahren und diese mit Gips verschließen. Man kann dies zu jeder Jahreszeit immer, wenn man Most machen will, als Hefe verwenden. 22. Rosinen GriechischeO Rosinen macht man wie folgt: Man wählt Trauben von höchster Qualität, süß und hell, verdreht ihre Stiele, so dass sie am Rebstock bleiben, und lässt sie von sich aus verwelken; dann pflückt man sie und hängt sie in den Schatten. Man bewahrt die ausgetrockneten Trauben in einem Behälter auf: Man legt diese auf Schichten aus Weinblättern, die kalt und trocken sind, und drückt sie mit der Hand nach unten, und nach dem Befüllen des Behälters gibt man wieder Weinblätter dazu, die genauso kühl sind. Dann wird man sie mit einem Deckel abdecken und in einem kalten, trockenen Ort platzieren, dem kein Rauch schaden kann.

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23. de horis October Martium similibus umbris sibi fecit aequari: hora I pedes XXV hora II pedes XV hora III pedes XI hora IIII pedes VIII hora V pedes VI hora VI pedes V hora VII pedes VI hora VIII pedes VIII hora VIIII pedes XI hora X pedes XV hora XI pedes XXV

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Zeitmessung 23. StundenK Der Oktober hat als seinesgleichen den März in der Länge der Schatten: 1. Stunde 25 Fuß 2. Stunde 15 Fuß 3. Stunde 11 Fuß 4. Stunde 8 Fuß 5. Stunde 6 Fuß 6. Stunde 5 Fuß 7. Stunde 6 Fuß 8. Stunde 8 Fuß 9. Stunde 11 Fuß 10. Stunde 15 Fuß 11. Stunde 25 Fuß

LIBER XII tituli mensis Novembris I de satione tritici, farris, hordei, fabae cum disciplina, de lenticula mature serenda, de lini semine II de pratis novis instituendis, ponendis vitibus et propagandis et circumfodiendis novellis ac recidendis mergis III de vinea veteri in iugo vel pergula reparanda IIII de putandis vitibus et arboribus locis tepidis et olivetis et faciendo oleo V de olivetis ponendis et curandis aegris arboribus, corbibus, palis, redicis faciendis, oleo laurino faciendo VI de hortis: in eo de alio, ulpico cum disciplinis, de cepullis et plantis carduorum, de armoracea et cunela VII de pomis: in eo de Persico, de pinu, de prunis, de castaneis cum omni disciplina et pomis aliorum mensum VIII de apibus: in eo de mundandis ac muniendis castris earum VIIII remedium vitibus, quae sine fruge luxuriant X remedium sterili viti XI de rosario ex paucis virgulis instituendo XII ut uva usque ad ver reservetur in vite

B U C H 12 Kapitel des Monats November 1. Aussaat von Weizen, Emmer, Gerste, Bohnen mit der jeweiligen Kunde, frühe Aussaat von Linsen, Leinsamen 2. Einrichten von neuen Wiesen, Pflanzen von Rebstöcken, Vermehren und Umgraben von neuen Rebstöcken und Zurückschneiden von Rebensenkern 3. Wiederbelebung eines alten Rebstocks an einem Rahmen oder einer Pergola 4. Zurückschneiden von Rebstöcken und Bäumen an gemäßigten Orten und Ölbaumhainen und Herstellung von Öl 5. Einrichtung von Ölbaumhainen und Versorgung von kranken Bäumen, Herstellung von Körben, Pfählen und Stützen; Herstellung von Lorbeeröl 6. Gärten: darin Knoblauch, ulpicumP mit ihrer jeweiligen Kunde, Zwiebel und Kardenpflanzen, Hederich und Dost 7. Obstbäume: darin Pfirsich, Pinie, Pflaume, Esskastanie mit all ihrer jeweiligen Kunde und Obst anderer Monate 8. Bienen: darin Reinigung und Befestigung ihrer Stöcke 9. Heilmittel für Rebstöcke, die ohne Früchte prangen 10. Heilmittel für einen unfruchtbaren Rebstock 11. Herstellung eines Rosenbeets aus wenigen Stängeln 12. Dass die Traube bis zum Frühjahr am Rebstock bewahrt bleibt

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XIII de gregibus ovilli generis et caprini et pascendi ordine XIIII de glandibus legendis XV de materie caedenda XVI de transferendis arboribus maioris aetatis XVII de oleo faciendo secundum Graecos et emendando XVIII de oleo, ut Liburnico simile fieri possit XVIIII ut oleum sordidum purges XX de oleo odoris horrendi XXI de oleo rancido curando XXII de condiendis olivis XXIII de horis

mensis November

1. de satione tritici, farris, hordei, fabae cum discplina, de lenticula mature serenda, de lini semine (1) hoc mense triticum seremus et far satione legitima ac semente sollemni. iugerum utriusque seminis modiis quinque tenebitur. nunc et hordeum maturum adhuc seremus. in huius principia fabam spargimus, quae pinguissimum vel stercoratum desiderat locum vel vallem, quam sucus veniens a summitate fecundat. primo seritur, deinde proscinditur et tunc sulcatur. occanda est large, ut tegi plurimum possit. (2)

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13. Herden von Schafen und Ziegen aller Art und Ordnung des Weidens 14. Sammeln von Eicheln 15. Fällung von Bauholz 16. Verpflanzen von Bäumen höheren Alters 17. Herstellung von Öl nach den Griechen und Verbesserung 18. Damit Öl einem liburnischenO ähnlich werden kann 19. Um verschmutztes Öl zu reinigen 20. Öl von schrecklichem Geruch 21. Nutzbarmachung von ranzigem Öl 22. Würzung von Oliven 23. Stunden Monat November

Ackerbau I 1. Aussaat von Weizen, Emmer, Gerste, Bohnen mit ihrer jeweiligen Kunde, Aussaat von reifen Linsen, Leinsamen (1) In diesem Monat werden wir Weizen und Emmer aussäen; dies ist die regelrechte Aussaat zur üblichen Saatzeit. Durch 5 ScheffelM Saatgut wird 1 JochM gut abgedeckt werden. Ebenfalls jetzt können wir frühe Gerste säen. Zu Beginn dieses Monats streuen wir Bohnen aus, die einen sehr fetten oder gedüngten Ort oder ein Tal brauchen, das von Saft, der von ganz weit oben kommt, fruchtbar gemacht wird. Zuerst werden sie gesät, dann aufgebrochen und dann gepflügt. Sie müssen breit geeggt werden, damit sie möglichst gut im Boden verborgen sind. (2) Bei

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aliqui locis frigidis dicunt in fabae satione glebas non esse frangendas, ut per eas gelicidiarum tempore possint germina obumbrata defendi. satione eius generis, sicut opinio habet, non fecundatur terra, sed minus laeditur. nam Columella dicit agrum frumentis utiliorem probari, qui anno superiori vacuus fuerit, quam qui calamos fabaceae messis eduxit. pingue iugerum sex modii occupant, mediocre amplius. (3) spisso bene provenit; macrum locum nebulosumque non patitur. curandum praecipue, ut luna quinta decima seratur, si adhuc ictum solis repercussa non sensit. aliqui dicunt quartam decimam potius eligendam. sanguine caponis Graeci adserunt fabae semina macerata herbis adversantibus non noceri. aqua pridie infusa citius nasci, nitrata aqua respersa cocturam non habere difficilem. nunc seritur prima lenticula, sicut Februario mensa narratum est. hoc etiam toto mense poterit lini semen aspergi.

2. de pratis novis instituendis, ponendis vitibus et propagandis et circumfodiendis novellis ac recidendis mergis in huius maxime principio possumus instituere nova prata more, quo dictum est.

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der Aussaat von Bohnen soll man – so sagen manche – an kalten Orten das Aufbrechen der Scholle vermeiden, so dass die keimenden Pflanzen geschützt sind und in der Zeit vor Frost bewahrt werden. Die Aussaat dieser Arten dient nach der allgemeinen Meinung nicht dazu, den Boden zu düngen, schadet aber recht wenig. Nach ColumellaN [2.10.7] ist ein Feld, das im Vorjahr brachlag, besser für Getreide als eines, das die Stängel einer Bohnenernte hervorgebracht hat. 1 JochM wird, wenn es fett ist, durch 6 ScheffelM, wenn gewöhnlich, durch mehr abgedeckt. (3) Die Pflanze wächst gut in dichtem Boden, kann aber einen mageren und nebligen Ort nicht ertragen. Man soll besonders darauf achten, am 15. Tag nach Neumond zu säen, so lange sie noch nicht die Kraft der Sonnenstrahlen gespürt hat; andere sagen, die bevorzugte Wahl sei der 14. Tag. Die Griechen behaupten, dass Bohnensamen, die mit dem Blut eines Kapauns [kastrierten Masthahns] getränkt wurden, nicht von schädlichen Unkräutern behelligt würden, dass sie schneller keimen, wenn sie am Vortag in Wasser getaucht wurden, und dass sie nicht kochfest sind, wenn sie mit Wasser besprenkelt werden, das mit NatronB versetzt wurde [vgl. 9.10]. Jetzt werden die ersten Linsen gesät, in der Art und Weise, die zum Februar [3.4] beschrieben wurde. In ebenfalls diesem Monat, und zwar im ganzen, kann Leinsamen gesät werden. 2. Einrichten von neuen Wiesen, Pflanzen von Rebstöcken, Vermehren und Umgraben von neuen Rebstöcken und Zurückschneiden von Rebensenkern Insbesondere zu Beginn dieses Monats können wir neue Wiesen in der oben [10.10] beschriebenen Art und Weise herstellen.

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hoc etiam toto mense locis calidis et siccis vel apricis erit vitium celebranda positio. nunc et propago iure ducetur et locis frigidis novellas vites et arborum plantas circumfodere atque operire conveniet. et ante Idus nunc mergus, hoc est propaginis curvatura, post triennium, quam pressa fuerat, recidetur a vite.

3. de vinea veteri in iugo vel pergula reparanda nunc ac deinceps vinea vetus, quae in iugo est vel pergula, si robusto et integro trunco sit, ablaqueata fimo satietur et angustius putata inter quartum et tertium pedem a terra viridissima parte corticis acuto ferramenti mucrone feriatur ac fossa frequentius incitetur. nam, sicut adserit Columella, ex eo loco germen plerumque producit et veniente vere fundit materiam, qua vitis reparetur antiqua.

4. de putandis vitibus et arboribus (1) nunc putatio autumnalis celebratur in vitibus et arboribus, maxime ubi invitamur tepore provinciae. et putantur oliveta. et oliva, cum varia coeperit esse, colligitur, ex qua

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In ebenfalls diesem Monat ist an Orten, die heiß, trocken oder sonnig sind, die Pflanzung von Rebstöcken durchzuführen. Jetzt ist auch die rechte Zeit für ihre Vermehrung, und an kalten Orten ist es passend, neue Rebstöcke und junge Bäume einzugraben und [ihre Wurzeln gegen Kälte; s. 11.5] abzudecken. Jetzt vor der Mitte dieses Monats soll auch jeder Rebensenker – also die gebogene Rute [vgl. 3.16.1–2] –, der vor 3 Jahren angebunden wurde, von dem Rebstock abgetrennt werden. 3. Wiederbelebung eines alten Rebstocks an einem Rahmen oder einer Pergola Jetzt oder von dieser Zeit an soll ein alter Rebstock an einem Rahmen oder einer Pergola, wenn sein Stamm fest und unversehrt ist, mit Bodenlockerung behandelt, gut mit Kot gedüngt und recht eng beschnitten werden. Dann soll er zwischen 3 und 4 FußM über dem Boden im grünsten Teil der Rinde mit der scharfen Spitze eines Eisen[messers] durchstoßen und durch häufiges Umgraben wiederbelebt werden. Wie nämlich ColumellaN [4.22.3–4] feststellt, wird er in der Regel an diesem Punkt eine Knospe und im Frühjahr Wachstum hervorbringen, das dazu dient, den alten Rebstock wiederzubeleben. 4. Zurückschneiden von Rebstöcken und Bäumen (1) Jetzt wird das herbstliche Zurückschneiden von Rebstöcken und Bäumen durchgeführt, insbesondere dann, wenn wir von dem milden Klima der Provinz ermutigt werden; auch Ölbaumhaine werden zurückgeschnitten. Auch werden nun die Oliven, aus denen das erste Öl gemacht wird, gesammelt, wenn sie beginnen, mehrfarbig zu sein;

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primum fiet oleum. nam cum tota nigrescet, quod speciei merito posteravit, fundendi ubertate conpensat. (2) est utilis olearum putatio ceterarumque arborum, si loci patitur disciplina, ut decisis cacuminibus rami fluentes per latera prona fundantur. quod si regio insolens et incustodita contigerit, agendum prius toto arboris corpore ab inferiore parte purgato, ut altidudine animalium supergressa modus transcendatur iniuriae et arbos iam spatio suo tuta curvetur.

5. de olivetis ponendis et curandis aegris arboribus nunc etiam locis calidis ac siccis regionibus oliveta ponuntur, sicut Februario disputatum est. amat haec arbos arduo locorum situ mediocriter ab umore suspendi, scalpi adsidue, laetaminis ubertate pinguescere, feracibus ventis frequenter agitari. hoc etiam mense oleis sterilibus, quae supra dicta sunt, remedia faciemus. nunc et corbes et pali et redicae bene fieri possunt. etiam nunc locis temperatis est laurini olei iusta confectio.

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wenn sie ganz dunkel sind, kompensieren sie ihr weniger ansprechendes Äußeres durch reichlichen Ölfluss. (2) Das Zurückschneiden von Öl- und anderen Bäumen ist nützlich, um – wenn die Kunde vom Ort dies erlaubt – sicherzustellen, dass sich durch das Zurückschneiden der Wipfel die Äste nach außen und dann an den Seiten der Bäume nach unten ausbreiten [und so die Blüten weniger Windschaden erleiden; vgl. etwa Geoponika 9.9.9–11]. Aber wenn man mit einem unbebauten und nicht geschützten Bereich konfrontiert ist, muss man so vorgehen, dass man zunächst den Baum vollständig von tiefer liegendem Wachstum befreit, so dass er, wenn er die von Tieren erreichbare Höhe – also die Höhe des möglichen Schadens – übertroffen hat, nach unten gebogen werden kann, durch seine eigene Größe abgesichert. 5. Einrichtung von Ölbaumhainen und Versorgung von Bäumen Ebenfalls jetzt werden Ölbaumhaine in heißen Gegenden und trockenen Gebieten angepflanzt, wie unter Februar [3.18] besprochen. Dieser Baum liebt es, etwas oberhalb von Feuchtigkeit durch eine erhöhte Lage angehoben zu werden, immer wieder durch Abkratzen [von Moos] befreit zu werden, sich an reichlichem Dünger zu mästen und durch fruchtbare Winde sanft bewegt zu werden. In ebenfalls diesem Monat werden wir unfruchtbare Ölbäume mit den oben [4.8.2] genannten Mitteln behandeln. Jetzt ist eine gute Zeit für die Herstellung von Körben, Pfählen und Stützen. Ebenfalls jetzt ist die rechte Zeit für die Herstellung von Lorbeeröl an gemäßigten Orten.

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6. de hortis hoc mense alium bene seritur et ulpicum terra maxime alba fossa et subacta sine stercore. sulcos in areis facies et semina in locis altioribus pones quattuor digitis separata neque altius pressa. sarculabis frequenter, inde plus crescent. si capitatum facere volueris, ubi coeperit caulis prodire, proculca; ita sucus revertetur ad spicas. fertur, si luna sub terris posita seratur et item sub terris luna latente vellatur, odoris foeditate cariturum. vel paleis condita alia vel fumo suspensa durabunt. nunc et cepulla seri potest et carduorum planta disponi et armoracea seritur et cunela.

7. de pomis (1) hoc mense locis calidis, ceteris vero Ianuario Persici ossa in pastinatis areis sunt ponenda binis a se pedibus separata, ut, cum ibi plantae excreverint, transferantur. sed ossa ponantur acumine deorsum verso et non amplius quam duobus aut tribus palmis obruantur. ossa vero, quae ponenda sunt, aliqui siccata prius paucis diebus cineris mixtione

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Gartenbau 6. Gärten In diesem Monat soll man auch Knoblauch und ulpicumP säen, vorzugsweise in Boden, der hell ist, nachdem man ihn umgegraben und ohne Düngung aufgebrochen hat. Man wird Furchen in die Beete machen, die Samen auf die hoch gelegenen Stellen im Abstand von 4 FingerbreitM legen und nicht zu tief eindrücken. Man wird häufig hacken, denn auf diese Weise wachsen sie besser. Wenn man sie mit großen Köpfen [Knollen] haben möchte, trete man den Stiel nach unten, wenn er zu erscheinen beginnt; auf diese Weise wird der Saft in die Schoten [Zehen] zurückkehren. Knoblauch wird – wie manche sagen – keinen üblen Geschmack haben, wenn er gesät wird, solange der Mond unter der Erde ist, und wieder herausgezogen wird, wenn der Mond erneut unter der Erde verborgen ist. Knoblauch wird sich halten, wenn er in Spreu gelagert oder in den Rauch gehängt wird. Jetzt können Zwiebeln ausgesät und Kardensetzlinge gepflanzt werden; auch Hederich und Dost werden jetzt gesät.

Obstbau 7. Obstbäume (1) In diesem Monat werden an heißen Orten – an anderen hingegen im Januar – Pfirsichkerne im pastinumA in einem Abstand von 2 FußM voneinander platziert, damit, wenn dort Pflanzen herangewachsen sind, diese verpflanzt werden können. Die Kerne sollen nach unten gewandt gesetzt und nicht mehr als 2 oder 3 HandbreitM tief eingegraben werden. Einige Leute trocknen die Kerne ein paar Tage im Voraus und lagern sie in Fruchtkörben in lockerem Boden,

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terra soluta in qualis reservant. ego vero usque ad serendi tempus sine ulla cura saepe servavi. (2) locis quidem qualibuscumque proveniunt. sed et pomis et frondibus et durabilitate praecipua sunt, si caelum calidum, solum harenosum et umidum sortiantur; frigidis vero et maxime ventosis, nisi obiectu aliquo defendantur, intereunt. dum tenera sunt germina, saepe herbis circumfossa liberentur. bimam plantam recte transferemus scrobe brevi. nec a se longius statuendae sunt, ut invicem se a calore solis excusent. (3) ablaqueandae sunt per autumnum et suis stercorandae foliis. putanda Persicus in eo est, ut arida et putria tantum virgulta tollantur; nam si quid viride resecemus, arescit. languenti arbori veteris vini faeces aquae mixtas oportet infundi. adfirmantibus Graecis Persicus scripta nascetur, si ossa eius obruas et post septem dies, ubi patefieri coeperint, apertis his nucleos tollas et his cinnabari, quod libebit, inscribas; mox ligatos simul cum suis ossibus obruas diligentius adhaerentes. genera eorum sunt haec: duracina [Persica], praecoqua, Armenia. (4) si haec arbor ardore solis inarescit, frequenti adgestione cumuletur, vespertino iuvetur umore, obiectis defendatur umbraculis. iuvat in ea et spolium serpentis adpendi. nunc iam contra pruinas stercus ingeratur Persico vel faeces

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mit Asche vermischt. Ich aber habe sie oft bis zur Zeit der Aussaat ohne jede Pflege bewahrt. (2) Sicherlich wachsen sie an jeder Art von Ort, sind aber hervorragend in Frucht, Laub und Langlebigkeit, wenn sie ein heißes Klima und sandigen, feuchten Boden erhalten; an kalten Orten, vor allem an windigen, sterben sie ab, wenn sie nicht von einer Art Abschirmung geschützt werden. Solange die Triebe zart sind, soll man häufig um sie herum umgraben und sie so von Unkraut befreien. Wir werden gut daran tun, das Bäumchen in eine kleine Grube zu verpflanzen, wenn es 2 Jahre alt geworden ist. Man soll sie nicht zu weit auseinandersetzen, so dass sie einander die Hitze der Sonne ersparen. (3) Im Herbst sollen sie durch Bodenlockerung gepflegt und mit ihren eigenen Blättern gedüngt werden. Das Zurückschneiden eines Pfirsichbaums soll der Entfernung harter und morscher Zweige dienen; wenn wir nämlich irgendein grünes Wachstum zurückschneiden, trocknet er aus. Ein welker Baum soll mit altem Weinbodensatz, der mit Wasser vermischt ist, ringsum begossen werden. Den Griechen zufolge wird ein Pfirsich mit einer Aufschrift auf ihm wachsen, wenn man seinen Kern vergräbt und nach 7 Tagen, wenn er sich zu spalten beginnt, öffnet, die Kerne entfernt und auf sie mit Zinnober alles schreibt, was man will [vgl. 2.15.13 zu Mandeln]; dann bindet man sie zu und vergräbt sie, sorgfältig zusammengepasst, mit ihren Steinen. Ihre Arten sind diese: festfleischig, frühreifend, armenischO. (4) Wenn dieser Baum von der Sonnenwärme ausgedörrt wird, soll er durch häufiges Aufschütten von Erde abgedeckt, bis zum Abend durch Bewässerung unterstützt und durch Abschirmung vor der Sonne geschützt werden. Auch das Anhängen einer Schlangenhaut in ihn ist nützlich. Jetzt soll der Pfirsichbaum gegen Frost großzügig mit Mist oder mit Weinbodensatz versorgt werden, der mit Wasser

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vini cum aqua permixtae vel, quod magis prodest, aqua, in qua faba decocta est. (5) si vermes Persicus patitur, cinis eos amurcae mixtus extinguet vel bovis urina cum aceti tertia parte confusa. si poma caduca sunt, nudatae radici eius vel trunco lentisci aut terebinthi cuneus adfigitur vel terebratae in medio palus salicis inprimetur. si poma rugosa creabit aut putria, circa imum truncum cortex recidatur et, cum inde modicus umor effluxerit, argilla vel paleato luto plaga retegatur. (6) magna poma Persicus adfert, si florenti per triduum ternos sextarios caprini lactis ingresseris. contra vitia Persici proficit spartum ligatum vel spartea suspensa de ramis. mense Ianuario vel Februario locis frigidis, Novembri calidis Persicus inseratur, maxime circa terram surculis plenioribus et prope arborem natis. nam cacumina vel non tenebunt vel diu durare non poterunt. inseritur in se, in amygdalo, in pruno; sed Armenia vel praecoqua prunis, duracina amygdalis melius adhaerescunt et tempus aetatis adquirunt. (7) mense Aprili vel Maio locis calidis, in Italia vero utroque exeunte vel Iunio Persicus inoculari potest, quod inplastrari dicitur, praeciso super trunco et inplastratis pluribus gem-

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oder – nützlicher – mit solchem Wasser gemischt ist, in dem Bohnen gekocht wurden. (5) Leidet ein Pfirsichbaum unter Würmern, wird Asche, mit Ölschaum vermischt, sie abtöten, oder auch Rinderurin, mit 1/3 Essig vermischt. Wenn die Frucht zum Abfallen neigt, wird ein Keil aus Mastixoder Terpentinpistazienholz in den Stamm oder in eine freigelegte Wurzel getrieben oder es wird ein Loch in den Baumstamm gebohrt und ein Weidenpflock eingedrückt. Wenn der Baum Früchte hervorbringt, die schrumpelig oder faul sind, soll rund um die Unterseite des Stammes die Rinde weggeschnitten werden; wenn dann eine angemessene Menge an Feuchtigkeit abgeflossen ist, soll die Wunde mit Ton oder einer Mischung aus Lehm und Spreu abgedichtet werden. (6) Große Früchte wird ein Pfirsichbaum tragen, wenn man während der Blüte 3 Tage lang täglich je 3 KrugM Ziegenmilch auf ihn schüttet. Gegen Beschwerden des Pfirsichbaums ist es wirksamer, ein Tau oder eine [als Hufschutz für Tiere angefertigte; vgl. 14.12.2-4] Sandale aus spartumP von den Zweigen zu hängen. Pfirsichbaum soll an kalten Orten im Januar oder Februar gepfropftV werden, an heißen Orten aber im November, vorzugsweise dicht über dem Boden mit den dickeren Trieben, die in der Nähe des Stamms wachsen; Pfropfreiser aus der Spitze des Baumes werden nämlich nicht halten oder nicht von langer Dauer sein. Er wird auf sich selbst, auf Mandelund auf Pflaumenbaum gepfropft – die armenischeO und die frühreifende Sorte halten besser an Pflaumen-, die festfleischige an Mandelbaum – und erreicht ein gutes Alter. (7) An heißen Orten im April oder Mai, in Italien aber am Ende dieses Monats oder im Juni, kann man einen Pfirsichbaum »anaugen« – dies ist der Vorgang namens »inplastratio« [AnplattungV] –, indem man den Stamm oben anschneidet und mehrere Transplantate ansetzt, wie oben [7.5.2–4] beschrie-

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mis more, quo dictum est. (8) Persicus rubescit, si platano inserta figatur. duracina servantur condita muria et oxymelle vel detractis ossibus ficorum more in sole siccantur ac pendent. item saepe vidi detractis ossibus duracina melle condiri et saporis esse iocundi. item bene servantur, si umbilicum pomi gutta picis calentis obpleveris, ut sic sapae innatare cogantur vase concluso.

(9) pinus creditur prodesse omnibus, quae sub ea seruntur. pinum seremus nucleis suis calidis et siccis regionibus mense Octobri vel Novembri, frigidis et umectis Februario vel Martio. amat locum gracilem, saepe maritimum. inter montes et saxa vastior et procerior invenitur, ventosis et umidis arborum fiunt incrementa laetiora. sed sive montes velis conserere seu spatia quaecumque, haec huic generi deputabis, quae alteri utilia esse non possunt. (10) exarabis ergo ea loca diligenter atque purgabis et frumenti more semen aspargis ac levi sarculo curabis operire; nec enim plus quam palmo debet abscondi. defendenda est tenera arbor a pecore solum, ne calcetur invalida. proficies, si nucleos aqua ante triduum macerabis. (11) aliqui dicunt fructum pineum translatione mitescere; sed plantas hoc modo procurant, ut

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ben wurde. (8) Pfirsich wird rot, wenn er an einen Platanenbaum gebunden wird. Festfleischige Pfirsiche werden in Salzlake und Honigessig aufbewahrt oder werden entkernt, wie Feigen in der Sonne getrocknet und aufgehängt. Ich wiederum habe oft festfleischige Früchte gesehen, die entkernt und in Honig haltbar gemacht worden waren, mit einem angenehmen Geschmack. Auch halten sie gut, wenn man den Nabel der Frucht mit einem Tropfen von heißem Pech füllt, um sie in einem verschlossenen Behälter in sapaL einzutauchen. (9) Pinie ist – so nimmt man an – für alles, was unter ihr gesät wird, nützlich. Wir werden Pinie [vgl. zu Pinienkernen in Käse 6.9. und in Wein 11.14.6 und 12] mittels ihrer Kerne aussäen, in heißen und trockenen Regionen im Oktober oder November, in kalten und feuchten aber im Februar oder März. Sie liebt einen Ort mit dünnem Boden, oft einen maritimen. Inmitten von Bergen und Felsen stehend wird sie größer und höher sein; an einem windigen feuchten Ort ist das Wachstum der Bäume kräftiger. Aber gleich, ob man sie in Berggebieten oder beliebigen anderen Gegenden ansäen möchte, wird man dieser Art stets Land zuweisen, das nicht für einen anderen Zweck verwendet werden kann. (10) Man wird diese Stellen gründlich umpflügen und freilegen, dann wird man den Samen wie Getreide aussäen und sorgfältig durch leichtes Hacken abdecken; er soll nicht tiefer als 1 HandbreitM vergraben werden. Der junge Baum muss nur gegen Kleinvieh geschützt werden, damit er, solange er noch nicht fest ist, nicht zertreten wird. Man wird gut daran tun, die Kerne 3 Tage im Voraus einzuweichen. (11) Einige sagen, die Pinienfrucht werde durch die Verpflanzung weicher. Sie ziehen die Setzlinge so, dass sie zuerst viele Samen in Becherchen vergraben, die mit Erde

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prius multa semina in caliculis terra et fimo repletis obruant. quae ubi processerint, relicto eo, quod solidius est, auferunt alia; ubi iustum ceperit incrementum, trimam plantam cum ipsis caliculis transferunt, quibus fractis in scrobe indulgent radicibus largitatem. terrae tamen aeque stercus admiscent facientes straturam alterno ordine subinde crescentem. (12) servandum est tamen, ut radix eius, quae una et directa est, usque ad summitatem suam possit integra et inlaesa transferri. putatio novellas pini arbores tantum promovet, quod expertus sum, ut, quae speraveras incrementa, duplicentur. nuces pineae usque in hoc tempus in arbore esse possunt et maturiores legentur. prius tamen legendae sunt, quam patescant. nuclei nisi purgati durare non possunt. tamen aliqui in vasis fictilibus novis et terra repletis cum testis suis missos adserunt custodiri.

(13) pruna si ossibus serantur autumno, mense Novembri solo putri et subacto duobus palmis obruantur. ossa eadem ponuntur et mense Februario. sed tunc prius lexivo sunt maceranda per triduum, ut cito germinare cogantur. ponuntur et plantis, quas sumemus ex codice mense Ianuario exeunte vel Februario circa Idus radicibus fimo oblitis. gaudent loco laeto et umido; caelo tepido melius proferuntur, tamen queunt et frigidum sustinere. (14) locis lapidosis et glareosis, iuvantur laetamine excusante, ne poma caduca et vermiculosa nascantur. extirpandae sunt suboles a radice exceptis rectioribus, quae servabuntur ad plantas. si

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und Mist gefüllt sind. Wenn diese keimen, behalten sie die kräftigeren und entfernen die anderen. Einen 3-jährigen Steckling pflanzen sie dann mit den Becherchen um, die sie erst im Pflanzloch zerbrechen, um den Wurzeln großzügig Platz zu lassen. Sie mischen auch in gleicher Mengen wie die Erde Mist hinzu, so dass sich die Ebenen übereinander abwechseln. (12) Man muss jedoch sicherstellen, dass die Wurzel, die einzeln und gerade steht, ganz und unverletzt bis zur Spitze umgepflanzt wird. Das Zurückschneiden regt nach meiner Erfahrung junge Pinien so sehr an, dass das von ihnen erwartete Wachstum verdoppelt wird. Pinienzapfen können bis jetzt am Baum bleiben und werden reifer, wenn man sie einsammelt; sie sollen aber gesammelt werden, bevor sie sich öffnen. Wenn sie nicht gereinigt werden, sind die Kerne nicht von Dauer; einige aber behaupten, dass sie sich halten, wenn sie mit ihren Schalen in neue, mit Erde gefüllte Keramikgefäße gelegt werden. (13) Pflaumen, die im Herbst mit ihren Steinen ausgesät werden, sollen im November in krümeligen und gut gearbeiteten Boden auf 2 HandbreitM Tiefe eingesetzt werden. Die Kerne können auch im Februar gepflanzt werden, aber dann sollen sie zunächst 3 Tage lang in Lauge getaucht werden, damit sie schnell zu keimen gezwungen werden. Sie werden auch als Triebe ausgesetzt, die wir Ende Januar oder um Mitte Februar aus dem ganzen Stamm nehmen, wobei die Wurzeln mit Mist bestrichen werden. Sie genießen eine üppige, feuchte Gegend; sie gedeihen besser in einem heißen Klima, auch wenn sie ein kaltes ertragen. (14) An steinigen oder kiesigen Stellen wird ihnen mit Mist geholfen, der die Frucht davor bewahrt, abfallen zu wollen und wurmig zu werden. Wurzeltriebe sollen entfernt werden, mit Ausnahme derjenigen, die man zur Verpflanzung aufbewahrt.

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languida pruni arbor est, amurca cum aqua aequaliter temperata radicibus debet infundi vel bubulum lotium solum vel humanum vetus cum duabus aquae partibus mixtum vel cineres ex forno aut maxime sarmentorum. (15) si poma decurrant, oleastri epirum terebratae infige radici. vermes eius atque formicas, rubrica cum pice liquida si adlinatur, extinguet, sed modestius propter arboris noxam, ne idem faciat remedium, quod venenum. iuvatur frequenti umore et adsidua fossione. mense Martio extremo prunus inseritur melius trunco fisso quam cortice vel mense Ianuario, antequam incipiat gummine lacrimare. inseritur in se et Persicum recipit vel amygdalum vel malum, sed eam degenerem reddit et parvam. pruna siccantur in sole per crates loco sicciore disposita. (16) [haec sunt, quae Damascena dicuntur.] alii in aqua marina vel in muria fervente recens lecta pruna demergunt et inde sublata aut in forno tepido faciunt aut in sole siccari.

(17) castanea seritur et plantis, quae sponte nascuntur, et semine. sed quae plantis seritur, ita aegra est, ut biennio de eius vita saepe dubitetur. serenda est ergo ipsis castaneis, hoc est seminibus suis mense Novembri et Decembri, item Februario. eligendae sunt castaneae ad ponendum recen-

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Wenn ein Pflaumenbaum kränkelt, soll Ölschaum mit gleichen Teilen Wasser auf seine Wurzeln gegossen werden oder unverdünnter Rinder- oder alter Menschenurin mit 2 Teilen Wasser oder auch Ofenasche oder insbesondere Asche aus zurückgeschnittenen Rebstöcken. (15) Wenn es einen Rückgang der Früchte gibt, bohrt man in die Wurzel ein Loch und führt einen Pflock vom wilden Ölbaum hinein. Würmer an ihm und Ameisen werden ausgelöscht, wenn man Rotlehm mit flüssigem Pech aufstreicht, aber wegen möglicher Schäden am Baum nur leicht; das Heilmittel kann sonst die gleiche Wirkung wie Gift haben! Häufige Bewässerung und wiederholtes Umgraben sind hilfreich. Pflaumenbäume werden Ende März gepfropftV – besser im geteilten Stamm, nicht in der Rinde – oder im Januar, bevor sie beginnen, Gummi [Harz] auszutränen [s. 2.15.20]. Sie werden auf sich selbst gepfropft und akzeptieren Pfirsich-, Mandel- oder Apfelbaum, machen letztere aber minderwertig und klein. Pflaumen werden in der Sonne auf Rosten aus Flechtwerk getrocknet und an einem recht trockenen Ort bewahrt. (16) Einige Leute decken frisch gepflückte Pflaumen mit kochendem Meerwasser oder Sole ab und lassen sie, wenn sie dieses entfernt haben, in einem gemäßigten Ofen oder in der Sonne trocknen. (17) Esskastanienbaum wird sowohl aus spontan wachsenden Trieben als auch durch Samen vermehrt. Aber die Bäume, die aus Trieben entstehen, sind oft so kränklich, dass ihr Überleben für 2 Jahre zweifelhaft ist. So sollen sie aus den Esskastanien selbst, also aus ihren eigenen Samen, vermehrt werden, und zwar im November oder Dezember oder wiederum im Februar. Die für die Bepflanzung ausgewählten Esskastanien sollen frisch, groß und reif sein. Wenn wir sie

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tes, grandes, maturae; quas si Novembri mensa ponamus, facilem se praesentia fructus ipsius praestat. (18) si vero Februario ponemus, ut usque tunc duret, ita faciendum est: in umbra castaneae siccentur expansae. tunc in angustum et siccum locum translatae cumulum faciunt et eas omnes fluvialis harena diligenter operiat. post dies triginta eas remota harena in aquam frigidam mittis. quae sanae sunt, merguntur; supernatat, quaecumque vexata est. item quas probasti, similiter obrues et post triginta dies aeque probas. hoc cum tertio feceris, usque ad veris initium serere debebis, quae manserint inlibatae. (19) aliqui in vasculis servant harena pariter missa. amant solum molle et solutum, non tamen harenosum. in sabulone proveniunt, sed umecto. nigra terra illis apta est et carbunculus et tofus diligenter infractus. in spisso agro et rubrica vix provenit; in argilla et glarea non potest nasci. diligit caeli statum frigidum, sed et tepidum non recusat, si umor adsenserit. delectatur clivis et opacis regionibus ac maxime in septentrionem versis. (20) pastinari ergo locus debebit, qui huic destinatur arbusto, altitudine pedis unius semis vel duorum vel totus aut sulcis in ordinem destinatis aut certe aratris resolvi hinc inde findentibus; qui fimo satiatus ac redactus in pulverem castanearnm semen accipiat non amplius pedis dodrante demersum. (21) unicuique semini propter notam surculus

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im November pflanzen, steht die Frucht leicht [als Nahrungsmittel] zur Verfügung. (18) Wenn wir sie hingegen im Februar pflanzen, müssen wie sie bis dahin wie folgt bewahren: Esskastanien sollen im Schatten verteilt und getrocknet werden; dann werden sie in einen engen trockenen Raum überführt, in einem Haufen aufgetürmt und alle vorsichtig mit Flusssand abgedeckt. Nach 30 Tagen kann man den Sand entfernen und sie in kaltes Wasser legen; die Tauglichen sinken dann ab, und alle, die beschädigt sind, schwimmen oben. Diejenigen, die man zugelassen hat, wird man wieder auf die gleiche Weise abdecken und nach 30 Tagen in ähnlicher Weise testen. Wenn man dies dreimal getan hat, soll man diejenigen, die unbeeinträchtigt bleiben, bis zum Beginn des Frühlings pflanzen. (19) Einige Leute halten sie in Gefäßen und legen Sand mit ihnen hinein. Esskastanienbäume lieben Boden, der weich und locker, aber nicht sandig ist. Sie wachsen in Grobsand, solange er feucht ist. Schwarze Erde ist für sie geeignet, auch carbunculusB und Tuffstein, der gründlich aufgebrochen wurde. In dichtem Ackerland oder Rotlehm wachsen sie kaum; in Mergel und Kies können sie nicht keimen. Der Baum liebt ein kaltes Klima, wird aber ein mildes nicht ablehnen, solange die Feuchtigkeit seinen Vorlieben entspricht. Er genießt abschüssiges Gelände und schattige Bereiche, insbesondere diejenigen, die nach Norden gewandt sind. (20) Ein Ort, der für dieses arbustumA vorgesehen ist, soll dann als pastinumA vorbereitet und zu einer Tiefe von 1 1/2 bis 2 FußM aufgegraben werden, ganz oder in abgegrenzten, in einem regelmäßigen Muster angelegten Furchen oder zumindest nach unten durch Hinund Herpflügen aufgespaltet. Bei großzügiger Düngung und Reduktion zu einer feinen Krume werden Esskastaniensamen nicht tiefer als 3/4 FußM eingepflanzt. (21) Neben jeden Samen soll ein Zweig als Markierung gesteckt werden.

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debet adfigi. ipsa semina singulis locis simul terna vel quina ponantur et inter se quattuor pedum spatio separentur. quibus transferre placuerit, bimas plantas transferre debebunt. locus tamen deductoria liquoris accipiat, ne humor insidens limo germen extinguat. cui placet, potest castaneae in propaginem ducere ima virgulta, quae in radice nascuntur. novum castanetum circumfodi debet adsidue. mense Martio et Septembri incrementum maius adquirit, si putationibus adiuvetur. (22) castanea inseritur, sicut probavi ipse, sub cortice mense Martio vel Aprili, tamen genere utroque respondet. potest et inoculari. inseritur in se et in salice, sed ex salice tardius maturat et sit asperior in sapore. castaneae servantur vel in cratibus dispositae vel intra sabulonem, ne invicem tangantur inmersae vel in vasculis fictilibus novis conditae et loco sicciore defossae vel inclusae virgeis ex fago receptaculis et lutatae, ut spiracula non relinquas, vel hordei paleis minutissimis obrutae vel palustri ulva figuratis densioribus sportis reclusae.

(23) de pomis aliorum mensum hoc mense locis calidis ac siccis regionibus agrestium pirorum plantas ponimus, quas postea possimus inserere, et malorum vel mali Punici et cydonei et citri et mespili, fici, sorbi, siliquae et plantas agrestis cerasi post inserendas et

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Von den Samen sollen an jeden Ort 3 bis 5 gelegt werden, mit 4 FußM Abstand. Diejenigen Leute, die verpflanzen wollen, sollen 2 Jahre alte Pflanzen verpflanzen. Der Ort soll Drainagegräben haben, um zu verhindern, dass sich Feuchtigkeit festsetzt und das Saatgut mit Schlamm erstickt. Wer dies möchte, kann die am tiefsten liegenden Triebe, die aus den Wurzeln wachsen, in die Waagerechte umbiegen, um Esskastanien zu vermehren. In einem neuen Esskastanienhain soll man immer wieder rings um die Esskastanien herum umgraben. Im März und September wächst der Baum besser, wenn ihm durch Zurückschneiden geholfen wird. (22) Esskastanienbäume können gepfropftV werden, wie ich durch meine eigene Erfahrung bestätigt habe, und zwar unter der Rinde im März oder April; der Baum ist aber für beide Methoden [also auch die Stammpfropfung] geeignet; man kann ihn außerdem auch anplattenV. Er wird auf sich selbst und auf Weidenbaum gepfropft, aber auf Weidenbaum reift er langsamer und wird schärfer im Geschmack. Esskastanien halten sich, wenn sie auf Roste aus Flechtwerk verteilt oder in Grobsand gelegt werden, so dass sie sich nicht gegenseitig berühren, oder in neuen Keramikgefäßen an einem recht trockenen Ort versenkt werden oder in Behältern aus Buchenzweigen, die so mit Schlamm überzogen sind, dass sie keine Luftlöcher lassen, oder in sehr feine Gerstenspreu vergraben oder in aus Sumpf-Pfahlrohr eng geflochtenen Flechtkörben verfertigt sind. (23) Obstbäume anderer Monate In diesem Monat setzen wir in heißen, trockenen Regionen die Setzlinge des Wildbirnbaums aus, die wir später pfropfen können, ebenso Apfel-, Granatapfel-, Quitten-, Zitronen-, Mispel-, Feigen-, Speierling- und Johannisbrotbäume, auch Setzlinge von Wildkirschbäumen, die später

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mori taleas et amygdali semina et nuces iuglandes, si in seminariis, quo dictum est more, pangantur.

8. de apibus (1) huius mensis initio apes ex tamarici floribus reliquisque silvestribus mella conficiunt; quae auferenda non sunt, quia servantur hiberno. eodem mense sordibus liberandi sunt alvei, quia tota hieme eos movere aut aperire non possumus. sed haec die aprico tepidoque facienda sunt, ut pinnis maxime avium maiorum, quae habent rigorem, vel aliquo simili omnia interiora mundentur, quo manus non valebit adtingere. (2) tum rimas omnes, quae sunt extrinsecus, luto et fimo bubulo mixtis linamus; et insuper genestis vel aliis tegumentis similitudinem porticus imitemur, ut possint a frigore et tempestate defendi.

9. remedium vitibus, quae sine fruge luxuriant locis calidis et apricis vites, quae fructu carent, fronde luxuriant et pauperiem fetuum conpensant ubertate foliorum, nunc pressius putare conveniet, frigidis vero mense Februa-

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gepfropft werden sollen, ebenso Stecklinge von Maulbeer-, Mandel- und Walnussbäumen, wenn sie in Saatbeeten gepflanzt werden, wie oben [3.10] beschrieben ist.

Imkerei 8. Bienen (1) Zu Beginn dieses Monats machen Bienen Honig aus den Blüten von Tamarisken und anderen Waldsträuchern. Dieser Honig soll nicht weggenommen werden, da er für den Winter gespeichert wird. In demselben Monat sollen die Bienenstöcke gereinigt werden, da wir sie während des Winters nicht bewegen oder öffnen können. Freilich soll dies an einem sonnigen und milden Tag durchgeführt werden, vorzugsweise unter Verwendung der Federn von größeren Vögeln, die eine gewisse Steife haben, oder etwas Ähnlichem, um alle inneren Bereiche zu reinigen, die man mit der Hand nicht erreichen kann. (2) Dann sollen wir alle Ritzen auf der Außenseite mit einer Mischung aus Schlamm und Rindermist zuschmieren und Ginster oder andere Beschichtungen darauf wie auf einer Portikus aufschichten, um sie vor der Kälte und vor schlechtem Wetter zu schützen.

Ackerbau II 9. Heilmittel für Rebstöcke, die ohne Früchte prangen An heißen sonnigen Plätzen wird nun eine geeignete Zeit dafür sein, diejenigen Rebstöcke zurückzuschneiden, denen Frucht fehlt, die aber an Blättern üppig sind, und die ihre Armut an Frucht mit einer Fülle von Laub wettmachen,

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rio. si permanebit hoc vitium, circumfossas harena fluviali vel cinere debebimus aggerare. quidam lapides inserunt inter flexuosa radicum.

10. remedium sterili viti hisdem temporibus et locis vitem, quae sterilis fuerit, Graeci ita praecipiunt esse curandam: trunco eius fisso lapidem adserunt includendum et ibi urinae veteris humanae quattuor cotulas circa truncum debere suffundi, ut ad radices instillatio ipsa descendat. tunc adiciendum terra laetamen admixta et circa radices solum omne vertendum.

11. de rosario ex paucis virgulis instituendo quamvis mense Februario sint conserenda rosaria, tamen locis calidis, apricis atque maritimis hoc etiam mense poterimus instituere roseta. quae si indigus plantarum volueris ex paucis virgulis habere copiosa, quaternorum digitorum surculos gemmantes cum geniculis suis debebis excidere, in modum propaginis sternere, stercore ac rigationibus adiuvare; ubi anni aetatem conpleverint, pedis spatio inter se transferre disiunctos atque ita solum, quod huic generi deputabis, inplere.

12. ut uva usque ad ver reservetur in vite (1) Graecis adserentibus, ut uvam serves in vite usque ad veris initia: circa ipsam vitem, quae fructu plena est, loco

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an kalten Orten aber [erfolgt der Rückschnitt] im Februar. Wenn dieser Fehler weiterhin besteht, müssen wir um sie herum graben und Flusssand oder Asche aufhäufen. Einige Leute legen auch Steine in die Wurzelkrümmungen. 10. Heilmittel für einen unfruchtbaren Rebstock Dass zu eben diesen Zeiten und Orten ein unfruchtbarer Rebstock wie folgt behandelt werden soll, empfehlen die Griechen: Der Stamm solle aufgeteilt und ein Stein solle eingelegt werden, und 4 SchoppenM alter Menschenurin soll um den Stamm eingegossen werden, so dass diese Mischung bis zu den Wurzeln kommt. Dann soll Mist, mit Erde vermischt, hinzugefügt werden, und die ganze Erde um die Wurzeln soll umgegraben werden. 11. Herstellung eines Rosenbeets aus wenigen Stängeln Auch wenn Rosenbeete im Februar gepflanzt werden sollen [s. 3.21.1], können wir dennoch an maritimen Orten und solchen, die heiß und sonnig sind, in ebenfalls diesem Monat einen Rosengarten beginnen. Wenn man keine Jungpflanzen hat, aber den Garten mit einigen wenigen Stängeln versorgen will, muss man die 4 FingerbreitM langen Stecklinge mit Knospen mitsamt den Winkeln abschneiden und alle in Schichten waagerecht einpflanzen, ihnen mit Mist und Bewässerung helfen, sie 1 FußM voneinander entfernt verpflanzen, wenn sie 1 Jahr alt sind, und auf diese Weise den Boden füllen, den man für diese Art vorgesehen hat. 12. Dass die Traube bis zum Frühjahr am Rebstock bewahrt bleibt (1) Die Griechen halten fest, dass man, um die Trauben bis zum Beginn des Frühlings am Rebstock zu halten, an einem schattigen Ort um einen Rebstock, der voller Früchte ist,

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umbroso scrobem fodies altitudine trium pedum, latitudine duorum et mittes sabulonem et ibi calamos figes, in quibus retorques adsidue sarmenta fructibus plena et inlaesis botryonibus adligabis, ut solum non contingant, et coperies, ut imber eo penetrare non possit. (2) item Graecis docentibus uvas vel poma in vite aut arbore si diu servare volueris: vasculis clausa fictilibus ab ima parte pertusis diligenter a summo tecta suspende, quamvis poma et gypso coperta in longam serventur aetatem.

13. de gregibus ovilli generis et caprini (1) hoc mense agnorum prima generatio est. sed agnus statim natus uberibus maternis admovendus est manu. prius tamen exiguum lactis, in quo spissior est natura, mulgendum, quod pastores colostram vocant; namque hoc agnis, nisi auferatur, nocebit. ac primo per biduum natus cum matre claudatur, tunc septis obscuris servetur et calidis; ita secluso parvulorum grege matrices mittantur in pascua. (2) sufficiet autem, priusquam procedant matres mane et cum saturae revertuntur ad vesperam, agnis ubera haurienda permittere. qui donec firmentur, intra stabulum furfuribus

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eine Grube graben muss, 3 FußM tief und 2 FußM breit, und dass man dann Grobsand hineinfüllen und ein Pfahlrohr hineinstellen muss. Dann muss man die Zweige, die voller Früchte sind, regelmäßig drehen, muss sie – ohne Beschädigung der Trauben – an die Pfosten binden, so dass sie den Boden nicht berühren, und muss sie so abdecken, dass Regen nicht hineinkommen kann. (2) Ebenso soll man nach dem Ratschlag der Griechen, wenn man für einen längeren Zeitraum Trauben an einem Rebstock oder Obst an einem Baum halten will, sie in Keramikgefäße setzen, die Löcher im Boden haben, und sie hängen lassen, nachdem man sie sorgfältig abgedeckt hat; allerdings hält Obst auch für einige Zeit, wenn es mit Gips überzogen wird.

Tierhaltung 13. Herden von Schafen und Ziegen aller Art (1) In diesem Monat kommt es zum ersten Ablammen. Sobald ein Lamm geboren ist, soll es mit der Hand an die Zitzen der Mutter bewegt werden. Zuerst aber soll man ein wenig Milch abmelken, die eine dickere Art hat und von den Hirten »colostra« genannt wird, denn sie wird den Lämmern schaden, wenn sie nicht entfernt wird. Das Lamm soll zuerst 2 Tage lang mit seiner Mutter eingesperrt, dann in einem dunklen, warmen Gehäuse gehalten werden; wenn die Herde der Jungtiere auf diese Weise abgeschieden wurde, sollen die Muttertiere auf die Weide gelassen werden. (2) Es genügt, dass die Lämmer die Zitzen der Muttertiere leeren, bevor diese am Morgen herausgelassen werden und nachdem sie am Abend voll zurückkehren. Bis sie stark gewachsen sind, sollen sie im Stall mit Kleie oder Luzerne

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vel Medica herba vel, si est copia, farina hordei pascantur ingesta, donec conceptum paulisper robur aetatis pascuum matribus possit habere commune.

(3) de pascendi ordine pascua ovillo generi utilia sunt, quae vel in novalibus vel in pratis siccioribus excitantur; palustria vero noxia sunt, silvestria damnosa lanatis. salis tamen crebra conspersio vel pascuis mixta vel canalibus frequenter oblata debet pecoris levare fastidium. nam per hiemem, si penuria est, fenum vel paleae, vicia vel facilior victus ulmi servatis frondibus praebeatur aut fraxi. (4) aestivis mensibus pascantur sub lucis initio, cum graminis teneri suavitatem roris mixtura commendat. quarta hora calescente potus puri fluminis aut putei praebeatur aut fontis. medios solis calores vallis aut arbor umbrosa declinet. deinde ubi flexo iam die ardor infringitur et solum primo imbre vespertini roris umescit, gregem revocemus ad pascua. (5) sed canicularibus et aestivis diebus ita pascendae sunt oves, ut capita gregis semper avertantur a solis obiectu. hieme autem vel vere nisi resolutis gelicidiis ad pascua prodire non debent; nam pruinosa herba huic generi morbos creabit. ac tunc semel aquare sufficiet. Graecas oves sicut Asianas vel Terentinas moris est stabulo potius

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oder, wenn man einen Vorrat davon hat, mit haufenweise Gerstenmehl gefüttert werden, so lange, bis ihr Alter und schrittweise Erhöhung der Kraft es ihnen ermöglichen, die Weide mit ihren Müttern gemeinsam abzugrasen. (3) Über die Regelung des Weidens Für Schafe geeignet sind Weiden, die in frisch gepflügten Feldern oder in trockeneren Wiesen entstanden sind, sumpfige Weiden aber sind schädlicher für sie und Waldweide schadet ihrer Wolle. Eine häufige Prise Salz, entweder über die Weiden oder regelmäßig in ihren Rinnen angeboten, soll die Tiere daran hindern, über ihre Fütterung zu ermüden. Den Winter hindurch, wenn die Weidezeit kurz ist, sollen Heu, Spreu, Wicke oder leichter erreichbares Futter aus Ulmen- oder Buchenblättern bereitgestellt werden. (4) In den Sommermonaten sollen sie in der Morgendämmerung zur Weide getrieben werden, wenn die Süße des zarten Grases durch die Beimischung von Tau besonders attraktiv ist. In der zunehmenden Wärme der 4. StundeK soll ein Trunk aus einem sauberen Bach, einem Brunnen oder einer Quelle vorgesehen werden. Schutz vor der heißen Mittagssonne sollen ein Tal oder ein schattiger Baum bieten. Wenn dann die Wärme am Nachmittag abnimmt und der Boden mit dem ersten Anflug von Abendtau feucht wird, sollen wir die Herde auf die Weide zurückrufen. (5) Aber in den HundstagenK und im Sommer sollen sie so weiden, dass die Köpfe der Herde immer von der Belastung durch die Sonne abgewandt sind. Im Winter und Frühling sollen sie nicht auf die Weide gehen, bis der Frost vergangen ist, denn frostiges Gras wird bei diesen Tieren Krankheiten verursachen; dann wird es vielmehr ausreichen, sie einmal zu tränken. Es ist üblich, griechischeO wie auch [klein]asiatischeO und tarentinischeO Schafe eher im Stall als auf dem Feld zu wei-

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nutrire quam campo et pertusis tabulis solum, in quo claudentur, insternere, ut sic tuta cubilia propter iniuriam pretiosi velleris umor reddat elabens. (6) sed tribus per annum totum diebus aprico die lotas oves ungere oleo oportebit et vino. propter serpentes, qui plerumque sub praesepibus latent, cedrum vel galbanum vel mulieris capillos aut cervina cornua frequenter uramus.

(7) de capris nunc hirci admittendi sunt, ut fetum primi veris fovere possit exortus. sed caper eligendus, cui sub maxillis duae videntur pendere verruculae, magni corporis, crassis cruribus, brevi plenaque cervice, auribus flexis et gravibus, parvo capite, nitido, spisso et longo capillo. ad ineundas feminas et ante anniculum congruus, non autem durat ultra sexennium. capella similis corporis sed magnis uberibus est legenda. (8) non tamen ita multae caprae ut oves una statione claudantur, quam luto et stercore carere conveniet. haedis supra lactis abundantiam, edera et arbuti et lentisci cacumina sunt saepe praebenda. trimae educare optime possunt; quod teneriores matres generant, transigendum est. sed ultra octo annos servandae non sunt matrices, quia genus hoc longiore sterilescit aetate.

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den, und Lochplatten auf den Boden zu legen, wo sie einpfercht sind, so dass die Entwässerung von Feuchtigkeit ihr Lager gegen Beschädigung des wertvollen Vlieses absichert. (6) An 3 Tagen im Lauf des Jahres jedoch sollen die Schafe bei schönem Wetter gewaschen und mit Öl und Wein eingerieben werden. Gegen die Schlangen, die sich oft unter den Futterkrippen verkriechen, soll man häufig Zedernholz, Galbanharz, Frauenhaar oder Hirschhorn abbrennen. (7) Ziegen Jetzt sollen die Ziegenböcke hereingelassen werden, damit bei günstigen Bedingungen dann Junge geboren werden, wenn der Frühling beginnt [denn die Tragzeit beträgt etwa 5 Monate]. Ein Ziegenbock soll so gewählt werden, dass er zwei Wucherungen unter seinem Kinn hängen hat, einen großen Körper, einen stämmigen Bau, einen kurzen starken Hals, schwere Schlappohren, einen kleinen Kopf, und glänzende, dichte lange Haare hat. Er ist geeignet für die Paarung mit Weibchen, noch bevor er 1 Jahr alt ist, nicht aber mehr als 6 Jahre. Eine Ziege soll von ähnlichem Körperbau, aber mit einem großen Euter ausgewählt werden. (8) Man soll nicht so viele Ziegen in einem Pferch haben, wie man Schafe haben würde, und der soll frei von Schlamm und Mist sein. Neben einer Fülle von Milch sollen den Ziegenböckchen häufig Efeu und Zweigspitzen vom Erdbeer- und vom Mastixbaum angeboten werden. 3-jährige sind am besten in der Lage, Junge aufzuziehen; was jüngere Mütter tragen, soll verkauft werden. Aber über 8 Jahre alte weibliche Tiere sollen nicht gehalten werden, da diese Tiere mit dem höheren Alter unfruchtbar geworden sind.

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14. de glandibus colligendis hoc tempore glandis legendae ac servandae cura nos excitet; quod opus femineis ac puerilibus operis celebrabitur facile more bacarum.

15. de materie caedenda (1) nunc materies ad fabricam caedenda est, cum luna decrescit. sed arbores, quae caedentur, usque ad medullam securibus recisas aliquandiu stare patieris, ut per eas partes umor, si quis in venis continetur, excurrat. utiles autem sunt maxime hae: abies, quam Gallicam vocant, nisi perpluatur, levis, rigida et in operibus siccis perenne durabilis. larex utillima, ex qua si tabulas suffigas tegulis in fronte atque extremitate tectorum, praesidium contra incendia contulisti; neque enim flammam recipiunt, aut carbones possunt creare. (2) quercus durabilis, si terrenis operibus obruatur et aliquatenus palis. aesculus aedificiis et redicis apta materies. castanea mira soliditate perdurat in agris et tectis, et operibus ceteris intestinis, cuius solum pondus in vitio est. fagus in sicco utilis, umore corrumpitur. populus utraque, salix et tilia in sculpturis necessariae. alnus fabri-

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Sonstiges 14. Sammeln von Eicheln Zu dieser Zeit sollen wir an die Aufgabe der Sammlung und Aufbewahrung von Eicheln denken. Diese Arbeit wird leicht von Frauen und Kindern erledigt werden, wie auch das Sammeln von Beeren [als Viehfutter oder Saatgut für neue Bäume, s. 3.26.3; vgl. Columella 11.2.83 und 101]. 15. Fällung von Bauholz (1) Jetzt soll Bauholz für Bauzwecke bei abnehmendem Mond gefällt werden [damit der Zimmermann sich dem Holzberg zuwenden kann] . Aber man lässt die Bäume, die gefällt werden sollen, für einige Zeit stehen, nachdem sie bis zum Mark gehackt worden sind, so dass keine Feuchtigkeit, die in den Adern enthalten ist, durch diesen Bereich fließen kann. Folgende Bäume sind besonders nützlich: Die sogenannte gallischeO Tanne [vgl. 1.13.1] ist leicht und steif, es sei denn, Regenwasser trifft sie; in trockenen Gebäuden hält sie ewig. Lärche ist sehr nützlich; wenn man sie unterhalb der Dielen auf der Vorderseite und an den Rändern von Dächern befestigt, kann man Schutz gegen Brände [durch Übergreifen der Flammen auf Nachbargebäude] zur Verfügung stellen, denn sie wird kein Feuer fangen und nicht verkohlen. (2) Eiche ist haltbar, wenn sie im Untergrund verbaut wird, und in gewissem Maße auch als Pfahl. Wintereiche ist geeignetes Holz für Gebäude und Stützen für Rebstöcke. Kastanie mit ihrer wunderbaren Dichte ist auf Flächen und in Dächern und im Übrigen für den Innenausbau von Dauer, nur ihr Gewicht ist ein Nachteil. Buche ist bei trockenen Bedingungen nützlich, verrottet aber in Feuchtigkeit. Pappeln beider Arten [schwarze und weiße] und Weide und Linde sind für Schnitzarbeiten

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cae inutilis sed necessaria, si umidus locus ad accipienda fundamenta palandus est. ulmus et fraxinus, si siccentur, rigescunt, ante curvabiles catenis utiles habentur. (3) carpinus utillima, cupressus egregia, pinus nisi in siccitate non durans; cui contra celerem putredinem conperi in Sardinia hoc genere provideri, ut excisae trabes eius aut in piscina qualibet anno toto mersae laterent post operi futurae aut harenis obruerentur in litore, ut adgestionem, qua tectae essent, alternis aestibus reciprocans fluctus ablueret. cedrus durabilis, nisi umore tangatur. quaecumque autem ex parte meridiana caeduntur, utiliores sunt; quae vero ex septentrionali, proceriores, sed facile vitiantur.

16. de transferendis arboribus maioris aetatis hoc mense locis siccis, calidis et apricis maiores arbores transferemus truncatas ramis, inlaesis radicibus, multo stercore et rigationibus adiuvandas.

17. de oleo faciendo secundum Graecos et emendando (1) Graeci in conficiendi olei praeceptis ista iusserunt: tantum legendum esse olivae, quantum nocte veniente possimus exprimere. molam primo oleo debere leviter esse suspensam. ossa enim confracta sordescunt; quare de solis carnibus sit prima confectio. salignis canistros fieri debere

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unverzichtbar. Erle ist nutzlos für den Bau, aber unverzichtbar, wenn an einer feuchten Stelle Pfeiler eingesenkt werden sollen, um Fundamente zu begründen. Ulme und Esche erstarren, wenn sie trocknen; zuvor sind sie biegsam und nützlich für SträngeB. (3) Hainbuche ist sehr nützlich, Zypresse herausragend, Pinie hingegen nicht haltbar, außer bei trockenen Bedingungen. Ich habe in SardinienO gelernt, was man unternehmen muss, um ihr schnelles Vermodern wie folgt zu verhindern: Zugesägte Balken daraus werden ein ganzes Jahr lang in einer Art von Teich eingetaucht, um danach verwendet zu werden, oder sie werden in Sand am Meeresufer begraben, so dass die wechselnden Gezeiten das Ufer bespülen, in dem sie untergebracht sind. Zeder ist dauerhaft, sofern sie nicht in Kontakt mit Feuchtigkeit kommt. Alle Hölzer, die in einer südlichen Lage gefällt werden, sind nützlicher, während die in einer nördlichen größer sind, aber leicht fehlerhaft werden. 16. Verpflanzen von Bäumen höheren Alters In diesem Monat werden wir an trockenen, heißen und sonnigen Plätzen größere Bäume verpflanzen, an ihren Ästen beschnitten, aber an ihren Wurzeln unbeschädigt; man muss ihnen mit viel Dünger und Bewässerung helfen. 17. Herstellung und Verbesserung von Öl nach den Griechen (1) Die Griechen ordnen in ihren Lehren für die Herstellung von Öl folgendes an: Wir sollen nur so viele Oliven pflücken, wie wir in der unmittelbar folgenden Nacht pressen können. Für das erste Öl soll es nur leichten Druck auf den Mühlstein geben. Die Kerne verursachen nämlich, wenn sie zerstoßen werden, eine schmutzige Farbe, weshalb die erste Pressung nur aus dem Fruchtfleisch erfolgen soll. Die sonst

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virgultis, quia genus hoc oleum dicitur adiuvare. nobilius erit, quod sponte defluxerit. (2) sales deinde ac nitrum iubent novo oleo misceri, ut haec res spissitudinem eius absolvat; dein, cum amurca subsederit, oleum purum triginta diebus exactis in vitrea vasa transferri. secundum simili disciplina fieri, sed mola fortiore quassari.

18. oleum Liburnico simile oleum primum Liburnico simile fieri adserunt Graeci, si in optimo viridi inulam siccam et lauri folia et cyperum omnia simul tusa et subtiliter creta permisceas cum salibus torrefactis ac tritis et diu oleo iniecta perturbes, dehinc tribus aut aliquanto amplius diebus, cum quiescet, utaris.

19. ut oleum sordidum purges si sordet oleum, frictos et adhuc calentes sales inici iubent et diligenter operiri; ita mundum reddi post tempus exiguum.

20. de oleo odoris horrendi (1) si fuerit odoris horrendi, virides olivas sine ossibus tundi et in olei metreta choenicas duas mitti. si bacae defuerint, caules tenerrimos oleae similiter esse tundendos. nonnulli utraque permiscent adiecto etiam sale. sed omnia intra

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aus Rohrgeflecht verfertigten Körbe sollen nur aus Weidenruten gemacht werden, denn von dieser Art sagt man, dass sie das Öl verbessert. Das Öl, das von selbst fließt, wird edler sein. (2) Dann raten sie, Salz und NatronB mit dem neuen Öl zu vermischen, um seine Dicke zu kompensieren. Wenn sich als nächstes der Ölschaum gesetzt hat, soll das reine Öl nach 30 Tagen in Gefäße überführt werden. Die zweite Pressung soll nach einer ähnlichen Kunde gemacht werden, aber mit mehr Druck auf den Mühlstein. 18. Damit Öl einem liburnischenO ähnlich werden kann Öl aus der ersten Pressung wird laut den Griechen ähnlich wie liburnisches [das als besonders gut galt], wenn man in bestes grünes Öl getrockneten Alant, Lorbeerblätter und Galgant mischt, alles zusammen vermahlt und fein siebt, zusammen mit gebackenem, zermahlenen Salz für einige Zeit verrührt und dann sofort zu dem Öl gibt; nach 3 Tagen oder ein wenig länger, sobald es sich gesetzt hat, kann man es verwenden. 19. Um verschmutztes Öl zu reinigen Wenn Öl verschmutzt ist, empfehlen sie, dass geröstetes, noch heißes Salz hineingeworfen wird und das Gefäß sorgfältig abgedeckt wird; dies macht das Öl nach einer kurzen Zeit rein. 20. Öl von schrecklichem Geruch (1) Wenn Öl einen schrecklichen Geruch hat, empfehlen sie, dass grüne Oliven ohne die Kerne zerkleinert und 2 DritteleimerM davon in 1 FassM Öl gelegt werden. Wenn Oliven fehlen, sollen besonders zarte Ölbaumzweige ähnlich zerkleinert werden. Einige mischen beides und fügen auch Salz hinzu. Sie geben dies alles in ein Leintuch und

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linteum inclusa suspendunt atque ita in vas olei demittunt. postea tribus diebus exemptis auferunt et oleum in alia vasa transfundunt. (2) quidam mittunt vetustum laterem torrefactum. plerique hordeaceos panes breviter figuratos et raro linteo involutos mergunt et novos subinde permutant. ubi hoc bis aut tertio fecerint, sales iniciunt et in alia vasa translatum per paucos dies sidere patiuntur. (3) quod si aliquod animal forte deciderit et oleum putredine ac nidore vitiarit, iubent Graeci coliandri manipulum in olei metreta suspendi atque ita paucis diebus manere. si nihil de horrore decusserit, mutandum coliandrum, donec superetur hoc vitium. sed maxime proderit post senos dies in vasa munda transferre; melius, si acetum ante vexerunt. (4) quidam feni Graeci semen siccum tritumque permiscent vel incensos oleaginos carbones in ipso oleo frequenter extinguunt. si acerbus odor fuerit, uvae excrementa, quae Graeci gigarta vocant, praecipiunt tusa et in massam redacta mersari.

21. de oleo rancido curando oleum rancidum Graeci adserunt sic posse curari: albam ceram mundo et optimo oleo resolutam et adhuc liquentem mitti in eo iubent, tunc sales frictos calentes addi, operiri atque gypsari; sic fieri, ut oleum purgetur sapore et odore mutato. oleum tamen omne in terrenis locis esse servan-

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tauchen es so in den Ölbehälter. Wenn 3 Tage vergangen sind, entfernen sie es und gießen das Öl in andere Gefäße um. (2) Einige legen einen alten Backstein hinein, der erhitzt wurde. Viele werfen Gerstenbrote, in kleine Formen geschnitten und in ein offen gewebtes Leintuch gehüllt, hinein und ersetzen sie nach gewissen Zeiträumen durch neue. Nachdem sie dies zwei- oder dreimal gemacht haben, werfen sie Salz hinein, übertragen das Öl in andere Gefäße und lassen es sich ein paar Tage lang absetzen. (3) Wenn zufällig ein Tier in das Öl gefallen ist und es mit einem fauligen Gestank verdirbt, raten die Griechen, man solle eine Handvoll Koriander in 1 FassM Öl hängen und dort ein paar Tage belassen. Wenn dies das Übel nicht beseitigt, soll der Koriander [gegen frischen] ausgetauscht werden, bis dieser den Fehler überwindet. Aber es wird besonders hilfreich sein, es nach 6 Tagen in saubere Gefäße umzugießen, noch besser, wenn in diesen zuvor Essig gelagert war. (4) Einige mischen getrocknete zerriebene Bockshornkleesamen oder setzen wiederholt Holzkohle aus Ölbaumholz in Brand und löschen sie im Öl selbst. Wenn es einen bitteren Geruch hat, raten sie, dass Traubenabfälle, die von den Griechen »gigarta« genannt werden, zerrieben, zu einem Klumpen reduziert und dann eingetaucht werden. 21. Nutzbarmachung von ranzigem Öl Ranziges Öl kann – wie die Griechen feststellen – wie folgt nutzbar gemacht werden: Sie raten, dass weißes Wachs, in sauberem Öl von bester Qualität geschmolzen, in noch flüssiges Öl gelegt wird; dann soll geröstetes, noch heißes Salz hinzugefügt und das ganze abgedeckt und mit Gips versiegelt werden. Das Öl wird auf diese Weise gereinigt, wobei sich sowohl der Geschmack als auch der Geruch verändern. Jedes Öl – so sagen sie – soll an unterirdischen

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dum et eam eius esse naturam, ut sole vel igni purgetur vel aqua ferventi, si simul misceantur in vasculo.

22. de olivis condiendis (1) hoc etiam mense olivas condiemus. harum genera sunt diversa. columbares olivae fiunt sic: alternis cratibus olivarum puleium sparges et mel et acetum et sales modice stratura intercedente suffundes. item sternes olivas supra surculos feniculi vel aneti sive lentisci et ramulis olivae subditis aceti heminam et muriam superfundis et has constructiones usque ad vasculi plenitudinem patieris insurgere. (2) aliter: electas olivas muria maturabis, post quadraginta dies muriam fundes universam; tunc duas defriti partes, aceti unam, mentam minute incisam vasculo adicies et olivas replebis, ut iusta infusione supernatet. aliter: olivas manu lectas una nocte integra in balnei vapore esse patieris tabulae vel crati superpositas; mane balneis exemptas salibus tritis consperges et uteris; quae non amplius quam octo diebus poterunt custodiri. (3) aliter: olivas inlaesas primo mittis in muria; post dies quadraginta levabis atque intercides acuto calamo; et, si dulciores habere volueris, duas sapae partes et aceti unam,

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Orten gelagert werden; seine Natur sei, dass es durch Sonne oder Feuer oder durch kochendes Wasser gereinigt wird, das mit ihm in einem Gefäß vermischt ist. 22. Würzung von Oliven (1) In ebenfalls diesem Monat werden wir Oliven würzen. Es gibt verschiedene Arten. »Schwimmende« Oliven werden wie folgt hergestellt: Auf jedes mit Oliven gefüllte Gestell wird man Minze streuen und mäßige Mengen von Honig, Essig und Salz als eine dazwischenliegende Beschichtung aufbringen. Ebenso wird man die Oliven oben auf Zweige von Fenchel oder Dill oder Mastix streuen, und nachdem man kleine Ölbaumzweige aufgelegt hat, wird man 1 SchoppenM Essig und etwas Salzlake aufgießen und zulassen, dass solche übereinanderliegenden Schichten ansteigen, um den Behälter zu füllen. (2) Alternativ: Man weicht ausgewählte Oliven in Salzlake ein und gießt nach 40 Tagen alle Salzlake ab; dann wird man 2 Teile defritumL, 1 Teil Essig und fein gehackte Minze in den Behälter geben und die Oliven wieder abdecken, so dass dies über ihnen schwebt und sie richtig durchtränkt. Alternativ: Man wird handverlesene Oliven 1 ganze Nacht lang in der Hitze des Badegebäudes auf einem Brett oder in einem Rost aus Flechtwerk liegen lassen. Am Morgen wird man sie aus dem Bad entfernen, mit gemahlenem Salz bestreuen und verwenden. Diese können nicht länger als 8 Tage lang aufbewahrt werden. (3) Alternativ: Man legt zunächst unbeschädigte Oliven in Salzlake; nach 40 Tagen wird man sie herausheben und mit einem angespitzten Pfahlrohr aufschlitzen; wenn man sie süßer haben möchte, muss man auf 2 Teile sapaL 1 Teil Essig aufgießen, wenn schärfer, 2 Teile Essig und 1 Teil sapaL.

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si acriores, aceti duas et sapae unam debebis infundere. aliter: passi sextarium unum, cineris bene creti, quantum manus utraque gestabit, vini veteris unum simiciculum et aliquantum cupressi foliorum. mixtis omnibus olivas infundis, inculcas; et subinde crustam faciendo saturabis, donec ad vasculorum summa ora pervenias. (4) aliter: olivas, quas iacentes reppereris, rugis contrahentibus crispas colligis et salibus tritis respersas expandis, donec sole marcescant. tunc substrato lauro alternas crates bacarum saepius ordinabis; tunc defritum cum satureiae fasciculo duabus aut tribus undis fervere patieris et, postquam tepuerit, [supra conpositas bacas refundes] admixto sale paululo et origani fasce coniecto supra ius omne perfundis. (5) aliter: lectas bacas ex arbore statim condies, rutam et petroselinum sternes inter spatia structionis et subinde cyminati salis aspersione cumulabis. postremum mel et acetum superfundis. novissime optimi olei quantumcumque miscebis. aliter: legis olivas ex arbore nigras et conpositas muria dilues; tunc ollae adicis mellis partes duas, vini unam, defriti dimidiam; ubi simul deferbuerint, deponis ac permoves et acetum misces; cum refrixerit, super olivas origani surculos

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Alternativ: Man nimmt 1 KrugM passumL, so viel gut gesiebte Asche, wie man mit beiden Händen halten kann, 1 simiciculus [= 1/8 UnzeM; eine allzu präzise Angabe, die vielleicht auf einem Missverständnis beruht; vgl. 8.9] alten Wein und ein paar Zypressenblätter. Nachdem all dies vermischt wurde, kann man es auf die Oliven gießen, und sie nach unten drücken und sie benetzen, indem man Schichten auf Schichten legt, bis man die Oberseiten der Gefäße erreicht. (4) Alternativ: Man sammelt die Oliven, die man auf dem Boden liegend findet und die mit Falten verschrumpelt sind, bestreut sie mit gemahlenem Salz und breitet sie aus, bis sie in der Sonne schrumpeln. Dann werden mehrere Roste aus Flechtwerk mit Oliven aufgeschichtet, wobei unter jeder Lorbeerblätter zu liegen kommen. Dann wird man defritumL mit einem Bündel von Bohnenkraut zwei- oder dreimal zum Kochen bringen; wenn es lauwarm geworden ist, nachdem ein wenig Salz dazu gegeben worden und ein Bündel von Oregano hineingeworfen ist, gießt man die ganze Mischung über die Oliven. (5) Alternativ: Wenn die Oliven vom Baum gesammelt werden, lagert man sie sogleich ein; man verteilt Raute und Petersilie zwischen den aufgeschichteten Ebenen und bedeckt sie in Abständen mit einer Prise von mit Kümmel aromatisiertem Salz. Am Ende gießt man Honig und Essig darüber. Schließlich wird man in beliebiger Menge Öl der besten Qualität hinzumischen. Alternativ: Man holt schwarze Oliven vom Baum, sammelt sie und spült sie mit Salzlake. Dann soll man in einen Topf 2 Teile Honig, 1 Teil Wein und 1/2 Teil defritumL geben. Wenn sie zum Kochen gekommen sind, nimmt man sie ab, rührt sie um und mischt Essig hinzu. Sobald dies abgekühlt ist, verteilt man Oreganozweige auf der Oberseite der Oli-

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sternis et supra ius omne diffundes. (6) aliter: olivas manu lectas cum pediculis aqua spargis tribus diebus; deinde mittis in muria et post septem dies exemptas in vase adicis cum musti et aceti aequis ponderibus; et inpletum vas ita operies, ut aliqua spiramenta dimittas.

23. de horis Novembrem et Februarium ratio temporis per horas dierum fecit aequales: hora I pedes XXVII hora II pedes XVII hora III pedes XIII hora IIII pedes X hora V pedes VIII hora VI pedes VII hora VII pedes VIII hora VIII pedes X hora VIIII pedes XIII hora X pedes XVII hora XI pedes XXVII

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ven und gießt die ganze Mischung über sie. (6) Alternativ: Man erntet Oliven mit ihren Stielen von Hand und besprengt sie 3 Tage lang mit Wasser. Dann kann man sie in Salzlake legen; man entfernt sie nach 7 Tagen wieder und legt sie mit Most und Essig zu gleichen Mengen in ein Gefäß; man wird das Gefäß ganz anfüllen und so abdecken, dass einige Luftwege belassen bleiben.

Zeitmessung 23. StundenK Die Zeitrechnung führt November und Februar durch die gleichen Stunden: 1. Stunde 27 Fuß 2. Stunde 17 Fuß 3. Stunde 13 Fuß 4. Stunde 10 Fuß 5. Stunde 8 Fuß 6. Stunde 7 Fuß 7. Stunde 8 Fuß 8. Stunde 10 Fuß 9. Stunde 13 Fuß 10. Stunde 17 Fuß 11. Stunde 27 Fuß

LIBER XIII tituli mensis Decembris I de serendis frumentis et faba et lini semine II de fodiendis pastinis et caedenda materie, palis et redicis, et oleo laurino, myrtino, lentiscino et vino myrtite III de hortis: in eo de lactuca, alio, ulpico, cepulla, senapi et cunela IIII de pomis: in eo de ypomelidibus [et aliorum mensum pomis] V de rapis condiendis VI de echinis et pernis et lardo saliendis et avium laqueis disponendis VII de horis mensis December

1. de serendis frumentis et faba et lini semine nunc seruntur frumenta: triticum, far, hordeum, quamvis hordei satio iam sera sit. et faba circa septimontium seri potest, nam post exactam brumam male seminatur.

B U C H 13 Kapitel des Monats Dezember 1. Aussaat von Getreide, Bohnen und Leinsamen 2. Umgraben des pastinumA und Fällung von Bauholz, Pfählen und Stützen sowie Lorbeer-, Myrten- und Linsenöl und Myrtenwein 3. Gärten: darin Lattich, Knoblauch, ulpicumP, Zwiebel, Senf und Dost 4. Obstbäume: darin Elsbeeren 5. Würzen von Rübsen 6. Einsalzen von Seeigeln, Schinken und Speck und Einfangen von Vögeln mit Schlingen 7. Stunden Monat Dezember

Ackerbau 1. Aussaat von Getreide, Bohnen und Leinsamen Jetzt wird Getreide gesät: Weizen, Emmer und Gerste, obwohl es eigentlich schon spät für die Aussaat von Gerste ist. Bohnen können rund um das septimontium-FestK [»Siebenhügelfest« am 11. Dezember] ausgesät werden; es ist nicht gut, sie nach der Wintersonnenwende zu säen.

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Liber XIII

hoc etiam mense adhuc lini semen spargi poterit usque septimo Idus Decembres. 2. de fodiendis pastinis et caedenda materie nunc ad instituendas vites sed post Idus pastina inchoemus effodere, sicut ante tractatum est. et materiem bene hoc mense caedemus; palos quoque et corbes faciemus et redicas. et locis frigidis oleum faciemus ex lauro, et myrti bacas atque lentisci in olei sui confectione quassabimus et vinum myrtite, sicut dictum est ante, tingemus.

3. de hortis hoc tempore serenda est lactuca, ut planta eius Februario transferatur. et iam nunc alium et ulpicum et cepullae et senapi et cunela seri poterunt disciplina et more, quo ante narratum est.

4. de pomis (1) ypomelides poma sunt, ut Martialis adserit, sorbo similia. mediocri arbore nascuntur et flore candidulo. dulcedo huic fructui cum acuto sapore conmixta est. seritur mense Decembri nuculeis in vasculis positis. mense autem

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In ebenfalls diesem Monat kann Leinsamen immer noch ausgesät werden, bis zum 7. Dezember. 2. Umgraben des pastinumA und Fällung von Bauholz Jetzt werden wir nach der Mitte des Monats beginnen, Boden zum Pflanzen von Rebstöcken umzugraben, wie zuvor [2.10] beschrieben wurde. Ebenfalls in diesem Monat werden wir Bauholz fällen. Wir werden auch Pfosten, Körbe und Stützen für Rebstöcke machen. An kalten Orten werden wir Lorbeeröl machen und Myrten- und Mastixbeeren ausdrücken, um aus ihnen Öl und Myrtenwein herzustellen, wie bereits zuvor [2.18; 3.27; 3.31] erwähnt.

Gartenbau 3. Gärten Zu dieser Zeit soll Lattich gesät werden, so das er im Februar auf die Felder umgesetzt werden kann. Auch kann man jetzt Knoblauch, ulpicumP, Zwiebeln, Senf und Dost aussäen, nach der gleichen Kunde und der gleichen Weise, die zuvor angegeben worden sind.

Obstbau 4. Obstbäume (1) Elsbeeren sind – wie MartialisN feststellt – Früchte ähnlich den Speierlingen. Sie wachsen auf einem mittelgroßen Baum mit weißlichen Blüten. Die Süße dieser Früchte ist mit einem scharfen Geschmack kombiniert. Sie werden im Dezember gesät, wobei die Kerne in Töpfen platziert

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Februario ypomelidis planta sed pollicis magnitudine robusta transfertur brevissima scrobe, soluta terra, plurimo stercore. (2) sed munienda est, quia cito arescit, si radices illius ventus adflaverit. terram qualemcumque non respuit. amat loca tepida, aprica, maritima et saepe saxosa. statum frigidum reformidat. inseri non potest, exigua durat aetate. poma eius aut in picatis et munitis urceolis aut scobe populi aut in ollis inter uvas vinaceis obruta servabuntur.

5. de rapis condiendis nunc rapa in partes minutas recisa et leviter cocta et tota die diligentius exsucata, ne quid reservet umoris, senapi ex aceto, sicut moris est, temperato mergere et condire curabimus et repleta vasa claudemus ac post aliquantos dies gustibus explorata proferemus usuri. quam rem Ianuario quoque et Novembri mense poterimus efficere.

6. de echinis et pernis et lardo saliendis et avium laqueis disponendis nunc etiam, quibus litus in fructu est, ubi lunae iuvarit aug-

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werden. Im Februar wird der Elsbeeren-Setzling, sofern er kräftig und daumendick ist, in eine sehr kleine Grube in lockerem Boden mit sehr viel Mist umgesetzt. (2) Aber er muss geschützt werden, da er schnell austrocknet, wenn der Wind auf seine Wurzeln bläst. Er lehnt keine Art von Boden ab, liebt aber warme, sonnige, maritime und oft felsige Plätze und verabscheut eine kalte Lage. Er kann nicht gepfropft werden und ist kurzlebig. Seine Frucht wird entweder in Gefäßen konserviert, die verpicht und abgedeckt sind, oder in Pappel-Sägemehl oder in Wein-Töpfen zwischen den Trauben, rund herum mit Trester bepackt. [Textlücke; es fehlen die Angaben zum Anbau von Esskastanien und zur Verpflanzung von Mandeln; vgl. 12.7.17 und 2.15.12.]

Sonstiges 5. Würzen von Rübsen Jetzt sollen Rübsen in kleine Teile geschnitten, leicht gekocht und einen ganzen Tag lang sorgfältig entwässert werden, so dass sie keine Feuchtigkeit speichern. Dann werden wir sicherstellen, dass sie mit Senf, der in der üblichen Weise mit Essig vermischt ist, vermischt und gewürzt werden. Wenn die Gefäße voll sind, werden wir sie verschließen; nach einigen Tagen werden wir die Rübsen auf ihren Geschmack testen und sie zur Nutzung bereitstellen. Wir können dies auch im Januar oder im November durchführen. 6. Einsalzen von Seeigeln, Schinken und Speck und Einfangen von Vögeln mit Schlingen Ebenfalls jetzt werden diejenigen, die an der Meeresküste ernten, das Fleisch der Seeigel in Salz einlagern, wenn das

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mentum, quae omnium clausorum maris animalium atque concharum iubet incremento suo membra turgere, echini carnes salibus condire curabunt. quod solito more conficitur. hanc quoque rem per omnes menses bene faciemus hibernos. pernas etiam et lardum conficimus non solum mense hoc, sed omnibus, quos hiemalis algor astringit. tempore hoc per humiles silvas et bacis fecunda virgulta ad turdos ceterasque aves capiendas laqueos expedire conveniet. hoc usque in Martium mensem tendetur aucupium.

7. de horis Decembrem Ianuario in horis causa dispar adiunxit, cum linea simili ille augeatur, iste decrescat: hora I pedes XXVIIII hora II pedes XVIIII hora III pedes XV hora IIII pedes XII hora V pedes X hora VI pedes VIIII hora VII pedes X hora VIII pedes XII hora VIIII pedes XV hora X pedes XVIIII hora XI pedes XXVIIII

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Wachsen des Mondes gut zu sehen ist: Durch sein eigenes Zunehmen weist es die Körper von Schalentieren und Muscheln an, ebenfalls anzuschwellen. Das Einsalzen wird nach dem gewohnten Verfahren durchgeführt. Wir können diese Aufgabe erfolgreich in den Wintermonaten tun. Wir verarbeiten auch Schinken und Speck nicht nur in diesem Monat, sondern in allen Monaten, die vom Winter kalt ergriffen werden. Zu dieser Zeit wird es günstiger sein, Schlingen unter niedrig wachsenden Bäumen und beerenreichen Sträuchern auszulegen, um Drosseln und andere Vögel zu fangen. Diese Art von Vogelfang wird sich bis in den März erstrecken.

Zeitmessung 7. StundenK Den Dezember hat bezüglich der Stunden eine Gegenbewegung mit Januar verbunden; während jener in einer ähnlichen Linie anwächst, geht dieser zurück: 1. Stunde 29 FußM 2. Stunde 19 Fuß 3. Stunde 15 Fuß 4. Stunde 12 Fuß 5. Stunde 10 Fuß 6. Stunde 8 Fuß 7. Stunde 10 Fuß 8. Stunde 12 Fuß 9. Stunde 15 Fuß 10. Stunde 19 Fuß 11. Stunde 29 Fuß

LIBER XIII

1. rusticis cura secundum Graecos (1) contra pestem prodest rusticis laborantibus sub solis ardore breviter ac frequenter cibos sumere, ut alimenta possint ministrata reficere, non coacervata ponderibus onerare. (2) rutam plerique et agrestem malvam concoquunt ac vino modico mixtas inter medios cibos ministrant. (3) putant aliqui aquae et lactis quicquam vino esse miscendum et ieiunis rusticis offerendum; quod a veris initio usque ad autumni exitum non omittunt. (4) nonnulli absenti herbam in aqua calida dimittunt et hoc rusticis ieiunis offerunt vel vinum scylleticum vel acetum, sed acetum post cibos melius offeretur. (5) contra aculeata vel venenata animalia expediet rusticanis vites habere theriacas, de quibus instituendis inter praecepta ruralia disputavi. (6) nam sarmenti totius tanta vis est ad medendum, ut cinis eius morsibus canum facile obsistat, et saepe rabidorum.

B U C H 14 Tiermedizin

Einführung 1. Fürsorge für Landarbeiter nach den Griechen (1) Gegen Seuche ist es für Landarbeiter, die sich in der Sonnenhitze abmühen, hilfreich, ihre Nahrungsmittel kurz und häufig einzunehmen, so dass das bereitgestellte Essen sie erfrischen kann und sich nicht ansammelt und sie niederdrückt. (2) Die meisten Menschen kochen Raute und wilde Malve auf, vermischen sie mit ein wenig Wein und reichen sie zusammen mit dem Essen. (3) Manche denken, eine bestimmte Menge an Wasser und Milch soll mit Wein gemischt und für die Landarbeiter bereitgestellt werden, bevor sie essen; sie üben diese Praxis ununterbrochen vom Frühjahr bis zum Herbstende aus. (4) Einige Leute tauchen Wermut in heißes Wasser und bieten es den Landarbeitern vor dem Essen an, oder auch MeerzwiebelweinL oder Essig, aber es ist besser, den Essig nach den Mahlzeiten bereitzustellen. (5) Gegen Lebewesen mit Stacheln oder Gift wird es für die Landarbeiter nützlich sein, Zugang zu Gegengift-Rebstöcken zu haben; ich habe dies in meinen Lehren zur Landwirtschaft [3.28] besprochen. (6) Jeder Spross dieser Rebstöcke hat eine solche Heilkraft, dass seine Asche Hundebisse ganz einfach heilt, oft sogar die von tollwütigen Hunden.

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2. praefatio medicinae (1) ne quid deesset huic operi, armentorum medicinas omnium pecorumque collegi et sub uno libro, titulis unamquamque causam designantibus, explicare curavi, ipsis verbis Columellae et auctorum suorum, ut, cum necessitas vocaverit, facile remedia causae cogentis occurrant. (2) pigmentorum quoque omnium brevem redegi, ut apud se paterfamilias omnia ante necessitatem recondat, ne quid desit in tempore.

3. (1) in herbis haec: absenti herbam capparis folia marrubium herba sabina vitis albae coliculos serpyllum squilla feniculum radicula quam pastores consiliginem vocant visci folia papyrum harundo aprotanum silvaticum cunela herba herba poligonum sive sanguinaria cunela bubula herba salvia

Buch 14: Tiermedizin

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2. Vorwort [zum Buch] über Medizin (1) Damit es in diesem Werk keine Auslassungen gibt, habe ich die medizinischen Behandlungen für alle Arten von Groß- und Kleinvieh gesammelt und mich darum bemüht, sie in einem einzigen Buch darzulegen, mit Überschriften versehen, die je einen einzelnen Fall kennzeichnen, und genau die Worte des ColumellaN und seiner Quellen genutzt, so dass man bei Bedarf die Mittel für die dringlichen Situationen leicht finden kann. (2) Ich habe auch eine kurze Zusammenfassung aller Spezereien gemacht, damit der Hausherr sie alle in seinem Haus bewahren kann, bevor sie benötigt werden, um so zu vermeiden, dass etwas nicht verfügbar ist, wenn es gebraucht wird. 3. (1) Von Kräutern folgende:  Wermutkraut  Kapernblätter  Andorn  Sadebaum  Strünke von weißer Zaunrübe  Sandthymian  Meerzwiebel  Fenchel  die Wurzel, die von den Hirten »consiligo« genannt wird [Lungenkraut]  Mistelblätter  PapyrusP  Pfahlrohr  Wildes Heiligenkraut  Dost  Acker-Vogelknöterich  Gewöhnlicher Dost  Salbei

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Liber XIIII

herba lactuca marina sive titymallus herba personatia trifolium montanum quod est acutum vel eius semen servatum semen pastinacae agrestis herba sanctonica herba pedicularis radices ederae semen urticae herba plantago herba verbascum herba hyosciamus id est symfoniaca et semen eius herba Medica sucus cicutae antequam semen habeat verno collectus et vasis fictilibus reservatus rubia ferula radices cannae et spinae albae beta silvatica herba coniza herba nepita cucumis agrestis herba satureia herba artemesia absentium herba strumus herba portulaca herba origanum polii herba.

Buch 14: Tiermedizin

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 »Meerlattich« oder Wolfsmilch  Große Klette  Bergklee mit spitzen Blättern oder ein Vorrat seines Samens  Samen der Wildmöhre  Meeres-Wermut  Rittersporn  Efeu-Wurzeln  Brennnessel-Samen  Breitwegerich  Königskerze  Bilsenkraut, das ist Stinkender Nachtschatten, und seine Samen  Luzerne  Schierlingssaft, im Frühjahr gesammelt, bevor die Pflanze Samen bildet, und in Keramiktöpfen gehalten  Krapp  Riesenfenchel  Pfahlrohr- und Weißdornwurzeln  Wilde Bete  Alant  Bergminze  Wilde Gurke [Spritzgurke]  Bohnenkraut  Beifuß  Wermut  Schwarzer Nachtschatten  Portulak  Oregano  Gamander.

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(2) in fructibus haec: myrti cupressi lentisci oleastri caprifici aridi fructus laurus mala Punica antequam granescant taeda cupressi pilas. (3) in pigmentis haec: tus cassia murra galla pix allecula hisopum sulfur scissum alumen spuma argenti cortex pinea creta Cimolia cyminum sales montani, Hispani, Ammoniaci, Cappadoci silfium quod est laserpicium bitumen alumen nitrum cyperum.

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(2) Von Baumfrüchten folgende:  Blätter der Myrte  [Blätter der] Zypresse  [Blätter des] Mastix  [Blätter des] Wilden Ölbaums  Früchte der wilden Feigen  Lorbeer  Granatäpfel, bevor sie Samen bilden  Fichte  Zypressenkugeln [die runden Zapfen der Zypresse]. (3) An Spezereien folgende:  Weihrauch  Mutterzimt  Myrrhe  Pflanzengalle  Pech  garumL-Bodensatz  Ysop  Schwefel  gefaserter Alaun  SilberschaumB  Pinienrinde  KimolischerO Ton  Kümmel  HispanischesO oder AmmoniacumO- oder kappadokischesO Steinsalz  silphiumP, das ist Asant  Bitumen  Alaun  NatronB  Kupfer.

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(4) in speciebus haec: corium serpentis amurca sanguis marinae testudinis anas vel aves palustres urina vetus bubula pix liquida sevum caprinum et bubulum urina vetus humana vetus axungia sfongea passum butyrum mel caseus vetus medulla bubula mus araneus in oleo extinctus oleum lentiscinum marina aqua adipes vituli marini cera testa sepiae mel sine fumo vel thyminum rubigo aeris lana silvestris defritum. (5) in seminibus haec: herbum vinacia polenta farina hordeacia lenticula

Buch 14: Tiermedizin (4) An Spezialitäten folgende:  Schlangenhaut  Ölschaum  Blut einer Meeresschildkröte  Ente oder Sumpfvögel  alter Rinderurin  flüssiges Pech  Ziegen- und Rindertalg  alter Menschenurin  alte Achsenschmiere [Schmalz]  Schwamm  passumL  Butter  Honig  alter Käse  Rindermark  eine in Öl ertränkte Spitzmaus  Mastixöl  Meerwasser  Seehundfett  Wachs  Tintenfischschulp  ungeräucherter oder Thymianhonig  Grünspan  Baumwolle  defritumL. (5) An Samen folgende:  Linsenwicke  Trester  Gerstengrütze  Gerstenmehl  Linsenmehl

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lini semen milium lupinus amarus ficus sicca giddi alium ulpicum cepae.

4. de boum medicina (1) ut boves salubri sint corpore viresque his custodiantur, large dato per triduum medicamento quod conponitur pari pondere tritis capparis foliis ac myrti silvestris cupressique, et cum aqua nocte una sub divo habetur. idque quater in anno fieri debet, ultimis temporibus veris, aestatis, autumni, hiemis. (2) saepe etiam languor ac nausea discutitur, si integrum gallinaceum crudum ovum ieiunis faucibus inseras ac postero die spicas ulpici vel alii cum vino conteras et naribus infundas. (3) neque haec tantum remedia salubritatem faciunt. multi largo sale miscent pabula, quidam marrubium deterunt cum oleo et vino, quidam porri fibras, alii grana turis, alii sabinam herbam rutamque pinsitam mero diluunt eaque

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Leinsamen Rispenhirse Bitterlupine Trockenfeige Schwarzkümmel Knoblauch ulpicumP Zwiebeln.

Rinder 4. Medizin für Rinder (1) Damit die Rinder gesund sein und ihre Kraft behalten können, stelle man 3 Tage lang eine großzügige Dosis eines Medikaments zur Verfügung, das zu gleichen Gewichtsanteilen aus zerriebenen Kapernblättern, wilder Myrte und Zypressen besteht; es wird mit Wasser vermischt und 1 Nacht lang im Freien gelagert. Dies soll viermal pro Jahr durchgeführt werden, nämlich am Ende des Frühlings, Sommers, Herbsts und Winters. (2) Oft kann man auch Lethargie und Übelkeit vertreiben, wenn man ein ganzes ungekochtes Hühnerei in den Schlund hinabstößt, wenn sie noch nichts gefressen haben, und am nächsten Tag einige ulpicumP- oder Knoblauchzehen mit Wein zerreibt und in ihre Nüstern gießt. (3) Dies sind nicht die einzigen Mittel, die zu einer guten Gesundheit führen. Viele Leute mischen großzügige Mengen von Salz in das Futter; einige mahlen Andorn mit Öl und Wein, andere Lauchstängel; wieder andere zerquetschen Weihrauchkörnchen, andere Sadebaum und Raute, verdünnt mit ungemischtem Wein, und geben den Tie-

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medicamina potanda praebent. (4) multi caulibus vitis albae et vavulis bubus medentur. nonnulli pellem serpentis obtritam cum vino miscent. est etiam remedio cum dulci vino tritum serpyllum, est concisa et in aqua macerata scylla. omnes praedictae potiones, trium heminarum singulis portionibus per triduum datae, alvum purgant depulsisque vitiis recreant vires. (5) maxime tamen habetur salutaris amurca, si tantundem aquae misceatur et ea pecus insuescat. quod protinus dari potest, sed primo cibi asperguntur, deinde exigua portione medicatur aqua, mox pari mensura mixta datur ad satietatem.

5. (1) nullo autem tempore et minime aestate utile est boves in cursum concitari, nam ea res aut alvum movet aut febrem. cavendum quoque est, ne ad praesepia sus aut gallina perrepat. nam haec quod desidet inmixtum pabulo bubus adfert necem; sus aegra pestilentiam facere valet. (2) quae cum in gregem incidit, confestim mutandus est status caeli et mutanda regio, et in partes distributo pecore longinquae regiones petendae sunt, atque ita segregandi a sanis morbidi, ne interveniat qui contagione ceteros labefactet, atque cum ablegabuntur, in ea loca perducendi erunt qui-

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ren diese Medikamente zu trinken. (4) Viele verwenden Strünke der weißen Zaunrübe und Bohnenschalen, um Rinder zu behandeln. Einige zerreiben eine Schlangenhaut und mischen sie mit Wein. Ebenfalls als Heilmittel dient Sandthymian, mit süßem Wein vermischt, ebenso Meerzwiebel, zerschnitten und in Wasser eingeweicht. All die oben genannten Trünke, in Mengen von 3 SchoppenM täglich 3 Tage lang gegeben, reinigen den Magen und stellen die Kraft wieder her, indem sie von Krankheiten befreien. (5) Für besonders gesund gehalten wird jedoch Ölschaum, wenn er in gleichen Mengen mit Wasser versetzt wird und Tiere daran gewöhnt sind. Er kann nicht auf Anhieb gegeben werden: Zuerst wird das Futter damit besprüht, dann wird das Wasser mit einer kleinen Menge versetzt, danach wird dies in gleichen Anteilen vermischt und ihnen zu trinken gegeben, bis sie genug haben. 5. (1) Zu keiner Zeit, am wenigsten aber im Sommer, ist es von Vorteil für die Rinder, zum Laufen gezwungen zu werden, denn dies bewirkt entweder Durchfall oder Fieber. Man muss auch Vorkehrungen dagegen treffen, dass sich ein Schwein oder ein Huhn in ihre Futterkrippen schleichen. Wenn nämlich Hühnerkot mit dem Futter vermischt wird, ist das für die Rinder todbringend, während ein erkranktes Schwein eine Seuche verursachen kann. (2) Wenn die Seuche über die Herde herfällt, muss in aller Eile eine Veränderung im [lokalen] Klima und in der Umgebung gemacht werden; man muss die Tiere in Gruppen aufteilen und sie an weit entfernte Regionen schicken, um auf diese Weise die gesunden von den kranken Tieren zu trennen und so den Kontakt mit einem Tier zu vermeiden, das die anderen infizieren und beeinträchtigen kann. Und wenn sie auf den Weg gebracht werden, müssen sie an Orte geführt

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bus nullum pascitur pecus, ne adventu suo etiam illis tabem adferant. evincendi sunt autem quamvis pestiferi morbi et exquisitis remediis propulsandi. (3) tum panacis eryngi radices feniculi seminibus miscendae et cum fricti ac moliti tritici farina candenti aqua conspargendae, eoque medicamine salivandum aegrum pecus. (4) tunc paribus cassiae murraeque et turis ponderibus ac tantundem sanguinis marinae testudinis miscetur potio cum vini veteris sextariis tribus et ita per nares infunditur. sed ipsum medicamentum ponderis sescunciae divisum portione aequa per triduum cum vino dedisse sat erit. (5) praesens etiam remedium cognovimus radiculae quam pastores consiliginem vocant. ea Marsis montibus plurima nascitur omnique pecori maxime est salutaris. laeva manu effoditur ante solis ortum; sic enim lecta maiorem vim creditur habere. (6) usus eius traditur talis; aenea fibula pars auriculae latissima circumscribitur, ita ut manante sanguine tamquam O litterae ductus appareat. hoc et intrinsecus et a superiori parte auriculae cum factum est, media pars descripti orbiculi eadem fibula transuitur et facto foramine praedicta radicula inseritur. quam cum recens plaga conprehendit, ita continet, ut elabi non possit. in eam deinde auriculam omnis vis morbi pestilensque virus elicitur, donec

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werden, wo kein Vieh weidet, damit ihre Ankunft nicht auch dieses krankmacht. Seuchen aller Art müssen aber besiegt und mit ausgewählten Heilmitteln vertrieben werden. (3) Für an Ödemen leidende Tiere sollen Heilwurz- und Mannstreu-Wurzeln mit Fenchelsamen gemischt, zu Mehl aus geröstetem gemahlenen Weizen hinzugefügt und mit kochendem Wasser besprengt werden, und dieses Medikament soll man krankem Vieh als den Speichelfluss anregend verabreichen. (4) Dann wird ein Trank aus gleichen Gewichtsmengen von Mutterzimt, Myrrhe und Weihrauch, mit der gleichen Menge an Meeresschildkrötenblut, mit 3 KrugM altem Wein vermischt und durch die Nüstern eingegossen. Es genügt, das eigentliche Medikament in gleiche Dosen von 1 1/2 UnzenM einzuteilen und 3 Tage lang täglich eine davon mit Wein zu verabreichen. (5) Wir haben von einem wirksamen Heilmittel aus einer kleinen Wurzel erfahren, die von den Hirten »consiligo« genannt wird [Lungenkraut]. Er wächst reichlich in den Bergen der MarserO und ist sehr gut für die Gesundheit allen Viehs. Man gräbt es mit der linken Hand vor Sonnenaufgang aus, denn man glaubt, es sei wirkungsvoller, wenn es so gewonnen wird. (6) Seine Verwendung wird wie folgt überliefert: Mit einer Bronze-Nadel wird auf den breitesten Teil des Ohrs ein Kreis gezogen, so dass das Blut aus einer Gestalt wie der Buchstabe O sickert. Wenn das sowohl auf der Innen- als auch auf der Außenseite des Ohres gemacht worden ist, wird der Mittelpunkt der eingeschriebenen Kreise mit der gleichen Nadel durchbohrt; schließlich wird die eben [14.5.5] erwähnte Wurzel in das Loch eingeführt. Die frische Wunde schließt sich darauf und ergreift sie so fest, dass sie nicht herausrutschen kann. Damit werden alle Kraft und Seuchengefahr der Erkrankung in dieses Ohr gezogen, bis der Teil, der von der Nadel umschrieben wur-

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ea pars quae fibula circumscripta est demortua excidat. (7) Cornelius Celsus etiam visci folia cum vino trita per nares infundere iubet. haec facienda, si gregatim pecora laborant, illa deinceps, singula.

6. vitia boum et medicinae (1) cruditatis signa sunt crebri ructus ac ventris sonitus, fastidia cibi, nervorum intentio, hebetes oculi, propter quae bos neque ruminat neque lingua se deterget. remedio erunt aquae calidae duo congii et mox triginta brassicae caules cocti et ex aceto dati, sed uno die abstinendus est alio cibo. (2) quidam clausum intra tectum detinent, ne pasci possit. tunc lentisci oleastri cacuminum pondo quattuor et libram mellis una trita permiscent aquae congio, quem nocte una sub divo habent, atque ita faucibus infundunt. deinde interposita mora macerati herbi quattuor libras obiciunt aliaque potione prohibent. (3) hoc per triduum fieri convenit, ut omnis languor discutiatur. nam si neglecta cruditas est, inflatio ventris et intestinorum maior dolor sequitur, qui nec capere cibos sinit et gemitus exprimit locoque stare non patitur, saepe decumbere et volutari cogit caudamque crebrius agitare. (4) manifestum remedium est proximam clunibus partem caudae vinculo vehementer obstringere vinique sextarium cum olei hemina

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de, abstirbt und abfällt. (7) Cornelius CelsusN empfiehlt, Mistelblätter mit Wein zu verreiben und dies durch die Nüstern einzugießen. Dieses Mittel soll verwendet werden, wenn das Vieh als gesamte Herde leidet, die zuvor genannten Mittel dann, wenn einzelne Tiere leiden. 6. Beschwerden von Rindern und Heilmittel (1) Verdauungsstörungen zeigen sich an häufigem Aufstoßen und an Magenknurren, Abneigung gegen Essen, Muskelspannung und Dumpfheit in den Augen; all dies bewirkt, dass das Tier mit dem Wiederkäuen aufhört und sich nicht mehr mit seiner Zunge reinigt. Als Heilmittel werden 2 EimerM heißes Wasser verabreicht und dann 30 mittelgroße Kohlstrünke, gekocht und in Essig getaucht; 1 Tag lang muss man das Tier von anderem Futter fernhalten. (2) Manche halten es im Hof eingeschlossen, so dass es nicht grasen kann, dann verreiben sie 4 PfundM Grün von Mastixkraut und wildem Ölbaum und 1 PfundM Honig und mischen dies mit 1 EimerM Wasser, lassen es eine Nacht lang im Freien stehen und gießen es dann dem Tier in den Schlund. Nach einer Pause weichen sie als nächstes 4 PfundM Linsenwicke ein und bieten dies an, ohne etwas Anderes zu trinken zu geben. (3) Es reicht, dies 3 Tage lang zu tun, um alle Lethargie zu zerstreuen. Wenn nämlich Verdauungsstörungen vernachlässigt werden, ist das Ergebnis, dass der Magen aufgeblasen wird und es schlimmere Schmerzen in den Eingeweiden gibt, die nicht zulassen, dass das Tier Nahrung zu sich nimmt oder stillsteht, die zudem Stöhnen verursachen und das Tier oft dazu zwingen, sich hinzulegen, sich zu wälzen und immer wieder mit dem Schwanz zu wedeln. (4) Ein offenkundiges Mittel ist es, den Teil des Schwanzes fest an die ihm nächstgelegene Hinterkeule zu binden, 1 KrugM Wein mit 1 SchoppenM Öl

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faucibus infundere atque ita citatum per mille quingentos passus agere. (5) si dolor permanet, ungulas circumsecare et uncta manu per alvum inserta fimum extrahere rursusque agere currentem. (6) si nec hoc profuit, tres caprifici aridi conteruntur et cum dodrante aquae calidae dantur. ubi nec haec medicina processit, myrti silvestris foliorum duae librae levigantur, totidemque sextarii calidae aquae mixti per vas ligneum faucibus infunduntur, atque ita sub cauda sanguis emittitur. qui cum satis profluxit, inhibetur papyri ligamine. tum citate agitur pecus eo usque dum anhelet. (7) sunt et ante detractionem sanguinis illa remedia: tribus heminis vini selibra triti alii permiscetur et post eam potionem currere cogitur, vel salis sextans cum decem cepis conteritur, [vel salis] admixto melle decocto colliria inmittuntur alvo atque ita citatius bos agitur.

7. (1) ventris quoque et intestinorum dolor sedatur visu natantium avium et maxime anatis. quam si conspexit cui intestinum dolet, celeriter tormento liberatur. eadem anas maiore profectu mulas et equinum genus conspectu suo sanat. (2) sed interdum nulla prodest medicina sequiturque torminum vitium. quorum signum est cruenta et muccosa ventris proluvies, remedioque sunt cupressi quindecim pondo idemque gallae et utrorumque ponderibus vetustissimus caseus; quibus in unum tunsis admiscentur austeri vini

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in den Schlund zu gießen und das Tier 1 1/2 MeilenM weit in raschem Trab zu laufen zu zwingen. (5) Wenn der Schmerz bleibt, soll man rund um die Hufe schneiden, eine eingefettete Hand in das Rektum legen und den Kot herausziehen; daraufhin zwingt man das Tier wieder zu laufen. (6) Wenn auch dies nichts genützt hat, werden 3 getrocknete wilde Feigen zermahlen und mit 1 DreiviertelkrugM heißem Wasser verabreicht. Wenn auch dieses Medikament nicht erfolgreich ist, werden 2 PfundM wilde Myrtenblätter zerrieben, mit 2 KrugM heißem Wasser vermischt und dem Tier mittels eines Holzgefäßes in den Schlund gegossen, dann lässt man das Tier unter seinem Schwanz zur Ader. Wenn genug Blut geflossen ist, wird es mit einem Verband aus PapyrusP gestillt. Dann wird das Tier zu laufen gezwungen, bis es keucht. (7) Es gibt auch die folgenden Maßnahmen vor dem Aderlass: Mit 3 SchoppenM Wein wird 1/2 PfundM zerdrückter Knoblauch gemischt; nach dem Trinken wird das Tier zu laufen gezwungen. Oder: 1 SechstelpfundM Salz wird mit 10 Zwiebeln gerieben, mit eingekochtem Honig vermischt und als Zäpfchen in das Rektum eingeführt, dann wird das Tier zum raschen Laufen gezwungen. 7. (1) Schmerzen in Magen und Gedärmen werden auch durch den Anblick von Schwimmvögeln beruhigt, vor allem von einer Ente. Wenn ein Rind mit Darmschmerzen eine Ente erblickt, wird es schnell von seinen Qualen befreit. Der Anblick einer Ente heilt auch Maultiere und Pferde mit noch größerem Erfolg. (2) Aber manchmal hilft keine Behandlung; dann ist Brechdurchfall die Folge. Das Anzeichen hierfür ist blutiger Schleim, der aus dem Magen aufsteigt, und das Heilmittel besteht aus 15 PfundM Zypressen und ebenso viel Pflanzengallen, dazu sehr alter Käse im Gewicht von beiden zusammen. Diese werden zu einer

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quattuor sextarii. qui pari mensura per quadriduum dispensati dantur, nec desunt pabula lentisci myrtique et oleastri cacumina. (3) viridis alvus corpus ac vires carpit operique inutiles reddit. quae cum accidit, prohibendus bos potione per biduum primoque die abstinendus cibo, sed mox cacumina oleastri et harundinis, item bacae lentisci et myrti dandae nec potestas aquae nisi quam parcissime facienda est. (4) sunt qui teneram laurum et aprotanum erraticum pari portione deterant cum aquae calidae duobus sextariis atque ita faucibus infundant eademque pabula, quae supra diximus, obiciant. (5) quidam vinaciorum duas libras torrefaciunt et ita conterunt cum totidem vini austeri sextariis potandumque medicamentum praebent omni alio umore subtracto, nec minus cacumina praedictarum arborum obiciunt. (6) quod si neque ventris erit citata proluvies neque intestinorum dolor, cibosque respuet et in praegravato capite saepius coniverit, lacrimaeque oculis et pituitae naribus profluent, usque ad ossa frons media uratur auresque ferro descindantur. (7) sed vulnera facta igni dum sanescunt, defricare vetere bubula urina convenit. at ferro rescissa melius pice et oleo curantur.

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Masse zusammen verrieben und in 4 KrugM herbem Wein gemischt. Dies wird über 4 Tage gegeben, in gleichen Mengen portioniert, und einiges Futter wird gegeben, bestehend aus dem Grün von Mastixkraut, Myrte und wildem Ölbaum. (3) Durchfall schwächt sowohl den Körper als auch die Kraft, so dass Tiere für die Arbeit nutzlos werden. Wenn er auftritt, soll das Rind 2 Tage lang am Trinken gehindert und am 1. Tag auch vom Futter ferngehalten werden, dann gibt man Zweigspitzen von wildem Ölbaum und Pfahlrohr sowie Mastix- und Myrtenbeeren, gewährt aber allenfalls sehr seltenen Zugang zu Wasser. (4) Manche zerquetschen zarten Lorbeer und wildes Heiligenkraut in 2 KrugM heißem Wasser, gießen dies in den Schlund und bieten das Futter, von dem wir eben gesprochen haben. (5) Manche backen 2 PfundM Trester, dann zerreiben sie es mit 2 KrugM trockenem Wein und bieten dieses Medikament zum Trinken an, wobei sie alle anderen Flüssigkeiten entfernen, doch nichtsdestotrotz die Zweigspitzen der oben genannten Bäume anbieten. (6) Falls weder eine flüssige Ausscheidung aus dem Magen noch Schmerzen in den Eingeweiden bestehen, das Tier aber das Fressen ablehnt, den Kopf hängen lässt und oft seine Augen schließt, während aus den Augen Tränen und Schleim aus den Nüstern fließen, muss die Mitte der Stirn bis auf den Knochen kauterisiert werden, auch muss man die Ohren mit einem Eisen[messer] aufschlitzen. (7) Während die Wunden, die von der Kauterisierung verursacht wurden, verheilen, ist es hilfreich, sie mit altem Rinderurin einzureiben, wohingegen die durch das Eisen[messer] eingeschnittenen Teile besser mit Pech und Öl geheilt werden.

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8. (1) solent etiam fastidia ciborum adferre vitiosa incrementa linguae, quas ranas veterinarii vocant. haec ferro reciduntur et sale cum alio pariter trito vulnera defricantur, donec lacessita pituita profluat. tum vino perluitur et, interposito unius horae spatio, virides herbae vel frondes dantur, dum facta ulcera cicatrices ducant. (2) si neque ranae fuerint neque alvus citata et nihilominus cibos non adpetet, proderit alium pinsitum cum oleo per nares infundere, vel sale et cunela defricare fauces, vel eandem partem alio tunso et allecula linere, sed haec si solum fastidium est. (3) si vero bilis et nausea invasit, quae utraque fere aestate pecori noxia sunt, et ob ea cibos respuit, conveniet aqua prohibere bovem, caloribus uno die, frigoribus biduo, tum polentae < > sextarios colata allecula conspargere eaque velut mulam salivare, et herbam ac viridia legere et large aquam praebere, quo facilius alvus citata purgetur. (4) si neque hoc ingenio fastidium cibi ac nausea discutitur, aridum stercus humanum pinsitum aqua diluitur unaque nocte sub divo habetur atque faucibus infunditur et omni alia potione abstinetur. mox herbum maceratum et inmixtum concisis graminibus et post hoc aprotanum tritum in vino accipit, fastidiumque pariter cum bile depellit.

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8. (1) Fressunlust wird häufig auch durch Wucherungen auf der Zunge verursacht, die von den Tierheilkundigen »ranae« [»Frösche«] genannt werden. Diese werden mit dem Eisen[messer] weggeschnitten; die Wunden reibt man mit Salz ein, das mit einer gleichen Menge von Knoblauch zerrieben ist, bis ein Strom von Eiter herausgezogen wird. Dann spült man das Maul mit Wein aus und gibt nach einer Pause von 1 Stunde so lange frisches Gras oder Blätter, bis die Wunden verschorfen. (2) Wenn es weder »Frösche« noch Durchfall sind, das Tier aber dennoch Fressunlust zeigt, wird es hilfreich sein, mit Öl verriebenen Knoblauch durch die Nüstern zu gießen oder den Schlund mit Salz und Dost einzureiben oder diesen Bereich mit zerdrücktem Knoblauch und garumL zu bestreichen, sofern jedenfalls die Fressunlust das einzige Anzeichen ist. (3) Wenn aber ein Angriff von Galle und Übelkeit – von beidem wird das Rind üblicherweise im Sommer geplagt – der Grund dafür sind, dass ein Tier das Fressen verweigert, wird die richtige Behandlung sein, in heißem Wetter 1 Tag lang, in kühlem 2 Tage lang das Wasser zu verweigern, dann mit < > [Zahl verloren] KrugM Gerstengrütze mit abgeseihtem garumL-Bodensatz so den Speichelfluss anzuregen, wie man es bei einem Maultier tun würde, Kraut und Grünzeug zu sammeln und reichlich Wasser zu bieten, so dass der Darm leichter gelöst und gespült werden kann. (4) Wenn auch diese Maßnahme weder die Übelkeit noch die Fressunlust zerstreut, wird getrockneter Menschenkot zerkleinert, mit Wasser verdünnt, eine Nacht im Freien bewahrt und in den Schlund gegossen, während alle andere Flüssigkeiten verweigert werden. Dann erhält das Tier Linsenwicke, angefeuchtet und mit zerhacktem Gras vermischt, anschließend Heiligenkraut zerrieben und in Wein gemischt; so vertreibt es die Galle und mit ihr die Fressunlust.

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9. (1) febricitantem bovem convenit abstinere cibo uno die, postero deinde exiguum sanguinem ieiuno sub cauda dimitti atque interposita hora modicae magnitudinis coctos brassicae coliculos triginta ex oleo et garo salivati more dimitti eamque escam per quinque dies ieiuno dari. (2) praeterea cacumina lentisci aut oleae vel tenerrimam quamque frondem ac pampinos vitis obici; tum etiam sfongea labra detergere et aquam frigidam ter per diem praebere potandam. quae medicina intra tectum fieri debet, nec ante sanitatem bos emitti. (3) signa febricitantis manantes lacrimae, gravatum caput, oculi conpressi, fluvidum salivis os, longior et cum quodam inpedimento tractus spiritus, interdum et cum gemitu.

10. (1) recens tussis optime salivato farinae hordeaciae discutitur. interdum magis prosunt gramina concisa et his mixta fresa faba. lentis quoque vavulis exemptae et minute molitae miscentur aquae calidae sextarii duo, factaque sorbitio per cornu infunditur. (2) veterem tussim sanant duae librae hisopi macerati sextariis aquae tribus. nam id medicamentum teritur et cum lentis minute, ut dixi, molitae sextariis quattuor more salivati datur ac postea aqua hisopi per cornu infunditur. (3) porri etiam sucus cum oleo vel ipsa fibra cum hordeacia farina contrita remedium est, et eiusdem radices diligenter lotae et cum farre triticeo pinsitae

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9. (1) Ein von Fieber geplagtes Tier soll einen Tag lang vom Fressen ferngehalten werden. Am nächsten Tag soll es, bevor es frisst, unter dem Schwanz ein wenig zur Ader gelassen werden. Nach 1 Stunde sollen 30 mittelgroße gekochte Kohlstrünke, in Öl und garumL getaucht, wie ein den Speichelfluss anregender Brei gefüttert werden, und diese Rationen sollen 5 Tage lang auf einen leeren Magen gegeben werden. (2) Daneben soll das Grün von Mastixkraut oder Ölbäumen angeboten werden, oder auch jede Art von zarten Blättern sowie Weinlaub; dann soll man auch mit einem Schwamm die Lippen abwischen und dreimal täglich kaltes Wasser zu trinken bieten. Diese Behandlung soll im Stall stattfinden; das Rind soll nicht herausgelassen werden, bevor es wieder gesund ist. (3) Die Anzeichen für Fieber sind Tränenlaufen, ein schwerer Kopf, fest geschlossene Augen, aus dem Maul fließender Speichel, langsame, ein wenig behinderte Atmung, manchmal auch mit Stöhnen. 10. (1) Kürzlich eingetretener Husten wird am besten mit einem den Speichelfluss anregenden Brei aus Gerstenmehl beseitigt. Manchmal ist auch Gras, zerkleinert und mit Bohnenmehl gemischt, von Nutzen, ebenso 2 KrugM Linsen, geschält und fein zermahlen, mit heißem Wasser vermischt; die so entstandene Brühe wird mithilfe eines Horns [als Trichter] eingegossen. (2) Langdauernder Husten wird mit 2 PfundM Ysop geheilt, der in 3 KrugM Wasser eingeweicht ist. Dieses Medikament wird zermahlen, zusammen mit 4 KrugM Linsen – fein zermahlen, wie eben erwähnt – und wie ein den Speichelfluss anregender Brei zugeführt, und danach wird das Ysopwasser mithilfe eines Horns eingegossen. (3) Auch Lauchsaft, mit Öl vermischt, oder Lauchstängel mit Gerstenmehl zerstoßen, dienen als Heilmittel; ebenso vertreiben Lauchwurzeln, sorgfältig ge-

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ieiunoque datae vetustissimam tussim discutiunt. (4) facit idem pari mensura herbum sine vavulis cum torrido hordeo molitum et salivati more in fauces dimissum.

11. suppuratio melius ferro rescinditur quam medicamento. expressa deinde sanie, sinus ipse qui eam continebat calida bubula urina eluitur, atque ita linamentis pice liquida et oleo inbutis curatur vel, si conligari ea pars non potest, lamina candente sevum caprinum aut bubulum stillatur. quidam, cum vitiosam partem inusserunt, urina vetere humana elvunt atque ita aequis ponderibus incocta pice liquida cum vetere axungia linunt.

12. (1) sanguis dimissus in pedes claudicationem adfert. quae cum accidit, statim ungulam inspicito: tactus autem fervorem demonstrat, nec bos vitiatam partem vehementius premi patitur. sed si sanguis adhuc supra ungulas in cruribus est, frictione adsidua discutitur vel, cum ea nihil profuit, scarifatione emittitur. (2) ac si iam in ungulis est, inter duas ungulas cultello leviter aperitur, et postea linamenta sale atque aceto inbuta applicantur ac solea spartea pes induitur, maximeque datur opera, ne bos in aquam pedem mittat et

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waschen, mit Weizenmehl zerstoßen und auf leeren Magen gegeben, einen sehr langdauernden Husten. (4) Das gleiche Ergebnis wird mit Linsenwicke ohne Schalen erzielt, mit einem gleichen Teil gerösteter Gerste zermahlen und wie ein den Speichelfluss anregender Brei in den Schlund des Tieres gegeben. 11. Einen Abszess schneidet man besser mit dem Eisen[messer] auf, statt ihn mit Medikamenten zu behandeln. Wenn die Eiterflüssigkeit herausgedrückt wurde, wird der Hohlraum, der sie enthalten hatte, mit heißem Rinderurin ausgewaschen und mit Umschlägen behandelt, die mit flüssigem Pech und Öl getränkt sind. Wenn der Bereich nicht verbunden werden kann, wird von einer glühenden Metallplatte aus Ziegen- oder Rindertalg in den Hohlraum getropft. Einige Leute kauterisieren den betroffenen Bereich, waschen ihn mit altem Menschenurin aus und bestreichen ihn dann mit flüssigem Pech und alter Achsenschmiere [Schmalz], in gleichen Mengen erhitzt. 12. (1) Blutabfluss in den Füßen verursacht Lahmheit. Wenn dies geschieht, muss man sogleich den Huf inspizieren: Eine Berührung zeigt Wärme, auch kann das Rind festen Druck auf den betroffenen Teil nicht ertragen. Aber wenn das Blut noch oberhalb der Hufe in den Beinen ist, kann es durch ständiges Reiben verteilt werden, oder – falls dies nicht wirksam ist – durch eine Einritzung herausgelassen werden. (2) Ist es schon in den Hufen, wird zwischen den beiden Hälften des Hufes mit einem kleinen Eisen[messer] eine leichte Öffnung gemacht; danach werden in Salz und Essig getränkte Umschläge angewandt; dann wird der Huf in eine aus spartumP verfertigte Sandale platziert und größte Sorge dafür getragen, dass das Rind nicht in Wasser tritt

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ut sicce stabuletur. (3) hic idem sanguis nisi emissus fuerit, famicem creabit. qui si suppuraverit, tarde percurabitur. primum ferro circumcisus et expurgatus, deinde pannis aceto et sale et oleo madentibus inculcatus, mox axungia vetere et sevo hircino pari pondere decoctis ad sanitatem perducitur. (4) si sanguis in priore parte ungulae est, extrema pars ipsius ungulae ad vivum resecatur et ita emittitur ac linamentis pes involutus spartea munitur. mediam ungulam ab inferiore , nisi in eo loco iam suppuratio facta est. (5) si dolore nervorum claudicat, oleo et sale genua poplitesque et crura confricanda sunt, donec sanetur. (6) si genua intumverint, calido aceto fovenda sunt, et lini semen cum milio detrito consparsoque aqua mulsea inponendum. sfongeae quoque ferventi aqua inbutae et expressae linitaeque melle recte genibus applicantur ac fascea circumdantur. (7) quod si tumori subest aliquis umor, fermentum vel farina hordeacia ex passo aut aqua mulsa decocta inponitur et, cum maturvit suppuratio, rescinditur ferro, eaque emissa, ut supra docuimus, linamentis curatur. (8) possunt etiam, ut Cornelius Celsus praecepit, lilii radix vel scylla cum sale sanguinalis herba, quam poligonum Graeci appellant, vel marrubium ferro reclusa

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und nur in trockenen Räumen steht. (3) Wenn das Blut hier nicht herausgelassen wird, bewirkt es eine Schwellung, und wenn sich diese ihrerseits in einen Abszess verwandelt, wird eine Heilung nur langsam gelingen. Dann wird erst das Gebiet um die Stelle herum mit einem Eisen[messer] eingeschnitten, gereinigt und in mit Essig, Salz und Öl getränkte Tüchern eingepackt; schließlich wird mit Arzneipflastern aus alter Achsenschmiere [Schmalz] und Ziegentalg, in gleichen Mengen gekocht, die Gesundheit wiederhergestellt. (4) Wenn das Blut an der Vorderseite des Hufes liegt, wird die Spitze des Hufes selbst zum Fleisch zurückgeschnitten und das Blut hier herausgelassen, danach wird der Huf bandagiert und mit einer Sandale aus spartumP geschützt. Es ist nicht sinnvoll, die Mitte des Hufes an der Rückseite zu öffnen, es sei denn, dass sich in diesem Bereich bereits ein Abszess gebildet hat. (5) Wenn die Lahmheit durch Muskelschmerzen begründet ist, soll man die Knie, die Rückseite der Knie und die Beine bis zur Genesung massieren. (6) Wenn die Knie geschwollen sind, sollen sie mit heißem Essig abgerieben werden und man soll einen Umschlag aus Leinsamen zusammen mit Rispenhirse machen, die gemahlen und mit mulsumL-Wasser besprengt worden ist. Auch werden Schwämme, die in kochendem Wasser getränkt wurden, ausgedrückt, mit Honig bestrichen, auf die Knie aufgetragen und mit einem Verband darauf befestigt. (7) Wenn es unter der Schwellung irgendeine Flüssigkeit gibt, wird Hefe oder Gerstenmehl, in passumL oder Honig gekocht, aufgebracht; wenn der Abszess dann gereift ist, wird er mit einem Eisen[messer] abgeschnitten, entwässert und mit Verbänden – wie oben angegeben – behandelt. (8) Es können auch – wie Cornelius CelsusN gelehrt hat – Lilienwurzel, Meerzwiebel mit Salz, Acker-Vogelknöterich – den die Griechen »polygonon« nennen – oder Andorn den mit

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sanare. (9) fere autem omnis dolor corporis, si sine vulnere est, recens melius fomentis discutitur, vetus uritur, et supra ustum vel butyrum vel caprinus stillatur adeps.

13. (1) scabies extenuatur trito alio defricato. (2) eodemque remedio curatur rabiosae canis vel lupi morsus, qui tamen et ipse inposito vulneri veteri salsamento aeque bene sanatur. (3) sed ad scabiem praesentior alia medicina est; cunela bubula et sulfur conteruntur, admixtaque amurca cum oleo atque aceto incoquuntur. deinde tepefactis scissum alumen tritum spargitur. id medicamentum candente sole inlitum maxime prodest. (4) ulceribus gallae tritae remedio sunt, nec minus sucus marrubii cum fuligine. (5) est et infesta pestis bubulo pecori – coriaginem rustici appellant –, cum pellis ita tergori adhaeret, ut adprehensa manibus deduci costis non possit. (6) ea res non aliter accidit quam si bos aut ex languore aliquo ad maciem perductus est aut sudans in opere faciendo refrixit aut si sub onere pluvia madefactus est. (7) quae quoniam perniciosa sunt, custodiendum est, ut cum ab opere boves redierint adhuc aestuantes anhelantesque, vino aspergantur et offae adipis faucibus eorum inserantur. (8) quod si praedictum vitium inhaeserit, proderit

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dem Eisen[messer] aufgeschnittenen Bereich heilen. (9) Im Allgemeinen werden alle körperlichen Schmerzen – mit Ausnahme der von einer Verwundung verursachten – am besten mit Umschlägen beseitigt, wenn sie jung sind, jedoch kauterisiert, wenn sie lang bestehen, und man träufelt Butter oder flüssiges Ziegenfett auf den kauterisierten Bereich. 13. (1) Krätze wird geheilt, wenn man Knoblauch aufreibt. (2) Mit dem gleichen Mittel heilt man den Biss eines tollwütigen Hunds oder Wolfs; ein solcher Biss wird jedoch ebenso gut geheilt, wenn man alten Salzfisch auf die Wunde legt. (3) Eine andere Behandlung ist bei Krätze aber wirksamer: Gewöhnlicher Dost und Schwefel werden zusammen gemahlen, mit Ölschaum, Öl und Essig vermischt und gekocht; wenn die Mischung heiß ist, wird faseriger Alaun aufgestreut. Dieses Medikament ist am wirksamsten, wenn man es bei strahlendem Sonnenschein aufstreicht. (4) Geschwülste werden mit zermahlenen Pflanzengallen behandelt, ebenso mit Andornsaft, mit Ruß vermischt. (5) Es gibt auch eine gefährliche Seuche für den Rinderbestand – Landleute nennen sie »coriago« –, bei der die Haut so eng am Rücken klebt, dass man sie, wenn man sie mit den Händen packt, nicht von den Rippen wegziehen kann. (6) Dieser Zustand tritt ausschließlich auf, wenn ein Rind durch eine Krankheit zu dünn geworden ist oder bei der Arbeit geschwitzt hat und dann unterkühlt wurde oder beim Ziehen von Lasten dem Regen ausgesetzt war. (7) Da diese Situationen schädlich sind, muss man sicherstellen, dass Rinder, die nach der Rückkehr von der Arbeit noch erhitzt sind und keuchen, mit Wein besprengt werden und Fettklöße um den Hals gelegt bekommen. (8) Wenn aber die oben genannte Krankheit die Tiere ergriffen hat, wird es

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decoquere laurum et ea calida aqua fovere terga multoque oleo et vino confestim subigere ac per omnes partes adprehendere et adtrahere pellem. idque optime fit sub divo sole fervente. (9) quidam faeces vino et adipe commiscent eoque medicamento post fomenta praedicta utuntur.

14. (1) est etiam illa gravis pernicies, cum pulmones exulcerantur; inde tussis et macies et ad ultimum pthisis invadit (2) quae ne mortem afferant, radix consiliginis, ita ut supra docuimus, perforatae auriculae inseritur et nihilominus porri sucus instar heminae pari olei mensurae miscetur et potandus cum vini sextario datur diebus conpluribus. (3) si opere collum contuderit, praesentissimum est remedium sanguis de aure dimissus, aut, si id factum non erit, herba quae vocatur salvia cum sale trita et inposita. (4) si cervix mota et deiecta est, considerabimus in quam partem declinet et ex diversa auricula sanguinem detrahemus. ea porro vena quae in aure videtur esse amplissima sarmento prius verberatur. deinde cum ad ictum intumuit, cultello solvitur, et postero die iterum ex eodem loco sanguis emittitur ac biduo ab opere datur vacatio. tertio deinde die levis iniungitur labor paulatim ad iusta perducitur. (5) quod si

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hilfreich sein, Lorbeer einzukochen und dieses heiße Wasser dafür zu verwenden, ihnen den Rücken einzureiben, sie dann sogleich mit viel Öl und Wein zu kneten und schließlich die Haut ganz zu ergreifen und sie hochzuziehen. Dies wird am besten im Freien unter einer sengenden Sonne geschehen. (9) Einige Leute mischen Weinbodensatz mit Wein und Fett und verwenden dieses Medikament für die oben genannten Umschläge. 14. (1) Es ist auch eine ernste Bedrohung, wenn die Lunge Geschwüre hat; als Folge davon wird das Tier an Husten, Dünnheit und schließlich an Schwindsucht [wohl Tuberkulose] leiden. (2) Um zu verhindern, dass diese Zustände tödlich werden, schneidet man in das Ohr ein Loch, wie oben [14.5.6] beschrieben, und führt Lungenkrautwurzel ein; außerdem wird etwa 1 SchoppenM Lauchsaft mit der gleichen Menge Öl gemischt und mehrere Tage lang täglich zusammen mit 1 KrugM Wein als Trunk gegeben. (3) Wenn der Hals des Tieres bei der Arbeit gestoßen wird, ist es ein sehr wirksames Mittel, Blut aus dem Ohr zu lassen, oder, falls dies nicht geschieht, das Kraut namens »salvia« [Salbei] mit Salz zu vermahlen und aufzulegen. (4) Wenn der Hals verrenkt ist und herunterhängt, werden wir die Richtung beachten, in die er gedreht ist, und Blut aus dem Ohr auf der gegenüberliegenden Seite lassen. Als nächstes wird der größten Ader, die im Ohr sichtbar ist, zur Vorbereitung ein Schlag mit einem Stock gegeben, dann, wenn sie unter den Schlägen aufquillt, wird sie aufgeschnitten; am nächsten Tag wird wieder Blut von der gleichen Stelle gelassen und eine 2-tägige Ruhepause von der Arbeit gewährt. Am 3. Tag wird dann eine leichte Aufgabe auferlegt, und das Tier wird nach und nach bis zu seinen regelmäßigen Aufgaben gebracht. (5) Wenn jedoch der Hals nicht zu

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cervix in neutram partem deiecta est mediaque intumvit, ex utraque auricula sanguis emittitur. qui cum intra triduum quam bos vitium cepit emissus non est, intumescit collum nervique tenduntur et inde nata durities iugum non patitur. (6) tali vitio conperimus aptum esse medicamentum ex pice liquida et bubula medulla et hircino sevo et vetere axungia et vetere oleo aequis ponderibus conpositum atque incoctum. (7) hac conpositione sic utendum est: [et] cum disiungitur ab opere bos, in ea piscina ex qua bibitur tumor cervicis aqua madefactus subigitur praedictoque medicamento defricatur et inlinitur. (8) si ex toto propter tumorem cervicis iugum recusat, paucis diebus requies ab opere danda est, tum cervix aqua frigida defricanda et spuma argentea inlinenda est. Celsus quidem tumenti cervici herbam quae vocatur salvia, ut supra dixi, contundi et inponi iubet. (9) clavorum qui fere cervicem infestant minor molestia est, nam facile sanantur oleo per ardentem lucernam instillato. (10) potior tamen est ratio custodiendi, ne nascantur neve colla calvescant. quae non aliter glabra fiunt, nisi cum sudore aut pluvia cervix in opere madefacta est. itaque cum accidit, veteri latericio trito, priusquam diiungantur, colla conspargi oportet, et deinde, cum adsiccaverint, subinde oleo inbui.

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einer der Seiten gedreht, sondern in der Mitte aufgequollen ist, wird Blut aus beiden Ohren gelassen. Wenn man es nicht innerhalb von 3 Tagen nach Beginn der Erkrankung des Tiers auslässt, wird der Hals anzuschwellen beginnen und die Muskeln werden gespannt, und die daraus resultierende Steifigkeit kann kein Joch mehr ertragen. (6) Für diese Art von Krankheit besteht eine geeignete Salbe, wie wir gelernt haben, aus flüssigem Pech, Rindermark, Ziegentalg, alter Achsenschmiere [Schmalz] und altem Öl, in gleichen Gewichtsmengen vermischt und eingekocht. (7) Dieses zusammengesetzte Mittel soll wie folgt verwendet werden: Wenn das Rind nach der Arbeit aus dem Joch genommen wird, soll an dem Trog, aus dem es trinkt, die Schwellung am Hals mit Wasser angefeuchtet, geknetet, nach unten massiert und mit der oben genannten Salbe eingerieben werden. (8) Wenn das Tier das Joch wegen der Schwellung des Halses ganz und gar ablehnt, sollen ihm ein paar Tage Ruhe von der Arbeit gewährt werden; dann soll der Hals mit kaltem Wasser und SilberschaumB eingerieben werden. CelsusN freilich empfiehlt, das oben [14.14.3] erwähnte Kraut namens Salbei solle zerstoßen und auf den geschwollenen Hals gelegt werden. (9) Warzen, die häufig den Hals befallen, sind weniger ärgerlich, denn sie werden leicht durch auf sie aus einer brennenden Lampe tropfendes Öl geheilt. (10) Die bevorzugte Methode ist es, sicherzustellen, dass sie sich gar nicht erst bilden und dass die Hälse der Tiere ihre Haare nicht verlieren. Ihre Hälse werden ausschließlich dann haarlos, wenn sie bei der Arbeit von Schweiß oder Regen benetzt werden. Wenn dies geschieht, sollen ihre Hälse daher mit altem Ziegelmehl bestäubt werden, bevor sie aus dem Joch genommen werden, und dann sofort, nachdem sie getrocknet sind, eingeölt werden.

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15. (1) si talum aut ungulam vomere laeserit, picem duram et axungiam cum sulfure lana sucida involuto et candente ferro supra volnus inurito. (2) quod idem remedium optime facit exempta stirpe, si forte surculum calcaverit aut acuta testa vel lapide ungulam pertuderit. quae tamen si altius vulnerata est, latius ferro circumciditur et ita inuritur, ut supra praecepi. deinde spartea calceata per triduum aceto suffuso curatur. (3) item si vomere crus sauciaverit, marina lactuca, quam Graeci titymallum vocant, admixto sale inponitur. (4) subtriti pedes elvuntur calefacta bubula urina, deinde fasce sarmentorum incenso, cum ignis in favillam redegit, ferventi cineri bos cogitur insistere ac pice liquida cum oleo vel axungia cornua eius linuntur. (5) minus tamen claudicabunt armenta, si ab opere deiunctis multa frigida laventur pedes et deinde suffragines coronaeque ac discrimen ipsum quo divisa est bovis ungula vetere axungia defricetur.

16. (1) saepe etiam, vel gravitate longioris itineris vel cum in proscindendo aut duriori solo aut obviae radici obluctatus,

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15. (1) Wenn das Tier sich den Knöchel oder den Huf an der Pflugschar verletzt, wende man hartes Pech und Fett zusammen mit Schwefel an, wickele es in Fettwolle [ungewaschene und daher noch lanolinreiche Wolle] ein und kauterisiere über der Wunde mit einem glühenden Eisen. (2) Das gleiche Mittel ist sehr erfolgreich, wenn das Tier zufällig auf einen Stock getreten ist – man muss den vor der Behandlung herausziehen – oder seinen Huf auf einem scharfen Backstein oder Stein durchbohrt hat. Wenn aber die Wunde sehr tief ist, wird um sie mit einem Eisen[messer] ein recht weiter Schnitt gemacht, dann wird kauterisiert, wie ich oben gelehrt habe. Danach wird eine Sandale aus spartumP 3 Tage lang getragen, um den Huf zu schützen, und Essig wird auf die Wunde gegossen. (3) Ebenso wird, wenn das Tier sein Bein an der Pflugschar verwundet hat, Meerlattich – den die Griechen »titymallus« nennen [Strand-Wolfsmilch] – mit einer Beimischung von Salz auf die Fläche gelegt. (4) Hufe, die von unten ausgetreten sind, werden mit erhitztem Rinderurin gewaschen. Dann wird ein Bündel von Rebstock-Abschnitten verbrannt, und nachdem die Flammen es zu Asche gemacht haben, wird das Tier gezwungen, in die heiße Asche zu steigen, und seine Hufe werden mit flüssigem Pech und Öl oder Fett bestrichen. (5) Allerdings wird Großvieh weniger wahrscheinlich lahmen, wenn man, nachdem die Tiere nach der Arbeit aus dem Joch genommen worden sind, ihre Hufe in reichlich kaltem Wasser wäscht und dann die Sprunggelenke, die Saumränder und die Spalten, von denen die Hufe geteilt werden, mit alter Achsenschmiere [Schmalz] einreibt. 16. (1) Oft geschieht es auch, dass ein Rind sich die Schultern ausrenkt, entweder durch die Anstrengung eines langen Weges oder beim Aufbrechen von Ackerland, wenn es mit

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convellit armos. quod cum accidit, e prioribus cruribus sanguis emittendus est; si dextrum armum laesit, in sinistro, si laevum, in dextro; si vehementius utrumque vitiavit, etiam in posterioribus cruribus venae solvuntur. (2) praefractis cornibus linteola sale atque aceto et oleo inbuta super inponuntur ligatisque per triduum eadem infunduntur. quarto demum axungia pari pondere cum liquida pice et cortice pineo levigata inponitur, et ad ultimum, cum iam cicatricem ducunt, fuligo infricatur. (3) solent etiam neglecta ulcera scatere vermibus. qui si mane perfunduntur aqua frigida, rigore contracti decidunt, vel, si hac ratione non possunt eximi, marrubium aut porrum conteritur et admixto sale inponitur. id celerrime necat praedicta animalia. (4) sed expurgatis ulceribus confestim adhibenda sunt linamenta cum pice et oleo veterique axungia, et extra vulnera eodem medicamento circumlinenda, ne infestentur a muscis, quae ubi ulceribus insederunt vermes creant.

17. (1) sed quoniam sunt pleraque animalia quae ob asperitatem morum vel indomitam naturam tangi nequeant, contra vermes a quibus fuerant occupata hoc eis remedio subuenitur. fit enim sic remedium adversum vermes qui solent in animalium vulneribus esse, quod proficit et absentibus et quamvis longe positis animalibus et omni pecori. (2)

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hartem Boden oder einer den Pflug behindernden Wurzel gekämpft hat. Wenn dies geschieht, soll das Blut aus den Vorderbeinen gelassen werden; ist die rechte Schulter verletzt, von der linken Seite, ist es die linke, von der rechten. Wenn es beide recht ernst verletzt hat, sind die Adern in den Hinterbeinen zu öffnen. (2) Wenn seine Hörner gebrochen sind, werden Leinenstreifen in Salz, Essig und Öl getränkt und auf sie gelegt; so werden sie bandagiert, und die gleiche Mischung wird 3 Tage lang auf die Umschläge gegossen; am 4. Tag wird dann Fett mit gleichen Mengen von flüssigem Pech und Pinienrinde zu einer Paste reduziert und angewendet; schließlich, wenn sie vernarben, wird Ruß auf sie eingerieben. (3) Geschwüre, die man missachtet, wimmeln oft von Würmern. Wenn man früh am Tag kaltes Wasser auf sie gießt, ziehen sie sich in der Kälte zusammen und fallen ab. Wenn sie nicht auf diese Weise entfernt werden können, zermahlt man Andorn oder Lauch und trägt sie unter Zusatz von Salz auf. Dies tötet sehr schnell die betreffenden Wesen ab. (4) Sobald aber die Wunden gereinigt worden sind, sollen sogleich Verbände mit Pech und Öl und alter Achsenschmiere [Schmalz] angewandt werden, und die Bereiche um die Wunde sollen mit der gleichen Salbe belegt werden, damit sich nicht Fliegen auf die Wunden setzen und Würmer hervorbringen. 17. (1) Aber da es viele Tiere gibt, die wegen ihres heftigen Temperaments oder ihrer ungebrochenen Natur nicht berührt werden können, hilft das folgende Medikament gegen Würmer, von denen sie befallen worden sind. Das Heilmittel wird etwa folgendermaßen gegen die Würmer, die in Wunden von Tieren auftreten, hergestellt; es ist auch dann wirksam, wenn die Tiere sich an anderer Stelle, ja sogar weit entfernt, aufhalten, und hilft allen Arten von Vieh. (2) Man

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facies ita: tempore antequam sol exeat, priusquam ventrem purges vel mingas, subsidebis pedibus patentibus et tollis pulverem qualem ante te potueris invenire, aut de stabulo laetamen tollis de manu sinistra primo, et iactas intra pedes tuos post te et dicis: »quomodo istud iacto, sic iactentur vermes de caballo illius« albo aut nigro aut cuius fuerit coloris. item de manu dextra iactas et dicis similiter, et item de manu sinistra iactas, ut supra dicens. hoc et bovi et equae et omni pecori succurrit. (3) item ad eam rem aliud similiter probatum: rubum unde nascitur incidis mane ante solem et dicis; »quomodo istum incidi, sic incidantur vermes a caballo vel bove illius« vario vel albo vel cuiuslibet coloris.

18. (1) est etiam mortiferus serpentis ictus, est et minorum animalium noxium virus. nam et vipera et caecilia saepe, cum in pascuo bos inprovide supercubuit, lacessita onere morsum inprimit. musque araneus, quem Graeci mygalen appellant, quamvis dentibus non exiguam pestem molitur. venena viperae depellit super scarifationem ferro factam herba quam vocant personatia trita et cum sale inposita. (2) plus etiam eiusdem radix contusa prodest, vel si montanum trifolium repperitur – quod fragosis locis effica-

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muss Folgendes tun: In der Zeit vor Sonnenaufgang, bevor man seinen Magen entleert oder uriniert, hockt man sich mit den Füßen weit auseinander hin, nimmt etwas Staub, den man vor sich findet, oder etwas Mist aus den Ställen zuerst mit der linken Hand auf, wirft dies hinter sich zwischen die Füße und sagtG: »Wie ich dies werfe, so sollen die Würmer vom Pferd des So-und-so geworfen werden«, wobei man »weißen« oder »schwarzen« – oder was immer die Farbe ist – hinzufügt. Ebenso wirft man dies noch einmal mit der rechten Hand und sagt das gleiche, dann wiederum mit der linken Hand, wobei man auch das oben Genannte sagt. Dies heilt ein Rind, ein Pferd oder auch jedes andere Kleinvieh. (3) Ebenso erprobt ist in ähnlicher Weise für den gleichen Zweck das Folgende: Man schneidet in der Frühe vor Sonnenaufgang einen Brombeerstrauch dort ab, wo er wächst, und sagt: »Wie ich dies geschnitten habe, so sollen die Würmer vom Pferd oder Rind des So-und-so abgeschnitten werden«, wobei man »scheckig« oder »weiß« oder welche Farbe auch immer hinzufügt. 18. (1) Ein Schlangenbiss ist auch für Vieh tödlich; auch das Gift, das kleine Tiere ausscheiden, ist schädlich. Oft werden sie, wenn ein Tier auf der Weide sich ahnungslos auf eine Viper oder eine Blindschleiche legt, durch sein Gewicht provoziert und beißen zu. Auch die Spitzmaus – von den Griechen »mygale« genannt – verursacht, obwohl sie nur kleine Zähne hat, nicht geringe Seuchen. Viperngift wird gebannt, wenn man den befallenen Bereich mit einem Eisen[messer] ausscheidet, das Kraut namens »personacia« [Klette] zerreibt und es mit Salz anwendet. (2) Noch hilfreicher ist die zerkleinerte Wurzel der gleichen Pflanze oder der Asphaltklee, wenn man ihn finden kann. – Letzterer ist am

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cissimum nascitur, odoris gravis nec absimilis bitumini et idcirco Graeci asphaltitem appellant, nostri autem propter figuram vocant acutum trifolium, nam longis et hirsutis foliis viret caulemque robustiorem facit quam pratense –; (3) huius herbae sucus cum vino mixtus infunditur faucibus atque ipsa folia cum sale trita malagmatis vice cedunt. (4) vel si hanc herbam viridem tempus anni negat, semina eius collecta et levigata cum vino dantur potanda, radicesque cum suo caule tritae atque hordeaciae farinae et sali commixtae ex aqua mulsa scarifationi superponuntur. (5) est etiam praesens remedium, si conteras tenera fraxini cacumina quinque librarum cum totidem vini et duobus sextariis olei expressumque sucum faucibus infundas, itemque cacumina eiusdem arboris cum sale trita laesae parti superponas. (6) caeciliae morsus tumorem suppurationemque molitur; idem facit etiam muris aranei, sed et illius sanatur noxa fibula aenea, si laesum locum conpungas cretaque Cimolia ex aceto linas. (7) mus quam perniciem intulit suo corpore luit, nam animal ipsum oleo mersum necatur eoque medicamine quandoque morsus aranei muris linitur. vel, si id non adest tumorque ostendit iniuriam dentium, cyminum conteritur eoque adicitur exiguum picis liquidae et axungiae, ut lentorem malagmatis

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wirksamsten, wenn er in gebrochenem Boden wächst. Er hat einen üblen Geruch, der dem Asphalt nicht unähnlich ist, und wird aus diesem Grund von den Griechen »asphaltite« genannt; wir aber nennen ihn auf Grund seiner Form »trifolium« [»Dreiblatt«]. Er hat lang behaarte Blätter und einen stabileren Stiel als der Wiesenklee. – (3) Der Saft dieser Pflanze, mit Wein vermischt, wird dem Tier in den Schlund gegossen, und seine Blätter, zusammen mit Salz zermahlen, als Arzneipflaster verwendet. (4) Wenn es nicht die richtige Jahreszeit für das grüne Kraut ist, werden die gesammelten Samen pulverisiert und in Wein als Trunk gegeben. Auch werden die Wurzeln mit dem Stiel verrieben, mit Gerstenmehl und Salz gemischt, mit mulsumL-Wasser angefeuchtet und in der Gegend der Verwundung aufgebracht. (5) Ein weiteres wirksames Mittel ist, wenn man die zarten Zweigspitzen von Eschen zerreibt, und zwar 5 PfundM Gewicht, mit 5 KrugM Wein und 2 KrugM Öl vermischt und die extrahierte Flüssigkeit dem Tier in den Schlund gießt, und dann wieder die Zweigspitzen desselben Baumes zerkleinert und mit Salz auf den verwundeten Bereich bringt. (6) Der Biss der Blindschleiche verursacht Schwellungen und Abszessbildung; der Biss einer Spitzmaus hat die gleiche Wirkung. Aber der Schaden, den erstere verursacht, wird mit einer Bronzenadel geheilt, wenn man den verwundeten Bereich durchsticht und mit kimolischemO Ton in Essig bestreicht. (7) Was die Spitzmaus betrifft, bezahlt sie mit ihrem eigenen Körper für die Verursachung der Krankheit, denn das Wesen selbst ertrinkt in Öl und stirbt; nachdem es verwest ist, wird es zermahlen, und dieses wird als Medikament immer dort eingesetzt, wenn eine Spitzmaus zugebissen hat. Ist es nicht verfügbar und zeigt die Schwellung die von den Zähnen zugefügten Verletzungen, wird Kümmel zermahlen und dann etwas flüssigem Pech und Achsenschmiere

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habeat. (8) id inpositum perniciem submovet, vel, si antequam tumor discuteretur in suppurationem convertit, optimum est ignea lamina collectionem resecare et quidquid vitiosi est inurere atque ita liquida pice cum oleo linere. (9) solet etiam ipsum animal vivum creta figulari circumdari, quae cum siccata est, collo boum suspenditur. ea res innoxium pecus a morsu muris aranei praebet.

19. (1) oculorum vitia plerumque melle sanantur. nam si intumverint, aqua mulsa triticea farina conspargitur et inponitur. (2) si vero album in oculo est, montanus sal, Hispanus vel Ammoniacus vel etiam Cappadocus, minute tritus et inmixtus melli vitium extenuat. facit idem intrita sepiae testa et per fistulam ter oculo inspirata. (3) facit et radix quam Graeci silphion vocant, vulgus autem nostra consuetudine laserpicium appellat. huius quantocumque ponderi decem partes salis Ammoniaci adiciuntur eaque pariter oculo similiter infunduntur, vel eadem radix tunsa et cum oleo lentisci inuncta vitium expurgat. (4) epiphoras supprimit polenta consparsa aqua mulsea et in supercilia genasque inposita. pastinacae quoque agrestis semina et sucus armoraceae cum melle conglobata oculorum sedant dolorem, sed quotiensque mel alius ve sucus

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[Schmalz] hinzugefügt, um die für einen Umschlag nötige Klebrigkeit zu erzeugen. (8) Wenn dies angewendet wird, entfernt es die Krankheit. Wird die Schwellung zu einem Abszess, bevor sie beseitigt werden kann, ist es am besten, die Ansammlung mit einer glühenden Klinge aufzuschneiden, die betroffenen Bereiche zu kauterisieren und dann mit flüssigem Pech in etwas Öl einzustreichen. (9) Es ist auch eine Praxis, eine lebende Spitzmaus mit Ton zu bedecken; nach dem Trocknen wird dieses Mittel dann dem Vieh an den Hals gehängt; dies macht das Vieh gegen den Biss der Spitzmaus immun. 19. (1) Augenleiden werden in der Regel mit Honig geheilt. Wenn die Augen geschwollen sind, wird Honig auf Weizenmehl gestreut und angewendet. (2) Ist es jedoch ein weißer Fleck im Auge, erleichtert Steinsalz – und zwar hispanischesO oder AmmoniacumO oder gar kappadokischesO – das Leiden, wenn es fein gemahlen und mit Honig vermischt ist. Ebenso wirksam ist es, dreimal täglich zermahlenen Tintenfischschulp durch ein Hohlrohr auf das Auge zu blasen. (3) Auch wirksam ist die Wurzel, die von den Griechen »silphion« [silphiumP] genannt wird und das gemeine Volk in unserem Sprachgebrauch »laserpicium« nennt [Asant]. Man gibt 1/10 seines Gewichts an AmmoniacumO-Salz dazu, zerreibt diese Bestandteile zusammen und gießt sie mit dem gleichen Verfahren in das Auge; auch die Wurzel dieser Pflanze wird zerstoßen und in Mastixöl verstrichen, was die Krankheit beseitigt. (4) Eine Katarakt in den Augen wird durch das Einstreuen von Gerstengrütze in mulsumL-Wasser und die Anwendung dieses Mittels auf die Augenbrauen und Wangen beseitigt. Auch Wildmöhrensamen und Wildrettichsaft, mit Honig gemischt, beruhigt Schmerzen in den Augen. Aber immer, wenn Honig oder jede ande-

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remediis adhibetur, circumlinendus erit oculus pice liquida cum oleo, ne a muscis infestetur. nam et ad dulcedinem et ad odorem mellis aliorumque medicamentorum non hae solae sed et apes aduolant.

20. (1) magnam etiam perniciem saepe adfert hirudo hausta cum aqua. ea faucibus adhaerens sanguinem ducit et incremento suo transitum cibis praecludit. si tam difficili loco est, ut manu detrahi non possit, fistulam vel harundinem inserito et ita calidum oleum infundito. nam eo contactum animal confestim decidit. (2) potest etiam per fistulam [nidor] deusti cimicis nidorem fistula usque ad hirudinem perfert, isque nidor depellit haerentem. si tamen vel stomachum vel intestinum tenet, calido aceto per cornu infuso necatur.

(3) has medicinas quamvis bubus adhibendas praeceperim, posse tamen ex his plurima etiam omni maiori pecori convenire nihil dubium est.

21. (1) solent et vitulis nocere lumbrici, qui fere nascuntur cruditatibus. itaque moderandum est, ut bene concoquant, aut, si iam tali vitio laborant, lupini semicrudi conteruntur

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re süße Flüssigkeit in Heilmitteln enthalten ist, wird man flüssiges Pech mit Öl rund um die Augen streichen müssen, damit sie nicht von Fliegen befallen werden. Diese nämlich – ebenso Bienen – fliegen in Richtung der Süße und des Dufts von Honig und anderen Medikamenten. 20. (1) Eine schwere Krankheit wird oft durch einen Blutegel verursacht, der mit Wasser verschluckt wurde. Er heftet sich an den Schlund, saugt Blut, und verhindert mit seinem Anschwellen, dass Nahrung hindurchkommt. Haftet er an einer so schwierigen Stelle, dass man ihn nicht von Hand abziehen kann, legt man ein Hohlrohr oder ein Pfahlrohr in den Schlund und gießt heißes Öl hindurch. Wenn das Wesen davon berührt wird, fällt es schnell ab. (2) Man kann auch den Geruch einer verbrannten Wanze durch ein Hohlrohr einführen; wenn die Wanze über ein Feuer gelegt wird und Rauch abgibt, trägt das Hohlrohr den entstehenden Geruch direkt zu dem Blutegel; dieser Gestank löst ihn ab. Wenn er im Magen oder Darm anheftet, wird er dadurch getötet, dass mit Hilfe eines Horns [als Trichter] heißer Essig eingegossen wird. (3) Obwohl ich gelehrt habe, dass diese Medikamente bei Rindern angewendet werden sollen, kann man die meisten von ihnen zweifellos erfolgreich für alle Arten von größerem Vieh verwenden. 21. (1) Auch Kälber werden oft von Darmwürmern befallen, die in der Regel durch übermäßiges Fressen entstehen. Daher soll man die Futtermengen so bemessen, dass sie richtig verdauen können. Wenn sie bereits an dieser Krankheit leiden, zerreibt man halb gekochte Lupinen, formt sie zu Klößen und drückt sie wie einen den Speichelfluss anregenden

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et offae salivati more faucibus inseruntur. (2) potest etiam cum arida ficu et herbo conteri herba sanctonica et formata in offam sicut salivatum dimitti. facit idem axungiae pars una tribus partibus hisopi permixta. marrubii quoque sucus et porri valet eiusmodi necare animalia.

22. de equini generis medicina (1) plerumque iumenta morbos concipiunt ex lassitudine et aestu, nonnumquam et frigore et cum suo tempore urinam non fecerint, vel si sudantia a concitatione confestim biberint, si, cum diu steterint, subito aut in laborem aut in cursum stimulata sunt. (2) lassitudini remedio est, ut in fauces oleum vel adeps vino mixtus infundatur. (3) frigori fomenta adhibentur et calefacto oleo rigantur lumbi caputque et spina tepenti adipe vel uncto linuntur. (4) si urinam non facit, eadem fere remedia sunt. nam super ilia et renes infunditur, et, si hoc parum profuit, melle decocto ac sale collirium tenue inducitur foramini quo decurrit urina, vel musca viva vel turis mica vel bituminis collirium inseritur naturalibus. (5) haec eadem remedia adhibentur, si genitalia deusserint. (6) capitis dolorem indicant lacrimae cum profluunt auresque flaccidae et tota cervix cum capite gravata et in terram sum-

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Brei in den Schlund. (2) Man kann auch Strandbeifuß mit getrockneten Feigen und Linsenwicke zermahlen, zu Klößen formen und sie wie einen den Speichelfluss anregenden Brei verfüttern. Das gleiche Ergebnis wird durch das Mischen von 1 Teil Achsenschmiere [Schmalz] mit 3 Teilen Ysop erreicht. Auch Andorn- und Lauchsaft kann Wesen dieser Art töten.

Pferde 22. Medizin für Pferde aller Art (1) Pferde werden im Allgemeinen aufgrund von Müdigkeit und Hitze krank, manchmal auch aufgrund von Unterkühlung oder wenn sie nicht pünktlich urinieren konnten oder wenn sie schwitzend nach einem Galopp zu schnell trinken oder wenn sie nach langdauerndem Stehen plötzlich zur Arbeit oder zum Laufen veranlasst werden. (2) Bei Ermüdung ist es ein probates Mittel, Öl oder Fett, mit Wein gemischt, in den Schlund zu gießen. (3) Bei Unterkühlung werden Kompressen angewendet: Warmes Öl wird auf die Lenden gegossen; der Kopf und die Wirbelsäule werden mit erhitztem Fett oder mit Salbe eingerieben. (4) Kann das Tier nicht urinieren, sind die Heilmittel ähnlich: Öl wird mit Wein gemischt und über die Leistengegend und den Nierenbereich gegossen. Wenn dies nicht erfolgreich ist, wird ein dünnes Zäpfchen aus gekochtem Honig und Salz in die Harnwege eingeführt oder es werden eine lebendige Fliege oder ein Weihrauchkörnchen oder Asphaltzäpfchen in die Genitalien eingeführt. (5) Die gleichen Heilmittel verwendet man, wenn die Genitalien entzündet sind. (6) Anzeichen für Schmerzen im Kopf sind folgende: Die Tränen fließen, die Ohren sind schlaff, der ganze Hals mitsamt dem Kopf

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missa. (7) tum rescinditur vena quae sub oculo est os calida fovetur ciboque abstinetur primo die, postero autem potio ieiuno tepidae aquae praebetur ac viride gramen, tum vetus fenum vel molle stramentum substernitur, crepusculoque aqua iterum datur paulumque hordei cum vicialibus, ut sic per exiguas portiones cibi ad iusta perducatur. (8) si equae maxillae dolent, calido aceto fovendae sunt. si ea remedio non erunt, inurendae sunt eademque medicina tumentibus adhibenda. (9) si armos laeserit aut sanguinem demiserit, fere in utroque crure venae solvantur et turis polline cum eo qui profluit sanguine inmixto armi linantur, et ne plus iusto sanguis emittatur, stercus ipsius iumenti fluentibus venis admotum fasceis obligetur. (10) postero quoque die ex eisdem locis sanguis detrahatur et eodem modo curetur hordeoque abstineatur, exiguo feno dato post triduum. deinde usque in diem sextum porri sucus instar trium quiatorum mixtus cum olei hemina faucibus per cornu infundatur. (11) post sextum diem lente ingredi cogatur et, cum ambulaverit, in piscinam dimitti eum conveniet, ita ut natet; sic paulatim firmioribus cibis adhibitis ad iusta perducetur.

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ist schwer und in Richtung Boden gewendet. (7) In dieser Situation wird die Ader unter dem Auge geöffnet, das Maul wird mit heißem Wasser abgerieben und am 1. Tag kein Futter gegeben; am nächsten Tag gibt man als Trunk auf nüchternen Magen warmes Wasser, dazu grünes Gras, aber keine andere Nahrung; dann wird altes Heu oder weiches Stroh als Einstreu gegeben. In der Dämmerung gibt man wieder Wasser und ein wenig Gerste mit Wickenstielen, wobei man kleine Portionen von Futter nimmt, um das Tier so zu seiner normalen Ernährung zu bringen. (8) Wenn die Kinnbacken eines Pferds schmerzen, sollen sie mit heißem Essig erwärmt und mit alter Achsenschmiere [Schmalz] abgerieben werden. Wenn dies die Beschwerde nicht heilen kann, sollen sie kauterisiert werden. Die gleichen Behandlungen soll man bei ihnen anwenden, wenn sie geschwollen sind. (9) Wenn das Pferd sich die Schultern verletzt oder es einen Bluterguss gibt, sollen etwa in der Mitte jeden Beins die Adern geöffnet werden; das Blut, das fließt, soll mit Weihrauchstaub gemischt auf und die Schultern gestrichen werden. Um zu verhindern, dass mehr als die richtige Menge an Blut gelassen wird, soll Kot des Tieres selbst auf die offenen Adern aufgetragen und an Ort und Stelle mit Bandagen befestigt werden. (10) Am nächsten Tag soll das Blut von dem gleichen Ort aufgenommen und auf die gleiche Weise gestoppt werden; das Tier soll von Gerste ferngehalten werden und nach 3 Tagen nur ein wenig Heu erhalten. Danach und bis zum 6. Tag soll man etwa 3 SchöpfkellenM Lauchsaft mit 1 SchoppenM Öl mischen und mithilfe eines Horns [als Trichter] in den Schlund gießen. (11) Nach dem 6. Tag soll man es langsam zum Gehen bringen; nach dem Gang wird es von Vorteil sein, es in ein Becken zu treiben und so zu baden. Somit wird es, da allmählich mehr feste Nahrung eingeführt wird, bis zur normalen Ernährung gebracht. (12) Wenn ein Pferd

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(12) at si bilis molesta iumento est, venter intumescit nec emittit ventos, manus uncta inseritur ano et oppressi naturales exitus adaperiuntur, exemptoque stercore postea cunela bubula et herba pedicularis cum sale trita cocto melle miscentur, atque ita facto collirio subiciuntur, citaque alvo bilis omnis deducitur. (13) quidam murrae tritae quadrantem cum hemina vini faucibus infundunt et anum liquida pice oblinunt, alii marina aqua lavant, alii recenti muria (14) solent etiam vermes atque lumbrici nocere intestinis. quorum signa sunt, si iumenta cum dolore crebro volutantur, si admovent caput utero, si caudam saepius iactant. praesens medicina est, ita ut supra dictum est, inserere manum et fimum eximere, deinde anum marina aqua diluere.

23. (1) recens tussis celeriter sanatur pinsita lente et a vavulis separata minuteque molita. quae cum ita facta sunt, sextarius aquae calidae in eadem mensura lentis miscetur et faucibus infunditur, similisque medicina triduo adhibetur ac viridibus herbis cacuminibusque arborum recreatur aegrum pecus. (2) vetus autem tussis discutitur porri suco trium quiatorum cum olei hemina conpluribus diebus infuso, hisdem, ut supra monuimus, cibis praebitis.

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von der Galle geplagt wird, so dass sein Bauch anschwillt und es keinen Wind lassen kann, fettet man eine Hand ein und greift in den Anus, um den blockierten natürlichen Ausgang zu öffnen. Sobald der Kot herausgezogen worden ist, werden Gewöhnlicher Dost und Rittersporn mit Salz gemahlen und mit gekochtem Honig vermischt; diese Bestandteile werden zu Zäpfchen geformt, die man einführt; da sie den Bauch lösen [die Verstopfung beenden], wird alle Galle abgeführt. (13) Manche zermahlen 1 ViertelpfundM Myrrhe und gießen dies mit 1 SchoppenM Wein in den Schlund; sie bestreichen den Anus mit flüssigem Pech. Andere waschen mit Meerwasser, andere mit frisch zubereiteter Salzlake. (14) Außerdem verursachen Maden und Spulwürmer oft Probleme in den Eingeweiden. Anzeichen für ihre Anwesenheit sind, dass sich Pferde in häufigen Schmerzanfällen wälzen oder ihren Kopf in die Nähe des Bauchs bewegen oder häufig mit dem Schwanz wedeln. Eine wirksame Behandlung ist die oben beschriebene: Man muss die Hand einführen und den Kot entfernen, dann den Anus mit Meerwasser reinigen. [Die in Columella 6.31 gebotenen Angaben zur medikamentösen Behandlung übernimmt Palladius nicht.] 23. (1) Ein erst kürzlich eingetretener Husten wird rasch dadurch beseitigt, dass man Linsen stampft, von ihren Hülsen trennt und sie in der Mühle fein zerkleinert; wenn dies geschehen ist, wird 1 KrugM heißes Wasser mit der gleichen Menge Linsen gemischt und in den Schlund gegossen. Das gleiche Medikament wird 3 Tage lang gegeben und das kranke Tier wird mit grünem Gras und Zweigspitzen von Bäumen wiederbelebt. (2) Ein alter Husten hingegen wird dadurch behandelt, dass man 3 SchöpfkellenM Lauchsaft mit 1 SchoppenM Öl mehrere Tage lang täglich in den Schlund gießt und dasselbe Futter bietet, das oben empfohlen wurde.

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24. (1) inpetigines et quicquid scabri est, aceto et alumine defricantur. nonnumquam, si permanent, paribus ponderibus mixtis nitro et scisso alumine cum aceto linuntur et papulae ferventissimo sole usque strigile raduntur, quoad eliciatur sanguis. tum ex aequo miscentur radices agrestis ederae sulfurque et pix liquida cum alumine; eo medicamine praedicta vitia curantur. (2) intertrigo bis die subluitur aqua calida, mox decocto ac trito sale cum adipe defricatur, ut sanguis emanet. (3) scabies mortifera huic quadrupedi est, nisi celeriter succurritur. quae si levis est, inter initia candenti sub sole vel crebro oleo lentisci linitur vel urticae semine et oleo intritis. praecipue tamen huic noxae salutaris est adeps marini vituli. (4) sed si iam inveteravit, vehementioribus opus est remediis. propter quod bitumen sulfure et cera et pice liquida axungiaeque veteri mixta pari pondere incoquuntur atque eo medicamine curatur, ita ut prius scabies ferro erasa perluatur urina. (5) saepe etiam scalpello usque ad vivum resecare et amputare scabiem profuit atque ita factis ulceribus mederi liquida pice atque oleo, quae purgant et replent vulnera. (6) quae cum expleta sunt, ut celerius cicatrices et pilum ducant, maxime proderit fuligo ex oleo novo ulceri infricata.

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24. (1) Räude und alle rauen Stellen werden mit Essig und Alaun eingerieben. Manchmal werden sie, wenn sie beharren, mit NatronB und faserigem Alaun zu gleichen Gewichtsanteilen, mit Essig gemischt, eingesalbt; die Pusteln schabt man mit einem Striegel in der prallen Sonne so weit ab, dass gerade noch kein Blut fließt. Anschließend werden wilde Efeuwurzel, Schwefel und flüssiges Pech zu gleichen Gewichtsanteilen mit Alaun gemischt; mit diesem Medikament behandelt man die betreffenden Erkrankungen. (2) Wundgeriebene Stellen werden zweimal täglich in heißes Wasser getaucht umd dann mit gebackenem und geriebenem Salz, mit Fett vermischt, abgerieben, bis das Blut fließt. (3) Krätze ist für diese Tierart tödlich, es sei denn, dass rasch Hilfe geleistet wird. Wenn sie anfangs noch leicht ist, wird das Tier immer wieder in hellem Sonnenlicht mit Mastixöl oder mit Brennnesselsamen, in Öl zerrieben, bestrichen. Das wirksamste Heilmittel für diese Beschwerde ist aber Seehundfett. (4) Wenn die Krätze schon alt geworden ist, bedarf man mächtigerer Heilmittel. Dementsprechend werden Bitumen, Schwefel, Wachs, flüssiges Pech und alte Achsenschmiere [Schmalz] zu gleichen Gewichtsanteilen vermischt und aufgekocht, und das Medikament wird zur Behandlung verwendet, und zwar mit der Maßgabe, dass die Krätze zuvor mit dem Eisen[messer] weggeschnitten und der Bereich gründlich mit Urin gespült worden ist. (5) Darüber hinaus hat es sich oft als vorteilhaft erwiesen, die Krätze mit einem Skalpell rasch und vollständig zu entfernen und die daraus entstandenen Wunden mit flüssigem Pech und Öl zu heilen, das die Wunden reinigt und füllt. (6) Wenn sie gefüllt worden sind, wird es, damit die Wunden vernarben und schneller Haare wachsen, besonders nützlich sein, sie mit Ruß einzureiben, der mit neuem Öl vermischt ist.

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25. (1) muscas quoque vulnera infestantes submovebimus pice et oleo vel unguine infusis. (2) cetera ulcera herbi farina recte curantur. (3) cicatrices oculorum ieiuna saliva et sale defricatae extenuantur vel cum fossili sale trita sepiae testa vel semine agrestis pastinacae pinsito et per linteum super oculum expresso. (4) omnis quoque dolor oculorum inunctione suci plantaginis cum melle acapno, vel si id non est, utique thymino celeriter liberatur. (5) nonnumquam etiam per nares profluvium sanguinis periculum adtulit, idque repressum est infuso naribus viridis coliandri suco.

26. (1) interdum et fastidio ciborum languescit pecus. eius remedium est genus seminis quod git appellatur, cuius quiati duo triti dilvantur olei quiatis tribus et vini sextario atque ita faucibus infundantur. (2) sed et nausea discutitur, si caput alii triti cum vini hemina saepius potandum praebeas. (3) suppuratio melius ignea lamina quam frigido ferramento reseratur, et expressa postea linamentis curetur. (4) est etiam illa pestifera labes, ut intra paucos dies equae subita macie et inde morte corripiantur. quod cum accidit, quaternos sextarios gari adserente Columella singulis per nares infundere utile est, si minoris formae est, nam si

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25. (1) Was die Fliegen betrifft, von denen die Wunden befallen werden, vertreibt man sie dadurch, dass man auf den Bereich Öl oder Fett gießt. (2) Alle anderen Wunden werden richtig mit Mehl von Linsenwicke behandelt. (3) Narbengewebe in den Augen wird durch Einreiben mit Speichel, der beim Fasten aufgenommen wird, und mit Salz über dem Auge reduziert oder mit Tintenfischschulp, der mit Steinsalz zerrieben wurde, oder mit Wildmöhrensamen, die zerkleinert und durch ein Leintuch gepresst wurden. (4) Darüber hinaus werden alle Schmerzen in den Augen schnell durch Einsalbung mit Spitzwegerich-Saft gelindert, mit ungeräuchertem Honig vermischt. Wenn das nicht verfügbar ist, gilt Thymianhonig als zweitbestes Mittel. (5) Gelegentlich erweist sich sogar Bluten der Nüstern als gefährlich: Es wird dadurch gestoppt, dass man Saft aus grünem Koriander in die Nüstern gießt. 26. (1) Manchmal wird ein Tier durch Abneigung gegen das Fressen geschwächt. Das Heilmittel dafür ist die »git« genannten Samenart [Schwarzkümmel]: 2 SchöpfkellenM davon, gemahlen, sollen in 3 SchöpfkellenM Öl und 1 KrugM Wein verdünnt werden, diese Mischung gießt man dem Tier in den Schlund. (2) Was Übelkeit angeht, so wird sie beseitigt, indem man häufig einen Trunk reicht, der aus 1 Knoblauchkopf besteht, der in 1 SchoppenM Wein zerkleinert worden ist. (3) Es ist besser, einen Abszess mit einer glühenden Klinge als einem kalten Eisen[messer] zu öffnen. Nach dem Abfließen soll er mit Verbänden behandelt werden. (4) Es gibt auch eine bekannte und gefährliche Art von Zusammenbruch, wobei innerhalb von wenigen Tagen Pferde plötzlich zusammenbrechen, worauf ihr Tod folgt. Wenn eine solche Attacke stattfindet, ist es nach ColumellaN [6.34.2] hilfreich, 4 KrugM garumL durch die Nüstern

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maioris, etiam congios. ea res omnem pituitatem per nares elicit et pecudem expurgat.

27. (1) sicut Columella dicit – mihi vero incompertum est –, equae aliquando se in aqua speculantur et diligunt. hinc oblitae pabuli pereunt amore atque ieiunio, cum veri ardoris incendio furor cassae imaginis exaequatur. (2) signi est, ubi per pascua velut stimulatae praecipites vagantur ac subinde circumspiciunt velut aliquid desiderio et affectione quaerentes. (3) comas eius inaequaliter recide et ad aquam perducito, ut eadem quae morbos fecerat medicante materia pulchritudinis periculum beneficio deformitatis excludas.

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28. de mulini generis medicina (1) equienti mulae cruda brassica datur. (2) suspiriosae sanguis detrahitur, et cum sextario vini atque olei turis marrubiique sucus instar heminae mixtus infunditur. (3) suffraginosae hordeacia farina inponitur, mox suppuratio ferro reclusa linamentis curatur. (4) flemina secari et interdum inuri solent. (5) sanguis dimissus in pedes

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des betroffenen Tiers zu gießen, wenn es ziemlich klein ist, aber 1 EimerM, wenn es größer ist. Diese Behandlung zieht allen Schleim durch die Nüstern heraus und reinigt das Tier. 27. (1) ColumellaN [6.35] sagt – dies habe ich selbst noch nicht erlebt –, dass Stuten manchmal ihr Spiegelbild im Wasser betrachten und sich in dieses verlieben. Infolgedessen vergessen sie zu weiden und sterben vor Liebe und Hunger, da ihre Leidenschaft für ein leeres Bild dem Feuer echter Leidenschaft entspricht. (2) Das Anzeichen dafür ist, dass sie überstürzt durch die Wiesen streifen, als würden sie angestachelt, und sich wiederholt umsehen, als seien sie voller Sehnsucht und Zuneigung auf der Suche. (3) Man schneide diesen Tieren die Mähne ungleichmäßig und führe sie zum Wasser, so dass man genau das Objekt, das den Kummer verursacht, zur Heilung verwenden und so die Gefahren der Schönheit durch die Wohltat der Hässlichkeit abwenden kann.

Maultiere 28. Medizin für Maultiere aller Art (1) Wenn ein Maultier paarungsbereit ist, gibt man ungekochten Kohl. (2) Wenn das Tier asthmatisch ist, wird Blut abgenommen und 1/2 UnzeM Weihrauch und etwa 1 SchoppenM Andornsaft, mit 1 KrugM Wein und Öl vermischt, in seinen Schlund gegossen. (3) Wenn das Sprunggelenk erkrankt ist, wird Gerstenmehl angewendet, dann wird der Abszess mit einem Eisen[messer] geöffnet und mit Verbänden behandelt. (4) Schwellungen um die Knöchel werden damit geheilt, dass man sie aufschneidet, manchmal auch

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ita ut in equis emittitur, vel si est herba quam verbascum vocant rustici, pro pabulo cedit. est hyosciamos, cuius semen detritum cum vino datum praedicto vitio medetur. (6) macies et languor submovetur saepius data potione quae recipit semunciam sulfuris ovumque crudum et murrae pondus denari. haec intrita vino admiscentur atque ita faucibus infundantur. (7) sed et tussi dolorique ventris eadem aeque medentur. ad maciem nulla res tantum quantum Medica potest. ea herba viridis celerius nec tarde arida feni vice saginat iumenta. verum modice danda, ne nimio sanguine distendat pecus. (8) lassae et aestuanti mulae adeps in fauces dimittitur vinumque suffunditur.

cetera exequemur in mulis sicut prioribus huius voluminis partibus tradidimus, quae curam boum equarumque continent.

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durch Kauterisieren. (5) Blut, das in die Füße geflossen ist, wird wie bei Pferden abgelassen [vgl. 14.12, allerdings zu Rindern]. Wenn das Kraut, das von den Landleuten »verbascum« genannt wird [Königskerze], zur Verfügung steht, wird es als Futter gegeben. Es gibt auch Bilsenkraut; wenn dessen Samen zermahlen und dem Tier mit Wein gegeben wird, heilt er die betreffende Krankheit. (6) Dünnheit und Lethargie werden durch häufige Verabreichung von Trünken behandelt; das Rezept ist 1/2 UnzeM Schwefel, 1 rohes Ei und 1 Denar-GewichtM Myrrhe. Diese Bestandteile werden gemahlen und mit Wein vermischt, um in den Schlund eingegossen zu werden. (7) Auch Husten oder Bauchschmerzen werden ebenso gut mit den gleichen Inhaltsstoffen behandelt. Bei Dünnheit aber ist nichts so wirksam wie Luzerne. Diese Pflanze heilt, wenn sie grün ist, Zugtiere recht schnell, und wenn sie trocken anstelle von Heu gegeben wird, auch nicht zu langsam. Aber sie muss in Maßen gegeben werden, um zu vermeiden, dass das Tier mit einem Überschuss von Blut anschwillt. (8) Wenn ein Maultier müde und überhitzt ist, wird Fett in seinen Schlund gegeben, und man gießt Wein in das Maul. Andere Behandlungen für Maultiere sollen so durchgeführt werden, wie wir in den früheren Abschnitten dieses Buches über die Pflege von Rindern und Pferden beschrieben haben.

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29. de ovium cura (1) si aegrotat universum pecus, pabula mutemus et aquationes totius regionis, et alium caeli statum. si calore et aestu concepta pestis invasit, curemus ut opaca rura, sin frigore, ut eligantur aprica. (2) sed modice ac sine festinatione prosequi pecus oportebit, ne inbecillitas eius longis itineribus aggravetur, nec tamen in totum pigre ac segniter agere. (3) nam quemadmodum fessas morbo pecudes vehementer agitare et extendere non convenit, ita conducit mediocriter exerceri et quasi torpentes excitari, nec pati veterno consuescere atque extingui. (4) cum deinde grex ad locum fuerit perductus, in lacinias colonis distribuatur, nam particulatim facilius quam universum convalescit, sive quia ipsius illuvies morbi atque halitus minor est in exiguo numero, seu quia expeditius numero suo cura maior adhibetur. .

30. (1) ovis frequentius quam ullum aliud animal infestatur [si] scabie. quae fere nascitur frigido imbre et gelu vel post tonsuram, si remedium praedicti medicaminis non adhibeas, si aestivum sudorem mari vel flumine non abluas, si tonsum gregem patiaris silvestribus spinis sau-

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Schafe und Ziegen 29. Fürsorge für Schafe (1) Wenn die ganze Herde krank ist, müssen wir die Weiden und Tränken der gesamten Region aufgeben und eine andere Himmelsregion suchen. Wenn Hitze und schwüles Wetter Ursache für die Krankheit der Herde waren, müssen wir sicher sein, ein schattiges Land zu wählen, war aber Kälte die Ursache, sonnige Plätze. (2) Allerdings müssen wir der Herde in einem maßvollen Tempo folgen, ohne Eile, um zu vermeiden, sie durch lange Wege noch mehr zu schwächen. Andererseits darf die Verlegung nicht ganz langsam und faul stattfinden; (3) während es nämlich ungeeignet ist, kranke Tiere kräftig zu treiben und zu belasten, ist es förderlich, sie mäßig zu trainieren und gleichsam aus ihrer Lethargie zu wecken, also nicht zu erlauben, dass sie in Erstarrung versinken und von ihr ausgelöscht werden. (4) Wenn die Herde dann zu ihrem Ziel geführt worden ist, soll sie unter den Pächtern in kleine Haufen aufgeteilt werden, denn Schafe erlangen ihre Gesundheit leichter wieder, wenn sie getrennt werden als in Massen, sei es, weil die Verschmutzung und das Ausatmen der Krankheit bei einer kleinen Zahl geringer sind, oder weil aufgrund der Zahlen mehr Sorgfalt wirksamer aufgebracht werden kann. 30. (1) Schafe werden häufiger als jedes andere Tier von Krätze angegriffen. Sie beginnt in der Regel als Folge von kaltem Regen oder Eis oder nach dem Scheren, wenn man nicht die oben [6.8] genannten vorbeugenden Medikamente anwendet oder wenn man Sommerschweiß nicht im Meer oder einem Fluss abwäscht oder wenn man zulässt, dass eine frisch geschorene Herde von wilden Dornbüschen und Brombeersträuchern verletzt wird, oder wenn

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ciari, si eo stabulo utaris in quo mulae aut equi vel asini steterunt. praecipue tamen exiguitas cibi maciem, macies autem scabiem facit. (2) haec ubi coepit inrepere, sic intellegitur: vitiosum locum pecudes aut morsu scabunt aut cornu vel ungula tundunt, aut arbori affricant parietes ve detergent. (3) quod ubi aliquam facientem videris, conprehendere oportebit et lanam deducere, nam subest aspera cutis et velut quaedam prurigo. cui primo tempore occurrendum est, ne totam progeniem coinquinet, siquidem celeriter cum et alia pecora tum praecipue oves contagione vexantur. (4) sunt autem plura medicamina, quae idcirco enumerabimus, non quia cunctis uti necesse sit, sed quia nonnullis regionibus quaedam repperire nequimus, ut ex pluribus aliquod inventum remedio sit. (5) facit autem commode primum ea conpositio quam paulo ante demonstravimus, si ad faecem et amurcam sucum quoque decocti lupini admisceas portione aequa. potest etiam scabriciem tollere sucus viridis cicutae; quae verno tempore, quo iam caulem nec adhuc semina facit, decisa contunditur, atque expressus umor eius fictili vaso reconditur, duabus urnis liquoris admixto salis torridi semodio. (6) quod ubi , oblitum vas sterculino defoditur, ac toto anno fimi vapore concoctum mox promptum tepefactumque medicamentum inlinitur scabrae parti, quae tamen prius aspera testa defricatur vel pumice redulceratur. (7) eidem remedio

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man Pferche nutzt, in denen zuvor Maultiere, Pferde oder Esel gestanden haben. Vor allem aber verursachen geringe Rationen den Verlust der Kondition, der dann Krätze bewirkt. (2) Wenn sie sich einzuschleichen beginnt, erkennt man das wie folgt: Die Tiere nagen an dem betroffenen Teil oder schlagen ihn mit Horn oder Huf oder kratzen ihn an einem Baum oder reiben sich an Wänden. (3) Wenn man ein Tier dies tun sieht, muss man es fangen und die Wolle auseinanderziehen, denn die darunterliegende Haut ist rau und etwas irritiert. Man muss sogleich Hilfe leisten, um zu vermeiden, dass die ganze Herde angesteckt wird, da die Infektion rasch andere Tiere, am meisten aber Schafe, angreift. (4) Es gibt verschiedene Heilmittel, die wir auflisten – nicht, dass es notwendig wäre, sie alle zu verwenden, aber in der Hoffnung, dass eines von mehreren zur Verfügung stehen mag und als Heilmittel dienen kann, da wir ja einige der Zutaten in bestimmten Regionen nicht finden. (5) Die Mischung, die wir etwas zuvor [6.8] beschrieben haben, hat eine zufriedenstellende Wirkung, also die Flüssigkeit von abgekochten Lupinen, die Weinbodensatz und Ölschaum in gleichen Mengen zugesetzt wird. Auch der Saft des grünen Schierlings kann Krätze entfernen; nachdem er im Frühjahr geschnitten wurde, wenn er einen Stiel, aber noch keinen Samen gebildet hat, wird er zerrieben und der aus ihm ausgedrückte Saft wird in Keramikgefäßen gespeichert, mit 1/2 ScheffelM gebackenem Salz in 2 HalbamphorenM Flüssigkeit. (6) Sobald dies geschehen ist, wird das Gefäß versiegelt und im Misthaufen vergraben. Nach einer Reifezeit von einem Jahr in der Hitze des Mists wird das Medikament dann herausgeholt, erwärmt, und an dem krätzigen Bereich eingerieben; dieser Bereich wird jedoch zunächst mit einer groben Scherbe abgekratzt oder mit Bimsstein bis zur wunden Stelle hinab abgerieben. (7) Ein

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est amurca duabus partibus decocta, eidem vetus hominis urina testis candentibus inusta. (8) quidam tamen hanc ipsam subiectis ignibus quinta parte minuunt admiscentque mensura pari sucum viridis cicutae, deinde singulis urnis eius liquaminis singulos fricti salis sextarios infundunt. facit etiam sulfuris triti et picis liquidae modus aequalis igne lento coctus. (9) sed georgicum carmen adfirmat nullam esse praestantiorem medicinam quam si quis ferro potuit rescindere summum et ut cetera vulnera medicamentis curandum. (10) deinde aeque prudenter, febricitantibus ovibus de talo vel inter duas ungulas sanguinem emitti oportere; nam plurimum, inquit, profuit incensos aestus avertere et inter ima ferire pedis salientem sanguine venam. at nos etiam sub oculis et de auribus sanguinem detrahemus.

31. (1) clodigo quoque dupliciter infestat ovem, sive cum subluvies atque intertrigo in ipso discrimine ungulae nascitur, seu cum idem locus tuberculum habet, cuius media fere parte canino similis exstat pilus, eique subest vermiculus. (2) subluvies et intertrigo pice per se liquida, vel alumine et sulfure atque aceto mixto cito sanatur, vel tenero Punico malo, priusquam grana faciat, cum alumine pinsito superfusoque aceto, vel aeris rubigine infriata, vel conbus-

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anderes Heilmittel ist Ölschaum, um 2/3 reduziert, oder wiederum alter Menschenurin, mit glühenden Backsteinen gebrüht. (8) Manche reduzieren den Urin über einem Feuer um 1/5, mischen Saft von grünem Schierling in gleicher Menge dazu und schütten dann in je 1 HalbamphoreM dieser Flüssigkeit 1 KrugM zerstoßenes Salz. Auch eine je gleiche Menge von gemahlenem Schwefel und flüssigem Pech, über einem langsamen Feuer gekocht, ist wirksam. (9) Aber die Georgica [des VergilN: 3.453f.] erklären, keine Behandlung sei wirksamer, als wenn man die Oberfläche des Geschwürs mit einem Eisen[messer] abschneidet; die Krankheit lebt und gedeiht durch Verstecken. Also soll man es aufschneiden und mit Medikamenten wie andere Wunden behandeln. (10) Derselbe Autor [Georgica 3.459f.] fügt dann ebenso klug hinzu, dass man, wenn die Schafe fiebrig seien, Blut aus der Fessel oder zwischen den beiden Teilen des Hufes lassen solle; in höchstem Grade, sagt er, hilft’s, die brennende Hitze zu zerstreuen und schlagen die pochende Ader zwischen den Kissen des Hufes. Wir aber werden auch Blut unter den Augen und aus den Ohren lassen. 31. (1) Lahmheit greift ein Schaf auf zwei Arten an: Entweder gibt es Reibung und krankhaften Ausfluss direkt in der Spalte des Hufes, oder in der gleichen Gegend ein Furunkel, nahe der Mitte, aus dem ein Haar wie das eines Hundes sprießt; darunter ist ein Wurm. (2) Die aufgescheuerte Stelle und der Ausfluss werden schnell mit Pech geheilt, das natürlicherweise flüssig ist, oder mit einer Mischung aus Alaun, Schwefel und Essig oder mit einem unreifen Granatapfel, bevor er Samen bildet, zerrieben mit Alaun und in Essig getaucht, oder durch Streuen von Grünspan auf den Bereich, oder durch Verbrennen von Galle zu Asche, Pulve-

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ta galla cum austeri vino levigata et inlita. (3) tuberculum, cui subest vermiculus, ferro quam cautissime circumsecare oportet, ne, dum amputatur, etiam quod infra est animal vulneremus. (4) id enim cum sauciatur venenatam saniem mittit, quae respersum vulnus ita insanabile facit, quod totus pes amputandus sit. sed cum tuberculum diligenter circumcideris, candens sevum vulneri per ardentem taedam instillato.

32. (1) ovem pulmonariam similiter ut suem curare convenit, inserta per auriculam radicula quam veterinarii consiliginem vocant. de ea iam diximus, cum maioris pecoris medicinam traderemus. (2) sed is morbus aestate plerumque concipitur, si defuit aqua, propter quod vaporibus omni quadrupedi largius bibendi potestas danda est. (3) Celso placet, si est in pulmonibus vitium, acris aceti tantum dare quantum ovis sustinere possit, vel humanae veteris urinae tepefactae trium heminarum instar per sinistram narem corniculo infundere atque axungiae sextantem faucibus inserere. (4) est etiam insanabilis sacer ignis, quam pustulam vocant pastores. ea nisi conpescitur intra primam pecudem quae tali malo correpta est, universum gregem contagione prosternit; siquidem nec medicamentorum nec ferri reme-

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risierung in trockenem Wein und Verstreichen. (3) Was das Furunkel angeht, das einen Wurm enthält, müssen wir das Eisen[messer] mit größter Vorsicht ansetzen, wenn wir um es herum schneiden, damit wir nicht beim Abschneiden des Furunkels das Wesen im Inneren verletzen. (4) Wird es nämlich verletzt, gibt es eine giftige Flüssigkeit ab, welche die Wunde benetzt und diese damit unheilbar macht, so dass der ganze Huf amputiert werden muss. Nachdem man sorgfältig um das Furunkel herum geschnitten hat, lässt man mit Hilfe einer brennenden Fichte [Kienholz, Fackel] heißen Talg auf die Wunde tropfen. 32. (1) Das richtige Heilmittel für ein Schaf mit Lungenbeschwerden ähnelt dem für ein Schwein: Man setzt in das Ohr die Wurzel ein, die von den Tierkundigen »consiligo« genannt wird [Lungenkraut]; wir haben davon in Zusammenhang mit dem Großvieh gesprochen [14.5.5–6, 14.14.1]. (2) Diese Krankheit ziehen sich die Tiere im Allgemeinen im Sommer zu, wenn es Mangel an Wasser gibt; folglich sollen bei heißem Wetter alle Vierbeiner die Möglichkeit haben, große Mengen zu trinken. (3) Das Vorgehen des CelsusN, wenn die Krankheit in der Lunge ist, besteht darin, so viel scharfen Essig zu geben, wie die Schafe zu sich nehmen können, oder etwa 3 SchoppenM alten Menschenurin zu erhitzen und mit Hilfe eines Horns [als Trichter] durch die linke Nüster zu gießen und 1 SechstelpfundM Achsenschmiere [Schmalz] in den Schlund. (4) Ein unheilbarer Zustand ist das heilige Feuer, das von Hirten »pustula« genannt wird [Erysipel, Wundrose, Rotlauf ]. Wenn dieser Krankheit nicht bei dem ersten Tier, das von dieser Krankheit heimgesucht wird, begegnet wird, infiziert sie die ganze Herde und streckt sie nieder; sie lässt keinerlei Mittel zu, weder Medikamente noch ein Eisen[messer],

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dia patitur, nam paene ad omnem tactum candescit. (5) sola tamen fomenta non aspernatur lactis caprini, quod infusum tactu suo vel blanditur igneam saevitiam, differens magis occidionem gregis quam prohibens. (6) sed Aegyptiae gentis auctor memorabilis civis Mendesius, cuius commenta sub nomine Democriti falso produntur, censet propter hanc pestem saepius ac diligenter ovium terga perspicere, ut, si forte sit in aliqua tale vitium deprehensum, confestim scrobem defodiamus in limine stabuli et vivam pecudem, quae fuerit pustulosa, resupinam obruamus patiamurque super obrutam meare totum gregem, quod eo facto morbus propulsetur. (7) bilis, aestivo tempore non minima pernicies, potione depellitur humanae veteris urinae. quae ipsa remedio est etiam pecori arquato. (8) at si molesta pituita est, [veteris] cunelae, rubiae surculi silvestri lana involuti naribus inseruntur versanturque, donec sternvat ovis. (9) fracta pecudum non aliter quam hominum crura sanantur, involuta lanis oleo atque vino insucatis et mox circumdatis, ferula conligata. (10) est etiam gravis pernicies herba sanguinaria. qua si pasta est ovis, toto ventre distenditur contrahiturque et spumat et quaedam tenuia taetri odoris excernit. celeriter sanguinem emitti oportet sub cauda, in ea parte quae proxima est clunibus, nec minus in labro superiore vena solvenda est. (11) suspirio laborantibus ovibus auriculae ferro rescindendae mutandaeque regiones, quod

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denn sie entzündet sich bei fast jeder Berührung. (5) Das einzige, was sie toleriert, sind Umschläge mit Ziegenmilch; diese Tinktur beruhigt beim Kontakt die feurige Intensität ein wenig, verzögert sie aber nur und verhindert nicht den Tod der Herde. (6) Ein bemerkenswerter ägyptischer Autor, ein Bürger von MendesO [Columella 7.5.17 nennt hier BolosN von Mendes], dessen Handbuch fälschlich unter dem Namen des DemokritN publiziert ist, empfiehlt, man solle wegen dieser Seuche die Schafrücken häufig und sorgfältig prüfen; wenn diese Krankheit dabei entdeckt wird, müsse man sofort an der Schwelle zu den Ställen eine Grube graben, das von Erysipel befallene Schaf auf seinen Rücken drehen und lebendig begraben, dann die ganze Herde über das vergrabene Tier laufen lassen, da diese Aktion die Krankheit vertreibe. (7) Galle, die im Sommer keine kleine Gefahr ist, wird von einem Trunk aus altem Menschenurin vertrieben; dies ist auch ein Mittel für ein Tier, das Gelbsucht hat. (8) Wenn ein Katarrh lästig ist, werden Zweige von Dost oder Krapp in Baumwolle eingewickelt in die Nüstern eingeführt und gedreht, bis das Schaf niest. (9) Knochenbrüche bei Kleinvieh werden nicht anders als beim Menschen behandelt, indem man sie in von Öl und Wein durchtränkter Wolle einwickelt und dann mit einem Riesenfenchelstiel als Schiene festbindet. (10) Eine weitere ernste Gefahr ist das Acker-Vogelknöterichkraut; wenn ein Schaf es frisst, wird der ganze Bauch aufgetrieben, und das Tier krümmt sich, hat Schaum vor dem Maul und scheidet dünnen übelriechenden Kot aus. Man muss schnell unter dem Schwanz Blut lassen, in der Gegend neben den Hinterkeulen, und in ähnlicher Weise muss eine Ader in der Oberlippe geöffnet werden. (11) Schafen, die an Atembeschwerden leiden, muss man ins Ohr schneiden und sie in eine andere Region bringen, was wir bei allen

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in omnibus morbis pestilentiae fieri debere censemus. (12) agnis quoque succurrendum est vel aegritudine alia defectis. qui ubi morbo laborant admitti ad matres non debent, ne in eas perniciem transferant. itaque separatim mulgendae sunt oves et caelestis aqua pari mensura lactis miscenda est, atque ea potio febricitantibus danda. multi lacte caprino hisdem medentur, quod per corniculum infunditur faucibus. (13) est etiam mentigo, quam pastores ostiginem vocant, mortifera. ea plerumque fit, si per inprudentiam pastoris omissi agni vel etiam haedi roscidas herbas paverunt, quod minime committi oportet. sed cum id factum est, velut ignis sacer os atque labra foedis ulceribus obsidet. remedio sunt hisopum et sal aequis ponderibus contrita. nam ea mixtura palatum atque lingua totumque os perfricatur. mox ulcera lavantur aceto, et tunc pice liquida perlinuntur. quibusdam placet rubiginis aereae tertiam partem duabus veteris axungiae portionibus commiscere tepefactoque uti medicamine. (14) castrationis autem ratio iam tradita est, neque enim alia in agnis quam in maiori quadrupede servatur.

(15) et quoniam de oviarico satis dictum est, ad caprinum pecus nunc revertar.

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Seuchen empfehlen. (12) Lämmer müssen auch unterstützt werden, wenn sie fiebern oder durch eine andere Krankheit geschwächt sind. Wenn sie an einer Krankheit leiden, sollen sie nicht zu ihren Müttern gelassen werden, damit sie die Krankheit nicht auf sie übertragen. Die Mutterschafe sollen dann getrennt gemolken werden; ihre Milch soll mit einer gleichen Menge von Regenwasser gemischt und den fiebrigen Lämmern zu trinken gegeben werden. Viele behandeln Lämmer mit Ziegenmilch, die mit Hilfe eines Horns [als Trichter] in den Schlund gegossen wird. (13) Die Räude, die von den Hirten »ostigo« genannt wird, ist ebenso potentiell tödlich. Sie tritt in der Regel ein, wenn in Folge der Unachtsamkeit von Hirten Lämmer – oder auch Ziegenkitze – ausgebrochen sind und von Tau bedecktes Gras gefressen haben, was ihnen verboten ist. Wenn dies geschieht, bildet sich so etwas wie ein Erysipel [s. 14.32.4] rings um ihr Maul und ihre Lippen werden von fauligen Wunden befallen. Das Heilmittel ist Ysop und Salz, zu gleichen Gewichtsmengen zerrieben: Dieses Gemisch wird verwendet, um den Gaumen und die Zunge und das ganzen Maul einzureiben. Als nächstes werden die Wunden mit Essig gewaschen, dann mit flüssigem Pech bestrichen. Das Vorgehen von manchen ist es, 1 Teil Grünspan mit 2 Teilen alter Achsenschmiere [Schmalz] zu mischen und diese Mischung, erwärmt, als Medikament zu verwenden. (14) Das System der Kastration ist bereits oben [6.7.1–4] dargelegt worden; dasselbe System wird bei Schafen wie bei größeren Vierfüßlern angewendet. (15) Da genug zu Schafen gesagt worden ist, werde ich mich nun den Ziegen zuwenden.

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33. caprarum medicina (1) alia genera pecorum, cum pestilentia vexantur, prius morbo et languoribus marcescunt. solae capellae quamvis optimae atque hilares subito concidunt et velut aliqua ruina congregatae consternuntur, quam ob rem, dum adhuc paucas pestis eiusmodi perculit, omnibus sanguis detrahendus est, nec toto die pascendae sunt sed mediis quattuor horis intra septa claudendae. (2) si alius languor infestat, poculo medicantur harundinis et albae spinae radicibus; quas cum ferreis pilis diligenter contudimus, admiscemus aquam pluviatilem solamque potandam pecori praebemus. quod si ea res aegritudinem non repellit, vendenda sunt pecora aut, si neque id contingere potest, ferro necanda saliendaque. mox interposito spatio conveniet gregem reparare, nec tamen antequam pestilens tempus anni, sive id fuit hiemis, vertatur aestate, sive autumnus vere mutetur. (3) cum vero singulae morbo laborabunt, eadem remedia quae etiam ovibus adhibebimus. cum aqua intercutis est, quod vitium Graeci vocant ὕδρωπα, sub armo pellis leviter incisa perniciosum transmittat umorem, tum factum vulnus pice liquida curetur. (4) cum fetae loca genitalia tumebunt aut secundae non respondebunt, defriti sextarius vel, cum id defuerit, boni vini tantundem faucibus infundatur, et naturalia ceroto liquido repleantur.

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33. Medizin für Ziegen (1) Werden andere Arten von Tieren von Seuchen heimgesucht, werden sie zunächst vor Krankheit und Müdigkeit schwach. Allein Ziegen, obgleich fein und lebhaft, versagen plötzlich völlig und werden massenhaft von einer Art Zusammenbruch betroffen. Aus diesem Grund muss man, sobald auch nur wenige Tiere von einer Plage dieser Art betroffen worden sind, alle zur Ader lassen. Auch sollen sie nicht den ganzen Tag weiden, sondern für die 4 mittleren StundenK des Tages in ihrem Pferch eingesperrt werden. (2) Wenn sie eine andere Art von Krankheit ergreift, sollen sie mit den Wurzeln von Pfahlrohr und Weißdorn behandelt werden: Wir zerreiben diese gründlich mit einem Eisenmörser, mischen Regenwasser hinein und geben den Tieren nichts Anderes zu trinken. Wenn dies die Krankheit nicht zu zerstreuen vermag, sollen die Tiere verkauft oder, wenn auch dies nicht möglich ist, geschlachtet und [das Fleisch] eingesalzt werden. Dann wird es nach einiger Pause sinnvoll sein, die Herde zu ersetzen, aber erst, wenn die Seuchen-Jahreszeit vorbei ist, also wenn es Winter war, im Sommer, oder wenn es Herbst, im Frühling. (3) Wenn einzelne Tiere an einer Krankheit leiden, werden dieselben Mittel wie für Schafe gelten. Wenn es Wasser unter der Haut gibt – die Krankheit, die von den Griechen »hydrops« genannt wird –, soll ein leichter Schnitt in der Haut unter den Flanken gemacht werden, um die krankhafte Flüssigkeit abzulassen, und dann soll die Wunde mit flüssigem Pech behandelt werden. (4) Wenn der Genitalbereich einer Ziege nach der Geburt anschwillt oder die Nachgeburt nicht abgeht, soll 1 KrugM defritumL oder ersatzweise die gleiche Menge an gutem Wein in den Schlund geschüttet und die Vulva mit flüssiger Wachssalbe ausgefüllt werden.

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sed nunc ne singula persequamur, sicut in ovillo pecore praedictum est, caprino medebimur.

34. ex aliis auctoribus (1) contra scabiem generis ovilli tonsas oves oportet ungi. quod si scabies occuparit, curas sic: amurca et lupini amari aqua decocta et faeces vini albi; aequaliter commisces et calefacis in vasculo et ovem perunges per biduum. (2) tertia die aqua marina aut muria calida lavas, et postmodum aqua dulci. (3) alii vero cupressi pilulas simul cum aqua decoquunt et ungent. alii sulfur et cyperum cum cerossa et butyro miscent et ungent. alii urina asini quae stabit in via perungunt. (4) alii nihil ex omnibus faciunt scabiosis ovibus, sed tondent loca et lavant urina veteri. (5) in Arabia cedra utuntur sicut in camelis. (6) contra peduculos vel ricinos cedra perunge.

35. (1) contra ovium vertiginem: si ex solis calore vertiginant et cadunt frequenter nec cibos adpetunt, betae agrestis quod viride est decoques et infunde, et betas in cibo offer.

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Um zu vermeiden, hier über die Einzelheiten sprechen, werden wir Ziegen so behandeln, wie es oben für Schafe beschrieben ist. 34. Aus anderen Autoritäten (1) Gegen Krätze bei Schafen aller Art sollen die Schafe nach dem Scheren mit Salbe eingerieben werden. Wenn sich die Krätze aber festsetzt, soll man sie wie folgt behandeln: Man nimmt Ölschaum, Wasser vom Einkochen von Bitterlupinen sowie Weinbodensatz von weißem Wein, mischt diese Zutaten zu gleichen Mengen, erhitzt sie in einem Gefäß und reibt sie 2 Tage lang auf die Schafe. (2) Am 3. Tag wäscht man sie mit Meerwasser oder einer heißen Salzlake und dann mit frischem Wasser. (3) Andere hingegen kochen Zypressenkugeln [Zapfen] mit Wasser und reiben die Schafe damit ein. Andere mischen Schwefel und Galgant mit Bleiweiß und Butter und reiben dies auf; andere reiben die Schafe mit dem Urin eines Esels ein, der gerade auf der Straße zu stehen kommt. (4) Andere tun nichts von diesen Dingen für Schafe mit Krätze, scheren aber die betroffenen Stellen und waschen sie mit altem Urin. (5) In Arabien verwendet man Zedernharz wie bei der Behandlung von Kamelen. (6) Gegen Läuse oder Zecken reibt man die Schafe mit Zedernharz ein. 35. (1) Gegen Schwindel bei Schafen: Wenn die Tiere infolge der Sonnenwärme schwindlig werden, häufig umfallen und keinen Appetit auf Futter haben, kocht man das Grün von wilder Bete, gießt ihnen Flüssigkeit in den Schlund und bietet ihnen die Bete selbst in ihrer Nahrung.

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(2) contra ovium suspirium; ferro auriculas recide et transfer ad alia loca. haec etiam capris prosunt. (3) oves salutem servabunt, si incipiente verno salvia montana et marrubium simul tusa illis misceantur in potu per dies quattuordecim. (4) hoc fiat similiter et autumno. proderunt aegrotis etiam cytisi fenum vel cannarum radices. (5) fertur a lupis ovium gregem tueri scylla collo eius qui praecedit appensa. (6) contra serpentes in eorum stabulis muliebres capillos vel galbanum vel cervi cornum vel caprae ungulas vel bitumen vel castoreum vel conizam vel nepitam vel aprotanum et omnia viscidi odoris vel usta vel substrata proficient.

36. porcorum medicina (1) febricitantium signa sunt, cum obstipa sues et transversa capita ferunt ac per pascua subito, cum paululum procurrerunt, consistunt et vertigine correptae concidunt; (2) et earum notanda sunt capita, quam partem proclinent, ut ex diversa parte de auricula sanguinem mittamus. item sub cauda duobus digitis a clunibus venam feriamus, quae est in eo loco satis ampla, eamque sarmento prius oportet verbe-

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(2) Gegen Atembeschwerden bei Schafen: Man schneidet ihre Ohren mit einem Eisen[messer] ein und bringt sie an einen anderen Ort. Diese Schritte sind auch hilfreich bei Ziegen. (3) Schafe werden ihre Gesundheit behalten, wenn zu Beginn des Frühlings Bergsalbei und Andorn miteinander vermischt und 14 Tage lang in ihren Trunk gegeben werden. (4) Dies soll man auch in der gleichen Weise im Herbst durchführen. Wenn sie krank sind, werden auch Geißklee oder Pfahlrohrwurzeln nützlich sein. (5) Es wird gesagt, dass eine Herde von Schafen vor Wölfen geschützt ist, wenn Meerzwiebel am Hals des Leittieres hängt. (6) Gegen Schlangen nützt es, in den Ställen Frauenhaare oder Galbanharz oder Hirschhorn oder Ziegenhuf oder Bitumen oder Bibergeil oder Alant oder Bergminze oder Heiligenkraut oder irgendetwas mit einem beißenden Geruch zu platzieren, gleich, ob verbrannt oder gestreut.

Schweine 36. Medizin für Schweine (1) Die Anzeichen von Fieber sind, dass die Schweine ihre Köpfe in einem Winkel seitwärts tragen und dass sie beim Schneiden, nachdem sie ein Stück nach vorne gelaufen sind, plötzlich anhalten und, schwindlig geworden, umfallen. (2) Wir müssen beobachten, auf welche Seite sie den Kopf neigen, damit wir Blut aus dem Ohr auf der gegenüberliegenden Seite lassen können. Ebenso müssen wir hier die Ader an der Unterseite des Schwanzes 2 FingerbreitM von den Hinterkeulen entfernt öffnen – eine Ader, die an dieser Stelle recht dick ist. Zuerst soll man

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rari, deinde ad ictus virgae tumescentem ferro rescindi, detractoque sanguine colligari saligno libro vel etiam ulmeo. (3) quod cum fecerimus, uno aut altero die sub tecto pecudem continebimus et aquam modice calidam quantam volent farinaeque hordeaciae singulos sextarios praebebimus. (4) strumosis sub lingua sanguis emittendus est. qui cum profluxerit, sale trito cum farina triticea confricari totum os convenit. quidam praesentius putant esse remedium, cum per cornu singulis ternos quiatos gari dimittunt, deinde fissas taleas ferularum linea funicula religant et ita collo suspendunt, ut strumae ferulis contingantur. (5) nauseantibus quoque salutaris habetur eburnea scobis sale fricto et fabae minute fresae commixta ieiunisque priusquam in pascua prodeant obiecta. (6) solet etiam universum pecus aegrotare, ita ut emacietur, non cibos captat productumque in pascua medio campo decumbit et quodam veterno pressum somnos aestivo sub sole capit. (7) quod si facit, totus grex tecto clauditur stabulo atque uno die abstinetur potione et pabulo. postridie radix anguini cucumeris permixta cum aqua datur sitientibus. quam cum pecudes biberunt, nausea correptae vomitant atque expurgantur om-

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sie mit einem Zweig schlagen, dann, wenn sie unter den Schlägen des Zweigs anschwillt, mit einem Eisen[messer] aufschneiden; nach dem Aderlass verbindet man sie mit Weiden- oder Ulmenrinde. (3) Nachdem dies getan ist, werden wir die Tiere 1 oder 2 Tage im Inneren halten und mäßig heißes Wasser bereitstellen, so viel wie sie wollen, sowie 1 KrugM Gerstenmehl. (4) Wenn ihre Drüsen geschwollen sind, soll Blut unter der Zunge gelassen werden. Nachdem es geflossen ist, besteht die richtige Behandlung darin, das ganze Maul mit Salz, das mit Weizenmehl gemahlen wurde, einzureiben. Manche meinen, es sei eine weitere wirksame Heilmethode, 3 SchöpfkellenM garumL durch ein Horn [als Trichter] in den Schlund eines jeden Tieres zu gießen, dann Abschnitte von Riesenfenchel zu teilen, Leinenschnüre an sie zu binden und sie an den Hals der Tiere zu hängen, so dass der Fenchel mit den Drüsenschwellungen in Kontakt ist. (5) Wenn ihm übel ist, hält man es für hilfreich, Sägemehl von Elfenbein mit Salz und fein gemahlenen Bohnen zu vermischen und ihnen dies vorzulegen, wenn sie hungrig sind, bevor sie auf die Weide kommen. (6) Es kommt auch vor, dass die gesamte Herde so erkrankt, dass sie abmagert; die Tiere haben keinen Appetit und wenn sie auf die Weide geführt werden, dösen sie in der Mitte des Feldes und liegen in der Sommersonne, durch eine Art von Trägheit belastet. (7) Wenn dies geschieht, wird die ganze Herde in einen überdachten Pferch gesperrt und 1 Tag lang von Essen und Trinken ferngehalten. Am nächsten Tag gibt man ihnen die zerriebene und mit Wasser vermischte Wurzel der Schlangengurke [Eselsgurke] zu trinken, sonst aber nichts. Wenn die Tiere dies trinken, wir ihnen übel, sie erbrechen sich und werden so gereinigt. Nachdem alle die Galle ausgestoßen wurde, dürfen sie Platterbsen oder mit

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nique bile depulsa cicercula vel faba dura muria consparsa, deinde sicut hominibus aqua calida potanda permittitur. 37.(1) sues circa ripas aut lacus et lutosa loca aestate pascendae sunt, vel formandae sunt lacunae, quae lutum servent, quia nisi obesum et distentum ventrem saepe luto refrigeraverint, temporis ardore laeduntur et vitium pulmonarium concipiunt. qui morbus in his radicula, id est consiligine, inserta auribus curatur. (2) saepe pomis inmodice sumptis cum temporis abundantia ministrantur, vitium splenis incurrunt. tunc canales ex trunco tamarici facies et ibi sues adaquabis; sucus enim ligni medetur huic vitio.

38. (1) castrantur porci veris et autumni tempore, ita ut duobus vulneribus inpressis per utramque plagam simul singuli exprimantur testiculi et ita his quae prius dicta sunt in castratione remediis pars incisa curatur. (2) illud admonendum, cum scrofae mandunt fetus suos, inter prodigia non haberi, nam sues inpatientissimae famis consumunt quicquid invenerint, nec hoc in religione servatur. (3) ut porci non aegrotent, cancros fluviales eis comedendos dabis.

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einer starken Salzlake besprühte Bohnen essen und dann einen Trunk aus heißem Wasser trinken, wie das auch bei Menschen geschieht. 37. (1) Schweine sollen rings um Bäche oder Seen und im Sommer um schlammige Bereiche geweidet werden, sonst muss man Teiche graben, damit Schlamm zur Verfügung steht; wenn sie nämlich ihre prall geschwollenen Bäuche nicht häufig mit Schlamm kühlen, leiden sie an der jahreszeitlichen Hitze und ziehen sich eine Lungenerkrankung zu. Diese Krankheit wird bei Schweinen durch Einsetzen der [oben 14.5.5 genannten] kleinen Wurzel, also »consiligo« [Lungenkraut], in die Ohren behandelt. (2) Oft entwickeln sie nach dem Fressen von übermäßigen Mengen an Obst, wenn es jahreszeitlich in Fülle zur Verfügung stellt, ein Problem mit der Milz. In dieser Situation wird man aus Tamariskenstämmen Tröge herstellen und die Schweine darin baden, denn der Saft aus dem Holz beseitigt dieses Problem. 38. (1) Schweine werden im Frühjahr oder Herbst kastriert. Die Methode besteht darin, 2 Einschnitte zu machen und die beiden Hoden gleichzeitig – eine durch jeden Schnitt – herauszudrücken, dann die Öffnungen mit dem oben [6.7] zur Kastration besprochenen Heilmittel zu behandeln. (2) Wir müssen Vorsicht walten lassen, dass Sauen nicht ihre eigenen Jungen fressen, was als ein nicht seltenes Ereignis gilt: Da sie ganz unfähig sind, Hunger zu ertragen, fressen Schweine, was immer sie finden, und wenn man dies beobachtet, ist es kein prodigium [auf Unheil vorausweisendes VorzeichenG]. (3) Um zu verhindern, dass Schweine erkranken, wird man ihnen Flusskrebse zu fressen geben.

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39. ex aliis auctoribus Graecis (1) boves crassos facies, si revertentibus a pastura caules infusos aceto acri dederis, deinde cretam paleam cum furfuribus triticeis mixtam per dies quinque, sexta vero hordei moliti cotulas quattuor, per sex dies subinde adiciens pabula. (2) hieme autem post galli cantum et item circa lucem cibentur. (3) lavandi sunt tamen per hibernum calida, aestate subtepenti aqua, et os eorum urina vetere diluendum, ut flegma congestum possit aboleri et a vermibus lingua purgari, quam salibus quoque fricabis. (4) debet et pars ex cervino cornu eis pro servanda salute suspendi, et contra pestis suspicionem terebrato in summa parte cornu aliquantum asinini adipis inseri. (5) prohibendi sunt autem a praesepibus porci et gallinae, nam stercoribus nocentur et pinnis. (6) ut ossa vero non devorent, lupi caudam supra praesepe suspendes; nec languebunt boves, si radices cyperi in vino decoxeris et bibendum ministraveris aut cupressi radices.

40. ad capitis dolorem, quod agnoscis si deiectis auribus non cibatur, perfricabis ei linguam satureia cum vino trita et alio et salibus minutissimis et tisana cruda in vino resoluta, vel lauri folia quantum manu ceperis in ore mittis et

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Andere Autoritäten zu Rindern 39. Aus anderen griechischen Autoritäten (1) Man wird seine Rinder fett machen, wenn man ihnen nach ihrer Rückkehr von der Weide Kohlstrünke, in scharfem Essig getränkt, zu fressen gibt, anschließend dann gesiebte Spreu, gemischt mit Weizenkleie, und zwar über einen Zeitraum von 5 Tagen; am 6. Tag gibt man 4 SchoppenM gemahlene Gerste und erhöht diese Ration über die 6 folgenden Tage. (2) Im Winter sollen sie nach dem [ersten] Hahnenschrei und wieder in der Dämmerung gefüttert werden. (3) Den Winter über sollen sie mit heißem Wasser gewaschen werden, im Sommer aber mit lauwarmem Wasser, und das Maul soll man mit altem Urin waschen, um den angesammelten Schleim zu zerstreuen und die Zunge von Würmern zu säubern; man wird die Zunge auch mit Salz einreiben. (4) Um ihre Gesundheit zu schützen, soll ihnen ein Teil eines Hirschhorns umgehängt werden; und um jeder Spur von Seuche zu begegnen, sollen die Spitzen ihrer Hörner durchbohrt und mit Eselsfett gefüllt werden. (5) Schweine und Hühner sollen von ihren Ställen ausgeschlossen werden, denn deren Kot und Federn sind schädlich. (6) Um zu verhindern, dass sie Obstkerne verschlucken, wird man einen Wolfsschwanz über dem Stall aufhängen. Vieh wird nicht krank, wenn man Galgant- oder Zypressenwurzeln in Wein aufkocht und zu trinken bietet. 40. Bei Kopfschmerzen, die man daran erkennt, dass das Tier seine Ohren hängen lässt und nichts zu sich nimmt, wird man seine Zunge mit in Wein zerriebenem Bohnenkraut, Knoblauch, sehr feinem Salz und ungekochten, ein Wein aufgelösten Graupen reiben. Alternativ legt man eine Handvoll Lorbeerblätter in das Maul des Tiers, und man

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murrae, fabae magnitudinis, similiter cum vino resolutae cotulas duas per narem debebis infundere.

41. (1) contra strofum boum: signum est, cum neque stat neque pascitur. (2) modicum cibum accipiat, et carnem quae circa ungulas est pungamus, ut sanguis effluat. (3) aliqui circa caudam pungunt, ut sanguis emanet, et os hyenae panno circumligant. (4) aliqui cepullas et salem simul miscentes in meatu iniciunt interius et currere inpellunt.

42. (1) contra febrem boum: gramen accipies, lavabis ac porrigis manducandum et pampinos. (2) bibat aquam frigidissimam, non sub divo, sed in loco umbroso. sfongea aqua infusa aures ei naresque subrigentur. (3) aliqui super frontem adurunt et sub oculis, detergent sfongea ex urina veteri calida secundo per diem, donec usturae cadant et vulnus sanetur. (4) punguntur et aures, ut sanguis effluat. aliqui polentam cum vino ministrant comedendam. aliqui cytisum cum vino porrigunt.

43. (1) ad tussim boum: palearum mollia purgata et herbi moliti cotulas tres in tres partes dabis edendas. (2) aliqui herbam artemesiam terunt cum aqua et sub divo positam septem diebus ministrant.

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wird ein bohnengroßes Stück Myrrhe in ähnlicher Weise in Wein aufzulösen und 2 SchoppenM dieser Flüssigkeit durch die Nüstern einzugießen haben. 41. (1) Gegen Koliken bei Rindern: Das Anzeichen dafür ist, dass das Tier weder stillsteht noch grast. (2) Es soll eine mäßige Menge an Nahrung gegeben werden, und man soll das Fleisch in der Nähe der Hufe durchstechen, um Blut abzulassen. (3) Manche machen die Punktion um den Schwanz herum, damit das Blut dort auslaufen kann, und binden einen Hyänenknochen mit einem Stück Stoff auf. (4) Andere mischen Zwiebeln und Salz zusammen, drücken diese gut in den Analkanal und lassen das Tier laufen. 42. (1) Gegen Fieber bei Rindern: Man nimmt Gras, wäscht es und bietet es als Futter zusammen mit Weinblättern. (2) Das Tier soll sehr kaltes Wasser trinken, nicht im Freien, sondern an einem schattigen Ort. Seine Ohren und Nüstern werden mit einem in Wasser eingeweichten Schwamm befeuchtet. (3) Außerdem kauterisieren einige über der Stirn und unter den Augen, und wischen zweimal täglich mit einem in alten Urin getauchten Schwamm ab, bis die Krusten aus der Brandstelle abfallen und die Wunde verheilt. (4) Auch die Ohren werden aufgestochen, um Blut abfließen zu lassen. Manche stellen Gerstengrütze mit Wein bereit, andere bieten Geißklee mit Wein. 43. (1) Gegen Husten bei Rindern: Man nimmt gereinigte Spreu und 3 SchoppenM zermahlene Linsenwicke und gibt dies dem Tier in 3 Portionen zu essen. (2) Einige Leute zermahlen Beifuß mit Wasser und bieten dies 7 Tage lang, wobei sie es unter freiem Himmel aussetzen.

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44. de vulnere suppurato: si pus collectum est, vulnus purgandum est et urina veteri bubula calida diluendum et lana tergendum. tunc salis ac picis liquidae ponatur implastrum.

45. contra scabiem boum et exanthemata: urina bovis vetere et butyro perunges. aliqui resinam liquidam cum sulfure miscent et curant. 46. de eo qui male comedet: consperge cibaria amurca sufficienti, vel oleo et resina aequaliter mixta cornua perunges usque ad radices.

47. contra ystros remedium: bacas lauri tunde et in aqua decoque. hac aqua si pasturam conspargis, fugabuntur ex agro, vel cerossam cum aqua solvis et animalia adlines vel absentio trito.

48. (1) si tauri coitum non adpetent, cervi cauda incensa et in pulverem redacta vino misceatur et hoc unguine tauri genitalia tangantur et testes. (2) quod et ceteris animalibus proficiet ad voluptuosum furorem. (3) poligonos quoque herba animalia universa fecundat.

(4) si vaccae non adpetent: scylla ex aqua trita feminea his natura tangatur posteaquam purgatae fuerint.

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44. Bei einer vereiterten Wunde: Wenn sich Eiter gesammelt hat, soll die Wunde gereinigt, mit erhitztem alten Rinderurin gewaschen und mit Wolle ausgewischt werden. Dann ist ein Arzneipflaster aus Salz und flüssigem Pech anzuwenden. 45. Gegen Krätze und Pusteln bei Rindern: Man wird sie mit altem Rinderurin und Butter einreiben. Einige mischen flüssiges Harz mit Schwefel und behandeln damit. 46. Für ein Tier mit einem schlechten Appetit: Man bestreut sein Futter mit einer geeigneten Menge von Ölschaum oder bestreicht sein Horn bis zu den Wurzeln hin mit Öl und Harz, in gleichen Mengen gemischt. 47. Eine Lösung gegen Bremsen: Man zerreibt Lorbeerbeeren und kocht sie in Wasser. Wenn man dieses Wasser auf die Weide streut, werden die Bremsen von dem Land vertrieben werden. Alternativ löst man Bleiweiß in Wasser auf und reibt die Tiere mit diesem oder mit zermahlenem Wermut ein. 48. (1) Wenn Stiere sich nicht paaren wollen: Es soll ein Hirschschwanz verbrannt, zu Pulver zerkleinert und mit Wein vermischt werden; dann werden die Genitalien und Hoden des Stiers mit dieser Salbe berührt. (2) Dies wird auch anderen Tierarten zu lustvoller Begierde verhelfen. (3) AckerVogelknöterich macht auch alle Arten von Tieren fruchtbar. (4) Wenn Kühe sich nicht paaren wollen: Ihre Genitalien sollen mit Meerzwiebel, in Wasser zerkleinert, berührt werden, nachdem sie [nach der Menstruation] gereinigt worden sind.

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49. (1) si distabescit equus, triticum frictum et hordeum duplum offeres illi, ter autem in die adaquas eum. (2) sed si in eo manserit, cantabrum triticeum mixturandum et blandis exercitiis utendum est. (3) si autem non adpetet, strumi et polii herbarum folia aqua infusa pabulo misces et herbum aqua infundes et adpones, vel giddi quiatos tribulas duos et mittis olei quiatos tres, cum vini unciis decem superfundis. (4) nauseantes sic curas: alium et decem uncias vini misces et das potionem. (5) si urinae difficultatem patitur: decem ovorum albuginem misces simul praedictis et per os dabis.

50. (1) febrientes sic curabis: balneo calido per hiemem calefiat, ne frigescat, et cibo modico herbi vel cantabri et aqua tepida utatur, et vino et oleo tepefacto omne illius corpus ungatur et per ventrem curandus est. sanguis illi auferendus vel de collo vel de pectore vel faucibus vel pedibus [et postea sanguinem tollis]. genua quoque aceto calido et, cum fortis fuerit, aqua calida dilues. (2) si autem ex labore febrit et macescit, [aut] lactis caprini uncias decem, amuli modicum, olei uncias quinque, ova quattuor et portulacae tusae sucum per triduum dabis vel amplius, donec sanus

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Andere Autoritäten zu Pferden 49. (1) Wenn ein Pferd seine Kondition verliert: Man wird ihm eine doppelte Ration aus geröstetem Weizen, Gerste und Wasser dreimal täglich anbieten. (2) Wenn es in dem gleichen Zustand bleibt, soll Weizenkleie [in sein Futter] gemischt und leichte Übung veranlasst werden. (3) Wenn es keinen Appetit hat, gießt man Blätter des Schwarzen Nachtschattens und Gamander in Wasser und mischt dies mit dem Futter; man kann auch Linsenwicke in Wasser ziehen lassen und zur Verfügung stellen, oder man drückt 2 SchöpfkellenM Schwarzkümmel aus, gießt sie in 3 SchöpfkellenM Öl und gießt dies mit 10 UnzenM Wein über das Futter. (4) Tiere mit Übelkeit behandelt man wie folgt: Man mischt Knoblauch und 10 UnzenM Wein und gibt dies als Trunk. (5) Wenn ein Tier Schwierigkeiten beim Urinieren hat: Man mischt 10 Eiweiße mit den oben genannten Zutaten, und verabreicht dies durch das Maul. 50. (1) Fiebrige Tiere behandelt man wie folgt: Im Winter soll das Tier in einem heißen Bad erwärmt werden, damit es nicht auskühlt. Es soll eine maßvolle Zufuhr von Linsenwicke oder Kleie und warmem Wasser empfangen; sein ganzer Körper soll mit warmem Wein und Öl eingerieben und sein Magen behandelt [gespült] werden. Blut soll aus dem Hals oder der Brust oder dem Schlund oder dem Huf gelassen werden. Man wird auch seine Knie mit heißem Essig und, wenn es stark ist, mit heißem Wasser waschen. (2) Wenn es fiebrig und infolge der Arbeit dünn ist, soll man 10 UnzenM Ziegenmilch, sehr wenig Feinmehl, 5 UnzenM Öl, 4 Eier und den Saft von zerriebenem Portulak täglich 3 oder mehr Tage lang geben, bis es ihm wieder gut

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fiat. (3) si autem reumate faucium vel capitis febris nata est, origanum et picem cum oleo commisces et omne caput eius perunges. aqua calida pedes vel genua fovebis et in os eius strumum cum faece tritum ingeris, et pabulum viride, si est, offeratur ex hordeo.

51. ad oculorum tumorem: si oculus tumet, tus, amulum, agninam medullam scripulos tres, oleum roseum duplum, album duorum ovorum miscens superungis.

52. (1) aliud ad oculum tumentem: Libanum amulum melli Attico mixto inunguis, vel butyrum aequaliter addis, vel testam sepiae tritam redigis in pulverem et per cannam ei in oculum sufflas, aut silfii, hoc est laseris, radices cum oleo et pice bis in die superungis.

(2) nervos eius fovebis et caput aqua calida. tunc adipem bovis et murram et sulfur miscens, super carbones inpones in pultario, et caput ei velatum atque inclinatum tali fumigabis incenso. sed et ventrem curas et ex cauda sanguinem detrahes.

53. ad ventris cursum: ex venis capitis sanguinem detrahis et dabis ei aquam tepidam bibendam cum pollinibus hordei. constringunt etiam ventrem cortices mali granati triti et per os dati.

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geht. (3) Wenn aber das Fieber aus Schleim im Schlund oder am Kopf entstanden ist, mischt man Oregano und Pech mit Öl und reibt dies dem Tier über den Kopf, massiert die Hufe oder Knie mit heißem Wasser, reibt das Maul mit Schwarzem Nachtschatten, mit Weinbodensatz gemahlen, ein und bietet ihm Grünfutter an, mit Gerste vermischt, wenn man diese hat. 51. Für Schwellungen der Augen: Wenn ein Auge geschwollen ist, mischt man Weihrauch, Stärke, Lammmark, und zwar 3 SkripelM, die doppelte Menge von Rosenöl und 2 Eiweiß und streicht dies auf das Auge. 52. (1) Etwas anderes für geschwollene Augen: Man streicht Libanon-Weihrauch [und] Stärke, mit attischemO Honig vermischt, auf oder fügt die gleiche Menge Butter hinzu, oder man zerreibt Tintenfischschulpe, reduziert sie zu Pulver und bläst sie durch ein Pfahlrohr auf das Auge; oder man streicht silphiumP – also Asant – mit Öl und Pech zweimal täglich auf. (2) [Bei Muskelschmerzen:] Man badet die Muskeln und den Kopf des Tieres mit heißem Wasser. Dann mischt man Rinderfett, Myrrhe und Schwefel, erhitzt sie über Kohlen in einem Kochtopf, deckt den Kopf des Tieres ab und beugt ihn darüber, um ihn mit dem Rauch auszuräuchern. Man kann auch den Magen behandeln und Blut aus dem Schwanz lassen. 53. Bei Durchfall: Man zieht Blut aus den Adern des Kopfes und gibt warmes Wasser mit feinem Gerstenmehl zu trinken. Granatapfelrinde, zermahlen und durch das Maul gegeben, bindet auch den Magen.

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54. (1) contra strofum equi: aqua calida eum lavas et coperies veste; postmodum murrae dragmas quinque, vini veteris cotulas sex, olei cotulas tres simul colas et per tres dies aequaliter dabis. [accipiat] et ventrem eius curas aqua marina cum myrta simul decocta in aqua calida. (2) quod si perstat, polii herbae folia et aprotanum aut amygdala amara vino nigro austeri misces, aut corticem mali granati cum aqua dabis.

55. vulsum sic curas: in pulmonibus causa quae est, aceti acerrimi tepefacti potio exinde data curat, aut urina humana.

56. tussire incipientem sic curas: pollines hordei et herbi vel fabae misces et dabis ei bibere. si autem tussis invaserit, mellis uncias duas aut picis liquidae per os dabis.

57. tumoris cura: omnis tumor cessabit, si sale et oleo et polii herbae folia ustulata et inmixta vino cures velut cataplasmate.

58. si sanguisugam glutierit, supinato oleum calidum dimitte per cornu.

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54. (1) Gegen Koliken bei einem Pferd: Man wäscht das Tier mit heißem Wasser und deckt es mit einem Tuch zu. Sogleich gießt man 5 DrachmenM Myrrhe, 6 SchoppenM alten Wein und 3 SchoppenM Öl durch ein Sieb zusammen und gibt dies 3 Tage lang in gleichen Mengen. Man behandelt auch den Magen mit Meerwasser, mit Myrte zusammen in dem heißen Wasser gekocht. (2) Wenn das Problem weiterhin besteht, mischt man Gamander- und Poleigamanderblätter oder bittere Mandeln mit trockenem schwarzen Wein oder man gibt Granatapfelrinde mit Wasser. 55. Eine [innere] Verstauchung [die man als Ursache für Lungenprobleme ansah] behandelt man wie folgt: Eine Lungenbeschwerde wird mit einem Schluck scharfem Essig behandelt, der erhitzt und dann verabreicht wird, oder mit Urin. 56. Einen aufkommenden Husten behandelt man wie folgt: Man mischt Feinmehl aus Gerste und Linsenwicke oder Bohnen und verabreicht dies in einem Trunk. Aber wenn der Husten sich festgesetzt hat, wird man 2 UnzenM Honig oder flüssiges Pech in das Maul geben. 57. Behandlung einer Schwellung: Alle Arten von Schwellung werden abklingen, wenn man sie mit Salz und Öl und Gamanderblättern, die versengt und mit Wein vermischt wurden, behandelt und all dies als Arnzeipflaster verwendet. 58. Wenn das Pferd einen Blutegel verschluckt hat, lege man es auf den Rücken und gieße durch ein Horn [als Trichter] heißes Öl [in das Maul].

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59. contra scorpii ictum vel similia partem percussam stercore porcino cataplasmas. strumum tusum, titymallum aut herbam symfoniacam aut lini semen aut stipteriam tostam vel afronitrum aut sales fossiles; ex his cataplasmans proficies.

60. contra difficultatem urinae cepullae purgatae corium circa naturam ponis. alii semen apii cum vino cotulas duas terunt vel cepullam cum vino vel stercus columbinum vel polii herbae folia vel nitri modicum cum alii capite contusum dabunt ex vino nigro, vel stercus porcinum per cornu.

61. si sanguinem mingit, fabae purgatae coctae cum adipe cervino mixturas modico vino et dabis ei per os tribus diebus, aut lac caprinum uncias decem et amulum et ova tria et olei quiatos tres mixta per cornu ministras.

62. ut equae admissario non repugnent, nitrum et avium minorum stercus cum resina terebinthina teres et genitalia perunges vel scylla. ascensam deinde abstinebis diebus viginti et tunc probabis. si repudiaverit, plenam esse cognoscis.

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59. Gegen Skorpionstiche und dergleichen nutzt man Schweinemist als Arnzeipflaster auf dem betroffenen Bereich; man nimmt zerriebenen Schwarzen Nachtschatten, Wolfsmilch oder Stinkenden Nachtschatten oder Leinsamen oder Alaun oder gebackenes Alaun oder Steinsalz; man wird Erfolg haben, wenn man daraus ein Arzneipflaster herstellt. 60. Gegen Schwierigkeiten beim Urinieren legt man die Haut einer geschälten Zwiebel um die Genitalien. Andere zermahlen Petersiliensamen mit 2 SchoppenM Wein, oder man gibt eine Zwiebel mit Wein oder Taubenmist, oder Gamanderblätter, oder ein wenig NatronB mit einer Knoblauchknolle oder mit Schweinemist, mit schwarzem Wein gemischt, durch ein Horn [als Trichter] gegeben. 61. Wenn ein Tier Blut im Urin hat, mischt man einige gereinigte gekochte Bohnen mit Hirschfett in ein wenig Wein und gibt dies 3 Tage lang; oder man vermischt 10 UnzenM Ziegenmilch, feinen Schrot, 3 Eier und 3 SchöpfkellenM Öl und gießt es durch ein Horn [als Trichter] ein. 62. Damit Stuten einen Zuchthengst nicht abweisen, wird man für sie zermahlenes NatronB und den Kot kleinerer Vögel mit Terpentinpistazienharz zusammen verreiben und ihre Genitalien mit diesem Mittel oder mit Meerzwiebel einreiben. Wenn die Stute dann einmal bestiegen worden ist, wird man sie von ihm 20 Tage lang fernhalten und dann erproben. Wenn sie ihn zurückweist, weiß man, dass sie trächtig ist.

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Liber XIIII

63. si equorum pulli habent ungulas molliores, adipem porci veterem et hirci et sulfur vivum et alium permisces et unges ungulas et geminas.

64. (1) matres abstineantur a coitu, quia lac colostratum sicut hominibus nocet. (2) item ungulae solidantur ita; testa conburitur et aceto superfunditur et subponitur ungulis, et ab itinere venientibus lavantur aqua frigida. (3) equorum corpora maris natatu iuvantur et fluminum. (4) setae eorum proficiunt, si oleo et vino frequenter ungantur.

65. ad ventris fluxum cuilibet animali vel iumento: scribis in carta hoc nomen: »†honore per nasci†«, et ligas in summitate caudae iuxta intestini circulum.

Buch 14: Tiermedizin

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63. Wenn Fohlen übermäßig weiche Hufe haben, soll man altes Schweine- oder Ziegenbockfett, natürlichen Schwefel und Knoblauch mischen und auf die Hufe und »Zwillinge« [die Hornsubstanzen an der Hufsohle des Fohlens] einreiben. 64. (1) Pferdemütter sollen vom Koitus abgehalten werden, da Milch mit Kolostrum schädlich ist, wie auch beim Menschen. (2) Ebenso werden die Hufe wie folgt gehärtet: Man erhitzt eine Scherbe, gießt Essig darauf und platziert sie unter den Hufen; und wenn die Tiere nach einer Reise zurückkehren, werden die Hufe in kaltem Wasser gewaschen. (3) Pferdekörper haben vom Schwimmen im Meer und Flüssen Nutzen. (4) Ihr Fell wird verbessert, wenn sie häufig mit Öl und Wein eingerieben werden. 65. Bei Durchfall eines Tieres oder speziell eines Pferdes: Man schreibt auf ein PapyrusblattP [als ZauberwortG] folgenden Namen: »honore per nasci« und befestigt dies an der Oberseite des Schwanzes nächst dem After.

LIBER XV de insitione liber

(1) habes aliud indultae fiduciae testimonium: pro usura temporis hoc opus tibi de arte insitionis adieci. sed quod volumina haec ruris colendi serius, quam iusseras, scripta sunt, librarii manus segnior effecit, cuius ego tarditatem numquam maligne aestimo. scio enim, quo frequenter inclinet argutia famulorum. malo opera eius expectare potius quam timere. (2) nescio, utrum commune sit dominis; mihi difficile contingit in servilibus ingeniis invenire temperiem. ita saepissime natura haec vitiat commodum, si quod est, et miscet optanda contrariis. velocitas procurrit in facinus; segnities figuram benignitatis imitatur et tantum recedit ab agilitate, quantum recessit a scelere. diu tamen apud te pudorem meum distuli, sed hoc quasi bonus famulus fecit.

B U C H 15 Baumveredelung

Proöm für PasiphilusN (Pr 1) Du hast hier einen weiteren Beweis für das Vertrauen, das Du mir geschenkt hast: Als Zinsen für die verstrichene Zeit habe ich für Dich diese Arbeit über die Kunst der BaumveredelungV angehängt. Aber die Tatsache, dass diese Bände über die Landwirtschaft später abgeschrieben wurden, als Du bestellt hattest, rührt von der bummelnden Hand des Kopisten her, dessen Langsamkeit ich nie für problematisch gehalten habe. Ich weiß ja, welche Form die Verschlagenheit von Dienern oft einnimmt. Ich bevorzuge vielmehr, auf die Ergebnisse ihrer Arbeit zu warten, anstatt Angst vor ihnen zu haben. (2) Ich weiß nicht, ob alle Herren dies gemeinsam haben, aber für mich hat es sich als schwierig erwiesen, bei den Charakteren von Sklaven die richtige Balance zu finden. Sehr oft verdirbt ihre unterwürfige Natur, was auch immer sie an Wert haben, und vermischt wünschenswerte Eigenschaften mit ihrem Gegenteil. Schnelligkeit neigt zu Fehlern; Trägheit kommt als Liebenswürdigkeit daher, und so sehr sie Fehler vermeidet, so sehr vermeidet sie im gleichen Maße auch Beweglichkeit. Allerdings habe ich es lange aufgeschoben, mit Dir über meine Verlegenheit zu sprechen; nun aber hat er die Arbeit in der Art eines guten Dieners abgeschlossen.

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Liber XV

verum nescio, si tuum modo ad has minutias inclinetur ingenium. (3) grande erit et par desiderio suo, quod studii tui quaerat adfectio. et licet de hic nugis favorabiliter sentias, ego meas opes aestimare non differo. non est magni loci assibus intuendis oculos duxisse per pulverem, quia nescio quomodo notae sunt quaedam maximarum personarum minuta conpendia.

Pasiphile, ornatus fidei, cui iure fatemur, si quid in arcano pectoris umbra tegit, bis septem parvos, opus agricolare, libellos, quos manus haec scripsit parte silente pedum, nec strictos numeris nec Apollinis amne fluentes sed pura tantum rusticitate rudes, commendas, dignaris, amas et vilia dicta adfectu socii sollicitante colis. nunc ideo modicum crescens fiducia carmen obtulit arbitrio laetificanda tuo. est nostrae studium non condemnabile Musae urbanum fari rusticitatis opus; sub thalami specie felices iungere silvas, ut suboli mixtus crescat utrimque decor, connexumque nemus vestire adfinibus umbris et gemina partum nobilitare coma, foederibus blandis dulces confundere sucos et laeta duplicis fruge saporis ali.

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Buch 15: BAumveredelung

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Freilich weiß ich nicht, ob Dein Geist überhaupt solchen Kleinigkeiten wie den folgenden zugeneigt ist. (3) Es soll ein großes Thema verfolgt werden, würdig des Verlangens, das Deine eifrige Gesinnung aufweist. Wenn Du auch vielleicht diese Kleinigkeiten mit Wohlwollen betrachten magst, will ich nicht zögern, eine Einschätzung meiner Fähigkeiten zu ermöglichen. Eigentlich lassen Leute von hohem Rang ja ihren Blick nicht durch den Staub schweifen, um Kleingeld zu entdecken, da – ich weiß nicht wie – geringfügige Gewinne für die größten Persönlichkeiten irgendwie als peinlich gelten.

Lehrgedicht PasiphilusN, Zierde des Vertrauens, dem ich zu Recht die verborgenen Geheimnisse meiner Brust offenbart habe, die zweimal sieben kleinen Büchlein, das Werk über Landwirtschaft – von dieser Hand mit stummen Versfüßen [in Prosa] geschrieben, nicht von strengen Rhythmen geformt, vom Fluss des ApolloG unberührt, nur in reiner Rustikalität rau – empfiehlst, achtest und liebst Du und schätzt die banalen Worte mit der warmen Haltung eines Gefährten. Jetzt aber präsentiert mein wachsendes Vertrauen dieses bescheidene Gedicht Deinem Urteil zu Deiner Erbauung. Unserer MuseG nicht zu verachtendes Ziel ist, ein städtisches Werk über ländliche Arbeit aufzuschreiben, Bäume in einer Art fruchtbarer Heirat zu verbinden, so dass gemischte Schönheit aus jedem ihrer Abkömmlinge wächst, um einen verbundenen Hain in benachbarte Blätter zu kleiden und die Jungen mit Zwillingslaub zu schmücken, süßen Säfte in froher Vereinigung zu vergießen und mit herrlicher Frucht von zwiefachem Geschmack zu nähren.

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Liber XV

quae quibus hospitium praestent virgulta, docebo, quae sit adoptivis arbor onusta comis. ipse poli rector, quo lucida sidera currunt, quo fixa est tellus, quo fluit unda maris, cum posset mixtos ramis inducere flores et varia gravidum pingere fronde nemus, dignatus nostros hoc insignire labores, naturam fieri sanxit ab arte novam. non segne officium nostrae reor esse Camenae aut operis parvi gratia fiet inops. si velocis equae pigro miscetur asello ardor, ut in sterilem res cadat acta gradum fecundumque genus productus deleat heres et sibi defectum copia prolis agat, cur non arbor inops pinguescat ab hospite gemma et decus externi floris adepta micet?

incipiam: quicquid veteres scripsere coloni, sacraque priscorum verba labore sequar.

principio multas species industria sollers protulit et doctam iussit inire manum, nam quaecumque virens alienis frondibus arbos comitur, his discit credita ferre modis: aut nova discreto figuntur germina libro aut aliud sumunt robora fissa caput aut virides oculos externi gemma tumoris excipit et lento stringitur uda sinu.

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Buch 15: BAumveredelung

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Ich werde lehren, welche Pflanzen mit anderen verbunden werden können und welche mit übernommenem Laub beladen sind. Der Herrscher des Kosmos selbst, nach dessen Willen die hellen Sterne laufen, die Erde fest steht und die Gezeiten strömen, könnte zwar gemischte Blüten auf die Zweige streuen und den fruchtbaren Hain mit vielfältigem Laub färben, doch geruhte er, diese Ehre unserer [menschlichen] Arbeit zu überlassen und gestand zu, dass die Natur durch Kunst erneuert wird. Ich halte unserer MuseG Auftrag nicht für müßig; der Lohn für diese kleine Arbeit wird auch nicht mager sein. Wenn sich eine schnelle und feurige Stute mit einem faulen Esel paart, so dass die Verbindung auf eine unfruchtbare Stufe hinabfällt und das erzeugte Junge seine fruchtbare Abstammung rückgängig macht – der Reichtum der Zeugung bringt sich Mangel hervor –, wie kann da ein armer Baum nicht durch die Knospen bereichert werden, die er beherbergt, und nicht durch den Erhalt der Herrlichkeit fremder Blüten glänzen? [Maultiere sind unfruchtbar, gepfropfte Bäume fruchtbar.] Ich werde beginnen: Was Landleute in alter Zeit geschrieben haben und die heiligen Worte der Alten will ich verfolgen. Zuerst hat ausdauernder Fleiß viele Arten von Transplantaten entwickelt und durch Eingriffe einer geschulten Hand ausführen lassen. Jeder grüne Baum, der mit anderen Blättern geschmückt ist, hat gelernt, das Angebot in einer der folgenden Arten zu tragen: Entweder werden neue Pfropfreiser hinter der Rinde befestigt oder der Stamm wird gespalten, um einen anderen obenauf zu erhalten, oder ein AugeV wird durch eine schwellende fremde Knospe ersetzt, mit seiner dehnbaren Rinde in diese weiche Höhle gebunden.

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Liber XV

primus Echionii palmes se iungere Bacchi novit et externo tenditur uva mero. nexilibus gemmis fecundos inplicat artus vitis et amplexum pascit adulta genus degenerisque comae vestigia mitis inumbrat pampinus et pingui curvat onusta deo.

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robora Palladii decorant silvestria rami, nobilitat partus baca superba feros, fecundat sterilis pingues oleaster olivas et quae non novit munera, ferre docet.

germine cana prius niveos haud invida flores commodat et varium nectit amore nemus. nunc rapit hirsutis horrenda sororibus arma et docet indomitas ponere tela piros, nunc teretem pingui producit acumine malum fraxineasque novo flectit honore manus. Phyllida quin etiam grandi mitescere fructu instituens, durae dat sua membra cuti, et steriles spinos et inertem fetibus ornum dotat et ignotum cogit amare decus. huius et inmissi vertere cydonea rami pomaque confusus blanda creavit odor. castaneae septos aspro velamine fetus exuit et placido pondere mutat onus mespilaque exarmat pugnacibus horrida membris et mala tranquillo cortice vota premit. creditur in Libycis sua germina nectere ramis laetaque Puniceo posse decore frui.

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Buch 15: BAumveredelung

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Als erster gepfropft wurde der Rebstock des echïonischen [= aus ThebenO stammenden Gottes] BacchusG, und noch immer quellen seine Trauben mit fremdem Wein. Von der erwachsenen Pflanze umarmt und genährt bereichern die angenommenen Knospen seine sich windenden Glieder; ihr wohlerzogenes Laub beschattet die niederen Zweige und beugt sie herab unter die reiche Last für den Gott. Wilde Bäume werden von Zweigen des Ölbaums der PallasG verschönt, deren edle Beeren die verwilderte Frucht verbessern; doch der sterile Wildling befruchtet die reicheren Bäume und lehrt sie Ernten zu tragen, die er zuvor nicht kannte. Der bleiche Birnbaum verleiht seine schneeweißen Blüten und webt mit großzügiger Liebe einen feinen Hain; jetzt raubt er den stacheligen Schwestern, den wilden Birnbäumen, ihre furchterregenden Waffen und lehrt sie, sich zu entwaffnen; jetzt verlängert er die abgerundeten Äpfel zu einer fruchtbaren Spitze und biegt die Äste der Esche mit neuen Ehren, ja bringt auch PhyllisG [Mandelbaum] dazu, Früchte hervorzubringen, die größer und weicher sind, und glättet ihre harte Haut mit seiner eigenen. Sterilen Dornbüschen und leer blühender Esche gibt der Birnbaum Ernte als Mitgift und lehrt sie, diesen unbekannten Schmuck zu lieben. Seine eingepflanzten Zweige ändern auch Quitten, und ihre vermischten Wesen schaffen herrliche Frucht. Er nimmt der Esskastanie ihren rauhaarigen Ertrag und ändert ihre Last zu einer kultivierten Fracht; er entwaffnet die kriegerischen Äste der stacheligen Mispel und drückt ihre Wildheit unter gutmütige Rinde. Es heißt, er verbinde ihre Triebe mit libyschenO Ästen [Granatapfelbäumen; s. gleich] und kann sich an punischemO Glanz zu erfreuen.

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Liber XV

Punica non alios umquam dignata sapores mala nec externis adsociata comis, ipsa suas augent mutato semine gemmas et sibi cognato picta rubore placent.

insita proceris pergit concrescere ramis et sociam mutat malus amica pirum seque feros silvis hortatur linquere mores et partu gaudet nobiliore frui. spiniferas prunos armataque robora sentes levigat et pulchris vestit adulta comis. exiguam sorbum dulci distendere suco novit et ad cupidas flectere poma manus. stipitibus gaudet nomen mutare salignis et gratum Nymphis spargere flore nemus. robora thyrsigero platani concordia Baccho fetibus instituit plena rubere novis. illius insolitas miratur Persicus umbras populeaeque ferunt candida dona comae. mespilus huic paret lapidosaque viscera mutans tenditur et niveo plena liquore rubet. pro sudibus fetis et pro praegnantibus armis castaneae fulvum dant nova mala decus.

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Buch 15: BAumveredelung

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Punische Äpfel [der aus dem Gebiet der Punier in Nordafrika, griech. »Libya«, stammende »punische« Baum ist der Granatapfelbaum] sehnten sich nie nach den Aromen anderer Früchte und verbanden sich nie mit unterschiedlichen Blättern [können also nur Unterlage, nicht Pfropfreis sein]. Sie verbessern ihre eigenen Knospen durch den Austausch von Samen und erfreuen sich durch das Tragen der vertrauten roten Farbe. Auf [für Birnbäume typische] steile Äste gepfropft, verschmilzt der freundliche Apfelbaum gerne und verbessert den befreundeten Birnbaum. Er will auch die eigene Wildheit im Wald hinter sich lassen und erfreut sich einer edleren Ernte. [Kultivierte Apfelbäume werden auf wilde gepfropft.] Dornen tragende Pflaumen und »bewaffnete« Brombeersträucher glättet und kleidet er mit seinem Wachstum von reizenden Blättern; mit seinem süßen Saft kann er Speierling zu einer Größe schwellen lassen, dass er seine Früchte den begierigen Händen entgegen beugt. Er freut sich, den Namen der [den NymphenG heiligen] Weiden zu ändern und den geliebten Hain der NymphenG mit Blüten zu bestreuen. Die [als Stütze für Rebstöcke eingesetzte; vgl. v. 124] Platane, passend zu BacchusG, dem Thyrsos-Träger, lehrt er, mit einer neuen Ernte gefüllt zu erröten. Er lässt uns den Pfirsichbaum mit ungewohntem Grün bewundern, und belaubte Pappeln tragen helle Geschenke. Für ihn ändert die Mispel ihr steiniges Fruchtfleisch, dehnt sich aus und errötet, mit schneeweißem Saft gefüllt. Anstelle der trächtigen Stacheln und schwangeren Rüstungen bringen Esskastanien neue Äpfel hervor, einen goldgelben Glanz.

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Liber XV

ipsa suos onerat meliori germine ramos Persicus et pruno scit sociare genus inponitque leves in stipite Phyllidis umbras et tali discit fortior esse gradu.

cum praestet cunctis se fulva cydonea pomis, alterius nullo creditur hospitio; roboris externi librum aspernata superbit, scit tantum nullo crescere posse decus, sed propriis pandens cognata cubilia ramis stat contenta suum nobilitare bonum.

semina dura piri despecti mala saporis mespilus admisso germine tuta subit et geminis sese violentior inserit armis atque avidas terrent robora saeva manus.

nec non et citrei patiuntur mutua rami pignora, quae gravido cortice morus alit, pomaque pasturi blando redolentia suco armatis mutant spicula nota piris.

pruna suis addunt felicia germina membris donaque cognato corpore laeta ferunt; exarmat fetus, sed brachia roboris armat castaneae prunus iussa tenere larem.

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Buch 15: BAumveredelung

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Mit besseren Trieben belädt der Pfirsichbaum die Zweige seiner Art und verbindet geschickt seine Samen mit denen des Pflaumenbaums; er leiht seinen leichten Schatten dem Stamm der PhyllisG [Mandelbaum] und lernt durch diesen Schritt, kräftiger zu wachsen. Der goldgelbe Quittenbaum gibt sich, da er allen Arten mit seinen Früchten voransteht, keinem anderen Baum als Gastgeber hin. Stolz verschmäht er die Rinde eines fremden Stamms, wohl wissend, dass niemand seinen Ruhm so gut zum Wachsen bringt. Ein verwandtes Bett aber für eigene Zweige bereitend ist er zufrieden, seine eigenen edlen Lager zu veredeln. Des [wilden] Birnbaums harte Früchte ersetzend, für seinen Geschmack verachtet, fühlt sich der Mispelbaum sicher, sobald sein Sprössling verpflanzt ist; so gepfropft wächst er noch heftiger, doppelt gepanzert, und schreckt gierige Hände mit seinen rauen Gliedern ab. [Mispel- wird auf wilden Birnbaum mit seinen hartschaligen Früchten gepfropft.] Auch die Zweige des Zitronenbaums lassen zu, seine Abkömmlinge zu vergeben, die dann der Maulbeerbaum in seiner fruchtbaren Rinde pflegt [Zitronen- wird auf Maulbeerbaum und wieder zurück gepfropft; vgl. Geoponika 10.7.12], die Früchte mit herrlich duftendem Saft nährt und des bewaffneten Birnbaums bekannte Pfeile verbessert. Pflaumenbäume übertragen reiche Triebe auf Pflaumenbaumglieder, und erlangen fruchtbare Geschenke aus verwandten Körpern. Aufgefordert, seine Heimat auf Esskastanienbäumen zu machen, entwaffnet der Pflaumenbaum deren Ernte, doch bewaffnet er ihre Äste.

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Liber XV

adsuescunt siliquae viridi mollescere suco et gremio pascunt cerea poma suo.

persuadet moris tetrum variare colorem ficus et invasis dat sua iura comis. se quoque miratur pingui grandescere suco et solitum gaudet vincere poma modum.

insignes foliis platanos, felicia mensis brachia, gaudentes vitis honore comas ingrediens pingui se cortice maxima ficus servat et optatos inplet adepta sinus.

mutua quin etiam moris commercia ficus praestat et oblatum robore germen alit. fraxinus huic avidae confert sua membra sodali et metuit fetus sparsa cruore novos. proceras fagos et poma hirsuta virentis castaneae duris aspera mala comis inficiens monstrat piceo nigrescere partu, et suco pascit turgida poma novo. obsequitur moris blando terebinthus odore et geminis veniunt munera mixta bonis. sorba suos partus merito maioris honestant seminis et pulchro curva labore nitent. haec arbos spinae duros mucronibus artus exuit ac libris mitibus arma tegit aureaque adnexo miscere cydonea fetu gaudet et externi dona coloris amat.

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Buch 15: BAumveredelung

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Johannisbrotbäume wachsen, gewöhnt, von grünem Saft erweicht zu werden, und pflegen in ihren Busen wachsartige Früchte. Maulbeerbäume werden vom Feigenbaum dafür gewonnen, ihr schreckliches Schwarz aufzugeben, da er den besetzten Bäumen seine Regeln aufzwingt. Wiederum strotzt er – erstaunlich – mit reichem Saft und freut sich über Obst, das gewöhnliche Größe übertrifft. Der Platanenbaum hat markante Blätter, feste schattige Glieder und einen Stamm, der sich [als Stütze] an der Herrlichkeit des Rebstocks erfreut; der ankommende Feigenbaum, von seiner eigenen reichen Rinde gehalten, greift und füllt die ersehnten Hohlräume [beim AnplattenV]. Den gegenseitigen Austausch mit dem Maulbeerbaum schätzt der Feigenbaum; er nährt Triebe, die er jenem bietet. Die Esche bietet diesem eifrigen Begleiter ihre Gliedmaßen dar, wächst blutbesprenkelt und fürchtet ihre neuartige Brut. Hohe Buchen und die behaarte Frucht der kräftigen Esskastanien – starr und rau inmitten rauer Blätter – befleckt der Maulbeerbaum, zeigt, wie pechschwarze Junge dunkel werden, und füllt die anschwellende Frucht mit neuartigem Saft. Die süßduftende Terpentinpistazie folgt dem und vermischte Geschenke entstehen, mit den Verdiensten von beiden. Speierlingbäume erweitern ihren Ertrag mit besserem Bestand an eigenen Früchten und glänzen, von einer herrlichen Belastung gesenkt. Dieser Baum entfernt die Spitzen von den harten Schenkeln der Dornen und versteckt ihre Waffen unter ruhiger Rinde; es mischt sich ihre gepfropfte Ernte gerne mit goldener Quitte und liebt die Gaben ihrer geliehenen Farbe.

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Liber XV

inseritur lauro cerasus partuque coacto tinguit adoptivus virginis ora pudor. umbrantes platanos et iniquam robore prunum conpellit gemmis pingere mebra suis populeasque novo distinguit munere frondes, sic blandus spargit brachia cana rubor.

Phyllis odoratos primaevis floribus artus discisso pruni cortice fixa tegit pomaque permutat velamine Persica mixto duritiemque docet tegminis esse loco. in modicam tornat siliqua tendente figuram et frondes pulchro ditat odore feras castaneamque trucem depulsis cogit echinis mirari fructus levia poma sui.

quin et amygdaleos subeunt pistacia ramos et meritum maius de brevitate petunt. haec et cognato cingens terebinthus amictu nutrit adoptivis nobilitanda comis. flumineam salicem fecundant ardua membra castaneae et multo pasta liquore vigent. arbuteas frondes vastae nucis occupat umbra pomaque sub duplici cortice tuta refert.

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Buch 15: BAumveredelung

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Der Kirschbaum wird in den der [von ApolloG verfolgten und in einen Lorbeerbaum verwandelten] Jungfrau [DianaG] heiligen Lorbeerbaum gesteckt, mit einem geliehenen Erröten von den Jungen, die zu tragen er gezwungen ist. Pfropfreiser vom Kirschbaum verleihen ihre Farbe den Ästen der schattenspendenden Platane und den Pflaumenbäumen mit ihrer rohen Kraft und beflecken die Zweige der Pappel mit neuartigen Geschenken – so viel besprenkelt ihr süßes Rot diese grauen Arme. PhyllisG [Mandelbaum], in die geteilte Rinde des Pflaumenbaums gesteckt, bedeckt ihre duftenden Glieder mit frühen Blüten. Sie verwandelt Pfirsiche zu Obst mit gemischten Mänteln und lehrt ihre harte Schale, an die Stelle der Haut zu treten. Sie zügelt und rundet die lange Form des Johannisbrotbraums und bereichert seine ungehobelten Blätter mit schönem Duft; sie lässt die heftigen Esskastanien ihre Seeigelstacheln abwerfen und die Glätte ihrer Früchte bewundern. Ihrerseits ersetzen Pistazien Mandelbaumzweige und wollen mehr Qualität durch Kleinheit erreichen. Auch die Terpentinpistazie hüllt sie in verwandtes Kleid und nährt sie in der Hoffnung, durch ihre Aufnahme verbessert zu werden. Die hohen Schenkel des Esskastanienbaums befruchten die Uferweide und gedeihen auf so viel Feuchtigkeit. Der mächtige Nussbaum dringt in des Erdbeerbaums Laubwerk und lässt die Frucht von einem Doppelmantel geschützt sein.

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Liber XV

cetera, quae sollers processu temporis usus exprimet exemplis instituere novis. haec sat erit tenuem versu memorasse poetam, quem iuvat effossi terga movere soli. carmina tu duros inter formata bidentes aspera sed miti rusticitate lege.

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Buch 15: BAumveredelung

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Andere Transplantate sind erfunden worden, die weise Erfahrung im Laufe der Zeit für neue Beispiele enthüllen wird. Dies aber soll diesem bescheidenen Dichter genügen, der sich daran erfreut, die Oberfläche eines gut umgegrabenen Feldes zu bewegen. Die Verse, die Du liest, wurden inmitten von harten Zweizahn-Harken geformt – grobe Verse, aber mit einem weichen Geschmack des Landes.

ANHANG Zur Textgestaltung Angesichts der vielfältigen Überlieferung des Textes ist dessen Gestaltung nicht einfach. Die bisher beste Edition ist die von Robert H. Rodgers (Leipzig: Teubner 1975), deren Lesetext auch der vorliegenden Ausgabe zugrunde gelegt ist. Abweichungen davon sind im Folgenden verzeichnet (vgl. dazu insbesondere die Überlegungen von Fitch 2013a und 2013b).

1.2 1.5.3 1.5.4 1.8.3 1.30.4 1.35.2 1.35.3 1.35.4 1.35.5 1.37.8 1.38.1 1.40.1 1.40.2 2.2 2.13.3 2.13.3 2.17 3.9.2 3.12.1 3.12.2 3.13.2 3.13.3 3.17.8

Teubner

Tusculum

uoluntatis [est] iudicio coloris et hiemali eorum culices multa portenta cantharides pulices uitentur comparenter calidarum super apricis aut subposita saturabit

voluntatis est (Codices) indicio (Marshall) getilgt (Schneider) aestivo (Fitch) haedorum (Pontedera) pulices (Fitch) multam potentiam (Fitch) campas (Geoponika, danach Fitch) mulices (Fitch) utentur (frühe Ausgaben) comparentur (wohl Druckfehler bei Teubner) calidariarum (Widstrand) et sulfur (Cetius Faventinus, danach Schneider) apricis et (Columella, danach Fitch) superposita (Columella, danach die Aldina) saturavit (Codex M) Lücke nach hoc modo (Fitch) minusque fecundas (Fitch) nec debili (Fitch) optimi (Codex M) putatoris (Codices)

atque fecundas ne debili optimum putaturis primi anni infra infra

proximi anni (Columella, danach Fitch) intra (Fitch) intra (Schneider)

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Anhang

3.25.12 abineus 3.25.20 3.25.21 largae 3.25.26 clauduntur 3.25.30 terebinthi, hinc inde 3.25.32 inseretur 3.25.32 3.31.2 et locis 4.9.11 est 4.10.1 4.10.6 qui est 4.10.7 post triduum 4.10.32 propagari … potest 4.10.33 missas 4.10.35 toto sole 4.11.2 quadratis et 4.11.4 quibus cordi 4.11.4 aut his signis 4.11.5 alta fronte 4.13.8 infra sextum 6.7.1 6.7.3 6.7.4 7 tit 7.3 tit 7.3.1 7.5.4 7.7.7 7.11 8.2.1 9.12 11.8.3

regulis stagneis sagina strictis

11.8.3 10.1.1 11.14.13 11.14.13

quod fructus primo Augusto uinum fieri enim

adpositae apii infuso nongentas

albineus (vgl. 3.15.12) (vgl. die anderen Zwischenüberschriften) als Glosse getilgt (Fitch) claudunt (Codex M) terebinthi hinc, inde (Fitch) inseritur (Rodgers 1975b) (Fitch) ex locis (Codices) getilgt (Widstrand) (Fitch) qui inest (Aldina) per triduum (Fitch) als Glosse getilgt (Fitch) als Glosse getilgt (Fitch) toto sole (Columella, danach Fitch) quadrati[s], (Columella, danach Schoettgen) cui cordi (Martin) his signis aut (Martin) lata fronte (Crescentius) intra sextum (Columella-Codices, danach Fitch) regulis ligneis (Columella, danach Fitch) saliva (Fitch) als Glosse getilgt (Schneider) (Fitch) (Fitch) (Fitch) adposita (Codex G) apiastri (Fitch) infusum (Fitch) (Schneider) octingentas (Codices) 3 (Zählung eingefügt, wohl Druckfehler bei Teubner) quodsi fructus (wohl Druckfehler bei Teubner) primum Augusto (Columella, danach Fitch) getilgt (mit einigen Codices) fieri mustum (Fitch)

Anhang 12.7.13 12.7.14

perferuntur laetamine, excusant 12.7.16 haec … dicuntur 12.7.20 fidentibus 12.22.4 supra … refundes 13.4.2 14.3.2 14.4.4 potionibus 14.5.3 tunc panacis eryngii 14.6.1 14.6.7 salis sextarius 14.6.7 vel [salis] admixto 14.7.2 interaminum 14.7.2 coni totidemque 14.8.1 14.13.9 faeces 14.14.4 iungitur 14.14.7 est et cum 14.14.10 adiungantur 14.15.2 altius ferro 14.15.5 mulsa frigida 14.19.3 adiciunt 14.20.2 nidor