Blücher-Winckelmann Auskunftsbuch für die chemische Industrie [16., neubearb. Auflage. Reprint 2021] 9783112392188, 9783112392171

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Blücher-Winckelmann Auskunftsbuch für die chemische Industrie [16., neubearb. Auflage. Reprint 2021]
 9783112392188, 9783112392171

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Blü eher-Win

ckelmann

Auskunftsbuch für die chemische Industrie 16., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e

von

JOACHIM

WINCKELMANN

B E RLI N

1942

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO vorn als G . J. Göschen'sche V e r l a g s h a n d l u n g ' J . G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung • Georg R e i m e r • Karl J. T r ü b n e r • Veit & Comp.

Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1939 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Printed in Germany / Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Archiv-Nr. 52 Ol 42

V o r w o r t z u r 16. A u f l a g e Die 15. Auflage ist sehr schnell vergriffen gewesen. Mit Recht kann daher wohl angenommen werden, daß der Blücher in seiner neuen Form den Bedürfnissen des Benutzers entspricht. Es war deshalb das Bestreben des Bearbeiters und des Verlages, auf dem eingeschlagenen Wege fortzufahren unter Berücksichtigung der Richtlinien, die bereits im Vorwort für die 15. Auflage niedergelegt sind. Eine beträchtliche Reihe von Stichworten wurde völlig neu bearbeitet und zwar besonders solcher Produkte oder Verfahren, die heute in der chemischen Industrie in immer gesteigertem Maße Verwendung finden. Der für das einzelne Stichwort zur Verfügung stehende Raum gestattet zwar stets nur eine gedrängteste Bearbeitung. Trotzdem wurde versucht, diesen in jedem Falle so auszunutzen, daß der Text eine allererste Übersicht und Einführung bildet. Mehr kann bei der ungeheuren Fülle des Materiales nicht geboten werden, ohne daß der „Blücher" das bleibt, was ein alter Fachmann einmal von ihm sagte: „Ulimann in nuce." Damit ist aber sein Zweck als Wegweiser vom ersten Einblick zum Spezialwissen erfüllt. Die Zeitumstände bedingen es, daß die Bearbeitung anderer Stichworte für die weiteren Auflagen zurückgestellt werden mußte. Der Leser aber wird es begrüßen, daß die Angaben über die Lieferfirmen und vor allem die e i n s c h l ä g i g e L i t e r a t u r bis in die letzte Zeit vor der Drucklegung aufgenommen worden ist. Allen Mitarbeitern (den Herren Dr. Aehnelt, Dr. Dietrich, Dr. Thieler, BykGuldenwerke-Oranienburg, Chemische Fabrik Pfersee-Augsburg, Deutsche Bentonit GMBH.-Hannover, I. G. Farben-Frankfurt, J . Meißner-Köln, Metallgesellschaft-Frankfurt, Physikalische Werkstätten-Göttingen, Rota-Apparate-Aachen, Rütgers-Werke-Berlin, Schwefelnatrium GMBH.-Frankfurt, Stroever & Co.-Bremen, Sudfeldt & Co.-Berlin) und allen anderen Firmen, die mich sonst in liebenswürdiger Weise bei dieser Auflage unterstützt haben, möchte ich hier meinen herzlichen Dank aussprechen, ebenso wie meiner Frau, ohne deren rührige Mitarbeit ein Zustandekommen dieser Auflage nicht möglich gewesen wäre. Berlin-Friedenau, März 1942 Joachim

Winckelmann

A. Abfallstoffe ( N e b e n p r o d u k t e — A l t m a t e r i a l ) . Jeder Prozeß der chemischen Industrie endet nicht in einem einzigen verkaufsfähigen Produkt (dem Hauptprodukt), sondern es fallen nebenher mehr oder weniger große Mengen von Nebenprodukten und Abfallstoffen an. Die Nebenprodukte können o f t wertvoller sein als der lediglich quantitativ größere Anteil des Hauptproduktes und sind ebenfalls meist ohne weitere Verarbeitung verkäuflich. Die Abfallstoffe dagegen treten meist in unerwünscht großen Mengen auf und können unter Umständen überhaupt die Wirtschaftlichkeit eines an sich guten Verfahrens in Frage stellen. Der vom Verbraucher selbst nicht mehr verwendbare Anteil bildet das Altmaterial. Die Abfallstoffe eines chemischen Prozesses enthalten o f t unverbrauchte Ausgangsstoffe, die dem Produktionsprozeß wieder zugeführt werden müssen. Hieraus ergab sich die Entwicklung der zahlreichen „Kreisprozesse", bei denen die nicht verbrauchten Ausgangsstoffe kontinuierlich zurückgewonnen und dem Hauptprozeß wieder zugeführt werden. Als einziges schon klassisches Beispiel sei der Ammoniak-Kreislauf im Solvay Sodaverfahren erwähnt. Man erhält durch Einleiten von Ammoniak und Kohlensäure in gesättigte Kochsalzlösungen Natriumbicarbonat und Chlorammoniumlauge, aus der durch Kochen mit Kalkmilch Ammoniak fast restlos zurückgewonnen wird. Der Verlust beträgt, auf das Endprodukt umgerechnet, y , bis 1 pro Mille. Tabelle 1 zeigt schematisch die Zusammenhänge. (Siehe Seite 2.) 1. Rohstoff und Hilfsprodukte ergeben zusammen das erste Rohprodukt. Evtl. anfallende Abfallstoffe werden nach Möglichkeit zurückgewonnen und der Fabrikation im Kreisprozeß wieder zugängig gemacht. 2. Unter Zugabe weiterer Zusätze entsteht das Endprodukt. Dieses zerfällt in drei Teile: das Hauptprodukt, die Nebenprodukte und die Abfallstoffe. 3. Haupt- und Nebenprodukt werden über den Handel den Verbrauchern zugeführt. 4. Die Abfallstoffe werden aufgearbeitet. Entweder man gewinnt aus ihnen neue Haupt- und Nebenprodukte, oder sie werden auf dem W e g e des Kreisprozesses der Endproduktion wieder zugeleitet. 5. Ein Rest der Abfallstoffe bleibt unverwendbar und wird zum Teil vernichtet, wenn z. B. die Stapelung in großen Mengen zu gesundheitlichen Störungen oder Belästigungen führen. 6. Ein Teil der dem Verbraucher zugeführten Stoffe verschwindet restlos z. B. durch natürlichen Verschleiß, Verrotten usw. Der Rest bildet das Altmaterial. Hierzu kommt noch Altmaterial aus anderen nicht chemischen Industrien oder der Volkswirtschaft. Die Erfassung und Zurückgewinnung resp. Aufarbeitung und Auswertung dieses in ungeheuren Mengen anfallenden Altmateriales ist für die kommenden Jahrzehnte zu einer noch wichtigeren Frage geworden, als es bisher schon immer war. I m ganzen gesehen, können aus dem früher teilweise restlos verschwundenen Altmaterial jährlich W e r t e in Höhe von Milliarden herausgeholt werden. 1

Blüchers Auskunftsbuch. 16. Aufl.

Abfallstoffe Tabelle 1.

Abfallstoffe.

I I

Hilfsprodukte

Rohstoff

Au färbe itung

Zusätze

Rohprodukte

Abfallstoffe i I Endprodukt i

Abfallstoffe

Nebenprodukt

Hauptprodukt t

Aufarbeitung

1

Verbraucher 4

Verbraucheranteil Verschleiß, Verrottung

Nicht verwendbarer Rest Halde, Abwasser usw.

Altmaterial l I Aufarbeitung

5

Nicht verwendbarer Rest 7 Mußt verschwinden

7. Auch nach der Rückgewinnung bleibt schließlich ein Rest, der zunächst nicht weiter verwendbar erscheint. Es muß aber darauf hingearbeitet werden, daß P u n k t 5 und 7 restlos verschwinden. In dem hier gezeigten Schema, das kein endgültiges sein, sondern nur zur E r leichterung des ersten Überblickes dienen soll, lassen sich alle Arbeitsgänge der ehem. Industrie unterbringen. (Interessant wäre eine Erweiterung unter A u f nahme der bei den Prozessen aufgenommenen und wieder freiwerdenden E n e r gien.) Auch hier möge ein beliebig herausgegriffenes Beispiel genügen. (Tabelle 2.) Herstellung von Zink nach dem

Elektrolyseverfahren.

1. Zinkerz wird, evtl. unter Zusatz von Zuschlägen, geröstet und ergibt das Rohprodukt. 2. Unter Zusatz' von Schwefelsäure wird es dem Laugenprozeß unterworfen und nachfolgend der Elektrolyse; das Endprodukt sind Zinkbarren und 3. Abfälle, nämlich Laugenrückstände, Niederschläge von der Reinigung mit Zinkstaub und Anodenschlamm. Die Laugenrückstände werden als Schlammkuchen verpreßt, den Bleihütten zugeführt. Die Niederschläge werden auf Zink-

3

Abfallstoffe Tabelle 2. Abfallstoffe.

Zinkerz

Zuschläge

Geröstetes Erz

Schwefelsäure

Laugerei Elektrolyse

-Zinkbarren Verbraucher Dächer, Dachrinnen, Farben, Metall. Überzüge usw.

Verbrauchter Anteil Verrottung chemische Prozesse • • •

Laugenrückstände Niederschi. v. Reinigen Anodenschlamm

Abfall Verzinkte Bleche Zinkdruck Klischees, Messing

Aufarbeitung (Rückgewinnung)

Kupfer- u. Eisenindustrie

staub verarbeitet (Gehalt bis 72%). Der Anodenschlamm der Bäder ist nahezu reines Mangansuperoxyd und daher Verkaufsware. 4. Das Zink, das dem Verbraucher zugeführt wird, geht zum Teil verloren, z. B. das in den galvanischen Elementen verwendete. 5. Das Altmaterial (verzinkte Bleche, Röhren, Tafeln vom Zinkdruck, Klischees, Messing) kann relativ leicht regeneriert werden. Restliche Bestandteile (Kupfer, Eisen usw.) werden den entsprechenden Industrien zugeleitet, so daß hier die Aufarbeitung einmal erfaßten Altmateriales eine fast restlose ist. Einige Probleme der Altmaterialverwertung mögen hier noch gestreift sein. (Einen zusammenfassenden Überblick gibt Cl. Ungewitter in „Verwertung des Wertlosen" und vom Standpunkte des ausführlichen chemischen Überblickes gesehen E. J . Fischer in ,,Abfallstoffe der anorganisch und organisch-chemischen Industrie".) Abfallprodukte der ehem. Industrie. Abfallstoffe finden sich z. B. in reichlicher Menge im Flugstaub. Hier hat die Aufarbeitung für Abgase bereits einen hohen Stand erreicht. Die Reinigung erfolgt mechanisch oder wirksamer in dem erst vor einigen Jahrzehnten entwickelten Verfahren der elektrostatischen Reinigung. 1937 waren bereits über 3000 Elektrofllter auf der ganzen Welt in Betrieb, die stündlich etwa 70 Millionen Kubikmeter Gas reinigten. Die Staub-

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Abfallstoffe

menge würde jährlich eine Pyramide von 500 m Durchmesser und der doppelten Höhe des Kölner Domes ergeben. Ebenso wichtig ist die Rückgewinnung des Staubes aus Abluft. Hier sprachen ursprünglich hauptsächlich hygienische Gründe mit; heute spielt auch die Bedeutung des Staubes für die Maschinenschädigung eine Rolle. Liegt der zu gewinnende Stoff in Gas- oder Dampfform vor, benutzt man die Adsorptionsverfahren, bei denen meist Aktivkohle, aktivierte Kieselsäure oder aktive Tonerde verwendet wird. Als weiteres Beispiel sei die Wiedergewinnung von Schwefel aus schwefelhaltigen Industriegasen erwähnt. Allein aus Koksofengas können rd. 100000 t Schwefel jährlich gewonnen werden. Von den verschiedenen Methoden sei hier nur das Triäthanolaminverfahren erwähnt, bei dem Schwefelwasserstoff in der Kälte aufgenommen und beim Erwärmen wieder abgegeben wird. In ähnlicher Weise arbeitet auch das Alkacitverfahren der I. G. Im Anfange befindet sich erst die Entschwefelung von armen Röstgasen. Mit Hilfe des von der Metallgesellschaft entwickelten Sulfldinverfahrens kann man Abgase bis zu einem Gehalt von 1,5% S 0 2 nutzbar machen. Im Gegensatz zu der technisch bereits ziemlich vollkommenen Abgasverwertung steht die Nutzbarmachung der Ablaugen. Hier gehen noch Riesenmengen jährlich mit dem Abwasser fort. In Zukunft wird es sich nicht darum handeln, die Abwasserreinigung darauf abzustellen, daß lediglich schädigende Einflüsse der Abwässer vermieden werden, sondern daß die in ihnen enthaltenen Rohstoffe wieder gewonnen werden. Hierzu gehört auch die Aufarbeitung der Beiden aus Metallbeizereien, Galvanisieranstalten und Chromgerbereien. Diese führten, in die Wasserläufe geleitet, zur Abtötung des Mikroben- und Fischbestandes der Flüsse. Relativ groß sind die Metallverluste in kupferhaltigen Ablaugen. Nach Dr. Sierp gehen in einem einzigen Werk jährlich 18 t Kupfer im Werte von 9000 RM. in die Vorfluter, eine Summe, die allein eine restlose Aufbereitung lohnen würde. Die Nutzbarmachung von Ablaugen, die vorwiegend organische Stoffe enthalten, bilden ebenfalls dringende Aufgaben der Altstoffverwertung. Genannt sei hier die restlose Verwertung der Sulfitablauge, für die es bereits außerordentlich viele Vorschläge gibt. Die Dringlichkeit der Frage geht allein aus der Fülle der Vorschläge hervor. (Vgl. Fischer: Abfallstoffe d. organ. ehem. Ind.) Zahlreiche neue Methoden werden in letzter Zeit für die Rückgewinnung von Papierfasern und Füllstoffen (Kaolin, Schwerspat, Stärke und Harzleim) aus den Papierfabrikabwässern angewandt. Wichtig ist ferner die W i e d e r a u f a r b e i t u n g v e r s c h m u t z t e r L ö s u n g s m i t t e l z. B. von Benzin-Benzol-Xylol- u. a. Lösungen, die durch Öllacke, Harze, Maschinenöl verschmutzt sind. Auch gibt es zahlreiche Schmelz- und Destillierabfälle, Reinigungsrückstände, Schäume und Schlämme aller Art, Abbrände, Schlacken und Aschen usw. Hier sind die Probleme der Verwertung sehr mannigfaltig und nicht annähernd auch nur stichwortartig wiederzugeben. Ein mengenmäßig sehr großer Abfallstoff sind die Schlacken (s. d.). Über die Kohlenasche als unerschlossene Rohstoffquelle vgl. man ebenfalls die Ausführungen Cl. Ungewitter in „Verwertung des Wertlosen". Er sagt u . a . : „Die Kohle ist das Endprodukt einer Kette von natürlichen Anreicherungen. Die Folge ist, daß die mittleren Anreicherungswerte der Kohlenasche für die einzelnen Metalle Anreicherungsfaktoren von 100 bis zu 1600 und darüber gegenüber den normalen Gehalten der Erdrinde aufweisen. Die Durchführung der totalen Aufbereitung der Kohlenasche auf sämtliche in ihr enthaltenen Metalle ist chemisch lösbar, wenn sie auch wahrscheinlich die Entwicklung ganz neuer Aufbereitungs- und sonstiger Erschließungsverfahren notwendig macht Eine Tonne Steinkohlenasche enthält einen Metallinhalt im Werte von 120 RM.

Abfallstoffe

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Das Ausbringen soll mit nur 50% — also sehr niedrig — angesetzt werden, so daß ein gewinnbarer Metallwert je t von mindestens 60 RM. bleibt. Bei 50% Ausbringen ließen sich aus der ausschnittsweise in Betracht gezogenen Steinkohlenaschenmenge von 2,6 Mill. t jährlich gewinnen: 1. an Stahlveredlern über 1000 t Kobalt und Nickel, über 600 t Molybdän, Chrom und Vanadium; 2. ferner an Buntmetallen 400 t Zinn, 12000 t Zink, 1200t Blei, 10000 t Arsen; 3. an Edelmetallen 600 kg Gold, 250 kg Platin, 250 kg Palladium, 6000 kg Silber; 4. außerdem noch eine Reihe von seltenen Metallen usw . . . . . . . Legt man eine Gesamtverarbeitungsmenge von 2,5 Mill. t Steinkohlenasche zugrunde, so würden nach Abscheidung der in Eisenerz enthaltenen seltenen Metalle rd. 3000 t bestes Eienserz für die Verhüttung zur Verfügung stehen . . ." Zahlreiche Probleme bietet auch die Verwertung der Rohstoffe des Waldes. Aus Brennholz oder Abfall der holzbearbeitenden Industrie können hochwertige Faserplatten hergestellt werden. Buchenschichtholzband dient zur Herstellung von Gefäßen, Rohren und Dachrinnen, die außerordentlich korrions- und widerstandsfest sind. Buchen- und Kiefernholz wird für Zellstoffzwecke verwendet (s.d.). Eine bedeutende Rolle spielt die Holzverzuckerung (s. d.). Weitere Verwertungsmöglichkeiten geringwertiger Holzsorten und Abfälle ist die Verkokung, Verkohlung zu Aktivkohle und Vergasung. Für den wichtigsten Nebenbestandteil des Holzes, das Lignin, sind im Laufe der letzten Jahre eine ganze Reihe von Verarbeitungsverfahren entwickelt worden, die jedoch erst Teillösungen des ganzen Ligninproblems darstellen. Das Lignin ist in der Sulfitlauge (vgl. oben) anfällig und zwar enthält der durchschnittliche Jahresanfall von etwa 14 Mill. Ablauge r d . eine Mill. t Lignin in Form von Ligninsulfosäure bzw. ihrem Calciumsalz. Ligninsulfosäure dient nach besonderer Verarbeitung zur Gerberei. Ferner hat man vorgeschlagen, Lignin ähnlich wie Torf als Stallstreumittel zu benutzen. Es besitzt ein hohes Adsorptionsvermögen für Ammoniak und bindet den Jauchestickstoff. Ein weiteres Verfahren hat als Endresultat eine widerstandsfähige Holzkohle. Auch Härtekohle für die Metallindustrie und Aktivkohle ist herstellbar, ferner dient es als Füllmaterial für Kunststoffe, auch als Treibstoff für Kohlenstaubmotore. Auch harzartige Kondensationsprodukte mit Phenolen, Aldehyden usw. sind hergestellt worden. Ein weiteres Problem ist die Harzgewinnung aus Stubbenholz und toten Stämmen. Das hierbei gewonnene Rohharz ist zwar dunkel, kann jedoch von Anwendung von Höchstvakuumdestillation auf helle Harze verarbeitet werden. Ebenso wie der Harzgehalt lassen sich auch die Gerbstoffe durch Extraktion gewinnen und zwar hauptsächlich aus Baumrinden. Bei Verarbeitung der Weidenrinde erhält man gleichzeitig einen verwertbaren Bast. Neben den wichtigen forstwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Holz liefert der Wald noch zahlreiche andere Rohstoffe, deren restlose Ausnutzung den Chemiker noch vor viele neue Probleme stellt. So beträgt allein die Roßkastanienernte ungefähr 25000 t jährlich, aus denen sich 1000 t Öl gewinnen lassen, das in seiner Güte zwischen dem Raps- und Olivenöl liegt, ferner ca. 1600t Saponin (s.d.), 9 % Protein, 20% Stärke. Verwenden lassen sich ferner Bucheneckern und Eicheln, die auf hochwertiges Öl verarbeitet werden können. Aus Hagebuttenschalen kann C-Vitamin hergestellt werden. Aus Nadelholzzapfen lassen sich Harze, Terpentine und ätherische Öle gewinnen, und aus Kiefernnadeln die sog. „Waldwolle", die ein hochwertiges Polstermaterial darstellt. Im Verhältnis zur restlosen Verwertung der Kohlen steht diejenige des Torfes noch ganz im Anfang. Neben der bekannten künstlichen Trocknung und Brikettierung kann Torf bakteriell aufgeschlossen werden, ferner durch Verkokung, 'V erschwelung und Vergasung. Der aschenarme Torfkoks ist der Holzkohle ähnlich. Er kann weiter zu Aktivkohle verarbeitet werden.

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Abfallstoffe

Zahlreiche Abfallstoffe wie Fäkalien, J a u c h e , Grünabfälle, Trester, Leerschlamm, Brikettasche, F i s c h b r ü h e usw. können m i t Torf z u s a m m e n als Torfkompost verarbeitet werden. E s entstehen ausgezeichnete Volldünger. Auch die Fasergewinn u n g aus Moostorf ist möglich (weiteres s. u. Torf). Die restlose A u s w e r t u n g des Mülls spielt im R a h m e n d e r V e r w e r t u n g von Altstoffen und A l t m a t e r i a l eine i m m e r größere Rolle. I m D u r c h s c h n i t t entfällt auf jeden Kopf d e r Bevölkerung täglich ein Anteil von y, bis 1 kg Müll. E i n e S t a d t von 150000 Einwohnern ergibt nach anderen Schätzungen einen täglichen Müllabfall von 100 t , die v e r b r a n n t pro J a h r 4 Mill. k W h E n e r g i e ergeben. Bei vollk o m m e n e r Auslese und Aussortierung erzielt m a n bei einer Menge von 10 Mill. t Müll 200000 t Metalle jeglicher A r t , 15000Q t Knochen 100000 t L u m p e n u n d Stoffreste, 100000 t Glas, 300000 t b r a u c h b a r e s P a p i e r , 50000 t G u m m i a b f ä l l e , 100000 t Leder. Hiermit sind aber erst 1 0 % d e r Gesamtmenge e r f a ß t . Der R e s t von 9 Mill. t ist aber keineswegs wertlos, sondern m u ß anderweitig v e r a r b e i t e t werden. E i n V e r f a h r e n zersetzt den Müll durch Gärung. Dieses sogenannte Bekariverfahren ist aber nur f ü r Müll v e r w e n d b a r , der keine Braunkohlenasche e n t h ä l t . Aufstapelung u n d Berieselung m i t Wasser ergibt nach einem anderen Verfahren in 3 bis 4 Monaten nach A b b a u d e r organischen Stoffe eine humusreiche Masse, ferner ein weiteres Verfahren kompostiert den Müll und beschleunigt die E n t wicklung von Mikroorganismen ebenfalls zur Herstellung-eines Düngemittels. W e i t e r k a n n Müll untergepflügt werden und ergibt eine größere W a s s e r a u f n a h m e des Bodens. J e nach der A r t d e r Zusammensetzung l ä ß t sich Müll in V e r b r e n n u n g s ö f e n verschiedenster Systeme verbrennen, wobei die V e r w e r t u n g der Verbrennungsp r o d u k t e d a n n wieder in sehr verschiedener Form erfolgen k a n n . Müllschlacke gibt ein gutes S t r a ß e n b a u m a t e r i a l und ist auch als Austauschstoff f ü r Kies f ü r die Betonherstellung herangezogen worden. F e r n e r h a t m a n bei sorgfältiger Beo b a c h t u n g des Sulfatgehaltes Mauersteine hergestellt sowie auch Zement. Schließlich w u r d e v e r s u c h t , den Müll zu vergasen oder zu verschwelen oder aus gesiebtem Müll u n t e r Zusatz von bituminösen flüssigen Stoffen eine b r a u c h b a r e Preßkohle herzustellen. Im ganzen k a n n gesagt werden, daß hier noch zahlreiche Probleme zu lösen sind u n d wahrscheinlich n u r die gemeinsame Auswertung zu landwirtschaftlichen u n d industriellen Erzeugnissen zur „ t o t a l e n Müllverwertung" f ü h r e n w i r d . Mt.: B. Schapira, Über Müllverbrennungsanlagen, Berlin 1916. — Müllverwertung, Ind. Bibliothek, Bd.20, Berlin 1928. — Bamag Meguin, Die Müllbeseitigung, Berlin 1928. — R. Erhard, Einfluß der Betriebsorganisation u. d. örtl. Verhältnisse auf die Kosten der Müllbeaeitigung, Berlin 1930. Anlagen: Müllverbrennungs- und Verwertungsanlagen: Bamag-Meguin, Berlin NW 87.

Über die V e r w e r t u n g der Rohstoffe aus städtischen Abwässern s. u. Reinigung der Abwasser. Altmaterialverwertung. I m R a h m e n der Abfallstoffe n i m m t die V e r w e r t u n g des Altmateriales einen immer größeren u n d wichtigeren R a u m ein; gilt es doch, in immer höherem Maße die u n t e r P u n k t 6 z u s a m m e n g e f a ß t e R u b r i k d e r Tabelle 1 dem Kreisprozeß einzugliedern. Vor dem Weltkriege k a n n t e m a n eigentlich nur als Altmaterial das Altmetall, L u m p e n , Altpapier und Altgummi. I m Weltkriege und in der ersten Zeit nachher wurde die Anzahl der zu erfassenden Altstoffe wesentlich erweitert. Aber erst der große W i r t s c h a f t s a u f s c h w u n g nach 1933 u n d das Anlaufen des Vierjahresplanes f ü h r t e n zu den umfassendsten M a ß n a h m e n zur E r f a s s u n g von Altmaterial

Abfüllgeräte und -maschinen

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und seiner Verwertung. Eines der wichtigsten Probleme bleibt die Erleichterung der Sammeltätigkeit, die Art des Sammeins und hiermit die Erfassung des Altmateriales möglichst getrennt nach Sorten. Die größte Menge des erfaßten Materiales ist der Eisenschrott, von dem z. B. in Deutschland jährlich oft mehr als 5 Mili, t verarbeitet werden konnten. Die Regenerierung von Kupfer selbst bei Rückständen sehr geringen Kupfergehaltes bietet keine Schwierigkeiten mehr. Wesentlich schwieriger ist die Verwertung des Altbleis besonders aus Akkumulatorenabfällen, die zeitweilig bis 50% des Altmateriales ausmachten. Große Mengen Zinn werden durch die Entzinnung der Konservendosen zurückgewonnen, z . B . in den letzten Jahren bis 1300t Zinn, bzw. 2600 t Chlorzinn neben einem Anfall von 68 000 t Schrott. Auf die Verwertung der Altdruckstöcke (Klischees) wurde bereits hingewiesen. Neutechnische Probleme ergeben sich bei der Wiederverwertung der Leichtund Edelmetalle. Unter den nichtmetallischen Abfallstoffen steht an erster Stelle die Altgummiverwertung. Unter Umständen können 20 bis 25% des deutschen Kautschukverbrauches durch Regenerierung gedeckt werden. Als zentrales Problem bezeichnet Ungewitter in seinem Buche (s. o.) die totale Erfassung des Altpapleres, von dem immer noch zu viel ins Feuer und in die Müllkästen wandert. Der Altpapieranfall von 650000 t im Jahre 1935 ist auf etwa 1 Mili, t im Jahre 1937 gestiegen. Altpapier wird nicht nur wieder zur Papierherstellung verwendet, sondern auch in der Kunststoff industrie, ferner als Füllmittel für Zündstoffe, Linoleum, Gummi, Bindemittel und Kunstharze. Beträchtlich sind die Mengen der überall anfallenden AIt- und Ablauföle, welche nach einer umfassenden Regenerierung die Eigenschaften der Frischöle vollständig zurückerhalten. Hierdurch können bis 30% Frischöl eingespart werden. Neben diesen Hauptanteilen des Altmateriales gibt es noch zahlreiche andere Stoffe, deren Sortierung und getrennte Sammlung von Wichtigkeit ist, wie z. B. Korke und Korkabfälle, Glühlamenpensockel, Knochen, Flaschen, Celluloid, Lumpen, ferner die Abfälle der Photoindustrie, also Filmabfälle und vor allem das in die Fixierbäder eingehende Silber. Einige dieser Stoffe werden bereits weitestgehend erfaßt, regeneriert und so wieder verwendungsfähig gemacht. Betr. der einzelnen hier angeführten Stoffe und anderer vgl. man die einzelnen Stichworte. Lit.: Ci. U n g e w i t t e r , Verwertung des Wertlosen, Berlin 1938. — E . J . Fischer, Abfallstoffe d. anorg. ehem. I n d . , Leipzig-Dresden U):Ui. —Ders., Abfallstoffe d. org. ehem. I n d . , Dresden-Leipzig 1939. — F e r n e r vgl. die I.it.-Angaben u. d. einzelnen Stichworten.

Abfüllgeräte und -maschinen. Vorrichtungen, um gemessene, gewogene oder dosierte Stoffe in Verpackungen zu bringen. Man unterscheidet je nach der Beschaffenheit der Substanzen Abfüllmaschinen für Flüssigkeiten, Breie oder Pulver. Das Abfüllen erfolgt je nach Spezialkonstruktion in Flaschen, Tuben, Schachteln usw. Zur Abfüllung von Pulvern und Salzen sind unter Umständen kompliziertere Vorrichtungen nötig, da auch sie nach dem Volumen gemessen werden. Die Abfüllmaschinen werden ergänzt durch Tablettiermaschinen, selbsttätige Verschlußmaschinen f ü r Kork oder Platten (Milch), Etikettier-, Verpackungs- und Zählmaschinen. Die manuelle Tätigkeit ist bei allen Maschinen auf ein Mindestmaß beschränkt, und es wird größte Sauberkeit und Gleichmäßigkeit erreicht. Herst].: — A b f ü l l - u n d D o s i e r m a s c h i n e n : Oscar P e t e r s , Chemnitz. — F r i t z liierfreund, Berlin SO 36.— F . K . F . Werke F . S c h m i t t & Co., F r a n k f u r t a. M. — F r . Hesser, S t u t t g a r t - C a n n s t a d t . — E . H o f f m a n n , Georgenthal-Thür. — F r i t z Kilian, Berlin-Hohenschönhausen. — V e r p a c k n n g a a u t o m a t e n G . m . b . H . , Düsseldorf. — Gottlieb W i e d m a n n , S t u t t g a r t - F e l l b a c h . — Gbr. Höller, Bergisch-Gladbach ( f ü r pulvertörmige Masse). — E n g l e r Mascliinenfabrikges. Wien 10/7:"). — Elektrolyserbau A r t h u r Stahl, Aue i. Sa. — P u l v e r k a p s e l n f. a n t o m a t . A b f ü l l m a s c h i n e n : H e r m a n n E . B r ü c k n e r , F a l k e n s t e i n i . V . — A m P u l l e n - F i i l l - u n d S c h l i e ß m a s c h i n e n : Deutsche R o t a w e r k e G . m . b . H . , Aachen. — E r i c h Koellner, J e n a . — A b f ü l l p t i m p e n : E m s t Abelein, Bergisch-Gladbach. — F a n d r i e h A Co., Leobsehiitz. — F l a s c h e n -

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Abscheider—Absorption

F ü l l m a s c h i n e n : K. Weber & G. Weber, Mannheim. — Fr. Bierfreund, Berlin SO — Hermann Händler, Tübingen-Derendlingen.— S a c k f ü l l e r , a u t o m a t i s c h e : Ponndorf-Maschinen-Fabrik, Wilhelm G. m . b. H., Kassel-Bettenhausen.— T u b e n - F ü l l - u n d S c h l i e ß m a s e h i n e n : Engler Maschinenfabrik G . m . b . H . , Wien X/75. — Robert Liebau, Chemnitz. — G. Wiedmann, Fellbach 39 (Wiirttb.) — T a b l e t t e n - Z ä h l - , A b f ü l l - u n d E i n r o l l m a s c h i n e n : Fritz Kilian, Berlin-Hohenschönhausen. —• Max Loesch, Dresden A 27. — Paul Wolkogon, Brackwede. — T u t c n - , F ü l l - u n d S c h l i e ß m a s c h i n e n : Gebrüder Höller, Bergisch61adbach. — D o s e n - F ü l l m a s c h i n e n : Friedr. M. Kling, Nordhausen. — Mittweidaer Maschinenfabrik Josef Liepold, Mittweida. — A b f ü l l a p p a r a t e f ü r B a l l o n s u n d F ä s s e r : J . G. Eschenbacher, Nüdlingen über Bad Kissingen. — Gallus & Mende, Altenburg i. Thür. — Helmuth Lipinsky, Berlin W 35. — Oscar Peters, Chemnitz-M. — Seitz-Werke G. m. b. H., Kreuznach.

Abscheider. Apparate zur Entfernung mitgerissener Flüssigkeitsteilchen aus Gasen oder Dämpfen. Die Trennung geschieht in mannigfacher Weise: 1. durch Aufprallen auf starre Flächen (Stoß- oder Schleuderkraftabscheider), 2. durch Ausdehnung (Geschwindigkeitsverminderung, Zerstörung von Schaum), 3. durch Abkühlung oder Anheftung an große Flächen (Füllkörper in Kolonnen), 4. durch Teilung des Dampfes in dünne Fäden. Das einfachste Mittel, die Trennung durch die Schwere und hierdurch bewirkte Absinkung als einfachstes und sicherstes Mittel, erfordert meist zu große räumliche Anordnung und ist zu zeitraubend. Teerabscheider für Gase. Sie dienen zur Abscheidung der im Gase in Nebelform enthaltenen Teerteilchen aus Steinkohlen- oder Generatorgas. Verwendet werden Siebglockenreiniger, z. B. nach Bauart von Pelouze&Audouin, als Teerabscheider in Form von Stoßkraft- oder Anhaftabscheider oder Apparaturen nach dem System Heine, die vereinigte Stoßkraft-, Schleuder- und Anhaftkraftabscheider darstellen. Zur Abscheidung größerer Flüssigkeitströpfchen sind meist einfachere Apparate verwendbar. Dampfwasserabscheider, Dampftrockner, -entwässerer dienen dazu, das aus Dampfkesseln mitgerissene Wasser auszuscheiden. Sie werden den mit Dampf zu heizenden Apparaten dicht vorgeschaltet; sie können auch zur Entwässerung von Druckluft und verdichteten Gasen dienen. Dampfentöler. Zur Ausscheidung des mitgeführten Schmieröles und Wiedergewinnung. Die einfachste Form ist ein Filter mit Drehspänen, Füllkörpern (Raschigringen) usw. Ferner verwendet man Schleuderkraftentöler und Stoßkraftentöler. Sehr oft angewandt sind die Winkelflächenentöler. Wichtig ist, daß der Widerstand gegen den durchziehenden Dampfstrom recht niedrig, um den Dampfverbrauch der Maschinen nicht zu beeinflussen. Preßluftentöler. Apparate zum Trennen des Öles aus Preßluft u,nd Preßgasen. Da die Vermischung von Öl und Luft außerordentlich fein sein kann, so daß Apparate ähnlich denen für die Dampfentölung unbefriedigend wirken* werden besondere Filter eingebaut, z.B. zwischen Blechen gelochte liegende Filtermassen (Putzwolle oder ähnliches Material). Es sind auch besondere Formen für Kältemaschinen entwickelt. LH.: E . Hausbrand, Verdampfen, Kondensieren und Kühlen, Berlin. — Berthold Block, Die sieblose Schleuder, Leipzig 1921. — Hugo Schröder, Die Schauscheider als Konstruktionsteile ehem. Apparate. Leipzig 1918. Herst.: Ö l a b s c h e i d e r : J . G. Merckeus K.-G., Aachen. — Ölfeuer G. m. b. H., Berlin SW29. — P r e ß l u f t - u n d W a s s e r a b s c h e i d e r : Apparatebau Juwil, Würzen. — Wilh. Bitter, Bielefeld. — Carl Dempewolf, Braunschweig 80. —• Hundt & Weber G . m . b . H . , Geisweid. — Robert Kuner, Ebersbach. — Preßluft- Industrie Max L. Froning, Dortmund-Körne. — Julius Pintsch K.-G., Berlin O 17. — E n t ö l e r f ü r D a m p f , W a s s e r u n d P r e ß l u f t : Apparatebau A.-G., Bühring, Weimar. — Heinr. Wilh. Huss & Co., K.-G., Bremen. — Bud. Palm G. m. b. H., Leipzig O 27. — Schäffer & Budenberg G. m. b. H., MagdeburgBuckau. — Schumann & Co., Leipzig W 31. — Arno Unger, Crimmitschau. — Schumachersehe Fabrik, Bietigheim, Wttbg.

Absorption. Aufnahme von Gas in festen oder flüssigen Körpern, aber auch Aufnahme von Flüssigkeiten in festen Stoffen. Sie unterliegt besonders bei Gasen dem von Henry 1803 aufgestellten Gesetz: Gase lösen sich proportional ihrem Drucke. Hierfür gibt es eine Reihe von Ausnahmen, z. B. Ammoniak. Sind in einem Räume mehrere Gase vorhanden, dann löst sich jedes so, als ob das andere

Abwasser

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nicht vorhanden wäre. Als Maß der Löslichkeit dient der A b s o r p t i o n s k o e f f i z i e n t , d . h . das von einem Volumen des Lösungsmittels aufgenommene Gasvolumen bei 0° und 760 mm Druck, wenn der Teildruck des Gases ebenfalls 760mm beträgt. Zusatz von Salzen vermindert meist die Löslichkeit. Bei chemischer Bindung des Gases kann die Löslichkeit vermehrt werden, z. B. bei der Bildung von Natriumbicarbonat, bei Einleiten von Kohlensäure in Natriumcarbonatlösungen. Übersättigte Lösungen lassen sich leicht durch tiefere Temperatur oder höheren Druck herstellen. Völlige Austreibung absorbierter Gase gelingt im Vakuum oder durch Einleitung eines fremden Gases. Absorptionskoeffizienten einiger Gase und Dämpfe. 1 Vol. Wasser (Alkohol) löst bei 760 mm H g Gas-(Dampf-)Vol. Acetylen Äthylen Ammoniak Chlor Chlorwasserstoff Bromdampf Kohlenoxyd Kohlendioxyd Luft Methan Schwefelwasserstoff Sauerstoff Schwefeldioxyd Stickoxyd Stickoxydul . . Stickstoff Wasserstoff

Wasser 1,73 0,23 1305,00 4,61 507,00 60,50 0,035 1,71 0,029 0,056 4,67 0,049 79,79 0,074 1,31 0,024 0,021



Alkohol —

3,59 1250,0 5,0 560,0 —

0,20 4,33 0,032 0,52 17,9 0,28 328,62 —

4,18 0,13 0,06

Wasser 1,03 0,12 715,40 2,30 442,0 21,3 0,023 0,88 0,019 0,033 2,58 0,031 39,37 0,047 0,63 0,015 0,018

20° | Alkohol

100° Wasser

. 2,71 700,0 2,5 480,0 —

0,20 2,94 0,02 0,47 7,41 0,28 114,48 —

3,02 0,12 0,06



— —

0,014 —

0,011 0,017 0,80 0,017 — — —

0,010 0,016

Absorption von Gasen durch feste Körper. F e s t e K ö r p e r absorbieren Gase u m

so schneller, je größer ihre Oberfläche ist. In Metallen nimmt die Löslichkeit der Gase mit steigender Temperatur gleichmäßig zu, um bei Erreichung des Schmelzpunktes anormal zu steigen. Besonders hohes Einschließungsvermögen für Wasserstoff zeigen neben Gold vor allem die Silberlegierung des Palladiums, aber auch Nickel. Wichtig ist die Absorptionsfähigkeit des Eisens als Gefäßmaterial bei der Ammoniaksynthese. Durch 1 mm dickes Eisen oder Nickel wandert Wasserstoff bei 450° merklich hindurch, bei Kupfer diffundieren meßbare Mengen bei 640°, bei Palladium bei 140° (vgl. Sievers, Ztschr. f. Elektrochemie 16, 708 (1910). Absorption ist zu unterscheiden von Adsorption (s. d.)

Abwasser. Flüssige Abgänge aus Fabriken und Betrieben, aber auch aus Wohnungen (Städten und Ansiedlungen, Stallungen, Schlachthöfen usw.), die den natürlichen Charakter eines Wassers verloren haben. Da die Zusammensetzung der einzelnen Abwasser sich durch Wechsel der Fabrikationsmethoden usw. ändert, ist ältere Literatur betr. Analysen usw. sehr kritisch zu bewerten. Neue Lit. findet sich in der Fachzeitschrift „Wasser und Abwasser" und ist dort im Einzelfalle nachzulesen. Stadt. Abwasser. Wichtigste Gruppe infektionsverdächtiger Abwasser. Durchschnittlicher Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung in Städten 100 Liter täglich. Maximalverbrauch bis 350 Liter. Trotzdem beträgt die Abwassermenge selbst bei größtem Verbrauch nicht mehr als 2—3% der im Jahresmittel in die gleichen Abwasserkanäle aufgenommenen Regenmengen. Abwasser von Schlachthcfen. Da der größte Teil der Abfälle fortgespült wird, ist der Gehalt an organisch-fäulnisfähigen Stoffen ähnlich dem der städtischen Abwässer, aber auch infektionsverdächtig. Die Konzentration dieser Stoffe ist starken Schwankungen ausgesetzt. Die Menge der ungelösten Stoffe schwankt zwischen 1 und 6,5 g im Liter. Hiervon bestehen ca. 75—85% aus organischer

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Abwasser

Substanz. Die Menge der gelösten Stoffe ist ebenfalls erheblich größer als in städt. Abwässern. Sie schwankt zwischen 1,5 u. 3,5 g. Abwasser aus Anstalten zur Vernichtung von Tierkadavern. Sie sind denen der Schlachthofabwasser ähnlich, aber meist konzentrierter, sofern die Abdeckereien außerhalb der Städte liegen. Die Abwasser moderner Anstalten zur Vernichtung von Tierkadavern ergeben größere Abwassermengen, die aber durch den rationellen Betrieb nicht mehr ohne weiteres als infektionsverdächtig anzusehen sind. Die sich weiter ergebenden Spülwasser wie Leimbrühen, kondensierter Wasserdampf aus Tierkörpern, Leimkondenswasser von Fett sind meist steril oder werden vollständig verwertet. Die kondensierten Wasser aus Kadavern und dem Eindicken des Leimes riechen widerlich, können daher nicht ohne weiteres dem städt. Kanalnetz zugeleitet werden. Abwasser aus Gerberelen. Es entstehen ebenfalls Abwässer mit sehr hohem Gehalt an fäulnisfähigen Stoffen. Wasch- und Einweichwasser sind im hohen Grade infektiönsverdächtig. Es entstehen ferner Kalkwasser beim Enthaaren, Beizwasser und die Gerbbrühen, ferner evtl. Beizen und Farbbrühen. Da von der Verwendung des Schwefelarsens immer mehr Abstand genommen wird, sind Arsenvergiftungen von Haustieren und Fischen nicht mehr wie früher zu befürchten, Die Abwässer könnten, da sie verschieden sauer oder alkalisch reagieren, zur gegenseitigen Abstumpfung benutzt werden. Abwasser mit Schwefelnatrium darf nicht im städt. Kanal zugeführt werden, da evtl. durch Bildung von Schwefelwasserstoff unerträgliche Gerüche entstehen könnten. V Abwasser aus Zuckerfabriken. Abwasch- und Auswaschwasser sollten grundsätzlich unterschieden und streng getrennt gehalten werden. Erstere spielen bei Mißständen durch Ableitung im Gewässer eine untergeordnete Rolle. Zu den Abwaschwassern gehören die Schwemm- und das Rübenwaschwasser. Sie werden in Teiche geleitet und als Teichwasser bezeichnet. In bezug auf Verunreinigung ist ihnen das Fallwasser gleichzusetzen. Die Auswaschwasser, welche mit den abgetöteten und erhitzten Zellen der Rüben in Berührung gekommen sind, sind sehr stark verunreinigt, sie sind gärfähig und reich an Eiweißstoffen. Ihre Ableitung in Flußläufe sollte verhindert werden. Sie besitzen wertvolle Stoffe und Eigenschaften wie Zucker, Trockensubstanz und Wärme. Abwasser aus Stärkefabriken. Durchschnittlich rechnet man mit 8 m 3 Abwasser auf 100 kg Kartoffeln. Sie enthalten nach dem Absetzen noch Stärke, Gewebereste, Zucker, Gummisubstanzen und Eiweiß, werden schnell sauer und bilden Buttersäure und verpilzen rasch. Abwasser aus Malzfabriken und Bierbrauereien. Sie enthalten viel ungelöste Stoffe, Rückstände von Malz, Hopfen, Hefe, werden schnell sauer unter Bildung von Milch-, Butter- und Essigsäure. Abwasser aus Brennerelen und Hefefabriken sind besonders reich an fäulnisfähigen organischen Stoffen. Solche aus Molkereien enthalten im wesentlichen Eiweißstoffe, aber auch Kohlehydrate, Milchsäure, Seife und Schmieröl. Abwasser aus Papierstoff-, Holzschliff- und Zeilstoffabriken sind zu unterscheiden von solchen aus Papierfabriken. Die ersteren enthalten stets Cellulosefasern, gelöste organische Substanzen und Chemikalien, je nach der Zusammensetzung der benutzten Kocherlaugen; sie neigen stark zur Schaumbildung u n d bilden gute Nährböden f ü r gewisse Algen und Pilze. Abwasser aus Papierfabriken sind im allgemeinen harmlos, weil die Papierfasern leicht aus ihnen zu beseitigen sind zum großen Teil. Infolge des großen Wasserverbrauches der Papierfabriken sind die Abwasser sehr verdünnt, so daß auch die enthaltenen Chlormengen meist unschädlich sind.

Abwasser

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Abwasser aus Wollwäschereien, Seiden-, Tu eh- und Baumwollfabriken enthalten Fett, Seife, Leim, Soda usw. Ablaugen aus Bleichereien setzen sich aus den Kocherlaugen (Soda, Kalk), den erschöpften Bleichbädern und dem Waschwasser zusammen, solche von Färbereien enthalten außer Farbstoffen stets eine Reihe von Salzen (Flottenzusätze, Beizen, Fällungsmittel), darunter auch giftige Quecksilber- und Arsenverbindung, ferner Stärke, Glykose usw. Im Abwasser von Knochenleimfabriken finden sich Leim, Fäulnisstoffe und Ammoniümsalze, in solchen aus Lederleimfabriken Kalk, organische Kalksalzstoffe und tierische Stoffe. Nachstehend seien kurz die anorganischen Bestandteile angegeben, die sich vorwiegend in den Abwassern anderer Fabriken befinden. Abwasser mit vorwiegend anorganischen Stoffen. — Beizereien, Verzinkereien, Galvanisieranstalten und Drahtziehereien: freie Mineralsäuren und Metallsalze. — Chlorkaliumfabriken: Calcium-, Natrium-, Kalium- und Magnesiumchlorid, Magnesium-, Kalium- und Natriumsulfat. — Ammoniaksodafabriken: Calcium* und Natriumchlorid. — Chlorkalkfabriken: Manganchlorür, Calcium-, Magnesium- und Eisenchlorid, Salzsäure und freies Chlor, zuweilen auch Arsen. — Gaswerke, Kokereien, Schwelereien: Ammoniumchlorid, -carbonat, -rhodanid, -sulfid, Ammoniak, Cyanverbindungen, Phenole usw. Das Entphenolieren der Kokereiabwässer geschieht wirtschaftlich befriedigend durch deren Behandlung mit Benzol, aus dem die Öle mit NaOH ausgewaschen werden, wenn es sich örtlich nicht mehr empfiehlt, das Benzol abzudestillieren (vgl. H. Bach, Angew. Ch. 1926, 1093). — Salinen und Steinkolengruben: Natrium-, Calciumund Magnesiumchlorid, bei Steinkohlengruben auch Schwefelsäure, Eisensalze und Eisenoxydschlamm. — Schwefelkiesgruben und -Wäschereien: Eisensulfat, Schwefelsäure, zuweilen auch Zinksulfat. S. Erzaufbereitung. Reinigung der Abwasser. Sie geschieht auf mechanischem, chemischem oder biologischem Wege, wobei oft mehrere Verfahren miteinander verbunden werden. Die mechanischen Verfahren dienen zur Entfernung eines Teiles der ungelösten Stoffe durch Sandfänge, Rechen, Siebschaufelräder, Siebe, Fettfänger, Absetzbrunnen und Türme (nach Mairich, Merten, Kremer-ImhofT). In den sogenannten Emscher-Brunnen sinkt der Schlamm durch Schlitze in den Schlammbrunnen und kann nach einer Cellulosegärung leichtcr getrocknet werden. Die RuhrgebietAbwasser werden durch Phenol-Rückgewinnungsanlagen in Klärbecken geleitet, in denen teerhaltiger Kohlenschlamm abgelagert wird und einen wertvollen Brennstoff darstellt. Die c h e m i s c h e n Reinigungsmethoden dienen nur noch in manchen Fällen zur Vorreinigung von Industrie-Abwasser. In USA. wird zur Reinigung der städtischen Abwässer mit bestem Erfolg Eisenchlorid verwendet, das man in mit Kautschuk ausgekleideten Tankwagen verfrachtet und als Lösung zur Anwendung bringt. Nach dem Rothe-Degener-Humunrerfohren (Kohlebrei-Methode) verwendet man zur Reinigung der Abwässer Humus in Form von fein gemahlener Braunkohle oder älterer Torfmoorerde. Zur eigentlichen Klärung (s. Wasser) setzt man dann passend wirkende Metallsalze zu, so Eisenoxyd-, Aluminium-, auch Magnesiumsulfat, Kolacit (namentlich für Brauereiabwässer, 200 g pro cbm) usw. Der Schlamm gilt entwässert, an der Luft getrocknet, auch direkt brikettiert als gutes Brennmaterial. Vollkommener ist das Huminverfahren von HoyermannWellensiek. Man löst das Humin (d. i. der wasserlösliche Eindampfrückstand alkalisch aufgeschlossener Braunkohle) im Abwasser und fügt dann Kalkmilch hinzu, worauf die Unreinigkeiten sich als dunkler Niederschlag schnell zu Boden setzen. Den Übergang zur Berieselung bildet die sog. intermittierende Bodenfiltration, die sich vielfach sehr gut bewährt hat. Die Abwässer werden durch unbepflanzten gewachsenen Boden filtriert. Die B e r i e s e l u n g s v e r f a h r e n sind in vielen großen Städten (Berlin, Danzig, Breslau, Dortmund, Darmstadt, Freiburg usw.) mit Erfolg eingeführt. 4 Millionen Berliner liefern täglich 0,6 Mill. cbm Abwässer,

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Abwasser

die auf rund 90000 ha (man rechnet 1ha für 200 Einwohner) Rieselfeldfläche verteilt werden, wo sie versickern. Durch tieferliegende Drainröhren wird das filtrierte Wasser den Vorflutgräben zugeführt, die es in Flußläufe ableiten. Am besten eignet sich humoser, etwas Lehm und Ton führender Sandboden, der in Abständen von einigen Jahren gekalkt werden muß. Die Leistungsfähigkeit hängt von der Dicke der passierten Erdschicht ab. nschzuc/it-Reinigungsmethode: man leitet die Abwässer (städtische) in rechteckig angelegte flache Fischteiche, die mit Karpfen, andern Fischsorten und Enten bevölkert sind. Bei genügender Frischwassernachspeisung und mit teeröl(phenol-)freien Abwässern (der Fischkörper speichert diese Gerüche) arbeiten die Teiche sehr wirtschaftlich. Die zur Zeit größte Abwasser-Fischteichanlage hat die Münchener Mittlere Isar A.-G. errichtet. 12 Teiche zu 7 ha für Aufzucht, Gesamtfläche 233 ha, liefern außer Schleien 100000 kg Karpfenfleisch entsprechend 1000 M Bruttoertrag pro ha Teichfläche; vgl. A. Schillinger, Angew. Ch. 1928, 651 u. 1926, 1286. Das ablaufende Wasser soll bachklar sein. Von den künstlichen b i o l o g i s c h e n Reinigungsverfahren sind das Füll- und das Tropfverfahren zu erwähnen. Beide beruhen darauf, daß man die möglichst gut vorgereinigten, event. einer sog. Ausfaulung in großen Faulanlagen (sie muß bei kohlehydratreichem, zur Säurebildung neigendem Abwasser unterbleiben) unterworfenen Abwässer durch eine Schicht von Koks (Schlacken oder Ziegelsteintrümmer) unter Einschalten von Lüftungsperioden hindurchleitet bzw. ohne Lüftungsperioden hindurchtropfen läßt. Eine solche Anlage erreicht allerdings erst nach 1—2 Monaten ihre volle Leistungsfähigkeit, denn dann haben sich die einzelnen Stücke mit einer schleimigen Haut überzogen, die neben niedern Lebewesen Larven, Würmer usw. beherbergt, die die organischen Stoffe der Abwässer sehr schnell aufarbeiten. Je größer die Kläranlage, um so besser ist der Wirkungseffekt der Abwässerreinigung. Der bei diesem Verfahren abfallende Schlamm wird entweder als Dünger abgegeben oder nach vorherigem Trocknen (evtl. auch Entfetten mit Trichloräthylen) verbrannt oder verkokt. — Die Zukunft dürfte dem neuzeitlich von der Emscher-Genossenschaft und dem Ruhrverbande ausgebauten Abwasser-Belebtschlamm-Reinigungsverfahren gehören. Man leitet das Abwasser durch Schlamm, der mittels eingeblasener Luft schwebend erhalten wird. Seine Teilchen adsorbieren die Schmutzteilchen und gleichzeitig anaerobe Kleinlebewesen. Diese verzehren jene (wirken als Luftsauerstoffüberträger), und es entsteht eine leicht absetzende „lebende" Flöckchenmasse, die, zur Transportfähigkeit getrocknet, der Zusammensetzung nach dem Stalldünger gleicht. Im Faulprozeß entsteht ferner ein Heizgas (das sog. Faulgas) mit 80% Methan und 7—8000 Cal., dessen Verwertung den Kraftbedarf der Anlage überschüssig deckt. Man leitet es auch bereits (Nürnberg, Halle, 3,6 cbm pro Bevölk.einheit, auch in Berlin) durch kilometerlange Leitungen den städtischen Gaswerken zu; die Kläranlage Berlin-Waßmannsdorf erzielte 1928 aus 27,5 Mill. cbm Abwasser 1,4 Mill. cbm Faulgas-Methan. Vgl. Heilmann, Angew. Ch. 1928, 651; Sierp ebd. 1926, 1521; Küfferath ebd. 1929, 65. — Die D e s i n f e k t i o n der Abwässer wird, wenn überhaupt, z. B. in verseuchten Gegenden, nicht mehr mit Chlorkalk, sondern mit Bombenchlor (10—30g pro cbm), vollzogen. Gleichzeitiges Ausflocken von Schwebekörpern erzielt man mit „Chlortonerde" d. i. ein Gemisch von Chlorkalk mit Al-sulfat. S. a. Wasser. Ltt.: F. Sierp, Beseitigung des überschüssigen belebten Schlammes bei der Abwasserreinigung, Berlin 1925. — H. Bach, Abwässerreinigung, München und Berlin 1927. — B. Böhm, Gewerbliche Abwässer usw., Berlin 1928. — M. Prüsa, Abwaaserschlammfaulung, München-Berlin 1928. — Sierp, Wasser und Abwasser Steinkopff-Dresden. — Tillmans, Die chemische Untersuchung von Wasser und Abwasser, Knapp-HaUe. — O. O. Oldenburg, Abwasserreinigung, 1934. - H. Kälzow, Abwasserbeseitigung, 1938. — Stein, Die landwirtschaftliche Verwertung städtischer Abwässer, Springer-Berlin, J937. — A. Schreiber, Entwicklung zur biologischen Abwasserreinigung, 1940. Herst.: A p p a r a t e u n d E i n r i c h t u n g e n f ü r Abwasser- und F l u ß w a s s e r - K l i i r a n l a g e n : Allgemeine Wasserrelnigungs-Gesellschaft, Dresden-A 24. -— Helmut Geiger, Karlsruhe. — Schlesischer Maschinenbau Dipl.-Ing. Schünemann, Breslau 10. — „Aquapura" Abwasser- und Wasserreinigung G. m. b. H.,

Acajou—Acetale

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Berlin-Charlottenburg. — Süddeutsche Abwasser-Beinigungsgesellschaft Ulm. — Bamag Meguin, Berlin NW 8 7 . — Beck . — Franz Friede, Murbach a. d. 1 > — Fr. Megerle K.-CJ. Lackfabriken, Friedberg/ Hessen. •— Chem. Fabrik „Polychemie" Litzmannstadt. — Ptsch. Gold- u. Silber-Scheideanstalt, Frankfurt..— B e i z b o t t i c h e , ß e i z s i e b e usw. a u s S t e i n z e u g , s ä u r e f e s t e n S t e i n e n u n d K i t t : Deutsche Steinzeugwarenfabrik f ü r Kanalisation und Chemische Industrie, Friedrichsfeld i. Baden.

Beizenfarbstoffe (-Färberei). Die wichtigste und umfangreichste Farbstoffgruppe, denn sie umfaßt die alten natürlichen, ferner sämtliche Alizarin- und zahlreiche Azofarbstoffe. Sie färben alle Fasergattungen, besonders Wolle und Baumwolle erst nach deren Vorbehandlung durch Beizen w a s c h - und l i c h t e c h t (Echtfärberei), zum Unterschied von den zwar leuchtenderen, aber wenig echten Säure- und basischen Farbstoffen. — Das Färben der B a u m w o l l e mit Beizenfarbstoffen erfolgt a) auf Metallbeizen, b) auf Ölbeizen (Türkischrotölfärberei). Das Färben auf M e t a l l b e i z e n beruht auf der leichten Zersetzlichkeit der löslichen Metallacetate (Aluminiumacetat, Chrom- und Eisenacetat), auch der Formiate, ferner des Rhodanaluminiums und Alkaliverbindungen des Aluminiums und Chromoxydes in der Lufthänge (d. i. ein feuchtwarm gehaltener Raum) zu unlöslichem basischem Acetat, das auf und in der Faser verbleibt, und Essigsäure (Ameisensäure), die entweicht. Eisenoxydulacetat wird in der Lufthänge zu Ferrihydroxyd oxydiert, weshalb auch der Ausdruck „Oxydationsraum" für Lufthänge gebräuchlich ist. — Die gebeizten Garne oder Stücke werden gewaschen und z. B. in die kalte, sehr verdünnte wäßrige Suspension von Alizarinpaste und Kreide oder Calciumacetat eingelegt. Man erhitzt nach 30 Minuten während einer Stunde allmählich zum Sieden, kocht ebenso lange und erzielt so langsame stetige Lösung des Alizarins und Bildung des unlöslichen Alizarin-CalciumoxydTonerde- (bzw. Eisen-, Chrom- usw.)-lackes. Die T ü r k i s c h r o t f ä r b e r e i beruht auf der Eigenschaft der Baumwolle, Oxyfettsäuren und andere Fettsäureabkömmlinge ( Ö l b e i z e n ) zu fixieren. Man arbeitet vereinzelt noch, trotzdem die Ausführung 2—3 Wochen dauert, auf „Altrot", u. z. nach dem sog. Weißbadverfahren, mit einer Emulsion aus altem Olivenöl (Tournantöl), Sodalösung und Schafmist; aus der sich auf der mit ihr getränkten Faser an Luft und Licht Oxyfettsäuren bilden; die erhaltenen Färbungen sind schöner und echter als jene, die man nach dem Neurot- oder Türkischrotölverfahren durch Tränkung des Fasergutes z. B. mit Türkischrotöl F oder D (eine Lösung von ricinusölsulfosaurem Ammon bzw. Natron) oder mit seinen Ersatzprodukten erzielt. Durch Kombination von Öl- mit Metallbeizen, z. B. mit holz-

10&V

Bentonit

essigsaurem Eisen erhält man die lila und violetten Eisenlacke des Alizarins, mit Zinnbeizen orangefarbige, mit Chrombeizen besonders echte, hervorragend schöne, gelb- bis blaustichige Bordeauxtöne bis zum tiefen Braun; s. a. Lizarol in Zeugdruck. W o l l e beizt man kochend mit Alaun und Weinstein (Oxal-, Milch-, Schwefelsäure) oder mit Kaliumbichromat und Weinstein, mit Chromfluorid und Oxalsäure oder anderen Chromverbindungen, die sämtlich durch die Wolle zu Chromoxyd reduziert werden, das auf der Faser befestigt bleibt. Man färbt die gebeizte tierische Faser dann wie die Baumwolle weiter (s. o.), und zwar entweder im Einbadverfahren, wobei man nach Fixierung des Chromoxydes die grüne Wolle aus dem Bade nimmt, dieses mit Farbstoff und 2% Ameisensäure beschickt und in dem gleichen abgeschreckten Bade weiterfärbt oder, nach dem alten Ansudverfahren in zwei aufeinanderfolgenden Bädern mit Beize bzw. Farbstoff. — Auch gewisse n a t ü r l i c h e F a r b s t o f f e , so Blauholz (-extrakt), ziehen nur auf z. B. mit Eisen- und Kupfervitriol oder mit Bichromat und Kupfervitriol in schwefelsaurer Lösung gebeizte Wolle und auf Seide (s. Seidenfärberei). Den sehr wasch- und lichtechten „Cochenillescharlach" (für rote Uniformaufschläge) erhält man nach dem Einbadverfahren auf zinngebeizter Wolle bei Kochhitze. — S. a. Färberei; Teerfarbstoffe 3; Zeugdruck 3. Heist: I. O. Farben, Frankfurt.

B e n t o n i t ist die Bezeichnung für ein Mineral mit besonders hohem Quellvermögen, welches im Staate Wyoming (USA.) bei Fort Benton gefunden wurde. Diese Bezeichnung ist später auf alle Mineralien mit etwa gleichen physikalischen Eigenschaften übertragen worden. Vermutlich sind die Bentonite durch Verwitterung vulkanischer TuiTs unter Einwirkung alkalischer Wässer entstanden. In der Hauptsache sind es Aluminiumsilicate von besonderer Struktur. Große Bedeutung in der Industrie haben die Natriumbentonite vom Montmorillonittyp gezeigt. Die Montmorillonite haben die Zusammensetzung A1203 • 4Si0 2 • H 2 0 • nH 2 0. Durch die besondere Struktur der Kristalle ergibt sich eine hohe Oberllächenaktivität. Die an die Kristalle angelagerten Na-Ionen sind leicht austauschbar. Diesem interessanten Mineral sind sehr viele Verwendungsgebiete erschlossen worden. Wässerigen Aufschlämmungen teilt Bentonit bei einem Anteil von etwa 8 Teilen auf 100 Teile Wasser die Eigenschaft der Thixotropie mit. Die Suspensionen sind bei Verwendung nicht harter Wässer stabil. Aus diesem Grunde wird „Tixoton" in der chemischen Industrie sehr oft als Suspensions- und Emulsionsstabilisator verwendet. Sollen verseifbare Fette emulgiert werden, wird durch die Alkalität des Bentonits (pH-Wert = 9,0) eine Teilverseifung vorgenommen, die sich auf die Stabilität der Emulgierung nur günstig auswirkt. Die Elementarschicht des Kaolins (A1203- 2Si0 2 • H a O- nH a O ist etwa 20mal so stark wie die des Bentonits. Aus diesem Grunde wird Bentonit gern, als Absorbens bei bestimmten Vorgängen eingesetzt. (Seife, fettfreie Reinigungsmittel). Durch Wasseraufnahme und der damit verbundenen Quellung kann das sich bildende Gel sehr leicht wieder ausgespült werden. Die obenerwähnte Austauschbarkeit der angelagerten Na-Ionen wird ausgenutzt für Enthärtungszwecke. Die Enthärtung ist ähnlich der des Zeoliths. Härtebildner werden nicht ausgefällt, sondern in komplexe wasserlösliche Natriumverbindungen überführt. Die Suspensionskraft von Bentonitaufschlämmungen wird oft ausgenutzt um spezifisch schwerere Teilchen im Spülstrom weiter zu befördern (Erzaufbereitungen und Tiefbohrungen). Die besondere Art der Kristalle legt es nahe, Bentonit als Verteilungsmittel zu verwenden. So werden bei Pflanzenschutzmitteln Giftstoffe durch Bentonit gut verteilt. Außerdem erhält es eine gute Haftfestigkeit durch das sich beim Benetzen bildende Gel. Infolge der Blättchenstrüktur der Montmorillonite entsteht

Benz—Benzidin

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kein geschlossener Film, sondern die Blättchen legen sich schuppenförmig übereinander, so daß durch die Kapillarröhrchen noch eine Möglichkeit der Atmung für die Pflanze besteht. Herst.: Deutsche Bentonit G. m. b. H., Hanno ver-N.

Benz-, -al (-yliden), -yl, -oyl, -o, die II-, I-, I-, III-wertigen Radikale CH S . CH:, C s H 5 . C H 2 . , C„H 5 .CO., C,H S .C:, ableitbar vom Toluol (Methylbenzol) C,H 8 .CH 3 . Benzaldehyd, B i t t e r m a n d e l ö l , C,H e .CHO (s. Teerfarbstoffzwischenprodukte 7). Absolut c h l o r f r e i kann der Aldehyd jedoch nur nach der vervollkommneten Braunsteinoxydationsmethode (s. o. aus 30 Toluol, 70 Schwefelsäure von 65%, 9 Braunsteinmehl, Rühren bei 40®, Abblasen des Aldehyds mit Dampf), ferner (in technisch befriedigender Ausbeute) beim Leiten eines Toluoldampf-Luftgemisches über Katalysatoren (vgl. E. P. 189091/22) gewonnen werden. Auch aus Benzoe- oder Phthalsäure und Wassergas mit Hydrierkontakt kann man den B. erzeugen. — Klare, stark lichtbrechende Flüssigkeit, D: 1,0504, Sp: 179°. Unlöslich in Wasser, sehr leicht löslich in Alkohol und Äther, oxydiert im Lichte und an der Luft zur Benzoesäure. E r dient als wichtiges Zwischenprodukt der Teerfarbstoftchemie, der Hauptmenge nach jedoch zur Parfümierung von Seifen; auf diesem Yerwendungsgebiet wurde er durch das giftige Nitrobenzol (Mirbanöl) ersetzt, die Fälschung trat im Gelbwerden der Seifen in Erscheinung. Auch zur Kunstharzherstellung. Nltrobenzaldehyde, C,H 4 (CHO) (N0 2 ) (s. Teerfarbstoffzwischenprodukte 2). Der für Synthesen in der Acridinfarbstoffreihe wichtige p - N i t r o b e n z a l d e h y d wird aus p-Nitrotoluol durch Einwirkung von Chromylchlorid und Wasser oder aus Nitrobenzylchlorid und Bleinitrat erhalten. Schmp: 107°. Wird durch rauchende Salpetersäure zu N i t r o b e n z o e s ä u r e oxydiert. — S. Benzoesäure. C,H 4 (OH)(CHO). Die o-Verb. (Salicylald.), Schmp: —20®, Oxybenzaldehyde Sp: 197® entsteht durch Oxydation aus dem. Saligenin (o-Oxybenzylalkohol), das sich bei der Spaltung des Glycosides Salicin mit Hilfe von Enzymen (Ptyalin, Emulsin) oder verdünnten Säuren bildet; künstlich durch Einwirkung von Chloroform auf alkalische Phenollösung: C,H 6 OK + CHC13 + 3KOH — C,H 4 (OK) (CHO) + 3KC1 + 2 H 2 0 , wobei gleichzeitig auch der p-Oxybenzaldehyd entsteht. Man kann auf diesem relativ einfachem Wege zu den Oxybenzylalkoholen, -aldehyden und -benzoesäuren, durch partielle Verseifung zu Estern, Äthern und anderen Verbindungen gelangen. Zwischenprodukte f ü r Arznei-, Riech- und Teerfarbstoffe. Sie sind sehr zahlreich und vielseitig, da im gleichen Molekül ebensowohl die —OH- als auch die —CH 2 OH—, —CHO- und —COOH-gruppe äther- bzw. esterifizierbar ist. Heigteller: Haarmann & Reimer, chemische Fabrik zu Holzminden, G. m. b. H., Holzminden. — I. GTarbenindustrie A.-G., Verkaufagemeinachaft Chemikalien, Frankfurt a. M. — Benzaldehyd-Anlagen: Hannoversche Kupferschmiederei und Apparatebau-Anstalt, G. m. b. H., Hannover-Linden. —- Sudenburger Maschinen-Aktiengesellschaft, Magdeburg.

Benzidin, p-Diaminodiphenyl, N H 2 . C e H 4 . C 6 H 4 . N H 2 entsteht nach der allgemein auf Hydrazoverbindungen C 4 H 5 . N H . N H . C , H 5 (Hydrazobenzol) anwendbaren Reaktion der sog. „Benzidinumlagerung". Man trägt ziemlich rasch feinzerteiltes Hydrazobenzol in schwefelsäurefreie 30proz. Salzsäure und Eis ein, rührt mehrere Stunden, erwärmt dann allmählich auf 80°, filtriert, setzt die blau- bis rotviolette Benzidinchlorhydratlösung mit Schwefelsäure um und macht mit Sodalösung die Base frei. Sie ist grauweiß, bildet eine flockige Masse, wird fallweise durch Destillation gereinigt, da sie bis zu 5 % harzige Bestandteile enthält. Reines Benzidin bildet farblose Kristallblätter, technische Ware ist meist grauviolett gefärbt. Schmp: 127,5®, Sp: 400®. In kaltem Wasser löst sich Benzidin sehr wenig (etwa zu 0,05%) 100 TL kochendes Wasser lösen etwa 1 Tl. der Base. Doppelt so leicht löst sich Benzidin in Äther, sehr leicht in Alkohol. Mit Säuren

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Benzine—Benzoe

bildet es Salze, von denen das Sulfat C 1 2 H 1 2 N 2 .H 2 S0 4 (glänzende Schuppen) im Gegensatz zum Chlorid C 12 H 12 N 2 .2HC1 (ebenfalls Blättchen) in Wasserschwer löslich ist. Die Mono- bzw. DiacetylVerbindungen des Benzidins schmelzen bei 198 bzw. 317°. — B.farbstolTe sind z. B. Diaminviolett, Diaminschwarz, Toluylenrot u. v. a. Azofarbstoffe. — S. a. Azoxybenzol; Ilydrazobenzol in Azobenzol. Heist.: Benzidin(-derivate), auch D i p h e n o l (OH.C,H 4 .C 6 H 4 .OH): Gesellschaft f ü r Teerverwertung m. b. H., Duisburg-Meiderich. •— S. a. die Bezugsquellen bei Teerfarbstoffen.

Benzine. Gemische zahlreicher der Paraffinreihe angehörender flüssiger Kohlenwasserstoffe mit dem Siedepunkt bis 150°, natürlicher oder künstlicher Herkunft. Roherdöl gibt destilliert unter 150° Rohbenzin oder Naphtha. Durch Fraktionieren erzeugt man weiter Petroläther (Siedepunkt 30—70°), in ihm auch enthalten Canadol und Rhigolen, die z. T. bei gewöhnlicher Temperatur im Dampfzustand bestehen, weniger als Lösungsmittel, eher zur Anästhesie empfohlen wurden; Petroläther ist als Fleckwasser im Haushalt bekannt. Solein (Sp: 50—65°) und Gasolin (60—80°) sind ebenso wie Leichtbenzin oder Petrolbenzin (60—110°), im Auslande auch Hydrocarbür, Sheerwood-oil nur dem Namen nach unterschiedene Fraktionen für Motorenbetrieb, chemische Wäschereien, Aerogenbetriebsgas usw. Schwerbenzine vom Sp: 100—140° werden in stehenden Motoren und für Fettextraktion verwandt, zu ihnen gehört Ligroin, Lackbenzin, Putzöl usw. bis zum Terpentinölersatz, unter welchem Namen man die höher bis 220® siedenden Schwerbenzine zusammenfaßt. Als Whitespirit werden meistens die Leichtdestillate vorwiegend indischer Erdöle bezeichnet (s. Terpentinöl und -ersatz). S. a. Brennstoffe I I ; IV; Luftgas; Industriegase; Kracken; Kohlenhydrierung; Steinkohlenteerl; Terpentinöl; Braunkohlenschwelerei; Treibstoffe; Erdöl (-gewinn). Herst*.: B e n z i n e : Deutsche Gasolin A.-G., Berlin-Schönchen;. — I. G. Farbenindustrie A.-G., u. a. —• Arnold Wollberg, *Berlin-Halensee. — S. a. Bezugsquellen bei Erdöl usw. — B e n z i n - D e s t i l l i e r - u n d M i s c h a n l a g e n : Sudenburger Maschinen A.-G., Magdeburg. — Dr. C. Otto u. Comp., Bochum.

Benzinlagerung. Feuergefährliche, leicht flüchtige Flüssigkeiten müssen häufig örtlich an den Stätten ihrer Erzeugung oder ihres Verbrauches (Kautschuk-, Sprengstoff-, Lackfabriken) in sehr bedeutenden Mengen gelagert werden. Dies geschieht am sichersten in liegenden, eingegrabenen großen Kesseln, in denen das Benzin (ebenso Benzol, Äther, Alkohol, Schwefelkohlenstoff usw.) unter dem leichten Überdruck eines inerten Gases liegt und mit seiner Hilfe, also unter Vermeidung von Pumpen, auch zu den Versand- bzw. Verbrauchsgefäßen befördert wird. Die Rohrleitungen und Ventile sind doppelwandig ausgeführt, so zwar, daß im Innenrohr (Innenraum des Ventiles) die Flüssigkeit fließt, die Außenrohre (-räume) dagegen mit der Gesamtmenge des inerten Gases (Kohlensäure, Stickstoff), das den flüssigkeitfreien Raum des Kessels ausfüllt, kommunizieren, so daß im Falle des Auftretens von Undichtigkeiten im Kessel oder in den Leitungen durch die Unmöglichkeit, Flüssigkeit fördern zu können, oder sonst auch durch Manometerablesung der Schaden angezeigt wird. — S. a. Explosionssichere Gefäße. Lit.: Ullmann-Hiller, Benzinlagerung, Leipzig und Wien 1929. — Vgl. Chemisch-Technische Reichsanstalt 1928, 240. Herst.: T a n k a n l a g e n f ü r B e n z i n : Wegelin & Hübner, Maschinenfabrik, A.-G., Hallea. S. — KitoArmaturen f ü r feuergefährliche Flüssigkeiten in unter- oder oberirdischen Tanks: Gasometer-Wilke, Braunschweig.

Benzoe (Resina Benzoe, Benzoegummi), wohlriechendes Harz des ostindischen Styrax Benzoin (Sumatra-, Siam-, Paleinbang- und Penangbenzoe), besteht aus einer braunen Grundmasse, in die hellere abgerundete Körner, die wertvollen „Mandeln", eingebettet sind. Die beste Siambenzoe riecht nach Vanille, Palembangharz enthält viel Benzoesäure (12—24%), in der Sumatrabenzoe ist sie fast ganz durch Zimtsäure ersetzt. — Man benutzt das Harz in der Medizin (äußerlich),

Benzoesäure

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in der Parfümerie (alkohol. Lösung: Benzoetinktur, Jungfernmilch), zur Darstellung der sublimierten Benzoesäure, als Zusatz zu kosmetischen Präparaten und Nahrungsmittel-(Schokolade-)Iacken. — S. a. Gummiharze. Herst.: J. J>. Riedel-E. de Haön A.-G., Berlin-Britz. — C. E. Eoepcr, Hamburg 8.

B e n z o e s ä u r e (Acidum benzoicum) C 6 H 5 . COOH. Wird offizineil als Benzoesäure „aus dem Harz" durch Sublimation von Benzoeharz (Siam- und Palembangbenzoe, Benzoeblumen) oder durch Digerieren mit Kalkwasser gewonnen. — T e c h n i s c h : man chloriert T o l u o l zu Benzotrichlorid C6H5CC13, verseift dieses durch Erhitzen mit Kalkmilch: 2C6H5CC13 + 3 C a ( O H ) 2 2 C 6 H 5 . C 0 2 H + 3CaCI2 + 2 H 2 0 unter Zusatz katalytisch wirkenden Bisenpulvers in einer Dampfmantel-Destillierblase, erhitzt, bis Benzaldehyd und Wasser abzudestillieren beginnen, leitet dann bis zur Beendigung der Destillation Direktdampf in den Blaseninhalt und neutralisiert ihn zur Ausfällung der stets chlorhaltigen Benzoesäure mit Salzsäure. Mit Vermeidung der Chlorierung (auch Benzyl- und Benzalchlorid geben z. B. mit Chlorkalk erhitzt B.), oxydiert man das Toluol bei niederen Temp., z. B. mit B r a u n s t e i n , Permanganat oder mit verdünnter Salpetersäure unter Druck oder Toluoldampf bei Gegenwart flüssigen Toluols mit ChromsäureSchwefelsäuregemisch, ohne daß wesentliche Mengen Kohlensäure (als Zersetzungsprodukt der Benzoesäure) entstünden. Die durch Umkristallisieren aus Wasser oder besser durch Sublimation gereinigte Benzoesäure bildet farblose dünne Blättchen vom Schmp: 121°, Sp: 250°; sie sublimiert schon bei 100 bis 120°; D: 1,29. 100 Tl. Wasser lösen bei Normaltemperatur 0,268 Tl., bei 75 Grad 2,19 Tl. der Säure, sie löst sich leicht in 2 Tl. Alkohol oder 3 Tl. Äther; sehr leicht löslich sind ihre Alkalisalze in Wasser. —• V e r w e n d u n g : als Säure und Na-Salz, auch in ihrem Gemisch mit m-Methylsalicylsäure zur Konservierung von Nahrungsmitteln (Fleisch, Margarine, Eier, Früchte); ferner zum Erzeugen von Benzoesäurecelluloseestern, Teerfarbstoffen und Benzoesäurederivaten, Zusatz zu Tabaksaucen, Konservieren von Wasserstoffsuperoxyd, zur Herstellung von Benzoesäurewatte. Für die Haltbarmachung vieler Nahrungsmittel dürfte sie kaum noch zu entbehren sein. Für 100 1 Flüssigkeit genügen 50 g Benzoesäure oder 60 g Natriumbenzoat; die Säure wirkt nur in saurer Lösung keimtötend. Benzoesäures Natron, C 6 H 6 .COONa + H a O, wird im großen durch Zusammenschaufeln der berechneten Mengen Benzoesäure und Ätznatronpulver hergestellt, löst sich in der 1,8-fachen Wassermenge. Hauptverwendungsgebiet: Nahrungsmittelkonservierung (Gedrovan, Hadenon, Benzotron-Tabletten); völlig unschädlich, Preißelbeeren enthalten von Natur aus bis 0,08% Benzoesäure. Benzoesäureanhydrid (C 6 H 5 .C0) 2 0 gewinnt man durch Erhitzen von chlorsulfosaurem und benzoesaurem N a : C l . S 0 3 N a + 2C 6 H s .C0 8 Na->• (C 8 H 5 .C0) 2 0 + Na 2 S0 4 + NaCl, oder aus benzoesauren Salzen durch Einwirkung von Sulfurylchlorid. Benzoesäureäthyl- und -methylester (letzterer das „Niobeöl") werden aus Benzotrichlorid, Äthyl- bzw. Methylalkohol und Zinkchlorid hergestellt. Sie sind farblose, angenehm riechende Fruchtäther und Parfümerien. Benzoesäurechlorid, Chlorbenzoyl, meist Benzoylehlorid genannt, C 6 I1 5 .C0C1, entsteht durch Einwirkung von chlorsulfosaurem Na oder von schwefliger Säure und Chlor auf Natriumbenzoat oder aus Benzoesäure und Sulfurylchlorid. Farblose, ölige Flüssigkeit von stechendem Geruch; D: (bei 0°) 1,2324, Sp: 198°, Schmp: 0°, zersetzt sich mit Wasser in Benzoesäure und Salzsäure. Verwendung zur Einführung der Benzoylgruppe C 6 H 5 .CO— in organische Verbindungen (Benzoylieren, s. Acylieren) zur Kennzeichnung organischer Körper, da ihre Benzoylverbindungen meist gut kristallisieren. BenzoylVerbindungen erhöhen, käuflichem Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt, dessen Haltbarkeit beträchtlich.

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Benzol

Hersteller: Byk Quldemverke, Chemische Fabrik, A.-G., Berlin NW 87.—Haarmann & Reimer, 6 . m. b. H., Holzminden (B.ester, Gnomin). — 1. G. Farbenindustrie A.-G., Verkaufsgemeinschaft Chemikalien, Verdingen (Niedrrhein). — Lehmann & Voß, Chem. Fabrik Hamburg 1. — E. Merck, Chemische Fabrik, Darmstadt. — J . D. Eiedel-E. de Haeu A.-G., Berlin (Benzotron). — Hinge & Kuhlmann G. m. b. H., Hamburg 35. — Fahlberg, List u. Co., Magdeburg-Südost. — Dr. Hotes & Schober, Berlin SO 36.

Benzol, C„He (Strukturformel s. u. und Teerfarbstoff-Zw.produkte), findet sich in der Natur in einigen Erdölsorten der ostindischen Inseln (Java-, Japan-, Borneo-, Sumatranaphtha), bildet sich beim Abbau höhermolekularer Kohlenstoffverbindungen durch Hitze und ist daher in deren Zersetzungsprodukten vorhanden. So im Steinkohlenteer und -gas, auf das Gewicht der Kohle bezogen in der Menge von 0,7—1,25%, je nach der Kohlenart, ferner auch im Ölgasteer, nur spurenweise jedoch im Braunkohlenteer und in den meisten Erdöldestillaten (s. o.). — T e c h n i s c h ist „Benzol" der Kohlenwasserstoff m i t seinen Homologen Toluol und den Xylolen, die erst später abgetrennt werden. So enthalten z. B, 90er und 50er Benzole, d. h. jene Gemische, die im Destillierprozeß des Rohbenzols (s. u.) bei 100° zu 90 bzw. 50% übergehen, etwa 82 bzw. 44% C8H6, im 50er Benzol sind außerdem noch 40% Toluol und 12% Xylol vorhanden. Von dem letzteren finden sich im 90er: 3%; 50er: 12% ; im Nuller (d. i. Benzol, von dem bei 100° nichts übergeht und das neben 73% Toluol nur etwa 14% C6H6 enthält): 10—11% Xylol. Außerdem gebraucht man den Namen Benzol auch für Kohlenwasserstoffgemische, die überhaupt kein eigentliches Benzol mehr enthalten; so spricht man z. B. von Schwerbenzol (zu 90% zwischen 160—200° siedend) und von Lösungsbenzol (ein Sammelname für Solventnaphtha I und Solventnaphtha II, die zu 90% unter 160° bzw. 180° flüchtig sind). Schließlich unterscheidet der Fachmann bei der Steinkohlenteerdestillation zwischen Rohbßnzol Nr. 1—4 und Handelsbenzol Nr. 1—6, Motorenbenzol (bis 100° 75, bis 135° 90% Destillat), BenzolVorlauf (bis 79° 60%), reinem und gereinigtem Benzol, Toluol und Xylol (Reinxylol ist das Gemisch der 3 Isomeren). Darstellung: Die Hauptmenge des Rohbenzols entstammt der Benzolwäsche der Kokereien. Neuzeitlich beginnt sich jedoch die alte von Berthelot entdeckte B e n z o l s y n t h e s e aus Acetylen zu einer technischen Methode zur Herstellung von Benzolkohlenwasserstoffen zu entfalten, seit die Möglichkeit der großtechnischen Kontaktumsetzung des Methans zu Acetylen (s. d., eine ebenfalls schon [seit Fittig] bekannte Reaktion) besteht. Die Polymerisation des aliphatischen zum aromatischen Kohlenwasserstoff geschieht, soviel bisher bekannt geworden ist, mit aktivierter Aktivkohle als Kontaktstoff; das Ergebnis ist ein mehr als 50% Benzolkohlenwasserstoffe enthaltender Teer, der wie üblich destilliert ein direkt verwendbares Treibmittel liefert. Vgl. J. Ylla-Conte, Angew. Ch. 1930, 73, auch Chem.-Ztg. 1930, 251. Benzol ist auch vom Naphthalin katalytisch zugänglich und ebenfalls auf dem Kontaktwege vermag man Rohkresol in ein Gemisch von Benzol und Toluol zu verwandeln. — Das Kokereiwaschbenzol wird zusammen mit der Leichtölfraktion der Teerdestillation in Vorlauf (bis 70°), Leicht- und Schwerbenzolfraktionen (bis 180°) zerlegt, mit verd. NaOH von Phenolen, verd. H 2 S0 4 von Pyridinbasen, konz. HJS0 4 von verharzenden Stoffen befreit und in Kolonnenapparaten auf die Handelsmarken 50er, 90er und 80er Reinbenzol verarbeitet. Das letztere, auch „Kristallbenzol" genannt, da es bei 0° zu großen blättrigen Kristallen erstarrt, siedet bei 80—81°, hat die Dichte 0,884 und muß auch sonst eine Reihe von Bedingungen erfüllen, die als Normen von der Deutschen Benzol-Vereinigung G. m. b. H. aufgestellt wurden. C h e m i s c h r e i n , d. h. frei von seinem ständigen Begleiter T h i o p h e n , C 4 H 4 S, Sp: 84°, ist das Benzol nicht leicht zu erhalten; auch nach wiederholter Wäsche mit 2% Oleum enthält es noch Spuren des Schwefelkörpers und überdies Schwefelkohlenstoff, den man ihm z. B. mit Ammoniak (als Rhodan- und Schwefelammo-

Benzonitril—Benzophenon

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nium) entziehen kann. — Benzolreinigung mit C h l o r in der Kälte: T. Rabek, Brennstoffchemie 1930, 189. Eigenschaften: Reines Benzol bildet eine leicht bewegliche farblose, eigenartig (betäubend) riechende, brennend schmeckende (giftige) Flüssigkeit, die bei etwa 0° zu großen rhombischen Kristallblättern vom Schmp. 5,4° erstarrt. Sp: 80,2®, Flammp. — 8°. Benzol brennt mit leuchtender und rußender Flamme, sein Dampf bildet mit Luft explosive Gemenge. Mit Alkohol, Äther und Aceton mischt es sich, in Wasser ist es fast unlöslich. Benzol ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Fette, ätherische Öle, Harze, Kautschuk, Guttapercha, Campher und viele organische Substanzen, bildet das Ausgangsmaterial für unzählige organische Verbindungen. Dementsprechend seine Verwendung; ferner zum Carburieren von Wassergas zum autogenen Schweißen und Schneiden, als Brennstoff für Benzollampen, zur Erzeugung von Luftgas (Aerogengas, Benoidgas); als Füllmittel für Textilseifen. Am bedeutendsten ist der Benzol verbrauch jedoch in den Teerfarbstofffabriken, die den Kohlenwasserstoff halogenisieren, nitrieren, sulfonieren, um zu Teerfarbstoffzwischenprodukten (s. d.) zu gelangen. Unter den im Kern olkyllerten ßenzo/abkömmlingen besitzen techn. Bedeutung als Lösemittel und Teerfarbstoffzwischenprodukte: Monomethylbenzol (Toluol s. d.), die Di-(Xylole s. d.) und z. Tl. auch die Trimethylbenzole, diese besonders benannt als Hemellithol (1,2,3)-, Mesitylen (1,3,5)- und Pseudocumol (1,2,4)Trimethylbenzol. Chlorbenzole, C,H 5 .C1. Man chloriert Benzol bei Gegenwart von je 0,3% Eisenpulver und Eisenchlorid nicht bis zur völligen Erreichung der theoretischen Gewichtsmenge Chlor, fraktioniert im Vakuum und erhält das Chlorbenzol rein (Sp: 131—133°) neben 6—8% Dichlorbenzol. Die Methode ist kontinuierlich ausführbar und läßt sich auch zur Gewinnung von Brom- und Jodbenzol benützen. Aus Nitrobenzol und Thionylchlorid entsteht bei 180—200° in etwa 9 Stunden quantitativ Monochlorbenzol. Farblose, angenehm riechende Flüssigkeit vom Sp: 132°. Dient zur Herstellung von Chlornitrobenzolen (s. a. Pikrinsäure) und anderen Teerfarbstoffzwischenprodukten (s. d. 1). — D i c h l o r b e n z o l ; die feste p-Verbindung (Schmp: 53°, Sp: 174°) kristallisiert aus dem über 140° siedenden Nachlauf; wird rein aus 1,4-Dinitrobenzol mit Thionylchlorid erhalten wie Chlorbenzol aus Nitrobenzol. Reines p-Dichlorbenzol ist das bekannte bewährte Mottenschutzmittel (auch gegen den Bücherwurm erfolgreich angewandt) „Globol" (Name der I. G. geschützt), von durchdringendem Geruch, jedoch restlos flüchtig, aus Kleidung durch deren bloßes Lüften, ebenso wie die ähnlich wirksame Chlorkresotinsäure, leicht entfernbar. Nltrobenzole, C 6 H 5 . N 0 2 (s. Teerfarbstoffzwischenprodukte 2). — Außer zur Anilinherstellung dient das Nitrobenzol zur Gewinnung von Chinolin, Benzidin, Azobenzol und in der Sprengtechnik; als Riechstoff (Mirbanöl, Ersatz für Bittermandelöl) für Seifen, Schuhcreme, Bohnermassen ist es wegen seiner Giftigkeit nicht mehr zugelassen. Heute gibt es nur reines Nitrobenzol, eine farblose, stark lichtbrechende, bittermandelartig riechende, giftige, in Wasser unlösliche Flüssigkeit, die in Kälte kristallinisch erstarrt; mit Alkohol, Äther und Benzol mischt es sich in jedem Verhältnis. D: (bei 15°) 1,209; Schmp: + 3°; Sp: 205°. Herst.: Kütgerswerke A.-G., Berlin W 35. — Schering, Berlin 65. — Dr. Theod. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz. -— Silesia, Verein ehem. Fabriken, Saarau. — Benzol-Anlagen: Bamag Meguin A.-G., Berlin NW 87. — Waither Feld & Co., Essen. — Martini-Hüneke A.-G., Salzkotten. — Dr. Otto - 2KCN + C0 2 + H a O von dem unangegriffenenen Alkali getrennt werden kann. — Die wichtigste Methode der Bildung von Cyanmaterial beruht auf der Bindung von atmosphärischem

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Cyan-Verbindungen

Stickstoff durch Kohle verschiedener Herkunft bei Gegenwart von alkalischer Substanz (z. B. mit Sodalösung getränkter poröser Kohle) und Kontaktstoffen (vornehmlich Eisen). Im Grunde sind diese Verfahren die gleichen wie jene zur Blausäuregewinnung, jedoch mit dem Unterschiede, daß hier feste Massen bewegt und die Endprodukte ausgelaugt werden müssen, und daß hier die Schwierigkeiten des Apparatebaues für die aggressive alkalische Cyanidschmelze sich sehr fühlbar machen. Die neuere Zeit bringt dementsprechend in erster Linie Abänderungen der Hitzeführung (z. B. Anwendung strahlender Wärme im CyanidMuffel- oder Flammofen), während das Kohlematerial (minderwertige, auch Bitumenschwelkohle, organische Abfälle tierischer Herkunft, Schlempe usw.) dasselbe geblieben ist. Den basischen Bestandteil liefern fixe Alkalien, Natriummetall, seltener Mineralien (Feldspat, Glimmer, Alaunschiefer). Auch der seit jeher verwandte Kontaktstoff, fein zerteiltes Eisen, ist geblieben; es hat die zahlreichen, sonst vorgeschlagenen Katalysatoren verdrängt, doch ist es zur Hauptaufgabe geworden, seine Aktivität zu steigern. C y a n k a l i u m (Kaliumcyanid, Kalium cyanatum) KCN, bildet farblose Kristalle oder nach dem Schmelzen eine kristallinische Masse von scharf alkalischem Geschmack und bittermandelähniichem Geruch, D: 1,252, Schmp: 630°, wird durch Luftkohlensäure langsam unter Blausäureabspaltung zersetzt, zerfließt an feuchter Luft, ist in Wasser sehr leicht löslich, wogegen 80 Teile siedenden Alkohols nur 1 Tl. des Salzes lösen. Ähnlich Cyannatrium (Natriumcyanid), das aus Wasser mit 2 Mol. Wasser kristallisiert; beide Salze sind von enormer Giftigkeit.— Der Verbrauch an Cyanalkalien hat mit der Vereinheitlichung der Edelmetalllaugung für diese, sowie auch mit den Fortschritten der Teerfarbstoffindustrie für den Bereich der Cyanfarben abgenommen, für die Stahlhärtung und Schädlingsvertilgung ist ,er hingegen im Wachsen begriffen. Untergeordnet ist die Verwendung der Cyanalkalien bei Herstellung galvanischer Bäder, als Fixiermittel in der Photographie, als Löt- und Oberflächenreinigungsmittel für schwer schmelzbare Metalle, als Zusatz bei der Kienölreinigung u. dgl. Cyan-Erdalkalien. — B a r i u m c y a n i d , Ba(CN) 2 : man erhitzt z. B. Bariumcarbonat oder -oxyd im Gemenge mit Holzkohle (besser Gasruß), evtl. unter Zusatz von Fe-Mn-Iegierungspulver als Katalysator (95% Ausbeute) im Stickstoffstrom v bei 1300—1400° entsteht dann ein Gemisch von Bariumcyanid und -eyanamid; letzteres (etwa 40% vom Ganzen) wird durch Nachbehandlung mit Acetylen bei etwa 700° ebenfalls in Bariumcyanid übergeführt. Ba(CN)2 ist beständiger als die übrigen Cyanide, in Wasser löst es sich ziemlich leicht, in Alkohol schwer. — C a l c i u m c y a n i d Ca(CN)a ist in Wasser reichlich löslich; die Lösung zersetzt sich leicht, ebenso das Salz selbst bei Gegenwart von Feuchtigkeit u. z. restlos in Ca(OH) 2 und Blausäure, worauf das neuzeitliche Schädlingsvertilgungsverfahren im Freien (Orangenkulturen) an Stelle der gefährlichen Handhabung mit flüssiger oder gasförmiger Cyanwasserstoffsäure beruht ; es werden für diesen ¡Jweck sehr bedeutende Mengen Ca-cyanid verbraucht. — Sonst werden die Erdalkalicyanide, wie bereits erwähnt, auf Alkalicyanide verarbeitet oder durch Wasser, zersetzt, wobei Ammoniak erhalten wird. Man entfernt zunächst aus der Aufschwemmung des rohen bariumoxydhaltigen Bariumeyanides in Wasser den größten Teil des Bariumhydrates durch Abkühlung und erhitzt die übrigbleibende Lösung im Autoklaven bei 15 Atm. Druck auf 150 bis 200°, wobei das Cyanid in Ammoniak und B a r i u m f o r m i a t zerfällt Ba(CN)2 + 4H 2 0~* 2NH S 4- (HCOO)sBa. — S.a. Eisenverb, (cyan.); Stickstoff. — Zusammenstellung der D . B . F. über Cyanverblndungen s. Uli mann: Enzyklopädie der technischen Chemie, Bad III, Seite 601. Heist.: C y a n v e r b l n d u n g e n , -salze¡Deutsche Gold-undSllber-Scheldeanstaltvorm.Eoeßler,Frankfurt a. M. 7. — J . D. Riedel-E. de Haün A.-G., Werk Biedel, Berlin-Britz. — Otto Habig, Elberfeld. — E. Merck, Darmstadt. — Schering A.-G., Berlin N. — F e r r o c y a n k a l i u m , F-calcium, F - n a t r i u m , B l a u s a u r e : Azot A.-G., Chem. Fabrik, Jaworzno, O./S. — C y a n v e r b i n d u n g e n - ( S a l z e , Blausäure, Chlorcyan usw:.) Anlagen: Chemische Fabrik Dr. Hugo Stolzenberg, Hamburg 1.

Cyclohexan—Cypressenöl

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Cyclohexan. Hexahydrobenzol, Hexsimethylen kommt in manchen Erdölsorten vor; hat den Charakter eines Paraffinkohlenwasserstoffes, riecht auch petroleumartig. Wichtiges Lös.-Mittel vom Sp. 81°, wird großtechn. durch Perhydrieren des Benzols hergestellt. Cyclohexanol (Hexahydrophenol), Hexalin, Naphthenol, Anol, durch Hydrieren von Phenol mit Nickelkontakt bei 160° erzeugt. Campherartig riechende Flüssigkeit, D: 0,945; Sp: 160°; erstarrt in der Kälte zu Kristallen vom Schmp: 16°, ist wichtiges Lösungsmittel für Nitrocellulose, Harze, Kunstharze, Metallresinate und -linoleate (Sikkativherstellung), Kautschuk aus Regenerat; sollte auch als künstl. Leucht- und Brennstoff dienen. Gute aber teure Lösungsmittel für Harze und Nitrocellulose sind ferner das Cyclohexanolformiat (Sp: 165°) und das Cyclohexanolacetat (Sp: 170—175°), sowie das Gemisch der drei isomeren Methylhexanole, M e t h y l h e x a l i n , in England Sexton genannt, erzeugt durch Hydrieren von Rohkresol, Sp: 170—180°. Hexalin und seine Abkömmlinge emulgieren im Gemisch mit Seifen (sog. Hexalinseifen, s. a. Benzit- in Seife 4) Terpentinöl und andere Kohlenwasserstoffe und bilden dann hervorragende Textilwaschseifen; mit einer leicht löslichen Seifenbasis vereinigt geben sie einen Türkischrotölersatz. S a v ö n a d e ist hochkonzentrierte flüssige Hexalinseife, die man durch Verseifen von Hydrolinöl mit der berechneten Menge 50proz. Kalilauge erzeugt. Hydrolinöl ist ein Gemisch von 75 Tl. Olein mit 25 Tl. Methylhexalin; Camedol eine derartige Hexalinseife, emulgiert mit Tetralin (ähnlich auch Hydraphthal) und Trichloräthylen (Waschcamedol hingegen ist eine sprithaltige Lösungsmittelseife) u. v. a. sind kräftige Emulgatoren, dienen dementsprechend als Reinigungsmittel und werden wie Hexalin und seine anderen Abkömmlinge wasserlöslichen Ölen, Bohr-, Spinnölen, Druck- und Stempelfarben, Hexalin selbst als Ölsäureester Haarpflegemitteln zugesetzt. Die sog. Waschextrakte, d. s. dick- oder halbflüssige Kaliseifen, werden durch Einemulgieren von 5—7% „Calmettöl", d. i. ein Gemisch solcher und anderer hydroaromatischer Verbindungen (s. a. Naphthensäureseifen), in einen fertigen Seifensud erzeugt; vgl. R. Krings, Öl- u. Fettztg. 1929, 185. Cyclohexanon, Ketohexamethylen, (CH2)6.CO, das Keton-Analogon des Cyclohexanols in dem (roh) es zu 10% enthalten ist und aus dem man es durch katalytische Oxydation (Ca-, Ni-Kontakt,'280°) darstellt. Aceton- und pfefferminzölartig riechendes Öl, Sp: (techn.) 150—155°. Flammp. 44°, wasserlöslich, gibt oxydiert Adipin-, entsteht selbst durch Kalkdestillation der Pimelinsäure, dient zum Lösen von Celluloseestern, Farbstoffen, Lacken (s. Lösungsmittel), als Bestandteil von Kunstmassen, -harzen, Zusatz zu Motortreibmitteln, Bohnermassen, Polituren, gibt mit Seife gelatiniert, ähnlich wie Hartspiritus einen Leucht- und Heizstoff. — M e t h y l c y c l o h e x a n o n (Methylanon, Septanon), entsteht als Gemisch dreier Isomeren beim Hydrieren von Rohkresol, siedet bei 168—170°, dient den gleichen Zwecken wie Anol und Anon. Seit kurzem hat Cyclohexanon auch als Komponente für echte Azofarbstoffe Bedeutung erlangt (F. P. 670617 derl.G.). LH.: W. Schrauth, Farben-Ztg. 26, 647 (1920). Herst.: Cyclohexan und Abkömmlinge: Deutsche Hydrlerwerke, A.-G., Berlin-Charlottenburg. — J. D. Riedel-B. de HaSn, A.-G., Berlin-Britz. — I. 0. Farbenindustrie A.-G., Frankflirt a. II. (Anal). —

Cymol (Methylisopropylbenzol), CH3.CgH4.C3H7, in vielen ätherischen Ölen, wird aus Ajowanöl abgeschieden, entsteht bei der Destillation von Campher mit Phosphorpentoxyd. Rein-Cymol ist eine farblose, angenehm riechende Flüssigkeit. Sp: 175°, dient der Riechstoffindustrie, ferner in Form von Cymolstearolsulfosäuren als Fettspalter. Cypressenöl, Oleum Cupressi (s. Riechstoffe). Aus den Blättern und Zweigen der in Italien und Frankreich angebauten Cupressinee Cupressus sempervirens durch Dampfdestillation in 0,6—1,2% Ausbeute. Hellgelbes, angenehm riechendes öl, nur in 96proz. Alkohol klar löslich.

D. D a c h p a p p e . Herstellung durch Mischen des Pappebreies oder besser durch Imprägnieren der fertigen Pappebahn mit Teer oder Asphalt. Pappenrohstoffe: Wollfilz und faserige Abfälle der Textilindustrie, häufig mit Holzschliff, Sägemehl, Torf und Stroh. Die Rohpappe wird durch ein geschmolzenes Gemisch von „präpariertem Teer" und Steinkohlenpech gezogen und vor dem Aufrollen zur Vermeidung des Zusammenklebens mit Sand bestreut. Bessere Dachpappen (-„filze") imprägniert man zuerst mit bei gewöhnlicher Temp. dickflüssigen, dann mit nach dem Erkalten hart werdenden Asphalt-Teermischungen. Der für diesen Zweck besonders geeignete „Dachasphalt" ist geblasener, kontinuierlich unter Normaldruck, besser im Hochvakuum abgetriebener Naturasphalt; D a c h l a c k ist präparierter Teer oder eine Pech-Mittel- oder Schweröllösung, A l m t e e r (Antiguttin) eine teerige, frostbeständige, im Sommer nicht abfließende Anstrichmasse aus Carbolineum oder Steinkohlenteeröl mit Wiesenkalk („Alm") als Füllmittel. Die sogen. „Lederpappen" sind Asphaltpappen mit narbiger Oberfläche, ohne Sandaufstreuung und häufig gefärbt. Dachpixpappen sind mit einem Gemisch von Harzen, Harzölen, Teerölen, fetten Ölen und Erdfarben gestrichen; die Massen erhalten fallweise Zusätze zur Herabsetzung der Entflammbarkeit und zur Verhütung des Abtropfens im Sommer. — H o l z z e m e n t für Dachbelag (kaum mehr verwandt) ist ein asphaltartiges Schmelzprodukt von halbabgetriebenem Teer, Schwefel und wenig Harz. LH.: "W. Malchow und TT. Mallison, Industrie der Dachpappe, Leipzig 1927. — Teerfreic Dachpappen: Belani, Asphalt und Teer, 1930, 472. Hersteller: Gustav Fuhrmann, Küstrin 20. — Härder, Üebel & Co., Preetz i. Holstein. — Dr. Heinz Kretzer, Koblenz-Wallersheim. — Wilh. Schwardmann G. m. b. H., Hannover. — Wilh. Hegemann, Hemateet-Werk, Hermsdorf. — J. Hoffmann, Frankenstein i. Schi. — N. Hörig, Glogau. — Koriac-Werke, Bensen. Dr. Riehm u. Doege, Kassel. — Chem. Fabrik Gustav Drengwitz, Insterburg. — „Teerag" A.-G., Wien 3. — Chem. Fabriken Oker u. Braunschweig A.-G., Oker i. Harz. — C. S. Haeusler, Hirschbterg i. Riesengeb. (auch Holzzement). — Heinr. Boll u. Sohn, Arnstadt /Thür. — Kührmeyer, Franke u. Co., Magdeburg. — Zimmermann u. Cie, Köln-Mülheim, — Hans Burchard Riedeische Dachpappenfabrik, Rostock. — Siebelwerk G. m. b. H. Düsseldorf. — Hermann Werner u. Co., Cottbus.

D a k t y l o s k o p i e : kriminaltechnische Fixierung von Fingerabdrücken, chemisch mit Joddämpfen, Photokopieren der vergänglichen gelb-bräunlichen Spuren; neuzeitlich (vgl. G. Popp, Angew. Ch. 1928, 659) fixiert man den Jodabdruck tiefbraun dauerhaft durch Eintauchen in Palladiumchlorürlösung 1:1000. D a m m a r h a r z (Resina Dammar): von auf den Molukken heimischen Dipterocarpeenarten durch Harzung. Es bildet blaßgelbliche, klare (oft durch Luftblasen getrübte) Stücke, härter als Kolophonium, aber weicher als Sandarak, Mastix und Kopal. Sog. neuseeländisches Dammarharz gehört zu den Kaurikopalen. D: 1,04—1,12; Schmp: 120°. Löst sich vollständig in fetten und ätherischen Ölen, Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff, teilweise in Alkohol, Toluol, Aceton, Anilin, Petroläther und Essigsäure. Lösungen der Dammararten in Terpentinöl bilden farblose, rasch trocknende, harte Lacke (Dammarlacke) zum Überziehen von Ölgemälden und als Klebharz für medizinische Pflaster. Dem Dammar gleicht das nach de'r Farbe (schwarz, braun, rot) gehandelte Borneogummiharz. Herst.: O. E. Roeper, Hamburg. 8. — Aug. Götze, Nachf., Hamburg 8. — Bernhards & Zollmann, Hamburg 8.

D a m p f a p p a r a t e : sämtliche Vorrichtungen der chemischen Technik, in denen mit Wasserdampf verschiedener Spannung gedämpft, gekocht, destilliert, gedrückt,

Dampf- (Gas-)dichte—Dampferzeuger

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ausgeblasen wird, mit Ausnahme der Dampfkessel zum Betriebe der Dampfkraftmaschinen. Im weiteren Sinne gehören hierher auch die Verdichter (Kondensatoren) als Vorwärmer (Economiser), die Dampfregler (s. Regler), Dampfventile, die Vorrichtungen zur Verwertung von A b h i t z e d . i . nutzbare Wärme von heißen Feuerungen entströmenden Gasen oder des Dampfes („Abdampf") die bereits Arbeit geleistet haben, u. a., die jenen Zwecken dienen. LH.: Ti. Woelke, Schadcnverbütung im Dampfkessellictrleb, 1939. Herst.: Y o r d a m p f o r , V o r w ä r m e r , E n t g a s e r usw.: Atlaswerke A.-G., Bremen.—• G. Ferd. Bogel, G. m. b. IT., Altona-Bahrcnfeld (Dampfdruckumformer, z . B . von 10 atfi Heiß-auf 20 atü Naßdampf). — Gebr. Burberg, Maschinenfabrik Mettmann, Rhld. — H. Hechtenberg, Düren..— Volkmar Hänig & Comp., HeidenauDresden. — Franz Herrmann, G. m. b. H., Köln-Bayenthal 134. — Külinle, Kopp & Kausch, Frankenthal. — Lurgigesellschaft, Frankfurt a. M. — Maschinenfabrik Sangerhausen, A.-G., SangerhauBen. — G. Sauerbrey, Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft Staßfurt (Vorwärmer). — Wegelin & Hübner, Maschinenfabrik und Eisengießerei, A.-G., Halle a. d. Saale (Vorwärmer). — Deutsche Hochdruck-Economiser G. m. b. H., Mannheiin. — Starke und Hoffmann A.-G., Hirschberg-Riesengeb. (Höclistdruck-Dampfanlagen). — A b h i t z e a n l a g e n : Nubillosa, G . m . b . H . , Meißen i. Sa. — Pintsch & Dr. Otto, G . m . b . H . , Berlin-Bochum. — Vakuumtrockner G. m. b. H,. Erfurt. •— G. Polysius A.-G. (Zementwerke-Abliitzverwert. nach Marguerre). — Abwärme-Ausnutzung und Saugzug G . m . b . H . , „ABAS", Berlin W 57. — D a m p f k e s s e l : Eühnle, Kopp & Kausch, Frankenthal-Pfalz. — D a m p f u m f o r m e r : Bühring, Weimar-Thür. — D a m p f r e i n i g e r f. H o c h d r u c k : Bühring, Weimar-Thür.

D a m p f - ( G a s - ) d i c h t e : die D eines Dampfes (Gases) = Gewicht: Volumen; auf Luft bezogen gibt sie an, wievielmal schwerer der Dampf (das Gas) ist als Luft von gleichem Druck und gleicher Temperatur. — Nach dem Avogadrogesetz (s. Gasgesetze) verhalten sich die Dampf-(Gas-)dichten (Litergewichte) D verschiedener Stoffe wie ihre Molekulargewichte. Es hat z. B. Sauerstoff 0 2 , Mol.gew. 32, Gasdichte 1,429; das unbekannte Mol.gew. einer Substanz M ist demnach gleich 32:1,429 = 22,4 D (D die experimentell bestimmte Dampfdichte); vgl. Loschmidtzahl der Moleküle. — Dampfdichtebestimmung geschieht nach Dumas, Gay-Lussac. ; am häufigsten nach V. Meyer. D a m p f e r z e u g e r dienen zur Gewinnung von Wasserdampf, der zum Betrieb von Kraftmaschinen oder für Heizzwecke verwendet wird. Die Kesselanlage besteht im wesentlichen aus der Feuerung, dem eigentlichen Kessel mit Armatur, dem Rauchgasabzugskanal (Fuchs) und dem Schornstein. Nicht unbedingt notwendig sind Spe : sewasserreiniger, Speisewasservorwärmer, Luftvorwärmer und Überhitzer. — W i r k u n g s w e i s e : die in der Feuerungsanlage aus Brennstoffen erzeugte Wärme wird durch Strahlung und Berührung der Kesselwandungen mit den Feuergasen an das Kesselwasser übertragen. Dadurch entsteht im Kessel gesättigter Dampf. Diesem wird zur Steigerung seines Wärmewertes und zur Vermeidung seines teilweisen Kondensierens bei seinem Fortleiten meist noch gesondert Wärme zugeführt, er wird überhitzt. Durch das Überhitzen steigt gleichzeitig die Spannung des Dampfes und der Wirkungsgrad der Energie-Umsetzung. Die Dampfspannung bewegt sich heute bei Verwendung des Dampfes zur Krafterzeugung zwischen 15 und 35 atü, doch sind auch Anlagen in Bau und Betrieb f ü r Dampfdrucke bis 100 und 120 atü. Das Arbeiten mit hohen Drucken hat für sehr große Leistungen — wärmewirtschaftlich betrachtet — Vorteile. Daß man erst in neuester Zeit mit diesen hohen Drucken arbeitet, hängt mit der Entwicklung der Kraftmaschinen für hohe Leistungen zusammen und damit, daß man erst im Laufe der Zeit gelernt hat, die mit hohen Drucken verbundenen Schwierigkeiten konstruktiver Art an Kesseln und Maschinen zu überwinden. Llt.: Fr. Barth, Dampfkessel, Göschen, Berlin. — Fr. Barth, Wahl, Projektierung und Betrieb nebst Kraftanlagen, Springer-Berlin.— 11. Spalckhaver und Fr. Schneiders, Die Dampfkessel nebst ihren Zubehörteilen und Hilfseinrichtungen, Springer-Berlin. — F. Tetzner, Die Dampfkessel, Springer-Berlin.— Fr. Münzinger, Höchst druckdampf, Springer-Berlin. — Oehlschläger, Dampfspeicher, Die chemische Fabrik, 1928. H e r s t . : D a m p f e r z e u g e r : Bamag-Meguin, Berlin NW87.— Dr. C. Otto' schiefrig: Gneis; verwittert: Granitgrus. Granit ist so wie Diorit (granitartiges Eruptivgestein, Feldspat, Hornblende, Glimmer oder Augit, zweilen Quarz) Pflaster-, fallweise auch Baustein, z. B. für Reaktions- oder Säuretürme; s. a. Säurebeständig; Steine. — G r a n i t - i s t die Bezeichnung für buntfleckig bespritztes Hüll- und Dekorationspapier (s.a. Linoleum); G r a n i t o l : eines der vielen Lederersatzprodukte aus Baumwolle mit aufgepreßter farbiger Nitrocellulosemasse. Hersteller: Kamenzer Granitwerke Georg Kaiser, Kamenz i. Sa. — KShigshainer Granitwerke, C. C. v. Thaden & Co. G. m. b. H., Görlitz. — Reinerreuther-Granitwerke Erwin Goller, Münchberg (Ob.-Franken). — Schwarzw. Granit- und Syenit,werk, Säckingen. - - Thüringer Granitwerke G. m. b. H., Rudolstadt. — Vereinigte Fichtelgebiigs-Granit-Syenit u. Marmor-Werke A.-G., Wunsiedel i. Bay.

Graphit (Reißblei): hexagonal kristallisierter Kohlenstoff, identisch mit der aus ZeÄientit entstehenden Temperkohle (s. Eisen), unterscheidet sich vom Diamant durch die andere Kristallform, die geringere D. von 2,1—2,3, die äußerst geringe Härte 0,5—1, Undurchsichtigkeit, sehr gutes elektrisches und Wärmeleitungsvermögen, vor allem durch seinen völlig anderen Aufbau, den man als SechsringAneinanderlagerung in der Ebene anzunehmen hat, aus der je die vierte freie C-valenz empor zur nächsten Sechsringebene reicht. Der Abstand zwischen den Ebenen ist ^ ^ m a l so groß als der Sechsringdurchmesser (1,2.10-®), daher die leichte Spaltbarkeit. Graphit ist der Typus der cyclischen organischen Verbindungen, so wie sich vom Diamant (das C-atom ist ein symmetrisches Tetraeder, also im einzelnen bereits räumliches Gebilde) die Kohlenstoffverbind. mit offener Kette ableiten. — Graphit findet sich in Sorten von verschiedenen Eigenschaften, das beste Vorkommen (7—14% Asche) auf Ceylon und Madagaskar, auch Sibirien und Californien, stärker verunreinigt (15—80% Asche) bei Passau und in den Alpenländern (Italien bei Piedmont 6—8000 t jährlich). Die Aufbereitung des bergmännisch gewonnenen Rohgraphits erfolgt neuzeitlich durch Flotation mit

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Graphit

Petroleum als Öler, das die Graphitblättchen („Flinz") einhüllt und bei der folgenden Entwicklung von Kohlensäure in der Flüssigkeit (Zusatz von Marmormehl und Salzsäure) an die Oberfläche hebt, oder in der Weise, daß man die durch Luftseparation gewonnenen Middlings und das Feine (zusammen 50—65% des Roherzes) in Oberflächenspannungswäscher bringt, die ohne Öl arbeiten. Das rohe Konzentrat wird entwässert und enthält dann etwa 40—60% Graphitkohlenstoff. Die bis vor kurzem der Menge nach zu 30%, dem Werte nach zu 80% aus Ceylon, heute in steigenden Mengen aus Madagaskar stammende Handelsware, je nach der Größe des Materials, als Großstückware (Large lumps), gewöhnliche Stücke (lumps), Späne (chips), Staub (dust) und feiner Staub (fine of Aying dust) bezeichnet wird, zur Zerstörung der Silicate mit Schwefelsäure oder Flußsäure behandelt, die den Graphit nicht angreifen; durch Druckerhitzen von minderwertigem Graphit mit wäßrigen Alkalilösungen soll es gelingen, ein Material zu erhalten, das mehr als 99% Kohlenstoff enthält. Die neuzeitliche Graphitreinigung wird auf e l e j c t r o o s m o t i s c h e m Wege vollzogen. Nach Form und Reinheit unterscheidet der Handel: Elementgraphit für Gießereizwecke, Flockengraphit für Lager- und Stopfbüchsenpackungen, Pudergraphit für Schmierzwecke, Galvanoplastik und Elektrotechnik, Graphitemulsion und Kolloidgraphit zur Maschinenschmierung und Kunstgraphit für Elektroden (s. Kohlen, künst.). Dei k ü n s t l i c h e Graphit (nur dieser ist für Schmierzwecke verwendbar) wird ausschließlich nach dem von Acheson angegebenen Verfahren durch 12—24stündiges Erhitzen von zwischen Kunstkohleelektroden angehäuftem Anthrazit, oder Siliciumcarbid (bildet das Zwischenprodukt bei der Graphiterzeugung), auch Petrolkoks, stets unter Zusatz von 1—2% Eisenoxyd, im aus feuerfestem Material gebauten elektrischen Wannenofen (Energieaufwand 9000 Amp./80 Volt) hergestellt. Der gemahlene silberglänzende, sehr weiche Graphit wird, wenn er als Schmiermittel (s. d.) verwendet werden soll, durch tagelanges Verkneten mit ammoniakalisch-wäßriger (öliger) Tanninlösung in eine kolloide Paste (Aquadag und Oildag des Handels) übergeführt. — Man kann auch Kohle-Platten und -Formlinge beliebiger Art in Kohlenpulver eingebettet oder nach einem neuen Verfahren in einer Methanatmosphäre im elektrischen Ofen mit einem Graphitüberzug versehen oder geformte Kunstkohle für Elektrodenplatten in der ganzen Masse in Graphit verwandeln. Diese Elektroden sind chemisch sehr viel widerstandsfähiger, mechanisch aber leichter zu bearbeiten als die gewöhnlichen Kunstkohlen. Der ungeformte künstliche Graphit kann schließlich auch leicht in das'erdige Pulver verwandelt werden, das die Bleistiftfabriken brauchen. Außer als Schmiermittel dient der Graphit seit jeher zur Herstellung der Bleistifte, feuerfesten Stampfmassen und Schmelztiegel. Als Mehl wird der Graphit zum Einstäuben von Gußformen, zum Leitendmachen von Gips- und dgl. Modellen für die galvanoplastische Abformung und des Braunsteins in Leclancheelementen, als Metallkittzusatz, Rostschutzfarbe und Ofenanstrich verwendet. Graphitstücke werden bei Herstellung der Gitter-Lagermetalle in geschmolzenes Gußeisen eingebettet; man graphitiert Wolframdrähte, um sie besser ziehen zu können, ferner auch Calciumcarbid in Stückform als Schutz gegen Feuchtigkeit Die Ansichten über die Verwendung des Graphits als Kesselsteingegenmittel sind geteilt, vorwiegend aber günstig, namentlich wenn man kolloid gelösten Graphit anwendet. In dieser, aber auch in flockiger Form soll er mit Rüböl einen Kautschukmischbestandteil bilden. — S . a . Erdfarben; Kohlenstoff; Eisen 1; Feuerfeste M.; Schmelztiegel; Schmiermittel; Si-carbide. LH.: E. Ryachkewitsch, Graphit, Leipzig 1928. — R. NSs&nen: Über die Graphitoxydation durch Glimmentladungen, 1939. Heist.: G r a p h i t e n . - E r z e u g n i s s e : Graphitwerk Kropfmühl A.-G., München. — Edeigrophit-G. m. b. H., Godesberg a. Eh. — Erich Gerhardt, Hainsberg i. Sa. Graphitwerke, Aufbereitung u. Veredlung, Mahlwerk u. Grube. K o l l o i d a l e r G r a p h i t : Techn. Büro Herbert Strohbach, Wien IX/66.

Guajacol—Gummigutt

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G u a j a c o l . Brenzcatechin-(s. Dioxybenzole)-monomethyläther C,H 4 l-(OH)2(OCH3): o-Anisidin wird diazotiert, die Diazolösung mit Kupfer-, Ammoniumund Natriumsulfat sowie Schwefelsäure verkocht und das Guajacol überdestilliert. Oder man erhitzt freies Brenzcatechin mit methylschwefelsaurem Alkalisalz in Gegenwart von Verdünnungsmitteln auf 160—180° unter allmählicher Zugabe von Soda oder Bicarbonat. —Ölige Flüssigkeit oder farblose Kristalle vom Schmp. 28,5°; Sp: 205°. Löslich in ca. 60 T. Wasser, in 7 T. Glycerin, leichtlösl. in Alkohol, Äther, Chloroform und Schwefelkohlenstoff. Guajacol wurde als Konservierungsmittel für «Wasserstoffsuperoxyd- und Perboratlösung vorgeschlagen. Sein C a r b o n a t , aus alkalischer Guajacollösung und Phosgen erhaltbar, ist in der Heilkunde als „ D u o t a l " , sein Zimtsäureester als S t y r a c o l , das Albumit als H i s t o s a n , Guajacol-Benzoylester als B e n z o s o l , das guajacolsulfos. Kali als T h i o c o l bekannt. Allylguajacol ist E u g e n o l (s. Riechstoffbestandteile). —• S. a. Kreosot. Lit.: I. Schwyzer, Pharm. Ztg. 1930, 495: Guajacolfabrikation. Herst.: C. F. Boehringer & Söhne G. m. b. H., Mannheim-Waldhof. — Gehe & Co: A.-G., Dreaden-N 6. — Aktienges. f. Chcin. Industrie, Mühlhausen-Dornach/Els. — Hiag-Verein, HolzverkohlungB-lndustrie G. ni. b. H., Frankfurt. P r ä p a r a t e : Ciba A.-G., Berlin-Wilmersdorf. — Chem. Fabrik von Heyden A.-G., Radebeul 1.

Guanidin, im Zuckerrübensaft und Wickensamen, N H 2 . C : ( N H ) (NH2), wird technisch durch Behandlung von KalkstickstoiT oder Dicyandiamid mit Säuren erhalten. Farblose, sehr hygroskopische, kristallinische Masse, starke Base. Die Salze, z. B. das als Ersatz für das hygroskopische Ammonnitrat va. Sprengstoffen geeignete schwer lösliche G u a n i d i n n i t r a t , kann man auch direkt im vorliegenden Falle aus Cyanamid und Ammonnitrat erhalten: CN.NH 2 + N H 4 N 0 3 - » C ( N H ) ( N H 2 ) 2 . H N O s . Guanidinpikrat äußert, dem Schießwollpulver zu 25% zugesetzt, abschwächende Sprengwirkung; es wird ebenso wie auch Guanidin selbst oder Harnstoff Sprengstoffen zur Herabsetzung ihrer hohen Verbrennungsgeschwindigkeit beigegeben. Gibt verseift Harnstoff. Herst.: J. G. Farben, Frankfurt.

G u a n o . Sammelbegriff für Anhäufungen von Exkrementen und Kadavern verschiedener Vögel, Fledermäuse, Fische und Seehunde, mächtige, regelrecht abgebaute Lager auf regenarmen Inseln und Küsten, namentlich Südamerikas. Dieser Vogelguano (Peruguano) enthält z. B. in 50% organischer Substanz 3—12% Stickstoff, als harn- oder oxalsaures Ammon, 14 bis 15% P 2 O s und 1—3% K 2 0, dient daher als wertvoller natürlicher M i s c h d ü n g e r . Guano spielte wahrscheinlich eine große Rolle bei der Entstehung der Phosphatlager insofern, als er durch Regen und Feuchtigkeit ausgelaugt wurde und dadurch an Stickstoffverbindungen verarmte, während die mineralischen Stoffe steinartig zusammenbackten. Überdies sickerten die aus dem Guano kommenden Lösungen in tieferliegende Kalkschichten und verwandelten diese in Kalkphosphate.—Guano darf nicht mit Superphosphat gemischt gestreut werden, da sich in dem Gemisch beider schon nach 3 Stunden ein Verlust an lösl. P 2 O e von nahezu 7% zeigt. Dieselbe Verlustziffer ergibt sich durch Mischung mit Kainit nach 18 Tagen und der doppelte Verlust an wasserlöslicher Phosphorsäure bei Mischung des Guanos mit Knochenmehl nach 14tägiger Lagerung. G u m m i g u t t (Gutti): giftiges Gummiharz der in Ostindien und auf Ceylon heimischen Pflanze Garcinia Morella Desr. Der Milchsaft wird durch Anschneiden gewonnen und in Bambusröhren gefüllt; unreine Sorten erhält man durch Auskochen der Blätter und unreifen Früchte. — Rotgelbe, grünlich bestäubte, undurchsichtige Masse von muscheligem Bruch, die mit Wasser eine tiefgelbe Emulsion gibt. Dient als Arzneimittel, hauptsächlich jedoch als gelbe Farbe in der Aquarellmalerei, hie und da auch zur Färbung spirituöser Lacke. Heist.: 0. E. Roeper, Hamburg 8.

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Gummiharze—Guttapercha (Balata)

G u m m i h a r z e . Klasse der Harze, gekennzeichnet durch ihren Gehalt an Pflanzengummen (s. d.) und dadurch teilweise Wasserlöslichkeit. Technische Verwendung finden nur Ammoniak-, Euphorbium-, Galbanum- und GummiguttGummiharz, ferner: Sagapen-Latex und die ähnliche A s a , dulcis und foetida (wohlriechender = Benzoe, und stinkender Asant), erhärteter Wurzelmilchsaft von persischen Ferulaarten; dient arzneilich, örtlich, als Küchengewürz. — BdelliumWeihrauch-, Myrrhe und Opoponax-Gummiharz sind die bekannten Räucherwerkbestandteile und Rohstoffe in der Riechstoff- und kosmetischen Industrie: medizinisch kommen sie heute kaum mehr in Betracht. Die drei letztgenannten sind eingetrocknete Milchsäfte arabischer und innerafrikanischer Burseraceen und Commiphoraarten. M y r r h e , das Einbalsamierungsmittel der Alten, wirkt antiseptisch, ist reich an gewürzig riechenden ätherischen Ölen, wird daher (in Ricinusöllösung: Myrrholin) Kopfwaschflüssigkeiten und Haarwässern zugesetzt. W e i h r a u c h (Olibanum, s. d.) bildet in bester Ware rundliche, dem Gummiarabicumähnliche Körner oder mit Erde verunreinigte Stücke; die mindere Ware gibt, trocken destilliert, durch Extraktion des Rückstandes ein Harz, das gelöst glänzende, schnell trocknende, sehr wasserbeständige Lackanstriche liefert. — Auch der K a u t s c h u k und ferner viele Drogen völlig anderer Zugehörigkeit werden irreführenderweise stets als „ G u m m i " bezeichnet, sogar auf Dauerwäsche und Celluloid-Kragen wird der Ausdruck angewandt. Heist.: G u m m i h a r z e : König & Wiegand, Hamburg 11. — C. £ . Boeper, Hamburg 1.

G u t t a p e r c h a ( B a l a t a ) . Getah-putcha, ist der koagulierte Milchsaft der indischen (Sumatra) Sapotacee Inosandra Gutta; ihr ähnlich, beide dem Kautschuk nahestehend, die B a l a t a , Latex der Minusops globosa (Guayana, Antillen). Beide unterscheiden sich vom Kautschuk, der neben dem Grundkohlenwasserstoff nur eine beschränkte Harzmenge enthält, dadurch, daß ihre Kautschuksubstanz zusammen mit 20 bis 80% Harz auftritt. Dementsprechend sind die beiden Stoffe bei gewöhnlicher Temperatur hart, zäh, kaum elastisch, werden jedoch in heißem Wasser weich und teigig und lassen sich dann bei der Reinigung, die sonst ähnlich vollzogen wird, wie jene des rohen Kautschuks, durch Siebe pressen und so von Verunreinigungen filtrieren. Durch teilweise Entharzung mittels organischer Lösungsmittel kann man aus Gutta und Balata höherwertigere weil kautschukähnlichere Produkte gewinnen. Beide'können ebenso wie der Kautschuk vulkanisiert werden, doch wird von der Vulkanisierfähigkeit der Guttapercha nur verhältnismäßig selten Gebrauch gemacht, sondern man benutzt ihre Eigenschaft, in heisem Wasser plastisch zu werden, um sie in diesem Zustande über Patrizen oder in Matrizen (Gegenstände, Schläuche, Flaschen für Flußsäure usw.) in Form zu bringen, die sie beim Erkalten beibehalten. Man setzt Gutta, wie auch Balata Kautschukmischungen zu, doch ist das Hauptverwendungsgebiet der ersteren wegen ihrer hohen Widerstandsfähigkeit gegen die zerstörenden Einflüsse des Erdbodens, die K a b e l i s o l i e r t e c h n i k (auch Guttaperchafolien in allen Stärken für Verbände, Einlagen, Blumen- und Hutindustrie, ferner Stäbchen als provisorische Zahnfüllung werden erzeugt), während mit Balata gestrichene und eingewalzte Gewebe, namentlich zur Herstellung von Treibriemen für feuchte und dampferfüllte Arbeitsräume, auch als Schuhsohlenauflage dienen. Gewisse Mengen Guttapercha werden ferner in der Kunstlederindustrie, in Vulkanfiberersatzgemischen, zur Imprägnierung von Chromleder, Zusatz zu Hufkitten, Raupen- und Fliegenleim, als Pergamentpapier-Zwischenlage bei Erzeugung von Duplexkartons, präpariert als Klebstreifen, Heftpflaster und Isolierband verbraucht. Ein Guttapercha-Isoliermaterial, das gegen hohe Temperatur und Öleinwirkung widerstandsfähig sein sollte', ist unter dem Namen „Berrit" im Handel gewesen. — Die Guttapercha und Balataharze zeichnen sich durch geringen Aciditätsgrad und hohe Widerstandsfähigkeit gegen Oxydation aus. — S.a. Kautschukkitte.

Guttasyn

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Herst.: Weber & Schulz, Hamburg-Bahrenfeld. — Chem. Fabrik Jakob Bollinger & Co., Oberlahnstein. — Reinhardt T,eupold G. ni. b. H., Dresden A 39. — C. Erdmann, ehem. Fabrik, Liebertwolkwitz b. Leipzig (gebleicht).

G u t t a s y n . Devisenfreier Ersatzstoff für Gummi und Kautschuk. Hergestellt werden Maschinenschläuche, Rund- und Prolilschnüre, Manschetten, Dichtungsplatten, Membranen, Scheiben usw. Dient auch zur Auskleidung von Säuregefäßen, zum Transport von Flußsäure, Sprengstoffen usw. Besonders geeignet für Laboratoriumswerkstoffe wie Gasschläuche, Verbindungsschläuche zwischen Glas- und Metallteilen, Flaschenstopfen, Tischbelag, säure- und ölfeste Schürzen und Schutzkleidung. Guttasyn ist Laugen, Säuren, Öl u. Benzin gegenüber unempfindlich. Herst.: Balatros-Werke, Hamburg-Harburg I.

H. Hafnium, Hf, Atomgew. 178,6. Ein noch wenig untersuchtes Metall, im periodischen System neben Titan, Zirkon und Thorium stehend. Zeigt in allen Verbindungen verblüffende Ähnlichkeit mit Zirkon. Alle Verfahren zur Darstellung gehen von der Trennung vom Zirkon aus. Ausgangsstoffe: Alvid, Malakon und aus indischem Zirkonsand gewonnenes Zirkonoxyd usw. Verwendung hauptsächlich bei der Fabrikation von Glühfäden. Ausnahmslos haben alle Hafniumund Zirkonverbindungen gleiche Zusammensetzung. Alle Unterschiede sind nur gradueller Art. Bekannt sind u. a. Hafnium-Oxyd, HfO a , Hafniumoxydchlorid, HfOCl2, Hafniumphosphat, Ammoniumverbindungen usw. Mit Alizarin, Alizarinsulfosäure, Purpurin, Rufigallussäure geben Hafnium die Zirkonverbindungen tief gefärbte kaum unterscheidbare Fällungen. LH: H. Kose, Das Hafnium, Braunschweig 1926. — G. v. Hevesy, Dag Element Hafnium, Berlin 1927.

Halochromie. Erscheinung der Vereinigung ungefärbter Stoffe mit Säuren zu gefärbten Salzen o h n e Mitwirkung chromophorer Gruppen. Hanf. Es gibt den wertvollen tropischen H a r t - (Sisal- u. Manilla- s. Gespinstfasern) und den W e i c h h a n f der gemäßigten Zonen, d. i. die Bastfaser der Hanfpflanze Cannabis sativa, die auf ähnliche Weise wie die Flachsfaser gewonnen wird. Länge der Hanffaser 1—3 m; Breite 0,010—0,025 mm; sie ist um so geschätzter, je länger, feiner und fester sie ist; dient zu Tauwerk und Segeltuch. Bester italienischer Hanf enthält 78% Cellulose, 9% Wasser, 3% wäßrigen Extrakt, 9% pektinartige Stoffe, je y 2 % Fett und Asche (in der Wurzel das digitalisartig wirkende Glycosid Cymarin). Die „Mastel", d. s. die weiblichen (Winter) Stengel der zweihäusigen, bis zu 3 m hoch wachsenden Pflanze, werden nach der Samenreife geerntet. Die männlichen Stengel (Sommerhanf) gelangen früher zur Aberntung, geben den Reinhanf für die Weberei. — S. a. Flachs (Hanffärb., Lit.) Gespinstfasern; Baumwolle; Cannabin; Kotonisierung. LH: £ . O. Herzog, Technologie der Textilfasern, Bd. V, 2. Teil: Hanf- und Hartfasern, Berlin 1927. Heist.: H a n f k r a u t : Landauer & Co., Hamburg 8. H a n f a u f b e r e i t u n g s - u. F a s e r g e w i a n u n g s m a s c h i n e n : Oebr. Bindler, Freital. — Främba & Freudenberg, Schweidnitz. — Köllmann & GrtlKfi, Wuppertal-Oberbarmen. — Krupp-Grusonwerk, Magdeburg. — J. G. Lindner, Crimmitschau. — H a n f d r e s c h m a s c h i n e n : Richter-Rathenow Landmaschinenfabrik G. m. b. H., Rathenow (mit angebauter Reinigung). — H a n f - S p i n n e r e i m a s c h i n e n : Carl Hamel Siegmar-Schönau. — Spinnereimaschinenfabrik Seydel & Co., Bielefeld.

Harnsäure, 2, 6, 8-Trioxypurin (s. Coffein). In geringer Menge — 0,8 g je Tag — im menschlichen Harn, reichlich im Vogelharn. Schwer löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol und Äther. Leicht löslich in konz. Schwefelsäure. Mit warmer Salpetersäure entsteht Aloxanthin, das mit überschüssigem NH, einen rotvioletten Farbstoff liefert (Murexidprobe). Harnsäure dient u. a. zur Stabilisierung von H 2 0 2 -Lösung. Lit.: Blitz, Die neuere Harnsäurechemie, Leipzig 1936. Herst: H a r n s ä u r e : Riedel-de Haen, Berlin. — Dr. Th. Schuchardt, Görlitz.

Harnstoff, Carbamid, NH 2 .CO.NH 2 , im Harn der Säugetiere (der erwachsene Mensch produziert in 24 Stunden 28—30 g), wird kaum mehr durch Wasseranlagerung an Kalkstickstoff und Cyanamid (katalytisch mittels Schwefel- oder Salpetersäure), sondern vorwiegend nach dem I. G.-Verfahren durch direkte Vereinigung von C0 2 und NH S (vgl. Zbl. 1930, II, 132) erzeugt, die man in druck-

Härte—Hartspiritus

381

festen Kolonnen aus hoch eingedickten Lösungen von Ammoniumcarbonat oder -carbaminat freisetzt und durch einen druckfesten geheizten Kühler (zur Verhinderung des Erstarrens der Schmelze) in einen Autoklaven leitet, woselbst die Masse bei 140—150° verbleibt, bis die Harnstoffbildung beendet ist: C0 2 + 2NH 3 -»• N H 2 . C O . N H 2 + H 2 0 . AUS Aminen und C0 2 entstehen analog Harnstoffabkömmlinge; Ammoniak und Phosgen C0C12 -f 2NH3-*- N H 2 . C O . N H 2 + 2HC1; N H 3 + HCl-^ NH4C1 geben den neuzeitlichen Urammondünger (Harnstoff-Salmiakgemisch). Harnstoff bildet lange rhombische Kristallprismen oder Nadeln, schmeckt kühlend, dem Kalisalpeter ähnlich, Schmp: 132°. Löst sich in 1 Tl. kaltem Wasser und in 5 Tl. Alkohol; in Äther ist er fast unlöslich. Harnstoff dient als Düngemittel, u. z. allein (46% N) oder als Mischdünger, z. B. „Hakaphos", d. i. Harnstoff(Kalisalpeter-Diammonphosphat)dünger, ein völlig ballastfreier Garten- und Blumennährstoff der I. G. mit 28% N, 14% K 2 0 , 1 4 % P 2 0 6 , auch als Milch-KüheFuttermittelzusatz (200 g täglich ersetzen 40% der Eiweißration). Harnstoff ist Ausgangsmaterial für Heilmittel, gehört selbst zum Arzneischatz, gibt mit Wasserstoffsuperoxyd eine feste Verbindung, mit Formaldehyd in alkalischer Lösung kondensiert ein geruchloses wirksames Desinfektionsmittel. Auf 150° erhitzt gibt Carbamid B i u r e t , Allophansäureamid NH(CO.NH 2 ) 2 , das sich mit Kupfersulfat in alkalischer Lösung tief violett färbt („Biuretreaktion", Eiweißkörper-Farbreaktion). Durch Kondensieren von Harnstoff mit Hydrazin im Wasserbade oder Reduzieren von Nitroharnstoff erhält man Kohlensäureamidhydrazid, S e m i c a r b a z i d 0 : C ( N H 2 ) (NH.NH 2 ), das mit Aldehyden und Ketonen z. B. der Riechstoffreiche die gut kristallisierenden Semicarbazone liefert. — In Kraftfuttermitteln aus Melasse ersetzt der Harnstoff das Eiweiß, das man sonst zusetzte (s. o.), er wird Viscoselösungen beigegeben, um ihre Haltbarkeit zu erhöhen, auch den Flachsröstbrühen statt des Urins. Schließlich wird Harnstoff auch den küMfend schmeckenden Eisbonbons, American drinks, zugesetzt, dient ebenso wie einige seiner Abkömmlinge als Kautschuk-Vulkanisationsbeschleuniger, als Campherersatz und Stabilisator in der Sprengstoff-, Schießwoll- und Celluloidindustrie. Andere aromatische Harnstoffe, auch der Naphthalin- und Anthrachinonreihe, sind Ausgangsinaterialien für Teerfarbstoffe, die erstgenannten namentlich für gelbe bis braune Schwefelfarben. — BromdiäthylacetylharnstofT ist das Schlaf- und Beruhigungsmittel ,,Adalin". Harnstoff hat heute eine besondere Bedeutung durch seine Verwendung bei der Herstellung von Kunststoffen bekommen, als Schellack- und Harzersatz, künstliches Glas, Pollopas usw. Heist.: H a r n s t o f f : J . D . Riedel-E. de Haen, Berlin. — Stickstoff-Syndikat G . m . b . H . , Berlin NW 7, Abteilung Stickstoff f. techn. Zwecke.

Härte. Widerstand der Körper gegen das Eindringen anderer, der Mineralien gegen Zerteilung durch Ritzen oder Schaben. Diese Härte wird noch nach empirisch gefundenen Skalen gemessen, z. B. nach Mohs: Talk 1, Steinsalz 2, Kalkspat 3, Flußspat 4, Apatit 5, Orthoklas 6, Quarz 7, Topas 8, Korund 9, Diamant 10. Die Härte der Werkstoffe wird mittels der Skleroskope bestimmt: nach Brinell: Einpressen einer Stahlkugel unter normiertem Druck, Messung der erzeugten Kalotte, nach Calvert: Einpressen eines Kegels, Messung des Druckes und der Zeit, die nötig sind, um eine bestimmte Tiefe zu erreichen. Herst.: H ä r t e m i t t e l : Techn. Laboratorium G. m. b. H., Haile a. S. — Meinrad Behringer, Häusern b. •St.Blasien. — Chem. Fabrik Bruno Lorenz, Görkau-äudetenüau. — Gebr. Schubert, Berlin NW 21. — Albert Schomburg u. Co., Detmold. — H ä r t e p u l v e r : Karl Stratmann, Hannover. — Chem. Werke Schönebeck/Elbe.— H ä r t e e i n r i c h t u n g e n . - ö f e n , - m i t t e l : Dtsch. Gold- u. Silber-Scheideanstalt, F r a n k f u r t .

Hartspiritus. Mit Seifen (Kemseife-Spritlösung: Festalcol) oder Celluloseestern angerührter, gelartig erstarrter oder von unverbrennlichen porösen Stoffen aufgesaugter Brennspiritus, geeignet als Brenn- und Heizmaterial für Reisen, Gebirgstouren u. dgl. Recht gut sollen sich auch die Präparate mit unverbrennlichen Rückständen bewähren, die man durch Aufsaugen des Brennalkohols

382

Harze

mittels Kieselgur („Lithosprit") oder durch Einschließen in gelatinierende Kieselsäure (aus Wasserglas, Spiritus und Salzsäure) gewinnt. — F e s t a l k o h o l , erhalten durch Gelisierung mit 2% eines Aceton-Zucker-sulfosauren-(Halbester)Alkalisalz, z. B. a-Diacetonfructose-sulfosaures K nach DRP. 461303, wird in der Likörfabrikation und für Arzneimittel viel verwendet. — S. a. Spiritusseifen in Seife. Heist.: Dr. Alexander Wacker, München 22.

Harze. Bei gewöhnlicher Temperatur weiche und weichllüssige (s. Terpentine) oder erst beim Erwärmen erweichende (Festharze), in Wasser unlösliche Pflanzensekrete, gelb bis braun gefärbt, durchscheinend bis undurchsichtig, z. T. riechend, besitzen geringe bis Messerritzhärte, brennen angezündet mit rußender Flamme. Sie bestehen aus sehr beständigen Resenen, spaltbaren esterartigen Resinen, aromatischen (Benzosäure) und Harz (Resinol-) Säuren, unter deren Salzen (Resinaten) die Alkalisalze (Harzseifen) die wichtigsten sind. Harze werden nicht ranzig und geben in reiner Form als Lösung auf Papier getropft keinen Fettfleck, bestehen jedoch, gleich den Fetten, nur aus C, O und H und sind ebenfalls stickstoffrei. Die meisten Harze lösen sich in den üblichen organischen Lösungsmitteln (fossile Kopale nur nach besonderer Vorbehandlung), ferner in Tetralin, Hexalin, Phthalsäureestern; in Mono- und Dichlorbenzol lösen sich vollständig nur: Kolophonium (Fichtenharz), Terpentin, Mastix, Asphalt und Sikkative, unlöslich sind die Hartharze (Bernstein, Manila- und westafrikanischer Kopal), Benzoe, Sandarak und Schellack. Dammar löst sich gut in Monochlorbenzol. Sog. F e s t h a r z e sind: Akaroid-, Benzoe-, Aloe-, Dammar-, Drachenblut-, Elemi-, Fichten-, Kopal-, Mastix-, Sandarak-, Schellackharz. Die technisch nicht, pharmazeutisch nur in geringen Mengen verwandten: Änime-, Jalapan-, LadanumScammonium- und Thapsiaharze seien nur erwähnt. Die technisch weitaus wichtigsten Harze der Coniferen gewinnt man aus der Schwarzföhre Mittel- und Nordeuropas, auch aus amerik. u. südfranzös. Kieferarten (,,Galipot") durch linsenförmiges Einschneiden der Südseite des Stammes 50—60 cm über der Erde. Aus diesen Wunden („Lachen"), die nach Entfernung der Rinde, des Bastes und Cambiums bis zum jüngsten harzreichen Holze reichen, fließt das Harz („Pech" genannt) in darunter angebrachte „Grandein", d.s. Auffanggefäße aus Zinkblech oder (reinlicher) in Flaschen, deren Inhalt die „Pechbauern" in Fässer ausleeren und zugleich das eingetrocknete Harz von Stamm und Boden abscharren („Scharrharz"). Die Schwarzföhre liefert z. B. vom 40. Lebensjahre an während 15 bis 20 Jahren bis zum Abtrieb des Baumes, dessen Holz keinen Schaden leidet, jährlich etwa 3, in Einzelfällen bis zu 10 kg Terpentin. Die Terpentinsorten der amerikanischen Sumpfkiefer nehmen mit den Jahren der Harzung an Güte ab, im ersten Jahre ist der „Jungfernbalsam" hellgelb, honigartig, vom 4. Jahre an liefert der Baum nur „Gekratztes". Das F i c h t e n h a r z (Harz, Gemeines Harz, Resina pini, Pix burgundica) ist zum Unterschiede vom Kolophonium (s.d.), das durch freiwilliges Verdunsten oder höchstens durch Kochen mit Wasser oder gelindes Erwärmen vom Terpentinöl befreite, ungeschmolzene oder geschmolzene und dann durchgeseihte stückige Waldharz, Rückstand des Terpentins, häufig getrübt durch ausgeschiedene Abietinsäure, bildet Körner oder Stücke von gelb bis rotbrauner Farbe, die an den Rändern durchscheinend sind. „Wurzelpech" scheidet sich zwischen'Rinde und Holz alter Wurzeln von Nadelholzbäumen ab, „Waldweihrauch" sind tränenförmige Harztropfen junger Nadelholzzweige, reich an ätherischen Ölen, billiger Bestandteil von Räucherwerk. „Galipot" ist das reine, „Barras" (franz., in USA. „Sarape" genannt) das weniger reine Waldharz der Strandseekiefer, beide geben das gleichbenannte Kolophonium, gekennzeichnet durch seinen Gehalt an Pimarsäure (s. Terpentine; Harzsäuren). — Fichtenharz dient denselben Zwecken wie Kolophonium, doch ist es das billigere Produkt und wird dem letzteren darum oft zur Lackbereitung vorgezogen, auch

Harzhärtung—Harz-(Öl-)kitte

383

weil es noch Terpentinöl eingeschlossen enthält. Alle flüssigen und festen, auch die Gummiharze (s. d. und Schellack) zählen zu den wertvollsten Werkstoffen der Technik (Lack-, Anstrich-, Firnis-, Seifenindustrie, Papierleimung), deren steigender Bedarf Ursache des Entstehens der K u n s t h a r z i n d u s t r i e geworden ist. •— S. a. Glyptal; Gummiharze; Terpentine; Kopal; Kolophonium usw. Löslichkeit der Harze in einigen Lösungsmitteln. (Nach U. Wolff. Die Lösungsmittel der Fette, Öle, Wachse und Harze.) Ben zin Benzol Terpen- Aethyl- Methyl- Amyltinöl alkohol alkohol alkohol

Amyl- Azeton Aether Solactol acetat

tl—ul wl—ul fvl 1 Acroides , . . . . ful ul —— wl tl—fvl w—tl fv—vi tl t—vi Benzoe Dammar 1. außer Sansibar t—fvl fvl—vi fv—Vi 70—80 50—80 üb. 85 üb. 90 um 80 tl um 80 fv—vi 50—70 unt. 00 unt. 80 unt. 80 üb. 65 2. Sansibar . . . — — — vi Drachenblut . . . tl tl 1 1 — — t—fvl Elemi t—fvl t—fvl fv—vi t—fvl tl Kolophonium . . . Kopale Manila h a r t . . . . Manila weich . . . Kongo Kauri Sansibar Mastix Sandarak Schellack

tvl tl 30—50 ca. 30—50 ca. 40 ca. 40 wl—ul vi—tl tl ca. '3—6

vi

vi

tl

ca. 20—30 ca. 30—40 25—40 25—40 ul—wl tl

tl tl tl tl vi

vi

vi

vi

fvl 40—50 20—60 u. mehr fvl fv—vi 90—100

vi fv—vi fv—vi

vi

wl—ul fv—V üb. 90 ca. 60 vi üb. 90 vi

fv—vi 40—80 u. mehr fv—vi 70—90

20—70 30—50 80 60—90 tl ca. 50 fvl 60—70 50—70 fv—vi 60—90 40—70 — — wl wl tl 20—40 vi vi vi tl tl t, warm fvl — fv—vi fv—vi fv—vi 20—70 t—fvl fv—vi tl ca. fvl tl—vi 50—80 10—25 85—95 tl 10—20 10—15 meist 15—20

Zeichenerklärung:

vi vi tl — —

1 milchig vi tl vi tl 1 wl vi 1 vi

1 = löslich t = teilweise w = wenig = völlig f = fest ul — unlöslich Zahlen = % gelöstes Harz

V

LIL: M. Bottier, Harze und Harzindustrie, Leipzig 1924. — H. Wolff, Die natürlichen Harze, Stuttgart 1928. — v. Dietrich, Analyse der Harze, Balsame u. Gummiharze, Springer-Leipzig 1930.—A.Tschirsch u. E. Stock, Die Harze, Bornträger-Berlin 1933/1935. Herst.: H a r z e : Neunkirchner Harzprodukte G. m. b. H., Neunkirchen. — Schultze & Co., Blankenburg (Harz). — Wedig & Reuß, Eilenburg. — Rieh. Eisenbeiß, Vereinigte Pechfabriken, Radebeul 1. — Eisenbeiß & Co. K.-G. Industriewerke A.-G. Nachf., Hamburg-Eidelstedt. — Bieber & Co. Chem. Fabrik G. m. b. H. Berlin-Weißensee. — Georg Hövermann u. Co., Hamburg 36. — H a r z s c h m e l z k e s s e l u. D e s t . - A n l a g e n : Carl Osterloh, Lübeck.

Harzhartung. Erzeugung der schwer schmelzbaren Metall- und Erdalkalimetallsalze der Abietin- und Pimarsäure, die den Hauptbestandteil der Weichharze von Art des Kolophoniums bilden. Man verschmilzt es z. B. mit 6—-10% Ätzkalkpulver („Härtepulver") auf 200° oder mit 2,5—25% Zink-, für dunkle Lacke auch Blei-, Mangan- oder Eisenoxyd auf 185° und stellt die Wärmezufuhr ab, wenn die Masse sich zu verdicken beginnt. In geschmolzenes hoch erhitztes Kolophonium eingeleitete Luft oder eingetropftes kaltes hartes Wasser (Salzlösungen) führen ebenfalls zu harten Produkten, die 50—60° höher schmelzen als das Rohharz, es dem Kopal ähnlich machen; die mit ihnen bereiteten Leinoder Holzölfirnis-Lacke trocknen hart zu einer hitzebeständigen Schicht ein, die jedoch meist eine gewisse Klebrigkeit behält. — Vgl. Harzsäuren. Harz-(öl-)kitte. Man unterscheidet: Schmelzkitte, ferner knetbare und kalt flüssige Kitte, die dementsprechend, auch je nach dem Preis Fichtenterpentin und Kolophonium auch Kunstharze oder die wertvollen Kopale, Schellacke und Balsame als Grundstoff und Firnisse oder organische Lösungsmittel (Sprit, Terpentinöl) mit oder ohne Zusatz von Kautschuk, Faktis, Celluloidabfällen, Campher u. dgl. als weitere Komponenten enthalten. Zu den Schmelzkitten gehören die Siegellacke, zu den kaltflüssigen Präparaten die Kaltsiegel- und Fla-

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Harzöle—Harzsäuren

schenlacke; Harzlösungen in Spiritus oder anderen organischen Lösungsmitteln mit Zusatz von geringen Mengen die Sprödigkeit der eingetrockneten Harzschicht herabsetzender Öle, dienen als Klebmittel, z. B. zum Aufziehen von Photographien, als Hutsteife, Farbenbindemittel, zum Befestigen von Barten und Perücken, zum Einkleben der Pinsel- und Bürstenhaare im Schaft, als Einschlußkitt für mikroskopische Präparate, Baumwachs, Raupen- und Fliegenleim usw. Harz-Kautschukkitte sind die vielerlei M a r i n e l e i m e des Handels. Neuzeitlich werden namentlich für Sperrholzverleimung (s. Holzoberfl.behandlung) Leimfilme empfohlen, d. s. mit einem Bakelitzwischenprodukt (Kresol-Formaldehyd-Kunst harz), bestrichene und getrocknete 0,1 mm dicke Cellüloseesterhäutchen, die man zwischen die zu verleimenden Flächen legt, worauf das Ganze unter Heißdruck (10—20 atü, 130—140°) zu einem untrennbaren Stück (wasserfest) verbunden wird. — Herst.: B e w o i d - V e r f a h r e n (Harzleimung): Dr. Bruno Wiedersehe Erben, Berlin-Zehlendorf.

Harzöle. Produkte der Harz-(Kolophonium-)destillation. Das in einem Schmelzkessel bei 120® geschmolzene Harz (meist fossiles amerikanisches Harz) gibt bei dieser Temperatur einen Teil des Pinolins (Harzgeist, -essenz, -spiritus) und Sauerwasser ab, die durch Kühler verdichtet in eine Vorlage abgeleitet werden, und gelangt, von diesen niedrig siedenden Stoffen befreit, in die eigentliche halbkugelförmige Destillationsblase, die mit überhitztem Dampf geheizt ist und unter Vakuum gesetzt werden kann. Bei 150—170° geht der Hauptteil des Pinolins über, es folgt dann das trübe Kodöl, dem sich zwischen 330 und 340° die hellen Mittelöle (Blondöl), weiter das blau schimmernde Blau- oder Grünöl und schließlich das Rotöl anschließen. Die dickflüssigen Destillationsprodukte werden summarisch mit dem Namen „Dicköle" oder „Harzstocköle" bezeichnet. Man erhält in Summe: 6—8% Pinolin nebst Sauerwasser (2,5%) bis etwa 300°. Über 360°: 50—55% Blondöl, 20—25% Blauöl, 5—10% Grün- und Rotöl, ferner entstehen 2—3% Kohle, 4—12% Gase und Harzpech, das als Schmiedepech verwandt und auch dem Schusterpech zugesetzt wird. Die Harzöle werden gleich nach der Gewinnung (da sie später zäh und hart werden) durch abermalige Destillation raffiniert, mit Säuren und Laugen gewaschen, eventl. gebleicht. Man erhält so kaum riechende klare Öle, ohne Schein, von D. 0,960—0,990, Sp. etwa 200°, die zu 50—70% in 96proz. Alkohol und z. T. auch in Schwefelkohlenstoff löslich sind. Pinolin dient als Bronnöl („Camphin") und Terpentinölersatz, Blondöl wird Druckerschwärzen, Brauerpech, Schmiermitteln und Maschinenölen zugesetzt, die rohen Harzöle geben mit Ätzkalk erhitzt Seifen, die man als sog. Ansatzmasse zur Herstellung von Wagenfett mit Gips oder anderen Füllmitteln verrührt. Aus dem Sauerwasser gewinnt man Essigsäure, das Harzpech wird außer als Schmiedepech auch zum Brikettieren von Kohlenstaub und als Zusatz zu verschiedenen Pechpräparaten verwandt. Die gebildeten Gase besitzen Heizwert und werden unter dem Kessel verfeuert, sie werden zum Hauptprodukt, wenn man Kolophonium in einer Art Krackprozeß (s. Erdöl) rasch auf Rotglut erhitzt. In harzreichen Ländern erzeugt man dieses Harzgas von erheblich höherer Leucht- und Heizkraft als Steinkohlengas. — S. a. Holzgas; Terpentinöl; Kopalöle. Heist.: Lubecawerke G . m . b . H . , Lübeck. — F. H. Blechachmidt, Gößnitz i. Th. — Chem. Werke, Schönebeck/Elbe.

Harzsäuren: die den Fettsäuren der Fette entsprechenden Säuren der Harze; als wichtigste die Abietinsäure C 19 H 28 0 2 und die Pimarsäure C J O H J O O J die Hauptbestandteile des amerikanischen bzw. französischen Kolophoniums. In der Technik verwendet man fast ausschließlich die Harze selbst und kaum die abgeschiedenen Säuren, die bei der Herstellung der Seifen, Sikkative, Ester usw. die salzbildenden sauren Bestandteile der Harze (s. d.) bilden. — Die H a r z s ä u r e - oder L a c k e s t e r sind den natürlichen Fetten nachgebildete Verbindungen von Harz-(statt der Fett-)säuren, besonders der Abietinsäure des Kolophoniums, mit Glycerin. Auch

LG. Kunststoffe

I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft Frankfurt [Main] 20 57 K.

Hefen

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Kombinationen von Harzsäureestern mit Harz (z. B. Kopal) oder Harzkalk (Hartkolophonium, s. Harzhärtung) kommen vor. Man erhitzt z. B. Kolophonium oder seinen Destillierrückstand (s. Harzöle) mit Glycerin, Phenol, Zucker oder einem andern hochsiedenden oder nichtflüchtigen Alkohol, setzt dann wie zur Harzhärtung ein Metalloxyd (ZnO, CaO, Al 2 O s , MgO, für dunkle Lacke auch Mn0 2 , Fe 2 O a usw.) zu, leitet eventl. Luft ein, fügt geg. f. org. oder anorg. Säure, zum Schluß auch Leinöl und Sikkativ bei und unterbricht die Wärmezufuhr (250—300°), wenn das Metalloxyd gelöst und die Wasserabspaltung beendet ist. Die eventl. noch einmal erhitzten, auf flachen Blechen erstarrten Produkte sind in Weingeist wenig, leicht dagegen in Terpentinöl, Leinöl, Äther, und Benzin löslich und werden in bekannter Weise zu Lacken und Firnissen verarbeitet („Esterlacke"). Die Harzsäureester sind den natürlichen Lackharzen in mancher Hinsicht, z. B. durch ihre leichte Mischbarkeit mit Farben, ihre Neutralität und chemische Inaktivität ü b e r l e g e n , eignen sich daher, auch wegen ihrer Wasserbeständigkeit für Anstriche im Freien und als Isoliermittel. Die R e s i n a t f a r b e n sind mit basischen oder Küpen-Teerfarbstoffen (Indanthren-, Algolfarben) gefärbte Harzseifen, in denen der Farbstoff mit einem Metallsalz verlackt ist, das mit der Harzseife weiße Fällungen gibt (MgS0 4 oder ZnS0 4 ). Die Küpenfarbstoffe werden am einfachsten als Pigmente in 150—300° heißem geschmolzenem Harz gelöst. Die Resinatfarben, die 5—15% Farbstoff enthalten können, sind unlöslich in Wasser, löslich z. B. in einem Gemisch von 80 Tl. Benzol und 20 Tl. Chloroform, eignen sich, für sich gelöst oder zusammen mit einer Kautschuk-Schwefelkohlenstofflösung, zur Verzierung verschiedenartiger Oberflächen, auch als Druck- und Lithographiefarben und als Zusatz zu Lacken und Firnissen. — S. Kolophonium und die anderen Harze. Herst.: Spangenberg-Werke, H a m b u r g - E i d e l s t e d t . — Rheinau.

Lechner u . Crebert, Chem. F a b r i k , Mannheim-

H e f e n . Sproßpilze der Familie der Saccharomyceten, mit kugeligen bis walzenförmigen Zellen von der Größe 0,008—0,01 mm, die (deren Stoffwechselprodukte) die alkohol. Gärung (s. d.) zuckerhaltiger Flüssigkeiten hervorrufen. Die Praxis unterscheidet die „obergärige" von der „untergärigen" Hefe. Beide sind dein Aussehen nach kaum zu unterscheiden; aber die Oberhefe vergärt zuckerhaltige Flüssigkeiten bei 18—25° C sehr stürmisch und schnell unter Bildung eines starken Schaumes, mit welchem die liefe selbst nach oben gerissen wird. Die Gärung mittels Unterhefe erfolgt zwischen 4 und 12° C. in langsamer ruhiger Weise, wobei die Hefe selbst am Boden des Gefäßes liegen bleibt. Die Hefe findet sich allerorts, so daß Gärung in jedem geeigneten Substrat eintritt. Da aber auch andere (wilde) Hefen häufig vorkommen, die den Gärungsprozeß in unerwünschter Weise beeinflussen — z. B. indem sie das Produkt trüben oder ihm einen bitteren Geschmack verleihen — so zieht man es in der Industrie, d. lt. vor allem in der Brennerei und Bierbrauerei vor, mit einer künstlich „rein gezüchteten" einzelnen Hefeart zu arbeiten. In der Brauerei und Brennerei ist die Hefe Hilfsstoff, die Alkoholbildung das wesentliche. Bei der Herstellung der P r e ß h e f e , des Erzeugnisses, das in der Weißbrotbäckerei durch Gärung die den Teig lockernde Kohlensäure erzeugt, aus den geringen im Mehl vorhandenen oder zugesetzten Zuckermengen etwas Alkohol bildet und den Wohlgeschmack des Gebäcks erhöht, ist sie selbst das Hauptprodukt. Ihre Gewinnung wird daher so geleitet, daß sie sich weitgehend vermehrt, zu welchem Zwecke die Bildung des ihr Wachstum verhindernden Alkohols zurückgedrängt werden muß. Llt.: K . B e r n h a u e r , Gärungscheniisches P r a k t i k u m , 1939. — W . R u d o l p h , Die V i t a m i n e der H e f e . 1941. Hefst.: Chem. F a b r i k Faul Arauner, E i t z i n g e n a . M. — Deutsche N ä h r m i t t e l g e s e l l s c h a f t W o l b e r A Brückner, H a m b u r g - N ü r n b e r g , H a m b u r g 8. — Ohlys E x t r a k t G. m . b. H . , S t e t t i n 1. — Chemische F a b r i k J . Blaes & Co., G. m. b. H . , München 25 (Trocken-). — E . Feigel G. m . b. H . , L u t t e r b a c h / O . - E l s a ß . — Heinr. Heyer, H e f e z u c h t a n s t a l t , Brüsau b. Z w i t t a u / S u d e t e n g a u (Weinhefe-Reiukulturen). — V i t a m F a b r i k , H a m e l n (Hefeextrakte). — I n d u s t r i e n e r k e Biezanow, Kalolitfabrik K r a k a u . — Dtsch. Bergin A.-G. f. Holzhydrolyse, Mannheim-Rheinau. — H e r s t e l l u n g s m a s c h i n e n : R a t i n g e r Maschinenfabrik u n d Eisengießerei A.-G., R a t i n g e n , Bez. Düsseldorf. 25 Blüchers A u s k u n f t s b u c h . IC. Aufl.

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Heptane—Hochpolymere Stoffe

H e p t a n e , C ; H 1( , bei der Erdöldestillation erhaltenes flüssiges, brennbares Kohlenwasserstoffgemenge, Sp: 95—100°, mischbar mit Alkohol, Äther und Chloroform. Lösungsmittel. Heist.: Dr. Th. Schuchardt 6. m. b. H„ Görlitz.

H e x a m e t h y l e n t e t r a m i n , medizinisch: Urotropin, Formin; (CH2)(N4, ist ein Formaldehyd-Ammoniak-Kondensationsprodukt. Färb- und geruchlose, süßlich mit bitterem Nachgeschmack schmeckende, Kristalle. Löst sich in Wasser unter Wärmeentwicklung zu einem Hexahydrat, das dann unter Wärmeaufnahme in Lösung geht. 100 g Wasser lösen bei 12° 81,3 g Hexa; 100 g Chloroform lösen 8 g; 100 g Alkohol 3,22 g. Löslich in 7 Tl. heißen und 14 Tl. kalten Alkohol; fast unlöslich in Äther. H. ist durch große Reaktionsfähigkeit ausgezeichnet. Gibt Verbindungen mit Metallsalzen und komplexen Säuren, liefert Additionsprodukte mit Phenolen, verbindet sich als tertiäre Basis mit Halogenalkylen und analog gebauten Substanzen usw. Muttersubstanz und Mischbestandteil zahlreicher ArzneistofTe, dient ferner zusammen mit Kochsalz und Borax als Erregersalz für galvanische Elemente, das am Zink keine Kristalle ansetzt, bildet einen Zusatz zu Leimwalzen- u. a. insbesondere Casein-Kunstmassen, die es vermöge seiner Wirkung als Formaldehydabkömmling härtet, dient zum Färben und künstlichen Altern des Holzes, als Hartspiritusersatz, allein oder in Verbindung mit Borsäure (Borovertin), Guajacol u . a . als Desinfektionsmittel, es ist Kautschukvulkanisations-Beschleuniger, wird Kunstharz-Bildungsgemischen zugesetzt, erhöht die Gärkraft der Hefe und gibt nitriert einen Sprengstoff, dessen Lösung in Trinitrotoluol mit Nitrocellulose gelatiniert. Llt.: Altpeter, Hexamethylentetramin (Bd. 48) Knapp-Halle 1931. Hersteller: „Bayer" I. G. Farbenindustrie A.-G. Leverkusen. — Dr. Chr. Brunnengräber, Chemische Fabrik & Co., Lübeck. — Byk-Guldenwerke, Chemische Fabrik A.-G., Berlin KW 87.—Fahlberg-List A.-G., Chemische Fabriken, Magdeburg-Südost. — Hiag-Verein, Holzverkohlungs-Industrie G. m. b. H., Frankfurt a. M. — J . D. Biedel-E. de HaSn A.-G. Berlin. — I. G. Farbenindustrie, Frankfurt a. M.

H o c h p o l y m e r e Stoffe. Die klassische organische Chemie kennt heute über 300000 Verbindungen. Bei den meisten liegt das Molekulargewicht unter 1000, bei relativ wenigen etwa bis 4000. Die Anzahl der Atome in diesen Verbindungen ist also ebenfalls relativ klein (bis zu einigen 100). Bei den hochmolekularen Stoffen beträgt im Gegensatz hierzu die Anzahl der Atome tausende, zehntausende, nach neuesten Arbeiten sogar mehrere Millionen. Stoffe dieser Art sind natürlich von den niedrig molekularen in ihren gesamten chemischen physikalischen Verhalten vollkommen verschieden. — Makromolekulare Stoffe geben kolloidale'.Lösungen, die jedoch insofern echte und normale Lösungen sind, als in ihnen die Makromoleküle molekulardispers verteilt sind. Da sie aber die Dimensionen von Kolloidteilchen haben, ist das Verhalten der Lösungen denen von kolloidalen Lösungen gleich. — Zu berücksichtigen ist ferner die Gestalt der Moleküle. Die Größenverhältnisse und die Oberfläche muß sich um so mehr voneinander unterscheiden, je nachdem die Makromoleküle kugel- oder fadenförmig sind. — Als Definition kann gelten, daß in einem Makromolekül mindestens 1000 Atome untereinander durch Hauptvalenzen gebunden sind und zwar in einer oder mehreren Dimensionen. Die Tabelle 1 zeigt einige Unterschiede zwischen makro- und mikromolekularen Verbindungen. Konstitution. Der Aufbau ist relativ einfach. Aus ein und demselben Grundmolekül ist ein Makromolekül so aufgebaut, daß zahlreiche Grundmoleküle durch Hauptvalenzen untereinander verbunden sind. So entstehen die verschiedensten Größenordnungen je nach der Anzahl der miteinander verbundenen Grundmoleküle. Aus diesem Grunde erhält man bei der Polymerisation stets Gemische von Stoffen gleichen Baues aber Verschiedenen Polymerisationsgrades, also Polymerhomologe. — Zahlreiche in der Technik verwendete Stoffe

Iloehpolymere Stoffe

387

Tabelle 1 Unterschiede zwischen niedermolekularen und makromolekularen Verbindungen. Niedermolekular Molekulargewicht Zahl der Atome im Molekül Stoffe bestehen aus . . .

< 1000 einheitlichen Molekülen Molekülgitter molekulare Lösung monodispers

Kristallbau Lösung Darstellung durch

< 10000

....

Synthese

Makromolekular >10000 > 1000 polymereinheitlichen Molekülen Makromolekülgitter makromolekulare Lösung = kolloide Lösung, polydispers Polymerisation, (Kettenreaktion), Polykondensation

sind als Fadenmoleküle (Stab- oder Kettenmoleküle) aufgebaut. Bei diesen „eindimensionalen" Stoffen ist die Kenntnis der Länge der Fadenmoleküle besonders wichtig, da von ihr die physikalischen Eigenschaften abhängen. — Die Länge der Stabmoleküle kann erstaunlich groß sein, nämlich bis zu 1 fi, also in das Gebiet sichtbarer Dimensionen fallen. Wegen des geringen Durchmessers ist ultramikroskopische Beobachtung nicht möglich. Darstellung. Die Synthese erfolgt entweder durch Polymerisation oder durch Polykondensation. Bei der ersten Methode gehen die Moleküle durch eine Kettenreaktion in hochmolekulare Stoffe über, bis diese schließlich durch eine Nebenreaktion abgebrochen wird. Die Größe der entstandenen Makromoleküle schwankt innerhalb weiter Grenzen. Polykondensationen führen entweder zu Fadenmolekülen oder zu dreidimensionalen Makromolekülen. Bei ersterem Prozeß entstehen meist keine großen Moleküle, während bei dreidimensionaler Kondensation Makromoleküle erheblicher Größe entstehen können: ein Bakelitstück kann als einziges Makromolekül bezeichnet werden, weil in ihm wahrscheinlich alle Grundmoleküle untereinander durch Hauptvalenzen gebunden sind. Tabelle 2 Eigenschaften hochmolekularer Stolle nach der Gestalt ihrer Makromoleküle. Kugelmoleküle = Sphärokolloide

Faden-( Stab-)Moleküle =Linearkolloide Faserstruktur unter Quellung hochviscos Sol- und Gel-Lösungen

Fester Zustand Auflösung Lösung Lösungszustand

keine Faserstruktur ohne Quellung niederviscos nur Sollösungen

Osmotischer Druck .

— = nicht konstant £ = k gehorcht dem Gesetz von gehorcht nicht dem Gesetz von Fick Fick Newtonsche Strömung Abweichungen vom HagenPoiseuilleschen Gesetz

Diffusion Art der Strömung . .

Physikalische Eigenschaften. Tabelle 2 gibt einige Eigenschaften hochmolekularer Stoffe nach der Gestalt ihrer Makromoleküle. Die Kristallisation erfolgt im 25*

388

Holz

Makromolekülgitter, dessen Eigenart darin besteht, daß Fadenmoleküle ungleicher Länge sich zu einem Kristallit zusammenlagern. Bei Stoffen mit hohem Polymerisationsgrad tritt eine mikroskopisch sichtbare flbrilläre Struktur auf. Ferner zeigen sich bei Stoffen mit Fadenmolekülen Quellungserscheinungen. — Wichtig sind ferner die verschiedenen Viscositätserscheinungen usw. Bei höheren Konzentrationen bilden sich Gele, die gleichsam einen neuen Aggregatzustand zwischen flüssig und fest darstellen und für makromolekulare Stoffe mit langen Fadenmolekülen charakteristisch sind. — Von den zahlreichen Abweichungen im chemischen Verhalten sei nur folgendes erwähnt. Die Unbeständigkeit nimmt mit zunehmender Länge bei Fadenmolekülen bedeutend zu. — Makromoleküle wie Kautschuk und Cellulose sind ferner z. B. in Lösung gegen Luft sehr empfindlich, in manchen Fällen wie beim Kautschuk aber nur bei gleichzeitiger Belichtung. — Ferner zeigt sich, daß eine kleine Gruppe im Molekül, die nur 1% des Gesamtmoleküls ausmacht, die ehem. Umsetzung des ganzen Moleküls beeinflussen kann. — Wenn ein niedermolekularer Stoff verändert werden soll, müssen alle seine Mol. durch das Reagens verändert werden. Es sind daher relativ große Mengen des Reagens notwendig. Bei Umsatz makromol. Stoffe genügt in Gegensatz hierzu infolge der Größe der Makromol. schon eine kleine Menge Reagens, um sämtliche Makromol. zu verändern. — Ebenfalls gehören nur verschwindend kleine Reagensmengen dazu, um Veränderungen hervorzurufen, a n denen nur einzelne Grundmol. der Kette beteiligt sind. Makromolekulare Stoffe finden heute in der Technik immer größere Verwendung: z. B. Kunstseide, Buna, Kunstharze, alle Kunststoffe, Lacke usw. Näheres s. u. Kunststoffe; Kautschuksynthese; Kunstseide; Zellwolle; Cellulose; Polymerisation, u. a. m. Llt.: M. Ulmann, HolekülgröBen-Bestimmungen lioclipoiymerer Naturstoffen. 193(i. — Zur Entwicklung der Chemie der Hochpolymeren. Vlg. Chemie 1037. — H. Mark, Allgemeine Grundlagen der hochpolymeren Chemie. 1940. — K. Meyer, Die hochpolymeren Verbindungen, 1040.

H o l z . Hauptsubstanz der Bäume und Sträucher, kein in sich gleichartiger Stoff von einfachem Gefüge, sondern ein Zellengewebe, das sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt. Für technische Zwecke wichtig ist die Unterscheidung des älteren, härteren, dunkleren Kernholzes vom saftreichen, hellen lebenskräftigen Splintholz. Die Dichte von grünem Holz schwankt zwischen 0,38—1,28, die Dichte von bei ca. 60° gut getrocknetem Holz ist durchschnittlich 0,39—1,03. Die geringste Dichte haben die exotischen Korkhölzer (0,25), zu den schwersten Hölzern zählen Pockholz (1,39), Ebenholz (1,259), Kokoboloholz (1,12), auch Baryxylon, ostindisches Eisenholz. — Unter H ä r t e des Holzes versteht man den Widerstand, den es dem Eindringen eines Werkzeuges entgegensetzt. Weiche Hölzer sind unsere Nadelhölzer, ferner Pappeln, Erlen, Roßkastanien, Linden, Birken. Eiche, Nußbaum, Bux und andere langsam wachsende, vor allem zahlreiche tropische Bäume, liefern Harthölzer. Das harte, schwere, wertvolle Stammholz tropischer Diospyrusarten, im englischen Handel „Persimmon", ist das echte, deutsches Taxusholz, das unechte, Amarantholz das blaue E b e n h o l z . Die E i s e n h ö l z e r tropischer Lauraceen, Myrtaceen, Rubiaceen sind häufig so hart, daß sie sich nur mit besten Stahlwerkzeugen bearbeiten lassen. Besonders wertvoll für Drechslerarbeiten, WerkzeuggrilTe, Walzen u. dgl. sind Karibisches, Cartagena-, Königs- oder Tembesu-, Panakokoholz. C h e m i s c h : durch Aufschließen der Holzsubstanz mit Chlordioxyd (E. Schmidt, Pap.fabr. 1928, 379) wurde das Holzgerüst als chemische u. z. esterartige Verbindung von C e l l u l o s e mit Pentosanen (Laubholz) und Hexosanen (Hemicellulose, Nadelholz) und ferner mit einer Zuckersäure (in Summe techn. als H o l z g u m m i bezeichnet) erkannt. Die das Gerüst ausfüllenden, noch wenig erforschten, ebenfalls für jede Holzart eigenartigen L i g n i n e (Inkrusten, Ver-

Holz

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holzungssubstanz) stehen in genetischem Zusammenhang mit zuckerartigen Kohlehydraten, sind jedoch cyklischer Natur, ausgezeichnet durch ihre gegenüber der Gerüstsubstanz wesentlich leichtere Oxydierbarkeit. Cellulose und Lignin unterscheiden sich in der Bruttoformel nur durch ihren Wassergehalt, geben bei der Inkohlung dieselbe Endkohle (Bergius). — H o l z s u b s t a n z e n t h ä l t (abgerundet) frisch 45% (Kern 15, Splint 50%) Wasser; ferner vom Trockengewicht: 1.) 47—62% Kohlenhydrate, u. z. Orthocellulosen, die schwer (z. B. mit verdünnten Säuren eventl. unter Druck gekocht) und Hemicellulosen, die leicht zu Hexosen (Dextrose, daneben Galactose und Mannose) und zum geringeren Teil zu Pentosen hydrolysiert werden (Hexosane und Pentosane). 2.) 20—30% Lignine (Inkrusten, NichtcellulosestofTe, Skierogen), reich an Methyl- und Methoxygruppen, die in den Holzzerlegungsprodukten als Holzgeist, Guajacol u. a. auch als Essigsäure wiedererscheinen, welch letztere jedoch auch aus den Cellulosen entsteht. Weiter sind vorhanden: 1 (Pappel) bis 2 (Birke) % Proteine, 0,4 (Tanne) bis 1,1% (Pappel) Asche und 0,7 (Buche) bis 3% (Tanne, Fichte) Harz, Fett, Färb-, Gerbstoff usw. Elementarzusammensetzung: Aschefreies trockenes H o l z 50—57 C, 6—7 H, 37—43 0 und 1— 1,5 N; C e l l u l o s e 44 C, 6 H, 50 O; L i g n i n (s. d.), wechselnd in weiten Grenzen 56—62 (auch 69) C, 5—6 H, 32 bis 39 O. Technisch von großer Bedeutung ist vor allem der Wassergehalt des Holzes als Werk- und Baustoff; er ist die Ursache 1.) vom sog. Arbeiten des Holzes d. i. seines Schwindens (Zusammenziehen) und Quellens in trockener bzw. feuchter Luft (Folge: das Holz reißt, wirft und zieht sich) und 2.) der bis zur Fäulnis fortschreitenden Zersetzung, die oft schon im lebenden Stamme unter dem Einfluß von Pilzen einsetzt. Gefälltes Holz ist besonders gefährdet und vor Ansteckung durch Fäulniskeime zu bewahren. Bei der Trocken-(Weiß-)faule oder Vermoderung, d. i. ein Oxydationsvorgang, wird das Holz zerreiblich und zerfällt allmählich zu einer mulmigen weißen, im Dunkeln phosphoreszierenden Masse. Daneben schreitet oft auch die Ilumifikation des Holzes vor, die bei Anwesenheit von Feuchtigkeit auch unter Sauerstollabschluß in die Naßfäule übergeht (s. Hausschwamm). Die Hölzer verhalten sich hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit sehr verschieden, am widerstandsfähigsten gegen Fäulnis sind Eiche (15), Lärche (10) und Kiefer (7—8 Jahre), Schwellen und Grubenhölzer aus roher Tanne und Fichte sind nach 4—5, aus Buche schon nach 2—3 Jahren zerstört; Insektenlarven und Würmer unterstützen den Vorgang, der in stehenden Gewässern und in feuchter Erde besonders rasch vor sich geht, während bewegtes Wasser, das den gärungsfähigen Holzsaft auswäscht und die Faser mit seinen Härtebildnern verkrustet, konservierende Wirkung ausübt (Pfahlbauten). Am schlechtesten hält sich Holz in Kalk-, besser in trockenem Sand-, am besten in (auch nassem) Ton-, Lehmund Sandboden; stets ist schweres und ferner Kernholz dauerhafter als leichtes und Splintholz. Durch besondere Widerstandsfähigkeit zeichnet sich das zum Bau chemischer Apparate viel gebrauchte Pitch-pine-holz der amerikanischen Pechkiefer aus. D e u t s c h l a n d p r o d u z i e r t auf 12 Mill. ha Waldfläche jährlich 50 Mill. cbm Nutzholz. — N u t z u n g deutscher Holzarten: Laub, Nadeln (Streu); Rinde (Buche und Kiefer wertlos, Fichten-, Tannen-, junge Eichenrinde: Gerbstoffe); Harz (Harzung oder Stockholzextraktion); Holz: lufttrocken, imprägniert als Bau- und Werkstoff; geschnitten, gefräst: Furniere, Holzwolle; dünnplattig verleimt: Sperrholz; mechanisch (und chemisch) zerfasert: Holzschliff und -stofT (Halbzellstoff); chemisch-physikalisch aufgeschlossen (sauer oder alkalisch): Cellulose (-ablaugen); mit Salzsäure hydrolysiert: Zucker und Alkohol; destruktiv abgebaut: Essigsäure, Aceton, Kohle; Abfälle, Krummwuchs, Sägemehl: Brennholz, Steinholz (s. d.). In Schweden preßt man das Sägemehl (über seinen Transport s. Chem. Ztg. 1930, 190) zu Brennformlingen, die dort billiger sind als die eingeführten Braunkohlenbriketts und sich gut einführen,

390

Holzaufschließung—Holzersatzmassen

da sie im Feuer nicht zerfallen. — H o l z m e h l wird durch Schleifen und Mahlen von Fichten- oder Tannenholz gewonnen und nur getrocknet oder leicht geröstet. Es dient für Preßwaren aus Kunstmassen (s. a. Holzersatz), für Steinholz-Fußböden, als Sprengstoffzusatz; große Mengen verbraucht die Linoleumfabrikation (eine einzige Fabrik jährlich 280 Wagen); vgl. R. Meldau, VDI Ztschr. 1929, 1315. — S. a. Beizen; Brennstoffe I I I ; Industriegase; Spiritusbrennerei I, 3; Behälter. 1 F e s t m e t e r (fm) = 1 cbm Holzmasse; dagegen ist 1 Raummeter (rm) gleich 1 cbm geschichteten Holzes mit Zwischenräumen; 1 rm Scheite = 0,7—,08 1 rm Stöcke = 0,45 fm. Lit.: L. Lewin, Gifte im Holzgewerbe, Berlin 1928. — Eigenschaften und Verwertmöglichkeiten des Holzes: A.Nowak, Chem.-Ztg. 1930,' 300. — Schwind- und Quellverhütung bei frischem Holze: Falck, Chem.-Ztg. 1930, 569. — Kollmann, Technologie des Holzes, Springer-Berlin 1936. — F. Kollmann, Holz als Roh- und Werkstoff, 1938 (vierteljährlich). — L. Engelbrecht, Das Holz, 1939. — K. Hägglund: Holzchemie, Leipzig 1939. — S. Gayer, Die Holzarten und ihre Verwendung i. d. Technik, 1939. — K. Trendelenburg, Das Holz als Rohstoff, 1939. — Staatl. Materialprüfungsamt Berlin-Dahlem, Holzschutzmittel, 1940. Herst: FlQssiges Holz: C. Heyderhoff, Lackfabrik, Berlin SO 16. — K n e t b a r e s Holz: G. Hellwig G. m. b. H., Frankfurt/M.-West. — Holzmehl: Holzmehlfabrik Hasse, Ostrauer Mühle bei Bad Schandau. — Mineral-Mahlwerk Wahlbach G . m . b . H . , Wahlbach bei Burbach/Westf. Berat.: H o l z b e a r b e i t u n g s m a s c h i n e n : A.GoedeG.m. b. H., Berlin-Wittenau.— Gustav Löwe, BöhlitzEhrenberg b. Leipzig. — Adolf Aldinger, Stuttgart-Obertürkheim. — Bachmann Sc Ladewig A.-G., Chemnitz.— Ewald Busse G. m. b. H., Ellrich (Südharz). — Joh. Hugo, Aalen i. Württ. — Holzbiegmaschinenf a b r i k G . m . b . H . , Kitzingen. — A u f b e r e i t u n g s m a s c h i n e n : Albert Bezner, Ravensburg. — Heinr. Wigger 4c Co., Unna. — Z e r k l e i n e r u n g s m a s c h i n e n : Ing. Karl Behnsen & Co., Großauheim (Hanau). — Z e r f a s e r e r : Karl Behnsen & Co., Großauheim.

H o l z a u f s c h l i e ß u n g , m e c h a n i s c h e s Freilegen der Faser durch Schleifen (Holzschliff) oder Befreiung der Cellulose von den Inkrusten durch deren Herauslösen, gegründet auf der Widerstandsfähigkeit des Zellstoffes gegen alkalische und schwefligsaure Laugen auch bei Kochhitze unter Druck. Sekundär verlaufen c h e m i s c h e Vorgänge, u. z. beim Schleifen unter dem Einflüsse der Reibungswärme (Braunfärbung), bei Anwendung-von Chemikalien durch deren Wechselwirkung mit dem Inkrusten. Jene Holzaufschließungsverfahren sind die besten, die das Fasermaterial möglichst wenig beeinflussen. A. Durch Schleifen werden gewonnen: a) weißer Holzschliff, und zwar 1. Kaltschliff, 2. Heißschliff; b) brauner Holzstoff, erhalten 3. durch Vordämpfen des Holzes mit Wasserdampf, 4. durch Vorkochen mit Wasser und 5. durch Vorkochen mit Lauge. B. Durch Kochen werden gewonnen: c) Cellulosen, und zwar 6. durch Druckkochen des Holzes mit Natronlauge, 7. mit Sulfatlauge und 8. mit Sulfitlauge. Buche ist für Holzstoff nicht, hingegen für Zellstoff, Verzuckerung und Naßverkohlung sehr brauchbar. Fichte ist das beste Holz- und Zellstoffmaterial, Kiefer ist wegen ihres hohen Harzgehaltes für Holzstoff weniger geeignet. H o l z e r s a t z m a s s e n . Kunststoffe, die größere Mengen organischer, meist cellulosehaltiger Substanz (Sägemehl) in vorwiegend organischer Bindung enthalten. Sie dienen auch dementsprechend und im Gegensätze zu den „Steinholzmassen" (Sägemehl u. dgl. in Magnesiazementbindung) nicht wie diese als an Ort und Stelle zu verlegender Boden- und Wandbelag (z. B. Xylolith), sondern in erster Linie zur Herstellung von Platten, Bilderrahmenleisten, Knöpfen u. a. Gebrauchsgegenständen; natürlich gibt es zwischen beiden Gruppen der Fabrikate Übergänge. H e r s t e l l u n g : inniges Vermählen und Verkneten des Sägemehles (Papierbrei, Faserabfall, Holzstoff, Holzschliff, Laub, Torf, Nadelholznadeln) mit leimigen, harzigen, öligen Bindemitteln, auch mit Casein, Blut, Sulfitlauge, Wasserglas als Klebstoff, ferner mit Mineralfarben, soweit man nicht das organische Material mit Teerfarbstoffen vorfärbt, in Werner-Pfleiderermaschinen -bis zur völligen Homogenität ; Pressen in Formen und, zum Abbinden durch Verdunstung des Bindemittel-Lösungsmittels, Trocknen im Ofen oder unter hohem Druck in der Form belassen, bis die chemische Abbindung vor sich gegangen ist. Nachträglich werden die Gegenstände mechanisch bearbeitet (gehobelt, gedreht usw.), poliert und evtl. zum Schutze gegen Feuchtigkeit lackiert. Sog. flüssiges oder

Holzextraktion (-destillation)—Holzfärberei

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plastisches Holz, gipsartig formbar, z. B. für „Holzstuck", ist ähnlich wie „Kaltsiegellack" eine (hier mit Holzmehl) gefüllte, gefärbte, etwa 7proz. Aceton-(u. a.) Kollodiumlösung; erstarrt nach Verdunsten des Lösungsmittels steinartig. Zu den K u n s t h ö l z e r n sind auch Erzeugnisse zu zählen, die durch besondere Behandlung des Holzes erzeugt, gewisse Eigenschaften erhalten, die ihm sonst fehlen. Hierher gehört das Sperrholz und das ähnlich, jedoch aus weit dünneren Fournieren durch Verpressen der kreuzweise gelegten Blätter hergestellte Forssmanholz (wasserdicht gemacht wie Papiermache verwendbar). Ferner das Lignostoneholz, erzeugt durch allseitiges Zusammendrücken von im Vakuum getrocknetem Buchenholz unter so hohem Druck, daß eine homogene Masse resultiert, die auch mikroskopisch keine Poren mehr erkennen läßt und die Härte des Zinks erreicht. S. a. Biegehölzer in Holzimprägnierung. Aus Buchenholzfilz (s. Holzschliff) erzeugt man neuzeitlich schalldichte Bodenbelagplatten. S. a. Kork. Herst.: P l a h o (Plastisches Holz): Warnecke & Böhm A.-G., Berlln-Weißensee.— Arthur Cramer, KasselWllhelmshöhe („Innungit" knetbares Holz). — Paul Propfe, Neschwitz a. d. Elbe, Sudetengau.

Holzextraktion(-destillation) erfolgt in häufig der Holzverkohlung (s. d.) angegliederten Betrieben holzreicher Gegenden zur Gewinnung der im Holze namentlich in den Wurzelstöcken, Abfällen, Koniferennadeln enthaltenen Harzund Terpentinstoffe. — Von den Methoden zur Verwertung harzreicher Kiefernholzabfälle mit Verwendung von überhitztem Wasser, Destillation mit Wasserdampf oder heißen Gasen, Extraktion mit Harz-, Teer- und Pechbädern oder mit Soda oder Ammoniak, ferner der Vakuumdestillation, der Trockendestillation und der (Druck-)Extraktion mit flüchtigen L ö s u n g s m i t t e l n ist nur die letztgenannte Methode wirtschaftlich aussichtsreich, da man nur nach ihr, ohne die Faser zu schädigen, Harze erhalten kann, die dem natürlichen Balsam oder Terpentin der lebenden Bäume gleichwertig sind. In USA. wird die H0l7.ext.raktion in großem Maßstabe mit gesättigtem Dampf unter Normaldruck bei 95 bis 100° (Terpentin- und Fichtenölgewinnung) oder mit 175—200® überhitztem Dampf (gleichzeitig Harzgewinnung) ausgeführt. Man erhält im letzten Falle aus 2700 kg Holz rund 94 1 Terpentinöl (3%), 17 1 gelbes Öl (0,56%) und 144 kg Harz (5,3%), destilliert man t r o c k e n (s. Holzverkohlung), so resultieren ganz andere Produkte, nämlich: 21 kg Graukalk, 70 1 helles öl (2,34%), 476 kg Holzkohle (17,5%), 552 kg Holzteer (20,3%) und 2% Gas. Als Holzextraktionsprodukt ist auch das Tallöl aufzufassen, das sich beim Natronkochen des Kiefernholzes als Oberflächenschaum der Schwarzlauge abscheidet (s. Cellulose). Tallöl (Savonetteöl der Kriegsseifen) enthält durchschnittlich: 50—55% (z. T. polymerisierte) vorwiegend ungesättigte Fettsäuren (Öl-, Linolsäure), 30—35% Harz-(Abietin-)säure, 10—15% Unverseifbares (namentlich das Phytosterin C22H380) und etwa 2% petrolätherunlösliche, färbende Substanz. Es wird neuzeitlich durch Sulfonierung in wertvolle Netz-, Reinigungsund Emulgiermittel übergeführt (Türkischrotölersatz), dient wohl auch in der Lack- und Anstrichindustrie, als Seifensudzusatz und zusammen mit Montanwachs zur Papierleimung. — Mit Hilfe a l k a l i s c h e r Extraktionsmittel, z. B. Kalkwasser, kann man aus Buchenholz 3—6% Essigsäure gewinnen, die 1—2% Ameisensäure enthält. Buchenblätter oder Heu geben 4%, Eichenholzextrakt bis zu 25% essigsaures Calcium (Graukalk), letzterer daneben noch 3—4% Oxalsäure. Heist.: T a l l ö l - D e s t i l l a t : Spangenberg-Werke, Hamburg-Eidelstedt. Heist.: Anlagen: Ing- Lud. Mayer, Hannover. — Volkmar Hänig & Comp., Heidenau-Süd.

Holzfarberei (s. Färberei, Strohfärberei, Holzimprägnierung). Das Fasermaterial „Holz" ist im Vergleich zur lose liegenden, auch im Gewebe leicht durchdringbaren Pflanzenfaser in verschiedenen Teilen verschieden dicht und mit zahlreichen Fremdstoffen durchsetzt. Farbstofflösungen (ebenso die zum B l e i c h e n von Hölzern verwendete ammoniakalische H202-lösung) dringen darum auch,

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Holzgas

sogar beim Durchfärben der Holzmassc, in Kern und Splint verschieden tief, beim gewöhnlichen Färben, das man als Beizen bezeichnet, höchstens 1 mm tief in die Holzoberfläche ein. Da weicheres Holz aufnahmefähiger f ü r Farbstoff ist als das härtere Holz, z. B. der Jahresringe, hebt die Beize zum Unterschied von der Lasurfarbe oder vom Holzanstrich die Maserung hervor H o l z b e i z e n sind Lösungen von Farbstoffen oder von Chemikalien, die, untereinander oder auch mit dem Gerbstoff des Holzes in Wechselwirkung tretend, Färbungen oder farbige Niederschläge ergeben. Man unterscheidet: a) Wasserbeizen, d . s . wäßrige Lösungen von natürlichen oder künstlichen Farbstoffen, aromatischen Hydroxylverbindungen (Phenolen) oder Metallsalzen. Sie sind lichtecht, billig, ziehen gut auf, rauhen aber die Holzoberfläche, b) Spritbeizen sind Lösungen von Teerfarbstoffen in Alkohol. Weniger lichtecht, teuer, ziehen selten g u t auf, rauhen das Holz nicht; werden meist nur zum Anfärben von Harz- und Wachspolituren verwandt, c) Terpentinöl- und Terpentinölwachsbeizen verhalten sich wie die Spritbeizen, ziehen jedoch gleichmäßiger auf. d) Ammoniakräucherbeizen. Ihre Wirkung beruht auf der Dunkelfärbung gerbstoffreicher Hölzer unter dem Einfluß von Ammoniakgas, das man durch Verdunstenlassen von Salmiakgeist in einem geschlossenen, die Hölzer enthaltenden Räume erzeugt. Auch die Dämpfe von Anilin und anderen Basen (Hexamethylentetramin) bewirken dieses k ü n s t l i c h e A l t e r n des Holzes. Gerbstoffarme Hölzer werden, ganz im Einklang mit dem Beizen der Baumwolle, mit Tanninlösung vor- und mit Ammoniak oder Beizenfarbstoffen nachbehandelt. Zum Schluß fixiert man dann mit Bichromatlösung oder zum Tiefschwarzfärben mit Ammoniumvanadatlösung. e) Humusbeizung. Sie vollzieht sich unter dem Einflüsse der Bodengase bei Gegenwart von Jauche oder Kalk und verleiht dem eingegrabenen Holze, wie die Ammoniakräucherung, braune Alterstöne. Am besten erreicht man künstlich gealtertes Holz im Marktwerte von 10 Jahre gelagerten Stämmen durch Behandlung mit Ozon. Nach alten, in der Neuzeit wieder aufgenommenen Verfahren kann man auch l e b e n d e s , wachsendes Holz imprägnieren und färben, durch Anschneiden oder Anbohren des Stammes und Einfließenlassen einer FarbstolTlösung in die Bastfaser. Man verwendet Oxydationsmittel und Rindenextrakte, seltener Teerfarbstoffe. Ebenso können auch Gemenge von Farblösungen und Konservierungsflüssigkeiten Anwendung finden. Der zirkulierende Saft der Pflanze führt die Farbstofflösung bis in die äußersten Spitzen, sogar bis in die Blätter, und man erhält nuancenreiche Färbungen im Gegensatz zu jenen, die man mit unter Druck in das tote Holz eingeführten Farbstofflösungen erzeugt. — Manche Naturhölzer haben Eigenfarbe, die jedoch selten beständig (Ebenholz), meist unbeständig wenig lichtecht ist, so z. B. beim Amaranth-, auch Veilchen-, Purpur-, oder blauen Ebenholz eines mittelamerikanischen Baumes für Drechsler- und Kleinholzarbeiten. Der Farbstoff läßt sich mit Wasser ausziehen und wird von Alkali (NH 3 ) zerstört, so daß man besser andere billige Holzarten mit Teerfarbstoffen violett färbt. — S. a. Kaßlerbraun in Erdfarben. Herst.: H o l z b e i z e n : Cords u. Nordkemper, Hamm i. Westf. — Hugo Michael, Chera. Fabrik, AussigT a r m i t z . — Dr. Aug. Marten, Lehrte. — Dr. K. Brinkmann, K.-G., Hamburg 26. —• Hch. Jordan u. Co., Lackfabrik, Würzburg. — G. Hellwig G. m. b. H., i'rankfurt/M.-West.

Holzgas, in. waldreichen, kohlenarmen Ländern (Schweiz, Skandinavien) durch Zersetzungsdestillation des Holzes gewonnenes Leuchtgas (s. d.). Man erhitzt wie bei der Steinkohlenentgasung die mit stückigem Holz und 10% Steinkohle gefüllten, zweckmäßig schräg liegenden Retorten auf 1100—1200°, zersetzt so den größten Teil der Essigsäure (s. Holzverkohlung), deren Rest durch das aus der beigegebenen Kohle entstehende Ammoniak neutralisiert wird, und zwingt das Gas, eine ständig in der Retorte verbleibende Schicht glühender Holzkohle zu durchstreichen, so daß ein großer Teil der in Massen gebildeten Kohlensäure zu Kohlenoxyd reduziert wird. Als Folge dieser Ü b e r h i t z u n g er-

Holzhydrolvse(-Verzuckerung)—Holzimprägnierung

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hält man aus 100 kg Nadelholz 60—70 cbm Gas mit 3000 Cal. oberem Heizwert von der Zusammensetzung: 44—48% H 2 , 10—15% CH4, 15—30% CO, 1—3% Kohlenwasserstoff, 10—16% C0 2 , 1—2% O und 2—4% N, während bei der normalen Holzverkohlung 100 T. Holz nur 21 T. Gas, bestehend aus 55% C0 2 , 34% CO und 7% CH4 ohne Wasserstoff und schwere Kohlenwasserstoffe geben. Der Heizwert des Gases wird höher (4000—4500 Cal.), wenn man, wie es in der Schweiz geschieht, dem Holzgas 10% Acetylen und 40% Steinkohlengas beimischt; der Kalkschlamm der Acetylenerzeugung dient zur Kohlensäureabsorption, wodurch das mit Verlusten an schweren Kohlenwasserstoffen verbundene Durchleiten des Gases durch glühende Holzkohle vermieden wird; vgl. Harzöle. — Neu ist der Vorschlag (vgl. ZB1. 1929, I, 2497), das Holz vor der Vergasung bei 275—290° mit Gewinnung größerer Mengen der Nebenprodukte zu entgasen. Herst.: Anlagen: Wilh. Härdrich, Duisburg.

Holzhydrolyse(-verzuckerung). Abbau der Holzsubstanz zur Gewinnung zuckerreicher maisähnlicher Kraftfuttermittel, evtl. weiter zur Vergärung der gebildeten Zucker auf Alkohol (s. Spiritusbrennerei 4). Die Versuche, dieses Ziel zu erreichen, sind alt (s. die Lit. in Lange, Chem.-Techn. Vorschr. Bd. II, Kap. 108), aber erst in neuester Zeit sind Verfahren bekannt geworden, die technisch zum Ziele führen und wirtschaftlich befriedigen. — Diese Art der Holzaufschließung (s. d.) erfolgt seit jeher mittels Säuren (nach den neueren Methoden des E. P. 311695 z.B. mit schwefelsäurehaltiger Ameisensäure, nach DRP. 351363 durch Perkolieren des Holzmehls mit O.lproz. H 2 S0 4 ), nach Bergius mit höchstkonz. Salzsäure (Willstädter; s. Cellulose) im Gegenstrom zum Holzmehl. Neu und ausschlagebend ist das Vermeiden der Zersetzung des gebildeten Kohlenhydratgemisches durch die Säure und deren restlose Wiedergewinnung. Dies geschieht in der Weise, daß man den Zuckersirup von oben herab durch einen aus hocherhitztem Gasöl gebildeten Schleier zerstäubt. Salzsäure (nebst gebildeter Essigsäure) werden abgesaugt und es resultiert ein trockenes graues Zuckerpulver, das nach Neutralisieren der noch in ihm enthaltenen HCl-reste direkt verfüttert werden kann. Nebenprodukte sind Essigsäure und direkt zu Brennstoff brikettierbare Ligninmassen; dadurch wird das Verfahren zu einem nahezu 100proz. auswertbaren Prozeß. Eine Beschreibung des letztgenannten (Rheinau-) Holzverzuckerungsverfahren (ausgeführt in Prodoritapparaten) von W. Ormandy, findet sich als Ref. in Angew. Ch. 1926, 1271; s. a. Naphthali, Angew. Ch. 1930, 215. •—• In der Brennerei Tornesch (Holstein) bewirkt man die saure Holzverzuckerung mit Spuren Säure jedoch lediglich zur Spriterzeugung bei 170° unter 7—10 at Druck in sehr verd. Lösungen, deren Versieden auf Zucker unwirtschaftlich wäre. Herst.: A n l a g e n : Bergius-Bau-Gesellschaft m. b. H., Berlin W 62. — Techn. Büro Percola G. m. b. H., ^München 15. — Deutsche Bergin A.-G. für Holzhydrolyse, Mannheim-Rheinau.

Holzimprägnierung,hier zum Unterschiede von der eigentlichen Holzkonservierung (s.d.) Verfahren zum H ä r t e n und D i c h t e n des Holzes. Man tränkt die Stücke, evtl. unter gesteigertem Druck zur gleichzeitigen Formgebung z. B. für Harkenzähne und Zahnräder, mit CaCl2- oder Schwermetallsalzlös. und behandelt mit Kaliwasserglas nach (vgl. Silieatieren in Steine) oder Holz für Musikinstrumente nach Vorbehandlung mit dünner Alkalilauge mit verdünnter Säure zwecks Beseitigung der inkrustierenden Stoffe, die die Klangfülle und das leichte Ansprechen der Geigenhölzer herabmindern. Der elektrische Leitwiderstand, den die aus Holzplatten gefertigten Stromsammler-Scheidewände darbieten, läßt sich verringern, wenn man die Hölzer mit konz. Salzlösung tränkt und die Platten trocknet, so daß in ihren Poren Salzkristalle zur Abscheidung gelangen, die das Schrumpfen des Holzes im trockenen Zustande verhindern; die Salzkristalle

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Holzimprägnierung

wehren beim Zusammenbringen mit der Säure ganz oder teilweise wieder aufgelöst oder gehen unschädliche Verbindungen ein. Ähnliche Platten werden ferner, ebenso wie hölzerne Faßhähne, um ihr Springen zu verhüten, in Paraffin eingelegt, so lange über 100° erhitzt, bis keine Luftbläschen mehr entweichen; hingegen Sperrholz für Flugzeugbau wird durch Streichen mit Paraffin-Benzollösung wasserabstoßend gemacht; vgl. E. Schmidt, Sperrholz, 1929, 111. Hölzer, die g e b o g e n werden sollen (s.o.), behandelt man in einer Imprägnierlösung, die Kieselfluornatron enthält, oder macht sie durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure unter Druck für Bildhauerzwecke plastisch und weich. Bleistiftholz wird, um es zu erweichen, mit Ammoniak durchgast (s. a. Holzfärberei). — Durch Stauchen astfreier in feste Formen gespannter Holzstäbe in der Längsrichtung erhält man das bei bestimmter Temperatur biegbare, formbeständige Patentbiegeholz; s. Holzersatz. — Zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Pflasterhölzern imprägniert man sie im allgemeinen mit Teer, der einen Zusatz von Soda mit oder ohne Wasserglas erhält. Dabei spielt die Art des Imprägniergemenges eine wesentlich geringere Rolle als die Imprägnierungstemperatur. So wurde z. B. die Festigkeit der Hölzer von 323 kg/qcm des unbehandelten Materiales auf 536 kg/qcm erhöht, wenn man sie mit Wasserglas allein während 3 Stunden allmählich auf 200° erhitzte. Oberhalb dieser Temperatur besteht die Gefahr des Rissigwerdens der Klötze. — H o l z r o l l e n an Waschmaschinen oder Holzbereifungen für Wagenräder, auch Stanzklötze und Zuschneidebretter tränkt man mit Natur- oder Kunstharz-(z. B. Albertol-)lösungen, evtl. unter Zusatz von anderen Harzen, zähflüssigem Cumaronharz und Teeröl in Aceton. Um hölzerne Gegenstände gegen die Einwirkung hoher Hitzegrade und gegen chemische Agenzien widerstandsfähig zu machen, tränkt man sie mit Holzöl und erhitzt die Gegenstände dann bis zur Polymerisation des Öles auf Temperaturen über 100°. Auch Zellstoff- oder HolzschlifTgefäße widerstehen so behandelt der Einwirkung von Säuren (sogar Flußsäure und 40proz. Schwefelsäure), verdünnten Alkalien und org. Lös.mitteln (s. a. Papiermassen). Zur Verhütung leichter Entflammbarkeit verwendet man als Tränkungsflüssigkeiten die bekannten Salzlösungen (s. Flammenfeste Appretur), z. B. eine wäßrige Lösung von Magnesium- und Ammonsulfat mit 1-naphthalinsulfosaurem Mg oder Zn. „Brandkitt" ist ein pastoser Lehm-Mehlkleister-Flammenschutzanstrich für Dachsparren u.dgl. Der Holztränkung mit feuersicher machenden „ v e r s t e i n e r n d e n " anorganischen Flüssigkeiten steht die sofort einsetzende Bildung von schleimigen Niederschlägen an der Peripherie des Holzinnern und damit die Verhinderung des weiteren Eindringens der Lösungen im Wege. Nur die „Gasimprägnierung" mit Fluorsiliciumgas oder Eisencarbonyldampf könnten zum Ziele führen, evtl. auch die unter hohem Dampfdruck zu bewirkende Durchtränkung des trockenen Holzes mit Silicofluoridlösungen zum Zwecke der nachträglichen Kieselsäureabscheidung im Holze bei der folgenden Naß-Nachbehandlung, s. o.; vgl. H. Wislicenus, Angew. Ch. 1928, 1345. — Hier sei erwähnt, daß sich fossiles (versteinertes) Holz, meist mit Kieselsäure (auch Pyrit, Kalk, Eisenerz) als Versteinerungsmaterial schon in sehr alten geologischen Formationen findet; Holzopal (Kieselholz) dient als Schmuckstein. Seit kurzem gibt es auch M e t a l l h o l z , erzeugt durch Einpressen von geschmolzenen Leichtflußmetallen (-legierungen) in vorgetrocknete evakuierte Holzplatten. Über die Verwendungsmöglichkeiten des neuen Werkstoffes z. B. als Lagerschalenfutter, da seine Reibung geringer ist als jene von Metall, s. Angew. Ch. 1930, 257 u. 282. Heist.: H o l z i m p r ä g n i e r u n g s m l t t e l : Chemipharm-Gesellschaft Bolz&Co., Nürnberg-N.— Chemische Baustoffe G. m. b. H., Hamborg 39.—Consolidierte Alkaliwerke, Abteilung Hannover.—I. G. Farben A.-G., Uerdingen a. Kh. — Th. Gröger, Lobositz, Sudetengau. — Chemika, Isolierraittel f. Bautenschutz G. m. b. H., Prag II. — Schles. Aktienges. f. Bergbau u. Zinkhüttenbetrieb, Kattowitz. — Lehmann u. Voß u. Co., Hamburg 36. — Froben, Chem. Fabrik, Kitzingen a. M. Anlagen: AUgem. Holzimprägnierung G. m. b. H., Berlin-Grunewald.

Holzkonservierung

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H o l z k o n s e r v i e r u n g (Holzschutz). Holz ist chemischen und physikalischen Einflüssen gegenüber relativ widerstandsfähig, wird aber durch pflanzliche und tierische Schädlinge stark angegriffen. Pflanzl. Schädlinge sind vor allem Pilze, von denen einige Sorten, vornehmlich das Lignin, andere wie Cellulose als Nahrungsquelle benutzen. Im 1. Fall wird das Holz infolge Verschwinden des Lignins heller (Weißfäule), beim Verschwinden der Cellulose dunkler (Rotfäule). In den Tropen kommen als tierische Schädlinge vor allem die Ternjiten in Betracht, in Seewasser verbautes Holz wird durch Bohrwürmer oder Bohrmuscheln angegriffen, in unseren Breiten spielt vor allem der Holzbock resp. seine Larve in Dachkonstruktionen eine schädigende Rolle. — Der Holzschutz erstreckt sich in erster Linie gegen die Pilzschäden. Die Pilze bedürfen zu ihrem Wachstum neben dem Holz eine gewisse Feuchtigkeit, Wärme und Sauerstoff. Der Ausschluß einer dieser drei Faktoren würde bereits die Holzfäulnis beseitigen. Die Schutzverfahren. Älteste Methode ist das Anstreichen, wobei die Tiefenwirkung jedoch nicht genügend ist. Man ging daher über zu Einlagern der Hölzer und schließlich zum Einpressen der Schutzmittel oder Einsaugen unter Anwendung von Vakuum oder Druck. Ein neueres Verfahren ist das nach B o u c h e r i e benannte Verfahren der Saftverdrängung. Am Fußende der fertig abgelängten saftfrischen und entrindeten Stangen wird eine dicht schließende Kappe angebracht, die zwischen der Hirnfläche des Mastes und ihrem Verschlußdeckel einen kleinen Raum freiläßt. Vom Schlußdeckel führt über einen Rohrstutzen eine Schlauchverbindung zu einem Behälter, der auf einem 10—15 m hohen Turm steht und die Imprägnierflüssigkeit enthält. Diese dringt unter dem hydrostatischen Druck der Flüssigkeitssäule in die Saftleitungsbahnen des Holzes ein. Das im Holz befindliche Baumwasser wird vorgetrieben. Die Tränkung wird so lange fortgeführt, bis am Zopfende die Imprägnierlösung in genügender Konzentration austritt. — Eine neuere Methode ist das Osmose-Verfahren. Abgesehen vom Boucherie-Verfahren wurden Hölzer früher stets erst behandelt, wenn sie lufttrocken waren. Bei diesem Verfahren erfolgt die Behandlung ebenfalls in möglichst feuchtem Zustand. Das frisch geschlagene, geschälte und geschnitzte Holz wird auf der Mantelfläche mit einem Brei von Imprägniersalzen bestrichen. Durch das entstehende Konzentrationsgefälle wandert das Salz nach innen, das Wasser nach außen. J e länger die Eigenfeuchtigkeit im Holze bleibt, um so tiefer kann das Salz eindringen. Trocknet das Holz aus, kommt der Diffusionsvorgang zum Stillstand. Anschließend folgt Stapelung unter Abdeckung mit wasserdichtem Papier. Die Osmotierung ist je nach Art und Dicke des Holzes in 1—4 Monaten beendet. — Andere Verfahren dienen zur erneuten Schutzbehandlung bereits länger verbauter Hölzer, die schon Spuren von Fäulniserscheinungen zeigen (Leitungsmasten, Telegraphenstangen usw). Bei Anwendung der Verfahren ist kein Ausbau der Masten notwendig, also keine evtl. Leitungsunterbrechung, was praktisch sehr wichtig sein kann. Die Nachpflege erfolgt meist mit Bandagen, die so ausgeführt werden, daß das Fußende der Masten mit einem hochwirksamen Brei, aus Imprägniersalzen gestrichen, und dann mit einer möglichst wasserdichten Bandage umwickelt wird. In ähnlicher Weise kann auch der Zopf der Stange nachgepilegt oder dauernd geschützt werden. Holitehutzmlttel. Von den Ö l e n verwendet man an erster Stelle Teeröl, namentlich Steinkohlenteeröl, daneben Braunkohlen-Torf-Holzteeröl u. ähnl. Produkte. In Ländern, in denen Erdöl zu niedrigstem Preis zur Verfügung steht, wird das an sich unwirksame Erdöl oder Rückstände seiner Destillation mit Steinkohlenteeröl gemischt verwendet. Besondere Bedeutung als öliges Holzschutzmittel gewann in den letzten Jahren das Chlornaphthalin (Xylamon).—Wasserlösl. Stoffe sind in großer Anzahl bekannt. Die Zahl der wirklich wirksamen ist jedoch viel geringer. Eines der ältesten Mittel ist Quecksilberchlorid. Das Verfahren wird nach dem Erfinder Kyan als „ K y a n i s i e r u n g " bezeichnet (nicht (Cyani-

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Ilolzkonservierung

sierung). Ebenso verbreitet ist die Verwendung von Kupfervitriol, das sich, teilweise nach dem Boucherie-Verfahren angewandt, ausgezeichnet bewährt hat. Trotzdem kommen große Unterschiede vor. Am Versagen des Verf. sind eine Reihe von Holzpilzen schuld, die Oxalsäure bilden. Diese bildet mit dem Kupfersalz Kupferoxalat, welches in Wasser und Lipoiden völlig unlöslich ist und daher keine Wirkung auf die Pilze mehr ausübt. — Die Verwendung von Chlorzink ist seit 1921 um fast 90% zurückgegangen. Chlorzink wirkt stark korrodierend bei Berührung mit Eisenteilen, ist ferner nicht zu verwenden in heißen und regenreichen Gegenden. — Ferner gelangen Fluorverbindungen wie Natriumfluorid oder Metallsalze der Kieselfluorwasserstoffsäure zur Anwendung, z. B. Kieselfluorzinn (Fluralsil). Ältere Mittel sind Fluoride in Verbindung mit nitrierten Phenolen (Basilit, Triolith u. a.) oder Fluornatrium zusammen mit Dinitrophenol oder Dinitroorthokresol, letzteres als kräftig wirkender Fäulnisschutz. — Von den Arsenverbindungen wurde arsenige Säure benutzt, die aber aus dem Holz allzu leicht ausgewaschen wird. Vorgeschlagen wurden weiter Blei-Eisen-Thalliumsalze, Chromalaun, Zirkon-Titan-Antimon, Cadmiumverbindungen, Kochsalz u . a . m . bis herab zu Heringslake und Pferdeurin. — Neue wertvolle Produkte sind die Fluor-Chrom-Dinitro- und Fluor-Chrom-Arsen-Dinitrogemische (Basilit U, Triolith U, Osmolit U, Osmol U, Basilit UA, Thanalith U, Trioxan usw.). Bichromat wird im Laufe der Zeit im Holz reduziert. Das unlösliche Chromoxydhydrat als Endprodukt wäre nicht mehr wirksam. Bei Gegenwart von Fluorid oder Fluorid + Arsenat bildet sich Chromnatriumfluorid oder Chromarsenat; beide Verbindungen sind im Wasser schwer löslich, setzen dem Auslaugen starke Widerstände entgegen und besitzen trotzdem keimtötende Wirkung. Die arsenhaltigen Produkte schützen das Holz nicht nur gegen pflanzliche, sondern auch gegen tierische Schädlinge. Stand der Technik. 1938 wurden in Deutschland 120000 t Teeröl und rd. 2000 t Imprägniersalz verbraucht. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Teeröle unverdünnt benutzt werden, die Salze jedoch in wäßriger Lösung. — Als P r ü f v e r f a h r e n hat sich besonders eine Schnellmethode bewährt. Kleine Versuchsklötzchen werden mit wechselnden Konzentrationen eines Schutzstoftes imprägniert und zusammen mit behandelten Klötzchen auf üppig wachsende Kulturen holzzerstörender Pilze gelegt. Auf diese Weise lassen sich die Mengen an Schutzstoff bestimmen und verschiedene Präparate miteinander vergleichen. Für jedes Mittel ist aber eine zweckentsprechende Methode der Anwendung nötig. — Zur. Konservierung gehören auch in gewissem Sinne die Flammschutzmittel. Sie bilden entweder auf dem Holz einen dichten dem Feuer standhaltenden Überzug oder entwickeln bei der Erhitzung Gase, die die Flamme ersticken. Durch ihre Eigenschaften tragen sie gleichzeitig zur Holzkonservierung bei. Einfluß von Chemikalien. Holz besitzt wie bereits gesagt, Chemikalien gegenüber große Widerstandskraft und wird daher besonders bei Lagerung und Transport empfindlicher Stoffe Metallbehältern vorgezogen (Weinfässer, Färbereibottiche, Waschzuber, Filterrahmen usw.). Alkalische Lösungen wirken stärker quellend als Wasser, saure Lösungen verhindern die Quellung. Eine Schädigung tritt bei sauren Lösungen im allgemeinen erst bei einem pn-Wert unter 2, bei alkalischen Lösungen bei einem p n über 11 ein. Organische Säuren schädigen daher Holz auch in größeren Konzentrationen nicht. Starke Oxydationsmittel wirken in hohen Konzentationen durch Sauerstoffabgabe schädigend auf das Holz. Eigensalze können durch abwechselnde Oxydation und Reduktion schädigen. Nadelholz ist im allgemeinen widerstandsfähiger als Laubholz. Schutzmittel werden am besten bei Durchtränkung wirken. Es soll jedoch genügen, wenn die Wasseraufnahme dadurch vermindert wird, daß die einzelnen Holzelemente mit einer hauchdünnen Schicht solcher organischer Säuren bedeckt werden, deren hydrophile Carboxyl- oder Säuregruppen sich an die hygroskopi-

Ilolzoberflächenbehandlung

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sehen Hydroxylgruppen der Cellulose anlagern. In der Praxis benutzt man vor allem Paraffin, Montanwachs, Polyclilornaphthalin, natürliche Harze, Kunstharze, Schwefel. Hierdurch werden gleichzeitig die Holzeigenschaften beträchtlich verbessert. (Zusammenfassend behandelt von Dr. A. Rabanus in D. ehem. Fabr. 13, 388 (1940). LU.: F . Malilke (Troschel), H a n d b u c h der Holzkonservierung, Berlin 1921). —• Grubenholzimprägnierung: Borchers, ('hem. Tech». Kundsch. l();i(). 445ff. — Ober die H o l z t r ä n k u n g s i n d u s t r i e in Amerika s. Cheni. A p p a r a t e 1920, 224. Besonders hervorhebenswert ist die historische A r b e i t von F . Moll: Große Männer der Holzimpriigniertechnik in Angew. e h e m . 1930, 830.— Dengler, Her A u f b a u des Holzes in Mahlke-Troscels Handbucli der Holzkonservicrung, Springer-Berlin 1928. — 35 J a h r e Holzschutz durch Wolman-Salze, Allgem. Holzimprägnierung G. in. )>. H . , Berlin W 35, 1938. — Möratli, Die Widerstandsfähigkeit d. wichtigen einheimischen Holzarten gegen ehem. Angriffe, 1933. — Xowak, Holzimprägnierung m i t Wachsstoffen u. K u n s t h a r z e n , 1939. — (). Günther, Der Holzschutz u. seine B e d e u t u n g , K n a p p - H a l l e 1937. Herst.: H o l z k o n s e r v i e r u n g s m i t t e l : G u s t a v Grau & Heide!, Chemnitz. — Carl Meißner, Leipzig S 3. — Heinr. Diineke, Bremen. — Kütgers-Werke A.-G., Berlin W 35. — Sommer u. Co., Kiel. — R . Avenarius u. Co., S t u t t g a r t - H a m b u r g - B e r l i n - K ö l n . — G u s t a v A. B r a u n , Biberwerk, Köln. — Allgem. Holzimprägnierung G. in. b. H . , Berlin-Grunewald (Wolmann-Salze). H o l z s c h u t z m i t t e l : I . G . F a r b e n , F r a n k f u r t . — l t . Avenarius u. Co., S t u t t g a r t - H a m b u r g - B e r l i n Köln ( R a v e n a r , Kaco, Corbal). — Chein. F a b r i k Marktredwitz/Uav. — Chem. B a u s t o f f e G. m . b. H . , H a m b u r g 39. — Chem. F a b r i k K o t h e n / A n h a l t . — Albert Schoniburg, D e t m o l d . — Deutsche Solvay-WerkeA.-G., Wcsteregeln b. Magdeburg ( X y l a m o u ) . — Brander F a r b w e r k e , Chem. F a b r i k , B r a n d - E r b i s d o r f / S a — Leube-Werk, F a b r i k chem. Baustoffe, Nürnherg-S. — Isolin-Werk, Schwarz u. H i n t z e , H a m b u r g 1. — . Heinr. P r o p f c , Cliem. F a b r i k , Mannheim (-anstriche).

Holzoberflächenbehandlung erfolgt zur Verschönerung und zum Schutze der Gebrauchs- und Werkhölzer gegen Witterungs- und mechanische Einflüsse, u. z. wird die gehobelte, mit Poren- und Astlochfüllkitten (Spachtelmassen) gedichtete, wiederholt geschliffene glatte Holzfläche in diesem letzteren Falle mit festhaftenden, harten, fäulniswidrigen evtl. flammenfesten Anstrichen versehen, während man sie zur Verschönerung lasiert, lackiert, mattiert, beizt, poliert, mit Farben anstreicht, brennt, ätzt. S. die Berichte von der Holztagung in Angew. Gh. 1930, 282. — Man f i r n i ß t IIolz zu seinem Schutz gegen Feuchtigkeit, Schmutzansatz und zur Glanzerteilung mit sikkativiertem Leinölfirnis. Das Holz kann übrigens zur Verfirnissung der Poren auch allein mit heißem, klarem Leinöl eingelassen werden. L a s u r - sind in der Regel feinst gemahlene Körperfarben, die mit Wasser, Leinöl oder Terpentinöl angerieben auf die Holzfläche aufgetragen werden. Zum Lackieren des Holzes verwendet man neuzeitlich vorwiegend Celluloseester- und oder Kunstharz-Spritzlacke. Mit Pigment dicht gefüllt dienen sie auch gleich undurchsichtigen Ölfarbenanstrichen zur Verdeckung der Textur schlecht gemaserten oder minderwertigen Holzes. Für Eisenbahn-Personen- und Güterwagen bewährt sich immer noch am besten der am längsten haltbare LeinölKopallackanstrich (z. B. „Klasölin", eine Lösung von Kopalharz in Leinöl, gemischt mit Deckfarben und geeigneten Trockenstoffen, verdünnt mit Terpentinöl). — Für Holzdielen eignet sich der sog. B l e i o c k e r , d. i. eine kittartige Leinölfirnis-Ocker(70)-Bleiglätte (30)-Fußbodenfarbe. Auch das Brunolein ist bleisikkativierter Leinölfirnis (Bleioleat, Bleipflaster), gelöst in Terpentinöl für Holzänstrich und Eichenmöbelauffrischung. Auch gewisse Holzölkombinationen sind dauerhaft, wogegen Nitrocelluloseanstriche die kürzeste Lebensdauer haben; vgl. König, Angew. Gh. 1928, 776. — Die Herstellung der chinesischen (Futschau-) Lackware schildert E. O. Rasser in Kunstst. 1928, 250. Mit dem „ P o l i e r e n " bezweckt man die Erzeugung glänzender, die feine Struktur der Edelhölzer betonender Flächen. Polierpräparate sind Lösungen von Naturoder Kunstschellack ( A l b e r t o l ) oder von Casein, Celluloseestern u. a. Stoffen. Die Arbeit muß im erwärmten, staubfreien Raum vorgenommen werden. Das Holz wird zunächst vorpoliert, d. h. mittels in Leinwand gewickelter wollener Lappen oder Watte mit schwacher Politur und unter Aufstäuben von fein gemahlenem Bimsstein so lange verrieben, bis die Poren des Holzes verschlossen sind (s. H. Wolff, Sperrholz 1929, 30: Porenfüllen). Nach zwei bis drei Tagen werden die Flächen nochmals gut abgeschliffen, mit Politur unter Anwendung von etwas Polieröl (firnis- oder firnisersatzhaltig) behandelt, nach weiteren 2 bis

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Holzöl ,

3 Tagen fertigpoliert und schließlich noch mit einigen Tropfen absolutem Alkohol abpoliert. —• Das Mattschleifen glanzpolierter Flächen geschieht in der Weise, daß die gut .polierte Fläche mit Terpentinöl eingerieben unter Zusatz von aufgestäubtem Bimsstein mattgebürstet und schließlich mit einem weichen. Lappen abgerieben wird. Das W a c h s e n des Holzes mit Wachs-Terpentinöllösung bezweckt die Erzeugung eines schützenden, matt glänzenden Überzuges. Nach dem etwa ^ s t ä n digen Trocknen wird mit einer Bürste oder einem wollenen Lampen nachbehandelt. — Eine neuartige Methode der Hqjzoberilächenbehandlung beruht auf der gegenüber der Holzgerüstsubstanz wesentlich leichteren Oxydierbarkeit der Lignine beim Überstreichen der Schnittflächen mit der breiten (rauschenden) Gebläseflamme. Es entstehen so braune Maserzeichnungen, deren Farbton durch Farbbeizen, Ammoniakräuchern usw. abgeändert werden kann. Vgl. H. Wislicenus, Angew. Ch. 1928, 1315 und Papierfabr. 1929, Dez.-Heft, Big. Cell.chemie. — G o l d l e i s t e n erzeugt man aus profilierten Holzstangen durch Tränken mit Leimlösung, Grundieren mit Schlemmkreide-Leim, Trocknen, Schleifen, Überziehen mit Poliment (Bolus-Graphit-Blutsteinmehl-Baumölteig), Befeuchten mit Brennspiritus oder Branntwein, Auftragen von Mixtion (Poliment-Vergoldergrund), bestehend aus einem mit Animeharz versetzten, mit Mangansikkativ verkochten und stark eingedickten Firnis, Auflegen von echtem oder unechtem Blattmetall, Polieren mit Achat. — S. a. Schleifgrund. Lit.: A. Firlei, Poliment-Glanzvergoldung und antike Polychromie. München 1926. Zur Holzoberflächenbehandlung kann auch das L e i m e n (s. Leim) gezählt werden, wichtig namentlich im Hinblick auf die großtechnische Erzeugung des S p e r r h o l z e s , d.i. ein System parallel (Aderholz) und quer (Hirnholz) zur Faserrichtung'miteinander mittels Casein- oder Blutalbumin-Klebstoffes unter Heißpreßdruck vereinigter geschälter (Messerschälwerke) Furniere, evtl. aus verschiedenen Holzarten. Man setzt diesen auch gewöhnlichen Tischlerleimen vorteilhaft Holzmehl (s. Holz) zu (Zinssers Furnierhilfe), da es, für Wasser durchlässig, für Leim undurchlässig, als Membranhaufwerk die Leimfestigkeit der Flächen erhöht. Auch die sog. Leimfilme (s. Harzkitte) werden für Sperrholz und Furniere empfohlen. Über die fortgesetzt steigende Anwendung dieses sehr festen und zähen, unveränderlichen (sich nicht werfenden) Werkstoffes s. Voigt, Angew. Ch. 1928, 456. Über Nachbehandlung von Leimungen s. Umschau 1929, 197; über Sperrholzleime Ztschr. Sperrholz 1929, Nr. 27—30. Llt.: Kritik neuer Holzanstrich verfahren, F. Nettmani^ Farbenztg. 1030, 1614. — J. Krall, Oberflächenbehandlung des Holzes, Potsdam 1040. Heist.: P o l i t u r e n („Bapid"): Schering A.-G., Berlin N. — ( M ö b e l b l a n k - A u t o g l a n z - P u r m a n o l ) : Chem. Fabrik Bingen/Kh., A.-G. — Kölner Sperrholz- G. m. b. H„ Köln-Niehl. — Hugo Michal, Chem. Fabrik, Aussig-Türmitz. — Chem. Erzeugnisse Schmolz G. m. b. H., Breslau 2. — Chem. Fabrik M. Alwert u. Co., Hamburg 27. — M. Lemmel Nachf. J. WelB u. Co., StraBbuig-Neudorf. — Chem. Werke Wüstenbrand G. m. b. H., Wüstenbrand i. Sa. — Schleif- u. P o l i e r m a s c h i n e n : Walter Hempel, Nürnberg-S. — Gotthold Haffner, Pforzheim. — Fritz Landsberger, Mannheim. — Teichert u. Sohn, Liegnitz.

Holzöl (Chinesisches Holzöl; Wood-oil, Tungöl, Ölfirnisbaumöl). Verschiedene aus dem Stammholz oder ölhaltigem Samen mehrerer hinterindischer und javanischer Pflanzenarten gewonnene Produkte, im besonderen das aus den Nüssen des zu den Euphorbiaceen gehörigen Tungshu-Baumes (Elaecocca dryandra) gepreßte öl. Die fast orangengroßen Früchte werden getrocknet und erhitzt, bis die Schalen zerspringen, die so freigelegten Kerne gemahlen und ausgepreßt. Das im frischen Zustande giftige öl bildet eine trübe, dickflüssige, unangenehm riechende Masse, die nach längerer Lagerung braun bis schwarz wird und am Lichte, insbesondere bei gleichzeitiger Wärmezufuhr „gelatiniert", d. h. zu einer in allen Lacklösungsmitteln unlöslichen gummiartigen Substanz erstarrt. Diese Eigenschaft schränkt die Verwendbarkeit des sonst sehr gut trocknefiäen Öles für die Lack- und Firnisindustrie stark ein (s. Firnisersatz). Durch Glycerin-

Holzschliff

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zusatz soll man den Kochansatz wieder verflüssigen können; s. das Ref. in Chem. Zbl. 1930, I, 769. — D: 0,936—0,944; HZ: 96; VZ: 195; Fettsäurenerstarrungspunkt: 33°, -schmp: 40°. — S. a. Anstriche (Lit.); Copaivabalsam; Firnisersatz. Herst.: Willy Bodensick, Hamburg I. — H o l z s t a n d ö l , H o l z d i c k S l 3. u. Standöle.

Holzschliff ist die Fasermasse, die man erhält, wenn man Holzknüppel parallel zur Faserrichtung bei Gegenwart von Wasser ohne Mitwirkung von Chemikalien mittels Schleifsteine zerkleinert. Der Hauptteil der Apparatur ist der häufig nachzurauhende natürliche oder künstliche Quarzsand-Schleifstein von bis zu 2 y z m Durchmesser und bis zu 1% m Breite, der mit etwa 200 Umdrehungen pro Minute läuft und gegen den man die etwa 1 m langen, bis zu 20 cm dicken sorgfältig entrindeten und geputzten, geradwüchigen Fichten-, Kiefer- oder Aspenknüppel hydraulisch anpreßt. Man arbeitet neuzeitlich mit sog. GroßkraftM a g a z i n s c h l e i f e r n , z.B. der Amme, Giesecke und Konegen A.-G., Braunschweig unter hydraul. Preßdruck. Der sehr hohe Energieaufwand wird z. T. als Wärme wiedergewonnen, die, wie es beim Heißschleifen unter geringem Wasserzufluß (Dampfbildung) zu den Schleifflächen geschieht, eine Art Aufschließung der Fasern bewirkt oder, beim Kaltschleifen mit den reichlich zuströmenden Mengen kühlenden Wassers abgeführt wird. Neuzeitlich wird in USA. (auch in Schweden) Holzschliff auch aus krummwüchsigem Holz in der Weise erzeugt, daß man die weitgehend zerkleinerten Stücke sehr kurze Zeit unter Dampfdruck von etwa 100 at setzt, dann plötzlich entspannt und so die völlige Zerfaserung des Holzes bewirkt. Das Erzeugnis, geeignet als KartonRohstoff, geht unter dem Namen M a s o n i t . — Vom geschliffenen Stoff werden Fasern und Splitter in mit Zylinder- oder Rahmensieben ausgestatteten S o r t i e r a p p a r a t e n abgetrennt. Der in einer Feinmühle weiter zerkleinerte Holzschliff kann nach Ablaufen des Wassers sofort in der Papierfabrikation Verwendung finden, für Lagerung oder Transport wird er entwässert, evtl. getrocknet oder feucht, mit Schwefligsäuregas gebleicht, in Pappenform gebracht. Von dem auf kaltem Wege gewonnenen Holzschliff wesentlich verschieden ist das durch vorhergehendes Druck-Kochen oder -Dämpfen und folgendes Schleifen gewonnene Material, der B r a u n h o l z s c h l i f f . Er ist viel weicher und langfaseriger, jedoch dunkel gefärbt, da der 4—5stündige Druck-Dämpfprozeß wohl die teilweise Herauslösung der inkrustierenden Stoffe, zugleich aber auch die Bräunung des Schleifstoites bewirkt. Gute helle, wenn auch kürzere und härtere Verkaufsware läßt sich nur durch kurzes Dämpfen erzielen. Gewöhnlicher Braunholzschliff ebenso wie Heißschliff (s. o.) eignen sich nur zur Herstellung brauner Packpapiere, ersterer besonders zur Erzeugung sehr fester Braunpappe (sog. Lederpappe), wodurch die Nachteile des Braunschleifprozesses: höhere Kosten, geringere Ausbeute, größerer Kraftbedarf, ausgeglichen werden. — Zur Erzeugung des sog. N G - S t o f f e s (L. Enge), der sich direkt zur Gewinnung von Druckpapier eignet, erhitzt man Holz v o r dem S c h l e i f e n mit Wasser im Kocher, evtl. unter Luftausschluß und mit Chemikalienzusatz auf 80—125° und preßt dann zur Erhöhung des Druckes im Druckgefäß bis auf den Druck von 15 Atm. Wasser ein. Nach 5- bis lOstündiger Behandlungsdauer geschliffen erhält man einen h e l l e n Stoff, der keiner Leimung und für Zeitungspapier (mit stets mindest 75—80% Schliff) auf rasch laufenden Rotationsdruckmaschinen nur eines Zusatzes von 10% Zellstoff (die Hälfte wie sonst) bedarf. Diese Arbeitsweise nähert sich bereits den Holzaufschließverfahren (s. d.); vgl. F. Hoyer, VDI-Zschr. 1928, 1341: Vervollkommnung der Holzschleifverfahren. — Holzschliff ist der Hauptmenge nach Füllstoff für Zeitungs- u. a. Papier, bei dessen kurzfristiger Verwendung das allmähliche Vergilben des Holzschliffes nicht stört. — S. a. Cellulose (techn.); Papier. Heist.: Anlagen: Fezer & Stoll, Eßlingens. N.— Gotthold Haffner, Pforzheim. — WalterHempel, Nürnberg-S. — A. Knoevenagel, Hannover-Hainholz. — Fritz Landsberger, Mannheim. — Xeichert & Sohn, Liegniti.

400

Holztrocknung—Holzverkohlung

Holztrocknung. Beim Liegenlassen des gefällten bekleideten Holzes bis zum Laub- oder Nadelfall verliert es (im Verlaufe einiger Wochen) etwa die Hälfte seines natürlichen Wassergehaltes bis auf 20—30%. Frisches oder nach diesem in Forstkreisen wenig beliebtem Verfahren (Infektionsgefahr) der beschleunigten Naturtrocknung vorbehandeltes Holz muß dann für viele Zwecke der beschleunigten Kunsttrocknung mit (zur Vermeidung von Zersetzungen) auf höchstens 150—160° überhitztem Wasserdampf unterworfen werden. Dampf von etwa 200° macht das Holz weich, bildsam und leicht schneidbar, so daß diese Methode Bedeutung für die Bleistiftfabrikation, Holzbildnerei und Industrie gebogener Möbel besitzt. Künstl. Holztrocknung: F. Moll, VDI 1930, 343. Vgl. Holzimprägnierung und -konservierung. Llt.: F. Vterharck, Handbuch (. künstliche Holztrocknung, 1940. Heist.: Anlagen: Igetro A.-G., Stuttgart-Zuffenhausen.—König Friedrich August-Hfltte A.-G., Freital.— Maschinenfabrik Oscar Sichtig & Co., Karlsruhe i. Baden. — Trocknungs-Anlagen-G. m. b. H., Berlin W 9.

Holzverkohlung. Zersetzungserhitzung des Holzes, früher ausschließlich in Meilern betrieben, zur Gewinnung der auch jetzt noch für manche metallurgische Zwecke unentbehrlichen Meiler-Holzkohle, heute im Großbetrieb mit den Hauptprodukten: Holzessig (holzessigsaures Calcium, d.i. Graukalk s. Essigsäure), Holzgeist (Methylalkohol, Aceton, vgl. bei Cellulose), Holzteer (leichte, benzinartige und schwere Kreosot-Imprägnierungsöle) und Retorten-Holzkohle. Daneben entstehen, je nach Holzgattung und Erhitzungsart, bedeutende Mengen brennbarer Gase (s. Holzgas), ferner bei Verkohlung des Nadelholzes, das neben dem früher ausschließlich verwandten Buchenholz in steigenden Mengen „destilliert" wird, auch Terpentin (Öl und Harz). Durchschnittlich kann man mit einer Ausbeute von 120 kg Holzkohle, 160 kg Rohessig, 24 kg Holzteer und 96 kg Gas, bezogen auf 400 kg = 1 cbm 20% Wasser enthaltendes Rotbuchenholz rechnen. 1 cbm Birkenholz = 370 kg ergab: 114 kg Holzkohle, 200 kg Rohessig mit 11,3% Säure und 1,5% Holzgeistgehalt und 20 kg Teer. Aber auch die Beschaffenheit mancher Produkte ändert sich mit der Art des Erhitzens und der Höhe der Temperatur. Beim Beginn der Destillation ab 170° entweicht vorwiegend das S a u e r w a s s e r , dessen Gehalt an Essigsäure und Methylalkohol sich auch bei höheren Hitzegraden nicht wesentlich ändert, da die beiden Stoffe gegen weitere Zersetzung beständig sind. Unter weiterer Wärmezufuhr gehen bis 270° größere Mengen wäßriger Destillate ab, es entstehen Kohlensäure und Kohlenoxyd und die Rotkohle, die für die Schwarzpulverherstellung Bedeutung besaß, für metalllurgische u. a. Zwecke jedoch zu weich ist und wegen ihrer hohen Adsorptionsfähigkeit eine Menge riechender teeriger Bestandteile einschließt. Ab etwa 280° verläuft die Hauptreaktion der Zersetzungsdestillation exotherm, also o h n e Wärmezufuhr; Kohlensäure und Kohlenoxyd treten zurück, die Gase werden wasserstoffreich, es destillieren vorwiegend Kohlenwasserstoffe und Teer, die Kohle gewinnt Klang und Härte (Retortenkohle). Ab 400° entweichen nur noch geringe Mengen flüchtiger Stoffe, doch steigert sich die Güte der Kohle weiter; sie erreicht ihre beste Beschaffenheit bei 500°, d. i. bei einer Temperatur, die im Meiler stets erreicht wird. Diese koksartigen „Meilerkohlen" werden in den nordischen waldreichen Ländern ausschließlich zum Eisenhüttenbetrieb verwandt, zum mindesten werden sie der Retortenkohle während der Hochofenbeschickung beigemischt; s. a. Brennstoffe. Der Holzverkohlungs-Großbetrieb arbeitet mit liegenden (für Nadelholz auch mit stehenden, im Boden mit Harzabfluß Vorrichtung versehenen) eisernen, gegen Wärmeverlust durch Ummauerung geschützten R e t o r t e n von etwa 3 m Länge, 1 m Durchmesser und 1—2 cbm Fassungsraum, in Amerika auch mit weit größeren viereckigen Verkohlungskästen von 15 m Länge und einem Inhalt von bis zu 50 cbm Holz, das gespalten und, um Brennmaterial zu sparen, vorgetrocknet auf Wagen in die Kästen eingefahren wird, so, wie man es in die kleinen Zylinder ebenfalls, um das Ziehen der fertigen Kohle zu erleichtern, in Drahtkörbe gehackt,

Ilolzverkohlung

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einschiebt. Die Retorten werden mittels Steinkohle oder Holzabfälle angeheizt, später liefern die entstehenden nicht verdichtbaren Gase, die man aus der Kondensation durch Kalkmilchwäscher („Schwarzkalk"-gewinnung, mindere Graukalksorte) unter die Verkohlungsbehälter leitet, einen großen Teil der nötigen Hitze. Auch bei diesen Großverkohlungsapparaten führt man während des 12bis 14stündigen Destillationsprozesses die abgehenden Dämpfe unter Mitwirkung eines den ganzen Apparat unter geringen Unterdruck setzenden Sauggebläses durch Teerscheider (s. Leuchtgas) zu kupfernen Kühlschlangen, aus denen die Produkte abfließen. In neuerer Zeit wurden viele Vorschläge gemacht, den sicherlich noch recht unvollkommenen Destillationsprozeß des wertvollen Materiales zu verbessern. So sollten statt des Festholzes Abfälle (in England) geben „Flockenholzkohle", namentlich S ä g e m e h l brikettiert, besser lose unter Druck, in einem Metallbad verkohlt werden, dessen Temperatur hoch genug ist, um die Zersetzung zu bewirken, jedoch nicht so hoch, um die Destillationsprodukte zu schädigen. Oder man will zur Erhöhung der Ausbeuten an flüchtigen Produkten während der Verkohlung ab 100° Dampf durch das Gut blasen, oder bei Gegenwart von Alkali destillieren, um die Teerausbeute auf die 3-fache Menge zu steigern, oder es soll der exotherme Teil des Prozesses durch Wärmezufuhr abgekürzt werden, um die vergasbaren Teile schneller und schonender abzutreiben usw. Schwalbe schlägt Naßverkohlung des Holzes vor (s. Cellulose, -ablaugen). Sie bietet den Vorteil, daß Holzgeist und Essigsäure mit Vermeidung ihrer Zersetzung an überhitzten Retortenwänden bei niederen Temperaturen (80°) abdestilllieren, so daß sich die Ausbeute an diesen Stoffen gegenüber der Trockendestillation um etwa die Hälfte erhöht. — Die „ h a l b f e s t e n " Holzverkohlanlagen sind so eingerichtet, daß sie während 1—2 Jahren das umliegend erreichbare Holz (30—40000 Doppelzentner) verarbeiten und dann weiterbefördert werden. Im ganzen aber wird der Holzverkohlvorgang sich kaum weiter entwickeln, da die wertigen Produkte synthetisch billiger und stets einheitlich zugänglich sind. Aufarbeitung der Produkte. E s s i g s ä u r e . Der rohe Holzessig, aus Buchenholz (s. o.) 160 kg mit 4,6% Essigsäure (18—19 kg Säuregehalt) und 1,25% Holzgeist, ist ein Gemisch zahlreicher aliphatischer Säuren und ihrer Ester mit Ketonen, Phenolen u. dgl. ,eine rotbraune teerig riechende Flüssigkeit, die zur Herstellung des früher als Hausschwammvertilgungsmittel angepriesenen holzessigsauren Eisens, heute noch als Färbereibeize, gelegentlich zur Holzimprägnierung und als Gerbbrühzusatz, auch zum Räuchern des Fleisches dient; roher Holzessig wird für pharmazeutische Zwecke durch Destillation über Bisulfat oder zwecks Ausscheidung der öligen und teerigen Teile mit Wasser unter Druck gereinigt und kommt dann evtl. tablettiert für Spülungen („Irrigaltabletten") in den Handel. — Im Großbetrieb destilliert man den Holzessig und leitet die Dämpfe in zwei hintereinandergeschaltete, mit Kalkmilch gefüllte Vorlagen, so daß die Essigsäure (auch jene der durch den Kalk verseiften Ester) gebunden wird, während sich der weitergehende Holzgeist im Kühler einer dritten Vorlage kondensiert. Die Lösung des essigsauren Kalkes wird im Vakuumapparat unter zeitweiligem Abschöpfen des ausgeschiedenen Teeres eingedampft und es resultiert der „Graukalk" des Handels mit 80—82% Calciumacetat. Oder man läßt die Rohessigdämpfe in einem skrubberartigen Teerwäscher dem eigenen die Hoizgitter des Wäschers berieselnden Kondensat entgegen aufsteigen und leitet die oben austretenden sehr reinen Dämpfe in einen zweiten Turm, durch mit dünner Calciumacetatlösung gelöschten Kalk, während die Holzgeistdämpfe weiterziehen. Die auf Vakuumtrockentrommeln eingedampfte starke Ca-acetatlösung gibt reineren Graukalk, allerdings ist diese Anlage auch teurer. Die Holzgeistdämpfe werden, wie sie die Graukalkanlage verlassen, kondensiert, worauf man das Produkt, enthaltend etwa 50—55 Methylalkohl, 12 bis 14 Aceton, 26—28 Wasser und 8—10 Aldehyde, Ketone, Allylalkohol, Ammoniak 28

Blfiohere Auskunftsbach. 16. Aufl.

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Horn—Humus

(amerikanische Ware, wie sie etwa 80 Vol.proz. in innen geleimten 220 1-Fässern auf den Markt kommt) über Kalk klärt und im Alkohol-Kolonnenapparat fraktioniert destilliert. S. Methylalkohol. Zum Entgeisten des rohen Holzessigs, also vor der Graukalkgewinnung, arbeitet man wie in der Spritbrennerei (s. d. und Äthylalkohol) und geht dann erst mit der entgeisten Rohsäure zur Kalkneutralisation. Der H o l z t e e r (Pix liquida) enthält als Zersetzungs- und Kondensationsprodukte des Lignins und seiner Spaltungsstttcke p-Kresol, Kreosol und Guajacol und ebenso die Ester des Pyrogallols, ferner als Umwandlungskörper der Cellulosen (s. Holz) Fettsäuren, hochsiedende Paraffine, wenig Phenol, leichtsiedende und aromatische Kohlenwasserstoffe, schließlich Schweröle und Pech; im Nadelholzteer ist überdies Terpentinöl (Kienöl) vorhanden. Soweit man den Holzteer nicht nur entwässert direkt in den Handel bringt (s. u.) oder ihn in Terpentinöllösung mit Bleicherde entfärbt (s. Seifens.-Ztg. 1930, 512), destilliert man und behält 16 bzw. 23% Pech (s. d.) zurück. Die leichten Öle werden wie Benzin verwandt, die schweren dienen als desinfizierende Anstriche, zur Holzimprägnierung und zur Abscheidung des Kreosots mittels Natronlaugeextraktion; Rohterpentinöl wird weiter auf reines Terpentinöl verarbeitet (Natronlauge-, dann Schwefelsäurereinigung, dann Destillation); K i e n ö l gilt roh wegen seines anhaftenden Geruches als minderwertiger Terpentinölersatz, gereinigt (Rektifizieren über Kalk, Schütteln mit Chlorkalk, gibt die Pseudosangajole als Lacklösemittel des Handels), insbesondere hydriert („Hydroterpinöl") gleicht es dem amerik. Terpentinöl und wird wie dieses verwandt. Holzteer im rohen entwässerten Zustande wird ähnlich wie die beiden Fraktionen der Leicht- und Schweröle (s. o.) zur Gewebeimprägnierung, Behandlung des Leders und der Häute, als Flotationsöl, zur Herstellung von FormaldehydHolzteerprodukten für Desinfektionszwecke, zur Abscheidung der in ihm enthaltenden Fettsäuren, Herstellung von Kunstharzen, wäßrigen Emulsionen (mit Zinkchloridlösung), als Hanfseil-Schmiermittel (Nagetierabwehr), als Brikettbindemittel, verwendet. Birkenholzteer dient zum Appretieren des Juchtenleders und wie auch die anderen Holzteersorten zur Herstellung pharmazeutischer Präparate. LIL: G. Bugge, Industrie der Holzdestillationsprodukte, Dresden 1927. — J . Schwyzer, Rationalisieren einer Laubholz-Destillieranlage, Chem. Ztg. 1930, 65 ff. — J . Eggert, Klenölgewinnung in Rußland, Chem. Ztg. 1930, 431. — Bunbury, Die trockene Destillation des Holzes (übersetzt von W. Eisner) Berlin 1925. — O. Bugge, Die Holzverkohlung und ihre Erzeugnisse, Sammlung Göschen Nr. 914, Berlin 1925. — Herst.: (Holzessig, Holzteer u . a . ) : Dtsch. Gold- u. Silberscheideanstalt, Abt. Hiag, Frankfurt/M. — Chemische Fabrik vorm. Gebr. DollfuB, Fürstenwalde a. d. Spree. — Ferdinand Metzler, Hohenleipsch b. Elsterwerda (Holzessig).

H o r n : entweder verdickte Borstensubstanz oder ein hohler Überzug von Knochenzapfen (Nashorn bzw. Rind); ist als Keratinsubstanz identisch mit den Haaren, Federn, usw. Das aus Hornmehl durch Pepsinabbau (Extraktion mit Wasser, org. Lösungsmitteln) gewonnene K e r a t i n ist in verd. Säuren unlöslich, löst sich hingegen in Alkalien, dient daher zum Überziehen von Pillen, die den Magen unverändert passieren und erst im Darm, nach Auflösung der Hülle, zur Wirkung gelangen sollen. Herst.: H o r n s p ä n e : C. W. Geyer & Co., Schweinfurt. m e h l : Chemische Dünger- und Leim-Fabrik Th. Nagel G. m. b. H., Nieder-Weistxitz (Schles.). — Hans Th. Schmidt, Fabrik chemischer Produkte, Ketschendorf (Spree). — Chem. DQngerfabrik, Rendsburg. — Turetschek u. Co., Wladislau (JU/70 b. Trebitsch. - B e a r b e i t u n g s w e r k z e u g e : Hugo Krieger & F a u d t , Berlin SW 68. — Albert Polenz, Döbeln i. Sa. — Weber & Ebersp&cher, Eßlingen a. N.

H u m u s entsteht als Nebenprodukt der Mikrobenatmung aus Lignin-( ?) — Stoffen, sonst wird er als Summe der durch Bakterientätigkeit im Boden zersetzten Pflanzen- und Tierbestandteile aufgefaßt. Die Ansichten über sein Entstehen gehen in wichtigen Punkten auseinander. — Ein Teil der Stoffe, die sogen. Huminsäuren, sind in verd. Alkali löslich; andere, Humine genannt,

llydrazin—Hydrosulfite

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sind darin unlöslich. Charakteristisch ist ihre intensiv braune bis braunschwarze Farbe, die mit dem cliinoiden Bau der Huminsäure im Zusammenhang stehen soll. Sowohl Präparate von lluminsäuren z. B. aus Torf, Boden, Braunkohle usw. als auch solche, die nach verschiedenen Methoden hergestellt sind, können Verschiedenheiten aufweisen. S. a. Brennstoffe, Düngemittel H y d r a z i n , Diamid, N H 2 . N H 2 , eine unbeständige rauchende Flüssigkeit (reagiert alkalisch, siedet bei 113°, schmilzt bei + 1,5°), erhaltbar aus Hydrazinhydrat und Ba-oxyd, ist nur in Form der Salze, die starke Reduktionsmittel sind, von technischer Bedeutung. So das S u l f a t N 2 H 4 . H 2 S 0 4 , erhaltbar über das durch Verkochen von Ammoniak und Na-hypochlorit bei Gegenwart von Leimlösung gewonnene Chloramin NH 2 .C1 (auch aus NH 3 -gas, Hypochlorit und Eiweißabbauprodukten als Katalysatoren) durch Fällung mit Schwefelsäure, als gut kristallisierter, in heißem Wasser leicht löslicher Körper. Vorgeschlagen wegen seiner reduzierenden Eigenschaft als Zusatz bei der Herstellung von Elektrolyteisen, bei der Glasverspiegelung, zur Ausfällung der Leuchterden auf Gasglühlichtstrümpfen, als Giftstoff bei der Herstellung von SchiiTsbodenfarben, zur Erzeugung der Emulsionen für Photo-Hydraplatten, die auch bei kürzester Exposition entwickelbar und gegen Überbelichtung unempfindlich sind. Hydrazinh y d r a t (aus dem Sulfat und Kalilauge als stark rauchende Flüssigkeit gewonnen) dient als Schutzkolloid bei der Herstellung kolloider Metalle. Heist.: Dr. Raschig G. m. b. H., Ludwigshafen a. Rhein.

H y d r i e r e n . Abkürzung des richtigeren Ausdruckes „Hydrogenisieren", ist Anlagern von Wasserstoff an ungesättigte organische Verbindungen, unter Mitwirkung katalytisch wirkender, fein zerteilter Edelmetalle (Platin oder Palladium bei Hydrierungen in der Kälte) oder Unedelmetalle (Nickel, Eisen, selten Kupfer u. a. für Heißh'ydrierungen). — S. Kohlehydrierung. Llt.: Galle, Hydrierung von Köhlen, Teeren und Mineralölen im Bad. 27 techn. Fortschrittsbericlite, Steinkopff-Dresden. — Schönfeld, Die Hydrierung der Fette, Springer-Leipzig 1932. — G. A. Nyruan, Eine einfache Hydrierapparatur f. Laboratoriumszwecke, 1940.

H y d r o l y s e : Spaltung chemischer Verbindungen unter Wasseraufnahme so, daß je ein Spaltungsstück das H- und das OH-ion aufnimmt, z. B. die Spaltung des Essigsäureäthylesters CH 3 .COO.C 2 H 6 -> CH 3 COOH + C 2 H 5 OH; ferner aber vor allem der Zerfall neutraler Salze in wäßriger Lösung in Säuren und Basen. In wäßriger Lösung sind alle Salze schwacher Basen oder Säuren bis zu einem gewissen Grade, der durch das hydrolytische Gleichgewicht gegeben ist, hydrolytisch gespalten. H y d r o p h o b i e r u n g bedeutet Verminderung des Saugvermögens und der Wasseraufnahme künstlicher Fasern auf das Ausmaß natürlicher Fasern. Zum Teil wird darunter auch eine waschbeständige Imprägnierung verstanden. Die technische Durchführung ist ähnlich wie unter „Wasserdichte Appretur — wasserabstoßende Imprägnierung" beschrieben. Die Produkte erfordern zum Teil eine Trocknung der behandelten Textilien bei höherer Temperatur. Handelsübliche Präparate sind „Hydrophobol" der Chemischen Fabrik Pfersee G. m. b. H. und ,,Persistol" der I. G. Farbenindustrie A.-G. H y d r o s u l f i t e : Salze der sog. hydroschwefligen Säure H 2 S 2 0 4 . — Das Na-salz, wasserfrei sehr beständig, als Hydrat oder kristallwasserhaltiges Salz leicht zersetzlich, wird technisch in großem Maßstabe durch Reduktion von Na-bisulfit mit Zink hergestellt. Das technische Salz, „Hydrosulfit konz. Pulver", ein starkes Reduktionsmittel, dient in der Färberei zum Reduzieren der Küpenfarbstoffe (Indigo und indigoide Farbstoffe), zum Abziehen der Farben von Geweben und zum Bleichen von Stroh, Baumwolle, Haaren, Seide, Federn, Wäsche usw., zum Entfernen von Flecken und zum Abziehen. Für die verschiedensten Bleichzwecke eignet sich übrigens eine leicht herstellbare Bleichflüssigkeit, die man erhält, 26*

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Hydroxylamin

wenn man in eine 7proz. wäßrige Na-bisulfitlösung nach Zusatz von 8,5% 20gräd. kalter Schwefelsäure sehr langsam unter Vermeidung von Temperatursteigerung 1,6 Tl. Zinkstaub (neuzeitl. Na-amalgan oder Silicide als Reduktionsmittel) einrührt. Aus der 20proz. Natriumhydrosulfitlösung erhält man durch Aussalzen in der Kälte mit Kochsalz das kristallwasserhaltige Natriumhydrosulfit (Na 2 S 2 0 4 + 2H 2 0), das durch Erhitzen mit Kochsalzlösung oder Alkohol ohne Zersetzung in das kristallwasserfreie, haltbare Salz übergeführt wird. Von nicht geringerer technischer Bedeutung sind die Salze der aus den Hydrosulfiten und Bisulfiten mit Formaldehyd und Aceton dargestellten F o r m a l d e h y d und A c e t o n s u l f o x y l a t e . Sie werden dargestellt durch Reduktion von Bisulfiten (Kochen mit Zinkstaub) bei Gegenwart von Aldehyden und Ketonen. Auch stickstoffhaltige Abkömmlinge werden dargestellt. Das Natriumsalz der Oxymethansulfinsäure (Natriumformaldehydsulfoxylat) NaHS0,.CH 2 0 + 2H 2 0, als „Rongalit C" im Handel, dient im Zeugdruck zum Ätzen. Rongalit C u. a. Marken mit verschiedenen Zusätzen (CL, CL extra, CW, NF u. a.) ermöglichen wegen ihrer Eigenschaft, im Dampf bei 100—105° in die Komponenten zu zerfallen, die Ausführung von Ätzeffekten, die sonst nur mit Hilfe von Reserven erzielt werden konnten; Anwendung bei Gegenwart von Anthrachinon als Wasserstoflüberträger (Azofarbstoffdruck) oder von Leukotrop W, d. i. Dimethylphenyl-benzyl-ammoniumsulfat (für Indigoätzdruck), oder von org. Lösungsmitteln (Alkohol, Anilin) für den Tanninlack der basischen Farbstoffe. — Rongalit wurde auch zur Herstellung von selenhaltigen Phototonbädern und von Pyrogallolentwicklerlösungen, als Schutzmittel gegen Oxydation bei der Herstellung von Blut- und Enzym-(Diastase-)präparaten vorgeschlagen. — Über ein Hydrosulfometer zur Bestimmung des Wirkungsgrades von Hydrosulfitpräparaten s. R. Feibelmann und W. Meves in Chem.-Ztg. 1929, 749. — S. a. Chemische Wäscherei; Küpenfarbst. Heist.: HydrosulfIt-(Kongallt- osw.)priparate, I. G. Farbenindustrie A.-G., Frankfurt a. U.

H y d r o x y l a m i n , NH 2 .OH, technisch durch Reduktion von Natriumnitrit mit Natriumbilsulfit in konz. wäßriger Lösung bei etwa 0° gewonnen. Zerfließliche Kristallnadeln; D: 1,35, Schmp: 33°, Sp: (unter 22 mm) 58°. Hydroxylamin ist unterhalb 15° ziemlich beständig, zersetzt sich jedoch bei höherer Temperatur allmählich, oberhalb 100° unter heftiger Explosion, wirkt stark reduzierend, ist giftig. Die Salze des Hydroxylamins (viel verwandt wird besonders das salzsaure Salz) sind, ebenso wie die Base selbst, starke Reduktionsmittel, dienen in der Riechstoffindustrie zur Reinigung einiger Aldehyde und Ketone. HentJ Hydroxylaminhydrochlorld(-sulfat): Dt. F. Kaschig, G. m. b. H., Chemische Fabrik, Ludwigshafen a. Rh.

I. j. J a p a n l a c k , eingedickter Cambialsaft der in Japan heimischen Pflanze Rhus vernicifera, stellt einen in seinen Eigenschaften einzig dastehenden emailartig glänzenden LackstofI dar, der vollkommene Unlöslichkeit in allen Säuren und Laugen mit Jahrhunderte währender Dauerhaftigkeit (jap. Lackarbeiten a. d. 11. u. 12. Jahrh.) und bedeutender Hitzebeständigkeit vereinigt. Er bedarf keines Lösungsmittels und trocknet bei gewöhnlicher Temperatur besonders gut in feuchter Atmosphäre zu einer harten, glasglänzenden nie reißenden Schicht ein. Der Hauptbestandteil des seit etwa 30 Jahren auch nach Europa ausgeführten Rhuslackes ist das in der empirischen Zusammensetzung der Abietinsäure gleichende, zweiwertige, in Petroläther und in Alkohol lösliche Phenol Urushiol C2oHm02) daneben enthält er noch stickstoffhaltige und gummiartige Stoffe, ferner ein schwer entfernbares Hautgift. J a p a n w a c h s (Japantalg, Sumachwachs). Keine Wachsart, sondern ein vegetabilischer Talg, weil er wie die echten Fette bei der Verseifung Glycerin liefert. Rohes Japanwachs ist grünlich, doch kommt es nur gebleicht in den Handel und ist dann gelblich, färbt sich aber beim Lagern tiefgelb. Heist.: Rieh, ßouncken, Hamburg 36. — Rieh. Brückner, Hamburg I. — August Götze Nachf. Hamburg 8. — Gebr. Oestericher, Breslau I. — C. E. Roeper, Hamburg 1. — Carl Heinr. Stöber, K.-G., Hamburg 11. — Alfted L. WolfT, Hamburg 11. — E. H. Worlfe & Co., Hamburg 11.

Ichthyol. Das Ichthyolrohöl, ein flüchtiges, schwefelhaltiges Öl, wird durch Erhitzen aus dem Öl- oder Stinkstein gewonnen, einem bituminiösen Schiefer, der sich bei Seefeld in Tirol findet. Gibt sulfoniert Ichthyolsulfosäure, die in wäßriger Lösung (Anytin; mit ätherischen Ölen: Anytole) ebenso wie ihre Salze ausgedehnte therapeutische Verwendung finden, z. B. Ammonium sulfoichthyolicum, eine rotbraune, klare, sirupdicke Flüssigkeit von brenzlichem Geruch und Geschmack, klar in Wasser löslich, in der Medizin als Ichthyol bezeichnet, durch Neutralisieren der Ichthyolsulfosäure mit starkem Ammoniak erhaltbar. Der höchst widerliche Geschmack und Geruch des Ichthyols läßt sich durch Destillation des Öles mit überhitztem Dampf, durch Kondensation mit Eiweißverbindungen (Ichthalbin) und auf anderen Wegen zum Teil beseitigen. Örtlich führt das Ichthyolöl den Namen Dürsten- oder Dürschenblut. S. a. Schieferöl. U t : Hradil und von Falser, Die Ölschiefer Tirols, Leipzig 1930. Herst«: Ichthyol-Ges. Cordes, Hermann u. Co., Hamburg-Lokstedt.

I g a m i d . Produkte, die ihrem ehem. Aufbau nach in die Reihe der Polykondensationsprodukte gehören. Harte bis zähweiche Substanzen, die durch hervorragende Festigkeitseigenschaften ausgezeichnet sind. Besonders charakteristisch ist, daß sich durch eine molekulare Orientierung, die durch eine mechanische Behandlung möglich ist, eine außerordentliche Steigerung der mechan. Festigkeiten erzielen läßt. — Verwendung zur Herstellung v. Spritzgußartikeln und zur Fabrikation hochwertiger Lederaustauschstoffe. Herst: I. G. Farben A. G., Verkaufsgemeinschaft Chemikalien, Frankfurt/M. 20.

Igelit. Thermoplastische Kunststoffe, die auf der Basis von Vinylchlorid hergestellt werden. Man hat zwischen Igelit MP und Igelit PCU zu unterscheiden.

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Igevin—Immunbaumwolle

Je nach dem Verwendungszwecke werden Spezialeinstellungen dieser beiden Typen eingesetzt. — Die Igelite sind feine, weiße, geruch- und geschmackfreie, in Wasser unlösliche Pulver, unbrennbar, beständig gegen mannigfache Chemikalien, konz. u. verdünnte Säuren, Alkohole und Benzinkohlenwasserstofte. In Estern, Ketonen, chlorierten, aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, Pyridin u. Schwefelkohlenstoff sind die Igelite quellbar bis lösl. Physiologisch einwandfrei. — Die Verarbeitung erfolgt meist durch Anwendung der durch die Thermoplastizität bedingten Möglichkeiten. Igelit PCU beginnt bei Temp. oberhalb von 80° G zu erweichen und erreicht bei 160° G einen solchen Grad der Plastizität, daß es sich unter Druck verformen läßt. Der Erweichungspunkt des Igelit MP liegt bei etwa 70° C; seine Verarbeitung erfolgt bei Temp. um 140° C. Beide Produkte unterscheiden sich weiterhin durch die Färbung ihrer Fertigerzeugnisse. Mit Igelit MP lassen sich glasklare, transparente Folien und Platten herstellen, die unter der Bezeichnung „Astralon" im Handel sind. Igelit PGU bildet dagegen gelbbraun gefärbte Fertigerzeugnisse. In dünnen Folien ist diese Färbung kaum zu erkennen. Durch Verwendung geeigneter Pigmente können auch aus Igelit PCU in gedeckten Farben beliebig helle Töne erzielt werden. — Die Verarbeitung erfolgt auf Mischmaschinen, Knetern, Mischwalzen, Presser, Strangpressen, Spritzgußmaschinen und Kalandern. Ohne Weichmacher bilden die Igelite harte Erzeugnisse, mit weichgummi- bis lederartige Fabrikate. — Als Weichmacher zur Kombination mit den Igeliten eignen sich z. B. einige Produkte aus der Reihe der Palatinolen, Trikresylphosphat, Mesamoll u. a. Im Vergleich zu den harten Massen aus Igelit weisen die weichmacherhaltigen ein geringeres elektrisches Isolationsvermögen auf. Weichgemachte Massen eignen sich trotzdem in vorzüglicher Weisie zur Isolation von Kabeln und Drähten für Spannungen bis zu 1000 Volt. — Für die Herstellung von Streichstoffen aus weichgemachtem Igelit PCU wurde ein Spezialverarbeitungsverfahren entwickelt; dabei geht man von Igelit PCU-Pasten aus, die bei 160° C ohne Anwendung von Druck gelatiniert werden. Diese Pasten ermöglichen auch die Herstellung von Tauchkörpern, beispielsweise Handschuhen für industrielle Zwecke. Herst.: Igelit PCU, MP, J.uvitlierm-Folien: I. G. Farbenindustrie A.-G., VerkaufsKemeinscIiaft Chemikalien Abt. K, Frankfurt/M. 20. — „Vinidur" (Holire, Platten, Blöcke aus Igelit PCU): Verkaufsgesellschaft f. Kunststoff-Erzeugnisse m . b . H . , Frankfurt/M. ]. — ,,Astralon": Celluloid-VerkaufsgeseUschaft m. b. H., Berlin W '.1.

Igevin. Thermoplastische Kunststoffe, die z.T. weichharzähnlichen, z.T. hartharzähnlichen Charakter aufweisen. Daneben kommen noch einige niederviscose Typen von Ölkonsistenz auf den Markt. Ihrer Konstitution nach gehören die Igevine in die Reihe der Polyvinyläther. Sie sind schwach gelblich gefärbt, praktisch geruch- und geschmacklos und physiologisch einwandfrei; sie sind weitgehend alterungsbeständig und werden von verdünnten Säuren und Alkalien nicht angegriffen. Auch mischbar mit verschiedenen natürlichen und künstlichen Harzen. — Hilfsstoffe zur Herstellung von Klebstollen, Klebbändern, Raupenleimen, Kabelisolierölen, Lackrohstoffen und Tranprodukten bei der Schmierung und Pflege von Leder. Herst.: I. G. Farbenindustrie A.-G., Verkaufsgemeinschaft Chemikalien, Frankfurt/M. 20.

I m m u n b a u m w o l l e der Chem. Fabr. vorm. Sandoz, Basel, ist mit Toluolsulfochlorid vor oder nach dem Färben, im ganzen oder örtlich (für Druckeflekte) behandelte Rohfaser, die mit Direktfarben nicht mehr anfärbbar ist und sich überhaupt in ihren Eigenschaften wie Acetatseide verhält. Die aus Immunbaumwolle durch Druckumsetzung mit NH 3 im Dampfbade erhaltene ,,Amin"-Baumwolle läßt sich hingegen mit Säurefarbstoffen glatt und mit größter Aufziehgeschwindigkeit als Wolle färben. Vgl. Karrer u. Wehrli, Angew. Ch. 1926,1509. — Sog. Passivbaumwolle besteht aus Mono- und Diacetylcellulose. — S. a. Animalisieren; Wasserd.-Appretur.

Imprägnieren—Indigo

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I m p r ä g n i e r e n . Durchtränken poröser fester Körper (Gewebe, Holz, Papier, Kunstmassen und -steine usw.) mit Lösungen, die in dem Stoff, evtl. unter ehem. Wechselwirkung mit seiner Substanz oder mit ihm vorher einverleibten Chemikalien, ehem. Verbindungen (Salze, Seifen, Kieselsäure u. a.) hinterlassen. J e nach dem Zweck unterscheidet man wasserdichte, flammenfeste, fäulniswidrige u. a. Imprägnierungen und die Mittel dazu. Ohne nähere Bezeichnung der Stoffart, des Chemikals oder Lösungsinhaltes und des Zweckes, sagt der Ausdruck „Imprägniermittel" ebensowenig aus wie „Säurebeständig", „Isoliermaterial' u. dgl. Seit neuestem werden auch Spezialmarken in den Handel gebracht, mit denen sich wasserabstoßende Imprägniereffekte erzielen lassen, die gegenüber mehrmaligen Seifenwäschen oder chemischen Reinigungen weitestgehend beständig sind. Herst.: I m p r . m i t t e l : Cliein. Fabrik Pfersee f). m. b. H., Augsburg. — Böhme Fettchemie, Chemnitz. — Chem. Fabrik Stockhausen u. Cie., Krefeld. — J . M. Wizemann, Stuttgart-Obertiirkheim. — Hermann Schröder, Chem. Fabrik, Hamburg-Wilhelmsburg 1. — Anlagen: Mako, Erfurt. —• E. Paßburg und B. Block G. m. b. H., Berlin-Charlottenburg. — Maschinenfabrik Sangerhausen.

I n d a n t h r e n (s. a. Indanthren- im Abschnitt Teer-farbstoffe), Summenbegriff, der die e c h t e s t e n a l l e r Küpenfarbstoffe aus den verschiedenen Gruppen umfaßt. Die unlöslichen Anthrachinon-F. finden nicht nur als Textilküpen-, sondern auch als Pigmentfarben (s. Farben) von hervorragender Echtheit, namentlich gegen Licht, Verwendung z. B. als Ultramarinersatz (Waschblau, Papier-, Zuckerbläung), für Maler-, Anstrich-, Druckfarben (sogar für Banknotendruck) u. a. — Der zeitlich erste Vertreter dieser Farbstoffklasse, das N-Dihydro-dianthrachinonazin (René Bohn 1901), ist als Indanthrenblau R S im Handel; ihm folgten das Flavanthron (Indanthrengelb G) und das Violanthron (Indanthrendunkelblau BO). Ähnlich bezeichnet die Ges. f. chem. Ind., Basel, ihre als besonders echt erprobten Ciba- u. Cibanon(Küpen-)farbstoffe mit dem Zusatz „ p e r f e k t " (ein P in einem Kreis). — 8. a. Teerfarbstoffe 14 b. Herst.: - F a r b s t o f f e : I. G. Farbenindustrie, Frankfurt a. M.

I n d e n : ein im Rohbenzol (Fraktion 176—182°) und Leuchtgas vorhandener Kohlenwasserstoff, ist über sein schwerlösliches Pikrat oder durch starke Abkühlung abscheidbar. Der Indanonring bildet mit Indol- oder Thionaphthenkernen vereinigt Ringgebilde wertvoller Küpenfarbstoffe. Indenharze s. u. Cumaronharze. Herst.: I n d e n : ltUtgers-Werke A.-G., Berlin W 35.

I n d i g o (Indigblau) : der schon im Altertum bekannte Farbstoff verschiedener, in Indien, China und auf Java gebauter Indigofera-Arten; in Europa enthalten ihn nur der Färberknöterich, Polygonum tinetorium, und der Waid, Isatis tinctoria. Der Farbstoff findet sich in den Pflanzen als Glykosid, I n d i c a n , d. i. die Verbindung von Indoxyl (Teerfarbstoffe 14a) mit Zucker, zuweilen im tierischen Harn als indoxylschwefelsaures Kali (Uroxanthin oder Harnindican) gibt gespalten ebenfalls Indoxyl. Über die Prüfung des Indigos auf Verfälschungen und Nebenbestandteile (Indigorot, d. i. Indirubin, Indigbraun, Leim, Asche, Wasser) durch Vergleichfärbungen, kolorimetrische und chemische Analyse s. das von der I. G. herausgegebene „Indigobuch". — Sog. mineralischer Indigo ist M o l y b d ä n b l a u ; roter: Orseille; deutscher: Waid; grüner: L o k a o , auch Chinesischgrün genannt, ist ein Farblack aus der Rinde von Rhamnusarten, durch Extraktion mit heißem Wasser gewonnen, wird in Ostasien in großen Mengen zum Färben von Baumwolle und Seide verwandt, zieht aus schwachalkalischem Bade blau auf; die Färbung wird mit einem gelben Farbstoff übersetzt, um zum Grün zu gelangen; Seide wird direkt leuchtend blaustichig grün, sehr lichtecht angefärbt. — Indigocarmin, auch „sauerer Indigo", „blauer Karmin", „Sächsischblau" genannt, ist das leicht lösliche Natron^alz der Indigodisulfosäure (Indigoextrakt). Wurde schon vor Einführung des synthetischen Produktes und wird

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Indigoide Farbstoffe—Industriegase

noch heute örtlich aus dem natürlichen Indigo dargestellt; dient im Orient zum Färben von Seide und Wolle (Teppichgarne), in Europa (aus synthetischem Farbstoff) zur Tintenerzeugung, als Waschblau und Aquarellfarbe. — Indigosubstltut (Kaiserschwarz) ist ein früher viel gebrauchter, mit Chlorat oder Chromat in Substanz oxydierter Blauholz-Chromlack, färbt Baumwolle in 45° warmer 5proz. Flotte ohne weiteren Zusatz tief rotstichig blau. — S. a. Aceton; Teerfarbstoffe 14; Henna; Indol. S. Teerfarbstoffe 14a. Heist.: I. G. Farbenindustrie, Frankfurt-M. — I n d i g o b l a u : Rud. u. Alois Schneider, Brünn.

Indigoide Farbstoffe sind solche, die mit Indigo sowohl im Aufbau als auch im chemischen, physikalischen und koloristischen Verhalten größte Analogien aufweisen. Indikatoren. Farbstoffe, die in saurer Lösung anders gefärbt sind als in alkalischer, wodurch es möglich ist, die Art der Reaktion einer Flüssigkeit durch den Farbenumschlag zu erkennen. E r ist jedoch bei gleichem Säure- bzw. Alkaligehalt einer Lösung, geprüft an verschiedenen Farbstoffen verschieden. So wird Phenolphthalein (in saurer Lösung farblos, in alkalischer rot) auch durch sehr schwache Säuren noch entfärbt, jedoch durch geringe Mengen schwacher Basen noch nicht gerötet, umgekehrt verhält sich Methylorange (sauer: rot, alkalisch: gelb). Dagegen ist der Farbenumschlag ein Maß für die Empfindlichkeit des Indikators, gemessen an der Wasserstoffionenkonzentration (s. d.). LIL: J. M. Kotthoff, Der Gebrauch von Indikatoren, Berlin 1926. — J. Geiger, Der Indikator, SpringerBerlin 1938. — Herst.: I n d i k a t o r e n : Lehmann & Hüchels, Hamburg-Altona. — H. Maihak A.-G., Hamburg 39.

Indium. In, Atomgew. 114,76, silberweißes seltenes Metall, das mit Zink zusammen vorkommt und aus der Zinkblende elektrolytisch gewonnen wird. Im Eisensulfid des Handels ist das Indium zu 0,006% vorhanden Llt.: Indium in Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, System Nr. 37.

Indol findet sich wie sein 3-Methylabkömmling, das S k a t o l , in den Fäzes als Eiweißkörper-Verdauungsprodukt, ferner in der Melasse, im Steinkohlenteerschweröl, dann aber auch in geringen Mengen in manchen wohlriechenden ätherischen Ölen, so im Neroli- und Jasminblütenöl, wird technisch aus der von den sauren und basischen Bestandteilen befreiten Steinkohlenteer-Schwerölfraktion 220—260° durch Erhitzen mit Natriumamid auf bis zu 250° oder aus der bei Gegenwart von Eisen hoch erhitzten Indoxylschmelze (s. Teerfarbstoffe, Indigo) durch Übertreiben mit Dampf oder im Kohlensäurestrom gewonnen. Eine neue sehr ergiebige Quelle für Indol und Styrol (Verwendung beider in der Kunstharz-, Kautschuk-, Riechstoffindustrie) bietet das Hauptrohr- und Gasometer-Tropföl von Wassergas-Carburierungsanlagen (35% Indol, 15%, Styrol). Farblose Blätter vom Schmp. 52®, riecht, ebenso wie Skatol fäkalartig, in reinster Form und verdünnt jedoch nicht unangenehm. Gibt oxydiert, allerdings in unzureichender Ausbeute Indoxyl (Indigo), seine alkoholische Lösung färbt (als Pyrrolderivat) einen Fichtenspan rot; wird in der Riechstoffchemie verwandt. — S k a t o l , synth. z . B . aus Propylidenhydrazon, Propylaldehyd und Phenylhydrazin, bildet schwer wasserlösliche Krist. Schmp: 94°; Eigenschaften und Verwendung wie Indol. — S. a. Riechstoffbestandteile 7; Eiweißkörper. Herst.: I n d o l ( - d e r i v a t e ) : Haarmann & Keimer, chemische Fabrik zu Holzminden, G . m . b . H . , Holzminden. — Gesellschaft für Teerverwertung m. b. H., Duisburg-Meiderich.

Industriegase. Technische oder Kraftgase sind brennbare Gase für Krafterzeugung und zu Heizzwecken. — E i n t e i l u n g : I. Aus festen Brennstoffen: Schwel-, Destillations-, Wassergase. II. Aus flüssigen Brennstoffen: Kaltverdampfungs-Luftgase, Heiß-Zersetzungsspaltgase. I I I . Natur-(Methan-)gase ohne technische Einwirkung. IV. Aus Nichtbrennstoffen: Carbid (Acetylen), Wasser (Wasserstoff nach Nichtkohleverfahren). Zu I: Holz-, Torf-, Ölschiefer-, Braun-,

Industriegase

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Steinkohlen-Schwei- und D e s t i l l a t i o n s g a s e (Leucht-, Kokereigas). Zu I I : Benzin- und Benzol-Kaltluftgase (s. Luftgas); öl-, Fett-, Blasen-Spaltgase. — Weiter unterscheidet man: Schwach- (Gicht-, Generator-, Mond-) und Starkz. B. W'assergase (Wasser- und Kohlenwassergase) und schließlich: Stadt- (gewöhnliches Leucht-), Roh- (ungereinigtes), Rein- (von Nebenprodukten befreites) und Sauggas, d. i. reinstes, von den Gasmaschinen angesaugtes Generatorgas. TeehniMbe Gase d i r e k t oder i n d i r e k t aus f e s t e n oder flüssigeD Brennstoffen(nachDinE1356). Verbrennungsw. Unterart kcal/cbm/00/ Bildung, Gewinnung Art 760 mm Hg Destillationsgase Steinkohlen-(Kokerei-), \ . Ännn Destillation oberhalb Rotglut Durch Entgasung Braunk.-, Holz-, Torfgas:/ i—ouuu.. Schwelgase Schwelgase (ebenso): 3—8000. Destillation unterhalb Botglut Aus der Hofofengicht, enthalt N,CO, Gichtgas 700—900... CO, Brennstoff mit Luft ( ± Dampf) vergast, auch Siemens Luft-,Mlsch-,DowSchwachgase Generatorgas 800—1800.. son-(Halbwasser-)gas genannt ebenso mit reichlich Wasserdampf Mondgas 1200—1800.. (NH,-Gewinnung) Einblasen von Dampf in hocherhitzte Durch Vergasung Brennstoffschicht (Koks); mit Ölgas /Wassergas 2600—2900... oder Benzoldampf angereichert: Carburiertes Wassergas Wassergase Wassergas-Schwelgasgemisch nach l dem Wassergasprozeß erzeugt, auch Kohlenwassergas 3200—3500.. Doppelgas genannt Beladen von Luft mit Dämpfen flüssiger Brennstoffe bei m&Blgen TempeKaltluftgase . .Benzin-(Benzol-)Luftgas . . . 2000—3000.. raturen, auch Aerogen- Benoid-, Pentairgas genannt öldampfüberhitzung bei Luftabichluß auch Pintsch- u. Blaugas genannt; 8000—12000.. (letzteres Spaltgase Olgas, Fett-, Blasengas durch Entspannung verflüssigter Spaltgasbestandteile) Natur-(Methangas) Erd-, Sumpf,- Schiammgase 8000—9000... CarMdgase Acetylen 12000—13000.. Wasserelektrolyse u. -Zersetzung durch Metalle; auch aus Wassergas oder anderen Brennstoffgasen B e t r i e b s b e z e i c h n u n g e n : Stadt-(Leucht-, Steinkohlen-, Kokerei-, Wasser-, Doppel-)gas oder deren Gemische. — Roh- (ungereinigtes, Produktions-) und Rein-(Generator-Ealt-)gas, abgekühlt, frei von Nebenprod. — Sauggas-Generatorgas, dessen Vergasungsluft der Explosionsmotor durch die Brennstoffschicht saugt (s. u.). — Selas-Gemisch von brennbarem GaB und der genau zugemessenen Verbrennungsluft; wird dem Brenner unter Druck mit die EntzQndungs- Obersteigender Strömungsgeschwindigkeit zugeführt.

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Die technischen Heizgase haben überall, wo hohe Temperaturen, reine, nach Wahl oxydierende oder reduzierende, gleichmäßige, auf kleinem Raum konzentrierte (Gebläse-)Flammen und bestimmte Hitzegrade erforderlich sind, die Direktfeuerung mit Brennstoffen verdrängt. Auch deshalb, weil die Verbrennung der mit Luft leicht mischbaren Kraftgase in den dosierten Mischungen fast quantitativ erfolgt und ihre Vorwärmung in Wärmespeichern, die z. B. durch die Wärme abziehender Rauchgase betrieben werden, den Nutzeffekt der dem Ofen zugeführten Kraftgase steigert. Großgasmaschinen (Explosionsmotoren), die den Gasiransport selbst besorgen und den bei der Verbrennung gebildeten Wasserdampf wieder zur Wassergasbereitung in den Betrieb zurückleiten, nützen bis zu 80% der Kohlenenergie aus. Diesen Vorteilen steht der Nachteil gegenüber, daß, abgesehen vom Erdgas, ein Teil des Heizwertes der Brennstoffe bei der Darstellung der Gase verbraucht wird bzw. verlorengeht. Hochofen-(Gic/it-)gos, das Produkt der Hochofen-Gebläseverbrennung (s. Eisen) in Berührung mit der luftfeuchten Koks-Erzbeschickung, hat die durchschnittliche Zusammensetzung 11% C0 2 , 31% CO, 2% H 2 und 56% N (neben 0,1—6% KW., HjO-dampf und Staub), einen Heizwert von rund 800—1000 Cal. und eine Temperatur von 200—250®. Es muß vor der Verwendung (zum Erhitzen des Gebläsewindes und zum Betriebe der Gebläse-Gaskraftmaschinen) gereinigt werden. Wasserdampf und einen Teil des Staubes entfernt man durch Waschen

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Industriegase

des abgekühlten Gases in Hordenskrubbern, zur Feinreinigung zentrifugiert man es in Flügelradventilatoren unter gleichzeitiger Erzeugung von Wassernebeln, die den Rest des Staubes binden; s. a. Cottrell; Gasreinigung; ferner Holzgas. Generatorgas (Luftgas) entsteht beim Durchblasen von Luft durch eine genügend hohe Schicht glühender Kohlen in eigenen Gaserzeugern. Die zuerst entstandene Kohlensäure wird in den oberen Schichten zu Kohlenoxyd reduziert. Das ideale Gas müßte also aus einem Gemisch von Kohlenoxyd und Stickstoff im Verhältnis 34,4:65,6 bestehen. In Wirklichkeit erhält man aber nur bei Verwendung von Koks nahezu reines Generatorgas, während aus den viel häufiger benutzten Stein- und Braunkohlen (auch Torf) ein Gemisch von Luftgas mit den Gasen der Zersetzungsdestillation entsteht. Gas ans

Kohlenoxyd

Wasserstoff

Kohlendioxyd

Methan \

Sauerstoff

Stickstoff

Heizwert Heizwert kg verpro cbm pro gaste Subst

Koks |25,7 Vol.% 0,6 Vol. % 0,2 Vol.% 4,0 Vol. % 10,6 Vol. % 1 69,0 Vol.% 810 Cal. 4800 Cal. Steinkohlen 23,7 Vol.% 6,5 Vol.% 1,9 Vol.% 5,3 Vol.% — 26,6 Vol.% 1070 Cal. 4815 Cal.

Über erfolgreiche Versuche zur Verwendung von im Wagen aus Holzkohle erzeugtem Generatorgas zum Automobilbetrieb s. K. Dehn, Angew. Ch. 1930, 572. Sauggas, ohne vorherige Speicherung vom Motor aus dem Generator direkt abgesaugtes Kraftgas. Die Anlage besteht aus einem Schacht mit feuersicherer Ausmauerung, Rost und Aschenkasten, Füllschacht sowie Einwurftrichter mit doppeltem, luftdichtem Verschluß. Im Saughub erzeugt der Motor in der Anlage Luftleere und saugt Luft durch die glühende Kohlenschicht des Generators. Aus ihm tritt das heiße Generatorgas in die Heizröhren des Verdunsters, eine Art offenen Dampfkessels, in dem es seine Wärme an das in demselben befindliche Wasser abgibt. Der hierdurch erzeugte Dampf mischt sich mit der gleichfalls im Verdunster vorgewärmten Verbrennungsluft und wird dann unter den Rost des Generators geführt, wo das Dampfgemisch beim Durchstreichen der glühenden Kohlenschicht das Kraftgas erzeugt. Das im Verdunster abgekühlte Gas tritt durch das Wechselventil in die Reinigungsapparate (s. Gasreinigung) und von da zum Motor. Halbwassergas (Misch-, Dowsongas) entsteht, wenn man im Generator dem Unterwind pro kg Brennstoff (jeder Art, z. B. Sägemehl, Kohlenschlamm, Torf, minderwertige Kohlen, Löschen usw.) rund 0,5 kg Wasser als Dampf zuführt. Man erzielt so außer dem Vorteil, auch mindere Brennstoffe vergasen zu können, eine gegenüber d«m Generatorprozeß theoretisch um 30% höhere Ausbeute an brennbarem Gas, das pro kg "Brennstoff in der Menge von 4—5 cbm entsteht und je nachdem, ob man von Koks, Anthrazit oder Steinkohle ausgeht, durchschnittlich 5 % C0 2 , 27 (24) (26)% CO, 10 (15) (8)% H 2 , 55 (54) (58)% N 2 neben geringen Mengen Methan und Sauerstoff enthält. Bei der Verarbeitung von Torf, Holz und geringwertigen Braunkohlen steigt die Kohlensäuremenge auf 10—16%, jene des Wasserstolfes auf 16—20%, während Kohlenoxyd nur zu 13—20% entsteht. Der Heizwert des Generatorgases beträgt rund 1000, jener des Halbwassergases etwa 1200 Cal. pro cbm. —Mondgas entsteht, wenn man den Generatorgasprozeß bei reichlicher Wasserdampfzufuhr (2,5 kg Dampf pro 1 kg Kohle, s. o.) vollzieht, d. h. den Brennstoff gleichzeitig ent- und vergast. Man erhält so zwar ein Generatorgas (Mondgas) mit 16% C0 2 , gewinnt jedoch 75% des im Brennstoff vorhandenen Stickstoffes als Ammoniak, während der Halbwassergasprozeß (mit 0,5—1 kg Dampf auf 1 kg Kohle) kohlensäurearmes Gas, dagegen wenig Ammoniak liefert. 1 kg schlechte Braunkohle mit 0,9% N gibt im Mondgasprozeß rund 2 cbm Gas (Heizwert 1450 Cal.) und 29 g Ammonsulfat, das man wie üblich durch Waschen des Gases mit verdünnter Schwefelsäure und Eindampfen der Lauge gewinnt.

Industriegase

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Wassergas. Heiz- und Leucht-Mischgas, bestehend aus etwa gleichen Teilen Wasserstoff und Kohlenoxyd, neben 2—6% Kohlensäure und Verunreinigungen. Man bläst Luft durch auf einem Rost aufgeschichteten brennenden Koks, um die für den Prozeß nötige Temperatur von etwa 1000° zu erreichen (Blasperiode l 1 / 2 — 2 Minuten), stellt, dann die Luft ab und leitet Wasserdampf durch den hellglühenden Koks (Periode des Gasens 1—71/» Minuten). Hierbei wird das Wasser zerlegt, Wasserstoff wird frei, Sauerstoff und Kohlenstoff geben Kohlensäure, die jedoch bei Gegenwart von hocherhitzter überschüssiger Kohle je nach Temperatur, Blasdauer, auch herrschendem Druck bis fast zu 99% (bei 1000°) zu Kohlenoxyd reduziert wird: C0 2 + C t i 2CO. D o p p e l g a s ist ein in einem Vorgang erzeugtes Steinkohlen-Leuchtgas-Wassergasgemisch 20:80 mit 5 — 6 C 0 2 , 35—37 CO, 44—45 H 2 und 5—6 CH 4 ; 3500—4000 WE. Es wirkt z. B. bei der Direktreduktion von Eisenerzen (ohne Schmelzen) besser reduzierend als Wasserstoff. S. Eisen 2. Das Wassergas wird f ü r Verwendung in Glühlichtbrennern ähnlich wie Leuchtgas gereinigt und überdies entstaubt, auch wohl mittels konz. Schwefelsäure enteisnet. Da es sehr giftig aber geruchlos ist und im Gemisch mit 33—88% L u f t explosive Gemische liefert, wurde vorgeschlagen, ihm durch Beimischung von s t a r k riechenden Kohlenwasserstoffen leicht feststellbaren Eigengeruch zu verleihen. Auch aus technischen Gründen setzt man dem Wassergas zur Anreicherung ( C a r b u r a t i o n ) auf heißem Wege Erdöldestillätdämpfe zu (Einspritzen des Öles während der Blasperiode in einen mit dem Generator verbundenen Verdampfer mit Überhitzer), da die Wassergasflamme zwar heiß ist, jedoch nicht leuchtet. Man kann das Wassergas auch durch Einleiten in die beschickten glühenden Leuchtgasretorten (Kokereikammern) oder durch Überhitzen mit schwerem ö l g a s u n d Dampf carburieren. In USA.-reichert man es mit B u t a n und P r o p a n an, die bei der Erdölraffination als Nebenprodukt anfallen. — Im Dellwig-Fleischer (G. m. b. H., Frankfurtmain)-Trigas-generator dient überhitztes Wassergas zur Steinkohlenschwelung auf Urteer, wobei es sich ebenfalls mit Carburierstoffen belädt. S. a. den Generator f ü r carburiertes Wassergas, System F r a n k f u r t e r Gasgesellschaft-Schumacher in Gas- u. Wasserfach 1930, 49. — Schließlich ist noch der C e d f o r d - G a s p r o z e ß zu nennen, in dessen Verlauf das Kohlenoxyd mit dem Wasserstoff zu Methan reduziert bzw. hydriert wird. Man verflüssigt das von der Kohlensäure befreite Wassergas, reinigt es so von den als Kontaktgifte wirkenden Schwefelverbindungen und leitet es in dem f ü r die beabsichtigte Umwandlung richtigen Mischungsverhältnis C O : H 2 = 1 : 3 über 280—300° heißen, in Quarzröhren geschichteten Nickelbimsstein-Katalysator, unter dessen W i r k u n g die Reduktion des Kohlenoxydes zu Methan erfolgt. Das W a s s e r g a s dient wegen der heißen Flamme, die es liefert (theoretisch über 2100°), zur Ausführung von Metallschmelzen (Platin schmilzt nicht in der Leuchtgas-, wohl aber i n d e r Wassergasflamme), zum Schweißen von Eisenblechen, zum Hartlöten und Glühen.. Ferner wegen seiner geringen Dichte (0,52, L u f t = 1) als Ballongas, in großen Mengen wegen seiner hohen Verbrennungswärme (3067 Cal.) und des großen Heizwertes (2824 Cal.) als Zusatz zum Leuchtgas (in Deutschland sind 5 % , in Amerika 7 5 % des Leuchtgases Wassergas) u n d als Motorentreibmittel. Neuzeitlich ist das Wassergas als Quelle f ü r die Wasserstoffgewinnung und als Synthesenausgangsmaterial in die erste Reihe der Werkstoffe gerückt. Llt.: A. Faber, Braunkohlengeneratorengas, Halle 1027. — H. Hermanns, Gasgeneratoren und -feuerungen, Halle 1924. — F. Muhlert und K. Drews, Technische Gase, Leipzig 1929. — Vgl. W. Kirnich, Neuzeitliche Gaserzeugungen in der ehem. und in verwandten Ind., Chem. Fabr. 1929, 85. — W. Vollbrecht u. R. Sternberg-Baasch, Das Gas In der deutschen Wirtschaft, Berlin 1929. — Vorzüge des A b s t i c h g e n e r a t o r s : Z. T. Galocay, Chem.-Ztg. 1930, 649 (Weltkraft-Vortrag). — Brennstofivergasung mittels Sauerstoffes statt Luft, I. Gwosdz, Chem.-Ztg. 1930, 529, 550. — W. Bertelsmann und F. Schuster, Einführung in die technische .. Behandlung gasförmiger Stoffe, Leipzig 1930. — Ad. König, Elektrochemie der Gase (Handbuch) 1931. — v. Schuftan, Gasanalyse in der Technik, Leipzig 1931. — Schuster und Biebesheimer, Laboratoriumsbuch für Gaswerke und Gasbetriebe aller Art, Bd. 33 im Laboratorium, Bücher für die chemischen und verwandten Industrien, Knapp-Halle, 1938. — Alfons Klemenc, Behandlung und Reindarstellung von Gasen, Leipzig

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Inerte—Invertzucker

1938. — H. Brückner, Handbuch der Gasindustrie, 1939. — Paul Dolch, Wassergas, 1939. — Schuster, Stadtgas-Entgiftung, Hirzel-Leipzig, 1935. — Jahrbuch f. d. Gas- u. Wasserfach, 1939. — W. Jost, Expiosions- u. Verbrennungsvorgänge in Gasen, 1939. — E. Boye, Technische Trocknung von Industriegasen i. Chem. Ztg. 1941, H. 17/18, S. 81. Heist.: G e n e r a t o r e n : Hans Boas, Berlin O 27. — Gebr. Fabke, Hamburg 3. — Dr. Max Levy G. m. b. H., Berlin N 66. — Hansa Motorenfabrik Gustav Altmann, Hamburg-Altona. — Allgemeine ElektromotorenWerke Hirschberg & Honings, Dortmund. A n l a g e n zur GaBentsohwefelung: Heinr. Koppers G. m. b. H., Essen. G a s e r z e u g u n g s a n l a g e n : Bamag Meguin A.-G., Berlin NW 87. — Demag A.-G., Duisburg. — Humboldt-Deutzmotoren A.-G., Köln. — Lurgi Gesellschaft m. b. H., Frankfurt. — M. A. N.-Werk, Nürnberg. — Julius Pintsch K.-G., Berlin O 17. Gaskilhler, - r e i n i g e r , - S a u g e r , - w a s c h e r , G a s w e r k e i n r i c h t u n g e n : Bamag Meguin A.-G., Berlin NW 87. — Julius Pintsch K.-G., Berlin O 17. G a s u n t e r s u c h u n g s a p p a r a t e : Ludwig Mohren, Aachen.

I n e r t e : träge, unter den betreifenden Bedingungen die laufende Reaktion nicht störende Gase oder andere chemische Stoffe, die man als Verdünnungsoder temperaturregelnde Hilfssubstanzen verwendet. I n t e r f e r o m e t e r . Apparate zur Ermittlung der Zusammensetzung eines Gasgemisches oder einer Salzlösung auf rein optischem Wege. Mit den Gas-Interferometern mißt man den Unterschied der Brechungsindizes eines Gases und eines Vergleichsgases; geeignet zur Analyse sämtlicher nur aus zwei Bestandteilen zusammengesetzter Gasgemische, z. B. zur Bestimmung des Methangehaltes der Luft in Kohlenbergwerken, der Verunreinigungen in technischen Gasen, des Carburationsgrades von Luftgas. Die Flüssigkeits-Interferometer dienen zur Bestimmung des Salzgehaltes in Meerwasser, Solen, Quellwässern, der Salzmenge, die einem Flußlauf durch Kaliabwässer zugeführt wird. Vgl. Löwe, Chem.-Ztg. 1921, 405. Heist.: Carl Zeiss, Jena. — S. a. die Bez.qu. bei Analyse.

Inulin, (C,H 10 O 5 ) x .H 2 0, ein der Stärke isomeres Kohlenhydrat, in Dahlienund Topinamburknollen (bis zu 30%), Wurzeln der Gichorie, mancher Helianthusarten und in anderen Kompositen, wird aus diesen Pflanzenteilen durch Dämpfen, Auspressen und Schleudern des Preßsaftes als weißes hygroskopisches PulVer gewonnen; in warmem Wasser leicht, in kaltem schwer, in Alkohol unlöslich. Verdünnte Säuren spalten es leicht unter alleiniger Bildung von Lävulose (Fruchtzucker). Inulin dient in allen Formen der Zubereitung (Brot, Kunsthonig, Sekt) als Diabetikernahrung; vgl. Invertzucker. Lll'.H. Pringshelm, Die Polysaccharide, Berlin 1923. — P. Karrer, Einführung in die Chemie der polymeren Kohlenhydrate, Leipzig 1925. — Zuckerchemie, Leipzig 1925. Herst.: J n u l l n (chem. rein): Th. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz.

I n v e r t z u c k e r . — I n v e r t z u c k e r ist die Mischung gleicher Moleküle von T r a u b e n z u c k e r ( D e x t r o s e ) und F r u c h t z u c k e r (Lävulose), die bei Einwirkung von Invertase oder verdünnten Säuren auf Rohrzucker (Saccharose) entsteht. Da die Lävulose die Polarisationsebene des Lichtes stärker links als die Dextrose rechts dreht, so resultiert für den Invertzucker, als Mischung gleicher Moleküle beider, eine Linksdrehung, während die Saccharose selbst rechtsdrehend ist. Es hat also eine Umkefyrung (Inversion) der Drehungsrichtung stattgefunden. — Invertzucker findet sich in allen süßen Früchten, begleitet von Rohrzucker, besonders in Weintrauben und Kirschen, dann jedoch ohne Saccharose. Dasselbe Gemisch von Dextrose und Lävulose ist auch der reine B i e n e n h o n i g , der überdies noch Geschmackstoffe und geringe Mengen Ameisensäure enthält. Mit Rohr- oder Stärkezucker gefütterte Bienen geben Honig, der dieselben Zuckerarten unverändert enthält, in dem das Invertzuckergemisch daher zurücktritt. Zur künstlichen Herstellung des Invertzuckers erwärmt man etwa 80proz. Rohrzuckerlösung mit Spuren (0,02—0,04%) Salzsäure oder 0,2% einer organischen, z. B. Ameisensäure im Wasserbade, oder spritzt heiße Rohrzuckerlösung mittels eines durch Kohlensäure betriebenen Injektors in einen mit COa erfüllten

Jod

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abgeschlossenen Raum und neutralisiert folgend mit Soda. Das Produkt ist 80proz. kristalllisiert, 75proz. flüssig, direkt Handelsware und gibt aromatisiert den K u n s t h o n i g , der, mit 15—30% Naturhonig gemischt, von diesem nicht zu unterscheiden und um so feiner ist, j e niederer die Invertier-Temperatur (100—105°) gehalten wurde. J e weiter die Inversion (Dauer 2—3 St.) durchgeführt ist, um so sicherer kristallisiert der Honig, wogegen die Kristallisation durch hohen Säure-, Wasser- und Rohrzuckergehalt und zu hohe Temperatur verhindert wird. Bleiben bei der Inversion des Rohrzuckers z. B. mit 0 , 1 % Ameisensäure oder 0 , 0 5 % HCl bei 85° 5 % des Zuckers unverändert, und beträgt der Wassergehalt nicht mehr als 20—22%, so erhält man f e s t e Ware. — Gleiche Teile Ronr- und Invertzucker mit 2 0 % Wasser geben die „flüssige Raffinade" des Handels. — Reiner Invertzucker ist ein farbloser Sirup, der am Lichte allmählich etwas Dextrose ausscheidet; er ist süßer als Rohrzucker, angenehmer im Geschmack als Kandis und läßt sich direkt vergären. Man verwendet ihn außer zur Kunsthonigbereitung zur Weinverbesserung, zur Bereitung von Champagner, Likören, Fruchtkonserven. S. Zucker; Stärkezucker; Sirup; Maltose. Heist.: T r a u b e n - , F l u c h t - , I n v e r t z u c k e r : E . Merck, Chemische Fabrik. Darmstadt. — J . D. Riedel-E. Haen, B e r l i n . — Schering, A.-G., Berlin N 65. — l'h. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz. — Chem. Fabrik Kitzingen a. M. — Dtsch. Bergin A.-G. f. Holzhydrolyse, Mannheim-Rheinau.

J o d , J , Atomgew. 126,92, findet sich, von einigen jodsilberhaltigen seltenen Mineralien abgesehen, in gewinnungswerten Mengen nur im Caliche (s. Salpeter) zu etwa 0,16, in seiner Mutterlauge zu 0 , 2 % (als Na-jodat) und ferner in der Asche der Seepflanzen, die in ihrem Organismus das J o d des Meerwassers aufspeichern. Es sind dies vor allem Fucus- und Laminariaarten, Tange und Algen mit bis zu 0,1% Jod, die technisch verarbeitet werden (Frankreich, englische Inseln, Amerika), auch einige Schwammarten, die wie z. B . Suffaria cauliformis und Verongia plicifera soviel Jod in ihrem Horngerüst bzw. in der eingetrockneten Fleischmasse enthalten (8—10%), daß Hundeshagen seinerzeit anempfahl, diese Jodspongien zu züchten und künstlich anzusiedeln. — 25000 kg nasser = 5000 kg trockener Seetangmasse = 1000 kg Asche geben 10 kg Jod. Die S e e p f l a n z e n werden verascht (die Asche heißt in Frankreich Kelp, an den atlantischen Küsten Varec, beide sind Handelsartikel mit etwa 1 % Jod), die Asche laugt' man unter fortgesetzter Beseitigung der auskristallisierenden Salze ( K 2 S 0 4 , NaCl, KCl) aus, stellt die das gesamte J führende Mutterlauge schwefelsauer und destilliert nach Zusatz von Braunstein das Jod ab. Oder die Pflanzen werden trocken destilliert, wobei man, wie es in Schottland geschieht, Kalisalze, Brenngas, Graukalk (s. Holzverkohlung) und Kohlenwasserstofföle als Nebenprodukte gewinnt. Dieses J o d ist reines Handelsprodukt, das durch Auslaugen der Tangasche gewonnene muß durch Sublimation gereinigt werden. Auch die Elektrolyse von schwefelsaurer Jodidlösung führt zu reinem Jod. Zur Aufarbeitung der Salpetermutterlaugen neutralisiert man ihr Gemisch mit überschüssigem Na-bisulfit mit Soda (beide örtlich hergestellt, diese aus Salpeter und Kohle, Bisulfit aus S-verbrennungsgasen und Soda), bläst Luft ein, sammelt das nach einigen Stunden abgesetzte Jod, preßt es ab (Jod.-,,Käse", mit 7 5 % J ) und sublimiert es aus Retorten im Wasserdampfstrom. So etwa 99proz. rein gewonnen, wird es in mit frischen Kuhhäuten (Haare nach innen) umhüllte Kisten zu 55 kg Inhalt verpackt oder kommt in kleinen ausgepichten Holzgefäßen in den Handel; weitere Angaben in Angew. Ch. 1926, 1131. — J o d bildet schwarzgraue, metallglänzende, biegsame Tafeln von eigenartig unangenehmem Geruch; wirkt ätzend, färbt die Haut rotbraun. D : 4,95; Schmp: 116°; Sp: 184°. 1 Tl. J löst sich in 4000—7000 Tl. Wasser, leicht löslich ist es in Alkohol (Jodtinktur; off. 1 J . in 10 Tl. 90proz. Alkohol; in Kaliumjodid-Lösung (im 1 Wasser j e 5 g J und K J gibt die oft. Jodjodkaliumlösung), ferner in Jodwasserstoffsäure, Äther, Benzol. Jod dient als solches, namentlich aber in Gestalt zahlreicher aus ihm

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Jodoform—Jod Verbindungen

hergestellter Verbindungen, in der Medizin, es ist ein starkes Antiseptikum und findet für solche Zwecke besonders als Jodsalbe und Jodtinktur Verwendung. Auch die Teerfarbstoifindustrie verbraucht gewisse Jodmengen zur Erzeugung der leuchtenden Eosine und substituierten Fluoresceine der Phthaleinreihe und zur Herstellung des Sensibilisators Chinolinblau; dennoch sucht man nach neuen Verwendungsgebieten, da die Produktion wesentlich erhöht werden könnte. — S. a. Jodometrie. — Uber das Jod als Bioelement s. C. Oppenheimer, Chem. Ztg. 1929, 925, 968, vgl. Jg. 1927, 20.

LIL: Th. v. Fellenberg, Das Vorkommen, der Kreislauf und der Stoffwechsel des Jods, München 1926. — K. Scharrer, Chemie und Biochemie des Jods, Stuttgart 1928. — Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, Element Natrium, bearbeitet von E. J . Meyer, Berlin 1928. — F. Meineck, Über das Vorkommen von Jod in der Natur, Berlin 1929. — W. Gaus und E. Grießbach, Jodfrage und Landwirtschaft, Zeitschrift für Pflanzenernährung, Düngung und Bodenkunde, Teil A, Band 13, H. 6, 1929. Herst.: J o d ( - s a l z e u n d - p r ä p a r a t e ) : Joh. D. Bieber, Hamburg 21.—Bigot Schärfe A Co., Chemische Fabrik G. m. b. H., Hamburg 1. — Byk Guldenwerke, Chemische Fabrik A.-G., Berlin NW 87. — J. D, Eiedel-E. de HaSn, Berlin. — C. F. Boehringer & Söhne G. m. b. H., Mannheim-'Waldhof. — Gehe A Co., A.-G., Dresden N 6. — Chemische Fabrik Lehrte G. m. b. H., vorm. Leonhardt & Martini, Lehrte b. Hann.— E. Merck, Darmstadt.

Jodoform (Trijodmethan), CHJ 3 , früher durch Erwärmen von Alkohol mit Jod und Alkali (oder Alkalicarbönat) erhalten: C 2 H 5 .OH + 8J + 6KOH 5 H 2 0 + 5 K J + H.COOK + CHJ S , (Jodoformprobe zum Alkoholnachweis), heute ausschließlich durch Elektrolyse einer wäßrigen, Alkohol (besser Aceton) und Soda enthaltenden K-jodidlösung bei gleichzeitigem Einleiten von Kohlensäure in den 70° warmen Elektrolyten. — Gelbe, glänzende, fettig anzufühlende Tafeln, D: 2,0; Schmp: 119°; verflüchtigt sich mit Wasserdämpfen. Herst.: J. D. Bieber, Hamburg 21. — Bigot, Schärfe & Co., Chemische Fabrik G. m. b. H., Hamburg 1. — Byk Guldenwerke, Chemische Fabrik A.-G., Berlin NW. 87— J. D. Eiedel-E. de HaSn, Berlin.

Jodometrie: maßanalytische Bestimmungsmethode von Oxydations- und Reduktionsmitteln, beruhend auf der Bildung von J o d s t ä r k e (Amylum jodatum), d. i. eine intensiv blaue, nur in der Kälte beständige Adsorptionsverbindung von Jod an Stärkekleister bei Gegenwart von K J (empfindlichster Nachweis von Spuren freien Jods). Nach Verschwinden der Blaufärbung wird die Menge des Oxydations- bzw. Reduktionsmittels aus dem Jodverbrauch 2HJ + O->• J 2 + H a O bzw. J 2 + Na 2 S 2 0 3 -> 2NaJ + Na 2 S 4 0, berechnet. S. Analyse; Reagenzpapiere; Reaktionen; Stärke. Jodverbindungen. Von den Präparaten der Heilkunde abgesehen finden nur die folgenden anorganischen Jodverbindungen (s. a. die Jodide bei den Metallen) als Ausgangsmaterial für andere oder selbständig Verwendung: Jodchlorid, JC1, durch Sublimation von Jod im Chlorstrom erhalten, rubinrote Kristalle, dient wie Jodmonobromid oder Jodtrichlorid zur Feststellung der Jodzahl in der Fett- und ölanalyse. — Jodtrichlorid, JC13, orangegelbe Kristalle, dient in Lösung 1:1000 zur Sterilisation der Hände und ärztlichen Instrumente, in der Wirkung gleich einer Phenollösung 1:25 oder einer Sublimatlösung ebenfalls 1:1000. — Jodsäure, H J 0 3 , dargestellt durch Eindampfen von Jod mit rauchender Salpetersäure, findet Anwendung in der Jodometrie; jodsaure Salze heißen Jodate. J o d s ä u r e a n h y d r i d J 2 0 6 (aus Jodsäure bei 180°) ist techn. bemerkenswert wegen seiner hohen Oxydierkraft; Anwendung zum Kohlenoxyd-(s. d.)nachweis. — Jodwasserstoffsäure, H J , als Gas erhaltbar aus den Elementen (Ptschwamm, 3—400°), technisch durch allmählige Vereinigung aer Anschlämmungen von 5 Tl. rotem Phosphor mit 10 Tl. Wasser und von 100 Tl. Jod mit 10 Tl., Wasser; in Form einer w ä ß r i g e n Lösung durch Einleiten von SchwefelwasserstofTgas in wäßrige Jodsuspension; als k o n z . Säure durch Sättigen der verdünnten mit Jodwasserstoflgas. Dieses ist farblos, bildet an feuchter Luft Nebel; Jodwasserstoff ist ein sehr starkes Reduktionsmittel, dient als solches und zur Herstellung organischer Jodverbindungen. Anorgan. Jodverbindungen s. u. d. einzelnen Elementen. Heist.: Byk Guldenwerke, Berlin NW 87. — E. Merck, Darmstadt.

Ionen—Isatin

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Ionen: mit positiver oder negativer Elektrizität beladene M a s s e t e i l c h e n , hervorgegangen aus Molekülen oder Atomen durch Spaltung mittels elektrischer Kräfte. Die stets ganze Zahl der Ladungen eines Ions entspricht seiner Wertigkeit, u. z. trägt ein I-wertiges Ion 0,156 Trilliontel Coulomb Elektrizität, d. i. das sog. E l e m e n t a r q u a n t u m , die kleinste Elektrizitätsmenge, die isoliert aufzutreten vermag, das E l e k t r o n . Im Formelbild werden die Anionen mit Strichen (z. B. das einfach negativ geladene Hydroxylion mit O H ' , die Kationen mit Punkten bezeichnet, so das einfach positive Na-ion, das zweifach positive Ferroion mit Na - bzw. Fe", und man schreibt dann z. B. als I o n e n g l e i c h u n g : HCl H" + Cl' die H'-ionen als Träger der sauren oder KOH tZ K - + OH', die OH'-ionen als Träger der alkalischen Reaktion. Sogen, k o m p l e x e Ionen liegen dann vor, wenn ein Metall einen nicht abdissoziierbaren Bestandteil des Anions bildet, z. B. beim Kaliumferrocyanid K 4 Fe(CN) 6 -* K 4 " " + Fe(CN) 6 "". Mit dem Zerfall in Ionen stehen Gefrierpunktserniedrigung, Siedepunktserhöhung, elektrische Leitfähigkeit, Osmose und Elektrolyse in innigem Zusammenhang. — G a s - ( L u f t - ) i o n e n entstehen unter dem Einflüsse hoher Wärmegrade, ultravioletten Lichtes, der Röntgen- und radioaktiven Strahlen; Luft ist jedoch auch an sich bis zu einem gewissen Grade „freiwillig" ionisiert. Der Grad dieser Ionisation läßt sich mittels des Ionenzählers bestimmen, umgekehrt dient das Ionometer zur Feststellung der Stärke jener ionisierenden Einflüsse, z. B. der radioaktiven Strahlung, aus der Gasionenmenge, die sie erzeugen. — S. a. Dissociation; Elektrolyse; Faraday: Basen; Säuren. Jonon (s. Riechstoffbestandteile 4), Prinzip des künstlichen Veilchengeruches, gehört zu den chemischen Verbindungen, die sich in der Natur nicht vorfinden, wegen ihres Wohlgeruches jedoch den natürlichen Riechstoffen hinsichtlich ihrer Verwendung gleichen und technisch hergestellt werden. Man kondensiert in der Erkenntnis von der Konstitution des Irons als eines Methyl-Ketons, Citral (Lemongrasöl) mit Aceton bei Gegenwart von Barythydrat und erhält so zunächst dasPseudojonon: ( C H s ^ C H . C H j . C H ^ C i C H j H C H . C H - C H . C O . C H ^ C ^ H . i o O das sieh unter dem Einflüsse verschiedenartiger Agentien (Säuren, Salze) unter Ringschluß in das Jonon (a und ß, isomer, versch. Lage der Doppelbindung im Ring) verwandelt. Mit JH-säure reduziert gibt es das I o n e n , Terpenkohlenwasserstoff C 13 H 18 , riecht ebenfalls veilchenartig, ist isomer mit I r e n . Das über seine Bisulfitverbindung (s. Aldehyde) abgeschiedene a- Jonon (nebenstehendeForCII mel) ist ein farbloses, konzentriert nach CedernC H 3 . C ^ \ C H 2 holz, stark verdünnt herrlich nach Veilchen rieCH 3 .CO.CH = C H . C H ! v j C H 2 chendes Öl vom Sp. 123° unter 11 mm Druck. Es CH 3 .C. CH 3 kommt wie seine zahlreichen Nachahmungen in verschiedener Verdünnung unter Phantasienamen (Veilchenöl, Novoviol, Iraldein, Neoviolon usw.), auch in Form von Gemischen (Parfümerien) in den Handel. — S. a. Riechstoffe 7. Herst.: Haarmann & Reimer, chemische Fabrik zu Holzminden, G . m . b . H . , Holzminden. — Vanillinfabrik O. m. b. H., Hamburg-Billbrook. — Schimmel & Co., A.-G., Miltitz b. Leipzig.

Iridium s. u. Platinmetalle. Irisöl (Veilchenwurzelöl), Oleum iridis (s. Riechstoffe). Aus den Wurzeln von in Florenz und Verona kultivierten Schwertlilien-(Iris)arten (Veichenwurzel, Iris germanica). Parfümerie, Seifenfabrikation; dient auch zur Gewinnung des Irons (Iris liquide), das nur die ätherischen Öle ohne feste Bestandteile (Myristinsäure) enthält. Herst,: Haarmann & Reimer, Holzminden a. d. Weser. — Schimmel & Co. A.-G., Miltitz b. Leipzig.

Isatin. Isatine sind Muttersubstanz und Komponenten zahlreicher Küpenfarbstoffe (s. Teerfarbstoffe 14 a) geben mit H 2 0 oxydiert o-Aminocarbonsäuren.

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Iso—Isomorph

Iso-, Unterscheidungsvorsilbe zweier chemischer Verbindungen, bei denen eine gewisse hälftige Symmetrie in bezug auf Seitenketten, Lage von Doppelbindungen, Hydroxylgruppen u. dgL besteht, z.B. Isopropylalkohol CH 3 G.HOH.GH a und normaler Propylalkohol CH s .CH 2 .CH 2 OH. — I s o m e r sind Stoffe gleicher Formel, jedoch verschiedenen Verhaltens. Wenn nur die empirischen Formeln gleich sind, die lediglich die Gewichtsverhältnisse wiedergeben (CHS, C2H8, Methyl und Äthan, die beide C und H im Verhältnis von 4:1 enthalten), so spricht man von Polymerie (s. u.), wirklich isomer sind nur Verbindungen, die die gleiche Molekularformel besitzen, wie z. B. Xylol und Äthylbenzol. Es gibt außerdem noch zahlreiche Arten der Isomerie: Kern-, Spiegelbild-, Seitenketten-, Chromo-, Stellungs-, Ortsisomerie u. a. T a u t o m e r sind zwei isomere, im verschiebbaren Gleichgewicht nebeneinander bestehende Formen einer chemischen Verbindung, die demgemäß zwei Reihen von gleich zusammengesetzten Derivaten bildet, z. B. Isatin und Isatol. Wenn nur die eine Form bekannt ist, die jedoch ebenfalls zwei Reihen von Derivaten liefert, spricht man von P s e u d o m e r i e . Zuweilen wird die Vorsilbe „Pseudo" (4/) zur Bezeichnung von nur im gewöhnlichen Sinne isomeren Verbindungen gebraucht, z. B. Cumol-» Pseudocumol. P o l y m e r sind zusammengehörige Verbindungen, von denen die eine durch Zusammentritt mehrerer Moleküle der anderen entsteht, wie z. B. Paraldehyd aus Acetaldehyd, Polymethylene (Cycloparafflne) als Polymere des Methylens oder das bei 50° noch feste S 2 O s aus rauchendem S-trioxyd; besonders neigen zur Polymerisation Cyansäure und Cyanamid. Polymerisation kann durch Hitze, chemische Einwirkung herbeigeführt werden, erfolgt zuweilen schon bei längerem Stehen, ist nicht immer zu den Ausgangsstoffen hin reversibel. Der eigentliche Polymerisationsprozeß führt zu s t r u k t u r c h e m i s c h e n Veränderungen. Er ist verschieden vom „Kondensieren", da das Polymere, z. B. Paracyan (aus Dicyan) oder Benzol (aus Acetylen), durch Aneinanderfügen der Moleküle ohne Wasseraustritt erfolgt, sie gleichen einander aber in dem Sinne, als die Vorgänge meist nicht umkehrbar sind und Kondens- sowie Polymerisationsprodukte höherer Ordnung sich ihrem Aufbau nach kaum bestimmen lassen, da dann auch andere Einflüsse (z. B. Oxydation) zur Wirkung gelangen können, so bei der Polymerisation des Leinöles zum Linoxyn (Firnis) oder des Äthylens (mit Borfluorid) zu Schmierölen. — Zum Unterschiede von der Polymerisation führt die A g g r e g a t i o n oder A s s o z i a t i o n zu Stoffen von lediglich anderen p h y s i k a l i s c h e n Eigenschaften. — S t e r e o m e r e sind schließlich räumlich isomere, also dem Aufbau nach gleiche Verbindungen mit im Räume verschieden gelagerten Atomen (Atomgruppen), z. B. die eis- und transisomeren Fumar- und Maleinsäuren, s. a. Diazotieren; Benzol-, Drehvermögen; Kondensieren. I s o m o r p h sind Stoffe, die trotz verschiedener chemischer Zusammensetzung in äußerlich gleicher oder ähnlicher Kristallform auftreten. Sie bilden in allen Verhältnissen Mischkristalle, der eine wächst als Kristall in der Lösung des anderen weiter, u. z. je nach den Kristallisierbedingungen in wechselnden Mengen. Am häufigsten sind Stoffe gleicher chemischer Konstitution isomorph, z. B. Tonerde, Chromoxyd und Eisenoxyd, und man bezeichnet dann auch die den Verbindungen zugrunde liegenden Elemente, im vorliegenden Falle Aluminium, Chrom und Eisen als isomorphe E l e m e n t e , viele Verbindungen und Elemente, die sich in diesem Sinne verhalten als isomorphe R e i h e n . Im allgemeinen sind isomorphe Stoffe durch Kristallisation nicht zu trennen. D i m o r p h tritt z. B. Schwefel auf, polymorph sind Stoffe, die in verschiedenen evtl. kristallisierten Formen vorkommen, so die Modifikationen des Schwefels, ferner Diamant und Graphit, violetter und gelber Phosphor, stets jedoch nur feste Körper. — E n a n t i o m o r p h sind spiegelbildisomere Moleküle mit asym-

Isotope—Jute

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metrischem KohlenstofTatom und die spiegelbildgleichen Kristalle solcher Stoffe. — P s e u d o m o r p h o s e ist Umwandlung, Verdrängung einer kristallisierten Substanz (Rotkupfererz) durch einen von ihr pliys. und ehem. völlig verschiedenen Stoff (Malachit) mit Beibehalten der ursprünglichen Kristallform.—S. a. Drehvermögen; Legierungen.

Isotope Stoffe, die vollkommen die gleichen chemischen Eigenschaften aufweisen nach chemischen Methoden, also nicht voneinander trennbar sind, die sich jedoch in anderer Hinsicht voneinander unterscheiden. Cliem. untrennbare Isotopengemische bezeichnet man weiterhin mit dem Namen „Chemische Elemente". Nach einem Vorschlag von F. Paneth bezeichnet man sie als „Mischelemente" und diejenigen Elemente, die aus lauter völlig untereinander identischen Atomen bestehen als ,,Rein-Elemente". So weit es sich nicht um radioaktive Stoffe handelt, unterscheidensich die Isotope eines Mischelementes voneinander nur durch ihre Atomgewichte. — Heute werden immer wieder Elemente, die man für Rcin-Elemente hielt, in Isotope zerlegt. Isotrop: im Gegensatz zu aniso- und heterotrop, nach allen Richtungen in einem Körper gleichartiges physikalisches, z. B. optisches Verhalten. — A l l o t r o p e sind untereinander oft völlig verschiedene Modifikationen ein und desselben Elementes, z . B . Diamant und Graphit. — E n a n t i o t r o p sind Stoffe, die in mehreren Modifikationen existieren, deren Umwandelbarkeit nach beiden Richtungen vor sich gehen kann, z. B. rhombischer und monokliner Schwefel. Jute: Bastfaser verschiedener in Ostindien und China einheimischer, auch in Amerika angebauter Corchorus-Arten (s. Gespinstfasern). Die Pflanzen werden durch Wasserröste (s. Flachs) aufbereitet und durch Abstreifen vom Bast befreit; die gewonnene Bastfaser ist 1,5—2,5 m lang und 0,01—0,03 mm dick. Um die Geschmeidigkeit zu erhöhen, wird die Jute mit Batschingöl (66% Tran, 34% Mineraöl 0,885) getränkt (bedingt den anhaftenden unangenehmen Geruch der Ware). Die Jutefaser enthält durchschnittlich 63% Cellulose, 10% Wasser (bis zu 35%), 1,5% VVasserextrakt, 2,5% Fett und Wachs, 1% Asche und 22% Pektinstofle. Sie ist viel empfindlicher gegen Luft, Licht, Feuchtigkeit, Chlor und Säuren als Baumwolle, wird mit kalter starker Natronlauge nicht mercerisiert, sondern kräuselt sich wie Wolle und ist dann mit ihr zusammen verspinnbar. Man verarbeitet die Jute zu Segeltuch, Fenstervorhängen, Möbelstoffen, groben Filtertüchern; f ü r Tauwerk ist sie wenig geeignet, da sie im Wasser leicht fault. Ferner als Packmaterial: Baumwoll- und Wollballen, Kaffee, Getreide, Salpeter, ferner Zement, Mineralpulver und Salz werden in (mit Papier hinterklebten und dann staubdichten) Jutesäcken, neuzeitlich jedoch in zunehmendem Maße in Papiersäcken verfrachtet. — J u t e steht f ä r b e r i s c h ebenso wie auch Sisalhanf und die Kokosfaser zwischen der Tier- und Pflanzenfaser. Substantive Baumwollund Schwefelfarbstoffe sind wie für Baumwolle zu verwenden, die sauren Wollfarbstoffe ziehen ebensogut auf wie manche basische Farbstoffe, die ohne Beize gefärbt werden können, da die genannten Faserarten in ihrer Basthülle von Natur aus recht viel Gerbstoff enthalten. G e b l e i c h t wird J u t e wie Leinen, vgl. Bleichen 5. — Durch Imprägnieren der Jutesäcke mit B a k e l i t A und folgendes Nacherhitzen während mehrerer Stunden auf 130—140° wird das Gewebe gegen mechanische und chemische Beanspruchung sehr widerstandsfähig. Herst.: J u t e s ä c k c u. - g e w e b e : Bielefelder Sackfabrik G . m . b . H . , Bielefeld.— Jute-Spinnerei u. Weberei, Bremen. — l t u d . Doller, Werdau i. Sa. — Jutespinnerei Königsbrück A.-G., Reichenbach, Amtsli. Kamenz. — Weidaer J u t e Spinnerei u. Weberei, Weida. W e b s t ü h l e : Großeuhaincr Webstuhl- u. Maschinenfabrik A.-G., Großenhain. — Gust Thiele A.-G., JTeugersdorf i. Sa. — Sächsische Webstuhlfabrik Louis Schönherr, Chemnitz. S p i n n m a s c h i n e n : C. Oswald Liebscher, Chemnitz.— Spinnerei-Maschinenfabrik Seydel & Co., Bielefeld. F a s e r - G e w i n n u n g s - u . - a u f b e r e i t u n g s m a s c h i n e n f . J u t e : Gebr. Bindler, Freitali. Sa. — E. Bauch, Landeshut i. Schles. — Köllmann . München. — Kirchhoff & Neirath, Berlin W 15. — E. Merck-Darmstadt.

Kaliumpyrosulfat. K 2 S 2 0 7 , erhaltbar durch Verschmelzen von K-sulfat mit Schwefelsäureanhydrid, als gegen heißes Wasser wenig beständiges Kristallmehl. Zerfällt beim Erhitzen auf 600° in seine Komponenten. Kaliumrhodanld (Kaliumrhodanür, Rhodankalium, Kalium rhodanatum), KCNS, wird durch Umsetzung von Barium- oder Calciumrhodanür-Lösung mit Kaliumsulfat oder Kaliumcarbonat oder durch Destillation von Rhodanammoniumlauge mit Kalilauge oder Pottasche dargestellt. Käliumrhodanid kristallisiert wasserfrei in farblosen Säulen von D. 1,9; Schmp: 161,2°. 100 Tl. Wasser lösen bei 0° 177 Tl., bei 20° 217 Tl. des Salzes unter starker Temperaturerniedrigung. Verwendung: zur Herstellung von andern Rhodaniden, Kaliumcyanid, Kaliumferrocyanid, Thioharnstofien, Methyl- und Allylrhodanid, ferner zur Bereitung von Kältemischungen, als Zusatz bei der Erzeugung, von Schwefelkupfer-Anilinschwarz und in der analytischen Chemie. — Herst.: K - r l i o d a n i d : Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vorm. Rocssler, Frankfurt. — Dr. Jacob L'hem. Fabrik G . m . b . H . , Bad Kreuznach.

Kallumsilieat. Kaliwasserglas, K 2 Si0 3 , erhaltbar durch Zusammenschmelzen von Quarzsand, Pottasche und Kohle oder durch Erhitzen von Sand mit Kalilauge unter Druck, in analoger Weise, wie man die Na-Verbindung erhält, an deren Stelle es auch, jedoch ohne Vorteil, verwendet werden könnte (s. Si-verbindungen und Wasserglas). Herst.: llhein. Wasserglasfabriken G . m . b . H . , Rheingönheim.

Kaliumsulflde und -polysulüde, K2S, bzw. K 2 S 3 bis K2S7 (-tri- bis heptasulfid), entsprechen so wie das K-sulfhydrat KSH den Na-verbindungen und werden wie diese dargestellt. K a l i s c h w e f e l l e b e r (Hepar sulfuris, K. sulfuratum), Gemisch von K-pentasulfid und K-thiosulfat, durch Schmelzen von Pottasche mit überschüssigem Schwefel erzeugt, riecht nach H 2 S, dient medizinisch (Schwefelbäder). Herst.: K a l i u m s u l f a t , - s u l f i d , - s u l f i t : J . D. Riedel-E. de Hacn, Berlin. — K a l i a l a u n : Gebr. Giulini G. m. b. H., Ludwigshafen a. Rh. — Hoesch K.-G. Chem. Fabrik, Düren i. Rhld. — Chem. Fabriken Oker n. Braunschweig, Oker i. Harz. — K a l i - F a b r i k e i n r i c l i t u n g e n : G. Sauerbrey A.-G., Staßfurt. — A u f b e r e i t u n g s m a s c h i n e n : Siebtechnik G . m . b . H . , Mülheim-Ruhr.

Kaik. Calciumoxyd, Calcium oxydatum, Calcaria usta, im Handel der gewöhnliche gebrannte (Brannt-)Kalk, gibt mit Wasser gelöscht den Löschkalk (s. Ca-hydroxyd). Für Bauzwecke unterscheidet man die sämtlich unterhalb der Sinterungsgrenze erbrannten, kräftig löschenden Weiß- und die träger löschenden Graukalke (auch Dolomit-, Magnesia-, Schwarzkalke genannt) mit zusammen bis zu 10% Silicatbildnern (Si0 2 , Fe 2 0 3 , A1203) und Magnesia, beide für die Luftmörtelbereitung geeignet, von den schwer löschenden und wegen

Kalk

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ihres Gehaltes an m i n d e s t e n s 10% Silicatbildnern wasserbeständigen Wasserkalken; Baukalk f ü r Weißkalkmörtel soll mindestens 90% CaO enthalten, also etwa so viel, wie Kalkstein CaC0 3 enthält. Näheres: Mörtel; Zemente, Düngemittel. — Man gewinnt den Kalk durch Brennen des allenthalben in großen Mengerl vorkommenden Kalksteins, der allein oder mit Magnesiumcarbonat isomorph gemischt (Dolomit), gebirgsbildend a u f t r i t t . F ü r die Luftmörtel-Kalkerzeugung sind nur reine Muschelkalke, Kreide u n d kalkreiche Mergel mit 98, 90, mindestens 75% CaCO.,, verwendbar. Mergel und Tonmergel mit bis zu 75 bzw. bis zu 40% CaC0 3 dienen ausschließlich der Wasserkalkfabrikation. Auch Dolomit, Muscheln, Wiesenkalk und verschiedene industrielle Abfallkalksorten, namentlich Schlämme (Zuckerscheide-, Carbid-, Ätzkalifabrikationsschlamm) werden als solche in Drehöfen oder brikettiert im Schachtofen auf Kalk verarbeitet. Der Vorgang des K a l k s t e i n b r e n n e n s vollzieht sich unter Atmosphärendruck theoretisch bei mindestens 856°, da dieser dann erst von der entweichenden Kohlensäure überwunden wird. In der Praxis brennt m a n jedoch bei 1000—1200° und verbraucht im Ringofen f ü r 100 kg Kalkstein 14, in neuzeitlichen Anlagen bis herunter auf 8 kg einer Kohle von 5—6000 W E . — Ofentypen: M e i l e r falter Schacht-, F e l d - ) o f e n für Wiesenkalk (aus den Torfmudden, relativ rein), gemischt mit Torf, in unterbrochenem Betrieb. — R i n g o f e n f ü r kontinuierlichen Betrieb mit Vorwärmung des Einsatzes durch die Abgase, stehendem Brenngut, wanderndem Feuer, Abkühlung des Brenngutes durch die dem Feuer zuströmende Frischluft. Liefert großstückigcn reinen B r a n n t k a l k , muß jedoch in teuerem Betrieb von Handel beschickt und ausgetragen werden. — S c h a c h t o f e n , arbeitet ebenfalls ununterbrochen, jedoch mit wanderndem (sinkendem) Gut u n d stehendem Feuer, kann füf mechanische Begichtung und Austragung eingerichtet werden; liefert im Sinken zerbrochenes kleinstückiges Gut. A b a r t e n : Mischfeuerschachtöfen mit abwechselnder Brennstoff-Kalksteinschickung, gibt verunreinigten Kalk, im Gegensatz zum Rüdersdorfer Rostfeuerungsofen. Den reinsten Kalk erzeugt man in den teuer arbeitenden mit eigenem Generatorgas oder mit Fernleitungen betriebenen Gas Schachtöfen, deren F u t t e r jedoch häufig erneuert werden muß. Die Kalkstücke, wie sie aus dem Ofen kommen, sind porös, da der Gewichtsa b n a h m e durch den Kohlensäureverlust von 4 4 % nur eine Volumverminderung von 10—15% entspricht. Solcher Kalk, der aus reinem Carbonat gebrannt ist, löscht sich leicht zu lockerem I l y d r o x y d , das einen zähen reinweißen F e t t - oder Weißkalk liefert (s. Mörtel). Beim Brennen von kieselsäurehaltigen Kalksteinen mit mehr als 5 % Kieselsäure t r i t t jedoch im Gegensatz zum reinen unschmelzbaren Carbonat teilweise Sinterung ein, die bis zum „ T o t b r e n n e n " führen kann. T o t g e b r a n n t e r Kalk, dessen Poren mit den Silicaten und Aluminaten des Calciums verschlossen sind, löscht sich sehr unvollständig, und auch die besonders bei Gegenwart von Alkalien (als Flußmittel) auftretende nur teilweise Sinterung m a c h t den beim Löschen erhaltenen mageren Kalk f ü r viele Bauzwecke, jedenfalls f ü r Luftmörtel ungeeignet. — Das feste Calciumoxyd wird relativ wenig g e b r a u c h t : als trocknendes u n d Kohlensäure bindendes Füllmittel f ü r Absorptionstürme, schlackenbildender Zusatz bei der Erzverhüttung, zur Herstellung feuerfester Ofensteine und Tiegel, als Zusatz zur Glasurmasse, zum Düngen der Felder. Der sog. Wienerkalk aus silicatfreiem Dolomit gebrannt ist das b e k a n n t e Metallputzmittel. Das feine, möglichst körnerlose, zur Vermeidung der Anziehung von Kohlensäure und Feuchtigkeit in luftdicht schließenden Blechbüchsen aufb e w a h r t e Pulver wird zum Gebrauch mit etwas Branntwein oder Spiritus u n d P a r a f ü n ö l verrieben. — Gelöscht hingegen als K a l k h y d r a t Ca(OH) 2 , Löschkalk, ist CaO als Mörtelbestandleil ebenso unentbehrlich wie der Kalkbrei, die Kalkmilch und das Filtrat des letzteren, das Kalkwasser, f ü r die chemische Industrie. W e n n sich auch CaO in kaltem Wasser nur zu 0,132% (mit abnehmender Löslich-

430

Kälte

keit bis zu 0,098% bei 50°, 0,06% bei 100°) löst, reagiert die Lösung doch stark alkalisch u n d Löschkalkbrei (-milch) ist dementsprechend auch die meinst verw a n d t e Base der Technik. — E s entsprechen: Gew. von 11 Kalkmilch in g 1014 1029 1045 1060 1075

CaO in 11

e

16,5 36 56 75 94

CaO Gew. Proz. 1,64 3,54 5,36 7,08 8,74

Gew.von 11 Kalkmilch in g 1091 1108 1125 1142 1162

CaO in 11 g

CaO Gew. Proz.

Gew. von 11 Kalkmilch in g

CaO in 11 g

CaO Gew. Proz.

115 137 159 181 206

10,54 12,35 14,13 15,85 17,72

1180 1200 1220 1241 1263

229 255 281 309 339

19,40 21,25 23,03 24,90 26,84

LH.: B. Block, l i a s Kalkbrennen, Leipzig 1924. — Th. Klehe, B a s Kalkwerk, Berlin 1927. — KalkTaschenbuch d. Fachgruppe Kalkindustrie, 1930-40. — Herst.: K a l k , k o h l e n s a u r e r : Lipsia, Cheni. Fabrik A.-G., Mügeln b. Leipzig. — K a l k gebr. in S t ü c k e n , g e m a h l e n : Vereinigte Elbkiesbaggerei, Kalk- u. Mörtelwerke A.-G., Magdeburg. — Wiener K a l k : Emil Stefan Bacher, ehem. Fabrik, Lustheide 03 b. Köln. — K a l k b r e n n ö f en: Dr. C. Otto & Comp., Bochum.

Kälte verlangsamt chemische Reaktionen, wie W ä r m e sie beschleunigt. Je tiefer die T e m p e r a t u r , um so langsamer v e r l ä u f t die Reaktion. Leichtverderbliche N a h r u n g s m i t t e l , die m a n im Eisschrank ( + 4° bis + 8°) nur kurze Zeit a u f b e w a h r e n k a n n , halten sich im tiefgefrorenen Zustand (—15° bis —20°) ein J a h r lang völlig frisch. Die Konservierung solcher N a h r u n g s m i t t e l ist die Hauptaufgabe der an B e d e u t u n g ständig zunehmenden Kältetechnik. Tiefe T e m p e r a t u r e n finden ferner A n w e n d u n g zur T r e n n u n g von Gasen aus Gasgemischen m i t Hilfe der Gasverflüssigung (s. dort) u n d zu zahlreichen anderen chemischen u n d technischen Prozessen. Kälte e n t s t e h t bei folgenden chemischen u n d physikalischen Vorgängen: 1. Auflösung v o n Salzen m i t negativer Lösungswärme in Wasser oder anderen Lösungsmitteln (s. Kältemischungen), 2. Mischung von Salzen m i t negativer Lösungswärme mit Eis oder Schnee (s. Kältemischungen), 3. Ü b e r g a n g vom festen Z u s t a n d in den flüssigen oder gasförmigen Zustand (s. Eis u n d Trockeneis), 4. Ü b e r g a n g vom flüssigen in den gasförmigen Zustand (s. Kältemaschinen), 5. A u s d e h n u n g zusammengepreßter Gase (s. Gasverflüssigung). Bei all diesen Vorgängen wird W ä r m e gebunden, die dem zu kühlenden Körper entzogen w i r d . Man k a n n d a m i t jede beliebige T e m p e r a t u r bis dicht heran an den absoluten N u l l p u n k t herstellen (s. Gasverflüssigung). D u r c h V e r d u n s t u n g von Trockeneis erreicht m a n r u n d —79°, durch Verd u n s t u n g flüssiger L u f t —180° bis —200°, durch V e r d u n s t u n g flüssigen Heliums im V a k u u m —272,3°. Die beiden letzten Verfahren eignen sich besonders gut zur E r z e u g u n g geringer Mengen intensivster Kälte im Laboratorium.Zur maschinellen Herstellung großer Kältemengen f ü r die P r a x i s benutzt man Verfahren 4 u n d 5. Kältemaschinen. Ihre W i r k u n g b e r u h t auf der u n t e r W ä r m e b i n d u n g erfolgenden V e r d a m p f u n g flüssiger K ä l t e t r ä g e r u n d der raschen E n t f e r n u n g der Dämpfe dad u r c h , d a ß m a n sie wieder verflüssigt (Kompressionsmaschinen) oder in Flüssigkeiten löst (Absorptionsmaschinen), abermals v e r d a m p f t usw. im Kreislauf. Als K ä l t e t r ä g e r dienen f ü r große Leistungen A m m o n i a k , Kohlensäure, schweflige Säure, f ü r kleine Leistungen Äthylchlorid C 2 H 5 C1, Methylchlorid C2H3C1, Dichloridfluormethan (Freon) CC12F2 u. a. m. I n der allseitig geschlossenen eisernen Kompressionsmaschine saugt ein doppeltwirkender Kompresser aus dem „ V e r d a m p f e r " A m m o n i a k g a s an und preßt es auf der anderen Seite u n t e r dem f ü r die Verflüssigung nötigen Druck in den „ V e r d i c h t e r " , die beide aus drucksicheren Eisenrohrschlangen bestehen und durch einen Druckregler in Einklang gebracht werden. Die Verdampferschlange liegt

431

Kälte

in der auf —10° bis —20° abzukühlenden eutektischen Salzlösung, die die Kälte auf das Kühlgut übertragen soll, die Verdichterschlange liegt in fließendem Kühlwasser, das die bei der Kompression des Dampfes entstandene Wärme abführt. Die eutektische Salzlösung, die Kühlsole, zirkuliert in Schlangenrohren im Kühlraum oder umspült, bei der Eisherstellung, in einem Basin die wassergefüllten Eiszellen. Bei der Absorptionsmaschine werden die Ammoniakdämpfe in Wasser aufgefangen, in dem sie sich begierig lösen. Im „Kocher" wird diese gesättigte Lösung dann erhitzt, der dadurch ausgetriebene Ammoniakdampf sammelt sich unter Druck im wassergekühlten Kondensator und wird hier verflüssigt. Durch ein Reglerventil entspannt, tritt das Ammoniak in den Verdampfer, wo es die Kälte erzeugt und als Gas zum „Sättiger" (Absorber) zurückkehrt. Die ausgegaste „arme" Lösung fließt durch den Temperaturwechsler, wo sie abgekühlt wird, ebenfalls zum Sättiger, trifft hier mit dem Gas zusammen und nimmt es wieder auf. Die Sättigungswärme wird durch Kühlwasser abgeführt. Die jetzt wieder „reiche" Lösung wird durch eine kleine Flüssigkeitspumpe in den Kocher zurückgepumpt, nachdem sie, sich selbst erwärmend, im Temperaturwechsler im Gegenstrom die arme Lösung abgekühlt hat. Die Kompressionsmaschinen brauchen also Kraft, die Absorptionsmaschinen nur Wärme, die in Form von Abdampf von Kraftmaschinen oft billig zu haben ist. An Stelle von Wasser verwendet man bei Kleinkältemaschinen auch trockene Absorptionsmittel wie z. B . Chlorcalcium. Außer der absorbierenden Wirkung von Flüssigkeiten und festen Körpern benutzt man zum Ansaugen der verdampften Kälteträger auch die adsorbierende Wirkung fester Körper mit sehr großer Oberfläche, die imstande sind, sehr erhebliche Gas- oder Dampfmengen im kalten Zustande zu binden und bei Erwärmung auszutreiben, wie z. B. Silica Gel mit schwefliger Säure. Kö/teirtischungen bestehen aus leicht löslichen Salzen mit negativer Lösungswärme und Wasser oder einem andern Lösungsmittel. Die zur Lösung erforderliche Wärmemenge wird zunächst unter Temperaturerniedrigung dem Gemisch selbst, sodann der Umgebung entzogen. Wirksamer ist die Mischung dieser Salze mit Schnee oder feingestücktem Eis, da hierbei noch die Schmelzwärme des Eises der Umgebung entzogen werden muß. Nachstehende Tabelle gibt einige Beispiele. Bestandteile der Kältemischung Wasser Salmiak Salpeter Wasser Kohlensaures Natron Salpetersaures Ammoniak Verdünnte Salpetersäure Salpetersaures Ammoniak Schwefelsaures Natrium Schnee Kochsalz Schnee Kristallisiertes Chlorcalcium.

Gewichts-! Temperaturabfall teile von C auf C

1 3 3 3

-10

—12

-10

—22

-10

—40

0

—20

0

—45

Kälteschutz. Kühlräume und gekühlte Behälter müssen sorgfältig gegen das Eindringen der Außenwärme durch Strahlung, Leitung und Konvektion (zirku-

Kälte

432

lierende Luftströmungen) geschützt werden. Die geringste praktisch vorkommende Wärmeleitung besitzt ruhende L u f t (Wärmeleitzahl = 0,02 bei 0° Temperatur), daher sind Stoffe mit vielen feinen luftgefüllten Zellen und Poren besonders gute Kälteschutzstoffe. Die Wärmeleitzahl expandierter Korksteinplatten b e t r ä g t z. B. 0,0305 bis 0,034 bei 0° Temperatur. In den letzten J a h r e n sind Kunstharz-Schaumstoffe (Iporka D. R. P.) entwickelt worden, die sich als Korkersatz gut bewähren. Wegen der Wärmeleitzahlen anderer Stoffe siehe Wärmeschutz. Die Alfol-Isolierung besteht aus mehreren Schichten sehr d ü n n e r Aluminiumfolien, die infolge ihrer Anordnung der Wärmeleitung, -Strahlung und -konvektion großen Widerstand entgegensetzen. Wärmeleitzahl bei 0° T e m p e r a t u r --0,034. Alfol wird wegen seines sehr geringen Gewichts viel f ü r Kühlwagen und Transportbehälter verwendet. Die äußerst wirksame und raumsparende Hochvakuum-Isolierung ist nur bei kleineren Behältern anwendbar (s. Dewargefäße). Eis. Die Herstellung des heute ganz überwiegend benutzten Kunsteises erfolgt durch Kältemaschinen (s. dort). Man unterscheidet: Trübeis aus unbehandeltem Brunnen- oder Leitungswasser, milchigweiß infolge der eingeschlossenen Luftbläschen. Klareis aus Brunnen- oder Leitungswasser, durchsichtig bis auf einen trüben Kern. Die Luftbläschen werden während des Gefrierens entfernt. Kristalleis aus destilliertem oder enthärtetem, entlüftetem Wasser. Klar bis auf die sog. Seele des Blocks, keimfrei. In der Kältewirkung sind alle 3 Sorten gleich. 1 kg Eis entzieht beim Schmelzen seiner U m g e b u n g 80 kcal. Schmelzwärme. Hergestellt wird es in Form von Blockeis, Platteneis, Sclierbeneis, Schneeeis usw. Reines Wassereis schmilzt bei 0°. Zur Erzielung tieferer Temperaturen, wie sie z. B. zum Konservieren von Eiskrem erforderlich sind, b e n u t z t man gefrorene eutektische oder kryohydratische Salzlösungen, also „eutektisches Eis", dessen Schmelztemperatur und Schmelzwärme sich nach seiner Zusammensetzung richtet. Nachstehend einige W e r t e : Salz KCl . . . NaCl . CaCl 2

Salzgehalt in Gewichts-% der Lösung 19,7 22.4 29,9

Gefriertemperatur »C —11,1 ! 2 —55,0

Schmelzwärme kcal /kg 71,9 56,4 50,8

Trockeneis ist gefrorene Kohlensäure, wird durch Verdunstung von flüssiger C 0 2 als lockere, weiße, schneeähnliche Masse gewonnen und durch Druck zu festen Blöcken geformt. Dichte rund 1,4. Geht vom festen Zustand direkt in den gasförmigen Zustand über. Bei Atmosphärendruck erfolgt die Vergasung bei rund —79°. Die Vergasungswärme, die es beim Vergasen seiner Umgebung entzieht, beträgt 137 kcal/kg. Trockeneis ist demnach ein sehr wirksames Kältemittel, auch wirkt die im Kühlraum entstehende Kohlensäure-Atmosphäre fäulnishemmend. Wird vielfach benutzt zur Konservierung von Eiskrem und tiefgefrorenen Lebensmitteln, besonders bei längeren Transporten. Der Versand geschieht bei einzelnen Blocks in Wellpappe mit Sägemehl, bei größeren Mengen in Behältern mit Kapok-Isolierung. Die dabei auftretenden Verdampfungsverluste sind erträglich. Die V e r d a m p f u n g eines Gemisches von Methylchlorid mit Trockeneis im Vakuum ergibt sogar eine Temperatur von —106°.

Kampfstoffe

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Kählsolen dienen zur Übertragung der in der Kältemaschine erzeugten Kälte auf das Kühlgut (s. Kältemaschinen). Sie dürfen die Solebehälter und Rohrleitungen nicht angreifen. Ihr Gefrierpunkt muß unterhalb der zu übertragenden Temperatur liegen. Damit sich bei sinkender Temperatur weder Wassereis noch Salze an den Wandungen absetzen, müssen Kühlsolen sog. eutektische oder kryohydratische Lösungen sein, d. h. sie müssen einen einheitlichen Gefrierpunkt haben, bei dem die Lösung als Ganzes gefriert, ohne daß vorher Salze oder Wassereis ausgeschieden werden. Nachstehend einige Beispiele: Salz NaCl . . • • MgCl2 . . . CaCl2 . . •

Salzgehalt in Ge wichts-% der Lösung 22,4 20,6 29,9

Gefriertemperatur °C —21,2 —33,6 —55,—

Ferner die im Handel erscheinenden fertigen Kühlsolen mit eingestuften Gefrierpunkten. Jede dieser Lösungen enthält mehrere Leichtmetallsalze nebst korrosionshemmenden Zusätzen. Llt.: Georg Gehlhoff, Lehrbuch der techn. Physik, Bd. 1, Barth-Leipzig 1924 M. Hirsch, Die Kältemaschine, Springer-Berlin 1924. — Müller-Pouillet, Lehrbuch der Fhysik, Bd. III, Vieweg & Sohn Braunschweig 1926. — R. Stetefeld, Die Eis- und Kälteerzeugungsmaschinen. Ihr Bau u. ihre Verwendung in der Praxis, Stuttgart 1927. — R. Flank, Haushaltkältemaschinen, J. Springer-Berlin 1928. — Reif, Klelnkflhlmaschinen t. Gewerbe u. Haus, Halle 1928. — Ders., Amerikanische Kältetechnik, Berlin 1929. — Merkel-Bosnjakovicz, Diagramme und Tabellen zur Berechnung v. Absorptionskältemaschinen, J . SpringerBerlin 1929. — Göttsche-Pohlmann, Taschenbuch f. Kältetechniker, Hamburg 1930. — Drews, Kältetechnik, Bd. 40 i. Monographien üb. ehem.-techn. Fabr. Methoden, Knapp-Halle 1930. — W. Fohlmann, Taschenbuch f. Kältetechniker, 1939. — J. Kuprianoff, Die feste Kohlensäure, Stuttgart 1939. — R. Plank u. K. Heiß, Die Tätigkeit des kält«techn. Institutes in Karlsruhe, 1939. — R. Heiß, Die Aufgaben der Kältetechnik 1. d. Bewirtschaftung Deutschlands mit Lebensmitteln, 1939. — E. Boye, Kältebeständige Flüssigkeiten i. Chem. Ztg. 1941, H. 7-8, S. 37. Heist.: K ä l t e m a s c h i n e n , - A n l a g e n , Eis- u. K ü h l a n l a g e n : E. Damm, Automat Blitz, Berlin-Charlottenburg. — F. W. Fechner & Co., Hamburg 23. — Ges. f. Lindes Eismaschinen A.-G., Wiesbaden. — Nordhäuser Kältemaschinenfabrik „Rekord" G . m . b . H . , Nordhausen. — Th. Witt, Maschinenfabrik G . m . b . H . , Aachen. — Elektro-Kühlanlagen G . m . b . H . , Böhlitz-Ehrenberg. — Frlgidaire G . m . b . H . , Berlin NW 87. — Gölner & Bock, Kompressoren u. Aggregate f. Kahlmaschinen, Nürtingen. — K U h l s o l e n : Dittmar Hurtzig, Hamburg 48. — Kühlsole-Werk Stratmann & Werner, Leipzig C1. — J . Medinger u. Söhne, Wien 11/27. — K ä l t e s c h u t z - I s o l i e r m a t e r l a l i e n : Hermann Perrasch & Co., Forst i. Lausitz. — A. Haacke & Co., Celle. — Carl Becker jr., Nordhausen-Harz.

Kampfstoffe sind chemische Substanzen, die in Form von Gas, Dampf, Nebel oder Rauch schon in geringen Mengen den menschlichen Organismus reizen oder schädigen und sich dadurch als Angriffswaffen im Kriege eignen. Während des Weltkrieges wurden auf beiden Seiten Tausende von chemischen Substanzen systematisch auf ihre Eignung zu Kampfstoffen geprüft. Nur eine kleine Zahl entsprach den hinsichtlich der physiologischen Wirkung und des physikalischen und chemischen Verhaltens zu stellenden Anforderungen und gelangte zur praktischen Verwendung. Physiologische Wirkung. Man teilt die Kampfstoffe in folgende Gruppen ein: 1. Tränen erregende Kampfstoffe, 2. Niesen erregende Kampfstoffe, 3. Lungen reizende Kampfstoffe, 4. Blasenziehende Kampfstoffe, 5. Nervengifte, 6. Blutgifte Ein Kampfstoff kann mehreren dieser Gruppen angehören. Die Stärke der physiologischen Wirkung beurteilt man nach folgenden Merkmalen: a) U n t e r e R e i z g r e n z e , d . i . die geringste Konzentration, gemessen in mg je cbm Luft, die an dem betreffenden Körperteil einen fühlbaren Reiz erzeugt. 2H

Blüchers Auskunftsbuch. 16. Aufl.

434

Kampfstoffe

b) E r t r ä g l i c h k e i t s g r e n z e , d . i . die höchste Konzentration, gemessen in mg j e cbm Luft, die ein normaler Mensch eine Minute lang ohne Schaden ertragen kann. c) T ö d l i c h k e i t s p r o d u k t , d. i. das Produkt aus der Konzentration des Kampfstoffes und seiner Einwirkungsdauer in Minuten, die zu einer tödlichen Schädigung führt. Diese Größe wird an Versuchstieren bestimmt, die Ergebnisse sind nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragbar, liefern aber Anhaltspunkte und Vergleichszahlen. Bei einigen Kampfstoffen liegt zwischen dem Zeitpunkt der Berührung und der sich bemerkbar machenden Heizung eine Spanne, die als Latenzzeit bezeichnet wird. Die Giftwirkung der chemischen Stoffe wird häufig überschätzt und steht hinter ihrer Reizwirkung zurück. Von 100 an chemischen Kampfstoffen Erkrankten starben im Weltkrieg 2—3, während von 100 durch andere Waffen Verwundeten 25 ihr Leben einbüßten. Als besonders wirkungsvoll erwiesen sich im Felde diejenigen Kampfstoffe, die keine Reizwirkung ausübten und den Gegner unerwartet kampfunfähig machten. Als Schutzmaßnahmen gegen Kampfstoffe haben sich undurchlässige Anzüge, Gasmasken und allgemeine Luftschutzvorkehrungen gut bewährt. Kampfstoffe mit geringerer Giftwirkung werden in einigen Ländern von der Polizei benutzt. Stoffe mit geringer Reiz-, aber hoher Giftwirkung dienen zur Vernichtung tierischer und pflanzlicher Schädlinge (s. Schädlingsbekämpfung). Physikalisches Verhalten. Da die Kampfstoffe meist in Dampfform angewandt werden, müssen sie bei gewöhnlicher Temperatur einen hohen D a m p f d r u c k besitzen, damit in kurzer Zeit eine genügend große Menge davon verdampft und sich in der Luft verteilt. Man verlangt ferner von ihnen eine große F l ü c h t i g k e i t , d. h., daß 1 cbm gesättigten Dampfes bei der gegebenen Temperatur eine möglichst große Menge der Substanz enthalten soll. Auch die Höhe des S i e d e p u n k t e s spielt eine Rolle, j e nachdem, ob eine kräftige aber kurzzeitige oder eine langandauernde Wirkung erzielt werden soll. F ü r die Art des Einsatzes ist auch der S c h m e l z p u n k t der Substanz wesentlich, da Kampfstoffe mit hohem Schmelzpunkt im Winter u. U. in Form von Lösungen mit niedrigerem Schmelzpunkt eingesetzt werden müssen. Eine wichtige Rolle spielt ferner der Grad der S e ß h a f t i g k e i t der Substanz, d. i. die Zeit, während welcher sie an einem offenen Ort zu bleiben und ihre Wirkung auszuüben imstande ist. I n allen vorgenannten Punkten verhalten die Kampfstoffe sich sehr verschieden voneinander. In chemischer Hinsicht verlangt man von einem brauchbaren Kampfstoff B e s t ä n d i g k e i t gegenüber den im praktischen Einsatz vorkommenden Einflüssen. Gegenüber dem Luftsauerstoff ist das weitgehend gelungen, nicht aber gegenüber der Luftfeuchtigkeit. Unter dem Einfluß von Regen zerfallen die meisten Kampfstoffe. Da bei vielen Substanzen bei längerer Lagerung Zerfall oder Polymerisation eintritt, verwendet man Stabilisatoren zur Erhöhung der L a g e r f ä h i g k e i t . Substanzen, die in Gasgranaten verwandt werden sollen, müssen gegen die bei der Detonation auftretenden hohen Drücke und Temperaturen unempfindlich sein. Gegenüber dem Material der Aufbewahrungsgefäße müssen alle Kampfstoffe indifferent sein. Die Kampfstoffe des Weltkrieges waren zumeist organische Verbindungen und enthielten in ihrem Molekül Halogenatome, Arsenatome und andere Atome oder Gruppen, deren schädigende Wirkung auf den menschlichen Organismus bekannt ist. Diese Atome oder Gruppen dürfen im Molekül nicht zu lose und nicht zu fest gebunden sein, damit sie mit diesem in die lebende Zelle eindringen und dort in Freiheit gesetzt werden und so zur Wirksamkeit gelangen können. Die Anwesenheit des an sich nicht giftigen Schwefelatoms scheint dem Molekül die

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Kartoffeltrockenprodukte

Fähigkeit zu verleihen, leicht in die H a u t einzudringen. Die molekulare Struktur der Kampfstoffe scheint ebenfalls nicht ohne Bedeutung zu sein. Während des Weltkrieges teilte man die Kampfstoffe in folgende 4 Klassen ein: Grünkreuzkampfstoffe, Substanzen mit erhöhtem Dampfdruck und stark giftiger Wirkung auf die Atemwege, Gelbkreuzkampfstoffe, Substanzen mit niedrigem Dampfdruck und stark giftigen und ätzenden Eigenschaften, Blaukreuzkampfstoffe, Feste Substanzen mit geringer Flüchtigkeit und großer Reizwirkung, Weißkreuzkampfstoffe, Substanzen mit starker Tränen erregender Wirkung. Nachstehende Tabelle enthält die Namen und Eigenschaften einiger im Weltkrieg angewandter Kampfstoffe. Formel Klasse Molekulurtiew iclit, Schmelzpunkt °C Siedepunkt 0 C Flüchtigkeit bei 2lj° C . in. — H. Meyer, Synthese tl. Kohlenstoffverbindungen 1940.

Kohlenwasserstoffe (im vorliegenden Werk häufig abgekürzt: K.W.) sind alle chemischen Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff. Nach der Verkettungsart der Kohlenstoffatome unterscheidet man K.W. der a l i p h a t i s c h e n

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Kokerei

oder F e t t - und solche der c y c l i s c h e n R e i h e . Zur Fettreihe gehören g e s ä t t i g t e (Grenz-, Paraffin-) Kohlenwasserstoffe, wie Methan CH 4 i Ä t h a n C 2 H 6? Propan C 2 H 8 usw., sämtlich von der allgemeinen Formel C„H2«+2 (Alkane) und u n g e s ä t t i g t e K.W. Nach dem Grade des Ungesättigtseins unterscheidet man weiter die O l e f i n e (Äthylene, Alkylene) C«H2n, die 2 Wasserstoffatome weniger enthalten als die gesättigten Grenzkohlenwasserstoffe und durch das Vorhandensein einer Doppelbindung - C H = C H - im Molekül gekennzeichnet sind. Ihre Bezeichnung erfolgt durch Vereinigung des Radikalnamens (Methyl :GH 3 -, abstammend vom Methan, CH 4 ) mit der Nachsilbe ,,en", demnach Methylen: = C H 2 ; Äthylen: C H 2 = C H 2 , der erste selbständig existierende Kohlenwasserstoff der Reihe, der ihr den Namen gibt. Diolefine enthalte^ 2 Doppelbindungen im Molekül. Die stärkst ungesättigten K.W. schließlich sind die A c e t y l e n e (Alkine} CbH2b—2 mit dreifachen Bindungen (Acetylen: H C = C H ) . Die ungesättigten unterscheiden sich von den gesättigten K.W. durch ihre Polymerisations- und durch die Fähigkeit, Halogene, naszierenden Wasserstoff, Säuren, die Elemente des Wassers an ihre Doppelbindungen anzulagern. Sie entstehen allgemein durch Abspaltung von H 2 0 aus Alkoholen, Halogenwasserstoff aus Mono- u n d von Halogen aus Dihalogenverbindungen. C y c l i s c h e Kohlenwasserstoffe sind z. B. Benzol, Naphthalin, Anthracen, Diphenyl u. a. —• Die niedrigsten Glieder der Kohlenwasserstoffreihen sind gasförmig, die folgenden sind Flüssigkeiten, während die hohen Homologen feste Körper darstellen. Leichte Kohlenwasserstoffe sind die Grenz-, schwere die ungesättigten und aromatischen Kohlenwasserstoffe. — S . a . Kracken; Wasserstoff (Kohlenwasserstoff-Spaltung); Kohlenhydrierung u. Lehrbücher der org. Chemie. K o k e r e i . Erzeugung von Koks aus Kohlen und kohlenstoffhaltigem Material, mit oder ohne Gewinnung der Nebenprodukte (s. Leucht-, Industriegas, Teer, Brennstoffe). Ursprünglich w a r der Koks Nebenprodukt der Leuchtgasfabrikation, dann wurde er H a u p t p r o d u k t der Kokereien, die etwa die sechsfache Menge der Gaskokserzeugung an „ H ü t t e n k o k s " liefern. G a s k o k s ist kleinstückig, m ü r b e , aschereich (8—12%) und wenig dicht, H ü t t e n k o k s großstückig, feinporig, sehr fest, silbergrau, seideartig glänzend; 1 cbm wiegt etwa 500 kg (Gaskoks 400 kg), seine Dichte ist ohne Poren 1,6—2,0; der Porenraum, gemessen durch das Volumen des eingesaugten Wassers, beträgt etwa 5 0 % ; er enthält 5—10% Asche (Gaskoks 15%) u n d 2—3% Wasser, nach Abzug dieser: 9 6 % C und je 1 % Wasserstoff, Stick-, Sauerstoff und Schwefel; Heizwert von bis zu 8000, Gaskoks bis zu 6500 W E . H a l b k o k s resultiert bei der Tieftemperaturverkokung (s. Teer 1). E r wird im kontinuierlichen Doppelkoksprozeß bei hoher Temperatur gleich weiter gargekokt oder im Kogasinverfahren auf Wassergas verarbeitet. N u r der H ü t t e n k o k s eignet sich zur Eisenverhüttung, auch die Metallurgie anderer Metalle u n d andere Großindustrien, die große Hitze bei kurzer F l a m m e und geringer Rauchentwicklung brauchen (Kalk, Zement, die Industriezweige), sind auf H ü t t e n k o k s angewiesen. Gaskoks, der heute noch vorwiegend v e r b r a n n t wird (Zentralheizungen und Eisengießereien), d ü r f t e in Z u k u n f t einen wichtigen Rohstoff f ü r Wassergas (-Wasserstoff-) u n d Carbiderzeugung bilden. Als Rohstoffe f ü r die Kokserzeugung im allgemeinen können alle kohlenstoffhaltigen N a t u r p r o d u k t e dienen, unter den Steinkohlen (s. Brennstoffe) sind jedoch f ü r die Gewinnung von H ü t t e n k o k s nur die zwischen Gas- und Flammkohle einerseits und Magerkohle nebst Anthrazit andererseits stehenden K o k s k o h l e n geeignet, an denen Rheinland-Westfalen reich, Oberschlesien arm ist. Diese Koksauch Backkohlen genannt, ferner (bis zu einem gewissen Grade) die „ S t a m p f gemische", die man aus den in größeren Mengen zur Verfügung stehenden, weniger geeigneten Kohlen durch Pressen oder Stampfen auf 7 5 % des ursprünglichen Volumens erhält, geben beim Erhitzen u n t e r Luftabschluß zähe Massen, die durch die austretenden Gase in um so stärkerem Maße blasig aufgetrieben werden, je

Das Übermikroskop als Forschungsmittel Vorträge, gehalten anläßlich der Eröffnung des

Laboratoriums für Übermikroskopie der Siemens & Halske A.-G., Berlin Mit 102 Abbildungen. Oktav. VII, 104 Seiten. 1941 In Halbleinen gebunden RM 6.— Die Medizin und das Gesamtgebiet der Naturwissenschaften werden durch die Übermikroskopie eine gewaltige Entwicklung erfahren, deren Bedeutung sich heute noch gar nicht absehen läßt. Deshalb ist das vorliegende Buch für alle auf diesem Gebiete Arbeitenden von größtem Interesse. Es gewährt an Hand vorzüglicher Abbildungen einen Einblick in die Entwicklung und die Ergebnisse der Übermikroskopie und zeigt die Möglichkeiten auf, die sich durch das Übermikroskop für jedes Forschungsgebiet ergeben.

Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35

Kolapräparate—Kollodium

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höher die Beschickungsschicht und je größer der Ofen ist. Sie „backen" zusammen, jedenfalls-unter Mitwirkung der freiwerdenden Teerdämpfe und Gase, die in der Glut weitere Zersetzung erleiden, so daß sich, im Gegensatz zu dem kälter, unter geringerem Massendruck gehenden Leuchtgasprozeß, und zwar bei raschem Erhitzen (Bedingung für das Backen), auf Kosten der Ausbeute an diesen Stoffen, verkittende Substanzen und freier Kohlenstoff abscheiden, die die gewünschte Beschaffenheit des Hüttenkokses herbeiführen. Bemerkenswert ist, daß man durch Behandlung schlecht oder nicht backender Kohle mit 1% Wasserstoff unter Druck (Vorstufe der Hydrierung) für die Kokerei wesentlich besser geeigneten backenden Brennstoff erhält; vgl. Angew. Ch. 1928, 962. Der Weg der Koksofengaszerlegung ist im Abschnitt Wasserstoff beschrieben, hier folgt nur eine Übersicht über die Zerlegprodukte und ihre Verwendung. Man erhält 1. Wasserstoff (für Ammoniaksynthese, Kohleverflüssigung, Alkoholsynthese, Brennstoffveredelung, Ölhärtung). 2. Benzole. 3. Äthylen und Propylen (für Dichloräthylen, Äthylenglykol, Äthylalkohol, Glykoläther, Äthylacetat; Isopropylalkohol). 4. Methan. Dieses Gas ist weiter verwendbar oder aufarbeitbar als Motorenbrennstoff bzw. zur Gewinnung von Wasserstoff, Äthylen und Acetylen, welch letzteres für Metallheißbearbeitung (autogenes Schweißen) und zur Acetaldehydsynthese dient. Acetaldehyd selbst gibt weiter Essigsäure, Aceton, Äthylacetat, über Aldol und Butadien synthetischen Kautschuk und schließlich über den Crotonaldehyd den Butylalkohol. L!t.: Gluud, Handbuch der Kokerei, Halle 1927. — Litinsky, Kokerei- u. Gaswerksöfen, Halle 1928. — Muhlert-Drews, Technische Gase. Leipzig 1928. — O. Simmersbach (G. Schneider), Grundlagen der Kokschemie, Berlin 1930. —• Hock, Kokereiwesen, Steinkopff-Dresden 1930. — W. Kärsten, Entwicklung des Kokereibetriebes i. ,,Teer u. Bitumen" 1930, S. 253. — Bertelsmann-Schuster, Technische Behandlung gasförmiger Stoffe, Berlin 1930. — Spilker-Dittmer-Kruber, Kokerei u. Teerprodukte der Steinkohle, KnappHalle 1933. — Heinz Kurz, Koks, Vlg. Hirzel-Leipzig 1938, Herst.: K o k e r e i e n , K o k s a u f b e r e i t u n g s m a s c h i n e n : Dr. C.Otto & Comp., Bochum. — BamagMeguin, Berlin NW 87. — Heinr. Koppers G. m. b. H., Essen. — G. Wolff jr. G. m. b. H., Bochum-Linden.— Westf. Maschinenbau G. m. b. H., Recklinghausen. — Gewerkschaft Schalker Eisenhütte, GelsenkirchenSchalke. •—• Westfalia-Dinnendahl-Groppel A.-G., Bochum. — Rud. Wilhelm, Masch. Fabrik G. m. b. H., Essen-Altenessen. — Max Friedrich u. Co., Zwickau. Anlagen: K o h l e n - T r o c k n u n g s a n l a g e n : Heymer & Pilz A. G., Meuselwitz. •— Techn. Büro, Joh. Bauermeister, Berlin W 15. K o k s - S i e b e r e i e n : Carlshütte Maschinen- u. Stahlbau G. m. b. H., Waldenburg i. Sohles. — Heymer & Pilz A.-G., Meuselwitz. — Gustav Schade, Dortmund-W. — Siebtechnik G. m. b. H., Mühlheim-Ruhr.

Kolapräparate. Die in Senegambien und im Kongogebiet gedeihende Kolanuß (Samen von Cola vera Schumann) enthält 1,8—2,5% Coffein, als Glykosid an Traubenzucker gebunden (Kolanin) und durch kochendes Wasser leicht abspaltbar, ferner 0,02—0,04% Theobromin. In den Ursprungsländern ist die Nuß das wichtigste Genußmittel und gilt als Münze, in Europa dienen die Kolapräparate medizinischen Zwecken, besonders zur Bekämpfung von Ermüdungserscheinungen, zur Gewinnung nervenerregender Genußmittel gegen Hunger auf Märschen, als Zusatz zur Schokoladenmasse und Likören. Um das Kolapulver, das direkte Mahlprodukt der Nuß, zu entbittern, befeuchtet man es mit Wasser und erwärmt die Masse mit etwa 1 / 10 des Pulvergewichtes Wasserstoffsuperoxyd. Ähnlich wie Kola wirkt das aus Malvaceenarten gewonnene E u s i t i n . Herst.: K o l a n ü s s e : Paul Hopfe, Hamburg 11. — Landauer & Co., Hamburg 8. — Carl Georg Möller, Hamburg 21. — H. van Pels & Wölfl'. Hamburs 27. — E. H. Wörlie & Co.. Hamburg 11.

Kollodium. Kollodiumwolle ist Nitrocellulose (s. Sprengstoffe), u. z. vorwiegend Cellulosedinitrat [CgHgfNOjJjOs]» mit 11,11% Stickstoff, gegenüber der Schießbaumwolle, Cellulosetrinitrat [C8H7(N02)305]» mit 14,14% N. Praktisch liegen stets Gemische von verschieden hoch (bis maximal 14,4% N) nitrierten Cellulosen vor, und dementsprechend unterscheidet man, wenn auch nur sehr angenähert, die Kollodiumwollen nach ihrer Löslichkeit in solche 1.) mit bis zu 11,2% N, löslich in Alkohol, alkoholischer Campherlösung und in AlkoholToluol-(Benzol-, Xylol-)mischungen, 2.) mit bis zu 11,7% N, löslich in AlkoholÄther, 3.) mit bis zu 12,4% N, löslich in Estern (s. Lösungsmittel). Wichtiger ist die Unterscheidung der Wollen nach der V i s c o s i t ä t ihrer Lösungen. Von einer

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hoch- und einer niedrigviscosen Kollodiumwolletype braucht man z. B. 5 bzw. 20 g, um mittels eines bestimmten Lösemittels Lacke gleicher Konsistenz zu erhalten, die dann dementsprechend zu einem dünnen bzw. dicken Film eintrocknen; der Verbraucher hat daher in der von der Fabrik angegebenen Type ein Kennzeichen für die Art des entstehenden Films. Hochviscoses zähflüssiges IC. dient für Celluloid, Kinofilms, Kunstseide, Kunstleder (s. a. Lederkitte), medizinisches und photographisches Kollodium, zum Tauchen von Glühstrümpfen, zur Herstellung von Dauermatrizen und Durchschreibpapier, für Kleb- und Imprägniermittel und für Kappensteifen in der Schuhindustrie. Die n i e d r i g viscosen (z. Tl. wasserdünnen) Sorten werden fast ausschließlich zur Herstellung von Kollodiumlacken für alle möglichen Verwendungsgebiete gebraucht (s. Anstriche; Celluloidlacke). — K. erscheint im Handel niemals trocken, sondern stets angefeuchtet mit mindestens 35% Alkohol, Butanol oder Kohlenwasserstoffen, auch in Form von Lösungen, Pasten und celluloidartigen Massen (mit Weichmachmitteln). Eine 4—5proz. Kollodium-Acetonlösung ist das „Filmogen*' des Handels. C e l l o i d i n wird durch weitgehendes Abdestillieren der Äthers aus Kollodium gewonnen; man formt es in Tafeln von etwa 200 g Gewicht, die eine hornartige, anfangs weichliche, durchsichtige, milchig getrübte, nicht explosive Masse bilden. Dient zur Herstellung von Kollodiumlösungen durch Auflösen in Alkohol-Äther, ferner in der Photographie und zur Fabrikation von Kunstmassen, z. B. einer Celloidin-Wasserglaskunstmasse, namentlich als Einbettmaterial für Mikrotomie (mikroskop. Schnitte). Pharmazeutisches K. ist eine Lösung der Wolle in 3 Tl. Weingeist und 21 Tl. Äther (D.A.B. VI). — S. a. Sprengstoffe 4; Filter; Nitrocellulosen. K o l l o d i u m - , Spritz-, Streich- und Tauch-(s. a. Celluloid-)lacke bestehen aus K.wolle, Löse-, Weich-, Verdünnmitteln mit oder ohne Harz- und Farbstoffzusatz. Es gibt: 1.) die meist ungefärbten transparenten Überzugs-(Zapon-)lacke, sirupös, für nicht sichtbare, hauchdünne, gegen äußere Einflüsse schützende Überzüge, z. B. Metallzapone, Leder-, Holz-, Imprägnierlacke für Gewebe, als Überzug für Emaillelacke, um den Glanz der Lackierung zu erhöhen. 2.) Deck(Email-)lacke, die an Stelle von Öllacken in bedeutenden Mengen zur Lackierung von Automobilen, Eisen- und Straßenbahnwagen, Holzwaren, zur Herstellung von Lackleder und im Gemisch mit Harz und Firnis als Kombinationslacke verwendet werden. Spritz- und Streichlacke für Innenanstriche, zum Lackieren von Plakaten und von Metallfolien für Verpackungsmaterial von Lebens- und Genußmitteln, bei denen es auf möglichste Geruchlosigkeit ankommt, lassen sich unter Verwendung hochalkohollöslicher, niedrigviscoser Kollodiumwolle herstellen. Alle Kollodiumlacke zeichnen sich vor Öllacken durch ihre einfache Herstellungsweise und leichte Verarbeitungsmöglichkeit aus; die Lackhaut ist hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse, Chemikalien und mechanische Beanspruchung den Harz- und Öllacken auf vielen Verwendungsgebieten überlegen. —• S. a. Flaschen-; Celluloidlacke; Anstriche. Lit.: Vgl. Lenz, Farbe und Lack, 1929, 17. — H. Wolff und Mitarb., Farbenztg. 1928, 2228 ff. — Über Pigmentieren der Nitrolacke s. Burke, Farbe und Lack 1929, 540. — Eine von der I. G. 1929 herausgegebene Schrift „Die Kollodiumwollen und ihre Verarbeitung zum Lack" ist eine Monographie über das ganze Gebiet: Typenbezeichnungen und Handelsformen der Wollen, ihre Löslichkeiten, die Viskosität der Lösungen, Verschnittfähigkeit, Weichwaschmittel, Art der Filme auf Metall, Holz, Leder usw. — F. v. Artus, Nitrocelluloselacke und -Farben, 1938. Herst. : K o l l o d i u m : Byk Guldenwerke, Chemische Fabrik A.-G., Berlin NWS 7. — Chemische FabrikCotta, E. Heuer, Dresden A 29. —• Chemische Werke Fürstenwalde, Dr. B. Hecker und W. Zeidler G. m. b. H-, Fürstenwalde a. d. Spree. — R. Eisenmann G. m. b. H., Berlin-Wilmersdorf. — C. Erdmann, Chemische Fabrik, Liebertwolkwitz b. Leipzig. — J. D. Riedel- K. de Haen A.-G., Berlin. — 11. Schering, Berlin N 65.— K-Wolle: Westfälisch-Anhaltische Sprengstoff-A.-G., Chemische Fabriken, Berlin W 9.

Kolloid ist der Zerteilungszustand eines Stoffes dann, wenn seine „dispergierten" Teilchen (von der Größe großer Moleküle oder Molekularaggregate, 10-' bis 10- 5 cm) beim Filtrieren seiner sog. Lösung im „Dispersionsmittel" durch ein gewöhnliches Filter hindurchgehen, zum Unterschiede von den kristal-

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loiden Teilchen echter Lösungen jedoch von Membran-(Ultra-)filtern (Pergamentpapier, Schweinsblase, Kollodium u. a.) zurückgehalten werden (s. Filter). Allgemein unterscheidet man die molekular-(ion-)dispersen (Teilchengröße < als 1 nn) Systeme (kristalloide Lösungen) von den grobdispersen (Teilchengröße > als 100 mu) Kolloidsystemen (-Lösungen), doch lassen sich scharfe Grenzen zwischen kristalloiden und kolloiden1 Lösungen, auch Suspensionen, nicht ziehen. Jedenfalls sind Kolloide durch eine Anzahl besonderer Eigenschaften gekennzeichnet, mit deren Hilfe man sie erkennt: sie werden durch Pergamentfilter zurückgehalten, ihre Lösungen besitzen sehr geringen, oft kaum meßbaren osmotischen Druck, so gut wie kein Diffusionsvermögen, lassen sich demnach durch Dialyse von den Kristalloiden trennen, hinterbleiben nach Abdampfen des Lösungsmittels als amorphe, in manchen Fällen jedoch auch kristallinisch erhaltbare Rückstände und zeigen das T y n d a l l - ( S o n n e n s t ä u b c h e n - ) P h ä n o m e n , d. h.: Licht, das durch eine kolloide Lösung passiert, wird an jedem der „trübenden", kolloiden Teilchen seitlich abgelenkt, so daß die Teilchen bei seitlicher Betrachtung des Lichtstrahles als leuchtende Punkte (Beugungsscheibchen) erscheinen. Die im Ultramikroskop noch sichtbaren Kolloidteilchen nennt man zum Unterschied von den nicht sichtbaren Amikronen Submikronen. K o l l o i d s y s t e m e : Fest-in-Fest (im Glasfluß des Rubinglases dispergiertes Kolloidgold); Fest-in-Gas (Rauch, kosmischer und vulkanischer Staub, Sonnenstäubchen); Fest-in-Flüssig (echte Kolloidlösungen z . B . Erztrüben); Flüssigin-Fest (Mineralien mit flüssigen Einschlüssen, z . B . Hg in Zinnober); Flüssig in Gas (Nebel, Regenwolken); Flüssig-in-Flüssig (Emulsionen); Gas-in-Fest (Helium im Cleveit); Gas-in-Flüssig (Schäume). —• Verdünnte Kolloidlösungen sind meist, gleich den Gasen kurz vor deren Verflüssigung (Nebelbildung), durch O p a l e s z e n z , d. i. das milchige Farbenspiel des Opals gekennzeichnet. Kolloide Lösungen heißen „Sole" (in Wasser: Hydrosol oder Hydratkolloid, in Säure: Acidosol, in organischen Lösungsmitteln: Organosol), die gallertigen Produkte, die man daraus durch Eindampfen, Zusatz von Kristalloiden oder sonstige Fällung erhält, werden „Gele" genannt (Hydrogel, Acido-, Organogel usw.). Gummen, Stärke, Kieselsäure u. a. sind l y o p h i l e u. z. hydrophile Kolloide, quellen im Lösemittel (Wasser), schließen reichliche Mengen von ihm ein, geben voluminöse Niederschläge (Gele), ihre Lösungen sind stark viscos, gegen fällende Agentien stabil. Sie dienen als Schutzkolloide für l y o p h o b e (in Wasser hydrophobe) Kolloide (Edelmetallsole, Metallsulfide u. a.) mit entgegengesetzten Eigenschaften, um deren instabile Lösungen gegen Ausflockung zu schützen. Ein Kolloid, dessen Gel mit dem ursprünglichen Lösungsmittel wieder ein Sol gibt, heißt „reversibel" (z. B. Leim, Gelatine, Gummen, Casein, Eiweiß), irreversible Kolloide gehen spontan nicht wieder in d e n Zustand kolloider Lösung über, doch kann man sie durch Zusatz von jenen „Schutzkolloiden", als welche leimige oder Schleimsubstanzen dienen können, in reversible verwandeln. Schutzkolloide dienen auch zur Stabilisierung leicht ausflockender kolloider Lösungen. Sie wirken jedoch nicht nur in diesem Sinne mechanisch (physikalisch-kolloidchemisch) als Stabilisatoren (vgl. Lange, Technik der Emulsionen, Berlin 1929, S. 28), sondern auch chemisch, wie das verschiedenartige Verhalten der Gelatinen in Photoemulsionen und des Gummiarabikums z. B. bei der Verseifung des Methyiacetats erweist; vgl. Sauer und Diem, Angew. Ch. 1926, 955. Die Beständigkeit eines Kolloidsystems ist aber in erster Linie abhängig von dem Grade der zwischen Dispersionsmittel und disperser Phase bestehenden natürlichen Bindung (Solvation, im Falle als jenes Wasser ist: Hydratation), die bei den lyo-(hydro-)philen Kolloiden stark, bei den lyo(hydro-)phoben dispersen Phasen hingegen schwach ist. Die hydrophile Gelatine löst sich z. B. nach vorhergehendem Quellen in Wasser spontan zu einer viskosen Kolloidlösung, dje beim Erwärmen dünnflüssig wird, beim Abkühlen (in der nötigen Konzentration) zu Gallerte

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(Gelatinegel) erstarrt. Solche Gallerten zeigen (ultramikroskopisch) den Bau von mit verdünnter Kolloidlösung erfüllten Waben, die bei freiwilliger Abgabe von Flüssigkeit (Synärese) schrumpfen, wobei je nach der Art des dispergierten Kolloides ein wieder quellbares oder ein aus irreversibel ausgeflockter Substanz bestehendes Gittermaschenwerk resultiert. Q u e l l u n g (nicht identisch mit der Aufsaugung z. B. von Wasser im Schwamm) erfolgt ähnlich wie Hydratbildung unter Freiwerden von Wärme und Volumkontraktion (H 2 S0 4 -Verdünnung mit Wasser).; der „Quellungsdruck" ist sehr bedeutend, kann z. B. ein poröses Tongefäß sprengen, das man mit quellbarer Substanz (z. B. Leimperlen) gefüllt und verschlossen in Wasser taucht. Das A u s f l o c k e n (Koagulierung, Gelbildung) der kolloiden Lösungen, die oft schon bei ihrem bloßen Stehen erfolgt, wird durch den elektrischen Strom rasch und sicher bewirkt, da jedes Teilchen eines Hydrosols eine elektrische Ladung trägt, bei deren Ausgleich Zusammenballen der Teilchen erfolgt; vgl. isoelektrischer Punkt. Die Hydrosole der Metalle, ferner von Schwefel, Selen, Sulfiden, Metallsäuren, auch Kieselsäure sind im kolloiden Zustande negativ, die Hydrosole basischer Stoffe (Oxyde, Farben u. a.) positiv elektrisch geladen und demzufolge wandern die Teilchen im galvanischen Strom zur Anode bzw. Kathode (s. Elektroosmose), oder sie werden durch entgegengesetzt geladene Elektrolyten zur Ausflockung gebracht. Reversible Schutzkolloide verhindern auch diese Vergänge wovon man in der Technik, so bei der Herstellung wasserlöslicher Metall- und Metallverbindungskolloide Gebrauch macht. Die Wirkung der Schutzkolloide (s. o.) von Art der Nätronsalze der Lysalbin- und Protalbinsäure, des Leimes, der Gelatine u. a. wird nach ihrer „Goldzahl" beurteilt, d. i. diejenige Menge Schutzkolloid in mg, die eben nicht hinreicht, um die ohne Zusatz leicht erfolgende Koagulierung (den Farbenumschlag von Rot zu Violett) von 10 ccm Goldlösung durch 1 ccm 10% Kochsalzlösung zu verhindern. Die erstgenannten Na-salze der aus Eiweiß und Natronlauge erhaltenen Säuren haben die Goldzahl 0,02 bis 0,08, Gelatine wirkt mit der Goldzahl 0,005 bis 0,01 häufig noch günstiger, Dextrin und Stärke mit den Zahlen 6 bzw. 25 äußern nur geringe Schutzwirkung. t Der umgekehrte Vorgang des Ausflockens, zugleich eine Art der t e c h n i s c h e n H e r s t e l l u n g kolloider Lösungen ist das P e p t i s i e r e n , d. i. die Überführung flockiger oder gelartiger Niederschläge in kolloide Lösungen durch elektrische Aufladung mittels verdünnter Laugen, die zu negativ geladenen Teilchen (Ultramikronen) führen, oder mit Hilfe verdünnter Säuren, die positive Kolloide erzeugen. Durch Peptisation mit Kalilauge vermag man z. B. Zinnsäurehydrogel so fein zu zerteilen, daß die erhaltenen kolloiden Lösungen wie jene der kristalloiden Stannate sogar durch Kollodiumfilter hindurchgehen. Dasselbe erreicht man mit dem in Wasser unlöslichen flockigen Ferrihydroxyd Fe(OH) s , durch dessen Behandeln mit der sehr verdünnten wäßrigen Lösung eines Peptisators (Solbildners), z. B. Salzsäure oder Ferrichlorid FeCls. Durch Dialysieren solcher Gemische, z. B. des Gemenges von Wasserglas und Salzsäure gegen Wasser durch Pergamentpapier, kann man nach folgendem Abdampfen des Dialysates hochkonzentrierte, »im vorliegenden Falle lOproz. Lösungen kolloider Kieselsäure erhalten. Großtechnisch peptisiert man vorwiegend durch Kolloidmahlen d. i. Feinstzerkleinern, Kohlenstaub („flüssige Kohle") in der Kolloidmühlt oder Celhilose (s. Pergamyn- in Papier) im Holländer. Den Peptisier- stehen die Kondensiermethoden gegenüber, mit deren Hilfe man das Wachstum der Moleküle einer echten Lösung zu den größeren Aggregaten der Kolloidteilchen begünstigt. Auf diesem Wege werden z. B. die für medizinische Zwecke wegen ihrer hohen keimtötenden Wirkung wichtigen, aus Metall und Schutzkolloid bestehenden komplexen Kolloide (z. B. Kollargol, Kollaurin) in der Weise hergestellt, daß man Silber- oder auch Goldchlorid, dieses in seiner sehr verdünnten

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wäßrigen Lösung (1:1000) mit der ebenfalls verdünnten Lösung eines Reduktionsmittels (Hydrazinhydrat, Traubenzucker oder Formaldehyd) bei Gegenwart eines Schutzkolloides (Na-protalbinat) erwärmt und aus der tiefroten, dialysierten und im Wasserbade konzentrierte Lösung mit Alkohol das Goldpräparat in schweren dunkelroten Flocken ausfällt, die nach dem Trocknen im Vakuum in eine glanzlose, braunviolette Masse übergehen. Bemerkenswert ist, daß dieses Präparat sich noch nach mehrjähriger Aufbewahrung leicht und vollständig mit schön roter Farbe in Wasser löst. Stets, auch wenn man durch doppelte Umsetzung von Metallverbindungen oder durch abwechselnde Fällungs- und Wiederauflösungsreaktionen Kolloidlösungen von Metallen oder Metallverbindungen erzeugt, so z. B. kolloides Arsensulfid, oder Metalloxyde durch Einleiten von Schwefelwasserstoff in die betreffende sehr verdünnte Salzlösung, sind die Bedingungen so zu wählen, daß nicht Ausfällung, sondern Bildung von Ultramikronen erfolgt. Dies wird vorzugsweise durch passendes Abstimmen der Art und Konzentration des beigegebenen Schutzkolloids erreicht. Ohne Mitwirkung dieser Hilfsstoffe erreicht man Feinstzerkleinerung und kolloides Lösen von Metallen, die man zu Elektroden formt, durch deren Zerstäubung mittels des zwischen ihnen unter Wasser gebildeten elektrischen Gleichstromlichtbogens, oder durch Elektrozerstäubung von in einer Lösungsilüssigkeit suspendierten Folien des betreffenden Metalles zwischen Eisen-(auch Aluminium-Jelektroden. Man gewinnt nach dieser Methode von Bredig (auch mit Benutzung der Sekundärleitung eines großen Funkeninduktors als Stromquelle) in Wasser, Alkohol, Äther oder anderen Mitteln kolloid verschiedenfarbig gelöste Metalle, z. B. in Methylalkohol braunes Zinn, olivgrünes Silber, blauviolettes Gold, tiefbraunes, in reflektiertem Licht blauschwarzes Blei, in einem Vorgang, der zugleich Peptisieren und Kondensieren ist, da die Kolloidlösungen nur bei Gegenwart von Spuren Alkali oder anderen peptisierenden Mitteln haltbar sind. S. a. Metallpulver. Zu den für die T e c h n i k wichtigsten Eigenschaften der Kolloide gehört ihre durch die außerordentlich große Oberfläche begünstigte Adsorptionswirkung, die bei katalytischen Vorgängen, in der Färberei und bei der Reinigung und Entfärbung von Flüssigkeiten eine bedeutende Rolle spielt. Auch von der Viskosität mancher kolloider Lösungen und von der Eigenschaft einiger Kolloide, die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten herabzusetzen, macht man technischen Gebrauch, bei Herstellung von Schmiermitteln, Emulsionen, bei der Anwendung von Seife. Goldrubinglas enthält das Gold, der natürliche Rubin das färbende Chromoxyd in kolloider Lösung. Die Spiegelfabrikation, die Erzeugung der Bromgelatineplatten, die erst durch das Lagern, wenn sich die kolloidalen Bromsilberteilchen zusammenballen, die höchste Lichtempfindlichkeit erhalten, die Reinigung der Abwässer, die Herstellung keramischer Waren aus gelagerten Tonmassen, die erst durch Zusatz von Alkali oder durch vorhandene Peptisatoren in die Kolloidform übergeführt werden, wodurch die höchste Plastizität erreicht wird, die ehemalige Herstellung der Wolframfäden nach dem Pastenverfahren, der Klebstoffe und zahlreicher anderer Vorgänge, sind auf das Vorhandensein kolloidaler Stoffe zurückzuführen, und ganze Industrien, Wie z. B. jene der Gerberei und Färberei, sind auf der Kolloidchemie aufgebaut. — S. die einzelnen Metalle (-verb.); Metallpulver; Lösungen; Filter; Porzellan (Kolloidgold). Llt.: Ostwald, Grundriß der Kolloidchemte, Steinkopff-Dresden 1923. — Ders.: Licht und Farbe in Kolloiden, Steinkopff-Dresden 1924. — Reitstötter, Die Herstellung kolloidaler Lösungen anorganischer Stoffe, Steinkopff-Dresden 1937. — M. Samer, Kolloidchemie der Stärke im Handbuch der Kolloidwissen Schaft, Steinkopff-Dresden 1927. — Bechhold. Die Kolloide in Biologie und Medizin, Dresden 1929. — M. Spiegel-Adolf, Die Globuline 1930. — Freundlich, Kapillarchemie 2 Bde., 1930—32. — Liesegang, Kolloidchemische Technologie, Steinkopff-Leipzig 1932. — Lederer, Kolloidchemie der Seifen, Leipzig 1932. — Kuhn, Wörterbuch der Kolloidchemie, Leipzig 1932. — Liesegang, Bechhold, Einführung in die Lehre der Kolloiden, Leipzig 1934. — Kuhn, Kolloidchemisches Taschenbuch, Leipzig 1935. — Sauer, Kolloidchemisches Praktikum, Springer-Leipzig 1935. — Ostwald, Kleines Praktikum der Kolloidchemie, Leipzig 1935. — Ders., Angewandte Kolloidchemie, Leipzig 1936. — Buzagh, itolloidik, Steinkopff-Leipzig 1936. — Ost-

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Kolophonium—Kolorimetrie

wähl, Die Welt (1er vernachlässigten Dimensionen, Leipzig 1937. — Ders., Die neuere Entwicklung der Kolloidchemie, 8. Aufl. Leipzig. — Kolloide in der Technik, Wissenschaftliche Forschlingsberichte, Bd. !>. Leipzig. — Kolloid-Zeitschrift 4 Bd. jährlich Stcinkopff-Leipzig. — Kolloid-Beihefte, Steinkopff-Leipzig. — H. Staudinger, Organische Kolloidchemie, 1940. Herst.: K o l l o i d - P r ä p a r a t e : Chemische Fabrik von Heyden A.-G., Radebeul b. Dresden. — K o l l o i d g r a p h i t : Prodhag, Produktions- und Handelsgesellschaft f ü r deutschen Kolloidgraphit, Hamburg 1.

Kolophonium. Destillationsrückstand des Terpentins bei der Terpentinölgewinnung. Produkt der Holzextraktion und Holzdestillation, Nebenprodukt der Holzaufschließung, Hauptprodukt der Scharrharzextraktion mit Benzol (vgl. Harze). Durchscheinende, wein-, bernsteingelbe bis braunschwarze, glasartige, spröde Stücke von muscheligem Bruch, gemahlen ein weißes Pulver. Der Handel bewertet das Harz nach Farbe und Durchsichtigkeit. Völlig durchsichtiges, glasklares Kolophonium erhält man, wenn man Fichtenharz bis zur Vertreibung des Wassers und Terpentinöles erhitzt und unter genauer Regelung der Temperaturhöhe und Erhitzungsdauer bis zur Klärung geschmolzen erhält. — Schmp: 120°, beginnt jedoch schon bei 80° zu erweichen. In den meisten organischen und Lacklösyngsmitteln beim Erwärmen klar löslich, in Petroläther zum größten Teil; gibt mit Ölen, Fetten, Wachsen, Firnissen verschmolzen homogene Massen. D: 1,07—1,09; Säurezahl: 140—180; Verseifungszahl: 145—198. Besteht der Hauptsache nach aus Abietinsäure (amerikanisches) oder Pimarsäure (französisches K.), seine alkoholische Lösung reagiert daher lackmussauer. Mit Alkalien gekocht gibt das Kolophonium Harzseifen, d. s. die Alkalisalze der genannten Harzsäuren. — Anwendung: Lacke, Firnisse (Benzinfirnis für Buchdruck), Boraxbindemittel, Kitte (Harzkitte), Siegellack, zusammen mit Dammar als Geigenharz, in Kresol-Kunstharzen, Lederschmieren, Insekten- und Raupenleim, zur Papierleimung als Harzseife (Ilauptverbrauch); das Harz ist auch in anderen Seifen für Reinigungszwecke Haupt- oder Nebenbestandteil; Sikkative, Hartharze, Harzester, Kunstmassen, Faßglasuren und Brauerpechkompositionen (Regenerit), Teerölschmiermittel enthalten Kolophonium, es dient mit Harzöl als Terpentinersatz und auch sonst zur Verfälschung von Edelharzen (Kopal, Schellack, Dammar) und Bienenwachs. Kolophonium gibt im Faktisprozeß (Behandlung mit Schwefel und Chlorschwefel) ein wertvolles asphaltartiges Produkt für feine Lacke, mit S verschmolzen Schwefelkolophonium, Deckmasse f ü r graphisches Ätzen, mit Heißdampf destilliert (Wislicenus, Angew. Gh. 1927. 1503) den Rentenabkömmling A b i e t i n s ä u r e C20H30O2 als Harzsäurengemisch. Ä t h y l a b i e t i n a t , hell, nichtflüchtig, wohlriechend, völlig mischbar mit Lacklösungsmitteln, mit harzartigen, erweichenden Eigenschaften dient als Weichmittel bei der Lackherstellung. — S. a. Harzsäuren; Harzhärtung.

Fiehten-Hart-Harz, ein rubinrotes Kolophonium, gewonnen als Extrakt aus deutschem Fichten-Scharr-Harz, in dem ersten deutschen Harz-ExtraktionsWerk zu Blankenburg am Harz. Das Fichten-Hart-Harz ist in Farbe und Eigenschaften dem amerikanischen Wurzelharz ähnlich, in Essigester löslich. Herst.: C. E. Roeper, Hamburg 1. — R. Schering, Berlin N 65. — Schultze & Co., Harz-Werk, Blankehhurg-Harz.

Kolorimetrie. Bestimmung der Farbstärke einer Lösung A und ihres Gehaltes an färbendem Stoff durch Vergleich mit der Färbung einer Normallösung oder eines farbigen Glases B. Zwei aneinandergrenzende Vergleichsfelder werden durch A bzw. B hindurch beleuchtet; die Schichtdicke von A — wenn B eine Flüssigkeit ist, die Schichtdicke von A oder von B — wird nun geändert, bis die beiden Vergleichsfelder gleich hell und gleich gefärbt erscheinen, und dann gemessen. Genau gleichen Farbton der Lösungen vorausgesetzt, verhalten sich die Gehalte an färbender Substanz wie die Schichtdicken. — Die Empfindlichkeit der Einstellung wird erhöht, wenn von den Vergleichsfeldern nur Licht ins Auge gelangt, das in den zu vergleichenden Substanzen stark absorbiert wird. Zu dem Zwecke zerlegt man entweder das von den Vergleichsfeldern kommende Licht spektroskopisch oder man blickt (z. B. im K. nach Stammer) durch ein passendes Strahlen.

Kompressoren—Konservieren

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filter, arn einfachsten ein farbiges Glas, hindurch auf die Vergleichsfelder. Außer dem Tauchkolorimeter nach Dubosq-Laurent (vgl. R. Wasmuth, Chem. Fabr. 1929, 37) benutzt man vielfach das Heilige-Kolorimeter, bei dem ein mit der Vergleichsflüssigkeit gefüllter hohler Glaskeil mittels eines Zahnstangengetriebes verschoben wird. Auch ein Vierkeil-Kolorimeter ist (für andere Zwecke) von J. Koenigsberger angegeben worden. — Eine Art Kolorimeter zur (analytischen) Ermittlung der Menge und Größe von die Trübung einer Flüssigkeit verursachenden (kolloiden) Teilchen (auch Bakterien) aus der Helligkeit des von ihnen reflektierten Lichtes ist das N e p h e l o m e t e r . Dient z. B. zur Ermittlung des Eiweißgehaltes von Milchserum; beruht auf dem Tyndallphänomen; s. Kolloide, s. a. F. Anselm, Chem. Fabr. 1929, 504. — Das N i g r o m e t e r ist ein Photo- oder Intensimeter zur vergleichenden Messung der Schwarztiefe schwarzer Farbstoffe und Färbungen; s. Chem. Zbl. 1929, I, 3039. Lit.: H. Freund, Kolorimetrisclie Methoden f ü r Chemiker und Mediziner, Wetzlar 1928. — Eisenbrand, Koloriinetrie im l'ltravioiott mit Hilfe fluoreszierender sti tl'e, in „Ani'cw. Chemie" 1929, S. 44."». — A. Thiel, Absolutkoloriinetrie, 1!):!!>. Kolorimetric im Ultraviolett mit Hilfe fluoreszierender Stoffe, in ,.Andrew. Chemie" 1029, S. 445. Herst: K o l o r i m e t e r : Dr 1!. Lautre, Berlin-Dahlem. — C. Gerhardt, Bonn. — Askania-Wcrke A.-G.. Berlin-Friedenau. — Arthur Pfeiffer, Wetzlar. — Carl ZeiU, Jena. — A. Knill, Hamburg. — Blaurock u. Kochte, Ilmenau. — K . - S k a l e n : Otto Will, München :!8.

Kompressoren s. Pumpen, Luftpumpen, Gebläse, Autoklaven. Herst.: R o t a t i o n s - K o i n p r e s s o r e n : Heinr. A. Kroll, Carl Stelling Nachf. .Hamburg 11. — MapagMaschinenfabrik Augsburg-PIattling A.-G., Augsburg. D r e h k o l b e n - K . : Hans Frings, Köln-Lindenthal. — Maschinenfabrik Rheinwerk G. in. b. H., Wuppcrtal-Oberbarmen. F r e i k o l b e n - D i e s e l - K . : Junkers Motorenbau G. m. h. H., Allach b. München (auch fahrbar). H o c h d r u c k - K . : Otto Boge, Bielefeld-W. — Havelhiitte G . m . b . H . , Rathenow. — Andreas Hofer, Hochdruck-Apparatebau G. m. b. H., Mühlheim-Ruhr. — Maschinenfabrik Eßlingen, Eßlingen a. N. u. a. m.

Kondensieren. Chemisch das Zusammentreten von Mol. oder innerhalb des Mol. Vereinigung von Atomgruppen, meist unter H 2 0-(Anhydridbildung), NHS-, HCl-austritt, zuweilen spontan bei längerem Stehen, häufiger in Gegenwart gewisser (wasseranziehender) Kondensationsmittel (ZnCl2) H 2 S0 4 , Phosphorchloride). — P l i y s i k a l . ist Kondensieren Verflüssigen von Gasen und Dämpfen durch Pressen, Abkühlen, Hemmen der Geschwindigkeit des bewegten Gases oder Dampfes (Abscheider), Schleudern, Ionisieren, Waschen mit Flüssigkeiten, durch die man Gase oder Dämpfe durchpreßt, so daß sie bläschenförmig fein verteilt sich in der Flüssigkeit verdichten oder einzelne ihrer Bestandteile an sie abgeben (s. Absorption). Lit.: B . H a u s b r a n d , Verdampfen, Kondensieren und Kühlen, 1918. Anisgen: K o n d e n s . - A n l a g e n : Deutsche Steinzengwarenfabrik, Mannhcim-Friedrichsfeld. K o n d e n s a t i o n s - A p p a r a t e : Volkmar Hänig . b. H., Breslau 2. — L . - u n t e r s u c h u n g s g e r ä t e : Arthur Pfeiffer, Wetzlar.

Luftgas. Mit KohlenwasserstofTdämpfen gesättigte („carburierte") Luft, die dann mit einem Gehalt z. B. von 280 g Benzin und Dichte 0,64—0,68 pro cbm und einem Heizwert von rd. 3000 Cal. zur Beleuchtung und Beheizung abseits von der Gasversorgung liegender Siedlungen dient. Zur Beleuchtung mit Aerogengas dienen ausschließlich Glühlichtbrenner, die bei einem Gasverbrauch von 100 1 je Stunde 50 Kerzen Licht geben. 1 kg Kohlenwasserstoff, fast ausschließlich Benzin, liefert 4 cbm Aerogengas. Das Gas ist ungiftig, hat einen engeren Explosionsbereich (s. d.) als Leuchtgas, zeigt unveränderlich dieselbe Zusammensetzung und besitzt höhere Flammentemperatur als Kohlengas. Bei Überproduktion an Spiritus oder örtlich niedrigen Preisen könnte für Beleuchtung noch das A l k o h o l - H y d r o c a r b o n g a s in Betracht kommen. Aus

Luftpumpen—Lycopodium

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zwei hochstehenden Reservoiren, das eine mit Spiritus von 70—75 Gew.%, das andere mit Petroleum oder anderem Kohlenwasserstoff gefüllt, treten beide Flüssigkeiten in einer geheizten Retorte zusammen, an deren Wandungen sie herunterrieseln, im oberen Retortenteil vorgewärmt werden und im unteren Teil verdampfen. In Dampfform treten sie in die eigentliche Vergaserretorte ein, die auf starke Rotglut erhitzt ist. Das Alkoholcarbongas hat eine D. von 0,7; es enthält bis über 25% schwere Kohlenwasserstoffe, 20% CO, 25—30% H . und 20—27% CH 4 . Llt.: Muhlert u. Drews, Technische Oase. Leipzig 1028. — Bertelsmann u. Schuster, Technischc Behandlung gasförmiger Stoffe. Berlin 1930.

Luftpumpen erzeugen in einem luft-(gas-(erfüllten geschlossenen Raum (Exsikkatoren; Destillierapparate) Luftverdünnung zur mechanischen (Rohrpost), physikalischen (Verdampfen, Kondensieren) oder chemischen (Förderung von Umsetzungen) Arbeitsleistung, bis zur höchsten Luft-(Gas-)leere (Vakuum), z. B. in der Glühlarnpenfabrikation. Die L. wirken nach Art der Kompressoren, Gebläse (s. d.) und Exhaustoren (Ventilatoren) als Kolben-, Rotor-, Kapsel-und Strahlapparate und werden von den unten genannten Firmen, wie aus den anzufordernden Prospekten zu ersehen ist, für die verschiedenartigsten Zwecke (Labor und Betrieb) in mannigfachen Formen ausgeführt. Sonderapparate sind z . B . : die nach Art der Gasmesser gebauten Quecksilberluftpumpen von Gaede, in denen eine dreikammerige Porzellantrommel rotiert, deren Kammerwände oberhalb des Hg-spiegels Luft mitnehmen und fortdrücken. Wasser- und Quecksilber-Dampfstrahlluftpumpen von hohem Wirkungsgrad, die letzten für höchstes Vakuum bei großer Saugleistung, wurden ferner von Wetzel, Geißler, Finkener, Arzberger. Zulkowsky bzw. Stuhl, Kahlbaum, Toeppler-Hagen u. a. konstruiert. — Kolbenluftpumpen werden kaum mehr für andere als für Zwecke der örtlichen Entnahme von Gasproben (auch aus Ackerboden) in Form von fahrradpumpenartige ,,Reisepumpen" gebaut, für Labor und Betrieb sind nur noch Wasserstrahl- und rotierende (Öl- s. u.), für wissenschaftliche Arbeiten vereinzelt Quecksilber-Fall-, sonst Ilg-Diffusionspumpen im Gebrauch. Genannt seien z. B. die rotierenden Öl-Luftpumpen für Druck und Hochvakuum; Quecksilberdiffusionspumpen aus Stahl (4—400 ccm Hg-füllung) evakuieren mit 5 1 min. Heizgas oder 600 Watt Energie und 1 1 min. Kühlwasser 5 1 in 5 Min. auf 1 Millionstel mm Hg. Eine mit zahlreichen Abb. versehene Arbeit von K. Peters über Apparate zur Erzeugung von Vakuum im Labor findet sich in Angew. Ch. 1928; 509; vgl. Vakuummessung in chemischen Fabriken: I. Roller, Chem. Fabr. 1929, 503. Über die Hochvakuumtechnik im Dienste der Chemie s. E. Pfeiffer, Glas und Apparat, 1929, Jan.-heft. S. a. Pumpen; Gebläse; Kompressoren; Düsen. Herst.: L u f t p u m p e n : Arthur Pfeiffer, Wetzlar. — Mako, Erfurt. — Armaturen- u. Maschinenfabrik A.-G. vorm. J . A.Hilpert, Nürnberg-O. — Gebr. Becker, Wuppertal-Wiehlinghausen. — Bley & Co., Schwarzenberg i. Erzg. — Klein, Schanzlin & Becker A.-G., Frankenthal-Pfalz. — Maschinenfabrik Karl Wittig G. in. b. H., Schopfheim. — Progreß-Werk Obcrkirch A.-G., Stadelhofen üb. Achern.

Lupine, wichtige Kulturpflanzen, an deren Wurzeln die Stickstoff assimilierenden Knöllchenbakterien gedeihen (L. als N-sammler, s. StickstofT-Bod.bakt.) und die im ganzen oder in ihren Teilen nach vorheriger Entbitterung zur Beseitigung der giftigen Alkaloide Lupinin (krist., C 10 H lg ON) und Lupinidin (Öl, C 15 H 2 ,N 2 ), auch Lupinotoxin (Jetrogen, erzeugt die bösartige Gelbsucht der Schafe), wertvolle, N-reiche, leichtverdauliche Futterm. sind. —• S. a. EiwreißNährpräp.; Gespinstfasern. Lycopodium, Bärlappsporen, ein gelbes, geruch- und geschmackloses Pulver, dessen mit Öl gefüllte Körnchen mikroskopische, mit reliefartigem Netzwerk überzogene Tetraeder sind, die wegen dieser einzigartigen inneren und äußeren Beschaffenheit aneinander nicht haften, von Wasser nicht benetzt werden und schwimmend starke Beweglichkeit zeigen. Es dient als Formpulver für Guß-

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Lycopodium

formen, Hüllpulver für Pillen und Heilmittel, Zusatz zu Chloratpulvern, Blitzlichtgemengen, zur Herstellung von Zündbändern, in der Feuerwerkerei, bei Erzeugung einer besonderen gelatinierten Nitrocellulose. Als L . e r s a t z eignet sich jedes feinstkörnige wasserabstoßende Material, spurenweise gefettete oder gewachste Mineralmehle, Kohlepulver, Holzmehl), besonders Kartoffelstärke, der man 1—2% Mg-oxyd zusetzt, um die glatten Stärkekörnchen an der gegenseitigen Berührung zu verhindern und sie so beweglich zu machen. Irrt Vakuum getrocknetes L. besitzt gleich der billigeren Holzkohle die Eigenschaft, Gase je nach ihrer Dampfspannung auf ihrer Oberfläche zu verdichten und dann beim stufenweisen Erhitzen in der Reihenfolge ihre Siedepunkte wieder abzugeben, so daß man auf diesem Wege Gasgemische zu trennen vermag; vgl. Lösmitt.Wiedergewinnung; Schwefeldioxyd. Hast.: Alfred Wolff, Hamburg 11.

M. M a g n e s i u m , Mg, At.gew. 24,32, in der N a t u r stets nur in Form seiner Verbindungen in Mineralien, die, fast ebenso verbreitet wie die Calcium Verbindungen, deren häufige Begleiter sind, wie Dolomit (MgCaC0 3 ), Magnesit (MgC0 3 ), Talkum, Speckstein, Asbest, Serpentin (Mg-silicate), Olivin (Chrysolith, Peridot, ein MgEisen(2)silicat), Spinell; ferner in großen Mengen als Bestandteil der S t a ß f u r t e r Salze (Mg-sulfat, -chlorid), in Quell-(Magnesiumhärte) und Mineralwassern (als Sulfat in Bitterwasser); das Element ist Bestandteil pflanzlicher Samen u n d des Chlorophylls, auch im Tierkörper vorhanden. Zur techn. Gewinnung des Metalles wird das wasserfreie fluoridhaltige (s. u.) Dreisalzgemisch MgCl 2 .KCl.NaCl oder von wasserfreiem MgCl2 in Eisenkesseln mit zentral in das Bad ragender Eisenkathode und kreisförmig längs der Kesselwand angeordneten Graphitanoden, bei 700° Badtemperatur, die ohne Wärmezufuhr durch den Strom aufrechterhalten wird, elektrolysiert. Zur E n t f e r n u n g der von der Darstellung oder auch von der Reinigung des Metalles (Umschmelzen unter Carnallit) herrührenden Chloride mischt man das geschmolzene Metall mit Gußeisen, Koks oder „ E l r a s a l " (ein Gemenge von MgO, CaCl2, CaF 2 ), die, ohne mit dem Metall zu reagieren, geschmolzene Chloride aufzunehmen vermögen. Diese Salzschmelzverfahren haben die ursprüngliche Methode des Wasserstofteinleitens völlig v e r d r ä n g t ; vgl. F. Vogel, Metallbörse 1929, 453. Über elektrolyt. Gew des Mg aus MgO enthaltenden Fluoridschmelzen (36 MgF 2 , 8 N a F , 56 BaF 2 ) s. Grube u. Henne, Z. f. Elektrochemie 1930, 129. — Magnesium ist ein silberweißes Metall, das sich an trockner L u f t nicht verändert, dagegen an feuchter oberflächlich in Oxyd übergeht, D : 1,70 und Härte des Kalkspats. S c h m p : 650°, Sp: gegen 1100°, Dampfdruck bei 620® 1 mm Hg; das Metall kann daher unter Druckminderung bei 651° destilliert, bei 300° bis 651° unter 0,001 mm zu einem P r o d u k t von 99,99proz. Reinheit sublimiert werden. Magnesium ist sehr reaktionsfähig (s. Grignard-Reaktion) zersetzt Wasserdampf, bildet mit Stickstoff erhitzt Mg-nitrid, entzündet sich in Chlorgas, löst sich leicht in verd. Säuren, nicht in kalten Alkalien, wohl in warmer Sodalösung, reduziert Metalloxyde in der Hitze z. T. sehr heftig und wurde deshalb f r ü h e r zur Herstellung von Metallen aus ihren Oxyden verwandt (vgl. Aluminothermie). Magnesium findet f ü r sich nur in Staub- oder Bandform Verwendung in der Feuerwerkerei und zur Erzeugung hochaktinischen Lichtes (Blitzlicht in der Photographie), das es im Verbrennen ausstrahlt, sonst dient es ausschließlich zur Gewinnun'g der Magnesiumlegierungen. Magnesium-Schutzverfahren. Analog zum Eloxal-Verfahren (s. d.) wurde ein Verfahren zur elektrolytischen Oxydation des Magnesiums entwickelt. Dieses ,,LPW-Elomag-Verfahren" ist nicht nur für rein Magnesium, sondern so weit heute zu überblicken, f ü r alle seine Legierungen brauchbar, also z. B. f ü r Elektron, Magnewin u. a. — Die behandelten Teile werden wie beim galvanischen Verfahren entfettet. Die Behandlungsdauer beträgt durchschnittlich 20—30 Min. Da das Verhalten der verschiedenen Legierungen voneinander abweicht, ist eine Kenntnis ihrer Zusammensetzung nötig. Wichtig ist gute Beschaffenheit der Oberflächen, da Poren, Kratzer usw. durch die Oxydschicht nicht beseitigt, sondern wiedergegeben werden. — Nach gründlichem Spülen kann eine E r h ö h u n g des Korrosionsschutzes mit Imprägnierungsmitteln erfolgen. Der Materialverbrauch ist

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Magnesiumverbindungen

sehr gering, das Verfahren wird auf dem Lizenzwege abgegeben. — Die Haftfestigkeit ist ebenso groß wie bei Eloxalschichten, die Eigenfärbung ist je nach der Legierung hellgrau, grau bis gelblich. Es besteht eine ausgeprägte Aufnahmefähigkeit für Fette, Wachse, Lacke und organische Farbstoffe. Diese durchdringen die gesamte Oxydschicht. Durch die Behandlung wird eine Steigerung der Oberflächenhärte erzielt. Die Stärke der Schutzschicht beträgt 0,01 bis 0,02 mm, kann aber auch wesentlich stärker erhalten werden. — Die Schicht bildet einen vortrefflichen Schutz gegen Feuchtigkeit, Rauchgase, atmosphärische Einflüsse, Schmutz, so wie gegen eine große Anzahl chemischer Agenzien. Das Verfahren ist für Mg-Werkstoffe zahlreicher Industrien geeignet. Lit.: LPW-Taschenbuch für (ialvaimtccimik (Kigenverlag LunubfMi-l'funliauscr-Werke), Leipzig 10JS. Heist.: A n l a g e n u. C h e m i k a l i e n : Langbein-Pfanliauser-Werke, Leipzig O f>.

Die Magnesiumlegierungen mit vorherrschendem Gehalt an Aluminium sind dort abgehandelt; sie sind zwar spezifisch leicht, jedoch wenig korrossionsbeständig. In dieser Hinsicht wertvoller, aber auch unter Wasser nicht verwendbar ist das Griesheimer „Elektronleichtmetall" (viele Marken für Guß und Schmieden) mit Dichte 1,7—2, bestehend aus 80—99,5% Magnesium und 50 bis 0,5% Aluminium und Zink, auch Kupfer (durchschnittlich: 2—7 AI; 2 bis 2 Zn; 0,5 Mn; bis 0,4 Cu). Elektron ist widerstandsfähig gegen konz. Alkalien, Säuren (auch Flußsäure) und Atmosphärilien (Oxydhaut), empfindlich gegen Chlor und Salzlösungen (für Kochgeschirre daher nicht zu brauchen). Seine mechanischen Eigenschaften sind jedoch so bedeutend, daß Elektron-Autobusräder (42 kg, Gewichtsersparnis 250 kg) nach mehr als 100000 km Lauf vollständig intakt waren. Auch der größte Teil des Auto- und Flugzeugmotors besteht aus Elektron-Leichtmetall; vgl. G. Schneider, Metallwirtschft.. 1929, 948. — Hierher gehört auch das „Korkmetall" für Luftschiffbau mit 99,3 Mg, 0,04 AI, 0,48 Zn, 0,21 Na oder eine andere sehr wetterbeständige Komposition aus 96 (99) Mg und 4 (1) Zn. Die „Konstruktale" der Fa. Th. Goldschmidt A.-G., Essen, sind Gu und Mn führende Mg-Silicium(MgSi2, Marke 2) oder sie enthalten Mg-Zinklegierungen (MgZn2, Marke 8, Z 1, AZ Festigk. 60 kg qmm, Dehnung 7%) als wesentlichen Bestandteil. Eines dieser Elektronleichtmetalle hat z. B. die Festigkeit 26—40 kg bei einer Dehnung von 10—11%, schmilzt bei 640° und ist leicht mechanisch bearbeitbar, besonders dann, wenn man es (wie auch andere magnesiumreiche Legierungen) iiiit wannen Werkzeugen bei 260—370° anhaltend schmiedet oder preßt. Hauptverwendung: Auto-, Flugzeug-, Waggonbau, für Maschinenteile, die dauernd beschleunigten oder verzögerten Gang auszuführen haben. Erwähnt sei noch die für elektrotechn. Zwecke brauchbare GM-legierung, Mg mit 1% Cu, 1—2 AI u. Mn, Leitfähigkeit 22; auch Mg-Ca (40%), Thallium (20%), Lithium oder Beryllium-legierung mit Zusätzen (%hundertstel) Cu, Zn, Eisenmetalle werden erzeugt. Die z. B. durch Elektrolyse von geschmolzenem MgCl2 mit Bleikathode und Graphitanode erhaltbaren, bis zu 50% B l e i enthaltenden Mg-Pb-legierungen bilden in feuchter Luft schnell ein pechschwarzes, Hydrate des Magnesiumoxydes und Bleisuperoxydes enthaltendes leicht oxydables Pulver (zerlegt Wasser, bindet Luftsauerstoff, fällt Gold aus Cyanidlösungen). Llt.: Regelsberger, Ghem. Technologie der Leichtmetalle und ihrer Legierungen. Leipzig 1926. — J . Bllllter, Die neueren Fortschritte der technischen Klcktrolyse. Halle 1930. — VDJ.-Verlag, Werkstoff Magnesium, 1938. — Ad. Beck, Magnesia u. seine Legienumcu, li>:i!>. Herst.: M a g n e s i u m - L e g i e r u n g e n : Wintershall A.-G., Kassel. — I. G. Farben, Frankfurt a. M. — Xh. Goldschmidt A.-G., Essen. — - m e t a l l p u l v e r : M. Berg & Co., Bad Saarow, Brdbg.

Magnesiumverbindungen, über ihr natürliches Vorkommen s. Magnesium und Kalisalze. Das Metall gleicht in seiner Ii-Wertigkeit und Verbindungsfähigkeit mehr als den Erdalkalimetallen dem Zink und Cadmium. Magnesiumaeetat, Mg(C 2 H 3 0 2 ) 2 4aq: aus Mg-carbonat mit Essigsäure, reiner durch Fällen von Mg-sulfat mit Bariumacetat erhaltbar; leichtlösliches, schlecht kristallisierendes Salz, das auch als Lösung gehandelt wird. Dient in der Medizin

Magnesiumverbindungen

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und Färberei; das aus ihm und Magnesia erhaltene basische Acetat Mg(C2H:i0.,).>.CJI,,02 ist das im Handel vorkommende antiseptisch wirkende ..Sinodor". — H e r s t . : ilicdel-ilc. H a i i n , B e r l i n .

Magnesiumammonium-arsenat u. -phosphat lallen in der quantitativen Analyse aus As- b/.w. P-säure-(salz)-lösungen beim Zusatz von Magnesiumflüssigkeitmixtur, (1. i. wäßrigeMg-salz-NH 3 -oderNH 4 Cl-Lösung aus, MgNH 1 As(P)0 4 .6H 2 0. H e r s t . : Jlicdel-de H a e n , Berlin.

Magnesiumborate kommen in den Slaßfurter Balzlagern vor. Man kennt das Ortho-, Pyro- und Metaborat mit 3,2 und 1 MgO auf je 1 Mol. Borsäureanhydrid B 2 0 3 . Die beiden ersten werden durch Schmelzen von Borsäure, Mg-oxyd und -chlorid mit Kochsalz, das Metaborat mit verschiedenem Wassergehalt auf nassem Wege z. B. aus Mg-lösung und Borax erhalten. Mg-borat dient zur Nahrungsmittelkonservierung, M g - b o r o c i t r a t als Zusatz zu galvanischen Bädern. Herst.: Dr. F . Wilhelm!, Taucha, Bez.

Leipzig.

Magnesiumcarbonat, MgC0 3 (Talk- oder Bitterspat), bildet in der natürlichen Form des Euböa- oder steierischen dichten Magnesits große Lager, als Dolomit CaCOg.MgCOj (Dichte 3, Härte 4) Gebirge, ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Industrie feuerfester Steine und jene der anderen Magnesiumverbindungen. Magnesit und Dolomit werden entweder kaustisch bei 900° bis zur bloßen Kohlensäureentfernung oder bei 1400° bis zum Sintern gebrannt (s. Mgoxyd). Sinterdolomit ist wegen der natürlichen Beschaffenheit des stets mehr oder weniger Eisen enthaltenden Dolomits ohne weiteres herstellbar, Sinterm a g n e s i t jedoch nur aus steierischem (in neuerer Zeit auch kalifornischem) Rohstoff, der 2—8% Eisenoxyd enthält und bei 1400° sinterbar ist, während das fast eisenfreie Euböacarbonat Zuschläge erhalten muß. Bei der Erzeugung der Sintermagnesia, noch mehr bei der Herstellung des nur Kaustisch gebrannten Produktes ist es nötig, wenn Dolomit als Rohstoff dient, den gebrannten Kalk ganz oder teilweise zu entfernen oder aus den Lösungen oder Suspensionen das Magnesium allein als Oxyd oder Carbonat, letzteres überdies in der von vielen Industrien (Kautschuk, Papier, Kosmetik, Heilkunde) verlangten lockeren, v o l u m i n ö s e n Form abzuscheiden. Dies geschieht durch Einleiten von Kohlensäure unter dem Druck von 5 Atm. in eine wäßrige Suspension von gebranntem oder auch ungebranntem Dolomitmehl zweckmäßig bei Gegenwart von die Kohlensäure zurückhaltenden Stoffen (Kohlepulver, öle u.a.); die erhaltene Magnesiumbicarbonatlösung wird mit strömendem Dampf behandelt, wobei ein lockeres basisches Carbonat ausfällt, von Art der Produkte, die man auch durch Sodafällung von Mg-salzlösungen gewinnt, etwa: 3MgC0 3 .Mg(0H) 2 .3aq (Magnesia alba). Außer dem normalen MgC0 3 .3 bzw. 5 H 2 0 existiert nur noch ein basisches Carbonat 5 MgO. 4 C0 2 . aq als definierte ehem. Verbindung. —• Mägnesiumcarbonat dient ferner als Zusatz zu Wasserglasseifen, zur Herstellung von Kornrastern, Putzpulvern, Zahnpasten und Hautpudern; als Magnesiumcarbonat alu m i n at Al 2 (OH ) 3 . MgC0 3 , erhaltbar durch allmähliches Vereinigen der Lösungen von Alkalialuminat mit Magnesiumbicarbonat oder mit einer Milch von gebrannter Magnesia oder Magnesiumcarbonat unter gleichzeitigem Einleiten von Kohlensäure, wird es als Beizmittel empfohlen. H e n t . : „ L i p s i a " , Cliem. W e r k e A . - G . , Mügeln. — D r . L . Marnuart. A . - G . , B e u e l a. R h . —• Saline L ü n e b u r g u. Chem. F a b r i k A . - G . , Lüneburg.

Magnesiumchloride (s. Kalisalze). Das neutrale Chlorid MgCl2, jährlich in gewaltigen Mengen (0,75 Mill. t) bei der Verarbeitung der Kalisalze anfallendes Nebenprodukt. Die für die Industrie nötigen relativ geringen Mengen des festen Salzes MgCl2.6aq (Sechsersalz) erhält man durch Auskristallisierenlassen der auf 42° Be eingedampften Kaliendlauge; bringt man die Lösung jedoch auf Trockenzylinder und entfernt die abgesetzten Kristalle, wenn sie den nötigen 36

Blüchers Auskunftsbuch. 10. A u f l .

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Erwärmungsgrad erreicht haben, mittels Schabemesser, so resultiert das V i e r e r s a l z MgCl 2 .4aq. W a s s e r f r e i erhält man Mg-chlorid, das sich während des Eindampfens teilweise zersetzt, durch Entwässern unter Zusatz von Chlorammonium. Das gewöhnliche Sechsersalz des Handels oder seine Lauge wurde zur Salzsäureund Magnesiagewinnung, als Zusatz zu Kunststeinen und Zementmörteln vorgeschlagen, es wird Appreturmitteln, Caseinleim-, Hartpappe- und Druckwalzenmassen zugesetzt. — M a g n e s i u m o x y C h l o r i d oder S o r e l z e m e n t (s. Steinholz), von der etwaigen Zusammensetzung MgCl 2 . 2MgO. 9 aq entsteht unter starker Selbsterwärmung der Masse beim Verrühren einer konz. Mg-chloridlösung mit Mg-oxyd als schnell steinartig erhärtender, jedoch gegen Wasser unbeständiger Kitt, für Innenarbeiten gut, nicht aber zur Herstellung von Baustoffen (Platten, Steine u. dgl.) geeignet. Mg-oxchlorid dient in Salzbergwerken als Versatz, zum Aufschließen von Kalisilicaten; es ist Zwischenprodukt bei der Salzsäuregewinnung aus Mg-chlorid. — S. a. Staubbindemittel. Herst.: Burbach-Kaliwerke A.-G., Magdeburg Chemikalien A.-G., Berlin W 35. — Consolidierte AlkaliMerke Abt. Hannover. — Deutsche Solvay-Werke A.-p., Bernburg-Anhalt.

Magnesiumeitrat, Mg 3 (C 6 H 6 0 7 ) 2 .14 aq, erhält man kristallinisch durch Umkristallisieren des Umsetzungsproduktes von Citronensäure und Mg-carbonat; im großen schmelzt man ein Gemisch von Citronensäure und gebrannter Magnesia bei 100—105°. Findet geringe medizinische Verwendung. Herst.: Dr. Paul Lohmann, Hameln/Weser. — Riedel-de Hat'n, Berlin.

Magnesiumhydroxyd, Mg(OH)2, wird technisch durch Fällung von Kaliendlauge mit Kalkmilch oder Sodarückständen (Calciumsulfid) u. z. im letzteren Falle in zwei Stufen erzeugt. Zuerst fällt man die Schwefelsäure des in der Lauge vorhandenen Bittersalzes als Gips, filtriert und fällt dann erst im Filtrat mit weiterem Ca-sulfid reines Mg-hydroxyd aus. Es dient im allgemeinen den gleichen Zwecken wie das Oxyd, in das es bei schwacher Rotglut übergeht; gemeinsam mit Gips oder Barythydrat ausgefällt [MgS0 4 + Kalkmilch oder Ba(OH) 2 ] gibt es das als Hilfsmittel (Druckfarbenstreckung), nicht als Deckfarbe verwendbare M a g nesiaweiß. Herst.: „Lipsia" ehem. Fabrik A.-G., Mügeln, Bez. Leipzig.

Magnesiumnitrat, Mg(NO s ) 2 .6 aq: Eindampfen einer salpetersauren Mg-oxydlösung; zerfließliche, auch in Alkohol leicht lösliche Kristalle. Man verwendet das beim Erwärmen über 100° leicht unter Salpetersäureverlust in kaum lösliches basisches Salz übergehende Nitrat zum Härten von Glühstrumpfköpfen, eingebrannt in Eisenoberflächen zu deren Rostschutz, als Zusatz zu Steinholzmassen. Herst.: Riedel-de Hacn, Berlin.

Magnesiumnitrid, Mg 3 N 2 , wird kristallisiert erhalten durch Überleiten von Stickstoff über zur beginnenden Verdampfung erhitztes Magnesium, oder durch Reduktion von Mg-oxyd mit Kohle im Stickstoffstrom (elektr. Ofen). Gibt wie die meisten Nitride dieser Reihe mit Wasser Ammoniak. Magnesiumoleat, wird als „Antibenzinpyrin" im großen durch Verseifung von Olein mit Magnesia (usta oder alba) gewonnen. Herst.: Dr. F. Wilhelini, Taucha, Bez. Leipzig.

Magnesiumoxyde. Magnesia (usta), gebrannte Magnesia, Talkerde, wird im großen durch Brennen des Magnesits (s. o.) oder Dolomits, je nach Art des Glühens in sehr verschiedener Beschaffenheit, ferner auch auf nassem Wege (Mg-salzfällung mit Alkalien in der Hitze unter Druck) gewonnen. Besonders gesucht ist eine dichte, schwer zerreibliche Form von asbestartigem Aussehen und der Dichte 3,54 (Magnesia usta ponderosa), erhaltbar durch 12-stündiges Erhitzen von gefälltem Mg-oxyd auf Weißglut; andererseits sind auch lockere, voluminöse Produkte von der Dichte 3,2 im Handel, die man durch mäßiges Glühen von künstlich erzeugtem Mg-carbonat gewinnt. Auch kristallisiertes Mg-oxyd (Periklas ist krist. MgO.5—8 Fe,O s , Dichte 3,56—3,65, Härte 6—7) kann durch Schmelzen

Magnesium Verbindungen

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des Mg-oxydes im elektrischen Ofen erzeugt werden. — Mg-oxyd schmilzt im elektrischen Lichtbogen bei etwa 2800°, gehört demnach zu den wertvollsten feuerbeständigen Stoffen. Bei sorgfältiger Behandlung der porzellanartig aussehenden, kaum schwindenden Reinmagnesiatiegel, namentlich hinsichtlich des langsamen Anheizens und Abkühlens, halten sie viele Schmelzen bei 2000—2300° aus. Dein starken Schwinden des Materiales bei Erzeugung solcher alkali- und temperaturwechselbeständiger Schmelztiegel, Röhren, Schalen u. dgl. läßt sich dadurch vorbeugen, daß man ein Gemisch von geschmolzenem und nur geglühtem Mg-oxyd mit oder ohne Bindemittel in Formen preßt und die Formlinge dann bei hoher Temperatur brennt. Mg-oxyd dient ferner in der voluminösen Form als Zusatz zu Pudern und Salben, auch zu Kautschukmischungen und Klebstoffen, als Farbraster- und Katalysatorträger, Zusatz zu Gläsern, Glasuren, keramischen Farben (Magnesiagoldpurpur) und Formabgußmaterial, mit Benzin angeteigt zur Fleckenreinigung, als Füllmittel für Papier, Kunst- und Wärmeisoliermassen; die Hauptmenge des Mg-oxydes wird jedoch von der Steinholzindustrie verbraucht. Herst.: Dt. Feldmühle, Papier- u. Zellstoffwerke A.-G., Stettin. —Dr.Th. Schuchar/ltG.m.b.H., Görlitz. — Dr. F. Wilhelmi, Taucha. — „Lipsia" ehem. Fabrik A.-G., Mügeln b. Leipzig.

Magnesiumperborat, wechselnder Zusammensetzung, erhaltbar aus Na-superoxyd, Mg-sulfat, Borax und einem Neutralisationsmittel für das abgespaltene Alkali in sehr konz. Lösung oder durch Zusammenschmelzen als weißes Pulver, dessen Gehalt, an wirksamem Sauerstoff man durch Eintrocknen im Vakuum bis zum Verluste des Kristallwassers wesentlich steigern kann. Dient wie das noch haltbarere Zinkperborat in der Dermatologie und Kosmetik (Zahnpulver), ferner als Bleichmittel für feinste Textilwaren. Magnesiumperoxyd, Mg0 2 : Umsetzung von Na- oder Ba-superoxyd mit Mgsulfat oder -chlorid, auch aus Mg-oxyd und möglichst hochkonz. Wasserstoffsuperoxyd unter Biskühlung im letzteren Falle als 42% Mg0 2 enthaltendes weißes Pulver, das in einer Anzahl pharmazeutischer Präparate (Stomoxygen, Hopogan, Novozon, Mg-perhydrol u. a. (vorliegt. Magnesiumsuperoxyd zersetzt sich mit Wasser schwieriger als B a 0 2 und hat wegen der IJrilöslichkeit des hierbei gebildeten Mg(OII) 2 und der kaum alkalischen Reaktion der eigentlich nur aus Wasser bestehenden Umsetzungsflüssigkeit besondere Vorzüge vor anderen Peroxyden. Es findet geringe Verwendung als Bleichmittel und als inneres Desinfektionsmittel. Herst.: M . - s u p e r o x y d : Oxysana, Cliem. pharm. Fabrik, Haben, Post Goldbeik. Kr. Osterberg. — — Chero. Fabrik Coswig-Anhalt G. m. b. H., Coswiir. — E. Merck, Dannstadt. — C. O. Ii aspe 4 Co.. BerlinWeißensec. — J . D. Ricdcl-E. de Haiin A.-G.. Berlin.

Magnesiumphosphat, M g H P 0 4 . 7 aq: Fällen einer Mg-sulfat-Lösung mit Naphosphat, Na 2 HP0 4 . Weißes, kristallinisches, schwer in Wasser lösliches Pulver, das beim Glühen in Magnesiumpyrophosphat Mg 2 P 2 0 7 übergeht und sich beim Kochen mit Wasser in tertiäres Magnesiumphosphat M g 3 ( P 0 4 ) 2 . 7 H 2 0 und Phosphorsäure spaltet. Herst.: )(icdel-dc Haen, Berlin.

Magnesiumresinat, harzsaures Magnesium, Schmelzprodukt von Kolophonium oder anderen Harzsäuren und Mg-oxyd oder das Fällungsprodukt einer Harzseifenlösung mit löslichem Mg-salz; Härtezusatz für Lacke u. dgl. Herst.: Biedel-de Hacn, Berlin. — Dr. F. Wilhelmi, Taucha b. I.eipzip.

Magnesiumrhodanid, Mg(CNS) 2 + 4 H 2 0 : Erhitzen von Schwefelkohlenstoff mit Ammoniak und Magnesiumoxyd im Autoklaven auf 110°, ferner durch Einleiten von schwefelhaltigen (Kohlen-(Gasen in Magnesiumsulfhydratlösung (aus Schwefelwasserstoff und der wäßrigen Suspension von Magnesiumoxyd und Schwefel); leicht löslich in Wasser und Alkohol, dient zur Darstellung anderer Rhodanverbindungen. 36*

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Magnesia inverbindungen

Magnesiumsilicate finden sich in vielen Mineralien in mannigfacher Zusammensetzung, teils wasserhaltig, teils wasserfrei. Hierher gehören Talk, Speckstein, Meerschaum, Serpentin, Olivin, die Doppelsalze Augit, Hornblende, Asbest. Künstlich erhält man durch Fällen von Magnesiumsalzlösungen mit Natronwasserglas einen weißen, gallertigen Magnesiumsilicatniederschlag; dient dann als Farblackträger, wird Harzkunstmassen zugesetzt, bildet als eingetrocknetes Gel ein kolloides Wundstreupulver von hoher saugender Wirksamkeit, das auch dazu verwendet werden kann, Extrakte oder Öle in Pulverform überzuführen. Zur Herstellung von Formaldehydleder verwendet man als Gerbmittel eine Emulsion, die neben Formaldehyd ein Fett oder Öl und Magnesiumsilicat enthält. Dieses Leder wird durch heißes Wasser und Schweiß nicht entgerbt, ist sehr zugund reißfest und eignet sich besonders für orthopädische und chirurgische Zwecke, als Gürte, Riemen, zu Handschuhen und sogar als Sattler- und Schühleder. Natürliches Mg-silicat (s. d. einzelnen Mineralien) bildet den Bestandteil vieler feuerfester "Erzeugnisse. Heist.: Riedel-de Haen, Berlin.

Magnesiumsilicofluorld, MgSiFi„. 6 aq, löst sich in der 1 ^ f a c h e n Menge kalten Wassers; die Lösung scheidet erwärmt Kieselsäure aus, die sich beim Erkalten wieder löst. Kalk fällt aus ihr Kieselsäure und Calciumiluorid als unlösliche Stoffe aus. Mg-silicofluorid bildet daher den Hauptbestandteil der sog. Keßler-Fluate, s. Steine. Heist.: Itfltgers-Werke A.-G., Abt. Anh.-Obersclilcs. Fluorwerke, Dolina i. Sa. — Guano-Werke A. G., Hamburg 11.

Magnesiumsulfat, MgS0 4 (Epsomer, Sedlitzer, Saidschitzer, englisches Salz), als Bittersalz MgS0 4 .7 aq, Kieserit, Kainit, Schönit mit verschiedenen Mengen aq, an Alkalichloride und -sulfate in Doppelsalzform gebunden, in den Kalisalzen, im Meerwasser und vielen Bitterwässern enthalten. Bittersalz (Abscheidung s. Kalisalze) ist ein in farblosen rhombischen Prismen kristallisierendes Salz von intensiv bitterem Geschmack. 100 Teile Wasser lösen bei qo 1 0 o 20° 50° 105° ca. 25 30 35 50 132 Tl. MgSO, Man benutzt es zur Darstellung von Kalium- und Bariumsulfat, Appretur baumwollener Gewebe, zum Beschweren der Seide, zum Weißfärben der Wolle, als Füllmittel in der Papierfabrikation, sowie als Arzneimittel. — K a l i u m m a g n e s i u m s u l f a t , schwefelsaures Kalimagnesia, findet sich wasserfrei als Langbeinit, mit 4 aq als Leonit, mit 6 aq als Schönit (Pikromerit) in den Abraumsalzen; ein calciniertes Gemisch von Langbeinit und K-sulfat ist als Kalimagnesia im Handel. Heist.: M.-sulfat: Burbach-Kaliwerke A.-G., Magdeburg. — Carl Dicke & Co., Chem. Fabrik, Wuppertal-Bannen. — Dr. Paul Lobmann, Hameln a. W. — M.-sulfat chem. rein: Byk Guldenwerke Chem. Fabrik A.-G., Berlin NW 87. — Chem. FabrikLehrte G. m. b. H., vorm. Leonhardt u. Martini, Lehrteb. Hann.

Magnesiumsulfit, schwefligsaures Magnesium: Magnesium sulforosum, MgSO s + 6H a O. Zersetzung von Mg-carbonat mit Schwefeldioxyd in Gegenwart von Wasser oder Mischen und Erhitzen der Lösungen gleicher Teile von krist. Mgsulfat und krist. Na-sulfat; in letzterem Falle kristallisiert MgSO s + 6H 2 0 beim Erkalten der Lösung aus. Das Salz muß verschlossen aufbewahrt werden, da es leicht in Sulfat übergeht; 1 Tl. löst sich in 20 Tl. kaltem Wasser. Durch Einleiten von Schwefligsäuregas in eine wäßrige Suspension von Mg-oxyd läßt sich auch Magnesiumbisulfit MgH 2 (S0 3 ) 2 erhalten. Dient zur Bambusaufschließung (Celluloseabscheidung). Magnesiazement. Reine gebrannte Magnesia in Stücken verwandelt sich unter einem Wasserstrahl in eine alabasterartig durchscheinende kristallinische Masse, die Marmor ritzt und ihm an Dichte und Festigkeit gleichkommt. Auch Magnesit

Makromoleküle—Malzextrakt

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gibt bei vorsichtigein Brennen mit wenig Wasser angemacht, eine Masse, die nach 12 Stunden die Härte des besten Portlandzements annimmt und dem Wasser widersteht. Unter der Bezeichnung Magnesiazement werden eitle große Reihe von Materialien zusammengefaßt, welche sich gegen Wasser verschieden halten. Mit Recht führen die Bezeichnung Zemente nur solche Produkte wie z. B. kaustisch gebranntes MgO, die, mit Wasser angemacht, unter Wasser zu erhärten imstande sind, sich also hydraulisch verhalten. Dies trifft zu für reines MgO, für kaustisch gebranntes Dolomit, in dem áls neutrales Füllmittel noch CaCQ 3 vorhanden ist, und auch ein Gemenge von gebranntem Dolomit mit MgS0 4 , bei dem als Produkt der Verfestigung neben Mg (OH), auch der gleichfalls abbindende fast unlösliche Gips auftritt. Streng unterschieden davon ist die Eigenschaft des Magnesiumoxyds, nicht nur mit Wasser, sondern auch mit Salzlösungen unter Bildung basischer Salze zu erhärten. Derartige zu Unrecht und unter Herbeiführung großer Verwirrung als Magnesiazemente (auch als Sorelzemente) bezeichnete Gemische sind unter Magnesiumchlorid behandelt, da als Magnesiumsalzlösung fast ausschließlich das Magnesiumchlorid, dessen Lösung bzw. die Kaliendlaugen Verwendung finden. Sie sind weder Zemente, da das erhaltene Bndprodukt durch Wasser zersetzt wird, noch Mörtel, da für diese das Erhärten unter dem Einfluß der Kohlensäure der Luft charakteristisch ist. Sie sind vielmehr, in geeigneten Mengenverhältnissen zusammengebracht, lediglich in sich erhärtende Gemenge, welche weder gegen Wasser vollkommen beständig, noch bezüglich der Abbindung auf die Kohlensäure der Luft angewiesen sind. Lit.: Banco, Del* Magnesit und seine Verarbeitung, Steinkopff-Drcsden-Leipzig. Herst.: M a g n e s i t , D o l o m i t (ruh, gebrannt, gesintert, gemahlen): Paul Heinze, Erfurt. — Dr. Ludw. Jacobius, Breslau 1. — Oscar Martin, Bergbau-u. Hüttenprodukte, Köln a. Rh. —- Schlesische Magnesit gruben Wtlh. Koenitzer Co. O. m. b. H., Zobten, Ben. Breslau. — A m t Josef Dietz, Rergwerksprodukie, Frankfurt a. M. — Didier-Werkc, Berlin-Wilmersdorf Magnesit-Steine. — OttoHarduiiu, Wien V.—

Makromoleküle s. u. Hochpolymere Stoffe. Malerfarben s. u. Farbe u. b. d. ein»>lnen Metallen, z. B. Blei-, Mangan-

u. a. Farben. Maltose. Malzzucker, C 1 2 II S 2 O n .aq, entsteht aus Stärke unter dem Einflüsse der Malzdiastase als gärungsfähige, schwach süß schmeckende Zuckerart, die nur für die Gärungsgewerbe, namentlich die Bierbrauerei, als Zwischenprodukt, in Substanz keinen technischen Wert besitzt. Reduziert im Gegensatz zu Rohrzucker Fehling-Lösung, wird durch Bierhefe unter dem Einflüsse des Hefeenzymes Maltase zu 2 Mol. Traubenzucker gespalten. — I s o m a l t o s e ist vorwiegend Maltose und nicht, wie man früher annahm, eine selbständige Zuckerart. — S. a. Bier I I I ; Brot; Stärkezucker. M a l z e x t r a k t : Nähr- und Kindernährmittel, das auch bei der Essigfabrikation zur Hefekonservierung dient und zusammen mit Casein- und Milchpräparaten in zahlreichen Kräftigungsmitteln auf dem Markte erscheint (z. B. Malz-Perdynamin; Biomalz). D i a s t a s e f r e i e r Malzextrakt: man vermaischt Braumalzschrot nach dem Kochverfahren (s. Bier), filtriert die auf 70° gebrachte Maische, nachdem man sich mittels Jod überzeugt hat, daß keine Stärke mehr vorhanden ist, durch einen Seiher und d a m p f t den E x t r a k t bis zur gewünschten Zähflüssigkeit im Vakuum ein. Der d i a s t a s e h a l t i g e Malzextrakt (z. B. Maltyl, eisenhaltig: Triferrin-Maltyl) wird ebenso nach dem Infusionsverfahren dargestellt und im Vakuum von 558 mm entsprechend 70° C, das ist bei einem Druck von 0,32 Atm., der nie überstiegen werden darf, zur Extraktkonsistenz eingedampft. Beide lassen sich im Vakuum beliebig weit zu einer dicken Paste oder zu einer festen Masse oder auch beim Eindampfen in dünner Schicht zu einem zerreiblichen Pulver konzentrieren, gelangen auch in gepreßter Würfelform mit (Eisen, Lebertran) oder ohne Zusatz von Heil-, Nähr-, Schmeckstoffen als Maltoferrin, Malto-

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Mandarinöl—Manganfarben

leguminose, -kristol, -selol und unter zahlreichen anderen Namen in den Handel. Biomalz ist z. B. ein Gerstenmalz-Ca-Glycerinphosphorsäure-Gemisch, in verschiedenen Marken mit Fe, Ca, Lecithin, Lebertran, Schokolade usw., SoxhletNährzucker eine Mischung von Dextrin, Malzzucker und etwas Kochsalz, schlecht vergärbar, wird im Darm voll ausgenutzt. Mehlextrakt (s. a. Müllerei) ist ein Nährprodukt, das man aus unter hohem Druck gedämpftem (aufgeschlossenem) Mehl durch Behandlung mit Diastase (-Malz) und Vermischen mit Malzextrakt, WürzstofTen erzeugt. Die Präparate müssen wegen ihrer Hygroskopizität gut verpackt werden. Llt.: K. Weniger, Malzextrakt, Fabrikation u. Verwendung, Berlin 1925. — J. Weichherz, Die Malzextrakte. Berlin 1928. Herst..: M a l z e x t r a k t : Malzextraktfabrik Freudenstadt Rekordmalz A.-G., Freudeiis tadt (Wttbg.) — auch in Pulver. — Gebr. Dollfus, Chemnitz. — Gebr. Patermann, Teltow b. Berlin. — J. I). Riedel-K. de Haen, Berlin. — Dr. W. Hotz & Co., Rudolstadt, Thür. — „Orplia", Berlin-Neukölln.

Mandarinöl, Oleum mandarinae (s. Riechstoffe). Gelbes fluoreszierendes Öl, löslich in 0,5 Vol. 95%igem bzw. 6 Vol. 80%igem Alkohol. Für Parfümerie, Likör- und Limonadenfabrikation. Mandelöl (Oleum Amygdalarum). Fettes Öl, aus den süßen oder bitteren Mandeln von Amygdalus communis (auch aus Pfirsich- und Aprikosenkernen). Ätherisches Mandelöl s. u. Bittermandelöl. M a n g a n , Mn, Atomgew. 54,93. Findet sich als Begleiter der meisten Eisenerze, ferner in vielen Wässern, in der Asche zahlreicher Kulturpflanzen (daher Mangandüngung, s. Düngemittel) und in folgenden abbauwürdigen Mineralien: Pyrolusit (Weichmanganerz, Braunstein s. d.) Mn0 2 ; Psilomelan (schwarzer oder Manganglaskopf) ebenfalls M n 0 2 ; Braunit Mn 2 0 3 ; Graubraunstein; Hausmannit Mn 3 0 4 ; Manganspat, Rosen- und Himbeerspat MnC0 3 . Das M e t a l l kann rein aluminothermisch aus seinen Oxyden erzeugt werden (Mn 2 0 3 + 2AI -»• A1 2 0 3 + Mn) da es jedoch als solches kaum (nur, und dann unentbehrlich, zur Erzielung porenfreier homogener Kupfergüsse) verwandt wird, stellt man im großen so gut wie ausschließlich Manganlegierüngen her, auch die Manganverbindungen gewinnt man nicht über das Metall, sondern aus den Erzen. — Grauweiß, von wechselnder Härte (etwa wie Stahl), spröde und pulverisierbar. Aus elektr. Vakuum- ('/20000 a M -Ofen destilliertes Mangan ist silberweiß, überaus spröde, ritzt Glas, enthält weniger als 0,01% Verunreinigungen; vgl. das Ref. in Chem. Fabr. 1929, 166. D: 7,4; Schmp: etwa 1250°; oxydiert sich schnell an feuchter Luft und zersetzt siedendes Wasser; selbst von schwachen und verdünnten Säuren wird es leicht gelöst. Widerstandsfähiger auch härter ist Mangan mit einem Gehalt an Kohlenstoff oder Silicium. Das Metall fällt viele andere Metalle aus den Lösungen ihrer Salze aus („Auszementieren"), wird jedoch selbst von keinem Metall gefällt. Herst.: M a n g a n m e t a l l : Th. Goldschmidt A.-G., Essen.— J. D. Riedel-E. de Haen A.-G., Berlin.— C'. Hermann Starck A.-G., Berlin W 50. Manganerz: Gewerkschaft Gießener Braunsteinbergwerke, Weilburg a. d. Lahn. — Oscar Martin, Bergbau u. Hüttenprodukte, Köln a. Rh.

Manganfarben. Manganbraun, Mineral- oder Manganbister, s. Erdfarben und Entwicklungsfarbstoffe. Manganbisterzusatz verhindert auch das Bluten gefärbter Stoffe während des Beuchprozesses. —Mangangrün (Böttchers-, Baryt-, Casseler-, Rosenstiehls Grün, „Veft tiges des roses"), Ba-manganat: Glühen von Mangansuperoxyd mit salpetersaurem und Ätzbaryt; in reiner Form durch Fällen von Kaliummanganatlösung mit Bariumchlorid, folgendes Weißbrennen bei Rotglut und oxydierendes Erhitzen bis zur Grünfärbung erhaltbar. Diese „Barytf a r b e n " sind sehr beständig gegen kalte starke H 2 S0 4 , auch kalkecht, werden deshalb in der Freskomalerei verwandt. —Manganviolett (Nürnberger, Permanentviolett), ein beständiger, für alle Gebiete der Malerei mit Ausnahme für Fresko und Zement geeigneter Farbkörper, wird durch Verschmelzen manganhaltiger Rückstände mit Phosphorsäure und folgendes Sieden der gemahlenen Schmelze

Manganlegierungen—Mangan Verbindungen

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mit Ammoniak erhalten; ist anscheinend ein Ammoniummanganipyrophosphat der annähernden Zusammensetzung N H 4 . M n . P 2 0 7 . — Manganblau wird in je nach den Mengenverhältnissen verschiedenen Farbtönen gewonnen durch Brennen von eisenfreiem Quarz, calc. Soda, Kalkstein und einem Manganoxyd in der nicht reduzierenden Flamme bei Rotglut. — Von größerer Bedeutung sind nur Umbra (s. Erdfarben) und die verschiedenen Manganbraunsorten, evtl. noch das M a n g a n w e i ß (s. Mangancarbonat). Herst.: G. Siegle G. m. b. H., Stuttgart. — Braunsteinwerk E. J)iemer. Elgersburg i. Thür.

M a n g a n l e g i e r u n g e n . Techn. wichtige Legierungen mit vorherrschendem Mangangehalt sind nur an Mangan reiche Schmelzen des Kupfers, Zinks, Zinns, Chroms, vor allem aber des Bisens. Sie dienen dazu, das Metall in andere Legierungsschmelzen einzuführen (s. d. einz. Metalle und ihre Legierungen). — Die F e r r o m a n g a n e (s. a. Eisenlegierungen), die mit bis zu 80% Mn im Hochofen, besser im elektrischen Ofen erzeugt werden, sind ebenso wie die niedrigerprozentigen (20—25%) S p i e g e l e i s e n s o r t e n wegen ihres Gehaltes an wasser«mpflndlichem Mangancarbid MnC 3 unbeständig und zerfallen an der feuchten Luft, wenn sie nicht absolut trocken aufbewahrt werden. — Die zur Einführung härtender Stoffe in Stahllegierungen wichtigen Kompositionen von Mangan mit Chrom, Bor, Titan, Silicium u. a. werden ausschließlich aluminothermisch erzeugt. Mn mit mehr als 10% Antimon funkt am Stahl wie Cer-Mischmetall. Llt.: Rodenhauser, Ferromangan als Desoxydationsmittel. Herst.: Th. Goldschmidt A.-G., Essen. — J. D. Itiedel-E. de Haen, Berlin.

M a n g a n v e r b i n d u n g e n . Das Metall tritt II-, III-, IV-, VI- und VH-wertig auf. MnO ist eine starke, Mn 2 0 3 eine schwache Base, Mn0 2 hat nahezu neutrale Eigenschaften. Die Oxyde von Mn V I und M n v n sind Säureanhydride, geben mit Basen Manganate Me 2 I Mn0 4 und Permanganate Me*Mn0 4 , letztere, nur in saurer Lösung beständig, liefern mit Hydroxylionen leicht Manganate. Beide sind starke Oxydationsmittel. Unter den Salzen sind jene der Manganoreihe (Oxydule) die beständigsten, die Manganoxyde und mehr noch die -dioxydsalze sind unbeständig. Manganacetat (essigsaures Manganoxydul; Manganum aceticum), Mn(C 2 II 3 0 2 ) 2 . 4 aq: Umsetzung von Mn-sulfat mit Bleiacetat oder Calciumacetat; wird rein auch durch Lösen von Mn-carbonat in Essigsäure und Eindampfen zur Kristallisation gewonnen. Manganacetat kommt entweder in Lösung oder, mit 4 H 2 0 kristallisiert, in rötlich gefärbten, in Wasser und Alkohol löslichen Kristallen in den Handel. Dient als Sikkativ bei der Leinölfirnisbereitung, als Katalysator bei Bereitung von SauerstofTbädern. Heist.: Dr. Höhn u. Cie., Chem. Fabrik, Neuß a. Ith. — Riedcl-de Haen, Berlin.

Manganborat (borsaures Manganoxydul, „Manganextrakt", Manganum boricum), MnB 4 0 7 , gewöhnlich als Sikkativ bezeichnet. Man fällt aus Mn-chloridlösung z. B. von der Cl-Erzeugung (Weldonprozeß) das Fe mit Kalkmilch und läßt die geklärte Manganchlorürlauge unter Umrühren in ein höchstens 40° C warme Boraxlösung einfließen; durch Zusatz von etwas Ammoniak wird der Niederschlag voluminöser; dient als vorzügliches. Sikkativ sowie (mit Leinölund Harzlösung) zum Imprägnieren von Leder; auch benutzt man es bei der Darstellung von Nickel und als Sauerstoffbäderkatalysator. Heist: Dr. F. Wilhelmi, Taucha, Bez. Leipzig. — J. D. Riedel-E. de Haen, Berlin. — Bicmt, Schärfe ACo., Chem. Fabrik G. m. b. H., Hamburg 1. — Chem. Fabrik Gustav Heß, Pirna-W. — S. Fr. Holtzapfei, Chem. Fabrik, Grub b. Coburg. — Rud. Koepp & Co., Chem. Fabrik A.-G., Oestrich i. Khg.

Mangancarbid, Mn3C, entsteht bei der Reduktion von Mn-oxyden mit Kohle, reichert sich im Mn-metall an, setzt dessen Schmp. herab. Mangancarbonat (kohlensaures Manganoxydul, Manganweiß; Manganum carbonicum), MnC0 3 . In der Natur als Manganspat, künstlich durch Fällung einer Lösung eines Manganosalzes (MnCI2) mit unterschüssiger Soda; weißes, wasserhaltiges Pulver.

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Manganverbindungen

Herst.: Dr. l„ C. Marquart A.-G., Beuel/Ith. — Dr. F. Wilhelm!, Taucha. — lliedel-de H m n . Berlin.

(Manganum chloratum), MnCl2, wasserfrei aus einem Mn-oxyd im ChlorwasserstofTstrom, mit 4 aq durch Lösen eines Mn-oxydes in HCl; im ersten Falle rosenrote zerfließliche Kristalle, sehr leicht wasserlöslich; dient zur Erzeugung des Manganbisters, brauner Chrommischfarben und anderer Manganverbindungen. Manganehlorür

Herst: I. G. Farben, Frankfurt. — Schering-A.-G., Berlin N 65.

Manganlinoleat u. -resinat, das leinöl- und harzsaure Mangan, gehören so wie das oben beschriebene Borat zu den wichtigsten Trockenstoffen der Firnisindustrie. Linoleat: Erhitzen von Leinöl mit Braunstein oder einer anderen Manganverbindung; Resinat: entweder als fleischfarbiges Fällungsprodukt durch Verkochen einer Kolophoniumseifenlösung mit Manganehlorür oder in schwarzbraunen Stücken, durch Verschmelzen von Kolophonium mit Braunstein. Die Produkte sind in Chloroform, Terpentin- und Leinöl leicht löslich und übertreffen die Bleiverbindungen an Trockenkraft um das Sechsfache, wenn sie sich in dem betreffenden Öl klar lösen. Herst.: Dr. F. Wilhelmi, Taucha. — Hr. Höhn, NeuB/Rh. — Riedcl-de Haen, Berlin.

M a n g a n o n i t r a t , Mn(N0 3 ) 2 .6 aq, erhaltbar in weißlichen, bei 180° unter Ausstoßung nitroser Gase zersetzlichen Kristallen durch Lösen desCarbonates oder von Braunstein und dann in Gegenwart von Oxalsäure oder anderen reduzierenden Stoffen, in Salpetersäure. Dient zur Herstellung von Mangansuperoxydelektroden, als Reizdüngstoff und Zusatz zu Porzellanlösungsfarben. nerst: Dr. F. Willielmi, Taucha. — Riedel-de Haen, Berlin. Manganoxalat (oxalsaures Manganoxydul; Manganum oxalicum). MnC 2 0 4 . 2H a O: Fällen von konzentrierten Manganoxydulsalzlösungen oder von feuchtem Mangancarbonat mit wäßriger Oxalsäure. Weißes Kristallpulver, in Wasser schwerlöslich, dient zur Darstellung von Sikkativen. Mangannitrat,

Herst: Riedel-de Haen, Berlin. — Dr. F. Wilhelmi, Taucha.

a) M a n g a n o x y d u l , Manganooxyd (Manganum oxydulaturn) MnO: Erhitzen von Manganooxalat oder Manganocarbonat im Wasserstoffstrom als graugrünes Pulver, auch durch Glühen derselben Verbindungen unter Luftabschluß; dient als grüne Anstrichfarbe. — Sein Hydroxyd Mn(OH) 2 gewinnt man durch Kochen von 80° warm mit Natronlauge gefällter Manganchlorürlösung, als amorphes, sich an der Luft braun färbendes Pulver. — b) M a n g a n o x y d (Mangansesquioxyd; Manganum oxydatum), Mineral: Braunit, Mn 2 0 3 : durch gelindes Glühen von Mangannitrat; braunschwarzes Pulver, das als keramische Farbe dient. — c) M a n g a n o x y d h y d r a t (Manganum hydroxydatum). Mineral: Manganit, Mn 2 0 3 .aq, künstlich durch Oxydation von Manganoxydulhydrat an der Luft erhalten; letzteres entsteht durch Fällung von Mangansalzlösungen mit Natronlauge. Manganoxydhydrat ist ein dunkelbraunes Pulver, das unter dem Namen Manganbister (Manganbraun) zum Färben von Geweben, (s. Erdfarben), weiter als Porzellanfarbe und Sikkativ Verwendung findet. — d) M a n g a n o x y d u l o x y d , Mn 3 0 4 , je nach der Herstellung verschiedenfarbiges Pulver, bildet das Endprodukt beim Glühen jeder Manganverbindung, entwickelt mit heißer Salzsäure Chlor. — e) M a n g a n d i o x y d , Mangansuperoxyd. Braunstein (s. d.) M. hyperoxydat., Mn0 2 ) wird technisch aus den Endlaugen der Chlordarstellung regeneriert (Manganschlamm), doch kann man es auch durch Erhitzen von Mangannitrat auf 200°, oder wasserfrei durch Erwärmen von Manganonitrat mit K-chlorat gewinnen. Schwarzes mikrokristallinisches Pulver, das heiße Salzsäure unter Chlorabspaltung zerlegt und mit konz. Schwefelsäure erhitzt Sauerstoff liefert. Manganoxyde,

Herst.: Dtsch. Gold- u. Silber-Scheidcanstalt, Frankfurt. — Dr. Th. Scliuchardt, Görlitz.

Manganverbindungen

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Braunstein dient, ebenso wie sein O x y d h y d r a t als vielverwendetes Oxydationsmittel in der arganischen u n d Farbstoffchemie als Entfärbungsmittel f ü r durch Eisen gründlich gefärbte Glassätze, f ä r b t aber auch Glasflüsse violett, in größeren Mengen schwarz; es bildet ebenso wie sein oxydativ 3—5 mal wirksameres Hydrat in verschiedenen Handelsmarken (z. B. Prefit, Galvanodurit u .a.), den sog. künstlichen Braunstein, wird Elektrodenmassen galvanischer Kohle-Elemente zugesetzt, ist Ausgangsmaterial f ü r Mangansuperoxydelektroden; Braunstein und sein H y d r a t dienen ferner als Leinölfirnistrockner, z. B. in Druckerschwärzen, zur Wasserentmanganung; kolloide Mangansuperoxydlösung eignet sich als Katalysator f ü r Sauerstoflbäder und zur Herstellung von keramischen F a r b e n . Schließlich wird der Braunstein Rostschutzfarben, Zementkunststeinen und Glaspolierpräparaten beigegeben, er dient zur Adsorption von Radiumemanation, als Mangandioxydgelatine zum Untergießen lichthoi'freier Photoplatten, als Katalysator bei der Baumwollbleiche mit L u f t , zur Acetylengasreinigung, zur Schwefeldioxydentfernung aus Generatorgas, als SprengstofTzusatz, zur Gewinnung von Diacyandiamidin. Herst.: llraunsteinwerk Ii. Diemer, Elgersburg i. Thür. Mangansulfat (schwefelsaures Manganoxydul; Mangan vitriol; Manganum sulfuricum), M n S 0 4 : Lösen von Manganocarbonat in verdünnter Schwefelsäure oder Glühen gleicher Teile Braunstein und wasserfreiem Eisenvitriol und Auslaugen mit Wasser. Rosenrote Kristalle mit 4—7 Wasser, je nach der Bildungstemperatur. Wird in der Färberei und in der Porzellanmalerei, ferner zur Darstellung anderer Manganpräparate b e n u t z t ; f ü r seine Anwendung in der Färberei ist völlige Eisenfreiheit Bedingung, die man nur erzielen kann, wenn man ein Steinkohle-Braunsteinpulvergemisch glüht, die Masse in Schwefelsäure u n t e r Salzsäurezusatz löst, filtriert, eindampft, den Rückstand abermals glüht und auslaugt. Mangansulfat dient auch zum Schwarzfärben des Zinks. — Manganisulfat Mn 2 (S0 4 ) 3 , aus M n S 0 4 durch elektrolytische Oxydation, gibt mit K 2 S 0 4 Alaune, z. B. K M n ( S 0 4 ) 2 . 1 2 H 2 0 in dunkelvioletten Oktaedern, dient zur Oxydation org. Verbindungen. Herst.: Ric 2KOH + CaCO s Ätzkali zurückerhält. —• Kaliumpermanganat bildet metallisch glänzende, purpurrote wohlausgebildete rhombische Kristalle.

570 4" 3^36

Manna—Manometer 10° 4^4

20° 6^51

Es lösen sich im 100 H 2 0 bei: 30» 40° 60° 70° 12,53 21,99 2^6

75» 32,35

KMnO«

Die wäßrige Lösung ist nur bei Abwesenheit reduzierender Stoffe beständig, sonst scheidet sich Mangandioxyd als dunkler Belag aus. Löslich ferner in Aceton, Holzgeist, Eisessig. Entwickelt beim Erhitzen auf 240° kräftig Sauerstoff. — Die V e r w e n d u n g des Permanganates beruht auf seiner Oxydationswirkung, und zwar in saurer Lösung: 2KMnO + 3H 2 SO ->• K 2 SO + 2MnS0 4 + 5 0 + 3 H , 0 , in alkalischer oder neutraler Lösung jedoch: 2KMn0 4 + H 2 0 -»• 2Mn0 2 + 3 0 + 2KOH. Es dient als Öxydationsbleich- und Desinfektionsmittel, wird in der Maßanalyse als Titersubstanz gebraucht (Oxydimetrie), wurde auch zu zahlreichen anderen Oxydationsprozessen verwendet und vorgeschlagen. — C a l c i u m p e r m a n g a n a t , übermangansaurer Kalk, Ca(Mn0 4 ) 2 . 5 H 2 0 : durch Umsetzen von Kaliumpermanganat mit einer Ca-verbindung, oder durch Elektrolyse einer Alkalimanganatlösung an der Anode, wenn man mit einem Diaphragma arbeitet, den Kathodenraum anfänglich mit Calciumchloridlösung, den Anodenraum mit einer Lösung von Kaliumpermanganat und Calciumchlorid beschickt. — Es ist in Wasser sehr leicht löslich, so daß man mit konz. Lösungen arbeiten kann, die kalt gesättigte Lösung zeigt die Dichte 1,8. Wegen seines starken Oxydationsvermögens kann es als Desinfektionsmittel, zur Reinigung von Zuckersäften und Trinkwasser verwendet werden („Acerdol"). Heist.: Mn.-salze: Königswarter & Ebelle, ehem. Fabrik G. m. b. H., Hannover-M. — T. de RiedelIi. de Haen, Berlin. — Dr. F. Wilhelmi, Taucha. — K a l i u m p e r m a n g a n a t : Chem. Werke AussigKalkenau.

Natriumpermanganat, NaMn0 4 3H 2 0, bildet sehr leicht lösliche Kristalle mit allen Eigenschaften des Kaliumsalzes. Wenig untersucht, da nur gelegentlich erhältlich in Kristallen der Formel Na 2 Mn0 4 -f 10H 2 0. Herst.: ltiedel-de Haün, Berlin.

Manna. Zuckerartige Substanz, aus Rindeneinschnitten (eine Art „Harzung") der Mannaesche (Fraxinus Ornus); stengelige oder körnige Massen. Im Orient als Nahrungsmittel, bei uns arzneilich, selten als Süßstoff; in Italien zur Gewinnung des Mannazuckers, sechswertiger Alkohol M a n n i t C,H e (OH) e . E r bildet weiße in 6 Tl. Wasser lösliche Nadeln vom Schmp. 165—166°, gibt oiit etwas Kochsalz vermählen den Diabetikersüßstoff „Dulcinol". Durch Behandeln von Kolophonium mit einer Lösung von Mannit in Glycerin oder Eisessig stellt man im Vakuum Mannitester her, die als Material für die Lackfabrikation dienen sollen. Heist.: M a n n a : Landauer & Co., Hamburg 8. — M a n n i t : J . D. Riedel-de HaSn, Berlin.

Manometer geben den Druck an, der von Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten auf die Flächeneinheit ausgeübt wird. DifTerentialmanometer sind zur Messung der Differenzen derartiger Drucke eingerichtet. In der Technik mißt man nur den in einem Apparat herschenden Druck über jenem der Atmosphäre (s. d., ,,atü") oder unter einer Atmosphäre (Vakuummeter). — Die F l ü s s i g k e i t s m a n o m e t e r , also auch die- Quecksilberbarometer, sind kommunizier. Röhren; steht der eine Schenkel der U-röhre mit dem Raum in Verbindung, in dem Über- bzw. Unterdruck herrscht, so fällt bzw. steigt in diesem Schenkel die Flüssigkeitssäule, und zwar erhebt sie sich beim Überdruck von 1 Atm., wenn die Flüssigkeit Wasser ist, um 10,33 m, wenn sie Quecksilber ist, um 76 cm (s. Atmosphäre). Diese Instrumente verschiedenartiger Bauart dienen zur Messung relativ geringer Druckdifferenzen, so das Quecksilbermanometer zum Messen der Gebläseluftspannung (Windmesser), Wassermanometer zur Ermittlung des Druckes in Schornsteinen, Feuerungen, Schächten usw. (Zugmesser). Von wesentlich größerer Bedeutung sind die M e t a l l m a n o m e t e r ; sie beruhen auf der Form-

571

Maße, Gewichte

Veränderung von elastischen Platten oder Röhren bei wechselnder Spannung. In den R e g i s t r i e r m a n o m e t e r n ist der Zeiger mit einer Schreibvorrichtung versehen, unter deren Stift mittels eines Uhrwerkes eine Schreibpapierbahn gezogen wird. Solche Registriereinrichtung tragen häufig die A n e r o i d b a r o m e t e r , die der Bauart nach Plattenmanometer sind, deren „ P l a t t e " jedoch aus einer evakuierten flachen Blechkapsel besteht, die sich unter dem wechselnden Luftdruck vorübergehend deformiert; die mittels Zeigerübertragung sichtbar gemachte Deformation ist ein Maß für die Höhe des Luftdruckes.. Herst.: M a n o m e t e r (Druck-Zugmesser): Hydro. Apparate-Bauanstalt, Düsseldorf-Rath. —Vulkan-Werke A.-G., Berlin SW 61. — Alfred PreiB, Hanometerfabrik, Griina-Sa. — Sachs. Manometerfabrik KG. Paul Kießling, Leipzig W 33. — Berliner Manometer- u. Apparatebau K u r t Herrmann, Berlin-Charlottenburg 4. — Erste Thüringer Manometerfabrik P. Tümmling, Erfurt. — Hob. Karl Uhlig, Chemnitz I f (Klein-Manometer). — Koliert Müller K.-G., Essen-Huhr (Mikromanometer). — Bopp u. Keutlier G. m. b. H., Mannheim-Waldliof.

Maße, Gewichte. Gewicht ist das Maß für die Masse eines Stoffes (einer Ware), ehemals örtlich und für verschiedene Warengattungen verschieden (Getreide, Gold, Drogen); heute ist in Kulturländern das metrische Maß eingeführt oder zugelassen (Brit., USA.). In den englisch sprechenden Ländern gelten jedoch noch vorwiegend die folgenden (hauptsächlichsten) Gewichte und Maße. Vorsatzbuchstaben für alle Einheiten T G M k h D «1

= = = —

=

m ß n P

R^T

=

Tera Giga Mega Kilo Hekto Deka Düii Centi Milli Mikro Nano Piko

Länge

=

-

=

1012 IO9 IO6 IO3 IO2 io-1 io-1 IO- 2 IO- 3 IO- 6 10-' 10-12

außerdem: q c ob N

= Quadrat ( z. B. qm = Cubic ( ,, ccm „ ( ,, cbm = Norm

beachte die Längenmaße 1 /t = 1 /im = 1 fifi (früher) — i o - 9 1 in/t (jetzt) — i o - 9 1

0

- G

Einheiten

•Im = rund 10—7 Erdmeridianquadrant. 1 p (Mikron) = 10—8 m (1 fifi = 10—9 m veraltet!) 1 A (Angström) = 1 0 — l o s m 1 geogr. Meile = 7,42043854 km ( = 1/15 Äquatorgrad) 1 Landmeile = 7,5 km (im Deutschen Reich) 1 Seemeile = 1,852 km ( = rund 1' des Meridians), auch in Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen, Griechenland, Japan. 1 knot = 1,85317 km in Großbritannien 1 nautical mile 1,853,249 km in USA. 1 1 Seemeile Seemeile = 1,85185 km in Italien 1 = 1,8518 km in Spanien und Portugal 1 Statute mile = 1,6093426 km in Großbritannien i = 1,60932 km in USA. 1 chain = 100 links = 20,12 m 1 l'athom = 2 yards = 1,8287984 m 1 yard (engl.) = 3 Fuß = 0,9143992 m 1 Fuß ( ,, ) = 1 2 Zoll = 0,30479973 m 1 Zoll ( „ rd.) = 25,400000 mm genau: engl. b. 20°C = 25,399956 mm genau: USA. b. 20»C = 25,400051 mm

Maße, Gewichte

572 1 1 1 1

mil (USA.) = 0,001 inch = 0,02540 mm Li (Chinesische Meile) = 180 Faden = 0,6444 km Meile (Russisch) = 7 Werst (zu je 500 Saschehn) = 7,467 600 km Saschehn (Russisch) = 3 Arschin = 2,13360 m

Geschwindigkeit 1 Kn = 1852 m/h = 0,51444 m/s = 2025,35 yds per hour 1 Statute nlile per hour = 0,447039 6 m/s

Fallbeschleunigung: Normalwert (d. h. für Paris) g = 980,665 cm/s 2 Wert nach Heiskanen für die geographische Breite

— 0,0000059 sin 2 Itp) cms/2 Abhängigkeit von der Höhe (H in km): g = g0 — 0,3086 . H Beschleunigung (bei geophys. Messungen): 1 gal = 1000 milligal = 1 cm/sec2 Gradient der Beschleunigung: 1 E (Eötvös) = 100» gal/cm

Flächenmaße 1 1 1 1 1 1 I

a = 100 m 2 (1 ha = 100 a) sq. inch (Qiiadratzoll) = 6,452 cm 2 s q . f t . (Quadratfuß) = 0,0929m 2 sq. yd = 0,836 m 2 acre = 40,47 a yard of land . . . = 30 acres hide „ ,, . . . = 100 ,,

1 mile of land . . . — 640 acres 1 sq. mile = 2,59 km 2 1 circular inch (Kreisfläche von 1 Zoll Durchmesser) = 0,7854 sq. 2 inch = 5,067 cm 1 Dessätine = 2400 Qu.-Saschehn = 1,09254 ha

Raummaße I I = 1 dm 3 (1, hi = 100 1) 1 t (Schiffsraum) = 2,12 m 3 1 register ton = 100 cub. ft = 2,832 m 3 1 cub. inch (Kub.-Zoll) = 16,4 cm 3

1 1 1 1

cb. ft = 0,0283 m 3 cb. yd = 0,764 m 3 imperial gallon — 4,5435 1 gallon (USA, alt.engl) = 3,7851

G e w i c h t = Masse Fallbeschleunigung = „Last" 1 kg fast genau = Gewicht von 11 Wasser bei + 1 dz (Doppelzentner) = 100 kg 1 t = 1000 kg 1 lb. (engl. Pfund) = 16 ounces (zu 16 drams) = 1 ounce = 28,35 g 1 Troypfund (engl.) = 12 Troy-Unzen (zu 20 dw) (Beachte: 1 lb. = 1 long ton = = 1 short ton = 1 Pikul (chines.) = 1 Pud (Russisch) — 1 Pfund „ =

+ Luftauftrieb 4° C 0,4536 kg = 5760 grains = 0,37324195 kg

7000 grains) 20 cwts (engl. Zentner zu 4 Quarters zu 28 lbs) 2240 lbs = 1016,0475 kg 2000 lbs = 907,1853 kg 100 Kätties (zu je 16 Tael) = 60,453 kg 40 Pfund = 16,3805 kg 0,409512410 kg

Arbeit ( = Wärme) 1 1 1 1

mkg Erg literat Joule

= = = =

1 kg . 1 m = 2,7225 mWh = 2,3425 cal 1 Dyn . 1 cm = 27,763 . 1 0 0 l 2 W h = 23,887 . 100® cal 1 at . 11 = 28,132 mWh = 24,205 cal 1 W . 1 sec = 0,27778 mWh = 0,23899 cal

Massenwirkungsgesetz—Maßsystem, absolutes l kWh 1 1 1 1 1 1

= = kcal = kcal erwärmt BTU = Fußpfund = PSh = HPh

860,38 kcal (in Dtschl. gesetzt. = 860 kcal) = 1,3604 P S h 1000 cal = 1,1623 Wh 1 kg Wasser unter 1 Atm von 14,5° auf 15,5° C 0,252 kcal = 0,29289 Wh 1 lb . 1 ft = 0,13825 mkg = 0,37647 raWli 1 P S . 1 h = 632,47 kcal = 270000 mkg 1 H P . l h = 2544,6 BTU = 273750 mkg.

573 367310 mkg

Leistung 1 1 1 1 1 1

mkg/scc Erg/sec PS HP kcal/scc kW

= = = = = -

9,8013 W 0,9995 . 100 10 kW = 10.198 mkg/sec 735,10 W = 0,9863 HP = 75 mkg/sec 745,2926 W = 1,0139 P S = 550 ft . lb/sec 4,184 kW = 5,692 P S 102,03 mkg/sec = 1,3604 P S = 239 cal/sec

M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z , von Ouldberg und Waage 1867 aufgestellt, besagt, daß bei konstanter Temperatur die Geschwindigkeit eines chemischen Reaktionsverlaufes proportional ist dem Produkt aus den Konzentrationen der beteiligten Stoffe. Unter Konzentration ist dabei die molekulare Konzentration zu verstehen, d. i. die im Liter gelöste Anzahl Gramm-Moleküle („Mole" s. d.). Bei einem umkehrbaren Vorgang bringt der Verlauf der Reaktion eine ständige Verringerung der Konzentration der Ausgangsstoffe mit sich und eine Vergrößerung der Konzentration der gebildeten Stoffe; es nimmt somit die Geschwindigkeit der rückläufigen Reaktion, die stets neben der andern verläuft, immer mehr zu, bis die Geschwindigkeiten der gegenläufigen Reaktionen gleich groß geworden sind, so daß scheinbar keine Reaktion mehr vor sich gebt. In diesem Punkt ist das dynamische Gleichgewicht (s. d.) erreicht; das Verhältnis des Produkts der Konzentrationen der AusgangsstofTe zu dem der gebildeten Stoffe ist für diesen Fall konstant („Gleichgewichtskonstante"). Sind z. B . in der Reaktion 2 H J zz H a + J 2 nach eingetretenem Gleichgewicht die Konzentrationen von H J , H 2 , J s gleich Cj bzw. c 2 bzw. C3, so ist also

Cj . C!

C2 . C s

=

2 C1

C2 . C j

=

K. Hat man demnach bei

irgendeinem Gleichgewicht dieser Art die Konzentration der Komponenten und damit den Wert der Konstanten , , K " bestimmt, so läßt sich die Gleichgewichtskonzentration der beteiligten Stoffe (z. B . die theoretische Ausbeute) für jede beliebige Konzentration eines der Ausgangsstoffe berechnen. Vgl. Löslichkeit („Ionenprodukt"); Dissoziationskonstante; Reaktionsgeschwindigkeit in Reaktionen. M a ß s y s t e m , absolutes. E s unterscheidet sich als Centimeter-Gramm-Sekunde-System (CGS) von den sonst benutzten Maßsystemen dadurch, daß nur für Längen, Zeiten und Massen j e eine Maßeinheit (cm, g, sek) willkürlich angenommen ist, während alle anderen meßbaren Größen als Funktionen zum Ausdruck kommen. — Demnach ist die Maßeinheit von Flächen das Quadratcentimeter, die Maßeinheit von Räumen das Kubikcentimeter usw. Bei Berechnungen hat man aso für die Länge von 1 m die Zahl 100 (Centimeter), für 1 Stunde die Zahl 3600 (Sekunden) und für 1 kg die Zahl 1000 (Gramm) einzusetzen. — Die Einheit der mittleren G e s c h w i n d i g k e i t ist diejenige, bei der in einer Sekunde ein Weg von 1 cm zurückgelegt wird. Die Einheit der B e s c h l e u n i g u n g ist diejenige,, bei der der Geschwindigkeitszuwachs eines sich unter dem Einfluß einer konstant wirkenden Kraft bewegenden Körpers pro Sekunde 1 cm beträgt. Als Einheit der K r a f t bezeichnet man diejenige Kraft, die der Masseneinheit

574

Mastix—Membranfilter

(1 g) die Beschleunigung Eins (1 cm) erteilt; die Krafteinheit heißt Dyne. Die Einheit der A r b e i t ist diejenige Arbeit, die durch eine Kraft von 1 Dyne verrichtet wird, wenn der Angriffspunkt der Kraft einen Weg von 1 cm zurücklegt. Diese Arbeitseinheit wird 1 Erg genannt. Um 1,02 mg 1 cm hoch zu heben, ist eine Arbeit von 1 Erg nötig. Heben wir 1 g, so müssen wir die Kraft von 981 Dynen, um 1 kg 1 cm hoch zu heben, eine Arbeit von 981000 Erg aufwenden. Demnach entspricht die Arbeitsgröße 1 Meterkilogramm im C-G-S-System der Größe: 1 mkg = 981000.100 Erg = 981.10 5 Erg. Die Arbeitsleistung einer einpferdigen Maschine: 1PS = 75 mkg/sec = 75 . 981 .10« Erg = 73575 .10 5 Erg (rund 736.107 Erg). — G r ö ß e r e Einheiten sind: 107 Erg = 1 Joule; 36.1012 Erg = 1 Kilowattstunde. Als E f f e k t oder Leistung bezeichnet man die von einer Kraft in 1 Sekunde verrichtete Arbeit. Als Einheit des Effekts bezeichnet man demnach die Leistung einer Kraft von ein Erg pro Sekunde. Da diese Einheit des Effekts jedoch sehr klein ist, hat man jiicht sie, sondern den zehnmillionenfachen Effekt mit einem besonderen Namen belegt; man nennt ihn 1 Watt. 1 Watt = 107 Erg pro Sekunde. Da 1 PS = 736.107 Erg pro Sekunde und 1 Watt = 107 Erg pro Sekunde, so ist 1 PS = 736 Watt; oder da 1000 Watt = 1 Kilowatt, ist 1 PS = 0,736 Kilowatt. — S. Elektrische Einheiten. Mastix. Harz des immergrünen Strauches Pistacia Lentiscus, der im Mittelmeergebiet, namentlich auf Chios, kultiviert wird. Durch Harzung erhält man die reinste Sorte, Mastix in Tränen; gelblich bis grünlich, durchsichtig, glasglänzend, weiß bestäubt, hart und spröde, erweicht beim Kauen zu einer knetbaren Masse, schmeckt bitter und gewürzt, entwickelt beim Erwärmen aromatischen Geruch, gibt dampfdestilliert das balsamisch riechende M a s t i x ö l . D: 1,04—1,07; Schmp: 93—104°, löst sich nur beim Kochen vollständig in Alkohol. Man benutzt ihn zur Bereitung von Firnissen und Kitten, zum Räuchern, auch als Arzneimittel. — Asphalt-,,Mastix" ist eine in Broten in den Handel kommende Asphaltpulver- Goudronschmelze für Asphaltarbeiten, Boden- und Straßenbelag, wie überhaupt die Bezeichnung „mastix" im Engl, und Französ. soviel wie Kitt oder Zement bedeutet und mit dem Harz nichts zu tun hat. :— S. a. Asphalt. M e e r s c h a u m , wasserhaltiges Mg-silicat Mg2Si3Os. 2 aq, das in Form glatter Klumpen mit sphärischen Flächen vorzugsweise aus Eski-Schehr in Kleinasien in den Handel kommt, und in Thüringen verarbeitet wird. Die gelblichweißen Stücke von der Härte 2—3 lassen sich mit dem Messer und auf der Drehbank leicht bearbeiten (Pfeifenköpfe, Zigarrenspitzen) und schwimmen wegen ihres Luftreichtumes auf Wasser, obwohl die Dichte des Minerals 2 beträgt. Meerschaum oder der früher viel erzeugte Kunstmeerschaum [Wasserglas, Mg-carbonat, Ca- oder Al-silicat (beide künstlich durch Fällung von Ca-chlorid bzw. Alaun mit Wasserglas erhalten), auch Celluloid, Cellit und andere Celluloseester], dienen heute in der Technik als Träger für Kontaktmassen (Osmium für katalytische Reaktionen, Platin früher die Gasfernzündung) und wegen ihrer Adsorptionsfähigkeit als Farblackbasis, Wundstreupulver usw., können aber auch für diese Zwecke leicht ersetzt werden. M e m b r a n f i l t e r sind nach bestimmten Verfahren hergestellte sehr dünne und gleichmäßige Gallerten, deren Gerüstsubstanz aus Celluloseestern ¿zw. Cellulose besteht. Die Querschnittsgröße der Hohlräume variiert in den weitesten Grenzen, die der jeweiligen Aufgabe des Filters angepaßt werden. Alle Teilchen, deren Durchmesser größer ist als die Porenweite der Membrane, werden bei der Filtration in abwischbarer Schicht auf der glatten Membranoberiläche zurückgehalten. Die Membranen bilden in ihrer Siebwirkung die Fortsetzung der Filter aus Zellstoff, Asbest, Papier, Porzellan oder Glas bis herunter zu Teilchen von molekularer Größe. Membranen dieser Art mit abgestufter Durchlässigkeit wirken als unerschöpfbare und leicht abwischbare Siebe. Sie gestatten nicht nur eine

Menge nregler—Mereerisieren

575

quantitative Bestimmung des Filtrates, sondern auch des vom Filter leicht entl'ernbaren Filterkuchens. Es werden mehrere Sorten hergestellt: 1. Membranfilter f. wäßr. Lösungen. 2. Ultrafeinfilter f. wäßr. Lösg. 3. Cellafilter f. organ. Lösg. 4. Ultracellafilter f. organ. Lösg. Die Membran- und Cellafilter werden f ü r quantitative Rückstandsbestimmungen auch milchig weiß oder schwarz hergestellt. Für großtechn. Verwendungen gibt es besonders stabilisierte Filter, f ü r bakteriologische Arbeiten solche mit bekannter max. Porenweite, f. Eiweißfiltration Filter, die gegen Benzopurpurin und Kongorot dicht sind. Membranund Ultrafoinfilter sind widerstandsfähig gegen 20proz. H 2 S 0 4 oder H N 0 3 , 20— 25proz. HCl, 1—3proz. NaOH oder KOH, 8proz. N H r L ö s u n g . Cella- und Ultracellafilter sind gegen alle organischen gebräuchlichen Lösungsmittel beständig. E s werden 4 Durchlässigkeitsstufen hergestellt, 1. „grob", z. B. f. Kaolinsuspensionen, gröbere Hydroxyde, Hefen usw. Porenweite 3—0,5; 2. „Mittel" z . B . f. BaSOi, AgCl u. Feinhydroxyde, Porenweite 1—0,1, geeignet f. analytische u. bakteriologische Arbeiten; 3. „ F e i n " z. B. f. gröbere Goldlösungen, Porenweite 1 bis ca. 50; 4. „Feinst" f. feine Goldlösungen, kolloidale Kieselsäure usw. Porenweite im Durchschnitt 100—20. E s werden auch geeichte Filter hergestellt, bei denen die max. Porenweite nach besonderen Verfahren ermittelt wird. — Die Aufbewahrung erfolgt feucht, am besten in Kupferdosen oder unter Einlage eines kleinen Stückes Kupferblech wegen der desinfizierenden Eigenschaften des Cu. Heist.: Phywe A.-(i. Döttingen.

Mengenregler. Für frei ausströmende zu regelnde Flüssigkeiten werden vielfach Ausflußregler, die unter der Bezeichnung „ R o t a s t a t " allgemein b e k a n n t sind, angewandt. Bei diesen Apparaten steuert eine an einem Waagebalken ausbalanciert aufgehängte Danaide bei Änderung der Strömung auf mechanischem Wege.ohne Hilfskraft die Zuflußdrossel so, daß das Gewicht der Danaide, also ihre Füllhöhe und damit die Ausflußmenge, konstant bleibt. Die Apparate regeln in Bereichen von 0,5 bis 5 m Wassersäule und werden u n t e r Verwendung geeigneten Werkstoffs f ü r alle Flüssigkeiten und sowohl f ü r kleine Mengen als auch f ü r Leistungen bis zu mehreren H u n d e r t Kubikmetern je S t u n d e hergestellt. Die Regelmenge ist durch Veränderung der Ausflußöffnung der Danaide un einer Skala in weiten Grenzen verstellbar. Herst.: (Rotastat) ltota-Apparate u. Maschinenbau, Aachen.

Menthol. Menthylalkohol oder Pfefferminzcampher, Hauptbestandteil des Pfefferminzöls. Campherartiger Alkohol vom Schmp: 43°, Sp: 215°. Dient besonders als Zusatz von Mundwässern, Migränestiften. — S. a. Riechstoffbestandteile 2. Herst.: Haarmann & Reimer, Holzminden. — Schimmel & Co., Miltitz. — Vanillin-Fabrik, HamburgBillbrook.

Mereerisieren. Veränderung von Pllanzenfaserstoffen, namentlich B a u m wolle, unter dem Einflüsse konzentrierter Natronlauge. Leykauf, nach ihm Mercer (1844) beobachteten, daß so behandelte Baumwolle im Faden dicker und durchscheinend wird, in Länge und Breite um */« bis Vs schrumpft, u m 4—5% an Gewicht zunimmt und sich beim Färben um etwa 30% tiefer getönt anfärben läßt als dio nicht behandelte Baumwolle. Später wurde auch die wesentliche E r h ö h u n g des Glanzes der Baumwolle festgestellt, wenn man sie während d e r Natronlaugeeinwirkung an der Schrumpfung verhindert, wenn man die B a u m wolle also in gespanntem Zustande „mercerisiert". Die Mercerisation ist ein kolloid-(physikalisch-)chemischer Vorgang, der sich unter Bildung von H y d r a t cellulosen demnach auch unter der Einwirkung von Säuren (Nitroseide, Pergamentpapier, s. a. Filter) oder Salzen (Vulkanfiber) vollzieht. So kann z. B. Baumwolle mit Schwefelsäure unter besonderen, nicht zur Pergamentierung

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Mercaptane—Messing

führenden Arbeitsbedingungen (H2SO von konstant 62,5%, 15—120 Sek. Tauchzeit 0—20°, Spannung zur Vermeidung des Schrumpfens) zu einem Produkt von besonderen färberischen Eigenschaften „mercerisieren"; vgl. die Ref. in Chem. Z.bl. 1929, I, 458 u. 816. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist die möglichst restlose R ü c k g e w i n n u n g des Ätznatrons aus dem ersten 10—12gräd. Spülwasser, das durch Eindampfen im Vakuum d a n n wieder hochgradige Lauge liefert, wenn die Ware vor der Mercerisation entschlichtet, d. h. von der Stärkeappretur befreit wurde, andernfalls bildet sich ein dicker alkalischer Stärkesirup, der nicht flltrierbar ist und eingedampft kaum verwendbare Natronlauge gibt, auch wenn man, wie vielfach empfohlen wurde, versucht, die Schlichte durch Fällungsmittel zu beseitigen. Die erste Abquetschlauge geht direkt zum Mercerisationsbetrieb zurück, die letzten 2—4gräd. Waschwasser dienen zum Beuchen und Entschlichten der Ware oder zum Auflösen des Ätznatrons statt reinen Wassers. — S. a. Appretur (Avivieren). Die Naßbehandlung von Baumwolle erfordert besonders beim Färben gleichmäßige Beschaffenheit des Materials, welche ohne besondere Vorbehandlung nur in den wenigsten Fällen zu erzielen sein wird. Diese Vorbehandlung besteht je nach Qualität in Beuchen, Bleichen, Waschen oder Mercerisieren und bezweckt eine möglichst weitgehende Entfernung der anhaftenden unerwünschten Naturstoffe, bzw. Oberflächenveränderung der Baumwolle. Zur Beschleunigung der genannten Arbeitsprozesse werden Netzmittel mitverwendet, welche rasche und gleichmäßige Durchdringung des Materials mit der Flotte bewirken sollen. Bei der M e r c e r i s a t i o n ist dieser Umstand, abgesehen von der Zeitersparnis deshalb wichtig, weil eine möglichst kurzfristige Berührung des Fasergutes mit den außerordentlich starken und aggressiven Laugen im Sinne weitestgehender Faserschonung erwünscht ist. Ohne Anwendung eines geeigneten Netzmittels ist es nicht möglich, innerhalb einer praktisch in Betracht kommenden Behandlungsdauer eine gleichmäßige Durchnetzung von Rohware zu erreichen. Vornetzen mit wäßrigen Netzmittellösungen schließt den Nachteil in sich, daß die mit nassem Gut beschickten Mercerisierlaugen stärker verdünnt werden und Lösungswärme entwickeln. Ungleichmäßiger Ausfall, Faserschädigung und Materialverluste sind dann unausbleiblich. Die Verwendung besonderer Netzmittel ist also im Interesse einer rationellen und verlustfreien Mercerisation unerläßlich. Iilt.: E. Sedlaczek, Die Mercerlsierungsverftihren. Berlin 1928. Meist.: M e r c e r l s i e r h i l f m n i t t e l : (Kumercin A) Chem. Fabrik Ifersee G. in.b. II., Augsburg. — Chem. Fabrik Pott u. Co., Pirna-Copitz. — (Ploranit): Böhme Fettchemie . m. b. H., Chemnitz. — M e r c e r i s e r m a s c h i n e n : Franksche Eisenwerke A.-O. AM. Maschinenfabrik Adnlfshütte, Niederschcid-Dillkreis. — 0 . O. Haubold A.-G., Chemnitz.

Mercaptane (Thioalkohole, Alkylsulfhydrate) der allgemeinen Formel R . S H ( R = C N 3 , C2H5, C„Hs oder deren Substitutionsprodukte, z.B. C6H4 .COOH usw.), leicht erhaltbar als in den niederen Reihen höchst durchdringend, widerlich riechende Flüssigkeiten (riechbar noch in der Verdünnung 2.10- 12 g) bzw. als feste Körper der aromatischen Reihe, durch Umsetzung von Alkalisulfhydrat mit Alkyl- oder Alphylhalogeniden, bei den Benzolderivaten besser nach der beim Thioindigo beschriebenen Art. Die Salze der Mercaptane heißen Mercaptide. — S. a. Teerfarbstoffe 13. Heist.: Riedel-de HaEn A.-G., Berlin.

Meßgefäße. Als Volumeneinheit für die Meßgefäße, Aräometer usw. dient das wahre Kubikzentimeter, d.!i. das Volumen, das 1 g dest. Wasser von 4° bei Normaltemperatur (15° C) im luftleeren Räume einnimmt. Praktisch graduiert man jedoch nach der Mohr-Einheit, d. h. man bestimmt das Volumen, das 1 g dest. Wasser bei 15" oder 17,5' unter gewöhnlichem Luftdruck (760 mm) ausfällt. — Messing, die wichtigste Kupfer-Zinklegierung, leichter schmelz- und blasenfrei gießbar, härter und weniger oxydabel als Kupfer, läßt sich kalt und warm

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hämmern, strecken, walzen, ziehen, durch Wärmebehandlung vergüten; hat die durchschnittliche Dichte 8,5. Je nach den Mengen der Komponenten treten im Gefüge verschiedene Mischkristalle auf, und man unterscheidet dann a, ß , y usw. Messingsorten mit mindestens 63 (kalt zu verarbeiten), 40 (zur Behandlung bei Rotglut), 31% Kupfer usw. — Man schmelzt die beiden Metalle mit Zusatz von Altinessing in Spezial-(Tiegelflamm- oder elektrischen) Öfen, zur Vermeidung allzu hoher Zinkverluste durch Abrauchen unter einer starken Kohlendecke, vereinigt mehrere Partien zur Vereinheitlichung der Güsse in einem großen, dem sog. Königstiegel, und gießt die Schmelze für Walzware als Tafelmessing zwischen Eisenplatten. — W a l z m c s s i n g s o r t e n : Rotmessing oder T o m b a k (80—90 Cu), nach den Farben als Gelb-, Hell-, Gold- und Rottombak bezeichnet, gegossen: Rotguß oder Maschinenbronze, mit 3% Sn: Denkmalbronze, für Kunstgewerbe mit verschiedenen Zusätzen: Oreide, Chrysorin, Prinzmetall, Bristolmessing. Die kalt schmied- und preßbaren Blech- und Nietmessinge enthalten 62—65 Cu, die warm bearbeiteten Preßmessinge, auch Muntzmetall (mit 2% Fe) 60% Cu. Nickelmessing (50 Cu, 40 Zn, 10 Ni) ist beständig gegen Heißdampf, die Legierung von 70 Cu, 29 Zn und 1 Sn wird auf Kondensatorrohre verarbeitet; seewasserfest ist Manganmessing mit 56 Cu, 41 Zn, 1 Fe, 1 Sn, 0,5 AI und 0,1 Mn; Kobaltmessing ist um so magnetischer, je mehr Kobalt es enthält; Talmigold: 98 Cu, 2 Zn; Nürnberger Blattgold: 85 Cu, 15 Zn; Patronenmessing: 72 Cu, 28 Zn; Tamtamlegierung 78 u. 72; Kunstguß: 67—77 Cu, Rest Zink; Arkometall: 80 u. 20; Helmetmetall: 72 u. 28, ebenso Chrysorin (für Beschläge, Feinguß und Armaturen); Gelbguß enthält 60—68 Cu; Weißmessing oder Piatina-, auch Bathmetall genannt, weniger als 50 Cu; Mosiakgold 65 u. 35; Musivgold 70 u. 30; Glanzmessing (Cuivre poli) 60 u. 40; Tobienbronze (60, 39, 1 Sn), ähnlich Bobierres, Forbes, Thursten-Messing usw. Bekannte Sondermessingsorten des Handels sind: Delta-, Spree-(seewasserfestes Manganmessing des Metallwerkes Oberspree, Berlin W 56), Durana-, Admos-, Äterna-, Selva-, Finnow-, Hohenzollern-, Rübelbronze u. a. Es enthalten z. B.: Similor, sog. Mannheimer Gold, 83—89 Cu, 10 Zn und 1—7 Sn; das bei Rotglut schmiedbare Delta-Metall 56 Cu, 41 Zn und je 1 Pb, Fe, Mn; Neogen 12 Ni, 2 Sn und je 0,5 AI und Bi in einem Grundmessing, das 58 Cu und 27 Zn enthält; Durana-Metall 56 Cu, 30 Zn, 2 Sn mit je 1,5 Fe und AI; Parsons-Manganbronze ist 60 Cu, 38 Zn, 1,5 Fe und geringe Mengen Mangan, das den Legierungen dieser Reihe hervorragende Eigenschaften verleiht. Solche dem Eichmetall (60 Cu, 38 Zn,-2 Fe) gleichende harte, bruch- und seewasserfeste Messingsorten mit Eisen- und oder Mangangehalt zählen als sog. Stahlbronzen zu den wichtigsten Werkstoffen. Llt.: O. Bauer u. H. Memraler, Hartmessing, Berlin 1020. — Reingifts, Technologise der Legierungeil, Leipzig 1020. — ü b e r Almessing „Al-Dur-Bra" der Ch. CliBord & Son Ltd. s. die Notiz in Chem.-Ztg. 1030, 062; Messing brennen, beizen usw.: Metall 1930,130. Berat.: M e s s i n g u. - b l e c h e : Dürener Metallwerke A.-G., Berlin-Borsigwalde. — Hirsch Kupfer- und Messingwerke A.-G., Finow-Mark. — Kupfer- u. Messingwerke KG. Becker & Co., Langenberg a. Hh. — Vereinigte Deutsche Metallwerke A.-G., Werdohl.

Metalle. Die Metalle sind im Gegensatz zu den Metalloiden gute Leiter für Wärme und Elektrizität. Es beträgt die elektrische (E) und die Wärmeleitfähigkeit (W), bei 1001 gemessen (für W die Werte in Klammern): Ag 61 (0,992), W 20 (0, 283), Ni 8,5 (0,14), Cu 60 (0,94), Zn 16,5 (0,265), Bi 0,85 (0,024), Au 41 (0,7), Fe 10 (0,13), AI 34,3 (0,461), Pt 9,1 (0,167). Spuren von Fremdmetallen verändern die Werte für E und W beträchtlich. — Die Metalle zeigen in kompakter Form einen eigentümlichen, starken Glanz (Metallglanz) und sind undurchsichtig. Mit Sauerstoff verbinden sie sich zu Oxyden, die mit Wasser meist Blasen bilden, während die Oxyde der Nichtmetalle vorwiegend Säureanhydride sind, d . h . mit Wasser zusammengebracht, Säuren entstehen lassen. Die M e t a l l o i d e sind im Gegensatz zu den Metallen gekennzeichnet als „Säurebildner", da ihre Hydroxyde sämtlich Säuren sind (S:H 2 S0 4 ; N:HNO s usw.) und in wäßriger 37

Blüchers Auskunftsbuch. 10. Aufl.

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Lösung Wasserstoff-Ionen abspalten. Streng läßt sich der Unterschied jedoch nicht aufrechterhalten, da Metalle, namentlich in höheren Wertigkeitsstufen, ebenfalls Säuren zu bilden vermögen (Chrom-, Übermangansaure u. a.); s. Säuren; Basen.' Die Metalle, die mit Wasserstoff Verbindungen eingehen, ergeben dabei in der Regel nichtflüchtige Körper; die Wasserstoffverbindungen der Metalloide aber sind flüchtig. Bei der Zerlegung einer Verbindung aus Metall und Metalloid durch den elektrischen Strom scheidet sich das elektropositive Metall am negativen Pol, das elektronegative Nichtmetall am positiven Pol ab. Die Metalloidmoleküle sind (außer Diamant, Si-metall u. den Edelgasen) 2-, 4-, 6- oder 8-, jene der Metalle im Gaszustand oder in Hg gelöst 1-atomig. Manche M. gleichen den Nichtmetallen und "umgekehrt. So verhält sich z. B. der gasförmige Wasserstoff chemisch den Metallen sehr ähnlich, während Arsen und Antimon-äußerlich, in physikalischer Beziehung den Metallen gleichen, ihrem chemischen Verhalten nach aber zu den Metalloiden zu zählen sind. — Nach dem c h e m i s c h e n Verhalten unterscheidet man: edle Metalle, die geringe Affinität zum Sauerstoff besitzen, sich deshalb an der Luft nicht verändern und Wasser nicht zersetzen (Silber, Gold, Platin und die Platinmetalle), unedle Metalle, die sich teils schon beim Liegen an der Luft, wenigstens aber beim Erhitzen oxydieren und Wasser bei gewöhnlicher Temperatur oder in der Hitze zersetzen, zwischen beiden Gruppen das Hg, das sich an der Luft in der Wärme oxydiert, dessen Oxyd jedoch durch Hitze zerlegt wird. Der Metallzustand der unedlen Metalle muß erzwungen, ihre natürliche Neigung, in nichtmetallische Verbindungen überzugehen, zu „korrodieren", verhindert werden (s. Metallkorrosion). Exakter ist die Einteilung der Metalle nach dem P e r i o d i s c h e n S y s t e m , wobei Gruppen entstehen, deren Glieder große Ähnlichkeit in bezug auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften zeigen. Man erhält so die einzelnen Gruppen der ( - m e t a l l e ) - A l k a l i : Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Cäsium. — E r d a l k a l i : Calcium, Strontium, Barium. — M a g n e s i u m : Beryllium, Magnesium, Zink, Cadmium. — E r d m e t a l l e : Aluminium, Gallium, Indium, Thallium und die seltenen Erdmetalle. — S i l b e r : Kupfer, Silber, Quecksilber. — Z i n n : Titan, Germanium, Zirkonium, Zinn, Cer, Blei, Thorium. — W i s m u t : Vanadin, Niob, Tantal, Wismut. — C h r o m : Chrom, Molybdän, Wolfram, Uran. — E i s e n : Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel. — Gold: Gold, Platin und die Platinmetalle: Osmium, Iridium, Ruthenium, Rhodium, Palladium. Zu den L e i c h t m e t a l l e n (s. d.) mit der Dichte unter 5,0 gehören die Alkali-, Erdalkali- und Erd-, über 5 die S c h w e r - oder Erzmetalle (s. die einzelnen Glieder: Fe, Co, Ni, Cu, Pb, Sn, Au, Ag, Pt). — Spröde, oft pulverisierbar sind die Metalle mit metalloidem Charakter, die stets kristallinisches Gefüge aufweisen: Arsen, Antimon, Wismut, Zinn. Manche Metalle dagegen sind sehr geschmeidig, vor allem bei höherer Temperatur. Zähe (s. S. Erk, Z. f. Metallkunde 1929,185) und geschmeidige Metalle sind liämmer-, walz- und ziehbar und werden bei dieser Bearbeitung dichter, härter, elastischer und zuletzt spröde. Hämmerbarkeit ist das Maß der Formmöglichkeit von Metallen durch kaltes Hämmern, Ziehen oder Walzen, d. i. Kaltschmieden, ein Dichtungs- und Härtungsvorgang, der nach einiger Zeit nicht weiter fortschreitet und erst nach dem Ausglühen wieder begonnen werden kann. Härte (s. d.) einiger Metalle, auf Härte des Bleis = 1 bezogen: AI 17, Cd 7, Fe-Guß 64, Au 11, Cu 19, Pt 24, Ag 13, Bi 3, Zn 12, Sn 2. Hämmer-, Walz- und Ziehbarkeit sind einander nicht proportional; so ist z. B. Blei sehr hämmerbar, weniger walzbar und schlecht ziehbar, während Platin schlecht hämmerbar, aber sehr gut ziehbar ist. Die Festigkeit (s. d.) ist der Härte ziemlich proportional. E r m ü d u n g s g r e n z e der Metalle ist die Grenzspannung, die kontinuierlich angewandt werden kann, ohne daß Bruch eintritt. Sie wird weiter hinausgeschoben, die Ermüdung also hintangehalten, wenn man die be-

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anspruchten Metalle statt in Luft in Fettstoffen arbeiten läßt, sie wird eingeengt, wenn die Teile mit Wasser oder Salzlösungen benetzt werden oder in dieselben eintauchen. — Geschmeidige Metalle lassen sich schweißen, so kann man Kaliumstückc schon mit der Hand zu einem Klumpen zusammendrücken; feinzerteiltes Platin oder Kupfer geben gepreßt wieder eine feste Masse; Aluminium, Eisen und Kupfer sind in der Hitze schweißbar. — Alle Metalle sind s c h m e l z b a r , jedoch bei sehr verschiedenen Temperaturen. Den niedrigsten Schmelzpunkt hat Quecksilber mit —40®, Zink schmilzt bei 423°, Platin bei 1775°, Chrom bei 2100°, Os. mium bei 2500° (s. die einzelnen Glieder). — S. a. Absorption; Säurebeständig Lit.: A. Marcus, Gründl, ü. modern. Metallwirtschaft, Berlin 1030;' Die großen Eisen- ü. MetaUkonzernc, Berlin 1930. — M. v. Schwarz, Metall- und Legierungskunde. S t u t t g a r t 1929. —- F. Sauerwald, Lehrbuch der Metallkunde, des Eisens und der Nichteisenmetalle. Berlin 1929. — W. Laatsch, Edelmetalle. Berlin 1925. — Über Bau und Leben der Metalle s. P. Ludwig, Metallwirtschaft 1930,129. — VDI. (D. Ges. f. Metallkunde), WerkstofThandbueh Nichteisenmetalle. Berlin 1927. — G. Masing u. Mitarb., Nichteisenmetalle, Berlin 1930. —- Über Neuerungen in der Gewinnung der einzelnen Metalle s. Billiter, Chem.-Ztg. Forsch.ber., 1930. — Sauerwald, Metallurgie, SteinkopfT-Leipzig. — Krusche, Die metallischen Hoh8tolTe. Enke-Stuttgart. — H. Freemann, Fachwörterbuch der Metallurgie, Springer-Leipzig 1934. — Wolff, Passive Metalle u. ihre Bedeutung f. d. Technik. Hirzel-Leipzig 1937. —Otto Vogel, Handbuch der Metallbeizerci (Nichteisenmetalle), Berlin 1938. — H. Funk,Darstellung der Metalle i. Laboratorium. 1938. Runge, Organometallverbindungen, Stuttgart 1932. — F. Höhne, Nicht-Eiscn-Motallc, 1939. — A. E. v&n Arnel, Keine Metalle, Berlin 193*>. — W. Guertler, Metall-Techn. Taschenbuch, 1939. — A. Lutzeyer, Die neuen Verwendungsverbote f. Metalle i. d- Elektrotechnik, 1939. — G. Masing, Handbuch der Metallphysik, Leipzig 1935ff. — Dcrs., Grundlagen der Metallkunde, 1940. — E. Kaub, Die Edelmetalle u. ihre Legierungen, 1641. Heist.: M e t a l l e u. - s a l z e : Carl SchSrtler & Co., Wiesbaden. — Metailbüttenwcrk u. ehem. Fabrik Her« & Cie, Siegburg. (S. u. den einzelnen Metallen.) M e t a l l - P r ü f g e r ä t e : Arthur Pfeiffer, Wetzlar.

Metalle ätzen, beizen, m a t t i e r e n : das Atzen ist ein chemischer oder galvanischer. Lösungsprozeß, bei dem gewisse, der Einwirkung eines Ätzmittels ausgesetzte Teile der Metalloberiläche (s. a. Glas) entfernt werden. Gehören diese gelösten Teile dem Bilde an, so entsteht eine Tiefätzung, bleibt die Zeichnung auf herausgefressenem Hintergrund reliefartig stehen, so erhält man eine Hochätzung. Dementsprechend schafft man auch entweder einen die Platte gleichmäßig überziehenden Deckgrund, in den die Zeichnung eingraviert wird, oder man zeichnet mit säurebeständiger Deckgrundfarbe, so. daß beim folgenden Ätzen nur diese Partien stehen bleiben. Anwendung zur Erzeugung von Klischees für die Bild- und Buchdruckerei und Schablonen (z. B. die durchlochten Platten für die Jacquardmaschinen). Auf die Anwendung derÄtz verfahren zum Schärfen der Feilen und Werkzeuge, den photographischen Metallätzdruck u. a. Gebiete kann hier nur verwiesen werden. — Zur A u s f ü h r u n g der c h e m i s c h e n Methoden bedient man sich verschiedener Säuren, Säuregemische, starker Salzlösungen od«r alkalischer Laugen (Aluminium). Die Säuren entwickeln bei demÄtzvorgang Gase (bei Salz- und Schwefelsäure Wasserstoff, bei Salpetersäure Stickstoffoxyde) und es kann dadurch der Deckgrund evtl. abgehoben werden: Eisenchloridlösung gibt Chlor ab, entwickelt aber kein Gas. — Man verwendet z. B. für Silber und Messing: reine konz. Salpetersäure, — Zink: verdünnte Salpetersäure, — Gold: verdünntes Königswasser, — Nickel und Zinn: Salzsäure und K-chlorat enthaltende Eisenchloridlösung, •— Blei: Eisenchlorjd und Seignettesalz (zur Verhinderung der, Ausscheidung basischer Salze), — A l u m i n i u m : Flußsäure oder Natronlauge, — E i s e n , Kupfer, Silber die sog. Graubeize, eine konz. salzsaure ArsentrioxydEisenchloridlösung. — Die m e t a l l o g r a p h i s c h e n Ätzniethoden müssen sich natürlich z. T. anderer Mittel bedienen, da es hier darauf ankommt, auf angeschliffenen Material-(Legierungs- s. d.(flächen durch bloßes Anlösen gewisser Legierungsbestandteile rauhe oder matte Stellen zu erzeugen, die bei der mikroskopischen Betrachtung Unterschiede in der Struktur erkennen lassen. Für Kupfer verwendet man als Ätzflüssigkeiten Gemische von Salzsäure und Oxydationsmitteln (Wasserstoffsuperoxyd oder Kaliumpersulfat), auch für milderen Angriff Kupferoxydammoniak, oder man legt einen Silbernitratkristall auf die Fläche und läßt einen Tropfen Wasser auffallen (s. B. Holman, Angew. Ch. 1927, 627). 37*

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für Eisen und seine Legierungen Pikrinsäure, die Mineralsäuren in verschiedenen Stärkegraden, Jodlösungen, für Stahl, (ornamental, Siderographie) saure Silbernitratlösung (Glyphogen) u. a. — Gegen Säure widerstandsfähige Materialien, die als D e c k g r u n d zum Ätzen benutzt werden, sind Pech, Bitumen, verschiedene Harze, wie Mastix und Kolophonium, Lack, Wachs, Gummi, Kautschuk, Asphalt und Fettkörper, gefüllt mit Talk, Quarzsand, Schwefel, Graphit, Kohle (Druckerschwärze), dann die nicht rostenden Metalle und schließlich koHoide Körper, wie Gelatine, Leim und Eiweißstoffe, die als Chromgelatine und Chromalbumin verwendet werden. Beim Ätzen durch E l e k t r o l y s e benutzt man Ätzflüssigkeiten (verdünnte Säuren oder Salzlösungen), die allein nicht oder nur sehr wenig lösend auf die betreffenden Metalle einwirken, in Verbindung mit dem elektrischen Strom aber gut ätzen. Als Bäder dienen verdünnte Schwefelsäure, Salz- oder Salpetersäure für die Metalle, die darin nicht löslich sind, f ü r Kupfer z. B. veräünnte Schwefelsäure, außerdem für Kupfer und Messing: Kupfervitriol- oder Eisenchloridlösung; Stahl und Eisen: Eisenvitriol- oder Chlorammoniijmlösung;Zink: Zinkvitriol- oder Zinkchloridlösung; Silber: Silbernitrat- oder Cyankaliumlösung; Gold und Platin: die betreffende Metallchlorid- oder eine Cyankaliumlösung. Der Gegenstand wird bei der elektrolytischen Ätzung wie bei der chemischen, nachdem an einer Stelle der Leitungsdraht mittels Weichlotes befestigt ist, gedeckt, dann wird er als Anode einer Kathode aus gleichem Metall genau parallel gegenüber, damit die Ätzung vollkommen gleichmäßig wird, in das Bad gehängt. Sollen die Furchen verschieden tief werden, so wird der Gegenstand nach einiger Zeit herausgenommen, die flachen Stellen werden gedeckt und nun wird von neuem in Abstufungen geätzt. Die AEG. liefert kleine elektrische Signiermaschinen, die, an das Lichtnetz angeschlossen, Zahlen in Stahl ätzen. — Das galvanische Ätzen hat manchen Vorteil vor den chemischen Methoden. Es ist feiner, und schärfer, denn die chemische Ätzung ergibt — mikroskopisch betrachtet — keine scharfen Linien, sondern unregelmäßige Vertiefungen, die sich bei einer gewissen Tiefe stark verbreitern, so daß die Linien unterfressen sind, die galvanisch erzeugten Linien aber sind scharfe Furchen. Bei der galvanischen Ätzung treten keine Säuredämpfe auf, Metallverlust wird vermieden, denn das ausgeätzte Metall setzt sich in der Menge der elektrochemischen Äquivalente an der Kathode ab, auch ist das Verfahren billiger als das chemische und verläuft rascher. Pro 1 Amperestunde Stromverbrauch beträgt die Menge des gelösten Metalls in Gramm: Aluminium 0,337, Blei 3,86, Eisen, zweiwertig 1,04, dreiwertig 0,694, Nickel 1,093, Kupfer, einwertig 2,37, zweiwertig 1,186, Silber 4,025, Zink 1,222, Zinn, zweiwertig 2,23, vierwertig 1,11. Beizen ist Ätzen, jedoch nicht des Metallkörpers oder doch nur einer hauchdünnen Schicht seiner Oberfläche, sondern vielmehr der auf ihr gebildeten Oxyde, zwecks Erzeugung blanker Flächen für die Galvanotechnik (s.d.; auch Eisenrostschutz) oder zwecks Farbänderung von Legierungen durch Herauslösen eines Bestandteiles (s. Goldlegierungen). — Man beizt , c h e m i s c h mit Säuren oder auch Salzlösungen, unterstützt durch Scheuern und Bürsten oder durch bloßes kurzes Eintauchen des Kupfers und seiner Legierungen in die sog. G e l b b r e n n e , bestehend aus Salpeter- und Schwefelsäure nebst Kochsalz, mit Zusatz organischer Bestandteile, wie Sägespäne oder Glanzruß (s. Messing), die ebenso wie Glycerin, künstliche Gerbstoffe, Kreosot, Naphthalin, Fettsäuren, oder auch Schwefel, Holzteer- oder Steinkohlenteer-Öl, die Beizwirkung z. B. von 8—15gräd. Schwefelsäure in der Wärme (401, allmählich gesteigert) oder von 3—8proz. H 2 S 0 4 bei 70—80 5 (Pickelprozeß, Vorbereitung zum Galvanisieren, Plattieren, Emaillieren des Eisens) mildern sollen; vgl. Chem. Zbl. 1930, I, 1213 (K. Taussig). Wichtig ist die richtige Wahl der Säurekonzentration, eine Gelbbrenne mit 58proz. arbeitet z. B. um 33% billiger als mit 47proz. Salpetersäure. Man kann ferner an Beiz-

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säuren sparen, wenn man die Gegenstände mehr als es bisher geschah, in Trommeln mechanisch unter Verwendung von Granitsand reinigt, oder wenn man mit sehr verdünnler heißer Schwefelsäure oder Salzsäure bzw. elektrolytisch beizt, die Zunderschicht durch Abschrecken der geglühten Waren lockert und die Bildung von Oxydschichten überhaupt durch Ausglühen in reduzierenden Gasen und in geschlossenen Glühofen verhindert. Beizbäder für S t a h l sollen einen Zusatz von Pyridin oder Chinolin erhalten und die gebeizten Stücke werden mit Wasser abgekocht, um das Auftreten von Sprödigkeit zu vermeiden. — Das e l e k t r o l y t i s c h e Beizen erfolgt wie der galvanische Ätzprozeß durch Einhängen des Gegenstandes als Anode mit einer Metallkathode in ein schwaches Säurebad. Das Mattieren ist ein Ätzprozeß, bei dem das Ätzmittel nur kurze Zeit auf die freie gereinigte Metallfläche einwirkt. Die Metalle können aber auch auf mechanischem Wege mattiert werden, mit Seifenwasser und Bürsten aus Gußstahl- oder Messingdraht, entweder mit der Hand oder mit einer rotierenden Zirkularkratzbürste oder mit dem Sandstrahlgebläse, wobei Quarzsand von verschiedener Korngröße, je nach Art der Mattierung, mit großer Geschwindigkeit gegen das Metall geschleudert wird. Auf c h e m i s c h e m Wege wird durch Mattbrennen oder Mattverkupfern eine stumpfe Metalloberfläche erreicht. Beim Mattbrennen wird der Gegenstand längere Zeit in eine heiße Mattbeize aus Schwefelsäure, Salpetersäure, Kochsalz und Zinksulfat gebracht, wobei das Zinksulfat der mattierende Stoff ist, der ungleichmäßig auf die Oberfläche einwirkt, d, h. einzelne Stellen stärker angreift als andere, so daß eine rauhe Oberfläche entsteht. Waren, die man versilbern oder vergolden will, werden oft dadurch mattiert, daß man sie, bevor man ihre Oberfläche mit einem anderen Metall überzieht, g a l v a n i s c h mit geringer Stromdichte aus saurem Bade matt verkupfert. Je nach der Weiterbehandlung (sofortiges Vergolden oder Auflockern des Belages mit einer Bürste oder mit dem Sandstrahlgebläse) bleibt der Ton stumpf, samtartig oder erhält beim nachfolgenden Vergolden einen leichtschimmernden Glanz. Massenartikel werden in der Gelb- oder Mattbrenne, bzw. in der Matt- und Glanzbrenne mattiert. Lit.: Haitemann, Einführung in .

Metallemaillierung. Emailliert, mit Glasur (Glasschmelz) überzogen, werden für kunstgewerbliche Zwecke Edelmetalle und Kupfer, für Haus- (Geschirr, Herde, Öfen, Badewannen), industriellen (säurefeste Email) und sonstigen gewerblichen Gebrauch (Firmenschilder) nur Eisenblech und Gußeisen. Die mineralischen Rohstoffe sind die gleichen wie für Glas und Glasuren, auch die Farben (s. keramische Farben), Entfärbungs- (Oxydations-), ferner die Fluß- und Triibungsmittel sind dieselben. Die feingemahlenen Bestandteile werden im Tiegel- oder Flammenofen zusammengeschmolzen und erkaltet zu Pulver gemahlen, das man mit Wasser zu einem dünnen Brei anrührt. Gegenstände aus Gußeisen oder Eisenblech, neuzeitlich (in USA. 80%) mit Armcoeisen als Grundstoff, werden mit dem Sandstrahlgebläse gereinigt, mit Säuren gebeizt (s. u.) und nun zuerst grundiert, das heißt ein Brei aus strengflüssiger Masse wird mit einer Bürste und durch Schwenken gleichmäßig aufgetragen, getrocknet und dann im Muffelofen in 10—20 Minuten eingebrannt. Der „ E m a i l g r u n d " ist namentlich im Hinblick auf den verschieden hohen C-gehalt des gegossenen und gewalzten Eisens nötig; von seinen Bestandteilen paralysieren die dunkelfärbenden Oxyde des Mn, Cu, Ni, namentlich Kobaltoxydul, als sog. „Haftoxyde" die reduzierende Wirkung des im Eisen enthaltenen Kohlenstoffes, während die keramischen Stoffe und zwar in erster Linie Qüarz, Feldspat, Borax u. a. auf dem Metall aufschmelzen und die festhaftende Zwischenschicht zum „Deckemail" schaffen. Die D e c k e m a i l m a s s e n , für Bleche und Gußeisen im großen ganz gleich, schmelzen besonders gut auf, wenn sie Mennige oder Bleiglätte als Flußmittel, sie zeigen ein klares hochdeckendes Weiß, Zinnoxyd als Trübungsmittel enthalten. Für Kochgeschirre ist jedoch das Blei als Emailmassenbestandteil unzulässig (s. Tonwaren u. Bleivergiftung), es wird daher leidlich zufriedenstellend durch geeignete leichtflüssige Mischungen, z. B. von Feldspat und Borax

Metallemaillierung

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im Verhältnis 1:2 ersetzt, das man mit Vb—Vi der Summengewichtsmenge Quarz verschmelzt. Das ausgezeichnet trübende, jedoch teure Zinnoxyd kann, ebenfalls befriedigend (s. Glas; Tonwaren) durch Leukonin (Na-metaantimoniat), Ceroxyd und durch wasserfreie, alkaliarme Zirkonverbindungen ersetzt werden, •die man in der Weise herstellt, daß man die Zirkonalkaliverbindungen zur Entfernung des gebundenen Alkalis mit Lösungen der Salze solcher, z. B. der Erdalkalimetalle behandelt, deren Hydrate bzw. Oxyde Trüburigseffekte hervorrufen. Andere längst bekannte Trübungsmittel sind Flußspat und Knochenasche oder Calciumphosphate, aus neuerer Zeit stammen die Vorschläge zur Verwendung von zu Spinellen verglühten Magnesium- oder Zinkaluminiumoxyden und von Zinksulfid. Dieses besitzt, Emailflüssen in der Menge von 5% zugesetzt, gute Trübungskraft und zersetzt sich bei den für leichtflüssige Glasuren in Betracht kommenden Temperaturen ebensowenig wie leuchtendes bzw. radioaktiv gestelltes Schwefelzink, das zur Erzeugung von Leuchtemail (für Zifferblätter) verwendet wird. Andere Metalloxyde dürfen nicht vorhanden sein, da sonst Umsetzung mit dem Schwefel des Zinksulfides und Mißfärbung der Emailschicht eintritt. Sonst dienen als Farbkörper für: Schwarz Cu-, Mn-, Co-, Cr-oxydmischungen; Rot Selencadmium; Gelb Cadmiumsuliid; Grün Chromoxyd; Blau Kobaltoxyd und Mischungen in zahlreichen Abänderungen der Farbtöne. Im Großbetriebe werden die zu emallierenden Gefäße oder Stücke mit starker warmer Schwefel- oder Salzsäure, auch mit Flußsäure, die den Vorteil hat, sich leichter aus den Poren herauswaschen zu lassen, gebeizt, in strömendem Wasser, zuletzt in Sodalösung gewaschen und getrocknet; vgl. Chem. Fabr. 1929, 56: Gußeisenvorbehandlung. Das Aufbringen der geschmolzenen bzw. gefritteten, gemahlenen und gesichteten Emailpudermischungen erfolgt trocken durch Aufstäuben oder mit dem wäßrigen Emailschlamm durch Tauchen, Aufstreichen oder Aufspritzen, wobei durch verschiedene Farbmischungen, verschiedenartiges Aufspritzen oder durch geeignete Bürst- oder Schüttelvorrichtungen gefleckte, marmorierte, wolkige, reliefartig erhabene oder sonst verzierte Oberflächen geschaffen werden können. Neuzeitlich werden Eisenkochgeschirre auch innen •emailliert und außen mit einer Oxydschicht überzogen geliefert; vgl. W. Sack, Metall 1929, 51. — Das B r e n n e n der Emailwaren erfolgt bei kleinen Stücken in meist gasgeheizten Schamottemuffeln in gemauerten Brennöfen, große Stücke oder kleine in großer Zahl brennt man in den von Eger in seinem Werke „Anlagen und Einrichtungen eines Emaillierwerkes", Leipzig 1913, beschriebenen EmailFeinbrandöfen von Zahn. Sie bestehen aus einem mit Türen verschließbaren Schamottearbeitsraum, der durch mit Druckgas gespeiste Brenner zuerst von innen und nach Einfahren der Stücke durch Umstellen des Gasweges von außen geheizt werden kann. Das Brennen dauert zwischen 2 und 40 Minuten pro Charge j e nach der Flüssigkeit der Grund- bzw. Deckschichtmassen. Ein Produkt der neueren Zeit ist das s ä u r e b e s t ä n d i g e Email für die chemische Apparattechnik. Es enthält zum Unterschiede von den genannten. Emailsorten der Hauptsache nach die säurefesten Erdalkalisilicate, ist also ein boratfreier Glasfluß aus Kieselsäure, Calcium-, Magnesium- und Aluminiumoxyd, der weiß oder gelblich getrübt in mehreren Bränden mit dem Gußstück bzw. mit der bei 950—1100° aufgebrannten Grundglasur vereinigt wird. Die unten genannten Firmen erzeugen Abdampfschalen, Kessel, Autoklaven, Destillierblasen usw. nebst den Kleinbestandteilen (Rührwerke, Thermometerrohre u. dgl.) mit säurefester Emailschicht, die nicht nur lOOstündiges Kochen mit konz. Salpeter-, auch Schwefelsäure und sogar Salzsäure erträgt, sondern, was mehr bedeutet, auch gegen kochende verdünnte und organische Säuren beständig ist, überdies Hitzegrade von 450° aushält. — Irreführend ist die Bezeichnung „Email" für Harz- und Celluloseesterlacke aller Art, da diese Erzeugnissie niemals die chemische Widerstandsfähigkeit der mineralischen Schmelzglasuren erreichen können.

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Metallheißbearbeitung

Eine Abart für sich bildet das S c h m u c k - oder E d e l e m a i l , das weiß getrübt oder in leuchtenden Farben oft lasierend, so daß der Untergrund durchscheint, meist direkt ohne Grund- oder Zwischenschicht, jedoch zuweilen in mehreren Lagen und Bränden auf Gold oder Kupfer aufgebracht wird. Dus Aufbringen erfolgt durch Malen mit flüssigen Schmelzfarben (s. Keramische Farben) zuweilen auf einem getrockneten oder eingebrannten Schmelzfarbenmalgrund (s. Tonwaren und Glas) oder mit pastosen Emailfarben, die man in durch Prägung oder Stichelarbeit geschaffene Metallvertiefungen (Champ-levé- oder Grubenschmelz) bzw. in Zellen einfüllt, die aus Goldfiligranbändchen durch Aufkleben auf die Metalloberfläche in ornamentalen Zeichnungen erzeugt werden (Cloisonnéoder Zellenschmelz). Im ersteren Falle bleiben mehr oder weniger breite Metallbrücken zwischen den bunten Emailflächen stehen, im letzteren Falle erscheinen dieselben durch feine Goldlinien konturiert. Beide rein künstlerischen Arbeiten werden von der Technik durch photo- und galvanochemische Verfahren für die Massenfabrikation in der Weise imitiert, daß man durch galv. Hoch- oder Tiefätzen auf den mit Decklinien oder -flächen versehenen Stücken Stege oder Gruben erzeugt, die entstandenen Zellen mit Schmelz füllt und diesen einbrennt, evtl. folgend die Metallbrücken galv. verbreitert. — Niello ist eine Art Emailoder Cloisonnéarbeit, die man jedoch in der Weise ausführt, daß man eine Schmelze (nigellum) von Kupfer, Blei, Silber oder anderen Metallen mit überschüssigem Schwefel gepulvert und mit Klebstofflösung angerieben in Zellen oder Gravierungen eines Metallgegenstandes einstreicht, das Stück in der Muffel brennt und die Ausfüllungsflächen nachträglich poliert. Hierher gehören auch die russischen T u l a - und die Wiener Gol d m o s a i k arbeiten; ferner entfernter die I m a t e c h n i k des Einlegens und Einschmelzens von Blattmetall in ornamental geschnittene Vertiefungen von Metall, Kunstmassen u. dgl. mittels der Lötrohrflamme. — S. a. u. Emaille. LII.: A. Thürmer, Emaürohstoff-Prüfung. Berlin 1930. Herst.: S ä u r e f e s t e s E m a i l : Gebler-Werke A.-G., Radebeul b. Dresden. — Pfaudler-Werke A.-G., Schwetzingen. — J. Vögele A.-G., Mannheim.

M e t a l l h e i ß b e a r b e i t u n g . Wir verstehen unter dieser Bezeichnung hier nur das Glühen, Schmelzen, Gießen, Schweißen, Schneiden und Löten. Glühen. Man g l ü h t Metalle, namentlich Eisen, um ihr Gefüge zu ändern oder zur Veränderung (Reinigung) der Metalloberfläche, als Vorbereitung zum Emaillieren, Metallisieren oder vor sonstiger Weiterbehandlung, wobei es meist nötig ist, zur Vermeidung von Oxydation Luftzutritt zur Oberfläche der zu glühenden Stücke zu verhindern. Man überzieht die zu schützenden Flächen der Gegenstände dann z. B. mit einer Schicht aus Borsäure, Borax und Ammoniumborat, denen man Glycerin .oder andere wasseranziehende Mittel und indifferente feuerfeste Stoffe (Quarz, Tonerde, Magnesia) als Füllmittel zusetzt. Oder man packt die Stücke in ein trockenes Gemisch von Holzmehl, Holzkohle, gelöschtem Kalk, Asbest und Pottasche und bewahrt sie so vor Luftzutritt und zu rascher Abkühlung oder taucht sie in geschmolzenes 750—850° heißes Cyannatrium oder überzieht sie schließlich mit wasserlöslichen PhosphorsauerstofTverbindungen. Die Hitzebehandlung zum Zwecke der Gefügeänderung, eine der wichtigsten Verrichtungen der Metall- und Legierungstechnik, wird als sog. „ A n l a s s e n " , mit Stahl (s. Eisen 6), aber auch in gewissen Fällen bei anderen Metallen vollzogen. Durch Walzen, Ziehen oder Hämmern von Metallen, besonders Kupferlegierungen, auch Aluminium, bei gewöhnlicher Temperatur entstehen nämlich zuweilen in dem Material eigentümliche Spannungen, die bei der späteren Beanspruchung des Materiales oder Gegenstandes die sog. R e c k s p a n n u n g s r i s s e erzeugen. Um zu verhindern, daß solche Waren, z. B. Kochgeschirre, unter dem Einflüsse von chemischen Agentien (siedende Zuckerlösung, alkalische Flüssigkeiten, beim Aluminium auch dest. Wasser) Sprünge

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erhalten, läßt man sie nach jener mechanischen Bearbeitung bei gelinden Hitzegraden an; allerdings mindert sich dadurch die Härte des Metalles, die durch die Kaltbearbeitung erzeugt wurde. — S. a. Legierungen. Lit.: E. Mayer-Sidd, Moeim Hartlöten, 1939. Herst.: L ö t m i t t e l : Chem. Fabrik Flörsheim, Flörsheim a. M_ —Roeiirig Meyer O. m. b. H., Berlin W 35. — Bonner Met&Uochem. Fabrik, Bonn. — Claßen & Co., Berlin-Niederschönhausen. — Gebr. Naeve, Metallschmelzwerk, Hamburg-Altona. — Franz Burgstaller, Graz. — f. Gußeisen: Arthur Staude, Frankfurt a. M. — Alois Löffler, Wien VI. — „Elektron" Bruno Seeligers Söhne, Pfaffstätten Ii. Wien. — Metallochem. Fabrik Dr. Leop. Rostosky, Berlin -NW 87. L ö t - S c h l e i f h o l z k o h l e n b l ö c k e : Ferd. Metzler, Hohenleipisch üb. Elskerwerda.

Unter Sehweißen versteht man das Verbinden zweier Stücke des gleichen Metalles in erweichtem Zustand durch Druck. Die beiden zugerichteten Flächen •des Metalles werden bis zum Erweichen erhitzt, mit Schweißpulver bestreut und dann auf dem Amboß durch Hammerschläge zusammengeschweißt. Das Schweißp u l v e r bildet mit dem durch das Erhitzen auf der Metallfläche entstandenen

Metallheißbearbeitung

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Oxyd leichtflüssige Schlacken, die beim Schweißen aus der Fuge in Tropfen herausgepreßt werden, deshalb wahrscheinlich auch der Ausdruck „schweißen". Die Schweißpulver müssen mit den Oxyden leicht schmelzbare Salze bilden und enthalten deshalb Kiesel-, Bor- oder Phosphorsäure; sie bestehen aus Quarzsand, Glaspulver, Borsäure, gelbem Blutlaugensalz, Soda, Kochsalz, Natrium-Ammoniumphosphat (vor allem für Kupfer), Harz usw. in der vielfältigsten Zusammensetzung. Speziell für Sauerstoff-Acetylenschweißen (s. u.) von Al(-legierungen) wird ein Flußmittel aus 35 KCl, 30 NaCl, 15 LiCl, 7 K F und 3 K H S 0 3 mit folgender mechanischer (Hämmern) und Glühnachbehandlung des Stückes empfohlen; vgl. Metallbörse, 1928, 2724 u. 2779. Eigentlich schweißbar sind nur die verschiedenen Eisensorten, Stahl und Platin; dieses bedarf, da es nicht oxydiert, keines Schweißpulvers. — Das Schweißen wird im Maschinenbau an Stelle des Gießens, im Hoch-, Brücken-, Schiff-, Waggon-, Behälterbau an Stelle des Nietens treten. Bei der Ausführung des autogenen S c h w e i ß e n s (richtigerZusammenschmelzen) schrägt man zunächst zur gleichmäßigen Erhitzung die beiden Stückenden an den Kanten V-artig ab und paßt sie gut aufeinander. Zum Ausfüllen der so entstandenen Fuge dient das sog. Zusatzmaterial (z. B. Waschwitzmetall, d. i. mit AI plattiertes Cu oder Fe), das in Stabform über die Schweißstelle gehalten und ebenfalls durch die Schweißflamme verflüssigt wird. Grundbedingung für guten Zusammenhalt ist, daß das die Naht bildende Metall möglichst die gleiche Zusammensetzung oder wenigstens dieselbe Festigkeit wie das übrige Material besitzt. Dies bietet nicht selten Schwierigkeiten, weil die geschmolzenen Metalle die Flammengase teils lösen, teils durch sie chemisch verändert werden (Oxydation, Kohlenstoffaufnahme, Verdampfen von Bestandteilen). Die Stichflamme wird durch Verbrennen von Acetylen, Wasserstoff, Benzol, Benzin, Leucht-, Blauoder Wassergas (in Luft, sonst) in Sauerstoff mittels eigener Brenner (s. u.) erzielt. Welches dieser Gase oder Gasgemische verwendet wird, richtet sich nach dem zu schweißenden Material und dem Preis der Gase. Vorteilhaft ist die Ber.zolSauerstoiTflamme (Universal-Sicherheitsapparat, s. Wasser und Gas 1928, 332); sie erreicht 2800°, wirkt aber wegen der bei der Verbrennung entstehenden Kohlensäure kohlenstofTzuführend auf das geschmolzene Metall, was beim Schweißen von Eisen zu berücksichtigen ist. Dasselbe kann auch beim Acetylen-Sauerstoffgemisch (gleiche Teile) der Fall sein, das zu Kohlenoxyd und Wasser und zwar mit einer Flamme verbrennt, die aus einem weißleuchtenden inneren Teil und einem dunklen Mantel besteht, ein Kennzeichen f ü r richtige Mischung, da sich ein falsches Verhältnis sofort durch Änderung dieser charakteristischen Flamme verrät. Die damit erreichbare Temperatur beträgt bis zu 3400°. — Der H e i z w e r t des Brenngases ist bei der autogenen Metallschweißung jedenfalls nicht allein maßgebend, denn Methan (und Begleitgase) mit einem Heizwert von mehr als 9000 W E ist nicht einmal zum Bleilöten geeignet, während sich mit dem Gemisch gleicher Teile Methan und Wasserstoff (6000 Cal.) für dieselbe Verwendung bis zu 50% Brenngas und bis zu 10% Arbeitsdauer-Ersparnis erzielen lassen. Solche „Autogengase" des Handels sind auch dem stets etwa 10% Stickstoff enthaltenden Leuchtgas vor zuziehen, da es nicht wie dieses Kohlenoxyd führt und daher ungiftig ist. Jedenfalls genügt jedoch die Leuchtgas-Reinsauerstoffflamme von 1630—2000° Temperatur für Blechstärken von 6—8 m m ; vgl. Küstner, App.bau 1930, 5. Sie ist wesentlich billiger als die Acetylen- oder Benzolflamme, kann zum S c h n e i d e n (s. u.) aller Metalle einschl. des Eisens bis zu 50 mm Wandstärke gebraucht werden. F ü r größere Dimensionen und Intensivschweißen kommen nur die Acetylen- oder die Wassergas-Reinsauerstoffflamme mit mehr als 3000° bzw. 1825° Flammentemperatur in Betracht. Nach einer neuartigen Schweißmethode bläst man den zwischen WolframElektroden gebildeten elektr. Flammbogen mittels zwischen ihnen zugeführten

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Metallheißbearbeitung

W a s s e r s t o f f g a s e s (zweckmäßig mit Stickstoff verdünnt) fächerförmig auseinander und erzielt so nicht nur glatte Schweißstellen (oxydfreie Vereinigung in reduzierender Atmosphäre), sondern noch den anderen Effekt der thermischen Wasserstoflmolekülzertrümmerung, die ihrerseits zur Folge hat, daß die natürlich exothermische Wiedervereinigung der H-atome außerhalb des Bogens auf dem Schweißstück stattfindet. Der Wasserstoffstrom lenkt also nicht nur den Lichtbogen nach außen (was sonst z. B. magnetisch geschehen könnte), sondern er transportiert auch Wärme auf das Stück, nämlich diejenige Energiemenge, die zur Molekülspaltung aufgewendet worden war, so daß es in diesem System gelingt, Wolfram und Molybdän zu schmelzen. Über dieses Alexander-LangmuirSchutzgas-(H 2 )-Schweißverfahren s. J. Sauer, Betriebstechnik, 1929, 191. — Beim e l e k t r i s c h e n Schweißen dient als Wärmequelle entweder der zwischen Werkstück und einer passenden Elektrode erzeugte Lichtbogen (Lichtbogenschweißen, s. Rosenberg u. Senft VDI. 1930, 225) oder die im Werkstück, selbst nach Aufpressen von Elektroden beim Stromdurchgang entwickelte Wärme (Widerstandschweißung; Punktschweißmaschine für Blechwaren; vgl. z. B. Chem. Zbl. 1930, I, 1693). — S. a. Thermitschweißen in Aluminothermie. Allen S c h w e i ß b r e n n e r k o n s t r u k t i o n e n liegt das Prinzip des Bunsenbrenners zugrunde: der Sauerstoff tritt aus der Stahlflasche durch ein biegsames Zuleitungsrohr in den Brenner, saugt hier das zu verbrennende Gas, das unter geringem Überdruck steht, aus dem Gasbehälter oder einer zweiten Stahlflasche an und mischt sich mit ihm (erweiterter Leitungsquerschnitt). Das Gemisch kommt nach Verlassen der engen Brennerdüse zur Verbrennung. — Beim autogenen S c h n e i d e n wird das zu durchschneidende Metallstück mit einer Wasserstoff- oder Acetylen-Sauerstoff-Stichflamme längs der Schnittlinie bis zur Weißglut erhitzt, gleichzeitig verbrennt man durch einen aus einer zweiten Düse unter starkem Druck austretenden Sauerstoffstrom das Metall und bläst das Metalloxyd weg. Die Düsen für die Stichflamme und den Sauerstoff sind je nach der Brennerausführung nebeneinander oder zentral angeordnet. Das früher nicht mögliche Brennschneiden von G u ß e i s e n wird heute dadurch leicht bewerkstelligt, daß man in die Schneideflamme kohlenstoffarmes Flußeisen einführt, so daß hochgekohlter Stahl entsteht, der im Sauerstoff nach dem Flußeisen verbrennt; der Schneidevorgang wird so zu einem Schmelzvorgang. — S. a. Aluminothermie; Bleilöten. Llt.: Kautny, Handbuch der autogenen Metallbearbeitung (1927). — Kautny, J^itfaden für Azetylenschweißer (1930). — Krökel, I). elektr. Sollweißverfahren (1930) u. v. a. — Siehe ferner: Müller & Bibns Gas- und Wasserfach, 1028, 566; über Mittel und Verfahren zur chemischen Betriebsmittelprüfung in der Schweißerei siehe Maier, Angew. Ch. 1928.1353. — Über das Schweißen des Kupfers und seiner Legierungen s. das Vortragsref. Kaiiscli in Angew. Ch. 1928,361. — E. Karsch, Fachheft für Schweißtechnik. Berlin 1930. — Nähere Angaben über die Brenner u. deren Brennstoff- u. Sauerstoffverbrauch enthalten die von den untenstehenden Firmen anzufordernden Schriften; speziell über Schneidebrenner jene der Frankfurter Firma Messer & Co.— M. Kirchner, Taschenbuch d. ges. Schweißtechnik. Leiner, Leipzig. — Zeinke, Autogenes Schweißen u. Schneiden. Leiner, Leipzig. — £ . Klosse, Das Lichtbogenschweißen. Springer, Berlin 193T. — H. Holler, Leitfaden f. Autogenschweißer. Marhoid, Halle 1938. — Th. Kicken, Grundzüge d. Schweißtechnik. Springer. Berlin 1938. — P. Schimke u. H. A. Horn, Praktisches Handbuch d. ges. Schweißtechnik. Springer, Berlin 1938. — W. Söchting, JUas zeitgemäße Schweißen, 1939. — W. Rimark, Forschungsarbeiten auf dem Gebiete des Schweißens u. Schmiedens mittels Sauerstoff u. Acetylen, 1939. — M. Hufschmidt, Das autogene Schweißen u. Schneiden, 1940. — F. Kicken, Das Schweißen der Leichtmetalle, 1941. Heist.: Anlagen: A u t o g e n e S c h w e i ß a n l a g e n : Autogene Metallverarbeitung G.m.b.H., Berlin S 42. — Autogen-Apparate u. -Maschinen-Fabrik Ferd. Hornung, Frankflirt a. M. —- Acetylen-Werk Ebersbach u. F., lnh. Eug. Zinser, Ebersbach (Fils). — Autogenwerk Apparatebau J . Buttgereith, Eisenach. — Autogenwerk ,,Röna" G. m. b. H., Kattenordheim (Khön).—Autogenwerk „Sirius", Düsseldorf.—,,Südogen"-Apparatebau, Stuttgart-S. — Berger-Schweißanlagen, Berlin NW 7. — H. Breidenbach & Co., Heidelberg — Carl. Cloos, HaigerrDillkreis. — Messer & Co. G. m. b. H., Frankfurt a. M. — Metallwerk Nießen & Kheindorf, llergiach-Gladbach.— Weberwerke, Siegen, Westf. — E l e k t r . S c h w e i ß m a s c h i n e n : Elektro- SchweißAiltogene*-SchWeiß- u. S c h m i e d e - G e r ä t e : Sauerstoff- u. Wasserstoffwerk Lambach, O./Donau.-E l e k t r . S c h w e i ß m a s c h i n e n : Elektro-Schweißmaschinenbau Ing. G. Weninger, München 25. — Erzgeb. Schweißmaschinen-Fahrik Rob. Popp, Aue i. Sa. — Maschinenfabrik Fr. Henze, Dresden-N. 15. — Heinr. Aug. Schultern Eisen A.-G., Dortmund. — S c h w e i ß m i t t e l : Berger Autog. Schweiß- u. Schneideanlagen. Berlin NW 7. — Dehne & Fink K.-G., Bremen 11. — Maschinenfabrik Salzungen, Willy Prox, Bad Salzungen. Pan-Metallgesellschaft, Mannheim. — Porobronze K.-G. Dr. Kosenkaimer & Co., Mannheim. — Th. KaUlard, Haltingen, Amt Lörrach. — Reussisches Universal-Schweißmittel, Lörrach. — Dr. Leopold Kostosky, Berlin NW 87. — Chem. Werke Bruno Lorenz, Görkau-Sudeten. — Franz Burgstaller, Graz.

Metallhüttenwesen—Metallkorrosion

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Metallhuttenwesen umfaßt als a l l g e m e i n e Hüttenkunde die Kenntnis 1. von - CH3CN, geben „verseift" die gleiche Säure zurück und den N als NH 3 oder [NH 4 ]ion, hydrogenisiert dagegen Aminbasen CH2CN + 2H 2 ->C 2 K 5 .NH,. — S. a. Cy an verbind.; Riechstoffbestandt. 7; Teerf.zwischenprod. 7. N i t r o c e l l u l o s e n sind Salpetersäureester derCellulose, u. z. je nach demNitrierungs- und Veresterungsgrad entweder Kollodium (s. d., Di-[Tetra-]) oder Schießbaumwolle (s. Explosivstoffe, Tri-[Hexa-])nitrat. Die L ö s l i c h k e i t dieser Erzeugnisse hängt in erster Linie von der Nitrierstufe ab. Man verwendet die folgenden Nitrierungsstufen: C e l l u l o i d und ähnliche Massen N = 10,7—11,2, in Alkohollösung zusammen mit Plastifikatoren; F i l m e , Kunstseide, Lacke, N = 11,2—11,7 in Alkoholäther, Methanol, Aceton, Äthylacetat; K u n s t l e d e r N = 11,8—12,3 in Äthyl-, Butyl-, Amylacetat, Methanol, Aceton, Ätheralkohol (sog. löslicle Baumwolle), kaum in Äthylalkohol; S p r e n g s t o f f e N = 13%, nur in Aceton löslich. Für sog. Nitroseide wird Nitrocellulose mit 11,3—12,5% N im Gemiich mit 40 Alkohol + 60 Äther (neuzeitlich andere Lösungsmittel) auf Lösungen von 15 (für Naß-) bzw. 25% (für Trockenverspinnung) eingestellt, filtriert, bis ztr empirisch als richtig erkannten Viskosität gereift und versponnen (s. Kunslseide). In LISA, wird sog. one-half-second Nitrocellulose hergestellt, die zu 22% gegen sonst 5%) in Lösungsmitteln löslich ist. — Schwach nitrierte Cellulose ist unter wesentlich gelinderen Bedingungen acetylierbar als Cellulose selbst. — Hergestellt wird Nitrocellulose durch Behandeln reiner, trockener Baumwolle (Linters) oder Holzcellulose mit einem Gemisch von starker Salpeter- und Schwefelsäure. Der Wassergehalt dieses Säuregemisches bestimmt den Grad der Vereslerung in der Weise, daß ein höherer Wassergehalt Dinitrat, ein geringerer Trinidat ergibt. Durch Variierung der Nitriertemperatur lassen sich Nitrocellulosen verschiedenster Viscosität herstellen. Einige technische Nitriergemische. Schießwolle

( h 2 so 4 60—90 %{ HNO 3 30 5—20 l H2o W. w. s.

3—5

M.nitroBenzol

60 32 8 3,51

Olyzerintrlnitrat

60 38 2 5,55

Dinitrobenzol

M.nitrochlorbenzol

M.nitrotoluol

M.nitronaphthalin

80 18 2 1

71 18 11

58,7 23,8 17,5 2,42

59,55 15,85 24,60 2,4

4,44

W. W. S. ist der Wert der H 2 S0 4 als wasserentziehendes Mittel = dem Quotienten aus H.S0 4 -gewicht und nach der Nitrierung im Gemisch vorhandenen Wassergewicht. W. W. S. gibt einwandfrei Aufschluß über den Nitrierungsverlauf und seine Bestimmung (vgl. Chem. Ztg. 1929,168), ist zur Erzielung bester Ausbeuten unerläßlich. So verläuft z. B. die Benzolnitrierung mit W. W. S. = 3,51 (s. o.) so gut wie quantitativ, während mit der gleichen Säurensumme, jedoch 54H 2 S0 4 , 38HN0 3 , 8H 2 0 Benzol unangegrifTen bleibt, was im W. W. S. dieser Mischsäure ( = 2,96) seinen Ausdruck findet. — Nach beendeter Nitrierung wird die Nitrocellulose durch Waschen und Kochen mit Wasser zwecks Entfernung der anhaftenlen Säuren und anderer Reaktions-Nebenprodukte, die ungünstig auf die Lagerieständigkeit einwirken, stabilisiert. Nitrocellulose für die Sprengstoffindustrie wird meist im Holländer gemahlen. Um möglichst hellfarbige Kollodiumwollen wie sie in der Lackindustrie benötigt werden, zu erhalten, wird nach der Stabilisierung mit Chlorlauge oder Kaliumpermanganat gebleicht und nochmals nachstibilisiert. Zur Herabsetzung der Viscosität von Nitrocelluloselösungen dienen Hitze, alkalische Chemikalien und Ultraviolett-Bestrahlung; diese Lösungen sind für die Lack-, Kunstharz- und Weichmachemittel-Industrien besonders geeignet. Vgl. J.B.Weisel, Chem.-Ztg. 1929, 377. Über dünnlösliche Nitrocellulosen s. E. v. Mühlendahl, Farbenztg. 1922, 1063; s. Kollodium. —

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Nitrostärke—Nomenklatur

Da trockene Nitrocellulose ein Sprengstoff ist, kommt sie nur mit Wasser oder verschiedenen Alkoholen (Äthylalkohol, Butylalkohol) angefeuchtet in den Handel. — Die sog. X y l o i d i n e erhält man als strukturlose weiße Pulver, wenn cellulosehaltige Stoffe (Baumwolle) mit Salpetersäure erwärmt oder bis zur völligen Auflösung mit starker kalter Salpetersäure stehen gelassen werden; man fällt mit Wasser, wäscht neutral und trocknet. Llt.: J- Eckelt u. O. Gaßner, Projektierungen u. Apparaturen I. für Nitrocellulose, synth. Campber, Pulver, Leipzig 1926. Cellulose-Nitroacetate (s. o.): U. Krüzer, Kunststoffe 1930, 73. — M. Kassuroff, Zur Kenntnis der Nitrozellulose, 1939. Herst.: Nitrocellulose: Köln-Rottweil A.-G., Berlin W 9 (-pulver). — Westfälisch-Anhaltische Sprengstoff-A.-G., Berlin W 9.

Nitrostärke. Ein Explosivstoff (Uchatiuspulver, Pyroxam), der weite Verwendungsgebiete fände, wenn er nicht so stark hygroskopisch wäre. Das „Amylotrinitrat", erzeugt durch Nitrieren natronlauge-gequellter Stärke, zeigt unveränderte Struktur und Farbe, gleicht der Nitrocellulose, ist jedoch dichter, gelatiniert bedeutend leichter, sehr stabil und unempfindlich gegen Stoß und Feuer, sehr billig und liefert bei der Entzündung keine schädlichen Gase. Die Nitrostärke übertrifft Schießbaumwolle und Trinitrotoluol in vielen Richtungen, besitzt jedoch den Nachteil, trotz ihrer Unlöslichkeit auch in kochendem Wasser, beim nassen Lagern ihre Wirkung zu verlieren. Immerhin kann sie zum Sensibilisieren von Ammonnitrat-Explosivstoffen dienen; vgl. Chem. Zbl. 1930, II, 1023. Nomenklatur. Bei der Bezeichnung anorgan. Verbindungen werden oft Namen angewendet, die den heutigen Kentnnissen über die Zusammensetzung, den Aufbau uws. derselben, nicht mehr entsprechen. Es wurden deshalb Richtsätze für die Benennung anorgan. Verbindungen festgelegt. Die wichtigsten sind hier im Auszug wiedergegeben. Eine vollständige Darstellung findet sich in den Berichten d. Deutschen Chem. Ges. Jg. 73, Nr. 5, 1. Mai, 1940, (Abt. A, S. 53—75). Allgemeines. I. N a m e n u n d F o r m e l n . Für die Bezeichnung einer chemischen Verbindung sind zwei Möglichkeiten vorhanden. Sie kann erfolgen: 1. durch Formeln, 2. durch Namen. Zu 1. Es empfiehlt sich, zur Bezeichnung chemischer Verbindungen weitgehend von den F o r m e l n Gebrauch zu machen, da die Formel das einfachste und eindeutigste Mittel zur Kennzeichnung der anorganischen Verbindungen darstellt. Sie ist überdies dem internationalen Verständnis unmittelbar zugänglich und zugleich durch Kürze und Raumersparnis im Satz ausgezeichnet. Die Benutzung der Formel empfiehlt sich vor allem zur Bezeichnung komplizierter Verbindungen. Besondere Bedeutung kommt ihr zu bei der Abfassung präparativer Vorschriften, da sie Verwechslungen ausschließt. Abzusehen von der Benutzung der Formel ist natürlich in solchen Fällen, in denen eine Unklarheit herbeigeführt werden würde. Zu 2. Für die N a m e n g e b u n g liegen zwei Möglichkeiten vor: a) rationelle Namen, b) Trivialnamen. Zu a). In zahlreichen Fällen wird eine genügende Abkürzung des rationellen Namens bereits dadurch erreicht, daß aus diesem Zahlwörter, Wertigkeitsbezeichnungen und sonstige Kennzeichen fortgelassen werden, deren Angabe sich in dem gegebenen Zusammenhange erübrigt. Daher kann die Angabe der Wertigkeit oder der Atomverhältnisse bei Verbindungen von Elementen mit im allgemeinen konstanter Wertigkeit meist fortgelassen werden. Beispiele: Aluminiumsulfat statt Aluminium (II I)-sulfat. Kaliumcyanoferrat

Nomenklatur

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(III) statt Kaliumhexacyanoferrat (III). Zu b). Bei den Trivialbezeichnungen ist zu unterscheiden zwischen: aa) reinen Trivialnamen, bb) falsch gebildeten Namen. Zu aa). Als reine Trivialnamen gelten solche, die frei von falschen wissenschaftlichen Deutungsversuchen und sonstigen falschen chemischen Vorstellungen sind und in der Mehrzahl der Fälle dem anschaulichen Verwendungskreis der Verbindungen entnommen sind. Hierzu sind zu zählen Namen wie Salpeter, Ätzkalk, Ätznatron, gelbes Blutlaugensalz. Die Verwendung derartiger reiner Trivialnamen ist z u l ä s s i g . Zu bb): Als falsch gebildete Namen sind solche anzusprechen, die ursprünglich als Bezeichnungen geschaffen wurden, um bestimmte Aussagen über die Zusammensetzung oder die Konstitution der betr. Verbindung zu machen, die jedoch mit unseren heutigen Vorstellungen und Erkenntnissen in Widerspruch stehen. Hierzu gehören Namen wie schwefelsaure Magnesia, kohlensaurer Kalk, salpetersaures Kali, essigsaure Tonerde, Cyankali. Diese Namen sind zwar v o l k s t ü m l i c h , aber vom wissenschaftlichen Standpunkte aus f a l s c h . II. G e b r a u c h des B i n d e s t r i c h s . Auf die Zerlegung in die einzelnen Namensbestandteile durch Bindestriche soll, auch im Falle längerer Namen, möglichst verzichtet werden, sofern nicht eine Unterbrechung des Namens durch römische Ziffern erfolgt. Also stets: und nicht: Kaliumchlorid Kalium-chlorid Kaliumaluminiumsulfat Kalium-aluminium-sulfat Natriumammoniumhydrogenphosphat Natrium-ammonium-hydrogenpnosphat. In den Fällen, in denen entsprechend der obigen Festlegung ein Bindestrich erforderlich ist, ist mit k l e i n e m Anfangsbuchstaben weiterzuschreiben, also: Eisen (Ill)-sulfat, Ammoniumeisen (III )-sulfat. Ist das Wort H y d r a t von einer (arabischen) Ziffer begleitet, so ist es mit großem Anfangsbuchstaben mit der Ziffer durch einen Bindestrich zu verknüpfen. Entsprechendes gilt für P e r o x y h y d r a t und A m m o n i a k a t . Für sonstige Wortbestandteile gelten die allgemeinen Regeln der Rechtschreibung. Beispiele: Kupfersulfat-5-Hydrat, Kobalt- Komplexverbindungen, S-Halogenide. B e n e n n u n g d e r binären

Verbindungen.

I. S t e l l u n g d e r B e s t a n d t e i l e d e r V e r b i n d u n g im N a m e n u n d i n der Formel. Bei binären Verbindungen ist, soweit es aus dem Charakter der Verbindung erkennbar ist, im Falle s a l z a r t i g e r und sonstiger h e t e r o p o l a r e r Verbindungen der e l e k t r o p o s i t i v e B e s t a n d t e i l s o w o h l in d e r F o r m e l a l s a u c h im N a m e n s t e t s an e r s t e r S t e l l e zu n e n n e n . Dem Namen des stärker elektropositiven Bestandteils wird der mit der Endung ,,id" versehene abgekürzte lateinische Namen des stärker elektronegativen Bestandteiles angefügt. Bei h o m ö o p o l a r e n Verbindungen und in solchen Fällen, in denen nicht bekannt ist, welcher Bestandteil in der Verbindung als elektropositiv anzusprechen ist, wird derjenige Bestandteil zuerst genannt, der im f r e i e n Z u s t a n d e stärker elektropositiven Charakter besitzt. Beispiele: Natriumchlorid, Silbersulfid, Lithiumhydrid. — Borcarbid, Sauerstoffdifluorid.

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Nomenklatur

Die hier vorgeschriebene Stellung der Bestandteile einer Verbindung gilt für den deutschen und englischen Sprachgebrauch. Für das Französische und Italienische gilt die umgekehrte Reihenfolge. Demzufolge werden im Französischen und Italienischen auch in den Formeln die Verbindungsbestandteile in der umgekehrten Reihenfolge geschrieben wie im Deutschen und Englischen. Derartige Unterschiede sind im Wesen der verschiedenen Sprachen begründet und lassen sich n i c h t beseitigen. In einigen Sprachen sind auch Namen im Gebrauch, die durch b l o ß e s N e b e n e i n a n d e r s t e l l e n d e r B e s t a n d t e i l e o h n e A n f ü g e n einer E n d u n g gebildet sind. Im Deutschen gebraucht man diese Bezeichnungsweise vor allem für die leichtflüchtigen Wasserstoflverbindungen (Beispiel: Chlorwasserstoff). Sie soll unbedingt auf h o m ö o p o l a r e Verbindungen beschränkt werden; jedoch ist auch für diese in der Regel die erstangeführte Benennungsweise vorzuziehen. Macht man von der Benennung durch bloßes Nebeneinanderstellen der Bestandteile Gebrauch, so ist der im freien Zustande stärker e l e k t r o n e g a t i v e Bestandteil z u e r s t zu nennen. Beispiele: Chlorwasserstoff, Siliciumwasserstoffe. —- Ferner: Schwefelkohlenstoff (besser: Kohlenstoffdisulfid), Chlorstickstoff (besser: Stickstofttrichlorid). — Jedoch n i c h t : Chlornatrium, Bromkalium, Schwefelsilber, sondern n u r : Natriumchlorid usw. II. K e n n z e i c h n u n g des M e n g e n v e r h ä l t n i s s e s der B e s t a n d t e i l e . Für die Kennzeichnung des Mengenverhältnisses der Bestandteile in chemischen Verbindungen liegen zwei Möglichkeiten vor. Sie kann erfolgen: 1. durch die Wertigkeitsbezeichnung, 2. durch Angabe der stöchiometrischen Zusammensetzung (stöchiometrische Benennung) oder durch Angaben der Funktion (funktionale Benennung). Zu 1. Die Kennzeichnung der elektrochemischen Wertigkeit in den Verbindungsnamen hat ausschließlich durch die Stocksche Bezeichnungsweise, d . h . durch r ö m i s c h e Z i f f e r n zu erfolgen, die in Klammern und ohne Bindestrich hinter den Namen des Elements gestellt werden, auf das sie sich beziehen. Der auf die Wertigkeitsbezeichnung folgende Teil des Namens der Verbindung wird mittels Bindestrichs angefügt und klein geschrieben. Beispiele: CuCl = Kupfer(I)-chlorid. CuCl2 = Kupfer (II) -chlorid. FeO = Eisen (Il)-oxyd. Fe 3 0 4 = Eisen (II, III)-oxyd. Soll die Wertigkeit in der Formel bzw. bei Verwendung des Elementsymbols zum Ausdruck gebracht werden, so sind die kennzeichnenden römischen Ziffern dem betr. Symbol rechts oben anzufügen. Beispiele: Cu^Salze, Fe u -Verbindungen. Zu 2. Die Bezeichnung der stöchiometrischen Zusammensetzung erfolgt durch g r i e c h i s c h e Z a h l w ö r t e r , die dem Bestandteil, auf den sie sich beziehen, ohne Bindestrich vorangestellt werden. Diese Art der Kennzeichnung der Mengenverhältnisse im Namen statt durch Angabe der Wertigkeit ist vor allem bei den homöopolaren Verbindungen üblich. Sie ist ferner geboten in Fällen, in denen die Zusammensetzung von derjenigen, die auf Grund der üblichen Wertigkeit zu erwarten wäre, abweicht oder in denen die elektrochemische Wertigkeit nicht bekannt ist. Das Zahlwort „Mono" kann hierbei meist fortgelassen werden. Die Zahl 8 ist dureh „Okta", die Zahl 9 durch „Ennea" zu bezeichnen. Griechische Zahlwörter über 12 werden des leichteren Verständnisses wegen durch

Nomenklatur

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(gleichfalls ohne Bindestrich vorangestellte) arabische Ziffern ausgedrückt. Zur Angabe gebrochener Molzahlen werden ebenfalls arabische Ziffern ausgedrückt. Zur Angabe gebrochener Molzahlen werden ebenfalls arabische Ziffern benutzt; „ | " kann auch durch „hemi" ausgedrückt werden. Statt der stöchiometrischen kann auch die funktionale Benennung angewandt werden. Der Gebrauch der letzteren ist besonders im Französischen üblich. Beispiele: Stöchiometrisclie Benennung Funktionale Benennung NaO = DistickstofT(mon)oxyd — NO = Stickstoffoxyd — N203 = Distickstofftrioxyd Salpetrigsäureanhydrid NOj = Stickstoffdioxyd — N204 = Distickstofftetroxyd — N205 = Distickstoffpentoxyd Salpetersäureanhydrid Ag 2 F = Disilberfluorid — Fe(CO) 4 = Eisentetracarbonyl — FeS» = Eisendisulfid — Schwerfälligen Namen ist die Formel vorzuziehen. So sollte man z. B. niemals sagen: Na 1 2 Hi 3 — 12 Natrium-13 Mercurid; in derartigen Fällen ist stets die Formel zu verwenden. V e r a l t e t e u n d ü b e r f l ü s s i g e B e z e i c h n u n g e n wie Oxydul, Sulfür, Cyanür, Chlorür usw. für Verbindungen niedrigerer Oxydationsstufen sollten — auch wegen ihrer mangelnden Eindeutigkeit im Hinblick auf den französischen Sprachgebrauch — aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwinden. V. G r u p p e n b e z e i c h n u n g e n . Die Verbindungen der Halogene sind als H a l o g e n i d e (nicht als Haloide oder Halide) zu bezeichnen, die Elemente Sauerstoff, Schwefel, Selen u. Tellur als C h a l k o g e n e und ihre Verbindungen als C h a l k o g e n i d e . Die A l k a l i m e t a l l e sind nicht als „Alkalien", die E r d a l k a l i m e t a l l e nicht als „Erdalkalien" zu bezeichnen, da diese Namen die veralteten (und im wissenschaftlichen Sprachgebrauch zu vermeidenden) Bezeichnungen für die O x y d e dieser Metalle sind. In zusammengesetzten Wörtern dagegen ist der Gebrauch von „Alkali-" und „Erdalkali-" als Abkürzung für „Alkalimetall-" und „Erdalkaliemetall-" allgemein üblich und statthaft. (Entsprechend der zulässigen Abkürzung „Kohlen-" für „Kohlenstoff-" in manchen Kohlenstoffverbindungen.) Sauerstoffsäuren.

Für die Mehrzahl der wichtigen einfachen Sauerstoffsäuren bestehen seit langer Zeit eingebürgerte Namen, deren Änderung weder zweckmäßig noch notwendig ist. Festlegungen müssen lediglich in einer Reihe von Fällen getroffen werden, in denen sich im Laufe der Zeit durch das Nebeneinanderbestehen von z. T. falschen Bezeichnungsweisen U n k l a r h e i t e n herausgebildet haben. Für die Säuren des Schwefels, Stickstoffs, Phosphors und Bors sind in der Originalarbeit tabellarisch die wesentlichen Vertreter mit den für die Säure selbst sowie für ihre Salze zu benutzenden Namen zusammengestellt. Völlig verfehlt ist die häufig noch gebrauchte Benennung der Säure H 2 S 2 0 3 als unterschweflige Säure. Die Säure H 2 S 2 0 3 leitet sich von der Schwefelsäure H 2 S0 4 dadurch ab, daß darin ein Sauerstoffatom durch Schwefel ersetzt ist. Demgemäß kann sie T h i o s c h w e f e l s ä u r e genannt werden; denn allgemein wird an Stelle von Sauerstoff eingetretener Schwefel durch „Thio" bezeichnet. — Berechtigt wäre der Name „unterschweflige Säure". Die Vorsatzworte „Ortho", „Meta" und „ P y r o " werden im allgemeinen in dem Sinne gebraucht, daß als „Orthosäuren" die höchst hydroxylierten im freien Zu-

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Nomenklatur

stände oder in Form von Salzen oder organischen Derivaten bekannten Säuren bezeichnet werden. Beispiele: H s BO s = Orthoborsäure H 3 P 0 4 = Orthophosphorsäure H 4 C0 4 = Orthokohlensäure H,TeO, = Orthotellursäure H 4 Si0 4 = Orthokieselsäure H5J06 = Orthoüberjodsäure. Die P y r o - und Metasäuren leiten sich von den Orthosäuren durch stufenweisen Austritt von Wasser ab. Als Pyrosäuren sind diejenigen zu bezeichnen, die aus 2 Mol der Orthosäure durch Verlust von 1 Mol H 2 0 entstehen (Beispiele: H 2 S 2 0 7 , H 2 S 2 0 5 i H 4 P 2 0 7 > H 4 P 2 O s ). Da die Polyborsäure H 2 B 4 0 7 ( = 2 B 2 0 3 . H 2 0 ) wasserärmer ist als die Metaborsäure H B 0 2 ( = B 2 0 s . H 2 0 ) , so darf, um eine Durchbrechung der Regel zu vermeiden, die Säure H 2 B 4 0 7 nicht als Pyroborsäure bezeichnet werden, sie ist entsprechend den Richtsätzen für die Benennung der Isopolysäuren als Tetraborsäure zu bezeichnen. Die Salze derjenigen Säuren, die die Vorsilbe „Unter" tragen, werden als Hypoverbindungen bezeichnet. Die Salze der Unterphosphorsäure sind dementsprechend als Hypophosphate zu bezeichnen. E r s a t z v o n O d u r c h S. Diejenigen Säuern, die sich von Sauerstoflsäuren durch Austausch von O-Atomen gegen S-Atome ableiten, sind als Thiosäuren, ihre Salze als Thiosalze zu bezeichnen. Salze. I. A l l g e m e i n e s . Salze sind stets in der Weise zu benennen, daß dem Namen des Metels bzw. dem des elektropositiven Radikals der Name des Säurerestes, der die Endung at, it oder id trägt, angehängt wird. Beispiel: Silbernitrat, Magnesiumsulfat, Calciumcarbonat, Natriumnitrit, Eisensulfid, Kaliumcyanid. Die mit Hilfe der d e u t s c h e n N a m e n der Säuren gebildeten Bezeichnungen von Salzen, wie salpetersaures Silber, schwefelsaures Magnesium, kohlensaures Calcium, sind im wissenschaftlichen Sprachgebrauch zu vermeiden; ihre Verwendung in volkstümlichen Darstellungen ist zulässig. Falsch ist es dagegen, in diesem Zusammenhange die Namen der Metalloxyde statt derer der Metalle zu gebrauchen. Es ist also unzulässig zu sagen: Salpetersaures Silberoxyd statt salpetersaures Silber, schwefelsaure Magnesia statt schwefelsaures Magnesium, kohlensaurer Kalk statt kohlensaures Calcium. — Auf g e m i s c h t e Salze (Mischsalze) sind die unter C angeführten Richtsätze anzuwenden. Beispiele: KNaCO s = Kaliumnatriumcarbonat, KCaP0 4 = Kaliumcalciumphosphat, NH 4 MgP0 4 — Ammoniummagnesiumphosphat. S a l z e v o n S t i c k s t o f f v e r b i n d u n g e n sind, wenn sie als Koordinationsverbindungen, entsprechend dem Ammoniumchlorid, NH4C1, aufgefaßt werden, als onium- bzw. inium-Verbindungen zu bezeichnen. Beispiel: Tetramethylammoniumchlorid, Hydraziniumdichlorid, Pyridiniumchlorid. II. S a u r e S a l z e ( H y d r o g e n s a l z e ) . Die rationellen Namen für die sauren Salze werden unter Verwendung der Bezeichnung „hydrogen" für die in ihnen enthaltenen Wasserstoffatome gebildet. Unter den elektropositiven Bestandteilen ist der Wasserstoff („hydrogen") stets an letzter Stelle zu nennen. Beispiel: K H S 0 4 = Kaliumhydrogensulfat.

Nußöl

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Soll nicht so sehr die Zusammensetzung als vielmehr der Verbindungstypus betont werden, so können auch die Bezeichnungen s a u r e S a l z e (einfachsaure, zweifachsaure usw.) sowie p r i m ä r e , s e k u n d ä r e , t e r t i ä r e usw. Salze gebraucht werden. Die Bezeichnungen nach dem Säure-Base-Verhältnis durch , , b i " ist nicht im Einklang mit den Grundsätzen der rationellen Nomenklatur; es ist also falsch, zu sagen: Bicarbonat, Bisulfat, Bisulfit. Verbindungen

höherer

Ordnung.

I. K o m p l e x v e r b i n d u n g e n ( K o o r d i n a t i o n s v e r b i n d u n g e n ) . Allgemeines. Für die Benennung der Koordinationsverbindungen bleibt die von A. W e r n e r geschaffene Nomenklatur maßgebend, deren Wert darin liegt, daß sie es gestattet, das Gesamtgebiet einheitlich darzustellen. Eine Abänderung erfährt lediglich die Bezeichnung der Wertigkeit. Um, ganz im Sinne Werners, für diese eine einheitliche Kennzeichnung sowohl auf dem Gebiete der einfachen Verbindungen als auch auf dem der Koordinationsverbindungen zu schaffen, wird die bei ersteren bereits durchgeführte S t o c k s c h e Wertigkeitsbezeichnung auf die Koordinationsverbindungen übertragen. (Ausführliche Angaben sind in der Originalarbeit niedergelegt.) R e i h e n f o l g e der L i g a n d e n . Innerhalb der im Komplex stehenden koordinativ gebundenen Liganden werden im Namen an erster Stelle genannt: die A c i d o r e s t e , wie Chloro (Cl), Cyano (CN), Cyanato (OCN), Rhodan(at)o (SCN), Sulfato ( S 0 4 ) , Nitro ( N 0 2 ) , Nitrito (ONO), Oxal(at)o (C 2 0 4 ), und Hydroxo (OH). Es folgen dann die n u l l w e r t i g e n R e s t e : Aquo ( H 2 0 ) , die substituierten Amine (C 2 H 4 (NH 2 ) 2 = en) und zuletzt Ammin (NH,). Doppelsalze. Die Namen der Doppelsalze werden durch Aneinanderreihen der Namen der einfachen Salze, aus denen sie sich zusammensetzen, gebildet; dabei ist die Reihenfolge der kationischen Bestandteile durch ihren abnehmenden elektropositiven Charakter gegeben. Gemeinsame Bestandteile der Salze sind nur einmal zu nennen. Beispiele: KCl.MgCl 2 — Kaliummagnesiumchlorid, N a 2 S 0 4 . C a S 0 4 = Natriumcalciumsulfat, 3CaO. A12Os . CaCl 2 .10 H 2 0 = Calciumchloridaluminat. In dem an dritter Stelle genannten Beispiel ist nur die Gruppenbezeichnung gegeben, der die einzelnen dahingehörenden Verbindungen unterzuordnen sind. N u ß ö l (Walnußöl, Oleum Juglandis). Durch Pressen aus den Walnüssen gewonnenes, grünliches, später hellgelbes, geruchloses mild schmeckendes, schnell trocknendes Öl, das leicht ranzig wird. Die erste Qualität dient als Speiseöl, die zweite (durch Pressung der mit kochendem Wasser behandelten Preßkuchen von Ia-Produkt) als Ersatz des Leinöls in der Anstrichtechnik, sonst auch in der Seifenfabrikation. Heist.: W a l n u B ö l : König & Wiegand, Hamburg 11.

o. Octane, Grenzkohlenwasserstoffe C„HI8, mit unverzweigter (n-Octan) oder verzweigter Kette. (n-Normal-)Octan, Sp: 124°, bildet mit Hexan und Heptan den Hauptbestandteil des käuflichen Benzins. Dem Kohlenwasserstoff entspricht der durch Destillieren von Ricinusölseife mit Ätzalkali erhaltbare Octylalkohol (s. NonylVerbindungen) und weiter das durch Ausschütteln mit Bisulfit isolierbare M e t h y l h e x y l k e t o n CH 3 .CO. (CH2)6.CII3, ein aromatisch riechendes Öl für die Riechstoffchemie. Host.: O c t a n : Dr. Th. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz (aus Petroleum und synthetisch).

Ö f e n für die chemische Technik, sind Vorrichtungen zum Erhitzen von Stoffen. Jeder Ofenprozeß bewirkt eine mehr oder weniger durchgreifende Zustandsänderung der erhitzten Materie, und zwar entweder durch die Hitze allein oder durch die gleichzeitige Beeinflussung des Stoffes mit Flammengasen und Brennstoffbestandteilen. Es gibt nach Art der Heizung: 1. Öfen ohne Feuerungsanlage, in denen die zu erhitzenden Körper mit den Brennstoffen in direkte Berührung gelangen. 2. Öfen, in denen das Gut nur mit der Flamme in Berührung kommt und durch diese sowie durch die heißen Ofenwände erhitzt wird; 3. Öfen, in denen die Körper sich in Gefäßen befinden, die von außen erhitzt werden; 4. Elektroofen mit direkter oder indirekter Erhitzung des Einsatzes mittels des elektrischen Stromes. l a . Die H e r d ö f e n bestehen aus niedrigen Feuerstätten oder Gruben, entweder ganz offen oder an einer oder mehreren Seiten von niedrigen Wänden umschlossen. Die Verbrennung des in direkter Berührung mit dem zu erhitzenden Körper befindlichen Brennmateriales geschieht entweder durch natürlichen Luftzug oder durch Gebläseluft. — 1 b.> Die S c h a c h t ö f e n haben einen gemauerten, mehr hohen als weiten Raum (Schacht); seine oberste Öffnung (Gicht) dient zum Beschicken mit den zu erhitzenden Körpern und mit Brennstoffen, die Sohle ist gemauert oder zum Rost ausgebildet. Die festen und flüssigen Produkte werden durch Öffnungen an der Schachtsohle entfernt (abgestochen). Die Verbrennung des Brennmaterials geschieht durch unten eingeführte (entweder angesaugte oder durch Düsen eingeblasene) Luft; die oben entweichenden Verbrennungsgase bestreichen auf ihrem Wege durch den Schacht das zu erhitzende Material. Man benutzt die Schachtöfen zum Rösten (Röstöfen), zum Schmelzen (Schmelz-, z. B. Pyritschmelzöfen), zum Kalkbrennen (s. Block, Das Kalkbrennen im Schachtofen) und zum Verdampfen; Schachtöfen von über 4,5 m Höhe bezeichnet man auch als Hochöfen. Vielfach sind die Schachtöfen übrigens auch mit der noch zu besprechenden zweiten Gruppe verwandt; sie haben dann eine besondere Feuerung, und nur die Flamme schlägt in den Schacht hinein; neuzeitlich ist meist Gasfeuerung im Gebrauch. Zu den Schachtöfen gehören auch die Kupolöfen für 0,3—11 Stundeneinsatz, z. B. der Höchster Debuswerke. Schmelzgut und Schlacke fließen dauernd direkt (Sumpföfen) oder über einen Vorherd (Spuröfen) oder in einen tiegeiförmigen Schachtunterteil ab, aus dem durch obere Öffnung die Schlacke ständig fließt, während aus unterer, mit Lehm gestopfter Öffnung das Gut zeitweise abgestochen wird. S. Eisen. 2. In den F l a m m - ( R e v e r b e r i e r - , reverbero = abprallen)öfen mit der Länge und der Breite nach entwickeltem Herd schlägt die Gas- oder Teeröl-(Huber u.

Öfen

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Autenrieth, Stuttgart)flamme über das Gut und heizt gleichzeitig Decke und Wände des Ofens, die ebenfalls Wärme auf die Schmelze strahlen. Auch von der flammenlosen Oberflächenverbrennung eines Brenngasgemisches wird Gebrauch gemacht. Sie erfolgt ohne sichtbare Flamme innerhalb. einer feuerfesten porösen zusammenhängenden oder einer körnigen geschichteten Masse, z.B. in derart hergerichteten Feuerungsanlagen metallurgischer Öfen. Zu den Flamm- gehören die Schweiß-, Puddel- und Schmiedeöfen (Simplonwerke A. Baumann in Aue), auch die Glühöfen (z. B. von B. Schilde, Hersfeld, f ü r flammlose Verbrennung mit gasgeheiztem körnigem „Katalysator" aus hochfeuerfestem Schamottematerial). — 3. Im schacht-, kuppel-, kannen-, herdförmigen Heizraum der G e f ä ß ö f e n stehen oder liegen (regellos dichtgepackt, s. Ultramarin) Tiegel, Töpfe, Kästen oder es sind Röhren (Muffeln) eingebaut, die in der Gebläse-Gasflamme oder mit Koks-, auch Ölfeuerung von außen erhitzt werden. Im HempelLabor-Leuchtgasofen reicht von außen durch den Schamottemantel in das Innere •des Tiegels ein Schamotte- oder Metallrohr, durch das Oxydationsluft für den Tiegelinhalt zugeführt werden kann. Die evtl. kippbaren Tiegelöfen dienen vorzugsweise zum Schmelzen von Metallen, die Muffelöfen zum Brennen von keramischen und Emailwaren (s. Keram. Farben, Tropftiegel), Ausglühen von Massenware, zum Härten (s. d.); auch die Trocken- u. Wärmeöfen gehören hierher. — Diese Ofenkategorien werden im einzelnen noch weiter unterteilt, so z. B. die Flammöfen in Herd- und Wannenöfen mit ruhenden oder rotierenden Herden bzw. Wannen, mit oder ohne Vorrichtungen, die das Gut während der Erhitzung rühren oder weiterschaffen, ferner Kammer- und Kanalflammöfen für unterbrochenen und stetigen Betrieb, Revolver- und Drehrohröfen. — Über neuartige ölbeheizte Flammöfen (K. Schmidt G. m. b. H., Neckarsulm) s. Chem. App. 1930, 19. 4. In den E l e k t r o o f e n arbeitet der elektrische Strom entweder auf Grund seiner hohen Hitzewirkung nur thermisch oder elektrolytisch, in welchem Falle zugleich sein thermisches Wirken ausgenutzt oder zusätzliche Heizung angewandt werden kann. Elektrolytisch arbeiten die Vorrichtungen zur Gewinnung der Alkaliund Erdalkalimetalle (s. z . B . Natrium; Magnesium; Aluminium), eigentliche Elektroofen sind jedoch Räume, in denen mittels des Flammbogens, der Widerstandserhitzung oder auf dem Induktionswege Hitze erzeugt wird (s. Salpetersäure; Ca-carbid). Der Lichtbogen kann, zwischen den beiden (Kohle-)Elektroden gebildet, „in Substanz", z. B. mittels Elektromagnete nach unten über das Gut gezogen und ausgebreitet werden, oder durch Strahlung wirken, oder er entsteht zwischen den Elektroden und dem zu erhitzenden Gut (Siemens-, Stassano-, H6roultofen). Die Wärme durch elektr. Widerstandserhitzung (Joule-Wärme) wird vorwiegend im Schmelzgut z. B. zwischen einer in die Füllung eines Gefäßes tauchenden Kohle- und einer in seinem Boden sitzenden gekühlten Stahlelektrode erzeugt (Borchersofen), oder sie entwickelt sich in Widerstandsmasse (Kohle-, Graphit-, Kryptol-, Silundum-, Alundumkörner), auch in den Ofenwänden, die dann ihrerseits die Wärme weitergeben. — I n d u k t i o n s ö f e n sind elektr. Transformatoren, in denen das leitende Schmelzgut die kurz geschlossene Sekundärwicklung bildet; der zugeleitete hochgespannte Primärstrom (Wechseloder Drehstrom) induziert in dieser entsprechend dem Widerstand des Schmelzgutes einen sehr starken Sekundärstrom, der die Erhitzung nach dem Widerstandsprinzip bewirkt. In einem solchen Kjellin-Ofen (vielfach abgeändert z. B. von Hjorth, Röchling-Rodenhauser u. a.) füllt das Eisen einen oder mehrere ring- oder achterförmige Schamottekanäle aus, die den zentral stehenden Magnetstab als Träger der Primärspule umgeben. In England und USA. dient zum Schmelzen von Messing, Cu-Ni-, Ni-Ag-, Ni-Fe-legierungen auch zum kontinuierlichen Glasieren von durch den Ofen wandernden Töpferwaren (2 St. gegen 8 Tage mit ruhendem Gut) der elektr. Hochfrequenzinduktionsofen. In den sehr einfach

42

Blilchers Auakunftsbudi. 16. Aufl.

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Öfen

gebauten Ajax-Northrup-Öfen (Tiegel in der Induktionsspirale, Zwischenraum mit Zirkon ausgefüllt) vermag man im Hochfrequenzfeld 6 Ztr.-chargen Ni-Ag pro St. mit 6—7 kWst-aufwand pro Pfund Metall einzuschmelzen. — Die Energieund Stoffbilanz eines 4500 kW-Carbid- und Ferrosiliciumofens bespricht E. Schlumberger in Angew. Ch. 1927, 141. — Lichtbogen-Flammofen, Bauart Ruß: H. Illies, Metall 1930, 1041. Z u s a m m e n f a s s u n g . — Man e r z e u g t h o h e T e m p e r a t u r e n : 1. mittels exothermisch verlaufender Reaktionen, a) Brenngas-(H 2 , Acetylen)Verbrennung im Sauerstoffstrom (autogene Schweißung) oder im elektr. Lichtbogen (atomarer Wasserstoff s. Metallheißbearb., Schweißen); b) Explosion detonierbarer Gasgemische (Knallgas 3500°, Cyan-Sauerstoff 4600°, allerdings nur sehr kurze Zeit); c) Aluminothermie. — 2. Durch Umwandlung elektrischer Energie, a) Erzeugung Joulescher Wärme (Heraeus-Hanau-Widerstandsofen, Platinbandwiderstand, 1400°; Osram-Studienges.-Berlin-Ofen, Wolfram- und Molybdänwiderstand, für höhere Hitzegrade; Kurzschlußöfen von Wartenburg, Fehse, Tamann, Herlberger u. a. mit Elektroden aus Graphit (2000°), Wolfram (3300°), Kohle (3500°) evtl. Borcarbid (vielleicht bis 4000°); b) Induktionsofen für Hochfrequenzströme bis 3300° (Kaiser Wilhelm-Institut für Eisenforschung); c) Kathodenstrahlofen (v. Wartenberg, Tiede, Gerdien) für Hitzekonzentrierung auf engen Raum (Wolframstücke schmelzen im Strahlenbrennpunkt, die Schmelze gerät ins Sieden); d) Lichtbogenofen von Fehse und Schröder (Osramwerke) mit Wolframelektroden evtl. im Vakuum. Die einzelnen Ofentypen und ihre Wirkungsweise sind bei den einzelnen Prozessen beschrieben, so die mechanischen Röst-(Flamm-)Öfen beim Kupfer, Drehrohröfen im Abschnitt Zement, elektrische Öfen bei Calciumcarbid, Aluminium usw. Über Einzelheiten, Bauarten, auch der zahlreichen Labor- und Versuchsöfen, geben die von den oben- und nachstehenden Firmen anzufordernden Schriften Auskunft. — S. a. Feuerungsanlagen; Thermometrie; Lagermetalle; Glas (schmelze); Kupfer 1; Laborgeräte (Bez.); Tonwaren (Bez.); Metallemaillierung. UL: (nur wenige Neuerscheinungen konnten aufgenommen werden; s. die Kataloge von Springer, Berlin; Spamer, Leipzig, de Gruyter ii. Co., Berlin und der anderen Großverlage): J. Billiter, Elektr. Öfen, Halle 1928. — N. Dolch, Drehrohrofen, Leipzig 1927. — L. Litinsky (Herausgeber), Der Industrieofen in Einzeldarst. (von Fachmännern), Leipzig 1926 u. f.; bisher 4 Bde erschienen. — Einen neuen Hochtemperaturofen nach dem Prinzip der Oberflächen-Verbrennung für Hitzegrade bis 2100° erreichbar, mit Stadtgas(15—1700* schon S Min. nach den Anheizen, beschreibt Ryschkewitsch in Chem. Fabr. 1930, 61; B. a. I. D'Ans, ebd. S. 41. — Über Ofenbau und feuerfeste Erzeugnisse auf der Ausstellung Gas und Wasser zu Berlin berichtet mit Angabe zahlreicher Bezugsquellen fflr feuer- und säurefeste Erzeugnisse L. Litinsky tn Feuerfest 1929, 149. — S. a. Teilkataloge Nr. 284—287 der Stellawerk-A.-G., vorm. Willisch & Co., Köln 1, die erschöpfende Auskunft über alle Arten von Öfen, über Materialauswahl u. dgl. bringen. — Über die Selbstherstellung elektrischer Widerstandsöfen s. K. Schwarz-Bergkampf, Chem. Fabr. 1929, 519; vgl. ebd. 1930, 41. — Über Ofengestaltung u. metallurgische Umsetzungen s. Kohlmeyer, Metall u. Erz 1930, Heft 1. — W. Fehse, Elektrische Öfen mit Heizkörper aus Wolfram, Braunschweig 1928. Sammlung Vieweg, Heft 90. — Hans v. Jüptner, Der Industrieofen in Einzeldarstellungen Bd. 1, Wärmetechnische Grundlagen der Industrleöfen, Springer-Leipzig, 1927. — A. Bräuer u. Jos. Reitstötter, Elektrische Öfen, Akad. Verlag, Leipzig 1936. — Wotschke, Grundlagen des elekti;. Schmelzofens, Knapp-Halle 1933. — A. Hielscher, Mengen- u. Güteleistung des Ringofens, 1940. brenner Ofenbau G. m. b. H., Essen. — H o c h t e m p e r a t u r ö f e n - g a s b e h e i z t : Degussa, Frankfort a. M. — Dtsch. Gold- u. Silber-Scheideanstalt, Frankfurt. — I n d u s t r i e ö f e n : Albert Baumann, Simplon-Werk, Aue i. Sa. — Herrn. Bröcker, Hamburg-Harburg 1. — Elektro-Schaltwerk A.-G., Göttingen 88. — Stefan Grötz, Pforzheim. — Hager & Weidmann A.-G., Bergisch-Gladbach. — Karl Ley, Lüdenscheid. — Ofenu. Herdfabrik „Glückauf" Göttingen M. Lackier- u. Trockenöfen. — Herbert Pontzen, Dütseldorf. — Christian Rosenberger, Stuttgart-Zuffenhausen. — G. Schmid, Solingen-Merscheid. — Dr. Schmitz & Apelt, Wuppertal-Langerfeld. — Uhlendorff, Berlin-Hohenschönhausen. — Gustav Waldow, Hilden/Rhl. — Berliner Trocken- u. Lackierofen-Fabrik Hoffmann & Co., Berlin-Neukölln. — Karl Ernst, Solingen 1. — Leim- u. F u r n i e r ö f e n : Diewitz . — Fahlberg-List A.-U., Magdeburg-Südost. — Cliem. J-'abrik Marktredwitz A.- syid Isopropylkreosole: finden sich in der Natur weit verbreitet, ersteres als Hauptbestandteil der Origanum- und einiger Labiatenöle (Thymian-, Bohnenkraut-, Quendelöl), wird technisch durch Extraktion des bis zu 80% Carvacrol enthaltenden Origanumöles mit lOproz. Natronlauge erhalten, kann auch synthetisch, ferner aus dem isomeren Carvon und aus Campher hergestellt werden; bildet ein nach Rauch riechendes, brennend schmeckendes Öl, vom Sp. 235°. T h y m o l , im Thymian- und Ajowanöl enthalten, wird aus dem letzteren ebenfalls durch Schütteln mit Natronlauge ausgezogen, bildet farblose, nach Thymian riechende Kristalle vom Schmp. 51°, Sp. 232°, löst sich leicht in Alkohol, Äther, Chloroform, jedoch erst in 1100 Tl. Wasser, ist mit Dampf leicht flüchtig. Thymol

Kiechsloffbestandteile

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läßt sich synthetisch darstellen durch Sulfonierung von o-Brom-p-cymol mit Oleum zur Cymol-2-brom-5-sulfosiiure, aus der man mit Zinkstaub und Ammoniak unter Druck das Brom abspaltet, um die Sulfosäure schließlich mittels der Alkalischmelze in das Phenol (Ersatz von S0.2H gegen OH) überzuführen. — Die ebenfalls isomeren Phenole E u g e n o l (Allylguajacol) und Isoeugenol haben besondere Bedeutung, das erstere als AusgangsstofT für Isoeugenol und Vanillin, das letztere als Zwischenprodukt der Vanillinsynthese und als Grundlage des Gartennelkenparfüms (Oeillet), beide dienen in der Kosmetik als antiseptische Zusätze. — S a f r o l , Allylbrenzcatechin-methyläther, Ilauptanteil des Sassafrasund Holz-Campheröles, wird aus diesem durch Destillation gewonnen. — Von Oxyden mit Sicherheit bekannt ist nur das C i n e o l oder Eucalyptol C 10 H 18 O, Hauptbestandteil zahlreicher Eucalyptusöle (globulus), ferner vorhanden im europäischen Wurmsamen-, im Myrthen-, Cajeput-, in geringen Mengen auch im Rosmarin-, Spiköl u. a. — P i n o l C ] 0 H l e O ist ein durch Kochen von Pinen mit Säuren erhaltbares sauerstoffhaltiges Produkt, das als Öldenaturierungsmittel für Zwecke der Kosmetik, Farben- und Lackindustrie vorgeschlagen wurde. — S. a. Phenyläther in Phenole. 6. Säuren, Säureester, Lactone. Freie, u. z. nur aliphatische und dann niedere Säuren finden sich als unerwünschte Bestandteile mancher Öle, ineist durch Spaltung unter dem Einflüsse von Licht, durch lange Lagerung und Luft- oder andere Oxydation entstanden, so Essig-, Ameisen-, Buttersäure; die höheren Säuren wie Baldrian-, Palmitin-, Myristinsäure sind normale Bestandteile mancher Öle, letztere z. B. zu 85% im festen Veilchenwurzelriechstoff. Von großer Bedeutung sind hingegen die S ä u r e e s t e r , besonders der Essigsäure (Acetate), die man allgemein erhält beim Stehenlassen oder Kochen des betreffenden völlig wasserfreien Alkoholes mit der Säure oder ihrem Anhydrid, bei Gegenwart von Salz- oder Schwefelsäure bzw. (Acetate) Natriumacetat (wasserfrei), als Kontaktsubstanz. (S. a. Fruchtäther.) Einige der Säureester sind z. Tl. selbst Geruchsträger, sonst wesentliche Bestandteile mancher Riechstoffe und ätherischer Öle, so das B e n z y l a c e t a t , -benzoat und -cinnamat, ersteres im Tuberosen- und Ylangöl, beide im Perubalsamöl, dienen als Fixateure und als Lösungsmittel für künstlichen Moschus in der Parfümerie; B o r n y l a c e t a t , der nach Wald und Tannen riechende Anteil der Fichtennadelöle ist wichtig für die Parfümerie (Tannennadelparfüm), auch als Zwischenprodukt einer Camphersynthese. S a l i c y l s ä u r e m e t l i y l e s t e r wird als künstliches Wintergrün- oder Gaultheriaöl, z. Tl. auch wegen seiner antiseptischen Eigenschaften, technisch in großen Mengen erzeugt. — Wichtige Ester sind ferner: L i n a l y l a c e t a t (Bergamiol), Hauptanteil des Bergamotte- und franz. Lavendelöles, auch anderer Öle; ferner das G e r a n y l a c e t a t in vielen geraniolhaltigen ölen; weiter T e r p i n y l (Cypressen- und Cardamomenöl), C i t r o n e l l y l a c e t a t und schließlich das als „Trefol", auch „Orchidee" genannte, für die Parfümerie wichtige A m y l s a l i c y l a t , das künstlich aus Salicylsäure und Isoamylalkohol dargestellt wird. — Unter den Lactonen, den inneren Anhydriden von Estercharakter ist nur das C u m a r i n von Bedeutung, in Waldmeister, Steinklee, Ruchgras, Hirschzunge u . a . Kräutern, ferner bis zu 1,5% in den Tonkabohnen, aus denen es durch Extraktion gewonnen wird. Künstlich erhält man es aus Salicylaldehyd, Essigsäureanhydrid und Na-acetat (Perkinsynthese), so wie das Naturprodukt, in farblosen, nach frischem Heu riechenden Kristallen vom Schmp. 67° (Heuduft, new mown hay), dient zur Bereitung von Maiweinessenz, als Zusatz zu Tabaksaucen und in der Parfümerie. 7. Stickstoff- und schwefelhaltige Verbindungen. Vom künstlichen Moschus (s. d.) und vom Nitrobenzol (s. Benzol; Teerf.zw.p. 2) abgesehen, letzteres trotz seiner Giftigkeit wegen seiner Seifenkochechtheit und des ähnlichen Geruches an Stelle des Bittermandelöles für billige, allerdings nachdunkelnde Mandelseifen

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früher viel verwandt, spielen die Nitrile, vor allem die Blausäure insofern eine Rolle, als die ungiftigen Phenylfettsäurenitrile sich in manchen Kressenölen vorfinden, die außerordentlich giftige Blausäure jedoch als Glykosidspaltungsstück, vornehmlich des Amygdalins, bei der Destillation vieler Pflanzenöle auftritt, z. T. in den ölen (vgl. Bittermandelöl) oder im Destillationswasser verbleibt und auf diese ihre Giftigkeit überträgt. — Von den b a s i s c h e n Verbindungen haben für die Riechstoffchemie nur die Ester der o-Aminobenzoesäure (Anthranilsäure) und auffallenderweise auch die fäkalartig übelriechenden heterozyklischen Verbindungen Indol und Skatol Interesse. Der A n t h r a n i l s ä u r e m e t h y l e s t e r , (1)NH 2 .C,H 4 .COOCH 3 (2), findet sich in für Geruchs- und Fluoreszenzträger immerhin recht bedeutender Menge, im Neroli- (bis zu 1%), Süßorangen-, Rauten-, Enfleurage-Jasminblütenöl dient zur Erzeugung von synthetischem Orangenblütenöl. — Unter den Schwefelverbindungen besitzen nur die Senf öle, die Ester der Isothiocy ansäure als Pflanzenölbestandteile einiges Interesse. — Mercaptane, Sulfide, Polysulfide, z. T. von üblem Geruch, sind, wenn auch nur in sehr geringen Mengen vorhanden, unerwünschte Begleiter zahlreicher Riechstoffe, so der Schwefelwasserstoff im Kümmeldestillat, Dimethylsulfid in manchen Pfefferminz- und Geraniumölsorten. Riechstoffe. Sie sind wesens- und großenteils auch artgleich mit den ä t h e r i s c h e n Ölen: beide gekennzeichnet durch ihren meist angenehmen Geruch. Während jedoch die letzteren, wie man sie bei relativ niederen Temperaturen aus Pflanzenteilen (Blüten, Wurzeln, Blätter, Rinden usw.) gewinnt, G e m i s c h e von Körpern verschiedener chemischer Herkunft (Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde, Ketone usw.) darstellen, sind Riechstoffe chemische E i n z e l w e s e n oder deren künstlich in gewissem Verhältnis hergestellte Gemenge (komplexe Riechstoffe), erzeugt aus natürlichen oder künstlich gewonnenen Bestandteilen ätherischer Öle, oder aus organischen Körpern, wie sie z. B. der Teerdestillation entstammen, mit oder ohne Zusatz von „Riechdrogen", d. s. manche Balsame oder Harze oder Stoffe tierischer Herkunft wie Ambra, Zibet und Moschus. — Fortschrittsbericht 1926—28 über Ätherischöle und Terpene: Angew. Ch. 1930, 361. — S. a. Diphenylmethan; Seife. Ätherische öle. — Sie finden sich in Samen, Wurzeln, Coniferenharz, -holzund -nadeldestillaten, auch in Gemüsekräutern Mitteleuropas, in südfranzösischen Blüten, italienischen Orangen und Citronen, ostasiatischen und indischen Gräsern, Blättern, Hölzern und Rinden, in amerikanischen Pflanzen aller Art. Man entzieht den tropischen Produkten die ätherischen öle an Ort und Stelle und verfrachtet die Rohöle'oder auch die getrockneten Pflanzenteile nach den Industriestätten. •— Man gewinnt die ätherischen öle durch die physikalischen Prozesse: Pressen, Extrahieren und Wasserdampfdestillieren, selten, wenn die Öle glykosidisch gebunden vorkommen, durch Einleitung enzymatischer oder chemischer Spaltungsvorgänge. 1. Preßverfahren. Nur anwendbar auf die Schalen weniger Früchte (Citronen, Bergamotten, Orangen), deren große Mengen ätherischen Öles in dünnwandigen, leicht sprengbaren Oberflächenzellen eingelagert sind. Man drückt die vom Fruchtfleisch befreiten Schalen gegen einen Schwamm, der das austretende Öl aussaugt oder (alles durch Handarbeit der billigen Arbeitskräfte in südlichen Ländern) gegen auf einem Teller angeordnete Nadelspitzen, um das aus der verletzten Schale austretende Öl zu sammeln. Die Preßmethode übertrifft alle anderen Gewinnungsverfahren der ätherischen Öle hinsichtlich der Schonung des Materiales (Messina-Essenzen). 2. Extrahierverfahren. Industriell angewandt, namentlich in Südfrankreich, auf die Blüten von eigens zum Zwecke der Blütenölgewinnung angebauten Reseden, Veilchön, Akazien, Jasmin usw. Man arbeitet mittels folgender Spezialmethoden: a) E n f l e u r a g e . Die Blüten werden auf mit reinstem geruchlosem

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Fett (Schweinefett) belegte, in einen Holzrahmen eingebaute Glastafeln („chassis") gestreut. Das Fett absorbiert innerhalb 1—3 Tagen, während welcher Zeit manche Blüten, z. B. Jasmin, noch weiterleben und Öl produzieren, das gesamte Blütenöl und weiter noch jenes frisch aufgestreuter Blüten bis schließlich nach bis zu 30maliger Wiederholung des Vorganges die B l ü t e n p o m a d e resultiert, die Handelsprodukt ist, der man aber auch zur Gewinnung der Blütenextrakte (Extraits I, II, III) am Orte der Gewinnung das Öl mit starkem Alkohol, der das Fett nicht löst, entziehen kann. Auch diese Auszüge kommen auf den Markt, sie geben nach Abdestillieren des Alkohols im Vakuum die wertvollsten Produkte, die reinen B l ü t e n ö l e , die evtl. noch durch Rektifikation mit Dampf gereinigt werden. Neuzeitlich ersetzt man das Fett bei der Enfleurage durch A-Kohle und erhält bei deren Petrolätherextraktion eine um 20% gesteigerte ölausbeute. Sie läßt sich weiter steigern, wenn man den Pilanzenteilen vor der Extraktion mittels entwässerter Salze (NaS0 4 , MgS0 4 , Na 2 C0 3 ) das Wasser entzieht. Auch die Fixateure (s. u. 6), z. B. eine warm bereitete Creme aus Sandelholzöl, Benzylbenzoat und 20% mit 90er Alkohol ausgekochtem Paraffin können wegen ihrer Fähigkeit, Riechöle zu binden, an Stelle des Fettes zu deren Gewinnung durch Enfleurage dienen. — b) M a c e r a t i o n , d. i. Enfleurage mit ebenfalls sehr reinen fetten Ölen (Olivenöl gibt so die „Huiles antiques"), oder auch mit Mineralölen oder Fetten, jedoch bei 50—70° bis zur Sättigung des Öles mit ätherischem Öl. Die weitere Behandlung der Blütenpomaden ist dieselbe. — c) E x t r a k t i o n . Die Blüten werden mit niedrig siedenden, sehr reinen organischen Lösungsmitteln (Äther, Benzin, CS2, CC14 usw.) bei gewöhnlicher Temperatur durchtränkt, worauf man das mit Öl gesättigte Lösungsmittel im kontinuierlichen Betrieb in den Vakuumdestillierapparat entläßt und das rückgewonnene Lösungsmittel wieder auf frische Blüten leitet. Im Apparat verbleibt ein butterartiges Gemisch der Blütenöle mit Pflanzenwachs, Farbstoffen u. dgl., die sog. „Essence concrete". Blüten-(Rosen-, Jasmin-)blätter liefern z e r k l e i n e r t mit Petroläther extrahiert 33% Öl mehr als die ganzen Blätter. 3. Destillationsverfahren. Die Blüten oder für diese Gewinnungsart auch andere Pflanzenteile werden in primitivster Weise am Orte der Gewinnung in einem fahrbaren Kessel, der in den Blütendistrikten fallweise verliehen wird, mit W a s s e r ausgekocht, der mit den Ölen beladene Wasserdampf wird in einem Kühler kondensiert, das auf dem Wasser der Vorlage schwimmende ö l gesammelt und in den Handel gebracht. In stabilen Destillationsanlagen bläst man trockenen D a m p f durch die in einem Kupferkessel aufgehäuften Blüten oder fügt Wasser zu dem Material und bläst Wasserdampf ein. Häufig wird „kohobiert", d. h. man destilliert ein gewonnenes Destillat abermals mit Wasser oder Dampf, um besseres Scheiden von Blütenöl und Wasser zu erzielen; vgl. Destillieren. In jedem Falle gewinnt man in einer evtl. zur Florentiner Flasche ausgebildeten Vorlage das in Wasser unlösliche Öl, das jedoch in manchen Fällen, gegenüber dem auf dem Lösungswege gewonnenen Produkt, namentlich was den Geruch betrifft, wesentlich anders ist, da die hohe Temperatur des Dampfes chemische Veränderungen empfindlicher Riechstoffe hervorruft. Besonders ist dies der Fall, wenn man mit überhitztem Dampf bläst; geringere Änderungen des Geruchtones treten auf, wenn man während des Dampfeinleitens im Vakuum arbeitet. Die Wasserdampfdestillation findet daher nur dann statt, wenn die auf anderem Wege nicht oder nur schwierig gewinnbaren ätherischen Öle gegen diese Behandlung genügend widerstandsfähig sind. Über Vakuumdest. im Großbetrieb s. Wüstenfeld u. Luckow, D. Dest.-Ztg. 1929, 855. 4. Spaltung. Manche ätherische Öle, wie Bittermandel-, Birkenrinden- und Senföl, sind in der Pflanze glykosidisch, d. h. an Traubenzucker gebunden vorhanden, so daß eine der genannten Gewinnungsmethoden erst nach S p a l t u n g dieser Verbindung angewandt werden kann. Sie erfolgt mittels Chemikalien,

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besser aber durch das in der betreffenden Pflanze stets vorhandene spezifische E n z y m , das in Wirkung tritt, wenn Glykosid und Enzym zur innigen Berührung gelangen, so beim Pressen der Pflanzenteile zur primären Entfernung des in ihnen meist noch vorhandenen fetten Öles; vgl. A. Ellmer, Riechstoffind. 1929, 105ff. 5. Beurteilung. Chemische Einflüsse, aber auch schon Luft, Licht und Wärme vermögen je nach dem Grade ihrer Einwirkung im Mol. der Terpenabkömmlinge durchgreifende Veränderungen, Aufspaltungen der Ringe, Ringbildung, Umlagerung, Bindungsverschiebung usw. hervorzurufen, und so kommt es, daß dieser Körperklasse keine einheitlichen chemischen Merkmale eigen sind, sondern daß ihre Kennzeichnung so gut wie ausschließlich auf Grund ihrer p h y s i k a l i s c h e n Eigenschaften erfolgt. Die Dichte der Öle: d (gemessen bei einer bestimmten Temperatur; d 15° mit der Westphalschen Waage [s. Dichte] oder bei kleinen Mengen mit dem Pyknometer) schwanken zwischen 0,8 (aliphatische Körper oder Kohlenwasserstoffe) und 1,2 (sauerstoffreiche Öle). Die Bestimmung der o p t i s c h e n A k t i v i t ä t (s. Brechungs-, s. a. Drehungsvermögen): a o (Laurent-, Halbschatten- oder Lippich-Apparat, Schichtlänge des Öles 100 mm, D bedeutet Natriumlicht) ergibt Werte, die zwischen -f 97 und —117° liegen; sie ist bedingt durch die Anwesenheit hydroaromatischer Verbindungen, vorwiegend aliphatische oder aromatische Körper enthaltende Öle sind optisch fast inaktiv; der B r e c h u n g s i n d e x x = nD bewegt sich zwischen 1,43 und 1,61, hat weniger als Konstante für ätherische Öle als vielmehr bei der Konstitutionsbestimmung einheitlicher Körper, also der Riechstoffe, Bedeutung. Der S i e d e p u n k t Sp. oder Kp., als wichtigste Konstante und zugleich Trennungsmethode, wird bestimmt bezw. ausgeführt in Siedekölbchen, mit seitlich absteigendem Rohr, zweckmäßig mit Kugelfraktionieraufsatz nach Ladenburg in der Modifikation von Schimmel u. Co. Die meisten ätherischen Öle sieden ab 155°; bis 180° gehen die TerpenkohlenwasserstofTe, bis 245—250° die Ester und sauerstoffhaltigen Verbindungen, bis 300° die Sesquiterpene über, wenn man nicht, was vorwiegend geschieht, die höher als 180° siedenden Verbindungen im Vakuum übertreibt. Durch wiederholte Fraktionierung der in gewissen Temperaturintervallen übergehenden Anteile gelangt man zu den einzelnen reinen Ölen, auch durch Ausfrieren der „Campher" aus den Handelsölgemischen. Der S c h m e l z p u n k t starrer oder künstlich erstarrter ätherischer Öle ist weniger maßgebend als die Erstarrungstemperatur, da die meisten dieser Körper bei bestimmten Wärmegraden Gemische von Öl und kristallisierter Substanz sind, so daß man durch Bestimmung des Schmelzpunktes der festen Substanz (Homogenität des Ganzen) im Grunde die Temperatur feststellt, bei der sich der feste Anteil (im Handel als „Campher" oder wissenschaftlich als „Stearopten" bezeichnet), im flüssigen Teil (Öl oder Eläopten) löst. Diese festen „Campher" im weiteren Sinne entstehen allgemein als Alkohole und Ketone bei der Oxydation der Terpene. Sie sind meist sauerstoffhaltig, und darum wurden später alle, auch die flüssigen ätherischen Öle, wenn sie sauerstoffhaltig waren, im Widersinn mit der ursprünglichen Benennung mit demselben Ausdruck „ C a m p h e n e " belegt. Man bestimmt den E r s t a r r p u n k t durch Beobachtung der Temperatur, die ein in das Öl eintauchendes Thermometer anzeigt, wenn es nach einigem Stehen in dem durch Impfen oder Reiben an der evtl. eisgekühlten Gefäßwand zur Erstarrung gebrachten Öle seinen höchsten Stand erreicht hat (s. Schmelzen; vgl. Ch. Zbl. 1930, II, 2586). Als letzte Konstante gilt die L ö s l i c h k e i t des ätherischen Öles in wasserhaltigem, je nach der Wassermenge 50—95proz. Alkohol, in dem sich um so mehr sauerstoffhaltige Verbindungen lösen, je wasserreicher er innerhalb der angegegebenen Grenzen ist. Außer Alkohol und Aceton sind mit Wasser mischbare Lösungsmittel f ü r ätherische Öle: Äthylidenglycerin, Malon- und Bernsteinsäureäthylester (AP. 1497 439); s . a . u. 6.

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Die c h e m i s c h e n Untersuchungsmethoden der ätherischen Öle sind zugleich Bestimmungsverfahren der einzelnen Bestandteile des Öles, da ein einheitlicher Analysengang ähnlich wie bei den Fetten und Ölen, die eine chemisch einheitliche Gruppe bilden, ausgeschlossen ist. Man bestimmt durch Titration mit n-Kalilauge die freien S ä u r e n des ätherischen Öles, durch Verseifung mit alkoholischer Kalilauge die Summe der Ester, durch Acetylierung die freien A l k o h o l e , mittels Alkalilauge die v o r h a n d e n e n . P h e n o l e als in ihr lösliche Anteile des Öles und mittels Bisulfitlauge die A l d e h y d e und Ketone, die als Bisulfitverbindungen unlöslich sind. Die A l k y l e alkylierter Oxygruppen lassen sich schließlich durch -Behandlung der Öle mit Jodwasserstollsäure als Jodalkyl abspalten, dessen Dämpfe man in alkoholischer Silbernitratlösung auffängt, wodurch Jodsilber entsteht, dessen Gewichtsmenge ein Maß für die Jodalkylmenge darstellt. — Die p h y s i k a l i s c h e n Konstanten, die c h e m i s c h e n Untersuchungsmethoden und nicht zuletzt die allerdings subjektive, aber sehr wertvolle physiologische G e r u c h s p r o b e des Öles und einzelner seiner Bestandteile, wie sie beim allmählichen Verdunsten eines Tropfens auf Filtrierpapier der Reihe nach hinterbleiben, bieten die Mittel zur Identifizierung der reinen Öle und zur Erkennung von Verfälschungen, die am häufigsten mit fettem Öl, Alkohol, Terpentinöl, Mineralölen, organischen Lösungsmitteln und weniger wertvollen ätherischen Ölen ausgeführt werden. Die Methoden sind aber auch mit geringen Abänderungen anwendbar auf die eigentlichen Riechstoffe, also auf chemische Einzelwesen, die entweder als Gemischbestandteile ätherischer Öle in der Natur vorkommen oder aus ihnen mit oder ohne Zusatz anderer StofTe oder schließlich aus den letzteren allein künstlich hergestellt werden können. 6. Synthetische Riechstoffe und Parfümerien.

Die e i g e n t l i c h e n

synthetischen

R i e c h s t o f f e sind das Ergebnis der planmäßigen analytischen Erforschung der kostbaren natürlichen ö l e von Art des Jasmin-, Orangen-, Cassie-, TuberosenBlütenöles u. v. a., die als Gcmische von Terpenderivaten mit bekannten Körpern der organischen Chemie (Ester der Salicyl-, Benzoe-, Zimtsäure, Acetate, Äther, Aldehyde, auch stickstoffhaltige Substanzen, wie Indol und Skatol, die als Übelgerüche der Fäkalien bekannt waren) erkannt wurden. Es wurden zunächst jene Terpene (Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ketone, Aldehyde wie Citral und Citronellal mit den zugehörigen Alkoholen Geraniol, Nerol, Linalool, Citronellol), dann ihre hydroaromatischen Verbindungen (Terpineole) synthetisch erzeugt und unabhängig von diesen Produkten wohlriechende Verbindungen hergestellt, die, wie z. B. die Veilchenriechstofle Jonen und Iron, zwar nicht in natürlichen zusammengesetzten Riechstoffen vorkommen, jedoch in zahlreichen Beziehungen zu- ihnen und den synthetisierten Körpern stehen. Die organische Chemie verdankt den synthetischen Riechstoffarbeiten ein Großteil neuer Methoden und Arbeitsweisen; umgekehrt finden die technischen Verfahren z. B. des Hydrierens vielfach Anwendung in der Riechstoflchemie; vgl. O. Gerhardt, Riechstoffind. 1929, 155. Schließlich stellte man in den sog. k ü n s t l i c h e n B l ü t e n ö l e n Kombinationen von künstlichen und natürlichen Riechstoffen her, so z. B. künstliches Rosenöl aus Geraniol, Citronellol u. a. Stollen, und gewann so, wenig oder unabhängig vom Preis der natürlichen Öle, dem Ernteausfall und Privilegien der Rohstoffhändler, Produkte stets gleichmäßiger Beschaffenheit, die den Naturölen sehr nahe stehen, zum Teil sogar Pflanzenduftstoffe imitieren, die wie Flieder-, Maiglöckchen-, Hyazinthenöl bis dahin aus den Blüten nicht isoliert worden waren. Man unterscheidet von dieser Art des Kombinierens von analytisch festgestellten isolierten oder künstlich hergestellten Einzelbestandteilen ätherischer Öle die Kunst des P a r f ü m e u r s , der meist nur seinem geübten Geruchsinn folgend unter Zuhilfenahme von Lösungsmitteln in sog. Kompositionsbüretten (s. z. B. A. Burger, D. Parf.-Ztg. 1928, 563) Riechstoffmischungen (Riechmittel, WoTilgerüche, Parfümerien) verschiedenster Art hergestellt und gebrauchsfertig ver-

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packt in den Handel bringt; vgl. A. Müller, D. Parfümerieztg. 1929, 448. — Die W o h l g e r ü c h e (Parfümerien) des Handels sind stets Mischungen mehrerer, und zwar meist mit Alkohol verdünnter Riechstoffe („Essenzen"), da diese in konzentrierter Form (Extraits d'odeur), wenn überhaupt, so doch fremdartig stumpf und keinesfalls so wie die Blüten oder Pflanzenteile riechen, deren frischen Geruch sie nachahmen sollen. So ist z. B. das Kölnische Wasser eine etwa 2proz. alkoholische Lösung sehr verschiedenartiger Mischungen ätherischer Öle (Citronen-, Bergamott-, Lavendel-, Rosmarin-, Orangenblütenöl als Hauptbestandteile), und auch die zahlreichen sog. Taschentuchriechstoffe sind Gemische, die früher der Parfümeur aus Blüteriölextrakten mit Zugrundelegung eines Öles herstellte, das dann dem Wohlgeruch den Namen gab. Heute ist auch diese Verrichtung von der Großindustrie aufgenommen worden. Sie erzeugt die in verschiedener Konzentration, oft kostbar verpackt, auf dem Markt erscheinenden Präparate aus „Infusionen" (d. s. alkoholische Lösungen der Blütenpomaden, .s. o.), „Solutionen" (durch Lösungsmittelextraktion oder Wasserdampfdestillation gewonnene unveränderte Naturgeruchstoffe, „Resinoide") oder „Tinkturen" (s. d., Lös. künstlicher Öle und einheitlicher Riechstoffe), meist unter Zusatz von sog. „ F i x a t e u r e n " . Diese sind hochsiedende Riechdrogen (Ambra, Zibeth, Moschus, Benzoe, Storax, Perubalsam) oder neuzeitl. einheitliche chemische Stoffe, die, u. U. selbst geruchschwach oder geruchlos, durch ihr geringes Verflüchtigungsvermögen auch die zu schnelle Verdunstung der Riechstoffe hindern und in Riechstoffgemischen gleichmäßige Verdunstung aller Bestandteile bewirken, z. B. der Salicylsäurebenzylester (Benzylsalicylat, „Fixateur Agfa"), Zimtsäurebenzyl - (Benzylcinnamat), Benzoesäurebenzylester (Benzylbenzoat), Essigsäuretriglycerid (Glycerintriacetat), Bernsteinsäurediäthyl-, Citronensäuretriäthyl-, Phthalsäuredimethyl-, Phthalsäurediäthylester, Benzoe- und Phthalsäureester des Hexahydrokresols (DRP. 406106), ferner (Sp. in Klammern) : Äthyl- (295°), Butyl- (312°), Amyl-(336°)phthalat, Trikresylphosphat (430°), Resorcindiacetat (236°) u. a. Für viele derartige Stoffe (zugleich Streckmittel) sind besondere Namen eingeführt worden, z. B. Triacetin für das Glycerintriacetat und Solvarom für die beiden genannten Phthalsäureester, Adinol, Eufixin, Fermin, Solutinu. a. — S. a. Fruchtäther und Lösungsmittel (hochsied.). —Vgl. Rehdern, Riechstoffindustrie 1929, 145 ff. Die a l k o h o l f r e i e n oder - a r m e n Wohlgerüche sind Lösungen t e r p e n f r e i e r ätherischer Öle oder mancher künstlicher Riechstoffe in Wasser, wäßrigem Alkohol, Vaselinöl, Fixateuren oder in Propylalkohol, der allein schon aus steuerlichen Gründen nicht als Alkohol gilt. Es lösen sich im Kilogramm Wasser bei 15°; 20 g Phenyläthylalkohol, 10 g Benzylalkohol, je 8 g Vanillin und Bourbonal, 5 g lOproz. Jonon, 2 g künstliches Rosenöl, je 1 g Heliotropin, Aubépine, künstliches Jasminblütenöl, 1,8 g Benzoesäure, 2 g Cumarin, je 0,5 g Hyacinthin und Muguet und 0,2 g Tréfol. Diese Riechstoffe eignen sich daher zur Herstellung alkoholfreier Parfümerien, doch ist es gut, nicht bis zur äußersten Grenze der angegebenen Lösungsfähigkeit zu gehen, da man sonst nicht klare Lösungen erzielt. Sämtliche ätherischen Öle und Riechstoffgemische, die auf alkoholarme Wohlgerüche verarbeitet werden sollen, aber auch alle anderen Handelsparfümerien müssen, wie schon erwähnt wurde, t e r p e n f r e i sein, da die Terpene für den Geruch wertlos sind, die Haltbarkeit der Wohlgerüche herabsetzen und die Trübung jener obengenannten, in gewissen Mengen klar wasserlöslichen Öle beim Mischen mit wäßrigen Flüssigkeiten verursachen. Die Beseitigung der Terpene erfolgt durch Vakuumdestillation der Riechöle oder durch Ausfällung mit verdünntem Sprit. — R i e c h w a s s e r („ätherisches Wasser") ist das bei der Wasserdampfdestillation wohlriechender Pflanzenteile oder ätherischer Öle in der Vorlage nach Entfettung des übergegangenen Öles hinterbleibende wäßrige Destillat, das die wasserlöslichen Bestandteile des Öles enthält. Es sind dies besonders jene

Riechstoff«»

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sauerstoffhaltigen Körper, Alkohole wie Nerol, Geraniol, Citronellol, Phenyläthylalkohol, letzterer der wichtigste Anteil des Rosenwassers, der im Rosenöl selbst nur in geringen Mengen vorhanden ist. Dasselbe gilt vom Anthranilsäuremethylester des Orangenblütenwassers. Man kann diese Riechwässer auch durch Lösen sehr geringer Mengen ätherischen Öles in Wasser (so z. 13. Rosenöl) herstellen (aquae destillatae). Sie finden Verwendung in der Parfümerie und Konditorei, nachdem ihre Bedeutung für die Medizin in dem Maße gesunken ist, als es gelang, die ätherischen Öle und Riechstoffe rein darzustellen. — Die in der Medizin verwendeten e m u l g i e r t e n ätherischen Öle stellt man z. B. nach AP. 1483152 mit den wasserlöslichen Alkalicholaten (gallensauren Salzen), mit sauren Kaliseifen (DRP. 398118) oder einer Mischung von 20% Eiweißpulver und 80% K-bitartrat als Emulgatoren her. — R i e c h s t i f t e , - p u l v e r , - t a b l e t t e n , - k i s s e n (Sachets) werden durch Lösen von Paraffin in der Riechstoffessenz bzw. in der Weise erzeugt, daß man indifferente pulvrige oder festporösc Stoffe (Magnesiumcarbonat, Talkum, Reismehl) mit der Essenz oder dem ätheririschen Öl besprüht, bzw. das Gemisch mit Hilfe eines Klebstoffes in Formen preßt oder es granuliert in Säckchen einnäht. S. Desodorieren. R i e c h s a l z e sind stückige Brocken oder Kristalle von Ammoniumcarbonat oder Kaliumsulfat, die man in gut schließenden Flaschen mit wohlriechenden Essenzen, evtl. auch mit wenig konzentriertem Ammoniak (leicht stechender Geruch) übergießt. R i e c h s c h w ä m m e , als Träger ebenfalls in Flaschen eingeschlossen, enthalten ähnliche Mischungen. T o i l e t t e e s s i g - und Toilettewassersorten sind Gemische von Wohlgerüchen, z. B. Kölnischwasser mit verdünnter Essigsäure oder glycerinhaltigem Wasser; sie dienen als Zusatz zum Wasch- und Badewasser und gehören damit bereits in das Gebiet der kosmetischen Präparate (s. d.), sowie die Mund-, Kopf-, Haarwasser, die gleich den Hautcremes, Pudern, Schminken ihren wirklichen oder öfter eingebildeten Wert den wohlriechenden Essenzen und ätherischen Ölen zu verdanken haben, denen in gewissen Fällen heilkräftige Wirkung zukommt oder zugeschrieben wird. — Nicht minder wichtig ist die Verwendung der ätherischen Öle und der Riechstoffe in der Industrie der S e i f e n , deren bei Verwendung minderwertiger F e t t e oft unangenehmen Geruch sie verdecken sollen (s. Desodorieren) und denen sie auch zuweilen desinfizierende Wirkung verleihen (Campher-, Terpineol-, Terpentinölseifen). Weiter dienen die ätherischen Öle und die Riechstoffe als Ausgangsmaterial zur Gewinnung von in ihnen enthaltenen, h e i l k r ä f t i g wirkenden Substanzen (Eugenol aus Nelkenöl, Thymol aus Ajowanöl u. a.), sie werden ferner, ganz abgesehen vom Terpentinöl, dem wichtigen Lösungsmittel der Harz-, Lack- und Anstrich-, auch der Kautschukindustrie, als Anreibemittel für keramische Farben (Nelken- und Lavendelöl), in der Mikroskopie und als Zusatz zu Tabakbeizen verwandt, und schließlich enthalten Liköre, Branntweine, Limonaden, Konditoreiwaren, auch die Küchengewürze, kleine oder größere Mengen ätherischer Öle, die den genannten Genußmitteln bzw. den mit ihnen zubereiteten Speisen charakteristischen Wohlgeschmack und den letzteren oft auch erhöhte Verdaulichkeit verleihen. S. Fruchtäther. LH.: A. Wagner, Die Parfümerie-Industrie, Halle 1927. •— R. Knoll-A. Wagnfcr, Synthetische und isolierte Riechstoffe, Leipzig 1927. — H. Zander, Weltproduktion und Welthandel von ätherischen Ölen, Berlin 1928. — F. Winter, Handbuch der gesamten Parfümerie und Kosmetik, Berlin 1927. — *A. Müller, Internationaler Riechstoffkodex (deutsch, engl., franz.), Berlin 1929. — Bournot, Ätherische öle mit Einschluß der Parfüme in Graefes Handbuch der organischen Warenkunde, Stuttgart 1929. — A. Wagner, Die Riechstoffe und ihre Derivate, Wien-Leipzig 1929—30. — O. Simon, Laboratoriumsbuch f. d. Industrie der Riech* Stoffe, Knapp-Halle 1930. — Fölsch, Die ätherischen öle, Wien-Leipzig 1930. — Gildemeister u. Hoffmann, Die ätherischen öle III. Bd. 3. Auflage, 192fr—1931. — O. Gerhardt, Das Komponieren in der Parfümerie, Akadem. Verlg. Leipzig 1931.— F. Winter, Riechstoffe u. Parfümierungstechnik, Springer-Leipzig 1933. — Schimmel u. Co. A.-G., Ätherische Öle, Riechstoffe usw. 1938. — Z e i t s c h r i f t e n : Die Riechstoffindustrie, München. — Die Deutsche Parfümerie-Zeitung, Berlin. Bersl: R i e c h s t o f f e , ä t h e r i s c h e Öle, G r u n d r i e c h s t o f f e , N a t u r - u. s y n t h e t . R i e c h s t o f f e , ö l e , D r o g e , E s s e n z e n ; B l ü t e n ö l e : (Von den zahlreichen Herstellerfirmen können nur einige angeführt werden): Eduard Büttner, Leipzig C 1. — Haarmann & Reimer, Holzminden. —- Heinr. Haensch, Pirna. — O. Kluge & Pöritzsch, Leipzig C 1. — Dr. 0 . Martens, München 5. — Dr. Mehrländer & Bergmann,

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Köhren—Rösten

Hamburg 20. — Schimmel & Co. A.-G., Miltitz b. Leipzig. — Deutsche Si-Si-Werke Dr. Mcinecke & Co., Hamburg 23. — Hubert Timm, Konzantra, Hainburg-Bahrenfeld. •— Vanillin-Fabrik, Hamburg 48. — 35. Weinert & Co., Berlin-Weißensee. — Oehrrie u. Baier, Warnsdorf. — Nährmittelfabrik Julius Penner A.-G., Berlin-Schöneberg. — W. Kuttert u. Co., Breslau. — C. A. Büchner, Rudolstadt/Thür. — Aktiengesellschaft f. Client. Ind., Mülhausen-Dörnach/Hls. (Vanillin). Anlagen: P a r f i i m e r i e - I n d u s t r i e e i n r i c h t u n g e n : Fritz Kilian, Berlin-Hohenschönhausen.— R i e c h s t o f f - A n l a g e n : Volkmar Hänig & Co., Heidenau-Süd.

Röhren aus Metall, Holz („Crotoginorohre" mit Schmiedeeisenmantel), Steinzeug, Zement, Glas, Kautschuk (Schläuche, s. d.) usw. wurden fallweise bei den einzelnen Stoffen erwähnt. H e i z s c h l a n g e n sind zur indirekten Erhitzung von Flüssigkeiten oder allgemein Gefäß-(Kessel-)inhalten bestimmte dampfdurchströmte, spiral- oder schraubenförmig in einer oder mehreren Windungen gekrümmte, Rohre aus Eisen, Blei, Steinzeug usw. (s. a. Kühlen). Rohrerzeug, s. Metallheißbearb. (Gießen); Galvanotechnik. — Dimensionen und Gewichte von Metallröhren: „ H ü t t e " des Ingenieurs Taschenbuch. Llt.: V. Mann, Hohre. München und Berlin 1928. — F. Schwedler, Handbuch der Kohrleitungen, 1939. Herst.: R ö h r e n a u s P o r z e l l a n : Staat). Porzellan-Manufaktur, Berlin NW 87. — S t e i n z e u g r ö h r e n : Deutsche Ton- u. Steinzeugwerke A.-G., Krauschwitz. — 11. a u s hochf e u e r f e s t e m M a t e r i a l : Deutsche Gold- u. Silber-Scheideanstalt, Frankfurt. — R o h r e a u s G u m m i : Harzer Achsenwerke G . m . b . H . Bornum a. Harz. — S c h m i e d e e i s e r n e K.: Böhme sonst Ludwig, Heidenau i. Sa. — Sikora «fe Molir, Berlin NO 43. — D. Zauritz, Mallmitz, Kr. Sprottau. — E i s e n - G u ß r o h r e : Wilhelm Lenz. Märkische Rohrwalzereiu. -Zieherei, Hemer, E r . Iserlohn. — Deutsche Gußrohr-Verband G. m. b. H., Köln. — Messingr o h r e : Eisenwerke Neubrandenburg G. m. b. H., Berlin N 20. — Messingwerk Unna A.-G., Unna. — O. Vietze & Co. Menden, Kr. Iserlohn. — R o h r s c h l a n g e n : Mannesmannröhren-Werke, Düsseldorf. — Z i n k r o h r e : Dürener Metallwerke A.-G., Berlin-Borsigwalde. —- A b s c h n e i d e m a s c h i n e n f. R o h r e : Eyrlng & Scheelke, Hamburg-Altona. — Rudolf Reinery, Maschinenfabrik, Hagen-Kabel. — Rems-Werk, Waiblingen i. Wttbg. — R o h r m ü h l e n : G. Polysius A.-G., Dessau. — Friedr. Krupp, Grusonwerk A.-G., Magdeburg. — R.-biegem a s c h i n e n : Climax-Werke A.-G., Aachen. —• Emil Fröhlich, Köln-Bickendorf. — Carl Grübel, Gotha. — B. W. Lein, Hilden. — Wilh. Schröder, Wuppertal-Barmen. — S i e d e r ö h r d i c h t m a s c h i n e n : Heroldwerk W. Herold, Oranienburg 2. — Max Ibach, Remscheid 3. — Willi. Schlechtriem, Remscheid.

Rosenholzöl (s. Riechstoffe). Aus dem Holze der Burseracee Protium altissimum oder der Lauracee Ocotea caudata durch Dampfdestillation in 0,6—1,6% Ausbeute. Es löst sich in 1—2 Vol. 70proz. Alkohol. Rosenöl, Oleum rosarum (s. Riechstoffe). Aus den Blättern verschiedener Rosenarten, insbesondere Rosa damascena und Rosa centifolia durch Dampfdestillation, in Frankreich auch durch Maceration und Extraktion. Bei der Destillation erhält man 0,02%Ö1 und je kg Blüten 1kg Rosenwasser, das die größte Menge des vorhandenen Phenyläthylalkohols einschließt. Rosenöl ist hellgelb, D: 0,960, erstarrt beiZimmertemp. kristallinisch, ist auch in 90proz. Alkohol nicht klar löslich. Verfälscht mit schwer nachweisbaren billigeren Rosenölsorten, ferner mit Geraniol, Palmarosaöl, Walrat. Herst*: Haarmann & Reimer G. m. b. H., Holzmindcn.

Rosmarinöl, Oleum rosmarini (s. Riechstoffe). Aus der heimischen Labiate Rosmarinus off. durch Dampfdestillation der trockenen Blätter in 1,2—2% Ausbeute. Farbloses campherartig riechendes, bitter schmeckendes, an der Luft verharzendes ö l ; lösl. in 0,5 Vol. 90proz. Alkohol, wird mit Terpentin und Campherölfraktionen verfälscht. — Verwendung: Arzneimittel, Parfümerie, Olivenöldenaturierung, Firnisindustrie. Rösten. Unter Rösten versteht man das Erhitzen des Gutes bis zu einem Wärmegrad, bei dem noch kein Schmelzen eintritt, jedoch durch die Reaktionen mit Gasen eine chemische Veränderung des Röstgutes bewirkt wird. Man unterscheidet dabei im wesentlichen: 1. „Das oxydierende Rösten", bei dem die Metallsulfide in Oxyde umgewandelt werden unter Bildung von S0 2 und oft auch anderen flüchtigen Verbindungen, z. B, solcher des Antimons, Arsens, Selens, Tellurs. 2. Bei der „sulfatisierenden Röstung" geht man mit der Temperatur so weit, daß einige Sulfate gebildet, andere dagegen zersetzt werden, wodurch eine Trennung von Metallen durch Auslaugung ermöglicht wird.

Rotholz

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3. Die „chlorierende Röstung" besteht in einer Zumischung von Kochsalz zum Röstgut und einer oxydierenden Röstung ¡.dabei werden Sulfate zerlegt und bestimmte Metalle an Chlor gebunden und durch Auslaugen abgetrennt. 4. Unter „reduzierender Röstung" versteht man das Erhitzen unter Zuschlagen von reduzierenden festen Stoffen wie Kohle, oder die Behandlung mit reduzierenden Gasen (CO,H2). Oft arbeitet man mehrmals abwechselnd oxydierend und reduzierend, z. B. bei der Totröstung, d. h. der vollkommenen Austreibung von Schwefel, Arsen und Antimon oder zwecks Erzeugung einer bestimmten Oxydationsstufe eines mehrwertigen Metalles, z. B. der Bildung des stark magnetischen Eisenoxyduloxydes. Das Brennen von Carbonaten wie Kalk, Magnesit, Dolomit, Galmei und Eisenspat wird bisweilen auch Rösten genannt. Es handelt sich hierbei aber um eine rein thermische Zersetzung der Carbonate unter Abspaltung von Kohlensäure C 6 H 4 .ONa.COOH. Aus der irn Wasser gelösten (mit Zinnsalz) gereinigten Schmelze wird mit HCl die S. ausgefällt und mit Dampf übergetrieben oder sublimiert oder am besten aus großen Wassermengen (Salicylsäure löst sich in 15° warmem Wasser zu 0,2% in kochendem zu 8%) umkristallisiert. Sie bildet rein weiße Kristallnadeln vom Schmp. 157°, läßt sich im hohen Vakuum unzersetzt sublimieren, gibt eine Anzahl charakteristischer Farbenreaktionen (färbt sich z. B. mit Eisenchlorrid violettrot und dient l'ür sich und in Form ihrer zahlreichen Salze und Abkömmlinge in dre Heilkunde und Kosmetik als Streupuder (z. B. Adorin, Salicylsäure-Polymerformaldehyd-Pulvergemisch), auch als Zwischenprodukt der Teerfarb- und Riechstoffchemie (z.B. 5-Aminosalicylsäure für Diamantschwarz; s. a. Oxybenzaldehyde in Benzald.) und zur (unzulässigen) Konservierung von Lebensmitteln, z.B. als Aseptinsäure (d. i. ein Bor-Salicylsäuregemisch zur Eierkonservierung). Zu den wichtigsten A b k ö m m l i n g e n der Salicylsäure zählt ihr Acetylderivat, das „Aspirin", C 6 H 4 (l)O.COCH 3 (2)COOH, erhaltbar durch Acetylieren von Salicylsäure mit Essigsäureanhydrid bei Gegenwart konz. Schwefelsäure bei schließlich 90°. Oder man erhitzt Salicylsäure mit Natriumacetat und p-Toluolsulfochlorid. Farblose Kristallnadeln'von säuerlichem Geschmack, Schmp': 135°, ziemlich schwer in Wasser, leicht in Alkohol und Äther löslich. Wird als Säure und in Form seiner Salze (Na-, Li-, Ca-salz) und Ester (Methyl-, Äthyl- und Menthylester) in der Medizin verwendet. Li-Aspirin ist Hydropyrin, Ca-A. das sog. lösliche Aspirin. N o v a s p i r i n ist Salicylsäure-methylen-citronensäureester. — Durch mehrstündiges Erhitzen der Acetylsalicylsäure aus 200—210°

Salpeter

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erhält man das Salicylsäureanhydrid (^¡H^ChCO, Salicylid, als weißes Pulver, löslich in Chloroform, Eisessig, Benzol, beginnt bei 210° zu sintern und ist bei 261° völlig geschmolzen; dient als Ausgangsmaterial für andere Derivate, z.B. Nitrosalicylid, und sonst, wie die Salze der Salicvlsäure (Na, Li, Ca, Mg, Bi, Hg), und deren E s t e r in der Heilkunde. Die Salole (Fabrikation s. O. Herzog, Pharm. Presse 1927, 293) sind Salicylsäure-Phenol-(Naphthol-)ester; das „Salol" des Handels, ein wichtiges Arzneimittel und Bestandteil kosmetischer Präparate (Odol), ist Salicylsäurephenylester C6H4(2)OH(l)CO.O.C6H5, durch Erhitzen molekularer Mengen von Natriumsalicylat und Phenolnatrium mit wasserentziehenden Mitteln (Phosphorchloride) in Benzollösung. Farblose Kristalle vom Sehmp. 42-^43°, in Wasser fast unlöslich, leichter in Alkohol und sehr leicht löslich in Äther und Chloroform; gibt mit Na-metall erhitzt Pimelinsäure. — Chlorosalol, das Gemenge von o- und p-Chlorphenolsalicylsäureester C6H4(OH). CO.O.QI^Cl farblose, fast unlösliche Kristalle, wird arzneilich wie Salol verwendet. Acetyl-p-aminosalol C6H4(2)OH(l)CO.O.CsH4(4)NH.COCH3, Schmp: 187°, kaum wasserlöslich, ist das Saloplien, erhalten aus dem betr. Salicylsäure nitrophenolester durch Reduzieren und folgendes Acetylieren. —• Salipyrin ist salicylsaures Antipyrin. — Salicylsäure methy lest er CeH4(OII)(COOCH3) Hauptbestandteil des Gaultheriaöles, synth. billig erhaltbar durch Kochen der Salicylsäure mit Methanol und Schwefelsäure, ist ein wichtiger Riechstoff mit antiseptischen Eigenschaften. In dieser Hinsicht überlegener ist jedoch der Methylester der p-Oxybenzoesäure (diese selbst wie die Salicylsäure aber aus Kalium-phenolat und C02 bei 180° im Autoklaven); er dient neuzeitlich an Stelle der Salicyl- und Benzoesäure (und deren Salzen) als „Nipagin" (I. G.) oder Solbrol (Nipakombin: Äthyl- und Propylester) zum Konservieren von Lebensmitteln (Fruchtsäften), auch von dünner H202-lösung, zur Verhütung des Schimmeins von kosmetischen Erzeugnissen, Schrumpfkapseln u. dgl.; vgl. Chem.-Ztg. 1930, 724. 2 Mol. Salicylsäure miteinander verestert geben die Salicylo-Salicylsäure C6H4(COOH).O.OC.CeH4.OH, das „Diplosal" (Boehringer), ein reizloses, erst im Magen allmählich zerfallendes Heilmittel. Benzoyl-Salicylsäuremethylester ist Benzosalin, Hypnosal, Hamalon. Herst.: S a l i c y l s ä u r e (-salze, -ester, -äther, -abkömmlinge): I. G. Farben, Frankfurt a. M. — Chem. Fabrik Aubing G. in. b. II., Aubing b. München. — Gelle & Co. A.-G., l>resden-N. 6. — E . Merck- Darmstadi. — Riedel-de Haen A.-G., Berlin. — S a l i p y r i n : Riedel-de Ha6u, Berlin. —• S a l i c y l s ä u r e a n l a g e n : Volkmar Hänig & Comp. Heidenau-Süd.

Salpeter, nach dem Sprachgebrauch zwar Kaliumnitrat (s. a. die Metall- und Ammonverbindung ), der Bedeutung gemäß jedoch der Chile- oder Natronsalpeter, Natriumnitrat, NaN03, findet sich in abbauwürdigen Mengen nur am Kordillerenostabhang Chiles, einer völlig regenlosen Zone von etwa 180 km Länge. Im ganzen war die Salpetergewinnung in Chile bis vor kurzem eine Summe primitiver Einrichtungen, bis die gewaltige Entwicklung der Luftstickstoffindustrie die Monopolstellung der Natursalpetergewinnung in so hohem Maße bedrohte, daß dorj unter Führung des Guggenheim-Konzerns in kurzer Zeit eine neue Salpeterindustrie entstand, die, mit vervollkommneten Apparaten, neuen, z. Tl. aus der hochentwickelten Kaliindustrie übernommenen Verfahren und im ganzen nach rationellerer Arbeitsweise vorgehend, heute bereits soweit gefestigt ist, daß dem Chilesalpeter auf lange Frist hinaus bedeutende Absatzgebiete gesichert bleiben dürften. Umsomehr, als bereits auch die durch frühere unrationelle Arbeitsweise angehäuften noch stark salpeterhaltigen Halden und abgelagerten unzureichend gelaugten Schlämme, also ein kostenloser Rohstoff, mit allen neuzeitlichen Mitteln (Zementrohrmühlen, Nutschen, Vakuumverdampfer, Gegenstromlaugeapparat usw.; vgl. die Fließdiagramme in Chem. Fabr. 1929, 339) aufgearbeitet werden. — Der Rohsalpeter enthält durchschnittlich (usancemäßig garantiert) 94% NaN0 3 ,

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Salpetersäure

daneben 1—2% Kalisalpeter, der ihm gleichgerechnet wird, dieselbe Menge unschädliches Kochsalz, 2% Wasser, Mg-salze (Mg-sulfat und das unerwünschte -chlorid), Gips, dann aber auch N a t r i u m p e r c h l o r a t , ein starkes Pflanzengift, das die Verwendung des Chilesalpeters zu Düngezwecken (80% der Produktion) beeinträchtigt. Man löst Salpeter mit mehr als 0,8% Perchlorat in kaltem Wasser und filtriert die sich stark abkühlende Lösung (Kältemischung) von dem bei so niederer Temperatur unlöslichen Perchlorat ab. — Im Handel ist noch: durch gewöhnliches Umkristallisieren gereinigter mehr als 99proz. Salpeter und ferner sog. Salpeterabfall, das Eindampfungsprodukt des Kielwassers von Salpeterschiffen; enthält Kochsalz mit 18,2—24,3% NaN0 4 , etwas Kali und 3—4% Stickstoff. — Reiner Chilesalpeter kristallisiert in würfelähnlichen Rhomboedern, schmeckt kühlend salzig, zieht' an der Luft Feuchtigkeit an, ohne jedoch zerfließlich zu sein, schmilzt bei 310°, beginnt sich wenig darüber in Na-nitrit und Sauerstoff zu zersetzen; löst sich in Wasser unter starker Abkühlung. 100 Tl. Wasser lösen bei 0° 10° 20° 30° 73 80 88 96

40° 105

50° 114

60° 125

70° 136

80° 148

90° 161

100° 120° 175 209 Tl.

Er dient in erster Linie wegen seines Stickstoffinhaltes als Düngemittel, außerdem wegen seiner oxydativen Eigenschaften in geringen Mengen für Bergbau-Sprengstoffe, zur Nahrungsmittel-(Fleischpökelung) Konservierung, im Kattundruck, als Zusatz in der Glas- und Emailleindustrie. Seine Konvertierung zu Kalisalpeter s. Kalisalze (-nitrat). Die Herstellung von Salpetersäure aus Natriumnitrat ist z.' Zt. unwirtschaftlich. In Ländern mit eigener Luftstickstoffindustrie, allen voran in Deutschland, sinkt die Chilesalpetereinfuhr fortschreitend in dem Maße, als durch Neutralisieren 50prozentiger, der Ammoniakverbrennung entstammender Salpetersäure mit Soda und Eindampfen oder aus den dort anfallenden Endabsorptionslaugen Na-nitrat erzeugt wird. — S. a. Kalisalze (-nitrat); Düngemittel 4. — Weinender Salpeter: Ca.verb. (-nitrat). Heist: Stickstoff G. m. b. H. Abtl. Stickstoff f. techn. Zwecke, Berlin NW 7.

S a l p e t e r s ä u r e . HN0 3 , Scheidewasser, Acidum nitricum, Aqua fortis, findet sich in der Natur nur in Salzform, gebunden an Natrium (Chilesalpeter), auch an andere Alkali- und Erdalkalimetalle, jedoch bis auf den Salpeter nirgendwo in größeren Mengen. Man gewinnt die Hauptmenge der Salpetersäure in Deutschland und z. Zt. auch in den meisten anderen Ländern Europas durch Ammoniakoxydation. Die früher ganz allgemein übliche Herstellung von Salpetersäure durch Zersetzung von Chilesalpeter mit Schwefelsäure hat in Deutschland nur noch historisches Interesse, während sie besonders in Amerika noch eine gewisse Rolle spielt. Auch die Luftverbrennung ist zunächst so gut wie verlassen, der letzte norwegische Betrieb hat sich auf die NH 3 -oxydation umgestellt, z. Zt. arbeitet noch eine europäische Anlage, s. u. 1. A m m o n i a k o x y d a t i o n . Nach diesem heutigen Hauptverfahren der Salpetersäure-Herstellung wird reines Ammoniak- (s. d.)gas, wie man es aus der Synthese erhält, mit übersch. Luft (evtl. mit Sauerstoff angereichert: 2NH 3 + 5 0 2NO + 3H s O) über einen 600—700° heißen Katalysator geleitet. Derselbe besteht aus Platin, und zwar in Form von engmaschigem Drahtnetz (vgl. Chem.^ Ztg. 1929, 325) oder in Form eines dichten Überzuges auf kleinen Porzellankugeln oder aus Eisenoxyd mit einem Zusatz von Mangan- und Wismutoxyd in Form kleiner Körner (I.-G.-apparat). Das Gasgemisch, das möglichst staubfrei sein muß, wird in Wärmeregeneratoren oder durch Strahlung von der erhitzten Katalysatoroberfläche auf 250—350° vorgeheizt und setzt sich dann an ihr in eigener Reaktionswärme bei sehr kurzer Berührungsdauer im Sinne der obigen Gleichung

Salpetersäure

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zu 94—97% des eingeführten Ammoniaks in NO um. Bei der Ammoniakverbrennung nach Pauling ermöglicht ein besonderes Wärmerückstrahlsystem das Erreichen hoher Verbrennungstemperaturen und damit größerer Ausbeute. Über die Herstellung konzentrierter Salpetersäure durch Oxydation von Ammoniak u n t e r D r u c k s. das Vortragsreferat G. Fauser in Chem. Apparat. 1929, 202. — 2. L u f t v e r b r e n n u n g . Stickstoff und Sauerstoff der Luft vereinigen sich bei 3000—4000° zu Stickoxyd nach der umkehrbaren Reaktion N2 + 0 2 ^ 2NO. Der Zerfall in die Elemente macht sich ab 700° bemerkbar, bei 1600° erfolgt er sehr rasch, bei höheren Temperaturen stellt sich Gleichgewicht ein, dessen Erreichung um so länger dauert, je tiefer die Temperatur ist. Wenn sich demnach im Sinne der Nernstschen Rechnung und Beobachtung bei etwa 1800° (abs.) 0,36% NO, 2000® (abs.) 0,64% NO, 2580 (abs.) 2,05% NO, 3200° (abs.) 4—5% NO bilden, so zerfallen diese Mengen auch wieder, und zwar bei 2900° in 3'5/'ioooob Sek.. bei 2500° in Vioo Sek., bei 2100° in 5 Sek. und bei 1500° in 1 U Tag, d. h. also: will man auf dem Wege zur Salpetersäure Sauerstoff und Stickstoff zunächst zu Stickoxyd vereinigen, so muß man erstens die hohe Temperatur des elektrischen Flammbogens zu Hilfe nehmen, zweitens dafür sorgen, daß das gebildete Stickoxyd so schnell wie möglich auf 1500° und weniger abgekühlt wird. Dies ist praktisch nur unter so bedeutenden Verlusten an NO zu erreichen, daß sein verbliebener verwertbarer Rest (die Ausbeute) bestenfalls nur 1,5—2,5% beträgt. Nur 5% der angewandten Stromenergie dienen zur Bildung von Stickoxyd und dementsprechend kostet das kg N hier 60, gegen nur 15kWst Energie bei der Ammoniakoxydation; die Verfahren sind daher wirtschaftlich nur möglich, wenn billigste Wasserkraftenergie verwendet wird, wie z. B. in La Roche de Ram (Südfrankreich). Die Weiterverarbeitung der Gase aus den elektrischen Flammbögen erfolgt prinzipiell gleich wie bei der Ammoniak-Verbrennung. Nur müssen die Absorptionsräume entsprechend der wesentlich geringeren Nitrose-Konzentration und der dadurch bedingten geringeren Oxydations- und Adsorptionsgeschwindigkeit viel größer sein, bezogen auf die Einheit des als Salpetersäure oder Nitrat produzierten Stickstoffs. Auch hier wird die Warme der Gase beim Verlassen des Flammbogens zunächst zur Dampferzeugung benutzt. — Nitrum (Siebert) verflüssigte zeitweise (bis folgenschwere Explosionen Einstellung des Betriebes erzwangen) das Stickstoffdioxyd zum flüssigen Tetroxyd N 2 0 4 , das in eisernen Gefäßen aufbewahrt und versandt werden kann, erzielte so höhere Gesamtausbeuten pro kWh und war in der Lage, aus dem 98proz. Produkt mit Wasser und Sauerstoff in kleiner Apparatur 70—ÖOproz. und aus ihr durch Zusatz von unverdünntem Tetroxyd unter Mitwirkung von reinem Sauerstoff (N 2 0 4 + H 2 0 -f O -» 2HNOs) lOOproz. Salpetersäure zu erzeugen. S. Chem.-Ztg. 1929, 1009. 3. K o n z e n t r a t i o n . Nach den Verfahren der Ammoniakoxydation und der Luftverbrennung erhält man für techn. Zwecke nicht genügend starke Salpetersäure von höchstens 50%. Da das homogene Gemisch Salpetersäure-Wasser bei einer Zusammensetzung von 68% HNO s und 32% HaO ein Siedepunktsmaximum von 121° C aufweist, kann man durch Rektifikation oder Dephlegmation höchstens eine 52,8—65proz. Salpetersäure erzeugen. Zur Höherkonzentration auf 96—98% HNO s -Gehalt verwendet man wasserentziehende Mittel, u. z. fast ausschließlich Schwefelsäure von 66° Be. Wenn man das Ausblasen bzw. Abdestillieren des in der Salpetersäure gelösten N0 2 unterläßt, kann man r o t e r a u c h e n d e Salpetersäure, eine Lösung von N0 2 in konzentrierter Salpetersäure, erhalten. Sie hat eine Dichte von über 1,4 (meist 1,5); ihre Dichte weicht ganz unregelmäßig von jener der farblosen HN0 3 ab (s. u.); besondere Korrekturtabellen (LungeMarschlewski, s. z. B. im Chemikerkalender) ermöglichten die Feststellung der Dichte der wirklich in der rauchenden Salpetersäure vorhandenen HN0 3 .

Salpetersäure

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4. E i g e n s c h a f t e n , V e r w e n d u n g . Die reine lOOproz. Salpetersäure (s. Chem. Zbl. 1930, I, 1110), die als technisches Produkt keine Rolle spielt, ist eine farblose, eigentümlich riechende Flüssigkeit von stark ätzenden Eigenschaften. Tabelle der Dichte von Salpetersäuren verschiedener Konzentration bei 15°, bezogen auf H , 0 von 4° (nach I.unge und Rey). Dichtc 1,000 1,050 1,100 1,150 1,200 1,250 1,300 1,325 1,350 1,375 1.400 1,425 1,450 1,475 1.500 1,510 1,520

100 G e w . - T e i l e enthalten N205 HNO 3 0,08 7,71 14,67 21,29 27,74 34,13 40,71 44,17 47,82 51,69 55,97 60,84 66,24 72,39 80,65 84,09 85,44

0,10 8,99 17,11 24,84 32,36 39,82 47,49 51,53 55,79 60,30 65,30 70,98 77,28 84,45 94,09 98,10 99,67

1 Ltr. enthält kg N2O5 HNO 3 0,001 0,081 0,161 0,245 0,333 0,427 0,529 0,585 0,645 0,711 0,783 0,867 0,961 1,068 1,210 1,270 1,299

0,001 0,094 0,188 0,286 0,388 0,498 0,617 0,683 0,753 0,829 0,914 1,011 1,121 1,246 1,411 1,481 1,515

D: 1,52, Sp:86°, Schmp: — 47°, raucht an der Luft, zersetzt sich beim Stehen im Tageslicht unter Gelbfärbung (Bildung von Untersalpetersäure), leitet wasserfrei den elektrischen Strom schlecht, ist ein starkes Oxydations- und Lösungsmittel für Metalle, giftig; Transport und Aufbewahrung in Glasballons oder Steinzeugkrügen erfordern besondere behördlich vorgeschriebene Maßnahmen. Die Flaschen oder Krüge dürfen nicht in Hüllen aus Stroh oder anderem organischen Material stehen, da diese Stoffe durch auslaufende Säure in Brand gesetzt werden. Verdünnte Salpetersäure wird in Ton- oder gemauerten Steinbehältern, Säure mit mehr als 9 0 % in Aluminiumgefäßen, Salpeter(Misch-)säure mit mehr als 1 0 % konzentrierter Schwefelsäure in eisernen Lagergefäßen gelagert, welch letztere aber vor dem Zutritt feuchter Luft in das Innere geschützt werden müssen. Über den Transport von Salpetersäure s. Chem. App. 1930, 55. — 40- bis 60proz. H N 0 3 , sog. Scheidewasser, löst nur Silber, nicht Gold. — K ö n i g s w a s s e r (aqua regia) ist das Gemisch konz. Salz- und Salpetersäure 3 — 6 : 1 , ersetzbar durch HCl + K- oder Na-NO, oder durch HNO, + NaCl oder NH„C1; geben sämtlich beim Erwärmen (40—50°) Chlor und Nitrosylchlorid (NOC1), die Gold (den „König" der Metalle) lösen. — N i t r o s y l c h l o r i d entsteht als gelbes Gas vom Sp. —5° aus konz. Salz- und Salpetersäure, 3HC1 + H N 0 3 - * N O C T + Cl2 + 2 H 2 0 . N i t r o s y l s c h w e f e l s ä u r e , aus Salpetersäure und Schwefeldioxyd, H N 0 3 + S 0 2 -»• H S 0 4 ( N 0 ) oder aus Stickoxyden und konz. Schwefelsäure, N 2 O s + 2 H 2 S 0 4 2HS0 4 (NÖ), bildet weiße Kristalle, schmilzt nter Zersetzung oberhalb 50°, ist Zwischenprodukt bei der Fabrikation der Schwefelsäure. — Die Salpetersäure wird zur Herstellung der meisten organischen Nitro- und Amido-Verbindungen (FarbstofTzwischenprodukte), sämtlicher Nitrosprengstoffe, der Salpetersäureester des Glycerins und der Cellulose, des Knallquecksilbers und der anorganischen Nitrate, insbesondere der Nitrat-Düngemittel und der Sicherheitssprengstofle verwendet. Außerdem braucht man sie zum Ätzen,

Salpetersäureester—Salz

763

Beizen und Lösen von unedlen und edlen Metallen und als Sauerstoffüberträger zur Fabrikation von H 2 S0 4 nach dem Bleikammerverfahren. S. a. Denitrieren; Stickstoff; Nitron in Thiocarbamid; Schwefelsäure 2; Säurebest.

l i t . : H. Pauling, Elektrische Luftverbrennung, Hallo 192!). — B. Waeser: Die Verwendung v. Aluminium. Stählen, VA-Metallen u. Eisen-Silicium, Legierungen i. d. Salpetersäuretechnik 1928 in „Chem. Fabrik" 1 S. 529. — H. Pauling, Elektrothermie der Gase i. Pirani, Elektrothermie, Berlin 1930. — Kausch, Die Kontaktstoffe der katalytischen Herstellung v. Schwefelsäure, Ammoniak u. Salpetersäure, Halle 1931. Ilerftt.: S a l p e t e r s ä u r e : Friedr. Uhde, Dortmund. — Elektro-Nitrum A.-G. Laufenburg-Rhina (Baden). — Albert Binder, Chem. Fabrik, Halle-Diemitz. — Fahlberg-List A.-G., Magdeburg-Südost. — G. Schuy N'aclif. A l i . Stickstoff'-Syndikat G . m . b . H . , Berlin NW 7. — Schlcsische Aktiengesellschaft f. Bergbau ti. Zinklnittenlietrieb, Kattowitz. — Chem. rein: Schering A.-G., Berlin N 65. Anlagen: S . - A n l a g e n : Zahn & Co., Berlin \V 15. — ltainag Meguin A.-G., Berlin NW 87. — Dr. Pauling, Berlin W 50. — S . - L a g e r u. T r a n s p o r t b e h ä l t e r : W. (I. Heracus G. m. b. H., Hanau.

Salpetersäureester, durch Wasseraustritt aus Alkoholen und Salpetersäure' entstehende Verbindungen vom Typus (Alkoholrest R ) . 0 N 0 2 , z. B. Äthylnitrat aus den Komponenten unter Harnstoffzusatz, angenehm riechend, explosiv. Technisch wichtig sind die Salpetersäureester der Alkohole Glycerin und Cellulose. das sog. Nitroglycerin und die Schießbaumwolle. S. a. Stickstoffoxyde. Salz, abgekürzte übliche Bezeichnung für das bergmännisch oder aus dem Meere und salzhaltigen Seen gewonnene Kochsalz (Steinsalz, Seesalz), Natrium chlorid (NaCl) in der Pharmazie als Natrium „chloratum" geführt, wodurch Anlaß zu gefährlichen Verwechslungen mit dem giftigen Natriumchlorat, dem Natrium „chloricum" der Apotheker gegeben ist (s. K.-verb.). -— Das Salz gehört zu den weitestverbreiteten, in beliebig großen Mengen zur Verfügung stehenden Stoffen. Allein im Meerwasser sind 2,7%, in Salzseen, Solen noch größere Quantitäten vorhanden. Die Salzlager, Ablagerungsstätten der Verdunstungsrückstände von Meeren, so vor allem die Staßfurter, galizischen und bayrischen Lager enthalten das Steinsalz im Gemisch mit anderen leichtlöslichen (Kalium-, Magnesiumchlorid) oder schwerlöslichen Salzen (Gips), zuweilen auch durchsetzt mit bitumenhaltigem Salzton, in einer Form, die die bergmännische Gewinnung des Salzes ermöglicht. Das durch Sprengung abgetrennte, nahezu fremdstoflfreie Rohprodukt kommt als Stücksaiz in den Handel (bis 3 Ztr. schwere „Balbanen", regelmäßig behauen, aus Wieliczka), die durch Laugung im Bergwerk selbst gewonnene Sole wird in Gradierwerken konzentriert und zur Kristallisation gebracht oder man führt sie durch Röhrenleitungen direkt der Weiterverarbeitung auf elektrolytischem Wege zu (s. Alkalichloridelektrolyse). Die salzhaltigen Gradierwerk-Abfallsalzkrusten (Ca- und Mg-carbonat, Gips, kurz die in der Sole enthaltenen Härtebildner) bilden den „Dornstein" (Düngemittel). Deutschlands reinstes Steinsalz mit 99,85% Na Gl kommt aus Berchtesgaden; das Hallstädter Salz mit 98,14% enthält außerdem noch 1,86% Gips, das Staßfurter Kochsalz zwischen 94 und 97% NaCl, 0,1—1% Gips, 3,25% Unlösliches, 0,1% Magnesiumchlorid und geringe Mengen Wasser usw. — Soweit das bergmännisch gewonnene Salz nicht durch Auslesen als mindestens 97—98proz. Ware erhalten werden kann, muß es gereinigt werden. Dies kann auf n a s s e m Wege durch Digerieren des gemahlenen Rohproduktes mit einer 50—80° warmen salzsauren, gesättigten Lösung von reinem Natriumchlorid, Entfernung der Lösung, Decken des Produktes mit einer Salzlösung und Trocknen geschehen; solches Kochsalz enthält dann nur noch 0,104% (ursprünglich 1,21) Unlösliches und 0,0046% (ursprünglich 0,497) durch Soda fällbare Beimengungen. Nach neueren Methoden s c h m e l z t man das Steinsalz und läßt die in ihm unlöslichen Verunreinigungen absetzen oder bläst in die geschmolzene Masse Luft ein oder setzt ihr Phosphorsäure zu, um Eisen zu binden und so ein schneeweißes Tafelsalz zu erhalten, oder arbeitet in der Weise, daß man die Steinsalzschmelze langsam unter Durchleiten von Luft durch Pfannen leitet, in denen freiwillige Sedimentation stattfindet, so daß das reine Kochsalz am Ende der Apparatur ständig abfließt. So bereitetes bestes (Cerebos-)Speisesalz mit 97,4% NaCl und 2,6% Ca-phosphat ist nicht hygroskopisch, ballt nicht zusammen.

764

Salze

Für industrielle Zwecke wird das reine Salz, das in den meisten Staaten hoch besteuert ist, je nach dem Anwendungsgebiet d e n a t u r i e r t , so z. B. durch Färben mit leicht löslichen Teerfarbstollen oder mit Bauxit-Verarbeitungsrückständen, die mit feuchtem Salz färbende Verbindungen eingehen, Mischen mit Melasse, Petroleum u. dgl. (s. a. V i e h s a l z bei Futtermittel). — Das Salz dient als R o h s t o f f für Sulfat, Salzsäure, Soda, Chlor, Ätznatron; als H i l f s s t o f f in der Metallurgie (chlorierendes Rösten), Tonwarenindustrie (Salzglasuren), zum Aussalzen (Teerfarbstoffe, Seife), Konservieren (Nahrungsmittel, tierische Häute), in der Gerberei, Galvanotechnik, für Kältemischungen, zum Auftauen von Eis und Schnee usw. Die Mengen (in 1000 t) des deutschen Steinsalzverbrauches für Ernährung, Großindustrie (Soda, Sulfat, Farben), Gewerbe und Ausfuhr verhalten sich wie 700: 900: 600: 800. Bemerkenswert ist, daß reinste Stücke des Steinsalzes (z. B. aus dem russischen Bachmut-Revier) wegen seiner hohen Durchlässigkeit und Dispersion für ultraviolettes Licht optischen Zwecken dienen können. In am HJcere oder an Salzseen gelegenen Ländern wird in den Meersalinen das S e e s a l z („Baisalz") gewonnen. Im Meerwasser sind 3,5 (Ozeane) bis 3,9% (Mittelmeer) Salze vorhanden, davon 2,7 bzw. 3 Tl. Natriumchlorid (das Tote Meer 24% Salze mit 8 Tl. Kochsalz, der Utahsalzsee 20% Salze mit 16 Tl. Kochsalz). Die Meersalinen sind große flache, am Strande gelegene Becken, sog. B e e t e , in die man im Frühjahr das Seewasser eintreten und allmählich unter dem Einflüsse der Sonnenwärme verdunsten läßt. Wenn die Lösung von ursprünglich 3—4° B6 auf 25° B6 eingedunstet ist, pumpt man die Sole von dem abgesetzten Ton und Gips ab in andere Salzbeete, in denen aus der allmählich 27gräd. Sole sehr reines (bis 97proz.) Kochsalz auskristallisiert; bei stärkerer Konzentration wird das Salz unreiner (94% der II. und 91% der III. Sorte aus den Meersalinen von Giraud an der Rhonemündung; die portugiesischen Salze sind in der III. Sorte nur 80proz. j. Moderne ,,Salzgarten"-anlagen, so die genannten französischen, dampfen dann die vom Kochsalz verbliebenen Mutterlaugen zur Gewinnung von weiteren 60% Natriumchlorid, 40% Bittersalz (Mg-sulfat für die Na-sulfatherstellung) und den Rest Carnallit (s. Kalisalze) ein. — Das teuerste (da zu seiner Gewinnung Eindampfarbeit nötig ist), jedoch wegen seiner feinkristallinischen Beschaffenheit und wegen seiner Reinheit als Speisesalz und für manche chemische Zwecke (Teerfarbstoffindustrie) unentbehrliche Salzprodukt ist das S i e d e s a l z . Die in den deutschen Salinen anfallenden, meist unter Tage bis zur Sättigung (26° Be) angereicherten Solen (z. B. Reichenhall-Rosenheim 23-, Lüneburg 25-, Halle 18gräd.) werden in flachen offenen Eisenblechpfannen (Direkt-, vielfach auch schon Gasfeuerung) in zwei Phasen eingedampft. — N a t r i u m c h l o r i d kristallisiert im regulären System, vorzugsweise in Würfeln von reinem salzigem Geschmack; Schmp: 772°, Sp: 1750°, D: 2,2. Kochsalz löst sich in heißem Wasser nur wenig mehr als in kaltem, und zwar lösen 100 Tl. Wasser von 0° etwa 36, von 50°: 36,7, von 100°: rund 40 Tl. Salz. Die gesättigte Lösung mit 26,5% NaCl besitzt das Volumgew. 1,2, jene von 13%: 1,1, von 1%: 1,007. S. a. Verdampfen; ferner die Salz-Verdampfanlage in Chem. App. 1930, 66. Ltt.: G. Golusda, Zur Rekristallisation von Steinwlz, Sylvin u. Anhydrit, '1939. Herst.: SteinBalz: Deutsches Steinsalz-Syndikat G . m . b . H . , Berlin SW 11. — Speise-, Siede-, I n d u s t r i e s a l z e : Gebr. Eberhardt, Stotternheim. — Bayrische Berg-, Hütten- u. Salzwerke A.-G., München. — Pf&nnerschaft, Bad Frankenhausen (Kyffh.). — Preußische Bergwerks- u. Hütten-A.-G., Bad Dürrenberg. — Saline Lüneburg u. Chem. Fabrik, Lüneburg. — Saline Salzungen A.-G., Bad Salzungen. — Salzwerk Hellbronn A.-G., Hellbronn a. N. — Stader Saline, G . m . b . H . , Stade. — S a l z m ü h l e n : Friedr. Krupp, Gruaonwerk A.-G., Magdeburg. — S a l z g e w i n n u n g s a n l a g e n : Adler & Hentzen, Coswig b. Dresden. — Apparatebau u. Wärmetechnik Faul Knlchaük, Magdeburg. — Bamag Heguin A.-G. Berlin. — G. Sauerbrey A.-G., StaBfurt. — S t e i n s a l z a u f b e r e i t u n g s m a s c h i n e n : Siebtechnik G . m . b . H . , Mülheim-Ruhr. — Ksch-Werke K.-G., Duisburg. — S a l i n e n - E i n r i c h t u n g e n : PauIKnichalik, Magdeburg.

Salze: unter Wasseraustritt entstehende Umsetzupgs-, häufig zugleich Neutralisationsprodukte von Säuren und Basen. Sauerstoff-(Oxy-)salze, nach den Wertigkeitsstufen der Base (des Metalls) z. B. Quecksilber (I)-sulfat = Hg2SO,

Salzsäure

765

und Quecksilber(Il)-sulfat = HgS0 4 (früher als Oxydul- und Oxyd-Sulfat bezeichnet,) entstehen aus Metall oder Metalloxyd (-hydroxyd) und Sauerstoffsäurc (H2- oder H a O-austritt) u. a. a. Wege, H a l o g e n i d e (Haloidsalze) überdies aus Metall und Halogen. Salze sind in wäßriger Lösung weitgehend dissoziiert, die Ionenlösungen leiten daher den elektrischen Strom (s. Elektrolyse). Es gibt neutrale (NaCl), saure (nur ein Teil der Säure-H-atome durch Metall ersetzt) und basische (nur ein Teil der Basen-OH-reste durch Säurereste ersetzt) Salze, •L. B. NaHS0 4 , Na-bisulfat, bzw. BiOCl Wismutoxychlorid; richtiger ist es, die sauren Salze nach der Zahl der in der Säure durch Metall ersetzten Wasserstoffatome als primäre (Mono- z. B. KH 2 P0 4 ), sekundäre (Di-, K 2 HP0 4 ), tertiäre (Tri-, K 3 P0 4 ) im vorliegenden Falle Kaliumphosphate (-sulfate usw.) zu bezeichnen. Ü b e r s a u r e Salze enthalten, meist additiv gebunden, freie Säuremoleküle; z. B. Kleesalz-Oxalsäure an saures oxalsaures Kali gebunden: KH(C0 2 ) 2 . (COOH)2. Ferner: Misch- und Doppelsalze, die ersteren z. B. die natürlichen Silicate, Feldspat KAl(Si 3 0 8 ), die letzteren z. B. viele Kalisalze, wieCarnallit, KCl. MgCl2. 6aq. Solche D o p p e l s a l z e besteheg_aus mehreren Salzmol. in einheitlicher Kristallform, z. B. schwefelsaures Eisenoxydulammoniak. Man erhält sie aus den beiden Komponenten (Ammonsulfat und Ferrosulfat) oder durch Neutralisation eines sauren Salzes mit einer anderen Base, z. B. von neutralem weinsaurem Kali mit Natronlauge zu Kaiium-Natriumtartrat. In wäßriger Lösung sind Doppelsalze vollständig in die einzelnen Ionen dissoziiert, so z. B. der Carnallit MgCl2 + KCl in Mg'.-, K'-, und Cl'-ionen. — D o p p e l t s a u r e sind hingegen saure Salze die Na-bicarbonat oder Salze mit 2 Mol. Säureanhydrid wie K-bichromat. — Die Doppelsalze und die kristallwasserhaltigen, auch manche basischen Salze sind als Komplexe (Einlagerungsverbindungen) aufzufassen, d . h . ihre Kompenenten verhalten sich bei der Dissoziation bzw. beim Erhitzen verschieden. Eisenvitriol FeS0 4 + 7H 2 0, das beim Erhitzen ein Mol. H 2 0 festhält, ist [Fe(H 2 0)„]S0 4 .H 2 0 zu schreiben, wodurch angedeutet wird, daß ein Salz des beständigen Monohydrates H 2 S 0 4 . H 2 0 vorliegt. — O r g a n i s c h e B a s e n bilden Salze durch Säureanlagerung, z. B. CH 3 .NH 2 .HC1 (Hydrochlorid des Methylamins). Die Namengebung der Ester ist häufig jener der Salze nachgebildet, z. B. Äthylbenzoat und Äthylsulfat. — S. Pufferung; Säuren; Basen; Auswittern. Herst.: Salze aller Art: Albert Binder, Halle/S.--Diemitz. — Salz leckst eine: Chemikalien A.C.. Iterlln-Halensee. Salzsäure. Chlorwasserstoffsäure, Acidum hydrochloricum oder muriaticum, HCl, findet sich in der Natur in vulkanischen Gasen oder Dämpfen, die das umliegende Gestein zersetzen, ferner in der Menge von 0,3% im Magensaft; sie leitet daselbst im Verein mit Pepsin und sauren Phosphaten die Verdauung ein und schützt den Organismus vor Infektion durch mit der Nahrung aufgenommene Keime. — Chlorwasserstoff bildet sich durch direkte Vereinigung der Elemente u. z. im direkten Sonnen- oder im aktinischen Lichte z. B. brennenden Magnesiums unter heftiger Explosion (Chlorknallgas), so daß die technischen Verfahren, die zur Herstellung der Säure auf diesem synthetischen Wege dienen, dahin zu wirken haben, daß die Vereinigung der Elemente ruhig und gefahrlos vor sich gehe. Man erreicht dies durch Entzündung der getrennt im molekularen Verhältnis zugeführten Gase an ihrer Vereinigungsstelle in einer Kammer, aus der der gebildete reine Chlorwasserstoff direkt zur Absorption (s. u.) gelangt, oder dadurch, daß man die Vereinigung der Gase auf großen Oberflächen, z. B. in gekörnter Holzkohle, bewirkt, mit der man einen Reaktiönsturm füllt, in den die Gase an verschiedenen Stellen eintreten. Über die Gewinnung von Chlor- oder Bromwasserstoffsäure aus dem Halogen und Wasserdampf mit Koks (450°), Holz- (600°) oder Aktivkohle (350°) bei der gleichen Temperatur mit HolzkohleEisenoxydgemisch, s. z. B. Neumann, W. Steuer und R. Domke, Angew. Chem. 1926, 368 bzw. 374. Mittels roher Braunkohle gelingt die Umsetzung des Chlors

Salzsäure

766

zu Salzsäure nach D R P . 313875 schon bei etwa 100°; vgl. Reinau, Angew. Chem. 1926, 557. Diesen Direktverfahren der Vereinigung von H und Gl z. B. im KoksEisenkontakt dürfte die Zukunft gehören. Nicht nur weil sie Chlor verbrauchen und damit die allgemeinere Einführung der Alkalichloridelektrolyse fördern (s. d.), sondern auch wegen der inzwischen aufgetretenen Veränderungen in den Beziehungen zwischen den seit jeher voneinander abhängigen beiden Produkten: S u l f a t und S a l z s ä u r e . Nach dem ersten Teil des alten Leblanc-Sodaprozesses bringt man das trockene, reine Steinsalz oder See-, auch Siedesalz (beide mit etwa 5 % Wasser, weniger rein) mit Schwefelsäure (Gloversäure von 58—62%) zur Reaktion. Schon in der Kälte beginnend, schnell beim Erhitzen entsteht Bisulfat und 1 Mol Salzsäure: NaCl + H 2 S0 4 -»• N a H S 0 4 + HCl. Das Bisulfat, ehemals in Massen anfallendes Nebenprodukt (s. Salpetersäure), heute notwendigerweise Eigenerzeugnis nicht nur für diesen Zweck (s. Na-verb.), kann auch beim Pfannenprozeß zu etwa 10, höchstens 15% die Schwefelsäure ersetzen, ganz geschieht es im Mannheimer T a b e l l e I. Dichte

von reiner

Salzsäure

bei 15'C, r e d u z i e r t Marchlewski).

auf l u f t l e e r e n

R a u m ' ( L u n g e und

Urad Baumé

VolumGew.

(luftl.H.) 1.000 1.005 1.010 l . o i r. 1.020 1.025 1.030 1.035 1.040 1.045 1.050 1.055 1.060 1.065 1.070 1.075 1.080 1.085 1.090 1.095 1.100 1.105 1.110 1.115 1.120 1.125 1.130 1.135 1.140 1.425 1.145 1.150 1.152 1.155 1.160 1.161 1.165 1.170 1.175 1.180 1.185 1.190 1.195 1.200

0.0 0.7 1.4 2.1 2.8 3.5 4.2 4.9 5.6 6.2 6.9 7.5 8.2 8.8 9.4 10.1 10.7 11.3 11.9 12.5 13.1 13.7 14.3 14.9 15.5 16.0 16.6 17.2 17.7 18.0 18.3 18.8 19.0 19.4 19.9 20.0 20.4 21.0 21.5 22.0 22.5 23.0 23.6 24.0

Oensimeter Grade

N B . Diese Tabelle bezieht sich nur auf c h e m i s c h r e i n e S ä u r e , nicht auf Säure des Handels.

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6 6.5 7 7.5 8 8.5 9 9.5 10 10.5 11 11.5 12 12.5 13 13.5 14 14.5 15 15.5 16 16.5 17 17.5 18 18.5 19 19.5 20

100 Gewichtsteile entsprechen bei chemisch reiner Säure

1 Liter enthält Kilogramm Säure von

reines HCl

Prozent 18gräd. iygrad. 20«rad. 21grä- 2Ny und später, wenn in der letzten Kammer Stickstoffdioxyd NO, vorwaltet, im Sinne der Gleichung: 2S0 2 + 2N0 2 + O -f H 2 0-> 2Ny. Mit überschüssigem Wasser setzt sich die Nitrosylschwefelsäure, die bei Wassermangel in den Kammern in Form der „Bleikammer-Kristalle" auftritt, nach der Gleichung um: 2Ny + H 2 0 ^ 2H 2 S0 4 + N 2 0 3 . Diese so gebildete salpetrige Säure, die entweder als Hydrat oder als Anhydrid zu denken ist, bildet nun aus neuen Mengen SOj, Luft und H 2 0 wieder H 2 S0 4 , so daß theoretisch dieselbe Menge nitroser Dämpfe ein für allemal für eine Schwefelsäurefabrik ausreichen müßte; praktisch entstehen natürlich Verluste.

798

Schwefelsäure

Arten, Eigenschaften, Verwendung der Schwefelsäuren. — M o n o h y d r a t des Handels, ölige Flüssigkeit, erstarrt bei 0°, die großen Kristallblätter schmelzen bei 10°, hat einen Gehalt von 98—99% H 2 S0 4 , D: 1,8384 bei 15° und siedet bei 338°. Besonders gekennzeichnet ist die Konzentration von 98,3%, d. i. eine Säure, die bei 330° einheitlich destillierbar ist, stärkere gibt Anhydrid, schwächere Wasser ab, bis sich die genannte Stärke wieder eingestellt hat. Eine Schwefelsäure von 10% Gehalt siedet bei 102», 20% 105°, 30% 108°, 40% 114», 50% 124», 60% 141,5», 70% 170», 80% 207», 90% 262,5» und von 95% bei 295°. — K o n z , (englische) S c h w e f e l s ä u r e ist eine der hygroskopischsten Substanzen, die aus der Luft begierig Feuchtigkeit aufnimmt (Verwendung als Trockenmittel für Gase) und organischen Stoffen Wasser und seine Elemente entzieht, so daß sie z. T. (wie Zucker oder Stärke) mit konzentrierter Schwefelsäure verkohlen oder kondensiert werden können (Anthrachinon-, Ester-, Ätherbildung). Beim Herstellen von verdünnter, durch Eingießen der konzentrierten Schwefelsäure (1,84) in dünnem Strahle unter fortgesetztem Rühren in Wasser (nicht umgekehrt!), bilden sich unter hoher Wärmeentwicklung Schwefelsäurehydrate; zugleich tritt Kontraktion ein: 100 Tl. Wasser von 10» geben mit 1, 10, 50, 100, 200, 300, 400, 500, 600 Tl. H 2 S0 4 (1,84) Säuren vom Vol.gew.: 1,009; 1,060; 1,248; 1,398; 1,568; 1,678; 1,733; 1,766; 1,782. S c h w e f e l s ä u r e a n h y d r i d ist unterhalb + 17,7° eine feste, asbestähnliche, aus Kristallnadeln (S 2 0 6 ) bestehende Masse, oberhalb dieser Temperatur eine farblose Flüssigkeit; letztere hat die D. (bei 20°) 1,97; Sp. 46,2°. Es ist sehr hygroskopisch, raucht stark an der Luft, löst sicli in Wasser unter Zischen (größere Mengen explosionsartig) zu Schwefelsäure, in konzentrierter zu r a u c h e n d e r S c h w e f e l s ä u r e (Vitriolöl, Oleum). Dieselbe ist je nach der Menge der Bestandteile, von 0—40 und 60—70% S 0 3 flüssig, sonst fest; bei gleichmolekularen Mengen, entsprechend 45% Anhydrid, eine kristallinische Masse vom Schmp. 35», d. i. die Pyro- oder Dischwefelsäure H 2 S 2 0,. Man gewinnt sie durch Ausfrieren aus Oleum bei 0», in Form ihrer Salze, z. B. des K-salzes durch Zusammenschmelzen von Schwefelsäureanhydrid mit K-sulfat. Höherprozentige rauchende Schwefelsäure, wie man sie durch Absorption von S 0 3 in konzentrierter H 2 S0 4 gewinnen kann, erzeugt man durch Destillation des Absorptionsoleums aus Si-gußRöhren oder Pfannen und Einleiten der gebildeten S0 3 -dämpfe in konz. Schwefelsäure bis zum S0 3 -gehalt derselben von 60 und mehr Prozent. DasOleum-DestillierVerfahren von P a u l i g hat den Vorteil, daß man ein von Schwefelsäuredämpfen vollkommen freies Anhydrid in die Absorptionsanlage gelangen lassen kann, da auf der Destillationsapparatur durch eine Spezial-Einrichtung für ausreichendes Dephlegmieren der abziehenden Dämpfe gesorgt ist. — Oleum erzeugt, auf die Haut gebracht, besonders dann gefährliche Brandwunden, wenn man die Stellen, statt sie trocken abzuwischen, mit Wasser abwaschen will. — Die Dichte der rauchenden Schwefelsäure gehen aus folgender Tabelle von Knietsch hervor: %

%

D. (35°) 2NaAg(CN) 2 + Na 2 S entstehende Schwefelnatrium, das den weiteren Angriff der Cyannatriumlauge auf das Erz verhindert, unter gleichzeitigem Zusatz von Kalkmilch und fortgesetztem Rühren zu Thiosulfat oxydiert. Gute Erfolge hatte man auch beim Zusatz von etwa 0,3 kg Bleiacetat pro t des zu laugenden Erzes, wobei jedoch Überschuß des Bleisalzes vermieden werden muß, da es sonst unter Bildung von Bleioxyd und Blausäure (aus primär entstandenem Bleicyanid) unwirksam wird. Blei- und schwefelkiesreiche Silbererze sind für die Cyanidisierung ungeeignet. — E l e k t r o l y t i s c h arbeitet man mit löslichen, gegossenen mit (den Anodenschlamm aufnehmenden) Baumwollbeuteln umhüllten Silberanoden von wenigstens 95% Feinsilbergehalt, arm an Kupfer und Blei, einem bewegten Elektrolyten, der aus einer wäßrigen Lösung von 2 bis 4 % Salpetersäure und 3 — 5 % Silbernitrat besteht, mit Kathodenblechen aus Elektrolytsilber, mit niedriger (250 Amp. /qm) Stromdichte, um das Kupfer gelöst zu erhalten, bis zu der in etwa 2 Tagen erfolgten Auflösung der Anodenplatten, während welcher Zeit automatisch arbeitende Schaber die abgeschiedenen Silberkristalle abkratzen (sie sammeln sich im unteren mit Stoff ausgespannten Teil der geteerten Holzelektrolyseure). Der Anodenschlamm enthält das Gold und Blei, letzteres als Superoxyd, der Elektrolyt reichert sich allmählich mit Kupfer an und wird zeitweise erneuert, das Silber hat einen Feinheitsgrad von 999,5. Abfalliilber. Schließlich wäre noch die R ü c k g e w i n n u n g des Silbers aus Abfällen verschiedener Art, besonders aus photographischen Flüssigkeiten und Emulsionen zu erwähnen. Versilberte Metallgegenstände beizt man mit Salpeter enthaltender konz. Schwefelsäure; Tressen und anderes organisches silberhaltiges Material werden verascht; Silbermünzen, die viel Kupfer enthalten, löst man in Salpetersäure und fällt das Edelmetall als Chlorsilber mit Salzsäure aus oder schmelzt das auskristallisierte Nitratgemisch, wobei nur das Cu-nitrat sich unter CuO-bildung zersetzt, das beim folgenden Auslaugen mit Wasser ungelöst bleibt. P h o t o g r a p h i s c h e Lösungen, verbrauchte Fixierbäder und Emulsionen werden auf sehr verschiedene Art, die durch gleichzeitige Anwesenheit von Gold, anderen Metallén, Salzen usw. gegeben ist, aufgearbeitet. So fällt man z. B. verdünnte Photoemulsionen bei niederer Temperatur in Gegenwart von Ammoniak mit Alaun- oder Eisenchloridlösung oder nach anderen Methoden mit Sulfiden (Schwefelleber), Schwefeldioxyd, durch Zementieren mit Zinkstaub usw. Es empfiehlt sich, stets nur auf angereichertes Material zu arbeiten und die komplizierte Feinsilberherstellung einer Edelmetallschcideanstalt zu überlassen; 300 km Film geben etwa 2,5 kg Silber. •— Altedelmetall-Aufarbeit.vorschr.: E. Rosenbaum, Ch. Ztg. 1930, 743. Eigenschaften, Verwendung. Silber ist das weißeste und nach dem Golde dehnbarste Metall, D : 10,5, Schmp: 961°, der höchsten elektrischen Leitfähigkeit, die gleich 100 gesetzt wird (Elektrolytkupfer 77, Gold 73 usw.). Die Härte des Silbers (2,5—3) steht zwischen jener des Kupfers und des Goldes; an der Luft ist es beständig, wird jedoch durch Schwefelwasserstoff schwarz gefärbt; es ist in Salpetersäure leicht, in Schwefelsäure nur beim Kochen (S0 2 -abspaltig) löslich, löst sich nicht in Salzsäure. Geschmolzenes Feinsilber nimmt aus der L u f t das 22fache seines Volumens Sauerstoff auf, den es beim Erkalten wieder abgibt 52

Blüchers Auskuuftsbuch. 1 « . A u f l .

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Silberlegierungen—Silberverbindungen

(Spratzen), wodurch das Gießen des Metalles nur unter besonderen Vorsichtsmaßregeln (Luftabschluß, Kohlendecke) möglich ist. Zum Desoxydieren von Silberguß eignet sich am besten Phosphorkupfer; die fertige Silber-Kupferlegierung enthält nicht mehr als 0,001% P. — K o l l o i d e s Silber, z. B. Kollargol aus Silbernitrat mit Albumin als Schutzkolloid (Digerieren in alkol. Lösung auf dem Wasserbade), löst sich in Wasser mit brauner Farbe, in Glasflüssen gelb (s. Metallpulver). — Das r e i n e Metall wird kaum verwendet (s. Silberlegier.), so zur Herstellung seiner Verbindungen, zum Anreibeversilbern von Metallen u. Glas (Amalgampasten), zur Erzeugung von Folien (0,00025 mm dick, s. Blattmet.) und feinsten Drähten (1,8 km = 1 g) für Filigranarbeit und Stickereien; auf Bolus oder anderen Trägern niedergeschlagen oder in sonst fein verteilter Form (Silbermohr) zur Anfertigung steril bleibender Bandagen und zur Sterilisation von Trinkwasser; s. u. Oligodynamie. Neuzeitlich werden Silberfolien (s. Metallpulver) auf Kautschukheftpflaster als W u n d v e r s c h l u ß empfohlen; s. Ditmar, Gummi-Ztg. 1930,1049. — Die O b e r f l ä c h e n b e h a n d l u n g des Silbers beschränkt sich auf das Weißsieden kleiner Massenartikel (Knöpfe u. dgl.) mittels heißer Schwefelsäure, auf das sog. „Oxydieren", d. i. Schwarz- oder Braunfärben von Gegenständen, die altertümlich aussehen sollen, mit H 2 S oder Alkalisulfldlösungen und schließlich auf die Erzeugung weiterer Färbungen z. B. mit Uran- und Eisensalz (rot), Kupfervitriol-Weinsäure (blaugrau), Jod-Jodkalium (schiefergrün) usw. litt.: J . Billiter, Die elektrochemischen Verfahren der chemischen Großindustrie, Knapp-Halle, 1923. — Voigt, Da» kolloide Silber, Akademischer Verlag, Leipzig, 1929. — J . Billiter, Neuere Fortschritte der technischen Elektrolyse, Knapp-Halle, 1S30. Herst.: S i l b e r (Metall): Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt, Frankfurt. — Norddeutsche Afflnerie, Hamburg 36. — K o l l o i d a l e s S i l b e r : Chemische Fabrik von Heyden, Badebeul-Dresden. — Byk Guldenwerke A.-G., Berlin NW 87.— Curta & Co., G. m. b. H., Berlin-Britz. — Gesellschaft f ü r Kolloldstoffe m. h. H . , München 25. — A b f a l l s i l b e r : Dr. Gustav Fopp, Chem. ~u. Metallurg. Produktion, Bayreuth. — S i l b e r s t a u b : Georg Wild, Glimmer- u. Brokatfabrik, Bayreuth.

S i l b e r l e g i e r u n g e n . Die für die Herstellung von Münzen und Geräten wichtigste Legierung des Silbers ist jene mit K u p f e r (s. a. o.). 5% des letzteren lösen sich im Silber und verleihen ihm große Härte, mehr als 27% neigen zum Ausseigern, erst mehr als 70% Kupfer färben die Legierung deutlich rot. Kompositionen von gleichen Teilen der Metalle sind noch rein weiß, jedoch nur oberflächlich, im Gebrauch tritt die rötliche Farbe hervor. Der Kupferzusatz verbessert den Klang, die Walz- und Hämmerbarkeit. Silbermünzen enthalten bzw. enthielten in England und Kanada 925, in Rußland 868, in den meisten übrigen Ländern 900 Tl. Silber, Tafelgerät muß in Deutschland mindestens 800 Tausendteile Feingehalt besitzen und gestempelt (gepunzt) sein. „Drittel-Silberlegierung" mit 59 Cu, 28 Ag, 7 Zn, 4 Ni gleicht dem reinen Silber und wird an seiner Stelle auf -Gebrauchsgegenstände verarbeitet. Schmucksachen werden aus 50—98% Ag, 5—1,5% Cu und 45—0,5% Cadmium erzeugt. Silberlot für feine Messingarbeiten besteht aus Silber und 20% Kupfer; Silber-Wolframlegierungen wurden als Platinersatz vorgeschlagen, jene des Silbers mit anderen Metallen (Mn, AI, Zn, Cd, Mg) sind, soweit das Silber in ihnen stark zurücktritt, ohne besondere technische Bedeutung. Die Legierung des Silbers mit B o r (5—6%) ist gelb gefärbt, in Salpetersäure schwer löslich und soll sich durch besondere Widerstandsfähigkeit gegen Schwefeldämpfe auszeichnen; Silber, das auch nur 0,002% Phosphor enthält, ist ebenfalls gelb und neigt nicht zum Spratzen (s. Silber), doch ist der Phosphor schwierig eritfernbar. U L : Beinglass, Chemische Technologie der Legierungen, Leipzig 1926. Heist.: Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, Frankfurt.

S i l b e r v e r b i n d u n g e n , S i l b e r a z i d , AgN s , das Silbersalz der Stickstoffwasserstoffsäure (erhaltbar durch Umsetzung eines löslichen Silbersalzes mit Natriumazid), übertrifft an Initialkraft das Knallquecksilber um das Zehnfache, explodiert jedoch schon beim Zerbrechen eines Kristalles oder bei leichtem Schlag; trozdem ist es in porösen Trägern fein verteilt handhabsicherer als Fulminat, dem es auch

Silberverbindungen

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insofern überlegen ist, als es nicht totgepreßt werden kann, leichter vernichtbare Abfälle liefert, ungiftig ist und seine Verpuffungstemperatur erst bei 286° liegt. — S i l b e r c y a n i d AgCN und sein Kaliumcyaniddoppelsalz AgCN.KCN, aus Silbernitratlösung durch Fällung mit der berechneten bzw. mit überschüssiger Kaliumcyanidlösung erhalten, dienen zur galvanischen Versilberung von Eisen, Kupfer und anderen Metallen. — S i l b e r o x y d aus Silbernitratlösung und Alkalilauge dient zum Färben des Kupfers und Eisens, als Katalysator z. B. bei der Vinylesterpolymerisation zwecks Herstellung eines Celluloidersatzproduktes. — S i l b e r p e r m a n g a n a t ist Bestandteil der amerikanischen Gasmaskenfüllung „Hopcalit I " zur Absorption von Kohlenoxyd, dient zur Herstellung kolloiden Silbers (s. Silber). — S i l b e r c h l o r i d , Chlorsilber AgCl, in der Natur als Mineral Silberhornerz, aus Silbernitratlösung durch Fällung mit Salzsäure oder Kochsalzlösung als käsiger weißer Niederschlag erhaltbar, muß unter Lichtabschluß bereitet, getrocknet und aufbewahrt werden, da es sich am Lichte über Violett schließlich grau färbt. Es läßt sich leicht, auch ohne Säure, durch Metalle (Zn AI, Mg) beim Schütteln in wäßriger Suspension zu metallischem Silber (Silberpulver zur Halogenbindung in der organischen Synthese) reduzieren, auch beim Erhitzen mit organischen Reduktionsmitteln (Zucker, Harz) oder Schmelzen mit Soda und Salpeter kann man aus dem Chlorsilber reines metallisches Silber abscheiden. Es dient als Aluminiumlot, als Putzpulver für Neusilber, in der Photographie zur Herstellung von Gelatine-Emulsionen, Chlorsilberkollodium, Kopierpapieren, zur Anreibeversilberung, als Zusatz bei der Bereitung von Goldpurpur. — S i l b e r f l u o r i d , aus Silbernitratlösung und Fluorwasserstoffsäure, eine merkwürdigerweise im Gegensatz zu den schwer oder unlöslichen Silberhalogeniden an der Luft zerfließliche Substanz, wurde zur Trinkwassersterilisation vorgeschlagen. — S i l b e r j o d i d , AgJ, aus Silbernitratlösung durch Fällung mit Alkalijodid, hellgelb, in Doppelverbindung mit Quecksilberjodid gelblich gefärbt, färbt sich bei 90—100° lebhaft karminrot, dient daher als Anstrich für stark beanspruchte Lager, um deren Heißlaufen anzuzeigen, sonst auch in der Photographie zur Herstellung von Kollodiumemulsionen. — S i l b e r b r o m i d , Bromsilber, AgBr, das phototechnisch wichtigste Silbersalz, erhält man durch Fällung von Silbernitratlösung mit Alkalibromid als zunächst weißes (es gibt noch fünf andere Modifikationen), amorphes Produkt, das nur unter Wasser bei Gegenwart von Brom unverändert bleibt, sich sonst jedoch am Lichte in kürzester Zeit violett färbt. — S i l b e r l a c t a t , Actol, CH 3 .CHOH.COOAg + H 2 0. Wäßrige Actollösungen desinfizieren etwa 3- bis 5mal so stark wie gleichprozentige Sublimatlösungen, dienen 1:100 z. B. zum Tränken der Catgutfäden. — S i l b e r n i t r a t , AgN0 3 , das wichtigste Silbersalz, Ausgangsmaterial für die meisten Silberverbindungen, erhält man aus reinem Silber durch Lösen in fast konz. Salpetersäure. Aus der Lösung von unreinem, namentlich kupferhaltigem Silber fällt man zuerst mit Salzsäure Chlorsilber aus und reduziert es nach erschöpfendem Auswaschen mit Zink, Magnesium oder (s. o.) organischen Reduktionsmitteln. Silbernitrat kristallisiert in beständigen glasklaren Tafeln vom Schmp. 209°. Löslich in Wasser von 0° zu 115

10° 160

20° 215

50° 4ÖÖ

80° 650

100° und unter Druck bei 910%

110° 113° 1110 1940%,

ferner in verdünntem Alkohol von 8,5% zu 158, von 92,5% zu 3,8%, bei 50° lösen sich die doppelten, bei 75° die mehr als dreifachen Mengen. Silbernitrat ist wegen seines spurenweisen Gehaltes an organischer Substanz, die das Salz reduziert, lichtempfindlich, seine genügend lange Zeit belichtete Lösung bleibt dann nach der Filtration beständig. Wie die meisten anderen Silberverbindungen wird auch das Nitrat durch Metalle, besonders Blei und Zinn, zu Silber reduziert und dieses aus seiner Lösung ausgefällt. Es dient wegen seiner bedeutenden fäulniswidrigen, bakteriziden und giftigen Wirkung auf niedere Lebewesen als sehr wert52»

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Silicium

volles Desinfektions- (Trinkwassersterilisierung) und Vertilgungsmittel; ferner auch anderen Zwecken, so als Wäschesigniertinte, Sicherheitstinte, zum Färben der Perlen, zur Brandwundenbehandlung, als Zusatz zu Haarfärbemitteln, in der Medizin als Ätzmittel (Höllenstein, Lapis infernalis). Die größten Mengen des Salzes verbrauchen die Photographie, die Spiegelindustrie, die Galvanotechnik, Kontaktmetallisierung, weiter ist es Bestandteil von keramischen Farben und Lüstermischungen. — S i l b e r s u l f i d , Ag2S, ist wirksamer Bestandteil eines feuer-(s. d.Jmeldenden Thermoskopes. — S i l b e r p h o s p h a t dient als wirksames Desinfektions- und Wundbehandlungsmittel und als Emulsionsbestantdeil photographischer Auskopierpapiere. — S i l b e r r h o d a n i d , AgSCN, ein unlösliches Pulver, das als Ammoniumdoppelsalz zusammen mit Pyrogallol, Na-sulfit und K-bromid als Photobildverstärker vorgeschlagen wurde. — Silber-resinat und - b e n z o a t dienen als öllösl. Stoffe zur Herstellung keram. Dekorfarben, besonders zum Stellen des rötlichen Polier- und Grüngoldtones nach Gelb. — S i l b e r o x a l a t , Ag 2 C 2 0 4 , explodiert beim Erhitzen. — Das dem Knallquecksilber entsprechende S i l b e r f u l m i n a t (Knallsilber) ist das Ag-salz der Knall-(s. d.)säure; ähnlich explosiv ist auch Berthollets Knallsilber, das sich aus ammoniakalischer Silberoxydlösung bei längerem Stehen als dunkler Niederschlag NAg3 oder NAg2H ausscheidet. — Unter den medizinisch wichtigen Silberverbindungen (s. a. kolloides Silber) sind zu nennen: Protargol, Silberalbuminat mit 8% Ag bis zu 50% wasserlöslich; Kollargol (s. Silber), Argochrom, Methylenblausilber mit etwa 20% Ag; Lysargin und Choleval, Kolloidsilber mit Prot- u. Lysalbinsäure bzw. Na-cholat als Schutzkolloide; Fulmargin (s. Metallpulver) u. a. Heist.: S i l b e r V e r b i n d u n g e n : Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, Frankfurt. — Byk-GuldenwerkeA.-G., BerlinNW 87. — Curla &Co., G. m. b. H., Berlin-Britz. — Schering A.-G., Berlin N 6S. — Dr. lä. Dürrwächter, Gold- und Silber-Scheideanstalt, Pforzheim (auch Silberpulver). — Chem. Fabrik v. Heyden A.-G., Radebeul 1. — S i l b e r s a l z e : Gehe & Co. A.-G., Dresden-N. 6. — Riedel-de Haen, Berlin. — Dr. Th. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz. — Dr. Gustav Popp, Bayreuth.

Silicium, Si, Atomgew. 28,06. Findet sich in der Natur nur in Form seiner Verbindungen, bildet aber in diesen 25% der Erdkruste, vornehmlich als Oxyd und gebunden an Metalloxyde (Silicate). Die große Verwandtschaft des Siliciums zum Sauerstoff äußert sich in der schweren Reduzierbarkeit des Siliciumdioxydes (d. i. die Kieselsäure), es müssen daher zur Reindarstellung des Elementes hohe Temperaturen angewandt werden, wie man sie auf aluminothermischem oder silicothermischem Wege z. B. durch Entzünden eines Gemisches von Aluminiumgrieß und Kaliumsiliciumfluorid oder Kieselgur und Magnesiumpulver erzeugen kann. Das letztgenannte Gemisch verbrennt und mit ihm auch das gebildete Silicium mit geringer Rauchentwicklung, jedoch energisch und mit intensivem Licht (daher als Blitzlichtmischung geeignet), so daß man die Reaktion durch Zusatz von Magnesiumoxyd oder überschüssigem Quarzsand mäßigen muß. Man erhält das Element so als amorphes lockeres Pulver, mit dem erstgenannten Gemisch jedoch k r i s t a l l i s i e r t , da es sich bei der Entstehung im Aluminium löst; nach Entfernung des letzteren durch Lösen in Salzsäure hinterbleiben oktaedrische Siliciumkristalle. — Amorphes Silicium ist braun, hygroskopisch, jedoch in Wasser unlöslich, D: 2—2,5, im Sauerstoff- oder Chlorstrom unter Rotglut leicht zum Oxyd bzw. Chlorid verbrennbar; zerlegt Wasserdampf bei heller Rotglut oder wäßrige Natronlauge beim Kochen (Silicolverfahren zur Wasserstoflgewinnung). K r i s t a l l i s i e r t e s Silicium, eisenfarbig, Härte 7, leitet den elektrischen Strom so gut wie Graphit. Das Element ist wie der Kohlenstoff, dem es in mancher Hinsicht gleicht, 4-wertig, von seinen Verbindungen sind die Silicide (s. d.) von größerer technischer Bedeutung, insbesondere Eisen- und Kupfersilicid als Zusatz zum Stahl bzw. zur Siliciumbronze (s. Siliciumverbii)dungen). Das Element als solcnes wird nur wenig verwandt (s. o. Silicothermie), auch in Legierungen führt man es als Ferrosilicium ein. Man überzieht Kupferund Eisengegenstände (s. Eisenrost) zum Schutze gegen Korrosion mit Silicium-

Siliciumcarbide

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metallschichten; als Brennstoff liefert Silicium, zu Kieselsäure verbrannt (analog wie C + 0 2 = C0 2 ), fast die gleiche Galorienzahl wie Kohlenstoff (7800 gegen etwa 8000 Calorien pro kg), s. Eisen, Bessemerprozeß; Ferrosilicium in Si-legierungen; Kupferlegierungen. LH.: E. Faust, Gesetzmäßigkeiten b. d. Reduktion v. Silicium im Hochofen, 1939. — W. Kit«!, Physikalische Chemie der Silicate, 1941. Herst.: Dr. Alexander Wacker, Gesellschaft f ü r elektrochemische Industrie, München.

Siliciumcarbide: Carborundum, Carborit (beides eingetragene Warenzeichen der Deutschen Carborundum-Werke GmbH. Düsseldorf-Reisholz), Silit, Silundum, Chrystolon, Carbosilit u. a. m. SiC, entsteht durch Erhitzen von Quarz(-sand) und Kohle (Koks) mit Zuschlägen von Sägemehl und Kochsalz Si0 2 + 3G-»SiC + 2CO im mörtellos durch Schichtung feuerfester Steine errichteten' elektrischen Widerstandsofen bei Temperaturen über 1600°. Im Temperaturabschnitt von 1900—2000° verwandelt sich das amorphe Siliciumcarbid in die kristallisierte Form, über 2200° beginnt der Zerfall in Silicium und Graphit. Der Zusatz von Sägemehl (10%) dient dazu, die Beschickung porös zu machen, um dem entweichenden Kohlenoxyd den Austritt aus der Masse zu erleichtern, während das Kochsalz (1—2%) die Überführung von Eisen und Aluminium in flüchtige Chloride bewirkt. Das Gemisch wird zwischen den beiden Elektroden (Kohlenstabbündel) des elektrischen Ofens um einen Kern aus granulierter Kohle, der die beiden Elektroden verbindet, aufgeschichtet. Der Kraftverbrauch (meist Wechselstrom) beträgt bis zu 2000 kW.Die heutigen Si-carbid-Großöfen setzen in 36h je 8000 kg des Carbids aus. In neuerer Zeit wurde vorgeschlagen, die Carbidbildung im elektrischen Ofen unter Druck durchzuführen, um größere Ausbeuten an Carbid zu erzielen. S i - c a r b i d kristallisiert meist schwarz (durch beigemengten Kohlenstoff), ist sehr hart (9—10), unschmelzbar, sehr widerstandsfähig gegen Oxydationsmittel und Säuren, nicht aber gegen Chlor und geschmolzenes Alkali; dient zur Herstellung von Schleifmitteln, ferner zur Einlagerung in Zementoberflächen (Silinzement), um sie zu rauhen (Gehwege, Fußböden) und zu härten (Wasserbauten). Die Herstellung von Formkörpern (s. Schleifmittel) geschieht so, daß man das Carbid mit Kaolin und Feldspat mischt, in Formen preßt und in Tonkapseln brennt. Weiter dient Carborund zur Herstellung von Diaphragmen, Ölfiltern, Pyrometerschutzröhren, Zusatz zu Wasserglas-Si-carbid-Anstrichmassen, Zinkmuffelfütterung, zur Herstellung von Metallsiliciden und Graphit besonderer Beschaffenheit; man erhält ihn durch Erhitzen des Si-carbids im elektrischen Ofen bis zur Verdampfung des Siliciums. A m o r p h e s Siliciumcarbid verwendet man zur Herstellung von Kunststeinen, die gegen Temperaturdifferenzen sehr widerstandsfähig sind, und als Zusatz zu Schamotte und Schmelztiegelmaterial. Unreines amorphes Siliciumcarbid, das bis zu 4% Eisen enthält, dient zum Desoxydieren und Silicieren von Metalloxyden und Metallen, z. B. von Stahl. — Die Carborundabarten des reinen Siliciumcarbids S i l u n d u m , Refrax, Samit und Silfrax (ein gelbes, im Bruch glanzloses Produkt) mit seiner Abart Chrystolon (im stahischwarzen Bruch metallglänzend, kristallinisch) unterscheiden sich durch die Masse der gebildeten Kristalle, die im letzteren Produkt wesentlich geringer ist. Man erhält sie aus Kohlenstoff und Siliciumcarbid oder geformtem (Tiegel, Muffeln, Elektroden) Kohlenstoff, der durch Einwirkung von im elektrischen Ofen bei großer Hitze (Silfrax: 1520—1820°; Chrystolon: 1820—2200°) erzeugten Siliciumdämpfen ohne-'Formänderung in Si-carbid verwandelt wird. Silundumelektroden lassen sich als elektrischer Leiter noch bei 1600—1700° benutzen, also bei Temperaturen, denen Platin nicht mehr standhält. Zur Darstellung von S i l i t erhitzt man gepreßte Formstücke aus Siliciumcarbid, Silicium und Glycerin bis zur Sinterung des Siliciums. Es dient den gleichen Zwecken wie Silundum, ferner für Beleuchtungselektroden und elektrische Widerstände

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Siliciumlegierungen (Silicide)

in der Radiotechnik. — Siliciumoxycarbid (Fibrox) SiOC wird in der Weise dargestellt, daß man eine Schicht Siliciumstücke unter Zusatz eines Katalysators, z. B. Calciumfluorid, in einer mit Ton ausgekleideten Graphitmuflel auf die Schmelztemperatur des Siliciums erhitzt. Der weiche, elastische, voluminösfaserige Stoff kann zu Platten, Blechen und Ringen geformt werden. Es ist ein vorzüglicher Wärmeisolator, besitzt dagegen merkwürdigerweise ein verhältnismäßig gutes elektrisches Leitvermögen. Ein Nebenprodukt bei der Herstellung des Carborundums ist das S i l o x i c o n , eine wenig feste, graugrüne Masse, die außer der Verbindung Si2C20 geringere Mengen von SiC, Graphit und Tonerde enthält; Mischzusatz feuerfester (s. d.) Erzeugnisse. — Die neuartige W e t a masse ist ein keramisches, aus einem Gemisch von Siliciumcarbid, wenig Silicaten mit Eisen-, Nickel- oder Kobaltmetall bei etwa 1500° erbranntes Material, gleicht dem Porzellan, ist ebenso teuer, jedoch ohne Glasur wasserdicht, wie Quarzglas plötzlich abkühlbar, wärmedurchlässiger, chemisch (säurefest) und thermisch widerstandsfähiger und ebenso dünnwandig formbar wie Porzellan, dabei quarzartig fest, für Schmelztiegel, Glührohre u. a. Laborgeräte hervorragend geeignet. — S. a. Monox in Siliciumverbindungen. Llt.: Schneidler: Si-carbiderzeugung i. Angew.Chem. 1930, 700. Heist.: Elektroschmelzwerk Kempten A.-G., München. — Dr. Alex. Wacker G. in. b. H., München. — Deutsche Gold- und Silber-Scheldeanstalt, Frankfurt. — S i l i c i u m c a r b i d - F l a t t e n : Dessauer Edelputz-Beton- und Namo-Werke Strasser & Reissmann, Tornau.

Siliciumlegierungen (Silicide): abgesehen vom C a l c i u m s i l i c i d , erhaltbar durch Erhitzen von Kalk oder Calciumcarbid mit Kieselsäure oder Silicium und Kohle nebst Flußmitteln im elektrischen Ofen, verwendbar als Zündkirscheoder Thermitbestandteil an Stelle des Aluminiums in der Aluminothermie, vom Mg-silicid MgsSi (liefert mit Säure zersetzt die „Silane", an der Luft selbstentzündliche Si-Wasserstoflverbindungen von hoher Reaktionsfähigkeit) und vom T e l l u r s i l i c i u m , das, ohne spröde zu seiii, als elektrisches Widerstandsmaterial das Silicium an Wirksamkeit um das 3—5-fache übertreffen soll, besitzen nur Kupfersilicium und das F e r r o s i l i c i u m große technische Bedeutung. Dieses Eisensilicid oder Siliciumeisen von chemisch nicht einheitlicher Beschaffenheit, je nach seinem Gehalt an Silicium, der auch maßgebend ist für die Eigenschaften der Legierung, wird technisch aus reinsten Rohmaterialien erzeugt, und zwar aus unterschüssigem (sonst Carbidbildung) Kohlenmaterial (Holzkohle, Koks), Quarz mit mindestens 93% Kieselsäure und Stahl- oder Schmiedeeisenabfällen, in großen Ein- und Dreiphasenöfen mit 2000 bis 12000 kW (60—100Volt, nur weniger als 20proz. Ferrosilicium im Hochofen), durch Schmelzen zwischen asbest-wasserglasbestrichenen Graphitelektroden. Das geschmolzene 1800° heiße Ferrosilicium wird unter der Schlackendecke in Sandformen (grobkörniger Guß) oder über gefütterte Eisenpfannen in Kokillen (feinkörnig) abgestochen und, da es stark, bis zu 1200°, unterkühlbar ist, ohne fest zu werden, mit Wasser- abgeschreckt; vgl. Silbermann, Metallbörse 1928, 2721. Es erstarrt dann im regelmäßigen Betrieb mit etwa 75%, bei Abänderungen des Schmelzverfahrens mit bis zu 97% Silicium (Rein- oder metallisches Silicium) in großen homogenen Blöcken, die zerkleinert sofort nach dem Abkühlen in Holzkisten verpackt werden. Ferrosiliciumsorten zwischen 30 und 60% Si neigen zum sandigen Zerfall; solches Gut wird, um es vor dem Luftzutritt zu schützen, mit Paraffin o. dgl. umhüllt oder brikettiert. Ferrosilicium wird mit steigendem Si-gehalt von silberweiß schließlich eisengrau, höher schmelzbar, widerstandsfähiger gegen Säuren, leichter löslich in Alkalien und bis zu 33% Si auch härter; mit mehr Si nimmt die Härte ab. Es löst sich zum Unterschiede von Ferromangan in Kupferammoniumfluorid; die mehr als 40- bis 65proz. Sorten, also etwa jene, die auch zum Zerfall neigen, sind gefährlich, da sie giftige Gase (bis zu 13% Arsen- auch PhosphorwasserstofT) entwickeln und zum explosionsartigen Zerfall neigen. Man soll daher diese Sorten (z. B. „Simanal", führte zu Vergiftungen mit Todesfolge)

Siliciumverbindungen

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überhaupt nicht erzeugen, jedenfalls das Ferrosilicium vor der Verfrachtung einen Monat unter Beobachtung lagern. — Die Legierung als solche oder mit Zusätzen, z. B. Mn und AI in der ,,SAM"-legierung, ist, stückig oder brikettiert in Form der sog. Schmelzbälle eingetragen, wegen der Eigenschaft des Siliciums, aus geschmolzenem Eisen Kohlenstoff auszutreiben und desoxydierend zu wirken, für die Eisen- und Stahlgußtechnik unentbehrlich, ebenso auch zur Herstellung der säurebeständigen Eisenlegierungen (s. d.) mit 14—18% Silicium (Si-guß, Acidur, Tantiron u. a.). Sonst dient Ferrosilicium als Schutzüberzug für Kohleoder Eisenelektroden, zur Anfertigung vollmassiger Anoden für die Säure-, Salz- und Cyanidelektrolyse und 25proz. („Metillüre") zum Gießen feinmodellierter Statuetten, auch als Schleifmittel; ferner zur Entschwefelung von Molybdänstahl, zur Herstellung einer Vorlegierung bei Erzeugung von bronzeartigem EisenZink-Mangan, als Reduktionsmittel bei Gewinnung des Ferrobors, im Gemisch mit Natronkalk entzündet als „Hydrogenit" an Stelle des teuren reinen Siliciums (s. d.) zur Wasserstoflentwicklung, als Zusatz zu aromatischen Nitrosprengstoffen in Granatenfüllmassen. — K u p f e r s i l i c i u m , mit höchstens 12% Si, z. B. aus Kupfer, Kupferchlorid, Kieselerde und Kohle oder aus Ferrosilicium und Kupfer im Flamm- oder elektrischen Ofen erhaltbar, dient für sich und mit Eisen (Ferrosiliciumkupfer) als Desoxydationsmittel zur Erzielung blasenfreier Kupfergüsse; s. a. Siliciumkupferbronze für elektrische Leitungsdrähte in Kupferlegierungen. — Sonst zeichnen sich Schwermelallsilicide, besonders Chrom- und Mangansilicid durch große Härte aus, können z. Tl. auch aus dem betr. Metalloxyd, Kieselsäure und Kohle häufig bei einer Temperatur erhalten werden, die unterhalb des Schmelzpunktes der Bestandteile liegt. Llt.: Kurten, Herstellung von Ferrosilicium und Energieverbrauch, in,.Metall-Wirtschaft" 1928, Heft 7, S. 911. Herst.: F e r r o s i l i c i u m : Elektrochemische Oesellschaft m. b. H., Hirschfelde i. Sa. — Dr. Alex. Wacker • Na2S + 2C02), setzt dieses mit Kalkstein zu unreiner Soda um (Na2S + C a C 0 3 N a 2 G 0 3 + GaS), erhält als Nebenprodukte im Sulfatprozeß Salzsäure, irr* Sodaprozeß Calciumsulfid, letzteres wird auf Schwefel oder Thiosulfat verarbeitet. Solvay bringt Ammoniak und Kohlensäure auf Kochsalzlösung zur Einwirkung und erhält Natriumbicarbonat und dazu Ammoniumchlorid als Nebenprodukt: NH„ + C0 2 + H 2 0 + NaCl NaHC0 3 + NH4CI. Das erstere gibt beim Erhitzen reines Natriumcarbonat, Kohlensäure als Nebenprodukt: 2NaHC0 3 -»• Na 2 C0 3 + H 2 0 + C0 2 . Diese beiden Nebenprodukte gehen jedoch in den Betrieb zurück, Kohlensäure als solche, das Ammoniak des Ammoniumchlorids nach dessen Zerlegung: 2NH4C1 + Ca(OH)2 NH S -f H s O + CaCl2. Die Ü b e r l e g e n h e i t des Solvayverfahrens äußert sich 1'. in der Reinheit des Hauptproduktes, 2. in der Eigenverwertbarkeit der wertvollen Nebenprodukte ; die Überlegenheit des Leblancprozesses in der Gewinnung des Kochsalzchlors (das beim Solvayverfahren als leicht verwertbares oder, wenn nach der Marktlage wertlos, leicht beseitigbares Calciumchlorid abfließt) als wertigere Salzsäure, die nach dem Deaconverfahren oxydiert Chlor gibt. Bis etwa 1890—95, dem

Soda

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Zeitpunkte der Einführung der Alkalichloridelektrolyse, war der Leblancprozeß als Salzsäure- bzw. Chlorproduzent im ersten Teile seines Verlaufes unentbehrlich und mußte auch im zweiten Teil ausgeübt werden, um die gewaltigen Mengen des anfallenden Natriumsulfates unterzubringen. Mit dem Aufkommen des billigen Elektrolytchlors der Alkalichloridelektrolyse fiel auch jener Beweggrund zur Ausübung des Leblancprozesses fort; nach fast hundertjährigem Bestehen ist er darum auch aus der Großtechnik verschwunden. Ammoniaksodaprozeß. Rohstoffe: gesättigte K o c h s a l z l ö s u n g , t r o c k e n e s A m m o n i a k g a s , Kohlensäure. Günstig gelegene Fabriken, z.B. in Staßfurt, verarbeiten die den Salzlagern entströmende Sole, die zur völligen Sättigung nötigenfalls noch Zusatz an festem Salz erhält und mittels Kalkmilch oder Ammoncarbonates von meist vorhandenen Magnesium-, mit Soda von Calciumsalzen, mit Schwefelammon vom Eisen befreit wird. In der Sole leitet man in einer Batterie je 5 m hoher geschlossener Schmiedeeisenkessel von je 3 m Durchmesser, die sich nach unten trichterartig verjüngen und mit innen hängenden wasserdurchflossenen Kühlplatten armiert sind, Ammoniakgas ein. Dabei nimmt das Volumen der Salzlösung unter Erwärmung stark zu, die Lösefähigkeit für Kochsalz ab, und zwar entspricht dem Verhältnis der aufeinander einwirkenden äquivalenten Mengen NaCl und Ammoniak eine Lösung, die im 1 269 g des ersteren und 78 g Ammoniak enthält. Das durch ein zentrales Rohr auf den Boden des Kessels eingeleitete Gas muß, um zu große Temperatursteigerung zu verhüten, gekühlt werden, soll jedoch etwa 60° warm bleiben, um das Verstopfen der Rohre mit unterhalb dieser Temperatur festem Ammoniumcarbonat zu verhindern; der nicht absorbierte Teil des Gases geht durch den zweiten, dritten usw. Behälter und wird schließlich in einem kleinen, von frischer Sole berieselten Turm völlig aufgenommen. Die an Salz verarmte ammoniakgesättigte Sole fließt in mit Steinsalz gefüllte Behälter, in denen sie sich wieder sättigt und weiter durch deren Siebböden klar in die C a r b o n i s i e r g e f ä ß e . Diese sind ebenfalls zu einer Batterie vereinigte, geschlossene Eisenkessel, ähnlich wie die Ammoniaksättiger, innen mit Schlangenkühler, einem unteren Eintrittsstutzen für die 30—40° gewärmte ammoniakalische Sole, mit einem Zentralrohr für die in dieselbe unter 2—3 Atm. Druck einzupressende K o h l e n s ä u r e (aus Kalköfen mit 30—35 Vol.% und von der Zersetzung des Bicarbonates, s. u., herrührend). Auch hier geht das Gas der Reihe nach durch die einzelnen Gefäße, wird schließlich als Abgas mit etwa 5% Kohlensäure und etwas Ammoniak in einem mit Salzlösung berieselten Turm von jenem befreit und gelangt dann ins Freie. Es bildet sich zunächst A m m o n i u m b i c a r b o n a t . Infolge der in der Lösung sich vollziehenden doppelten Umsetzung: NaCl + NH 4 HG0 3 7t NaHC0 3 + NH4C1 scheidet sich, sobald die Bildung des normalen Ammoniumcarbonates überschritten ist, das unter diesen Verhältnissen am wenigsten, aber immerhin lösliche Salz, das N a t r i u m b i c a r b o n a t , und zwar wegen dieser geringen Löslichkeit nicht quantitativ aus, so daß der Prozeß in dieser Hinsicht unvollständig bleiben muß, denn durch Eindampfung kann man das Bicarbonat auch nicht abscheiden, da sonst die rückbildende Reaktion NaHC0 3 + NH4C1 — NH 4 HC0 3 + NaCl eintreten würde Der aus den Gefäßabsorbern kommende Bicarbonatschlamm wird auf großen Kastennutschen abgesaugt und mit dem halben Nutschkuchenvolumen Wasser gedeckt, um die Mutterlauge zu verdrängen, die mit dem Deckwasser in dem Zwischengefäß zwischen Saugpumpe und Nutsche aufgefangen wird (s. u.). Der Kuchen enthält dann etwa 70% Natriumbicarbonat, 4% Soda, 0,5% Kochsalz, dieselbe Menge Ammoniak und 25% Wasser. —• Das C a l c i n i e r e n des Bicarbonates zum Carbonat erfolgt für große Leistung in Drehöfen, sonst in der Thelenpfanne (s. o.j, die zur restlosen Gewinnung der C0 2 und des NH 3 dicht verschlossen und auch sonst etwas abgeändert ist. Die am oberen Ende der Pfanne ausgeworfene feinkörnige „calcinierte Soda" des Handels ist in dieser

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Soda

dichten Form z. B. für Ultramarin sehr geeignet, oder sie wird noch einmal im Flammofen bis fast zur Sinterung nachcalciniert und geht dann gemahlen als lockere, voluminöse Ware auf den Markt. Das Calcinieren des Bicarbonates, ebenso auch der Kristallsoda und des Monohydrates (s. u.) geht übrigens schon bei 98° im heißen Luftstrom leicht und schnell vor sich, ohne daß das Pulver zusammenbacken würde; vgl. M. A. Rakusin, Metallbörse 1930, 341 IT. In der Mutterlauge des Bicarbonates ist neben Kochsalz das gesamte Ammoniak des Prozesses, und zwar vorwiegend als C h l o r i d , daneben zu etwa 25% als Carbonat und Bicarbonat zu 2 % als Sulfat vorhanden; es muß, worauf die Wirtschaftlichkeit des ganzen Verfahrens beruht, möglichst vollständig wiedergewonnen werden, da sein Preis sich zu jenem der Soda wie 1 0 : 1 verhält. Die A u f a r b e i t u n g d e r L a u g e n erfolgt in bis zu 40 m hohen Kolonnen, die aus zwei etwa gleich hohen aufeinandergesetzten Türmen bestehen, auf deren oberem sich ein kürzerer Kühlerkopf mit Röhrenkühler befindet. Unter ihm fließt die Ammoniaklauge in den obersten Teil der dampfgeheizten Destillierkolonne durch ein von den aufsteigenden Dämpfen erhitztes Schlangenrohr auf die Teller des Turmes und gibt hier herabrieselnd das ganze u n g e b u n d e n e Ammoniak der flüchtigen Ammonsalze nebst der Kohlensäure ab. In der Mitte des Turmes trifft sie mit der berechneten Kalkmilchmenge im Gleichstrom auf die Teller der unteren Kolonne, entläßt auf ihrem Wege das gesamte g e b u n d e n e Ammoniak und verläßt den Apparat völlig ammoniakfrei als kalk- und kochsalzhaltige Calciumchloridlösung, die nach ihrer Klärung in die Flüsse entlassen wird. Das nach oben abziehende Ammoniak geht mit der Kohlensäure und dem Wasserdampf durch den mit 60—70° warmem Wasser gespeisten (um Verstopfungen mit Ammoncarbonat zu verhüten, s. o.) Röhrenkühler des Kolonnenkopfes, gibt hier einen großen Teil des Dampfes als Wasser ab und geht direkt in die Sole, um seinen Kreislauf von vorn zu beginnen. Ammöniakverlust 1—1,5%; Kohlenverbrauch: etwa Sodagewicht. — Um den Salmiak als festes Salz nutzbar zu machen, dampft man entweder die Laugen unter Berücksichtigung ihrer korrodierenden Wirkung (DRP. 431508) ein oder friert sie aus, oder man soll nach einem grundlegend anderen im Versuchsbetriebe bewährten Verfahren (Gluud u. Löppmann, Angew. Ch. 1930, 190) den Sodaprozeß von vornherein mit einer an NaCl und NH 4 C1 gesättigten Lösung vollziehen, der man ein Hilfssalz (Na- oder Ammonsulfat, Na-nitrat o. a.) zu dem Zwecke beigibt, um die Löslichkeit der Chloride zurückzudrängen und die Ausscheidung des nach NaCl + N H 4 H C 0 3 -* NaHCO„ +NH 4 C1 gebildeten Chlorammons als Festsalz zu bewirken. Ein neues, von der Ring-Ges. chemischer Unternehmungen vorgeschlagenes Sodaverfahren, das als Prozeß zur Ätznatrongewinnung Bedeutung erlangen könnte, beruht auf der Umsetzung von Fluornatrium mit Kalkmilch: 2NaF + Ca(OH) 2 2NaOH + CaF 2 . Das anfallende Fluorcalcium wird in angesäuerter NaCl-lösung suspendiert, mit Fluorsiliciumgas behandelt, und es resultiert Kieselfluornatrium (CaF 2 + SiF 4 + 2NaCl -* Na 2 SiF 6 + CaCl2), das bei 700° zersetzt Fluorsiliciumgas und Fluornatrium liefert (Na 2 SiF g ->• 2NaF 4- SiF 4 ). Nähere Angaben von W. Siegel in Chem.-Ztg. 1929, 145. Dieser Ringprozeß, auch zum raschen Konzentrieren von dünnen Ätznatronlaugen geeignet, soll auch zur Abiaugenaufarbeitung .in metallurgischen Betrieben (Zinnelektrolyse aus HarriesBleisalzlösungen) herangezogen werden; vgl. F.Vogel, Metall u. Erz 1930, 88. Handelsmarken. Außer der wasserfreien calcinierten Soda (Schmp: 850°) wird auch die sog. K r i s t a l l s o d a , Na 2 CO 3 .10 aq, erzeugt, die 63% Wasser enthält, daher nicht auf große Entfernungen verfrachtbar, in den Haushaltungen jedoch als ,;Waschsoda" beliebter ist, als das trockene Pulver und sich auch leichter als' dieses in Wasser löst. Man erhält die großen, an der Luft verwitternden Kristalle durch Kochen von nicht ganz vollwertigem Bicarbonat mit Zusatz von Ätzkalk und 1—2% Na-sulfat (zur Erzielung harter Kristalle) nebst der nötigen

Sodacaustifizierung

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Wassermenge bis zur Lösung; man filtriert oder dekantiert heiß und läßt die Lauge zur Kristallisation langsam abkühlen. Kocht man ohne Ätzkalkzusatz, so resultiert beim Auskristallisieren „Trona" (s. o.), dient zur Wollwäsche. 100 Tl. Wasser von 18°, 25°, 30°, 32°, 35° lösen: 18, 30, 40, 45, 50 g Kristallsoda; bei 32° geht dieses Dekahydrat in Hepta- (7 aq), dieses bei 35° in Monohydrat (1 aq, in England als cristal carbonate im Handel) über, dessen Löslichkeit in Wasser bis 100° etwa die gleiche (45 g) bleibt. Aus der Industrie der W a s c h p u l v e r sind auch noch andere Soda-Handels- oder Verbrauchssorten hervorgegangen, so z. B. ein k r i s t a l l i n i s c h e s Sodapulver, das man erhält, wenn man calc. Soda mit 70% 80—90° warmem Wasser zum Teig verknetet, der schließlich beim Erkalten zu einem Haufwerk kleiner trockener Kristalle erstarrt. Oder man kühlt konzentrierte Sodalösung in rostfreien Apparaten unter ständigem Rühren auf 16—17° ab und schleudert den entstandenen Brei kleiner Kristalle ( F e i n s o d a ) . Um andererseits Soda in Form f e s t e r K u c h e n zu gewinnen, trägt man calc. Handelsware schnell unter ständigem Rühren in kaltes Wasser ein, so daß nicht völlige Lösung eintritt, und gießt die milchige Masse in Formen, in denen sie erstarrt und herausgeschlagen werden kann. Eine andere Form calc. Soda gewinnt man schließlich beim Hindurchführen von Kristallsoda durch heiße Räume, in denen die Kristalle zerspringen, so daß ein feines Kristalltrümmermehl resultiert. — B l o c k k r i s t a l l s o d a wird durch hydraulisches Pressen eines teigigen, aus lauwarmer Sodalösung ausgefallenen Kristallbreies unter dem Mindestdruck von 200 Atm. hergestellt. — S. a. Seife 3Die Hauptmenge der Soda dient zur Herstellung von Glas und Seife, ferner wird sie in der Färberei, Bleicherei, Papierfabrikation, zur Darstellung zahlreicher Na-Salze (Phosphat, Wasserglas, Borax) benutzt, sowie bei allen sonstigen technischen Prozessen, die eines in Wasser löslichen, alkalisch jedoch nicht ätzend wirkenden „Alkalis" (s. d.) bedürfen. —• S. a. Mineralwässer. Llt.: J- Kirch Der. Sodafabrikation nach Solvay, Leipzig 1930. — Kristall-, Fein- und BleicheodaFabrikation C. Becher jun. SeifenB.-Ztg. 1930, 487ff. — Kirchner, Ammoniaksodafabrikation, Hirzel-Leipzig 1939. Herst.: Soda, chemisch r e i n , k r i s t a l l i s i e r t : Bohlig & Roth, Eisenach. — Chemische Fabrik, vorm. Leonhardt & Martini, Lehrte b. Hann.— J. 1>. ltiedel-de Haen A.-G., Berlin. — M. B. Vogel, Leipzig W 33.— Chemische Fabrik Bruno Lorenz, Görkau. — Chemische Fabrik Wilhelm Haas u. Co., Wien XX. — Gustav Büchel, Villach. — Chemische Fabrik Saturn G. m. b. H., Wien 25. — A.-G. Georg Egestorfs Salzwerke und Chemische Fabriken, Berlin-Niederschöneweide. — Th. Goldschmidt A.-G., Ammendorf-Saalkreis. — Deutsche Solvay-Werke A.-G., Bernburg. — Gebr. Giulini G. in. b. H., Ludwigshafen. — Emil Hahn, Nauen (Mark). — Kasseler Seiten- und Chemische Fabrik Klippert & Wagner, Kassel. —- Gustav Rhodius G . m . b . H . , Burgbrohl. — Schering A.-G., Berlin N 65. — M. Schönhofen, Bunzlau. — Wilh. Bohnen, Duisburg. — P. Thölen - 2NaOH + CaC0 3 . — Die Arbeits- sowie die eisenoxydgefärbte Mutter-(Rot-)lauge der L e b l a n c s o d a werden so gut wie ausschließlich u. z. die letztere in der Weise auf Ätznatron verarbeitet, daß man sie in „Bootpfannen" (d. s. rührwerklose Thelenmulden, s. Soda) zunächst für sich eindampft und nach Entfernung der in Massen auskristallisierenden Salze im eingeblasenen Luftstrom unter Zusatz von 10—15% Salpeter (zur Oxydation von Sulfit, Thiosulfat und Verunreinigungen) auf schließlich hohe Temperatur erhitzt, bis 60proz. weißes Natriumoxyd resultiert. Bei niederer Eindampftemperatur erhält man das gelbe englische „Cream caustic"-Ätznatron des Handels. Leblancsodarohl a u g e (Arbeitslauge) wird ebenso behandelt wie die Lösung der A m m o n i a k s o d a , die man durch Verkochen des rohen Bicarbonates und natürlich nicht durch abermaliges Lösen der fertigen Soda darstellt. Diese Sodalösungen dürfen nicht stärker als etwa 18gräd.(= 13proz.) sein, da die obige Reaktion bei größerer

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Softenings—Solanumalkaloide

Konzentration umgekehrt verläuft; man kann demnach im Caustifizierungsprozeß mit Kalk (Barium- und Strontiumhydroxyd wirken wegen ihrer größeren Wasserlöslichkeit besser, sind jedoch zu teuer) nur bis zu 80% der theoretischen Ausbeute an Natriumhydroxyd gelangen. Die Umsetzung wird mit der kochenden Sodalösung in Eisenzylindern, in denen der stöckige Ätzkalk auf Rosten oder in Drahtkörben gestapelt ist, unter Luftriihrung innerhalb etwa 1—2 Stunden vollzogen; man saugt die dünne Natronlauge dann ab oder trennt sie in Filterpressen (Asbest- oder Drahtgazebezug, keine Filtertücher) von dem in der Glasund Zementfabrikation begehrten, noch etwa 2% Natriumoxyd enthaltenden Calciumcarbonatschlamm. S o f t e n i n g s : rein weiße, neutrale oder schwach alkalische Appreturseifen, die man durch teilweise Verseifung pflanzlicher oder tierischer Fette und Öle (z. B. Talg) mit Natronlauge, folgendes Verdünnen des klaren Leimes und gleichzeitiges Beiemulgieren von Stearin oder Japanwachs zur Erhöhung der Konsistenz erhält. Die Softenings dienen, meist im Gemisch mit stärkehaltigen Stoffen zum Glätten, Geschmeidig- und Wasserdichtmachen von Geweben. Solche Handelspräparate von Art z. B. der Diamantseife oder des „Buchols" werden auch zum Waschen und Nachseifen von Färbungen oder in Verbindung mit Marseillerseife zur Baumwollavivage (Erzeugung von Seidegriff) verwandt. — S. a. Appretur. Heist.: S o f t e n i n g : Carl Dicke & Co., Chemische Fabrik, Wuppertal-Bramen.

S o j a b o h n e n . Soja hispida, eine der ältesten in Ostasien heimischen Kulturpflanzen, deren Samen neben rund 40% Eiweiß, 17—20% Öl, jedoch nur geringe Mengen Stärke enthalten. Ihr Anbau wurde in Europa wiederholt, jedoch erfolglos versucht, da die Pflanzen selten reifen und im Fettgehalt degenerieren. Zur Gewinnung des S o j a ö l e s wird ein Teil der Bohnen im Ursprungsland durch Pressen entölt (Ausbeute 10—12%) und das Öl verschifft; ein großer Teil der Bohnen gelangt roh nach Europa und wird hier, z. B. mit Benzin extrahiert, wobei die Bohnen beliebig weit entölt werden können. Laugeraffination, Bleicherdebehandlung und Desodorisierung führen zu hellgelbem, wohlfeilem Speiseöl; sonst dient das Sojaöl als Leinölersatz bei Herstellung von Schmierseifen. Die entölten Bohnen werden zu verschiedenartigen Nährmitteln verarbeitet oder dienen als Futtermittel, Der aus dem extrahierten Öl beim Stehen sich abscheidende „Sojaölschlamm" enthält viel Lecithin und dient zu dessen Gewinnung. Kennzahlen des Sojaöles: VZ.: um 193; JZ.: 125—134; Rhodanzahl 84. Es enthält in Form von Glyceriden 50—55% Linolsäure neben je einigen Prozent Linolen-, Stearin- und Palmitinsäure; der Rest ist Ölsäure. — S. a. Casein; Eiweißpräparate. Llt: Bedeutung der Sojabohne, M. Grunewald, Z. f. Getreldewes. 1930, 95. Herst.: S o j a b o h n e n ö l : Ernst Cramer & Co., G . m . b . H . , Mannheim. — -mehl: Fritz Lefkowsky, Hamburg 13.

S o l a n u m a l k a l o i d e : giftige, zum Teil durch ihre mydriatische (pupillenerweiternde) Wirkung ausgezeichneten Basen, die sich in Tollkirsche (Atropa Belladonna), Stechapfel (Datura Stramonium), Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) und anderen Pflanzen finden. Das in der Pflanze primär gebildete Alkaloid ist das H y o s c y a m i n C n H 2 3 0 3 N und das stereoisomere, aus ihm sekundär entstehende Atropin, ferner S c o p o l a m i n C 17 H 21 0 4 N; Solanin, Belladonnin, fallw. auch Nicotin u. a. treten in Menge und Bedeutung zurück. Zu den nicht mydriatisch wirkenden Solanumalkaloiden zählen das bedeutungslose S o l a n i n und das N i c o t i n (s. d.). Solanin, zugleich ein Glykosid, da es in Traubenzucker und Solanidin C^H^NO^ spaltbar ist, bildet, z. B. aus Kartoftelkeimen gewonnen, giftige, weiße, in heißem Alkohol schwer lösliche Kriställchen. Herst.: A t r o p i n : F. Hoffmann-La Roche & Co. A.-O., Berlin-Charlottenburg 9. — Rledel-de Hain A.-G., Berlin. — Gehe & Co., A.-G., Dresden-N. 6. — Solanin: E. Merck, Dannstadt. — H y o s c y a m i n : F. Hofuann-La Roche & Co., Berlin-Charlottenburg 9.

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Sorbit—Speisefette 1

Sorbit: aus Vogelbeeren gewonnener 6wertiger Alkohol QHgfOH),,. ^ aq (s. Hexosen). Sorbit kann durch Erhitzen mit wasserentziehenden oder katalytisch wirkenden Stoffen (H 2 S0 4 , AI203, A-Si0 2 , A-Kohle) in wertvolle Gelatinierungsmittel für Celluloseester übergeführt werden (vgl. E. P. 301655 der I. G.); dient auch neben den anderen Süßstoffen als Zuckerersatz „Sienon". Die sog. S o r b i t p r o b e der Bildung von unlöslichem Tribenzalsorbit in Obstwein nach Benzaldehydzugabe ermöglicht den exakten Nachweis von Obst- in Traubenwein, da dieser im Gegensatz zu jenem von Natur aus niemals Sorbit enthält. — S. a. Eisen 1; Hexosen. Spartein. Alkaloid des Besenginsters (Pfeifengras), in seinen Samen zu etwa 2% enthalten; als farbloses Öl durch Extraktion mit schwefelsäurehaltigem Wasser, Eindampfen des Extraktes und Ausschütteln mit Äther erhaltbar. Dient als Sulfat in der Medizin. Herst.: C. H. Boeliringer Sohn, Hamburg 5. — E. Merck, Chemische Fabrik, Darmstadt.

Speisefette: feste oder flüssige (Speiseöle), unentbehrliche menschliche Nahrungsmittel. P f l a n z l i c h e S p e i s e f e t t e , f l ü s s i g : Baumwollsamen-, Erdnuß-, Getreidekeim-, Kürbiskern-, Lein-, Mais-, Mohn-, Oliven-, Rüb-, Sesam-, Sojabohnen- und Sonnenblumensamenöl; f e s t : Kokos-, Palm-, Palmkernfett und Kakaobutter. — T i e r i s c h e S p e i s e f e t t e : Kuhbutter, Schweine-, Geflügel- (Gänse-) und Knochenfett als schmalzartige, Rinder-, Hammel-, Ziegen-, Pferde- und gehärtete Fette als feste Talgfette. — Sie werden entweder wie sie die Natur bietet verwandt, müssen also rein schmecken wie kalt gepreßtes Erdnuß(Katjan-) oder wie das Oliven-Jungfernöl, auch das Milchfett, oder man bereitet sie z. B. durch Ausbraten von Gewebebestandteilen zu, wobei zugleich Wasser entfernt und der Geschmack z. T. erheblich verändert wird, wie bei der Butter durch die Schmalzbereitung. Eine Zubereitungsart ist auch das Buttern der Fettmilch, d. i. die Vereinigung der in ihr emulgierten Fettröpfchen zu einer zusammenhängenden klumpigen Masse, ferner das Verschneiden wertvoller, ausgeprägt schmeckender öle mit anderen, die diese Eigenschaft nicht besitzen, und schließlich die künstliche Erzeugung einer Ölemulsion und ihr „Ausbuttern" (das „Kristallisieren" der M a r g a r i n e , ) . — Die Speisefette und -öle, deren wesentliche Eigenschaft außer dem Nährwert Geschmack und Geruch sind, unterliegen leicht dem Verderben, hervorgebracht durch chemische (Spaltung der Glyceride, Oxydation an Luft und Licht bei Gegenwart von Wasser), bakterielle und enzymatische (fettspaltende, esterbildende und kohlensäureabspaltende Fermente) Einflüsse. Kennzeichnend für die Fette und öle ist das Verderben durch „ R a n z i g w e r d e n " , bei dem alle genannten Einwirkungen beteiligt sein können und der Fettkörper, ohne daß er verdorben oder gesundheitsschädlich zu sein braucht, einen widerlichen Geschmack und Geruch annimmt. Cu und Fe begünstigen katalytisch das Ranzigwerden der Fettstoffe (besonders festgestellt bei Mayonnaise), AI und Sn sind unschädlich. Es müssen daher schon bei der Gewinnung der natürlichen und künstlichen Speisefette und später bei ihrer Lagerung und beim Transport alle Maßnahmen ergriffen werden, die jenen Prozeß nicht aufkommen lassen oder ihn doch verzögern. Soweit die gelinde, mit größter Sauberkeit erfolgende Pressung und Extraktion der Fette (s. d.) und öle nicht zu reinen, säure-, wasser- und schleim-(eiweiß-)stofffreien, direkt konsumierbaren Produkten führt, müssen diese neutralisiert, entwässert, geklärt und gebleicht, häufig auch desodorisiert werden; man muß auch die Roh-, Zwischen- und Fertigwaren kühl lagern, um die Zersetzung zu hemmen. — Da das Ranzigwerden der Fette und Öle jedenfalls zum Teil auf hydrolytischer Spaltung der Ester unter Bildung freier Fettsäuren beruht, kann man v e r d o r b e n e Speisef e t t e wenigstens bis zur Beseitigung dieser Säuren wiederherstellen, aus faulig zersetzten Fetten kann man natürlich keine wohlschmeckenden Produkte zurückerhalten. Man bedient sich der Esteriflzierungsneutralisation oder verrührt die

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Spektralanalyse

Fette mit Natronlauge, Kalkmilch, Kreide, Magnesia („Neutroxyd", ein Gemisch von Mg-carbonat, -Silicat und -oxyd) oder filtriert die heißen verdorbenen Fette durch diese Körper, kocht wohl auch mit Holzkohle oder, wie es im Hausgebrauch geschieht, mit Rüben, Zwiebeln, Honig u. dgl. auf und bindet so die freien Säuren, zugleich mit den Schleim-, Eiweiß- und Schwebestoffen. Renovierte (sog. Prozeß-) Butter, in USA. ein bedeutender Handelsartikel, kann nur durch Behandlung der verdorbenen Ware mit überhitztem Wasserdampf (Beseitigen der Fettsäuren und Geruchstoffe) und folgendes Emulgieren des neutralen geruch- und geschmackfreien Produktes mit Milch (Margarineprozeß) erzeugt werden. Die E r s a t z - oder K u n s t s p e i s e f e t t e sind zum Unterschiede von der Margarine ohne Milchzusatz bereitete Fette oder Fettgemische, die der menschlichen Ernährung dienen. Hierher gehören: die S c h m e l z m a r g a r i n e , die man durch bloßes Schmelzen der auch zur Margarineerzeugung dienenden Fette und öle, Beimischung von Farblösung und Aromastoffen (letztere meist aus mit Öl gewonnenem Käseextrakt) und Erstarrenlassen herstellt. Weiter die s c h w e i n e s c h m a l z ä h n l i c h e n Fett- und Ölmischungen, die man mit nur 0,5% Wassergehalt, wie Butterschmalz, gleich der Schmelzmargarine mit Zusatz von geröstetem Weißbrot, Gewürzen, Schweinefettgrieben, z. B. aus Cottonöl und Rindertalg oder aus Kokosfett allein erzeugt. Um diese Erzeugnisse streichbar zu machen, preßt man sie zur Erzielung der nötigen Plastizität durch Löcher einer Scheibe oder behandelt das geschmolzene Fett mit Druckluft oder mischt ihm vor dem Erstarren einige Prozente Alkohol zu. Dieses und andere Kokosfettprodukte, meist nur in Formen gegossenes, neutralisiertes und desodorisiertes Naturfett, oder auch als Sommererzeugnis, das durch Ausschmelzen aus ihm gewonnene höher schmelzende Kokosstearin, kommen ebenso wie die ebenfalls starren, jedoch niedriger schmelzenden,.vom Kokosstearin abgepreßten Kokosoleinsorten, unter verschiedenen Phantasienamen wie Palmin, Lactin, Kokolin, Vegetalin usw. in den Handel. Palmona ist hingegen Pflanzenfettmargarine. Zu den Kunstspeisefetten würden auch jene genießbaren Fettstoffe zählen, die aus natürlichen oder aus den der Erdölparaffinreihe entstammenden, künstlich gewonnenen F e t t s ä u r e n durch deren Esterifizierung synthetisiert oder die durch Wasserstoffanlagerung gehärtet, auf chemischem Wege also in der Konsistenz und sonstigen Beschaffenheit durchgreifend verändert werden könnten. Anlagen: S p e i s e ö l - R a f f l n i e r a n l a g e n : Volkmar H&nig & Comp., Heidenau-Sttd.

S p e k t r a l a n a l y s e dient mit Hilfe des Spektroskopes in der Technik zur Bestimmung der S t o f f a r t eines K ö r p e r s , der selbst Licht aussendet (glühende und verdampfende Metalle), oder der aus Licht bekannter Zusammensetzung, das durch ihn (gefärbte Glas) oder seine Lösung (Farbstofflösungen) hindurchgeht, einzelne oder mehrere Lichtstrahlen absorbiert, sie auslöscht (s. Farbe). Da man z. B. weiß, daß verdampfendes Eisen ein bestimmtes Linienspektrum liefert, kann man beim Bessemern den Fortgang des Gußstahlerzeugungsprozesses, d. i. die teilweise Verbrennung des Kohlenstoffes, in der Glanzsteigerung der Eisenlinien verfolgen und rechtzeitig den Wind abstellen. Andrerseits entstehen beim Durchgange von Tageslicht durch Farbstofflösungen für den betreffenden Farbstoff charakteristische sog. A b s o r p t i o n s s p e k t r a , aus deren Anordnung, im Vergleich zu dem im gleichen Apparat erzeugten Tageslichtspektrum, Rückschluß auf die Art des Farbstoffes gezogen werden kann. Die Spektroskope, die als große Stand- und kleine Taschenapparate für qualitative und quantitative Untersuchungen für Laboratoriums- und Betriebszwecke angefertigt werden (s. Gerlach, Angew. Ch. 1926, 291; ferner V. d. Ing. 1929, 196), dienen auch zur Prüfung der Echtheit oder Verfälschung von Lebensmitteln, Drogen, Farbstoffen und anderen Erzeugnissen; in Verbindung mit einem Mikroskop zur Untersuchung kleinster Blutmengen, in denen pathologische Veränderungen nachgewiesen werden sollen. Ein wichtiges Hilfsinstrument ist das zur Betrachtung

Spezifische Wärme—Spirituosen

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von Emissions- sowie auch von Absorptionsspektren geeignete Spektroskop auch f ü r den Teerfarbstoffchemiker namentlich auf dem Gebiete der Anthrachinonfarbstoffe geworden. Lit.: Über die Bedeutung der Spektroskopie für chemische Vorsehung s. E. Rabinowitsch, Angew. Cli. 19:iH. 1021. — A. Heinrici u. G. Scheibe, Chemische Spektralanalyse, l!):lit. Heist.: Instruinente zur Photographie des Absorptionsspektrums im sichtbaren und ultravioletten Gebiet : S p e k t r o g r a p h f ü r Chemiker, G i t t e r - S p e k t r o s k o p mit Kamera, Eandspektroskop mit Reagenzglaskondensor mit Kamera: Carl Zeiß-Jena. — A. Kriiss, Hamburg. — Dr. Steeg & Reuter G. m. b. H., Bad Homburg v. d. H. — C. A. Steinheil Söhne G. m. b. H., München 8.

Spezifische W ä r m e (Wärmekapazität) ist die bei der Temperaturerhöhung um 1° von der Gewichtseinheit eines Körpers (1 kg) aufgenommene Wärmemenge in Cal. (s. Brennstoffe). Die spez. W ä r m e ist von der absoluten Temperaturhöhe abhängig; gewöhnlich bestimmt man die mittlere spezifische W ä r m e f ü r ein bestimmtes Temperaturintervall. Wird die spez. W ä r m e nicht auf die Gewichtseinheit, sondern auf das Molekulargewicht des Körpers bezogen, so erhält man die M o l e k u l a r w ä r m e . Bei den meisten Elementen ist die A t o m w ä r m e , d. h. das P r o d u k t aus dem Atomgewicht u n d der zugehörigen spez. Wärme, bei Zimmert e m p e r a t u r gemessen, annähernd gleich groß, nämlich ungefähr = 6,36 (DulongPetit-Gesetz). Das Gesetz dient in Zweifelsfällen zur Ermittlung des Atomgewichtes. Ausnahmen bilden Kohlenstoff (1,8), Bor (2,7), Silicium (3,8) u. a. Nahe am abs. Nullpunkt sind die Atomwärmen der Elemente gleich Null. — S p e z . W ä r m e d e s W a s s e r s = 1 gesetzt, ist jene v o n : Sh 0,0508; P b 0,0314; Au 0,0324; Cu 0,0951; P t 0,0324; Hg 0,0333; Ag 0,0570; Bi 0,0308; Zn 0,0955; Sn 0,0562; P 0,1887; S (starr) 0,1764; S (geschmolzen) 0,2026; Eisen (Guß-) 0,2410, (Schmiede-) 0,1138, (Stahl) 0,1170, (Roh-) 0,15; Messing 0,0939. — Glas 0,1930; Ziegel 0,1890 bis 0,2410; feuerfeste Ziegel 0,2083; Eichenholz 0,5700; Holzkohle 0,2411. — Abs. Alkohol, 0,60; Schwefelsäure 0,3350. Llt.: K. Justi, Spezifische Wärme usw. technischer Gase, Springer, Berlin 1938. Herst.: S p e z i v o m e t e r : Hydro-Apparate-Bauanstalt, Düsseldorf-Rath.

Spinell. Mineral, Magnesiumaluminat Mg(A10 2 ) 2 , dient in roten, durchsichtigen Stücken als rubinähnlicher Edelstein. — Die S p i n e l l e im weiteren Sinne sind Mineralien vom Typus Me n [A10 2 ] 2 , Me z. B. Beryllium, isomorph mit Spinell und schließlich Mineralien und Verbindungen, in denen AI ganz oder z. Tl. gegen Fe oder Cr ersetzt ist. — S. a. Magnesium; Edelsteine. Herst.: S p i n e l i - S t e i n e : Deutsche Ton- und Steinzeug-Werke A.-G., Krauschwitz.

Spirituosen: ungesüßte (Trinkbranntwein) oder gesüßte (Liköre) alkoholreiche Destillationsprodukte vergorener Flüssigkeiten oder verdünnter evtl. gewürzter reiner Äthylalkohol. Nach dem Rohstoff unterscheidet man Kirsch-, Zwetschen-, Wein-, Korn-, Hefe-, Trester-usw. -branntweine, die verschiedenartige Eigennamen wie: Sliwowitz, Kirsch,,wasser" (eigentlich Kirsch,Lebenswasser"), Whisky, Kognak (Weinbrand), R u m , Arrak usw. führen. Mit dem Branntweinmonopol der Kulturstaaten hängen Verordnungen zusammen, die den Verkauf der Spirituosen und ihre Produktion regeln, insbesondere um den Konsum nach Möglichkeit einzuschränken. und die auch Deklaration von Kunst- und Verschnittbranntweinen vorschreiben. — Die Trinkbranntweine des Handels enthalten bei einer Dichte von 0,9—0,95 zwischen 30 (deutscher Korn) und 57 (franz. Kognak) Vol.% Alkohol, 0,01 (kanadischer Whisky) und 2,1 (franz. Kognak) E x t r a k t (Trockenrückstand mitMineralstoffen), 0,01 (Hochland-Whisky) und 0,45 (deutscher Kognak) Gesamtsäure, fernergeringe Mengen Ester, Aldehyde, höhere Alkohole, die dem Branntwein den charakteristischen Geschmack verleihen. Diese Stoffe sind teils im Rohstoff vorhanden, teils werden sie während seiner Verarbeitung und insbesondere bei der Lagerung des fertigen Branntweines gebildet (vgl. Wein und Kölnischwasser), soweit nicht, wie es bei Herstellung von Kümmel-, Anis-, Steinhäger-, Wacholder-, Pfefferminzbranntwein u. a. geschieht, Alkohol mit Essenzen kalt gemischt (s. u. Liköre) oder die betreffenden Drogen mit Alkohol destilliert werden (Kunstund Verschnittbranntweine). 5:1

LH.: Fehr-Norrenberg: Likörfabrikation auf kaltem Wege, 1920. Blüchers Auskunftsbuch. Hi. Aufl.

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Tabelle über Spez. Gewicht

Henk: B r a n n t w e i n : Breisgau-Brennerel Greilsamer & Dreifuß, Freiburg.— Edelbranntwelnbrennerei Fritz Lienhard, Euenheim. — Feter Friedr. Krugmann, Meinerehagen. — Oberbadische Branntweinbrennerei Alezander & Sigmund Lay, Freiburg 1. Br. — Bertbold Raschke, Breslau. — Hermann Sommer, Korthausen. — Rudolf Thoenes, Saarbrücken. — Vereinigte Wfinschelburger Kornbrennerei Kitsche & Co., Wttnschelburg. — E . Vollrath & Co., A.-G., Niimberg-A. — Verein mährischer Zuckerfabriken, Olmütz.

Spezifisches Gewicht vgl. Dichte. Tabelle. Es seien hier nur die Dichten einiger wichtiger Körper angeführt. (Nach Berl-Lunge, Kubikdezimeter in kg.) Ahornholz, lufttr 0,53-0,81 Alaun, Kali1,724 Alaun, Ammoniak1,626 Aluminium 2,66 Ammoniumchlorid 1,53 Ammoniumnitrat 1,725 Ammoniumsulfat 1,77 Antbracit 1,4-1,7 Antimon 6,7 Arsen . 5,73 k Arsenige Säure 3,8 Arsensäure 4,09 Asbest 2,51 Asphalt 1,1-1,2 Bariumoxyd 5,0 Barlumcarbonat 4,36 Bariumchlorid, krist. . . . 3,10 Bariumsulfat, gefällt . . . 4,25 Barythydrat, krist 1,66 Beton 1,8-2,4 Bittersalz, krist 1,751 Blei, gegossen 11,35 Bleiacetat, krist 2,4 Bleicarbonat 6,43 Bleichlorid 5,80 Bleichromat 6,12 Bleiglätte 9,41 Bleiglanz 7,6 Bleinitrat 4,41 Bleisulfld 7,65 Bleisulfat 6,23 Bleiweiß 6,5-6,4 Bleizucker 2,395 Blutlaugensalz, gelb 1,832 Boraclt 2,9 Borax, krist 1,692 Borsäure, krist 1,479 Borsäure, geschm 1,830 Braunkohle 1,2-1,4 Braunstein 3,7-4,6 Bronze 8,7 Buchenholz, lufttr 0,7-0,8 Cadmlum 8,6 Calcium 1,57 Calciumcarbonat 2,7 Calclumchlorid, krist. . . . 1,654 Calclumchlorld, geschm. . 2,15 Calciumoxyd 3,15 Calciumphosphat 3,18 Calclumsllicat 2,9 Calciumsulfat, wasserfrei 2,97 Campher 0,99 Cement 2,7-3,05 Chrom 6,92 Eichenholz, lufttr. 0,69-1,03 Eis (0°) 0,917 Eisen, geschmiedet 7,8-7,9 Eisen, graueB Roh7,0-7,13 Eisen, weißes Roh7,6-7,7 Eisejioxyd 5,22 Eisenoxydhydrat 3,94 Elseno^yduloxyd 5,4 Eisenoxydul, kohlensaures 3,87 Eisenvitriol 1,904 Elfenbein 1.83-1.92 Erde 1,6-2,0

Feldspat 2,5-2,6 Fett, tierisches 0,92 Feuerstein 2,7 Flußspat 3,15 Galmel 4,1-4,5 Gips, gebrannt 1,81 Gips, gegossen, trocken . 0,97 Glaubersalz, krist 1,52 Glaubersalz, wasserfr. . . . 2,63 Gold 19,3 Granit 2,5-2,9 Graphit 2,33 Gummi arabicum 1,31-1.45 Guttapercha 0,96-0,98 Harz, Fichten1,07 Holzkohle (m. Por.) 0,3-0,5 Horn 1,69-1,83 Iridium 22,4 Jod 4,942 Kallumcarbonat 2,29 Kaliumchlorat 2,34 Kaliumchlorid 1,98 Kaliumchromat 2,7 Kallumhydroxyd 2,044 Kaliumnitrat 2,1 Kaliumsulfat 2,67 Kallumsulfat, saur 2,36 Kalkmörtel 1,64-1,86 Kalkspat 2,72 Kalkstein 2,6-2,8 Kaolin 2,21 Kautschuk (nicht vulk.) . 0,93 Kiefernholz 0,6 Kieselsäure 2,65 Kobalt 8,6 Kochsalz 2,078 Kohle, organ., ca 1.57 Koks, poröser 0,4 Kork 0,24 Kreide 1,8-2,7 Kryolltli 2,90 Kupfer, gegossen 8,3-8,9 Kupfer, gehämmert u. elektrolyt 8,94 Kupferkies 4,1-4,3 Kupferoxyd 6,43 Kupfersulfld 5.58 Kupfervitriol 2,27 Lehm 1,5-2,8 Magnesia, gebrannt 3,2 Magnesia, kohlensaure . . 2,94 Magnesit 2,9-3,1 Magnesium 1,74 Magnesiumcarbonat (Magnesit) 3,04 Magnesiumchlorid, krist.. 1,562 Mangan 7,39 Mangansuperoxyd 2,94 Marmor 2,5-2,8 Mennige 8,62 Mergel 2,6 Messing 8,4-8,7 Natrium 0,97 Natriumcarbonat 2,476 Natriumcarbonat, krist. . 1,458 Natriumhydroxyd 2,130 Natrinmnitrat 2,26

Natriumsulfld 2,47 Natriumsulfat 2,655 Natriumsulfat, krist 1,462 Natriumthlosulfat 1,730 Nickel 8,8 Osmium 22,48 Palladium 11,5 Phosphor, weiß 1,83 Phosphor, rot 2,20 Platin 21,4 Porphyr 2,8 Porzellan 2,1-2,5 Pottasche 2,3 Quarz 2,7 Quecksilber (0») 13,596 Salmiak 1,528 Salpeter s. Kali und Natron Sand, trocken 1,4-1,6 Sand, feucht 1,9-2,0 Sandstein 1,9-2,5 Schiefer 2,7 Schwefel, gediegen 2,069 Schwefel, Stangen frisch. 1,98 Schwefel, Stangen alt . . . 2,05 Schwefel, weicher, amorph 1,96 Schwefel, flüssig (Uli») . . 1,81 Schwefelkies 5,18 Schwefelsäureanliydrid . . 1,97 Schwerspat 4,3-4,18 Silber 10,50 SUberchlorid 5,6 Silicium 2,34 Spateisenstein 9,87 Stahl 7,80 Stahl, Guß7,92 Stahl, Guß-, gehärtet . . . 7,66 Stärkemehl 1,53 Steinkohle 1,16-1,63 Steinsalz 2,1-2,2 Strahlkies 4,65-4,88 Ton 1,8-2,6 Tonerde (wasserfrei) . . . . 4,15 Tonerde, schwefelsaur., krist 1,569 Tonschiefer 2,8 Torf, trocken 0,51 Wachs (Bienen) 0,96 Weidenholz 0,5-0,58 Wismut 9,85 Wltherit 4,30 Wolfram 19,1 Ziegelstein, gew 1,4-2,2 Ziegelsteine, Klinker 1,5-2,3 Zink, gegossen 7,1 Zink, gewalzt 7,2 Zinkblende 3,9-4,2 Zinkoxyd 5,73 ZinkBUlfld

Zinkvitriol Zinn, gegossen Zinn, gehämmert Zinnchlorid Zinnchlorür, krist Zinnober

3,92

2,036 7,21-7,4 7,475 2,23 2,70 8,10

Spiritusbrennerei

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Spiritusbrennerei. Die Gewinnung des Äthylalkohols (s. d.) durch unmittelbare Vergärung von Zucker oder durch Abbau höherer Kohlenhydrate (Stärke, Cellulose) zu Zuckerarten und deren Vergärung wird entweder, und zwar vorwiegend in Süddeutschland, Österreich und Frankreich, in zahlreichen mit der Landwirtschaft verknüpften K l e i n b r e n n e r e i e n betrieben, die aus Obst oder Getreide ausschließlich Trinkbranntwein (s. Spirituosen) erzeugen, oder die Äthylalkoholgewinnung ist Sache des G r o ß b e t r i e b e s geworden, der zweistufig aus den Rohstoffen zunächst einen für Trinkzwecke nicht geeigneten, etwa 80—90proz. Rohspiritus herstellt und diesen zu 96proz. Feinsprit rektifiziert oder in einer Stufe von der vergorenen Maische direkt zum hoch- und höchstprozentigen Äthylalkohol gelangt. — R o h s t o f f e : 1. Stärkematerial, Kartoffel, Trockenkartoffel, Getreidearten, Mais, Reis, Hirse, Buchweizen, Kastanien, Manioka, Bananen, Topinambur und stärkemehlhaltige Abfälle (z. B. diejenigen der Stärkefabrikation). 2. Z u c k e r m a t e r i a l , Zuckerrüben, Zuckerrohr, Melasse, zuckerhaltige Früchte, Invertzucker, Wurzeln und a l k o h o l h a l t i g e Rohstoffe, wie Wein, Bier und deren Fabrikationsabfälle. 3. C e l l u l o s e m a t e r i a l , Holz, Torf, cellulosehaltige Abfälle, Sulfitablauge nach der Verzuckerung. In Zukunft dürfte auch die Vergärung der für menschliche Ernährung untauglichen P e n t o s e n (wild wachsender Pflanzen, Reiskleie, Kakaoschalen u. a. xylosehaltige Rohstoffe) für die Erzeugung von Motorenspiritus größere Bedeutung erlangen; A. C. Thaysen erhielt in einer Versuchsanlage pro t Pentosenrohstoff 9 1 Alkohol; vgl. Angew. Chem. 1928, 1245. I. Technische Gärung. 'Alkoholgewinnung aus stärkehaltigen Rohstoffen K a r t o f f e l b r e n n e r e i . — Der Stärkegehalt der Kartoffeln schwankt je nach Sorte, Jahrgang und Lagerung (Fäulnis-, Atmungs-, Enzymabbau-, Keimungsverluste) zwischen 9 und 30% und beträgt durchschnittlich etwa 18%; um jene Verluste zu vermeiden, werden neuzeitl. zunehmend KartofTelflocken auf Sprit verarbeitet. Sie enthalten ferner: 0,4—5% Zucker, 0,6—4% Eiweiß, 1,3—2,6% Rohfaser und 2,2 bis 5,8% Asche. Der Gehalt an Stärke -f Zucker, der für die Qualität bestimmend ist, wird S t ä r k e w e r t genannt und kann hinreichend genau nach der Dichte der Kartoffeln beurteilt werden, weil diese fast nur aus Stärke und Wasser bestehen, die Dichte der Stärke aber wesentlich höher ist (1,6) als das des Wassers (1). Der Dichte 1,06; 1,08; 1,108; 1,156 entsprechen z . B . die Stärkewerte: 10, 15, 20, 30. Bestimmt wird die Dichte einer größeren Menge gut gereinigter Kartoffeln („Reimann", ,,v. der Heide", „Rapid") nach dem Prinzip von Archimedes. — Die M a l z b e r e i t u n g bezweckt wie beim Brauen (s. Bier) die Erzeugung der zur Verzuckerung der Stärke nötigen Diastase (außerdem dient das Malz auch zur Ernährung der Hefe); vorwiegend werden hier jedoch die billigen, stickstoffreichen, vier- und sechszeiligen, leichten Gersten oder Futtergersten, u. z. auf Langmalz (doppelter Wurzelkeim, bezogen auf Kornlänge) verarbeitet, dessen höhere {l1/¡fzch) diastatische Wirkung die geringere Ausbeute gegenüber Kurzmalz (' /4 bis 1 /'2 Keimlänge) aufwiegt. Dieses Grünmalz (150 aus 100 Gerste) wird, mit Wasser zu einer milchigen Flüssigkeit verrieben, der Maische zugesetzt. Das M a i s c h e n bezweckt die Verzuckerung der Stärke der Kartoffeln zu Maltose. Die in Kartoffelwaschmaschinen vom Schmutz befreiten Kartoffeln werden im sog. H e n z e - D ä m p f e r , einem sich nach unten verjüngenden, konischen Druckgefäß, bei 120—130° (über 130° entstehen Dextrine, ab 145° beginnt die Zerstörung der Kohlenhydrate) unter dem Druck von 2—2,5 Atm. innerhalb 30 Min. mit einem Dämpfverbrauch von 18—19% (vom Kartoflelgewicht) gedämpft, wobei die Stärke nahezu restlos löslich wird. Die Kartoffeln bleiben der Form nach erhalten, und erst beim Ausblasen unter dem gleichen Druck erfolgt an dem im Ausblaserohr befestigten rostförmigen Steinfänger ihre Zerkleinerung zu einem feinen Brei, den man unter einer Prellglocke in den mit 53«

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Spiritusbrennerei

einem Teil des nötigen Malzes beschickten Vormaischbottich zugleich mit kühlender Luft einführt, um die Diastase nicht zu verbrühen; gegebenenfalls wird die Kühlschlange eingeschaltet. Wenn der Bottich schon zum Teil gefüllt ist, wird der übrige Teil des Malzes (insgesamt etwa 2% vom Kartoffelgewicht) zugesetzt und die Temperatur auf 60—62° gehalten, bis die Maische pasteurisiert ist. Etwa 80% der Stärke gehen dabei im günstigsten Fall in Maltose über. Der Rest bleibt als Dextrin in der Maische und wird erst bei der Gärung, nachdem die Maltose vergoren ist, durch die „nachwirkende Kraft" der Diastase verzuckert. Nach der Verzuckerung kühlt man die Maische auf Anstelltemperatur (17—20°) ab und bringt sie in die gedeckelten eisernen, durch Außenberieselung kühlbaren, mit einem Kohlensäurewäscher für die mitgerissenen Alkoholdämpfe versehenen Gärgefäße. Die innerhalb dreier Tage bei 20—30° obergärig verlaufende G ä r u n g wird durch im Nebenbetrieb künstlich g e z ü c h t e t e Hefe bewirkt. Man impft gemalzte, bei 62° sterilisierte Maische aus dem Vormaischbottich mit Milchsäurebakterien-Reinkultur oder säuert sie mit zur Zerlegung der Salze vorhandener organischer Säure eben hinreichenden Mengen Schwefeloder Flußsäure, und fügt dann dem 15—20° warmen Ansatz 0,5% (vom Maischegewicht) eigene Mutterhefe, sonst vom Inst. f. Gär.gewerbe beziehbare Reinhefe (Rasse XII oder II) zu. Sie vermehrt sich rasch, bis der durch die Zuckerspaltung entstandene Alkohol 5 Vol.proz. ausmacht. Von hier ab entwickelt sie sich nur noch und wird reif. Man zieht dann Mutterhefe für die nächste Hefebereitung ab und fügt den Rest zu der verzuckerten Hauptmaische (bei 30°) in den Gärbotticli hinzu. Die einsetzende Gärung verläuft bei der evtl. durch Kühlung beeinflußten Maximaltemperatur von 29—30° anfangs rasch bis zur völligen Zerlegung der Maltose. Bei der langsamen Nachgärung werden auch die Dextrine in Zucker und dieser in Alkohol übergeführt. Die vollständig vergorene Maische wird destilliert. — Ausbeute: 100 kg Stärke liefern theocetisch nach der Gleichung C,H10O6 + H 2 0 — 2C2H6OH + 2COa 71,6 1 Alkohol. Tatsächlich gewinnt man aber nur etwa 48—65 1, da in der Maische unverändertes Stärkemehl (bis 1%) und gelöste Kohlehydrate (bis 3%) verbleiben; außerdem entstehen mehrere Nebenprodukte; Milchsäure, Essigsäure, Glycerin, Hefe usw. Auf die ganze Maische bezogen vermögen Bier-, Brennerei-, Südweinhefen maximal 16,2; Ü b e r s i c h t ü b e r die K a r t o f f e l b r e n n e r e i (nach Ost, Lehrbuch). Kartoffeln (100 kg) lui Henze gedämpft Kartoffelbrei mit Grünnialz (3,5 kg) bei 60° verzuckert

Bei 30° mit Hefemaische zur Hauptgänin^ angestellt

Kühlen auf 20° und Gären

- :-NH 2 (Amino); -NO(Nitroso); -N0 2 (Nitro); -N„-(Azo); - N H - N H - ( Hy drazo). Wasser : -OH(Hydroxyl). Schwefelwasserstoff: H 2 S ^ : -SH(Sulfhydryl, Sulfid oderMercapto) ;-S0 2 (Sulfon); - S 0 2 H (Sulfinsäure); -SO„H(Sulfosäure); -S 2 -(Disulfid). Die Einführung und Eliminierung dieser Reste (auch der Halogenatome Cl, Br, *J), ihre Umwandlung, Verkettung und weitere Substituierung ist die Aufgabe der Zwischenproduktchemie, die sich ihrerseits der Arbeitsmethoden der organischen Chemie bedient. Diese lassen sich für den vorliegenden Zweck in zwei Gruppen unterteilen: I. Verfahren, die allgemein auf Rohstoffe wie auf Zwischenprodukte anwendbar sind: Halogenisierung, Nitrierung, Sulfonierung (Sulfierung). II. Verfahren, die n u r auf Körper mit Seitenketten angewandt werden können und ausschließlich zur Weiterverarbeitung von Vor- und Zwischenprodukten dienen. Es sind dies z. B. die Methoden der Amidierung (Reduktion von Nitroverbindungen), Diazotierung, Alkylierung, die Alkalischmelze usw. Neuzeitlich beginnen die katalytischen gegenüber den alten Methoden der Zwischenprodukterzeugung die Vorherrschaft zu erlangen (Amine aus Nitrokohlenw.; Anthrachinon a. Anthracen, Phthalsäure a. Naphthalin, Benzaldehyd und Benzoesäure aus Toluol, Benzol aus Phenol u . a . ) . — Man kann die R o h s t o f f e der Teerdestillation, die heute im Gegensatz zu früheren Zeiten in hoher Reinheit geliefert werden, relativ scharf abgrenzen von den durch Halogenisierung, Nitrierung iftid Sulfonierung erhaltbaren V o r p r o d u k t e n und diese von den durch ihre Weiterverarbeitung darstellbaren Z w i s c h e n p r o d u k t e n . /Diese sind jedoch z. T. schon Farbstoffe, und andererseits sind Teerfarbstoffe, wie z. B. die Indophenole, häufig Zwischenprodukte zum Aufbau anderer Farbstoffe, so daß hier eine zuverlässige Scheidung nicht immer möglich ist. 1. Halogenisierung. — Das wichtigste und billigste Halogen ist das C h l o r , das in Stahlflaschen verflüssigt in den Handel kommt und direkt in den zu chlorierenden Körper oder in seine Lösung eingeleitet wird. B r o m i e r t und j o d i e r t werden meist nur Farbstoffe (Eosine, Küpenfarbstoffe), um ihre Töne zu verändern oder ihre Echtheiten zu verbessern, Fluor kommt überhaupt nicht in Betracht. Man chloriert (s. d.) Kohlenwasserstoffe oder Zwischenprodukte mit Seitenketten, um Orte im Molekül zu schaffen, die wegen der leichten Austauscharbeit der Halogenatome gegen andere Reste als Verankerungspunkte für neu eintretende Substituenten dienen, zweckmäßig auf einer Waage und beendet das Einleiten des Chlors, wenn pro Kilogrammolekül die Gewichtszunahme 35,5 kg oder ein Mehrfaches dieser Zahl (bei Einführung mehrerer Chloratome) beträgt. Diese S u b s t i t u t i o n s c h l o r i e r u n g führt z. B. zu den Chlorbenzolen, von denen das Mono- und zwei Dichlorbenzole (1, 2 und 1, 4) technische Bedeutung besitzen. Man gewinnt ferner durch Chlorierung des T o l u o l s im Dunkeln bei niederer Temperatur o- und pChlortoluol, im Sonnen- oder aktinischen Licht und bei Siedehitze die drei wichtigen in der Seitenkette chlorierten Zwischenprodukte Benzyl-, Benzal- und Benzotri-chlorid. Im Molekül schon vorhandene Seitenketten „dirigieren" eintretendes Chlor nach gewissen Gesetzmäßigkeiten in bestimmte Stellungen. N i t r o b e n z o l gibt bei Gegenwart von Überträgern chloriert der größten Menge nach m-Chlornitrobenzol neben wenig p-Verbindung; aus l-Chlor-2,4-dinitrobenzol resultiert mit alkalischen Laugen verkocht das für die Schwefelschwarzerzeugung wichtige Dinitrophenol; Pikrylchlorid gibt schon beim Digerieren mit wäßriger Sodalösung Pikrinsäure. Schon vorhandenes Chlor orientiert vorwiegend in p-, daneben in o- und ebenso verhält sich die Amino-, Oxy- und Methoxygruppe, wobei jedoch -Konzentrationen, Temperaturen und andere Arbeitsbedingungen maßgebend für die Mengen der gebildeten Verbindungen sind. Es entstehen demnach aus

S C H E R I N G A.G., ABT. LABOR.-PRÄPARATE i K A H L B A U M » , BERLIN W 9 POTSDAMER STRASSE 20

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Teerfarbstoff-Zwischenprod. NOs (Cl) (NH2) (OH) (O .CH 3 )

NO a

NH 2

OH

OCH,

vorwiegend m-Chlornitrobenzol, p-Chloranilin, p-Chlorphenol (-kresol), p-Chloranisol, Chlor-, Dichlorbenzaldehyd, -benzoesäuren usw. Auch bei Gegenwart zweier Substituenten kann man bei der Chlorierung gewisse ähnliche Gesetzmäßigkeiten feststellen. — Von geringer technischer Bedeutung ist die C h l o r a n l a g e r u n g z. B. a n B e n z o l im Sonnen- oder aktinischen Licht bis zum Benzolhexachlorid CeH,Cl»; aus N a p h t h a l i n in Lösung resultiert ein Tetrachlorid C^H^Qj usw. Schließlich kann Chlor auch direkt an die Stelle von schon im Molekül vorhandenen Gruppen treten und diese aus dem Molekül herausdrängen. Mit Hilfe dieser V e r d r ä n g u n g s r e a k t i o n vermag man aus dem A n i l i n über dessen DiazoniumVerbindung (s. Teerfarbstoffe 3) Chlorbenzol darzustellen, glatter allerdings nur nach der sog. Sandmeyer-Reaktion bei Gegenwart von Kupferchlorür: CgHB. N (Cl) = N. Cu2Cl2 gibt Cu2Cl2 + N2 + CBHsC1. Wichtig ist die Austauschbarkeit des Cl gegen andere Gruppen. Chlor in der S e i t e n k e t t e läßt sich leicht durch -OH ersetzen, und man erhält so aus demBenzyl-, Benzal-und Benzotri-chlorid den Benzylalkohol, Benzaldehyd und die Benzoesäure C,HS.CH2C1(CHC12)(CC13) + l(2)(3)H.O CjHs.CHjOH; CgH 5 .CHO; C,H 5 .COOH. Besondere Wichtigkeit besitzt die Reaktion, mit der man Chlor gegen - N H 2 oder seine Alkylsubstitutionsprodukte - N H . C H 3 und -N(CH 3 ) 2 auszutauschen vermag. So gibt das oben erwähnte C h l o r d i n i t r o b e n z o l , weil die beiden negativen N0 2 -gruppen die Beweglichkeit des Cl-atomes steigern, mit Ammoniak 2,4-Dinitro-l-anilin, mit Anilin: Dinitro-diphenylamin; bei Gegenwart von Kupfersalzen oder anderen Katalysatoren gelangt man in der Anthrachinonreihe zu den hochmolekularen Zwischenprodukten, die häufig schon Küpenfarbstoffe sind oder durch Einführung weniger salzbildender Gruppen Farbstoffe werden. Besonders leicht reagiert Seitenkettenchlor mit B a s e n , so daß z. B. Benzylchlorid sich ähnlich verhält wie Methyl- oder Äthylchlorid, also als Alphylierungsmittel dienen kann. 1 Mol. Benzylchlorid und 1 Mol. Anilin geben Dibenzylanilin, C S H 6 .CH 2 .N(C 6 H 6 ) .CH 2 . C«H6, eine wichtige Farbstoffkomponente. Ganz analog läßt sich das Chlor im Mono- und Di-chlorbenzaldehyd, 2-Chlor-5-nitrobenzaldehyd, im Chlor-dinitrobenzol, kurz in Mol. die neben dem Chlor noch N0 2 , Cl, SO s H u. a. enthalten, mit Na-sulfit gegen'die S u l f o g r u p p e ersetzen und man erhält dann o-Benzaldehydsulfonsäure, Chlorbenzaldehydsulfonsäure, Dinitrobenzolsulfosäure, Chlornitrobenzolsulfosäuren aus Dichlornitrobenzol usw. Schließlich kann Chlor auch gegen Wasserstoff ersetzt werden, wodurch die ursprüngliche Reaktion der Substitution C,H 6 . H + Cl2 - C,H6C1 + HCl umkehrbar wird: C,H6C1 + H 2 - CgHa + HCl. 2. Nitrierung. Die Einführung der -N0 2 -gruppe erfolgt in der Technik ausschließlich mittels S a l p e t e r s ä u r e . Man arbeitet nur selten mit verdünnter Säure bei höherer Temperatur (z. B. wenn Seitenketten nitriert werden sollen), sondern, da man in den meisten Fällen kernnitrierte Körper braucht, mit konz., mindestens 60proz. Salpetersäure, und nie mit ihr allein, sondern stets in Gegenwart von konzentrierter, monohydratischer, wasserfreier oder anhydridischer Schwefelsäure, die das bei der Reaktion CgH, + HN0 3 ->- C,H s .N0 2 + H 2 0 freiwerdende Wasser aufnimmt. Dieses Gemenge, das je nach der Schwierigkeit der Nitrierung aus den beiden Säuren verschiedener Konzentration zusammengesetzt wird, bildet als sog. Misch- oder N i t r i e r s ä u r e das nahezu ausschließlich verwandte Nitrierungsmittel der Zwischenproduktchemie: die Schwefelsäure wirkt nicht nur (was die konz. und dann teure Salpetersäure auch könnte) als billigeres Wasser aufnehmendes Mittel, sondern sie vereinheitlicht auch die Reaktion und gestattet als Verdünnungsmittel die Anwendung theoretischer Mengen der ferner dadurch

SR

BICchers Auskunftslmcl'. 16. Aufl.

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Teerfarbstoff-Zwischenprod.

auch genau dosierbaren Salpetersäure (s. Sprengstoffe, dort auch Bezugsquellen für Nitrierapparate). Man nitriert in den meisten Fällen bei niedriger Temperatur, häufig unter 0® im mit Eis oder Kältemischung ausgefüllten, gußeisernen Doppelmantelkessel, um die Reaktionswärme und die Temperatursteigerung aufzuheben, die bei der Mischung der Schwefelsäure.mit dem freiwerdenden Wasser eintritt, dann aber auch deshalb, weil Oxydationen vermieden werden sollen, die unter dem Einflüsse der Mischsäure leicht erfolgen können. Die Nitrierung verläuft so unter Einhaltung der durch Ausarbeitung in jedem Falle festgestellten Konzentration und Temperatur meist sehr glatt mit nahezu theoretischer Ausbeute, ohne Bildung nitroser Gase [Oxydation: HN0 3 -»-HN0 2 (—rote Dämpfe —) + O] und ohne gleichzeitige Sulfonierung, da die Bildungswärme der Nitrokörper viel größer ist als jene der Sulfosäuren. — B e n z o l (s. d.) kann man mit Mischsäure leicht in der Kälte zum Nitrobenzol nitrieren. Dieser Prozeß wird in stehenden hohen Schnellrührerkesseln kontinuierlich in größtem Maßstabe ausgeführt (Ausgangsmaterial für Anilin). Der Kessel steht im Heiz-(Kühl-)mantel. Die berechneten Mengen Mischsäure und Benzol fließen im Boden zu, bei 50—60° strömt oben das Nitrobenzol ab, wird von der salpetersäurefreien H 2 S0 4 abgehoben und durch Vakuumdestillation gereinigt. In der Wärme mit der berechneten Nitriersäuremenge nitriert, gibt das Benzol glatt m-Dinitrobenzol neben in Summe nur 5—8% dero- und p-Verbindung, die man durch fraktionierte Kristallisation und Destillation abtrennt. Trinitrobenzol kann aus dem Benzol (s. d.) nur durch Anwendung eines Oleum-Salpetersäuregemisches bei 120° durch d i r e k t e Nitrierung gewonnen werden, es wird, da bei dieser Arbeitsweise schon Explosionsgefahr vorliegt, auf die dort beschriebene Art dargestellt. Beim Nitrieren des T o l u o l s mit Salpeter-Schwefelsäure 1 : 1 1 / 2 erhält man bei höchstens 30° ein Gemisch von 57% o- und 40% p-Nitrotoluol, neben 3% der technisch unbedeutenden m-Verbindung. Das wertvollere p- wird vom o-Nitrotoluol durch fraktionierte Vakuumdestillation getrennt. Beide geben weiternitriert dasselbe 2,4-Dinitrotoluol neben wenig des niedriger schmelzenden und daher leicht abtrennbaren 2,6-Isomeren. Zu vorhandenem Chlor tritt die Nitrogruppe vorwiegend in p-, daneben in o-Stellung ein. p - N i t r o c h l o r b e n z o l ist Ausgängsmaterial für das wichtige p-Nitroanilin und mit der o-Verbindung zusammen für Chlordinitrobenzol (s. Halogenisierung). S. auch Trinitrotoluol; Pikrinsäure; Sprengstoffe u. a. Durch Nitrierung des A n i l i n s mit Mischsäure erhält man neben etwa 40% round 10% o- 50% des p-Nitroanilins, das als Diazokomponente in gewaltigen Mengen verbraucht wird. Die 3 Nitroaniline lassen sich auf Grund ihrer verschieden großen Basizität trennen. B e n z o l s u l f o s ä u r e gibt nitriert vorwiegend m-Nitrobenzolsulfosäure, das Ausgangsmaterial für Metanilsäure (s. Aminobenzolsulfosäuren), C 4 H 1 (N02)(S0 3 H), und weiter 3,5-Dinitrobenzolsulfosäure. Ähnlich wie Toluol gibt B e n z y l c h l o r i d vorwiegend o- und p-, kaum m-Nitrobenzylchlorid, Benzaldehyd und Benzoesäure geben hingegen in größter Menge (70%) m-, 25% ound 5% p-Nitroverbindung. N a p h t h a l i n liefert bei der Nitrierung leicht, und zwar fast ausschließlich 1-Nitronaphthalin, das weiter nitriert etwa 66% 1,8und 33% 1,5-Dinitronaphthalin gibt. Die Nitrogruppe läßt sich unter bestimmten Arbeitsbedingungen ähnlich wie Halogen gegen andere Reste a u s t a u s c h e n . So erfolgt z. B. ihr Ersatz gegen die Sulfogruppe mit Hilfe von Sulfiten häufig in der Anthrachinonreihe, wo auch der Austausch von - N 0 2 gegen -NH 2 , -NH.C,H 6 u. a. mit Hilfe von Ammoniak, Basen oder alkoholischen Lösungen der Basen leicht bewirkt werden kann. Wichtiger ist die Tatsache, daß man wegen der lockernden Wirkung, die die - N 0 2 gruppe auf KernwasserstofTatome ausübt, bei Gegenwart von Oxydationsmitteln, z. B. in Dinitrophenol, leicht eine -OH-gruppe einführen, ja sogar gleichzeitig Nitrierung und Hydroxylierung von Kohlenwasserstoffen bewirken kann, wenn

Teerfarbstoff-Zwischenprod.

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man bei Gegenwart von Quecksilber nitriert. Die weitaus wichtigste Verwendung der Nitroverbindungen beruht jedoch auf der leichten Reduzierbarkeit der - N 0 2 zur -NH 2 -gruppe, zur Herstellung von aromatischen A m i n e n (Anilin) aus Nitroverbindungen (Nitrobenzol). Siehe 5. 3. Nitrosierung. — Salpetrige Säure wirkt auf aromatische Stoffe nur dann in Art der Salpetersäure, R . H + H N 0 2 ->• R . N O + H 2 0 , wenn bereits salzbildende Gruppen im Mol. vorhanden sind. Phenol gibt so mit aus Na-nitrit und Säure gebildeter salpetriger Säure das für die Bildung von Schwefel- und Küpenfarbstoffen wichtige N i t r o s o p h e n o l HO.C,H 4 .NO. Man läßt die berechneten Mengen Nanitrit und 2 Mol. Salzsäure in die gut gerührte eiskalte wäßrige Lösung von Phenolnatrium eintropfen. Bräunliche Kriställchen, löst sich leicht in Wasser, Alkohol und Äther, schmilzt unter Zersetzung und verpufft bei 110—120°. Ist leicht z. B. mit Salpetersäure oxydierbar zum p-Nitrophenol, gibt reduziert p-Aminophenol. — In gleicher Weise erzeugt man aus Dimethylanilin, dessen Nitrosoverbindung (CH 3 ) 2 N.C 6 H 4 .NO, als Base (grüne Blätter, Schmp: 85°) nur in sodalkal. Lösung haltbar, so wie ihr beständigeres Hydrochlorid als Zwischenprod. für Teerfarbst. (12), "Vulkanisationsbeschleuniger (Base) und zur Gewinnung von Dimethylamin (Spalten mit warmer NaOH) dient. Ebenso entstehen aus 1-Naphthol eine 2- und eine 4-Nitrosoverbindung, während 2-NaphthoI nur l-Nitroso-2-naphthol (in der Analyse zur Trennung von Co und Ni gebraucht) liefert. Die Konstitution der Nitrosophenolkörper ist chinoid und dementsprechend besitzen diese Körper Farbstoffcharakter (s. Teerfarbstoffe A) wie die Nitrosonaphtholsulfosäuren. Nitrosodioxynaphthalin. 4. Sulfonierung (Sulfierung). a) A l l g e m e i n e s , B e n z o l d e r i v a t s u l f i e r u n g . — Wie bei der Halogenisierung das Chlor, so können in das Mol. des aromatischen Körpers eintretende Sulfogruppen entweder auf dem Wege der Substitution Kernwasserstoffe ersetzen oder andere Atome oder Radikale verdrängen. Wie bei der Nitrierung erfolgt die normale Substitution unter Austritt von Wasser, das von dem Wasserstoffatom des Kernes und dem Hydroxyl der Säure, hier konz. Schwefelsäure, oder Monohydrat oder Schwefelsäureanhydrid (Oleum, S0 5 , und dann bei Gegenwart von Hydroxylionen) nach dem Schema R . H + H 2 S0 4 — H 2 0 — R . S O s H gebildet wird. Auch hier muß das freiwerdende Wasser, das durch Verdünnung des sulfonierenden Mittels die weitere Reaktion stören würde, unschädlich gemacht werden, und dies geschieht durch Anwendung eines Schwefelsäureüberschusses oder durch Zusatz von Oleum, das mit Wasser: S 0 3 + H 2 0 zu H 2 S0 4 zusammentritt. P h e n o l gibt mit l 1 / s M o l . H 2 S0 4 schon bei Zimmertemperatur zu 60% p- und 40% o-Phenolsulfosäure, N a p h t h a l i n wird leichter sulflert als B e n z o l , das man zur Bildung der Monosulfosäure mit 2 Mol. konz. H 2 S0 4 bei 80° behandeln muß, B e n z o e s ä u r e bedarf der Erhitzung mit Oleum auf 200°, ähnlich schwierig ist auch die Sulfonierung von Anthrachinon, Dinitrobenzol u. a. In solchen Fällen bedient man sich als sulflerendes Agens der C h l o r s u l f o n s ä u r e SO a (OH)CI, deren Anwendung, je nach den Bedingungen, auch zum Sulfonsäurechlorid des betreffenden Körpers R . S02C1 (s. Saccharin) führen kann. Schematisch kann man sagen: B e n z o l und seine Derivate werden mit 66gräd., N a p h t h a l i n mit monohydratischer und J V n t h r a c e n mit rauchender Schwefelsäure sulflert, d. h. im allgemeinen muß man mit der Größe des Kernes auch die Konzentration der Säure steigern. S. a. Anthrachinonsulfosäuren. —• B e n z o l m o n o s u l f o s ä u r e gibt weitersulfoniert die m-Benzoldisulfosäure, in die abermals in m-Stellung noch eine dritte Sulfogruppe eingeführt werden kann. In m- Stellung wird die Sulfogruppe auch durch im Mol. schon vorhandene - N 0 2 , - C H O und -COOH-gruppen geleitet, und es entstehen so die m-Sulfosäuren des Nitrobenzols, Benzaldehyds und der Benzoesäure, während - O H , - N H 2 , C1 und - C H 3 in die o- und p-Stellung dirigieren, ähnlich wie bei der Chlorierung. Ist im Toluol die p-Stellung durch die Nitrogruppe besetzt, so entsteht bei der Sulfonierung die für die Erzeugung der

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Teerl'arbstoff-Zwischenprod.

Stilbenfarbstoffe (s. Teerfarbstoffe 4) wichtige p-Nitrotoluol-o-sulfosäure. — A n i l i n gibt ebenso wie Dimethyla'nilin mit konz. Schwefelsäure auf höhere Temperatur erhitzt im sog. Backprozeß die p-Sulfosäure (Sulfanilsäure), im P h e n o l und o-Kresol findet bei höherer Temperatur Sulfonierung vorwiegend in p-, bei niederen Hitzegraden in o-Stellung statt, bei den Dioxybenzolen (Resorcin, Brenzcatechin), ebenso bei den Aminophenolen, Chlortoluolen, Amino- und Oxybenzoesäuren lassen sich keine feststehende Regeln aufstellen. Die erhaltenen Mono- und Disulfosäuren sind z. T. wichtige Zwischenprodukte, z. T. soweit sie Amine und diazotierbar sind (s. Teerfarbstoffe 3), Azokomponenten. b) N a p h t h a l i n - ( d e r i v a t - ) s u l f i e r u n g . Die Naphthalinsulfosäuren sind als solche, da sie nicht kupplungsfähig sind, für die Farbstofferzeugung bedeutungslos, wohl aber zählen sie als Ausgangsmaterialien für A z o k o m p o n e n t e n zu den wichtigsten Zwischenprodukten. Mit Schwefelsäuren verschiedener Konzehtration erhält man aus dem Naphthalin bei verschiedenen Temperaturen die Mono- bis Tetranaphthalinsulfosäuren. Sie geben nach zwei G r u n d v e r f a h r e n der Zwischenproduktchemie: 1. Ersatz der -SO a H-gruppe geg. -OH mittels schmelzender Alkalis (s. Alkalischmelze); 2. Ersatz der -S0 3 H- oder der -OH-gruppe gegen - N H 2 mit Hilfe von Ammoniak oder Ammonsulfit (Sulfitreaktion), die große Reihe der A m i n o n a p h t h a l i n - ( = N a p h t h y l a m i n - ) u n d d e r O x y n a p h t h a l i n ( = Naphthol-)sulfosäuren. Von der Naphthalin-1-sulfosäure leiten sich ab: als Produkt der Alkalischmelze das 1 - N a p h t h o l (ebenso von der 2-Säure das als Zwischenprodukt für 2-Naphthylamin, vor allem aber als EntwicklungsfarbstofTkomponente außerordentlich wichtige 2 - N a p h t h o l ) , ferner durch Nitrierung die 1,5- und 1,8-Nitronaphthalinsulfosäuren, die reduziert die 1,5- und 1,8-Naphtylaminosulfosäuren geben. Aus der ersten Zeit der Azofarbstoffchemie stammen die heute noch gebräuchlichen folgenden Namen einzelner besonders wichtiger Naphthalin-, Naphthol- und Naphthylaminsulfonsäuren: 2,7-Naphthalindisulfosäure: (als Na-salz) Nuanciersalz (verleiht Blaustich) für Paranitroanilinrot (s. Entwicklungsfarben); 1,8-Aminonaphthaoldisulfosäure: H-Säure; 1,8-Dioxynaphthalindisulfosäure: Chromotropsäure; 1,3- (1,5-) Dioxy-5,7- (3,7- )naphthalindisulfosäure: Gelb-(Rot-)säure; l-Naphthol-4-sulfosäure: Neville-Wintersäure; 2,8-(2,6-) Naphthols.s.: Crocein-(SchäfIer-)säure; 2-Naphthol-3,6-(6,8-)disulfos.: R-(G-)säure; l,4-Naphthylamins.s.:Naphthionsäure; 2,6-Naphthylaminsulfosäure: Brönnersäure. — S. a. Naphthalin. c) A u f a r b e i t u n g d e r S u l f i e r u n g , A b s p a l t u n g und E r s a t z von SO s Hgruppen. Nach Beendigung der in gußeisernen, verbleiten oder emaillierten Rührkesseln vollzogenen Sulfonierung drückt man den Kesselinhalt in Wasser oder auf Eis. Die Sulfosäure fällt in manchen Fällen aus (Naphthionsäure), zuweilen muß sie ausgesalzen werden (Schäffersäure), meist ist sie jedoch in Wasser löslich, daß man sie „ a u s k a l k e n " muß, d. h. man setzt zur Bindung der Schwefelsäure als Gips und zur Bildung des Kalksalzes der Sulfosäure Kalkmilch zu, filtriert vom Calciumsulfat, dampft das Filtrat bis zu einer bestimmten Konzentration ein und setzt mit Soda um, erzeugt also das Na-Salz der Sulfosäure, das direkt verwendet werden kann. — Um die Sulfogruppe aus einem Molekül zu e l i m i n i e r e n , behandelt man die Sulfosäuren je nach ihrer Beständigkeit mit verschieden stark liydrolysierenden Mitteln als: verdünnte oder starke Säuren, Metallsatzlösungen usw., über deren Wahl die Ausarbeitung des betreffenden Verfahrens Aufschluß gibt. Um die-S0 3 H-gruppe durch andere Reste zu v e r d r ä n g e n , bedient man sich ebenfalls fallweise verschiedener Mittel. So erfolgt z. B. beim Eintragen der 1, 2, 4, 7-NaphthoIdisulfosäure in heiße Salpetersäure Ersatz der -SO s H- gegen -N0 2 -gruppen unter Bildung von Naphtholgelb S; bei der Alkalischmelze Ersatz der SOjH-gruppe gegen -OH-(Naphthol); mit Ammoniak, aliphatischen oder aromatischen Aminen wird - S 0 3 H durch -NH 2 , z.B. -NH.CH 3 , -N(CH 3 ) 2 , NH.CgHg usw. verdrängt.

Teerfarbstoff-Zwischenprod.

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5. Amine (s.d.) technisch: a) durch R e d u k t i o n von Nitroverbindungen, b) durch E r s a t z anderer Substituenten (namentlich - O H und Cl) im Benzol, Naphthalin, Anthracen usw. gegen die Gruppe - N H 2 . — a) Man reduziert in der Technik mit naszierendem Wasserstoff, den man so gut wie ausschließlich aus E i s e n und S a l z s ä u r e oder verdünnter Abfallessigsäure in der zu reduzierenden gelösten, feinst suspendierten oder flüssigen Nitroverbindung erzeugt: R . N 0 2 + 3H 2 -> R . N H 2 + 2H s O. Nach der im Abschnitte „Aniiin" beschriebenen Arbeitsweise werden auch die Toluidine, Diamine, Aminooxybenzole, 1-Naphthylamin u. v. a. erzeugt. Methoden, wie z. B. jene des Überleitens der Dämpfe des Nitrokörpers über 3—400° heiße Metall-(Nickel- oder Kupfer-(Katalysatoren, ebenso wie elektrolytische Verfahren vermögen sich gegenüber der billigen, in großer einfacher Apparatur beliebig große Mengen der Aminoverbindung liefernden Eisenreduktion zunächst noch ebensowenig durchzusetzen, wie das Arbeiten mit Wasserstoff nach Art der Fetthydrierung. Dagegen haben die Verfahren der Reduktion mit Schwefelwasserstoff ( S c h w e f e l n a t r i u m ) eine gewisse Bedeutung insofern, als man z. B. mit Na-sulfid bei Einhaltung gewisser Arbeitsbedingungen in Molekülen, die, mehr als eine N0 2 -gruppe e n t h a l t e n d , t e i l w e i s e R e d u k t i o n zu Nitroaminoverbindungen bewirken kann, wobei im mehrfach nitrierten p- und m-Nitrotoluol die p- bzw. m- Nitrogruppe, in Di- und Trinitrophenolen, Clilorund Aminodinitrobenzolen stets die zum OH-, Cl und NH 2 in o-Stellung befindlichen Nitrogruppen reduziert werden. Der Aminokörper, z. B. das Anilin, ist bei bestimmter Leitung des Reduktionsvorganges aus dem Nitrokörper über verschiedene Zwischenstufen erhaltbar: R . N 0 2 ->• R . N O — R . N H O H . Letztere beide - R . N - N . R — R . N H . N H . R -> R . N H S geben: \0/ Nitro-

Nitroso-

Hydroxylamiuverb.

Azoxy-

Hydrazo-

AmiiKA 1Tb.

Das Hydrazobenzol gibt weiter durch Oxydation Azobenzol C„H 5 -N = N-C„H 5 , die Stammsubstanz der Azofarbstoffe, schließlich in saurer Lösung umgelagert das Benzidin (Diaminodiphenyl NH 2 —C 6 H 1 -C 8 H 4 -NH 2 , die Stammsubstanz der Benzidin- (s. d.) (Diamin-)Azofarbstoffe, die Baumwolle direkt anfärben (s. Diazoverb.; Teerfarbstoffe 3). — b) Der E r s a t z der -OH-gruppe in Phenolen, Naphtholen usw.gegen-NH 2 odersubstituiertes-NH 2 [ - N H .CH 3 , -N(CH 3 ) 2 ,-NH .QH,, usw.] erfolgt im einfachsten Falle durch Erhitzen des Phenols mit Ammoniak evtl. bei Gegenwart von Kontaktmitteln unter Druck (2-Naphthol gibt so bei Gegenwart von Zinkchlorid 2-Naphthylamin), oder, wenn sekundäre Amine dargestellt werden sollen, durch bloßes Kochen der Phenole, aber auch mancher Amine mit den öligen, meist hochsiedenden Basen (Anilin, Toluidin u. a.). Aus 2-Naphthol und Anilin entsteht so Phenyl-2-naphthylamin, aus Anilin und Anilin: Diplienylamin C„H 5 .NII. C«H5. Der Ersatz von Gl bzw. SO a H gegen - N H 2 wurde bereits bei der „Halogenisierung" und „Sulfonierung" besprochen. Erwähnt sei darum nur noch die Herstellung des 2-Aminoanthrachinons aus der 2-Sulfosäure mit Ammoniak oder aromatischen Aminen oder mit dem heftig reagierenden Natrium amid: R . S 0 3 N a + N a . N H 2 + R.NH 2 Na 2 S0 3 . 6. Hydroxy ¡Verbindungen, Alkylamlne, Alkylphenole. — Die direkte Einführung von Hydroxyl - O H in aromatische Kohlenwasserstoffkerne, also die Einführung von Sauerstoff z.B. in Benzol C,H 5 . ^ H + Ol ist heute technisch noch nicht möglich, wenn man von den wenigen Fällen absieht, in denen man z. B. in der Anthrachinonreihe durch die Alkalischmelze derartige Oxydationen ausführen kann. Die P h e n o l e des Benzols und Naphthalins werden aus deren Substitutionsprodukten durch Ersatz z. B. des Gl oder besonders der -NH 2 -gruppe gegen - O H auf dem Wege der gewöhnlichen Hydrolyse oder durch Umkochen der aus dem Amin gebildeten Diazoniumverbindung (s. Diazoverb.) oder durch Alkalischmelze (s. d.) der Sulfosäuren erzeugt. Man arbeitet im großen mit Ätznatron oder wie

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Teerfarbstoff-Zwischenprod.

bei der sog. Kalkschmelze mit Kalkmilch, mit oder ohne Zusatz von Mitteln, die die oxydierende Wirkung der Schmelze herabmindern (Zinkstaub) oder steigern (Chlorat) sollen, meist in Frederking-Kesseln oder -Autoklaven. — Die technisch w i c h t i g e n A l k y l p r o d u k t e der A m i n e und P h e n o l e vom Typus C , H 6 . N . X , z. B. CgH5.NH.CH3; C,H 6 .N(CH 3 ) 2 ; CgH5.NH.C5H5; CgH 5 .N(CH 3 ) 2 .CH 3 Cl Ammoniumbasen) und CgHs-O.CHj (Anisol), CgHj.O.CgHs (Diphenyläther) gewinnt man ganz allgemein durch Erhitzen der Amine (Phenole) mit Alkoholen, z. B. mit Methylalkohol (1 bzw. 2 Mol.), unter-Druck auf 280°, bei Gegenwart von Salzsäure oder mit fertig gebildetem Chlormethyl. Man erhält so Mono- und Dimethyl-(-äthyl-)anilin, -toluidin, -xylidin, auch bei Einwirkung zweier verschiedener Halogenalkyle oder -alphyle, z. B. Chloräthyl und Benzylchlorid gemischte Alkylamine, hier das Äthylbenzylanilin C e H 5 .N(C 2 H5)(CH 2 .C 6 H5). Erhitzt man die halogenwasserstoffsauren Salze der alkylierten Basen oder die Phenoläther auf Temperaturen von etwa 300°, so wandern die Alkyle in o- oder meist p-Stellung des Kernes, und man erhält die sonst schwierig herstellbaren höheren Homologen des Benzols, so aus Anilin, Salzsäure und 1, 2 oder 3 Mol. Methylalkohol p-Toluidin CgH' 4 (l)CH 3 (4)NH 2 , m-Xylidin CgH 3 (l)CH 3 (3)CH 3 (4)NH 2 und Mesidin C 6 H,(1, 3, 5 (CH 3 ) S (4)NH 2 neben 4-Cumidin C,H 2 (1, 3, 6) (CH 3 (4)NH 2 . 7. Alkohole, Aldehyde, Ketone, Carbonsäuren. — D i e a r o m a t i s c h e n A l k o h o l e er-

zeugt man durch Hydrolyse seitenkettenhalogenisierter Kohlenwasserstoffe (z. B. Benzylalkohol durch Verkochen von Benzylchlorid mit alkalihaltigem Wasser: C,H 6 .CH 2 C1 + NaOH -*CgH 6 .CH 2 OH + NaCl). Zwei Moleküle eines Aldehydes der aromatischen Reihe lassen sich ferner durch Behandlung mit Alkali in je ein Mol. Alkohol und Säure spalten: 2CgH s .CHO + H 2 0 ^ C,H 6 .COOH + C,H 5 . CH 2 OH. — Die aromatischen A l d e h y d e sind durch hydrolytische Spaltung des Benzalchlorids: CgHs.CHClü + H 2 0 ->- CgHs.CHO + 2HC1 und seiner o- bzw. p-Nitro- oder Halogenderivate zugänglich. Man arbeitet mit Kalkmilch unter Druck, doch eignen sich auch konzentrierte oder rauchende Schwefelsäure, ferner entwässerte Oxalsäure als Spaltungsmittel, namentlich wenn es sich um die Gewinnung von kernsubstituierten Benzaldehyden handelt. Die direkte Einführung der Aldehydgruppe in den Kern von Benzol und seinen Methylhomologen (Toluol, Xylol) gelingt mittels der Bildungsstücke (Kohlenoxyd und Salzsäure) des nicht existenzfähigen Ameisensäurechlorides H . COC1 bei Gegenwart von Kupferchlorür und Aluminiumchlorid, bei Phenolen und Naphtholen mit Hilfe des beständigen Chloroforms als ähnlich wie Ameisensäurechlorid wirkendes Agens. Schließlich hat noch eine Reaktion technisches Interesse, die auf der Wanderung von Sauerstoff einer Nitrogruppe und Wasserstoff einer Methylgruppe unter dem Einflüsse einer Lösung von Schwefel im Alkali (Polysulfid) oder konzentrierter Schwefelsäure beruht. S. a. Oxybenzaldehyde in Benzald. Die aromatischen K e t o n e vom Typus R . C Q . R ' mit R als aromatischem, R ' als aliphatischem oder aromatischem Rest erhält man durch Einwirkung von Carbonsäurechloriden CH 3 .CO.Cl, C1.CO.C1 (Essigsäurechlorid, Chlorkohlenoxyd [Phosgen]), in Einzelfällen auch von Carbonsäuren selbst CH 3 .CO.OH auf Kohlenwasserstoffe (Benzol) und ihre Kernsubstitutionsprodukte in Gegenwart, von Aluminiumchlorid (Friedel-Crafts-Reaktion) oder anderen Kondensationsmitteln (Zinkchlorid). Benzol und Acetylchlorid bzw. Phosgen geben unter Salzsäureabspaltung Aceto- bzw. Benzophenon C 6 H5.CO.CII 3 und CgH5.CO.CeH5; aus Dimethylanilin und Phosgen entsteht Tetramethyldiaminobenzophenon sog. Michler-Keton, das ebenso wie seine Reduktionsprodukte, das Benzhydrol R - C H O H - R und das Diphenylmethanderivat R - C H 2 - R (von denen umgekehrt durch Oxydation auch das Benzophenon ableitbar ist), Zwischenprodukt für Triphenylmethanfarbstoffe (s. Teerfarbstoffe 1) ist. Die aromatischen C a r b o n s ä u r e n schließlich werden technisch in analoger Weise wie die Alkohole und Aldehyde aus dem zugehörigen seitenkettenhalogeni-

Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

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sierten Toluol, dem Benzotrichlorid, durch Hydrolyse bei Gegenwart von Mitteln, die die freiwerdende Salzsäure binden, gewonnen: C 6 H 5 .C : Cl3 + 2H 2 0 ^ 2 HCl + CgHs.GOOHBenzoesäure. Sie entsteht auch, ebeno wie ihre Homologen, besonders die früher fürdie Indigosynthese gebrauchte Anthranilsäure (o-Aminobenzoesäure) und wie die Oxycarbonsäuren, aus dem Toluol bzw. dessen o-Aminoverbindung (o-Tohidin) bzw. den Oxytoluolen (Kresolen) durch Oxydation der Methylgruppe z. B. mit Permanganat oder Chromsäure in saurer Lösung, wobei jedoch die empfindliche -NH 2 - bzw. -OH-gruppe durch Acetylierung (-NH.COCH 3 ) bzw. Veresterung ( - 0 . S 0 3 N a ) vor dem Angriff des Oxydationsmittels geschützt werden muß. (-Toluidin gibt so Acet-o-toluidin C e H 4 (lCH 3 )(2NH .COCH 3 ), dieses oxydiert Acetylanthranilsäure C 6 H 4 (lCOOH)(2NH.COCH 3 ), das verseift die Anthranilsäure s. d.) liefert (s. a. u.). Auch unter dem Einflüsse der A l k a l i s c h m e l z e (s. 6) kann inan aus den 3 Kresolen die 3 Oxybenzoesäuren gewinnen, ferner nach der eigenartigen Abänderung dieser Schmelze, die als Kolbe-Schmitt-Salicylsäure(s. d.jsynthese bekannt und wegen ihrer vielseitigen Anwendbarkeit, z. B. auch zur Erzeugung der 2-Oxynaphthoesäure aus 2 Naphthol, zu einem der wichtigsten Verfahren der Färb-, Riech- und Arzneistoffchemie geworden ist. Von besonderem Interesse ist die Herstellungsmethode der P h t h a l s ä u r e (s. d.) durch Aufspaltung des Naphthalinmoleküls unter dem bei Gegenwart von Quecksilber erfolgenden oxydierenden Einflüsse des Schwefelsäureanhydrides, das selbst zu dabei schwefliger Säure, dem Ausgangsprodukt für S0 3 im Kontaktverfahren (Kreislauf), reduziert wird. Naphthalinmonoderivate (Sulfo-, Oxy-, Aminonaphthaline) geben Phthalsäure, aus chlorierten oder nitrierten Naphthalinen entstehen demgemäß chlorierte und nitriere Phthalsäuren, die ebenfalls wertvolle Zwischenprodukte darstellen. — Erwähnt sei schließlich noch die Gewinnung von Carbonsäuren aus den Nitrilen ( B e n z o n i t r i l ) , die z . T . im Steinkohlenteer vorhanden sind und synthetisch z. B. curch Destillieren von sulfosauren Salzen mit Cyankalium erzeugt werden können: C 6 H 5 .S0 3 Na + KCN - ^ H s - C N + Na„S0 3 durch Verseifung: C,H5CN + 2H 2 0 ->C«H 5 .COOH + NH 3 . Der vorliegende Abschnitt soll e i n e n Ü b e r b l i c k ü b e r d i e C h e m i e d e r Z w i s c h e n p r o d u k t e geben, die w i c h t i g e r e n E i n z e l v e r t r e t e r der Zwischenprodul.treihen sind in g e s o n d e r t e n A b s c h n i t t e n beschrieben, so z. B. Phenol, Salicyj-, Benzoe-, Anthranilsäure usw. &

IltTst. C h l o r i e r - , Hübn;r, Halle.

Nitrier-,

S u l f i e r a p p a r a t e :

V o l k m a r Hiiuig & Comp., H e i d e n u u - S i i d . —

Wegelin

Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe sind aus den durch Zerlegung des SteinUohlenteeres erhaltenen Bestandteilen künstlich erzeugte chemische Verbindungen, die in gelöster Form pflanzliche und tierische Fasern anfärben. Sie sind mit sehr wenigen Ausnahmen Kohlenstoffverbindungen und werden daher den organischen Farbstoffen zugezählt, deren Hauptvertreter sie bilden. Manche von ihnen werden medizinisch verwandt, so die „Pyoktanine" aureum (Auramin) und coeruleum (Methjlviolett), oder die „Trypane", Acridin-;, Azo-, Sal'ranin-, Fuchsin-farbstofle, zur Bekämpfung von bakteriellen, namentlich Tierkrankheiten. Oft nennt man die Teer- xueh noch Anilinfarbstoffc, da ihre ersten Vertreter sich vom Anilin ableiteten. Alle Teerfarbstoffe kann man sich entstanden denken: aus einem farblosen Kohlenwasserstoff, der wie z. B. das Benzol im unsichtbaren Teil des Spekthims Absorption zeigt, durch Eintritt 1. mindestens einer „ c h r o m o p h o r e n " (farbgebencen) Gruppe, die jene Absorption nach dem sichtbaren Spektralteil verschiebt, wodurch der farblose Stoff zum farbigen „Chromogen" wird. 2. Durch weiteren Eintritt mindestens einer „ a u x o e h r o m e n " (farbvermehrenden) Gruppe, die dem nur farbigen, jedoch nicht färbenden Chromogen färberische Eigenschaften verleiht

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

(s. Halochromie). Die auxochrome Gruppe bedingt zugleich den schwach basis c h e n oder schwach s a u r e n Charakter des nunmehr fertiggebildeten Farbstoffes. Auxochrome Gruppen sind: „Hydroxyl": -OH, „Sulfhydryl": - S H und „Amino": -NH S , auch manche ihrer Abkömmlinge. Chromophore Gruppen sind: 1. „Nitro": - N 0 2 (einwertig), 2. „Azo": - N = N - (zweiwertig, beiderseitig an Kohlenstoff gebunden), 3. „Keto": = C O (zweiwertig, an Kohlenstoff gebunden) 4. „Äthylen"=C=C= (vierwertig, an Kohlenstoff gebunden) und deren Abkömmlinge wie z. B.: „Azoxy": - N - 0 - N - ; „Ketonimid": = C = N H ; „Ketoxim": = C = NOH (auch „Isonitroso" genannt); „Thioketon": = G = S usw. Ein besonders wichtiges Chromophor bilden zwei in einem Kohlenstoffring gegenüberliegende oder benachbarte Ketogruppen: C=0 C=0 o c o

JJ t c=o p-Chinon;

IrOr c o-Ghinon,

II

LO

II

z. B. Anthrachinon

^YYo \/\/ und Naphthoehinon

und deren Abkömmlinge, die Chinonimide, -diimide, -oxime usw. Speziell über den Einfluß der Substituenten auf Farbton (und Absorptionsspektrum) der Indigo-, Thioindigo- und Indirubin-Teerfarbstoffe unterrichtet eine ausführliche Abhandlung von J. Formanek in Angew. Gh. 1928, 1133 (Ergänzung zu dem Buche des gleichen Autors „Untersuchungen und Nachweis org. Farbstoffe auf spektroskopischem Wege", Berlin 1927). Nach den herrschenden Anschauungen bedingt „chinoide Bindung" in einem Ghromogen die Farbe; ihre Aufhebung, bewirkt z. B. durch Wasserstoffanlagerung, Ungefärbtsein: Chinon O = C,!^ = O ist gefärbt, Hydrochinon, seine „Leukoverbindung" OH-CjH^OH ungefärbt, wobei unentschieden ist, ob die Schreibweise: 0 = C , H 4 = 0 oder O-C^I^-O (ebenso beim o-Ghinon) richtiger ist, soweit i i man von Richtigkeit überhaupt sprechen kann, da die grundlegende Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem chemischen Aufbau einer Substanz, ihrer Eigenfarbe und ihrem färberischen Verhalten gegenüber den Textilfasern noch immer Gegenstand vieler theoretischer Erwägungen ist. In neuerer Zeit versuchte W. Dilthey die insbesondere für Indigo, Indanthren- und AzofarbstofTe unzureichende Farbstofftheorie von O. N. Witt (Chromogene, Chromophore, Auxochrome, Entstehen und Verschwinden chinoider Bindungen) durch die einfachere Chromophortheorie zu ersetzen, derzufolge farbige organische Verbindungen ein oder mehrere koordinativ (s. d.) ungesättigte Atome enthalten, deren Übergang in den ionoidenZustand die Farbvertiefung herbeiführt. So ist z. B. (CgHj),^ C-H mit koordinativ gesättigtem C-atom farblos, [(C 8 H 6 ) 3 =C] (s. Radikale) mit ebenso ungesättigtem Zentralatom hingegen gelborange und die Verbindung [(CeH6)3 = C ] - N a , d. i. der ionoide Zustand, tiefgelb gefärbt. Die Theorie hat in neuerer Zeit z. Tl. glänzende Bestätigung erfahren; vgl. z. B. E. Weitz, Ber. 1926, 2307. Wir werden uns in der Regel der p - c h i n o i d e n F o r m e l b i l d e r b e d i e n e n , da diese, obwohl zuweilen mit den neueren Theorien nicht im Einklang, die Zusammenhänge zwischen den Roh-, Zwischen- und Fertigprodukten der TeerfarbstofTchemie gut und einheitlich erklären. Die Teerfarbstoffchemie ist ein Zweig der o r g a n i s c h e n Chemie. Die Arbeitsmethoden beider sind die gleichen, jedoch im ersteren Falle gekennzeichnet durch die Anwendung möglichst einfacher technischer Verfahren unter Vermeidung kostspieliger Chemikalien und Apparate. Die vorwiegend zum Zwecke der Bildung von Chromogenen und zur Einführung auxochromer Gruppen in dieselben eingeführten Reaktionen der Halogenisierung, Nitrierung Reduktion, Sulfonierung usw. (s. Zwischenprodukte) sind möglichst vereinheitlicht. Die in der Teerfarbstoffindustrie ausgeübte Art der restlosen Aufarbeitung und Verwertung aller Neben- und Abfall-

Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

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die färbende Eigenschaften besitzen, und nach ihrer Zugehörigkeit zu chemischen Körperklassen, die durch das Vorhandensein von Chromophoren und Chromogenen gekennzeichnet sind. Erstere genügen nur in den einfachen Farbstoffklassen zur Charakterisierung, wir unterscheiden daher nach Chromogenen, doch muß hinzugefügt werden, daß auch dieses Unterscheidungsmerkmal naturgemäß dann nicht einheitliche Kennzeichnung ermöglicht, wenn in einem Molekül zwei und mehrere verschiedene Chromophore vorhanden sind. Farbstoffklassen und Farbstoffe.

1. N i t r o f a r b s t o f f e . Chromophor ist die Nitrogruppe, die mindestens zweimal im Mol. auftreten muß. Chromogene sind:'Dinitrobenzol und -naphthalin, auch -diphenylamin [das früher viel verwendete „Aurantiagelb" ist das Ammonsalz des Hexanitrodiphenylamins: (N0 2 ) 3 .C 9 H 2 -N(NH 4 )-C 6 H 2 (N0 2 )3]. Auxochrome sind vorwiegend -OH-gruppen, in o- und p-Stellung zu den Nitrogruppen. Die einzelnen Farbstoffe haben nur geringe Bedeutung: „Pikrinsäure" (s. d.) färbt Wolle und Seide klar grünstichig gelb. „Martiusgelb" (Dinitronaphthol) aus l-Naphthol-2,4disulfosäure durch Ersatz der beiden - S 0 3 H gegen -N0 2 -gruppen im Nitrierungsprozeß, ungiftig, dient zur Färbung von Lebensmitteln, namentlich Eierteigwaren. „Naphtholgelb S", C 10 H4(7)SO 3 H(l)OH(2, 4)N0 2 , wie Martiusgelb, jedoch aus 1,2,4,7-Naphtholtrisulfosäure, wobei die 7-S0 3 H-gruppe erhalten bleibt; der Farbstoff wird dadurch wasserlöslich und färbt Wolle echt an. — Hervorragend lichtechte gelbe (braune) Färbungen (auch auf Acetatseide) liefern 1,3-Dichlor4,6-dinitrobenzol-4-amino-diaryl-aminsulfosäure- Kondensationsprodukte (DRP. 447 015 der I. G.). 2. N i t r o s o f a r b s t o f f e . Chromophor: - N O o d e r = N.OH,Chromogen: Nitrosobenzol und -naphthol. Auxochrom: - O H , Stellung in o- zu - N p Bedingung. „Solidoder Echtgrün" ist l,3-Dinitroso-2,6-dioxybenzol, aus Resorcin und salpetriger Säure. „Gambin" in den beiden Marken R (aus 1-Naphthol) und Y (aus 2-Naphthol) mit salpetriger Säure ist 1- bzw. 2-Nitroso-2- bzw. 1-Naphthol, dient als Sulfonsäure-Eisenlack (Naphtholgrün B) zum Färben der Wolle. Die Gambinmarken (Y ist das „Echtsolidgrün" des Handels, für Baumwolldruck) sind wertvolle Beizenfarbstoffe, da ihre beiden o-ständigen Gruppen (-NO and - O H ) mit Metalloxyden stabile und daher echte lackartige (s. Farblacke) Verbindung eingehen, so z. B. Nitrosodioxynaphthalin („Dioxin") ¡färbt auf Eisenbeize sehr echt braungrün. 3. A z o f a r b s t o f f e . Der Zahl der Einzelglieder nach die größte Farbstoffgruppe. Chromophor: - N = N-, in den Chromogenen, z. B. im Azobenzol, beiderseitig an aromatische Reste gebunden. Wenn 1, 2, 3, 4-mal im Molekül vorhanden, entstehen die Mono-, Dis-, Tris-, Tetrakisazokörper, die sämtlich.erst durch den weiteren Eintritt von - O H und -NH 2 -gruppen, die hier die wichtigsten Auxochrome sind, zu Farbstoffen werden. Die Vielheit der Azofarbstoffe kommt ferner dadurch zustande, daß die substituierten N a p h t h a l i n e (s. Zwischenprodukte) in der Azochemie die größte Rolle spielen, daneben ferner auch die Abkömmlinge des Dip h e n y l s und anderer Ringgebilde. — Vom Standpunkte der F ä r b e r e i teilt man die Azofarbstoffe ein in die wenig wertvollen basischen und die „ S ä u r e f a r b s t o f f e " , die als Sulfon- und Carbonsäuren nur Wolle und Seide aus sauren Bädern ohne Beize färben. Weiter unterscheidet man die Phenolhydroxyle enthaltenden, auf gebeizte Baumwolle färbbaren „Beizenfarbstoffe", die zu „Chromierfarbstoffen" (z. B. die Eriochromfarben) werden, wenn ihre Färbungen sich durch Oxydation mit Bichromat auf der Faser fixieren lassen, von den „Diaminfarbstoffen", die als sulfonsaure Salze auch ungeheizte Baumwolle färben. Manche beizenziehenden Azofarbstoffe führen von früher her Namen wie A n t h r a c e n g e l b (Salicylsäure auf diazotiertes Thioanilin: N H 2 . C „ H 4 . S . C j H ^ N H ä ) , Anthracenrot (Diazo-o-nitrobenzidin auf Salicylsäure auf 1,4-Naphtholsulfosäure), Anthracenchrombraun, wohl um verwandte Echtheitseigenschaften (s. 10) anzudeuten, „Eisprodukte und der völligen Ausnützung aller Hilfsstoffe wurde für jede chemisch-

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

technische Arbeit zum Vorbild. — Die E i n t e i l u n g der Teerfarbstoffe erfolgt im vorliegenden Abschnitte nach dem molekularen Aufbau der chemischen Körper, färben" sind schließlich AzofarbstofTe, die aus den Komponenten auf der Faser gebildet werden (s. Entwicklungsfarben). H e r s t e l l u n g s s c h e m a : eine erste Komponente, stets ein primäres Amin, wird a) „diazotiert", die Diazoverbindung (s. d.) wird mit einem Phenol in alkalischer oder neutraler Lösung oder mit einem freien oder substituierten Amin, das freie ortho- oder para-Stellung haben muß, als zweite Komponente in saurer oder neutraler Lösung, b) „gekuppelt": CoH,;. N 2 . C1 + QHsOH-^QHs. N = N. C,H 6 . OH (Oxyazobenzol) + HCl. Die Benzolkerne können verschiedenartig substituiert mehrfach verbunden, selbst FarbstofTmoleküle (z. B. Safranine) sein, wobei Zahl und Art der Substituenten, auch der Ort ihres Eintritts, meistenteils voraussehbare Änderungen des Farbtones, der Ausgiebigkeit, der Echtheiten und sonstigen Eigenschaften der Azofarbstoffe herbeiführen, insbesondere wenn die eintretenden Gruppen Auxochrome sind, oder ein sonst unlöslicher Farbstoff durch Einführung einer Sulfogruppe löslich gemacht wird. Die einfachsten Glieder der Reihe besitzen als Farbstoffe wenig oder keinen Wert, z. B. p-Aminoazobenzol, vZ/~N= N - \ / - N H j (s. Diazoverb.) und -toluol oder p-Dimethylaminoazobenzolsulfosäure (Helianthin), deren Na-salz der bekannte Indikator Methylorange ist (Methylrot = die Carbonsäure), aber schon die Aminoazobenzoldisulfosäure, das „Echtgelb G und R " des Handels: S0 3 Na.C 6 H 4 .N=N.C 6 H3(3)S0 3 Na(l)NH 2 *, ferner „Chrysoidin": C,H,.N=N.C,H,(l 1 2)(NH i ) t mit m-Phenylendiamin als 2. Komponente haben als Woll- und Seidenfarbstoffe Curcuma und das ebenfalls aus natürlicher Quelle stammende Gelbholz verdrängt und bilden Zwischenprodukte zur Darstellung des Diazofarbstoffes „Biebricher Scharlach", gebildet durch Kupplung von in * diazotiertem Echtgelb G mit 2-Naphthol: EchtgelbN=N-C 10 H 6 (2)OH. Der Benzidinreihe gehören außer dem bekannten Bismarckbraun (Benzidin tetrazotiert ->• 2 Mol. m-Phenylendiamin), dem mit 2-Naphthylamin gebildeten Toluylenorange usw. die meisten Baumwollazofarbstofle an. Die mit Naphthalinabkömmlingen gebildeten Azofarbstoffe sind überhaupt wertvoller als jene, die nur Benzolkerne enthalten, insbesondere gilt dies für Dis- und Triazofarbstoffe. Hierher gehören die außerordentlich lichtechten Azo-entwicklungsfarbstoffe mit 2,3-Oxynaphthoesäure-aryliden als Komponenten, und die Lithol- und Lackrotmarken (diaz. l-Amino-2-naphthol 2 Naphthylamin- bzw. Chlortoluidin-Sulfosäure), ferner die mit den beiden 2-Naphtholdisulfosäuren R und G und mit den beiden Isomeren, der sog. Grocein- und der Schäfferschen Säure (1,2,8 bzw. 1,2,6), als Kupplungskomponenten gebildeten „Ponceau"-, „Scharlach"- und „Bordeaux"-marken als Monoazofarbstoffe, denen sich die Disazofarbstoffe mit denselben Säuren („Tuchrot B", „Naphtholschwarz 6 B", „Toluylenrot" mit o-Dichlorbenzidin, „Crocein"- und „Biebricher Scharlach") anschließen. Von den Naphthylamin-, Naphthol- und Aminonaphtholsulfosäuren leiten sich in Kombination mit di- und tetrazotiertem Benzidin (s. d.) das „Kongorot", die säureechten „Benzopurpurine", „Chrysamine", die lichtechten LitholrotFarblackkomponenten, z. B. Permanentrot (diaz. Toluidin /S-Oxynaphthoesäure) und das Heer vieler anderer Azofarbstoffe ab, deren Zahl die seinerzeit ujnfassende Erfindungstätigkeit auf dem Gebiete kennzeichnete. Besonderen Aufbau besitzen die J a n u s f a r b e n der I. G., d. s. Mono-(Janusblau) und Disazofarbstoffe (z. B. Janusrot, Diazo-m-aminotrimethylphenyl-ammoniumchlorid), die Wolle und Baumwolle direkt aus neutralem Bade färben, und ferner die Ergan-(Erganon-) färben der I. G., bezw. die N e o l a n f a r b e n der Ges. f. ehem. Ind. Basel, d. s. Azofarbstoffe, die im Molekül Chrom enthalten und Wolle wie Säurefarbstoffe aus schwefelsaurem Bade färben; Vorbeize und Nachchromieren erübrigen sich. Diese wichtige Methode des Einführens von Metallen in Farbstoffmoleküle zählt im Hin-

Teer-(Steinkolilenteer-)farbstoffe

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blick auf die Schonung der Wollfaser durch Vermeiden der Nachbehandlung zu den wichtigsten Fortschritten. Dementsprechend steigt der Verbrauch an solchen wasserlöslichen z. B. o-Oxy-azo-Metallkomplexverbindungen während jener der früher dominierenden C h r o m - E n t w i c k l u n g s f a r b s t o f f e sinkt. — Die Azofarbstoffe des Handels sind undeutlich kristallinische Pulver mit Eigenfärbung, die jedoch für den Farbstoffcharakter nicht kennzeichnend ist. Gewöhnlich sind sie sulfosaure Natronsalze und d a r u m in Wasser leicht löslich. 4. S t i l b e n f a r b s t o f f e . Chromophore: Azoxygruppe - N - O - N - und Äthylengruppe -CH—-CH-. Der Kohlenwasserstoff „Stilben" (Diphenyläthylen), C 6 H 5 .CH:CH.CgH 5 , das Chromogen der Gruppe, entsteht bei Destillation von Benzylsulfld, ferner aus Benzaldehyd mit Na-metall, auch bei Destillation von Zimtsäurephenylester; farblose bis gelbliche Kristalle vom Schmp. 125 und Sp. 306—307". Eigentliche Auxochrome sind nicht vorhanden, sondern der Farbstoffcharakter ist durch die A n h ä u f u n g von chromophoren Gruppen gegeben. Hauptvertreter sind die verschiedenen „Sonnengelb"-, Curcumin-, Naphtamin- und „Mikadogelb"-(orange-, braun-)marken, meist Gemische, erhalten durch Einwirkung von Natronlauge auf p-Nitrotoluolsulfosäure. Die Chrysophenine (Direktgelb, Brillantgelb) sind Disazofarbstoffe mit Stilbenkomponenten. Die Stilbenfarbstoffe färben Baumwolle direkt säure- und z. T. auch chlorecht an. 5. P y r a z o l o n f a r b s t o f f e . Chromophore: Azogruppe: - N = N - u n d Carbonylgruppe = C O ; Chromogen: a) l-Phenyl-3-methylpyrazolon (s. Pyrazole) und b) ein Ketopyrazolon; a) erhalbar aus Phenylhydrazin und Acetessigester; verhält sich wie eine Azokomponente, gibt jedoch gelbere Töne als z. B. 2-Naphthol. b) Aus Phenylhydrazinsulfosäure und Dioxyweinsäure, gibt mit einem zweiten Mol. Phenylhydrazin kondensiert den wertvollen gelben Farbstoff „Tartrazin". Analoge Farbstoffe und zwar die „ F l a v a z i n " - , „ X y l e n g e l b " - und „ D i a n i l g e l b " marken (aus evtl. chlorierten Pyrazolonsulfosäuren), die letzteren mit diazotierter Primulinsulfonsäure (s. Teerfarbstoffe 13b) als Komponente, sind direkt ziehende Baumwollfarbstoffe, sonst färben die PyrazolonfarbstofTe im allgemeinen tierische Fasern leuchtend gelb an. Die „Pigmentchrom"- und -echtgelbmarken dieser Reihe dienen im Dreifarbendruck. 6. K e t o n i m i d - ( D i p h e n y l m e t h a n - ) f a r b s t o f f e . Chromophor „Ketonimid" - = C = N H , Chromogen C 6 H 5 . C ( N H ) .C 6 H 6 , ableitbar vom Diphenylmethan C a H 6 .CH 2 .C 0 H 5 . Der einfachste Ketonimidfarbstoff und zugleich der einzige Farbstoff der Diphenvlmethanreihe von einiger Bedeutung ist das „ A u r a m i n " , ( C H 3 ) S N .C 0 H 4 .C(NI1) (Cl) .C 6 H 4 .N(CI-I 3 ) 2 , erhaltbar aus dem sog. Michler-Keton {d. i. tetramcthyliertes Benzophenon, vgl. Zwischenprod. 7) durch Schmelzen mit Salmiak und Zinkchlorid. Auramin isl ein wertvoller gelber basischer Farbstoff f ü r gebeizte Baumwolle, Leinen- und Ramiefaser, allein oder f ü r gelb-grüne Töne mit Malachitgrün oder Methylenblau, f ü r Scharlachtöne mit Fuchsin. Zieht auch ohne Beize auf Wolle und Seide gut echt auf. — Vom D i p h e n y l m e t h a n C 6 H 5 .CII>.C ( i II 5 u n d seinem Oxydationsprodukt, dem B e n z o p h e n o n CsH 5 . CO.C 6 H ä ist weiter eine Anzahl der wichtigsten Farbstoffgruppen ableitbar, denen die folgenden Farbstoffskelette zugrunde liegen: C6H5.C:C„H,:0;

CSH4.CIIJ.CSH,; 1 O Xanthen

C,H4.CO.C,H4; CsH4.CO.C8H4; 1

CSH^CHJ.CSH«;

1 1 o— 1 CO-1 NH—1 Xanthon Anthrachinon Acridin C,H4.CH:CH.CH 1 1 N Chinolin Die Acridinfarbstoffe leiten dann über zu anderen stickstoffhaltigen Ringgebilden, den Oxazinen, Azinen, Thiazinen und weiter zu den Schwefel-, Anilinschwarzund ThiobenzenylfarbstolTen (12).

Csll 5 ( N H ) ' Triph.methan

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoft'e

7. T r i p h e n y l m e t h a n f a r b s t o f f e . Einteilung in die 7 Gruppen: Rosanilin (Fuchsin), Anilinviolett, Anilinblau, Malachitgrün, Patentblau, Phenolfarbstofle, Diphenylnaphthylmethanreihe. Chromogen: Fuchson und Fuchsonimin mit 2 benzoiden und einem chinoiden Rest ( C . H J J ^ O C J H ^ O (bzw. statt = 0 : =NH). In beiden nichtsubstituierten Phenylen durch je eine NH 2 -gruppe in p- zum Methankohlenstoffatom substituiertes Fuchsonimin ist der einfachste Triphenylmethanfarbstoff „Fuchsin" [ (NH 2 . C 6 H 6 ) 2 =C=NH], der die folgenden für die Gruppe typischen Umsetzungen einzugehen vermag: mit Alkalien erwärmt entsteht unter Wasseraufnahme das ungefärbte Carbinol ,,Rosanilin" ( N H 2 . C j H J a ^ C . O H , das z. B. mit Salzsäure Wasser wieder abgibt und den Farbstoff als salzsaures Salz „Parafuchsin" rückbildet [(NH 2 .C 6 H 4 ) 2 =C=NH.HCl, Ammoniumsalz], mit Reduktionsmitteln hingegen die farblose (,,Leuko"-)Triphenylmethanbase (NH 2 . C s H 1 ) 3 =CH liefert. Sie tritt auch bei der Herstellung der meisten dieser Farbstoffe als Zwischenprodukt auf und wird dann technisch mit Bleisuperoxyd, neuzeitlich mit Luft bei Gegenwart von Kontaktstoffen (z. B. Cu-salze in Pyridinlösung der betreffenden Base) zum Handelsfarbstoff oxydiert. — Das Fuchsin, je nach der Reinheit des ehemals zu seiner Herstellung verwendeten Anilins (s. d.) mit verschiedenem Gehalt an o- und p-Toluidin (Rotöl), ein Gemisch von z. T. methylierten Rosanilinen, Parafuchsin, Fuchsin u. a., dient wegen seiner Unechtheit kaum mehr als Farbstoff, sondern vorwiegend als Ausgangsmaterial für z. T. spritlösliche Sulfo- und Phenylabkömmlinge (Baumwollblaus), die in dem Maße tiefer rot, grün, rot- bis blauviolett färben als die Aminogruppen methyliert oder äthyliert und als andere Gruppen dazu eingetreten sind. Man gelangt so zu einer Reihe klar und leuchtend färbender, z. T. auch echter, alkalibeständiger (o-Sulfosäuren) wertvoller Farbstoffe. — Beispiele:

/\/c\/\CH3 NH U A U n H ,

N(CH:

NH.HC1

Cl.N(CH,)t

Brillantfuchsin

Malachitgrün

N ( C H , ) J J /l^ M N ( C H 3 ) 2 I! C1.N(CH 3 ) 2 Methylviolett

NH I

'\/Cv .

I J| A| LI

X /

C,HS

y

JNH

C.H.

CI.NH.CeHj Anilinblau, spritlöslich

Die H e r s t e l l u n g der Triphenylmethanfarbstoffe erfolgt: a) durch Zusammenoxydieren der einzelnen Benzolkörper, wobei der Methankohlenstoff a ) von einem Substituenten eines der Benzolkörper, ¡3) von einem beigegebenen Kohlenstoffkörper (Formaldehyd oder Phosgen) geliefert werden kann. Neuzeitlich ersetzt man den Formaldehyd bei Ausführung von Di- und Triphenylmethansynthesen durch Methylenchlorid (Höchster Neufuchsinverfahren) oder Aceton (gibt mit Anilin Diaminodiphenyl-Dimethylmethan). b) Durch Kondensationsprozesse. Man erhält so z. B. aus 1 Mol. p-Toluidin und 2 Mol. Anilin mit Nitrobenzol (früher arsenige Säure) als Oxydationsmittel und Eisen als Sauerstoffüberträger durch mehrstündiges Sieden oder aus dem aus Anilin und Formaldehyd gewinnbaren Diaminodiphenylmethan durch Verschmelzen mit salzsaurem Anilin bei Gegenwart von Nitrobenzol und Eisenchlorid das Parafuchsin, bei Anwendung o-Toluidin enthaltender Basen das ,,Brill.fuchsiri". Nebenprodukt der Fuchsinschmelze:

Teer- (Steinkohlenteer-) farbstoffe

893

der Acridinfarbstoll Phosphin (s. 11). Mit dem Namen „ A n i l i n v i o l e t t " be-* zeichnet man die beiden „Methyl-" und „Kristallviolett"-marken. Die „ A n i l i n b l a u m a r k e n " entstehen aus dem Rosanilin durch Einführung von Phenylresten in die Aminogruppen mit Hilfe von r e i n e m Anilin, dem früher sog. B l a u ö l , das frei von Homologen war, bei Gegenwart von katalytisch wirkender Benzoesäure. Anilinblau ist in H 2 0 schwer, in Alkohol leicht löslich, daher auch als „Spritblau" bezeichnet, leicht sulfonierbar; das Natriumsalz der Monosulfosäure ist das auf Wolle ziehende „Alkaliblau", jenes der Trisulfosäure, ein Farbstoff für gebeizte Baumwolle, das „Wasserblau", die Säure selbst: Diphenylaminblau. Äthylierte Rosaniline sind das „ R o t v i o l e t t " , „Äthylviolett", naphthylierte und benzylierte Produkte: „Viktoriablau 4 R " bzw. „Echtgrün extra" und deren Sulfosäuren, z. B. „Brillantdianilblau 6 G " aus 2-Naphthylrosanilin. Die „ M a l a c h i t g r ü n f a r b s t o f f e " sind Kondensationsprodukte von Benzaldehyd, seiner o- und p-Sulfosäure („Lichtgrün"-Marken bzw. „Erioglaucin A"), seiner Disulfosäure (z. B. der Tolualdehyddisulfosäure C H 3 : S : S : C H O = 1 : 2 : 5 : 6 : ,,Xylenblau"-Marken), auch von seinen Mono- und Dichlorsubstitutionsprodukten („Nachtgrün A", „Firnblau"), m i t p-freien Dialkylaminen (so Dimethylanilin im „Malachitgrün", Diäthylanilin im „Brillantgrün extra") oder mit Homologen (Monomethyl-o-toluidin im „Firnblau") usw. Aus Benzaldehyd und Dimethylanilin entsteht so bei Gegenwart von Schwefelsäure oder Salzsäure im Wasserbade in etwa 24 Stunden die Leukobase des Malachitgrüns, die man mit Bleisuperoxyd bei Gegenwart von Salzsäure zur roten Farbstoffbase oxydiert. Der Farbstoff ist das Chlorid, Oxalat oder Chlorzinkdoppelsalz der Base: N(CH 3 ) 2 . C«H 4 .C. (C,H 5 ): (C 6 H 4 .N[CH 3 ] 2 ), färbt Wolle, Seide, J u t e direkt, Baumwolle und Leinen auf Tannin sehr s t a r k , aber völlig unecht an, diente daher auch früher nur für billige Ware, Buch- und Steindruck, Stempelfarben, grüne Tinte. — Den Übergang der nur Aminoreste enthaltenden Malachitgrünfarbstoffe zu den Phenolfarbstoffen bilden die „ P a t e n t b l a u " m a r k e n , erhaltbar mit m-Oxybenzaldehyd statt des Benzaldehydes der Malachitgrünreihe und Dialkylbasen (z. B. Monoäthyl-o-toluidin in den ,,Cyanol"-marken). Der fertige Farbstoff wird disulfoniert. und ist dann wertvoll für Wolle und Seide, die er in säure-, alkali- und relativ lichtechten grünstichig-blauen leuchtenden Tönen anfärbt. Die Metallsalze werden im Stein- und Buchdruck, für Anstriche usw. verwandt. Die „ P h e n o l f a r b s t o f f e " der Triphenylmethanreihe sind technisch Gemenge, die man durch Umkochen von diazotiertem Pararosanilin als Gemisch von Rosanilin und Aurin oder durch Erhitzen von Phenol, Oxalsäure und konz. Schwefelsäure auf 125° bis zur Beendigung der Kohlensäureentwicklung erhält. Hauptbestandteil der Schmelze ist Aurin (Corallin), ,d. i. p-Rosolsäure: [(OH) (C,H 4 )] 2 C = C 6 H 1 = 0 ; der gelbe Farbstoff ist schwach sauer, wird mit N H 3 rot, kann als Indikator dienen. Aus Salicylsäure statt Phenol und Formaldehyd statt Oxalsäure entsteht das „Chromviolett" [(OH)(COOH)(C 6 H 3 )] 2 =C=[CeH 3 (COOH) ( = 0 ) 5 für chromgebeizte Baumwolle, andere hierher gehörige Wollfarbstoffe wie „Chromazurol" oder „Eriochromcyanin" werden aus o-Kresotinsäure (CH 3 :OH: COOH = 1:2:3) und substituierten Benzaldehyden gewonnen. Ersetzt man in den Triphenylmethanfarbstoffen einen Benzolrest durch substituiertes Naphthalin, so erhält man die wertvollen auf Wolle, Seide und tannierte Baumwolle ziehenden „ D i p h e n y l n a p h t h y l m e t h a n f a r b s t o f f e " , so die „Viktoriablau"-marken aus Äthyl- oder Phenyl-l-naphthylamin; „Nachtblau" aus p-Tolyl-l-naphthylamin; „Neupatentblau" aus einer Naphthylaminsulfosäure; „Wollgrün" aus 2-NapRthol usw. mit Tetramethyldiaminobenzophenon oder -benzhydrol unter dem Einflüsse konz. oder rauchender Schwefelsäure. 8. X a n t h e n f a r b s t o f f e . Chromogen: das Xanthen (I) als inneres Anhydrid des o-Dioxy-diphenylmethans (6), das durch Eintritt zweier Auxochrome - O H oder-NH 2 in p-Stellung zum Methankohlenstoffatom bei Annahme p-chinoider

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

Bindungen die beiden wichtigsten Typen der XanthenfarbstofTe darstellt: das „Oxyformofluoron" (II) und das „Aminoformofluorim" (III): /\/CH,\/\ /\/GH^/\ 1 I ! i II n0 H l I | i M I I H \! / .. \ o- , \/\ OX Ä O III*NH2/\X O X A N H * Herstellung: aus zwei aromatischen Komponenten, die je zwei m-ständige Auxochrome enthalten, von denen je eines ein Hydroxyl sein muß, also z. B. Resorcin oder m-Aminophenol und einem in der Regel aromatischen Aldehyd oder einer aromatischen Säure. Meist tritt gleichzeitig mit der Kondensation unter dem Einflüsse von zugesetztem Zinkchlorid u. dgl. innere Wasserabspaltung ein. Die Fluorime sind entweder Pyronine oder Rhodamine, die Fluorone Oxy- oder Anthraoxyphthaleine. — Das „ P y r o n i n G" erhält man aus dem aus 2 Mol. Dimethyl-m-aminophenol und Formaldehyd gewinnbaren Tetramethyldiaminodioxydiphenylmethan durch Erwärmen mit konz. Schwefelsäure im Wasserbade und Oxydation der Base zum Farbstoff (in III ** tetramethyliert). Färbt ebenso wie sein durch Oxydation mit Permanganat erhaltener Abkömmling, das „Acridinrot", gebeizte Baumwolle auch Wolle und Seide wenig lichtecht karmoisinrot. Durch Verschmelzen von 2 Mol. Diäthyl-m-aminophenol mit 1 Mol. Phthalsäureanhydrid resultiert das „ R h o d a m i n B": \sir u \ r u m F ä r b t W o l l e u n d S e i d e i m neutralen r h M , r u i JN(L 2 H 5 ) 2 .^,M3 X p^c 6 H 3 .jN(L 2 H 5 ) 2 .u. B a ( J e fluoreszierend bläulichrot, tanC„H4.COOH nierte Baumwolle ohne Fluoreszenz violettrot, gibt sulfoniert Echtsäureeosin G. — Von den O x y p h t h a l e i n e n der Fluoronreihe ist (s. a. Phenolphthalein in Phenol) wegen seiner Halogenabkömmlinge der wichtigste Farbstoff das „Fluorescein" oder sein Natronsalz, das „Uranin". Es diente wegen seiner Eigenschaft, noch in äußerster Verdünnung Wasser fluoreszierend grün zu färben, zum Nachweis der Verbindung verschiedener Wasserläufe (Donauquellen) oder Verunreinigungsquellen von Trinkwasser. Zu seiner Herstellung verschmelzt man 2 Mol. Resorcin mit 1 Mol. Phthalsäureanhydrid kurze Zeit bei 200°, löst die Schmelze in Natronlauge und fällt mit Säure aus: h o r h / 0 \ r TT _ n dient kaum als Farbstoff (Wolldruck), sondern vor ttU.l^H3 , c ^ . L e H 3 - U allem als Ausgangsmaterial für die „Eosine", die G|H 4 .COOH. Bromsubstitutionsprodukte des Fluoresceins und die „Erythrosine", seine Jodierungsabkömmlinge. Die Farbstoffe werden in der Carboxylgruppe äthyliert spritlöslich; durch Verwendung von Di- und Tetrac h l o r Phthalsäure bei der Fluoresceinherstellung und folgende Tetrabromierung gelangt man zu den „Phloxinen", die in der Carboxylgruppe methyliert die „Cyanosine" geben. Analog bei der Tetra j odierung die Di- bzw. Tetrachlorerythrosine: ,,Rose-bengale"marken. „ G a l l e i n e " entstehen beim Ersatz des Resorcins der Fluoresceinschmelze durch Gallussäure oder Pyrogallol. Sie färben gebeizte Baumwolle echt blauviolett, Eosine und Erythrosine sind prächtig rosenrot, jedoch lichtunecht färbende Woll- und SeidenfarbstofTe, nitriertes Dibromfluorescein „Eosin BN" ist lichtecht. — Die Anthraoxyphthaleine, „Goerulein"marken, entstehen durch Ringschluß m^t der freien Carboxylgruppe des Fluoresceins oder Galleins unter dem EinQJJ QJJ QJJ flusse heißer konz.Schwefelsäure. /\OH 0 Sie sind Xanthen- und zugleich C H / N / ^ X / y ^ i | TT U Anthrachinonderivate, gleichen \ H I o in der Echtheit dem Alizarin, so | OH uf:ounugi o uoo u a u c i i i p i u u u i i i , / v i ^ / v j ^ besonders das Galleinprodukt, das als „ A l i z a r i n g r ü n " im i | O \/sCO/\/VO Handel ist: \ / 9. O x y k e t o n - ( X a n t h o n - , F l a v o n - usw.) f a r b s t o f f e . Sie leiten mit den chromogenen Atomgruppierungen

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe /CO-

/x/CH \/\

0

.

•>02.

1.

/CH2XC_R . ' \

0

A

r

| Y

C 0

X C

_

LX/_CO

R

'

3.

A M

4.

CO\/ -

0

O.

6.

v o m Xanthen (s. o.) über zum Anthrachinon (s. u.). Der einfachste KetonfarbstofT, das einkernige Gallacetophenon „ A l i z a r i n g e l b " (aus Pyrogallol und Essigsäure bei Gegenwart von Zinkchlorid) und das zweikernige Trioxybenzophenon „Alizaringelb A " [mit Benzoe- statt Essigsäure und der A t o m g r u p p e (2) ] waren auf Beizen ziehende oliv- bis braungelbe Farbstoffe; „ R e s o " - und „ G a l l o f l a v i n " sind O x y dationsprodukte der Dioxybenzoe- bzw. Gallussäure, enthalten die Atomgruppe (5) und färben chromgebeizte W o l l e echt in gelben Tönen. — Auch die sog. n a t ü r l i c h e n o r g a n i s c h e n F a r b s t o f f e vorwiegend der Gelbreihe mit den Handelsnamen Fisetholz ( I ) , Gelbholz ( I I ) , Kreuzbeeren ( I I I ) , Quercitron ( I V ) , W a u ( V ) , Alizaringelb Teig ( V I ) , Rotholz ( V I I ) , weiter auch Blau-oder Campecheholz ( V I I I ) und Catechu ( I X ) , schließlich das Indischgelb ( X ) enthalten die Atomgruppe (2) (in I, V , X ) oder (1) (in V I I — I X ) , die auch im Xanthon (6) und Flavon (Benzoy-pyron, Atomgruppe 4), bzw. im Flavan (3; s. a. Catechu) vorhanden sind. Besonders das letztere, als Muttersubstanz des 2-Phenol-benzopyroxoniums (Flavylium- oder Flavoxoniumsalze) hat durch die klassischen Arbeiten von W i l l s t ä d t o r Bedeutung erlangt, der diesen ,,Anthocyan"komplex in den B l ü t e n f a r b s t o f f en i a n d und das „ C y a n i d i n " der Rose und Kornblume ( X I ) aus dem Quercetin ( I V ) durch Reduktion erhalten konnte. Man sieht auch die Verwandtschaft dieser Körper mit dem Catechin ( I X ) und entfernt mit dem dem Flavon näherstehenden Brasilin ( V I I ) . Den oben genannten F a r b p f l a n z e n liegen die folgenden Stoffe zugrunde:



, 0

o U

H

\

"

0

OCIV

c o i T X

I. Fisetin, Trioxyflavonol

I I . Morin, Tetraoxyflavonol

1

X

U C OH

OH

C0'

I

0

/

C

-

*

> »

0 H

I I I . Rhamnetin und Rliamnazin, Mono- und Dimethyläther * des Quercetins. OH

OH 0 H / \ / ° \ C - O . \co, OH 1

C

OH

OH

O H / - , / ° \ C - O O H

0 H

U x c o i OH

O H

FX|

o / \ A

C

o

c o y y ' o L\/0H

C H

OH I V . Quercetin, Tetraoxyflavonol

V . Luteolin, Tetraoxyflavon

OH

V I . Ellagsäure OH

" V

0 H

V I I . Brasilin, Leukoverbindung des Brasileins: chinoid in * *



X /

V I I I . Hämatoxylin, Leukoverbindung des Hämateins: chinoid in * * .

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Teer- (Steinkohlenteer-) farbstofie _OH

ojj

r y ° r o ° H r r Y u e 0 . , ^ >« \/\CH—GH2 \/\co/\/'oh I I J. OH o h OHÒH(?) OH \ £ W c IX. Catechin. X. Euxanthon, Dioxyxanthon XI. Anthocyankomplex Die meisten natürlichen Pflanzenfarbstofle gfehen auf Beizen und ähneln darin dem Alizarin, dem einfachsten Anthrachinonfarbstoff. Es färben: I. Wolle und Leder; wird auch zum Gerben verwandt. II. Wolle, Kattundruck; dient zum Nuancieren von Seidenfärbungen (Gilbe). III. Papier, Leder, Konditoreiwaren; gibt Schüttgelb-Farblacke. IV. Baumwolle, Kattundruck; gibt Schüttgelb- und Bismarcklack. V. Tonerde- und zinngebeizte Seide, kaum noch im Kattundruck verwandt. VI im Handel (aus Gerbrinden, Dividivi, Myrobalanen extrahiert) als Alizaringelb-Teig, in Alkali tiefgelb löslich, färbt chromierte Wolle sehr lichtecht stark olivgrün. VII. Baumwolle,.Zeugdruck, wenig echt, auch die Lacke, kaum verwandt. VIII. Baumwolle, Wolle, vor allem Seide auf Metallbeizen verschiedenster Art; Lacke für Tapetendruck; Buntpapier; Blauholztinte. IX. Baumwollfärberei und -druck, Seidebeschwerung; sehr echt auch als Holzbeize. X. Sehr lichtechte Aquarell- und Ölfarbe für Kunstmalerei, wird durch einen NaphtholgelbS-Lack verfälscht. °

H

10. A n t h r a c h i n o n f a r b s t o f f e . Auch „Anthracen"farbstoife genannt, weil vom Kohlenwasserstoff Anthracen ableitbar. Zerfallen in die Einzelgruppen der Oxy-, Amino- und Küpenfarbstoffe des Anthrachinons. — Chromophor ist -CO, mindestens zweimal im Mol., beiderseitig an aromatische Kerne gebunden. Chromogen ist der folgend stehende „Anthrachinonkern" : Die Auxochrome -OH und -NH 2 , frei oder substituiert, . 1/COs. X müssen zur Farbstoffhildung mindestens zweimal im Mol. '1 | "j j2* Vorhandensein.—Im einfachsten und wichtigsten O x y 6 \/\CQ/\/3 a n t h r a c h i n o n f a r b s t o f f , dem „ A l i z a r i n " (s.d.) be6 4 finden sich zwei -OH-gruppen in o-Stellung 1* und 2* (Ghinizarin = 1,4), in anderen Farbstoffen treten sie bis zu sechsmal ein. Alizarin löst sich in Alkalilaugen violettrot, bildet mit Tonerde und Kalk rote, mit Chromoxyd braunviolette, mit Eisenoxyd schwarzviolette unlösliche Farblacke, die eigentlichen AlizarinfarbstofTe („Türkischrot"). Reines „Alizarin V für Blau" färbt bläulichrot, „Alizarin G für Rot", ein Gemiseh von Alizarin mit zwei seiner Homologen: „Iso- oder Anthrapurpurin" (Hauptbestandteil des „Alizarin für Rot") und „Flavopurpurin", färben Scharlach- bzw. gelbstichig rot. Sie sind beide (wie das Purpurin = 1,2,4) Trioxyanthrachinone, die auf demselben Wege wie Alizarin, jedoch aus der 2,7-bzw. 2,6-Anthrachinondisulfosäure gewonnen werden. Andere Homologe (z.B. Hystazarin: 2,3-OH) und Substitutionsprodukte des Anthrachinons bzw. Alizarins, so das 1,2,3-Trioxyderivat, das „Anthragallol", gewinnt man synthetisch, und zwar durch Kondensation von aromatischen Carbonsäuren, z. B. mit Phenolen unter dem Einflüsse der Wasser entziehenden konz. Schwefelsäure (s. Anthrachinon). Das Anthragallol als Farbstoff (vornehmlich für den Zeugdruck) „Alizarinbraun" oder „Anthracenbraun" genannt, färbt chromgebeizte Baumwolle sehr echt braun. Wertvolle Farbstoffe erhält man ferner, wenn man das Alizarin n i t r i e r t (in 3: „Alizarinorange"), s u l f o n i e r t („Säurealizarine, z. B. die 3-Sulfosäure als Na-salz „Alizarinrot S"), o x y d i e r t (mit Braunstein und Schwefelsäure in 4, gibt eine neue Hydroxylgruppe: „Purpurin", mit Oleum in 5 und 8 zwei neue Hydroxylgruppen: „Alizarinbordeaux"). Durch Anwendung der Oleum- oder Braunsteinoxydation auf Anthrachinonabkömmlinge (Bordeaux oder 1,5-Dinitroprodukt), kann man so zum Penta- und, Hexaoxyanthrachinon („Alizarincyanin"- und

Teer- (Steinkoli len toci -) l'arbs tot'iV

897

,,Anthracenblau"-marken, s. u.) gelangen. Hoch hydroxylierte Anthrachinonfarbstoffe sind auch Karmin (1, 3, 4, 6) und Kermes (s. Cochenille). — Jene durch Sulf. von Alizarinen erhaltenen Alizarinrotmarken (z. B. 1 W S und 2 WS) und die „Säurealizarinblaufarbstoffe" (z. B. BB) werden als Sulfonsäuren ausschließlich und zwar auf chromierte Wolle (folgende Chromat- oder Fluorchrombeize) gefärbt; die Färbungen gleichen im allgemeinen jenen, die man mit nichtsulfierten Alizarinen erzeugen kann. Diese Säurealizarine haben mit den chromierbaren Azofarbstofl'en, die den gleichen Namen führen, weil sie ähnliche Farbtöne erzeugen, nichts zu tun. — Sämtliche oben genannten Alizarinfarbstoffe zählen zu den wichtigsten Textilfarben und werden in der Baumwoll- und Wollfärberei und im Zeugdruck in gewaltigen Mengen verbraucht. Sie dienen auch als Lithographie-, Buchdruck- und Pigmentfarben für Wasser- und Ölfarbenmalerei. Die A m i n o a n t h r a c h i n o n f a r b s t o f f e entstehen durch Reduktion der Nitroanthrachinone mit Schwefelnatrium, Schwefel und Alaun u. dgl., so z. B. ,,Alizaringranat" und „Alizarinmarron", vor allem aber die Anthracenblaumarken (s. o.). Ferner auch durch Einführung der -NH 2 -gruppe mit Ammoniak unter Druck, angewandt auf Alizarincyanin und die Sulfosäuren des Anthrachinons (Ersatz einer-OH-bzw. - S 0 3 H - G r u p p e gegen - N H 2 ) . Wesentlich größere Wichtigkeit besitzen die in der Aminogruppe durch a r o m a t i s c h e R e s t e substituierten Amine der Anthrachinonreihe, die, wenn sie Sulfogruppen enthalten, Säurefarbstoffe sind, während Aminooxyanthrachinone auf Beizen ziehen. Man gewinnt C,H 5 .NH.C 8 H 4 .OH (Base), C f l H 5 . N = C 6 H ' 4 = 0 Indophenol oder von Nitrosokörpern (-phenol, -diinethylanilin) z . B . mit Phenol: R 2 N . C 8 H 4 . N O + H. C 6 H 4 . OH -»• R 2 N . C,H 4 -N = C e H 4 - - 0 . Durch Eintritt von C, N, S, O in Brückenstellung zum Diphenylamin(Indamin-. Indophenol-)stickstoff entstehen dann die Azine, die vielfach substituiert zu den folgenden Farbstoffen, aneinandergereiht zu den Indulinen, Nigrosinen, Anilinschwarz-, bzw. mit Thiazin als Kettenglied zu den Schwefelfarbstoffen führen. Die I n d o p h e n o l e und I n d a m i n e sind als Farbstoffe bedeutungslos, das Kondensationsprodukt von Nitrosodimethylanilin und 1-NaphthoI („Naphtholblau") wurde früher mit Indigo zusammen in der Küpe verwandt. — So unbeständig die Indokörper sind (die meisten werden von Mineralsäuren schon in der Kälte, viele auch durch Alkalien zersetzt), so beständig sind die aus ihnen durch innere Verkettung der beiden Benzolringe oder durch Addition neuer aromatischer Ringe entstehenden A z i n f a r b s t o f f e , die meist auf chromgebeizte Wolle oder Baumwolle, aber auch auf Wolle und Seide aus saurem Bade aufziehen. a) O x a z i n f a r b s t o f f e . Technische Bedeutung haben nur die Kondensationsprodukte von Nitrosodimethylanilin und Pyrogallussäure und deren Derivate. Diese „ G a l l o c y a n i n e " ( C H 3 ) 2 N . C 6 I I 3 \ Q / C 6 H 2 ( 0 H ) ( : 0 ) f i n d e n als echte Beizenfarbstoffe ausgedehnte Verwendung im Baumwolldruck, besonders in Form ihrer mit Hilfe von Sulfit oder Bisulfit erhaltenen Kernsulfonsäuren, die im Handel den Namen „Ghromocyanine" führen. Sie färben auch Wolle aus saurem Bade gut an. Die Gallocyanine werden auch aus den Komponenten auf der Faser erzeugt, ebenso wie das „Nitrosoblau" aus Nitrosodimethylanilin und Pyrogallol. Die einfacheren Oxazinfarbstoffe „Resorufm" (aus Nitrosoresorcin und Resorcin; auch sein Tetrabromderivat, das dem Eosin entsprechende „Irisblau"), ferner Nilblau, Meldolablau, Neurnethylenblau' 2G, Neublau B u. a. haben keine technische Bedeutung erlangt. Durch Abändern der Komponenten des einfachsten Gallocyanins hingegen, also beim Ersatz der Pyrogallussäure durch Diäthyl-m-aminokresol („Capriblau"), in-Oxydiphenylamin („Echtschwarz"), Gallussäure („Gallocyanin"),deren Methylester („Prune pure"), Gallamid („Gallaminblau"), Gallanilid u. a., entstehen wichtige Handelsfarbstoffe, deren Reihe noch dadurch beträchtlich verlängert werden kann, daß die Reaktionsfähigkeit der fertigen Rohstoffe oder ihrer Leukoverbindungen weitere Kondensationen mit Phenolen und Aminen ermögl i c h ! Gallussäure-Gallocyanin NR 2 .CgH 3 C 6 H ( 0 H ) ( C 0 0 H ) ( : O) mit Anilin bei niederer Temperatur kondensiert, liefert ein Anilidogallocyanin, bei höherer durch Ersatz der -COOH-gruppe gegen den Anilinrest Anilidoxazin, die beide sulfoniert zu den wertvollen Farbstoffen „Chromazurin" und „Delphinblau" führen: N ( R ) 2 . C 6 H 3 ^ Q ^ C 6 H ( 0 H ) ( N H . C 8 H 4 . S 0 3 H ) ( : O). b) P y r a z i n - ( A z i n - ) F a r b s t o f f e . In dieser Reihe ist die Verkettungsmöglichkeit noch größer als bei den Oxazinen, da in ihnen der zwei- oder nach neueren Anschauungen vierwertige Oxazinsauerstoff durch den drei- und fünfwertigen Stickstoff ersetzt ist, so daß der Pyrazinring als Chromophor dieser Farbstoffe auch in sich, an den beiden Stickstoffatomen, namentlich durch Alkyl- und Acylreste (z. B. - C H 3 und -CflH6) substituierbar wird, was in der Technik der Oxazinfarbstoffe nicht möglich ist. So leiten sich vom Pyrazinring (I) durch Ringschlüsse nach

900

Teer- (Steinkohlenteer-) f arbstof f e

N N N N H C / ">,CH , „ H G / ^ C H ''VYXi z" ' / y \ C H : , .i ! l l. i HC^ I c h o d e r HCJIJCH N I N II N A III N beiden Seiten ab: Phenazin (II), Phenotolazin (III), Tolazin, Phenonaphthazin, Dinaphthazin, Phenanthrophen-, Phenanthronaphthazin usw. und von diesen Chromogenen durch Eintritt auxochromer Gruppen, unter denen die basischen als Träger der Echtheitseigenschaften hier besondere Bedeutung besitzen, die FarbstofTgruppen, die unter Phantasienamen wie Eurhodine (**: NH 2 , NH 2 ), Eurhodole (•*: OH, OH), Safranine und Safranode ( A : C J H J , **: NH 2 oder OH), Induline und Nigrosine bekannt sind. Letztere beiden sind weitverkettete Eurhodine und Safranine und nahe verwandt mit dem Anilinschwarz. — Bei der t e c h n i s c h e n H e r s t e l l u n g der Pyrazinfarbstoffe überwiegen gegenüber den Kondensationsreaktionen die Oxydationssynthesen, die über einen Indokörper (s. o.) als Zwischenprodukt zum Azin führen, ^ b e r auch die gleichartigen Reaktionen mit Nitrosophenolen, Nitrosodialkylanilinen (s. o.) werden ausgeübt; ferner fanden auch solche, die statt von Nitrosokörpern von gewissen p-Aminoazofarbstoflen, wie z. B. p-Aminoazobenzol, als Bausteine für Azinbildungssynthesen ausgehen, früher vielfach Anwendung, doch entstehen dann, besonders wenn man bei höherer Temperatur arbeiten muß, häufig neben dem Hauptprodukt schwerlösliche höhermolekulare Nebenprod. von Art der I n d u l i n e oder N i g r o s i n e (s. unter c), bei deren Bildung, wenn sie als Hauptfarbstoffe dargestellt werden sollen, die höhere Temperatur (Indulinschmelze) das wesentliche Hilfsmittel darstellt. Hier sei bemerkt, daß der Name „Indulin" nicht kennzeichnend ist für die Art des Azinfarbstofles und seiner Bildung. So haben die wohlcharakterisierten „Rpsinduline" mit jenen komplizierten echten Indulinen, die man durch Erhitzen von Azoverbindungen mit Anilin und salzsaurem Anilin erhält, wenn überhaupt, nur den Schmelzvorgang gemeinsam, der im Falle der Rosindulinfarbstoffbildung, z. B. vom diazotiertenÄthyl-p-toluidin zusammen mit 1-Naphthylamin, zum „Indulinscharlach" führt. Die sog. „Isorosinduline" entstehen sogar ohne Erhitzen durch Kondensation von Nitrosodimethylanilin mit Phenyl-2-naphthylamin („Neutralblau") oder mit 2,7-Ditolylnaphthylendiamin („Basler Blau"R") und sind dann natürlich so wie das „Walkblau", dessen Sulfosäure chromgebeizte Wolle anfärbt, und wie das früher viel verwandte „Magdalarot" (beide Naphthosafranine), einheitliche Verbindungen, obwohl diese letzteren auf dem Schmelzwege entstehen, und zwar das Walkblau aus Anilin, 1-Naphthylamin und dessen Chlorhydrat, folgende Arylidierung mit Hilfe von Phenol und schließliche Sulfonierung, das Magdalarot aus dem salzsauren Salz des p-Aminoazonaphthalins und 1-Naphthylamin. — Die echten „ S a f r a n i n e " der Benzol- und Naphthalinreihe (I—III) erhält man durch primäre Indaminbildung, z. B. aus 1,2,5-Toluylendiamin (a) und o-Toluidin (b) und folgende Kondensation des Oxydationsproduktes der Basen mit Anilin oder seinen Homologen (c) zum Farbstoff (I). J e nachdem, ob nun die Kerne a und oder b, auch c, substituiertem Benzol oder Toluol entstammen, ob sie einzeln oder z. B. a und b schon zum Diphenylamin-(Indamin-, Indophenol-)komplex vereinigt eingeführt werden, je nach der Art der verwendeten Base (Amino-, Mono- oder Dialkylaminoanilin, -toluidin usw.) sind ganze Reihen von Safranin-, Rhodulin-, Eurhodinfarbstoflen ableitbar, aus denen als Beispiele das „Echtneuträlviolett" (II) und das „Neutralrot extra" (III) im Formelbilde wiedergegeben sind.

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901

Einige Handelsmarken sind: „Amethystviolett" (je 1 Mol. Anilin, Diäthylanilin, p-Aminodiäthylanilin), „Methylheliotrop" (je 1 Mol. p.-Aminodiphenylamin, o-Toluidin und Anilin), „Tanninheliotrop" (Nitrosodimethylanilin, p- und mXylidin), die Safranine „Indazin", „Naphthazinblau" und „Metaphenylenblau" auch „ R o s o l a n O und T " , die auf gleiche Weise aus Diphenyl-m-phenylendiamin, Di-2-naphthyl- und Di-o-tolyl-m-phenylendiamin mit Nitrosodimethylanilin, das Rosolan durch Zusammenoxydieren von p-Aminodiphenylamin, Anilin und o-Toluidin entstehen. c) I n d u l i n - , N i g r o s i n - , A n i l i n s c h w a r z f a r b s t o f f e . Der Name „ R o s o l a n " ist jedoch auch die neuere Bezeichnung für jenen Farbstoff, den 1857 Perkin als ersten Teerfarbstoff in den Handel brachte und dessen Base er „Mauvein" nannte. Diese Rosolane entstehen durch gemäßigte Oxydation von toluidinhaltigem Anilin in kaltschwefelsaurer Lösung mit Bichromat (I); sie sind als Zwischenkörper auf dem Bildungswege der „ A n i l i n s c h w a r z f a r b s t o f f e " aufzufassen, die aus den gleichen und ähnlichen Basen ebenfalls durch Oxydation mit Chloraten, Bichromat, Vanadiumsalzen u. dgl. erhalten werden können. Zwei Mol. Anilin geben zunächst Aminodiphenylamin CaH5.NH.CeH4.NH2, das mit einem 3. Anilin zu C S H 5 . N I I . C 6 H , 1 . N H . C 6 H 1 . N H 2 zusammentritt. Dieses Phenylleukoindamin reagiert dann mit p-Toluidin unter Bildung des Mauveins (I). Ein anderer Weg f ü h r t zum ähnlichen Ziele: die I n d u l i n s c h m e l z e , das Verschmelzen von Aminoazobenzol mit überschüssigem Anilinchlorhydrat mit oder ohne Zusatz von Anilin, wobei je nach den Bedingungen, namentlich je nach der Dauer des Schmelzvorganges blauviolette, wasser-,-fett- oder spritlösliche Farbstoffe für gebeizte Baumwolle, auch lur Wolle und Seide in saurem Bade (Indulin NN, Nigrosin W u. a.), ferner für schwarze Spritlacke, Lederanstrichfarben (Nerazine) u. dgl. entstehen: Aminoazobenzol und Anilin geben „Azophenin"

^^^^H^NH^QH



es erfolgt weiter Ringschluß zum Safranin (II), das sich mit weiterem Anilin** zum „ I n d u l i n " (III) vereinigt. In den kaum mehr wasserlöslichen,,Nigrosin e n " liegen noch höher molekulare Gebilde vor, die durch weitere Azinringbildung bei entstellen

Das „ A n i l i n s c h w a r z " wird schließlich als ein Gemenge von noch mehr als sieben Benzolringe enthaltenden hochmolekularen Körpern völlig gleichartigen Baues aufgefaßt, die untereinander zwar verschieden, aber doch so nahestehend sind, daß der Zusammenhang mit den Indulinen zweifellos ist. Es entstehen ausder schwach gefärbten Leukobase C 4 9 H 4 2 0 8 : Erneraldin (H 3 ,) und Nigranilin (H^) und aus diesem die fertig oxydierte Pernigranilinfärbung (H 31 ). Anilinschwarz wird fast ausschließlich durch Oxydation z. B. mit Ghlorat. („Chloratschwarz") auf der Baumwollfaser erzeugt; ehemals diente der Farbstoff in Substanz als Tintenkörper, namentlich für Wäschesigniertinten. Die Färbungen sind sehr echt, doch haben die bequemer färbbären Schwefelfarbstoffe, die in den Schwarzmarken ebenfalls Endprodukte sind und darum hervorragende Echtheiten aufweisen, der vordem allgemeinen Verwendung des Anilinschwarz starken Abbruch getan. — Hierher gehören schließlich noch die ebenfalls durch Oxydation und zwar von Aminophenolen auf der Faser erzeugten olivfarbigen Töne der „ F u s c a m i n e " und das „Paraphenylendiaminbraun", erhaltbar durch Oxydation des p-Phenylendiamins auf der Faser oder in Substanz. Im Aufbau dürfte der Farbstoff dem Anilinschwarz gleichen. E r kommt als „Ursol" D in den Handel und besitzt ebenso wie zahlreiche ähnlich erhaltene Produkte (Fureine) aus anderen Basen große Bedeutung für die Pelz- und Haarfärberei; s. a. die kosmetischen Haarfärbemittel.

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Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

d) T h i a z i n e . Chromophor: der „Thiazinring" (I), Ghromogen: Diphenothiazin (II) bzw. die hier ebenso wie bei den Pyrazinen möglichen weiteren polycyclischen Gebilde von Art des Phenotolu-, Ditolu-, Phenonaphtho-, Dinaphthothiazins usw., die dann durch Eintritt der hier besonders wichtigen Dialkylaminogruppe -N(CH 3 ) 2 als Auxochrom und unter Bildung chinoider Bindungen zum Farbstoff werden: Zur G e w i n n u n g der Thiazine kann man von Komponenten ausgehen, die den mittelständigen Schwefel schon enthalten, oder man kann oxydiert besser zur Gewinnung des bekanntesten Farbstoffes der Reihe ( „ M e t h y l e n b l a u " ) das p-Aminodimethylanilin in saurer Lösung zusammen mit T h i o s u l f a t Na2S3Ö2 als Schwefelungsmittel bei Gegenwart gewisser Salze die wie Zinkchlorid oder Aluminiumsulfat das aus dem Thiosulfat abgespaltene Alkali zu binden vermögen, zur p-Aminodimethylanilinthiosulfosäure (CH3)2N.CeH3(NH2) (S. S0 3 H), oxydiert sie weiter mit 1 Mol. Dimethylanilin zusammen (z. B. Bichromat) und verwandelt die erhaltene Leukoindaminthiosulfosäure mit kochender Zinkchloridlösung in das Leukomethylenblau, das sehr leicht, schon durch den Luftsauerstoff (technisch mit Eisenchlorid) in den Farbstoff übergeht. — Das technische als Zinkdoppelsalz im Handel erscheinende Methylenblau (III) dient als Beizenfarbstoff auch im

cSQcE

(XX/1

(GH3),_NL / \ g ( C I L ) , I SN II SH III C1 Baumwolldruck, zum Schönen von Indigofärbungen, in Mischfarben z. B. mit Methylviolett zum Färben von Holz, Stroh, künstlichen Blumen usw., auch als Heilmittel. — Die meisten anderen in diese Reihe gehörenden Farbstoffe ziehen auf g e b e i z t e Baumwolle, so das Ditoluthiazin „Neumethylenblau N" (aus p-Aminooder p-Nitroso-äthyl-o-toluidin statt des p-Aminodimethylanilins), die „Thioninblau"marken (Verwendung von Äthylmethylanilin als zweite Komponente), das „Methylenviolett", die technisch wichtigen Methylenblaufarbstoffe: „Gallothionin", „Thiokarmin", „Brillantalizarinblau", „Indochromogen S" u. a. 13. S c h w e f e l f a r b s t o f f e (über ihr färberisches Verhalten s. Subst. Baumwollfarbst.). — Die b l a u e n bis s c h w a r z e n Schwefelfarbstoffe erhält man aus Parasubstitutionsprodukten des Benzols (2,4-Dinitro-l-phenol, Dinitrooxydiphenylamin, Indophenole) durch Erhitzen dieser Ausgangsmaterialien mit einer Lösung von Schwefel in Schwefelnatrium. In dieser sog. P o l y s u l f i d s c h m e l z e bilden sich, wie man annimmt, mit einem Teil des stets im Überschuß vorhandenen Schwefels Thiazinringe, so daß ein solcher blauer bis schwarzer Farbstoff im Aufbau dem Anilinschwarz gleichen dürfte (s. o.), in dessen Mol. die Pyrazin- durch Thiazinringe ersetzt sind. Für die blauen Schwefelfarbstoffe, die sich primär bilden, ist ihre Abstammung von den Thiazinfarbstoffen einwandfrei festgestellt; vgl. A.v.Weinberg, Ghem.-Ztg. 1930, 404. Man schmelzt Schwefelnatrium (NajS. 9H 2 0) und Schwefel, etwa im Verhältnis des Polysulfids Na 2 S 4 oder Na2S6, trägt z. B. das 1, 2, 4-Dinitrophenol ein (das dabei reduziert wird, so daß man ebenso vom Diaminophenol ausgehen könnte) und erhitzt unter Rückfluß des Kristallund des zusätzlichen Wassers, bis das Ausgangsiftaterial verschwunden und der Farbstoff bei schließlich 130—150° gebildet ist. Die entweichenden großen H 2 SMengen werden neuzeitlich nutzbar gemacht. Aus der in Wasser gelösten Schmelze fällt man mit Säure oder durch Lufteinblasen den Farbstoff aus. Die b l a u e n , z. B. die Immedialreinblau- und -indonfarben, erzeugt man unter g e l i n d e r e n Schmelzbedingungen (bei niederer Temperatur) aus Körpern ähnlicher Art, vorwiegend aus Indophenolen und Indaminen z.B. ( C H a ^ N . C g H i . N ^ H ^ O , die oder deren Komponenten (im vorliegenden Falle p-Aminophenol, sonst auch p-Phenylendiamin, p-Nitro- und Dinitrophenol usw.) Ausgangsmaterial der Schwarzreihefarbstoffe sind. Die g e l b e n , o r a n g e bis b r a u n färbenden Sch.-

Teer-(Steinkohlenteer-)farbstoffe

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teilen mit den eben genannten nur das ähnliche (nicht gleiche) färberische Verhalten der substantiven Baumwollfarbstoffe, dem Aufbau nach sind sie nicht Thiazine, sondern gehören den Dehydrothiotoluidinen und Primulinen an, denen CH—N der Thiazolring C H CH zugrunde liegt. Erhitzt man p-Toluidin oder auch m-Xylidin, y-Cumidin oder ähnliche Basen mit überschüssigem Schwefel auf 200—^80°, so werden mehrere Moleküle der Base unter Mitwirkung des Schwefels, dessen Überschuß wie bei der Polysulfidschmelze der schwarzen Schwefelfarbstoffe z. T. als Schwefelwasserstoff entweicht, zur P r i m u l i n b a s e verkettet: GH 3 .C 6 H,-(g^G.G 6 H s C.C ( ,H s - CC14 + 6S, wird vom auskristallisierten Schwefel abgehoben und fraktioniert destilliert, der Schwefel chloriert oder carbonisiert und als S2C12 bzw. CS2 wieder in den Betrieb zurückgeführt. Neuzeitlich leitet man Methan (Erdgas) oder seine Gasgemische (auch unter Beimengung eines die Reaktion mildernden indifferenten Gases) zusammen mit Chlor über bis zu 500° heiße Metall- oder Metallsalzkatalysatoren (Antimon, Kupfer). — Tetrachlorkohlenstoff ist eine leichtflüchtige, spez. schwere, farblose, chlorofcrmähnlich riechende Flüssigkeit. D: 1,6057; Sp: 76,5°. Dient als unbrennbares Lösungsmittel kaum für die Fettstoff-, sondern vielmehr iur die Lack- und Firnisindustrie. In e i s e r n e n Apparaten kann man bei w a s s e r f r e i e r Arbeit Tetra unbedenklich heiß oder kalt verwenden, in Gegenwart von Wasser oder auch nur Feuchtigkeit greift er hingegen Eisen erheblich an; die Eisenverbindungen schlagen sich dann auf dem zu reinigenden Fasergut nieder und erzeugen kaum tilgbare Flecken. Alle Extraktionsapp. und ihre Bestandteile für naß mit CC14 arbeitende chemische Wäschereien und Reinigungsanstalten müssen daher verbleit oder besser noch verzinnt sein, Tetra löst (in der Wärme) Benzoe (Siam), Dammar, Elemi, Mastix, zusammen mit 10—30% Alkohol auch Schellack, Sandarak, Sumatrabenzoe, ungeschälte Kopale jedoch nur in Spuren. Einige Bedeutung besitzt Tetra noch als wasserlösliches („Tetralution") oder mit Wasser emulgierbares Produkt (erhalten durch Behandlung mit Türkischrotöl) für die Textihväscherei (s. Textilöle, dort auch wasserlösliche Öle, Tetrapol, Monopolseife, Hexoran), zur Flecktilgung (als „Benzinoform", I. G.-Wortschutz), als Feuerlöschmittel, zur Verdünnung von Reaktionsgemischen, z. B. bei Herstellung von Dimethylsulfat, Zusatz zu Schuhcreme und Bohnermassen. — S. a. Acetylenchloride. Herst.: T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f : Tb. (¡oidschniidt A.-G., Ainmcmlorf-Saalkreis. — I. G. Farben, Frankfurt/M. — Schering, A.-G. Berlin N «5. — J . Willi. S c h ü m a n n , Wuppertal-Barmen. Anlagen: H e r s t e l l u n g s a n l a g c n : l)r. Hugo 'Stoltzenberg, Hamburg 1. — Carl Eckelt G . m . b . H . Berlin W 35.

Tetraline: hydrierte Naphthaline, vorzugsweise das Tetrahydronaphthalin. Man hydriert das vorher durch Vakuumdestillation über leicht schmelzbaren Metallen (die Katalysatorgifte zurückhalten) gereinigte Naphthalin im kon-

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Textilöle(-seifen)

tinuierlichen Betriebe, ähnlich wie es bei der Ölhärtung geschieht, in Druckgefäßen bei 20—30 Atm. Druck unter anfänglicher Wärmezufuhr mit Nickelkatalysator im Wasserstoffstrom zum Tetrahydronaphthalin und dieses weiter in einer anderen Apparatur zum Dekahydroprodukt. Ähnliche Produkte oder Gemische: Dekalin, Tetralin extra und Tetralinessenz. Diese Stoffe, D: 0,883— 0,975, Sp: 160—207°, Flammpunkt: 60—78°, zeichnensich durch Wasserklarheit und Unempündlichkeit gegen Metalle aus (zum Unterschied von den halogenisierten Kohlenwasserstoffen), übertreffen hinsichtlich der Trockenfähigkeit in Lackschichten Benzol und Benzolhomologe; dienen als Lack-, Fettstoff-, Harz-, Kautschuklösemittel, für Schuhcreme, Bohnermassen, Holzpolituren, wurden MotorentreibstofTen zugesetzt („Reichsbetriebsstoff", Tetralitbenzol), bilden Ausgangsmaterial für Kunstharze, Faktisse, Schmiermittel. Herst.: Deutsche Hydrierwerke A.-G., Berlin-Charlottenburg.

Textilöle(-seifen): in Wasser lösliche oder mit wäßrigen Flüssigkeiten emulgierbare und daher von Geweben durch gewöhnliche Wäsche wieder entfernbare Mischungs- oder Umwandlungsprodukte von Fettstoffen, auch von Mineralölen. Als Emulsionsvermittler eignen sich zahlreiche Körper, besonders Seifen, auch Eiweißstoffe (Kleber, Getreidekeimmehl) ferner Fettsäureamide (Stearinsäureamid und -anilid), Harzöl-, auch Ricinusölumwandlungs- und sulfonierungsprodukte, so vor allem die Türkischrotöle, die selbst wasserlöslich oder mit Wasser emulgierbar sind, sämtlich fast immer bei Gegenwart von A l k a l i . Als öl- oder Fettstoff dient in erster Linie Olein (Baumöl, Talgolein, Wollfett, Rüb-, CottonSesamöl), denen je nach dem Verwendungszweck und Preis (des Produktes mehr oder weniger Mineralöl beigegeben wird. Hierher gehören ferner die „Duronöle", d. s. Verkochungsprodukte von neutralem Wollfett, Stearinsäureamid, ölsaurem Natron und Wasser und die ,,Boleg"-Harz- und Mineralölemulsionen, erzeugt durch Verkochen der Komponente^ mit Natronlauge unter Lufteinleiten; haltbare Mineralölemulsionen dieser Art entstehen durch 'Homogenisieren von Vaselinöl mit der kochenden Lösung von gleichen Teilen Monopolseife (s. u.) und Wasser. Solche Präparate, die auch als fertige Spick- oder Spinnöle in den Handel kommen, und von denen man außer einem bestimmten Gehalt an verseifbarem und daher leicht aus der Faser auswaschbarem Fettstoff verlangt, daß sie sich auch bei längerem Stehen nicht entmischen, neutral sind, nicht verharzen, kein trocknendes Öl oder überhaupt keine oxydablen Bestandteile enthalten, die die Selbstentzündung der mit ihnen behandelten Faserstoffe begünstigen könnten, dienen zum Einfetten t,,Schmälzen") der Wolle, um ihr Gleiten beim Spinnen zu erleichtern und das Haften des weich erhaltenen Fadens auf den Spindeln zu bewirken, auch als Bohr- und Schneideöle, Beiz-, Schlicht-, Appretur- und Schmiermittel, zur Bereitung von Salben, Desinfektions- und Glycerinersatzmitteln. Textilöle, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren in größerer Menge enthalten, neigen dazu, damit eingefettete Wolle u. dgl. beim Lagern in Ballen durch Selbstoxydation zu erhitzen; diese Selbsterhitzung kann sich bis zur Entzündung der Ware steigern. Zur Prüfung (Mackey-Test) werden 7 g Watte mit 14 g des fraglichen Oleins getränkt und unter Ausschluß von Feuchtigkeit bei Luftzutritt l 1 /2—2 Stunden in einem Drahtnetzzylinder von bestimmten Ausmaßen auf 96—100° C erhitzt. Bei feuergefährlichen Oleinen zeigt ein in die Mitte des geölten Watteballens gestecktes Thermometer Temperaturen über ca. 105° C an. Gehalt der Oleine an Metallseifen und Feuchtigkeit befördert die eintretende Selbsterhitzung, Gehalt an Neutralfett und unverseifbaren Stoffen erschwert sie. Ganz verhindert wird sie durch Zusatz von 0,2—2% ß-Naphthol. S. u. a. Melliands Textilberichte 1927, 152 und 1930, Heft 1—4. T e x t i l s e i f e n sind durch ihren Gehalt an Emulgatoren gekennzeichnet. Diese gehören vorwiegend der Türkischrotölreihe an, unter deren Mitwirkung man die wichtigen Textilhilfsmittel von Art des Monopolöls und der Monopolseife

Thallium

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erhält. Jenes entsteht durch Sulfonieren eines Gemisches von Ricinusöl oder anderen, auch tierischen Ölen und Fetten mit Oxyölsäuren, vornehmlich mit Oxyricinusölsäure; die fertige Sulfonierung, die fallweise z. B. in den Intrasolen (von Stockhausen, s. u.) auch am Kohlenstoff sulfonierte höhere Fettsäuren und nicht nur, wie die Monopolpräparate Schwefelsäureester enthält, wird mit Wasser unter evtl. Zusatz von Alkali auf einen bestimmten Fettgehalt eingestellt. — Monopolseife erzeugt man durch Erhitzen von Türkischrot- oder Turkonöl mit der zur Neutralisation der gesamten Sulfonierungsschwefelsäure nötigen Menge Natronlauge. Je nach der Arbeitsweise gewinnt man s a u r e (s. Sapamine) oder neutrale Seifen, wie z. B. das Detergol des Kuhlmann-Konzernes, das „Hydrosan", ein monopolölartig wirkendes Fettsäuregemisch, das Harnstoff und den Kolloidzustand stabilisierende Stoffe enthält, als Hilfsmittel für Seifprozesse von Textilien in nicht enthärteten Betriebswässern, deren hervorragende Eignung für die Textilindustrie darauf beruht, daß diese Präparate auch mit hartem Wasser keine Ausscheidungen geben, die Wasserhärte verringern, sich aus Gespinsten durch bloßes Waschen mit Wasser leicht entfernen lassen, und daß sie überdies zum Regenerieren zersetzter Seifenbäder und zur Klärunp trüber Seifenlaugen dienen können. Produkte dieser Art, auch Isol und die Isoseife des Handels, ferner ähnliche Erzeugnisse, ebenfalls von türkischrotölartigen Eigenschaften, die jedoch sulfonsäurefrei sind und z. B. aus Ricinussäure (Fettsäure des Ricinusöles) durch Emulgieren mit Alkali ebenfalls als saure oder neutrale Seifen (Sapoleine, Paraseife) erhalten werden, haben überdies die Eigenschaft, organische Lösungsmittel (Benzin, Benzol, Tetra, Terpentinöl, Cyclohexan, Methylhexalin u. a.) aufzunehmen und mit ihnen Lösungen zu bilden, die sich durch besondere Reinigungskraft auszeichnen. Solche je nach der Menge dieses Zusatzes klar oder milchig wasserlöslichen „Lösungsmittelseifen" wie: Tetrapol, Pertürkol, Hexoran, Penterpol, Autosol, Verapol, Tetracin, Tetralix, Terpinopol, Texin, Duferol, auch Hydrohexalin d. i. eine Methylhexalin-FettsäureAlkali-Emulsion oder -seife (s. Cyclohexan; Benzit- in Seife 4), und viele andere Präparate dieser Art zählen als schäumende, Flecken tilgende, z. T. sogar säurebeständige, mit 4—5% Kochsalz nicht aussalzbare Reinigungsmittel von hoher Emulgier- und Netzfähigkeit zu den wertvollsten Hilfsmitteln der Chemischwäschereien, Textil-, Hutfabriken, Wollwäschereien und Appreturanstalten. Ml.: W. Herbig, Öle u. Fette in der Textilindustrie, Stuttgart 1929. — M. Münche, Über Intrasol, in „Anuew. Chemie", 1930, S. 583 —- L. Ubbelohde u. F. Goldschmidt, Handbuch der Chemie u. Technologie der O.c Fette, Bd. 111, Leipzig. — A. Chwala, Textilhilfsmittel 193». Herst.: Textiläle u. - s e i f e n : Chem. Fabrik Saturn G. m. b. H. Wien 25. — Dr. Häbler, ehem. Fabrik, Forst N.-L. — Berliner Walkextrakt u. Fettwarenfabrik G. m. b. H., Berlin-Reinickendorf-Ost. — A. Th. Böhme, Chem. Fabrik, Dresden-K. 8. — Dr. G. Eberle & Cie, Stuttgart. — Chem. Fabrik Pott u. Co., Pirna-Copitz. — Chem. Fabrik Joh. G. Frey K.-G., Forst/Lausitz. — PS Bier u. Schlachter, Voralbergfr Seifenfabrik, Bregenz/Bodensee. — J. K. Engel u. Co., Chem. u. Seifenfabrik, Frankfurt/M.-Rödelheim. — T e x t i l h i l f s m i t t e l : Chem. Fabrik Pfersee G.m.b.H., Augusburg 8. — A. Holtmann & Co., K.-G., Berlin MO 18. — Friedr. Güsters, Rheydt. — Gebr. Overlack, Chem. Fabrik K.-G., M.-Gladbach. — Rudolf & Co., Zittau. — Dr. Georg Specht, Augsburg. — Chem. Fabrik Stockhausen u. Cie., Krefeld. — Dr. Rud. Ruß, Rumburg. — Chem. Fabrik „Polychemle" G. m. b. H., Litzmannstadt. — Max Bfojahn, Forst/Laus. — Xaver Goblet, Aachen. — G. A. Bazlen, Seifenfabrik, Metzingen/Wttbg. — Gebr. Siebert, Düsseldorf. Otto Carl Hübner, Chem. u. Dampfseifcnfabrlk, Forst/L. — Böhire-Fettchemie G. m. b. H., Chemnitz. Österreichische Chem. Werke G. m. b. H., Wien 1V/SO. — Chem. Fabrik Weissig-BUhlau D. Dresden. — ..Fesago" Cliem. Fabrik Dr. GoBler G. m. b. H., Heidelberg.

Thallium, Tl, Atomgew. 204,39. Findet sich in seltenen Mineralien neben anderen Metallen (Cu, Ag), auch mit Arsen an Schwefel oder Selen gebunden, z. B. im Crookesit, d. i. schwedisches Selenkupfer mit 17%-T1 und 3% Ag, wird jedoch technisch nur aus dem Flugstaub der Schwefelsäurefabriken und aus den Endlaugen der Zinkvitriolfabrikation gewonnen. Das Metall gleicht chemisch dem Blei, ist weißglänzend, weich und in der Kälte schweißbar, besitzt jedoch für die Technik keine besondere Bedeutung. Es wurde vorgeschlagen, es an Stellt? des Bleis zum Akkumulatorbau zu verwenden. — Thalliumcarbonat gibt mit Mennige und Sand verschmolzen ein stark lichtbrechendes, zur Herstellung optischer Gläser und künstlicher Edelsteine geeignetes Glas, ferner setzt man

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Theobromin—Thermochemie

Thalliumsalze auch Leuchtmassen zu und verwendet sie als Schädlings-, namentlich Rattenvertilgungsmittel. Zu erwähnen wäre noch, daß mit Chininsalz präparierte Gelatineblätter durch Eintauchen in 0,5proz. Thalliumacetatlösung spiegelnden Hochglanz erhalten, sich dabei beliebig färben lassen und zur Herstellung imitierter Schmucksachen Verwendung finden können. Dasselbe Salz (stark giftig!) wurde auch als Enthaarungsmittel vorgeschlagen, doch sind ihm die Sulfide der Alkalien und Erdalkalien in dieser Wirkung überlegen. Alle Tlsalze färben die Bunsenflamme grün. Herst.: T h a l l i u m ( M e t a l l ) : Sachtleben A.-G. f. Bergbau, Köln (auch Salze u. Verbinde.)• — Riedelde Haen, Berlin. — Dr. L. Marquart A.-G., Beuel (auch Tl.-Verbindungen). — T l . - s a l z e : Dr. Th. Schuchardt. G. m. b. H., Görlitz. — T l . - s u l f a t : Schles. Aktienges. f. Bergbau u. Zinkhüttenbetrieb, Kattowitz.

T h e o b r o m i n (Dimethylxanthin), C 7 H 8 N 4 0„, isomer mit Theophyllin, steht in naher Beziehung zum Coffein (s. d.), den Purin- und Xanthinbasen. Farbund geruchloses Kristallpulver von allmählig auftretendem bitterem Geschmack, sublimiert bei 200°, ohne zu schmelzen oder sich zu zersetzen. 1 Tl. Theobromin löst sich in 1700 Tl. kaltem oder 150 Tl. heißem Wasser, in 4300 kaltem oder 430 Tl. heißem absol. Alkohol, dagegen wesentlich leichter in wäßrigem Alkohol, ist unlöslich in Äther, leicht löslich in Natronlauge, gibt die Murexidreaktion. Heist.: T h e o b r o m i n , - s a l z e u. - V e r b i n d u n g e n : Knoll A.-G., Chem. Fabriken, Ludwigshafen. — Riedel-de Haen, Berlin.

Theophyllin (1,3-Dimethylxanthin) ist dem Theobromin isomer. Es findet sich in geringer Menge in Teeblättern, doch erfolgt die technische Gewinnung nur synthetisch, entweder aus Dimethylharnstoff und Cyanessigsäure, oder durch Demethylierung aus Coffein. — Färb- und geruchlose derbe Kristallnadeln, schwach bitter schmeckend, vom Schmp. 265° C. Leicht löslich in heißem Wasser oder Alkohol sowie in Alkalien. Gibt wie Coffein und Theobromin die Murexidreaktion. — Theophyllin ist eines der wirksamsten Diuretica und findet als solches entweder in freier Form, oder — häufiger — in Form seiner Salze und Doppelsalze Anwendung; z. B. als Theophyllinnatrium oder Theophyllinnatrium-Natriumacetat, oder als Theophyllin-Äthylendiamin (Euphyllin). Herst.: Byk-Guldenwerke, Cliem. Fabrik A.-G., Berlin NW 87.

T h e r m i t s. u. Aluminothermie. Thermochemie. Studium der bei chemischen Reaktionen auftretenden Wärmetönungen, d. i. das Plus der im Verlaufe einer chemischen Reaktion abgegebenen (positiven) oder aufgenommenen (negativen) Bildungs-(Reaktions-) wärme, deren Calorienzahl meist, nicht immer, ein direktes Maß der Energieänderung des Systems darstellt. E n d o t h e r m i s c h e Reaktionen führen unter Wärmebindung zu endothermen Verbindungen, die meist das Bestreben haben, unter Wärmeabgabe (Arbeitsleistung) zu zerfallen. E x o t h e r m e sind wärincabgebende Vorgänge, deren Ergebnis, die exothermen Verbindungen, nur unter Wärmezufuhr zerfallen. Die bei einer Reaktion auftretende pos. ( + ) oder verschwindende neg. (—) Wärmetönung wird in Form von Gleichungen ausgedrückt, z . B . 0 2 + 2H 2 - » 2 H 2 0 (Dampf) + 116 cal, d . h . bei der Vereinigung von 11,2 1 O und 22,4 1 H 2 zu Wasserdampf wird eine Wärmemenge von 58 kg/cal erzeugt. — Die Thermochemie umfaßt die Methodik der Calorimetrie, Messung von Schmelz-, Verdampfungs-, Umwandlungs-, Bildungs-, Lösungs-, Verdünnungswärme. S. den Fortschrittsbericht von W. A. Roth in Angew. Chem. 1928, 397. Lit.: G. Keinath, Elektrische Temperaturmessungen, München-Berlin 1923. — F. Henning, Die Temperaturskala in Theorie und Praxis i. Ztschr. f. Instrumentenkunde Nr. 54, S. 349, 1924. — Merkblatt zur Messung hoher Temperaturen, in „Stahl u. Eisen" Nr. 45, S. 1850, 1925. — G. Keinath, Meßverfahren der Elektrothermie aus Pirani-Elektrothermie, Berlin 1930. — Ostwald-Luther, Handbuch und Hilfsbuch zur Ausführung physikochemischer Messungen, Leipzig 1931. — W. Grundmann, Die elektrische, optische u. kalorimetrische Temperaturmessung 1939. — G. Neumann, Temperaturmessungen i. Glühstapel eines Anlaßofens m. Umwälzgasbeheizung 1939. — G. Brückner u. E. A. Schmidt, Die Meßgeräte zur Überwachung d. Temperatur und Feuchtigkeit i. d. Betrieben 1939. — A. Ohlhaus, Elektrische Meßinstrumente, Potsdam 1939. — O. Knoblauch u. K. Hencky, Anleitung zu genauen techn. Temperaturmessungen 1941. Herst.: W ä r m e t e c h . M e ß g e r ä t e : Siemens & Halske, Berlin. — Hartmann & Braun, Frankfurt a. M. — Janke & Kunkel, Köln. — Dr. K. Hase, Hannover. — Karl Pfisterer, Stuttgart-Zuffenhausen.

Thermodynamik—Thermometrie

013

T h e r m o d y n a m i k : gesetzmäßige Beziehungen zwischen Wärme und anderen (insbesondere mechanischen) Energieformen (s. d.). Sie sind innerhalb eines geschlossenen energetischen Systems ohne Gewinn oder Verlust ineinander umwandelbar (1. Hauptsatz), doch besteht der Energieinhalt eines Systems aus zwei Teilen: der erste kann n u r in Wärme übergeführt werden, ist also seiner Umwandlungsfähigkeit nach begrenzt (gebundene Energie). Den zweiten kann man in geeigneten Verrichtungen unter bestimmten Bedingungen (isotherm und irreversibel verlaufend) beliebig in äußere Arbeit u. a. Energie formen, natürlich auch in Wärme verwandeln (freie Energie). Den Grad der Irreversibilität, d. h. der Unausnutzbarkeit der Gesamtenergie eines Systems bezeichnet man als seine Entropie. Ihr und der absolute Wert der Energie sind unbekannt, bestimmbar sind an diesen beiden in der Natur des Weltalls begründeten Größen nur Änderungen und Differenzen. Alle in jenem System stattfindenden Änderungen finden im Sinne der E n t r o p i e z u n a h m e statt (2. Hauptsatz), sie erreichen beim absoluten Nullpunkt den Grenzwert Null (3. Hauptsatz). Übliche Formulierung der beiden ersten Hauptsätze: i . Bei der Energieumwandlung wird in dem vorliegenden energetischen, in sich abgeschlossenen System weder Energie gewonnen noch verloren. Die auftretende Energieänderun§ ist unabhängig vom Wege, abhängig lediglich vom Anfangs- und Endzustande; sind beide gleich (Kreisprozeß)., so ist jene Änderung gleich Null. — 2. Hauptsatz: Von selbst, ohne Arbeitsaufwand oder sonstigen herbeigeführten Ausgleich, geht Wärme nie von einem kälteren auf einen wärmeren Körper über. — S. Gasgesetze; kinet. Gastheorie; Energie. Llt.: z. B. A. Magnus, Lehrbuch der Thermodynamik, Leipzig 1929. — H. Ullrich, Cliem. Thermodynamik, Steinkopff-Dresden-Leipzig 1930. — Bosujakovic, Technische Thermodynamik II, in Band XII Wärmelehre und Wärmewirtschaft, Steinkopff-Dreden-Leipzig 1937. — Ernst Schmidt, Einführung in die technlschc Thermodynamik, Springer-Berlin 1936. — H. List: Thermodynamik d. Verbrennungskraftmaschineu 193!). — 0. Waßner, Thermodynamik metallischer Melirstoftsysteme liMO.

Thermometrie. Die a b s o l u t e T e m p e r a t u r (T) zählt vom theoretisch bestimmten (nach neuesten Untersuchungen bereits unterschrittenen?) absoluten Nullpunkt —273°. Wenn t die abgelesene Temperatur ist, so gilt: T = 273 + t. Bei einer Außentemperatur von 20° über bzw. unter Null beträgt somit T = 293 bzw. 253°. Temperaturmessung der G a s e (s. Gasgesetze) wird durch deren Volum(Druck-)änderung vorgenommen. Bis —273° nähert sich das Volumen asymptotisch dem Nullwert und erreicht ihn bei diesem absoluten Nullpunkt, ein idesiles Gas hätte also bei —273° das Volumen Null. Gasthermometer (von —200 bis +1600°) dienen ausschließlich wissenschaftlichen Messungen, praktisch benutzt man die Ausdehnung fester oder flüssiger Körper, die Änderung des elektr. Widerstandes, thermoelektrische Kraft, Strahlung, kurz stoffliche Eigenschaften, die sich in reproduzierbarer Weise mit der Temperatur ändern. Schmelzendes Eis liefert einen bestimmten, siedendes Wasser einen anderen Fundamentalpunkt, fixiert z. B. durch den Siand eines Hg-fadens in einer sonst luftleeren (s. u.) Glaskapillare; der Fundamentalabstand zwischen beiden ist nach der Celsiusskala in 100, nach Reaumur in 80, nach Fahrenheit, der den Nullpunkt seiner Skala in dem starken Danziger Winter 1709 (auf C-grade umgerechnet —32°) einstellte, in 180 gleiche Teile unterteilt. Umrechnung: C = 5 /4 R = ä /„ (F—32°); R = 4 /s C = 4 /» (F — 32°); F = 32° + 9 /s G = 32° + 9 /i R- — Solche Wärmeausdehnungsthermometer bestehen aus gewöhnlichem Jenaer Glas (bis gegen 500G), Verbrennungsröhrenglas (bis 575°) und Quarzglas bis 750°. Als Flüssigkfeiten verwendet man zwischen —30 und -f 350° Quecksilber (für die hohen Temperaturen nur in mit besonderen Einrichtungen versehenen Thermometern anwendbar), zwischen —80 und +40° Äthylalkohol; Toluol, Pentan oder Petroläther sind zur Füllung der Tieftemperatur-(Kryo-)messer, Pentan bis —200°, geeignet. Bei sämtlichen Thermometern für wissenschaftlichen und bei vielen für technischen Gebrauch ist die K o n t r o l l e der Fundamentalpunkte und die Anbringung 53

Blüchers Auskunftsbuch. 16. Aufl.

914

Thermometrie

gewisser Korrektionen notwendig, die den Vergleich mit den Gasthermometern, die Gradwerte, inneren und äußeren Druck betreffen, bzw. aus der Unvollkommenheit der Kalibrierung resultieren. In der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt werden außer der ein für allemal bekannten Gaskorrektur alle anderen Korrektionen ermittelt und den sog. N o r m a l t h e r m o m e t e r n , die von —10 bis + 360° auch in anderen Gradeinteilungen mit oder ohne Unterteilung der Grade geliefert werden, beigegeben. Für den praktischen Gebrauch sei hier die Korrektion erwähnt, die dadurch nötig wird, daß sich bei der Temperaturmessung häufig nicht der ganze Faden, sondern nur ein Teil im Hitzebereich befindet, während die Eichung der Thermometer zur Voraussetzung hat, daß die ganze Quecksilbersäule in den Heißraum ragt. Diese Korrektur K, die zur Thermometerablesung zu addieren ist, errechnet sich aus der Formel N(T — t) multipliziert mit einem Faktor a, der von der Glassorte des Thermometers abhängt und für die verschiedenen Jenaer Gläser zwischen 0,00158 und 0,00172, für Quarzglas 0,00180 beträgt. N, die Länge des aus dem Apparat herausragenden Quecksilberfadens, wird gemessen, T ist die Temperatur, die man bestimmen will, und t die mittlere Temperatur des herausragenden Fadens, die man mit einem dicht neben ihm aufgehängten Hilfsthermometfer mißt. Die Zahlenwerte sind klein, erreichen z. B. erst bei N = 180 und T — t = 40 die Einheit oder bei N = 200 und T — t = 120° nur 3,7. Widerstandsthermometer. Sie beruhen auf der sehr genau ermittelbaren Änderung des elektrischen Leitungswiderstandes mit der Temperatur. Die Metalle erfahren, wie empirisch festgestellt wurde, zwischen 0 und 100°, natürlich auch außerh Ib der Fundamentalpunkte, eine Zunahme von 0,4% des Widerstandes pro Grad, doch gilt diese Zahl nicht für alle Metalle, sondern in erster Linie für Platin, das als wesentlicher Bestandteil der Widerstandsthermometer dient; ferner verändert sich die Zahl mit steigender Temperatur, so daß für die einzelnen Temperaturspannen besondere Eichungen der Apparate nötig sind. Die internationale Temperaturskala von 0—100° ist seit 1927 durch ein Platin-Widerstandsthermometer definiert. In den techn. Quarzglas-Widerstandsthermometern, die bis zu 600° sehr genaue Meßresultate ergeben und auch bis 900 bzw. mit Änderungen bis 1100° verwendbar sind, ist eine mit dem Platindraht (vielfach wird auch Nickel angewandt) umwickelte Quarzglaskapillare oder eine Glimmerplatte in eine Quarzglasröhre eingeschmolzen, bzw. in einen Serpentinkubus eingelassen; das Ganze befindet sich in einer Stahl-Schutzhülle. Bei den Thermoelementen (s. Thermosäulen) dient die elektromotorische Kraft als Temperaturmaß, die zwischen den freien, kalten Enden von zwei zusammengelöteten Metallstreifen entsteht, wenn man die Lötstelle erwärmt. Die entstehende elektrische Spannung, die sog. T h e r m o k r a f t , erreicht den höchsten Wert bei Vereinigung von Wismut und Antimon, doch eignen sich diese beiden Elemente weniger gut als Kombinationen von Platin-Rhodium, auch PlatinRuthenium, da diese Metalle bei höheren Temperaturen die nötige Beständigkeit besitzen (vgl. Hütter, Korrosion 1929, 49; 1930, 5; Edelmetalle beginnen oberhalb 1000° zu zerstäuben) und sich leicht in Drahtform bringen lassen. Strahlungspyrometer beruhen auf der allgemeinen, subjektiv feststellbaren Tatsache der Lichtausstrahlung, z. B. dunkel-, hellrot, gelb, weiß und schließlich blauweiß glühender Körper. Die Größe der Wärmestrahlung hängt ab von der Beschaffehheit der Oberfläche des Wärme abgebenden Körpers und von seiner Temperatur, u. z. ist die Wellenlänge größter Intensität beim schwarzen Körper (s. u.) proportional'der absoluten Temperatur, die Gesamtstrahlung proportional der 4. Potenz der absoluten Temperatur. Die Größe der Wärmestrahlung ist hingegen unabhängig von der Größe und Form des Körpers. Alle Stoffe, die in der Kälte dunkel aussehen, strahlen in der Hitze heller als weiße glänzende Körper; so beträgt z. B. der Strahlungskoeffizient von Schwarzblech 2—3, jener

Therinosäulen—Thermostaten

915

von poliertem Eisen, Messing, Silber, Kupfer 0,45; 0,26; 0,23; 0,16. Jeder Stoff, der überhaupt in Glut zu bringen ist, verhält sich hinsichtlich der Lichtausstrahlung verschieden, doch verschwindet die Abhängigkeit von der Stoffart dann, wenn man die Strahlung durch eine kleine Öffnung aus einem aus der glühenden Substanz gebildeten und sich wie ein schwarzer Körper verhaltenden Hohlraum austreten läßt. Ein solcher „schwarzer Strahler" verschluckt alle auf ihn treffende Strahlung und sendet bei einer bestimmten Temperatur das Maximum an Strahlungsintensität aus, entsprechend seinem gesamten Emissionsvermögen. Dementsprechend gibt es Strahlungspyrometer, die auf dem Vergleichen von Flächenhelligkeiten beruhen und solche, bei denen die Gesamtstrahlung zur Temperaturbestimmung herangezogen wird. Temperaturanzeigende

Farbanstriche s. u. Anstriche.

Llt. s. u. Thermochemie. Herst.: P y r o m e t e r : Pyro Werk Dr. Rud. Haase, Hannover. — Siemens & Halske, Berlin. — Hartmann delt, gekräuselt, aufgelockert und getrocknet. Nach dem Trocknen gelangen die Zellwollen in Flockenform oder als Lunte oder Kammzug an die verschiedenen Spinnereien. Die Vorteile der Zellwolle sind vor allem folgende: ideales Spinngut infolge einheitlicher Faserlänge, Anpassungsfähigkeit ihrer Schnittlänge je nach dem mechanischen Spinnverfahren. Zumischbarkeit zu jedem natürlichen Faserstoff, Liefermöglichkeit in jedem Glanzcharakter, ebenso wie spinngefärbt, Fehlen jeder Verunreinigungen, Anwendung zur Erzielung besonderer Farbeneffekte von Mischgarnen, stabile Preisgestaltung, große Weichheit und Knitterfestigkeit, vorzüglicher Wärmeschutz. Die Entwicklung der Zellwollherstellung hat in den letzten Jahren außerordentlich zugenommen. Bis 1933 war sie eine ganz allmählige, worauf ein Aufstieg in steiler Linie einsetzte. Es wurden in Deutschland hergestellt: 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 . . . .

3 Mill. kg 4,5 „ „ 7,2 „ „ 15,6 „ „ 45 „ „ 80 „ „ ca. 140

Letztere Summe ist die Menge, die im Jahre 1936 in der ganzen Welt überhaupt erzeugt wurde.

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Zellwollart

Zemente

Firma

I. G. Farbenindustrie AG

Markennamen

Süddeutsche Zellwolle AG Rheinische Zellwolle AG

Vistra Lanusa Feinflox Flox Mattflox Trockenflox Floxalan Seduraflox Glanzcourto Zehlawo Glauchau Phrix Plavia Schwarza Merinova Telusa Kelheimer ZW Rheinische ZW

. C g 1>

J. P. Bemberg AG. und I. G. Farbenindustrie AG.

Cuprama Cuprama SK

3 — CD » S]

Fr. Küttner AG

Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG. Spinnfaser AG c .2 "o 'ÖJ N i> CA o •f:

n

C , d) 9 0) £ PO icke u. Co., W u p p e r t a l - O b e r b a r m e n 1.

Zinnverbindungen. Zinn bildet zweiwertig Stanno-(Oxydul-) und vierwertig Stanni-(Oxyd-)Verbindungen. Die Stannoderivate geben oxydiert Stanniverbindungen, sind starke Reduktionsmittel. — Zinnacetat (Stannoacetat, essigsaures Zinnoxydul, Stannum aceticum) Sn(C 2 H 3 0 2 ) 2 : Lösen von Zinnoxydul in Eisessig, oder Umsetzen der essigsauren Lösungen äquivalenter Mengen Zinnsalz und Bleizucker. Auch die Lösung von Zinnchlorür und Na-acetat führt den Namen Zinnacetat oder häufiger: Zinnbeize. Herst.: lliedel-de H a e n , Berlin.

Zinnchloride, a) Zinnsalz des Handels, das Dihydrat des Zinnchlorürs (Zinndichlorid, einfach Chlorzinn, Stannum cloratum) SnCl2 • 2aq, erhalten durch Lösen von Zinngranalien in unterschüssiger (es muß Metall ungelöst bleiben) 21gräd. Salzsäure; die nicht zerfließlichen Kristalle werden abgeschleudert, die

1014

Zinnverbindungen

Mutterlaugen in Kupferschalen eingedampft. Schmp: 40°, leicht in Alkohol und in Wasser löslich. Wäßrige Zinnsalzlösungen mit 2, 10, 30, 50, 70% SnCI2 haben eine D. von 1,013; 1,068; 1,230; 1,455; 1,745; sind nur bei Gegenwart freier Salzsäure und bei Ausschluß von Luft haltbar, sonst entsteht das die Lösung trübende basische Salz Sn(OH)Cl, oder es findet Oxydation statt, bei der aus 3SnCl2 + H20 O Zinntetrachlorid und 2 Mol. des basischen Zinnsalzes entstehen. Wegen dieser Eigenschaft ist Zinnsalz ein wichtiges R e d u k t i o n s m i t t e l , mit dessen Hilfe man Metall- und Nichtmetalloxyde (z. B. Ferrisalze oder Salpetersäure) zu niederen Oxydationsstufen (Ferrosalze bzw. Stickoxyde), organische Nitro-, Azo-, Diazoniumverbindungen reduzieren und Färbungen ätzen kann. Es dient weiter als Beiz- und Imprägniermittel für Gewebe (Flammenschutz), als Zusatz zu galvanischen Verzinnungsbädern, zur Kontaktverzinnung von Eisen und anderen Metallen, als Ausgangsmaterial für andere Zinnverbindungen, wurde zusammen mit Weinsäure als Rostentfernungsmittel vorgeschlagen. — b) Zinntetrachlorid (Zinnchlorid, zweifach Chlorzinn, Stannum bichloratum, Spiritus fumans Libavii) SnCl4, eine an der Luft rauchende farblose Flüssigkeit, die Phosphor, Schwefel und andere Stoffe löst und sich mit Wasser zum kristallisierten Pentahydrat SnGl 4 .5aq verbindet (Dichte einpr 2-, 10-, 30-, 50-, 90proz. wäßrigen Lösung: 1,012; 1,059; 1,195; 1,366; 1,893). Zinntetrachlorid ist das Produkt der Weißblechentzinnung (s. Zinn), kann auch durch Lösen von Zinnoxyd in Salzsäure und folgendes Eindampfen, ferner in völlig eisenfreiem Zustande (was für seine Verwendung in der Textilfärberei Bedingung ist) durch Überleiten von Kohlenoxyd und Chlor über 250—350° heiße Briketts aus Zinnoxyd (auch aus der Zinnpaste der Seidenfärbereien) und Holzkohle erhalten werden. Aus technischem Zinnchlorid läßt sich das Eisen durch Destillation mit konz. Schwefelsäure entfernen. Es dient vornehmlich zur Seidebeschwerung, weiter als Beize im Zeugdruck (s. u. Rosiersalz, Pinksalz), als Flammenschutzmittel, da es schon bei 120° (CaCl2 und ZnCl2 bei viel höherer Temperatur) unter Abscheidung von Zinnoxyden zerfällt, die den brennenden Gegenstand umhüllen; es bildet das Zinnmaterial für die Herstellung von Irisschichten auf Glas und Porzellan (Zinnlüster) auch auf Glimmer (Brokat) und von Cassius-Goldpurpur. — Salze der Zinnchloridchlorwasserstoffsäure H 2 SnCl, dienen in Färberei und Zeugdruck als Beiz- und Ätzmittel. Ammoniumzinnchlorid ( P i n k s a l z ) , SnCl 4 .2NH 4 Cl: man löst 2 Tl. Zinnsalz (Zinnchlorür) in Wasser, sättigt die Lösung mit Chlorgas und gießt sie in eine heiße, wäßrige 50proz. Salmiaklösung. Das sich ausscheidende farblose Pinksalz löst sich in 3 Tl. Wasser. Die konz. Lösung wird beim Kochen nicht verändert, während die verd. sich beim Kochen unter Abscheiden von Metazinnsäure zersetzt. Das Pinksalz wirkt milder als das stark ätzende Zinnchlorid. — Seltener benutzt wird das R o s i e r s a l z („Physik"; Zinnkomposition), das man durch Auflösen von Zinn in Gemischen von Salz- und Salpetersäure oder Salz- und Schwefelsäure darstellt; im ersteren Falle besteht die Hauptmenge aus SnCl4 („Zinnbutter", ein Hydratgemisch, z. B. SnCl 4 .4H 2 0, entsteht beim Stehen des Tetrachlorides an feuchter Luft), im letzteren aus SnCl2. Außerdem ist in der gelben dicklichen Flüssigkeit Stannonitrat, Metazinnsäure und Ammoniumnitrat in wechselnden Mengen enthalten. Heist.: Th. Goldschmidt A.-G. Essen. — Riedel-de Haeu, Berlin.

Zinnoxyde, a) Z i n n o x y d u l (Stannooxyd) SnO, technisch ohne Bedeutung, erhaltbar als verschieden gefärbtes Pulver aus Zinnchlorürlösung und überschüssigem Alkalicarbonat, über d a s S t a n n o h y d r o x y d , das man im C0 2 strom entwässert. Dieses, 2 S n 0 . H 2 0 , gibt mit Alkalien Stannite z. B. N a H S n 0 2 , die, ebenso unbeständig wie das Hydroxyd selbst, in Lösung zu Stannaten werden, d. s. Stanniverbindungen, Stannihydroxyde sind Zinnsäuren (s. u.). Stannohydroxyd dient im Zeugdruck als Ätzmittel, zum Färben von Metallen und Metall-, namentlich Kupferlegierungsbronzen (-pulver), als Zinnmaterial für

Zirkonium

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Kupferrubinglas. — b) Z i n n d i o x y d (Zinnoxyd, Zinnasche, Stannioxyd, Stannum oxydatum), Sn0 2 , in der Natur als Kassiterit, Zinnstein (s. Zinn), wird technisch dargestellt durch Oxydation von hocherhitztem zerstäubtem Zinn im heißen Luftstrom oder Durchleiten eines SnCl 4 -dampf-Luftstromes durch ein rotglühendes Rohr; das abgespaltene Chlor geht zur Weißblechentzinnung zurück. Weißes, in Wasser unlösliches Pulver, das bei 1127° schmilzt, ohne seinen bedeutend deckenden Weißton einzubüßen und deshalb, auch weil es sich erst bei der Temperatur des elektrischen Ofens verflüchtigt, das beste keramische, Glasur-, Glas- und Metallemail-Trübungsmittel darstellt. Es dient ferner zur Erzeugung der keramischen Pinkglasuren und -färben (s. a. Chromfarben), zum Feinpolieren optischer Gläser (Zinnpolierasche), als Zusatz zu feuerfesten Anstrichmassen und Lackleder-Reinigungspräparaten, in der Kosmetik als Nagelpoliermittel; auch manche Mineralfarben Coeruleum (zinnsaures Kobaltoxydul) und Zinnviolett (Chromoxyd-Zinndioxyd, Pinkfarben) enthalten Sn0 2 . Die H y d r o x y d e der Stanniform sind die Zinnsäuren, d. s. vermutlich kolloide Zinndioxydstufen von verschiedenem Wassergehalt, ohne bestimmte Zusammensetzung. Man unterscheidet dennoch die gewöhnliche, a- oder Ortho- von der stabileren, in Alkalien und Säuren unlöslichen b- oder Metazinnsäure, z. B. S n 0 2 . 4 H 2 0 , bei 100° rasch getrocknet S n 0 2 . H 2 0 = H 2 Sn0 3 , bzw. S n 0 2 . 4 H 2 0 , getrocknet (H 2 Sn0 3 ) 5 . Man erhält die O r t h o s ä u r e durch Fällen von Stannaten mit Mineralsäuren oder aus Zinntetrachlorid mit Alkali als voluminöse weiße Masse, getrocknet glasig, die M e t a s ä u r e durch Behandlung von Zinn mit Salpetersäure bei höherer Temperatur (bei niederer im Gemisch mit Orthosäure), oder beim Kochen der wäßrigen Lösung von SnCl 4 .5aq, als weißes amorphes Pulver. Beide Säuren geben Salze, von denen das sog. P r ä p a r i e r s a l z , Natriumorthostannat N a 2 S n 0 3 . 3 H 2 0 technische Wichtigkeit zum Präparieren von mit Beizenfarbstoffen zu färbendem Faserniaterial und (zusammen mit Ammonsalzen), zum flammensicheren Imprägnieren von Geweben besitzt. Man gewinnt das Präpariersalz (Natrium stannicum) im großen durch Schmelzen von Zinnstein mit Ätznatron oder durch Glühen von Zinn mit Ätznatron und Salpeter. Die im Handel befindliche Verbindung bildet eine körnige Salzmasse, die meistens viele Verunreinigungen enthält, so daß anstatt der theoretischen 56,4% S n 0 2 meistens nicht mehr als 40—44% vorhanden sind. Z i n n - K a l i u m o x a l a t SnK 2 (C 2 0 4 ) 2 aq, durch Kochen von Stannosalz- mit Ii-oxalatlösung, dient als Färberei- und Zeugdruckbeize. — Z i n n r h o d a n ü r , Stannum rhodanatum, Stannorhodanid, Sn(SCN) 2 ist als braungelbes Pulver oder, ebensowie die Stanniverbindung und mit ihr gemischt, gelöst (15gräd. Lösung) im Handel; dient als Weißätze im Zeugdruck. Meist stellt man das Ätzmittel aus Zinnsalz und Rhodanammon in der Druckpaste selbst her. — Unter den Zinn-Schwefelverbindungen besitzt technische Bedeutung nur das Z i n n s u l f i d , SnS 2 (Stannisulfid, Musivgold, Schwefelzinn, Stannum sulfuratum) als gegen Schwefel und Schwefelwasserstoff unempfindliches Vergoldungspräparat für Spiegelrahmen u. dgl. (Muschelgold, Zinnbronze), erzeugt durch Erhitzen von Zinnamalgam mit Schwefel und Salmiak; es sublimiert zuerst Salmiak und dann Quecksilbersulfid ab, während Musivgold in der Retorte zurückbleibt. Goldglänzende, unzersetzt sublimierende Schüppchen von graphitähnlicher Beschaffenheit, ist, mit Ausnahme von Königswasser, gegen Säure beständig, wird beim Erhitzen dunkelrot bis schwarz, beim Erkalten wieder goldgelb. Auch Chrysorin wird als Musiv-(Mosaik-)gold bezeichnet. — Das technisch unwichtige Zinnsulfür SnS (Stannosulfid) fällt aus Stannosalzlösungen mit Schwefelwasserstoff als bleigraue bis dunkelgraue Masse aus. Herst.: Th. Goldschmidt A.-G., Essen. — Riedel-de Haen, Berlin. — Deutsche Gold- u. Silber-Scheideanstalt, Frankfurt. — A. Dupri, Köln-Kalk. — Chem. Fabrik Wilh. Neuber A.-G., Wien VI (Z-salze).

Z i r k o n i u m . Zr, Atomgew. 91,22. Als Z i r k o n (Ural, Ceylon, Brasilien): Zirkonoxyd und Kieselsäure Zr0 2 + Si0 2 (oder ZrSi0 4 ), selten farblos, meist

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Zirkonium

braun und grau, D :4,4—4,6, Härte: 7,5; dient in klaren roten bis orangegelben Kristallen als Edelstein, s. d. (Hyazinth, Jargon; wegen ihrer Härte auch als Uhrachsenlager); ferner als „Eudialyt": Ca-ferroalkalizirkonat; vor allem aber in dem techn. wichtigsten Vorkommen als Z i r k o n e r d e mit etwa 89% Zr0 2 neben 7 Si0 2 , 3—4 Fe 2 0 2 und 0,5—1 Ti0 2 . — Das Zirkonmetall, kompakt silberweiß, amorph ein schwarzes Pulver, nur von Königswasser (Dioxyd), Flußsäure (Tetrafluorid), Chlor (bei Rotglut Tetrachlorid) leicht angreifbar, Härte 7—8, Dichte 6,4, erhält man durch Reduktion der Zirkonerde mit Kohle im elektrischen D r u c k o f e n (wodurch die Bildung von Zirkondampf verhindert wird), oder durch Herausschmelzen des Zirkons aus seiner in Stäbchenform gebrachten Legierung mit Aluminium Zr4Al5 (diese erzeugt durch Verschmelzen von Zirkonkaliumfluorid mit Aluminium) im Lichtbogen des elektrischen Vakuumofens, in dem das Aluminium verdampft. Das Metall findet in geringen Mengen Verwendung als Legierungsbestandteil: Schnelldrehwerkzeuge aus Cooperit d. i. Zirkon-Nickellegierung; Ferrozirkon (s. Eisenlegierungen); seewasserbeständige Aluminium-Zirkonlegierung; Zirkoncarbid ZrC, Schleif- und Glasschneidemittel, aus Zirkonmetall und Kohle durch Erhitzen in reduzierender Atmosphäre nicht ganz bis zum Schmelzpunkt des Carbides, erhaltbar. Neuere Versuche (s. Chem. App. Korrosion 1929, 29) zeigen, daß Zirkon als Legierungsmetall Fe, Cu und Ni auf das 4—5-fache der Härte der Reinmetalle härtet; allerdings müssen die Schmelzen wegen der hohen Verwandtschaft des Zr zum Sauerstoff in den Vakuum (-Induktionsofen) eingeführt werden. Zirkon dient ferner als Desoxydationsmittel für Metallguß, Zusatz zu Blitzlichtpulvermischungen. Z i r k o n d i o x y d gewinnt man aus der Zirkonerde durch Aufschließen mit Kohle und Natriumsulfat, oder primär (zur Entfernung der chemisch nicht gebundenen Beimengungen) mit Salzsäure und folgend mit konz. Schwefelsäure, oder mit alkalischen Mitteln (Kalk und Kohle oder Soda) über verschiedene Verbindungen des Zirkons, die dann durch Glühen in Zr0 2 verwandelt werden. Es zählt zu den schwerst schmelz- und verdampfbaren Stoffen (3000°, zugleich Beginn der Verflüchtigung), ist daher das gegebene Material zur Herstellung von Schmelztiegeln (s. d.), die man durch Pressen eines wäßrigen Zirkonerdeteiges (evtl. Zusatz von etwas Weizenmehl oder Stärkekleister als Bindemittel) ohne oder mit Beimengung von 1—10% Ton oder Thorerde oder Magnesiumoxyd (zur Erhöhung der Beständigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel und Verringerung der Porosität bei hohen Temperaturen) erzeugt. Man setzt Zirkonerde auch den Zinkmuffelmassen, Drehrohr- und Siemens-Martin-Ofenfütterungen, überhaupt feuerfestem (s. d.) keramischem Material, auch dem Gießereiformsand, Quarzglas und Quarzsteingemengen, Graphittiegelmischungen und keramischen Massen zu, die zur Herstellung von Pyrometerschutzröhren dienen. Die Schwerschmelzbarkeit der Zirkonerde ermöglicht ferner ihre Verwendung zur Herstellung der bei Weißglut hellstrahlend leuchtenden Glühstifte oder -kegel (Ersatz des Kalkzylinders im Drummondlicht), als Leuchtzusatz zu Bogenlichtelektrodenmassen; ein Gemisch von Zirkon- und Yttererde bildete auch den Glühkörper der Nernstlampe. Schließlich dient Zirkondioxyd allein und im Gemisch mit Zirkonsilicat, auch Titan-, Thor-oxyd, als Glas-, Glasur- und Emailtrübungsmittel („Terrar"), dann als Katalysator, Kontrastmittel bei Röntgendurchleuchtungen, als kosmetische Schminke und Puderbestandteil. — Von den übrigen Verbindungen des stets vierwertig auftretenden Zirkons sind nur zu erwähnen: Z i r k o n n i t r a t , ein basisches Salz, erhalten durch Eindampfen der salpetersauren Lösung des Zirkonhydroxydes (eingebrannte Eisenrostschutzschicht, Blitzlichtpulverbestandteil); Zirkonsulfat Zr(S0 4 ) 2 , aus Zirkondioxyd und Schwefelsäure bei 400° erhalten, in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten, dient daher als Zinnsalzersatz zur Seidebeschwerung und zur feuersicheren Faserimprägnierung; Z i r k o n h y d r o x y d Zr(OH) 4 bei 100° getrocknet

Zucker

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Z r 0 2 . H 2 0 zusammen mit Na-bisulfit als Farbstoffbeize verwendbar. — S. Erdmetalle; Schleifmittel; Feuerfeste Min. Lit.: Ülier Metallurgie und Chemie des Zirkoniums s. Metallbörse 1928, 2079. Herst.: Z i r k o n i u m m e t a l l u n d - s a l z e : Auergesellschaft A.-G., Berlin S 65. — Deutsche Gold- und Silber-Scheideiinstalt, Frankfurt. — E. Merck, Darmstadt. — Dr. Tli. Schuchardt G. m. b. H., Görlitz. — - V e r b i n d u n g e n : Riedel-de Haen, Berlin.

Z u c k e r : Saccharose, Saccharobiose; je nach der Pflanzenart, in deren grünen Zellen er durch Vermittlung des Chlorophylls aus Kohlensäure, L u f t und Wasser entsteht, auch Rohr- oder Rübenzucker genannt, ist ein Kohlenhydrat (s. d.) C j a H ^ O n , das man sicli durch Wasseraustritt aus gleichen Molekülen Dextrose und Lävulose entstanden denkt. I. Rübenzucker. 100 Tl. Wasser lösen bei 0° rund 64 Tl. reinen Zucker, bei 10°:66; 20°:67; 30°:69; 40°:70; 50°:72; 60°:74; 70°:76; 80°:78; 90°:81; 100°:83. Gegenwart von Salzen, wie sie sich im R ü b e n s a f t vorfinden, erhöhen die Zuckerlöslichkeit, verhindern daher seine Kristallisation. Die Dichte von Rohrzuckerlösungen bei 20° beträgt nach der Normierung der Bichungskommission bei dem Gehalt von 1 % : 1.002120; 1 0 % : 1,038143; 20% : 1,080959; 30% : 1,126984; 4 0 % : 1,176447; 50% : 1,229567; 60% : 1,286456; 7 0 % : 1,347174; 80% : 1,411715; 9 0 % : 1,479976. Der Zusammenhang zwischen Dichte und Gehalt der Zuckerlösung wird mittels des Saccharimeters durch Grade B r i x oder B a l l i n g ausgedrückt. — Zuckerlösungen sind optisch aktiv, die Größe des Drehungswinkels der Ebene des polarisierten Lichts gestattet die schnelle Feststellung der Menge des bei einer bestimmten Temperatur gelösten Zuckers (s. Drehvermögen). — Mit Erdalkali- (CaO und SrO), auch mit Bleioxyden bildet der Zucker die salzartigen Mono-, Di- (Sr) und T r i - ( C a ) s a c c , h a r a t e , feste, schwer lösliche, durch Kohlensäure leicht in Zucker und Carbonate zerlegbare Verbindungen, deren E n t s t e h u n g die weitgehende Entzuckerung der Melasse ermöglicht, während die Alkalisaccharate leicht lösliche Körper sind, deren Bildung vermieden werden muß, da sie die Kristallisation des Zuckers verhindern und damit zur Melassebildung beitragen. — Wärmezufuhr, es genügt andauerndes Kochen des Zuckers in wäßriger Lösung, verändert ihn, trocken erhitzt, entstehen zunächst gefärbte (Zuckercouleur) und Caramelkörper von eigenartigem Geschmack, bei höherer Temperatur wird der Zucker zerstört. — Säuren oder das Hefeenzym Invertin „ i n v e r t i e r e n ' " den Rohrzucker, d. h. spalten ihn in gleiche Moleküle Traubenund Fruchtzucker, und dieses Gemisch dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nach links, es reduziert alkalische Kupfer-(Fehlingsche)Lösung, wird durch verdünnte Alkalien gelb gefärbt und reagiert mit Phenylhydrazin — alles im Gegensatz zur nicht invertierten Saccharose. — Der R ü b e n s a f t enthält außer der Saccharose geringe Mengen unerwünschter anderer Zuckerarten (Invertzucker, der die Reinigung des Saftes erschwert, Raffinose und Dextran, die größeren Zuckergehalt vortäuschen), ferner stickstoffreie organische (Oxal-, Apfel-, Wein-, Citronen-) Säuren, Stickstoffverbindungen, vor allem Eiweißstoffe und ihre Spaltungsprodukte (Amine und Aminosäure), Pflanzenbasen (Betain) und Mineralstofte (Asche); s. Klopferzucker in Nährmittel. Die Zuckerfabrikation hat die Aufgabe, dem Pflanzenteil, in dem sich der Zucker mit den Nichtzuckerstoffen angereichert vorfindet (Rübe: 4 — 5 % Zellgewebe, 4 — 5 % gebundenes Wasser, 91% Saft, in ihm 16 bis 2 2 % Zucker [25% im Betriebe von Rabethge], 1—1,5% Nichtzuckerstoffe, 0,8% Asche), den ersteren zu entziehen und die Nichtzuckerstofle als Melasse abzutrennen. Der Fabrikation muß die W e r t b e s t i m m u n g der R ü b e vorangehen, die ihren Ausdruck im „Reinheitsquotient e n " findet, d. i. das Verhältnis von Zucker zur Gesamttrockensubstanz. Den Zuckergehalt bestimmt man durch „Polarisation" des alkoholischen, mit etwas Bleiessig von den Nichtzuckerstoffen befreiten, filtrierten auf 100 ccm aufgefüllten

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Zucker

Extraktes von 26 g Rübenbrei im Saccharimeter (a). Die Gesamttrockensubstanz ergibt sich aus der Spindelung des Saftes mit dem Saccharimeter von Brix (b), oder Eindampfen des Saftes und Wägen des Rückstandes (c). Es ist dann a : b der scheinbare, a : c der wahre Quotient. Rübenzuckerfabrikation. Die V e r a r b e i t u n g der Rüben erfolgt „kampagnemäßig", von Oktober bis Dezember in täglichen Mengen von 500—2000 t in Rohzuckerfabriken, die z. Tl. selbst raffinieren und auch die Melasse entzuckern, z. Tl. sie an Raffinerien bzw. Entzuckerungsfabriken weitergeben. 1. Saftgewinnung. Erfolgt nach dem D i f f u s i o n s verfahren, d. i. eine Art osmotischer Vorgang, bei dem die in Schwemm- und Quirlapparaten gewaschenen und maschinell geschnitzelten Rüben in den Diffusionbatterien im Gegenstrom mit warmem Wasser so lange ausgelaugt werden, bis sie nur noch 0,3 bis 0,4% Zucker enthalten. Die Schnitzel werden durch Pressen auf Trockengehalt von 85% gebracht und sodann, um sie lagern und versenden zu können, in Etagenöfen oder Trommeltrocknern auf einen Wassergehalt von 15% getrocknet. Dieses Material, das in der Menge von 40—50% des Rübengewichtes anfällt, ist allein oder noch besser im Gemisch mit Melasse eines der hervorragendsten F u t t e r m i t t e l namentlich für Milch- und Mastvieh. 2. Saftreinigung. Der Diffusionssaft enthält wie erwähnt Eiweißstoffe und die NichtzuckerstofTe der Rübe bereits in etwas angereicherter Form, kann demnach nicht sofort eingedampft, sondern muß vorher gereinigt werden, was durch die sog. S c h e i d u n g , d. i. Zusatz von 2—3% Kalk und folgende, sich direkt anschließende sog. S a t u r a t i o n , d. i. Behandlung mit Kohlensäure, geschieht. Der Kalk fällt die vorhandenen organischen Säuren, erzeugt alkalische Reaktion des Saftes, wodurch die Bildung von Invertzucker vermieden und Gärung verhindert wird, und zersetzt einen Teil der Eiweißstofle unter Bildung von Ammoniak, das die Alkalität des Saftes erhöht. Scheidung und Saturation erfolgen, letztere zweistufig, in den mit der erforderlichen Kalkmenge beschickten Scheidekästen, bzw. in hochzylindrischen Saturationsapparaten. In den großen Zuckerfabriken wird der Kalkstein in eigenen Öfen gebrannt und ebenso wie die entweichende Kohlensäure direkt verbraucht. Dasselbe ist der Fall mit der für die weitere Saftreinigung in Deutschland verwandten schwefligen Säure, die man durch Verbrennen von Schwefel erzeugt. Das in den Saft eingeleitete Schwefeldioxydgas fällt die durch Kohlensäure nicht fällbaren letzten Kalkreste, die an organische Säuren gebunden sind, und hellt zugleich den Saft auf. Häufig, namentlich in Böhmen, bleicht man den Saft noch weiter mittels Entfärbungskohle, geht mit dem Saft durch Filterpressen und weiter zur Verdampfstation. Der in den Pressen verbliebene S c h e i d e s c h l a m m (etwa 8% des Rübengewichtes) wird bis auf etwa 3% Zucker ausgewaschen und dient dann, da er den größten Teil des dem Boden durch das Wachstum der Rübe entzogenen Phosphors enthält (1—2% P 2 0 5 ) und im übrigen zu etwa 65% aus feinst verteiltem Calciumcarbonat besteht, als wertvolles Düngemittel? Die Frage der Saftreinigung ist übrigens noch nicht voll befriedigend gelöst, und nach wie vor wird alljährlich eine stattliche Zahl neuer Methoden vorgeschlagen; s. z. B. die Übersicht von Spongler in Angew. Ch. 1928, 195. 3. Eindampfarbeit. Der aus den Filterpressen kommende, durch Waschwässer etwas verdünnte sog. Dünnsaft (13—14° Brix«), wird nun bis zum Dicksaft (60—65° Brix) verdampft und dieser dann weiter bis zur sog. Füllmasse (Kristallbrei), die etwa 85% Zucker enthält, im Vakuum „verkocht". Zur ersten Stufe, zum V e r d a m p f e n (s. d.) verwendet man ausschließlich die durch den Abdampf der Arbeitsmaschinen gespeisten Mehp- meist 4-körper-Verdampfapparate und zwei vorgeschaltete Druck verdampf er. In neuen Anlagen arbeitet die ganze Mehrkörperverdampfung unter Druck; die dann noch mehr als 100° heißen

Zucker

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Brüden des letzten Verdampfers können zu allen im Betriebe nötigen Saftanwärmungen dienen. Zum V e r k o c h e n des Dicksaftes verdampft man im Vakuum bis zur starken Übersättigung des Saftes, wie an der sog. Fadenprobe erkannt wird, bei der ein zwischen zwei Fingern aus dem Dicksaft gezogener Faden eine gewisse Länge, als empirisches Kriterium der Saftdicke, erreichen muß. In diesem Zustande der Übersättigung zieht man frischen Dicksaft zu, wodurch die verkochende Masse im Gleichgewicht gestört wird und die Ausscheidung des sog. ersten Kornes beginnt. 4. Rohrzuckerarbelt. Die aus dem vorigen Prozeß anfallende Füllmasse mit rund 85% Zucker, 8% Nichtzucker und 7% Wasser wird nun zur Abtrennung des Rohzuckers I vom Ablauf I oder Grünsirup (entsprechend verdünnt) geschleudert, worauf man den Grünsirup abermals auf Korn verkocht, um so den Rohzucker II, ein Nachprodukt und Melasse zu erhalten. Der Schleudertrommelinhalt ist der durch anhaftenden Sirup gelb gefärbte kratzig schmeckende Rohzucker I, d. i. das Handelsprodukt Kornzucker, mit 96% Saccharose. Man erhält aus 100 kg Rüben von 17% Zuckergehalt rund 14 kg 96proz. Rohzucker I entsprechend etwa 13,5 kg Zucker, ferner 1,5 kg 92proz. Nachprodukt gleich 1,3 kg Zucker und 2 kg Melasse, die 50% Zucker enthält, also nochmals 1 kg Zucker, so daß die Ausbeute etwa 16 kg beträgt. Außerdem fallen, wie schon erwähnt, 45 kg gepreßte getrocknete Schnitzel von etwa 15% Wassergehalt und 8—10 kg Scheideschlamm an. 5. Zuckerraffination. Ein Teil des Rohzuckers wird,, wenn er rein und grobkörnig ist, in der Fabrik selbst durch W a s c h e n der Körner mit gesättigter reiner Zuckerlösung (Deckkläre) in Waschzentrifugen oder Siebbodenkästen gereinigt. Die gewaschenen Körner, die während des folgenden Trocknens zur Vermeidung des Zusammenbackens in steter Bewegung bleiben müssen, was am besten in zylindrischen rotierenden Trockentrommeln, den sog. Granulatoren, geschieht, kommen als Sand- oder in besonders reiner Form als Kristallzucker in den Handel. Man mahlt wohl auch die körnige Ware, wobei feiner Grieß und Zuckerpuder abfallen, oder bringt die geringeren Sorten als dichte Masse verwachsener Kristalle, sog. Meliszucker oder Farin, oder schließlich in großen unregelmäßigen Brocken als Pilé in den Handel. — Beim Raffinieren des Rohzuckers durch U m l ö s u n g erhält man zwar die feinste Ware, den schneeweißen Hut- und Würfelzucker mit mehr als 99,9% Saccharose, muß dagegen die Umlösearbeit in Kauf nehmen und den Anfall neuer Restsirupe, die allerdings zum Teil als Speisesirup verkauft werden können, zum Teil aber wieder in die Verdampfung geleitet werden müssen. Die Hauptprodukte sind Hutzucker, Würfel (Zersägen flacher Brote und Knipsen der Streifen mittels eigener Maschinen) und Kristallzucker, der oft mit Indanthrenblau gebläut wird. Kandiszucker, fast chemisch reine Saccharose, bildet sich in großen Kristallen an in blank gekochte Füllmasse (s. o.) eingehängten Bindfäden in langsamer rul/iger, nach neueren Verfahren auch bei schneller erfolgender, Kristallisation in Bewegung, zwecks Gewinnung von fadenlosem Kandis. Nur aus Rohrzucker (s. u.) gewonnener Kandis schmeckt aromatisch, Rübenkandis hat reinen Zuckergeschmack und wird deshalb zuweilen aromatisiert, oft auch im Ton des Rohrzuckerkandis mit Zuckerfarbe gelblich gefärbt. 6. Melasseentzuckerung. Die als letzter Ablauf nach Abschleuderung des Rohzuckerkornes II verbleibende braune Flüssigkeit von spez. Geruch ist die Melasse. Sie enthält, zusammen mit jener, die aus den Raffinerien kommt, pro 100 Tl. verarbeiteter Rüben 3 bis 3,5% Zucker, der nach dem beschriebenen Verfahren des Eindampfens nicht mehr gewinnbar ist, weil dieser alkalische Sirup neben rund 50% Zucker und 20% Wasser 20% organische Nichtzuckerstofle und 10% Salze enthält, die beide das Kristallisieren des Zuckers verhindern.

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Zucker

Ehemals wurde die Melasse vergoren und auf Spiritus verarbeitet, später fand man Verfahren, mit deren Hilfe es gelang, 84—90% des vorhandenen Zuckers als weiße Ware auszubringen. Gleichzeitig aber erkannte man den hohen Wert der Melasse als Futtermittel, so daß es eine Frage des jeweiligen Preises dieses Abfallproduktes ist, ob man es auf Kraftfutter (Melasse auf Schnitzeln eingetrocknet) oder Zucker verarbeitet. Strontiumcarbonat, das zwecks Erzeugung von Ätzstrontian zu den Calcinieröfen geht und eine strontianfreie Zuckerlösung, die man in der Raffinerie wie üblich zum Dicksaft eindampft und auf Füllmasse verkocht. Diese Melassefüllmasse kristallisiert zum Unterschiede von der Saftfüllmasse nur schwierig, da sie einige Prozent Rafflnose enthält, doch gibt sie immerhin feinkörnigen Kristallzucker und einen gut verkäuflichen Speisesirup. 7. Melasseschlempeverarbeitung. Die Schlempe — der Rückstand der Melasseverarbeitung — bildet, im Vakuum eingedampft, von den Erdalkaliresten befreit (etwa 33% der Melasse), eine dunkle übelriechende Flüssigkeit mit der Dichte von 1,4 mit 75% Trockensubstanz, die das gesamte Kali der Rübe (darum als Futtermittel ungeeignet) und ferner 15% organische Säuren, besonders Milchsäure und 4% Stickstoffsubstanz (mit 10—15% Betain) enthält. Sie wurde früher unter Verzicht auf alle in ihr vorhandenen organischen Bestandteile zu kalireicher Schlempekohle verbrannt oder mit Knochenmehl oder Phosphat gemischt und mit Schwefelsäure behandelt, in einen wertvollen streubaren Dünger verwandelt, oder nach dem auch auf Weintreber und Wollwaschwässerrückstände anwendbaren Verfahren von E f f r o n t (s. Essig-säure) verarbeitet. Am einfachsten und lukrativsten ist es jedoch, die eingedickte Schlempe aus Schamotteretorten trocken zu destillieren, bei welcher Operation man Ammoniak und Basen erhält, die dann u. z. nach Zusatz von weiterem Ammoniak (zur wesentlichen Erhöhung der Ausbeute) durch einen etwa 1000° heißen Überhitzer (z. B. aus glasierter Schamotte oder Quarzglas) rasch hindurchgeleitet, cyanisierte Gase mit 10 Vol.proz. Blausäure und 8 % Ammoniak ergeben. Bei ihrem Durchleiten durch kalte verdünnte Schwefelsäure wird das Ammoniak zu Ammonsulfat, in einer nächsten Kolonne mit Natronlauge die Blausäure zu Cyannatrium absorbiert, während die Kohlenoxyd, Wasserstoff, Kohlensäure, Methan und Stickstoff enthaltenden Restgase zum Heizen der Schlemperetorten dienen. In ihnen verbleibt Schlempekohle (mit 48% K 2 C0 3 , 16% K 2 S0 4 und 3,5% Soda), die gelaugt wird. Bei einer jährlichen deutschen Rübenverarbeitung von 15 Mill. t könnte man, wenn die gesamte anfallende Schlempe in der beschriebenen Weise verarbeitet würde, von den Nebenprodukten abgesehen, etwa 8—10000 t Cyannatrium gewinnen, obwohl nur 2 / 3 des Schlempestickstoffs als HCN und NH a (zu gleichen Teilen) nutzbar gemacht werden (30% des N gehen als Stickstoff verloren). II. Rohr- und anderer Konsumzucker. — Der Zuckerrohrzucker entstammt der in den Tropen, Indien, Südamerika, Philippinen, Cuba im großen angebauten Grasart Saccharum officinarum, deren etwa 5 m lange und bis zu 7 cm dicke Halme in den Ursprungsländern zum Teil noch in primitiver Weise zwischen Walzen zerquetscht, z. T. jedoch, namentlich auf Java, in völlig modern eingerichteten Zuckerfabriken aufgearbeitet werden. Da man dort überdies örtlich pro ha soviel Zucker- wie bei uns Rübengewicht erntet, erscheint es verständlich, daß der Rüben- vom Rohrzucker verdrängt werden wird; vor der jetz.t eingetretenen Überproduktion erzeugten z. B. 156 kubanische Zuckerrohrmühlen in 4 Monaten 4,5 Mill. t Rohzucker. Die Rohrzucker-Weltproduktion ist z. Zt. (in stetigem Wachsen) 4mal so groß als jene an Rübenzucker. Besonderen W e r t hat die Z u c k e r r o h r m e l a s s e , die man vergärt und auf Rum verarbeitet. Außerdem dient sie auch als Speisesirup. 100 Tl. Rohr mit etwa 16% Zucker geben bei rationeller Arbeitsweise als Ausbeute etwa 10% Zucker und 2—3% Melasse,

Zündschnüre

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dazu das ausgequetschte Stengelmaterial, die sog. B a g a s s e , mit noch etwa 20—25% Zucker; sie würde ein wertvolles Futtermittel darstellen, wenn es nicht nötig wäre, das Material mangels jedes anderen Heizstoffes im eigenen Betriebe für die Eindampfarbeit zu verbrennen. In neuerer Zeit trachtet man jedoch Heizstoff zu beschaffen und verarbeitet das zähfaserige Material auf Cellulose (Papier), wärme- und schalldichte Wand- und Bodenbelagpreßplatten („Insulit", „Cellotex"); s. a. Holzersatz. Aus Bagasse erzeugte Entfärbkohle soll sich durch besonders hohe Wirksamkeit auszeichnen. Die Verwendung des Zuckers als eines der leichtverdaulichsten Nahrungs- und zugleich Genußmittel für den Hausgebrauch, die Industrie der Kanditen, Fruchtkonserven, süßen Getränke, Schokolade, Kondensmilch usw. ist bekannt, erwähnt sei nur, daß während des Krieges auch viel Zucker verfüttert und daß er damals auch auf Glycerin vergoren wurde. Nicht unerheblich sind die Mengen Caramel oder Zuckercouleur, die- außer aus anderen Zuckerarten auch aus Rohrzucker hergestellt werden. — S. a. Drehvermögen; Eisenverbind. (Eisenzucker); Hexosen; Sirup; Spirit.brennerei I, 2; Kohlenhydrate. LH.: H. Pringsheim, Zuckerchemie, Leipzig 1925. — H. C. Prinsen-Geerligs, Zuckerrohr, Hamburg 1925— K. Schiebl, Wärmewirtschaft in der Zuckerindustrie, Dresden und Leipzig 1939. — Ders.: Die Maschinentechnik in Zuckerfabriken und Raffinerien, Magdeburg 1929. — O. Wohryzeck, Chemie der Zuckerindustrie, Springer-Herlin 1928. — H. Ciaassen, Die Zuckerfabrikation, Magdeburg 193Ü. — F. Kryz, Chemische Kontrollmethoden der Zuckerfabrikation, Leipzig 1928. — Ders., Technik der Rohsaftgewinnung, Wien und Leipzig 1930. — F. Sehallelin, Zuckerfabrik:-Jahr- und Adreßbuch 1930/31, Magdeburg 1930. — Herrmann, Laboratoriumsbuch für die Zuckerfabrikation, Knapp-Halle, 1931. — F. Bergius, Herstellung von Zucker aus Holz, Akademischer Verlag, Leipzig 1931. — Spengler, Anleitung zu Untersuchungen in der Zuckerindustrie, Vieweg-Braunschweig 1932. — F. Bruckner u. W. Dörfeldt: Fortschritte i. d. Zuckerindustrie, liKiit. — \Y. Tiirekheiin, VV. \V. Kuhnau u. (i. I.ogaras, Kill Beitrag zur Frage der Fettbildung aus Zucker li):i!t. — F. Micheel, Chemie (1er Zucker- u. Polysaccharide lii:S9. — H. Claassen, Die praktische Kristallisation ilcs Zuckers und die Melasscbildung 1940. Herst.: Z u c k e r : Vereinigung Deutscher Glukosefabrikanten G. m. b. H., Berlin SW 11. — Üekfa-KulörFabrik G. in. b. H., Fredersdorf b. Berlin. — Z u c k e r u n t e r s u c h u n g s a p p a r a t e : R. Winkel G. in. b. H., tiöttingen. — Carl Zeiß, Jena. Atilagcti: Z u e k e r g e w i n n u n p s a n l a g e n , - F a b r i k e i n r i c h t u n g e n : Braunschweiger Maschinenbauanstalt A.-G., Braunschweig. — Rud. Dinglinger, Kothen. — H. Eberhardt, Wolfenbiittel. — Främbs & Freudenberg, Schweidnitz. — Hallesclie Maschinenfabrik und Eisengießerei, Halle. — Joerning & Sauter, Magdeburg-Buckau. — Köllmann & Gruhn, Wuppertal-Oberbarmen. — Maschinenbau und Metalltuchfabrik A.-G.. vonn. Heerbrandt, Raguhn. - - Maschinenfabrik Paschen A.-G., Kothen. — Maschinenfabrik Sangerhausen A.-G., Sangerhausen. — Paukerwerk A.-G., Wien X X I . — H. Putsch l>nis

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Taschenbuch für die Lebensinittelchemie Hilfstabellen, f ü r die Arbeiten de» Chemikers, Lebensmittelchemikers, Gärungschemikers, Fettchemikers, VVasierchemikers und von verwandten Berufen. Oktav. XI, 173 Seiten. 1938. Ganzleinen R M 8.60 Dieses Taschenbuch, eine Ergänzung zu den Eüster-Thielschen Rechentafeln, bringt in kurzer, übersichtlicher Form alles,-was der Spezialcbemlker bisher in zeitraubender Arbeit aus Handbüchern und dem Origüialscljrifttum, zusammensuchen m u ß t e . „Das Buch wird vielen Chemikern wertvolle Dienste leisten und i h n e n ebenso unentbehrlich werden wie der Küster-Thiel." Ztschr. f. analytische Chemie H. 7/8, 1938

H. GINSBERG

Leichtmetallanalyse Mit 19 Textabbildungen. Oktav. XVI, i ö l Seiten. 1941. Ganzleinen R M 13.50 Das Buch ,.Leichtmetall-Analyse*' — ein unentbehrliche« Hilfsmittel f ü r jeden LeichtmetallAnalytiker — enthält eine kurze Zusammenfassung aller Arbeitswelsen unter besonderer Berücksichtigung der physikalisch-chemischen Methoden, die sich in der Praxis bei der LeichtmetallAnalyse bewährt haben.Weiterhin will das Buch zu einer Vereinheitlichung der analytischen Arbeitsmethoden auf dem Gebiet der Leichtmetallanalyse dienen und damit eine dringende Forder u n g der Lelchtmelallindustrie erfüllen. Der Name des' Autors gibt die Gewähr, daß 'allen Anforderungen, die die Praxis stellen kann, in mustergültiger Weise entsprochen wurde.

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Messung und Verhütung der Metallkorrosion Richtlinien und ausgewählte Beispiele

Mit 55 Textabbildungen. Oktav XV, 164 Seiten. 1941 Ganzleinen R M 9 . — Das Buch wendet sich vor allem an diejenigen, welche sich durch eine kurzgefaßte Darstellung über die Arbeitsmethoden und Richtlinien, die für das Korrosionsgebiet maßgeblich sind, unterrichten wollen, ohne hierbei ein ausführliches Werk oder ein größeres Schrifttum durcharbeiten zu müssen. Von einer Benutzung mathematischer Formeln wurde im Interesse der Anschaulichkeit bewußt abgesehen Außerdem lassen sich die wichtigsten Zusammenhänge auf dem Korrosionsgebiet und vor allem die praktische Anwendung der Korrosionsmessung ohne Mathematik einfacher und klarer darstellen.

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Vektor- und Dyadenrechnung für Physiker und Techniker Mit 5 * Abbildungen im Text. Oktav XV, 411 Seiten. 1939. Ganzleinen R M 1 8 . — Die Vektor- und Dyadenrechnung ist für .den Physiker und Techniker von außerordentlicher Bedeutung. Dies Buch zeigt ihnen, daß und wie sie alle früheren Kenntnisse im Rereich der Vektorund Dyadenrechnung verwenden können und wie vorteilhaft das wirksame Rechnen mit Vektoren und Dyaden ist. Das Buch vermittelt zunächst eine ausreichende und tragfähige mathematische Grundlage des vorgetragenen Rechenverfahrens und bringt in einem besonderen Teil physikalische und technische Anwendungen aus allen Gebieten der theoretischen Physik.

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Angewandte Gitterphysik Behandlung der Eigenschaften kristallisierter Körper vom Standpunkt der Gittertheorie. Mit 5+ Abbildungen im Text. Oktav V I I I , 175 Seiten. 1941 Ganzleinen R M 1 2 . — Die streng mathematisch aufgebauten Darstellungen der Gitterphysik will und kann dies Buch keineswegs ersetzen, es soll eine Einführung in die mathematische Theorie des kristallisierten Zustandes gehen Mineralogen, Chemiker oder Physiker werden nur selten das hohe Rüstzeug mitbringen, das für Verständnis unfi Verarbeitung der gittertheoretinchen Methoden erforderlich ist. Solche Lücken zu füllen ist Hauptaufgabe des Werkes, das zugleich Wegweiser und Berater zur Aufstellung und Lösung vieler Probleme sein kann, die sich mit dem „kristallisierten Zustand" beschäftigen.

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Grundriß der geographischen Ortsbestimmung aus astronomischen Beobachtungen. Zweite, neubearbeitete Auflage. Mit 63 Figuren. VIII, 227 Seiten. 19+1 Ganzleinen R M 8.80

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Mefhoden d e r Lebensmittelchemie Mit +3 Abbildungen und 15 Tafeln Oktav X I , 199 Seiten. 19+1 Halbleinen R M 1 2 . — In Vorbereitung befinden sich K. L i n d e r s t r ö m - L a n g , und H . H o l t e r , Mikromethoden der Histochemie und CytQchemie / E. H i e d e m a n n , Ultraschalltecbnik / R . R a m b , Emissionsspektroskopie / R . M ü l l e r , Die Elektroanalyse I P W u l f f , Potentiometrie / M. v. S t a c k e l b e r g , Polarographie / R o t h - E i s e n l o h r , Refraktometrisches Hilfsbuch. Neubearbeitet von F E i s e n l o h r und F L ö w e G. H e s s e , Absorptionsanalyse.

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CHEMISCHE TECHNOLOGIE DER GESPINSTFASERN Praktisches Hilfs- und Lehrbuch für Bleicher, Färber, Drucker und Ausrüster sowie zum Unterricht an Fach- und Hochschulen Herausgegeben

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Dr. Eugen Ristenpart Professor a n der s t a a t l i c h e n A k a d e m i e f ü r T e c h n i k u n d F ä r b e r e i s c h u l e zu C h e m n i t z Vollständig in 6 B ä n d e n . Jeder

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Patent«, Mufterfchutj= urib Warenzeichen-Gefeite aller Unber Vollständige Textsammlung mit Anmerkungen. Herausgegeben von Dr. E r i c h R i s t o w . Reo hlsanwalt in Berlin, in Verbindung mit Fachgelehrten aus allen Ländern. Lexikon-Format. 2 Bände. 1900 Seiten Loseblatt-Form. 1939. Ganzleinen R M 9 0 . — „Das umfangreiche Werk, das Ristow als eine Textsammlung mit Anmerkungen bezeichnet, die er unter Nennung von 35 Mitarbeitern des In- und Auslandes herausgegeben hat, legt uns ein so umfassendes Gesetzes- und Erläuterungsmaterial vor.

Dann aber überrascht immer wieder die

Fülle des gebotenen Stoffes, der nur durch die große Zahl der Mitarbeiter bewältigt und in eine so übersichtliche Form gebracht werden konnte, wie sie uns vorliegt

das für alle, die öfters mit

ausländischem gewerblichen Rechtschutz zu tun haben, von größtem Wert ist, mag die Beschäftigung nun praktische oder rein wissenschaftliche Zwecke verfolgen

"

Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht vom 15. 8. 1939

Kommentar zum Hanbelsgefegbuch H e r a u s g e g e b e n von M i t g l i e d e r n des R e i c h s g e r i c h t s Bisher lifgen vor: B a n d l : 88 1—104. Groß-Oktav. VI, 750 Seiten. 1941. In Kunsthalbleder geb. R M 5 6 . Band I I : §8 105—177 und fig 5 3 5 — 3 4 2 . Groß-Oktav. 754 Seiten. 1042. In Kunsthalbleder geb. FtM 2 8 . — Baad III: 9§ 343—375. Groß-Oktav. 944 Seiten. 1941. In Kunsthalbleder geb. RM 5 6 . — Der IV Band wird Mitte 1942 erscheinen Der Bezug des I. Bandes verpflichtet zur Abnahme des Gesamtwerkes Aus einem Urteil über den I. Band: ,,

MLt wissenschaftlicher Tiefe und Gründlichkeit haben die Verfasser den überreichen Stoff ge-

meistert und formell und sachlich in mustergültiger Weise zur Darstellung gebracht. Überall sind die leitenden Gesichtspunkte scharf herausgearbeitet, die Zusammenhänge offengelegt, und so das Verstäninis wesentlich erleichtert

So wird das Werk Wissenschaft und Rechtspraxis eine Fülle

von Belehrung und Anregung geben, dem Rechtspraktiker, auf dessen Bedürfnisse es in erster L i n i e zugeschnitten ist, raschen und gründlichen Ein- und Überblick über die jeweils interessierenden Rechtsfragen und den Stand der oberstrichterlichen Rechtsprechung hierzu bieten und damit wertvollste Dienste leisten. Dem Erläuterungswerk, das in seiner Eigenart eine sehr fühlbar gewordene Lücke ausfüllt, ist deshalb auch ein weiteres rasches Fortschreiten zu wünschen

"

Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht vom 1. 2. 1941

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Patentgezetz

vom 5. M a i 1 9 3 6 K o m m e n t a r von G e h Regierungsrat R L u t t e r , D i r e k t o r im R e i c h s p a t e n t a m t i. R . 10 , völlig neubearbeitete Auflage u n t e r M i t w i r k u n g von Patentanwalt D r O. E m e r s l e b e n . M i t Gebrauchsmustergesetz vom 5 Mai 1 9 3 6 , erläutert von D r ]ur. A l e x a n d e r E l s t e r , Verlagsdirektor Oktav X I I , 7 0 1 Seiten 1 9 3 6 Ganzleinen R M 1 2 — M i t e i n e m Nachtrag 64 Seiten. 1 9 4 1 G e h e f t e t R M 1 20 (Guttentagsche S a m m l u n g Deutscher Reichsgesetze Nr 22 ) , , D i e E r l ä u t e r u n g e n sind gekennzeichnet durch Gründlichkeit und Genauigkeit D e r K o m m e n t a r gibt auf )ede Zweifelsfrage eine Antwort Es ist der P r a k t i k e r k o m m e n t a r , der keiner E m p f e h l u n g bedarf." D e r J u n g e R e c h t s g e l e h r t e vom 15 4 1 9 3 7

Gewerbeordnung mit Handwerks- und E i n z e l h a n d e l s r e c h t (Aufbau des Handwerks, Einzelhandelsschutz, Heimarbeit, Jugendschutz, Gaststätten, Rechtsberatung, Arbeitsvermittlung, Reise Vermittlung, Schornsteinfeger, Automaten, Heilpraktiker. Hufbeschlag) Mit einer E i n l e i t u n g und Sachregister von D r A l e x a n d e r E l s t e r 4 Auflage Oktav 3 1 0 Seiten 1941 Kartoniert R M 3 50 (Guttentagsche S a m m l u n g D e u t s c h e r Reichsgesetze Nr 211)

Wettbewerbsrecht mit

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Z u g a b e n und R a b a t t e u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der Bestimm u n g e n des W e r b e r a t e s F ü r Praxis und Studium erläutert von D r j u r A l e x a n d e r E l s t e r Verlagsdirektor m B e r l i n Mit Nachtrag Oktav V I I I , 343 und 7 Seiten 1 9 4 1 Kartoniert R M 6 75 (Guttentagsche S a m m l u n g D e u t s c h e r Reichsgesetzte Nr 37) „ E l s t e r ist nicht nur als Verfasser guter K o m m e n t a r e , sondern auch als der Autor der vorbildlichen systematischen Darstellung des gesamten gewerblichen Rechtsschutzes bekannt Markenschutz und W e t t b e w e r b D e z e m b e r 1 9 4 1

Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit m i t sämtlichen D u r c h f u h r u n g s b e s t i m m u n g e n und sonstigen einschlägigen Vorschriften T e x t a u s gabe m i t E i n f ü h r u n g , zahlreichen Verweisungen und Sachregister Von D r j u r O t t o K a l c k b r e n n e r , Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium F ü n f t e Auflage I m Anhang Gesetz zur Ordnung der Arbeit im offentl V erwalt u Betrieben m. D u r c h f - B e s t i m m Auszug aus dem Kriegsarbeitsrecht Oktav 1 8 1 Seiten 1 9 4 2 Kartoniert R M 1 80 (Guttentagsche S a m m l u n g von 1'ex.tausgaben ohne A n m e r k u n g e n m i t Sachregister)

Patentgesetz vom 5 Mai 1 9 3 b nebst

Gebrauchsmustergesetz vom 5 Mai 1 9 5 6 E r l ä u t e r t von Überregierungsrat D r R u d o l f Oktav 548 Seiten 1 9 3 7 Ganzleinen R M 15 50 Otilkes Rechtsbibliothek Nr 1 5 5 )

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