»Bergesgleich baute ich hoch« Untersuchungen zur Architektur, Funktion und Bedeutung neuassyrischer Befestigungsanlagen 3447114207, 9783447114202

Das Neuassyrische Reich (ca. 934-612 v.Chr.) pragte die politische Geographie im Vorderen Orient wie kein anderer Staat

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»Bergesgleich baute ich hoch« Untersuchungen zur Architektur, Funktion und Bedeutung neuassyrischer Befestigungsanlagen
 3447114207, 9783447114202

Table of contents :
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Titelei
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
English Summary
Allgemeine Bemerkungen und Abkürzungen
Kapitel 1: Einleitung
1.1 Bisherige Studien zum Thema
1.2 Fragestellung und Herangehensweise
1.3 Anmerkungen zu den angewandten Methoden der Fernerkundung
Kapitel 2: Geografischer und historischer Kontext
2.1 Der geografische Raum
2.2 Die Geschichte des Neuassyrischen Reiches – ein Überblick
Kapitel 3: Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen
3.1 Aššur
3.1.1 Das geografische Setting
3.1.2 Die Fortifikationen Aššurs im 9. und frühen 8. Jahrhundertv. Chr.
3.1.2.1 Der »Außenwall«
3.1.2.2 Der »freistehende Niederwall«
3.1.2.3 Der »Binnenwall«
3.1.2.4 Erste neuassyrische Fortifikationen im Bereich des mušlālu
3.1.2.5 Die Stadttore
3.1.3 Veränderungen der Wehranlagen ab dem 8. Jahrhundert v. Chr.
3.1.3.1 Nordwestliche Vormauer
3.1.3.2 Außenwall
3.1.3.3 Der »Wehrgang«
3.1.3.4 Der Binnenwall
3.1.3.5 Umgestaltung des mušlālu
3.1.3.6 Die östlichen Befestigungsanlagen
3.1.3.7 Veränderungen an den Stadttoren
3.1.4 Zusammenfassung: Die Entwicklung des Befestigungssystems von Aššur
3.1.5 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie
3.1.6 Exkurs: Überlegungen zur Verortung und Identifizierung der Stadttore Aššurs unter Salmānu-ašarēd III. und Sîn-aḫḫē-erība
3.2 Tall Ibrāhīm Bāyis
3.2.1 Das geografische Setting
3.2.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit
3.2.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie
3.3 Kalḫu
3.3.1 Das geografische Setting
3.3.2 Die Befestigungsanlagen Aššurnāṣir-aplis II.
3.3.2.1 Der Stadtgraben
3.3.2.2 Die Stadtmauer
3.3.2.3 Die Stadttore
3.3.2.4 Die Hauptzitadelle
3.3.3 Ergänzungen unter Salmānuašarēd III.
3.3.3.1 Das Shalmaneser Gate
3.3.3.2 Die Zitadellenmauer
3.3.3.3 Das »Fort Shalmaneser«
3.3.4 Fortbestand und Entwicklung des Befestigungssystems nach Salmānu-ašarēd III.
3.3.5 Überlegungen zur Einbeziehungder örtlichen Topografie
3.4 Kilizu
3.4.1 Das geografische Setting
3.4.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit
3.4.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie
3.5 Arbaʾil
3.5.1 Das geografische Setting
3.5.2 Fortifikationen aus neuassyrischerZeit
3.5.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie
3.6 Imgur-Enlil
3.6.1 Das geografische Setting
3.6.2 Fortifikationen aus neuassyrischerZeit
3.6.3 Überlegungen zur Einbeziehungder örtlichen Topografie
3.7 Ninua
3.7.1 Das geografische Setting
3.7.2 Das Befestigungssystem vorSîn-aḫḫē-erība
3.7.3 Sîn-aḫḫē-erības Befestigungsanlagen
3.7.3.1 Der Stadtgraben
3.7.3.2 Der Niederwall
3.7.3.3 Die Hauptmauer
3.7.3.4 Die Stadttore
3.7.3.5 Hauptzitadelle (Tall Qūyunǧuq)
3.7.3.6 Zweitzitadelle (Tall an-Nabī-Yūnus)
3.7.4 Überlegungen zur Einbeziehungder örtlichen Topografie
3.8 Tarbiṣu
3.8.1 Das geografische Setting
3.8.2 Fortifikationen aus neuassyrischerZeit
3.8.3 Überlegungen zur Einbeziehungder örtlichen Topografie
3.9 Dūr-Šarrukīn
3.9.1 Das geografische Setting
3.9.2 Die Befestigungsanlagen ŠarruukīnsII.
3.9.2.1 Der Stadtgraben
3.9.2.2 Die äußere Stadtmauer
3.9.2.3 Die Toranlagen
3.9.2.4 Die Hauptzitadelle
3.9.2.5 Die Zweitzitadelle (»Palast F«)
3.9.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie
Kapitel 4: Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur
4.1 Festungsgräben
4.2 Äußere Befestigungsmauern
4.2.1 Bautechnik und Gestaltung
4.2.2 Mauerarten
4.2.2.1 Hauptwall
4.2.2.2 Zwingermauern
4.2.3 Stadtmauerverlauf
4.2.4 Befestigungsmauern im diachronenVergleich
4.3 Toranlagen
4.3.1 Bautechnik und Gestaltung
4.3.2 Eine Typologie neuassyrischerToranlagen
4.3.3 Exkurs: Überlegungen zur Belichtung des Torinnenraums
4.3.4 Zur Verteilung der Toranlagen
4.3.5 Diachroner Vergleich
4.4 Innerstädtische Fortifikationen
4.5 Die Entwicklung der neuassyrischen Wehrarchitektur
4.6 Exkurs: Überlegungen zum Kosten- und Arbeitsaufwand der Fortifikationen
Kapitel 5: Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen
5.1 Schutz
5.1.1 Militärischer Wert
5.1.1.1 Belagerungsgeräte und -taktiken in neuassyrischer Zeit
5.1.1.2 Beobachtungen zur Wehrhaftigkeit zentralassyrischer Fortifikationen
5.1.1.3 Exkurs: Überlegungen zur assyrischen Verteidigungsstrategie
5.1.2 Die Errichtung einer »magischenBarriere«
5.1.2.1 Rituelle Handlungen
5.1.2.2 Schutzgottheiten
5.1.2.3 Apotropaica
5.2 Vorgänge desgesellschaftlichen Lebens
5.2.1 Private Kulthandlungen
5.2.2 Handel
5.2.3 Gewerbe
5.2.4 Administrative Vorgänge
5.2.5 Rechtsprechung
5.2.6 Organisation des städtischenRaums
5.3 Repräsentation
5.3.1 Staatliche Rituale
5.3.2 Bauliche Eigenschaften und Überdimensionierung
5.3.3 Vergabe von Prunknamen
5.3.4 Zeitlose Aushängeschilder
5.3.5 Ähnlichkeiten zwischen neuassyrischer Palast- und Torarchitektur
Kapitel 6: Synthese: Die Fortifikationen der Residenzstädte als Produkte und Träger neuassyrischer Kultur
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Verzeichnis zitierter Texteditionen
Appendix I: Übersetzungen relevanter Textpassagen neuassyrischer Königsinschriften
I.1 Inschrift der Sitzstatue BM 118886 Salmānu-ašarēds III.
I.2 Auflistung der Stadttore Aššurs im »Götteradressbuch«
I.3 Angaben zu den Stadtmauern und dem Festungsgraben von Aššur im »Götteradressbuch«
I.4 Sîn-aḫḫē-erības Bericht über den B au der Fortifikationen Ninuas (nach Frahm 1997: T 10–11, 150–216)
I.5 Sîn-aḫḫē-erības Auflistung der Stadttore Ninuas
I.6 Šarru-ukīns II. Beschreibung der Fortifikationen Dūr-Šarrukīns
Appendix II
II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst
II.2 Proportionen altorientalischer Torkammern
II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst
II.4 Übersicht neuassyrischer Königsinschriften mit Bezug zu zentralassyrischen Fortifikationen
II.5 Proportionen neuassyrischer Raumtypen

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Schriften zur Vorderasiatischen Archäologie 17 Alexander E. Sollee

»Bergesgleich baute ich hoch« Untersuchungen zur Architektur, Funktion und Bedeutung neuassyrischer Befestigungsanlagen

Harrassowitz Verlag

Alexander E. Sollee »Bergesgleich baute ich hoch«

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

SCHRIFTEN ZUR VORDERASIATISCHEN ARCHÄOLOGIE Herausgegeben von Winfried Orthmann, Jan-Waalke Meyer und Mirko Novák Band 17

2020

Harrassowitz Verlag · Wiesbaden

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Alexander E. Sollee

»Bergesgleich baute ich hoch« Untersuchungen zur Architektur, Funktion und Bedeutung neuassyrischer Befestigungsanlagen

2020

Harrassowitz Verlag · Wiesbaden

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Fonds für Altertumswissenschaft, Zürich, der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein und der UniBern Forschungsstiftung. Umschlagabbildung: © S. Mühl & A.E. Sollee, nach einer Vorlage von Walter Andrae.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the internet at http://dnb.dnb.de

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter http://www.harrassowitz-verlag.de © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISSN 0340-6792 ISBN 978-3-447-11420-2 e-ISBN 978-3-447-39020-0

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Für Simone und Thea

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................... xi English Summary ................................................................................................................ xiii Allgemeine Bemerkungen und Abkürzungen ..................................................................... xvii 1 Einleitung ...................................................................................................................... 1 1.1 Bisherige Studien zum Thema ............................................................................... 1 1.2 Fragestellung und Herangehensweise .................................................................. 2 1.3 Anmerkungen zu den angewandten Methoden der Fernerkundung .................... 5 2 Geografischer und historischer Kontext ....................................................................... 7 2.1 Der geografische Raum .......................................................................................... 7 2.2 Die Geschichte des Neuassyrischen Reiches – ein Überblick ................................ 7 3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen ...................................................... 15 3.1 Aššur ...................................................................................................................... 15 3.1.1 Das geografische Setting ........................................................................... 17 3.1.2 Die Fortifikationen Aššurs im 9. und frühen 8. Jahrhundert v. Chr. ...........  19 3.1.2.1 Der »Außenwall« ........................................................................ 20 3.1.2.2 Der »freistehende Niederwall« .................................................. 25 3.1.2.3 Der »Binnenwall« ....................................................................... 26 3.1.2.4 Erste neuassyrische Fortifikationen im Bereich des mušlālu ...... 30 3.1.2.5 Die Stadttore .............................................................................. 32 3.1.3 Veränderungen der Wehranlagen ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. .............  48 3.1.3.1 Nordwestliche Vormauer ...........................................................  48 3.1.3.2 Außenwall ..................................................................................  49 3.1.3.3 Der »Wehrgang« ........................................................................ 51 3.1.3.4 Der Binnenwall ........................................................................... 53 3.1.3.5 Umgestaltung des mušlālu .........................................................  59 3.1.3.6 Die östlichen Befestigungsanlagen ............................................. 60 3.1.3.7 Veränderungen an den Stadttoren ............................................. 63 3.1.4 Zusammenfassung: Die Entwicklung des Befestigungssystems von Aššur  65 3.1.5 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 66 3.1.6 Exkurs: Überlegungen zur Verortung und Identifizierung der Stadttore Aššurs unter Salmānu-ašarēd III. und Sîn-aḫḫē-erība ............................... 67 3.2 Tall Ibrāhīm Bāyis ................................................................................................... 73 3.2.1 Das geografische Setting ........................................................................... 73 3.2.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit ..................................................... 74

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viii

3.2.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 75 3.3 Kalḫu ...................................................................................................................... 75 3.3.1 Das geografische Setting ........................................................................... 77 3.3.2 Die Befestigungsanlagen Aššur-nāṣir-aplis II. ............................................  79 3.3.2.1 Der Stadtgraben ........................................................................  79 3.3.2.2 Die Stadtmauer ..........................................................................  79 3.3.2.3 Die Stadttore ..............................................................................  81 3.3.2.4 Die Hauptzitadelle ......................................................................  82 3.3.3 Ergänzungen unter Salmānu-ašarēd III. .....................................................  85 85 3.3.3.1 Das Shalmaneser Gate ..............................................................  3.3.3.2 Die Zitadellenmauer ...................................................................  86 3.3.3.3 Das »Fort Shalmaneser« ............................................................  87 3.3.4 Fortbestand und Entwicklung des Befestigungssystems 89 nach Salmānu-ašarēd III. ...........................................................................  91 3.3.5 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................  3.4 Kilizu ......................................................................................................................  92 3.4.1 Das geografische Setting ...........................................................................  92 3.4.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit .....................................................  92 3.4.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................  94 3.5 Arbaʾil ....................................................................................................................  94 3.5.1 Das geografische Setting ...........................................................................  95 3.5.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit .....................................................  97 3.5.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................  97 3.6 Imgur-Enlil .............................................................................................................  97 3.6.1 Das geografische Setting ...........................................................................  98 3.6.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit ..................................................... 100 3.6.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 100 3.7 Ninua ..................................................................................................................... 101 3.7.1 Das geografische Setting ........................................................................... 101 3.7.2 Das Befestigungssystem vor Sîn-aḫḫē-erība .............................................. 102 3.7.3 Sîn-aḫḫē-erības Befestigungsanlagen ....................................................... 105 3.7.3.1 Der Stadtgraben ......................................................................... 106 3.7.3.2 Der Niederwall ...........................................................................  109 3.7.3.3 Die Hauptmauer ......................................................................... 110 3.7.3.4 Die Stadttore .............................................................................. 111 3.7.3.5 Hauptzitadelle (Tall Qūyunǧuq) .................................................. 121 3.7.3.6 Zweitzitadelle (Tall an-Nabī-Yūnus) ............................................ 122 3.7.4 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 123 3.8 Tarbiṣu ................................................................................................................... 125 3.8.1 Das geografische Setting ........................................................................... 125 3.8.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit ..................................................... 126 3.8.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 127

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3.9 Dūr-Šarrukīn .......................................................................................................... 127 3.9.1 Das geografische Setting ...........................................................................  128 3.9.2 Die Befestigungsanlagen Šarru-ukīns II. .................................................... 130 3.9.2.1 Der Stadtgraben ......................................................................... 131 3.9.2.2 Die äußere Stadtmauer .............................................................. 131 3.9.2.3 Die Toranlagen ........................................................................... 134 3.9.2.4 Die Hauptzitadelle ......................................................................  138 3.9.2.5 Die Zweitzitadelle (»Palast F«) ................................................... 140 3.9.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie ........................ 141 4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur ......................................................... 143 4.1 Festungsgräben ..................................................................................................... 144 4.2 Äußere Befestigungsmauern ................................................................................. 145 4.2.1 Bautechnik und Gestaltung .......................................................................  148 4.2.2 Mauerarten ............................................................................................... 152 4.2.2.1 Hauptwall ................................................................................... 153 4.2.2.2 Zwingermauern .......................................................................... 153 4.2.3 Stadtmauerverlauf .................................................................................... 157 4.2.4 Befestigungsmauern im diachronen Vergleich ..........................................  159 4.3 Toranlagen ............................................................................................................. 160 4.3.1 Bautechnik und Gestaltung ....................................................................... 160 4.3.2 Eine Typologie neuassyrischer Toranlagen ................................................ 167 4.3.3 Exkurs: Überlegungen zur Belichtung des Torinnenraums ........................ 171 4.3.4 Zur Verteilung der Toranlagen ................................................................... 172 4.3.5 Diachroner Vergleich ................................................................................. 173 4.4 Innerstädtische Fortifikationen .............................................................................. 176 4.5 Die Entwicklung der neuassyrischen Wehrarchitektur ..........................................  181 4.6 Exkurs: Überlegungen zum Kosten- und Arbeitsaufwand der Fortifikationen .......  182 5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen ....................................................  187 5.1 Schutz ....................................................................................................................  187 5.1.1 Militärischer Wert .....................................................................................  187 5.1.1.1 Belagerungsgeräte und -taktiken in neuassyrischer Zeit ............  187 5.1.1.2 Beobachtungen zur Wehrhaftigkeit zentralassyrischer Fortifikationen ...........................................................................  192 5.1.1.3 Exkurs: Überlegungen zur assyrischen Verteidigungsstrategie .  194 5.1.2 Die Errichtung einer »magischen Barriere« ..............................................  196 5.1.2.1 Rituelle Handlungen ...................................................................  197 5.1.2.2 Schutzgottheiten ........................................................................  199 5.1.2.3 Apotropaica ................................................................................ 200 5.2 Vorgänge des gesellschaftlichen Lebens ................................................................ 204 5.2.1 Private Kulthandlungen ............................................................................. 204

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5.2.2 Handel ....................................................................................................... 204 5.2.3 Gewerbe .................................................................................................... 205 5.2.4 Administrative Vorgänge ........................................................................... 206 5.2.5 Rechtsprechung ......................................................................................... 206 5.2.6 Organisation des städtischen Raums ......................................................... 207 5.3 Repräsentation ......................................................................................................  208 5.3.1 Staatliche Rituale .......................................................................................  209 5.3.2 Bauliche Eigenschaften und Überdimensionierung .................................. 211 5.3.3 Vergabe von Prunknamen ......................................................................... 213 5.3.4 Zeitlose Aushängeschilder ......................................................................... 214 5.3.5 Ähnlichkeiten zwischen neuassyrischer Palast- und Torarchitektur .......... 217 6 Synthese: Die Fortifikationen der Residenzstädte als Produkte und Träger neuassyrischer Kultur ................................................................................................... 221 Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 227 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 253 Verzeichnis zitierter Texteditionen ..................................................................................... 263 Appendix I: Übersetzungen relevanter Textpassagen neuassyrischer Königsinschriften .... 267 I.1 Inschrift der Sitzstatue BM 118886 Salmānu-ašarēds III. ....................................... 267 I.2 Auflistung der Stadttore Aššurs im »Götteradressbuch« ........................................ 267 I.3 Angaben zu den Stadtmauern und dem Festungsgraben von Aššur im »Götteradressbuch« ...............................................................................................  268 I.4 Sîn-aḫḫē-erības Bericht über den Bau der Fortifikationen Ninuas .........................  268 I.5 Sîn-aḫḫē-erības Auflistung der Stadttore Ninuas ...................................................  268 I.6 Šarru-ukīns II. Beschreibung der Fortifikationen Dūr-Šarrukīns .............................  269 Appendix II .......................................................................................................................... 270 II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst . 270 II.2 Proportionen altorientalischer Torkammern ......................................................... 277 II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst . 279 II.4 Übersicht neuassyrischer Königsinschriften mit Bezug zu zentralassyrischen Fortifikationen .......................................................................................................  283 II.5 Proportionen neuassyrischer Raumtypen ............................................................  286

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Vorwort Das vorliegende Buch ist eine Abhandlung zu den Hintergründen der Gestaltung der Befestigungsanlagen der Siedlungen im assyrischen Kernland während des 1. Jahrtausends v. Chr. Es handelt sich dabei um eine modifizierte Version meiner Dissertation, die ich zwischen 2011 und 2016 zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ab 2013 an der Universität Bern verfasste. Diese reichte ich im Juli 2016 unter dem Titel »uzaqqir ḫuršāniš – Neuassyrische Befestigungsanlagen in ihrem kulturhistorischen Kontext« bei der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern ein. Beim Verfassen dieser Arbeit unterstützen mich viele Kollegen, Bekannte und Freunde, denen ich allen zutiefst dankbar bin. An dieser Stelle möchte ich mich zuerst bei dem Erstbetreuer der Dissertation, Mirko Novák vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern, bedanken. Er war nicht nur maßgeblich an der Formulierung des Themas beteiligt, sondern stand mir auch über den gesamten Zeitraum mit Rat und Tat zur Seite. Auch dem Zweitbetreuer der Arbeit, David Schloen vom Oriental Institute der University of Chicago, bin ich für seine Hinweise sowie die Diskussionen, die wir während meines einjährigen Aufenthalts am Oriental Institute führten, zu tiefem Dank verpflichtet. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Pascal Attinger, von dem ich während meiner Anstellung an der Universität Bern viel lernte und der während der Disputation als Kommissionspräsident fungierte. Mein Forschungsaufenthalt in den Vereinigten Staaten wurde durch die finanzielle Unterstützung eines DAAD-Doktorandenstipendiums ermöglicht, für die ich sehr dankbar bin. Meine Dankbarkeit gilt auch der Fritz Thyssen Stiftung, durch deren Förderung ich von Oktober 2013 an für zwei Jahre für das Projekt »Die Unterstadt des Sirkeli Höyük – Untersuchung zur Urbanistik im Ebenen Kilikien« angestellt war. Dass mir in diesem Projekt die Freilegung der südöstlichen Stadtmauer von Sirkeli Höyük oblag, war eine günstige Fügung. Ich bin Mirko Novák auch für die weitere Unterstützung am Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern sehr verbunden, denn ohne die Anstellung als Assistent wäre die Fertigstellung der Arbeit nicht möglich gewesen. Der Graduate School »Distant Worlds« der LMU München, insbesondere ihrem Sprecher Martin Hose, will ich ebenfalls meinen Dank ausdrücken. Im Rahmen meiner Anstellung dort bekam ich

viel Unterstützung für die Vorbereitung der Druckfassung meiner Dissertation und profitierte zudem von dem intensiven interdisziplinären Diskurs. Für die finanzielle Unterstützung für die Drucklegung des vorliegenden Buches bin ich der UniBern Forschungsstiftung, der Geschwister Boehringer Ingelheimstiftung für Geisteswissenschaften und dem Fonds für Altertumswissenschaften, Zürich, zu tiefstem Dank verpflichtet. Darüber hinaus war mir auch das Glück beschienen, mich mit Freunden, Kommilitonen und Kollegen auszutauschen, wovon ich in vielen Belangen profitierte. Dafür bin ich neben den bereits genannten Personen auch Alexander Ahrens, Berthold Einwag, Christoph Fink, Helen Gries, Claudia Gruber, Martin Gruber, Simon Halama, Michael Herles, Kai Kaniuth, David Kertai, Anna Kurmangaliev, Anne Löhnert, Hardy Maaß, Dirk Paul Mielke, Hannah Mönninghoff, Miriam Müller, Adelheid Otto, Karen Radner, Michael Roaf, Elisa Roßberger, Stephanie Rost, Susanne Rutishauser, Walther Sallaberger, JoAnn Scurlock, Jochen Schmid, Alexander Tamm, Johanna Tudeau und Vincent van Exel dankbar. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich Alexander Ahrens, Sabine Ecklin, Michael Herles und David Kertai, die sich zum Korrekturlesen der Abgabeversion bereit erklärt hatten und deren Korrekturen, Verbesserungsvorschläge und Anmerkungen in das Manuskript flossen. Sabine Ecklin will ich an dieser Stelle ganz besonders dafür danken, dass ich sie als Lektorin und Setzerin für die Druckversion dieser Arbeit gewinnen konnte. Diese Arbeiten wurden vom Mentoring-Programm der Fakultät für Kulturwissenschaften der LMU München gefördert. Auch hierfür ein großes Dankeschön! Auch bei meinen Eltern sowie meiner Schwester will ich mich bedanken, denn sie gaben mir familiären Rückhalt und bestärkten mich stets darin, meinen Weg weiterzugehen. Mein allergrößter Dank gilt jedoch Simone Mühl. Sie war mir nicht nur eine Inspiration in der Forschung, sondern auch meine Stütze im Privaten. Ohne ihre tatkräftige Unterstützung, Fürsorge und aufmunternden Worte wäre ich nicht im Stande gewesen, diese Arbeit zu schreiben. Gleiches gilt auch für unsere gemeinsame Tochter, die durch ihr sonniges Gemüt selbst die schlimmste Schreibblockade zu lösen vermochte. München, im März 2020

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

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English Summary The Neo-Assyrian Empire (ca. 934–612 B.C.) dominated the political landscape of the Near East from the 9th to 7th centuries B.C. At its climax, this state covered an area that stretched from Egypt to western Iran and from the Persian Gulf to Turkey. Its rulers displayed their political power by constructing glamorous monumental buildings in the cities in the heartland of this early empire, which is situated in today’s northern Iraq. Not only temples and palaces were constructed as part of this ideologically loaded building program, however. It also led to the erection of impressive defensive structures, like the city wall of Ninua, which was over 15 m thick and 20 m high, or the city gates of Dūr-Šarrukīn, which incorporated over 3 m high stone sculptures. This book sets out to investigate which aspects and considerations influenced the construction of the fortifications that surrounded Neo-Assyrian urban centers in the empire’s core. As a premise, following H.  Lefebvre’s proposal, the defensive structures are viewed as social products. Further, in accordance with A.  Rapoport, the process of their construction is seen as a sequence of decisions determined by various circumstances and preconditions (i.e. filters). It is assumed that the latter can be categorized as (1) technical possibilities, (2) motivations and requirements toward the building, as well as (3) the cultural background and preconceptions of the people involved in the planning process. In this, it needs to be emphasized that like other elements of a society’s culture, defensive structures were also qualified to communicate cultural meanings. Being a highly visible category of public buildings, it may therefore be assumed that, similar to temples or palaces, fortifications were especially suited to fulfill this function. To set the stage, a brief summary of the geographic and historical context, in which the edifices at hand were created, is provided. While the former emphasizes the diversity and fractured nature of the landscape in the Assyrian heartland, historical sources bear testimony to the dominant role that the Neo-Assyrian Empire held in the Near East between ca. 900 and 600 B.C. In fact, Assyria’s might appears to have been so overwhelming that enemy invasions would not seem to have posed a realistic threat to the cities that lay in the Empire’s core. It therefore appears as though reasons other than security concerns motivated the construction of such massive fortifications. As a result, this book seeks to identify other aspects of Assyrian culture as well as concepts embedded in the state’s royal ideology that may have influenced the conceptualization of the state’s most prominent urban centers.

This first requires an investigation into the principles of Neo-Assyrian defensive architecture, which in turn needs to be based on a careful assessment of all available sources. Most obviously, archaeological remains represent the core data set, which can often be complemented by contemporary historical sources or sometimes even images (e.g. reliefs). Hence, a critical re-evaluation of the relevant stratigraphic sequences of individual fortification systems is conducted in Chapter 3. The results offer important new insights: For instance, a modified reconstruction of the development of the city walls of Aššur opens up new paths to discuss the identification of the city gates mentioned in various Assyrian texts. If possible, these investigations are also used to reconstruct the original appearance of fortification elements. Furthermore, remote sensing is used not only to discover further fortification elements, but also to identify topographical features that may have influenced the respective fortification system’s planning process. An analysis of this data is then used in an attempt to establish the principles of Neo-Assyrian fortification architecture (Chapter 4). This segment includes a proposal for a typology of Neo-Assyrian city gates as well as a discussion of select architectural terms. For example, it is demonstrated that the word »šalḫû«, which is simply translated with »outer wall« in most dictionaries, designated a very specific kind of wall in the context of Neo-Assyrian fortifications: The »lower wall« (German: Niederwall), which was located between moat and main city wall. As it seems, these features may also be used as an indication of a settlement’s political significance, as šalḫû walls built by the Assyrians are attested especially for top-tier administrative centers such as royal residences or provincial capitals. Moreover, analyses of topographical conditions indicate that, if possible, landscape features were incorporated into the fortifications, usually by connecting steep slopes or elevations with straight wall segments. Nevertheless, the fact that quadrangular fortifications were built especially in areas devoid of suitable natural elements, implies that the square was considered to be the ideal shape for a defensive perimeter, which naturally evokes associations with the Mesopotamian concept of a world defined by four corners. Additionally, diachronic comparisons are used to put Neo-Assyrian defensive architecture into a long-term historical perspective. On the one hand, this enables the identification of which features may have been adopted or copied by the Assyrian builders. On the other hand, these comparisons help to establish which aspects and elements may be cha-

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»Bergesgleich baute ich hoch«

racterized as typical for Assyrian fortifications. As an example, lower walls in front of the main walls are already attested in earlier periods and other regions (e.g. Hittite Ḫattuša). However, lower walls abutting the main defensive perimeter walls, seem to be a distinct feature of Neo-Assyrian architecture. Meanwhile, the layout of the gates appears to have been influenced by Levantine traditions. What distinguishes Neo-Assyrian and Iron Age Levantine gates, however, is that in Assyria, the staircases were often connected directly to one of the main gate chambers. Another major difference between Iron Age Levantine and Neo-Assyrian gates is the manner of decoration. While gates in the Levant often featured a wide range of thematic and iconographic elements, Assyrian portals exhibit a much more limited repertoire, which was confined mainly to bull colossi and bas-reliefs depicting benevolent genies. These aspects show that Assyrian builders adopted older or foreign architectural features and transformed them according to their own preconceptions, thus indicating that the fortifications reflect certain cultural traits of the society that produced them. In the next step, the book investigates which functions the fortifications served within the context of Neo-Assyrian society and before the background of contemporary historical developments (Chapter 5). Firstly, the issue of security is discussed. By considering which siege weapons and techniques were known and available during the Iron Age and comparing this to the properties of the defensive perimeters of central Assyrian settlements, it becomes obvious that Neo-Assyrian cities were well-equipped to withstand even heavy enemy attacks. Although, by putting them into a long-term chronological perspective, it can moreover be recognized that the city walls were actually much more massive than would have been required in order to repel potential attackers. Additionally, it can be demonstrated that Neo-Assyrian fortifications were also designed to ward of immaterial threats like demons or bad omens, which were perceived as real and ubiquitous. To this end, building rituals were performed and apotropaic objects were integrated into the constructions. Additionally, certain deities were associated with gates or walls, thus defining them as divine protective agents for these defensive structures. However, the positioning and application of these elements appears to have been quite selective instead of being a standardized part of the building process. An aspect that remains enigmatic is in which respects the fortifications played a role in the everyday lives of the Assyrian population. Only few texts offer information on this issue and archaeological evidence is also greatly lacking. Most importantly, it seems as if, opposed to other regions of the Ancient Near East, fortifications and especially city gates

did not serve as legal courts. Instead, litigation was practiced in other places within the settlements. While some texts indicate that defensive structures played a role in various private matters (e.g. rituals, commerce or administrative actions), the fortifications’ property of structuring the urban space is assumed to have had the greatest impact on the lives of a town’s inhabitants. By establishing physical boundaries and the positioning of gates, the layout of a fortification system greatly influenced the flow of traffic and determined to which degree the body governing a settlement was able to control who entered and exited certain quarters and areas. While security and everyday actions therefore seem to have only had a minor influence on the planning process, many properties of the fortifications may be traced back to issues related to Assyrian royal ideology. Especially city gates were used as venues for public rituals in which the king could display success in various aspects of kingship. The extremely grand dimensions of the fortifications were a further component in communicating this ideological message. They not only evoke an image of impenetrability and strength, but also bear testimony to the king’s economic success, i.e. the precondition for creating such impressive buildings. Through this measure, which may be characterized as a form of »conspicuous consumption«, the king portrayed himself as the provider of abundance, thus adhering to a popular topos of Mesopotamian kingship. Giving ceremonial names to some elements of the defensive systems was another way of legitimizing the king within the concept of royal ideology, as it enabled him to establish a claim of divine favor. Furthermore, the rulers appear to have been very concerned with linking themselves to the fortifications they commissioned. This may be recognized by comparing city gates to other types of public buildings. On the one hand, the concept of situating a staircase at the far end of the gate chamber and providing direct access between these two rooms is highly reminiscent of the layout of throne room and reception room suites in Neo-Assyrian palatial and elite domestic architecture. This is further complemented by applying similar relations of width to length to gate chambers and important rooms in other monumental buildings. Additionally, the integration of gate figures in the main portals of (select) city gates resembles the deliberate accentuation of significant and representative doorways in NeoAssyrian royal palaces. Creating this link between king and fortifications was furthermore achieved by composing and laying down royal inscriptions that documented the erection of such buildings. In this respect, it is important to emphasize that many of these texts were not directed at contemporary citizens or foreigners, as they were often hidden within foundations, walls or beneath floors. We may there-

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English Summary fore conclude that the aim of these historical documents were intended particularly for future generations. They represented a method to ensure a lasting association of a king with the fortifications, which, following K. Radner’s views, contributed to ensuring that the ruler’s name lived on beyond his physical death by maintaining his memory. Through its comprehensive study of various strains of evidence, this book draws a detailed picture of the planning principles and the factors that influenced the choice of appearance of Neo-Assyrian defensive architecture. It is made clear that the fortifications of cities in the heartland of the Assyrian Empire were carefully planned and well-suited to the challenges of siege warfare during the first mill-

xv

ennium B.C. in the Near East – at least in theory that is, as the troops of the Median-Babylonian alliance obviously found the means to overrun these obstacles. In addition, their ability to fulfill representative functions seems to have played an equally important or even more decisive role in their conceptualization, as they embodied the king’s legitimacy and skills, not only towards his contemporaries, but also future generations. By additionally displaying indigenous conceptualizations of space, the fortifications must therefore be seen as integral elements of Neo-Assyrian culture, which were actively used to promote the state’s ideology and hence also to contribute to fostering an Assyrian identity.

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Allgemeine Bemerkungen und Abkürzungen Für die in dieser Arbeit erwähnten Fundstätten werden, soweit bekannt, die antiken Namen verwendet. Die Schreibung moderner Namen richtet sich nach dem Index des TAVO.1 Fremdsprachige Begriffe werden kursiv, sumerische in Großbuchstaben geschrieben. Literaturverweise im Text richten sich nach den Vorgaben der Reihe Schriften zur Vorderasiatischen Archäologie. Editionen von zitierten antiken Texten werden mit der im »Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie« vorgeschlagenen Abkürzung wiedergegeben (z. B. RIMA  3: A.0.102.27). Das Manuskript spiegelt den

Forschungsstand von 2018 wieder. Später erschienene Publikationen konnten nicht mehr berücksichtigt werden, sofern dem Autor nicht bereits die Manuskripte zur Einsicht vorlagen. Alle Abbildungen, deren Quellen nicht explizit genannt sind, sind Vorlagen des Autors dieses Buchs. In den Tabellen steht ein »x« für einen sicheren Nachweis, ein indirekter oder aus guten Gründen anzunehmender Nachweis wird mit »(x)« angegeben. Sofern nicht anderweitig angegeben, gelten die folgenden Farbkonventionen für die Abbildungen in diesem Buch:

Stein

Lehmziegel

Fels

Lehmziegel (jüngeres Mauerwerk)

Lehmziegel (älteres Mauerwerk)

Steinfundament

Lehmziegelfundament

Schuttschicht

Ziegel, gebrannt

rekonstruiert

Putz

nicht ausgegraben

Position auf Detailkarte

Relief:

Sichtbereich laut viewshed

19,15

1500 m ü. NN

0

Metall

Nivellement

In diesem Buch werden die im »Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie« vorgeschlagenen Abkürzung verwendet. Darin nicht

enthaltene oder in diesem Buch abweichende Abkürzungen werden hier aufgeschlüsselt:

DEM

Digital Elevation Model

m. W.

DHM

Digitales Höhenmodell

OK Oberkante

DGM

Digitales Geländemodell

Fn. Fußnote MC

Mittlere Chronologie

mAss mittelassyrisch 1

meines Wissens

nAss neuassyrisch Pl. Plan SRTM ü. NN

Shuttle Radar Topography Mission über Normal-Null

Kopp/Siewert-Mayer 1994. Topografische Bezeichnungen, die nicht im TAVO-Register vertreten sind, richten sich nach Schreibweisen in der Fachliteratur.

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Kapitel 1

Einleitung uzaqqir ḫuršāniš, »bergesgleich baute ich hoch«: so beschrieb Sîn-aḫḫē-erība die von ihm errichteten Befestigungsmauern von Ninua.1 Unmissverständlich stolz war der neuassyrische König auf seine Tat, und so verwundert es nicht, dass er dies auch der Nachwelt überliefern wollte. Damit stand er aber keineswegs alleine da. Viele andere mesopotamische Herrscher hatten bereits massive Stadtmauern in ihren Residenzen und den ihnen untergebenen Siedlungen errichtet und übten auch keine Zurückhaltung darin, sich selbst dafür zu loben. Der Isin-Larsa-zeitliche Herrscher Šū-ilīšu (1984– 1975 v. Chr. MC) schrieb beispielsweise: »Šū-ilīšu, mighty king, king of the land of Sumer and Akkad […], in order to settle in their residence around Isin the scattered (people) of the upper and lower lands he built the great wall in whose aura no one makes a noise. The name of this wall is ›Šū-ilīš[u] is the beloved of (the goddess) Eš[tar]‹«2

Selbst unter den assyrischen Herrschern war Sînaḫḫē-erība keineswegs der erste oder einzige, der sich um ein solches Bauprogramm verdient gemacht hatte und dies auch schriftlich festhielt. Archäologische Ausgrabungen haben diese Bauwerke an verschiedenen Fundorten Zentralassyriens zu Tage gefördert. Sie bestätigen die Massivität der Befestigungsanlagen und zeigen den Aufwand, der für ihre Errichtung in Kauf genommen wurde. Wie auch in anderen Perioden und Regionen erfüllten Befestigungsanlagen im Alten Orient stets mehrere Funktionen. Grundsätzlich bestand ihre Aufgabe darin, das Innere einer Siedlung gegen den Einfall wilder Tiere und Feinde zu schützen. Im mesopotamischen Weltbild konstituierten sie jedoch auch Barrieren zwischen dem »unzivilisierten« Umland und der »zivilisierten« Stadt.3 Darüber hinaus waren sie Teil einer Programmatik, die das assyrische Weltbild in Form architektonischer Gebilde nach außen hin kommunizieren sollte.4 Allerdings musste bei der Planung der Fortifikationen gleichzeitig darauf geachtet werden, den Waren- und Personenverkehr in die und aus der Siedlung nicht zu stark zu beschränken. Die Durchführung eines sol1 2 3 4

Vergleiche RINAP 3/1: Sennacherib 8, 14′. RIME 4: E4.1.2.3. Pongratz-Leisten 1994: 25. Novák 1999: 286.

chen Bauvorhabens war also stets eine Gradwanderung, die das Abwägen verschiedener Faktoren und Anforderungen verlangte. Besonders gut lässt sich dies an den Fortifikationen, die die Städte im Herzen des Neuassyrischen Reiches umgaben, veranschaulichen.

1.1 Bisherige Studien zum Thema

Bisher wurde den Befestigungsanlagen des Neuassyrischen Reiches im Gegensatz zu anderen Architekturgattungen wenig Beachtung geschenkt. In Studien zur Stadtplanung werden sie meist nur beschrieben, nicht aber eigens einer kritischen Analyse unterzogen.5 Aufgrund ihrer quasi naturgegebenen militärischen Funktion fanden eingehendere Untersuchungen zu den Befestigungsanlagen bisher in erster Linie im Zuge von Studien zum altorientalischen Kriegswesen statt. Diesbezüglich ist neben einigen früheren Werken6 vor allem auf Y. Yadins Monografie zu verweisen, die sich aber mit einem weiteren chronologischen Rahmen und einem anderen geografischen Raum beschäftigte.7 Seitdem wurden neuassyrische und zeitgenössische Befestigungsanlagen zumeist im Kontext textlicher und kunsthistorischer Evidenz behandelt, wobei in den letzten Jahren eine zunehmende Popularität des Themas »Kriegsführung« wichtige Erkenntnisse zu Kriegsund Belagerungswesen in neuassyrischer Zeit erbrachte.8 Studien zu altorientalischen Fortifikationen blieben hingegen über lange Zeit selten und beschränkten sich in der Regel nur auf bestimmte Aspekte, wie z. B. die Stadttore9 oder die Darstellungen von Stadt5 6 7 8

9

Siehe z. B. Novák 1999; Van De Mieroop 1997. Hunger 1911; Manitius 1910; Waschow 1938. Yadin 1963. Aufgrund der großen Anzahl an Studien, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, wird hier nur auf einige Beispiele verwiesen: Abrahami/Battini 2008; Bleibtreu 1991; 1993; 2002; Cole 1997; De Backer 2007; 2012; 2013; Dezsö 2006; Fales 2000; Ephʿal 2009; Fuchs 2005; 2008b; 2009; 2012; Madhloum 1965; Mayer 1995; Micale/Nadali 2004; Nadali 2005; 2010; Oded 1979; 1992; 1997; Reade 1972; Saggs 1963; Schachner 2007; Starr 1990; Ussishkin 1982; Vidal 2010; v. Soden 1963. Siehe z. B. die Studien zu neuassyrischen Stadttoren in Battini 1998; 1999; Damerji 1987: 181–198; May 2014;

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2

»Bergesgleich baute ich hoch«

mauern in der assyrischen Flachbildkunst.10 Genauere Informationen zu den Verteidigungsanlagen einzelner Fundorte finden nur in den entsprechenden Vor- und Endberichten. Lediglich R. Naumanns Arbeit zur Architektur Kleinasiens11 bildet eine namhafte Ausnahme, doch liegt hier, wie der Buchtitel bereits verrät, der Schwerpunkt auf anatolischen (und nordsyrischen) Fundorten. Erst seit kurzem werden Befestigungssysteme in der Vorderasiatischen Altertumskunde verstärkt als eigenständige Gattung von Monumentalbauten untersucht. A. Burke und S. Rey beschäftigen sich in ihren Arbeiten in erster Linie mit der Evidenz in der Levante und Mesopotamien im 2. Jahrtausend v. Chr.12 Obwohl sich beide im Kern auf die verfügbaren archäologischen Daten stützen, legen sie in der Auswertung unterschiedliche Schwerpunkte. Während A. Burke vertieft die sozio-ökonomischen und politischen Dimensionen der Wehrarchitektur untersucht, beleuchtet S. Rey die Fortifikationen im Kontext des Belagerungskrieges. Dass sich die Herangehensweisen der beiden Forscher dabei merklich voneinander unterscheiden, veranschaulicht die Vielschichtigkeit des Themas. Darüber hinaus ist auf D.P. Mielkes Betrachtungen hethitischer Fortifikationen hinzuweisen.13 Festungswerke in Assyrien wurden von S. Halama im Rahmen seiner 2006 eingereichten Magisterarbeit,14 aus der er 2011 und 2018 Teile in Form von Artikeln publizierte,15 zusammenfassend untersucht. Darin trägt er die verfügbare archäologische Evidenz zusammen und zieht daraus Schlüsse auf ihren militärischen Nutzen, repräsentativen Wert, ihre Rolle im zivilen Leben und die bei ihrer Konzeption angewandte Programmatik, welche sich vor allem in den dazugehörigen Königsinschriften offenbart. Seine Studien bieten daher einen ersten umfassenderen Überblick zu den Befestigungsanlagen neuassyrischer Residenzstädte. Ein grundlegendes Problem stellt jedoch das bisher weitgehend unkritische Übernehmen der in den Grabungsberichten und Erststudien getroffenen Aussagen dar. So wurden beispielsweise W. Andraes Ausführungen zu den Befestigungsanlagen Aššurs,16 deren Qualität für den damaligen Standard bemerkenswert ist, niemals im Detail evaluiert, obwohl der Kenntnisstand zur Entwicklung der Stratigrafie und materiellen Kultur Aššurs und Assyriens seit 10 11 12 13 14 15 16

Mielke 2011–2013b; Miglus 1982; Pongratz-Leisten 1994: 25–31. So z. B. Borchhardt/Bleibtreu 2011; Bleibtreu 1994; Micale 2008; Porada 1967; Reade 1998; Schachner 2007: 127–133; Tucker 1994. Naumann 19712. Burke 2008; Rey 2012. Mielke 2018. Halama 2011a. Halama 2011b; 2018. Andrae 1913a.

1913 deutliche Fortschritte gemacht hat. Da die Befestigungsanlagen Teil der neuassyrischen Kultur waren, müssen auch sie unter dem Aspekt dieser neuen Erkenntnisse beleuchtet werden. Zudem stehen inzwischen neue Methoden zur Verfügung, die für die hier verfolgte Fragestellung bei angemessener Anwendung gewinnbringend zur Erforschung topografischer Bedingungen eingesetzt werden können.

1.2 Fragestellung und Herangehensweise

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Hintergründe der Gestaltung der Befestigungsanlagen, die von den Herrschern des Neuassyrischen Reiches (ca. 934–612 v. Chr.) in Siedlungen im Kerngebiet des Staates17 errichtet wurden, herauszuarbeiten.18 Um sich dieser Frage zu nähern, ist es zunächst wichtig festzuhalten, dass jegliche Art von gebautem Raum, was sowohl einzelne Bauwerke als auch von Gebäuden oder Gebäudearrangements geprägte Landschaften umfasst, das Produkt eines komplexen Schaffungsprozesses ist, egal ob es sich um einen Neu- oder um einen Umbau handelt. Ein architektonischer Körper ist demnach unweigerlich und unzertrennlich mit dem historisch-sozialen Kontext, in dem er entsteht, verbunden, weswegen er stets als »soziales Produkt« zu verstehen ist, wie es H. Lefebvre formulierte.19 A. Rapoport beschrieb den Planungsprozess von Gebäuden als eine Kombination von choices (»Auswahlmöglichkeiten«) und filters (»Filtern«), wobei letztere von den Erbauern als relevant angesehene Kriterien sind, die die naturgegebenen Möglichkeiten zunächst auf wahrgenommene Optionen einschränken, bevor ein weiterer Auswahlprozess zur letzten Endes getroffenen Entscheidung führt (Abb.  1).20 S. Halama demonstrierte die Anwendbarkeit dieses Modells auf neuassyrische Befestigungsanlagen, unterstrich jedoch die Bedeutung der intendierten Funktionalität eines Bauwerks. Zudem betonte er, dass das Verfahren der Entscheidungsfindung keinesfalls so linear sein muss, wie es A. Rapoport darstellte.21 Die einwirkenden Filter können unterschiedlicher Natur sein. Ein wichtiger Faktor, der bereits 17 Als Kerngebiet des Neuassyrischen Reiches wird hier das von den Eckpunkten Aššur, Arbaʾil und Ninua eingefasste Dreieck verstanden, da diese Region auch nach dem Rückzug des Mittelassyrischen Reiches noch in assyrischer Hand blieb (vgl. Radner 2011: 321). 18 Da er sich in erster Linie darauf bezieht, dass ein Befestigungselement von einem König errichtet wurde, wird der Begriff »neuassyrisch« in dieser Arbeit vornehmlich in seiner politischen, nicht seiner chronologischen Dimension verwendet. 19 Siehe Lefebvre 2012. 20 Vergleiche Rapoport 1977: 15–16. 21 Halama 2011a: 8–13.

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1 Einleitung

F

3

F F

F F

Summe aller Möglichkeiten

Filterungsprozess 1

Summe der in Betracht gezogenen Möglichkeiten

Filterungsprozess 2

Auswahl

Abb. 1: Modell des Planungsprozesses (nach Rapoport 1977: Abb. 1.15).

vor Beginn der Planungen greift, ist der Stand der Bautechnologie. Dieser determiniert, was zu einem gegeben Zeitpunkt angesichts der zur Verfügung stehenden Resourcen als architektonisch umsetzbar gilt. Die Frage, ob sich ein Bauplan in der Praxis überhaupt umsetzen lässt, hängt dabei nicht nur von den Erfahrungen im Umgang mit den notwendigen Baumaterialien und ihren statischen Anforderungen ab. Auch der allgemeine technologische Stand einer Gesellschaft ist insofern relevant, als dass zur Vorbereitung des Baugrundes in der Regel bestimmte Werkzeuge notwendig sind, die zuerst erfunden worden sein müssen.22 Zu der somit etablierten Menge an wahrgenommenen Möglichkeiten kommen weitere Kriterien hinzu, die die architektonische Umsetzung eines Bauwerks beeinflussen. Hierzu zählt zunächst die intendierte Funktion bzw. die Motivation zur Konstruktion oder baulichen Veränderung des betreffenden Gebäudes. Gibt es eine Art von objektiv oder subjektiv vorhandenem Mangel, der durch ein Bauwerk beseitigt bzw. gelindert werden kann? Wenn z. B. ein Haus zu klein für die darin lebende Familie wird, kann es um Anbauten erweitert werden. Dies wäre eine Maßnahme, deren Hintergrund vor allem praktischer Natur ist. Es ist jedoch ebenso möglich, dass mehrere parallel verfolgte oder miteinander verbundene Beweggründe gleichzeitig auf den Entschluss, ein bestimmtes Bauwerk zu errichten, einwirken. In der Tat sind Gebäude oftmals von vornherein multifunktional konzipiert, so etwa die königlichen Paläste der neuassyrischen Residenzen, die von den Herrschern nicht nur als Verwaltungszentren und Wohnstätten, sondern auch zu repräsentativen Zwecken genutzt wurden.23 Architektur kann nämlich weitaus mehr bewirken, als ein Dach über dem Kopf zu schaffen. Beispielsweise kann die Umgestaltung eines Stadtteils nach den Vorstellungen einer Elite als nonverbale 22 Manchmal werden die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zwar speziell für ein bestimmtes Vorhaben entwickelt, doch ist dies ebenfalls abhängig vom jeweils gegenwärtigen Wissensstand zur Verfügbarkeit und Bearbeitbarkeit sowie von den Eigenschaften von Werkstoffen. 23 Vergleiche Kertai 2013; 2015a.

Kommunikation eines neuen Weltbildes aufgefasst werden, das bewusst mit älteren Traditionen bricht.24 Mithilfe von Gebäuden kann zudem ein Bezug zu einer realen oder fingierten Vergangenheit hergestellt werden.25 Besonders langlebige Bauwerke, die die städtische Topografie über Generationen prägen, werden oftmals zu einem Bestandteil und Träger des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft.26 Wegen ihrer Beständigkeit und Sichtbarkeit trifft dies insbesondere auf öffentliche Gebäude zu, zu denen neben Tempeln und Palästen auch Fortifikationen zählen. Des Weiteren können Monumentalbauten einen Beitrag zur Bildung einer kollektiven Identität leisten.27 Sie sind ein Mittel, mit dem sich das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe stärken lässt bzw. das dabei hilft, die eigene Gemeinschaft von anderen abzuheben.28 Ihre Eignung hierzu begründet sich nicht zuletzt darin, dass große Teile einer Gesellschaft beispielsweise bei Festen oder regelmäßig stattfindenden Ritualen mit ihnen interagieren, indem sie sie visuell wahrnehmen oder physisch betreten.29 Die Bewohner einer Stadt können sich auf diese Weise als Mitglieder der Gemeinschaft identifizieren. Dies kann auch dazu genutzt werden, Menschen im Umland in die Gesellschaft einzubinden.30 Um derartige Emotionen und Reaktionen hervorrufen zu können, müssen sich die Schöpfer eines Bauwerks allerdings einer Ausdrucksweise, die dazu geeignet ist, bestimmte Bedeutungen zu vermitteln, bedienen.31 Hierfür kann eine große Bandbreite von Symbolen angewandt werden, die nach A. Rapoport in Form von festen (z. B. Gebäude), halb-festen (z. B. 24 25 26 27

Vergleiche Heinz 2006. Lucy 2005: 98–99; Thomas 2012: 176–178. Assmann 20188: 38–39. Rapoport 1982: 15, 88–91. Zur Verbindung zwischen Raumgestaltung und sozialer Identität siehe zudem Duncan Jr. 1976. 28 Lucy 2005: 106–107. 29 Vergleiche Schachner 2017: 224–225. 30 Nach Herrmann (2017: 302–303) war dies beispielsweise der Grund für die Expansion des Stadtgebiets von Samʾal im frühen 1. Jahrtausend v. Chr. 31 Rapoport 1982: 28–29.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

4

Auswahl Mo�va�on

Umsetzbarkeit

Summe der in Betracht gezogenen Möglichkeiten

Prägung

Filterungsprozess 2

Umsetzung

Abb. 2: Modifiziertes Modell des Planungsprozesses von Gebäuden.

Wandmalereien, Installationen) und unfixierten Elementen (z. B. Nutzungsweise) manifestieren.32 In den meisten Fällen bedeutet dies, dass die intendierte Botschaft mit Hilfe von Symbolen in verschlüsselter Form wiedergegeben wird.33 Dies wirft unweigerlich die Frage auf, ob die Betrachter den von den Erbauern angewandten Code entziffern können. Während manche der in Gebäuden anwendbaren Zeichen universal verständlich sind (z. B. der Löwe als Ausdruck der Macht), gibt es andere Merkmale, die von den Rezipienten fehlinterpretiert oder nicht in ihrer ganzen inhaltlichen Tragweite verstanden werden (z. B. mythologische Szenen).34 Sind bestimmte Elemente an die Sitten oder Vorlieben einer Gesellschaft bzw. spezifischer sozialer Gruppen angepasst, kann dies dazu benutzt werden, eine gemeinsame kulturelle Basis anzusprechen. Dabei wird der Begriff »Kultur«, der in den Worten J. Friedmans grundsätzlich als »multiple and socially situated acts of attribution of meaning to the world«35 aufzufassen ist, in erster Linie als Mittel zur Abgrenzung der eigenen Gruppe gegenüber anderen Verbänden benutzt.36 In anderen Worten können soziale Praktiken, zu denen auch die Gestaltung von architektonischen Körpern zählt, zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und somit zur Schaffung einer gemeinschaftlichen oder kollektiven »Identität« beitragen. Die kulturelle Prägung von Bauherren und Gebäudenutzern stellen demnach einen weiteren wichtigen Faktor im Konzeptionsprozess von Bauwerken dar. Bei der Planung bedingen, fördern und limitieren sich die drei hier hervorgehobenen Faktoren – die angenommene technische Umsetzbarkeit, die dem Bauvorhaben zugrunde liegenden Motivatio32 33 34 35 36

Rapoport 1982: 88–97. Siehe hierzu Eco 19948: 295–297; Novák 1999: 20–21. Vergleiche Gilan 2004: 17–18. Friedman 1990: 23. Gilan 2004: 13, 15. Für eine Diskussion der Entstehung des Kulturbegriffs und seiner Facetten siehe Busche 2018.

nen und der kulturelle Hintergrund der damit als Schöpfer und Empfänger in Kontakt tretenden Personen – oftmals gegenseitig. Ein identitätsstiftender Bau lässt sich beispielsweise nur im Rahmen des technisch Möglichen realisieren. Zugleich muss er symbolische Elemente in einer Weise präsentieren, die die Gemeinschaft anspricht. Der Bauplan eines Bauwerks, der gegebenenfalls aufgrund praktischer Gesichtspunkte bei der baulichen Umsetzung nochmals abgeändert werden muss, lässt sich also als die Schnittmenge dieser drei Aspekte charakterisieren, wobei die verschiedenen Filter von Gebäude zu Gebäude unterschiedlich gewichtet sein können (Abb. 2). Die Herausarbeitung der Gestaltungsprinzipien der Fortifikationen im Kernland des Neuassyrischen Reiches erfordert demnach, die auf den Bauprozess einwirkenden Filter zu ermitteln, wobei letztere in ihrem historischen Kontext zu verstehen sind. Hierfür bedarf es zunächst, neben einer kurzen Einführung in den geografischen und historischen Kontext (Kap. 2), einer detaillierten Bestandsaufnahme der dazu verfügbaren Informationen (Kap. 3), denn obwohl Plan und tatsächliche Umsetzung eines Bauwerkes voneinander abweichen können, erlauben die architektonischen Reste nichtsdestotrotz Rückschlüsse auf den Planungsprozess.37 Das Korpus der Studie besteht in erster Linie aus archäologisch erfassten neuassyrischen Befestigungselementen, die in antiken Siedlungen in Zentralassyrien freigelegt wurden. Im Zentrum stehen dabei die bautechnischen Details der architektonischen Hinterlassenschaften und ihre Position innerhalb der Stratigrafie des jeweiligen Fundortes. Darüber hinaus werden Informationen zu Wehrbauten, auf deren Existenz aus textlichen, bildlichen oder anderweitigen Quellen geschlossen werden kann, in die Studie einbezogen. Für das Verständnis des Planungsprozesses erfolgt die zusammenfassende Betrachtung des jeweiligen Befestigungssystems unter Berücksich37 Halama 2011a: 11–12.

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1 Einleitung tigung der durch Methoden der Fernerkundung feststellbaren lokalen topografischen Bedingungen (siehe Kap. 1.3). Auf dieser Grundlage lassen sich zusammenfassende Studien zur Architektur (Kap. 4) und zur Funktionalität (Kap. 5) neuassyrischer Fortifikationen anstellen. Ersteres gelingt durch eine architekturtypologische Auswertung der Befunde. Für Zweiteres sind sowohl Informationen zu mit Befestigungselementen assoziierbaren Aktivitäten als auch Überlegungen zur Eignung der Wehrbauten für die Erfüllung bestimmter gesellschaftlicher Aufgaben relevant. Aus diesen Beobachtungen lassen sich in einer synthetischen Zusammenfassung (Kap. 6) einerseits Rückschlüsse über die möglichen Motivationen zur Errichtung der betreffenden Gebäude ziehen, und andererseits lässt sich erkennen, welcher symbolische Code verwendet wurde. Für letztgenannten Punkt ist es wichtig, die in Kap.  4 erörterten diachronen Vergleiche einzubeziehen, da sich dadurch einschätzen lässt, ob die potentiellen Rezipienten der bedeutungstragenden Elemente mit der angewandten Symbolik vertraut waren. Dadurch eröffnet sich eine neue Perspektive auf die Hintergründe der Gestaltung zentralassyrischer Befestigungsanlagen.

1.3 Anmerkungen zu den angewandten Methoden der Fernerkundung

Bei der Besprechung der Fundorte werden neben archäologischen, historischen und bildlichen Quellen auch die jeweiligen geografischen und topografischen Bedingungen erörtert, die die neuassyrischen Architekten während der Planung vor sich hatten. Hierfür bedient sich die Arbeit verschiedener Methoden der Fernerkundung. Welche Potentiale und Limitationen diese für die vorliegende Thematik besitzen, wird im Folgenden beleuchtet. Landkarten älteren Datums, welche noch vor der großräumigen Industrialisierung des Orients (d.  h. vor 1950) erstellt wurden, sind hierfür eine wichtige Informationsquelle.38 Auf ihnen finden sich bisweilen Landschaftsmerkmale (z. B. ältere Flussschleifen), die weder ebenerdig noch auf Luftbildaufnahmen zu erkennen sind. In manchen Fällen stellen sie daher eine sinnvolle Ergänzung zu modernen Methoden der Fernerkundung dar. Letztere bieten jedoch weitaus mehr Möglichkeiten zur großoder kleinräumigen Erforschung des Terrains. Luft- und Satellitenbilder dienen beispielsweise dazu, relevante Features, die heute oder zum Zeit38 Dem Verfasser wurden vom CAMEL des Oriental Institute sowie der Map Collection der University of Chicago mehrere Landkarten zur Verfügung gestellt. Beiden Institutionen sei an dieser Stelle herzlichst dafür gedankt.

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punkt der archäologischen Ausgrabungen nicht mehr sichtbar sind bzw. waren, zu erkennen.39 Abgesehen von modernen Satellitenbildaufnahmen haben sich dabei vor allem die inzwischen von der US-amerikanischen Regierung freigegebenen CORONA-Aufnahmen des Keyhole-Spionageprogramms40 in verschiedenen Studien als besonders nützlich erwiesen.41 Auf diesen Aufnahmen lassen sich neben Fortifikationselementen wie Mauern und Festungsgräben auch Hohlwege und Kanäle erkennen, die teilweise als Hinterlassenschaften des einstigen Wegenetzes und des Irrigationssystems zu verstehen sind.42 Bezüglich der Auflösung ist die von den CORONA-Streifen gebotene Genauigkeit von ca. 2–3 m pro Pixel43 ausreichend, da sie nicht zur präzisen Abmessung von Bauwerken, sondern in erster Linie zur Erkennung von ansonsten nicht mehr sichtbaren relevanten Gebäuden, Fortifikationen und anderen urbanen Elementen verwendet werden. Obwohl durch diese Anwendung wichtige Informationen gewonnen werden können, ist auf bestimmte Einschränkungen zu achten. Hierbei stellt vor allem die Datierbarkeit der auf den Luftbildern sichtbaren Strukturen ein großes Problem dar. Die Form einer Siedlung an sich genügt nicht, sie einer bestimmten Periode zuzuordnen. So lassen sich z. B. runde Befestigungen nicht nur im 1. Jahrtausend v. Chr. (z. B. Samʾal), sondern bereits seit dem 3.  Jahrtausend  v.  Chr. nachweisen, was sich vor allem an den sogenannten »Kranzhügelsiedlungen« wie Tall Ḥuwaira zeigt.44 Ebenso können rechteckige Anlagen nicht als typisch assyrisch bezeichnet werden, da es diese bereits in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. gab. Anhand solcher Befestigungssysteme definierte A. Burke für das 2. Jahrtausend v. Chr. sogar eine »Rectilinear Phase« des levantinischen Festungsbaus.45 In jüngeren Epochen

39 De Schacht et al. 2008: 612; Wilkinson 2003: 35–36. 40 Ein Überblick zur Entstehungsgeschichte der CORONASatellitenbildaufnahmen mit weiterführender Bibliografie findet sich bei de Meyer 2004: 46–48. 41 Die in den 1960er- und 1970er-Jahren entstandenen Bildstreifen können inzwischen kostenfrei von der Website des CORONA Atlas of the Middle East (http://corona. cast.uark.edu/index.html; letzter Zugriff: 18.09.2019) heruntergeladen werden. Für Überlegungen zur Verwendung von CORONA-Aufnahmen für archäologische Forschungen siehe u. a. Altaweel 2008: 53–54; de Meyer 2004: 44–45; De Schacht et al. 2008; Wilkinson 2003: 33–36. 42 Zum Wert von hollow ways für die Rekonstruktion altertümlicher Verkehrswege und Kanalsysteme siehe u.  a. Altaweel 2008: 60–61; Mühl 2013: 47–49, 61–62; Wilkinson 2003: 111–117; Wilkinson/Tucker 1995: 24. Für das Erkennen von ebenerdig nicht sichtbaren siedlungstopografischen Elementen siehe z. B. Ur 2013. 43 Siehe De Schacht et al. 2008: 611; Abb. 1. 44 Siehe hierzu u. a. Meyer 2010; 2011; Moortgat-Correns 1972: 25–52. 45 Burke 2008: 81.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

waren kleinere rechteckige Anlagen ebenfalls beliebt, wie z. B. die hohe Dichte an mittelalterlichen Karawansereien im Osttigrisgebiet zeigt.46 Für die vorliegende Fragestellung können daher nur solche Umwallungen und Strukturen einbezogen werden, deren neuassyrische Datierung oder Nutzung durch archäologische Forschungen (Ausgrabungen oder Surveys) als bestätigt gelten kann. Darüber hinaus lassen sich auch digitale Geländemodelle (DGMs)47 gewinnbringend in die Untersuchung neuassyrischer Befestigungsanlagen einbinden. Für die vorliegende Arbeit wurde das SRTM90-DGM, welches aus der im Februar 2000 von der US-Raumfahrtbehörde NASA durchgeführten Shuttle Radar Topographic Mission (SRTM) resultierte und eine Auflösung von ca. 90 m pro Pixel bietet,48 verwendet. Da die Daten vor allem für das Erkennen größerer Landschaftsmerkmale oder archäologischer Hinterlassenschaften und nicht für das zentimeter-genaue Referenzieren von Architekturaufnahmen benutzt werden, genügt die Genauigkeit dieses globalen Geländemodells den Anforderungen der hier verfolgten Forschungsfrage. Das SRTM90-DGM dient dabei nicht nur als Hintergrund für die erstellten Karten, sondern bietet auch die Möglichkeiten, den topografischen Kontext eines fundortspezifischen oder gar regionalen Befestigungssystems zu analysieren. So lassen sich beispielsweise Konturenkarten und Geländemodelle für einzelne neuassyrische Siedlungen erstellen, deren Präzision ausreicht, deren Präzision zur Erkennung der signifikantesten Erhebungen und Senken ausreicht.49 Zudem erlauben es virtuelle Höhenprofile, die auf DGMs basieren, den Verlauf des Geländes sowie das Höhenverhältnis zweier Punkte darzustellen.50 Weiterführend ermöglichen es die DGMs, das potentielle Sichtfeld, das sich von einem beliebigen Punkt in der Landschaft bot, durch sogenannte

46 Vergleiche Mühl 2013: 45–46. 47 Im Deutschen wird bisweilen auch der Begriff »digitales Höhenmodell« (DHM) synonym dazu verwendet, im Englischen oftmals auch Digital Elevation Model (DEM). 48 http://www2.jpl.nasa.gov/srtm/; http://www2.jpl.nasa. gov/srtm/p_status.htm (letzter Zugriff: 26.12.2013). Die Daten für das SRTM90-DGM (Kachel 45_05) wurden von http://srtm.csi.cgiar.org/ (letzter Zugriff: 26.12.2013) bezogen. 49 Vor allem für Fundorte, zu denen keine vollständigen topografischen Pläne vorliegen (z. B. Kalḫu oder Ninua; vgl. auch Margueron 2013: 16), hat sich diese Art der Anwendung als äußerst nützlich erwiesen. 50 Ur (2013: 13, Abb. 3) griff ebenfalls auf dieses Mittel zurück, um den signifikanten Höhenunterschied zwischen den Zitadellen von Dūr-Šarrukīn, Kalḫu und Ninua und ihrem jeweiligen Umland darzustellen.

viewshed-Modelle zu veranschaulichen. Diese Modelle zeigen den Bereich an, der von einer befestigten Siedlung aus observiert und somit kontrolliert werden konnte. Auf mehrere zeitgleich besiedelte Fundorte angewandt, können damit Überlegungen zur Existenz strategischer Befestigungssysteme, die der Sicherung ganzer Territorien oder Provinzen dienten, angestellt werden. Bezüglich der Genauigkeit der viewsheds ist allerdings darauf zu verweisen, dass die Berechnungen sowohl von der Qualität des zugrunde liegenden Höhenmodells51 als auch von schwer kalkulierbaren Faktoren, wie atmosphärischen Störungen,52 abhängig sind.53 Die für die Erstellung eines Modells zugrunde liegenden Parameter sind ebenfalls schwer festzulegen, doch ist ihre Standardisierung für das Erkennen überregionaler Systeme zwingend notwendig. Zwar fehlt es für den hier betrachteten geografischen Raum an verlässlichen Erfahrungswerten,54 doch kann auf der Basis ähnlicher Untersuchungen55 eine Standardsichtweite von 20 km für das behandelte Gebiet angenommen werden, was insofern einen militärisch relevanten Wert darstellt, als dass dies der angenommenenen Marschleistung eines Heeres an einem Tag entspricht.56 Die Sichthöhe von einem beliebigen Standpunkt wird auf 1,6 m festgesetzt,57 was, basierend auf Grabbefunden, als realistischer Wert für eine erwachsene Person gelten kann.58 Da die hier behandelten Fundorte teilweise beträchtliche Dimensionen besitzen, werden mehrere viewsheds von markanten Punkten der jeweiligen Umwallung generiert. Zusammengesetzt ergibt sich dadurch ein genauerer Eindruck des Bereichs, den die Verteidiger einer befestigten Siedlung beobachten konnten.

51 Jones 2006: 524–525. 52 Altaweel 2008: 53–54. 53 Eine Zusammenfassung der Möglichkeiten und Grenzen der viewshed-Modelle bietet Wheatley/Gillings 2000. Vegetationsbedingte Einschränkungen des Sichtfeldes (vgl. Jones 2006: 536; Wheatley/Gillings 2000: 5–6) können für das Untersuchungsgebiet aufgrund der geringen Bewaldungsdichte als vernachlässigbar eingestuft werden. 54 Selten wurde von den Ausgräbern festgehalten, wie weit man von der Spitze eines Talls sehen konnte. Young (1983: 26) gab z.  B. für Tall Yamīnīya eine Sichtweite von 50 km an, doch erscheint dies eine eher willkürliche Schätzung zu sein. 55 Bei einem Projekt in Wiltshire (England) wurde dieser Wert ebenfalls als Parameter verwendet (vgl. Llobera et al. 2010: 147), weil er die Sichtweite bei guten Bedingungen im englischen Wessex repräsentiert. 56 Schachner 2007: 203. Er beruft sich dabei auf vergleichbare Studien zu den Marschleistungen des römischen Heeres in Junkelmann 1986: 233–236. 57 Der angewandte Wert beruht auf Durchschnittswerten von gemessenen Körpergrößen von Skeletten aus Gräbern des 1. Jahrtausends v. Chr. (vgl. Novák/Oettel/ Witzel 2000: 179–180). 58 Siehe hierzu auch Wheatley/Gillings 2000: 7.

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Kapitel 2

Geografischer und historischer Kontext Bevor die detaillierte Betrachtung der zentralassyrischen Befestigungsanlagen erfolgt, sollen in diesem Kapitel zunächst die Rahmenbedingungen, unter denen sie entstanden, beleuchtet werden. Diese betreffen zunächst den geografischen Raum (Kap. 2.1), der die natürlichen Gegebenheiten vorgab, in dem die architektonischen Vorstellungen umgsetzt wurden. Ebenso relevant sind die historischen Entwicklungen, vor deren Hintergrund die Fortifikationen entstanden (Kap. 2.2).

2.1 Der geografische Raum

Die hier untersuchten Fundorte befanden sich im sogenannten assyrischen Kernland (hier auch als Zentralassyrien angesprochen), welches einen Teil des heutigen Nordirak bedeckte (Abb.  3) und sich grob als das von den assyrischen Zentren Aššur, Arbaʾil und Ninua umfasste Gebiet umschreiben lässt.1 Diese Region war geprägt von Flussläufen und Gebirgen, die verschiedene Ebenen und Regionen voneinander abtrennten. Zugleich definierten sie das innerassyrische Wegenetz, welches in seinen Grundzügen noch anhand älterer Landkarten und auf CORONA-Satellitenbildern sichtbaren Hohlwegen (Abb. 4) rekonstruierbar ist.2 Vor allem die großen Flussläufe Tigris (diglat) und der Große Zāb (zaba elû) segmentierten die Region geografisch. Darüber hinaus gab es noch eine Reihe weiterer Wasserläufe in Assyrien, von denen manche heute nur noch saisonal Wasser führen. Unter der Vielzahl dieser kleineren Ströme sind für diese Arbeit vor allem der Ḫosr (Ḫūzur), das Wādī Shur, das Wādī aš-Šauf (auch Shor Dere) sowie der Čāy Šiwasur von Bedeutung, da an ihren Ufern wichtige befestigte Städte lagen. Neben der räumlichen Abgrenzung hatten diese Flussläufe auch Auswirkungen auf den Verkehr innerhalb Zentralassyriens, da die Überquerung vieler Ströme nur an geeigneten Stellen möglich war. Zugleich dienten sie jedoch auch als Wasserwege, die für den Verkehr von großer Bedeutung gewesen sein dürften.3 Verschiedene Höhenzüge, die Vorgebirge des Zagros darstellen, trugen zur weiteren Untergliederung Zentralassyriens bei. So wurde das Umland von Aššur nach Westen hin vom Ǧabal Ḫānūqa, 1 2 3

Radner 2011: 321 Siehe auch Kap. 1 Fn. 17. Siehe hierzu insbesondere Altaweel 2008. Morandi Bonacossi/Iamoni 2015: 28–29.

einem Ausläufer des Ǧabal Makḥūl bzw. Ǧabal Ḥamrīn, begrenzt, während nach Osten hin der Tigris als Beschränkung des Hinterlandes angesehen werden kann. Die Region auf der gegenüberliegenden Seite des Stroms (Maḫmūr-Ebene) war durch die Gebirgszüge des Ǧabal Qara Čaūq sowie des einige Kilometer weiter nordöstlich verlaufenden Avanah Daġ physisch von der Ebene um Arbaʾil getrennt.4 Das Gebiet nordöstlich des Ǧabal Qara Čaūq gliederte sich durch den Demir Daġ in zwei Ebenen, die jeweils das Hinterland von Arbaʾil bzw. Kilizu darstellten. Im nördlichen Kernland, das von Tigris, Großem Zāb und im Nordosten dem Ǧabal Bāʿšīqā und dem Ǧabal Maqlūb eingefasst wurde, befanden sich ebenfalls mehrere befestigte größere Siedlungen. Einige niedrige Höhenzüge definierten eine Reihe von Ebenen entlang des Tigris (Hinterländer von Kalḫu, Ninua und Tarbiṣu) oder im Inneren Nordassyriens (Umgebungen von Dūr-Šarrukīn, Imgur-Enlil, Kār-Mulissi und Šibaniba). Dabei ist hervorzuheben, dass die Siedlungen abseits des Tigristals jeweils im Einzugsgebiet eines der kleineren in den Tigris mündenden Wasserläufe lagen.

2.2 Die Geschichte des Neuassyrischen Reiches – ein Überblick5

Konventionell wird der Beginn der neuassyrischen Zeit mit der Regierungszeit Aššūr-dāns  II. (934–912 v. Chr.) gleichgesetzt. Nach einer längeren Schwächephase, die mit dem Tod Tukultī-apilEšarras  I. 1076  v.  Chr. begonnen hatte, setzte mit Aššūr-dān  II. eine erneute Expansion nach Westen ein, im Zuge derer mehrere Kriege gegen Ḫanigalbat, das zu dieser Zeit in etwa das Ḫābūr-Dreieck umfasste, geführt wurden. Von Aššūr-dāns II. Nachfolger, Adad-nērārī II. (911–891 v. Chr.), sind ebenfalls mehrere Berichte über Feldzüge gegen Ḫanigalbat 4 5

Mühl 2013: 5. Aufgrund der großen Menge an Daten, die archäologische, philologische und kunsthistorische Forschungen erbracht haben, sowie der vielen darin enthaltenen Facetten kann hier keine detaillierte Studie zur Geschichte dieses Zeitraums, sondern nur ein kurzer Überblick präsentiert werden. Für Zusammenfassungen der Geschichte der neuassyrischen Zeit siehe u. a. Cancik-Kirschbaum 2003: 59–98; Frahm 2017a; Radner 2015; Roaf 1990: 158–198; Saggs 1984: 70–121; Van De Mieroop 2004: 216–252.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Ḫosr

8

Dūr-Šarrukīn

1

Gomel

Tarbiṣu Ninua Tig

Imgur-Enlil

b Zā r e

oß Gr

ris

A Kalḫu

Arbaʾil

4 B Kilizu

3 C 2

Tall Ibrāhīm Bāyis

Aššur 5 50 km

Fundort

A) Wādī aš-Šauf 1) Ǧabal Bāʿšīqā 4) Demir Daġ B) Čāy Šiwasur 2) Ǧabal Qara Čaūq 5) Ǧabal Ḫānūqa C) Kleiner Zāb 3) Avanah Daġ Abb. 3: Geografische Karte Zentralassyriens mit Lokalisierung der für die Arbeit relevanten Fundorte.

überliefert.6 Danach rückten unter TukultīNinurta II. (891–884 v. Chr.) auch der Oberlauf des Tigris, das untere Ḫābūr-Tal, der mittlere Euphrat sowie weiter westlich gelegene Ländereien in den Fokus der assyrischen Expansion. 6

Fales 2012: 106–110.

Aššur-nāṣir-apli II. scheint eine weitgehende Befriedung der zuvor umkämpften Gebiete erreicht zu haben, indem er manche von ihnen zu Vasallen des Neuassyrischen Reiches machte, die regelmäßig Tribut lieferten.7 Zudem etablierte er die assyrische

7

Zu den Feldzügen Aššur-nāṣir-aplis II. siehe Filippi 1977. Für einen Überblick zu Aššur-nāṣir-aplis II. Wirken siehe

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2 Geografischer und historischer Kontext

9

Dūr-Šarrukīn Tarbiṣu Ninua Tig

Imgur-Enlil

ris

Arbaʾil

Kalḫu

Kilizu

Tall Ibrāhīm Bāyis

Aššur

50 km

Fundort

Abb. 4: Kartierung der in Zentralassyrien fassbaren Hohlwege (nach Altaweel 2008).

Verwaltung in der Umgebung von Tušḫan am Oberlauf des Tigris und führte Feldzüge gen Osten. Neben den militärischen Erfolgen, die sowohl inschriftlich als auch bildlich in Form der Palastreliefs im Nordwestpalast von Kalḫu8 und auf den Torbeschlägen aus Imgur-Enlil9 dokumentiert wurden, profilierte sich Aššur-nāṣir-apli II. vor allem als Bauherr, indem 8 9

Paley 1976. Für eine Zusammenstellung der Reliefs aus dem Nordwestpalast von Kalḫu siehe Barnett/Falkner 1962; Meuzynski 1981; Paley/Sobolewski 1991. Siehe hierzu Curtis/Tallis 2008.

er in vielen Teilen des Reiches befestigte Anlagen, Paläste und Tempel errichten ließ. Als sein größtes Unterfangen darf wohl die Erschaffung der neuen Kapitale Kalḫu knapp nördlich des Zusammenflusses von Tigris und Großem Zāb angesehen werden (vgl. Abb. 3). Diese Stadt blieb bis zur Gründung Dūr-Šarrukīns durch Šarru-ukīn II. (721–705 v. Chr.) das politische Zentrum des Reiches. Auf Aššur-nāṣir-apli II. folgte Salmānu-ašarēd III. (858–824  v.  Chr.), der das Territorium Assyriens durch mehrere Feldzüge erweiterte. Diese militärischen Kampagnen, die nicht nur in seinen

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»Bergesgleich baute ich hoch«

10 Aššūr-dān II.

934–912 v. Chr.

Adad-nērārī II.

911–891 v. Chr.

Tukulti-Ninurta II.

891–884 v. Chr.

Aššur-nāṣir-apli II.

883–859 v. Chr.

Salmānu-ašarēd III.

858–824 v. Chr.

Šamšī-Adad V.

823–811 v. Chr.

Adad-nērārī III.

810–783 v. Chr.

Salmānu-ašarēd IV.

782–773 v. Chr.

Aššur-dān III.

772–755 v. Chr.

Aššur-nērārī IV.

754–745 v. Chr.

Tukultī-apil-Ešarra III.

745–727 v. Chr.

Salmānu-ašarēd V.

727–722 v. Chr.

Šarru-ukīn II.

721–705 v. Chr.

Sîn-aḫḫē-erība

704–681 v. Chr.

Aššur-aḫa-iddina

680–669 v. Chr.

Aššur-bāni-apli

668–631 v. Chr.

Aššur-ētel-ilāni

631–627 v. Chr.

Sîn-šarra-iškun

626–612 v. Chr.

Aššur-uballiṭ II.

611–609 v. Chr.

Abb. 5: Regierungszeiten neuassyrischer Herrscher (nach Frahm 2017b).

Inschriften,10 sondern auch auf den Darstellungen auf den bronzenen Torbeschlägen aus Imgur-Enlil festgehalten wurden,11 führten ihn zunächst an den oberen syrischen Euphrat, wo ihm die Eroberung von Bīt Adīni gelang. Die einer zweijährigen Belagerung folgende Einnahme Til-Barsips, welches in der Folge in Kār-Salmānu-ašarēd umbenannt wurde, markierte einen seiner größten Erfolge.12 Salmānuašarēd III. führte jedoch auch mehrere militärische Operationen in Ostanatolien und westlich des Euphrats durch, im Zuge derer es zu der berühmten Schlacht gegen die von Hadad-Ezer von Damaskus geführte Koalition bei Qarqūr im Jahr 853  v.  Chr. kam.13 Er scheint mit seinem Heer dabei sogar bis nach Que, dem heutigen Kilikien, vorgedrungen zu sein und dort mehrere Orte erobert zu haben.14 Darüber hinaus zog er auch gegen einige chaldäische Stämme in Babylonien (Bīt Dakūri, Bīt Jakīn und Bīt 10 Eine zusammenfassende Studie hierzu bietet Yamada 2000. 11 Zu den Darstellungen auf den Torbeschlägen siehe King 1915; Schachner 2007. 12 Fuchs 2008b: 60. 13 Siehe hierzu Yamada 2000: 153–163. 14 Yamada 2000: 197–205, 218–221.

Amukāni) ins Feld und unterstützte den neubabylonischen König Marduk-zākir-šumi in seinem Kampf gegen Marduk-bēl-uṣāṭe.15 Neben diesen Feldzügen errichtete Salmānu-ašarēd  III. innerhalb Assyriens viele Monumentalbauten, z.  B. in Kalḫu, Aššur und Imgur-Enlil. Obwohl Salmānu-ašarēd  III. für eine beträchtliche Vergrößerung der Macht Assyriens gesorgt hatte, kam es am Ende seiner Regierungszeit 826 v. Chr. zu einem von Aššur-daʾʾin-aplu angeführten Aufstand, den Šamšī-Adad V. (823–811 v. Chr.) erst nach einigen Jahren beenden konnte.16 Zu den insgesamt 27 rebellierenden Städten, die Šamšī-Adad  V. in seinem Siegesbericht erwähnte, zählten eine Reihe wichtiger neuassyrischer Zentren wie Arbaʾil, Aššur, Ninua, Imgur-Enlil oder Šibaniba.17 Demnach muss es sich um ein gravierendes Ereignis gehandelt haben, das insbesondere das assyrische Kernland betraf und sogar in der Eponymenliste dokumentiert wurde.18 15 Siehe Hulin 1963: 55–56, 64–65; Oates/Oates 2001: 174. 16 Siehe hierzu Fuchs 2008a: 66–68; Mühl 2013: 199–200. 17 RIMA 3: A.0.103.1, i 39–53. 18 Siehe Millard 1994: 57.

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2 Geografischer und historischer Kontext Es folgte eine Zeit, die als Schwächephase des Neuassyrischen Reiches verstanden werden kann. Adad-nērārī III. (810–783 v. Chr.) scheint noch der stärkste Herrscher in diesem Zeitraum gewesen zu sein, doch lag die eigentliche Macht in dieser Epoche vermutlich in den Händen hoher assyrischer Beamter wie Nergal-ēreš oder Šamšī-ilu.19 Gegen Ende dieses Zeitabschnitts kam es 763–758  v.  Chr. während der Regentschaft Aššur-dāns  III. (772– 755 v. Chr.) zu einer weiteren Rebellion, die sowohl Teile Zentralassyriens als auch wichtige Provinzzentren wie Guzāna und Arrapḫa bedrohte.20 Es zeigt sich also, dass Assyrien im letzten Viertel des 9. und der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. innerlich stark zerrüttet war. Erst Tukultī-apil-Ešarra III. (745–727 v. Chr.), der in Folge einer von ihm angezettelten oder zumindest geduldeten Revolte auf den Thron gelangte,21 schaffte es, die Institution des assyrischen Königtums wieder zu stärken22 und die Grenzen des Neuassyrischen Reiches durch Feldzüge nach Norden, Westen und Süden zu erweitern. Zudem organisierte er sowohl die Armee als auch die Provinzstruktur Assyriens neu, wodurch er die Macht des Staates in den Provinzen festigte.23 Insbesondere durch die Umstrukturierung des Provinzverwaltungssystems schuf Tukultī-apil-Ešarra III. ein über viele Jahrzehnte weitgehend stabiles Gebilde.24 Eine entscheidende Änderung dabei war, dass er die Gouverneursposten nun gezielt mit Leuten besetzte, die ihm Rechenschaft schuldig waren. Damit erschwerte er die Bildung quasi autark herrschender lokaler Dynastien. Diese Reformen wurden von seinen Nachfolgern übernommen und führten dazu, dass Assyrien in der zweiten Hälfte des 8. und im 7. Jahrhundert v. Chr. die Hegemonialstellung im Vorderen Orient erreichte. Einige Jahre nach Tukultī-apil-Ešarras  III. Tod und der sich daran anschließenden kurzen Regierungszeit Salmānu-ašarēds  V. (726–722  v.  Chr.) kam Šarru-ukīn II. (721–705 v. Chr.) an die Macht.25 Aufgrund seiner in Schrift und Bild festgehaltenen Eroberungszüge ist bekannt, dass unter ihm das militärische Engagement Assyriens einen Höhenpunkt erreichte.26 Einen besonderen Stellenwert nahmen

19 Für eine detaillierte historische Studie dieser Ära siehe Fuchs 2008a. 20 Fuchs 2008a: 86–89. 21 Zawadski 1994. 22 Fuchs 2008a: 94–96. 23 Siehe Manitius 1910: 107–117; Postgate 1979: 194; Saggs 1984: 85–92; Van De Mieroop 2004: 233– 245; v. Soden 1963: 143. 24 Saggs 1984: 85–86. 25 Zu den Umständen der Thronbesteigung Šarru-ukīns II. siehe Chamaza 1992; Tadmor 1958: 30–31. 26 Eine detaillierte Studie zu den Inschriften Šarru-ukīns II. aus Dūr-Šarrukīn bietet Fuchs 1994. Bezüglich der Reliefdarstellungen aus Dūr-Šarrukīn siehe in erster Linie Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1–2. Siehe auch Alben-

11

dabei seine Feldzüge gegen die Mannäer, den nördlichen Rivalen Urarṭu und die Eroberung Bābilis ein. Darüber hinaus führte Šarru-ukīn II. mehrere Bauprojekte in Assyrien durch, von denen die Errichtung einer neuen Hauptstadt, die er nach sich selbst benannte (Dūr-Šarrukīn), wohl das prominenteste war. Seine Regierungszeit endete 705 v. Chr. abrupt, als er während eines Feldzugs in Tabal (heutiges Südanatolien) umkam. In der Folge des frühzeitigen Ablebens des Königs bestieg Sîn-aḫḫē-erība (705–681  v.  Chr.) den assyrischen Thron. Der Beginn seiner Ägide war vor allem davon geprägt, aufflammende Rebellionen niederzuschlagen.27 Aus seinen Inschriften und den vielen im Südwestpalast von Ninua gefundenen Reliefdarstellungen sind vor allem die Feldzüge des Königs in die südliche Levante bekannt.28 Die wohl fehlgeschlagene Belagerung Jerusalems29 und der in einem eindrucksvollen Reliefzyklus dargestellte Sturm auf Lachish30 dürfen diesbezüglich als zwei der prominentesten Belege dafür angesprochen werden. Sîn-aḫḫē-erība verewigte sich aber auch in Form mehrerer Bauprojekte, unter denen die Expansion Ninuas und Anlage von Kanalbauten einen hohen Stellenwert einnahmen.31 Ein weiteres markantes politisches Ereignis stellte die Eroberung und Zerstörung Bābilis 689  v.  Chr. dar. Diese Tat war das Resultat des ständigen Aufbegehrens dieser zeitweise von Marduk-apla-iddina II. (721–710 und 703 v. Chr. ) regierten Region gegen die neuassyrische Oberherrschaft.32 Auch Sîn-aḫḫē-erība starb gewaltsam: 681 v. Chr. wurde er vermutlich von Arda-Mullissi, seinem eigenen Sohn, ermordet.33 Es folgten Streitigkeiten um die Thronnachfolge, aus denen Aššur-aḫa-iddina (681–669  v.  Chr.) als Sieger hervorging. Wie schon sein Vater scheint Aššur-aḫa-iddina in erster Linie darauf bedacht gewesen zu sein, die Integrität der Grenzen des Reiches zu wahren. Dabei musste er sich mit aufständischen Fürsten in verschiedenen Teilen des Reiches auseinandersetzen, wie die Stele aus Samʾal eindrucksvoll belegt.34 Zu seinen militärischen Erfolgen 27

28

29

30 31

32 33 34

da 1986. Zu den Feldzügen Šarru-ukīns II. siehe des Weiteren Maniori 2014. Siehe hierzu zusammenfassend Frahm 1997: 8–19; Grayson/Novotny 2012: 9–16. Zusammenstellungen der Reliefs aus dem Südwestpalast von Ninua bieten Barnett/Bleibtreu/Turner 1998; Paterson 1915. Siehe hierzu Frahm 1997: 11; Kalimi/Richardson 2014. Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 330. Siehe hierzu auch Ussishkin 1982; 1990. Siehe hierzu u. a. Bagg 2000: 167–229; Jacobsen/Lloyd 1935; Reade 1978a: 61–72; 1978b: 157–175; Ur 2005. Cancik-Kirschbaum 2003: 78–79; Roaf 1990: 188; Van De Mieroop 2004: 237–238. Frame 1992: 64; Saggs 1984: 104–105. Siehe hierzu u.  a. Börker-Klähn 1982: 213–214; Abb. 219; Porter 2000; Schrader 1893; von Luschan 1893.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

12

Ḫarrānu

Naṣibina

609 v. Chr. 614 v. Chr.

Tarbiṣu 614 v. Chr.(?) Ninua 612 v. Chr.

615 v. Chr. 614 v. Chr.

Anat

Aššur

Tikritain

615 v. Chr.

Sieg medisch-babylonische Koali�on Sieg Babylonier Sieg Meder Sieg Assyrer

Euphrat

Tigris

Abb. 6: Kartierung der Ereignisse des babylonisch-medischen Feldzugs gegen das Neuassyrische Reich (nach TCS 5: Chronicle 3, 16–69).

zählten des Weiteren die Feldzüge gegen Ägypten, in denen er den ägyptischen Herrscher Taḫarqa besiegte. Aššur-aḫa-iddina war jedoch auch um diplomatische Lösungen bemüht. Das Abkommen mit den iranischen Stämmen, welche zuvor für Unruhe an den Grenzen des Reiches gesorgt hatten, zeigt dies.35 Davon abgesehen war ihm offensichtlich eine Verbesserung des Verhältnisses mit Babylonien ein Anliegen, was sich u. a. in seiner regen Bautätigkeit in altehrwürdigen babylonischen Zentren äußerte.36 Doch auch in Zentralassyrien war er aktiv. In Ninua, Aššur und Kalḫu ließ er verschiedene Prachtbauten errichten oder bestehende Bauwerke in monumentaler Weise erweitern. Nach Aššur-aḫa-iddinas Tod im Jahr 669  v.  Chr. folgte Aššur-bāni-apli als nächster Herrscher von Assyrien, während sein Bruder Šamaš-šuma-ukīn als König von Bābili eingesetzt wurde. Aššur-bāniapli (669–631/627 v. Chr.) behauptete die Staatsgrenzen und konnte sogar Taḫarqa und somit Ägypten nochmals bezwingen.37 Zudem errang er 653  v.  Chr. in der berühmten Schlacht am UlayaFluss einen entscheidenden Sieg über die Elamer und ihren König Teumman,38 dessen Kopf am Ende

35 Siehe SAA 2: 6; Wiseman 1958. 36 Siehe hierzu Frame 1992: 64–65, 67–78; Porter 1993: 41–75. 37 Zu den Inschriften Aššur-bāni-aplis siehe Borger 1996; Streck 1916. 38 Für genauere Studien zur Schlacht am Ulaya-Fluss siehe u. a. Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 94–95; Córdoba 1997; Kaelin 1999; Reade 1979: 96–101; Scurlock

der Schlacht abgetrennt und in verschiedenen Städten des Reiches als Trophäe ausgestellt wurde.39 Im Jahr nach dem Sieg über Elam brach in Babylonien eine von seinem Bruder Šamaš-šuma-ukīn angeführte Rebellion aus, die insgesamt vier Jahre dauerte. 648  v.  Chr. triumphierte Aššur-bāni-apli und nahm Bābili wieder ein. Über das Ende von Aššur-bāni-aplis Herrschaft ist wenig bekannt.40 Einerseits könnte er den Thron bereits 631 v. Chr. abgetreten und sich nach Ḫarrānu zurückgezogen haben, bevor er 627  v.  Chr. verstarb.41 Andererseits erscheint es möglich, dass er bereits 631 v. Chr. starb, als Aššur-etel-ilāni noch ein Kind war. Anhänger dieser Ansicht glauben, dass daraufhin ein enger Vertrauter Aššur-bāni-aplis, Sînšum-līšir, als Vormund Aššur-etil-ilānis die Amtsgeschäfte leitete.42 Für Verwirrung sorgt nach wie vor die Frage, ob Aššur-bāni-apli und Kandalānu dieselbe Person waren.43 J.  Oates schlug vor, dass Kandalānu der babylonische Thronname Aššurbāni-aplis gewesen sein könnte.44 Andererseits könnte Aššur-bāni-apli Kandalānu nach der Beseitigung Šamaš-šuma-ukīns in Bābili als Statthalter ein1997: 506–508. 39 Siehe hierzu u. a. Bahrani 2004; Bonatz 2004; Watanabe 2004: 107–111. 40 Cancik-Kirschbaum 2003: 95. 41 Oates 1991: 167. 42 Fuchs 2014: 35, 54–58. 43 Siehe z. B. Zawadski 1988: 57–62. 44 Oates 1991: 170–171.

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2 Geografischer und historischer Kontext

13

gesetzt haben,45 was in Anbetracht der verfügbaren zeitgenössischen Quellen plausibel erscheint.46 Nach Aššur-bāni-aplis Regierungszeit begann die assyrische Vormachtstellung in Vorderasien schnell zu schwinden. Es liegen nur wenige Informationen zu den letzten Königen Assyriens Aššur-etililāni (631–624  v.  Chr.) und Sîn-šarra-iškun (623– 612 v. Chr.) vor, und es ist ungewiss, welche Gründe genau zum Untergang des Neuassyrischen Reiches führten.47 Jedenfalls gelang es Nabû-apla-uṣur, einem chaldäischen Fürsten, Bābili in einem Maß zu stärken, dass es in einer Allianz mit den westiranischen Medern Assyrien besiegen konnte.48 Die neubabylonischen Chroniken berichten, dass sich die Eroberung Assyriens über mehrere Jahre hinzog (Abb. 6).49 Wie dem Text zu entnehmen ist, war Assyrien zu diesem Zeitpunkt nicht gänzlich wehrlos. 615  v.  Chr. gelang es den Assyrern noch, den babylonischen Angriff auf Aššur abzuwehren und Nabû-apla-uṣur zum Rückzug nach Tikritain zu zwingen. 614 v. Chr. eroberten aber die Meder Aššur, und 612  v.  Chr. fiel schließlich auch Ninua. Zwar konnte Aššur-uballit  II. sich nochmals in Ḫarrānu sammeln und Nabû-apla-uṣur mithilfe Ägyptens militärisch entgegentreten, doch verschwand Assyrien 609 v. Chr. nach einer erneuten Niederlage endgültig von der politischen Landkarte. Daraufhin stieg das

Neubabylonische Reich zur Hegemonialmacht im Vorderen Orient auf.50 Wie es angesichts der im Verlaufe dieser Arbeit evident werdenden Wehrhaftigkeit ihrer Befestigungsanlagen dazu kommen konnte, dass die assyrischen Residenzstädte zwischen 615 und 612 v. Chr. so schnell fielen, gibt Rätsel auf, insbesondere, da die Verteidigungsanlagen zu dieser Zeit wohl noch weitgehend intakt waren. Die Gründe hierfür waren vermutlich vielschichtig und unterschieden sich womöglich von Siedlung zu Siedlung. Einer der Hauptgründe dürften aber die wirtschaftlichen Probleme gewesen sein, unter denen Assyrien im späten 7. Jahrhundert v. Chr. litt. Fehlende finanzielle Mittel könnten dazu geführt haben, dass ausreichend große Besatzungen für die Fortifikationen nicht mehr aufgestellt werden konnten, womit die langen Stadtmauern zu einem ernsthaften Risiko wurden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern die Einwohner der einstmals prunkvollen urbanen Zentren noch dazu bereit waren, die jeweiligen Städte bis zum Letzten zu Verteidigen. Die vielen Niederlagen gegen die medisch-babylonische Koalition dürften den Nimbus der Unbesiegbarkeit des assyrischen Heeres und damit einhergehend auch die Legitimation des neuassyrischen Königs ernsthaft in Frage gestellt haben.

45 So u. a. Brinkman 1984: 106; Frame 1992: 193–195; Fuchs 2014: 27–28. 46 Siehe hierzu ausführlich Frame 1992: 296–306; Naʾaman 1991: 251–254. 47 Eingehendere Studien zu den Entwicklungen in den letzten Jahren des Neuassyrischen Reiches bieten u. a. Fuchs 2014; Hauser 2012: 47–49; Miglus 2000: 86–89; Naʾaman 1991; Oates 1991: 172–184; Oelsner 1999; Zawadski 1988. 48 Eine detaillierte Analyse des Aufstiegs Nabû-apla-uṣurs und des babylonisch-assyrischen Konfliktes bietet Fuchs 2014. 49 Siehe TCS 5: Chronicle 3.

50 Fuchs 2014: 41–43.

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Kapitel 3

Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Im Folgenden werden die für die vorliegende Untersuchung relevanten Daten zusammengetragen und kritisch geprüft. Neben der Beschreibung und Diskussion archäologisch erforschter Befestigungsanlagen wird auch der geografische und topografische Kontext der befestigten Siedlungen unter Verwendung von Methoden der Fernerkundung (vgl. Kap. 1.3) untersucht. Auf diese Weise sollen Landschaftsmerkmale herausgestellt werden, die in der Planung der Fortifikationen sowie ihrer Elemente eine Rolle gespielt haben könnten. Darüber hinaus werden Text- und Bildquellen, die für die zeitliche Einordnung und Rekonstruktion des einstigen Erscheinungsbildes relevant sind, eingebunden.1

3.1 Aššur

Der nordirakische Fundort Qalʿat aš-Šarqāṭ, der schon früh mit dem antiken Aššur identifiziert werden konnte,2 besitzt eine Fläche von ca. 78 ha. Davon nimmt die Innenstadt ca. 47 ha ein (Abb. 8). Die Siedlung war der Wohnsitz des Reichsgottes Aššur und beherbergte sein wichtigstes Heiligtum, den Aššur-Tempel, der im Nordosten der Stadt lag.3 Ihre Bedeutung für den assyrischen Staat kann daher nicht überschätzt werden. Dank der extensiven Ausgrabungen, die von der Deutschen Orient-Gesellschaft unter der Leitung von W.  Andrae 1903–1914 durchgeführt wurden, und diversen kleineren Expeditionen danach,4 können sowohl die Siedlungsgeschichte als auch die Binnenstruktur des Ortes als gut erforscht gelten. Die Siedlungsaktivität in Aššur reicht mindestens bis in das 3. Jahrtausend v. Chr., womöglich sogar in das späte 4. Jahrtausend v. Chr. zurück, doch wurden diese Schichten nur punktuell erreicht.5 Wesentlich 1

Da die neuassyrischen Befestigungsanlagen an einigen Fundorten unter verschiedenen Königen errichtet wurden und teilweise Unklarheit über mögliche Vorläufer innerhalb der neuassyrischen Zeit herrscht, werden die relavanten Siedlungen hier in geografischer Reihenfolge von Süden nach Norden behandelt. 2 Novák 1999: 110. 3 Zur Bedeutung Aššurs als Sitz des Reichsgottes siehe u. a. Maul 1997: 122–124; 2017. Zu den Ergebnissen der Ausgrabungen am Aššur-Tempel siehe Gries 2017; Haller/Andrae 1955: 6–73. 4 Überblicke zur Forschungsgeschichte Aššurs inklusive der Aufarbeitungsprojekte bieten insb. Hausleiter 2011: 59–60; Miglus 2006–2008: 146–147. 5 Für eine detaillierte Besprechung der entsprechenden

umfangreicher sind die Befunde aus dem frühen 2.  Jahrtausend  v.  Chr., als verschiedene Monumentalbauten – u. a. die Stadtmauer – entstanden. In der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. war Aššur das politische und kulturelle Zentrum des Mittelassyrischen Reiches – abgesehen von der kurzfristigen Verlagerung der königlichen Residenz nach Tulūl al-ʿAqar (Kār-Tukultī-Ninurta). In diesem Zeitraum kam es neben regen Bautätigkeiten auch zu einer grundlegenden Umgestaltung der Stadt, indem im Süden die sogenannte »Neustadt« hinzugefügt wurde.6 In der neuassyrischen Epoche, welche am besten untersucht werden konnte, büßte der Ort durch den Umzug der königlichen Residenz in die Zentren des nördlichen Kernlands zwar an politischem Einfluss ein, behielt aber vor allem seine religiöse Bedeutung. Die fortwährende politische Signifikanz der Stadt und ihre enge Verbundenheit mit dem Königtum zeigt sich daran, dass die neuassyrischen Könige im Alten Palast ihre letzte Ruhestätte fanden und wichtige militärische Botschaften nach Aššur geschickt wurden.7 Darüber hinaus ist auf das Krönungsritual zu verweisen, welches ebenfalls stets in Aššur zelebriert wurde.8 In diesem Zeitraum wurden die Fortifikationen Aššurs des Öfteren zum Teil tiefgreifend verändert. Trotz ihrer Wehrhaftigkeit wurde die Stadt laut der neubabylonischen Überlieferung im Jahr 614 v. Chr. von den Medern erobert (vgl. Kap. 2.2; Abb. 6). Wie verschiedene mindestens noch in die Zeit des Hellenismus reichende Funde und Strukturen belegen, brach die Besiedlungsgeschichte Aššurs damit jedoch nicht ab. Obwohl die Siedlungsreste aus den neubabylonischen, achämenidischen und seleukidischen Perioden auf eine deutlich reduzierte Bedeutung der Siedlung hinweisen,9 stellte Aššur in parthischer Zeit wieder ein wichtiges kultisches

6 7 8 9

Funde und Befunde siehe Andrae 19702; Bär 1999; 2003; Margueron (2013: 173) argumentierte, die Stadt sei auch zu dieser Zeit bereits von einer Befestigungsmauer umgeben gewesen. Konkrete Hinweise finden sich dafür jedoch nicht, wenngleich die Möglichkeit nicht kategorisch auszuschließen ist. Andrae 1913a: 4–5; Miglus 2010: 234, 236–237. Siehe hierzu Hauser 2012: 109–110; Postgate 2011: 93–94. Vergleiche Maul 2017: 348. Vergleiche Curtis 2003: 161–162; Miglus 1996: 44, 65; 2000: 86, 90–93.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

16

Alter Palast

bīt akītu

Große mušlālu Zikkurat

Aššur-Tempel

»Karawanserai« Unteres Tor

Nordwestliche Vormauer

Anu-AdadTempel

Östliche Befes�gungsanlagen und Kaimauer 20 m

Außenhaken

Tigris

Neuer Palast

Oberes Tor

Sîn-Šamaš-Tempel

Tabīra-Tor

Nordwestliches Binnenwalltor

Niederwall

10 m

Ištar-Tempel 36 m

»Prinzenpalais«

Altstadt/ Innenstadt 20 m

36 m

Südliches Binnenwalltor

Wehrgang Westtore

Stelenplatz Außenwall

Stadtgraben

Neustadt/ Südstadt Südwall 10 m

200 m

Erhalten Rekonstruiert Bauwerk (Auswahl)

Abb. 7: Plan von Aššur mit Kennzeichnung relevanter Strukturen und Bereiche (nach Andrae 1913a: Taf. 2–4).

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

17

Außenhaken

Binnenhaken Binnenwall

Außenwall Stadtgraben

Stadtgraben(?)

250 m

16.08.1968 (ds1104-2138df010)

Abb. 8: CORONA-Satellitenbildaufnahme von Aššur.

und politisches Zentrum dar, in dem mehrere Monumentalbauten entstanden.10

3.1.1 Das geografische Setting

Aššur wurde auf einem das Tigristal überragenden Felssporn am nordwestlichen Ende des Ǧabal Ḫānūqah gegründet. Der Fundort liegt auf dem westlichen Ufer des Tigris ca. 28 km nordwestlich der Mündung des Kleinen Zāb und ca. 52 km nord10 Siehe hierzu Andrae 19772: 237–272; Andrae/Lenzen 1933; Hauser 2011; Miglus 1996: 44, 65–70.

westlich des Durchbruchs des Flusses durch die Höhenzüge des Ǧabal Makḥūl und des Ǧabal Ḥamrīn (Abb. 3). Innerhalb Assyriens kann Aššur als zentraler Ort des südlichen Kernlands bezeichnet werden, während Ninua den nördlichen Teil dominierte.11 Zudem kamen in Aššur die Verbindungsrouten vom unteren Ḫābūr und dem südlich gelegenen Gebiet des mittleren Euphrats an.12 Die verkehrstechnische Anbindung des Ortes in neuassyrischer Zeit war allerdings 11 Novák 1999: 133–134. 12 Bernbeck 1993: 92–95, Abb. 10; Kühne 1994: 62.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Aššur

10 km

Abb. 9: viewshed-Modell von Aššur, basierend auf einem SRTM90-DGM.

nicht optimal. Zu den Residenzstädten bestanden beträchtliche Distanzen, und der primäre Verkehrsweg von Babylonien nach Assyrien verlief zu dieser Zeit vermutlich östlich des Tigris.13 Das Fehlen einer Furt bei Aššur erschwerte zudem den Zugang zum Osttigrisgebiet. Vermutlich wurde dieses Problem durch die Einrichtung einer Fährverbindung zwischen Aššur und Isdere bzw. Kār-Tukultī-Ninurta und Aššur gelöst.14 13 Siehe Fuchs 2011b: 302–305. 14 Siehe Altaweel 2008: 68–69; Mühl 2012: Abb. 5; 2013: 50. Die Bedeutung des Schiffverkehrs für Aššur wird auch von den archäologisch erfassten Kaimauern entlang der östlichen Front der antiken Siedlung (vgl. Andrae 1913a: 149–152) sowie neuassyrischen Briefen (z.  B.

Größere Ackerflächen scheint es in der näheren Umgebung von Aššur nicht gegeben zu haben. Wie einige mittelassyrische Texte andeuten, wurde Getreide vor allem in den Flussauen angebaut. Trockenperioden konnten sich aber stark auf die Ernteerträge auswirken.15 Hinsichtlich des Sichtfeldes zeigt ein auf SRTM90Daten basierendes viewshed-Modell, dass von Aššur aus vor allem das Tigristal gut überwacht werden konnte (Abb. 9). Direkter Sichtkontakt bestand zudem vermutlich sowohl mit Haikal (altassyrisch SAA 1: 55; SAA 1: 56) bekräftigt. 15 Altaweel 2003a; 2008: 46.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Ekallātum?),16 einem Fundort, der den spärlichen verfügbaren Informationen nach zu urteilen u. a. in der neuassyrischen Zeit besiedelt gewesen zu sein scheint,17 als auch mit Kār-Tukultī-Ninurta.18 Nach Süden hin reichte die Sicht nicht nur bis zum angenommenen Fährhafen bei Isdere (siehe oben), sondern auch bis zum Fundort Tall al-Sadr, für den eine Besiedlung in neuassyrischer Zeit angenommen werden darf.19 Darüber hinaus bot der Standort nur begrenzte Möglichkeiten zur Kontrolle seiner direkten Umgebung. Sowohl die sich jenseits des Flusses erstreckende Maḫmūr-Ebene als auch das sich westlich des Fundortes anschließende Hinterland waren, dem Modell nach zu urteilen, nur teilweise einsehbar. Inwiefern man dies mit Aussichtsposten zu kompensieren versuchte, lässt sich nicht sagen, zumal selbst zu den wenigen in diese Richtung gelegenen bekannten Fundorten kein Sichtkontakt bestand.20 Sollte der Sichtbereich also eine Rolle bei der Wahl des Siedlungsplatzes bzw. der Entscheidung, diesen Ort weiterhin als befestigtes Zentrum zu nutzen, gespielt haben, lag der Fokus anscheinend auf dem Tigristal und nicht den sich westlich und östlich anschließenden Landstrichen.

3.1.2 Die Fortifikationen Aššurs im 9. und frühen 8. Jahrhundert v. Chr. 21

Im 9. Jahrhundert v. Chr. kam es zu einer grundlegenden Erneuerung der Befestigungsanlagen Aššurs, im Zuge derer sowohl der Außen- als auch der Binnenwall und mit ihnen mehrere Stadttore in ihrer bekannten Form entstanden. Es handelte sich dabei jedoch nicht um eine komplette Neukonzeption der Anlage, denn die neuassyrischen Fortifikationen wurden auf den Überresten der Wehranlagen des

16 Parpola/Porter 2001: 8, Karte 10. 17 Siehe dazu die Diskussion bei Altaweel 2008: 45. 18 Zu den Hinweisen eines Fortbestehens Kār-TukultīNinurtas im 1. Jahrtausend v. Chr. siehe Beuger 2011: 185–187; Dittmann et al. 1988: 134; Eickhoff 1985: 45–47, 51; Schmidt 1999: 61. 19 Siehe hierzu Mühl 2013: 207–208; Mühl/Sulaiman 2011: 384. 20 Der nächste westlich von Aššur gelegene Fundort, für den eine neuassyrische Besiedlungsphase festgehalten wurde, ist der ca. 14 km entfernte Tulūl al-Bāǧ (vgl. Altaweel 2008: 69). 21 Da sich die Türme des Binnenwalls gut erhalten haben, werden sie, wie von Andrae praktiziert, in der Baubeschreibung zur Orientierung verwendet. Diesbezüglich ist auf eine Unstimmigkeit in den Planzeichnungen im Bereich des Tabīra-Tors hinzuweisen. Die Binnenwalltürme 13 und 14 auf Andrae 1913a: Taf. 34 entsprechen eigentlich den Türmen 12 und 13 (vgl. auch Miglus 1996: 80 Anm. 143). Auf der folgenden Tafel (Andrae 1913a: Taf. 35) wurde die Reihenfolge aber wieder korrekt wiedergegeben. Im Folgenden wird der korrekten Zählung gefolgt.

19

Abb. 10: Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Sitzstatue aus Basalt (nach Andrae 1913a: Abb. 38).

2. Jahrtausends v. Chr. errichtet.22 Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass der Verlauf des Außenwalls wohl auf Tukultī-Ninurta I. zurückgeht. Er hatte den Stadtgraben entlang der westlichen Front ausheben lassen,23 und unter ihm ist auch das Tabīra-Tor erstmals belegt.24 Zuvor hatte bereits Puzur-Aššur  III. die Fläche des umwallten Gebiets um die vom Südwall eingefasste Neustadt erweitert.25 Die Form des Binnenwalls hingegen entsprach wohl über weite Strecken der der ursprünglichen Stadtmauer Aššurs, die angeblich von dem ansonsten wenig bekannten Herrscher Kikia erbaut wurde und im Wesentlichen die Altstadt umschloss.26 Dafür spricht, dass ein Aufsitzen des Binnenwalls auf älteren Mauerstrukturen beobachtet wurde.27 Aufgrund des Umfangs und Inhalts der Bauinschriften lässt sich sagen, dass Salmānu-ašarēd  III.

22 Siehe hierzu zusammenfassend Miglus 2010. 23 Siehe hierzu Andrae 1913a: 124–126. Siehe hierzu auch die auf dem Tonnagel Ass.  1337 festgehaltene Inschrift Tukultī-Ninurtas I. (RIMA 1: A.0.78.19). 24 Vergleiche Miglus 1982: 268, 275. Die Erwähnung des Tabīra-Tors in einer Inschrift Enlil-nērārīs (RIMA  1: A.0.74.1, 3) ist rekonstruiert (vgl. auch Miglus 1982: 267) und stellt daher keinen früheren Beleg für die Existenz der Toranlage dar. 25 Siehe u. a. Miglus 1996: 56; 2010: 235–237; Unger 1929: 19. 26 Siehe Miglus 2010: 233–234. 27 Siehe Andrae 1913a: 5–6, 126–127, 129, 131–132, 137, 144–146.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

20

einen wesentlichen Anteil an diesem Bauvorhaben hatte. Die ausführlichste Beschreibung der von ihm durchgeführten Renovierungen an den Befestigungsanlagen Aššurs bietet ein Text, der auf einer Sitzstatue, welche womöglich den Schutzgott der Stadtmauer Kidudu abbildet (BM 118886; Abb. 10),28 angebracht wurde (App. I.1). In diesem Text werden mehrere Befestigungselemente erwähnt, allen voran die Hauptmauer (»Whose Brilliance Covers the Land«) und die ihr vorgelagerte šalḫû-Mauer (»Who Convulses the Regions«) sowie acht Stadttore. Dies ergänzt die umfangreichen archäologischen Befunde, die im Folgenden beschrieben werden.

3.1.2.1 Der »Außenwall«

Die eigentliche Stadtmauer, die W. Andrae als »Außenwall« bezeichnete, begann im Nordwesten der Stadt an der Terrasse des »Neuen Palastes«. Von dort aus folgte sie der Innenkante des Stadtgrabens und umschloss die gesamte westliche Seite der Altstadt. Am »Stelenplatz« knickte sie scharf nach Süden ab, um die Neustadt zu umfassen, an deren südöstlichen Ecke sich ihre Spur verliert (vgl. Abb. 7). Die Errichtung des Außenwalls wird gemeinhin Salmānuašarēd III. zugeschrieben, was durch den Fund mehrerer beschrifteter Objekte bestätigt wird.29 Wichtig hervorzuheben dabei ist, dass der Außenwall vermutlich mit der von Salmānu-ašarēd III. mehrmals genannten dūru »Whose Brilliance Covers the Land« gleichzusetzen ist.30 An seinem nördlichsten Ende fanden sich aufgrund der starken Erosionsschäden nur noch Fragmente des Außenwalls. Es ließ sich aber zumindest beobachten, dass hier die Reste der Lehmziegelterrasse des Neuen Palastes als Substruktion und das von W. Andrae beschriebene »Felstal« als natürlicher Graben ausgenutzt wurden.31 Etwas weiter südlich teilte sich der Außenwall, um ein Gebiet, das in sanfter Steigung vom Seitenarm des Tigris entlang der Nordwestfront des Neuen Palastes in Richtung des Tabīra-Tors führte, mit dem sogenannten »Außenhaken« zu umschließen (vgl. Abb. 7). An der Außenseite dieses ca. 74×122 m großen, mit Wohnhäusern bebauten Bereichs war die Mauer mit ca. 6,4 m schmaler als an anderen Stellen (Abb. 11). Die Türme fielen mit ca.  6  m Breite und 2  m Ausladung ebenfalls vergleichsweise klein aus. Darüber hinaus wurde erkannt, dass das Mauerwerk des nordwestlichen und des nordöstlichen Schenkels nicht wie andernorts auf einer Lehmziegelsubstruktion, sondern direkt auf dem gewachsenen Fels lag (Abb. 12).32 Letzterer wurde am nordöstlichen 28 Zur Identifikation des Sitzbildes mit der Gottheit Kidudu siehe Reade 1986. 29 Andrae 1913a: 4. 30 Siehe hierzu Sollee 2014. 31 Andrae 1913a: 108, 110. 32 Andrae 1913a: 112.

Schenkel so bearbeitet, dass er eine ca.  5  m breite, 3–4  m hohe abgearbeitete Steinterrasse bildete, auf der die Außenwallmauer errichtet wurde (Abb. 12).33 Ursprünglich grenzte eine innere Mauer den Außenhaken von den Wohnhausvierteln auf der ehemaligen Palastterrasse sowie zwischen dem Tabīra- und dem nordwestlichen Binnenwalltor ab (Abb. 11). Westlich des »Oberen Tors« fanden sich noch Reste des in den weiteren Verlauf des Außenwalls einbindenden, 10 m breiten Lehmziegelfundaments dieser inneren Umwallung. W. Andrae zufolge bot letzteres genügend Platz für ein 7 m breites aufgehendes Mauerwerk mit bis zu 3 m ausladenden Türmen. Östlich der Toranlage wurde die Fortsetzung dieser Mauer festgestellt, die hier nur noch 5,5–5,7 m breit gewesen zu sein scheint, dafür aber einen 7  m breiten und 2,5  m ausladenden Mauervorsprung aufwies. Zu diesem Zeitpunkt ermöglichte das »Untere Tor« den Zugang zum Außenhaken, von dem aus ein Weg durch das Obere Tor in das eigentliche Stadtgebiet führte. Anscheinend wurde dieses System erst im späten 8. Jahrhundert v. Chr. aufgegeben, als die innere Mauer des Außenhakens sowie das Obere Tor abgerissen und von Wohnhäusern überbaut wurden.34 Das Hinzufügen des Außenhakens steigerte die Wehrhaftigkeit der nordwestlichen Befestigungen Aššurs erheblich. Insbesondere der Südwest- und Südostschenkel waren mit vermutlich 7 m bzw. 5,5– 5,7 m nicht nur sehr mächtig – sollte das aufgehende Mauerwerk des Südwestschenkels tatsächlich 7 m breit gewesen sein, wofür der sehr breite Unterbau durchaus spricht, wäre er ca. 1,3–1,5 m breiter als die beiden nördlichen Befestigungsmauern des Außenhakens gewesen. Die beiden Mauerzüge lagen zudem an fortifikatorisch günstigen Positionen. Für den Südostschenkel wurde die Erhöhung, die die Lehmziegelterrasse des Neuen Palastes bot, ausgenutzt. Der Südwestschenkel lag ebenfalls an einer günstigen Stelle. Hier war der Abstand zwischen Außenfassade des Neuen Palastes und Außenwall bzw. Stadtgraben am kürzesten. Zudem befand sich hier das obere Ende des Hangs, der vom nordwestlichen Vorfeld zum Stadtgebiet hinaufführte. Eventuell hilft diese Beobachtung dabei, die Motivation hinter der Einrichtung des Außenhakens zu verstehen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Bereich mit der Intention geschaffen wurde, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Ob die Siedlungsaktivität innerhalb des Außenhakens bis in die Zeit Salmānu-ašarēds  III. zurückreichte,35 ist nach wie vor unklar. Der Ausgrabungsdokumentation 33 Andrae 1913a: 5, 41. 34 Andrae 1913a: 39, 111–114; Miglus 1996: 77–78. 35 Zu den hier erfassten Häusern siehe Miglus 1996: 77– 80; Preusser 1954: 53–55.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

21

Felsrampe

18,93

12,27 19,13

Treppenhaus

13,28

16,59

15,83

Unteres Tor 15,92

Wasserdurchlass Außenhaken

23,14

26,77

24,02

23,50

Neuer Palast (Fundament)

25,55

Oberes Tor 20 m

Abb. 11: Befundaufnahme des Außenhakens in seinem ursprünglichen Zustand (nach Andrae 1913a: Taf. 22–23, 28).

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»Bergesgleich baute ich hoch«

22

»Wehrgang« spätassyrische Häuser

Poterne

Außenwall 2. Phase

Mauerversturz

Begehungsniveaus

20 m

Außenwall 1. Phase

Innenschale

10 m

Brunnen

Abb. 12: Schnitt durch den Nordostschenkel des Außenwalls und die angrenzenden Bereiche (nach Andrae 1913a: Taf. 29.3).

ist zwar zu entnehmen, dass es mehrere Schichten von Wohnbebauung innerhalb des Außenhakens gab und die freigelegten Grundrisse nur die jüngsten Bauwerke darstellten. Konkrete Hinweise, wann die ersten Wohngebäude im Außenhaken entstanden, gibt es allerdings nicht.36 Faktisch belegt ist nur die Bebauung aus der späten neuassyrischen Zeit (8./7. Jahhundert v. Chr.). Frühere neuassyrische Wohnbauten (d. h. spätes 9. und frühes 8. Jahrhundert v. Chr.) existierten zwischen Oberem Tor und Tabīra-Tor37 sowie im Bereich der Terrasse des Neuen Palastes.38 Demnach erscheint es möglich, dass die Binnenmauer des Außenhakens zunächst als Begrenzung des eigentlichen Siedlungsgebiets konzipiert war, während die nördlichen Schenkel ein möglicherweise später hinzugefügtes Vorwerk darstellten, welches dem Zugang zum Stadtgebiet zusätzlichen Schutz bot. Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass der Südwestschenkel in seinen Ausmaßen dem Außenwall entsprach, während die nördlichen Begrenzungsmauern des Außenhakens schmaler ausfielen. Nicht unerwähnt bleiben sollte zudem, dass die Fundamentierung des Oberen Tors darauf hinweisen könnte, dass diese Toranlage größer und aufwendiger als das am hangabwärts gelegene Untere Tor war. Die Umfassung des Außenhakens vereinigte sich an dessen Westecke wieder zum Außenwall, der sich von hier aus nach Süden in Richtung des Tabīra-Tors fortsetzte. Jedoch hat die sogenannte »Westschlucht« große Teile dieses Mauerabschnitts zerstört (Abb. 7). Etwas südlich des Geländeeinschnitts knickte der Wall nach Südosten ab und 36 Siehe hierzu Andrae 1906: 9–10; 1913a: 116–117; Hauser 2012: 87–89; Hausleiter 2010: 37; Miglus 1996: 77–80; Preusser 1954: 53–55. 37 Vergleiche Miglus 1996: 76; Sürenhagen/Renger 1982: 111–112. 38 Darauf, dass sich vor dem Entstehen des Wohnviertels öffentliche Bauwerke auf der ehemaligen Palastterrasse erhoben, deuten die Reste des vor-Salmānu-ašarēd-III.zeitlichen großen Gebäudes am Binnenwallturm 1 hin (vgl. Miglus 1996: 93)

verlief 24  m parallel zur Rampe des Tabīra-Tors.39 Jenseits dieses Stadtzugangs war der Außenwall stellenweise besser erhalten, in der Regel konnten aber nur die Fundamente freigelegt werden. An dieser Front folgte die Befestigungsmauer dem Verlauf des Stadtgrabens und besaß stets einen vorgelagerten Niederwall (siehe Kap.  3.1.2.2; Kap.  3.1.3.3). Der Außenwall folgte dem gebogenen Verlauf des Stadtgrabens bis hin zum »Stelenplatz«, wo er sich wieder in einer Erosionsrinne verlor. In diesem Bereich lagen an manchen Stellen nur 20 m zwischen Außen- und Binnenwall. Zwischen Außenhaken und Stelenplatz besaß der Außenwall einen bis zu 11 m breiten Unterbau aus Lehmziegeln, der direkt auf den gewachsenen Felsen gesetzt wurde. Die Dicke des aufgehenden Lehmziegelmauerwerks konnte an den besser erhaltenen Stellen noch auf 6  m bestimmt werden, doch deutet eine Inschrift Salmānu-ašarēds  III. an, dass die Befestigungsmauer ursprünglich 20 Ziegel (ca. 8 m) breit war: »The name of the great wall is: ›Whose Brilliance Covers the Land.‹ [Its summit] pro­trudes ten bricks and it is twenty bricks wide.«40

Die Abmessungen der Türme ließen sich wegen der starken Erosionsschäden hingegen nur mithilfe anderer Anhaltspunkte rekonstruieren. W. Andrae orientierte sich hierfür an den Dimensionen der »Quaderbastionen« (vgl. Kap. 3.1.3.3). Dadurch gelangte er zu dem Schluss, die Türme seien 7–8  m breit, 3 m ausladend und in Abständen von 26–27 m oder 30 m zueinander gesetzt gewesen.41 In Ermangelung konkreter archäologischer Befunde handelt es sich hierbei jedoch um nur wenig belastbare Werte. Nach einer 42 m breiten Lücke bog der Außenwall in einem Winkel von ca.  105° nach Süden ab und bildete ein die Südstadt umfassendes Rechteck, 39 Andrae 1913a: 121–122; Halama 2011b: 257. 40 Nach RIMA 3: A.0.102.11, Left edge ii 2–4 41 Andrae 1913a: 5, 126, 128.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

»At that time the ancient wall of my city, Aššur, of New City, which had been built previously by Puzur-Aššur (III), son of Aššurnārārī (I), Adadnārārī (I), son of Arik-dīn-ili, Tukultī-Ninurta (I), son of Shalmaneser (I), (and) Tiglath-pileser (I), son of Aššur-rēša-iši (I), kings who preceded me: this wall had become dilapidated and I removed its damaged (portions), digging down to its foundation in bedrock. I completely rebuilt it from top to bottom (and) decorated (it) more splendidly than before. I made it layers of brick high and thirteen bricks wide, using the large brick mould (as standard). I mixed its clay with honey, fine oil, cedar resin, beer, (and) wine. I made its bricks with trowels (and) moulds of cedar. I deposited in its foundation silver, gold, lapis lazuli, pappardilû-stone, carnelian, shells, aromatics, all kinds of things. I used baked bricks of ... on its towers. I deposited my monumental and clay inscriptions therein.«44

Erwähnenswert ist zudem ein ca.  2,15  m breiter Durchgang, auf den die Ausgräber entlang des westlichen Schenkels des Südwalls in Planquadrat i13 stießen (Abb.  13). An der Innenseite der Öffnung durch die Befestigungsmauer fand sich ein Türangelstein, der als Hinweis auf eine Tür zu werten ist. Daher wurde die Konstruktion als Poterne aus spätneuassyrischer oder auch parthischer Zeit er42 Andrae 1913a: 133, 137. 43 Andrae 1913a: 137, 139. 44 RIMA 3: A.0.102.10, iv 40–Lower edge 1.

Kante des Außenwallfundaments

den sogenannten »Südwall«.42 Dieser stand auf einem 10,8–11  m breiten Unterbau, der vermutlich die Überreste der Umwallung der Neustadt aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. darstellte.43 Vom östlichen Ende des Stelenplatzes verlief der neuassyrische Südwall zunächst gerade nach Süden bevor er nach Ost-Süd-Ost umbog. Die Ausmaße des aufgehenden Mauerwerks ließ sich bei den Ausgrabungen nicht mehr eindeutig ermitteln. An den Stellen, wo der Aufbau noch erhalten war, betrug die Breite der auf dem Fundament gelegenen Mauer noch ca. 6–6,5 m (Abb. 13). Aufgrund der Dicke der Substruktion rekonstruierte W. Andrae eine etwa 7 m breite Befestigungsmauer mit 3,8  m ausladenden Türmen. Da die Ausgräber die Stärke des Aufbaus aber in erster Linie an der in Tunneln erfassten Innenkante des Lehmziegelmauerwerks festmachten, könnte der eigentliche Südwall auch etwas schmaler gewesen sein. Eventuell ist daher eher Salmānu-ašarēds III. Bericht, er habe die Mauer der Neustadt neu gebaut und 13 Ziegellagen dick gemacht (dies entspräche ca.  4,81  m bei 37×37  cm großen Lehmziegeln, bzw. 5,2  m bei 40×40 cm großen Ziegeln), zu folgen:

23

erhaltener Lehmziegelau�au des Außenwalls

16,71

Poterne Fußboden

16,32 15,53

14,68 16,12

13,81

17,40

Lehmziegelfundament

10 m

Abb. 13: Abschnitt des westlichen Schenkels des Südwalls mit hindurchführender Poterne (nach Andrae 1913a: Taf. 58.1).

achtet.45 Dagegen spricht jedoch, dass der Durchlass allem Anschein nach in das Mauerwerk integriert war. Zumindest wurden keine Anzeichen für ein späteres Einschneiden in den Südwall dokumentiert. Er könnte also durchaus bereits Teil des unter Salmānu-ašarēd III. errichteten Walls gewesen sein. Der Wendepunkt des Südwalls war rundlich gestaltet (Abb. 7). Von hier aus setzten sich die Fortifikationen Aššurs geradlinig nach Osten bis zum heutigen Ufer des Tigris fort, wo sich ihre Spur verliert. Am Südschenkel des Südwalls wurden drei 7,85– 8,6 m breite und 3–3,35 m ausladende Türme (A–C) freigelegt. Erwähnenswert sind dabei die im Zuge der Ausgrabungen an Turm C von den Archäologen entdeckten tunnelartigen Ausschachtungen sowie 157  bronzene Pfeilspitzen, welche als Anzeichen einer Belagerung der Stadt interpretiert wurden.46 Ein Zusammenhang mit den Angriffen auf die Stadt durch die medischen und babylonischen Truppen 615/614 v. Chr. ist naheliegend. 45 Siehe Andrae 1913a: 140. 46 Andrae 1913a: 138–141.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

24

24,93

36,76

Turm 13

35,78

24,41 32,10

34,94

Turm 14

14,98

Binnenwall

31,05

Stadtgraben ed

Ni

14,98

er

Turm 15

32,42

ll wa

33,06

Außenwall

23,26

Niederwall 20 m

Abb. 14: Freigelegte Abschnitte des Niederwalls zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur zur Zeit Salmānu-ašarēds III. (nach Andrae 1913a: Taf. 34–36).

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

25

Außenwall

Niederwall Stadtgraben

Abb. 15: Dreidimensionale Rekonstruktion des Niederwalls zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur zur Zeit Salmānu-ašarēds III.

3.1.2.2 Der »freistehende Niederwall«

Als »freistehender Niederwall« wird hier der Mauerzug zwischen der Sohle des Grabens und dem Außenwall bezeichnet, der auf der Strecke zwischen dem West- und Tabīra-Tor freigelegt wurde (Abb. 7; Abb. 14). Er war nur indirekt über die Toranlagen mit der Hauptmauer verbunden, was einen wichtigen Unterschied zu der nordwestlichen Vormauer (Kap.  3.1.3.1) und dem sogenannten Wehrgang (Kap. 3.1.3.3) darstellt. Der freistehende Niederwall, der bestenfalls bis zur Höhe des oberen inneren Rands des Grabens erhalten war, besaß eine Dicke von 3–4 m und war mit 5,2–6 m breiten, 1,4–1,5 m ausladenden Turmvorsprüngen ausgestattet. Vor allem aufgrund der in regelmäßigen Abständen gesetzten turmartigen Vorsprünge an der Außenseite der Konstruktion ist der freistehende Niederwall nicht nur als Stabilisierungselement für die Innenseite des Festungsgrabens, sondern als veritable Wehrmauer zu sehen, der einen Beschuss anrückender Feinde von zwei Ebenen aus ermöglicht hätte (Abb. 15). Es gibt Hinweise auf die Existenz einer ähnlichen Konstruktion entlang der nordwestlichen Front des Außenhakens. Entsprechende Reste fanden sich zwischen der nordwestlichen Vormauer und der Nordwestseite des Außenhakens (d.  h. zwischen den Außenhakentürmen  1 und  2), knapp nördlich des westlichen Endes der Westschlucht und im Bereich des Außenwallknicks am Tabīra-Tor.47 Am Südwall wurden keine Reste des Niederwalls dokumentiert. Es sei jedoch auf den schmalen Mauerzug aus Lehmziegeln westlich der Außenkante des Südwalls in den Quadranten iA11IV und iA11V hingewiesen (Abb. 16; Abb. 17). Es ist durchaus möglich, dass die oberen Bauphasen dieser Mauer, wie in der publizierten Zeichnung angegeben, postassyrisch oder parthisch sind. Die unterste Schicht der schmalen Mauer gründete jedoch offensichtlich auf 47 Vergleiche Andrae 1913a: Taf. 24, 30.1–2, 31.

Lücke im Mauerwerk Möglicher Niederwall

Au�au des Südwalls 10 m

Abb. 16: Südwall im Bereich der Quadranten iA11IV und iA11V (nach Andrae 1913a: Taf. 56.2).

einem Niveau, das mit dem des Steinfundaments des neuassyrischen Südwalls vergleichbar ist. Demnach scheint dem Südwall hier im Abstand von ca. 1,2 m eine ca. 2,5 m breite Mauer vorgelagert gewesen zu sein. Ob letztere Teil des freistehenden Niederwalls war, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei ermitteln, erscheint angesichts ihrer Position im Verhältnis zum Südwall aber zumindest möglich. Zeitlich wurde der Niederwall wegen der dafür verwendeten Lehmziegel, des vermuteten unvollendeten Zustands sowie der Annahme, dass ein Zu-

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»Bergesgleich baute ich hoch«

26

Au�au des Südwalls

15 m

Möglicher Niederwall

Fels Stadtgraben?

älteres Mauerwerk

SüdwallFundament

Abb. 17: Querschnitt durch den Südwall in Quadranten iA11IV und iA11V (nach Andrae 1913a: Taf. 61.1).

sammenhang mit der Vormauer im Nordwesten und dem »Wehrgang« bestand, in die spätneuassyrische Zeit (7. Jahrhundert v. Chr.) eingeordnet.48 W. Andrae hatte zudem suggeriert, der Niederwall sei als Ersatz für den Wehrgang gegründet worden, doch sei es nie zur Fertigstellung gekommen.49 Die von W. Andrae postulierte Unvollendetheit des freistehenden Niederwalls stellt allerdings eine Mutmaßung dar, die lediglich mit der angeblich auffällig ebenen Oberkante des erhaltenen Mauerwerks begründet wurde.50 Die Datierung dieses Mauerzugs ist insbesondere in Anbetracht des Befunds am Westtor zu überdenken. Hier spricht der Zusammenhang von Niederwall mit älterem Torfundament für eine Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Errichtung.51 Dementsprechend erscheint es gerechtfertigt, von einer umgekehrten Reihenfolge auszugehen; d.  h., der Wehrgang ersetzte den freistehenden Niederwall. Vermutlich wurde letzterer ungefähr bis zur Höhe der Escarpe abgetragen, um eine ebene Fläche am Fuße des Wehrgangs zu kreieren.

3.1.2.3 Der »Binnenwall«

Die innere Stadtmauer Aššurs, für die sich im wissenschaftlichen Diskurs der von W. Andrae geprägte Begriff »Binnenwall« eingebürgert hat, definierte die Ausdehung der sogenannten Altstadt Aššurs (Abb. 7). Auf dem Abschnitt zwischen dem Tabīraund dem Westtor lagen nur ca. 20 m zwischen Außen- und Binnenwall, während sich die beiden Verteidigungsringe vor allem im Bereich des TabīraTors, des Binnenhakens und der Südstadt deutlich voneinander entfernten. Allgemein wird vermutet, dass dieser innere Verteidigungsring in Salmānu-ašarēds  III. Regierungszeit zeitgleich zum Außenwall erschaffen, im Verlaufe des 8. Jahrhunderts v. Chr. aufgegeben und 48 49 50 51

Andrae 1913a: 7, 128. Andrae 1913a: 128. Andrae 1913a: 128. Siehe hierzu Sollee 2014: 139–143.

von jüngeren neuassyrischen Bauten überlagert wurde.52 Diese Sichtweise beruht weitgehend auf der Korrelation der in den Inschriften Salmānuašarēds III. erwähnten Befestigungsmauern mit dem Außen- und Binnenwall.53 Wie an anderer Stelle gezeigt wurde, lässt sich eine gleichzeitige Errichtung von Außen- und Binnenwall aus archäologischer Sicht jedoch nicht beweisen.54 Aufgrund der stratigrafischen Verbindung und der architektonischen Eigenschaften erscheint es sogar unwahrscheinlich, dass der Binnenwall die Hauptmauer (dūru) zum Außenwall, also der Vormauer (šalḫû), darstellte. Trotzdem ist eine Errichtung des Binnenwalls noch im 9. Jahrhundert v. Chr. durchaus möglich: Eine in das Jahr 792 v. Chr. datierte Urkunde erwähnt ein »zwischen den Stadtmauern« (i-na bir-ti BÀD.MEŠ-ni)55 liegendes Haus und könnte daher einen terminus ante quem für die Errichtung der inneren Stadtmauer darstellen. Dementsprechend ist zu vermuten, dass die Konstruktion des neuassyrischen Binnenwalls in den Zeitraum nach der Verfassung der spätesten auf den Bau der Stadtmauern bezogenen Bauinschriften Salmānu-ašarēds  III. (833 oder 824 v. Chr.)56 und vor der erwähnten Urkunde (792 v. Chr.) einzuordnen ist.

52 Andrae 1913a: 4, 7, 101; Andrae 19772: 204. Siehe hierzu auch Halama 2011b: 259; Hauser 2012: 91, 100, 403; Hausleiter 2010: 47–48; Miglus 1982: 273; 1996: 60. 53 Andrae 1913a: 169. Dabei ließ der Ausgräber offen, welche der beiden archäologisch erfassten Festungsmauern als dūru bzw. šalḫû bezeichnet wird. Später kam er offenbar zu dem Schluss, der Binnenwall sei die šalḫû (vgl. Andrae 19772: 209). 54 Sollee 2014: 143–145. 55 Donbaz/Parpola 2001: Text 257, 5. 56 Relevant sind vor allem die beschrifteten Wandnägel, die sich in unterschiedliche Gruppen unterteilen lassen. Die jüngste von ihnen (»Typ A«) lässt sich aufgrund der Nennung des Eponyms des Iaḫulu, welcher das Eponymat zweimal inne hatte, 833 oder 824  v.  Chr. datieren (vgl. Millard 1994: 57). Da Salmānu-ašarēd  III. 824  v.  Chr. verstarb, wird 833 v. Chr. als die wahrscheinlichere Option angesehen. Vergleiche hierzu Donbaz/Grayson

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

27

Mögliche Fortsetzung der Oststraße

Anu-Adad Tempel

Binnenmauer Außenhaken

Krumme Gasse Oststraße

Karawanserai

Graue Gasse WestGasse

Winkelgasse Binnenhaken

20 m

Wohngebiet

Abb. 18: Gebiet des Binnenhakens mit relevanten neuassyrischen Architekturresten im Norden Aššurs (nach Sürenhagen/Renger 1982: Beilage 9).

Insgesamt war der Binnenwall wesentlich besser erhalten als der Außenwall. Er ließ sich über lange Strecken von der Südwestseite des Anu-AdadTempels bis zum Südende des Prinzenpalais (vgl. Kap.  3.1.3.6) am Ufer des Tigris archäologisch nachweisen (Abb. 7). In seinen Verlauf waren drei Toranlagen integriert (vgl. Kap. 3.1.2.5). Im Norden wurde der Binnenwall ab einer Stelle knapp westlich des Anu-Adad-Tempels erfasst.57 Wegen des abgewinkelten Verlaufs des Mauerzugs erhielt dieser Bereich den Namen »Binnenhaken«. Der Binnenhaken bestand im Wesentlichen aus drei Schenkeln, die sich auf den ersten Blick an den Seiten des Palastfundaments orientierten (Abb. 18). Eine 7 m dicke Festungsmauer auf einem ein- bis zweilagigen Steinfundament konstituierte den Nordostschenkel, an dem sich noch ein Turm erhalten hatte.58 Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass dieser Abschnitt des Binnenhakens nicht gemäß den Resten des Monumentalbaus 1984: 30; Grayson 1996: 120–121. 57 Andrae 1913a: 99. 58 Andrae 1913a: 102.

Tukultī-Ninurtas  I., sondern dem Salmānu-ašarēdIII.-zeitlichen Zustand des Anu-Adad-Tempels ausgerichtet war.59 Als Resultat lag das östliche Ende dieses Mauerabschnitts 16 m weiter südöstlich, als es für einen rechtwinkligen Zusammenschluss mit dem Südostschenkel des Binnenhakens nötig gewesen wäre. An der Ecke selbst stießen die Ausgräber auf ein Gewirr aus Steinfundamenten. W. Andrae interpretierte diese Strukturen als Überreste eines größeren älteren Baus.60 Letzteres lässt sich aber nicht bestätigen. Vom Südostschenkel des Binnenhakens war noch das 7  m breite Steinfundament erhalten, das um eine 1,5  m dicke, im Gegensatz zum restlichen Unterbau teilweise direkt auf der Palastterrasse aufsitzende Verstärkung mit Turmvorsprüngen an der Nordwestseite erweitert wurde. Ähnlich dem Fundament des mittelassyrischen Palastes war auch die Oberkante des Unterbaus des Binnenhakenschenkels hier nach Südwesten hin um ca. 1,8 m abschüs59 Andrae 1913a: 100. Zur Baugeschichte des Anu-AdadTempels siehe Andrae 1909; Werner 2016. 60 Andrae 1913a: 102.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

28

33,23 33,88 34,89

Haus 16 33,18

Westgasse Südwestschenkel des Binnenhakens

Terrasse des Neuen Palastes

33,10 32,84

31,24

30,81

30,25

Steinsetzung 29,84

Südostschenkel des Binnenhakens

Baufuge 30,81 31,93

Gebäudereste

31,12

31,15

31,34

31,21

30,98

Kanal

Erweiterung des Südostschenkels des Binnenhakens 10 m

Abb. 19: Detail der südlichen Ecke des Binnenhakens (nach Andrae 1913a: Taf. 18).

sig. Deswegen bestand das Bruchsteinfundament im Westen aus bis zu sechs und im Osten aus nur einer Steinlage. Am südwestlichen Ende dieses Befestigungsabschnitts wurde eine Baufuge bemerkt, die auf eine spätere Hinzufügung eines 7 m langen Segments, welches die südliche Ecke des Binnenhakens darstellte, hinweist (Abb. 19). An der Innenkante des Südostschenkels scheint sich eine Straße entlanggezogen zu haben, unter der ein mit Steinen abgedeckter Kanal verlief.61 Der Binnenhaken setzte sich ca. 10 m nordwestlich des an den Südostschenkel angesetzten Stücks in Form des Südwestschenkels fort. Im Gegensatz zu den anderen beiden Seiten des Binnenhakens besaß dieser Abschnitt kein steinernes Fundament, sondern gründete direkt auf dem Lehmziegelun61 Andrae 1913a: 103–106.

terbau des Neuen Palastes. Das aufgehende Mauerwerk war aus Lehmziegeln gebaut, ca. 7,1 m dick und mit Türmen ausgestattet. Nach Nordwesten hin verlief der Südwestschenkel im Zickzackmuster. Am Eckturm 7 bog er dann endgültig nach Südwesten ab. Nach einer 20,4 m langen Kurtine ragte der mit 10 m Breite und 7 m Ausladung ungewöhnlich große Turm 8 aus der Fassade des Binnenwalls heraus. W. Andrae mutmaßte, dass dieser beachtliche Mauervorsprung zum Schutz des 15,5  m weiter südwestlich gelegenen nordwestlichen Binnenwalltors diente.62 Der weitere Verlauf des Binnenwalls war durch die Westschlucht komplett zerstört.63 Die Unterbrechung zwischen Südost- und Südwestschenkel des Binnenhakens wirft die Frage auf, 62 Andrae 1913a: 45. 63 Andrae 1913a: 106–107.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen ob beide Mauerabschnitte tatsächlich gleichzeitig errichtet wurden, umso mehr, als dass die erhaltenen Mauerfluchten der beiden Binnenwallabschnitte nur schwer miteinander in Einklang zu bringen sind. Auf diese Problematik hatte schon W. Andrae hingeweisen.64 Ungeachtet ihrer chronologischen Stellung zueinander, ist grundsätzlich festzuhalten, dass die beiden Mauerzüge in separaten Bauvorgängen entstanden. Dies lässt sich in erster Linie an der Bauweise des Fundaments des Südostschenkels ablesen. Seine Seiten waren aus größeren Steinen gesetzt und lassen keine Möglichkeit der Einbindung des Unterbaus des Südwestschenkels erkennen. Hinzu kommen bautechnische Unterschiede. Während der Südwestschenkel die Terrasse direkt als Fundament nutzte,65 schnitt der Südostschenkel die Räume 25 und 27 des Neuen Palastes.66 Allerdings lässt sich daraus die zeitliche Relation zwischen den beiden Mauerzügen nicht ableiten. Der Südostschenkel könnte erst zu einem späteren Zeitpunkt an den bestehenden Südwestschenkel gesetzt worden sein (oder umgekehrt). Ebensowenig auszuschließen ist, dass beide Mauerzüge gleichzeitig entstanden, man den Bauvorgang aber aus logistischen oder praktischen Gründen trennte. Letzteres erscheint insgesamt die plausiblere Lösung zu sein. Die unterschiedlichen Fundamentierungsmethoden könnten auf statische Bedürfnisse zurückzuführen sein. Die Abweichungen hinsichtlich der Konstruktionsweise der Türme sind wiederum damit zu erklären, dass die Mauervorsprünge entlang des südöstlichen Schenkels erst in einer zweiten Bauphase – erkennbar an einer Baufuge – angebracht wurden.67 Davon abgesehen, erscheint es kaum plausibel, dass der Binnenwall blind an der Südecke der Palastterrasse endete. Es wäre allenfalls denkbar, dass der Binnenwall ursprünglich an den Neuen Palast angesetzt war.68 Dem widerspricht jedoch die Existenz des Südwestschenkels, der in dem Fall überflüssig gewesen wäre. Der weitere Verlauf des Binnenwalls nach Süden ließ sich jenseits der Westschlucht erst südlich des 64 Andrae 1913a: 105–106. Zwar trafen der Nordost- und Südostschenkel des Binnenhakens an der Ostecke ebenfalls nicht rechtwinklig aufeinander, doch deuten die hier verstreuten Fundamentreste auf eine einstige Verbindung zwischen den beiden Mauerzügen hin (siehe oben). 65 Andrae 1913a: 106. 66 Miglus 1996: 91. 67 Siehe hierzu Andrae 1913a: 104, Taf. 16. 68 Diesbezüglich sind die Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts der Überbauung von Tukultī-Ninurtas  I. Residenz hervorzuheben. In Anbetracht der Tatsache, dass erst mit der Errichtung des Binnenhakens von der Aufgabe des Monumentalbaus ausgegangen werden kann und Aššur-dān II. den Neuen Palast noch erneuert zu haben scheint (vgl. Andrae 1913a: 100–101, 104; Miglus 1996: 93), ist eine sich bis in die frühe neuassyrische Zeit fortsetzende Nutzung des Gebäudes nicht auszuschließen.

29

Tabīra-Tors wieder fassen. Von hier an wies die innere Stadtmauer eine konstante Mächtigkeit von 7 m auf und war mit 7,7–8 m breiten und 3,9 m ausladenden Türmen ausgestattet. An der Südseite war der Binnenwall östlich von Turm 29 erosionsbedingt wesentlich schlechter erhalten, wodurch er einige Lücken aufwies. Die Kurtinenlängen im Bereich von Turm 22 bis Turm 29 ließen sich aber noch bestimmen und maßen zwischen 27,4 und 34,6 m. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellte Turm 14 dar. Seine Dimensionen hatten den eben zitierten Durchschnittswerten in seiner ersten Bauphase zwar entsprochen, doch wurde er zu einem späteren Zeitpunkt – W.  Andrae nahm an, noch zu Zeiten Salmānu-ašarēds III. – durch einen Anbau auf insgesamt 9,2 m Breite und 11,4 m Ausladung erweitert. Was damit bezweckt werden sollte, ist vollkommen unklar. W. Andrae mutmaßte, die Vergrößerung des Mauervorsprungs habe dazu gedient, weite Strecken beider Wälle überblicken zu können und »vielleicht auch eine bewegliche Brücke nach dem nur 6 m entfernten Außenwall hinüberschlagen [zu können], um Streitkräfte von einem zum anderen Wall zu werfen.«69

Während letzteres als reine Spekulation abgetan werden kann, könnte die Idee des Versuchs, einen guten Blick über weite Strecken der beiden Mauerringe zu bekommen, durchaus zutreffen. Turm  14 lag nahe der Stelle, an der der Binnenwall eine Biegung nach Südosten machte (vgl. Abb. 7). Somit könnte er der Überwachung des Befestigungsabschnitts zwischen dem Tabīra- und dem äußeren Westtor zuträglich gewesen sein. Wie das Fundament des Binnenwalls zwischen Tabīra- und westlichem Binnenwalltor konstruiert war, lässt sich für den westlichen Abschnitt des Binnenwalls nicht sicher sagen. In den publizierten Plänen und Profilen finden sich keine Hinweise auf Steinfundamente.70 Anders verhält es sich entlang des Abschnitts zwischen Stelenplatz und Tigrisufer. Hier wurde ein ein- bis zweischichtiges Bruchsteinfundament der Mauer an verschiedenen Stellen freigelegt. Davon abgesehen, scheinen in manchen Bereichen die Reste der Befestigungsanlagen des 2. Jahrtausends v. Chr. als Substruktion gedient zu 69 Andrae 1913a: 126. 70 Siehe z. B. Andrae 1913a: Taf. 37.1, 42. Knapp südlich von Turm 14 fand sich eine große, flächige Streuung von Steinen (vgl. Andrae 1913a: 130, Abb. 221, Taf. 35–36), die als Steinlager interpretiert wurde. Auffällig ist dabei, dass die »Steine […] vielfach die Brotform der Wurfsteine […]« (Andrae 1913a: 130) hatten, was entgegen Andraes Interpretation eher für Läufer bzw. Mahlsteine spricht (vgl. Sollee im Druck). Da dieses »Steinlager«, dessen Funktion, Datierung und auch Charakter ungeklärt sind, den Binnenwall jedoch überlagerte, kann es nicht zum Fundament der inneren Stadtmauer gehört haben.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

30

Verkleidungsmauer mušlālu Sîn-aḫḫē-erības

Blockmassiv mušlālu Aššur-aḫa-iddinas

D

bb.

Kaimauer Aššur-nāṣir-aplis II.

tt A hni

22

sc

Aus

Terrasse Außenschale Innenschale Scherbenzimmer Westmassiv Kanal

20 m

Archaïsche Randmauer

Risalitmauer Bereich mit Steinbelag Vormauer

Felskante Felskante

C

Große Zikkurat

1. Häl�e 2. Jt. v. Chr.

9. / 8. Jh. v. Chr.

2. Häl�e 2. Jt. v. Chr.

spätes 8. / 7. Jh. v. Chr.

Abb. 20: Überreste von Wehranlagen und weiterer relevanter Bauwerke im Bereich des mušlālu inklusive Verortung des Verlaufs von Profilzeichnung C–D (Abb. 23) und Detailplan Abb. 22 (nach Andrae 1913a: Taf. 10).

haben. W.  Andrae erwähnt darüber hinaus, dass Teile des Binnenwalls in eine Baugrube eingelassen waren.71 Welche Mauerstrecken dies jeweils betraf, wurde jedoch nicht spezifiziert.

3.1.2.4 Erste neuassyrische Fortifikationen im Bereich des mušlālu

Im 2.  Jahrtausend  v.  Chr. war der Bereich direkt nördlich der Großen Zikkurat und des Alten Palastes von der sogenannten »Randmauer« (auch: »Archaïsche Randmauer«) und zwei bastionsartige Lehmziegelmassive (»Westmassiv« und »Ostmassiv«) abgesichert gewesen.72 In neuassyrischer Zeit kam es zur Umgestaltung der hier gelegenen Fortifikationen (Abb. 20). Zunächst entstand wohl die ca. 4 m starke »Risalitmauer«. Wie der Name der Mauer bereits verrät, war sie an ihrer Außenseite mit kleinen Vor- und Rücksprüngen von ca. 1,9–2 m Breite und ca. 0,2 m Ausladung ausgestattet. Das 7,8 m breite und 4,8  m vorspringende Fundament nördlich der sogenannten »Spindel« wurde als Überrest eines Turms angesehen. Fragmente eines zweiten Turms sollen im Bereich des »Scherbenzimmers« beobachtet worden sein, doch ist ein entsprechender Befund in der steingerechten Bauaufnahme nicht zu erkennen.73 71 Andrae 1913a: 131, 137, 144. 72 Siehe hierzu Andrae 1913a: 65–69, 73–79. 73 Andrae 1913a: 81–84.

Direkt nördlich der Risalitmauer wurden die Reste eines weiteren Mauerzugs, der mindestens 3  m breiten »Vormauer« (hier: »nördliche Vormauer«), festgestellt.74 Laut W. Andrae wurde letztere als Ergänzung oder Ausbesserung der Risalitmauer, deren Vorsprünge sie teilweise verdeckte, angelegt.75 Das Verhältnis der Steinfundamente beider Mauerzüge zueinander wirft allerdings die Frage ihrer zeitlichen Relation zueinander auf. In seiner Beschreibung vernachlässigte der Ausgräber die ca. 2,5 m breite Lücke zwischen beiden Mauerzügen, die westlich des Scherbenzimmers dokumentiert wurde (Abb. 20; Abb. 21). In der Fortsetzung nach Osten wird das Bild aufgrund der hohen und nur mit Hilfe von Tunneln freigelegten Lehmziegelmassen unklar. Auf der Befundzeichnung deutet sich aber an, dass sich die von Westen kommende nördliche Vormauer mit dem »Turm« der Risalitmauer vereinigte. Der Zeichnung nach zu urteilen, ist dieser Mauervorsprung aber als Teil der Vormauer zu betrachten, die hier augenscheinlich nach Süden umbog, um entweder gegen oder unter das Fundament der Risalitmauer zu ziehen (Abb. 22). Dementsprechend erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die nördliche Vormauer zunächst als unverbundener Niederwall zur Risalitmauer konzipiert war und beide Mauern Teil eines gemeinsamen Bauprozesses waren. Diese Interpretation hatte auch schon 74 Vergleiche Andrae 1913a: 84–85. 75 Andrae 1913a: 78.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

31

Abb. 21: Detailaufnahme von Vor- und Risalitmauer im Bereich des »Scherbenzimmers« am Nordrand von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 103; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

mušlālu Sîn-aḫḫē-erības

Fundamentkante von Sîn-aḫḫē-erības mušlālu

Vormauer Fundamentkante der Vormauer

Kante der Verkleidungsmauer Steinfundament aus der Zeit Šarru-ukīns II.(?) Risalitmauer

Vorsprung der Risalitmauer 10 m

Abb. 22: Planaufnahme des mušlālu Sîn-aḫḫē-erības am Nordrand von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 120).

W. Andrae in Betracht gezogen.76 Das massive Lehmziegelmauerwerk, das den Eindruck erweckt, die nördliche Vormauer sei an die äußere Fassade der Risalitmauer gebaut worden, könnte eine spätere Umbaumaßnahme darstellen. Womöglich wurde die Vormauer im Verlauf ihrer Nutzung in einen verbundenen Niederwall umgewandelt. Die Situation weiter östlich bleibt hingegen undurchsichtig, da die Šarru-ukīn II. und Sîn-aḫḫē-erība zugeschriebenen Steinsetzungen keine direkten Anschlüsse besitzen (Abb. 22). Es sei jedoch auf die 76 Andrae 1913a: 84.

Möglichkeit verwiesen, dass die 1 m breite, als Werk Šarru-ukīns  II. angesehene Struktur, ähnlich dem Befund westlich des Scherbenzimmers, eine Verstärkung der Risalitmauer darstellt. Der Ausgräber selbst beschrieb diesen Bauabschnitt als »Ausbesserung der in Verfall geratenen Risalitmauerfront«.77 Das Verhältnis des »mušlālu Sîn-aḫḫē-erības«, welches durch eine Inschrift des Königs auf einem in situ gefundenen Block (Ass. 3224) als sicher datiert 77 Andrae 1913a: 86.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

32 20 m

»Scherbenzimmer« Risalitmauer

Vormauer

Blockmassiv Verkleidungsmauer

10 m

mušlālu

Kaimauer Aššur-nāṣir-aplis II.

Abb. 23: Schnittzeichnung C-D durch die Befestigungen am nördlichen Rand von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 11.2).

gelten kann,78 zur Risalitmauer und der daran angebauten Verstärkungsmauer bleibt hingegen unklar. Eine präzisere Datierung der Risalitmauer und der nördlichen Vormauer ist schwierig. Trotzdem kann aufgrund verschiedener Hinweise zumindest eine grobe chronologische Einordnung vorgenommen werden. Dem »Scherbenzimmer«, welches wegen der darin gefundenen Beispiele von Nuzi-Keramik und architektonischen Details grob in die Mitte des 2.  Jahrtausends  v.  Chr. datiert werden kann,79 kommt dabei eine wichtige Rolle als chronologischen Anhaltspunkt zu.80 Da dieses Gebäude bei der Konstruktion der Risalitmauer geschnitten wurde,81 kann letztere frühestens in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. entstanden sein. Dank einer anderen Profilzeichnung lässt sich die Zeitspanne, in der die Errichtung der Risalitmauer fiel, weiter einschränken. Dieser Zeichnung ist zu entnehmen, dass das Fundament der Risalitmauer deutlich höher lag als ein Pflaster aus gebrannten Ziegeln aus der Zeit Tukultī-Ninurtas  I.,82 womit ein terminus post quem gegeben ist. Eine weitere Eingrenzung des Entstehungszeitpunktes der Risalitmauer ergibt sich aus ihrem Verhältnis zur Kaimauer Aššur-nāṣir-aplis II., welche durch in situ gefundene Inschriften auf gebrannten Ziegeln sicher datiert ist (Abb. 20).83 Auf einer Profilzeichnung

78 Andrae 1913a: 86, 176. 79 Sollee im Druck. 80 Für eine Beschreibung und Deutung des Befunds siehe Andrae 1913a: 69–73, Abb. 99–103; Sollee im Druck. Zu der im Scherbenzimmer entdeckten Keramik siehe Cecchini 1965: 66–73, Abb. 68–69, 72–96; Herzfeld 1937: 146; Hrouda 1957: 50–52, 55–56, Taf. 1–5, 7. 81 Andrae 1913a: 81. 82 Vergleiche Andrae 1913a: Taf. 13.1. 83 Zu Aššur-nāṣir-aplis  II. Kaimauer siehe Andrae 1913a: 85.

wurde festgehalten, dass die Risalitmauer (und auch die Vormauer) auf Schuttschichten gründete, die gegen die Innenseite der Kaimauer zogen (Abb.  23). Glaubt man dieser Aufzeichnung, wäre die Risalitmauer jünger als die Kaimauer einzuordnen, womit sie frühestens unter Aššur-nāṣir-apli II. entstanden sein kann. Es erscheint daher gerechtfertigt, sie mitsamt der nördlichen Vormauer vorsichtig in das 9./8.  Jahrhundert v. Chr. zu datieren. Die Ähnlichkeit zur Hauptmauer-Niederwall-Konstruktion an der westlichen Front der Siedlung könnte sogar als Argument dafür ausgelegt werden, dass die Risalitmauer und die nördliche Vormauer ebenfalls auf Salmānu-ašarēd III. zurückgehen. Weshalb die Risalit- und die nördliche Vormauer errichtet wurden, ist nicht bekannt. Eine fortifikatorische Funktion liegt wegen ihrer Dimensionen jedoch nahe. Mit mindestens 4 m stellte allein die Risalitmauer eine beachtliche Barriere zwischen den Tigrisauen und dem Stadtgebiet dar. Dass die Vormauer eventuell als vorgelagerter Niederwall fungierte, verstärkt diesen Eindruck. In jedem Fall hatte die Baumaßnahme zur Folge, dass die Verteidigungslinie von der oberen Kante des Steilhangs an ihren Fuß verlegt wurde.

3.1.2.5 Die Stadttore

Im Zuge der Erneuerungen der Fortifikationen Aššurs entstanden auch mehrere Toranlagen. Einige von ihnen wurden im Laufe der Ausgrabungen unter W. Andrae freigelegt. Vier waren in den Außenwall integriert, drei in den Binnenwall. Die Erhaltungszustände unterschieden sich teilweise beträchtlich, wofür sowohl Erosionsprozesse als auch spätere Baumaßnahmen verantwortlich zu machen sind. Im Folgenden werden die archäologischen Befunde zu den Toranlagen Aššurs zusammenfassend dargestellt.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

33

Abb. 24: Ansicht des Unteren Tors von Süden mit Haus 65 im nördlichen Winkel des Außenhakens dahinter (nach Andrae 1913a: Abb. 42; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Abb. 25: Aufnahme der Poterne am Unteren Tor des Außenhakens (nach Andrae 1913a: Abb. 187–188; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Das »Untere Tor« Der Nordostschenkel des Außenhakens wurde etwas südöstlich der Mitte des Mauerzugs vom »Unteren Tor« unterbrochen (Abb. 11). Die Überreste des Torbaus ruhten auf einem ca. 16×26 m großen Lehmziegelfundament, wobei die südöstliche Hälfte wegen der starken Erosion nicht mehr erhalten war

(Abb. 24). An dieser Stelle war das aus dem Bereich des Außenhakens fließende Wasser anscheinend stets ein Problem gewesen, wie der nur wenige Meter südöstlich der Toranlage gelegene Abwasserkanal zeigt (Abb. 11). Der erhaltene Torturm war ca. 6 m breit und lud ca.  2,3  m aus. Basierend auf der Breite des Lehm-

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»Bergesgleich baute ich hoch«

34

Außenhaken

Treppenhaus 10 m

Abb. 26: Rekonstruktion des Oberen Tors von Aššur (nach Sürenhagen/Renger 1982: Beilage 9).

ziegelfundaments, rekonstruierte W.  Andrae einen ähnlich dimensionierten zweiten Torturm 6 m weiter südöstlich. Aus diesen Überlegungen schloß der Ausgräber zudem, der zentrale Durchgang müsse ca.  4  m breit und die Torkammer ca.  12,5  m breit gewesen sein. Die Tiefe der Torkammer ließ sich anhand der erhaltenen Türwangen sicher auf 4,7 m bestimmen. Von hier aus führte eine 1,2 m schmale Tür in einen nordwestlich angeschlossenen Nebenraum, in dem sich Reste des 3,8×3,4  m großen Lehmziegelpfeilers für eine Treppenkonstruktion erhalten hatten. Eventuell können die auf einem Foto erkennbaren quadratischen Löcher in der äußeren Wand des Tors als Vorrichtungen für vergangene Holzkonstruktionen interpretiert werden.84 Unmittelbar vor der Toranlage fand sich eine Felsrampe, die vom niedriger gelegenen Bereich nordöstlich des Außenhakens zum zentralen Durchgang hinaufführte.85

Das »Obere Tor« Das »Obere Tor« war in den Südwestschenkel des Außenhakens integriert (vgl. Abb. 7). Das aufgehende Mauerwerk war nicht erhalten, so dass nur noch der 24×24 m große Lehmziegelunterbau freigelegt werden konnte (Abb. 26). W. Andrae wertete einen 4×9 m großen Vorsprung an der Südecke des Fundaments als Hinweis für ein Treppenhaus. Aufgrund der Abmessungen des Lehmziegelfundaments ging er darüber hinaus davon aus, dass das Torgebäude über zwei breitgelagerte Torkammern verfügte.86 Der sich aus diesen Überlegungen ergebende Rekonstruktionsvorschlag wird hier wiedergegeben (Abb. 26).

84 Vergleiche Andrae 1913a: Abb. 43. 85 Siehe Andrae 1913a: 40–42. 86 Andrae 1913a: 39. Sürenhagen und Renger (1982: Beilage 9) folgten diesem Vorschlag.

Das Tabīra-Tor Im Nordwesten der Stadt, etwa 110 m südwestlich der Terrasse des Neuen Palastes (Abb. 7), liegt das Tabīra-Tor (Abb. 27). Es muss mindestens seit der mittelassyrischen Zeit bestanden haben. Seine erste Erwähnung findet sich in einer Inschrift TukultīNinurtas I.87 Darüber hinaus belegen zahlreiche Inschriftenfunde, dass das Tabīra-Tor auch schon zu Tukultī-apil-Ešarras  I. Zeiten bestanden hatte und von diversen Nachfolgern (u. a. wohl Aššur-bēl-kala sowie Aššur-dān  II.) renoviert wurde.88 Archäologische Reste eines Vorgängerbaus des freigelegten Zustands des Tabīra-Tors fanden sich allerdings nur wenige. Neben Erwähnungen älterer Lehmziegelstrukturen im Bereich des Toraufgangs ist diesbezüglich in erster Linie auf die 18 m breite Felsrampe, die beim Ausschachten von Tukultī-Ninurtas I. Festungsgraben stehen gelassen wurde, zu verweisen.89 Als einziges Stadttor von Aššur kann es als sicher identifiziert gelten.90 Dafür sind neben einer Vielzahl von Bauinschriften, die in der direkten Umgebung des Torbaus gefunden wurden,91 in erster Linie die Inschriften auf den in situ gefundenen Türangelsteinen Ass. 10328 und Ass. 10329 (siehe unten) heranzuziehen: »Shalmaneser, king of the universe, king of Assyria, son of Ashurnasirpal (II), king of Assyria, son of Tukultî-Ninurta (II), (who was) also king of Assyria: At that time the ancient Tabira Gate, which Aššur-dān (II), my forefather, had previously built, had become dilapidated and I restored its weakened (parts). I rebuilt it from top to bottom. May a later prince restore its weakened (parts) (and) return my inscription to its place. (Then) Aššur and the god Nergal will listen to his prayers.«92

Den Türangelsteinen ist zugleich zu verdanken, dass der erhaltene Zustand der Toranlage mit Sicherheit Salmānu-ašarēd  III. zugeschrieben werden kann.93 Ein weiterer neuassyrischer Bauzustand wurde nicht nachgewiesen. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass das Tor bis zum Ende der neuassyrischen Zeit (und vielleicht auch darüber hinaus) bestand und genutzt wurde. Zumindest gibt es keine Hinweise auf eine Zusetzung in neuassyrischer Zeit. Die Brandrückstände und verkohlten Balken, die in der erhaltenen Torkammer entdeckt wurden, gingen laut W. Andrae auf die Eroberung der Stadt 614 v. Chr. zurück (Abb. 28).94 Zu einem größeren 87 RIMA 1: A.0.78.19. Vergleiche auch Kap. 3 Fn. 24. 88 Siehe Andrae 1913a: 27; Miglus 2010: 234. 89 Andrae 1913a: 21, 29. 90 Miglus 1982: 268. 91 Andrae 1913a: 35–37; Nunn 2006: 75, 78–80. 92 RIMA 3: A.0.102.47. 93 Andrae 1913a: 21. 94 Andrae 1913a: 25–26; Andrae 19772: 237. Siehe hierzu

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

35

10 m

21,53 22,32

20,13

Außenwall

21,93 23,42

32,14

20,96 27,28 22,37 23,64 32,25

Torrampe

31,30

29,09 26,56

29,88

30,14

Ass. 10328

28,60

30,34

Fundort verbrannte Dachbalken

28,03

Ass. 10329 Ass. 10217 23,46

16,38

28,25

28,07

Ass. 10221 30,63

29,47

Ass. 10235

Ass. 10236

Torplatz

Ass. 10269

30,82

Haus 82 Stadtgraben

23,17

28,50

31,27

Außenwall

Wehrgang

Abb. 27: Planaufnahme des Tabīra-Tors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 31–32).

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Westschlucht

15,90

29,10

23,15

Stadtgraben

36

»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 28: Verbrannte Dachbalken aus der erhaltenen Torkammer des Tabīra-Tors (nach Andrae 1913a: Abb. 16; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Umbau, im Zuge dessen die Steinverkleidungen eingesetzt und vier der Salmānu-ašarēd-III.-zeitlichen Türangelsteine wohl versetzt wurden, kam es W. Andrae zufolge erst während der parthischen Besiedlungsphase Aššurs.95 Sowohl die Reste des neuassyrischen als auch des später darin eingebauten parthischen Tors ruhten auf einem Lehmziegelfundament, das mit der zum Tabīra-Tor hinaufführenden Rampe verbunden war. Der Stadtzugang genoss einen beachtlichen Höhenvorteil gegenüber seinem Vorfeld, denn die Oberkante des Torfundaments lag ca. 8 m über dem Niveau des anstehenden Sandsteins auf der gegenüberliegenden Seite des Stadtgrabens.96 Der eigentliche Torbau war über eine Rampe, die ursprünglich in mittelassyrischer Zeit einen Höhenunterschied von 3 m auf einer Distanz von 12 m überwand, zu erreichen.97 Die Details des Aufwegs in neuassyrischer Zeit lassen sich jedoch nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Dadurch, dass die Stadtmauer an dieser Stelle nach Ostsüdost abbog und der Torbau selbst aus dem Mauerverlauf herausgedreht war, war die Nordseite der Anlage auf einer Länge von ca. 24 m flankiert.98 Auf der gegenüberliegenden, südlichen Seite soll der Aufweg laut des Ausgrabungsberichts von einer schmalen Lehmziegelmauer begrenzt gewesen sein, doch weisen weder die auf dem Plan eingetragenen Niveaus, noch die publizierten Grabungsfotos auf die Existenz eines solchen Elements hin.99 W. Andrae hatte diese 2,4 m breite Mauer parallel zu dem Befund am Eckturm des Außenwalls (d. h. der Stelle, an der die Mauer nach Osten zum Tabīra-Tor abbog) rekonstruiert und erachtete diese beiden Einfassungen des Aufgangs wegen des dafür verwendeten

95 96 97 98 99

auch Miglus 2000: 87. Siehe hierzu Andrae 1913a: 32–34. Vergleiche Andrae 1913a; Taf. 31, 33.1. Andrae 1913a: 31. Andrae 1913a: 21–22. Vergleiche Andrae 1913a: Abb. 6, 8, 23–25, Taf. 31–32.

Lehmziegelformats (37×37×12 cm) als eine Ergänzung aus der späten neuassyrischen Zeit.100 Während die Breite des äußeren Tordurchgangs mithilfe des ersten Türangelsteinpaares auf ca. 5 m bestimmt werden konnte, ließen sich die Ausmaße der dahinter vermuteten Torkammer (2,5×15,7 m) und somit auch die Front des Torbaus mitsamt der vermuteten Flankierungstürme nur rekonstruieren. Die erhaltene, innere Torkammer war 4,25  m tief und 15,7 m breit. An den Wänden fanden sich noch Reste des Wandputzes. Von dieser Kammer führte eine 1  m breite Tür im Norden in einen 12×5,5  m messenden Raum, der wegen des hier entdeckten 8,2×2,4 m großen Pfeilers aus Lehmziegeln als Treppenhaus gedeutet wurde.101 Ein wichtiger Fund für die Ermittlung des Aufbaus der Toranlage waren die drei Türangelsteinpaare (von Nordwesten nach Südosten: Ass. 10328/10329, Ass. 10217/10221, Ass. 10235/10236; Abb. 29).102 Jeder Stein trug eine Inschrift Salmānu-ašarēds III. Allerdings unterschieden sich die drei Angelsteinpaare jeweils entweder durch Variationen im Keilschrifttext oder in der Anbringungen der Inschriften.103 Die Inschriften lauten: Ass. 10328/10329 und Ass. 10235/10236:

»Shalmaneser, king of the universe, king of Assyria, son of Ashurnasirpal (II), king of Assyria, son of Tukultī-Ninurta (II), (who was) also king of Assyria: At that time the ancient Tabira Gate, which Aššur-dān (II), my forefather, had previously built, had become dilapidated and I restored its weakened (parts). I rebuilt it from top to bottom. May a later prince restore its weakened (parts) (and) return my inscription to its place. (Then) Aššur and the god Nergal will listen to his prayers.«104 Ass. 10217/10221:

»Shalmaneser, appointee of the god Aššur, son of Ashurnasirpal (II), apointee of the god Enlil, vice-regent of the god Aššur, son of Tukultī-Ninurta (II), (who was) also vice-regent of Aššur: the Tabira Gate, together with the doors (and) walls of my city Aššur, I built anew.«105 Ob alle drei Pforten der Torkammern des TabīraTors verschließbar waren, wie aufgrund der Anzahl der Türangelsteine anzunehmen wäre,106 lässt

100 Andrae 1913a: 27–29. 101 Zu den Ausgrabungen am Tabīra-Tor siehe ausführlich Andrae 1913a: 20–27. 102 Siehe hierzu Andrae 1913a: 23, 26–27, 170–172. 103 Vergleiche auch Andrae 1913a: Abb. 289–290, Taf. 98. 104 RIMA 3: A.0.102.47. 105 RIMA 3: A.0.102.48. 106 Vergleiche Andrae 1913a: 23–24.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

37

Abb. 29: Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Türangelsteine inklusive Bleiplatten aus dem Tabīra-Tor (nach Andrae 1913a: Abb. 17, 19; Taf. 98; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

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38

»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 30: Fundobjekte aus der inneren Torkammer des Tabīra-Tors (nach Andrae 1913a: Abb. 33; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

sich nicht mit Sicherheit sagen. Nur das äußerste Paar (Ass. 10328/10329) befand sich noch in situ und ruhte auf jeweils 2–2,5  cm dicken und 90  kg schweren Bleiplatten (Durchmesser: ca.  65  cm), die ebenfalls mit Inschriften versehen waren (Abb. 29).107 Die beiden hinteren Paare waren hingegen im parthischen Neubau als Spolien verbaut (Ass. 10235/10236) oder lagen verkippt in Gruben (Ass. 10217/10221), die wegen ihrer Unförmigkeit nicht als Baugruben zu definieren sind und offensichtlich von einem parthischen Nutzungsniveau eingetieft wurden (Abb. 27). Nichtsdestoweniger ist dem Türangelsteinpaar Ass.  10328/10329 zu entnehmen, dass zumindest das äußerste Portal des Tabīra-Tors geschlossen werden konnte. An den hölzernen Türflügeln waren wahrscheinlich bronzene Beschläge angebracht. Die Ausgräber berichten davon, entsprechende unreliefierte Bronzebänder in der inneren Torkammer entdeckt zu haben.108 Darüber hinaus ist auf eine Passage der Inschrift auf dem Broken Obelisk zu verweisen, in der Aššur-bēl-kala erwähnt, Bronzebänder für das Tabīra-Tor angefertigt zu haben. Ob diese figürlich verziert waren, geht aus dem Text leider nicht hervor: 107 Andrae 1913a: 26. 108 Andrae 1913a: 137. Siehe auch Schachner 2007: 14.

Abb. 31: Statue Salmānu-ašarēds III. Ass. 742 aus Basalt (nach Andrae 1913a: Abb. 34).

»I removed the worn doors of the Craftsman’s Gate [d.  h. des Tabīra-Tors], made high doors of fir, (and) made (them) fast with bronze 109 bands.« Darüber hinaus konnten noch Teile des ehemaligen Inventars des Tabīra-Tors geborgen werden. Bemerkenswert sind vor allem die Objekte, die in der südwestlichen Hälfte des inneren Torraums aufbewahrt worden waren. Dazu gehörten zwei Bruchstücke 109 RIMA 2: A.0.89.7, v 6–14 .

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

Abb. 32: Fragment einer neuassyrischen Stele (Ass. 10225) aus dem Tabīra-Tor (nach Andrae 1913a: Abb. 31; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

von Alabastertafeln (Ass. 10269) mit Teilen einer langen Inschrift Tukultī-Ninurtas  I.110 Zudem wurden bei den Ausgrabungen 19 steinerne Keulenköpfe entdeckt (Abb.  30),111 von denen vier mit einer Inschrift versehen waren (Ass.  10265, Ass.  10274, Ass.  10275, Ass.  10276).112 Die auf den zuletzt genannten Objekten angebrachten Texte weisen sie als Weihgaben an Nergal aus.113 Am Tabīra-Tor war mindestens eine Großplastik aufgestellt: die überlebensgroße Statue Salmānuašarēds III. (Ass. 742 = Eţ 4650), welche zerbrochen »am Eingang des inneren parthischen ›Peribolos‹ auf dem Ostplateau (in iA5I) gefunden« wurde (Abb.  31).114 Dass sie urspünglich am Tabīra-Tor stand, kann wegen einer entsprechenden Passage in der Inschrift als gesichert gelten.115 Allerdings fanden sich weder im Torbau noch in seiner direkten Umgebung Hinweise auf den ehemalige Aufstellungsort des Standbildes. Dementsprechend ist W.  Andraes Vorschlag, die Statue habe an der südwestlichen Schmalseite der inneren Torkammer gestanden,116 lediglich als Mutmaßung zu verstehen. Sie könnte sich auch nur in der näheren Umgebung des Torbaus – beispielsweise an dem sich innerhalb des Stadtgebiets anschließenden Platz – befunden haben. 110 Siehe RIMA 1: A.0.78.1. 111 Ass.  10275, Ass.  10257, Ass.  10278a–d, Ass.  10261, Ass.  10258, Ass.  10259, Ass.  10260, Ass.  10276, Ass.  10277a–c, Ass.  10263, Ass.  10264, Ass.  10279a–b, Ass. 10265. 112 Siehe Andrae 1906: 16; 1913a: 34–35, Abb. 33; Pedersén 1997: 23–24. 113 Für die Edition der Inschrift von Ass. 10265 siehe RIMA 3: A.0.102.94. Zum Inhalt des Textes von Ass. 10274 siehe RIMA 3: A.0.102.2007. 114 Andrae 1913a: 37. 115 Siehe RIMA 3: A.0.102.40, iii 9–10. 116 Andrae 1913a: 38.

39

Rampe

Bauzustand I

Rampe

Bauzustand II

Häuser

Torplatz

Niederwall Quaderbas�on

Wehrgang Treppe

Bauzustand III

10 m

Abb. 33: Ursprüngliche Vorstellung der Entwicklung des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41).

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»Bergesgleich baute ich hoch«

40

Außenwalltor

Binnenwalltor

Wehrgang Torfundament (Bauzustände I & II) Quaderbas�on

Häuser

Torplatz

35,00 m

Stadtgraben Bauzustand II

Häuser 30,00 m

Kiesfels 25,00 m

Fels Stadtgraben Bauzustand I

Bauzustand I

Bauzustand II

Bauzustand III

Abb. 34: Schnittzeichnung durch den Bereich der westlichen Stadttore von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 42.2).

Ob auch die Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Sitzstatue BM 118886 (Abb. 10) im Torbau installiert war, lässt sich hingegen nicht sicher sagen. Aufgrund des Berichts von A.H. Layard argumentierte W. Andrae dafür, das vom britischen Forscher im 19. Jahrhundert im Nordwesten von Aššur gefundene Rundbild habe im Treppenhaus oder an der nordwestlichen Wand der inneren Torkammer des Tabīra-Tors gestanden.117 Wegen der sehr spärlichen Informationen zu den Fundumständen ruht dieser Vorschlag jedoch auf tönernen Füßen. Darüber hinaus ist auf das untere Fragment einer reliefierten Stele mit einer Darstellung im neuassyrischen Stil (Ass.  10225) zu verweisen, die im Mauerwerk der parthischen Bauphase des Torbaus als Spolie verbaut war (Abb. 32).118 Darauf zu sehen sind Rock und Füße eines nach rechts schreitenden Mannes sowie das in drei kleinen Zacken ausgeformte untere Ende eines Objekts (wohl ein Stab), welches die Person vermutlich in der Hand hielt. Allerdings ist unklar, ob das Relief einst Teil des Torschmucks war, denn eine Verschleppung aus einem anderen Monumentalbau ist nicht auszuschließen.

Das Westtor des Außenwalls Etwa 400  m südöstlich des Tabīra-Tors konnte ein weiterer Stadtzugang – das äußere Westtor – freigelegt werden. Wie weit die Geschichte des Torbaus zurückreicht, ist nicht bekannt. Insbesondere die Reste einer Felsrampe, die bei 117 Andrae 1913a: 38. Zu den Umständen der Entdeckung siehe Layard 18492, Bd. 2: 50–52. 118 Andrae 1913a: 34.

der Ausschachtung des Stadtgrabens unter TukultīNinurta I. stehen gelassen worden waren, sprechen dafür, dass hier bereits in mittelassyrischer Zeit ein Stadttor gestanden hatte.119 Aufgrund der Integration des Baus in den Außenwall und der Maße der verwendeten Lehmziegel gingen die Ausgräber von einer Salmānu-ašarēd-III.-zeitlichen Datierung des ersten Bauzustandes aus (»Bauzustand  I«; Abb.  33). Die im Bereich des äußeren Westtors gefundene »šalḫû-Urkunde« (Ass.  12167), die eine Inschrift Salmānu-ašarēds III. trägt, kann nicht zur Bestätigung dieser Mutmaßung herangezogen werden, denn das Objekt wurde nicht in situ, sondern im Schutt einer jüngeren Bauphase des Westtors gefunden.120 Ungeachtet dessen lässt sich die Entwicklung des äußeren Westtors einigermaßen rekonstruieren. Der ursprüngliche neuassyrische Torbau ruhte auf einer insgesamt 23×22,1–23,2  m121 großen Lehmziegelterrasse. Wie an anderer Stelle bereits argumentiert, hing letztere wohl mit dem Niederwall zusammen.122 Von Südwesten führte eine Felsrampe, die vermutlich von schmalen Steinmauern eingefasst war, zum Tor hinauf. Es wird angenommen, dass der 4,05  m breite äußere Tordurchgang von 119 Vergleiche Andrae 1913a: 45. 120 Andrae 1913a: 57. 121 Während sich die Breite des Fundaments mit ca. 23 m noch recht gut bestimmen ließ, ergibt sich die Gesamtlänge des Unterbaus aus den 7  m »Vorsprung gegen die Innenkante des Walles«, den »8,1 bis 9,2  m Ausladung« sowie der Breite des dazwischen liegenden Außenwalls von 7 m (vgl. Andrae 1913a: 45–46). 122 Sollee 2014: 139–143.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

41

Binnenwall

+34,90

+33,00

+29,23 +28,38

Niederwall

+25,38 +25,86

+24,81

Rampe

+24,91

+22,38

(Stadtgraben)

mAss(?) Fundament

Außenwall

10 m

Abb. 35: Überarbeitete Rekonstruktion von Bauzustand I des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41).

Abb. 36: Antritte der Tortreppen des äußeren Westtors von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 54–55; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

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»Bergesgleich baute ich hoch«

42

Abb. 37: Zusetzung des Tordurchgangs von Bauzustand I des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Abb. 56; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

zwei Tortürmen (rekonstruierte Breite: 4  m) flankiert war. Die dahinter gelegene 4,36  m tiefe und 16,5 m breite Torkammer war an die Innenseite des Außenwalls angebaut. Von hier aus führten zwei in die Stadtmauer integrierte Treppenaufgänge, deren Antritte erhalten waren, an beiden Seiten des zentralen Durchgangs zur Krone des Walls oder der Türme hinauf (Abb.  35; Abb.  36). Der Fußboden innerhalb der Torkammer lag auf einer Höhe von +32,75 m und befand sich damit ca. 10 m höher als die Sohle des Festungsgrabens davor (Abb. 34).123 Noch in neuassyrischer Zeit scheint das ursprüngliche Westtor des Außenwalls aufgegeben und zugesetzt worden zu sein (Abb.  37). Offensichtlich diente diese Maßnahme dazu, ein Fundament für eine neue Toranlage zu schaffen, die eine veränderte Aufteilung der Räumlichkeiten aufwies (»Bauzustand II«; Abb. 33). Besonders markant war die Aufgabe der in die Tortürme integrierten Treppenaufgänge. Stattdessen entstanden zu beiden Seiten der Hauptkammer je eine kleinere Nebenkammer. Der nordwestliche dieser beiden Räume, die offensichtlich nur von der breitgelagerten Torkammer aus erreichbar waren, lässt sich wegen den darin erhaltenen Resten mit einiger Sicherheit als Treppenhaus identifizieren. Darüber hinaus wurde der Fußboden um 2,6 m auf ein Niveau von ca. +35,35 m erhöht, und das Lehmziegelfundament der Toranlage wurde vergrößert (Abb. 33; Abb. 38).124 Wie der Zugang zum veränderten Westtor Aššurs geregelt war, lässt sich nicht ganz klären. W. Andrae hatte vermutet, dass die Rampe, die schon zum ursprünglichen Westtor hinaufgeführt hatte, erneuert und von neuen Begrenzungsmauern eingefasst wurde.125 Dies ist prinzipiell möglich. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die erhaltenen Ram123 Andrae 1913a: 45–46. 124 Andrae 1913a: 46. 125 Andrae 1913a: 47.

penreste maximal bis zu einer Höhe von +25,86 m erhalten waren (Abb. 35) – knapp 9,5 m unterhalb des Fußbodenniveaus des zweiten Bauzustands des westlichen Außenwalltors. Dieser enorme Höhenunterschied hätte auf einer Strecke von weniger als 11 m überwunden werden müssen, was eine steile Steigung von ca. 41° (entspricht etwa 86 %) vorausgesetzt hätte. Aufgrund verschiedener Umstände sollte daher die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der Zugang in dieser Phase des Tors über die sogenannte Seitentreppe geregelt war (Abb. 38). Diese insgesamt 12,5 m lange, maximal 2,2 m breite und ca. 4,6 m hoch erhaltene Treppenkonstruktion, von der noch insgesamt 28 Stufen freigelegt werden konnten, führte von der Sohle des Stadtgrabens bis hinauf zum Fundament des Westtors.126 Wegen einer im steingerechten Plan vermerkten Baufuge ist anzunehmen, dass die Treppe gegen das bestehende Torfundament gebaut wurde. Die äußere Fassade der 0,8–1,2 m breiten Brüstung der Treppe scheint hingegen nahtlos an die des Lehmziegelunterbaus anzuschließen (Abb.  39). Dabei ist vor allem auffällig, dass die Fluchten der Außenkanten des jüngeren Torfundaments mit der der Treppenbrüstung übereinstimmen. Die Quaderbastion am westlichen Stadttor schneidet diese Fassade hingegen und muss daher jünger sein (Abb. 40). Die Bauaufnahme deutet des Weiteren darauf hin, dass die südliche Viertelkreisbastion des Wehrgangs auf Ziegeln der Treppenanlage ruhte. Dies lässt den Schluss zu, dass die Treppe nach der Errichtung des Torfundaments, aber vor dem vermutlich Sîn-aḫḫē-erība-zeitlichen Wehrgang und der dazugehörigen Quaderbastion (siehe Kap.  3.1.3.3) entstand. Demnach erscheint es plausibel, dass die Treppe im Zuge oder infolge der Erhöhung des Torfundaments hinzugefügt wurde, um die Rampe zu ersetzen. Der freistehende Niederwall bestand derweil vermutlich fort (Abb. 38). Zumindest gibt es keinerlei Anzeichen für eine Aufgabe des Niederwalls zu diesem Zeitpunkt. Problematisch ist die Frage, wann diese Baumaßnahme vonstatten ging. W. Andrae hatte sowohl den ältesten als auch den zweiten Bauzustand der Toranlage Salmānu-ašarēd III. zugeschrieben. Seine Ansicht, die Toranlage sei noch unter Salmānuašarēd  III. erneuert worden, begründete er einerseits damit, dass das ursprüngliche Tor seiner Ansicht nach nie genutzt wurde, und andererseits mit den Maßen der verwendeten Lehmziegel.127 Beides vermag jedoch nicht zu überzeugen. Im ersten Fall handelt es sich letzten Endes um ein Argument ex nihilo. Das Fehlen von Abnutzungsspuren und Türangelsteinen sowie Vorrichtungen für letztere indiziert nicht zwingend, dass das Tor kurz nach seiner Errichtung wieder zugesetzt wurde. Die 126 Andrae 1913a: 52. 127 Vergleiche Andrae 1913a: 45–48.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

43

Binnenwall

+34,90

Treppenhaus 35,86

Torfundamente

35,50 36,24 29,23

Niederwall

Treppenhaus? 30,21 29,15

(Stadtgraben) 24,93

10 m

Treppe

Außenwall

Abb. 38: Überarbeitete Rekonstruktion von Bauzustand II des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41).

Abmessungen der verwendeten Lehmziegel können ebenfalls nicht für präzise Datierungsvorschläge herangezogen werden, da ihre Entwicklung langwierig ist und somit keine Feindatierung zulässt. Es ist also keineswegs ausgeschlossen, dass mehrere Jahre oder Jahrzehnte zwischen Errichtung und Umbau des westlichen Außenwalltors lagen. Wann der Stadtzugang strukturell verändert wurde, lässt sich also letzten Endes nicht präzise sagen. Logischerweise muss dieser Schritt aber nach der Errichtung des ursprünglichen Westtors unter Salmānu-ašarēd III. erfolgt sein. Einen terminus ante quem liefert die Konstruktion des Wehrgangs vermutlich unter Sîn-aḫḫē-erība. Durch diese Maßnahme wurde der Zuweg zum Tor gekappt, indem ein markanter Absatz zwischen Torraum und Vorfeld entstand. W.  Andrae hatte zwar spekuliert, dass eine Rampe vom Wehrgang nordwestlich des Tors zum Portal hinaufgeführt haben könnte (vgl. Abb.  33c).128 Mangels konkreter Hinweise formulierte er dies aber bewusst als Annahme. Ein plausibles Szenario dafür, wann der Bauzustand II des äußeren Westtors entstand, wäre eine 128 Siehe Andrae 1913a: 52.

Assoziation mit der Errichtung des Binnenwalls (vgl. Kap. 3.1.2.3) und des darin integrierten Stadttors (siehe unten). Da der Fußboden des einzigen belegten Zustands des inneren Westtors (+34,9 m) deutlich über dem von Bauzustand I des Außenwalltors (+32,75 m) lag, erscheint es denkbar, dass das äußere Tor aufgemauert und neu errichtet wurde, um die unterschiedlichen Niveaus aneinander anzugleichen und eine ebene Fläche zwischen Außen- und Binnenwall zu schaffen. In diesem Falle wäre der Umbau des Westtors des Außenwalls gleichzeitig zur oder nach der Errichtung des Binnenwalls (d. h. ausgehendes 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr.) anzusetzen.

Das nordwestliche Binnenwalltor Der Torbau im Nordwesten des Binnenwalls war nicht zuletzt durch die darauf errichteten Häuser stark zerstört, so dass nur das 24 m breite und 21 m tiefe Lehmziegelfundament erfasst werden konnte (Abb. 42). Wie der Bau gestaltet war, ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Aufgrund der Ausmaße des Fundaments schlug W.  Andrae vor, das nordwestliche Binnenwalltor analog zum wesentlich besser erhaltenen inneren Westtor zu rekonstruieren

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»Bergesgleich baute ich hoch«

44

Abb. 39: Blick auf das freigelegte westliche Außenwalltor (nach Andrae 1913a: Taf. 68; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

(Abb.  42).129 Ungeachtet der Unsicherheiten hinsichtlich des Erscheinungsbildes des Torbaus darf ihm allein wegen seiner Lage im Straßennetz Aššurs wohl eine größere Rolle für den innerstädtischen Verkehr zugeschrieben werden. An dieser Stelle vereinigte sich der vom Tabīra-Tor und dem Außenhaken in die Innenstadt laufende Verkehr auf einer an der Außenseite der Toranlage 7 m breiten Straße (vgl. Abb. 7). Im Zuge des Ausbaus des Wohnviertels, der offensichtlich auch zum Abriss des nord129 Andrae 1913a: 44.

westlichen Binnenwalltors führte, wurde die Breite der Straße auf ca. 4 m verengt (vgl. Abb.  42). Mit seinen ungewöhnlich großen Abmessungen dürfte Binnenwallturm 8 (siehe oben) dem Mauerdurchlass zusätzlichen Schutz von Nordwesten geboten haben.130

Das westliche Binnenwalltor Im weiteren Verlauf der inneren Stadtmauer lag das nach Südwesten gewandte westliche Binnenwalltor. 130 Vergleiche Andrae 1913a: 44–45.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

45

Abb. 40: Quaderbastion am westlichen Außenwalltor (nach Andrae 1913a: Abb. 68; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Abb. 41: Anschluss des freistehenden Niederwalls an das Lehmziegelfundament des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Abb. 67; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Diese Anlage war gut erhalten, und das aufgehende Mauerwerk stand bei der Freilegung noch 1,8 m hoch an. Strukturell weist das Gebäude starke Ähnlichkeiten zu Bauzustand  I des äußeren Westtors auf, zu dessen axialem Durchgang es ca. 18 m nach hinten und 11 m nach Südosten versetzt lag (vgl. Abb.  33; Abb.  35). Der ca.  24×17  m große, breitgelagerte Unterbau aus Lehmziegeln wurde in eine tiefe Baugrube gesetzt, die ältere Befunde schnitt, die W. Andrae als Reste der mittelassyrischen Befestigungsanlagen ansah.131 Da er sich für diesen Datierungsansatz nur auf die Konsistenz, Farbe und Dimension der verbauten Lehmziegel berief, ist die vorgeschlagene zeitliche Einordnung allerdings kritisch zu betrachten. Die Torkammer war 4,58 m tief und 17 m breit. Des Weiteren war sie der Ausgangspunkt für zwei in das Mauerwerk des Binnenwalls integrierte Treppen, die zur Mauerkrone hinaufführten. Mit 6,05 m Breite und 2,65 m Ausladung lagen die 5,5 m voneinander entfernt stehenden Tortürme (Turm 21 und Turm 22) hinsichtlich ihrer Größe merklich unter dem Durchschnitt der Türme am Binnenwall. Die Tordurchgänge selbst waren 4 m breit. Der Fußboden im Tor konnte nicht mehr erfasst werden, doch war die Oberkante des massiven Lehmziegelfundaments bei +34,9  m gut erhalten und wies keine Abnutzungsspuren auf. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Belag entfernt wurde. Dafür spricht insbesondere das abrupte Ende des Wandverputzes über der Unterkante der Mauern.132 Auffällig ist das Fehlen von Türangelsteinen oder dafür vorgesehener Gruben. Die Ausgräber interpretierten dies als Hinweis darauf, dass die Toranlage »keine Kriegszeiten erlebt [habe], in denen die Anbringung von Türflügeln sich notwendig gemacht hätte.«133 Da die Installation von Türflügeln einige

Zeit in Anspruch genommen hätte, erscheint diese These jedoch wenig plausibel. Aufgrund des guten Erhaltungszustands der Anlage können die vom Ausgräber gebotenen Beschreibungen als verlässlich gelten. Fragen wirft jedoch das stratigrafische Verhältnis der beiden Westtore auf. Wegen der vermuteten gleichzeitigen Entstehung von Außen- und Binnenwall und der starken bautypologischen Ähnlichkeiten schlug W. Andrae vor, dass der freigelegte Zustand des inneren Westtors mit Bauzustand  I des westlichen Außenwalltors zeitgleich war (Abb. 33). In diesem Fall müsste ein ansteigender Weg vom äußeren zum inneren Westtor hochgeführt haben, denn die Nutzungsniveaus der betroffenen Baustadien divergierten um ca. 1,9 m (vgl. Abb. 34). Prinzipiell wäre dies durchaus möglich. Auffällig ist jedoch ein bei +32,33 m Höhe festgestellter Absatz im Fundament des inneren Binnenwalltors (Abb.  43), der einerseits auf eine nicht erkannte Mehrphasigkeit des inneren Binnenwalltors, andererseits auf die Gründung des Torunterbaus auf älterem Mauerwerk hindeuten könnte. Angesichts der generell als sehr gut einzuschätzenden bautechnischen Beobachtungen der Ausgräber und der an mehreren Stellen erkannten Überlagerung einer Stadtmauer des 2. Jahrtausends v. Chr. durch den Binnenwall erscheint letztere Lösung vorstellbar. Offen bliebe dann aber immer noch die Frage, mit welchem Bauzustand des äußeren Westtors das westliche Binnenwalltor kontemporär war. Dies lässt sich einstweilen nicht sicher beantworten. Die vermutete Errichtung des Binnenwalls nach dem Bau des Außenwalls würde aber implizieren, dass das innere Westtor erst einige Jahre nach seinem äußeren Gegenstück entstand. Vermutlich überlebte das innere Tor den Urzustand des äußeren und bestand – zumindest vorübergehend – zeitgleich mit Bauzustand II des westlichen Außenwalltors (siehe oben), bevor beide Anlagen von Wohnhäusern und dem dritten Zustand des Außentors im 7. Jahrhun-

131 Andrae 1913a: 53. 132 Siehe Andrae 1913a: 52–55. 133 Andrae 1913a: 54.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

46

31,96

Binnenwallturm 8

Binnenwall 30,08

Kante der älteren Straße

Treppe?

»Großes Haus«

28,60

Treppe?

29,62

Kante der jüngeren Straße

10 m

Abb. 42: Rekonstruktion des nordwestlichen Binnenwalltors von Aššur mit Andeutung jüngerer Wohnbebauung (nach Andrae 1913a: Taf. 20; Preusser 1954: Taf. 17).

dert v. Chr. oder sogar später (vgl. Kap.  3.1.3.7) überbaut wurden.

Das südliche Binnenwalltor Das dritte ausgegrabene Tor des Binnenwalls lag exponiert am Scheitel der Krümmung des südlichen Schenkels der Befestigungsmauer (Abb.  44). Den Unterbau bildete ein zweilagiges Steinfundament, welches größtenteils Wohnschutt und ältere Bauten überlagerte. Nur im Südwesten, wo die teilweise erhaltenen Flankierungstürme (Turm 37 und Turm 38; je ca. 6,7 m breit und wahrscheinlich 3,8 m

ausladend)134 standen, konnte eine Lehmziegeluntergründung erkannt werden. Dass der Aufbau des Tors aus Lehmziegeln bestand, ließ sich anhand von Fragmenten des aufgehenden Mauerwerks noch gut erkennen. Der 16,3  m breite und 4,37  m tiefe Torraum wurde durch einen 3,75  m breiten Tordurchgang betreten. An den Torlaibungen erkannte

134 Andraes (1913a: 60) Annahme beruhte vor allem auf den Abmessungen des Unterbaus, denen zufolge die Tortürme maximal 4,5  m Ausladung besessen haben könnten. Da der Ausgräber annahm, man habe den verfügbaren Platz aus Gründen der Stabilität nicht gänzlich ausgenutzt, schätzte er die Ausladung auf 3,8 m.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

47

Abb. 43: Aufnahme des freigelegten westlichen Binnenwalltors von Aššur mit Kennzeichnung des Absatzes im Mauerwerk des Fundaments (nach Andrae 1913a: Abb. 70–71; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

der Ausgräber je einen 40 cm breiten unbenutzten Streifen, den er als möglichen Hinweis auf eine Ausschmückung der Passage mit Steinplatten wertete.135 Durch die schräg gesetzten Türlaibungen verbreitete sich der innere Durchgang von 4,8 m an der Innenkante des Torraums auf 5,4 m an der Außenkante. In Analogie zum Befund am inneren Westtor ging W. Andrae davon aus, dass die nicht erhaltenen Treppen im Binnenwall integriert waren. Er hielt es aufgrund des asymmetrischen Aufbaus der Torkammer aber auch für denkbar, dass es einen Aufgang südwestlich des Tordurchgangs gab.136 Dass eine erhebliche Menge Verkehr den Einlass passierte, ließ sich an den Nutzungsspuren auf dem teilweise erhaltenen Steinpflaster ablesen, von denen W. Andrae berichtete. Türangelsteine oder dafür ausgehobene Gruben fanden sich jedoch nicht. Wie auch beim westlichen Binnenwalltor kann dies jedoch nicht als Beweis dafür gelten, dass das Tor Zeit seines Bestehens unverschlossen blieb, wie W. Andrae es vorschlug.137 Des Weiteren ließen sich Vorkehrungen gegen die aus der Innenstadt in diese Richtung abfließenden Wassermassen erkennen: Sowohl westlich als auch östlich des Tors wurde je ein Wasserdurchlass in die Befestigungsmauer integriert (Abb.  44). Während der westliche Wasserdurchlass lediglich eine 0,6 m ausgesparte Rinne im Steinfundament des Binnenwalls darstellte, war das Gegenstück dazu östlich des Torbaus 2,15  m breit und aus gebrannten Zie-

135 Allerdings betonte er selbst die Absenz entsprechender Funde (Andrae 1913a: 60). Siehe hierzu auch Lundström/Orlamünde 2011. 136 Andrae 1913a: 59–62. 137 Vergleiche Andrae 1913a: 61.

geln gemauert, wobei ein rechteckiger Steinpfeiler die äußere Öffnung des östlichen Entwässerungskanals in zwei Auslässe von 0,6  m bzw. 0,7  m Breite teilte.138 Fragmente von Wohnhäusern und mehrere Gräber wurden als Hinweis darauf gewertet, dass auch dieser Tordurchlass in spätneuassyrischer Zeit keinen Bestand mehr hatte.139 Die hier entdeckten und vom Ausgräber zur Bestätigung seiner Ansicht herangezogenen Gräber liefern bei näherer Betrachtung jedoch keinen eindeutigen Hinweis. Die teilweise beraubten Bestattungen Ass. 17720 (Grab  770), Ass.  17768 (Grab  821), Ass.  17717 (Grab 691) sowie Ass. 17698 (Grab 690) lassen sich nicht aus dem darin gefundenen Inventar heraus datieren.140 Ebenso wurden die Hausreste über dem südlichen Binnenwalltor nur aufgrund ihrer höheren Lage als neuassyrisch erachtet. Darüber hinaus erbrachten die Ausgrabungen am südlichen Binnenwalltor keine datierbaren Funde.141 Demnach gibt es keine konkreten Hinweise dafür, dass die Toranlage im 7. Jahrhundert v. Chr. bereits aufgegeben worden war.

138 Siehe Andrae 1913a: 61. 139 Andrae 1913a: 61–62. 140 Vergleiche Haller 1954: 56, 62, 66, 73. Ass.  17628 (Grab  739) wird hier nicht berücksichtigt, weil es laut der Dokumentation vom Steinfundament der neuassyrischen Befestigungsanlagen überlagert wurde und auch dem darin gefundenen Inventar nach zu urteilen vorneuassyrisch datiert (siehe insb. Haller 1954: 56, 62). 141 Andrae 1913a: 62.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

48

3.1.3.1 Nordwestliche Vormauer

Kanal 13,02

13,12 13,02 12,96

13,40

Treppe? 13,54

13,58

12,26

Kanal

10 m

Abb. 44: Grundriss des südlichen Binnenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 54).

3.1.3 Veränderungen der Wehranlagen ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. Zu größeren Umstrukturierungen der Fortifikationen Aššurs scheint es im späten 8.  Jahrhundert  v.  Chr. ab der Regentschaft Sîn-aḫḫē-erības gekommen zu sein. Die Veränderungen an den Wehranlagen sind daher als Teil eines umfassenden und komplexen Projekts zur Ummodellierung des assyrischen Kultzentrums zu verstehen. Viele Monumentalbauten wurden in dieser Zeit ebenfalls tiefgreifenden Veränderungen unterzogen. Allem voran entstanden neue Heiligtümer, wie das bīt akītu nordwestlich des Stadtgebiets.142 Neben den archäologischen Befunden ist für diesen Zeitabschnitt das sogenannte »Götteradressbuch« (»GAB«; auch: »Stadtbeschreibung«) von besonderem Interesse. In diesem Text, der vor allem die verschiedenen Sakralbauten Aššurs auflistet, wurden die Prunknamen von 13 Stadttoren und den beiden Stadtmauern festgehalten (App. I.2; App.  I.3), wobei es viele Übereinstimmungen mit den in der Salmānu-ašarēd-III.-zeitlichen Inschrift (vgl. App. I.1) und älteren Erwähnungen der Stadttore Aššurs gibt.

142 Siehe zusammenfassend Andrae 19772: 218–237.

Nahe der Nordecke des Außenhakens fanden die Archäologen jenseits des Stadtgrabens Reste der »Vormauer« (hier: »nordwestliche Vormauer«). Die 2  m starke Mauer verfügte über 4,5  m breite und 1,3  m ausladende Vorsprünge in Abständen von 24 m.143 Die schlecht erhaltenen Überreste des aus einem Lehmziegelaufbau und einer Steinsubstruktion bestehenden Bauwerks144 begannen ca. 20–30 m nördlich der Nordecke des Außenhakens und verliefen in leicht konvexer Form nach Südwesten bis fast zur Höhe der Westecke des Außenhakens (vgl. Abb. 7). Die zeitliche Relation der nordwestlichen Vormauer zum Außenwall zu ermitteln, ist nicht zuletzt deswegen schwierig, weil der Verlauf zu großen Teilen rekonstruiert ist und sich die Stratigrafie zwischen den beiden Mauerwerken aus der veröffentlichten Dokumentation nicht mehr einwandfrei erschließen lässt. W. Andrae erachtete die Konstruktion als zeitgleich zu den nordöstlich des Außenhakens gefundenen Wohnhausresten. Letztere datierte er wegen der Bauweise spätneuassyrisch, wobei er sich vor allem von den Kieselmosaikböden leiten ließ.145 Vergleichbare Konstruktionen sind allerdings schon ab dem 9. Jahrhundert v. Chr. belegt.146 Zudem fehlt es an veröffentlichten Funden oder weiterführenden Informationen, die diesen Datierungsansatz unterstützen würden. S.R. Hauser hatte vorgeschlagen, dass die Struktur den Weg von einer vermuteten Anlegestelle für Boote am Seitenarm des Tigris bis hin zum Außenhaken schützte.147 Doch auch dies lässt sich nicht belegen. Darüber hinaus ergäbe sich dadurch die Frage, warum die Konstruktion nicht an der Innenseite des Stadtgrabens verlief. So lässt sich letzten Endes lediglich festhalten, dass die Vormauer die Sohle des Festungsgrabens als Standfläche nutzte, was Tukultī-Ninurtas  I. Regierungszeit als terminus post quem etabliert (Abb.  45). Zusätzlich deutet der Verlauf der Mauer durch den Graben an, dass letzterer zur Zeit der Errichtung der Vormauer kein relevantes Befestigungselement mehr darstellte. Der Festungsgraben scheint jedoch sowohl unter Salmānu-ašarēd  III. als auch Sîn-aḫḫē-erība noch ein wichtiges Teil der Wehranlagen Aššurs gewesen zu sein. Die Ausschachtungen im Zusammenhang mit den Umbaumaßnahmen an der westlichen Stadtmauer, wie sie insbesondere am Westtor beobachtet wurden, legen

143 Andrae 1913a: 116. 144 Siehe Andrae 1913a: Taf. 30.3. 145 Siehe Andrae 1913a: 116, Taf. 21.2; Miglus 1996: 80. 146 Für einen Überblick zu Kieselmosaiken aus der Periode des Neuassyrischen Reiches und davor siehe Bunnens 2016. Womöglich datiert auch das Kieselmosaik in Hof 10 des Ostpalastes von Aššur in die Regierungszeit Salmānu-ašarēds III. (vgl. Miglus 2013: 47–49). 147 Hauser 2012: 77 Fn. 228.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

49

»Innenverstärkung« Außenwall

»Strebepfeiler«

20 m

Vormauer

15 m

10 m

Fels Stadtgraben Abb. 45: Profilzeichnung zwischen der Nordecke des Außenwalls und der Vormauer (nach Andrae 1913a: Taf. 29.5).

dies nahe (vgl. Kap.  3.1.3.7). Dementsprechend wäre eine Entstehung der Vormauer nach Sîn-aḫḫēerības Regierungszeit, also im 7. Jahrhundert v. Chr., zu vermuten. Womöglich sollte die Befestigungsmauer den Stadtgraben an der besonders verwundbaren Nordwestecke der Stadt ersetzen. Da in Aššur aber auch nach der medischen Eroberung gebaut wurde (vgl. Kap. 3.1),148 ist ein Entstehen der nordwestlichen Vormauer in postassyrischer Zeit nicht vollends auszuschließen.

3.1.3.2 Außenwall

Die spätneuassyrischen Umbaumaßnahmen an den Fortifikationen Aššurs betrafen auch den Außenwall. Dabei blieben Verlauf und Bausubstanz der Befestigungsmauer weitgehend unverändert; infolge eines Erdbebens kam es wohl lediglich zu Reparaturmaßnahmen an beschädigten Abschnitten, wie einem Brief des Schreibers Nabû-šumu-kaʾʾin zu entnehmen ist: »To the king, my lord: your servant Nabû-šumu-ka’’in, the scribe. Good health to the king, my lord! May Nabû and Marduk bless my lord. There was an earthquake on the 21st of Elul (VI). The outer town in its entirety was damaged but the whole wall of the outer city was saved; (only a stretch of) 30.5 cubits was torn out of it and fell into the centre of the city. […] The watchtowers of the middlemost gate [KÁ.GAL qab-site] and the outer gate [KÁ.GAL ša qa-ni] have

148 Siehe Kap. 3 Fn. 10.

collapsed; (and) one [...] house outside the city 149 garrison and one inside it have collapsed.« Eine strukturelle Veränderung ließ sich vor allem am Außenhaken im Nordwesten Aššurs beobachten. Sowohl der Nordost- als auch der Nordwestschenkel der Anlage wurden um ca.  2,5  m verschmälert (Abb. 46). Diese Maßnahme stand offensichtlich mit der Konstruktion des »Wehrgangs« (siehe hierzu Kap. 3.1.3.3) in Zusammenhang. Für den daraus resultierenden Zustand ließen sich die Ausmaße von drei Türmen an der Nordwestfront mit 4 m Breite und 2 m Ausladung bestimmen.150 Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die bis zu 3 m starke »Innenverstärkung« an der Innenseite des Nordost- und Nordwestschenkels des Außenhakens angebracht (vgl. Abb.  46). Wann dies geschah, ist allerdings unsicher. Beim Ausheben der Baugrube für diese Konstruktion wurden einige Häuser geschnitten, die über Tontafelfunde (Archive N 9 und N 10) in das 7. Jahrhundert v. Chr. datiert werden können.151 Diese Wohnbauten stellen daher einen terminus post quem für die Baumaßnahme dar. In Anbetracht dieser Umstände zog A. Hausleiter eine Errichtung der Innenverstärkung unter Aššur-bāni-apli in Betracht, da letzterer in Inschriften über sein Wirken an den 152 Befestigungsanlagen Aššurs berichtet: 149 SAA 16: 100, Vs. 1–14, Rs. 10–16. 150 Andrae 1913a: 113. 151 Hausleiter 2010: 37–38; Preusser 1954: 53. Zu den Archiven N 9 und N 10 siehe Pedersén 1986: 85–96. 152 Hausleiter 2010: 38 Fn. 235.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

50

Brüstung Wehrgang

19,64 21,99

Poterne 17,47 20,22 20,67

Zusetzung? 17,32

Unteres Tor Außenwall

23,14

22,64 23,23

24,77

Innere Verstärkungsmauer

18,66 18,11 19,20

20 m

Abb. 46: Der Außenhaken in spätneuassyrischer Zeit (nach Andrae 1913a: Taf. 22–23, 28).

»[…t]hat [wall] became dilapidated and […] I identified its (original) site (and) [reached its] foundation pit. [In a] favorable [mon]th, (on) an auspicious day, I (re)la[id] its foundation(s and thereby) [secured] its [bri]ckwork. With limestone, a [(strong) mountain] st[one,…] of its foundation(s). [I m]ixed (the mud for) [its] revetment with oil […] (and) pleasant(-smelling) [aromatic]s. I built (and) completed (it) [from] its [foun]dation(s) [t]o its crenellations. I made (it) larger th[an the one in the da]ys of the past (and) its appearance (more) [res]plendent. (As for the) [st]eles of the kings who came before me who bui[lt] this [wal]l, I anointed (them) wi[th oil, ma]de an offer[ing], (and) p[laced (them)] w[ith st]eles bearing my name.« 153 C. Preusser hatte sich hingegen vorsichtig für eine Datierung in die parthische Besiedlungsperiode Aššurs ausgesprochen und begründete seine Ansicht mit den Maßen (38×38×13 cm) und der Magerung (Kiesel und Scherben) der verwendeten Lehm153 RINAP 5/1: Ashurbanipal 61, Rs. 1′–15′.

ziegel.154 Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass sich in diesem Bereich keinerlei Reste parthischer Bauwerke fanden, weswegen C. Preussers Vorschlag kritisch zu bewerten ist. Relevant ist jedoch die von P.A. Miglus notierte Verwendung von gebrannten Ziegeln, die aus der Gruft Sîn-aḫḫē-erības im Alten Palast zur Ausbesserung von Mauerwerk in der Nordecke des Außenhakens entnommen worden sein müssen.155 Die Innenverstärkung könnte demnach Bestandteil von Renovierungsmaßnahmen an den Befestigungsanlagen Aššurs in postneuassyrischer Zeit sein. Dies würde der in jüngeren Publikationen immer stärker zu Tage tretenden fortgesetzten Siedlungsaktivität an dem Ort trotz der medisch-babylonischen Eroberung 614 v. Chr.156 entsprechen und stellt daher ein plausibles Szenario dar. Abgesehen von Umgestaltungen an den beiden äußeren Schenkeln, kam es vermutlich ebenfalls im späten 8. Jahrhundert v. Chr. zur Aufgabe der Bin154 Preusser 1954: 53. 155 Miglus 2003: 267. 156 Vergleiche hierzu Kap. 3 Fn. 9–10.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

51

33,77

26,96

Haus b8:2

36,76

Turm 13 Haus b8:1

37,02

Hof

Haus b8:3 35,78

32,10 34,94

Turm 14 Haus b8:4 Binnenwall

31,05

Stadtgraben 14,98

25,40

32,42

Turm 15

33,06

Außenwall

25,64

Wehrgang

Quaderbas�onen

Fundort Ass. 11722 20 m

Abb. 47: Freigelegte Abschnitte des Wehrgangs zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur in spätneuassyrischer Zeit (nach Andrae 1913a: Taf. 34–36).

nenmauern des Außenhakens (Abb.  46). Einige nordöstlich des Oberen Tors gelegene Hausreste, die teilweise in die Nordwestseite des Südostschenkels eingriffen, indizieren, dass letzterer noch in neuassyrischer Zeit aufgegeben wurde.157 Dieser Schritt führte dazu, dass sich die Bebauung auf der Lehmziegelplattform des ehemaligen Neuen Palastes nun bis in den Außenhaken ausdehnen konnte. Möglicherweise war der Abriss der Binnenmauern des Außenhakens eine städtebauliche Maßnahme, mit der neuer Raum für Wohnhäuser erschlossen 157 Siehe Miglus 1996: 77, Plan 97.

wurde.158 Dafür wurde eine Verringerung der Wehrhaftigkeit der sensiblen nordwestlichen Nordwestfront der Stadt in Kauf genommen. Durch den Anbau des Wehrgangs (Kap.  3.1.3.3) an der Außenseite des Außenhakens wurde diese Schwächung aber zumindest teilweise kompensiert.

3.1.3.3 Der »Wehrgang«

Die gravierendste Veränderung am Außenwall stellte das Hinzufügen des sogenannten »Wehrgangs« dar. Dieser erfüllte prinzipiell den gleichen Zweck 158 Vergleiche Hauser 2012: 89, 94–96; Miglus 1996: 77.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

52

Binnenwall Außenwall

Wehrgang

Schießscharten Quaderbas�on Stadtgraben Abb. 48: Dreidimensionale Rekonstruktion des Wehrgangs zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur in spätneuassyrischer Zeit.

Außenwall Wehrgang

Senkscharten 10 m

Abb. 50: Schematische Zeichnung des Aufbaus der Schießscharten des Wehrgangs von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 186).

Abb. 49: Freigelegter Abschnitt des Wehrgangs im Bereich der Westecke des Außenhakens mit Schießscharten (nach Andrae 1913a: Abb. 189; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

wie der ältere freistehende Nie­derwall, indem er den Verteidigern eine zweite Ebene bot, von der aus potentielle Angreifer hätten beschossen werden können. Er wurde direkt an die Außenfassade des

dafür verschmälerten Außenwalls gebaut, weshalb er als verbundener Niederwall anzusprechen ist (Abb. 47; Abb. 48). Er gründete auf dem Unterbau des Außenwalls und war an manchen Stellen noch bis zum Wandelgang, auf dem die Verteidiger standen, erhalten. Wie hoch die Konstruktion war, hing dabei offensichtlich von topografischen Bedingungen ab. Südlich des Tabīra-Tors lag der Wandelgang wohl mindestens 1,4  m (vgl. Abb.  47) über dem gewachsenen Felsen, während der entsprechende Höhenunterschied am äußeren Westtor nur 0,3– 0,4 m betrug (Abb. 34). Die Breite der Konstruktion betrug 2,85  m, von denen die Brüstung 0,85 m einnahm, was 2 m Standfläche für die Bogenschützen ließ. An einigen Stellen wurden schräg nach unten gerichtete Schießscharten – von den Ausgräbern auch als »Machicoulis« bezeichnet – freigelegt, die die Verteidigung des Mauerfußes ermöglichen sollten (Abb.  49; Abb.  50). Diese waren verputzt, 1,05–1,35 m hoch, 1,4–1,6 m voneinander entfernt und endeten bis zu 0,8 m über

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen der äußeren Unterkante des Wehrgangs. Der obere Abschluss war dreieckig und aus zwei gegeneinander aufgestellten Ziegeln konstruiert.159 In den Verlauf des verbundenen Niederwalls wurden halbelliptische Lehmziegelumgänge integriert, die bis zu einer Breite von 12,8 m und einer Ausladung von bis zu 2,4 m erhalten waren.160 Diese wurden danach zusätzlich mit Steinquadern verblendet, weswegen sie die Ausgräber als »Quaderbastionen« bezeichneten. Hinsichtlich der Datierung ist vor allem ein mit einer Sîn-aḫḫē-erība-Inschrift versehener Steinblock (Ass. 11722), der noch in situ in einer der Quaderbastionen zwischen dem West- und dem Tabīra-Tor entdeckt wurde, von großer Bedeutung. W. Andrae hatte Sîn-aḫḫē-erības Regierungszeit als terminus post quem angesehen, weil er wegen der nach unten gerichteten Zeilenanfänge von einer sekundären Verwendung dieses Kalksteinblocks ausgegangen war. Allerdings scheinen die Steinblöcke äußerst präzise und einheitlich gesetzt zu sein, weswegen dieser Ansicht hier nicht gefolgt wird. Dementsprechend legt die Inschrift eine Entstehung der Quaderbastionen unter Sîn-aḫḫē-erība nahe.161 Reste des verbundenen Niederwalls fanden sich an mehreren Stellen der westlichen Fortifikationen der Stadt, weswegen davon auszugehen ist, dass er sich mindestens vom Tabīra- bis über das westliche Außenwalltor hinaus zog.162 Es ist nicht klar, ob es eine solche Konstruktion auch entlang des Südwalls gab, wenngleich die Fläche von 3,5 m zwischen Außenkante des Fundaments und der Fassade des aufgehenden Mauerwerks durchaus Platz dafür geboten hätte (Abb. 16).163 Aufgrund bautechnischer Ähnlichkeiten, die sich vor allem im Verhältnis zum Außenwall, der Ausstattung mit Senkscharten sowie der Breite des Wandelgangs ausdrücken, erscheint es nicht zu weit hergeholt, einen chronologischen Zusammenhang zwischen den verbundenen Niederwällen am Außenhaken und demjenigen südlich des Tabīra-Tors anzunehmen. Wie lange der verbundene Niederwall Bestand hatte, ist nicht bekannt, doch gibt es letzten Endes keine Anhaltspunkte für eine Aufgabe vor der Eroberung der Stadt im Jahre 614 v. Chr.

3.1.3.4 Der Binnenwall

Allgemein wird vermutet, dass der Binnenwall im Verlaufe des 8. Jahrhunderts v. Chr. aufgegeben und von jüngeren neuassyrischen Bauten überlagert wurde.164 Die Beleglage hierfür ist jedoch weitaus

159 Siehe Andrae 1913a: 115–116. 160 Andrae 1913a: 127. 161 Andrae 1913a: 127, Abb. 208, 215. 162 Vergleiche Andrae 1913a: Taf. 22–24, 27, 29.2, 34–36, 40, 42.2. 163 Vergleiche auch Andrae 1913a: 139, Taf. 57.1, 61.3. 164 Andrae 1913a: 4, 7, 101; 1977²: 204. Siehe auch Halama 2011b: 259; Hauser 2012: 91, 100, 403; Hausleiter

53

weniger eindeutig, als es oftmals dargestellt wird. Vor allem die chronologische Einordnung der Bestattungen, die die Reste des Binnenwalls schnitten, ist nicht sehr stichhaltig. W. Andrae schrieb hierzu lediglich: »Die zahlreichen Gräber, meist Sarkophaggräber, die dicht an den Wällen und zum Teil auch in der Ruine des Binnenwalls liegen, […] können fast alle bestimmt als assyrisch gelten; für eine jüngere Datierung bietet sich keine Handhabe. Des näheren kann hier nicht auf sie eingegangen werden.«165

Wie aber A.  Hausleiter bereits anmerkte, diente in der Regel nur die angenommen Aufgabe des Binnenwalls im 8. Jahrhundert v. Chr. als terminus post quem für die Einordnung der jeweiligen Häuser und der oftmals nicht mit Wohnbauten assoziierten Gräber.166 Auch S.  Hauser hob hervor, dass die Bestattungen nicht aufgrund der darin gefundenen Keramik, sondern ihres stratigrafischen Verhältnisses zu anderen Befunden datiert wurden.167 Diesbezüglich ist es wichtig, darauf zu verweisen, dass jüngere Studien große Ähnlichkeiten zwischen der materiellen Kultur der spät- und der postneuassyrischen Periode offengelegt haben.168 Folgerichtig kam A. Hausleiter zu dem Schluss, dass die herkömmlich in das 7. Jahrhundert v. Chr. datierten Gräber hinsichtlich ihres Keramikinventars auch postneuassyrisch sein könnten.169 P.A. Miglus stellte zudem starke Übereinstimmungen zwischen neuassyrischen und postneuassyrischen Gebäuden hinsichtlich ihrer Grundrisse und Bauweisen fest.170 Darüber hinaus hatten D. Sürenhagen und J. Renger bereits früher darauf hingewiesen, dass die Überbauung nicht alle Teile des Binnenwalls im gleichen Maße betreffe.171 Daher sind kritische Nachforschungen zur Frage des Zeitpunkts der Aufgabe des Binnenwalls vonnöten. Wie im Folgenden gezeigt wird, sprechen einige Befunde dafür, dass diese tiefgreifende stadtplanerische Veränderung nicht im ausgehenden 8., sondern erst im 7. Jahrhundert v. Chr. geschah. Am Binnenhaken Der erste diskussionswürdige Bereich ist der das nördliche Ende des Binnenwalls einnehmende Binnenhaken. Die sogenannte »Karawanserai«,172

2010: 47–48; Miglus 1982: 273; 1996: 60. 165 Andrae 1913a: 132. 166 Hausleiter 2010: 66–67. 167 Hauser 2012: 123. 168 Siehe hierzu Hausleiter 2010: 13–15, 498–503, 507– 508; Kreppner 2006: 128. 169 Hausleiter 2010: 66–67. 170 Miglus 1996: 65. 171 Sürenhagen/Renger 1982: 112. 172 Siehe hierzu Preusser 1954: 59–60.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

54

p 34,54

34,18

o

34,87

m

i

k

l

Brunnen

westl. Zikkurat

34,96 34,12

e

35,85

a

34,56

Binnenwall

35,85

b

34,29

f

»Karawanserai«

Haus 41

34,24

c

34,76

d

34,63

g

Kiesfußboden

34,60

Fundort Archiv N 12

Mosaikfußboden

h

Binnenwall

Fundament des mAss Anu-Adad-Tempels nAss Anu-Adad-Tempel 10 m

Abb. 51: Plan der »Karawanserai« von Aššur (nach Preusser 1954: Taf. 30–31).

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen 40 m

55

Westzikkurat des nAss Anu-Adad-Tempels

Binnenwall »Karawanserai«

35 m

30 m

Fels Westzikkurat des mAss Anu-Adad-Tempels Abb. 52: Profilzeichnung durch die »Karawanserai« und den südwestlichen Teil des Anu-Adad-Tempels (nach Andrae 1909: 7 Schnitt a–b).

die an die Innenseite des Binnenwalls südwestlich des Anu-Adad-Tempels gebaut wurde, nimmt bei der Frage nach der Datierung des inneren Verteidigungsrings eine wichtige Rolle ein (Abb.  51). Aufgrund der darin verbauten Ziegel aus der Zeit Šarruukīns  II. lässt sich die Errichtung des Gebäudes in das ausgehende 8. oder das 7. Jahrhundert v. Chr. datieren.173 Auf einem der spätesten Fußböden dieses residenzartigen Gebäudes174 fand sich das Archiv N 12, dessen Texte teilweise postkanonisch sind.175 Demzufolge lässt sich die Hauptnutzung des Gebäudes in das 7. Jahrhundert v. Chr. einordnen. Hervorzuheben ist, dass weder das Gründungsniveau der Karawanserai, noch eine der jüngeren Nutzungsschichten in diesem Bereich den Binnenwall überlagerten (Abb. 52). Folglich stellte der Nordostschenkel des Binnenhakens bei der Gründung der Karawanserai noch einen Faktor dar, an dem sich die Ausrichtung des Gebäudes orientierte. Es gibt in diesem Bereich auch ansonsten keine Hinweise darauf, dass die Befestigungsmauer in neuassyrischer Zeit überbaut wurde. Es scheint daher so, als hätte dieser Abschnitt des Binnenwalls zumindest noch in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. Bestand gehabt. Der Südwestschenkel des Binnenhakens sowie der sich von dort nach Südwesten fortsetzende Abschnitt des Binnenwalls scheinen hingegen noch in neuassyrischer Zeit abgetragen worden zu sein. Im Bereich des nordwestlichen Binnenwalltors, aber auch am südlichen Ende des Südwestschenkels zogen mehrere spätneuassyrische Häuser über den Stumpf des Binnenwalls hinweg (vgl. Abb. 42). Allerdings ist nicht klar, ab wann die Überbauung des

173 Hausleiter 2010: 28. 174 Turner (1970b: 182 Fn. 33) und Miglus (1996: 96–97; 1999: 164–165) bezweifelten die von Preusser (1954: 59) vorgeschlagene funktionale Interpretation als Karawanserei und verwiesen auf die Parallelen zu neuassyrischen Residenzen und Verwaltungsgebäuden. 175 Miglus 1996: 97; Pedersén 1986: 97–98.

südwestlichen Binnenhakenschenkels einsetzte. Diese stadtplanerische Veränderung wurde wegen des stratigrafischen Verhältnisses zum Binnenwall allgemein in die Zeit nach Salmānu-ašarēd III. eingeordnet.176 Letzten Endes stellt dies jedoch nur einen groben terminus post quem dar. Sicheren chronologischen Boden bieten die Bauschichten, die sich durch Tontafelfunde datieren lassen. Dabei fällt auf, dass die Tafeln nicht vor 691  v.  Chr., also der späteren Phase der Regierungszeit Sîn-aḫḫē-erības, verfasst wurden.177 Hervorzuheben ist dabei wiederum, dass sich diese Angabe nur auf das große, zusammenhängende Wohngebiet auf der Palastterrasse beschränkt. Die Wohnhäuser über den Ruinen des nordwestlichen Binnenwalltors stellen einen räumlich getrennten und mit der Palastterrassenüberbauung nicht stratigrafisch verbundenen Grabungsbereich dar. Die Datierung der hier gelegenen Gebäude, allem voran des »Großen Hauses«, kann wegen fehlender Tontafelfunde nicht als eindeutig gesichert gelten.178 Demnach könnte die Überbauung des Südwestschenkels des Binnenwalls erst im Verlaufe des 7. Jahrhundert v. Chr. vonstatten gegangen sein. Entlang des Binnenwalls Auch im weiteren Verlauf des Binnenwalls finden sich Argumente für eine etwas spätere Datierung der Aufgabe der inneren Stadtmauer. Beispielsweise wurde laut P.A. Miglus in der Nähe des

176 Siehe Andrae 1913a: 7, 100; 1977²: 204; Miglus 1996: 60; Preusser 1954: 17. 177 Preusser 1954: 15. Siehe hierzu auch Pedersén 1986: 99–115. Die Tafeln Ass. 10559a und Ass. 10559d könnten zwar auch in das Jahr 737 v. Chr. datieren; sie wurden jedoch auf der Straße im Bereich des nordwestlichen Binnenwalltors und somit in einem sekundären Kontext gefunden (siehe Pedersén 1986: 114), weswegen sie nicht als Beleg für eine frühere Datierung der Wohnhäuser in diesem Bereich herangezogen werden können. 178 Vergleiche Preusser 1954: 37.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 53: Terrakotten aus den Ziegelkapseln von Haus b8:1 in Aššur (nach Rittig 1977: Abb. 14–15, 18–19, 53).

Tabīra-Tors zwischen den Türmen  13 und 14 im ziegelgepflasterten Hof eines Wohnhauses an der Außenseite des Binnenwalls ein Gruftziegel Sînaḫḫē-erības (Ass. 11455) entdeckt.179 Da in diesem Bereich nur Haus b8:1 ein entsprechendes Hofpflaster aufweist,180 ist anzunehmen, dass der Sînaḫḫē-erība-Ziegel aus diesem Gebäude stammt (vgl. Abb.  47). Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Bereich nur dieses Haus über den Binnenwall zog, während sich die Reste der benachbarten Wohnbauten (b8:2–4) alle gegen den zu der Zeit wohl noch intakten Binnenwall lehnten.181 Leider geht aus der Dokumentation nicht klar hervor, ob der Ziegel im Pflaster des Hofs verbaut oder lediglich im Schutt darüber gefunden wurde. Sollte jedoch ersteres zutreffen, wäre das Gebäude wohl als postneuassyrisch anzusehen, da davon auszugehen ist, dass Gruftziegel Sîn-aḫḫē-erības erst nach der Zerstörung seiner letzten Ruhestätte für den Hausbau verwendet wurden.182 Sollte der Ziegel aber im Schutt des Hofs gefunden worden sein, wäre eine Errichtung des Hauses noch in neuassyrischer Zeit möglich. Es sei jedoch darauf verwiesen, dass die Reste von Turm 13 mit bis zu +37,12 m über dem Niveau des ziegelgepflastertes Hofs von Haus  b8:1 (+37,02  m) anstanden und kein Teil des Gebäudes 179 Miglus 2003: 267. Weidner (1939–1941: 215–216 insb. Fn. 73) listet das Stück unter den in sekundärer Verwendung gefundenen Gruftziegeln auf. 180 Siehe Andrae 1913a: Taf. 35; Miglus 1996: 80–81, Plan 125.b. 181 Miglus 1996: 80–81. 182 Miglus 2003: 267.

eindeutig über den Binnenwall zog. Dafür, dass Haus b8:1 bereits in neuassyrischer Zeit errichtet wurde, sprechen allerdings die in den Ziegelkapseln des Hauses gefundenen Terrakotten (Ass. 11302– 11307 bzw. VA  8191/8192/8196/8197+8198),183 die laut P.A. Miglus in die 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. zu datieren sind (Abb.  53).184 D. Rittig hatte hingegen noch für eine chronologische Einordnung der Objekte in das späte 8. und frühe 7. Jahrhundert v. Chr. plädiert.185 Letzten Endes lässt sich der Zeitpunkt der Errichtung von Haus b8:1 zeitlich nicht genauer eingrenzen. Mehrere Indizien deuten aber auf das 7. Jahrhundert v. Chr. oder etwas später hin. Hinsichtlich der übrigen spätneuassyrischen Tontafelarchive, die im Zuge der Freilegung des Binnenwalls entdeckt wurden, ist anzumerken, dass ihre genaue Provenienz oftmals unklar ist. Eine Beleuchtung der relevanten Kontexte zeigt, dass die Fundumstände oftmals zu unklar sind, als dass sie zur Bestätigung der Auflassung der inneren Befestigungsmauer noch in neuassyrischer Zeit herangezogen werden könnten. So lag Archiv N 25, welches datierte Texte aus den Jahren 750, 744, 734 und 668 v. Chr. enthielt, über Grab Ass. 11393 (Gruft 31) an der Innenseite von Turm 14.186 Ob ein möglicherweise zugehöriges Haus über den Binnenwallstumpf zog, lässt sich nicht sagen. Archiv N 26 aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. stammt aus dem Abschnitt zwischen den Türmen 16 und 17. Befunde, die die Befestigungsmauer schnitten, wurden hier jedoch nicht festgehalten, und ähnlich verhält es sich auch mit N 28 aus dem Abschnitt zwischen den Türmen 18 und 19 sowie mit N 29 aus der Umgebung von Turm 20.187 Ähnliches gilt auch für das in den postkanonischen Zeitraum datierte Archiv  N  27,188 dessen Fundlage W. Andrae folgendermaßen beschrieb: »In den Privathäusern längs des Binnenwalls (in c E 9 II) finden sich weiter kleine Tontafeln, z.  T. aramäisch beschriftete, herzförmige, sowie Scherben emaillierter Gefässe.«189

Sollte O.  Pederséns Angabe, das Archiv stamme in Wirklichkeit aus einem Raum an der Außenseite des Binnenwalls in Sektor cD9II,190 korrekt sein, so

183 Klengel-Brandt 1968: 29, Taf. 8.1–5; Rittig 1977: 60, 62, 64–65, 122, 125, 132, 134–135, Abb. 14–15, 18–19, 53. 184 Miglus 1996: 80 Fn. 146. 185 Rittig 1977: 62, 64–65, 234–237. 186 Vergleiche Andrae 1913a: Taf. 35; Haller 1954: 110– 111; Pedersén 1986: 117–118. 187 Siehe Andrae 1913a: Taf. 36, 38–39; Pedersén 1986: 119, 121–124. 188 Siehe Pedersén 1986: 119–120. 189 Andrae 1908: 20. 190 Pedersén 1986: 119. Er verweist hier darauf, dass die Ausgräber den Auffindungsort des Archivs von cE9II zu

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

57

Binnenwall 9I 9 II

Haus c9:7

Haus c9:8 Haus c9:9 Fundort Archiv N 7?

cC

cD

10 m

Abb. 54: Abschnitt des Binnenwalls, in dem Archiv N 29 gefunden wurde (nach Miglus 1996: Plan 133.d).

würde dies für eine Auffindung in einem der gegen den Wall gebauten Räume südwestlich von Haus c9:9 sprechen, da nur dies den Angaben zum Fundort entspräche (Abb. 54).191 Letzten Endes muss der Auffindungsort der Tontafeln aber als unsicher eingestuft werden. Bei Archiv  N  7, einer Sammlung literarischer Texte, ließ sich die Herkunft bislang ebenfalls nicht eindeutig klären. Die Textsammlung könnte der Beschreibung des Ausgräbers zufolge sowohl aus Haus c9:7 als auch aus dem danebengelegenen, allerdings nur in einem schmalen Streifen angeschnittenen und tiefer gründenden Haus c9:8 stammen.192 Zudem ist es nicht möglich, die Schriftdokumente präzise zu datieren,193 weswegen die Tafeln nur bedingt cD9II korrigierten. 191 Miglus (1996: 82) hatte dieses Archiv keinem der von ihm in diesem Bereich definierten Häuser zugewiesen. 192 Siehe Andrae 1908: 20; Miglus 1996: 82; Pedersén 1986: 83–84. 193 Pedersén 1986: 83. Es scheint sich um eine kleine Bibliothek zu handeln, die in erster Linie literarische Texte beinhaltete. Wie Pedersén (1986: 83) aber bereits betont hatte, könnte die Erwähnung des Kandalānu einen terminus post quem (647 v. Chr.) andeuten, sofern dieser

zur Untersuchung chronologischer Fragen herangezogen werden können.

Der Bereich des westlichen Binnenwalltors Auf den ersten Blick eindeutig erscheint die Situation von Archiv N 30 am westlichen Binnenwalltor. Hier wurde angeblich auf dem Fußboden von Haus 1 ein Tontafelarchiv mit datierten Tafeln aus dem Zeitraum 707–681 v. Chr. gefunden.194 Das Haus gehörte zu einer Bauschicht, welche das innere Binnenwalltor überlagerte (vgl. Abb.  33). Allerdings gilt der exakte Fundort der Keilschrifttexte als nicht gesichert.195 A.  Hausleiter schloss nicht aus, dass die Tafeln später an ihren Fundplatz gelangt sein könnten.196 Darüber hinaus standen die in diesem Bereich freigelegten »spätassyrischen Privathäuser« über den Torplatz nur mit den jüngsten Text zum Archiv gehörte. Andrae (1908: 20) hingegen hatte auf den neuassyrischen Charakter der Schrift verwiesen und eine Datierung in die Zeit Šarru-ukīns  II. oder kurz danach in Erwägung gezogen. 194 Andrae 1913a: 57; Hausleiter 2010: 48, 52; Pedersén 1986: 124–125; Preusser 1954: 55–56. 195 Pedersén 1986: 124 insb. Fn. 1. 196 Hausleiter 2010: 52.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

58

40 m

Fundlage Archiv N 8(?)

Haus e10:1/2 eB10I

eC10I

eD10I

35 m

Binnenwall

30 m

Abb. 55: Schnittzeichnung durch den westlichen Teil von Suchgraben 10I in Aššur (nach Miglus 1996: Plan 58–59).

Haus i10:7

Turm 33

Haus i10:8 Haus i10:9

KSt 23a

Turm 32

Binnenwall Turm 31 19,47

KSt 16 KSt 17 KSt 14 16,50 KSt 13 18,56 17,42 KSt 12 KSt 20 16,23 KSt 11 15,91

18,87

KSt 8 KSt 2(?) KSt 1(?) 18,20 17,61 18,17 18,38 KSt 6

17,35 KSt 7

KSt 15

KSt 2a KSt 3

17,20

KSt 5

16,54

KSt 4

KSt 9 KSt 10

Kst 21 KSt 18

16,17 16,08 KSt 26 KSt 25 KSt 23b KSt 24 KSt 22

15,34

15,23 14,27 KSt 27

KSt 28

17,19

Haus i11:14

KSt 19

»Stelenplatz«

Haus i11:15

Außenwall 20 m KSt: Königsstele

Abb. 56: Umzeichnung der Befunde am Stelenplatz im Süden der Altstadt von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 50; Miglus 1996: Plan 148).

Resten des äußeren Westtors (»Bauzustand III«; vgl. Kap. 3.1.3.7) in Verbindung. Da letzterer stratigrafisch aber nicht mit den Resten des Außenwalls und der davor gelegenen Zwingermauern verbunden war, lässt sich nicht sicher sagen, ob diese letzte Umstrukturierung des Westtors im Zuge der Konstruktion des Wehrgangs unter Sîn-aḫḫē-erība oder erst später erfolgte. Davon abgesehen scheint der kieselgepflasterte Platz nach dem jüngsten Bauzustand (III) des äußeren Westtors entstanden zu sein, denn er lehnte sich gegen die tiefer gründenden Mauern dieses jüngsten Bauwerks auf dem Torfundament.197 Dies würde letzten Endes für eine Entstehung des »spätassyrischen Torplatzes« und der damit assozi197 Andrae 1913a: 48.

ierten Häuser erst nach dem wohl Sîn-aḫḫē-erībazeitlichen Umbau des äußeren Westtors sprechen. Die Befunde in Suchgraben 10I, der sich vom westlichen Binnenwalltor nach Osten erstreckte, könnten hierzu ein weiteres Argument liefern. Wie der Aufarbeitung der Befunde durch P.A. Miglus zu entnehmen ist, fand sich in Haus e10:5 (Suchschnitt eD10I) das Archiv N 8, dessen einziger datierbarer Text 717 v Chr. entstand.198 Dieses Gebäude, welches wohl im ausgehenden 8. oder im 7. Jahrhundert  v.  Chr. errichtet wurde,199 gehört einer Bauschicht an, die gegen die Innenseite des Binnenwalls zog (Abb.  55). Die den Stumpf des Binnenwalls

198 Pedersén 1986: 84. 199 Siehe Miglus 1996: 283.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

20 m

Hausreste

10 m

BSt: Beamtenstele KSt: Königsstele

Binnenwall

KSt 28

15 m Befes�gungsanlagen 2. Jt. v. Chr.

59

KSt 50 KSt 27

Gru� Ass. 17951

BSt 130b BSt 90 BSt 129 BSt 105 BSt 104 BSt 103 BSt 88

Abb. 57: Schematische Profilzeichnung durch den Stelenplatz von Aššur zwischen Turm 33 und dem Außenwall (nach Andrae 1913a, Taf. 52.4).

bedeckenden Wohnbauten (z. B. Häuser e10:1 und e10:2) sind hingegen einer jüngeren Bauschicht zuzuordnen, deren Spur sich nach Osten hin verlor. Demzufolge wären die Gebäude über dem inneren Binnenwalltor entweder in das späte 7. Jahrhundert v. Chr. oder in die postneuassyrische Epoche einzuordnen.200

Der Befund an den Stelenreihen Im weiteren Verlauf der Stadtmauern kann auch im Bereich der Stelenreihen (Abb.  56) eine Überbauung des inneren Verteidigungsrings noch vor dem 7. Jahrhundert v. Chr. nicht als erwiesen gelten. Hier wurden neben neuassyrischen auch postneuassyrische und parthische Bauschichten beobachtet.201 Wichtig festzuhalten ist, dass die Reihe der Königsstelen noch zur Zeit der Eroberung der Stadt stand und die Denkmäler wohl erst durch dieses Ereignis zu Fall kamen.202 Darüber hinaus lässt sich, mit der Ausnahme der auf einem deutlich tieferen Niveau gefundenen Stele 27 (Erība-Adad II.),203 eine ursprüngliche Errichtung der Königsstelen auf einem gemeinsamen Nutzungshorizont feststellen. Diese Oberfläche scheint jedoch nicht mit dem der über den Binnenwall bei Turm  33 ziehenden Straße verbunden gewesen zu sein. Letztere lag laut Nivellements zwar auf einem ähnlichen Niveau wie die westlichsten Königsstelen (ca. +17 m), doch ist

200 Es sei darauf hingewiesen, dass das ins Jahr 650 v. Chr. datierbare Archiv N 35 (Pedersén 1986: 136), welches in Suchgraben gD10I wahrscheinlich in Anlage g10:6 oder g10:7 gefunden wurde (vgl. Miglus 1996: 291–292, Plan 140.e), vermutlich ebenfalls aus diesem Schichtenhorizont stammt. Dies würde eine spätneuassyrische Datierung von Haus e10:5 bekräftigen (vgl. Miglus 1996: Plan 58–62). Allerdings hat eine große Erosionsrinne die Anschlüsse zwischen den Schichten zerstört, weshalb sich diese Vermutung nicht bestätigen lässt. 201 Miglus 1996: 305–308. 202 Siehe Andrae 1913b: 3; Miglus 1996: 305; Reade 2004: 455. 203 Diese Stele und ihre Auffindung auf einem Niveau, das mit dem mittelassyrischer Beamtenstelen auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes am Außenwall korreliert werden kann, veranlasste Miglus (1984: 136) dazu, Erība-Adads II. Regierungszeit (1055–1054 v. Chr.) als terminus post quem für die Aufstellung der weiter westlich gelegenen Königsstelen zu definieren.

der Verlauf der Fläche, auf der die Denkmäler gefunden wurden, nach Osten hin abschüssig, so dass Stele  25 (undatiert, typologisch aber vermutlich mittelassyrisch)204 auf einer Höhe von +15,25  m zu liegen kam (Abb. 56). Dies entspräche auch der Lage von Stele  28, welche deutlich unterhalb der Gasse über Turm 33 in einer gegen das Fundament des Binnenwalls ziehenden Schicht lag (Abb. 57). Der gemeinsame Horizont, auf dem die Königsstelen ursprünglich von Osten nach Westen aufgereiht waren, ist demnach nicht Teil der Schichten, die die Reste des Binnenwalls überlagerten. Die über die noch anstehenden Reste des inneren Befestigungsrings ziehende Straße mit den damit verbundenen Gebäuden wäre dann in die postneuassyrische Besiedlungsphase des Fundortes einzuordnen, was mit ihrer unmittelbaren Überbauung durch parthische Architektur durchaus vereinbar wäre (Abb.  57). Zugleich würde dies die Situation westlich von Turm  33, wo P.A.  Miglus eine ca.  2  m starke Schuttschicht zwischen der Oberfläche des Stelenplatzes und den postneuassyrischen, aber noch vorparthischen Wohneinheiten h11:6–9 erkannte, widerspiegeln.205

3.1.3.5 Umgestaltung des mušlālu

Abgesehen von den westlichen Befestigungsanlagen kam es in der späteren neuassyrischen Zeit auch zu massiven Veränderungen an der nördlichen Front der Siedlung, insbesondere im Bereich des mušlālu. Nördlich der bereits beschriebenen Mauerzüge (siehe Kap.  3.1.2.4) schloss sich auf einer Fläche von

204 Andrae 1913b: 40. 205 Siehe hierzu Miglus 1996: 307, Plan 143. Dabei ist hervorzuheben, dass aus den von ihm als neuassyrisch erachteten Häusern i10:7–9 über Turm 33 keine eindeutig in die neuassyrische Zeit datierbaren Funde bekannt sind, und auch die Gräber ordnete er nur aufgrund der relativstratigrafischen Beobachtung, dass sie jünger als der Binnenwall sein müssen, in diese Epoche ein (vgl. Miglus 1996: 314–315, Plan 71, 148). Hinsichtlich der Bestattungen aus diesen Häusern ist zudem anzumerken, dass die meisten von ihnen (Gräber  327, 711, 824, 849 und 946) laut Haller (1954: 30, 58, 73, 85) nicht datierbar waren. Auch Grab  619, das trotz seines schlechten Erhaltungszustands wenigstens noch einige Objekte enthielt, lässt sich keiner Ära sicher zuweisen (siehe Haller 1954: 48, Taf. 14.b).

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60

»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 58: Blockmassiv an der nördlichen Front von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 132; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

44×12  m eine Reihe von Steinstrukturen an, die aufgrund der darin verbauten Inschriften Sîn-aḫḫēerība und Aššur-aḫa-iddina zugeschrieben werden können (vgl. Abb. 20).206 Diese Umbaumaßnahmen scheinen mit der Errichtung eines mušlāluGebäudes (bīt mušlālu) in Zusammenhang gestanden zu haben.207 Das Steinpflaster ist wahrscheinlich als Fundament dieses Bauwerks zu sehen. Altassyrischen Bauinschriften zufolge scheint dieses Gebäude bereits seit dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in Aššur bestanden zu haben, doch scheint sich sein Standort über die Jahrhunderte mehrfach geändert zu haben.208 Nachdem es zunächst Teil des AššurTempels war, wurde das mušlālu in neuassyrischer Zeit spätestens unter Sîn-aḫḫē-erība in die Ebene unterhalb des nördlichen Steilhangs von Aššur verlegt.209 Unter Aššur-aḫa-iddina erfolgte offenbar ein Ausbau der Anlage. Die Inschriften weisen es primär als einen Eingangsbereich des Alten Palastes aus:210 »The palace of Esarhaddon, mighty king, king of the world, king of Assyria, governor of Babylon, king of Sumer and Akkad, son of Sennacherib, great king, mighty king, king of the world, king of Assyria – I had the gatehouse, which is in the palace in Baltil (Aššur), built anew for coming and going (and) I firmly founded its foundation with white limestone.«211

Ob es sich hierbei um das in den Stadtbeschreibungen als mušlālu-Tor bezeichnete Stadttor (vgl. App. I.1; App. I.2) handelt, wie manche Forscher 206 Vergleiche Andrae 1913a: 176–177. 207 Andrae 1913a: 87–88, 177–178, Taf. 8, 10, 11.2. 208 Der älteste Beleg für die Existenz des Bauwerks stammt aus der Zeit Irišums I. (vgl. RIMA 1: A.0.33.1; siehe auch Miglus 2010: 231–232). 209 Sollee/Tudeau 2018: 426–427. 210 Siehe Miglus 2010: 232. Für eine Diskussion des mušlālu des Alten Palastes von Aššur siehe Pedde/Lundström 2008: 185–186. 211 Vergleiche RINAP 4: Esarhaddon 61.

Abb. 59: Verkleidungsmauer an der nördlichen Front von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 134; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

bereits vorschlugen,212 ist unklar. Anlass zur Skepsis bietet vor allem der bereits angesprochene Umstand, dass das mušlālu auf den in situ gefundenen Steinblöcken als Haus bzw. Gebäude (bītu) und nicht als Stadttor (abullu) bezeichnet wird. Nichtsdestoweniger darf aber zumindest von einer räumlichen Nähe zwischen mušlālu-Tor und mušlālu-Bau ausgegangen werden.213 Unter Aššur-aḫa-iddina entstand zudem das sogenannte »Blockmassiv« nördlich des mušlāluFundaments (Abb. 58).214 Die massive Konstruktion aus Quadersteinen scheint, den damit assoziierten Inschriften nach zu urteilen, eine Terrasse gewesen zu sein, die mit einem könglichen Palast (wahrscheinlich dem Alten Palast) in Verbindung stand.215 Aufgrund der Nähe zum Seitenarm des Tigris erscheint eine (zusätzliche) Funktion als Anlegestelle für den Schiffsverkehr jedoch ebenso denkbar. Argumente für eine primär fortifikatorische Funktion finden sich hingegen keine. An das Blockmassiv wurde in oder nach der Regierungszeit Aššur-aḫa-iddinas die 2,9–3,3  m dicke »nördliche Verkleidungsmauer« angebaut (Abb.  59). Das trocken verlegte Bruchsteinmauerwerk besaß eine Fassade aus gut behauenen Steinblöcken mit Bosse. Sie erhob sich wohl über die umliegenden Aššur-aḫa-iddina-zeitlichen Steinfundamente und war sowohl mit Zinnen als auch mit mindestens einem 6 m breiten und 0,5 m ausladenden Vorsprung bewehrt, der ca. 11,5 m östlich des Blockmassivs lag.216

3.1.3.6 Die östlichen Befestigungsanlagen

Weitere spätneuassyrische Veränderungen an den Befestigungsanlagen Aššurs können entlang der

212 Vergleiche Miglus 1982: 271; Unger 1928b: 177. 213 Miglus 1982: 271. 214 Andrae 1913a: 88–89, 179. 215 RINAP 4: Esarhaddon 64. 216 Siehe Andrae 1913a: 89–91.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen 8,78

61 8,02

Risalit

10,63

»Arabisches Bad«

9,26

7,54 9,03

A

B

9,58

Tigris

12,24 10,10 7,69

Ostanbau

D

C

A��ur-Tempel

13,64

9,80 8,38

»Wall« mAss Uferbefes�gung »Sargonidische Verkleidungsmauer« 6,68

»Wall«

13,07

7,71

20 m

Abb. 60: Kai- und Befestigungsanlagen östlich des Aššur-Tempels (nach Andrae 1913a: Taf. 65–67).

östlichen Front des Stadtgebiets aufgezeigt werden. Zwar haben Erosionsprozesse große Teile der Fortifikationen auf dieser Stadtseite zerstört, doch konnten längere Abschnitte der Befestigungsanlagen im Norden der Innenstadt auf der Höhe des AššurTempels in den Planquadraten i3 und i4 freigelegt werden (Abb. 60). Eine 7 m starke Mauer lehnte sich gegen die natürliche Böschung sowie die Besiedlungsschichten des 2. Jahrtausends v. Chr. Sie wurde im Bereich von Sîn-aḫḫē-erības östlichem Anbau des AššurTempels erfasst und verlief wohl weitgehend par-

allel zum Tigris. Ca. 10 m südlich des sogenannten »Arabischen Bads« besaß die Mauer einen etwa 4 m tiefen Rücksprung nach Westen. Aufgrund der Ähnlichkeiten hinsichtlich der Bauweise und der zum Bau verwendeten Ziegel vermutete W. Andrae, dass es sich um eine neuassyrische Konstruktion aus der Zeit Salmānu-ašarēds III. handeln müsse, die in spätneuassyrischer Zeit ausgebessert wurde. Für Letzteres verwies er auf im Fundament des Walls gefundene Steinblöcke mit Inschriften Sîn-aḫḫē-

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»Bergesgleich baute ich hoch«

62

Ostanbau des A��ur-Tempels

10 m

5m

»Wall«

»Wall« »Sargonidische Verkleidungsmauer«

»Sargonidische Verkleidungsmauer«

Ufermauer Adad-nērārīs I. Abb. 61: Schnitt durch die Befestigungsmauern östlich des Aššur-Tempels (nach Andrae 1913a: Taf. 63.3–4).

»Prinzenpalais«

10 m

Abb. 62: Plan des »Prinzenpalais« an der Ostseite Aššurs (nach Preusser 1955: Taf. 10).

erības,217 welche sich auf Bautätigkeiten am AššurTempel beziehen: »Sennacherib, king of the world, king of Assyria […]: With white limestone, I laid the foundation(s) of the courtyard of Ešarra, the palace of the gods.«218

217 Andrae 1913a: 176. 218 RINAP 3/2: Sennacherib 169.

Entlang der östlichen Front dieses Steinfundaments fanden sich lange Abschnitte einer 3 m starken Verkleidungsmauer (»Sargonidische Verkleidungsmauer«) mit einer Fassade aus bearbeiteten Kalksteinblöcken, die der Ausgräber als später hinzugefügt erachtete (Abb.  60). Auf der Höhe des Arabischen Bads besaß diese einen 5 m breiten und 0,4 m ausladenden Risalit. Hinweise auf eine Bekrönung des Mauerzugs fanden sich in Form zweier solcher Bausteine, welche direkt davor auf der Oberkante der Adad-nērārī-I.-zeitlichen Ufermauer in verstürzter Lage entdeckt wurden. Allerdings könnten die zinnenförmigen Steinblöcke ursprünglich auch an einem anderen Bau, möglicherweise sogar dem AššurTempel, angebracht gewesen sein.219 Das von W. Andrae entworfene Bild der Befestigungen in diesem Bereich Aššurs ist in sich weitgehend stimmig. Allerdings sind Zweifel an der von ihm vorgeschlagenen Datierung der Befestigungsmauer östlich des Aššur-Tempels angebracht. Insbesondere die Gründe für die Einordnung der 7 m breiten Lehmziegelmauer als »jungassyrisch« (d. h. älter als Šarru-ukīn II.) sind nicht stichhaltig. W. Andraes Darstellung ist vor allem entgegenzusetzen, dass die Mauer wohl ein durchgehendes Steinfundament besaß (Abb.  61). Zudem war die Fundlage der Steininschriften keinesfalls eindeutig sekundär. Folglich ist die gesamte Lehmziegelmauer mitsamt ihrem steinernen Unterbau als ein Bauwerk zu sehen, das aufgrund der oben erwähnten Inschriftenblöcke Ass. 3797 a–b und Ass. 3798 b–c in die Zeit Sîn-aḫḫē-erības zu datieren ist. Den Texten nach zu urteilen, ist die Errichtung der Mauer zudem nicht primär als fortifikatorische Maßnahme zu sehen. Vielmehr scheint es sich um eine Konstruktion gehandelt zu haben, die dazu diente, eine ebene und stabile Fläche für den unter Sîn-aḫḫēerība hinzugefügten Ostanbau des Aššur-Tempels220 219 Andrae 1913a: 147–148, Abb. 261–268, 270. 220 Siehe hierzu Gries 2017: 37–39, 140; Haller/Andrae 1955: 69–73.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

63

Abb. 63: Aufnahme des Außenhakens von Osten (nach Andrae 1913a: Taf. 76; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

zu generieren. Dabei ist auf das Fehlen eindeutiger Indizien dafür, dass der Ostanbau das östliche Lehmziegelmauerwerk schnitt, hinzuweisen. Vielmehr scheint letzteres lediglich vom Erweiterungsbau des Heiligtums überlagert worden zu sein (Abb. 60). Als fortifikatorisches Element im Osten könnte allenfalls die östliche Verkleidungsmauer angesehen werden. Entgegen W. Andraes Meinung weisen die publizierten Schnittzeichnungen darauf hin, dass die Verkleidungsmauer von der Sîn-aḫḫēerība-zeitlichen Terrassierung überlagert wurde, weshalb sie älter einzuordnen ist (Abb. 61). Allem Anschein nach bildete sie einen Wandelgang unterhalb der östlichen Front des Heiligtums, der bis in das Planquadrat kA4I archäologisch verfolgt werden konnte.221 Im Zuge der Besprechung der östlichen Fortifikationen Aššurs sollte darüber hinaus das »Prinzenpalais« (Abb.  62) nicht unerwähnt bleiben.222 Die Reste dieses spärlich erhaltenen Bauwerks fanden sich nahe der Stelle, an der der Binnenwall an den östlichen Rand des Fundortes stieß (vgl. Abb. 7). Aus Inschriften ist bekannt, dass Sîn-aḫḫē-erība dieses Bauwerk für seinen Sohn Aššur-ilī-muballissu gründete. Die Funktion des Bauwerks wurde in den Texten jedoch nicht weiter spezifiziert. Es wird lediglich als »Haus« (bīt) bezeichnet.223 Da die Bruchsteinmauern ca. 3–3,5 m dick waren und die östliche Front in die hier verlaufende Tigrisseitige Befestigungsmauer eingebunden gewesen zu sein scheint, wurde eine fortifikatorische Funktion des Bauwerks angenommen.224 E. Heinrich betonte

221 Vergleiche Andrae 1913a: Abb. 273, Taf. 65. 222 Für die Beschreibung des Bauwerks siehe Andrae 19772: 228; Heinrich 1984: 181–182; Preusser 1955: 32. 223 Siehe RINAP 3/2: Sennacherib 181–184. 224 Heinrich 1984: 181–182; Preusser 1955: 32.

dabei die seines Erachtens bestehenden Ähnlichkeiten zu Palast F in Dūr-Šarrukīn (vgl. Kap. 3.9.2.5).225 Diese These ruht wegen des fehlenden Nachweises für die Integration des Bauwerks in die östlichen Fortifikationen Aššurs und der bestehenden Unklarheiten bezüglich seiner Funktion jedoch auf tönernen Füßen, weswegen ihr hier nicht gefolgt wird.

3.1.3.7 Veränderungen an den Stadttoren

Nicht nur an den Befestigungsmauern, sondern auch an einigen Toranlagen Aššurs lassen sich signifikante Veränderungen aus dem 8. bzw. 7.  Jahrhundert v. Chr. feststellen. Wegen der Aufgabe der Binnenmauern des Außenhakens ist anzunehmen, dass das Obere Tor verschwand. Auch das Untere Tor im Nordosten des Außenhakens scheint einen Funktionswandel erlebt zu haben. Durch das Hinzufügen des Wehrgangs wurde vermutlich der Tordurchgang blockiert, so dass das Gebäude keinen Stadtzugang mehr darstellte. Stattdessen wurde eine ca. 1,2 m breite und etwa mannshohe Poterne knapp nördlich des Unteren Tors durch den Nordostschenkel des Außenhakens geschaffen, die auf dem Wehrgang mündete (vgl. Abb. 25; Abb. 46).226 Dabei ist jedoch zu vermuten, dass das Untere Tor weiterhin ein sichtbares Element in der Topografie Aššurs darstellte. Zumindest finden sich keine Hinweise auf eine Überbauung der Toranlage, und einer Aufnahme der Nordostfront des Außenhakens ist zu entnehmen, dass der nordwestliche Torturm noch deutlich sichtbar war, als der Wehrgang und die Poterne angelegt wurden (Abb. 63). Eine ähnliche Umgestaltung lässt sich auch für das westliche Außenwalltor festhalten. In der letzten erfassten Bauperiode des Westtors (»Bauzu225 Heinrich 1984: 182. 226 Andrae 1913a: 115.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

64

Poterne?

erhaltene Mauerreste

33,85 37,84

30,97

38,19

33,10

Wehrgang 30,21 29,04

33,37

26,75

Quaderbas�on

10 m

Außenwall

Altes Torfundament

Abb. 64: Bauzustand III des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41).

stand  III«) wurde zunächst das Mauerwerk von Bauzustand II eingeebnet und als Fundament für die Mauern von Bauzustand  III verwendet (Abb.  64). Von letzterem wurden noch zwei 3,5 m starke Mauern erfasst, die von einem maximal 5,2 m breiten Durchgang getrennt waren. Je ein 1,24 m breiter und 0,30  m ausladender Pfeiler an beiden Türwangen verschmälerten die Passage auf ca.  2,8  m. Die übrigen Teile der Anlage waren nicht erhalten. Für die Rekonstruktion von Bauzustand  III orientierte sich W. Andrae nicht zuletzt wegen der direkten Überlagerung der inneren Mauern an Bauzustand II (vgl. Abb. 33).227 Die chronologische Einordnung von Bauzustand  III gestaltet sich allerdings schwierig, insbesondere da es keine direkte Verbindung zu Veränderungen direkt vor der Toranlage gibt. W. Andrae sah eine Verbindung zwischen der jüngsten Bauperiode des Westtors und der Konstruktion des Wehrgangs, der Treppe und der Quaderbastion (vgl. Abb.  33.c).228 Allerdings ist diese Ansicht in entscheidenden Punkten zu revidieren. Auf den Umstand, dass die Treppenanlage der Dokumentation zufolge vor dem Wehrgang entstand und von letzterem in ihrer Funktionalität erheblich beeinträchtigt wurde, wurde bereits verwiesen (vgl. Kap. 3.1.2.5). Völlig unklar ist zudem, ob es zwischen Bauzustand  III des Westtors und dem Wehrgang überhaupt eine Verbindung gab. W. Andrae hatte diesbezüglich spekuliert, dass eine Rampe vom Wehrgang nordwestlich des Tors zum Eingangsportal geführt 227 Andrae 1913a: 48. 228 Andrae 1913a: 48–52.

haben könnte (vgl. Abb.  33).229 Befunde, die diese These stützen könnten, hatten sich jedoch nicht erhalten (vgl. Abb. 64). Der ca. 2 m hohe Absatz zwischen Torgebäude und Vorfeld, der durch die Konstruktion des Wehrgangs geschaffen wurde, deutet vielmehr an, dass es keine direkte Verbindung mehr zu diesem Zeitpunkt gab (Abb. 39). Möglicherweise geschah dieser letzte Umbau des westlichen Außenwalltors ungefähr zu der Zeit, als der Binnenwall aufgegeben wurde. Ausschlaggebend dafür ist die Verbindung der Anlage mit dem Torplatz und den daran gelegenen spätneuassyrischen Wohnbauten. Allerdings scheint das zugehörige Torplatzniveau etwas jünger als die Mauern von Bauzustand III zu sein, denn letztere gründen tiefer (vgl. Abb.  34). In Anbetracht der hier angestellten Beobachtungen erscheint es daher plausibel, davon auszugehen, dass der letzte Umbau des Westtors im Verlaufe des 7. Jahrhunderts v. Chr. nach Sîn-aḫḫēerības Regierungszeit geschah und mit dem Abriss des Binnenwalls in Zusammenhang stand. Dabei wurde zunächst Bauzustand  II des äußeren Westtors zugesetzt und aufgemauert. Dies diente als Fundament für die Errichtung von Bauzustand  III des Torbaus. Nach der Fertigstellung dieses neuen Gebäudes entstanden dann der Torplatz und die angrenzenden Häuser. Aufgrund der Sîn-aḫḫē-erība-zeitlichen Konstruktion des Wehrgangs und der damit assoziierten Quaderbastion (vgl. Kap. 3.1.3.3) ist anzunehmen, dass das Westtor in der ausgehenden neuassyrischen Epoche keinen Einlass in das Stadtgebiet mehr darstellte (Abb.  64). Der Wehrgang bildete 229 Andrae 1913a: 49.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen eine durchgehende Front. Durch die Quaderbastion kann die Rampe zudem nicht mehr zum Tor hinaufgeführt haben. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass die eingebaute Viertelkreisbastion den Treppenweg auf 1,8 m verengte. Von Interesse ist in dieser Hinsicht eine ca. 1,1 m breite Lücke im Außenwall direkt nordwestlich des Torfundaments, deren Verfüllung sich in einem Grabungsfoto deutlich vom umliegenden Mauerwerk abhebt (vgl. Abb. 39). Dabei scheint es sich um einen schmalen Durchlass gehandelt zu haben, der eine direkte Verbindung zwischen Stadtinnerem und Wehrgang herstellte. Da dieser Befund sehr an die Poterne nordwestlich des Unteren Tors erinnert, könnte also zur Zeit von Bauzustand III ein poternenartiger Durchlass das Stadtinnere mit dem Wehrgang verbunden haben. An der Stelle des Westtors scheint es in spätneuassyrischer Zeit also keinen Einlass in die Stadt mehr gegeben zu haben. Trotzdem scheint an der Stelle der ehemaligen Toranlage ein neues, großes Gebäude entstanden zu sein. Welcher Funktion dieses Bauwerk diente, lässt sich mangels archäologischer Indizien nicht beantworten. Die beachtliche Stärke der erhaltenen Mauern könnten aber für ein öffentliches Gebäude sprechen. Auf diese Weise blieb der Standort des westlichen Außenwalltors ein markanter Punkt in der städtischen Topografie Aššurs, obwohl das Tor als solches nicht mehr genutzt wurde.

3.1.4 Zusammenfassung: Die Entwicklung des Befestigungssystems von Aššur

Aufgrund der Fülle an Daten und der komplexen stratigrafischen Situation bietet es sich an, an dieser Stelle zunächst eine Zusammenfassung der hier erarbeiteten Entwicklung des Befestigungssystems von Aššur bereitzustellen. Obwohl die Befestigungsanlagen Aššurs in frühneuassyrischer Zeit einer grundlegenden Renovierung unterzogen wurden, blieb ihre seit mittelassyrischer Zeit bestehende Form weitgehend erhalten (Abb. 65). Dies mag auf die lange Siedlungsgeschichte des Ortes zurückzuführen sein.230 Andererseits ist es auch möglich, dass die Lage Aššurs in einem klimatisch weniger begünstigten Teil Zentralassyriens in Kombination mit seinem verhältnismäßig kleinen Hinterland eine zusätzliche Ausdehung der Stadt nicht zuließ.231 Während die grundlegenden Erneuerungen der frühen neuassyrischen Zeit wohl auf Salmānuašarēd  III. zurückgehen, sprechen einige Indizien dafür, dass der Wiederaufbau der altassyrischen Stadtmauer in Form des Binnenwalls erst gegen 230 Ur 2013: 13. 231 Novák 1999: 109.

65

Unteres Tor

Außenhaken Oberes Tor Tabīra-Tor

Nordwestliches Binnenwalltor

Niederwall

Südliches Binnenwalltor

Westtore Außenwall

Stadtgraben

9./8. Jh. v. Chr.

Südwall

200 m

Tabīra-Tor Nordwestliches Binnenwalltor

Südliches Binnenwalltor

Wehrgang Westtore Außenwall Stadtgraben spätes 8. Jh. v. Chr.

Südwall

200 m Nordwestliche Vormauer

Tabīra-Tor

Wehrgang

Außenwall Stadtgraben spätes 7. Jh. v. Chr.

Südwall

200 m

Abb. 65: Vorschlag zur Rekonstruktion der Entwicklung der Befestigungsanlagen Aššurs.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

66

Ende oder in den Jahrzehnten nach seiner Herrschaft erfolgte. Die Hintergründe für die Errichtung dieser zusätzlichen Verteidigungslinie lassen sich allerdings nur schwer ermitteln. Es könnte sich schlichtweg um eine stadtplanerische Maßnahme gehandelt haben, deren Notwendigkeit erkannt wurde, nachdem die Grenzen der Stadt durch die unter Salmānu-ašarēd  III. erneuerten Fortifikationen bereits definiert worden waren.232 Ein historisches Ereignis, das diese Reaktion hervorgerufen haben könnte, stellen eventuell der Aufstand in der zweiten Hälfte von Salmānu-ašarēds  III. Regierungszeit und die darauf folgenden Machtkämpfe innerhalb des assyrischen Kernlands dar (vgl. Kap. 2.2).233 Soweit ersichtlich, blieb dieses Befestigungssystem mehrere Jahrzehnte bestehen, bevor es vermutlich im letzten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. zu Veränderungen kam. Die Form der umwallten Fläche war davon wiederum nicht betroffen. Vor allem unter Sîn-aḫḫē-erība kam es lediglich zur Umgestaltung einiger Befestigungselemente (Abb. 65). Hierzu zählt die Aufgabe des freistehenden Niederwalls, der von einem direkt am Fuße des Außenwalls angebauten, mit Senkscharten ausgestatten verbundenen Niederwall ersetzt wurde. Damit im Zusammenhang stand einerseits eine erneute Freilegung des Stadtgrabens und andererseits die Verkleidung der Turmvorsprünge entlang der westlichen Stadtmauer mit den sogenannten Quaderbastionen. Insbesondere letztere indizieren eine Zunahme der Monumentalität in der Bauweise der Fortifikationen Aššurs, die sich auch entlang der Ostseite der Stadt in Form der massiven Plattform mit Brüstung unterhalb der östlichen Fassade des Aššur-Tempels feststellen lässt. Während Sîn-aḫḫē-erība die Form der Stadtumwallung beibehielt, verringerte er die Anzahl der Stadtzugänge durch das Zusetzen des Unteren Tors und des westlichen Außenwalltors, was zu einer Konzentration des von Westen kommenden Verkehrs auf das Tabīra-Tor geführt haben muss. Da sich dadurch die Anzahl der Lücken entlang der westlichen Stadtmauer verringerte, stellte dies eine weitere Erhöhung der Wehrhaftigkeit Aššurs dar. Allerdings ist zu bezweifeln, ob dies der Hintergrund für die Veränderungen war. Eine Verbindung mit der unter Sîn-aḫḫē-erība erfolgten Neuorganisation wichtiger kultureller Praktiken (z. B. Konstruktion des Ostanbaus am Aššur-Tempel oder Errichtung des bīt akītu) erscheint ebenso denkbar, wenn nicht sogar wahrscheinlicher. Im Verlauf des 7. Jahrhunderts v. Chr. kam es zu weiteren Umbauten an den Fortifikationen Aššurs (Abb.  65). Aššur-aḫa-iddina gab dem Bereich des .

232 Hauser 2012: 100. 233 Sollee 2014: 145. Zu den Querelen in spätneuassyrischer Zeit siehe auch Fuchs 2008a: 62–68; Mühl 2013: 199–200.

mušlālu ein neues Gesicht durch die Konstruktion des Blockmassivs und der Verkleidungsmauer. Gravierender war jedoch die Aufgabe und Überlagerung des Binnenwalls sowie der inneren Einfassung des Außenhakens. Effektiv bedeutete dies eine Schwächung des Befestigungssystems zugunsten der Möglichkeit, die Wohngebiete auszubauen. Nichtsdestoweniger gelang es 615 v. Chr., den ersten Angriff der medisch-babylonischen Truppen noch abzuwehren. Wie die Angreifer letzten Endes eindringen konnten, lässt sich allerdings nicht mehr eindeutig klären. Es wird jedoch vermutet, dass die im Bereich von Turm C am Südwall gefunden Pfeilspitzen und Bronzehacken (vgl. Kap.  3.1.2.1) sowie die Brandrückstände im Tabīra-Tor von Erstürmungsversuchen an diesen Stellen künden (vgl. Kap. 3.1.2.5).

3.1.5 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Es ist festzuhalten, dass der Verlauf der Befestigungsanlagen Aššurs die topografischen Gegebenheiten gut ausnutzte. Am offensichtlichsten ist dies im Norden und Osten der Stadt. Der steile Felsabfall bzw. der Tigris sorgten dafür, dass Angriffe von diesen beiden Seiten wenig Aussicht auf Erfolg hatten. Im Nordwesten und Südosten wurden für den Ausgangspunkt der westlichen Stadtmauern Stellen gewählt, wo Einschnitte im Gelände den Wehrbauten einen zusätzlichen Höhenvorteil verschaffen konnten. Im Nordwesten stellte die Senke, in der später das bīt akītu Sîn-aḫḫē-erības entstand, ein solches Merkmal im Gelände dar. Im Süden bedienten sich die Architekten ursprüglich eines Geländeabsatzes, der später unter dem Stelenplatz verschwand.234 Diese beiden Bereiche mit einer viertelkreisförmigen anstelle einer rechteckigen Mauer zu verbinden, bot ein ideales Verhältnis zwischen Länge der Stadtmauer und Größe der bebaubaren Fläche. Zudem konnte ein erhabener Bereich im Südwesten der Altstadt in das Stadtgebiet integriert werden, und eine kleine Senke südwestlich dieser Erhebung bot eine gute Gelegenheit, das Stadtgebiet vom sich nach Südwesten weiterhin ansteigenden Gelände abzugrenzen (vgl. Abb. 7). Auch an der Neustadt ist zu erkennen, dass der Verlauf der Befestigungsmauer von Geländemerkmalen beeinflusst war. So wurde die südliche Stadtgrenze anhand eines kleinen Tals festgelegt. Der westliche Schenkel des Südwalls nutzte eine Reihe von Erhebungen, die den Mauerfuß deutlich über das Niveau der sich ca.  150–200  m nach Westen ausdehnenden Depression erhoben.235 Dabei kam den Verteidigern die Breite dieser langgestreckten 234 Diesen Umstand hatte auch schon Andrae (1913a: 1) hervorgehoben, indem er schrieb: »Vor der Westfront erleichterten zwei kurze, nach Norden und Südosten abfließende Tälchen die Anlage des Halsgrabens [...].« 235 Andrae 1913a: 1, 139.

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nišī

x

Ilulâ

Salmānu-ašarēd III.

Aššur-bēl-kala

Tukultī-apil-Ešarra I.

Ninurta-Tukultī-Aššur

Tukultī-Ninurta I.

Salmānu-ašarēd I.

Adad-nērārī I.

Enlil-nērārī I. x

Aššur-eṭil-ilāni

x

67

Sîn-aḫḫē-erība

ṣēni

Puzur-Sîn

Erišum I.

3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

x

x

x

x

x

Ea-šarri

x

Idiqlat

x

ša ibur šalḫî

x

(x)

x

x

Tabīra

x

x

x

x

x

Aššur

x

x

x

x

Šamaš

x

x

x

x

asâte

x

Tisarru

x

x

x

Šērūʾa

x

x

mušlāli

x

x

Zikkurat

x

x

KAK.ME

x

x

magarat nāru

x

x

šadî

x

tašīmtišunu

x

Ištar

x x

Stadtbeschreibung Abb. 66: Zusammenstellung der für das 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. belegten Namen von Stadttoren in Aššur (nach Miglus 1982: 275–276).

Senke entlang der Westfront der Neustadt insofern entgegen, als dass sie ein ausgedehntes freies Schussfeld bot. Mit der erneuten Ausschachtung des Stadtgrabens, der Konstruktion des Außenhakens und dem Hinzufügen des freistehenden Niederwalls wurde vor allem die kritische westliche Front stark befestigt. Im Norden der Stadt wurde offenbar ebenfalls Handlungsbedarf erkannt, was zur Verlagerung der Verteidigungslinie vom oberen Rand des Steilhangs in die Ebene darunter führte. Die Konstruktion der Kaianlage Aššur-nāṣir-aplis  II. könnte dabei anzeigen, dass diese Maßnahme mit einer verstärkten Nutzung des Wasserlaufs, der die Nordseite der Siedlung tangierte, für den Flussverkehr zusammenhing.

3.1.6 Exkurs: Überlegungen zur Verortung und Identifizierung der Stadttore Aššurs unter Salmānu-ašarēd III. und Sîn-aḫḫē-erība Eine Untersuchung zu den Fortifikationen Aššurs muss sich unweigerlich mit der möglichen Identifizierung der ergrabenen mit den textlich erwähnten Stadttoren (Abb.  66) auseinandersetzen. Bereits W. Andrae hatte sich mit dieser Thematik befasst, da die Inschrift der Salmānu-ašarēd-III.zeitlichen Sitzstatue BM  118886, in der sowohl die Stadtmauer- als auch die Tornamen aufgelistet sind, zum Zeitpunkt der Ausgrabungen bereits bekannt war.236 Nach dem Ende der Ausgrabungen 236 Vergleiche Andrae 1913a: 18–19.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

68

a) tašīmtišunu

Zikkurat

mušlālu

Ea-šarri

Aššur

b)

Zikkurat

Aššur

mušlālu

Šamaš

KAK.ME

Tabīra

Šamaš Illat

Tabīra

Tisarru

Šērūʾa

400 m

c)

Zikkurat

Tisarru

400 m

Tigris

Tigris

d)

Aššur KAK.ME

Zikkurat

mušlālu

mušlālu

Aššur

tašīmtišunu KAK.ME

Šamaš

Šamaš

Tabīra/ tašīmtišunu

šadî

Tabīra

ṣēni Illat/niši Šērūʾa/ niši Tisarru/ ṣēni

Šērūʾa

Tisarru(?) 400 m

400 m

Tigris

Abb. 67: Lokalisierungsvorschläge der Stadttore von Aššur im 2. Jahrtausend v. Chr; a) nach Unger 1929: Abb. 1; b) nach Miglus 1982: Abb. 1–6; c) nach Pongratz-Leisten 1994: Abb. 1; d) Vorschlag des Autors.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen ging E. Unger das Problem nochmals an und entwarf eine neue Rekonstruktion des Stadtbildes von Aššur (Abb. 67.a), nun unter Inbezugnahme des sogenannten »Götteradressbuchs«. Einige Jahrzehnte später veröffentlichte P.A. Miglus einen überarbeiteten Vorschlag für die Zuweisung der Stadttore (Abb.  67.b). Er korrellierte dabei die Entwicklung der Befestigungsanlagen mit der rekonstruierbaren Anzahl an Toranlagen während verschiedener Epochen. Auf diese Weise kam er zu dem Schluss, dass die Stadt in altassyrischer Zeit drei, in mittel­ assyrischer Zeit sechs und in neuassyrischer Zeit acht oder neun Stadttore besessen habe, wobei es mehrfach zu Umbenennung und Neuzuweisungen von Bezeichnungen gekommen sei.237 B. PongratzLeisten folgte dieser Sichtweise weitgehend, schlug jedoch einige Umdeutungen vor (Abb. 67.c).238 Die hier dargelegten Beobachtungen zu den Fortifikationen Aššurs erfordern es allerdings, die bisherigen Vorschläge nochmals kritisch zu beleuchten. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass sich die Lokalisierung der Toranlagen Aššurs in Ermangelung konkreter archäologischer Hinweise in Form von in situ gefundenen Inschriften in der Regel auf Assoziationen mit topogafischen Begriffen oder Relationen zu bekannten Monumentalbauten stützen muss. Wie bereits erwähnt, ist lediglich die Identifizierung des Tabīra-Tors unproblematisch.239 Die vielen Bauinschriften, die in seiner Umgebung gefunden wurden, und die Texte, die auf den installierten Türangelsteinen Ass. 10328 und Ass. 10329 eingemeisselt waren (vgl. Kap. 3.1.2.5), lassen keinen Zweifel daran. Allerdings ist zu betonen, dass mit der Existenz einer Toranlage am Standort des Tabīra-Tors vor der mittelassyrischen Zeit nicht zu rechnen ist, da die Verlagerung der Verteidigungslinie an den Rand des Stadtgrabens durch das Ausschachten desselben wohl auf Tukultī-Ninurta  I. zurückgeht. Dies ergänzt sich gut damit, dass zwischen dem Tabīra-Tor und dem Binnenwall bzw. der Terrasse des Neuen Palastes in den Ausgrabungen keine vor-mittelassyrischen Besiedlungsreste nachgewiesen wurden.240 Die Namenszuweisung für das Untere Tor gestaltet sich bereits weitaus schwieriger. B. PongratzLeisten, die von einer topografischen Auflistung der 237 Miglus 1982. Siehe auch Miglus 2010. 238 Pongratz-Leisten 1994: 24–34. 239 So schon Andrae 1913a: 18–19. Siehe auch Miglus 1982: 268; Pongratz-Leisten 1994: 24; Unger 1929: 23. 240 Miglus 1996: 56, 76; Taf. 4. Sürenhagen und Renger (1982: 111–115) hatten, basierend auf einer Studie zu Gruft 30 zwischen nordwestlichem Binnenwalltor und Tabīra-Tor, dafür plädiert, dass die Wohnbebauung in diesem Gebiet möglicherweise schon vor Salmānuašarēd  III eingesetzt hatte. Wegen des stratigrafischen Verhältnisses zum Neuen Palast stellt zudem die Regierungszeit Tukultī-Ninurtas  I. den zugehörigen terminus post quem dar.

69

Tornamen im Uhrzeigersinn ausging, sah darin das mušlālu-Tor.241 Sie kam vor allem deswegen zu dem Schluss, weil sie das nachfolgende abul ziqqurrāte wegen des Plurals ziqqurrāte mit den beiden Tempeltürmen des Anu-Adad-Tempels in Verbindung setzte und nördlich davon lokalisierte. P.A. Miglus hingegen vermutete die Position des mušlāluTors nördlich des Alten Palastes, wo die mušlāluInschriften Sîn-aḫḫē-erības und Aššur-aḫa-iddinas gefunden worden waren (vgl. Kap.  3.4.2.5).242 Letzteres scheint insofern schlüssig, als dass sich die dem mušlālu-Tor zugewiesene Funktion als vom König genutzter Eingang in die Stadt oder den Alten Palastes mit dieser topografischen Situation vereinbaren ließe. Zudem ist anzumerken, dass sich das mušlālu von Aššur durch Texte von der alt- bis in die neuassyrische Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit im Bereich des Aššur-Tempels und später des Alten Palastes verorten lässt.243 Da das Untere Tor mehrere hundert Meter westlich des mušlālu bzw. am entgegengesetzten Ende der Nordfront von Aššur lag, erscheint eine Gleichsetzung mit dem mušlālu-Tor daher wenig einleuchtend. B.  Pongratz-Leistens Vorschlag zur Verortung des Zikkurat-Tors in der Umgebung des Anu-AdadTempels erscheint hingegen durchaus plausibel. Allerdings ist keineswegs gesichert, dass es einen Stadtzugang direkt nördlich des Heiligtums gab. Ausgrabungen im Bereich des vermuteten Tors waren wegen der tiefen Erosionsrinnen nicht möglich. Es bliebe jedoch die Option, das abul ziqqurrāte mit dem Unteren Tor gleichzusetzen. Die namentliche Assoziation mit den Zikkuraten ließe sich dadurch erklären, dass letztere vom Unteren Tor, bzw. wenn man sich dem Tor von Nordwesten aus näherte, sichtbar gewesen wären. Das würde zwar bedeuten, dass die Stadttorlisten nicht in strikt topografischer Reihenfolge genannt waren, doch ist ohnehin hervorzuheben, dass diese Sicht auf die Anordnung der Tornamen von Aššur lediglich auf einer Analogie zu den vergleichbaren Fällen in Ninua und DūrŠarrukīn beruht und keine belegte Tatsache darstellt. Das nächstgenannte Aššur-Tor dürfte wohl in der unmittelbaren Umgebung des Aššur-Tempels zu suchen sein.244 Ein interessanter Hinweis ergibt sich diesbezüglich aus Beschreibungen von Kulthandlungen, die im Bereich des Alten Palastes und des Aššur-Tempels stattfanden und das Aššur-Tor erwähnen: »[The priests] enter and go as far as the courtyard of the palace. The chariot-driver [...s] the ch[ariot]. The priests go out and the eunuchs en-

241 Pongratz-Leisten 1994: 26. 242 Miglus 1982: 271–272. 243 Sollee/Tudeau 2018. 244 Miglus 1982: 270; Pongratz-Leisten 1994: 26; Unger 1928b: 177; 1929: 24.

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»Bergesgleich baute ich hoch« ter. The king goes straight to the house. Šerua, Kippat-mati and Tašmetu go to the palace and sit down in the Labbunu-house. [The king] performs a sheep offering, provides cooked meat, and [›arouses‹] the House of God. [The goddesses] take their seats. Aššur of Reading and [DN] go [to] the Aššur Gate and are seated before the gate. He [perform]s a sheep offering, burns a female goat kid, opens the vat [......]. [The gods return and] take their seats. [...] [The pr]iest of Anu, the priest of [Adad, the priest of DN, the pr]iest of the Assyrian (Ištar), and the priest of Nabû [...] in the riks[haw].«245

Da die Ausgrabungen am oberen Rand des Felsabbruchs zwischen den beiden Monumentalgebäuden keine Hinweise auf eine neuassyrische Toranlage erbrachten,246 erscheint eine Lokalisierung des Tors am Hang oder am Fuß der nördlichen Stadtfront am sinnvollsten. Für letzteres spricht zudem ein Brief, aus dem hervorgeht, dass es im Bereich des Torbaus eine Ankermöglichkeit für Schiffe gab: »I arrived at the Inner City on the 18th. The inhabitants of the Inner City acted in the same way (as before): offering tables were set up and sacrifices were being made. They anchored the boats on the river before the Gate of Aššur. My canopy was set up aboard, and I am staying on the river and keeping watch until the day I depart. The king, my lord, can be pleased indeed.«247

Nicht genau zu lokalisieren ist das KAK.ME- oder ṣalme-Tor.248 Bisweilen wurden die Treppen entlang der Ostfront Aššurs als mögliche Reste dieses Bauwerks angesehen,249 doch waren die Treppenanlagen in die mittelassyrische Ufermauer integriert und führten zur östlichen Begrenzungsmauer des Aššur-Heiligtums hinauf.250 Dementsprechend erscheint eine Assoziation dieser Konstruktionen mit Toranlagen zweifelhaft. Ähnliches trifft auch auf das Šamaš-Tor zu, doch sind sich die Forscher diesbezüglich zumindest einig, dass es entlang der Ostfront der Stadt gelegen haben muss.251 Ein weiteres wohl an der Ostfront der Stadt gelegenes Tor war das Fluss-Tor (KÁ.GAL ma-ga-rat ID), welches vermutlich mit dem Tigris-Tor gleich-

245 SAA 20: 7. 246 Zu den Resten der vor-neuassyrischen Toranlage, deren Reste knapp östlich der Nordostecke der großen Zikkurat freigelegt wurden, siehe Andrae 1913a: 65; Taf. 10. 247 SAA 1: 55, Vs. 5′ – broken edge 12′. 248 Für eine Diskussion zur Lesung des Begriffs siehe Pongratz-Leisten 1994: 26. 249 Miglus 1982: 270, 272. 250 Vergleiche hierzu Andrae 1913a: 151, Taf. 64.1, 65, 67. 251 Siehe Miglus 1982: 270, 272; Pongratz-Leisten 1994: 26.

zusetzen ist und von P.A. Miglus nahe der äußersten Südostecke des Siedlungsgebiets vermutet wurde.252 Wenngleich die Lokalisierung am Ostende des Südwalls eine reine Hypothese darstellt, erscheint die Annahme, das Tor habe in der Neustadt gelegen, durchaus plausibel. Dafür spricht, dass der Stadtzugang erstmals unter Adad-nērārī  I., also nach der Stadterweiterung unter Puzur-Aššur III., belegt ist.253 Kritisch zu bewerten ist die bisher geltende Lehrmeinung, welche das Tisarru-Tor mit dem südlichen Binnenwall-Tor identifiziert.254 Dies wird gerne damit begründet, dass Adad-nērārī  I. die Mauer der Neustadt als am Tigris und gegenüber dem »Tisarru-Distrikt« liegend beschreibt: »At that time the wall of New City, which faces the River (Tigris), which is opposite the tisaru-district, which Puzur-Aššur, my forefather, a king who preceded me, had previously built […]«.255

Zudem wird eine Ansiedlung dieses Namens vermutlich auf einem mittelassyrischen Dokument (BM  30211) aus der Zeit Tukultī-Ninurtas  I. erwähnt.256 Allerdings geht aus keinem dieser Texte das räumliche Verhältnis zwischen Altstadt und Tisarru eindeutig hervor. Letzterer könnte im Bereich der Neustadt, theoretisch aber auch weiter südlich oder westlich gelegen haben. Doch auch wenn Tisarru ein Synonym für die Neustadt gewesen sein sollte, ist die Lage des Tors im Verhältnis zu diesem Siedlungsbereich nicht eindeutig. Das Tisarru-Tor könnte sich sowohl zur Altstadt als auch zum Umland hin geöffnet haben. Aus verschiedenen Gründen scheint es plausibler, das Tisarru-Tor am Südwall zu lokalisieren. Diese Vermutung ist zudem mit der Chronologie der Stadttorerwähnungen in Aššur kompatibel. Das Tisarru-Tor findet sich erstmals in Texten aus der Zeit Ninurta-tukultī-Aššurs (1133 v. Chr.?),257 d. h. zu einem Zeitpunkt, als der Südwall bereits existierte. Davon abgesehen ist hervorzuheben, dass die Stadtbeschreibung Salmānu-ašarēds  III. (App. I.1) vor allem Durchlässe durch den äußeren Verteidigungsring auflistet. Das Tisarru-Tor wäre das einzige Tor der Aufzählung, das an der inneren Stadtmauer zu verorten wäre. Darüber hinaus ist auf einen Text aus dem spätneuassyrischen Privatarchiv N 33 (Ass. 13846m) zu verweisen. In diesem Dokument,

252 Miglus 1982: 269. 253 RIMA 1: A.0.76.8, 24–26. Vergleiche zudem Miglus 1982: 269. 254 Miglus 1982: 268–269; Pongratz-Leisten 1994: 26; Unger 1928b: 178; 1929: 24. 255 RIMA 1: A.0.76.10, 35–36. 256 Siehe George 1988: 31–32, 35; Radner 1999: 93. 257 Siehe George 1992: 456–457; Miglus 1982: 268; Weidner 1935–1936: 22–23.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen das durch Synchronismen darin erwähnter Personen in das späte 7. Jahrhundert v. Chr. datiert werden kann,258 wird das Tisarru-Tor als Ausstellungsort für Obligationsurkunden erwähnt.259 Zu dieser Zeit existierte der Binnenwall aber wahrscheinlich nicht mehr (vgl. Kap.  3.1.3.4). Ob das Tisarru-Tor am wetlichen oder am südlichen Schenkel der Neustadtumwallung lag, lässt sich jedoch nicht eindeutig klären. W. Andrae hatte immer ein Tor im Bereich einer Unterbrechung der Südmauer der Stadterweiterung vermutet, hatte trotz intensiver Bemühungen aber keine entsprechenden Reste gefunden.260 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass auch der westliche Mauerzug der Neustadt eine Unterbrechung aufweist (vgl. Abb. 7). Nur knapp nördlich davon befand sich die unter Kap. 3.1.2.1 besprochene Poterne durch den Südwall. Angesichts der Beobachtung, dass solche schmalen Mauerdurchlässe in Aššur ansonsten nur in unmittelbarer Umgebung ehemaliger Toranlagen entdeckt wurden, könnte sich hier durchaus ein Stadttor befunden haben. Mangels konkreter Daten muss dies aber vorerst als Spekulation angesehen werden. Die Verortung des Šērūʾa-Tors ist ebenfalls problembehaftet. Ähnlich zum Tisarru-Tor wird dieser Stadtzugang erstmals in einem Ninurta-tukultīAššur-zeitlichen Ritualtext erwähnt (siehe oben).261 Auffällig ist zunächst, dass sich das Šērūʾa-Tor zwar in diesem mittelassyrischen Text und dem Götteradressbuch (App. I.2), nicht aber in der Stadtbeschreibung Salmānu-ašarēds  III. (App. I.1) wiederfindet. Zwei Erklärungen können hierfür angeboten werden: Eine Lösung bestünde darin, das Šērūʾa-Tor mit dem südlichen Binnenwalltor zu identifizieren. Wie oben dargestellt, ist es unwahrscheinlich, dass letzteres das Tisarru-Tor war (siehe oben). Dies wäre möglich, wenn die Befestigungsanlagen Aššurs zur Zeit Ninurta-tukultī-Aššurs aus dem Außenwall und dem Südstück des Binnenwalls bestanden hätten. Allerdings scheint zu diesem Zeitpunkt die westliche Verteidigungsfront entlang der Innenkante des Stadtgrabens Tukultī-Ninurtas  I. verlaufen zu sein, 258 Ass. 13846m selbst weist kein Datum auf (vgl. Radner 1999: Text 18). Der auf dem Dokument festgehaltene Būṣāyu bzw. Puṣāyu findet sich jedoch auf den postkanonischen Tafeln Ass. 13846aa (= VAT 8663; vgl. Radner 1999: N 33 (22): Rs. 14) sowie Ass. 8520e (= VAT 9689; vgl. Deller et al. 1995: Text 79: Rs. 5′) wieder, weshalb Ass. 13846m in das späte 7. Jahrhundert v. Chr. einzuordnen ist. Andere Texte dieses Archivs datieren in die postkanonische Periode (Pedersén 1986: 131). 259 Siehe Radner 1999: Text 18. 260 Andrae 1913a: 58–59. 261 Dass in diesem Text vom bāb Šērūʾa und nicht vom abul Šērūʾa die Rede ist, scheint aufgrund der durchgehenden Bezeichnung aller Tore als bāb in einem Paralleltext in diesem Fall keinen Bedeutungsunterschied anzuzeigen (vgl. George 1988: 31; 1992: 456–457; Weidner 1935– 1936: 22–23).

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während die Altstadtmauer wohl vorübergehend aufgegeben worden war. Die zweite Option wäre, dass die Salmānuašarēd‑III.-zeitliche Liste der Stadttore unvollständig ist. Diesbezüglich sei auf den ungewöhnlichen Aufbau der Inschrift verwiesen, in der die Fluch- und Segensformeln, die in der Regel den Abschluss einer Inschrift bilden,262 vor der Aufzählung der Stadttore stehen.263 Dementsprechend könnte das abrupte Ende des Textes nach der Nennung des TisarruTors auf eine Nicht-Fertigstellung der Inschrift zurückzuführen sein. Dass aufgrund eines ähnlichen Umstands auch die Inschrift auf dem sogenannten Schwarzen Obelisken als unvollendet erachtet wurde, befürwortet diese These möglicherweise.264 Vorausgesetzt dass die Auflistung der Tore in den Stadtbeschreibungen in diesem Abschnitt einer topografischen Reihenfolge folgte, wäre in diesem Falle das Šērūʾa-Tor zwischen Südwall und Tabīra-Tor zu verorten.265 Daher böte sich das äußere Westtor, welches einen mittelassyrischen Vorgänger gehabt zu haben scheint (vgl. Kap.  3.1.2.5), für die Identifikation mit dem Šērūʾa-Tor an. Allerdings ist einschränkend hervorzuheben, dass auch andere Inschriften Salmānu-ašarēds III. nicht mit der Fluchformel enden, was wiederum gegen die vorgeschlagene Unvollständigkeit des Textes sprechen würde. Die Problematik bleibt also bestehen. Etwas näher eingrenzen lassen sich auch die Standorte des ṣēni- und des niše-(später: Illat-) Tors.266 Da beide Stadtzugänge bereits in einer Inschrift Irišums I. belegt sind, dürften sie entlang der altassyrischen Stadtmauer, deren Verlauf dem des Binnenwalls glich, gelegen haben:267 »With Aššur, my lord, standing by me I reserved land for Aššur, my lord, from the Sheep Gate [a-bu-ul ṣé-ni-im] to the People’s Gate [a-bu-ul ni-ší-im].«268

Diese Verortung böte auch eine Erklärung für die Absenz der beiden Tore in der Stadttorliste Salmānu-ašarēds  III. In dieser Hinsicht ist es nun nochmals wichtig hervorzuheben, dass der Binnenwall vermutlich dem Verlauf der ursprünglichen

262 Schramm 1973: 104. 263 Vergleiche RIMA 3: A.0.102.25. 264 Siehe Grayson 1996: 63. 265 Miglus 1982: 270. 266 Die Korrelation zwischen Illat- und niše-Tor ergibt sich aus dem Namen des an 12. Stelle angeführten Tors im Götteradressbuch: »›(Tor des Namens:) Lange während sei die Versammlung der Leute: das Illat-Tor‹« (vgl. App. I.2). Offensichtlich blieb der ursprüngliche Name des »Menschen-Tors« Teil des Prunknamens des Illat-Tors (George 1992: 177; Miglus 1982: 267; Unger 1929: 23). 267 So auch Miglus 1982: 266. 268 RIMA 1: A.0.33.1, 9–10. Siehe auch RIMA 1: A.0.33.11, ii 1′–6′.

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72

»Bergesgleich baute ich hoch«

Stadtmauer Aššurs folgte (vgl. Kap. 3.1.2.3). Wenn also das niše- und das ṣēni-Tor Teil dieser älteren Befestigungsmauer waren, dürften sie das Straßensystem der Altstadt entscheidend geprägt haben. Letzteres dürfte die altassyrische Stadtmauer überlebt haben, worauf vor allem wegen der Kontinuität der Monumentalbauten im Norden Aššurs geschlossen werden darf. Es ist daher durchaus denkbar, dass das westliche und südliche Binnenwalltor an den Stellen errichtet wurden, wo einige Jahrhunderte davor das niše- und das ṣēni-Tor den Zugang zur Innenstadt markiert hatten. Welches Tor welchen Namen trug, lässt sich allerdings nicht eindeutig klären. Sollte die Reihenfolge der aufgelisteten Torbauten in der Aššur-etel-ilāni-zeitlichen Abschrift eines mittelassyrischen tākultu-Rituals (KAR  214) im Uhrzeigersinn organisiert sein, würde dies für eine Identifizierung des südlichen Binnenwalltors mit dem ṣēni- und des westlichen Binnenwalltors mit dem niše-Tor sprechen.269 Ein interessanter Eintrag im letztgenannten Text (KAR 214) ist das tašīmtišunu-Tor, welches ansonsten nur im Götteradressbuch belegt ist. Generell wird angenommen, dass dieser Stadtzugang mit dem Tabīra-Tor zu identifizieren ist, was eine Umbenennung oder einen Alternativnamen des Tors voraussetzen würde.270 In Anbetracht der angenommenen Aufgabe der altassyrischen Stadtmauer spätestens unter Tukultī-Ninurta  I. indiziert die Nennung zusammen mit dem niše- und ṣēni-Tor allerdings, dass das tašīmtišunu-Tor an der altassyrischen Stadtmauer, also östlich des Tabīra-Tors, zu suchen ist. Demnach könnte es sich um einen vor Tukultī-Ninurta I. hinzugefügten Einlass in das Stadtgebiet gehandelt haben, der dem Umbau der westlichen Fortifikationen im 13.  Jahrhundert  v.  Chr. zum Opfer fiel. Eine Lokalisierung im Bereich des nordwestlichen Binnenwalltors erscheint daher möglich. Dass das neuassyrische nordwestliche Binnenwalltor auf den Resten eines älteren Tors ruhte, ist jedoch unwahrscheinlich, da die Ausgrabungen in diesem Bereich keine Hinweise auf einen Vorgängerbau erbrachten.271 Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass es gute Gründe dafür gibt, von der Existenz eines weiteren Durchlasses durch den nördlichen Binnenwall knapp westlich des Anu-Adad-Tempels auszugehen. Wichtig dabei ist die anhand der Karawanserai gemachte Beobachtung, dass der Binnenwall noch ein relevantes stadttopografisches Merkmal darstellte, als die Wohnviertel auf der ehemaligen Palastterrasse und nördlich des Anu-Adad-Tempels entstanden (vgl. Kap.  3.1.3.4). Auffällig ist nun, dass die primären Straßen in den Häuservierteln nordwestlich des Anu-Adad-Heiligtums und auf 269 Vergleiche auch Miglus 1982: 267, 273. 270 Miglus 1982: 273; Pongratz-Leisten 1994: 28. 271 Vergleiche Andrae 1913a: 44–45.

der ehemaligen Palastterrasse direkt aufeinander zulaufen (Abb. 18).272 Sollten sie miteinander verbunden gewesen sein, hätte es zumindest noch bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. eine Toranlage durch den Nordostschenkel des Binnenhakens geben müssen. Diese wäre dann etwas nordwestlich von Binnenwallturm 1 zu lokalisieren. Während zu Struktur und Dimensionen der vermuteten Toranlage allenfalls Mutmaßungen angestellt werden können, böte sich ein hier gelegenes Tor ebenfalls für eine Identifizierung mit dem tašīmtišunu-Tor an, wobei einschränkend die Unklarheiten bezüglich des Verlaufs der altassyrischen Stadtmauer im Norden hervorzuheben sind. Somit bliebe aus der Auflistung im Götteradressbuch das abul šadî als Name für das nordwestliche Binnenwalltor. Da diese Toranlage zusammen mit dem Binnenwall allen verfügbaren Informationen nach zu urteilen erst Ende des 9. oder zu Beginn des 8. Jahrhunderts v. Chr. entstand (vgl. Kap.  3.1.2.5) und dieser Torname nur unter Sîn-aḫḫē-erība belegt ist, erscheint diese Option in der Tat plausibel. Die hier vorgebrachten Beobachtungen zum Aufgabedatum des Binnenwalls und der Lokalisierung der textlich erwähnten Stadttore Aššurs wirken sich darüber hinaus entscheidend auf das Verständnis der Entstehung des Götteradressbuchs aus: Wegen der lange Zeit angenommenen frühen Aufgabe des Binnenwalls wurde die Auflistung von insgesamt 13 Toren bisweilen damit erklärt, dass dieser stark ideologisch konnotierten Text ein Kompendium aller Tore, die in Aššur bis zur Regierungszeit Sîn-aḫḫēerības jemals existiert hatten, darstellt und nicht als zeitgenössische »Stadtbeschreibung« zu verstehen ist.273 Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Akzeptiert man jedoch die hier gesammelten Indizien für eine Existenz des Binnenwalls und somit auch der darin integrierten Toranlagen bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. hinein, ändert sich das Bild dahingehend, dass das Götteradressbuch sehr wohl einen realen Zustand der Stadt wiedergegeben haben könnte. Dass das Untere Tor und das westliche Außenwalltor zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ihre ursprüngliche Funktion erfüllten, weil sie zugesetzt worden waren, ist dabei unerheblich. Hervorzuheben ist vor allem, dass die Anlagen nicht überbaut bzw. sogar neu errichtet wurden. Folglich dürften sie noch Landmarken innerhalb des Stadtgebiets dargestellt haben. Das Götteradressbuch ist daher sowohl ein ideologischer Text als auch eine Auflistung noch existierender Bauwerke, die ihre Bezeichnung behielten, auch wenn sie ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllten.

272 Miglus 1996: 94. 273 Miglus 1982: 273. Siehe auch George 1992: 167.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen H

2 km

73

G

350

D

C

A

F E

B

Tall Ibrāhīm Bāyis

250

240

230

100 m

Abb. 68: Topografische Lage (links) und topografischer Plan (rechts, nach Mallowan/al-Amin 1950: Taf. 2) von Tall Ibrāhīm Bāyis.

3.2 Tall Ibrāhīm Bāyis Tall Ibrāhīm Bāyis (Abb.  68; Abb.  69), dessen antiker Name ungeklärt ist, liegt ca.  1,6  km westlich der modernen Ortschaft Eski Maḫmūr im Osttigrisgebiet (Abb. 3). Archäologisch wurde die 19,36 ha große antike Siedlung nur kurz von M. al-Amin und M. Mallowan im Jahr 1948 untersucht.274 Seine größte Ausdehnung scheint der Ort in neuassyrischer Zeit erreicht zu haben, doch erbrachten die Ausgrabungen auch Hinweise auf chalkolithische und neolithische Besiedlungsphasen.275 Dazu, warum Tall Ibrāhīm Bāyis zu einem befestigten Ort ausgebaut wurde, gibt es unterschiedliche Thesen. M.  Altaweel sah in Tall Ibrāhīm Bāyis eine Raststätte für Truppenverbände.276 S. Mühl hingegen betonte, dass der Fundort wegen der dort aufgedeckten öffentlichen Gebäude und Wohnhäuser nicht als primär militärisch genutzte Anlage, sondern als Siedlung zu verstehen sei.277 Ihrer Meinung nach könnte die Errichtung der Fortifikationen eine Reaktion auf die politischen Unruhen am Ende von Salmānu-ašarēds  III. Regierungszeit dargestellt haben.278 Die weitere Entwicklung der Siedlung ist jedoch unbekannt. Einige Indizien, wie der Fund dreiflügeliger Pfeilspitzen, könnten auf eine Eroberung und Zerstörung der Siedlung im Zuge der 274 Postgate 1987–1990: 271. 275 Hausleiter 2010: 183–184; Mallowan/al-Amin 1950: 55–60; Mühl 2013: 226; Postgate 1987–1990: 271. 276 Altaweel 2008: 71. 277 Mühl 2013: 46, 211–212. 278 Mühl 2013: 202–203.

Stadtmauer

Festungsgraben(?)

Oberstadt

Wādī 200 m

16.08.1968 (ds1104-2138df007)

Abb. 69: CORONA-Aufnahme von Tall Ibrāhīm Bāyis.

medisch-babylonischen Feldzüge 614/612 v. Chr. hindeuten.279

3.2.1 Das geografische Setting

Seine Lage am Eingang des Ḥusain al-Ġazi-Passes durch den Ǧabal Qara Čaūq, welcher einen kritischen Punkt entlang der Strecke von Aššur nach Arbaʾil darstellte, verlieh einer befestigten Siedlung wie Tall Ibrāhīm Bāyis geostrategische Be279 Mühl 2013: 206.

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74

»Bergesgleich baute ich hoch«

Tall Ibrāhīm Bāyis

10 km

Abb. 70: Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Tall Ibrāhīm Bāyis.

deutung.280 Die sich an dieser Stelle vereinigenden Hohlwege machen dies deutlich (vgl. Abb. 4). Auch das Sichtfeld der befestigten Siedlung scheint sich in erster Linie auf den Pass und nicht unbedingt auf das Umland konzentriert zu haben (Abb. 70). 280 Altaweel 2008: 68, 70–71; Mallowan/al-Amin 1949: 148–149; Mühl 2013: 226. Für die Kontrolle der anderen Seite des Passes spielte wohl der nachweislich in neuassyrischer Zeit besiedelte Fundort Kaula Kandal eine große Rolle, doch wurden dort keine Befestigungen erfasst (vgl. Hausleiter 2010: 184–185; Mallowan/alAmin 1949: 149–153; Mühl 2013: 207, 226; Postgate 1987–1990: 271).

3.2.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit Über die Befestigungsanlagen des Ortes ist nur wenig bekannt. Auf Satellitenbildern deutet sich entlang der östlichen Stadtmauer aber eventuell ein Segment des Stadtgrabens an (Abb.  69). Heutzutage sind die erodierten Reste der aus 35–36×35– 36×16  cm großen Lehmziegel sowie Stampflehm bestehenden Befestigungsmauer ca.  14  m breit, doch besitzt dieser Wert keine Aussagekraft für ihre einstige Stärke.281 An der östlichen Mauer wurde im Bereich F wahrscheinlich der südliche Teil einer Toranlage ergraben, deren Durchgangsbreite mit 281 Mallowan/al-Amin 1950: 55.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen 12 m angegeben wurde.282 Hier ist aber wohl eher S. Mühl zu folgen, die diesen Wert in Anlehnung an das Untere Tor von Aššur (vgl. Abb. 11) als Breite der Torkammer betrachtete.283 Ob es in Tall Ibrāhīm Bāyis noch weitere Toranlagen gab und wo diese zu verorten wären, konnte im Zuge der archäologischen Forschungen nicht geklärt werden. Einige Hohlwege könnten allerdings andeuten, dass jeweils eine Toranlage mittig im Verlauf der Ost- und Westmauer lag.284 Hinsichtlich des Entstehungsdatums der Umwallung verwiesen die Ausgräber auf einen in der ältesten Bauphase von Grabungsbereich  D gefundenen Ziegel mit einer Salmānu-ašarēd  III. zuzuschreibenden Inschrift.285 Ein späteres Gründungsdatum innerhalb der neuassyrischen Zeit wurde jedoch nicht ausgeschlossen.286 Schnitte an der Stadtmauer erbrachten neuassyrische Mauerreste, die an die Innenseite der Befestigung gebaut waren, was zumindest für eine Nutzung der Fortifikationen in diesem Zeitabschnitt spricht. Dafür, dass die Befestigungsanlagen vermutlich auch noch in der ausgehenden neuassyrischen Zeit (spätes 7.  Jahrhundert  v.  Chr.) ihren Zweck erfüllten, sprechen die in der Nähe der Grabungsbereiche G und H entdeckten dreiflügeligen Pfeilspitzen.287 Der nicht ganz mittig innerhalb der rechteckigen Umwallung, sondern leicht nach Südosten versetzt gelegene Siedlungshügel (Abb.  68; Abb.  69) war nicht Teil des Befestigungssystems. Dass es auf ihm in neuassyrischer Zeit öffentliche Gebäude gab, ist zwar zu vermuten, kann aber aus archäologischer Sicht nicht bestätigt werden. Unklar ist vor allem, ob der ca. 0,7 ha große Ruinenhügel mit einer eigenen Festungsmauer ausgestattet war.

3.2.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Da die Menge an Informationen zu den Befestigungsanlagen des Ortes begrenzt ist, lassen sich keine weitergehenden Überlegungen dazu anstellen, welche Faktoren die Planung der Fortifikationen beeinflusst haben könnten. Abgesehen von dem nicht ganz mittig innerhalb des umwallten Gebiets gelegenen Siedlungshügel lassen sich auf einem großflächigeren Konturenplan keine Landschaftsmerkmale erkennen, die der Erhöhung der Wehrhaftigkeit der Befestigungsanlagen zuträglich gewesen wären (Abb. 68). Auf den ersten Blick fällt aber auf, dass die Seiten und Ecken des Perimeters nicht nach den Kardinalsrichtungen ausgerichtet waren.

282 Mallowan/al-Amin 1950: 55. 283 Mühl 2013: 206. 284 Mühl 2013: 226. 285 Mallowan/al-Amin 1949: 149. 286 Mallowan/al-Amin 1950: 55–56. 287 Mallowan/al-Amin 1950: 55–56, Taf. 16. Siehe hierzu auch Curtis 2013: 28.

75

Eventuell bestimmte das heute direkt am Fundort vorbeifließende Wādī die Ausrichtung des südlichen Mauerschenkels. Eine Anpassung an den generellen Verlauf des Geländes, das vom Ǧabal Qara Čaūq nach Westsüdwest abschüssig war (vgl. Abb. 68), ist ebenfalls denkbar.

3.3 Kalḫu

Die Ruinen von Nimrūd, dem antiken Kalḫu,288 liegen auf dem östlichen Ufer des Tigris ca. 12 km nördlich der Mündung des Großen Zāb (Abb.  3). Der insgesamt 375 ha große Fundort289 gliedert sich in die Hauptzitadelle (Tall Nimrūd) mit einer Fläche von ca. 22,5 ha in der Südwestecke, die ca. 6 ha große Anlage des Fort Shalmaneser in der Südostecke sowie die sich dazwischen und nach Norden erstreckende Unterstadt (Abb. 71). Die langjährigen Forschungen in Kalḫu durch verschiedene Teams deckten primär neuassyrische Befunde auf, gaben zugleich aber auch Einblick in die Siedlungsgeschichte des Fundortes.290 Der Ort scheint bereits im Neolithikum, Chalkolithikum und der ersten Hälfte des 3.  Jahrtausends v.  Chr. besiedelt gewesen zu sein,291 und auch für das 2. Jahrtausend v. Chr. gibt es ausreichend Belege. Der Ort findet sich in mehreren Mari-Texten als Kamilḫu, Kawalḫu oder Kalḫu.292 Von archäologischer Seite ist ein auf der Zitadelle entdecktes Grab aus der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. zu erwähnen.293 Für eine Siedlungsaktivität in mittelassyrischer Zeit sprechen einerseits die im Bereich der Town Wall Houses erreichten Schichten aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.294 und andererseits die Aussage Aššur-nāṣir-aplis  II., dass die Stadtgründung auf seinen Vorfahren Salmānu-ašarēd  I. zurückgehe.295 Mit dem Ausbau zur königlichen Re-

288 Rassam 1897: 10. Der Name Kalḫu bezieht sich hier auf das gesamte antike Stadtgebiet, während Tall Nimrūd die Hauptzitadelle im Südwesten des Stadtgebiets bezeichnet. 289 Zur Ausdehnung des Fundortes finden sich in der Literatur verschiedene Angaben. Der hier verwendete Wert beruht auf der Berechnung der Fläche anhand von Satellitenbildern und Geländemodellen. 290 Einen Überblick über die Grabungstätigkeiten bis 1976 findet sich in Postgate/Reade 1976–1980: 304–307. Eine Zusammenfassung der Forschungsgeschichte bis in die 1990er-Jahre bieten Curtis 1997; Oates/Oates 2001: 1–11. Ergänzend sind noch die Arbeiten des von P. Fiorina geleiteten italienischen Teams hervorzuheben, das sich Ende der 1980er-Jahre vor allem der Unterstadt von Kalḫu widmete (siehe Fiorina 2008; 2011). 291 Siehe hierzu Curtis 1997: 141; Fiorina 2004: 77; 2011: 135: Mallowan 1966: 74. 292 Ziegler 2002: 270–271 insb. Fn. 271; 2004: 20 Fn. 10. 293 Mallowan 1966: 74 insb. Fn. 1; Postgate/Reade 1976– 1980: 320. 294 Siehe Mallowan 1954: 135. 295 RIMA 2: A.0.101.1, iii 132–133.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

76

?

?

?

50 40

59 55

35

Nordwestpalast 42

Tor durch die nördliche Umfassungsmauer

50

45

?

? 46

38

Shalmaneser Gate Ezida

45

Gewundene Poterne 200 m

Toranlage

Gewundene Poterne

Fort Shalmaneser

Abb. 71: Konturenplan von Kalḫu (nach Mallowan 1966, Abb. 1; Lippolis/Masturzo 2012: Abb. 1).

sidenz unter Aššur-nāṣir-apli  II. erhielt Kalḫu die polygonale Form, die sich heute noch deutlich in der Landschaft abzeichnet (Abb. 72). Bis zum Ende des Neuassyrischen Reiches wurde in der Stadt gebaut, und sie scheint stets eine wichtige Rolle innerhalb des Staates gespielt zu haben.296 Das Ende der Hauptnutzungsphasen der Monumentalbauten war gewaltsam, wie den dort endeckten massiven Brandrückständen zu entnehmen ist. An einigen Stellen wurden zwei dicht aufeinanderfolgende Zerstörungshorizonte festgestellt. Die zugehörigen Brandereignisse wurden mit den medisch-babylonischen Feldzügen in Zentralassyrien assoziiert, weswegen sie generell in die Jahre  614 296 Stronach (1997: 310) erwähnte eine mögliche Rolle Kalḫus als temporäre Hauptstadt des Reiches während des Baus von Dūr-Šarrukīn. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sie unter Aššur-aḫa-iddina nochmals zur Kapitale des Reiches erhoben werden sollte (Oates/Oates 2001: 24; Postgate/Reade 1976–1980: 304, 321).

und 612 v. Chr. datiert werden.297 Diesbezüglich sei jedoch hinzugefügt, dass sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob die Stadt tatsächlich zwei Mal eingenommen wurde. M. Mallowan hatte dies vorgeschlagen, führte jedoch keine eindeutigen Argumente ins Feld.298 Die textlich festgehaltenen Zerstörungen von Aššur und Tarbiṣu (vgl. Kap. 2.2) müssen nicht zwingend mit den verbrannten Schichten in Kalḫu in Verbindung stehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zumindest die jüngere Brandschicht auf ein unbekanntes Ereignis in postassyrischer Zeit zurückgeht. Doch auch hierfür fehlt es bislang an eindeutigen Hinweisen, weswegen beide Optionen einstweilen in Betracht gezogen werden müssen. Danach erlangte Kalḫu nie wieder seine einstige Ausdehnung oder Bedeutung. Den Ausgräbern zufolge gab es Anzeichen auf eine kurzzeitige »squatter297 Mallowan 1966: 387–389; Oates/Oates 2001: 25. 298 Mallowan 1966: 388.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

77

Abb. 72: CORONA-Aufnahme Kalḫus (nach Ur 2013: Abb. 2.B).

occupation«. Es wurden auch neubabylonische und achämenidische Siedlungsreste gefunden, deren Datierung sich jedoch als schwierig erweist.299 Etwas besser fassbar waren die Reste hellenistischer Häuser, über denen zudem noch eine als parthisch definierte Schicht erfasst wurde.300

3.3.1 Das geografische Setting

Warum Aššur-nāṣir-apli II. gerade Kalḫu am Anfang seiner Regierungszeit zur königlichen Residenz ausbaute, ist unklar. Seine Inschriften nennen hierfür keine konkreten Gründe.301 Ein Standortvorteil hinsichtlich der Verkehrslage innerhalb Assyriens lässt sich zumindest nicht erkennen. Die Stadt lag stets etwas abseits der großen Überlandstraße, welche die beiden kultisch-administrativen Zentren Ninua und Arbaʾil verband. Kalḫu kontrollierte – soweit bekannt – auch keine Überquerungsmöglichkeit des Tigris.302 Ö.  Harmanşah argumentierte, dass die Verlagerung des politischen Zentrums des Reiches nach Norden sowohl wirtschaftlich als auch militärisch motiviert gewesen sei.303 Er berief sich dabei einerseits auf eine Verlagerung assyrischer Wirtschaftsinteressen nach Nordmesopotamien. Andererseits erkannte er in der Tatsache, dass neu-

299 Siehe Curtis 2003: 158–160. 300 Vergleiche Oates/Oates 2001: 257–268. 301 Oates/Oates 2001: 16. 302 Oates 1968a: 52. 303 Harmanşah 2012: 67.

assyrische Feldzüge in der Regel im nördlichen assyrischen Kernland begannen, einen militärischen Anreiz für den Umzug des Königssitzes. Einen ähnlichen Vorschlag hatte bereits M.  Novák gemacht, der in der Wahl der neuen Kapitale einen Versuch sah, die geografisch getrennten, traditionellen Kernbereiche Assyriens (Ninua im Norden und Aššur im Süden) miteinander zu verbinden.304 Weitere Unterstützung erfährt diese These eventuell durch D.  Kertais Beobachtung, dass in der neuen Reichsmetropole erstmals der Königspalast und der Palast zur Musterung der Armee in einer Stadt standen, nachdem sie zuvor auf Aššur und Ninua verteilt gewesen waren.305 Darüber hinaus betonte K. Radner, dass die Verlagerung des politischen Zentrums nach Kalḫu, ungeachtet der Lage innerhalb des Verkehrsnetzes, die Kommunikationswege der drei prominenten assyrischen Zentren Arbaʾil, Ninua und Aššur zum neuen Machtzentrum bedeutend verkürzte.306 In der Summe ist Aššur-nāṣir-aplis  II. Vorgehen also durchaus nachvollziehbar, zumal verschiedene geografische Umstände die Errichtung einer Residenzstadt wie Kalḫu an diesem Standort weiter begünstigten. Erreichbar war Kalḫu primär aus nördlicher und nordöstlicher Richtung, wofür nicht nur die geografische Lage, sondern auch die in diesen Bereichen erkennbaren Hohlwege sprechen (vgl. Abb. 4). Von 304 Siehe Novák 1999: 133–134. 305 Kertai 2011: 71–72, 83. 306 Radner 2011: 323–324.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Imgur-Enlil

Kalḫu

10 km

Abb. 73: viewshed-Modell Kalḫus, basierend auf einem SRTM90-Höhenmodell.

Süden bzw. Südosten kommend, war es möglich, den Großen Zāb bei Tall Kušāf oder etwas weiter flussaufwärts zu überqueren. Von der westlichen Tigrisseite aus scheint es im direkten Umfeld des Ortes jedoch keine Furt gegeben zu haben. Die entlang der Westseite der Hauptzitadelle freigelegten Uferbefestigungen (vgl. Kap.  3.3.2.4) sprechen zudem dafür, dass Kalḫu auch per Schiff erreichbar war. . Von der Hauptzitadelle von Kalḫu aus war vor allem das Tigristal gut zu überblicken (Abb. 73). Hier lagen Ackerflächen, deren Produktivität womöglich durch den Patti ḫegalli-Kanal erhöht wurde.307 Die 307 Siehe hierzu Altaweel 2008: 73–74, 86–88; Bagg 2000: 97; Oates 1968a: 45–48, Abb. 3; Ur/Reade 2015. Für

Sicht nach Norden, Westen und Osten war wegen des ansteigenden Terrains hingegen beschränkt. Die in den Mauerverlauf eingebundene Nordostecke des Stadtgebiets sowie der Bereich des Fort Shalmaneser stellten in dieser Hinsicht wichtige Ergänzungen dar, denn sie ermöglichten es, das nach Nordosten (d.  h. flussaufwärts) hin in Richtung Imgur-Enlil führende Tal des Wādī aš-Šauf einzusehen.

eine andere Erklärung der Funktion dieses Kanalsystems als primär für den Transport von Waren geschaffenes Bauwerk siehe Ur/Reade 2015: 45–47; Ur 2018: 63.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

3.3.2 Die Befestigungsanlagen Aššurnāṣir-aplis II. Obwohl unklar ist, wie die Befestigungsanlagen Kalḫus vor dem 9.  Jahrhundert v. Chr. ausgesehen hatten, lässt sich sagen, dass der Ausbau der Siedlung unter Aššur-nāṣir-apli  II. aufgrund des Ausmaßes des Bauprojekts einer kompletten Neugestaltung der Stadt gleichkam. In Anbetracht der massiven Erdwälle, die von der einstigen Stadtmauer noch übrig sind, müssen die Fortifikationen der Stadt beeindruckend gewesen sein. Zwar gibt es keine konkreten Beweise von den Fortifikationen selbst, doch lassen die Inschriften Aššur-nāṣir-aplis  II. wenig Zweifel daran, dass sie unter seiner Regierungszeit entstanden: »The ancient city Calah which Shalmaneser, king of Assyria, a prince who preceded me, had built – this city had become dilapidated; it lay dormant (and) had turned into ruin hills. I rebuilt this city. I took people which I had conquered from the lands over which I had gained dominion, from the land Suhu, (from) the entire land Laqû, (from) the city Sirqu which is at the crossing of the Euphrates, (from) the entire land of Zamua, from Bīt-Adini and the Hatti, and from Lubarna (Liburna), the Patinu. I settled (them) therein. I dug out a canal from the Upper Zab (and) called it Patti-hegalli. I planted orchards in its environs. I offered fruit (and) wine to Aššur, my lord, and the temples of my land. I cleared away the old ruin hill (and) dug down to water level; I sank (the foundation pit) down to a depth of 120 layers of brick. I built its wall. I built (and) completed it from top to bottom.«308

Allerdings ist fragwürdig, ob die Umwallung der Stadt noch unter Aššur-nāṣir-apli  II. fertiggestellt wurde.309 Insbesondere das unter Salmānuašarēd  III. entstandene Fort Shalmaneser spricht dafür, dass das Befestigungssystem erst in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. vervollständigt wurde. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass Aššur-nāṣir-apli  II. hier einen Vorgängerbau errichtet bzw. den Bereich auf eine andere Weise befestigt hatte. Dass die Wehranlagen bereits unter Aššur-nāṣir-apli  II. funktionstüchtig waren, lässt sich aber vielleicht daraus ableiten, dass der Umzug der Residenz nach Kalḫu noch innerhalb seiner Regierungszeit (883–859 v. Chr.)310 geschah. Es erscheint wenig einleuchtend, dass der assyrische König diesen Schritt bereits vollzogen hätte, bevor 308 RIMA 2: A.0.101.1, iii 132–136. 309 Entsprechende Zweifel äußerten beispielsweise Kertai 2011: 71; Mallowan 1966: 82. 310 De Filippi (1977: 30–31) grenzte den Umzug der königlichen Residenz nach Kalḫu auf das 4.–6. Regierungsjahr Aššur-nāṣir-aplis II. ein (880–878 v. Chr.).

79

nicht zumindest die Stadtmauern fertiggestellt waren.

3.3.2.1 Der Stadtgraben

Ein Stadtgraben ist für Kalḫu schriftlich nicht belegt. Die archäologischen Forschungen an der Ruinenstätte erbrachten ebenfalls keine entsprechenden Hinweise. Allerdings lässt sich auf dem CORONASatellitenbild (Abb. 72) eine ca. 30 m breite, dunkle Verfärbung erkennen, die auf die Existenz eines Festungsgrabens hinweisen könnte. Ein solches Geländemerkmal wurde auch schon in dem von F. Jones erstellten Plan aus dem 19. Jahrhundert eingezeichnet.311 Aufgrund seines Erscheinungsbildes und seiner Position direkt vor der nördlichen Stadtmauer liegt der Schluss nahe, dass es sich bei der länglichen Struktur um einen Stadtgraben handelt. Allerdings scheinen nur die Nord- und die Ostfront der Stadt über ein solches Befestigungselement verfügt zu haben. An der westlichen und südlichen Stadtseite sind entsprechende Verfärbungen auf Luftbildaufnahmen nicht auszumachen. Vermutlich war es wegen des natürlichen Höhenunterschieds im Westen und Süden nicht notwendig, einen Graben zu ziehen.

3.3.2.2 Die Stadtmauer

Obwohl sie nirgendwo auf längerer Stelle freigelegt wurde, ist die Existenz einer massiven Stadtmauer Kalḫus über jeden Zweifel erhaben. In ihrem verfallenen Zustand ist sie heute noch deutlich als länglicher Erdwall, der das gesamte Stadtgebiet einfasst, zu erkennen (vgl. Abb. 72). Die Dimensionen der Stadtmauer selbst sind aufgrund der mangelhaften Datenlage jedoch nicht mehr rekonstruierbar. Beruhend auf den Ausgrabungen im Bereich des Fort Shalmaneser lassen sich lediglich Annäherungswerte ermitteln. Lediglich am westlichen Ende der Tulūl  al-ʿAzar wurden sowohl die innere als auch die äußere Fassade der Stadtbefestigung erfasst (Abb. 74).312 Diesem Befund nach zu urteilen, wäre die Stadtmauer ca. 12 m breit gewesen. Verglichen mit den Breiten der Befestigungsmauern anderer neuassyrischer Residenzstädte (insbesondere Ninua und Dūr-Šarrukīn), wirkt dieser Wert plausibel, und auch die von den Ausgräbern angenommene Breite der östlichen Begrenzungsmauer des Fort Shalmaneser von 14 m erscheint auf den ersten Blick damit vereinbar zu sein.313 Allerdings kann die an der Ostfassade des Fort Shalmaneser ermittelte Angabe nicht berücksichtigt werden, da hier nicht die Stadtmauer abgemessen wurde. Der von den Ausgräbern beschriebene Wert von 14 m stellt lediglich den Abstand zwischen der Ostfassade des Monumentalbaus und der Ausdehnung erhaltener Fußböden von Räumen im Süd311 Vergleiche Jones 1852. 312 Reade 2013: 356. 313 Siehe Mallowan 1966: 374.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

80

Nordtor Nordwes�or ?

Nordwesthof Nordosthof Raum NE 40

Freifläche

Südwesthof Südosthof

Thronsaal Tulūl al-ʿAzar West Raum R7

Anschluss der Stadtmauer

Eingang der gewundenen Poterne

Hof S

Hof T

Terrassenerweiterung 100 m

Abb. 74: Das Fort Shalmaneser (nach Mallowan 1966: Plan 8).

osthof des Fort Shalmaneser dar. Die turmbewehrte östliche Front des Monumentalbaus ist jedoch sicherlich nicht mit der Stadtmauer gleichzusetzen, sondern diente wohl eher als Stützmauer für den Palast, der sich darüber erhob. Der Befund in Raum NE  40, dem östlichsten Raum im Nordosttrakt des Bauwerks, verdeutlicht dies. Zwischen dem östlichen Ende dieses Raums und der angenommenen Außenfassade der Stadtmauer bleiben nur ca. 6 m für ein aufgehendes Mauerwerk (vgl. Abb. 74). Dieser Wert verringert sich nochmals, wenn von der Existenz weiterer Raumreihen östlich der beiden Osthöfe ausgegangen wird.314 Folglich kann die östliche Begrenzung des Fort Shalmaneser nicht zur Bestimmung der Dicke der Stadtmauer herangezogen werden. Ebenso besitzen die von den Ausgräbern erfassten Umbaumaßnahmen an der Mauer im Südosten des Bauwerks keine Aussagekraft für die 314 Siehe Kertai 2011: 74–75, Abb. 2; 2015a: Taf. 9.

Rekonstruktion der Breite der Stadtumwallungen, da es sich hierbei um eine unter Aššur-aḫa-iddina vergrößerte Terrassierungsmauer und nicht eine Befestigungsmauer handelt (siehe Kap. 3.3.4). Weitere Angaben zur Breite der Stadtmauer von Kalḫu liegen nicht vor.315 Somit kann hinsichtlich der Frage der Stadtmauerbreite nur auf die Ergebnisse der Grabungen im Südwesten des Fort ShalmaneserKomplexes verwiesen werden. Ob die dort ermittelte Stärke der Befestigungsmauer von ca. 12 m repräsentativ ist und den Originalzustand darstellt, ist allerdings nicht sicher. Da nicht die gesamte Ober315 Zwar scheint ein Abschnitt der Stadtmauer (vermutlich nahe dem zentralen Durchlass durch die östliche Stadtmauer) bei den Grabungen des Turiner Forschungsteams unter P. Fiorina freigelegt worden zu sein (http://www. centroscavitorino.it/index.php/progetti/iraq/nimrud; letzter Zugriff: 05.05.2018). Allerdings finden sich in den Publikationen des Projekts keine Beschreibungen der Ergebnisse der Ausgrabungen an dieser Stelle.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen fläche der Mauer, sondern nur ihre innere und äußere Fassade freigelegt wurden, ist es denkbar, dass Verstärkungsmaßnahmen nicht erkannt wurden. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Ausgräber zwei Mauern erfassten (womöglich Nieder- und Hauptwall), dies aber nicht bemerkten. Obwohl es auf den ersten Blick realistisch klingen mag, muss die Annahme einer 12 m breiten Stadtmauer von Kalḫu deswegen als hypothetisch erachtet werden. Der Frage, wie hoch die Stadtmauer einst gewesen war, lässt sich mit den vorhandenen Informationen nur schwer beantworten. Die Ausgräber hatten hierfür die in den Inschriften Aššur-nāṣir-aplis  II. erwähnte Höhenangabe von 120 Ziegellagen (ca. 15 m) herangezogen.316 Dieser Wert bezieht sich jedoch nicht eindeutig auf die Befestigungsmauern, sondern auf einen nicht näher benannten »Ruinenhügel« (vgl. Kap. 3.3.2). Die topografischen Bedingungen legen den Schluss nahe, dass es sich hierbei um die Hauptzitadelle Kalḫus handelt, denn diese erhebt sich auffälligerweise ca. 15 m über das Stadtgebiet.317 Die bis zu 7,15 m hoch erhaltenen Mauerreste vom westlichen Zugangstor des Fort Shalmaneser können hingegen zumindest als Minimalwert für die einstige Höhe der Stadtmauer herangezogen werden.318 Obwohl es keine entsprechenden Ausgrabungsbefunde gibt, darf wohl trotzdem davon ausgegangen werden, dass die äußere Befestigungsmauer Kalḫus mit Türmen bewehrt war. Aus den Mauervorsprüngen an der Ostseite des Fort Shalmaneser lässt sich zudem auf die Gestaltung und die Abmessungen der Türme der Stadtmauer schließen (siehe Abb.  74). Diese Vorsprünge waren ca.  9  m breit, luden ca. 4 m aus und hatten Abstände von ca. 23– 25  m zwischen sich.319 Sollten die von A.H. Layard erwähnten 58 Erhebungen entlang der ca. 2100 m langen nördlichen Stadtmauer tatsächlich die Positionen von Türmen andeuten,320 wären die Abmessungen von der östlichen Schauseite des Fort Shalmaneser durchaus übertragbar, denn der mittlere Abstand zwischen 58 je 9 m breiten Türmen hätte ca. 25,2 m betragen.

3.3.2.3 Die Stadttore

Es darf davon ausgegangen werden, dass Aššurnāṣir-apli  II. mehrere Stadttore in den Verlauf der Stadtmauer integrieren ließ. Ihre genaue Lage konnte bisher jedoch nicht geklärt werden. Die Ausgräber vermuteten einen Eingang im Bereich einer großen Erosionsrinne an der Ostfront der Stadt ca. 300 m nördlich der Nordostecke des Fort Shalmaneser, den sie als »Erbil Gate« bezeichne316 Oates/Oates 2001: 149. 317 Vergleiche auch Reade 2002: 138. 318 Siehe Mallowan 1966: 462–463; Oates 1962: 8. 319 Oates 1963: 32. 320 Layard 1853: 656. Siehe auch Oates/Oates 2001: 28.

Lage Profil Abb. 76

Zikkurat

81

Ištar-Tempel

Town Wall Houses Vermuteter Verlauf Zitadellenmauer

NinurtaTempel Building Z.T. 1950 Building

Kaimauer

Zweites Zitadellentor?

NW-Palast Shalmaneser Gate Zentralpalast Governor�s Palace

Ezida

Palast Adad-nērārīs III. Südwestpalast 100 m

Burnt Palace

Abb. 75: Topografischer Plan von Tall Nimrūd mit ausgegrabenen Strukturen (nach Mallowan 1966: Abb. 1).

ten.321 Dieser Vermutung folgte auch P. Fiorina, der diesen angenommenen Stadtzugang unter der Bezeichnung »P 4« in seinen Plan aufnahm.322 P. Fiorinas Ausführungen zufolge erbrachten die Sondagen des italienischen Teams Hinweise darauf, dass sich hier auch tatsächlich eine Toranlage befand.323 Weiterführende Informationen zu den Dimensionen dieses Gebäudes liegen bislang jedoch nicht vor. Die Lokalisierungen weiterer Stadttore beruht zumeist auf Beobachtungen in der Morphologie der Stadtumwallung oder auf Satellitenbildern erkennbaren straßenartigen Linien innerhalb des Stadtgebiets.324 Besonders auffällig ist eine deutliche Erhebung nahe der Nordwestecke der Stadt, welche dem Erscheinungsbild der Ruinenhügel, unter denen die Toranlagen Dūr-Šarrukīns begraben lagen (vgl. Kap. 3.9.2.3), sehr ähnelt (vgl. Abb. 72). Diese konische Erhebung wurde bereits mehrfach als potentielles Stadttor angesprochen.Es wird vermutet, dass einige der von A.H. Layard nur beiläufig erwähnten Sondagen325 hier zu verorten sind.326 Die von diesem Ruinenhügel ins Stadtgebiet führende

321 Mallowan 1966: 372. 322 Fiorina 2011: Abb. 3; siehe auch Lippolis/Masturzo 2012: Abb. 1. 323 Fiorina 2011: 130. 324 Vergleiche hierzu auch Fiorina 2011: Abb. 3; Ur 2013: 14. 325 Layard 1853: 656–657. 326 Siehe Oates/Oates 2001: 28; Postgate/Reade 1976– 1980: 307.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

82

Building Z.T. 40 m

Steinblöcke

Lehmziegelmauerwerk

Fels

Kaimauer mit Steinblöcken

30 m

Lehmschichten An�kes Flussbe�

Abb. 76: Die Kaimauer und Hangbefestigung an der Westseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 30).

längliche Depression im Gelände sowie auf Satellitenbildern erkennbare lineare Geländemerkmale stärken letzten Endes die These, dass hier einer der Zugänge in das Innere der Kapitale gelegen hatte. Aufgrund von Hinweisen auf Satellitenbildern und Beobachtungen zur Topografie des Fundortes wird darüber hinaus entlang der nördlichen und östlichen Front Kalḫus jeweils eine weitere Toranlage angenommen (vgl. Abb. 71). Ob es sich bei dem Ruinenhügel im Nordwesten des Stadtgebiets um das in ND 420 erwähnte »Tor des Landes Ḫalzi« (KÁ.GAL ša KUR ḫal-zi)327 handelte, erscheint wegen der weitgehend akzeptierten Lokalisierung des māt Ḫalzi südlich von Ninua und nördlich von Kalḫu möglich.328 Allerdings ist nicht klar, ob sich der Bericht auf der Tafel tatsächlich auf ein Tor von Kalḫu oder einer anderen Stadt bezog.329 Ein weiteres Tor der Stadt, das »Ninua-Stadttor« (KÁ.GAL šá NINA.KI), wird in einer wahrscheinlich Aššur-bāni-apli-zeitlichen Landschenkungsurkunde (ADD  742) erwähnt.330 Aufgrund der geografischen Situation würde sich eine Identifizierung des Ninua-Tors mit dem vermuteten Stadtzugang im Nordwesten Kalḫus ebenfalls anbieten. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass beide Textpassagen sogar dasselbe Bauwerk nennen.331 Das weiter östlich 327 CTN 2, 193: Vs. 5–6. 328 Reade 2016: 68–69. 329 Postgate 1973, 191–192. 330 SAA 12: 50, 12. 331 Postgate/Reade 1976–1980: 307.

entlang der nördlichen Stadtmauer gelegene Tor könnte jedoch ebenfalls sowohl das »Tor des Landes Ḫalzi« als auch das »Ninua-Tor« darstellen. Obwohl sich also nicht endgültig klären lässt, wie viele Durchlässe in die Umwallung Aššur-nāṣiraplis  II. integriert und vor allem, wie sie gestaltet waren, darf aufgrund der durch die Anwendung von Methoden der Fernerkundung gewonnenen Erkenntnisse von jeweils zwei bis drei Stadttoren entlang der östlichen und nördlichen Stadtmauer Kalḫus ausgegangen werden. Ob es abgesehen von dem poternenartigen südlichen Eingang des Fort Shalmaneser weitere Stadtzugänge entlang der übrigen beiden Seiten der Stadt gegeben hatte, bleibt jedoch unklar. Es ist aber damit zu rechnen, da Stadttore an der südlichen und westlichen Seite der Stadt den direkten Zugang zu den ökonomisch relevanten Anbaugebieten im Tigristal ermöglicht hätten.

3.3.2.4 Die Hauptzitadelle

Der Tall Nimrūd war mit einer eigenen Befestigungsmauer ausgestattet, die sich heute noch auf Luftbildaufnahmen als längliche Erhebungen am Rand des Zitadellenplateaus abzeichnet (vgl. Abb. 72). Dass die Zitadellenmauer bereits unter Aššur-nāṣir-apli  II. angelegt wurde, lässt sich allerdings nicht beweisen. Obwohl natürlich einige Monumentalbauten unter seiner Ägide entstanden, muss dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Ruinenhügel zu dieser Zeit schon von einer eige-

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

83

Abb. 77: Hangschnitt an der Westseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 32).

nen Befestigungsmauer umgeben war. Die Verteidigungsmauer am Rande des Plateaus des Tall Nimrūd ist nämlich erst ab der Regierungszeit Salmānu-ašarēds  III. sicher nachgewiesen (siehe Kap.  3.3.3.2). Zur Zeit Aššur-nāṣir-aplis  II. könnte Tall Nimrūd daher noch eine von Monumentalbauten geprägte unbefestigte Oberstadt dargestellt haben. Ungeachtet der Frage, wann die Zitadellenmauer tatsächlich entstand, bot Tall Nimrūd schon zu Zeiten Aššur-nāṣir-aplis II. aufgrund seiner Höhe beste Voraussetzungen für eine effektive Verteidigung. Seine Wehrhaftigkeit wurde darüber hinaus durch die Lehmziegelverschalung der Hänge verstärkt. Dies lässt sich vor allem an der westlichen und östlichen Front des Ruinenhügels erkennen. Bezüglich möglicher Befestigungsanlagen der Zitadelle wurde in der Vergangenheit des Öfteren auf die 6,5–9,3  m breite und ca.  10  m hohe Steinmauer am westlichen Fuß des Tall Nimrūd verwiesen. Grundsätzlich wird angenommen, dass die erste Bauphase dieser auf einer Strecke von ca. 220 m verfolgten Konstruktion noch aus der Zeit Aššurnāṣir-aplis  II. stammt, während die Erweiterung der Anlage entweder von Adad-Nērārī  III. oder Tukultī-apil-Ešarra  III. vorgenommen worden sein könnte.332 Dabei muss jedoch zwischen der zwei332 Halama 2011b: 261–262; Mallowan 1966: 76–81; Oates/Oates 2001: 31–32.

Abb. 78: Hangschnitt an der Ostseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 29).

phasigen steinernen Kaianlage333 und der dahinter auf dem Konglomerat ruhenden Lehmziegelmauer unterschieden werden (Abb. 76). Wie sich an einigen gut erhaltenen Stellen erkennen ließ, bestand die Konstruktion aus Steinquadern, die einen Kern aus festen Erdschichten und Bitumen ummantelten und eine weitgehend ebene gepflasterte Fläche zwischen dem Tigris und dem sich erhebenden Tall generierten.334 Dass hier einst der Haupt- oder ein Nebenarm des Tigris vorbeifloss,335 unterstützt die Interpretation der steinernen Struktur als Kaianlage. Östlich dieser Anlage fanden die Ausgräber in einem schmalen Hangschnitt eine auf dem gewachsenen Felsen sitzende, bis 14,7 m dicke und bis zu einer Höhe von 6,5  m erhaltene Lehmziegelmauer, die sie als westliche Zitadellenmauer identifizierten.336 Die wiedergegebenen Dimensionen beruhen allerdings auf der Abmessung des Abstands von der westlichen Kante des Building Z.T. (entspricht dem 333 Mallowan 1966: 81; Oates/Oates 2001: 32. 334 Vergleiche Mallowan 1954: 112, Taf. 16.2. 335 Die Ausgräber beobachteten, dass sich viele angeschwemmte Sedimentschichten gegen die äußere Fassade des Steinmauerwerks angelagert hatten (siehe Mallowan 1966: 78, 81; Oates/Oates 2001: 31). Siehe auch Abb. 76. 336 Mallowan 1953: 40; 1966: 78–79.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

84

Lehmziegelmauerwerk Governor’s Palace

Shalmaneser Gate

Ezida

Burnt Palace

20 m

Rekonstruierter Verlauf der Zitadellenmauer

Abb. 79: Bereich des Ezida mit angrenzenden Befestigungselementen (nach Mallowan 1966: Abb. 193).

Nordflügel des Nordwestpalastes)337 bis zur ausgegrabenen Fassade der Lehmziegel auf dem abgearbeiteten Konglomerat hinter der Kaimauer (vgl. Abb. 76; Abb. 77). Hinsichtlich der Rekonstruktion der Breite des Ziegelmauerwerks ist zu beachten, dass die erhaltene westliche Ausdehnung des Nordflügels des Nordwestpalastes nicht zur Bestimmung der Breite der Befestigungsmauer herangezogen werden kann. Selbst wenn es keine weiteren Räume westlich der erhaltenen Reste von Building Z.T. gegeben haben sollte, würde die Umfassungsmauer des Palastbaus schon zu Lasten der Breite der angenommenen westlichen Zitadellenmauer gehen. Zumindest ein Teil dieser Lehmziegelmauer muss daher bereits zum Lehmziegelfundament von Aššur-nāṣir-aplis II. Monumentalbau gehört haben.338 Sollte z. B. D. Kertais Rekonstruktion des Nordwestpalastes korrekt sein, blieben nur ca. 9,5 m für die westliche Zitadellenmauer.339 Wie am Fort Shalmaneser (vgl. Kap. 3.3.3.3) stellt sich folglich die Frage, ob es an dieser Seite überhaupt eine veritable Zitadellenmauer gegeben hatte. Wahrscheinlicher ist, dass eine über 6,5 m hohe 337 Oates/Oates 2001: 36. 338 Diesbezüglich ist zu betonen, dass sich das erhaltene Mauerwerk der angenommenen Westmauer laut den Ausgräbern an keiner Stelle mehr über den Fußboden des Nordwestpalastes erhob (vgl. Mallowan 1966: 78– 79). 339 Kertai 2011: Abb. 3.

Wand aus Lehmziegeln errichtet wurde, um die Seiten des Ruinenhügels zu verkleiden und eine Terrasse zu schaffen, über der sich der Nordwestpalast erhob. Wie verschiedene Forscher bereits anmerkten, hätte dies die Monumentalbauten nach Westen hin als den Rest der Stadt und des Umlands überthronend erscheinen lassen.340 Eine vor der Schauseite eines solchen Repräsentativbaus errichtete Befestigungsmauer hätte diesen Effekt verhindert oder zumindest erheblich beeinträchtigt. Trotzdem kann die Westfront des Tall Nimrūd insofern als befestigt gelten, als dass die 6,5  m hohe Lehmziegelwand, welche sich hinter dem Tigris und der Kaianlage erhob, Schutz vor Angriffen aus dem Westen bot. Informationen zu den östlichen Befestigungen der Zitadelle beruhen in erster Linie auf den Ergebnissen eines schmalen Hangschnitts im Nordosten (»Quadrant E3«) des Tall Nimrūd (vgl. Abb.  75). Den Befund interpretierten die Ausgräber als eine 13 m hohe, 37 m breite, nach Osten abfallende Mauer, an deren Fuß ein Band aus Kalksteinen und Gips – möglicherweise ein Glacis341 – verlief (Abb. 78).342 Die angegebene Breite ist jedoch irreführend, da es sich nicht zwangsweise um eine zusammenhängende Mauer gehandelt haben muss. So argumentierte beispielsweise J.E. Reade auf der Grundlage des Vorhandenseins des Plateaus im unteren Drittel des Schnitts, dass es zwei Mauern gegeben habe.343 Dieser Absatz an der Ostfassade des Tall (die sogenannte »Plattform«) ca. 4–5 m über dem Fuß des Hangs gibt in der Tat Rätsel auf. Es lässt sich nicht klären, ob er tatsächlich intentionell als ebene Fläche am Osthang der Zitadelle angelegt wurde oder ob es sich hier um zwei Bauphasen der Hangbefestigung handelte. Folglich ist nicht zu entscheiden, ob diese Ebene als Standfläche für weiter hangaufwärts gelegene Türme344 oder die Zitadellenmauer diente.345 Da der sich erhebende Teil der Befestigungsmauer, die das Plateau der Zitadelle einfasste, allerdings nur über die spätneuassyrischen Town Wall Houses datieren lässt (vgl. Kap.  3.3.4), liegt hier ebenfalls kein Beweis für eine Aššur-nāṣir-apli-II.-zeitliche Zitadellenmauer vor. Ebenso denkbar wäre, dass zunächst nur der anstehende Ruinenhügel ummantelt wurde und die Umfassungsmauer darüber erst später entstand. Wie an der Westseite von Tall Nimrūd

340 Siehe hierzu u. a. Heinrich 1984: 99, 106; Novák 1999: 136–139, 315–316; Turner 1970b: 208. 341 Das weiße Band am Fuß des Zitadellenhangs wurde von den Ausgräbern als Straße gedeutet (Mallowan 1966: 76), doch spricht die steile Steigung der Oberfläche letzten Endes gegen diese Deutung. Einleuchtender erscheint die von Novák (1999: 136) vertretene These, der die Struktur als Glacis ansprach. 342 Mallowan 1950: 158; 1966: 76. 343 Reade 2002: 138. 344 Mallowan 1966: 76. 345 Sollte es sich um die Standfläche der Zitadellenmauer gehandelt haben, ergäbe sich für letztere eine Mindesthöhe von 8 m (Halama 2011a: 60).

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

85

Abb. 80: Shalmaneser Gate nahe des Ezida auf der Zitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 6).

hätte diese 13  m hohe, steile Front potentielle Angreifer trotzdem vor ein enormes Problem gestellt.

3.3.3 Ergänzungen unter Salmānuašarēd III.

Nach der Gründung des Befestigungssystems des neuassyrischen Kalḫu unter Aššur-nāṣir-apli II. fügte Salmānu-ašarēd III. noch einige Elemente hinzu. Abgesehen vom einzigen ausgegrabenen Tor der Hauptzitadelle ist dabei der Komplex des Fort Shalmaneser hervorzuheben.

3.3.3.1 Das Shalmaneser Gate

Hinweise zum einstigen Aussehen der Befestigungen der Hauptzitadelle stammen in erster Linie aus dem Bereich des »Ezida« (Abb. 79) oberhalb des östlichen Hanges des Tall Nimrūd. Allem voran wurde hier das sogenannte »Shalmaneser Gate« freigelegt (Abb. 80). Auf dem erhaltenen Teil einer Torwächterfigur fand sich eine Inschrift, die Salmānu-ašarēds  III. dritten Feldzug (856  v.  Chr.) erwähnt, weswegen die Errichtung dieses Zitadellentors in seine Regierungszeit zu datieren ist.346 Die architektonischen Reste der Anlage waren nur schlecht erhalten, weil sie vermutlich bereits im 19. Jahrhundert von G. Smith freigelegt worden waren.347 Nur die Steinfundamente der südlichen Hälf346 Mallowan 1952: 3. 347 Vergleiche Smith 1875: 72. Weitere Beschädigungen wurden auf rezente Steinraubaktivitäten zurückgeführt

te des Torbaus konnten noch archäologisch erfasst werden. Die zum Tor hin ansteigende steingepflasterte Straße war bis zu 6,1  m breit und verengte sich dann am 4,3  m breiten Tordurchgang.348 Letzterer wurde im Süden von einem 4,5 m breiten und ca. 3 m ausladenden Turm flankiert. Soweit es aus der Dokumentation erschließbar ist, verfügte das Tor über eine an die Innenseite der Befestigungsmauer angebaute breitgelagerte Torkammer, die der Planaufnahme zufolge ca.  4,5  m tief war (vgl. Abb. 79). Die Breite ließ sich hingegen nicht mehr ermitteln. An der südlichen äußeren Torlaibung fanden die Ausgräber die Reste der gerade erwähnten Torwächterfigur, welche sich noch als Löwendarstellung identifizieren ließ. Da nur das untere Drittel der Figur erhalten ist, könnte es sich allerdings auch um ein Mischwesen mit menschlichem Oberkörper gehandelt haben, wie sie z. B. vom Eingang der Cella das Ninurta-Tempels und der Thronraumfassade des Nordwestpalastes bekannt sind.349 Hinter der Figur befand sich die Abdeckplatte des Türangelsteins, und in der Mitte des Durchgangs war eine flache Steinplatte mit einem Loch für eine Türschlussvorrichtung verlegt (Abb. 80).350 (Oates/Oates 2001: 31). 348 Mallowan 1966: 83; Oates/Oates 2001: 31. 349 Layard 1853: 348, 349 Textabbildung; Reade 2002: 168–169; Paley/Sobolewski 1991: 24, Taf. 1.2, 4.1; vgl. auch Kertai 2015a: Taf. 7.A. Siehe hierzu auch Kolbe 1981: 2–14. 350 Oates/Oates 2001: 31.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

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Zitadellenmauer

House III

10 m

Abb. 81: Gebäude 3 der Town Wall Houses (nach Mallowan 1966: Abb. 121).

Wenngleich keine weiteren Zitadellentore auf Tall Nimrūd nachgewiesen wurden, darf wohl mit weiteren Zugängen in diesen innerstädtischen Bereich gerechnet werden. Allerdings ist unklar, wo diese lagen. Ein weiterer Zugang könnte im Bereich einer Erosionsrinne nördlich der teilweise freigelegten Toranlage gelegen haben (vgl. Abb. 75).351 Eine ähnliche talartige Depression befindet sich entlang der Nordfront des inneren Stadtbereichs direkt östlich der Zikkurat. A.H. Layard hatte deswegen hier einen Treppenaufgang angenommen. J.E. Reade widersprach dem, indem er die Entstehung der Erosionsrinne auf das Vorhandenseins eines großen Hofs des Ninurta-Tempels nur wenige Meter weiter südlich zurückführte.352 Die im Jahr 2002 durchgeführten Ausgrabungen des irakischen Antikendienstes, die den Hof des Šarrat-nipḫi-Tempels freilegten und somit seine Ausdehung nach Westen aufzeigten, bestätigten J.E Reades Auffassung.353 Einen weiteren Eingang in den Zitadellenbereich rekonstruierte J.E. Reade an der Nordwestecke des Tall Nimrūd.354 Er ging von einem Freiraum zwischen westlicher Stadtmauer und Zikkurat aus, weswegen er an dieser Stelle einen Aufgang inklusive Tor zur Zitadelle vermutete. Grundsätzlich lässt sich dies weder bestätigen noch widerlegen. Seine Annahme beruhte jedoch auf einer Gleichsetzung der Kaimauer mit der westlichen Zitadellenmauer. Da diese beiden Strukturen jedoch getrennt voneinander zu betrachten sind (vgl. Kap. 3.3.2.4), wird J.E. Reades Argumentation hier nicht gefolgt.

3.3.3.2 Die Zitadellenmauer

Anhand des Shalmaneser Gate lässt sich zudem sagen, dass die Hauptzitadelle Kalḫus seit der Regierungszeit Salmānu-ašarēds  III. von einer eigenen 351 Siehe Fiorina 2011: 131–132. 352 Reade 2002: 168, 192, Abb. 2.21. 353 Vergleiche Hussein/Kertai/Altaweel 2013: 104–107. 354 Reade 2002: 140, 160, Abb. 2

Befestigungsmauer umgeben war. Spätestens ab diesem Zeitpunkt fungierte der Tall Nimrūd also als Zitadelle.355 Allerdings stellt die Ermittlung der Stärke der Zitadellenmauer ein Problem dar, da kein zusammenhängender Abschnitt freigelegt wurde. Der veröffentlichte Plan suggeriert, dass die Fassade der Zitadellenmauer südlich des Shalmaneser Gate (vgl. Kap. 3.3.3.1) nach Osten abbog und den Hang hinab verlief.356 Aufgrund der Beobachtungen im Hangschnitt an den Town Wall Houses ist allerdings anzuzweifeln, ob es sich bei dieser Linie tatsächlich um die Front der Zitadellenmauer handelte. Vermutlich stellte die Linie lediglich die aus Lehmziegeln gemauerte Substruktion der Zitadelle dar. Unter der Annahme, dass die Westkante der östlich des Heiligtums erfassten Zitadellenmauer nach Norden bis zum Shalmaneser Gate gerade weiterverlief und die im Plan festgehaltene Außenkante des Tors die äußere Fassade der Mauer darstellte, ließe sich jedoch eine ca. 6 m breite – vermutlich mit Türmen bewehrte357 – Befestigungsmauer rekonstruieren (Abb. 79). Ob dieser Mauer, wie von M. Mallowan suggeriert, ein Glacis vorgelagert war, ist nicht gesichert.358 Er berichtete davon, eine derartige Konstruktion vor dem Shalmaneser Gate entdeckt zu haben, beschrieb den Befund aber nicht genauer. Daher lassen sich keine weiterführenden Aussagen dazu treffen. Den verfügbaren Informationen zufolge könnte es sich dabei ebenso um den steingepflasterten Aufweg zur Toranlage gehandelt haben.359 Ein weiteres Segment der Zitadellenmauer wurde weiter nördlich im Bereich der Town Wall Houses freigelegt. Allerdings handelte es sich dabei nur um die innere Fassade, weswegen sich hier keine weiteren Informationen zur Struktur des Befestigungselements ergeben. Nicht weniger bedeutsam ist die Beobachtung, dass die Häuser an die Innenseite der Zitadellenmauer angebaut waren (Abb. 81),360 denn die in den Häusern gefundenen Objekte liefern Hinweise zur Datierung des Befestiungselements. Einerseits muss die Mauer schon vor der Errichtung der Häuser (wahrscheinlich erste Hälfte des 7. Jahr-

355 Die im Nordosten des Plateaus freigelegten Wohnhäuser, die sogenannten Town Wall Houses (siehe hierzu Hausleiter 2010: 146–149; Mallowan 1954: 129–152, Taf. 28–34; 1966: 184–197; Oates/Oates 2001: 135–139; Postgate/Reade 1976–80: 316–317) widersprechen dem nicht zwangsweise, da sie vermutlich nur einen kleinen Teil der Zitadelle einnahmen (vgl. Abb. 75). Möglicherweise wohnten hier Palastangestellte (Novák 1999: 136). 356 Mallowan 1966: Abb. 1, 140, 193. 357 Mallowan 1966: 76. 358 Mallowan 1952: 3. 359 Vergleiche Mallowan 1966: 83; Oates/Oates 2001: 31. 360 Mallowan 1966: 76. Reade (2002: 138) zog sogar in Erwägung, dass die Mauerkrone bis zu 20  m über dem Niveau der Unterstadt lag.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen hunderts v. Chr.)361 bestanden haben. Andererseits beweisen die Inventare, die in den Häusern entdeckt wurden, dass die Zitadellenfortifikationen bis in die ausgehende neuassyrische Zeit existierten.362 Letzteres wird vom Befund an der Ostseite des Ezida bestätigt. Hier verband eine schmale Mauer die Innenfassade der Zitadellenmauer mit Räumen des Ezida (insbesondere Raum NTS  10), in denen ein von Aššur-etil-ilāni ausgebessertes Fußbodenpflaster entdeckt wurde.363 Archäologische Hinterlassenschaften, die auf Befestigungsanlagen am Nord- oder Südhang der Zitadelle hindeuten, wurden bisher nicht freigelegt. Dass die nördliche Front der Zitadelle einst befestigt war, lässt sich allerdings wegen der sich heute noch am Rand des Ruinenhügels abzeichnenden Erdwälle mit einiger Sicherheit annehmen (siehe oben; Abb. 72; Abb. 75). Ob und wie die Zikkurat in die Befestigungen der Zitadelle integriert war, bleibt jedoch unklar, da die verfügbare Dokumentation hierzu keine eindeutigen Schlüsse zulässt.364

3.3.3.3 Das »Fort Shalmaneser«

An der Südostecke des Stadtgebiets befand sich ein unter dem Namen »Fort Shalmaneser« bekannter Komplex. Dieses setzt sich aus einem großen Monumentalbau (Abb.  74) sowie einer umwallten Freifläche von ca. 22,5 ha zusammen (vgl. Abb. 71). Hinsichtlich seiner Bebauung erschiene es also gerechtfertigt, diesen Bereich als zweite Zitadelle Kalḫus anzusprechen.365 Da sich das Areal jedoch nicht über das umliegende Stadtgebiet erhob, sondern sogar tiefer als die Nordostecke lag (vgl. Kap. 3.3.5), handelt es sich beim Fort Shalmaneser um eine Pseudozitadelle. Verantwortlich für die oftmals fehlerhafte Wahrnehmung des Bereichs hinsichtlich seiner Höhe ist eine Formation aus drei hohen Hügeln (Tulūl alʿAzar), die am Südende des Komplexes aus der Ebene emporragen. Welche Strukturen sich unter diesen drei Ruinenhügeln verbergen, ist jedoch nicht bekannt. Archäologische Ausgrabungen fanden nur an der östlichsten Erhebung statt. Im Zuge dieser Arbeiten wurde ein nicht näher datierbarer Raum in der Mitte des Hügels freigelegt.366 Da der Fußboden der Kammer zudem deutlich über dem Fort Shalmaneser lag, ist eine Verbindung zu Salmānu-

361 Vergleiche Hausleiter 2010: 148. 362 Aufgrund der dokumentierten Keramik und der damit assoziierten, datierten Textfunde (bis in die postkanonische Zeit hineinreichendes Archiv des Šamaš-šarruuṣur) ordnete Hausleiter (2010: 146–149, Abb. 46) die Häuser der Schichten 2–4 in die zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. ein. 363 Mallowan 1966: 236–237; Oates/Oates 2001: 111 364 Layard 1853: 123–129. Siehe hierzu auch Reade 2002: 158–167, Abb. 27. 365 Siehe Halama 2011b: 263–264; Novák 1999: 137. 366 Reade 2013: 355–358.

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ašarēds III. Monumentalgebäude unwahrscheinlich. M.  Mallowans Annahme, es könnte sich um eine postassyrische Struktur gehandelt haben, erscheint hingegen plausibel.367 Wegen der sich bereits im Gelände abzeichnenden Merkmale und dem Fund eines gebrannten Ziegels mit einer Inschrift Salmānu-ašarēds III. bürgerte sich für den Monumentalbau der englische Name Fort Shalmaneser ein,368 nicht zuletzt auch deswegen, weil das Gebäude in spätassyrischen Texten als ekal māšarti (»Zeughaus«)369 tituliert wird. Diese Bezeichnung impliziert eine primär militärische Nutzung des Gebäudes. Unter Forschern besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass das Fort Shalmaneser multifunktional war und auch repräsentativen Zwecken diente.370 Zudem ist hervorzuheben, dass die Bezeichnung als ekal māšarti erst in Aššur-aḫa-iddina-zeitlichen Texten belegt ist, während Salmānu-ašarēd III. lediglich von einem Palast (ekallu) sprach.371 Bauinschriften weisen auf eine Errichtung des monumentalen Komplexes unter Salmānuašarēd  III. und eine Vervollständigung kurz nach seinem 15.  Regierungsjahr (844 v. Chr.) hin.372 D. Oates zufolge könnten Teile des Bauwerks bereits früher fertiggestellt worden sein, was er aus einem Text (ND 6210) aus dem Jahr 857 v. Chr. schloss.373 Eine Nutzung des Baus ab Beginn der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. kann aber in jedem Fall als gesichert gelten. Im Verlaufe seiner Existenz scheint es zu mehreren Umbaumaßnahmen gekommen zu sein, die wegen epigrafischer Hinweise vor allem Adad-nērārī  III. und Aššur-aḫa-iddina zugeschrieben werden.374 Mehrere Textfunde, die in die Regierungszeiten verschiedener neuassyrischer Herrscher datieren, deuten zudem auf ein durchgehendes Bestehen der Anlage hin.375 Nach der Fertigstellung Dūr-Šarrukīns und der vermuteten Etablierung von Militärpalästen dort sowie etwas später in Ninua scheint sie jedoch nur noch als ein militärischer Stützpunkt und nicht mehr als das wichtigste militärische Gebäude des Reiches fungiert zu haben.376 Zwei knapp aufeinander folgende Zerstö-

367 Mallowan 1966: 467–468. Siehe hierzu auch Kertai 2015a: 164; Reade 2013: 358. 368 Mallowan 1966: 369; Oates/Oates 2001: 144–145. 369 AHw, Bd. 1: 192. 370 Kertai 2011: 72–73; 2013: 19; 2015a: 61–62; Mallowan 1966: 376–377; Oates/Oates 2001: 145. 371 Mallowan 1966: 377. 372 Kertai 2011: 71; Russell 1999: 69–70. 373 Oates 1959: 104, 126. 374 Mallowan 1966: 384. 375 Siehe Mallowan 1966: 384–387. Ob das Fort Shalmaneser in den weniger gut belegten Phasen tatsächlich vernachlässigt oder gar verlassen wurde, wie Mallowan es in seiner chronologischen Zusammenfassung bisweilen andeutete, lässt sich nicht beweisen (Kertai 2015a: 160). 376 Kertai 2015a: 159–160.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

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Treppe?

?

10 m

Abb. 82: Plan des Tors durch die nördliche Umfriedungsmauer des Fort Shalmaneser (nach Fiorina 2008: Abb. 7.a).

rungsschichten markieren das Ende der Hauptnutzungsphase des Bauwerks. Als Ursache wurden die Ereignisse um den Untergang Assyriens angesehen, was zu einer Datierung der Brandschichten in die Jahre 614 und 612 v. Chr. führte (vgl. Kap. 2.2; Abb.  6). Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine postassyrische Nachnutzung,377 die jedoch für die hier verfolgte Fragestellung keine Relevanz besitzt. Westlich sowie nördlich des Monumentalbaus schloss sich eine annähernd rechteckige Freifläche an, die sich ca.  250  m nach Norden und ca.  350  m nach Westen erstreckte. Diese Depression zeichnet sich noch heute deutlich im Gelände ab (vgl. Abb. 71–72). Die Erdwälle, die diesen Zwischenraum einfassten, sind die Reste einer ca. 3,5 m starken Binnenmauer, die den Komplex des Fort Shalmaneser umgab.378 Ein Teilabschnitt dieser internen Befestigungsmauer inklusive einer Toranlage wurde Ende der 1980er-Jahre von einem Team der Universität von Turin unter der Leitung von P. Fiorina freigelegt.379 Da eine größere Anzahl von Soldaten im Fort Shalmaneser selbst kaum genügend Platz gefunden hätten, wird angenommen, dass die sich hinter dieser Mauer erstreckende Freifläche vorrangig der Unterbringung der Armee diente.380 Die durch Geländebegehungen aufgezeigten spärlichen Hinweise auf Siedlungsaktivität in diesem Bereich könnten diese Annahme stützen.381 377 Mallowan 1966: 469–470. 378 Oates/Oates 2001: 148. 379 Fiorina 2008. 380 Kertai 2011: 73, 75. 381 Fiorina 2011: 132, Taf. 6–7.

Entlang der nördlichen Einfassung wurde im Zuge der eben erwähnten italienischen Ausgrabungen ein sich nach Norden zum Stadtgebiet hin öffnendes Torgebäude freigelegt (Abb. 82).382 Im Inneren der ca. 8,6–8,75 m breiten und ca. 5,3–5,7 m ausladenden Tortürme waren Nebenräume angelegt. Über Türen waren letztere direkt mit der in einem zweiten Schritt angebauten, ca. 16,8 m breiten und ca.  4,7  m tiefen Torkammer verbunden. Hervorzuheben ist, dass sich im östlichen Nebenraum Hinweise auf eine Treppenkonstruktion fanden. Der Durchgang des Tors war ca. 3,7 m breit und ursprünglich wohl von einem Torbogen überspannt, dessen Reste in verstürzter Lage vor den Tortürmen entdeckt wurden. In der Mitte des äußeren Durchgangs legten die Ausgräber eine Kalksteinplatte mit einem rechteckigen Loch, das für einen Verschlussmechanismus gedacht war, frei. Bemerkenswert waren die apotropäischen Terrakottafigurinen, welche in der letzten Nutzungsphase des Tors in den Ecken der Torkammer unterhalb des Fußbodens in Ziegelkisten niedergelegt wurden (Abb. 83). Als Nutzungszeitraum der Toranlage wird die Zeitspanne von der Regierungszeit Salmānu-ašarēds III. bis zum Ende des Neuassyrischen Reiches 612 v. Chr angenommen.383 Der Palastbau des Fort Shalmaneser selbst war ebenfalls wehrhaft gestaltet. Die im Westen und 382 Da im publizierten Plan die Angabe des Maßstabs fehlt, wurde der Maßstab auf der Annahme einer Seitenlänge der Lehmziegel von 40 cm rekonstruiert. 383 Siehe hierzu Fiorina 2008: 53–54.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

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Ein weiterer Zugang könnte am südlichen Ende des Monumentalbaus entdeckt worden sein. Es wurde erkannt, dass Raum R6, welcher zum poternenartigen südlichen Eingang aus der Zeit Aššuraḫa-iddinas gehört, einen 1,7 m breiten Durchgang überlagerte. Da letzterer somit zu einer vor-Aššuraḫa-iddina-zeitlichen Nutzungsphase des Fort Shalmaneser gehören muss, wurde der Durchgang in die Zeit Salmānu-ašarēds III. eingeordnet.388 Diese chronologische Einteilung lässt sich jedoch nicht durch archäologische oder schriftliche Funde bestätigen. Dass hier ein südlicher Eingang des Fort Shalmaneser aus seiner Gründungszeit erfasst wurde, ist also zweifelhaft.

3.3.4 Fortbestand und Entwicklung des Befestigungssystems nach Salmānu-ašarēd III.

Abb. 83: Eine der unter dem Fußboden der Kammer des Tors durch die nördliche Umfriedungsmauer des Fort Shalmaneser entdeckten Tonfigurinen (nach Fiorina 2008: Abb. 7.c).

Norden erhaltene Gebäudemauer war 3,7–4,2  m stark. Zudem war sie in regelmäßigen Abständen von 18,7 m mit 7,5 m breiten und 2 m ausladenden Türmen ausgestattet.384 Das Innere des Monumentalbaus war durch zwei Toranlagen zu erreichen. Das westliche Tor bestand aus einem von zwei Türmen (7,5 m breit; 3,6 m ausladend) flankierten, etwas weniger als 4 m breiten Hauptdurchgang mit Torbogen sowie der dahinter gelegenen, 16,85  m breiten und 5,1  m tiefen Torkammer NW 17.385 In die Tortürme waren Treppenhäuser integriert, und unter dem Fußboden der Torkammer waren beschriftete apotropäische Tonfigurinen in Gründungsboxen vergraben.386 Das Tor durch die nördliche Gebäudefront wurde weniger intensiv archäologisch untersucht. Es wird angenommen, dass sein Aufbau dem des Westtors des Fort Shalmaneser ähnelte. Ein entscheidender Unterschied bestand jedoch darin, dass die Torkammer hinter dem Hauptdurchgang in drei einzelne Räume (NE 45, NE 46, NE 47) unterteilt war.387 Da die drei Kammern nicht miteinander verbunden waren, ist eigentlich nur die mittlere (NE 46) als Torkammer anzusprechen. Die Treppenhäuser waren nicht erhalten, doch wird von einer Lokalisierung in den Tortürmen ausgegangen. In diesem Falle waren sie aber nicht von der Haupttorkammer (NE 46), sondern nur über den Nordosthof erreichbar. 384 Mallowan 1966: 373. 385 Mallowan 1966: 456–463. 386 Oates 1962: 4–6. 387 Mallowan 1966: 463–464; Oates 1962: 12

Aufgrund der fortwährenden Bedeutung Kalḫus als Zentrum einer gleichnamigen Provinz und der in der Unterstadt angetroffenen spätneuassyrischen Großbauten389 ist von einem Fortbestand der Stadtmauer bis zum Ende des Neuassyrischen Reiches auszugehen. Allerdings ist nur wenig über postSalmānu-ašarēd-III.-zeitliche Baumaßnahmen an den Fortifikationen bekannt. Adad-nērārī III. werden einige Umbauten, Ergänzungen und Reparaturmaßnahmen im Fort Shalmaneser-Komplex zugeschrieben.390 Eine größere Dichte an Belegen datiert in die Zeit Aššur-aḫa-iddinas. Laut seinen Inschriften ließ er die Mauer und Stadttore reparieren: »At that time, by means of the prisoners from the lands that I had conquered with the help of the god Aššur, my lord, I repaired (and) renovated the dilapidated parts of the ruined wall, city gates, (and) palaces, which are in Kalḫu. I built (and) completed (them) (and) made (them) greater than ever before.«391

Darauf, dass wegen des Befunds an den Town Wall Houses von einer kontinuierlichen Existenz der Zitadellenmauer bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. auszugehen ist, wurde bereits verwiesen (Kap.  3.3.3.2). Darüber hinaus geht womöglich ein Zugang, der am südlichen Ende des Tall Nimrūd von H. Rassam 388 Mallowan 1966: 464. 389 In den britischen Ausgrabungen Mitte des 20. Jahrhunderts waren nahe der Nordwestecke und an der südlichen Stadtmauer größere Gebäude aufgedeckt worden (vgl. Mallowan 1954: 155–156; 1957: 4, 21–25). Vor allem die größere Wohnanlage am südlichen Rande des Stadtgebiets, der sogenannte »Town Wall Palace«, aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. spricht für eine fortwährende Nutzung der Unterstadt (Mallowan 1957: 24–25). 390 Mallowan 1966: 384, 468. 391 Vergleiche RINAP 4: Esarhaddon 78, 37–39.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

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son of Ashurnasirpal (II), a ruler who came before me, had built, I incorporated unused land as an addition (to it), raised the terrace with massive stones from the mountains, (and) built a palace for my lordly pleasure in it.«396

Freifläche

S68

R8

Tulūl al-ʿAzar West

R10 R7

R9

R6 R2

R3

R4

R5

R1

20 m

Abb. 84: Plan des südlichen Zugangs des Fort Shalmaneser (nach Mallowan 1966: Plan 8).

entdeckt wurde, auf Aššur-aḫa-iddinas Regierungszeit zurück. Aus der knappen Beschreibung des Befunds durch den Ausgräber392 lässt sich ein aus Steinquadern konstruierter rampenartiger Aufgang rekonstruieren, der der Poterne des Fort Shalmaneser ähnlich gewesen sein dürfte.393 Das für das Befestigungssystem Kalḫus wohl bekannteste Bauprojekt Aššur-aḫa-iddinas war die Erweiterung der südlichen Terrasse des Fort Shalmaneser (Abb. 84). Dafür wurde eine 6–7 Kalksteinblocklagen hohe Ummantelung mit darüber aufgehendem Lehmziegelmauerwerk (vermutlich aus der Zeit Salmānu-ašarēds  III.) angebaut. Diese Verstärkungsmauer war bis zu 12 m stark und über 7 m hoch erhalten.394 Interessant ist dabei die Beobachtung, dass sich die Bearbeitung der Steinblöcke westlich und östlich einer klar erkennbaren Baufuge unterschied. Die Ausgräber erklärten dies damit, dass vermutlich unterschiedliche Handwerkergruppen an dem Bauprojekt beteiligt waren.395 Allerdings ist hervorzuheben, dass diese Baumaßnahme sich auf den Bereich direkt südlich des Fort Shalmaneser beschränkte und kein fortifikatorisches Element, sondern eine Erweiterung des Palastbaus darstellte. Dies kommt insbesondere in der Inschrift zum Ausdruck, die am Portal der Poterne angebracht war: »[…] (with regard to) the armory, which is in Kalḫu, that Shalmaneser (III), king of Assyria,

392 Rassam 1897: 226. 393 Vergleiche hierzu Oates/Oates 2001: 31; Reade 2002: 139–140, Abb. 1; Reade/Walker 1982: 114. 394 Mallowan 1966: 374, 464–466. 395 Mallowan 1966: 466.

Von fortifikatorischer Relevanz ist die eben schon angesprochene poternenartige Toranlage, die in die Terrassenerweiterung integriert war und daher in die Regierungszeit Aššur-aḫa-iddinas datiert werden kann (Abb.  84). Sie verband den Monumentalbau mit den sich darunter erstreckenden Tigrisauen und ist somit letzten Endes als Stadtzugang anzusehen. Die in den publizierten Planaufnahmen suggerier­te Verbindung von Raum R7 zur Freifläche westlich des Fort Shalmaneser über Raum R8 ist jedoch weniger ein­deutig, denn die Tür von Raum R8 lag deutlich über dem Niveau des Übungsplatzes, wie D. Kertai beobachtete.397 Der äußere Durchgang war etwas weniger als 2 m breit, geschätzte 4–4,5 m hoch und mit einem ovoiden Bogen in Kraggewölbetechnik überspannt. Letzterer war aus Kalksteinblöcken errichtet, von denen bei den Ausgrabungen noch sechs bis sieben Lagen an Ort und Stelle standen (Abb.  85). Dies veranlasste die Ausgräber dazu, die ursprüngliche Höhe des Mauerwerks auf 8–9 m zu rekonstruieren. Das eindrucksvolle äußere Portal führte zunächst in ein 2,9 m breites und 2,5 m tiefes steingepflastertes Vestibül, hinter dem ein zweiter steinerner Durchgang lag. Beide Öffnungen wurden den Ausgräbern zufolge mit einer einflügeligen Tür verschlossen, zu denen es mehrere in die Steinblöcke integrierte Schließmechanismen gegeben haben soll. Hinter diesem Eingangsraum bog der Weg ca.  90° nach Osten ab und führte im Inneren der Verstärkungsmauer Aššur-aḫa-iddinas ansteigend durch die mit bis zu 4,8  m hohen Torbögen aus Lehmziegel398 verbundenen Langräume bis an das östliche Ende von Raum R5. Hier knickte die Passage wieder um ca. 90° nach Norden um und führte zu Raum R7, in dem sich noch Reste von Wandmalereien fanden. Diese zeigten eine Prozession aus mehreren Beamten und einem Streitwagen, auf dem eventuell der König stand.399 Von dort aus war es möglich, zu Hof S68 im Inneren des Monumentalbaus zu gelangen.400 Zur Steigung des Wegs liegen keine genauen Angaben vor. Es wurde aber festgehalten, dass das Hofpflaster südlich vor Raum T3 8,64  m höher als die äußere Türschwelle der Poterne lag.401 Hätte die 396 Nach RINAP 4: Esarhaddon 81: 3–7. 397 Kertai 2015a: 164 mit Verweis auf Matthiae 1999a: 13 Textabbildung. 398 Siehe Mallowan 1966: Abb. 380. 399 Mallowan 1966: 467; Oates/Oates 2001: 154. Siehe auch Kertai 2015a: 164. 400 Mallowan 1966: 464–468; Oates/Oates 2001: 153– 154. 401 Mallowan 1966: 374.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

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Abb. 85: Front des südlichen Eingangs des Fort Shalmaneser (Foto: John Russell).

Rampe den Höhenunterschied von 8,64  m auf der ca. 67,5 m langen Strecke von R2 bis zum Eingang von R7 erreicht, entspräche dies einer Steigung von ca. 12,8 % bzw. einem Winkel von ca. 7°.

3.3.5 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Kalḫu liegt auf dem östlichen Ufer des Tigris auf einer Konglomerat-Terrasse und erhebt sich dadurch auf seiner West- und Südseite über die Tigrisaue (Abb. 72; Abb. 86). Auch die Ostseite der Stadt profitierte von der natürlichen Topografie: Das Wādī aš-Šauf bildete eine Art natürlichen Graben, dessen Bett laut SRTM90-Höhenmodell ca. 8–10 m niedriger als das Stadtgebiet lag. Für die Festlegung der Nordbegrenzung der umwallten Fläche diente eine ca. 200–300 m breite Senke, die sich vor großen Teilen der nördlichen Stadtmauer entlang zog und die Siedlung von ihrem direkten Umland separierte. Zusätzlich lässt sich erkennen, dass mehrere Erhebungen bei der Planung der Befestigungsanlagen berücksichtigt wurden. Die prominenteste von ihnen ist zweifelsohne der Tall Nimrūd. Er erhebt sich mehr als 15  m über das Stadtgebiet, doch ist der Höhenunterschied zu den westlich und südlich angrenzenden Tigrisauen noch größer (Abb.  86). Dementsprechend war der Ruinenhügel von Natur aus an allen Seiten gut zu verteidigen und bot einen guten Blick über die umgebende Landschaft (insb. die Flussaue). Da der Tall wohl auch den Nukleus der Siedlung darstellte, der unter Aššur-nāṣirapli II. erweitert wurde, war seine Integration in das Stadtgebiet unausweichlich. Es darf wohl sogar vermutet werden, dass die Planung der Stadtanlage von diesem Aussichtspunkt aus vollzogen wurde. Abgesehen von der Hauptzitadelle findet sich ein zweiter erhöhter Bereich, der sogar fast die Höhe

der Hauptzitadelle erreicht, in der Nordostecke der Stadt (siehe Abb. 86). In Anbetracht der Ergebnisse bisheriger Untersuchungen scheint dieser Bereich nur spärlich besiedelt gewesen zu sein.402 Dementsprechend stellt sich die Frage, warum er in das Stadtgebiet integriert war. Obwohl sich dies nicht klären lässt, ist festzuhalten, dass die Inklusion dieses erhabenen Areals einen strategischen Vorteil mit sich brachte. Wäre es nicht Teil des umwallten Gebiets gewesen, hätte ein potentieller Feind hier einen Höhenvorteil gegenüber dem Fort ShalmaneTigris HauptTal zitadelle

Nordost- Östliche ecke Stadtmauer

220 m 215 m 210 m 205 m 200 m 0.5 km

1.0 km

1.5 km

2.0 km

2.5 km

Abb. 86: Digitales Höhenprofil durch Kalḫu, basierend auf SRTM90-DGM.

ser sowie dem Teil der Stadt direkt am Fuße des Tall Nimrūd besessen. Die eben dargelegten Umstände legen eine Inbezugnahme der topografischen Gegebenheiten bei der Planung der Befestigungsanlagen Kalḫus unter Aššur-nāṣir-apli II. nahe. Es drängt sich der Eindruck auf, dass markante Erhebungen oder Geländeeinschnitte als Eckpunkte für die Planung des Verlaufs der geradlinigen Stadtmauersegmente benutzt wurden. Ungeachtet dessen ist die Aššur-nāṣir-apli-II.zeitliche Erweiterung des Stadtgebiets um immer-

402 Siehe Fiorina 2011: 132, Abb. 3, Taf. 6–7; Ur 2013: 14, Abb. 2.B, 5.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

hin 350 ha fraglos auch als politisches Statement zu verstehen. Die von ihm in Angriff genommenen und vermutlich während der Regierungszeit seines Nachfolgers Salmānu-ašarēd  III. fertiggestellten Fortifikationen der Stadt scheinen monumentalen Charakter besessen und das Stadtbild bis zum Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. geprägt zu haben.

Stadtmauer

Zitadelle

Stad�or(?)

3.4 Kilizu

Der Fundort Qaṣr Šimāmūk, der seit kurzem wieder archäologisch untersucht wird,403 liegt direkt nördlich des Dorfes Sa’dāwah nahe dem Südufer des Čāy Šiwasur (Abb. 3). Er gliedert sich in einen fast ovalen, ca.  20  m hohen Tall von ca.  8,5  ha Fläche und eine sich an seinem Fuß nach Westen, Süden und Osten erstreckende Unterstadt, so dass die Stadt­ ruine insgesamt ca. 54,8 ha einnimmt (Abb. 87). Da A.H. Layard hier bereits im 19. Jahrhundert einige Ziegel mit Sîn-aḫḫē-erība-Inschriften fand, war der antike Name der Stadt – Kilizu – früh bekannt.404 Der Ort scheint aber schon wesentlich früher besiedelt gewesen zu sein. Neben Resten der Ninive-V-Zeit wurden in einem Hangschnitt auch neolithische Scherben gefunden. Das 2. Jahrtausend v. Chr. ist ebenfalls als Besiedlungsphase belegt.405 Aus Inschriften sowie vor Ort gefundenen Textträgern ist die wichtige Stellung Kilizus in der neuassyrischen Zeit bekannt.406 Es war Zentrum der gleichnamigen Provinz.407 Sowohl Aššur-dān  II.408 als auch Sîn-aḫḫē-erība409 bauten hier Paläste. Zudem verfügte der Ort auch über ein bīt akītu.410 Darüber hinaus nahm der Ort eine wichtige geostrategische Position entlang der Straße, die Arbaʾil und Ninua miteinander verband, ein: Einem in Kalḫu gefundenem Brief (ND 2677) ist zu entnehmen, dass die Strecke zwischen Kilizu und Kalḫu innerhalb eines Tages zu bewältigen war.411

403 Nach A.H. Layards Besuch im 19. Jahrhundert arbeitete dort 1933 ein von Furlani (1933–1934; 1935) geführtes Team eine Kampagne lang. Die Dokumentation dieser Ausgrabungen ging während des 2. Weltkrieges und eines Arno-Hochwassers 1966 verloren, doch wurden die nach Florenz gebrachten Funde nochmals genauer untersucht (siehe Anastasio 2011: 344; 2012; Anastasio/ Conti/Ulivieri 2012). Seit 2011 hat eine französische Grabungsmannschaft die Arbeit an der antiken Siedlung wieder aufgenommen (vgl. Rouault/Masetti-Rouault 2014; Masetti-Rouault/Rouault 2016). 404 Anastasio 2011: 343. Zur Lesung des Stadtnamens siehe Postgate 1976–1980b: 591. 405 Siehe Al-Soof 1968: 80; Anastasio 2011: 344; 2012: 11; Ulivieri 2012: 73–88. 406 Zu den Inschriften aus Kilizu siehe zusammenfassend Conti 2012. 407 Radner 2006–2008: 46–47. 408 RIMA 2: A.0.98.6. 409 RINAP 3/2: Sennacherib 218–219. 410 Pongratz-Leisten 1997: 246. 411 Vergleiche Saggs 1958: Text 44.

Festungsgraben(?) 500 m

16.08.1968 (ds1104-2138df005)

Abb. 87: CORONA-Aufnahme von Kilizu.

3.4.1 Das geografische Setting Die heute noch große Bevölkerungsdichte dieser Region wurde von D. Oates als Hinweis auf ein hohes landwirtschaftliches Potential der Umgebung von Kilizu gewertet.412 Dies ist aufgrund der Lage des Ortes innerhalb der Regenfeldbauzone und der beiden durch die Ebene fließenden Wasserläufe Čāy Šiwasur und Čāy Kurdara tatsächlich sehr wahrscheinlich (Abb. 3). Von Kilizu aus scheint diese ökonomisch bedeutsame Gegend zudem gut zu überblicken gewesen zu sein (Abb. 88). Allerdings war es nicht möglich, direkten visuellen Kontakt mit Arbaʾil aufzunehmen, da die Sicht durch den Demir Daġ versperrt war.

3.4.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit

Das Befestigungssystem der Siedlung zur neuassyrischen Zeit lässt sich mangels archäologischer Ausgrabungen nur bedingt rekonstruieren. Dass Kilizu zumindest in der Regierungszeit Sîn-aḫḫē-erības mit Verteidigungswerken ausgestattet war, geht aus Ziegelinschriften hervor, in denen der assyrische König nicht nur von der Errichtung einer Stadtmauer, sondern auch einer šalḫû berichtet. Eventuell sind diese inschriftlich belegten Mauern mit den unter G. Furlani freigelegten Strukturen (siehe oben) zu identifizieren:413

412 Oates 1968a: 17. 413 Zu den Texten siehe auch Conti 2012: 159; Frahm 1997: 190.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

93

Arbaʾil

Kilizu

10 km

Abb. 88: Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Kilizu.

»Sennacherib […] had the (inner) wall [BÀD] (and) the outer wall [šal-ḫu-u] of the city Kilīzu built anew and raised as high as mountains.«414 »Sennacherib […] had the outer wall [BÀD.ŠUL.ḪU] of the city Kilīzu built with baked bricks.«415 Der ovale Verlauf der äußeren Stadtmauer zeichnet sich auf Satellitenbildern noch deutlich ab (Abb. 87). Auf den Luftbildaufnahmen ist darüber hinaus zu erkennen, dass der Umwallung auf allen 414 RINAP 3/2: Sennacherib 218. 415 RINAP 3/2: Sennacherib 219.

Seiten, die nicht vom Čāy Šiwasur berührt wurden, ein Stadtgraben vorgelagert war. Im Zuge der Grabungen in den 1930er-Jahren war ein Schnitt durch die Stadtmauer nahe dem Dorf Sa’dāwah angelegt worden, in dem die Ausgräber eine aus sechs Lagen beschrifteter Backsteine bestehende Mauer freilegten.416 Weder die Datierung noch die Dimensionen dieser Mauer sind jedoch bekannt. Darüber hinaus stießen die Wissenschaftler auf einer Erhebung östlich des Haupthügels angeblich auf eine dicke Lehmziegelmauer, die als vor-Sînaḫḫē-erība-zeitliche Stadtmauer interpretiert wur416 Furlani 1933–1934: 74–75.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

94

de.417 Jedoch lässt sich dies nicht anhand von Plänen oder Grabungsfotos nachvollziehen,418 und G.  Furlani führte keine Gründe für seinen Datierungsvorschlag an. Des Weiteren ist auf eine etwa mittig entlang der östlichen Stadtmauer gelegene konische Erhebung hinzuweisen (Abb. 87). Sie könnte einen ehemaligen Zugang zur Stadt darstellen, zumal sich auch Reste eines Wegs zu beiden Seiten dieser Struktur erkennen lassen.419 Ein Stadttor an dieser Stelle hätte wahrscheinlich u. a. nach Arbaʾil geführt. An der Zitadelle wurden bisher noch keine Reste von Befestigungsanlagen erfasst. Daher stellt sich die Frage, ob hier überhaupt von einer Zitadelle im fortifikatorischen Sinn gesprochen werden kann. Angesichts der verfügbaren Informationen ist dieser Teil der altertümlichen Siedlung einstweilen als Oberstadt, auf der wohl zumindest ein Monumentalbau stand, anzusprechen.

3.4.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Dazu, inwiefern die topografischen Bedingungen Einfluss auf die Gestaltung der Fortifikationen Kilizus hatten, lassen sich mangels entsprechender Untersuchungen allenfalls Mutmaßungen anstellen. Der unförmige Verlauf der Stadtmauer deutet zwar eine Anpassung an den Verlauf des Geländes an, doch könnte dieser durch ältere Siedlungsaktivitäten entscheidend geprägt gewesen sein.420 Festzuhalten ist zudem die periphere Lage des bebauten Ruinenhügels am nördlichen Rand des Stadtgebiets, wenngleich sich, wie bereits erläutert (vgl. Kap. 3.4.2), nicht klären lässt, ob es sich dabei um eine befestigte Zitadelle oder eine Oberstadt handelte.

3.5 Arbaʾil

Das antike Arbaʾil, am Čāy Šiwasur gelegen, repräsentiert die östliche Ecke des sogenannten »assyrischen Dreiecks«.421 Die Reste dieses wichtigen assyrischen Zentrums liegen heute unter der Großstadt Erbil begraben (Abb. 89).422 Eine jüngere Studie, die sich auf die Auswertung von Satellitenbildern stützt, rekonstruierte die Größe des Stadtgebiets zur neuassyrischen Zeit mit ca.  330  ha,423 doch lässt sich dies wegen der massiven modernen Überbauung nicht bestätigen. Einzig die ovale, 25–32  m aufra417 Furlani 1933–1934: 75. 418 Siehe Anastasio 2012: Abb. 44. 419 Mühl 2013: 229. 420 Ur 2013: 13. 421 Vergleiche Radner 2011: 321–322. 422 Unger 1928a: 141. 423 Nováček/Amin/Melčák 2013: 25.

Zitadelle

200 m

03.08.1968 (ds1107-2170da102)

Abb. 89: CORONA-Satellitenbildaufnahme von Arbaʾil.

gende 424 und 16,22 ha große Zitadelle im Zentrum der heutigen Stadt ist aufgrund ihrer extremen Höhe gegenüber der umgebenden Ebene noch gut sichtbar. Die Geschichte des Fundortes reicht wahrscheinlich bis mindestens in das späte Neolithikum zurück. Textlich ist Arbaʾil im späten 3. sowie im 2. Jahrtausend v. Chr. belegt.425 Neuassyrische Schichten konnten bisher nur in Ausschnitten erfasst werden.426 Die zugehörige gleichnamige assyrische Provinz ist sowohl in mittel- als auch neuassyrischer Zeit belegt und war wohl Teil des Neuassyrischen Reiches bis kurz vor seinem Ende.427 Als Sitz der Ištar von Arbaʾil stellte Arbaʾil ein wichtiges Kultzentrum des assyrischen Reiches neben Aššur und Ninua dar.428 Zudem scheint es im nahe gelegenen Milqia ein bīt akītu gegeben zu haben.429 Ob Arbaʾil auch in der Zeit nach dem Untergang des Neuassyrischen Reiches noch ein urbanes Zentrum darstellte, ist hingegen ungewiss.430 Spätestens in islamischer Zeit war der Ort

424 Nováček 2008: 262. 425 Radner 2011: 322. Bezüglich des Status als mittelassyrische Provinz siehe auch Llop 2012: 89. Für eine Zusammenfassung der schriftlichen Quellen zu Arbaʾil siehe MacGinnis 2014. 426 Siehe z. B. die Forschungen des Deutschen Archäologischen Instituts westlich der Zitadelle (van Ess et al. 2012). Davon abgesehen könnten neuassyrische Baureste bei elektrischen Widerstandsmessungen am Hang der Zitadelle erfasst worden sein (Nováček 2008: 265, Abb. 31). 427 Siehe hierzu Radner 2006–2008: 45. 428 Zum Kult der Ištar von Arbaʾil siehe u.  a. MacGinnis 2014: 32–35; Meinhold 2009: 59, 205–206; Menzel 1981: 6–8; Porter 2004. 429 MacGinnis 2014: 35–36; Pongratz-Leisten 1997: 250. 430 Dalley (1993: 136) schloss aus spätantiken Berichten,

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

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Arbaʾil

Kilizu

10 km

Abb. 90: Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Arbaʾil.

wieder von großer regionaler Bedeutung, was sich nicht zuletzt in der massiven Bautätigkeit im Stadtgebiet und auf der Zitadelle widerspiegelt.431 die erwähnen, Alexander der Große habe in Arbaʾil große Reichtümer vorgefunden, dass die Stadt auch nach dem Ende des Neuassyrischen Reiches eine wichtige Rolle spielte. MacGinnis (2014: 22, 118–122) verweist zwar auf den auffälligen Mangel an schriftlichen Quellen zur Stadt in dieser Zeit, erachtet sie letzten Endes jedoch trotzdem als bedeutend. Darüber hinaus bezeugen die Ausgrabungen im Stadtgebiet westlich der Zitadelle eine über das Ende der neuassyrischen Zeit hinweg reichende Siedlungskontinuität (vgl. van Ess et al. 2012: 139). 431 Für Zusammenfassungen der Siedlungsgeschichte Arbaʾils siehe MacGinnis 2014; Nováček 2008; Nováček/Amin/Melčák 2013; Unger 1928a; van Ess et al. 2012: 105–106.

3.5.1 Das geografische Setting Arbaʾil liegt am Nordufer des Čāy Šiwasur, nur ca. 25 km von Kilizu (Kap. 3.4) entfernt. Den textlichen Quellen zufolge war die Stadt eine wichtige Station auf dem Weg vom nördlichen assyrischen Kernland nach Babylonien,432 doch war der Ort auch essentiell für Feldzüge gen Osten.433 Die umgebende Landschaft wurde von mehreren Flüssen gespeist, die heute teilweise durch das Stadtgebiet fließen, so dass hier von einem agrarwirtschaftlich produktiven Landstrich auszugehen ist. Die Ebene um Arbaʾil wird von den Höhenzügen des Sefin Daġ im Osten und Nordosten, des Demir Daġ im Westen, sowie des Avanah Daġ im Südwesten begrenzt. Etwas südlich des Čāy Kurdara gibt 432 Siehe Postgate/Mattila 2004: 244–245. 433 Parpola/Porter 2001: Karte 4, 28–29; Radner 2011: 321; Unger 1928a: 141.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

96

a)

Tempel

Palast? Zitadellenmauer

Hauptmauer Niederwall Fluss b) Zitadelle Tempel

Tor

Tor

Tor Tor Zitadellenmauer

Tempel?

Stadtgebiet

Altar

Fluss

Palast?

Torrampe/Platz(?) Tor

Hauptwall

Torrampe

Niederwall

Tor

Abb. 91: Relief aus dem Nordpalast von Ninua mit Darstellung Arbaʾils (nach Barnett 1976: Taf. 25 Slab 9) und schematische Rekonstruktion der auf der Reliefdarstellung wiedergegebenen Fortifikationen der Stadt (nach Borchhardt/Bleibtreu 2011: Taf. 2.2).

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen es eine Geländestufe, die den Bereich vom Einzugsgebiet des weiter im Süden gelegenen Kleinen Zābs trennt. Dementsprechend umfasste das Blickfeld von Arbaʾil im Wesentlichen die nähere Umgebung der Stadt (Abb. 90). Folglich bestand die Möglichkeit, die umliegende Ebene sowie die darin gelegenen Felder und Straßen zu überwachen. Direkter Sichtkontakt zum nächstgelegenen Zentrum Kilizu war jedoch aufgrund des dazwischenliegenden Ausläufers des Demir Daġ nicht möglich.

3.5.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit

Während bislang keine Reste der neuassyrischen Fortifikationen Arbaʾils in archäologischen Ausgrabungen erfasst werden konnten, ist ihre Existenz durch textliche und künstlerische Zeugnisse belegt. So ist einer Inschrift Aššur-bāni-aplis zu entnehmen, dass Arbaʾil nicht nur von einer dūru, sondern auch einer šalḫû-Mauer umgeben war: »(Was) Arbaʾil, die Wohnung der Ištar, das Haus der Feste und (?) […] (anlangt), dessen (Innen)-Mauer [dūrušu] seit ferner Zeit nicht (mehr) existiert hatte (und) [dessen Außenwall [šalḫušu]] unvollendet war, (so) stellte ich seine (Innen)-Mauer her und vollendete seinen Außenwall […].«434

Der Textpassage zufolge vollendete Aššur-bāni-apli die šalḫû aber lediglich. Folglich ist von einem früheren Baubeginn – vielleicht unter Aššur-aḫa-iddina oder gar Sîn-aḫḫē-erība – auszugehen. Weitere textliche Belege zu den Namen der beiden Mauerringe oder Informationen zu anderen Befestigungselementen sind hingegen spärlich. In einer Aššur-bāni-apli-zeitlichen Grundstücksurkunde (ADD 742) lässt sich zumindest ein Stadttor Arbaʾils identifizieren, das wohl unter dem Namen »NinuaTor« (KÁ.GAL ša URU.ni-nu-a) bekannt war.435 Seinem Namen entsprechend dürfte sich das Tor entlang des westlichen, südwestlichen, oder südlichen Mauerabschnitts befunden haben – je nachdem, wo die Route nach Ninua ihren Ausgangspunkt hatte. Weitere Elemente des Befestigungssystems lassen sich der Aššur-bāni-apli-zeitlichen Darstellung Arbaʾils auf einem neuassyrischen Palastrelief aus dem Nordpalast Ninuas entnehmen (Abb. 91).436 Darauf ist zu erkennen, dass sowohl das Stadtgebiet als auch die Zitadelle, auf der wohl der Tempel der Ištar von Arbaʾil stand, mit eigenen Befestigungsmauern ausgestattet waren. Ein bemerkenswertes Detail ist die Darstellung eines Niederwalls zu Füßen der äußeren Mauer. Ob es sich um einen frei434 Nach Streck 1916, Bd. 2: L3, Vs. 1–3. 435 SAA 12: 50, Vs. 8. 436 Siehe hierzu Borchhardt/Bleibtreu 2011: 482–485.

97

stehenden oder einen verbundenen Niederwall handelte, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit sagen. In Analogie zu den Befunden in Aššur (Kap.  3.1.2.2; Kap.  3.1.3.3), Ninua (Kap.  3.7.3.2) und DūrŠarrukīn (Kap. 3.9.2.2) erscheint es aber durchaus plausibel, eine Identifizierung dieses Fortifikationselements mit der von Aššur-bāni-apli erwähnten šalḫû-Mauer in Betracht zu ziehen. Der Reliefdarstellung ist des Weiteren zu entnehmen, dass mindestens zwei Toranlagen, deren Tortürme höher als die der Wälle daneben dargestellt und somit betont wurden, durch die äußere Stadtmauer hindurchführten. Ein weiteres Tor – ebenfalls mit erhöhten Flankierungstürmen abgebildet – ermöglichte offensichtlich den Zugang zur Zitadelle. Die Hauptdurchgänge waren mit einem Torbogen überspannt. In den Niederwall waren hingegen keine Torkonstruktionen integriert. Stattdessen war die vorgelagerte Verteidigungslinie für den Zugangsweg zum stark betonten Tor der Hauptmauer unterbrochen.

3.5.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

In welchem Maße topografische Merkmale bei der Planung der Befestigungsanlagen von Arbaʾil ein­ floßen, lässt sich aufgrund der modernen Überbauung nicht mehr feststellen. Zweifelsohne war jedoch der Siedlungshügel das Zentrum und der Ausgangspunkt des Verteidigungssystems. Aufgrund seiner Höhe, die wegen der langen Besiedlungsgeschichte Arbaʾils in neuassyrischer Zeit schon beträchtlich gewesen sein muss, bot er sich dafür an. Die einstige Form der sicherlich vorhandenen Unterstadt zu neuassyrischer Zeit lässt sich hingegen nicht klären, da sie komplett von modernen Gebäuden bedeckt ist. Während manche Forscher auf der Grundlage einer kunsthistorischen Herangehensweise für eine rechteckige Form der Stadt argumentieren (vgl. Abb. 91), erachten andere die auf Satellitenbildfotos sichtbaren Wallreste als Hinweise für eine rundliche Umwallung der Siedlung.437 Eine Entscheidung zwischen den beiden Vorschlägen lässt sich mangels stichhaltiger archäologischer Hinweise nicht treffen. Ebenso unklar ist, inwiefern der Čāy Šiwasur in die Fortifikationen einbezogen war.

3.6 Imgur-Enlil

Etwa 26,5 km südöstlich von Ninua und ca. 15,5 km nordnordöstlich von Kalḫu liegt der Fundort Balāwāt, das neuassyrische Imgur-Enlil.438 Er setzt sich zusammen aus einem ca.  3,7  ha messenden,

437 Nováček/Amin/Melčák 2013: 23–27, 33–34, Abb. 13; Ur 2013: 13. 438 Postgate 1976–1980a: 66.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 92: Luftbildaufnahme von Imgur-Enlil (nach Tucker 1994: Abb. 1).

sich ca.  15  m über die umliegende Ebene erhebenden Ruinenhügel und einer sich um ihn herum erstreckenden, fast quadratischen Unterstadt mit ca. 770 m Seitenlänge (Abb. 92).439 Beachtung erlangte die Ruinenstätte vor allem durch die von H. Rassam 1878 dort entdeckten bronzenen Torbeschläge.440 Surveys offenbarten die lange Besiedlungsgeschichte des Fundortes. Obwohl sich bereits für die mittelassyrische Zeit eine Intensivierung der

439 Curtis 2008: 7; Schachner 2007: 10. 440 Nach den Ausgrabungen Rassams (1897: 207–208) ruhten die archäologischen Tätigkeiten in Imgur-Enlil lange Zeit, bis M. Mallowan beschloss, parallel zu den Ausgrabungen in Kalḫu einen Teil seiner Mannschaft in Imgur-Enlil arbeiten zu lassen. Diese Grabungen fanden 1956–1957 statt und wurden von M. Howard und J. Oates geleitet. Sie konzentrierten sich auf die Freilegung des Tempels und eines weiteren Monumentalbaus. Im Jahr 1989 wurde erneut eine kleine Gruppe des Grabungsteams von Kalḫu unter der Leitung von L.  Davies in Imgur-Enlil eingesetzt. Im Zuge dieser Arbeiten führte D.J. Tucker einen Survey in der Unterstadt durch und analysierte auch die Einbettung des Fundortes in die Landschaft (siehe zusammenfassend Curtis 2008).

Siedlungstätigkeit feststellen ließ, erreichte der Ort seine größte Ausdehnung erst in neuassyrischer Zeit.441 Dabei ist es wichtig zu betonen, dass Imgur-Enlil nie den Status eines Provinzzentrums innehatte, sondern zum Verwaltungsbereich Kalḫus gehörte.442 Die Siedlung scheint bis zum Ende des Reiches bestanden zu haben. Dafür sprechen die während der Ausgrabungen 1956–1957 im Bereich des Mamu-Tempels gefunden Texte aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.443 Eine der Keilschrifttafeln (BT 109) stammt aus dem Jahr 657 v. Chr.444

3.6.1 Das geografische Setting

Geostrategisch war die befestigte Anlage wegen ihrer Nähe zu Kalḫu und Ninua sowie ihrer Lokalisierung entlang einer der wichtigsten Fernstraßen des assyrischen Kernlands von hoher Bedeutung (Abb. 3).445 Zudem dürfte die Ebene, in der Imgur-

441 Siehe hierzu Curtis 1992: 164; Tucker 1994: 109. 442 Postgate 1976–1980a: 67. 443 Oates 1974: 175. 444 Vergleiche Parker 1963: 93; siehe auch Fn. 449. 445 Oates 1974: 173–174; Tucker 1994: 108–109, Abb.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

99

Ninua

Imgur-Enlil

Kalḫu

10 km

Abb. 93: Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Imgur-Enlil.

Enlil lag, wegen der vielen Wasserläufe und der Situation innerhalb der Regenfeldbauzone landwirtschaftlich relevant gewesen sein. Möglicherweise erfüllte der Ort darüber hinaus eine wichtige Funktion als Ausgangspunkt und Sammelpunkt für Feldzüge nach Osten.446 Ob die Errichtung des Tempels des Traumgottes Mamu, wie D.  Oates vorgeschlagen hatte, tatsächlich im Zusammenhang mit dem Empfangen von Omen und Visionen für anstehende 2. Siehe auch Parpola/Porter 2001: Karte 4. Oates (1974: 174) verwies diesbezüglich auf die in BT 136 zu findenden Hinweise (vgl. Parker 1963: 99). 446 Oates 1974: 174–175; Tucker 1994: 108.

Feldzüge zu verstehen ist, ist »no more than an intriguing speculation«, wie er selbst anmerkte.447 Von Imgur-Enlil bot sich ein guter Blick über die umliegende Ebene (Abb.  93). Mit diesem befestigten Ort ließen sich also sowohl diese fruchtbare Gegend als auch die hier hindurchführenden Verkehrswege kontrollieren. Allerdings scheint keine visuelle Kommunikation mit einem anderen neuassyrischen Zentrum möglich gewesen zu sein. Dies wäre nur über umliegende Ansiedlungen möglich gewesen.

447 Oates 1974: 175.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

100 300

280

Imgur-Enlil 260

250

1 km

Abb. 94: Topografischer Plan der Umgebung von Imgur-Enlil.

3.6.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit Die rechteckige Form der Stadt geht wahrscheinlich auf Aššur-nāṣir-apli  II. zurück. In einer Inschrift, festgehalten auf einer von H. Rassam gefundenen Steintafel, brüstet er sich mit der Errichtung der Stadtmauer Imgur-Enlils: »I took [this city in hand] for renovation. I named it Imgur-Enlil. I fortified its circumference with a wall (and) built therein a palace as my sovereign dwelling. I made lofty doors of fir (and) hung (them) at its gate.«448

Ein bei den Ausgrabungen gefundener Text (BT 136) bestätigt darüber hinaus die Existenz der Mauer noch in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr und somit vermutlich auch bis zum Ende des Neuassyrischen Reiches.449 Die Befestigungsanlagen Imgur-Enlils wurden jedoch nie archäologisch untersucht, weswegen sich Aussagen zu ihnen vor allem auf Beobachtungen mit Hilfe von Methoden der Fernerkundung beruhen. So ist auf Satelliten- und Luftaufnahmen ein ca. 30 m breiter Graben direkt vor der Stadtmauer gut sichtbar (Abb. 92). Aufgrund der Erosion ist zwar nicht damit zu rechnen, dass dieser Wert die ursprüngliche Weite des Grabens darstellt, doch muss es sich nichtsdestoweniger um ein beachtliches Befestigungselement gehandelt haben. Ob der Graben trocken oder wasserführend war, lässt sich nicht beurteilen. Einige lineare Strukturen, die sich der 448 RIMA 2: A.0.101.51, 28–30. 449 Siehe Parker 1963: BT 136. Der in dem Dokument erwähnte limmu Bel-emurani findet sich auch in der Eponymenliste für die Jahre 691 v. Chr. und 686 v. Chr. wieder (vgl. Millard 1994: 50–51, 61).

nordöstlichen Stadtmauer von Nordosten nähern und mit einem Wādī östlich von Imgur-Enlil verbunden zu sein scheinen, könnten jedoch dafür sprechen, dass zumindest ein Teil des Festungsgrabens mit Wasser gefüllt werden konnte (vgl. Abb. 92). Die annähernd quadratische Stadtmauer ist noch als ca. 20 m breiter Erdwall, der sich durch die Erosion des einstigen Lehmziegelmauerwerks gebildet haben dürfte, im Gelände sichtbar (Abb. 92). Ihre konstruktiven Details, wie beispielsweise die etwaige Bewehrung mit Türmen oder die ursprüngliche Stärke der Befestigungsmauer, liegen mangels archäologischer Forschungen jedoch im Dunklen. Obwohl D. Oates von der Existenz von jeweils einem Tor in der Mitte jedes Mauerabschnitts ausging,450 lässt sich, in Analogie zu den Erkenntnissen aus Dūr-Šarrukīn (vgl. Kap.  3.9.2.3), nur eines mit einem gewissen Grad an Sicherheit unter einer mittig entlang des südöstlichen Schenkels der Stadtmauer gelegenen konischen Erhebung lokalisieren.451 Ebenfalls nicht eindeutig zu klären ist die Frage, ob der vollständig innerhalb des Stadtgebiets gelegene Siedlungshügel mit Befestigungsanlagen ausgestattet war oder nicht. Die von D. Oates angenommene Umfassungsmauer452 wurde in den Ausgrabungen nicht erfasst. Daher lässt sich letzten Endes nicht entscheiden, ob es sich um eine befestigte Zitadelle oder nur eine Oberstadt ohne Fortifikationen handelte.

3.6.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Die spärliche Datengrundlage macht es schwierig, Aussagen zum Befestigungssystem Imgur-Enlils zu treffen. Auffällig ist natürlich der annähernd quadratische Umriss, welcher sich gut mit denen von Tall Ibrāhīm Bāyis (vgl. Abb. 68) und Dūr-Šarrukīn (vgl. Abb. 123) vergleichen lässt. Dass die umliegenden Wādīs nicht in die Gestaltung der Befestigungsanlagen eingebunden wurden, legt den Schluss nahe, Aššur-nāṣir-apli  II. habe eine annähernd quadratische Stadt erschaffen wollen, ohne auf die topografischen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Mauern im Einklang mit dem Verlauf des Geländes standen (Abb.  94). Dies drückt ein gewisses Bewusstsein für die lokale Topografie aus. Darüber hinaus darf aber wohl in jedem Fall vermutet werden, dass der Ruinenhügel bei der Planung der Fortifikationen der Stadt wohl als Ausgangspunkt gedient haben dürfte. Dieser lässt sich als einziges Landschaftsmerkmal identifizieren, das bei der Anlage der neuassyrischen Fortifikationen

450 Oates 1974: 174. 451 Oates 1974: 174. 452 Vergleiche Oates 1974: Taf. 26.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Berücksichtigung gefunden zu haben scheint. Diese Erhebung wurde aber nicht in den Verlauf der Stadtmauer integriert, sondern annähernd mittig innerhalb des umwallten Gebiets positioniert.

3.7 Ninua

Schon seit langem ist bekannt, dass östlich des Stadtkerns des modernen Mosul die Reste der bedeutenden assyrischen Stadt Ninua liegen (Abb. 3). Der Fundort wurde seit dem 19. Jahrhundert von einer großen Anzahl an Teams erforscht.453 Die Entwicklungsgeschichte Ninuas ist vor allem durch den von M. Mallowan in den 1930er-Jahren auf dem Tall Qūyunǧuq angelegten Tiefschnitt bekannt.454 Dieser erbrachte Schichten, die bis in die Ḥassūna-Zeit zurückreichen.455 Die Bedeutung des Ortes im 2. Jahrtausend v. Chr. ist in erster Linie durch Textfunde belegt.456 In neuassyrischer Zeit war die Siedlung nicht nur eine wichtige Residenz der assyrischen Könige, sondern stellte als Heimat der Ištar von Ninua auch ein bedeutendes kultisches Zentrum Assyriens dar.457 Die Überreste der neuassyrischen Stadtmauern zeichnen sich heute noch deutlich als Erdwälle im Gelände ab, und auf Satellitenbildaufnahmen ist der polygonale Umriss der antiken Siedlung gut zu erkennen (Abb. 95). Das Stadtgebiet wird durch den knapp westlich der Stadt in den Tigris mündenden Ḫosr geteilt, der sich Ninua von Nordosten nähert. An der westlichen Seite der Siedlung finden sich die beiden ehemals mit großen Gebäuden bebauten Ruinenhügel Tall Qūyunǧuq (ca. 37,7 ha) und Tall anNabī-Yūnus (ca. 15 ha). Die Fläche der Stadt von insgesamt ca. 807 ha ist außerordentlich – selbst für mesopotamische Verhältnisse. Dabei ist hervorzuheben, dass die Fundstätte diese Ausdehnung erst durch die Bautätigkeiten Sîn-aḫḫē-erības, welche der König in einer großen Anzahl an Bauinschriften festhielt, im ausgehenden 8. und frühen 7. Jahrhundert v. Chr erreichte (siehe unten). In Benutzung blieb das Bollwerk wohl bis zur Eroberung Ninuas 612 v. Chr. durch die Truppen der medisch-babylonischen Allianz, wofür allem voran die Befunde im Bereich verschiedener 453 Zusammenfassungen der Forschungsgeschichte und der archäologischen Tätigkeiten finden sich bei Reade 1998–2001: 390–394; Scott/MacGinnis 1990; Stronach/Codella 1997. 454 Siehe Thompson/Mallowan 1933. Zusammenfassungen der Entwicklung Ninuas von der prähistorischen bis in die moderne Zeit bieten Reade 1998–2001: 395–397; Stronach 1994; Stronach/Codella 1997. 455 Siehe zusammenfassend Gut 1995. 456 Vergleiche Novák 1999: 152–153; Stronach 1994: 95– 96. 457 Siehe hierzu z. B. Lambert 2004; Reade 2005.

101

Stadttore sprechen (vgl. Kap. 3.7.3.4). Nach diesen Ereignissen scheint das Stadtgebiet nur noch partiell besiedelt gewesen zu sein.458 Trotzdem darf eine Nachnutzung der heute noch hoch aufragenden Reste der neuassyrischen Fortifikationen nicht komplett ausgeschlossen werden. Beispielsweise nutzte sie Nadir Shah zum Schutz seines Feldlagers bei der Belagerung Mossuls im Jahr 1743.459

3.7.1 Das geografische Setting

Ninua profitierte stets von seiner günstigen geografischen Lage, die der Siedlung nicht nur eine konstante Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, sondern auch ökonomischen Wohlstand sicherte. So verdeutlicht die große Anzahl an sich hier vereinigenden Hohlwegen (vgl. Abb.  4), wie gut die Siedlung in das altorientalische Straßennetz eingebunden war.460 Sie bildete einen Knotenpunkt vieler Überlandstraßen, die sich an dieser Stelle vermutlich wegen einer natürlichen Überquerungsmöglichkeit des Tigris bündelten.461 Aus dieser Situation resultierte sicherlich die lange währende Bedeutung dieses Standortes, die sich auch in der Langlebigkeit und Größe der noch heute existierenden Stadt Mossul manifestiert.462 Darüber hinaus begünstigte die Lage am Tigris den Verkehr von Menschen und Gütern. Ob dies auch auf den Ḫosr zutraf, ist hingegen unklar, denn das Gebiet am Oberlauf dieses Tigriszubringers wurde anscheinend erst mit der Gründung Dūr-Šarrukīns (Kap.  3.9) ökonomisch bedeutend. Dementsprechend wäre damit zu rechnen, dass die Frequenz des Warenverkehrs auf diesem Flusslauf zuvor deutlich niedriger gewesen war. Die geografische Lage Ninuas bot zudem einen guten Überblick über ökonomisch relevante Gebiete. Dem viewshed-Modell nach zu urteilen, reichte der Blick weit nach Westen und Süden, während die Sicht nach Osten und Norden vom ansteigenden Gelände eingeschränkt war (Abb. 96). Demzufolge war es möglich, die ertragreichen Anbaugebiete und Verkehrswege auf beiden Seiten des Tigris sowie im Flusstal zu observieren. Des Weiteren deutet das viewshed-Modell an, dass von Ninua aus eine visuelle Kommunikation mit mehreren umliegenden Orten möglich war (vgl. Abb.  96). Dies trifft u.  a. auf Dūr-Šarrukīn und Tarbiṣu zu. Ebenso lag Nēmed-Tukultī-Ninurta (ca.  5  km nordwestlich von Ninua), wo ein Palast und damit einhergehend eine Siedlung unbestimm458 Vergleiche Curtis 2003: 160; Dalley 1993; Reade 1998–2001: 395, 428–429. 459 Siehe hierzu Rich 1836, Bd. 2: 46. 460 Altaweel 2003b: 221; 2008: 65–66. 461 Oates 1968a: 52; Sarre/Herzfeld 1911, Bd. 1: 207. 462 Vergleiche Novák 1999: 155.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

102

Altes Tigrisufer Stadtmauer 9 8 Eastern Terraces

10 11

7

Outer Ditch

12 Ḫosr Tall Qūyunǧuq

13(?)

6(?)

Central Ditch

14(?) 15(?) 5

Tall an-Nabī-Yūnus

16

City Moat

Tigris 17(?) 4 18

1000 m

16.12.1967 (ds1102-1025df011)

1

2

3

Altes Tigrisufer Wādī Dāmlah Māfah

Abb. 95: CORONA-Satellitenbildaufnahme von Ninua.

ter Größe vermutet werden dürfen,463 im direkt einsehbaren Bereich.

3.7.2 Das Befestigungssystem vor Sîn-aḫḫē-erība

Trotz der Bedeutung, die Ninua bereits im 2.  Jahrtausend v. Chr. besaß,ist nur wenig über die Fortifi463 Ahmad 2000; Kertai 2015a: 14.

kationen aus der Zeit vor Sîn-aḫḫē-erība bekannt.464 Ältere Umwallungen lassen sich aber durch Textquellen belegen. Eine wichtige Stellung nimmt Sînaḫḫē-erības Aussage, er habe den Umfang Ninuas um 12 515 Ellen erweitert, ein (App. I.4). Aus dieser Passage lässt sich schließen, dass die Siedlung schon vor dem Beginn seines Bauprojekts mit einer Stadt464 Siehe u. a. Novák 1999: 109, 153–154; Reade 1998– 2001: 396; Tenu 2004.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

103

Dūr-Šarrukīn

Tarbiṣu

Ninua

Imgur-Enlil

Kalḫu 10 km

Abb. 96: viewshed-Modell für Ninua, berechnet auf der Grundlage eines SRTM90-DGM.

mauer von 9300 Ellen (ca. 5115 m)465 Länge umgeben gewesen war (siehe Kap. 3.7.3). Ein wichtiger Nachweis für eine ältere Befestigungsmauer Ninuas findet sich in den Inschriften Tukultī-apil-Ešarras  I. Dieser berichtet davon, eine 9,5  Ellen (ca. 3,8  m)466 breite Mauer erneuert sowie ihren Sockelbereich mit Erde und bearbeiteten Steinblöcken verkleidet zu haben. Es lässt sich gegenwärtig zwar nicht beweisen, aber es erscheint

465 Aus der Beschreibung der Länge der Stadtmauer Ninuas lässt sich ableiten, dass eine Elle in den Inschriften Sîn-aḫḫē-erības heute ca. 55 cm entspricht (vgl. Powell 1987–1990: 474–475). 466 Dieser Wert basiert auf der Annahme, die Ziegel seien ca. 40 cm breit gewesen.

wahrscheinlich, dass es sich hierbei um die von Sînaḫḫē-erība erweiterte Mauer handelt: »[At that time the wall of] the city Nineveh which [previously ... a prince who preceded] me, had built, had become dilapidated [...] I delineated [its area] (and) dug down to the bottom of its foundation pit. [...] I laid [the foundation of] this wall (and) [made it the thickness] of nine and one-half bricks. Around the entire circumference of [this wall] from top to bottom I piled up earth like a ruin hill. The lower [...] layers of brick I covered with earth. I made it

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»Bergesgleich baute ich hoch«

104

ca. 5000 m

Stadtmauer Sîn-aḫḫē-erības (ca. 12 000 m)

ca. 5300 m

Stronach 1994 1000 m

Reade 2016

Abb. 97: Angenommene Ausdehnung (inkl. Umfang) Ninuas vor Sîn-aḫḫē-erība (nach Reade 2016: 56; Stronach 1994: Abb. 4).

stronger (and) bigger [than before. ...] ... water. I covered (it) with a facing of limestone slabs.«467 Aus der Beschreibung der Zurschaustellung gefangener Feinde in den Inschriften Aššur-nāṣir-aplis II. geht zudem hervor, dass die Stadt zu seiner Zeit bereits über Befestigungsanlagen verfügte: »I brought Aḫi-iababa to Nineveh, flayed him, (and) draped his skin over the wall of Nineveh.«468

Ob die in dieser Textpassage erwähnte Stadtmauer Ninuas an der Hauptzitadelle (Tall Qūyunǧuq) zu lokalisieren ist, wie beispielsweise von J.E.  Reade impliziert,469 ist jedoch nicht gesichert. Der Text gibt keine genauen Auskünfte darüber, welche Mauer gemeint ist. Daher könnte sich Aššur-nāṣir-apli  II. hier auch auf die äußere Stadtmauer der Siedlung bezogen haben. Wenngleich es an konkreten Hinweisen mangelt, erscheint es angesichts der Bedeutung der Stadt für das Neuassyrische Reich jedoch kaum denkbar, dass Tall Qūyunǧuq vor Sîn-aḫḫē-erības Regierungszeit nicht über eine eigene Befestigungsmauer verfügte. 467 RIMA 2: A.0.87.10, 54–62. 468 RIMA 2: A.0.101.1, i 93. 469 Vergleiche Reade 1998–2001: 397.

In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass es laut Inschriften wohl zur Zeit Šarru-ukīns II. eine große Toranlage an der Nordseite des Hügels gegenüber des Nabû-Tempels gab.470 Laut J.E. Reade ist diese westlich des Nordpalastes zu lokalisieren.471 Die verfügbaren Quellen sprechen jedenfalls dafür, dass Ninua schon vor Sîn-aḫḫē-erības Bauprogramm sowohl über eine befestigte Zitadelle als auch eine Unterstadt verfügte. Hinsichtlich der äußeren Stadtmauer stellt sich jedoch vor allem die Frage nach dem Verlauf der vor-Sîn-aḫḫē-erībazeitlichen Befestigungsanlage. D. Stronach hatte vorgeschlagen, das umwallte Stadtgebiet habe sich zu dieser Zeit nördlich des Siedlungshügels erstreckt (Abb. 97).472 Er begründete seine Meinung damit, dass nordwestlich von Tall Qūyunǧuq ein sich über die umgebende Unterstadt erhebender Bereich liegt, der schon im 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. besiedelt gewesen war. Er verwies dabei auf entsprechende Keramikfunde aus Sondagen.473 Diese Ansicht fand breite Zustimmung.474 Allerdings ist dabei hervorzuheben, dass das ältere Material vor allem aus einem erhöht liegenden Bereich direkt am Fuße des Tall Qūyunǧuq stammte. Ob dies auch auf die tiefergelegene Nordwestecke des Stadtgebiets zutrifft, ist hingegen unklar. Basierend auf der Annahme, dass Tall an-NabīYūnus bereits vor Sîn-aḫḫē-erības Baumaßnahmen Teil des Stadtgebiets gewesen war, kam J.E.  Reade hingegen zu einem anderen Schluss und rekonstruierte eine Stadtanlage, die sich von der Zweitzitadelle entlang des vermuteten Verlaufs des Tigris bis zum erhöhten Bereich nordwestlich von Tall Qūyunǧuq erstreckte.475 Für diese Deutung sprechen in der Tat mehrere Umstände. Beschriftete Ziegel aus den Regierungszeiten Aššur-nāṣir-aplis  II  (?)476 und Adad-nērārīs III. indizieren eine in das 9. bzw. frühe 8. Jahrhundert v. Chr. zurückgehende Belegung von Tall an-Nabī-Yūnus.477 Zudem könnte eine dem Stil nach Tukultī-apil-Ešarra-III.-zeitliche Reliefplatte von Bauaktivitäten auf der Zweitzitadelle während der zweiten Hälfte des 8.  Jahrhunderts v. Chr. zeugen, doch bestehen Zweifel an der Provenienz des Objekts.478 Wichtiger sind jedoch die Hinweise auf die Existenz des bīt kutalli von Ninua vor Sîn-aḫḫē-erība.

470 Thompson/Hamilton 1932: 103. Siehe hierzu auch Frahm 1998: 120 Fn. 46. 471 Reade 1998–2001: 398. 472 Stronach 1994: 97–99, Abb. 4. 473 Lumsden 1991: 1; Stronach/Lumsden 1992: 228–229. 474 Siehe z. B. Bagg 2000: 171; Novák 1999: 153–154; Ur 2017. 475 Reade 2016: 55–56. 476 Bezüglich der Aššur-nāṣir-apli-II.-zeitlichen Inschriften ist einschränkend darauf zu verweisen, dass Turner (1970a: 68) hervorhob, dass die Provenienz der Objekte von Tall an-Nabī-Yūnus nicht gesichert sei. 477 Turner 1970a: 68. 478 Frahm 2013; Reade 2017: 433.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Eine erste Erwähnung eines solchen Bauwerks findet sich in den Inschriften Aššur-rēsa-išis.479 Des Weiteren berichtet Sîn-aḫḫē-erība, es habe bereits ein bīt kutalli in der Siedlung bestanden, welches er von Grund auf erneuerte: »The Rear Palace [É.GAL ku-tal-li] that earlier kings, my ancestors, had had built for the proper running of the military camp, the care of horses, (and) the overseeing of everything – its terrace did not exist, its site had become too small, and its construction was inexpert. With the passage of time, its base had fallen into disrepair, then its foundations had become loose (and) its superstructure had collapsed. I tore down that palace in its entirety. I took much fallow land from the meadow and plain of the city as an addition (and) I added (it) to (the site). I abandoned the site of the former palace and filled in a terrace in the area of the meadow that I had taken from the river bank. I raised its superstructure 200 courses of brick high.«480

Viele Forscher gehen davon aus, dass Sîn-aḫḫē-erība seinen in diesen Zeilen beschriebenen Palast an derselben Stelle, wo der Vorgängerbau bereits gestanden hatte, errichtete.481 Es ist jedoch nicht ganz ausgeschlossen, dass der Monumentalbau ursprünglich nördlich des Ḫosr lag und unter Sîn-aḫḫē-erība auf Tall an-Nabī-Yūnus umgesiedelt wurde. Auch die Möglichkeit, dass die vor-Sîn-aḫḫē-erība-zeitliche Siedlung auf Tall an-Nabī-Yūnus physisch von der auf Tall Qūyunǧuq getrennt war, ist nicht von der Hand zu weisen.482 Nichtsdestoweniger ist insbesondere wegen der bereits erwähnten Schriftfunde, die von Tall an-Nabī-Yūnus stammen sollen, zu vermuten, dass sich die Stadtmauer Ninuas bereits vor der Regierungszeit Sîn-aḫḫē-erības über den Ḫosr erstreckte, um Tall Qūyunǧuq und Tall anNabī-Yūnus zu verbinden. Dies wäre auch mit den inschriftlichen Angaben zur Ausdehnung der Stadt vor der Umgestaltung durch Sîn-aḫḫē-erība vereinbar (Abb. 97).

3.7.3 Sîn-aḫḫē-erības Befestigungsanlagen

Die unter Sîn-aḫḫē-erība errichteten Fortifikationen setzten sich aus einem Niederwall und einer Hauptmauer zusammen. Womöglich wurden die beiden Befestigungsmauern auf zwei Orthostatenreliefplatten aus dem Nord- bzw. dem Südwestpalast von Ninua dargestellt (Abb. 98; Abb. 99).483

479 RIMA 1: A.0.86.4. 480 RINAP 3/1: Sennacherib 22, vi 39–51. 481 So z. B. Kertai 2015a: 147. 482 Vergleiche Stronach 1994: 98 Siehe auch Novák 1999: 153–154. 483 Reade 1964: 5; 1998: 88–93. Die Identifizierung von

105

Zahlreiche Inschriften Sîn-aḫḫē-erības berichten vom Bau dieses massiven Befestigungssystems Ninuas. Einige dieser Texte sind besonders ausführlich und liefern Informationen zu architektonischen Details und den Zeremonialnamen verschiedener Befestigungselemente der Stadt (siehe App.  I.4; App.  I.5). Die Konstruktion dieser Anlage war ein großes Unterfangen, das sich über mehrere Jahre hingezogen haben muss. Anhand der Anzahl der Stadttore in den verschiedenen Versionen des Bauberichts lässt sich ablesen, dass es über ein Jahrzehnt (wahrscheinlich bis 691  v.  Chr.) dauerte, bis das Bauprojekt abgeschlossen war (Abb. 100).484 Die Maßangaben, die sich in Sîn-aḫḫē-erības Bauinschriften zu den Befestigungsanlagen Ninuas wiederfinden, erscheinen realistisch. Insbesondere die von ihm angebene Erweiterung des Umfangs der Stadt von 9300 (ca. 5115  m) auf 21  815 Ellen (ca. 11 998 m) kommt einer Abmessung der Länge des äußeren Mauerrings anhand georeferenzierter Satellitenbilder von ca. 12,4 km erstaunlich nahe. Einzig Sîn-aḫḫē-erības Aussage, er habe die Stadtmauer auf unbebautem Gebiet gegründet, kann nicht der Realität entsprechen, da Ninua – wie bereits dargelegt – mindestens seit der Zeit Tukultī-apil-Ešarras  I. umwallt gewesen war (vgl. Kap. 3.7.2). Diese Formulierung lässt sich einerseits sicherlich damit erklären, dass der Ausbau der Stadt ein zentrales Topos der Sîn-aḫḫē-erība-Inschriften darstellte.485 Andererseits könnte man die Behauptung auch dahingehend interpretieren, dass sich die Passage nicht auf die Existenz, sondern auf die Konstruktionsart der Befestigungsmauer bezieht. Vor der Regierungszeit Sîn-aḫḫē-erības ist eine šalḫû für Ninua nicht belegt. Dementsprechend erscheint es zumindest überlegenswert, ob Sîn-aḫḫē-erība sich damit brüstete, eine Stadtmauer inklusive vorgelagertem Niederwall (eine dūru und eine šalḫû) anstelle einer einfachen Befestigungsmauer (einer dūru oder einer šalḫû) errichtet zu haben. Die verschiedenen Elemente von Sîn-aḫḫē-erības Befestigungssystem konnten nie auf größerer Strecke archäologisch untersucht und freigelegt werden, was auf den massiven Umfang der Anlage zurückzuführen ist. Dennoch lassen sich einige Aussagen über verschiedene Wehrbauten treffen. Abb. 98 basiert in erster Linie auf der Vermutung, dass die auf dem Relief sichtbaren Säulenbasen in Form von Löwen zur Westfassade des Südwestpalastes gehören. Dass auch Abb. 99 Ninua darstellt, ergibt sich aus der Anordnung und Fundlage der figürlich verzierten Orthostatenplatten. 484 Reade (1998–2001: 399) gibt 702–690 v. Chr. als Zeitraum für den Bau der Stadtmauer an. Matthiae (1999b: 196) verortet den Baubeginn hingegen zwischen 700 und 696 v. Chr. und verweist darauf, dass alle 18 Stadttore erstmals in einer auf das Jahr 691 v. Chr. datierten Inschrift aufgelistet werden. 485 Frahm 1997: 257.

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106

»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 98: Darstellung des südlichen Endes von Ninua (von Westen) auf einem Relief aus dem Nordpalast von Ninua (nach Barnett 1976: Taf. 23 Slab 10).

Abb. 99: Darstellung der Hauptzitadelle von Ninua (von Westen) auf einem Relief aus dem Südwestpalast von Ninua (nach Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 226).

Um die Orientierung und Identifikation der Befunde in den zitierten Grabungsberichten und Abhandlungen zu erleichtern, wird hier mit Ausnahme der Stadttore (siehe hierzu Kap.  3.7.3.4) der von J.E. Reade im »Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie« angewandten Benennung der Gebäude und Merkmale gefolgt.486 Bezüglich der Identifizierung der Toranlagen, welche über viele Jahre als geklärt galt und wiederholt unkritisch übernommen worden waren,487 muss allerdings kurz auf J.E. Reades Revision ihrer Verortung eingegangen werden.488 Seine Umdeutung betrifft in erster Linie die Toranlagen entlang der südlichen und östlichen Stadtmauer. Er führt eine Reihe von Punkten an, die ihn dazu bewegen, das Aššur-Tor im Gegensatz zu älteren Annahmen an der mittleren Lücke der südlichen Umwallung Ninuas zu lokalisieren. Da weiter östlich entlang dieses Mauerzugs offensichtlich Reste eines weiteren Stadttors freigelegt wurden, rekonstruierte er das Ḫalzi-Tor westlich und nicht nördlich der Südostecke der Stadtmauer. Dementsprechend lägen entlang der östlichen Stadtmauer von Süden nach Norden das Šamaš-, das Mullissu-, das mušlālu-, das Šibanibaund das Ḫalaḫḫu-Tor (vgl. Abb. 95). J.E.  Reades überarbeitetem Vorschlag ist vor allem deswegen Beachtung zu schenken, weil er sich gut mit den um Ninua herum erkannten Hohlwegen deckt.489 Die von der Südostecke der Stadtanlage nach Süden abgehenden Hohlwege führten in die Gegend, wo die Region Ḫalzi (māt Ḫalzi)490 inzwi-

schen verortet wird.491 Besonders auffällig ist jedoch der markante Hohlweg, der von Tor 5 nach Karamlais, dem antiken Kār-Mullisi, zu führen scheint. Das Land Gagal (GA.GAL), zu dem man, seinem Prunknamen nach zu urteilen, über das Šamaš-Tor gelangte, wird hingegen in der Gegend um Imgur-Enlil vermutet.492 Angesichts dieser Argumente und Umstände wird in dieser Arbeit daher J.E. Reades neuestem Vorschlag zur Korrelation zwischen textlich erwähnten Namen und nachgewiesenen bzw. verortbaren Stadttoren gefolgt.493 Dementsprechend liegt der hier gewählten Reihenfolge der Toranlagen die Annahme zugrunde, dass die Tore, die in der Inschrift von 691 v. Chr. an erster bis dritter Stelle genannt sind, von West nach Ost mit den drei Durchlässen durch die Südmauer Ninuas gleichzusetzen sind. Die Positionen 4 bis 8 hingegen werden von Süden nach Norden entlang der östlichen Stadtmauer lokalisiert (vgl. Abb. 95).

486 Vergleiche Reade 1998–2001. 487 Siehe u. a. Halama 2011b: 271–273; Pongratz-Leisten 1994: 29–30, Abb. 2; Reade 1978: 50–54; 1998–2001: 401–403; Scott/MacGinnis 1990: 63–67, Abb. 4. 488 Reade 2016. 489 Vergleiche Altaweel 2008: Abb. 16. 490 Da es keine Hinweise auf die Existenz einer Provinz namens Ḫalzi gibt, ist anzunehmen, dass das Toponym māt Ḫalzi ganz allgemein einen Landstrich beschrieb (Rad-

3.7.3.1 Der Stadtgraben

Der Stadtgraben Ninuas, dessen Ausschachtung wohl mit dem Bau der Stadtmauer einherging, zeichnet sich auch heute noch deutlich im Gelände ab (vgl. Abb. 95).494 Bereits F. Jones hatte die Konstruktionen auf seiner zeitgenössischen Karte aus dem 19. Jahrhundert festgehalten.495 Am besten zu erkennen ist er im Osten, wo er der Stadtmauer

ner 2006–2008: 66). 491 Reade 2016: 68–70, Abb. 19. In einem früheren Artikel hatte der Autor bereits vorgeschlagen, den Ort Ḫalzi mit den Fundorten Selimiye oder Tulūl al-Lak (auch: Laktappeh) zu identifizieren (Reade 1978: 50). An letzterem soll Layard (1853: 129–130) gebrannte Ziegel mit Inschriften Sîn-aḫḫē-erības gefunden haben. 492 Reade 2016: 71–72. 493 So auch Petit/Morandi Bonacossi 2017: Abb. 23.1; Ur 2017. 494 Reade 1978: 66. 495 Vergleiche Jones 1852.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

107

Text (RINAP 3/1) Senn. 8 (699)

Senn. 15 (697)

Senn. 16 (695)

Senn. 17 (694)

Senn. 18 (691)

Senn. 38 (691)

Pos. 1

Hauptmauer (Badnigalbikurašušu)*

Hauptmauer (Badnigalbikurašušu)*

Hauptmauer (Badnigalbikurašušu)*

Hauptmauer (Badnigalbikurašušu)*

Stadtgraben

Hauptmauer

Pos. 2

Niederwall (Bad-nigerimḫuluḫa)

Ḫandūri

Ḫandūri

Aššur

Hauptmauer (Badnigalbikurašušu)**

Niederwall

Pos. 3

Zitadellentor

Aššur

Aššur

Ḫalzi

Ḫandūri

Stadtgraben

Ḫalzi

Ḫalzi

Šamaš

Aššur

Pos. 4

Šamaš

Šamaš

Mullissu

Ḫalzi

Pos. 5

Mullissu

Mullissu

mušlālu

Šamaš

Pos. 6

mušlālu

mušlālu

Šibaniba

Mullissu

Pos. 7

Šibaniba

Šibaniba

Ḫalaḫḫu

mušlālu

Pos. 8

Ḫalaḫḫu

Ḫalaḫḫu

Adad

Šibaniba

Pos. 9

Adad

Adad

Nergal

Ḫalaḫḫu

Pos. 10

Nergal

Nergal

Sîn

Adad

Pos. 11

Igisigsig

Igisigsig

Mašqî

Nergal

Pos. 12

Mašqî

Mašqî

Kai

Sîn

Pos. 13

Kai

Kai

(Wüste)

Mašqî

Pos. 14

Tor des ekal mašārti

Tor des ekal mašārti

Tor des ekal mašārti

mušlālu des Palastes

Pos. 15

Niederwall (Bad-nigerimḫuluḫa)

Niederwall (Bad-nigerimḫuluḫa)

Ḫandūri

mušlālu des Gartens

Pos. 16

Zitadellentor

Zitadellentor

Kai

Pos. 17

mušlālu des ekal mašārti

Pos. 18

Barḫalzi

Pos. 19

Wüste

Pos. 20

Niederwall (Bad-nigerimḫuluḫa)

* Angabe: 180 Ziegellagen ** Angabe: 200 Ziegellagen Abb. 100: Entwicklung der in den Inschriften erwähnten Befestigungselemente von Ninua (nach RINAP 3/1: 18).

ca. 80 m vorgelagert war und heute noch 70 m Breite und 10 m Tiefe misst (vgl. Abb. 95).496 Den schriftlichen Quellen zufolge war er 100 Ellen (ca. 55  m) breit,497 was angesichts möglicher Folgen der Erosion als eine mit dem heutigen Erscheinungsbild der Strukturen vereinbare Angabe zu betrachten ist.498 Besonders bekannt ist ein dreigeteilter Abschnitt des östlichen Stadtgrabens. 496 Reade 1998–2001: 400. 497 RINAP 3/1: Sennacherib 38, 18–19. 498 Siehe Halama 2011b: 270.

F. Jones hatte die drei hier erkennbaren Gräben von West nach Ost als »city moat«, »central ditch« und »outer ditch« bezeichnet (vgl. Abb. 95).499 Während weitgehend Einigkeit darüber herrscht, dass der direkt vor der Stadtmauer verlaufende Graben einen fortifikatorischen Zweck erfüllte, lässt sich dies für die beiden weiter östlich gelegenen Arme nicht ohne weiteres festhalten. Vor allem der östlichste, lange Geländeeinschnitt ist wohl eher als Kanal zu betrachten, da er mit über 500  m schlichtweg zu 499 Jones 1852; Jones 1855: 318–321.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 101: Teilweise rekonstruierter Abschnitt der Stadtmauer Ninuas im Bereich von Tor 5 mit steinernem Niederwall vor den Resten der Lehmziegelmauer (nach Madhloum 1968: Taf. 5).

weit entfernt von den Befestigungsmauern lag, als dass er den Verteidigern einen signifikanten Vorteil verschafft hätte.500 Zudem kann ein direkter Bezug zu den beiden westlich davon gelegenen länglichen Vertiefungen keineswegs als gesichert gelten, denn der outer ditch besaß etwas südlich von al-Ğaʿla auf dem linken Ufer des Ḫosr einen separaten Ausgangspunkt im Norden. Er ist daher prinzipiell als eigenständiges Feature zu behandeln, welches J.E. Reade zufolge zum System des Muṣri-Kanals gehört haben könnte.501 Ob der zwischen den beiden großen grabenartigen Einschnitten gelegene, bogenförmige central ditch einen fortifikatorischen Zweck erfüllte, ist ungewiss. F. Jones interpretierte die Ausschachtung als ein für den Hochwasserschutz angelegtes Überlaufbecken.502 Dieser Vorschlag findet auch heute noch breite Zustimmung.503 Gegen die Ansicht, es könne sich beim central ditch um ein Befestigungselement gehandelt haben, spricht letzten Endes jedoch seine räumliche Beschränkung. Zumindest erscheint es nicht schlüssig, warum ein zusätzlicher Graben vor den Stadttoren 5 und 6, nicht aber vor dem Stadttor 4 ausgehoben worden sein sollte. Nördlich des Ḫosr lassen sich ebenfalls noch Reste des östlichen Stadtgrabens erkennen, doch scheinen ihm hier keine weiteren Anlagen vorgelagert zu sein. Dass sich die Spur des nördlichen Abschnitts des östlichen Stadtgrabens zwischen den Toren 7 und 8 (dem Šibaniba- und dem Ḫalaḫḫu-Tor) verliert, deutete D.  Stronach als Hinweis auf eine

500 Siehe Halama 2011b: 270; Reade 1978: 71. 501 Reade 1978: 70–71. 502 Jones 1855: 319–321. 503 Siehe z. B. Bagg 2000: 194; Reade 1978: 68; Thompson/ Hutchinson 1929: 129.

Nicht-Fertigstellung des Befestigungselements.504 A.T. Olmstead hatte hingegen vermutet, eine massive Belagerungsrampe der babylonisch-medischen Truppen habe den Graben an dieser Stelle verdeckt.505 Eine allgemein akzeptierte Erklärung wurde bisher nicht vorgebracht, weswegen der Grund für diese Lücke offen bleiben muss. Letzten Endes könnte sie auch das Resultat natürlicher Sedimentationsprozesse sein. Auf den übrigen Seiten lässt sich der Festungsgraben Ninuas nur noch an wenigen Stellen nachweisen. An der Nordfront sind zumindest nahe der Nordostecke der Stadt noch Reste des Stadtgrabens zu erkennen (vgl. Abb. 95).506 Im Süden war er wegen des Wādī Dāmlah Māfah hingegen wahrscheinlich überflüssig, und etwaige Reste an der Westmauer der Stadt sind wegen der modernen Überbauung nicht mehr auszumachen.507 Ob Wasser durch die verschiedenen Abschnitte des Stadtgrabens floss, lässt sich nicht eindeutig klären.508 In den Inschriften Sîn-aḫḫē-erības finden sich keine entsprechenden Hinweise.509 Da ein großer Bewässerungskanal die Nordecke Ninuas erreichte510 und die Grabenanlagen an der südlichen Ostfront mit Wasser aus dem Ḫosr gespeist werden 504 Stronach 1997: 313. 505 Olmstead 1923: 637. 506 Reade 1998–2001: 400. 507 Stronach (1994: 98 Fn. 96) hatte hingegen vorgeschlagen, dass zumindest der Abschnitt der westlichen Stadtmauer, der nördlich von Tall Qūyunǧuq lag, mit einem Stadtgraben ausgestattet war. Er zog seinen Schluss aus der treppenartigen Steinfassade an der Außenfassade vor Tor 12. 508 Halama 2011a: 75; Reade 1998–2001: 400; Stronach 1994: 101 Fn. 106. 509 Reade 1978: 68. 510 Vergleiche Ur 2005: Abb. 3.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

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konnten, erscheint es denkbar, dass der Festungsgraben zumindest zeit- oder streckenweise Wasser führte.

3.7.3.2 Der Niederwall

Den Fuß der Hauptmauer schützte ein steinerner Niederwall. Obwohl nur ein Bruchteil dieser Konstruktion archäologisch untersucht werden konnte und viele Stellen durch Steinraub beschädigt wurden,511 ist klar, dass er aus einer äußeren, turmbewehrten Steinmauer und einer auf der Innenseite davon gelegenen Lehmziegelmauer bestand. Aufgrund der Übereinstimmungen zu den in den Bauinschriften Sîn-aḫḫē-erības festgehaltenen Details zur Konstruktionsweise und Position kann die Identifizierung des Niederwalls mit der in den Texten erwähnten šalḫû »Mauer, welche die Feinde erschüttert« (vgl. App. I.4) als gesichert gelten. Die Breite der Mauer war nicht einheitlich. Bei Tor  5 betrug sie 11  m, bei Tor  12 hingegen nur 3,5  m. An Tor  4 war der Torhof wiederum von einer ca. 10 m breiten Lehmziegelmauer sowie einer direkt davor gelegenen ca. 4 m breiten Steinmauer eingefasst.512 Bei einem genaueren Blick zeigt sich, dass beim Torhof von Tor 5 zwischen einer ca. 7 m starken Lehmziegel- und einer direkt davor angesetzten, ca.  4  m breiten Steinmauer unterschieden werden muss. Soweit es sich beurteilen lässt, bestand der Niederwall also aus einer ca.  3,5–4  m dicken Stein- vor einer bis zu 10 m starken Lehmziegelmauer (Abb. 101; vgl. auch Kap. 3.7.3.4). Zusammengenommen bildeten diese beiden Elemente den Niederwall Ninuas. Da er allem Anschein nach direkt an die Außenfassade der Hauptmauer gesetzt war, stellte dieser einen verbundenen Niederwall dar, dessen Wehrgang sich zwischen der Innenseite seiner ca. 0,9 m breiten Brüstung und der Fassade der Hauptmauer erstreckte.513 Ausgrabungen an verschiedenen Stellen zeigten zudem, dass der Niederwall Mauervorsprünge besaß. Die zeitgenössischen Darstellungen der Siedlung (Abb. 98; Abb. 99) sprechen weitergehend dafür, dass es sich dabei um Türme handelte. An Tor 5 betrugen Breite und Ausladung derselben ca. 3,5 m bzw. 1,5 m, und die Höhe wurde auf 9,99 m rekonstruiert, wovon ca. 1,45 m auf die Brüstung entfielen.514 Am bastionsartig vorspringenden Torhof waren die Kurtinen ca.  8,5–9  m lang, während direkt vor der Hauptmauer ca. 14,5–15 m gemessen wurden. Die Untersuchungen von Tor 4 erbrachten ähn511 Hiervon berichtete bereits Rich (1836, Bd. 2: 38–39). Auf modernen Satellitenbildern lassen sich mehrere Agglomerationen von anscheinend herausgebrochenen Steinquadern erkennen, so zum Beispiel an der Nordostecke der Stadt (http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 4.11.2014). 512 Pickworth 2005: Abb. 27. 513 Halama 2011a: 71. 514 Madhloum 1967: 78; 1969: 45.

Abb. 102: Tunnelartige Öffnung im Sockelbereich der steinernen Fassade des Niederwalls von Ninua (nach Reade 2016: Abb. 22).

liche Werte: Dort waren die Türme ca. 3,6 m breit, ca.  1,6  m ausladend und standen in ca.  7–8  m Abstand zueinander.515 Eine dritte Quelle für archäologische Daten erbrachten die Arbeiten an Tor 12, wo 3,5 m Breite, 1,15–1,25 m Ausladung und ca. 12,5– 13,8 m Kurtinenlänge gemessen wurden.516 Eine mögliche Erklärung für die Diskrepanzen hinsichtlich der Abstände zwischen den Türmen findet sich im Aufbau der untersuchten Tore. Dem Befund nach zu urteilen, betrugen die Längen der Kurtinen des Niederwalls generell ca. 12,5–15 m. An den bei manchen Toren festgestellten bastionsartig vorspringenden Bereichen wurden sie jedoch auf 7–9 m verkürzt. Dass Tor 12 über keinen ausladenden Torhofbereich verfügte (vgl. Kap. 3.7.3.4), würde erklären, warum die Turmintervalle hier nicht verkürzt wurden. 515 Vergleiche Pickworth 2005: Abb. 27. Halamas (2011a: 166) Angabe der Kurtinenlänge bezieht sich auf den Abstand zwischen den Türmen 4 und 5, die den Durchgang flankierten. Dieser Wert unterscheidet sich von den eigentlichen Kurtinen zwischen den Türmen 2/3, 3/4, 5/6 und 6/7. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass das Turmintervall bei Tor 4 nur an dem Teil des Tors gemessen werden konnte, der den Torhof im Osten umschloss. Wie lang die Kurtinen nördlich bzw. südlich der Toranlage waren, wurde nicht untersucht. 516 Madhloum 1968: 49; 1969: 46.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Darüber hinaus lassen sich Aussagen über die einstige Höhe des Niederwalls treffen. Den Inschriften Sîn-aḫḫē-erības ist zu entnehmen, dass das Fundament des Mauerzugs 45 NINDANU tief war.517 Da ein NINDANU zur Zeit Sîn-aḫḫē-erības ca.  6  m (12 Ellen) entsprach,518 würde dies einen unrealistisch hohen Wert von 270  m ergeben, weswegen E. Frahm vorschlug, die Angabe als 45/60 = 9 Ellen zu verstehen, was in heutigen Maßen ca. 4,95 m entspräche.519 Dies lässt sich allerdings nur bedingt mit den Ausgrabungsbefunden in Einklang bringen. In den Berichten über die Ausgrabungen an Tor 4 finden sich keine konkreten Angaben, doch lässt sich aus einem Grabungsfoto auf eine Mindesthöhe von ca.  5  m schließen.520 Am Tor  5 wurde auf der Grundlage der erhaltenen Mauerreste ein 8,5  m hoher Niederwall rekonstruiert,521 wovon jedoch 1,45  m auf die Brüstung entfallen.522 Somit hätte der Wehrgang 7,05 m über dem Vorfeld gelegen. Da bei modernen Baggerarbeiten entlang der östlichen Stadtmauer südlich des Ḫosr eine ca. 7 m hoch erhaltene steinerne Fassade des Niederwalls freigelegt wurde (Abb. 102), erscheint dieser Wert realistisch.523 Allerdings ergibt sich ein Konflikt zu einer Angabe D. Stronachs, der zufolge der Wehrgang bei Tor 5 ca. 4,5 m über der umliegenden Ebenen lag.524 D. Stronach gibt zudem einen ähnlichen Wert (4 m) für Tor 9 an. Bei Tor 12 betrug die Höhe des Niederwalls laut dem Ausgrabungsbericht ebenfalls nur 4,11 m (ohne Brüstung).525 Rechnet man jedoch die mindestens 3,5 m hohe geböschte Befestigung unterhalb der aufgehenden Steinmauer hinzu, ergäbe sich in letzterem Fall wieder eine Höhe von ca. 7,6 m.526 Angesichts der ansonsten recht genauen Angaben zu Dimensionen in den Sîn-aḫḫē-erībaInschriften erscheint die Diskrepanz zwischen Text und Befund befremdlich. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass sich die Höhenangabe in den Sîn-aḫḫē-erība-Inschriften auf die maximale Tiefe der Fundamentierung bzw. des Sockelbereichs des Niederwalls und nicht auf das aufgehende Mauerwerk bezog. Die an Tor 12 freigelegte geböschte Substruktion könnte dafür sprechen. 517 Siehe RINAP 3/1: Sennacherib 16, vii 70–73. 518 Vergleiche Powell 1987–1990: 459, 463–464. 519 Frahm 1997: 100. 520 Siehe Pickworth 2005: Abb. 21. Auf der Abbildung sind sechseinhalb Lagen von Steinblöcken, die im Durchschnitt jeweils ca.  75–80  cm hoch waren (Stronach 2017: 236), zu erkennen. 521 Madhloum 1969: 45. 522 Madhloum 1968: 48. 523 Siehe Reade 2016: 75. 524 Stronach 2017: 233. 525 Madhloum 1969: 46–47. 526 Siehe hierzu Madhloum 1969: Taf. 4.

3.7.3.3 Die Hauptmauer

Mangels eingehender Untersuchungen lassen sich über den Hauptwall Ninuas nur bedingt Aussagen treffen. Ungeachtet dessen gilt es als unstrittig, dass die massive Lehmziegelmauer, die sich direkt an die Innenseite des eben beschriebenen Niederwalls (siehe Kap. 3.7.3.2) anschloß, mit der in Sîn-aḫḫēerības Bauinschriften erwähnten dūru »Mauer, deren Schreckensglanz die Feinde niederwirft« (vgl. App.  I.4), gleichzusetzen ist.527 Dafür sprechen sowohl die Lage, die Dimensionen und die Bauweise des Mauerzugs. Hinsichtlich der Stärke der aus Lehmziegeln gemauerten Befestigungsmauer können die in den Inschriften festgehaltenen Werte mit den archäologischen Befunden in Einklang gebracht werden. Sîn-aḫḫē-erība gab die Dicke der Stadtmauer mit 40 Ziegelbreiten an.528 Bei 37×37×12 cm messenden Ziegeln entspräche dies ca. 14,8 m, was mit der bei Tor 12 festgestellten Weite der Mauer von 15,8 m529 bzw. ca. 14,5 m an Tor 5530 vereinbar ist.531 Bisweilen wird zwar auch T.A.  Madhlooms Verweis auf eine 45 m breite Stelle der Stadtmauer532 zitiert.533 Allerdings ist nicht klar, ob der Ausgräber von der Stärke eines ausgeschnittenen Bereichs der Mauer oder nur von der Breite der noch sichtbaren Erdwälle sprach.534 Ebenso problematisch erscheint auf den ersten Blick, dass die Stadtmauer bei Tor 11 den Ausgrabungsbefunden nach zu urteilen nur 9,5  m breit war.535 Dieser vermeintlich abweichende Wert könnte jedoch ein Resultat des allgemein schlechten Erhaltungszustands dieses Mauerabschnitts sein. Daher ist wohl davon auszugehen, dass die Hauptmauer Ninuas, wie in den Bauinschriften angegeben, durchschnittlich ca. 15 m breit war.536 Zusammen mit dem davor gelagerten Niederwall wäre die Umwallung Ninuas somit ca. 26–30 m stark gewesen. Ungeachtet der fehlenden archäologischen Evidenz darf nicht zuletzt aufgrund der mutmaßlichen Reliefdarstellungen Ninuas (Abb. 98; Abb. 99) wohl getrost von Türmen entlang des Hauptwalls ausgegangen werden. Ganz allgemein lässt sich hierzu sagen, dass der ausladende Teil der Türme auf einem Teil des Niederwalls gestanden haben muss, weil letzterer direkt an die Hauptmauer gebaut war. Zu den Türmen an der Hauptmauer lässt sich ansonsten nur wenig sagen. Am einzigen auf längerer Strecke freigelegten Teil der Mauer am westlichen Fuß 527 Reade 1998–2001: 399. 528 RINAP 3/1: Sennacherib 18, vii 4′. 529 Madhloum 1968: 48. 530 Gemessen anhand von Madhloum 1967: Taf. 7. 531 Reade 1998–2001: 399. 532 Madhloum 1967: 77. 533 Siehe z. B. Halama 2011b: 271. 534 Siehe Frahm 1997: 99. 535 Vergleiche Madhloum 1967: Taf. 2. 536 Reade 1998–2001: 399.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen von Tall Qūyunǧuq wurden keine solchen Konstruktionen festgestellt.537 Im Bereich von Tor 5 wird zwar berichtet, die Kurtinen seien 25 m lang gewesen,538 doch scheint sich diese Messung auf einen nördlich des Stadttors an der Innenseite der Stadtmauer festgestellten Vorsprung zu beziehen. Der Planaufnahme nach zu urteilen, war dieser ca. 12 m breit, ca. 6 m ausladend und lag ca. 26 m nördlich des in das Stadtinnere hineinragenden Teils der Toranlage. Eine ähnliche Konstruktion wurde westlich von Tor 11 angeschnitten. Hier betrug der Abstand zum Tor ca.  27  m. Der Mauervorsprung ragte ca.  1,5  m in das Stadtgebiet hinein; seine Breite ließ sich jedoch nicht bestimmen (vgl. Kap.  3.7.3.4). Diese Befunde könnten andeuten, dass die Türme der Stadtmauer Ninuas in das Stadtgebiet vorsprangen. Da vergleichbare Konstruktionen, sogenannte »Kavalierstürme«, auch in Kār-Tukultī-Ninurta539 und dem spätbabylonischen Bābili540 belegt sind, ist dem prinzipiell nichts entgegenzusetzen. Zur Ausladung und Breite der Mauervorsprünge an der stadtauswärts gewandten Fassade lässt sich jedoch nichts sagen. Dazu, wie hoch die Hauptmauer Ninuas einst emporragte, finden sich Hinweise in den Inschriften Sîn-aḫḫē-erības. Diesen zufolge erhob sie sich bis zu einer Höhe von 180 Ziegellagen (siehe oben). Einer späteren Version der Stadtmauerinschrift ist jedoch zu entnehmen, dass dieser Wert noch während Sînaḫḫē-erības Regierungszeit auf 200 Ziegellagen erhöht wurde (Abb. 100).541 Bei 12 cm dicken Ziegeln, wie sie bei Tor 5 dokumentiert wurden,542 entspräche dies einer Höhe von 21,6  m (180 Ziegellagen) bzw. 24 m (200 Ziegellagen). Angesichts dieser Kalkulationen erscheint die generell angenommene Gesamthöhe von 25 m daher durchaus plausibel.543

3.7.3.4 Die Stadttore

Im Folgenden werden die Stadttore Ninuas, zu deren Aufbau oder Geschichte Informationen vorhanden sind, beleuchtet. Die Stadttore Ninuas nahmen eine wichtige Stellung in den Bauinschriften Sînaḫḫē-erības ein. In Anbetracht ihrer monumentalen Dimensionen, die aufgrund der Freilegung einiger dieser Stadtzugänge durch Ausgrabungen bekannt sind, ist dies nicht verwunderlich. Tor 2 (Aššur-Tor) Das Aššur-Tor, welches in Auflistungen der Stadttore Ninuas in der Regel an zweiter Stelle genannt wird, lag vermutlich dort, wo heute die mittlere von drei Unterbrechungen durch die südliche Stadtmauer

537 Roaf/Postgate 1981: 185. 538 El-Wailly 1966: c. 539 Siehe hierzu Eickhoff 1985: 22–23. 540 Vergleiche Wetzel 19692: 7, Taf. 2–10. 541 Reade 1998–2001: 399. 542 Madhloum 1967: 78. 543 Reade 1998–2001: 400.

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Abb. 103: Aufnahme vom Inneren einer der beiden Torkammern von Tor 3 (Scott/MacGinnis 1990: Taf. 6.a).

auf Satellitenbildern zu erkennen ist.544 Mit Blick auf moderne Satellitenbildaufnahmen kam J.E. Reade jüngst zu dem Schluss, dass die bereits in früheren Berichten dokumentierte partielle Freilegung einer Toranlage entlang der südlichen Stadtmauer Ninuas545 an dieser Lücke durch den Befestigungsring zu verorten sei.546 Gegenwärtig lässt sich diese Annahme jedoch nicht bestätigen, da die verfügbaren Luftbilder es nicht erlauben, die irakischen Ausgrabungen eindeutig an Tor 2 oder Tor 3 zu lokalisieren.547 Daher wird hier einstweilen davon ausgegangen, dass die archäologischen Untersuchungen des irakischen Antikendienstes an Tor 3 stattfanden. Entgegen B.  Pongratz-Leistens Überlegungen, welche sie mit der für die Regierungszeit Sîn-aḫḫēerības unüblichen Verwendung der Titulatur des Königs als iššakku daš-šur (»Statthalter des Gottes Aššur«) begründete,548 kann es sich nicht um ein älteres Stadttor Ninuas gehandelt haben. Dagegen spricht vor allem die Lage entlang der erst unter Sîn-aḫḫē-erība geschaffenen südlichen Stadtmauer. Es wäre allenfalls denkbar, dass der Torname von einer älteren Anlage übertragen wurde. Es gibt jedoch keinerlei Evidenz dafür, dass Ninua vor der Stadterweiterung unter Sîn-aḫḫē-erība über ein Tor dieses Namens verfügte. Wegen ihres Namens wurde wiederholt die Vermutung geäußert, dass eine nach Aššur führende Straße von dieser Toranlage ihren Ausgang nahm.549 Letzteres lässt sich aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Details des neuassyrischen Straßennetzes aber nicht beweisen. S. Parpola und M.  Porter beispielsweise schlugen vor, eine Straße habe entlang des Westufers des Tigris bis nach

544 Reade 2016: 62. 545 Roaf/Postgate 1981: 185. 546 Reade 2016: 62–66. 547 Vergleiche hierzu die Satellitenbildaufnahmen in Google Earth (https://www.google.de/maps; letzter Zugriff: 21.11.2019) und BING (https://www.bing.com/maps; letzter Zugriff: 21.11.2019). 548 Pongratz-Leisten 1994: 215. 549 Reade 1978: 50.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

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city moat Spätere Torverengung

Felsbrücke Tor 4

Vorhof

50 m Hauptdurchgang

Abb. 105: Satellitenbildaufnahme des Abschnitts der östlichen Stadtmauer von Ninua zwischen bei Tor 4 (Grundkarte: http://www.bing.com/maps/;letzter Zugriff: 14.11.2019).

20 m

Posi�on Depot

Abb. 104: Planaufnahme von Tor 4 (nach Pickworth 2005: Abb. 18, 27).

Aššur geführt.550 Dies beruht vermutlich auf der Erwähnung einer hier verlaufenden Straße von D. Oates.551 Diesem zufolge soll diese Route aber sehr beschwerlich gewesen sein. Zudem ist hervorzuheben, dass er letzten Endes keine konkreten Hinweise für die Nutzung dieses Verkehrswegs in neuassyrischer Zeit anführte. J.E. Reade hingegen äußerte die Vermutung, eine Straße habe vom Aššur-Tor aus zu einem Ort südlich von Ninua geführt, von dem aus es möglich war, den Tigris mit dem Boot hinabzufahren.552 Letzten Endes bleibt es jedoch unklar, ob die Benennung von Tor  2 als Aššur-Tor auf einen hier beginnenenden Verkehrsweg nach Aššur zurückging. Der Name könnte auch einfach die grobe geografische Richtung, in der Aššur von Ninua aus gesehen lag, angedeutet haben. Tor 3 (Ḫalzi-Tor) Seit vielen Jahren wird an der südlichen Stadtmauer ein Stadttor zwischen der deutlich erkennbaren zentralen Lücke und der Südostecke der Siedlung lokalisiert. Fotos, die vom amerikanischen Grabungsteam 1990 gemacht wurden, belegen, dass hier Überreste eines Stadttors freigelegt wurden.553 Wie bereits erläutert, handelt es sich hierbei ver550 Parpola/Porter 2001: Karte 4, Karte 10. 551 Oates 1968a: 19–20. 552 Reade 1978: 167. 553 Reade 2016: 67–68, Abb. 18.

mutlich um die Forschungen irakischer Archäologen (siehe oben). Aufgrund der mangelhaften Publikationslage lassen sich allerdings nur wenige Aussagen zur Struktur dieser Toranlage treffen. Bei den Ausgrabungen wurden die westlichen Teile zweier Torkammern freigelegt, deren Wände mit unreliefierten Orthostatenplatten ausgestattet waren (Abb.  103). In einem der Räume befand sich eine Treppe, und der innere Raum wies eine Herdinstallation sowie Brandrückstände auf. Ob der Herd zur Originalausstattung des Gebäudes gehörte oder einer Nachnutzung zuzuschreiben ist, ist nicht bekannt. Auch zur lediglich beschriebenen, aber in den Grabungsberichten nicht abgebildeten Treppe bleiben Fragen offen. Vor allem ist unklar, ob es sich um ein echtes Treppenhaus handelte, wie S.  Halama vermutet,554 oder ob die Ausgräber lediglich die Reste einer Treppe innerhalb der Torkammer festgestellt hatten.555 Den Grabungsberichten ist darüber hinaus zu entnehmen, dass vor dem Tor Reste einer Rampe aus vier Lagen in Bitumenmörtel verlegter gebrannter Ziegel (54×54 cm) festgestellt wurden.556 Dieser Zuweg ist laut J.E. Reade auf Satellitenbildern zu erkennen.557 Gemäß J.E. Reades Neuordung der Stadttornamen ist dieser Durchlass entgegen der bisherigen Lehrmeinung jedoch nicht als Aššur- sondern als Ḫalzi-Tor zu identifizieren (siehe oben). Dies würde auch dem Umstand gerecht werden, dass die Region Ḫalzi inzwischen südlich von Ninua lokalisiert wird. Die Bedeutung des Bauwerks lässt sich an ihrem Namen »Stadttor des Sîn-aḫḫē-erība« ablesen.

554 Halama 2011b: 272. 555 So Reade 1998–2001: 401; Roaf/Postgate 1981: 185. 556 Roaf/Postgate 1981: 185. 557 Reade 2016: 65.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

113

Interessanterweise behielt es diesen Namen jedoch nicht, sondern wurde während der Regierungszeit Aššur-bāni-aplis in »Stadttor des Aššur-bāni-apli« umbenannt.558

Tor 4 (Šamaš-Tor) Das südlichste Tor entlang der östlichen Front der Stadt wird hier mit dem inschriftlich erwähnten Šamaš-Tor gleichgesetzt (vgl. Abb. 95). Der genaue Aufbau von Tor 4 lässt sich nicht vollständig rekonstruieren. Ausdehnung und Konstruktionsweise des Torhofs weisen jedoch bereits auf ein monumentales Bauwerk hin (Abb. 104).559 Erste Grabungen an dieser Toranlage führte der irakische Antikendienst durch. Dabei wurde eine Lehmziegelfassade mit einem sehr schmalen Zugang freigelegt.560 Laut D. Stronach handelte es sich dabei vermutlich um den zugesetzten äußersten Duchgang des Tors, der später von dem amerikanischen Team erneut freigelegt wurde.561 Die irakischen Archäologen scheinen jedoch kein Fußbodenniveau erreicht zu haben.562 Zudem wurden Teile der Umrisse der beiden ca. 14 m voneinander entfernt liegenden Tortürme verfolgt, doch finden sich keine Angaben zu ihrer Ausladung oder Breite. Die Ausgräber erwähnten auch die einige Meter vor der Anlage gelegene, ca.  7  m breite und aus dem Konglomeratgestein gehauene Brücke über den Stadtgraben, die im Verhältnis zur Durchgangsachse des Tors etwas nach Norden versetzt und auf modernen Satellitenbildaufnahmen noch gut zu erkennen ist (Abb. 105).563 Daraufhin ruhten die Arbeiten an diesem Stadtzugang über lange Zeit, bis ein Team der Universität Berkeley unter der Leitung von D. Stronach die Grabungen fortsetzte.564 Diese zeigten, dass der Torhof insgesamt 45×19 m groß, mit einem Steinplattenboden ausgestattet und von einer mit ca. 1 m hohen undekorierten Orthostaten verkleideten, ca. 7,5–11 m starken Lehmziegelmauer mit einer direkt davor gelegenen ca.  4  m dicken, turmbewehrten Steinmauer umgeben war. Der von dieser Umfassungsmauer begrenzte Torhof sprang ca. 32,5 m vor die Fassade des eigentlichen Torbaus hervor und besaß eine insgesamt 70 m breite Ostfront. Entlang letzterer stellten die Ausgräber insgesamt sechs Türme fest, die 3,6 m breit und 1,6 m ausladend waren und in 7–8 m 558 Pongratz-Leisten 1994: 211, 214. 559 Halama 2011b: 272–273; Reade 2016: 71. 560 Madhloum 1967: 77, Taf. 13. 561 Stronach 2017: 228. 562 Pickworth 2005: 295. 563 Siehe Madhloum 1967: Taf. 13. 564 Detaillierte Berichte über die Ergebnisse der amerikanischen Ausgrabungen finden sich v.  a. in Pickworth 2005; Stronach 2017. In Einklang mit der damals noch gängigen Lehrmeinung gingen die Ausgräber davon aus, dass sie Teile des Ḫalzi-Tors freigelegt hatten und sprachen ihren Befund auch konsequent entsprechend an.

1 cm

Abb. 106: Apotropäische Tonfigurinen aus den Gründungskapseln, die in den Ecken des Torhofs von Tor 4 freigelegt wurden (nach Pickworth 2005: Abb. 24, 26).

langen Intervallen zueinander standen. In den vier Ecken des Torhofs wurden zudem in den Boden eingelassene Kapseln aus ungebrannten und gebrannten Lehmziegeln freigelegt. In zweien fanden die Ausgräber ungebrannte Tonfigurinen, die apotropäische Wesen darstellten (Abb. 106).565 Da die an der Lehmziegelmauer des Torhofs angebrachten Orthostatenplatten auf ihrer Rückseite eine Inschrift Sîn-aḫḫē-erības trugen, kann die Entstehung dieses Tors als Teil von Sîn-aḫḫē-erības Großbauprojekt als gesichert gelten.566 Der freigelegte Eingang in den Torhof war 4,6 m breit.567 In der Literatur findet sich zwar oft eine Angabe von 7  m für die Durchgangsweite, doch verengten zwei in die Umfassungsmauer integrierte Vorsprünge, die integraler Bestandteil des Mauerwerks waren und nicht zur Zusetzung gehörten, den Durchgang jeweils um ca.  1,15  m.568 Die Ausgrabungen zeigten zudem, dass es eine mittig im Durchgang gelegene Abwasserrinne gab.569 Ob der Durchgang verschlossen werden konnte, lässt sich archäologisch nicht nachweisen. Die Steinplatte mit Verschlussvorrichtung, auf die F.  De  Backer verwies,570 wurde in sekundärer Lage gefunden.571 Der Stein besitzt folglich keine Aussagekraft für die Verschließbarkeit des Durchgangs. In einer zweiten Bauphase wurde dieser Eingang mit Lehmziegelkonstruktionen auf 2 m verjüngt. Damit einher gingen wohl auch Ausbesserungen am Steinmauerwerk der äußeren Torfassade. Im Zuge dieser Arbeiten wurden offensichtlich Stellen, wo die sauber gearbeiteten Steinblöcke der ursprünglichen Konstruktionsphase beschädigt oder abhanden gekommen waren, mit wesentlich gröberen 565 Pickworth 2005: 305–307; s. hierzu auch Kap. 5.1.2.3. 566 Pickworth 2005: 305. 567 Stronach 1997: 316. 568 Stronach 2017: 237. 569 Pickworth 2005: 298–299, Abb. 6. 570 De Backer 2013: 220–221. 571 Pickworth 2005: 301.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

114

Befunds als Hinterlassenschaften der mit dem Fall Ninuas verbundenen Kampfhandlungen 612 v. Chr. einleuchtend. Bezüglich des letztgenannten Ereignisses ist auf den Fund mehrerer unbestatteter Skelette in der Zerstörungsschicht des zugesetzten Tordurchgangs zu verweisen.575 Dabei gibt es verschiedene Ansichten dazu, ob es sich bei den verstorbenen Personen um Angreifer und Verteidiger576 oder um auf der Flucht getöte Einwohner Ninuas handelte.577 Die Frage, welche dieser Deutungen zutrifft, konnte bislang nicht vollständig geklärt werden. Wollte man den Befund aber in eine dieser Richtungen interpretieren, sprechen insbesondere die Kinderskelette m. E. für die zweitgenannte Lösung.

20 m

Abb. 107: Planaufnahme von Tor 5 von Ninua (nach Madhloum 1967: Taf. 7).

Blöcken geflickt.572 Zudem fanden sich an der vorgelagerten Steinmauer Reste einer zweiten Verengungsmaßnahme, deren Maße sich nicht genau bestimmen ließen (Abb. 104). Es wird bereits seit längerem vermutet, dass diese Baumaßnahmen als Reaktion auf die drohende Belagerung Ninuas durch die medisch-babylonischen Truppen zu verstehen sind.573 D. Stronach vermutete konkret, die Verengung des Tordurchgangs und die Ausbesserungen am Mauerwerk datiere 614–612 v. Chr. Dabei ging er von einem ersten gescheiterten Angriff des medisch-babylonischen Heeres 614 v. Chr. und einem zweiten erfolgreichen Angriff 612 v. Chr. aus.574 Ungeachtet, ob D. Stonachs Annahme zutrifft, erscheint eine Interpretation des 572 Pickworth 2005: 302–303; Stronach 2017: 239–240. 573 Siehe z. B. Reade 1998–2001: 401. 574 Stronach 2017: 239–240.

Tor 5 (Mullissu-Tor) Kein anderes Stadttor Ninuas wurde im gleichen Maße freigelegt wie Tor 5. Es befand sich ca. 1200 m nördlich von Tor  4 und 1230  m südlich der Stelle, wo der Ḫosr die östliche Stadtmauer unterbrach (Abb. 107). Wahrscheinlich legte A.H. Layard bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts hier Tunnel an, in denen er auf Orthostaten getroffen zu sein scheint.578 Der irakische Antikendienst führte hier aufwendige Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten in den 1960er-Jahren durch, dank denen der Grundriss der Anlage größtenteils bekannt ist.579 Seinem Beinamen nach zu urteilen, scheint es die Verbindung zur Stadt Kār-Mulissi hergestellt zu haben. Diese lässt sich mit dem modernen Ort Karamlais (ca. 24 km ostsüdöstlich von Ninua gelegen) identifizieren.580 Den erkennbaren Hohlwegen nach scheint hier eine Straße aus Richtung Kār-Mulissi angekommen zu sein (siehe Abb. 96).581 Diese Hohlwege vereinigten sich an einer heute noch auf Satellitenbildern erkennbaren Brücke, die zur Überquerung des Stadtgrabens diente (Abb. 105).582 Demnach erscheint die Gleichsetzung mit dem inschriftlich erwähnten Mullissu-Tor als sinnvoll.583 Eine steingepflasterte Rampe führte durch den 4,55 m breiten äußeren Durchgang in den 40×20 m großen Torhof.584 Ähnlich zum Befund an Tor 4 war auch hier der Einlass mithilfe von Lehmziegelmauern auf ca. 2 m Breite verengt worden. Wohl zur 575 Siehe hierzu v. a. Pickworth 2005: 298–302, 308–314, Abb. 1; Stronach 2017: 240–241. 576 De Backer 2013: 220–232. 577 Stronach 2017: 241. 578 Layard 1853: 123. 579 Siehe hierzu Madhloum 1967: 77–78; 1968: 45, 47–48. 580 Altaweel 2008: 40; Reade 1978: 52. 581 Vergleiche Altaweel 2008: Abb. 16. 582 In den 1960er-Jahren war wohl auch noch die über den central ditch führende Brücke zu erkennen (Madhloum 1967: 77, Taf. 4), die auf heutigen Satellitenbildern nicht mehr auszumachen ist. 583 Reade 2016: 73. 584 Halama 2011a: 166.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen gleichen Zeit wurden weitere Mauern innerhalb des Hofbereichs errichtet, die diesen in drei breit gelagerte Kammern unterteilten (vgl. Abb. 107). Vergleichbar zum Befund an Tor  4 bestand die Einfassung des Hofs von Tor 5 aus zwei Teilen: einer mit Orthostaten verkleideten Lehmziegelmauer innen und einer daran gebauten, mit dem Niederwall zusammenhängenden Steinmauer (vgl. Abb. 107). Dabei ist hervorzuheben, dass auf einigen Orthostaten wohl ein brennender Turm, ein Mann mit bandagiertem Kopf, ein Pferd und ein Löwe als grobe Ritzzeichnungen erkennbar gewesen sein sollen.585 Da allerdings keine Dokumentation dieser Bildnisse vorliegt, lässt sich nicht entscheiden, ob es sich um echte Relieforthostaten oder lediglich um grafittiähnliche Kritzeleien handelte. Die Szenen scheinen jedenfalls sekundär angebracht und nicht Teil der ursprünglichen Konstruktion gewesen zu sein. Dementsprechend interpretierte T.A. Madhloum die Darstellungen als Il­lustrationen der Eroberung Ninuas durch die medisch-babylonische Allianz.586 Der vorgelagerte Hofbereich sprang 22,5  m aus der Front der Stadtmauerfront heraus und besaß eine insgesamt ca.  66  m lange, mit sechs 3,5  m breiten und 1,5  m ausladenden Türmen587 (Kurtinenlängen ca. 8,5–9 m) ausgestattete Fassade. Den maximal 4,35 m breiten zentralen Durchgang überspannte ein Torbogen. Die Investigation des Torinneren erbrachte Hinweise auf zwei breitgelagerte Torkammern, an deren Wände ca. 1,5 m hohe Kalksteinplatten angebracht waren. Die Gesamtlänge des Bauwerks von der westlichen zur östlichen Fassade wurde mit 61 m angegeben.588 Die Datierung des Tors auf Sîn-aḫḫē-erība ist aufgrund des Funds mehrerer Backsteine und Orthostaten mit seiner Inschrift gesichert,589 doch gibt es am nördlichen Ende Hinweise auf chronologisch nicht genau einzuordnende Ausbesserungen oder Umbauten.590

Tor 6 (mušlālu-Tor) Das sechste Tor in der Aufzählung Sîn-aḫḫē-erības ist das mušlālu-Tor. Über viele Jahre wurde vermutet, dass sich dieser Stadtzugang knapp nördlich des Ḫosr befand (vgl. Abb. 95). In seinem jüngsten Beitrag zu dem Thema änderte J.E. Reade seine Meinung jedoch dahingehend, dass er eine Öffnung durch die steinerne Fassade des Niederwalls, welche bei Baggerarbeiten freigelegt und von D. George dokumentiert worden war, damit identifizierte.591 Nach J.E. Reade spricht hierfür vor allem der tunnelartige Charakter des Mauerdurchlasses (Abb. 102). Diesen 585 Madhloum 1967: 78. 586 Madhloum 1967: 78. 587 Halama 2011a: 166. 588 Siehe Madhloum 1967: 77–78, Taf. 4–7, 8.B; Madhloum/ Mahdi 1976: 25, 27. 589 El-Wailly 1965: 5; Madhloum 1967: 78. 590 Madhloum 1968: 47. 591 Reade 2016: 74–75, Abb. 22–23.

115

erachtete er als vergleichbar mit den abschüssigen Korridoren in neuassyrischen Palastbauten und den generellen Vorstellungen zum Aussehen von Toren, die mit dem Wort mušlālu in Verbindung standen. Obwohl diese Ansicht attraktiv erscheint, kann ihr hier nicht gefolgt werden. Einerseits unterscheidet sich die Konstruktionsart der Öffnung mit schräg verbauten oberen Blöcken und einem horizontalen Türsturz merklich von der des südlichen Zugangs zum Fort Shalmaneser von Kalḫu, welcher als Kraggewölber mit Spitzbogen ausgeführt wurde (vgl. Kap.  3.3.3.3; Abb.  85). Andererseits kann aufgrund der Art der Öffnung nicht darauf geschlossen werden, dass es sich um ein mušlālu handelte. Wie andernorts diskutiert wurde, scheint sich dieser Begriff zumindest im 1. Jahrtausend v. Chr. nicht auf eine spezifische Bauform zu beziehen, denn ein mušlālu-Tor definierte sich primär durch seine Funktion oder Bedeutung, nicht durch sein bautypologisches Erscheinungsbild.592 Ebensowenig überzeugend ist J.E. Reades Alternativvorschlag, dass es sich um eine in der Stadttorliste nicht erwähnte Poterne handelte.593 Solche schmalen Ausgänge sind zwar in Aššur belegt (vgl. Kap.  3.1.2.1; Kap.  3.1.3.7), doch waren sie einerseits mannshoch, und andererseits führten letztere vom Siedlungsinneren auf den Wehrgang des verbundenen Niederwalls vor der Hauptmauer, nicht unter dem Niederwall hindurch. All diese Hinweise deuten darauf hin, dass der in Frage stehende Mauerdurchlass kein Stadttor und wohl auch keine Poterne darstellte. Plausibler erscheint eine Deutung als Drainage, durch die Wasser aus dem Stadtinneren abgeleitet wurde.594 Dass solche Konstruktionen in den Sockelbereich von Befestigungsmauern integriert wurden, ist in Aššur und Dūr-Šarrukīn belegt (vgl. Kap.  3.1.2.5; Kap. 3.9.2.4). Eine Konsequenz dieser Deutung ist, dass die Position des mušlālu-Tors wieder offen ist. Letzteres könnte sowohl südlich als auch nördlich des Eintrittspunktes des Ḫosr in das Stadtgebiet gelegen haben. Angesichts der Tatsache, dass einige von Osten kommende Hohlwege sich in der Verlängerung südlich des Tigris-Zubringers zu vereinen scheinen (vgl. Abb. 96), wird die südliche Option hier bevorzugt. Tor 7 (Šibaniba-Tor) Das nächste Tor, welches in Sîn-aḫḫē-erības Aufzählungen genannt wird, ist das Šibaniba-Tor. Dem Namen nach war es offensichtlich mit der inschriftlich gut belegten und ca. 19 km ostnordöstlich von Ninua gelegenen Siedlung Šibaniba (heute Tall 592 Sollee/Tudeau 2018. 593 Reade 2016: 75. 594 Sollee/Tudeau 2018: 432.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Niederwall

Tor 9

Stadtmauer

50 m

Abb. 108: Mögliche Reste des Šibaniba-Tors von Ninua (nach Reade 2016: Abb. 24).

Billā)595 assoziiert. Bisher wurde es an der mittleren Unterbrechung des nördlich des Ḫosr verlaufenden Abschnitts der östlichen Stadtmauer lokalisiert.596 Allerdings zeigen jüngst veröffentlichte Fotos, dass bei Baggerarbeiten nur wenige Meter nördlich des Ḫosr am Fuß des östlichen Hangs der verfallenen Stadtmauer eine Steinfassade freigelegt wurde, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, Position und sehr geringen Höhe kein Teil des Niederwalls gewesen sein kann (Abb. 108). Wie J.E. Reade festhielt, könnte es sich bei der exponierten Mauerfront stattdessen um das Fundament der Hauptmauer oder um den mit Steinplatten verkleideten Sockelbereich eines Torhofs gehandelt haben.597 Angesichts der vermuteten Lokalisieung des mušlālu-Tors südlich des Ḫosr (siehe oben) und der Tatsache, dass es noch nie konkrete Hinweise darauf gab, wo der von Šibaniba kommende Weg durch den nördlichen Teil der östlichen Stadtmauer ging, ist der neue Vorschlag zur Lokalisierung des Šibaniba-Tors plausibel. Abgesehen von der Tatsache, dass der Sockelbereich der Mauern des Tors mit wohl unrelifierten Orthostatenplatten verkleidet war, ergeben sich jedoch keine Erkenntnisse zur Struktur der Toranlage. Da die Ausgrabungen an den übrigen Stadttoren zeigten, dass ein derart ausgestalteter Sockelbereich auch an der Front des eigentlichen Torbaus zu erwarten wäre, ist nicht zwingend von der Existenz eines Torhofs auszugehen. 595 Siehe hierzu Radner 2009–2011. 596 Vergleiche z. B. Scott/MacGinnis 1990: Abb. 4. 597 Reade 2016: 80.

Abb. 109: Satellitenbildaufnahme des Bereichs des AdadTors (Grundkarte: http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019).

Tor 9 (Adad-Tor) Aufgrund seiner Position innerhalb der Auflistung der Tornamen wird das östlichste Tor entlang der nördlichen Stadtmauer gemeinhin mit dem AdadTor identifiziert. Laut den Inschriften lag es in der Nähe des königlichen Wildparks, der vermutlich im Nordosten der Stadt zu verorten ist.598 Die Struktur der Toranlage lässt sich nur in groben Zügen rekonstruieren. Die Ausgräber stellten zwei Torkammern fest, deren genaue Ausmaße jedoch nicht publiziert wurden. Ein Torbogen überwölbte den von zwei 11 m breiten Türmen flankierten zentralen Durchgang. Wie bereits für die Tore 4 und 5 festgehalten, wurde auch bei Tor 9 eine Verengung der Durchgänge durch Einbauten festgestellt. Darüber hinaus fanden sich Reste von Kampfhandlungen, u. a. in Form von nicht bestatteten Toten.599 Soweit bekannt, war dem zentralen Durchgang kein Torhof vorgelagert. Auf Satellitenbildern jüngeren Datums sind westlich und östlich von Tor 9 rekonstruierte Strecken des steinernen Niederwalls zu erkennen (Abb. 109). Dies deutet darauf hin, dass die šalḫû Ninuas an dieser Stelle nicht aus der Stadtmauerfront hervorsprang, sondern ihr Verlauf vor dem Portal von Tor 9 lediglich unterbrochen wurde. Somit wäre die Struktur der Toranlage in dieser Hinsicht vergleichbar mit Tor 12 (siehe unten). Tor 10 (Nergal-Tor) Tor 10, welches entlang der nördlichen Stadtmauer lag, wird mit dem in den Bauinschriften aufgeführ-

598 Reade 1978: 53, 68. 599 Reade 1998–2001: 402.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

a)

117

b)

Rampe Niederwall

S�erkoloss

Rekonstruierter Durchgang Vorhof

Stadtmauer

Geflügelte Figur

Treppenhaus?

Stadtmauer

Adlerkopffigur

1. Torkammer 2. Torkammer

50 m

10 m

c)

S�erkolosspaare Stadtmauer

Stadtmauer

10 m

Abb. 110: a) Satellitenbildaufnahme des Bereichs von Tor 10 von Ninua mit Hervorhebung der darauf zu erkennenden Mauerreste (Grundkarte: http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019); b) Umzeichnung der von A.H. Layard freigelegten Mauern (nach Layard 1853: 122 Textabbildung); c) schematische Rekonstruktion der Toranlage.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 111: Torwächterfiguren des zentralen Durchgangs von Tor 10 von Ninua (nach Gadd 1936: Taf. 24).

lisieren ist,600 was die Bedeutung des Torbaus unterstreicht. An dieser Stelle nahm wohl auch die in den Bauinschriften erwähnte, geradewegs zur Hauptzitadelle führende, ca. 34 m breite Prachtstraße ihren Ausgang.601 Nach Norden hin führte diese Straße nach Tarbiṣu (vgl. Kap. 3.8). Tor 10 wurde von A.H. Layard Mitte des 19. Jahrhunderts602 und vom irakischen Antikendienst 1941 archäologisch untersucht.603 Satellitenbilder offenbaren allerdings, dass der von A.H.  Layard publizierte Grundriss unvollständig ist (vgl. Abb. 110). Auf den Luftaufnahmen sind die beiden von ihm beschriebenen, jeweils ca. 23 m breiten und ca.  7,6  m tiefen breitgelagerten Torkammern noch deutlich zu erkennen. Zusätzlich zeichnen sich ein westlich der äußeren Torkammer gelegener Raum (4,55×3,5  m)604 sowie der von einer ca. 14 m dicken Mauer umgebene Torhof (ca. 44×19 m) davor ab. Die Fassade dieses ca.  33,5  m aus der Flucht der Stadtmauer vorspringenden Baus war ca. 67 m breit. Soweit ersichtlich, bestand auch hier die Umfassungsmauer aus einer mit 4 oder 6 Türmen bewehrten äußeren Stein- und einer sich an der Innenseite anschließenden Lehmziegelmauer. Zudem Abb. 112: Beispiel einer Reliefdarstellung eines geflügelten Genius mit Adlerkopf aus dem königlichen Palast von DūrŠarrukīn (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 74).

ten Nergal-Tor gleichgesetzt (Abb. 110). Inschriftenfunde geben Anlass zu der Vermutung, dass das bīt akītu Ninuas nordwestlich der Toranlage zu loka-

600 Siehe Frahm 2000; 2008: 17. 601 RINAP 3/1: Sennacherib 38. Siehe hierzu auch Novák 1999: 161–162; Stronach/Lumsden 1992: 230. Stronach (1994: 101) zufolge waren Ende des 20. Jahrhunderts noch Teile dieser Straße zwischen Tall Qūyunǧuq und Tor 10 an der Oberfläche sichtbar. 602 Layard 18492, Bd. 1: 144–145; 1853: 120–123. 603 Siehe hierzu Finch 1948: 12. 604 Dabei scheint es sich um den Raum zu handeln, den Salih (2017: 96) beschreibt. Die von ihr erwähnte 10×6,6  m große »Halle«, von der aus eine Tür zu dem quadratischen Raum führte, ist wahrscheinlich mit der westlichen Hälfte der primären Torkammer gleichzusetzen.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen scheint es einen leicht gewundenen Weg vor der in den Torhof führenden Rampe gegeben zu haben, der möglicherweise den Ausgangspunkt der oben erwähnten Prachtstraße nach Tarbiṣu darstellte.605 Den Eingang zum Torhof bildete das vom irakischen Antikendienst rekonstruierte Portal, in dem bei den Nachforschungen 1941 Torwächterfiguren entdeckt wurden.606 Diese unterschieden sich jedoch von denen, die A.H. Layard beschrieben hatte (siehe unten) und stellten daher Neuentdeckungen dar, weswegen mit mehreren mit Torwächterfiguren dekorierten Durchgängen zu rechnen ist.607 Das zentrale Portal von Tor 10 war ca. 4,7 m breit und mit Torwächterfiguren (Stierkolosse mit dahinter aufgestellten Reliefs mit Darstellungen geflügelter Genien) geschmückt (Abb. 111), während einfache Orthostaten die übrigen Wände innerhalb der Anlage verkleideten. Zudem stand laut A.H. Layard auch am innersten Durchgang ein Paar geflügelter Stierkolosse, von denen vermutlich schon C.J. Rich berichtete.608 In A.H.  Layards Planaufnahme wurden die Torwächterfiguren jedoch nicht als in situ dokumentiert (Abb. 110). Der Ausgräber gab aber an, eine »eagle headed figure« an diesem Durchgang entdeckt zu haben. Diese Darstellung wurde zwar nicht publiziert, doch trifft die Beschreibung auf D. Kolbes Typ IIB609 bzw. D. Kertais Typ 3610 zu, der sich auf den Palastreliefs häufig findet (Abb. 112). Die reichhaltige Dekoration der Anlage ist deswegen hervorzuheben, weil kein anderes neuassyrisches Stadttor mit so vielen großplastischen Darstellungen von apotropäischen Figuren ausgestattet war. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass nach bisherigem Kenntnisstand in Ninua nur dieses Stadttor über Torwächterfiguren verfügte.611 Eine naheliegende Erklärung liegt darin, dass Tor 10 wegen der großen hindurchführenden Straße (siehe oben) eine überaus wichtige repräsentative Funktion erfüllte. Auch die Tatsache, dass die Prozessionsstraße zum bīt akītu von Ninua durch dieses Tor verlaufen sein muss (siehe oben), verlieh diesem Stadtzugang eine herausragende ideologische Bedeutung. Die Breite der wohl mit wenig ausladenden Tortürmen ausgestatteten äußeren Fassade des Haupttors wurde auf ca. 20,7 m gemessen, und des Weiteren wurde festgestellt, dass der gesamte Bau auf einem 5  m starken Lehmziegelunterbau ruhte. Verbrannte Holzbalken und Dachfragmente deuten zudem auf eine einstige Deckenkonstruktion sowie eventuell mit der Eroberung der Stadt im Zusam605 http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019. 606 Finch 1948. 607 Halama 2011b: 273; Reade 2016: 83. 608 Layard 1853: 120–122; Rich 1836, Bd. 2: 39. 609 Kolbe 1981: 15. 610 Kertai 2015b: Abb. 1. 611 Reade 2016: 83.

119

Torkammer?

10 m

Abb. 113: Planaufnahme von Tor 11 von Ninua (nach Madhloum 1967: Taf. 2).

menhang stehende Kampfhandlungen hin. Erwähnenswert sind auch die Wagenspuren, die im steinernen Fußbodenpflaster erkannt wurden, da sie auf eine regelmäßige und häufige Nutzung des Tors hinweisen.612

Tor 11 (Sîn-Tor) Entlang der Nordmauer Ninuas befand sich laut den Bauinschriften das 11. Stadttor, welches in den Augen vieler Forscher mit dem Sîn-Tor zu identifizieren ist. Allerdings scheint dieser Name nicht immer für die Toranlage vorgesehen gewesen zu sein, denn in den älteren Inschriften Sîn-aḫḫē-erības findet sich noch die Titulatur »Gate of the Garden: ›The God Igisigsig Is the One Who Makes Orchards Flourish‹«, welche später auf das Garten-mušlālu übertragen wurde (vgl. Abb. 100).613 Die Toranlage wurde von Archäologen des irakischen Antikendienstes Mitte der 1960er-Jahre teilweise freigelegt614 und befindet sich westlich vor Tor 10 nahe der Nordwestecke der Stadt (Abb. 113). Im Zuge dieser Arbeiten wurde ein ca.  12×13  m großer Raum mit einem Lehmziegelpfeiler in der Mitte aufgedeckt. Die übrigen Reste des Torbaus waren hingegen der Erosion zum Opfer gefallen. Es wurde vermutet, dass einige umherliegende Kalksteinblöcke die Position des zentralen Durchgangs anzeigten,615 doch lassen sich diese nicht mehr lokalisieren. Da anscheinend nur das westlich der nicht erhaltenen Torkammern gelegene Treppenhaus des To612 Layard 1853: 120–123; Madhloum/Mahdi 1976: 29; Reade 1998–2001: 402. 613 Reade 1998–2001: 402. 614 Madhloum 1967: 77. 615 Vergleiche Madhloum 1967: 77.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

120

Torkammer

Böschung Nebenraum? 20 m

Abb. 114: Planaufnahme von Tor 12 von Ninua (nach Madhloum 1969: Taf. 1).

res ausgegraben wurde, lässt sich der ursprüngliche Grundriss der Toranlage nicht mehr rekonstruieren. In Anlehnung an den Befund an Tor  3 vermutete S.  Halama, dass es eine zweite Torkammer gab.616 Allerdings lässt sich das anhand der Dokumentation der Grabungsergebnisse nicht verifizieren. Da es letzten Endes keinerlei Hinweise auf einen Torhof oder eine zweite Torkammergruppe gibt, ist es naheliegend, Tor  11 mit einer breitgelagerten Torkammer und einem seitlich angeschlossenen Treppenhaus in einem Nebenraum zu rekonstruieren (Abb. 113).

Tor 12 (Mašqî-Tor) Archäologische Daten liegen auch zu Tor  12 vor, welches mit dem Mašqî-Tor identifiziert wird (Abb. 114). Teile des Torgrundrisses wurden durch Grabungen des irakischen Antikendienstes freigelegt. Auf der Westseite wurde erkannt, dass der hier 4,11  m aufragende steinerne Niederwall auf einem abgestuften, sechs Lagen Steinblöcke starken Unterbau von ca.  3,5  m Höhe stand. Letzterer wurde bisweilen als Hinweis darauf gewertet, dass der Tigris ursprünglich direkt an der Front des Tores vorbeifloss.617 D.  Stronach hingegen vermutete, dass hier ein Teil des Stadtgrabens verlaufen war, der die besondere Konstruktion des Mauerunterbaus nötig machte.618 Ob Tor 12 direkt am Tigris oder an einem Abschnitt des Stadtgrabens lag, lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entscheiden. Die Toranlage scheint aber nicht direkt mit einer Kaianlage 616 Halama 2011b: 272. 617 Madhloum 1968: 49; Madhloum/Mahdi 1976: 31. 618 Stronach 1994: 98.

verbunden gewesen zu sein. Die geböschte Steinkonstruktion wäre dafür sicherlich nicht geeignet gewesen, da sich ein Platzproblem ergeben hätte.619 Die Steinmauer verlief hier gerade vor der Fassade des Torbaus, wies aber eine ca. 7,5 m breite Unterbrechung auf, die als Zugang zum ca. 9,5 m weiter innen gelegenen und 5,8  m weiten zentralen Tordurchgang diente. Dieser war angeblich von einem Torbogen überspannt. Hinter ihm lag eine einzelne, als Breitraum konzipierte, ca.  25×6,5 m messende Torkammer. An der südlichen Schmalseite befand sich laut I. Salman eine 2,1 m breite, von einem Gewölbe überspannte Tür, die in einen weiteren, mit Orthostatenplatten ausgestatteten Raum führten. J.E. Reade beschrieb diese Räumlichkeit, deren Ausmaße in den Ausgrabungsberichten nicht genannt wurden, als zweite Torkammer,620 doch handelte es sich wegen ihrer Lage und den Dimensionen des Zugangs wohl um einen Nebenraum. Die Wände des Torbaus waren mit 1,2–1,3 m hohen undekorierten Steinplatten verkleidet. Mehrere Inschriftenfunde sind als Beleg für die Errichtung des Torbaus zur Zeit Sîn-aḫḫē-erības zu werten. Zusätzlich wurden auch Hinweise auf Renovierungsmaßnahmen oder Nachnutzungen gefunden, zu denen jedoch keine weiteren Informationen vorliegen. Auch an diesem Tor könnte es zu Kampfhandlungen in Verbindung mit der Stadteroberung 612 v. Chr. gekommen sein. Der Fund von Speer- und Pfeilspitzen im Tor legt dies nahe.621

Tor 16 (mušlālu des ekal mašārti) Da seit langem klar ist, dass das in vielen Texten beschrieben ekal mašārti von Ninua zumindest ab der Regierungszeit Sîn-aḫḫē-erības auf Tall anNabī-Yūnus lag, wird das 16. Stadttor von Ninua gemeinhin im Bereich der Zweitzitadelle lokalisiert (vgl. Abb. 95). Bisweilen wurde die Vermutung geäußert, es könnte sich bei diesem Stadttor um die Toranlage im Nordosten von Tall an-Nabī-Yūnus, die bei Grabungen des irakischen Antikendienstes freigelegt wurde, handeln.622 Da der Zugang wohl den primären Palastzugang darstellte, vermag dieser Vorschlag jedoch nicht zu überzeugen.623 Wesentlich plausibler erscheint es hingegen, eine Verbindung mit einem teilweise freigelegten abschüssigen Korridor, dessen Wände mit Orthostatenreliefs 619 Zwar könnte die zwischen der Fassade des Niederwalls und der Uferbefestigung gelegene, ca. 1,6 m breite ebene Fläche für das Entladen von Schiffen genutzt worden sein, doch wären die Türme im Weg gestanden, so dass die tatsächliche Anlegefläche auf den ca. 16,5 m breiten Bereich zwischen den Niederwalltürmen 2 und 3 beschränkt gewesen wäre. 620 Reade 1998–2001: 402. 621 Madhloum 1968: 46, 48–50; 1969: 46–47; Madhloum/ Mahdi 1976: 31, 34; Salman 1970: d. 622 Scott/MacGinnis 1990: 64–66. 623 Reade 2016: 86. Siehe auch Kap. 3.7.3.6.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen geschmückt waren, zu sehen.624 Demnach wäre die Toranlage im Nordwesten des Ruinenhügels zu vermuten.

3.7.3.5 Hauptzitadelle (Tall Qūyunǧuq)

Die wichtigsten Bauwerke Ninuas konzentrierten sich auf der höchsten Erhebung der Stadt, dem ca. 37,7 ha großen Ruinenhügel Tall Qūyunǧuq (vgl. Abb. 95). Aus militärischer Sicht war dieser prominente Teilbereich der Siedlung gut zu verteidigen. Neben seiner steilen, hohen Hänge war er sowohl im Südosten als auch im Osten durch den in diesem Abschnitt mäandrierenden Ḫosr geschützt. Zudem waren laut D. Stronach die nördliche und nordwestliche Front des Hügels durch einen Graben oder eine Depression von der Unterstadt getrennt.625 Darauf, ob es sich bei letztgenanntem Geländemerkmal um einen alten Seitenarm des Ḫosr oder um einen künstlich angelegten Verteidigungsgraben handelte, ging D. Stronach jedoch nicht näher ein. Es wird zwar gemeinhin vermutet, dass die Oberstadt Ninuas befestigt war, aber in den Ausgrabungen auf Tall Qūyunǧuq wurden bislang keine Reste einer neuassyrischen Befestigungsmauer festgestellt.626 Der am westlichen Fuß des Ruinenhügels freigelegte, 40 m lange Streifen der Stadtmauer wies keine Turmvorsprünge auf.627 Ein wichtiger Hinweis könnte sich aus dem Relief ergeben, das als Darstellung der Westfront der Hauptzitadelle interpretiert wird (siehe Abb. 98). Sollte das Relief tatsächlich eine Repräsentation Ninuas sein, gab es eine Befestigungsmauer, die den Zitadellenhügel umgab.628 Allerdings ist aufgrund der Darstellungsweise unklar, ob die Mauer auf dem Rand oder am Fuß der Oberstadt verlief. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Befestigungsmauer um die in einigen Bauinschriften erwähnte Mauer im Inneren der Stadt (dūr qabal āli).629 Eine Verbindung mit den entlang des Ḫosr festgestellten Steinmauerresten herzustellen, ist wohl nicht gerechtfertigt, denn diese Steinstrukturen sind vermutlich als Überreste einer Uferbefestigung und nicht einer Befestigungsmauer zu deuten.630 Bislang wurde noch kein Zitadellentor sicher lokalisiert, obwohl sich, den Inschriften nach zu urteilen, zumindest zwei mušlālu-Tore hier befanden, von denen offensichtlich das eine mit den königlichen Gärten und das andere mit dem Palast assozi624 Reade 2016: 85. Für Aufnahmen der Reliefs siehe Scott/ MacGinnis 1990: Abb. 3, Taf. 13.b. 625 Stronach 1994: 102. 626 Die im Schnitt KG am Rande der Hauptzitadelle entdeckte Festungsmauer datiert in die Akkad-Zeit (siehe McMahon 1998: 1, 8–12). 627 Roaf/Postgate 1981: 185. 628 Novák 1997: 186–187; 1999: 164. Für eine dreidimensionale Rekonstruktion siehe Kertai 2017: Abb. 28.4. 629 Vergleiche Reade 1998–2001: 398. 630 Siehe Scott/MacGinnis 1990: 68–69.

121

iert war. Bisweilen wurde auch das 1904 teilweise freigelegte Eastern Building631 als Teil einer Toranlage gedeutet.632 Dem Grabungsbefund nach zu urteilen, handelte es sich zwar zweifelsohne um ein Tor, doch gehörte es vermutlich zu Sîn-aḫḫē-erības Südwestpalast, der sich wesentlich weiter nach Osten erstreckt haben dürfte, als ursprünglich angenommen wurde.633 Zudem gibt es Mutmaßungen darüber, dass ein Zugang zur Zitadelle an deren Nordostecke gelegen haben könnte, da hier das Ende der von Tor 10 kommenden Prachtstraße vermutet wird.634 Ob es sich dabei um das in den Šarruukīn-II.-zeitlichen Inschriften erwähnte Tor (vgl. Kap. 3.7.2) handelt, ist unklar. Darüber hinaus ist auf das in einigen Inschriften erwähnte »Tor innerhalb der Stadt« (abullu qabal āli) zu verweisen (vgl. Abb. 100). J.E. Reade schlug vor, dass es sich um ein zur Zitadelle hinaufführendes Tor gehandelt haben könnte, das mit einer Brücke über den Ḫosr verbunden war.635 In den Inschriften Aššur-bāni-aplis wird diese Toranlage als »Durchgang, wo die Menschen kontrolliert werden« (nēreb masnaqti adnāti)636 bezeichnet. Diesem Eingang zur Zitadelle kam insbesondere bei der öffentlichen Zurschaustellung hochrangiger Gefangener eine zentrale Bedeutung zu.637 Genauer verorten lässt er sich jedoch nicht. Zusätzliche poternenartige Anlagen, die von den Palästen ins Stadtäußere führten, sind für Tall Qūyunǧuq nicht eindeutig belegt. Von ihrer Existenz wird jedoch vor allem wegen der in den Bauinschriften erwähnten Tore 13 und 14, die beide als mušlālu bezeichnet werden, ausgegangen. Der untere Ausgang einer dieser Anlagen könnte in der zeitgenössischen Darstellung Ninuas (Abb. 98) abgebildet sein.638 Im Nordpalast bildeten die geneigten Gänge A, R, W und S einen Weg, der zu einem säulengeschmückten Ausgang führte, was laut E. Heinrich an die Situation am Fort Shalmaneser erinnere.639 Das Ende dieses Korridors lag aber im Gegensatz zum Befund in Kalḫu nicht außerhalb, sondern auf der Zitadelle, was einen markanten Unterschied darstellt. Gleiches gilt letzten Endes auch für Gang LI des Südwestpalastes,640 denn die Annahme, dass er in die Tigrisaue westlich der Stadt führte, ist archäologisch nicht belegt. Auch die vermutete bildliche Wiedergabe ist keineswegs eindeutig. 631 Thompson/Hutchinson 1929: 64–66, Pl. 7. 632 Siehe z. B. Reade 1998–2001: 399. 633 Vergleiche Kertai 2015a: 128–130, Taf. 16.A. 634 Siehe Lumsden 2000: 816; Reade 1998–2001: 399; Stronach 1994: 101. 635 Reade 1998–2001: 398–399. 636 Frahm 1998: 120. Siehe auch Borger 1996: A IX 110. 637 Frahm 1998: 120–121. Siehe hierzu auch die Ausführungen in Kap. 5.3.1. 638 Reade 1998: 88; 2016: 84. 639 Heinrich 1984: 179. 640 Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 32–34.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

122

moderne Straße nach Erbil

Area B

Area A

229,35 m

223,35 m

Friedhof

100 m Moderne Bebauung

Abb. 115: Topografischer Plan von Tall an-Nabī-Yūnus mit freigelegten Baubefunden (nach Scott/MacGinnis 1990: Abb. 1).

Die auf dem Relief dargestellte kleine Öffnung könnte ebenso in das Stadtgebiet geführt haben.

3.7.3.6 Zweitzitadelle (Tall an-Nabī-Yūnus)

Nicht nur wegen seiner prominenten Lage, sondern auch aufgrund von Inschriftenfunden sowie der Beschreibungen in verschiedenen anderen Texten wird Tall an-Nabī-Yūnus oftmals als Zweitzitadelle Ninuas bezeichnet. Hier soll sich der Militärpalast Ninuas, das bīt kutalli (auch ekal māšarti genannt), befunden haben, der den Namen »Palast, der alles verwaltet« (Ešgalšiddudua) trug (Abb.  115).641 Da sich bis zu ihrer Zerstörung im Jahr 2014 durch Terroristen eine wichtige Pilgerstätte auf dem Ruinenhügel befand, wurde Tall an-Nabī-Yūnus nur im geringen Maß archäologisch untersucht.642 Es lassen sich daher nur begrenzt Aussagen zu Aufbau, Konzeption und Gestaltung des Militärpalastes treffen.643

641 Kertai 2015a: 147; Turner 1970a: 69; Reade 1998– 2001: 419. 642 Einen Überblick zu den bisherigen archäologischen Forschungen an Tall an-Nabī-Yūnus bietet Reade 2017. 643 Für einen Versuch, den Aufbau des Bauwerks anhand der Schriftquellen und begrenzten archäologischen Daten zu rekonstruieren, siehe Turner 1970a und jüngst auch

Wie bereits erörtert, hatte Tall an-Nabī-Yūnus vermutlich schon vor der Zeit Sîn-aḫḫē-erības zum Stadtgebiet Ninuas gehört (vgl. Kap.  3.7.2). Aufgrund der Feststellung von zwei Backsteinpflasterschichten644 darf zudem von mindestens zwei Bauoder Nutzungsphasen des Palastes ausgegangen werden. Der Fund einiger postkanonischer Tontafeln belegt indes das Fortbestehen des Monumentalbaus bis zum Ende des Neuassyrischen Reiches.645 Die im Westen etwas aus der Linie der Stadtmauer herausspringende Terrasse bestand größtenteils aus Lehmziegeln, die zumindest an den Außenseiten auf einem Steinblockfundament geruht zu haben scheinen. Dies fügt sich gut mit Aššur-aḫa-iddinas Baubericht:646 »I razed that small palace in its entirety, took a large area from the fields for an addition, and added (it) to it (the palace). I raised the terrace with limestone, strong stone from the mountains.«647

Kertai 2015a: 147–153; Reade 2017. 644 Scott/MacGinnis 1990: 65. 645 MacGinnis 1992: 3. 646 Reade 1998–2001: 419. 647 RINAP 4: Esarhaddon 2, iv 47–53.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Eine 1954 unter M.A.  Mustafa durchgeführte Grabung im Nordosten des Ruinenhügels erbrachte einen Torbau mit mindestens zwei breitgelagerten Torkammern, der auf einer mit Vorsprüngen an den Fassaden ausgestatteten Lehmziegelterrasse stand.648 Der Fußboden war mit Steinplatten gepflastert. Am äußeren Durchgang fanden sich zwei Türpfostensteine und eine dazwischen verlegte Steinplatte mit einem Loch, das für die einstige Existenz eines Verschlussmechanismus spricht. Zum wahrscheinlich unter Sîn-aḫḫē-erība entstandenen Tor führte eine Rampe aus dem tiefer gelegenen Vorfeld östlich des Palastbaus hinauf. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die in einer der Torkammern gefundenen drei ägyptischen Statuen des Taharqa,649 die eventuell Teil der Kriegsbeute aus den Feldzügen nach Ägypten waren. Allerdings muss hervorgehoben werden, dass das Tor keinerlei Verbindung mit den Befestigungsanlagen der Siedlung aufweist und aufgrund seiner Position im Verhältnis zum Rest des Palastes als Teil des bīt kutalli zu betrachten ist (vgl. Abb. 115; Kap. 3.7.3.4). Aus den oben zitierten Keilschrifttexten ist ersichtlich, dass das Arsenal über einen großen Hof oder eine Freifläche (kisallu bābānū) verfügte. Hier wurden offensichtlich Tiere untergebracht, Pferde trainiert sowie Truppen gemustert.650 Einige der hier gefundenen neuassyrischen Tontafeln erwähnen explizit Rationen für die Kavallerie und die Musterung von Eseln,651 und es wird auch vermutet, dass ein neuassyrisches Palastrelief die Unterbringung von Pferden in diesem Teil Ninuas andeutet (Abb. 99).652 Es ist jedoch weiterhin unklar, ob und in welcher Form die Zweitzitadelle durch eine innere Befestigungsmauer vom Rest des Stadtgebiets separiert war.653 Eine durchaus mögliche Verbindung zwischen Tall Qūyunǧuq und Tall an-Nabī-Yūnus vor dem Beginn von Sîn-aḫḫē-erības Bauprojekt könnte für eine Lage dieser Freifläche nördlich von Tall anNabī-Yūnus sprechen. Nicht zuletzt wegen des Fundes von Pferdetrensen in diesem Bereich654 favorisierten L. Scott und J. MacGinnis diese Lösung.655 Die Darstellung Ninuas auf einem neuassyrischen Relief könnte hingegen andeuten, dass der Exerzierplatz sich südlich des ekal mašārti erstreckte.656 Letzteres erschiene insofern einleuchtend, als dass es der Situation in Kalḫu (vgl. Abb. 71) entspräche.

648 Siehe al-Asil 1954: 110–111; Scott/MacGinnis 1990: 64–66. 649 al-Asil 1954: 111; Simpson 1954; Vikentiev 1955. 650 Reade 1998–2001: 419, Turner 1970a: 72. 651 MacGinnis 1992: 3. 652 Reade 1998: 90, 93. 653 Reade 1998–2001: 420. 654 Siehe hierzu MacGinnis 1989. 655 Scott/MacGinnis 1990: 66–67. 656 Vergleiche Lumsden 2000: 818–819, Abb. 9; Parpola 1987: 39 Bildunterschrift; Reade 1998: 90–93.

123

Ungeachtet ihrer einstigen Lage darf diese Freifläche in Analogie zum Befund des Fort Shalmaneser von Kalḫu (vgl. Kap. 3.3.3.3) aber als von einer Befestigungsmauer umgeben, rekonstruiert werden.657 Auf dem Plateau von Tall an-Nabī-Yūnus scheint hingegen keine Verteidigungsmauer gestanden zu haben. Der hier gelegene Monumentalbau war vermutlich von Terrassen umgeben und seine interne Organisation dürfte mit der von Palast  F in DūrŠarrukīn vergleichbar gewesen sein.658

3.7.4 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Mehrere Hinweise deuten darauf hin, dass die charakteristische polygonale Form Ninuas ein Resultat der Berücksichtigung topografischer Gegebenheiten bei der Planung des Verlaufs der Stadtmauern unter Sîn-aḫḫē-erība war.659 Ein Überblick der Geländemerkmale, die offenbar Auswirkung auf die Planung der Fortifikationen hatten, erweckt den Eindruck, als hätten Sîn-aḫḫē-erības Architekten das Ziel verfolgt, gut definierbare topografische Eckpunkte mit möglichst geradlinigen Mauerabschnitten zu verbinden. Zu diesen topografischen Features zählten in erster Linie eine Reihe von Erhöhungen. Die prominentesten waren selbstredend die Siedlungshügel Tall Qūyunǧuq und Tall an-Nabī-Yūnus. Aufgrund ihrer langen Besiedlungszeit müssen sie schon in neuassyrischer Zeit deutlich sichtbare Erhebungen dargestellt haben. Während die Dicke der vor-assyrischen Schichten des Tall an-Nabī-Yūnus aufgrund jüngerer Überbauung nicht bestimmt werden konnte, ist durch den Tiefschnitt M.  Mallowans am Tall Qūyunǧuq klar, dass alleine der prähistorische Tall die umliegende Ebene um 22 m überragte.660 Dementsprechend kann gemutmaßt werden, dass die Planung des Stadtmauerverlaufs von ihnen ausging, da sie einen exzellenten Blick über das gesamte Stadtgebiet sowie das direkte Umland boten. Ihre Lage zueinander könnte darüber hinaus auch den Verlauf der westlichen Stadtmauer geprägt haben, denn letztere verband die Südwestspitzen der beiden Ruinenhügel geradlinig.661 Eine anders gearteter erhöhter Untergrund prägte offensichtlich die östliche Stadtmauer, denn letztere wurde auf einem niedrigen Konglomeratrücken, der in leicht konvexer Form von Norden nach Süden verläuft, errichtet.662 657 Reade 2016: 56. 658 Vergleiche Kertai 2015a: 147. 659 Siehe u. a. Halama 2011b: 270; Russell 1999: 243; Stronach 1997: 311. 660 Gut 1995: 273; Thompson 1934: 95–96; Thompson/ Mallowan 1933: 128. 661 Stronach 1995: 162. 662 Stronach 1994: 100.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

124

Tall Qūyunǧuq

Eastern Terraces

240 m

Östliche Stadtmauer

230 m

220 m

Tigristal

1 km

2 km

Abb. 116: Digitales Profil von Tall Qūyunǧuq zu den Eastern Terraces, berechnet auf der Grundlage eines SRTM90-DGM.

Zusätzlich befand sich in der Nordostecke des umwallten Gebiets ein weiteres Areal, das aus dem Stadtgebiet hervorragte: Die sogenannten »Eastern Terraces«. Hier erreichte das Gelände fast die gleiche Höhe wie Tall Qūyunǧuq (Abb. 116).663 Bis auf eine schmale, anscheinend von einem Graben und der Sîn-aḫḫē-erība-zeitlichen Stadtmauer gekappten Verbindung zu den sich im Norden anschließenden Hügelketten fiel das Gelände von hier aus in alle Richtungen ab. Archäologische Geländebegehungen erbrachten jedoch kaum Hinweise auf Siedlungsaktivität in diesem Teil des Stadtgebiets, weswegen eine geringe Siedlungsdichte angenommen wurde.664 Dieser Befund wurde in der Vergangenheit unterschiedlich gedeutet. S. Lumsden rekonstruierte hier eine intramurale Freifläche oder Gartenanlage.665 M.  Novák und D.  Stronach schlugen hingegen vor, man habe diesen Bereich unbebaut belassen, um im Falle einer Belagerung die Bevölkerung aus dem Umland Ninuas aufnehmen zu können.666 Allerdings lässt sich keine dieser Hypothesen mit konkreten Belegen unterfüttern. Es ist jedenfalls festzuhalten, dass das Einbeziehen der Eastern Terraces in das Stadtgebiet einen nicht unwesentlichen fortifikatorischen Vorteil mit sich brachte, denn potentielle Feinde hätten dieses erhöht gelegene Areal nicht zum eigenen militärischen Vorteil nutzen können. Abgesehen von den genannten erhöhten Bereichen prägten vor allem Flussläufe die Topografie Ninuas, allen voran der westlich vorbeifließende Tigris und der von Nordosten durch die Stadt hindurch663 el-Wailly (1965: 5) gibt die Höhe der Eastern Terraces sogar mit 255 m ü. NN gegenüber den 251 m ü. NN des Tall Qūyunǧuq an. 664 Lumsden 2004: 187; Stronach 1994: 102. 665 Lumsden 2004: 189. 666 Novák 1999: 162; Stronach 1994: 102.

fließende Ḫosr. Letzterer stellte wahrscheinlich die südliche Siedlungsgrenze dar, während sich die Siedlung noch im Wesentlichen auf Tall Qūyunǧuq und eine sich evtl. nördlich anschließende Unterstadt beschränkt hatte. Als sich die Siedlung vermutlich schon in der späten mittelassyrischen Zeit, spätestens unter Sîn-aḫḫē-erība, über den Flusslauf hinweg nach Süden ausdehnte, verlor der Ḫosr diese Stellung und teilte Ninua fortan in einen von Tall Qūyunǧuq dominierten nördlichen und einen von Tall an-Nabī Yūnus geprägten südlichen Bereich. Neben der Lage der beiden Zitadellen zueinander (siehe oben) bestimmte vor allem der Tigris die Westgrenze von Ninua. Allerdings ist sein ehemaliger Verlauf schwierig zu rekonstruieren, denn anhand von Satellitenbildern und alten topografischen Karten lässt sich erkennen, dass sich das Flussbett über die Jahrhunderte mehrfach verlagert hat. Zwei besonders auffällige ehemalige Flussschleifen, die jeweils die Nordwest- bzw. Südwestecke der Sînaḫḫē-erība-zeitlichen Stadtmauer berührt zu haben scheinen (Abb.  95), finden sich auch auf Karten aus dem 19. Jahrhundert.667 R.C. Thompson und R.W.  Hutchinson sprachen sich bereits dafür aus, dass der antike Flusslauf dem aus dem 19. Jahrhundert bekannten Zustand ähnlich gewesen sein könnte, begründeten ihre Ansicht jedoch nicht näher.668 Die vielen an der Westfront der Stadt gelegenen Stadttore unterstützen diese Rekonstruktion jedoch. Denn da es keinerlei Indizien dafür gibt, dass jedes Tor mit einer Brücke verbunden war, muss es einen ausreichend breiten Uferbereich gegeben haben, auf dem die nach Westen führenden Straßen 667 Siehe z. B. Jones 1852; Rich 1836, Bd. 2: 29 Textabbildung. 668 Thompson/Hutchinson 1929: 122 Fn. 1.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen münden und sich an den Überquerungsmöglichkeiten vereinigen konnten. Es gibt noch weitere Gründe, die der Ansicht widerspechen, der Tigris sei an der westlichen Front Ninuas direkt vorbeigeflossen, wie es einst A.T. Olmstead vorgeschlagen hatte.669 So ist über die Konstruktionsweise der oftmals zitierten turmlosen »Kaimauer« am westlichen Fuße von Tall Qūyunǧuq schlichtweg zu wenig bekannt, als dass sie ohne Weiteres als Anlegestelle für den Warenverkehr auf dem Tigris zu identifizieren wäre.670 Die Bezeichnung von Tor  15 als »Kai-Tor«, welches allgemein zwischen Tall Qūyunǧuq und Tall an-Nabī Yūnus lokaisiert wird,671 ist ebenfalls nicht als schlüssiger Hinweis zu werten. Die Benennung verweist zwar auf eine Verbindung mit einer Kaianlage, die wohl am Tigris zu lokalisieren ist, doch impliziert dies nicht zwangsweise eine strukturelle Verbindung zwischen Toranlage und Landungssteg. Der Name könnte ähnlich zu den Toponymen, die in vielen anderen Tornamen enthalten sind (z. B. Ḫalzi-Tor oder Šibaniba-Tor), als Richtungsangabe zu verstehen sein. Demnach hätte von Tor 15 aus ein Weg zum weiter westlich gelegenen Kai am linken Tigrisufer geführt. In Anbetracht dieser Umstände scheint es gerechtfertigt anzunehmen, dass die Flussbeugen des Tigris die Stadt nur an ihrer Nordwest- und Südwestecke berührten.672 Während der Tigris die Westfront Ninuas bestimmte, wurde das Wādī Dāmlah Māfah zur Festlegung der Position der südlichen Stadtmauer verwendet. Dieses Wādī floss ca. 150–200 m südlich der Stadtgrenze an Ninua vorbei. D.  Stronach bezeichnete es fälschlicherweise als einen Seitenarm des Ḫosr.673 Das Wādī Dāmlah Māfah war aber ursprünglich ein eigenständiger Wasserlauf. Erst als der sogenannte outer ditch (vgl. Kap.  3.7.3.1), ein auch heute noch sichtbarer Kanal, der vermutlich der Bewässerung von Gärten und Feldern diente,674 durch die Senke östlich der östlichen Stadtmauer gezogen wurde, wurde es mit dem Ḫosr verbunden.

3.8 Tarbiṣu

Nahe dem modernen Ort Šarīf Ḫān lag das neuassyrische Tarbiṣu (Abb. 117).675 Die Ausgrabungen an diesem Ort konzentrierten sich bisher auf den Kronprinzenpalast und den Nergal-Tempel.676 Belegt ist

669 Vergleiche Olmstead 1923: Karte 8. 670 Siehe Postgate 1972: 143; Roaf/Postgate 1981: 185. 671 Reade 1998–2001: 402; 2016: 84–85. 672 Zu diesem Schluss gelangte auch Lumsden 2000: 820, Abb. 9. Vergleiche auch Stronach 1994: 99; 1995: 162. 673 Stronach 1995: 162. 674 Reade 1978: 71. Vergleiche auch Kap. 3.7.3.1. 675 Mehrere Textfunde erwähnen einen Kronprinzenpalast (Russell 1999: 151–152). 676 Die Universität Mosul führte hier 1968–1969 und in

125

An�ker Kanal

Tall Šarīf Ḫān Tigristal 250 m

11.12.1967 (ds1102-1025df011)

Abb. 117: CORONA-Aufnahme von Tarbiṣu.

die Existenz der Stadt bereits am Ende der Regierungszeit Tukultī-apil-Ešarras I. und im 9. Jahrhundert v. Chr.677 Zudem könnte die Siedlung in einem annalitischen Text Arik-dīn-ilis erwähnt sein.678 Seine prominenteste Erwähnung findet die Stadt jedoch in den neubabylonischen Chroniken, aus der ihre Eroberung durch die medisch-babylonische Allianz im Jahre 614 v. Chr. hervorgeht (vgl. Kap. 2.2; Abb. 6).

3.8.1 Das geografische Setting Der Fundort liegt auf einer alten Flussterrasse über dem Tigristal am nordwestlichen Ende der von Ninua kontrollierten Ebene, ca.  8,8  km von der assyrischen Kapitale entfernt (Abb.  3). Wahrscheinlich verband diese beiden wichtigen Städte eine Straße, die wohl am Tor 10 von Ninua (Kap. 3.7.3.4) endete bzw. begann. Hinsichtlich der Wasserversorgung profitierte Tarbiṣu von einem Tigriszubringer, dem aus den nördlichen Bergen kommenden Wādī Khojar Ambar (vgl. Abb. 117). Möglicherweise wurde die Wasserversorgung darüber hinaus von einem Kanal unterstützt, der sich heute noch deutlich in der Landschaft nördlich der höchsten Erhebung der Ruinenstätte abzeichnet.679 Die Konstruktion lässt sich

jüngster Zeit Grabungen durch. Im 19. Jahrhundert hatten bereits Layard und Rawlinson im Jahr 1850 bzw. 1852 Sondagen in Šarīf Ḫān angelegt (vgl. Altaweel 2008: 39; Frahm 1997: 188; Miglus 2012: 454; Suleiman 1971). 677 Miglus 2012: 454. 678 Vergleiche RIMA 1: A.0.75.8, 21′. 679 Altaweel 2008: 73; Bagg 2000: 209, Taf. 63; Miglus 2012: 456; Oates 1968b: 51, Abb. 4.

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126

»Bergesgleich baute ich hoch«

Dūr-Šarrukīn

Tarbiṣu

Ninua

10 km

Abb. 118: Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Tarbiṣu.

aber nicht mit Sicherheit in die neuassyrische Zeit datieren.680 Von Tarbiṣu aus scheint, dem viewshed-Modell nach zu urteilen, vor allem das sich südlich anschließende Flusstal überblickbar gewesen zu sein (Abb. 118). Mit dem nächstgelegenen großen urbanen Zentrum – Ninua – war darüber hinaus eine direkte visuelle Kommunikation möglich. Allerdings 680 Ur 2005: 332–333. Er erachtete den auf Satellitenbildaufnahmen sichtbaren Kanal aufgrund seiner Morphologie und extremen Linearität, die sich von sicher datierbaren neuassyrischen Kanälen stark unterscheidet, als jünger. Er folgte damit Reade (1978: 158), der sich bezüglich der neuassyrischen Datierung dieses Kanalabschnitts auch schon skeptisch geäußert hatte.

erweiterte Tarbiṣu das Sichtfeld Ninuas nicht signifikant (vgl. Abb.  96). Nichtsdestoweniger trug Tarbiṣu zur Kontrolle über den Zugang zum nördlichen Vorfeld Ninuas sowie über Teile eines zentralen Anbaugebiets des nördlichen assyrischen Kernlands bei.

3.8.2 Fortifikationen aus neuassyrischer Zeit

Die Befestigungsanlagen Tarbiṣus wurden bisher nicht archäologisch untersucht, weswegen sich keine Aussagen über architektonische Details treffen lassen. Von ihrer Existenz darf aber aufgrund der

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Erwähnung in einem Aššur-aḫa-iddina-zeitlichen Dokument ausgegangen werden:681 »We shall write the name of the king, my lord, on the foundation stone which we laid in the foundations of the city wall of Tarbiṣu. Let the king, my lord, write me what we should write 682 (on it) and we shall write accordingly.«

Eventuell wurden im Zuge der irakischen Ausgrabungen Teile eines Palastes freigelegt, die zu dem im eben zitierten Brief erwähnten bīt kutalli gehört haben könnten.683 Allerdings ist die relevante Passage der Tontafel beschädigt und lässt die Möglichkeit offen, dass sich die Textpassage auf das bīt kutalli einer anderen Siedlung bezog. Entsprechend skeptisch äußerte sich auch P.A. Miglus, der darauf verwies, dass die in Frage stehenden Räume und Mauern Bestandteile des Hauptpalastes von Tarbiṣu sein könnten.684 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Tarbiṣu als ein befestigter Ort am nördlichen Ende der Ebene um Ninua angesehen werden kann. Wie stark seine Befestigungen waren, lässt sich nicht mehr sagen, doch trug die Siedlung sicherlich zur Sicherung der nördlichen Flanke Ninuas bei. Es sei jedoch darauf verwiesen, dass dies wohl nicht die vornehmliche Funktion der Stadt darstellte. Die darin befindlichen Monumentalbauten (Kronprinzenpalast, Nergal-Heiligtum und möglicherweise ein bīt kutalli) scheinen eine weitaus bedeutendere Rolle gespielt zu haben.

3.8.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie

Dazu, welche Faktoren in die Planung der nachgewiesenen Stadtmauer Tarbiṣus einflossen, lässt sich mangels Daten keine Aussage treffen. Es ist aber zu vermuten, dass sich die Planer des Geländeabsatzes zwischen den Flussterrassen und den südlich und auf einem tieferen Niveau gelegenen Flussauen des Tigris bedienten. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass einige Monumentalbauten auf einem erhöhten Bereich am südöstlichen Rand der Stadt gelegen zu haben scheinen.685 Sowohl die östliche als auch die südliche Flanke der Stadt dürften in fortifikatorischer Hinsicht also von der Geländestufe profitiert haben. Ob auch für die Nord- und Westseite der Befestigungsanlagen der Stadt topografische Merkmale einbezogen wurden, lässt sich mangels aussagekräftiger Daten jedoch nicht sagen. 681 Miglus 2012: 456. 682 SAA 16: 143, Vs. 6–11. 683 Miglus 2012: Abb. 2; Curtis 2013: 26. 684 Miglus 2012: 456. 685 Siehe Miglus 2012: 454–456.

127

3.9 Dūr-Šarrukīn Der im Nordirak gelegene Fundort Ḫorsābād (Abb.  3) konnte schon Mitte des 19. Jahrhunderts mit Dūr-Šarrukīn identifiziert werden.686 Die Fundstätte war einer der ersten, die großflächig archäologisch untersucht wurden. Neben P.E. Botta erbrachten vor allem die von V. Place und vom Oriental Institute der University of Chicago durchgeführten Ausgrabungen wichtige Erkenntnisse.687 Dūr-Šarrukīn be­deckte eine Fläche von insgesamt ca.  300 ha. Die fast quadratische, annähernd an den Kardinalsrichtungen orientierte Form des umwallten Stadtgebiets springt sofort ins Auge und ist, neben den beiden Zitadellen, eines der Hauptcharakteristika der Siedlung (Abb. 119). Der Bau dieser Residenzstadt war ein Projekt Šarru-ukīns  II., das eine Bauzeit von etwas mehr als zehn Jahren (717–706 v. Chr.) einnahm.688 Damit einher ging die Einrichtung einer neuen, gleichnamigen Provinz.689 Warum Šarru-ukīn  II. diesen Ort für seine neue Hauptstadt wählte, kann nicht schlüssig geklärt werden.690 Eventuell bekräftigten ihn innenpolitische Schwierigkeiten und die Angst vor Intrigen in der alten Reichshauptstadt Kalḫu in der Entscheidung, seinen Amtssitz in eine zuvor weniger stark besiedelte Region des assyrischen Kernlands zu verlegen.691 Die Geschichte des Fundortes vor dem Beginn dieses Bauprogramms liegt weitgehend im Dunklen. Aus Inschriften ist bekannt, dass es in dieser Gegend zuvor eine bislang noch nicht lokalisierte Siedlung namens Magganubba gab.692 Zudem besteht Grund zur Annahme, dass beide Palastterrassen ältere Ruinenhügel unter sich begruben.693 Demnach könnte Magganubba auf dem Hügel gelegen haben, der später vom Königspalast Šarru-ukīns II. und seiner Terrasse bedeckt wurde.694 Nicht ganz auszuschließen ist jedoch, dass Dūr-Šarrukīn lediglich nahe dem Dorf Magganubba lag und letzteres nicht ersetzte, wie es S. Parpola beispielsweise vorschlug.695 Die Rolle als politisches Zentrum des assyrischen Staates verlor Dūr-Šarrukīn bereits 705 v. Chr. wieder, da Sîn-aḫḫē-erība die Verwaltung des Reiches 686 Jones 1855: 314. 687 Überblicke zur Forschungsgeschichte bieten u. a. Albenda 1986: 37–40; Novák 1999: 146. 688 Albenda 1986: 35–36. 689 Radner 2006–2008: 54; 2011: 326. 690 Russell 1999: 234. 691 Frahm 2017: 181; Novák 1999: 145; Radner 2011: 325. 692 Fuchs 1994: Zyl, 44–46; Novák 1999: 142. 693 Dafür sprechen insbesondere einige von Place (1867/1870, Bd. 3: Taf. 67–69) veröffentlichte Gefäße. Eines dieser Gefäße (Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 67.1) zählt zur Ḫābūr-Ware des 2. Jahrtausends v. Chr. und lässt sich mit Funden aus dem Osttirgisgebiet vergleichen (vgl. Mühl 2013: Taf. 95.4, 96.10–12, 98.6). 694 Russell 1999: 239. 695 Parpola 1995: 53.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

128

Königspalast 1

Zitadelle

Stadtmauer 2

Tor B 7

Tor A

3 6 4

5 16.08.1968 (ds1104-2138df001)

1000 m

Palast F

Festungsgraben

Abb. 119: CORONA-Satellitenbildaufnahmen von Dūr-Šarrukīn.

nach dem Tod seines Vaters rasch nach Ninua verlagerte. Die Stadt wurde jedoch nicht aufgegeben, sondern blieb ein Provinzzentrum, deren Statthalter im Verlaufe des 7.  Jahrhunderts  v.  Chr. drei Mal das Eponymenamt innehatten (693, 664 und 648 v. Chr.).696 Zudem sprechen die später eingezogenen Fußböden im Thronsaal des Palastes für eine Nutzung des Monumentalgebäudes noch nach dem Umzug des Reichszentrums nach Ninua.697 Daher wird davon ausgegangen, dass die Zerstörung Dūr-Šarrukīns im Zuge des medisch-babylonischen Feldzugs 614/612 v. Chr. geschah.698 Ob und wie die einstige Hauptstadt Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. fiel, lässt sich jedoch nicht sagen, denn ihre vermutliche Eroberung wurde in den neubabylonischen Chroniken nicht erwähnt (vgl. Abb. 6).

696 Millard 1994: 61; Radner 2006–2008: 54; 2011: 326– 327. 697 Loud 1936: 62. 698 Novák 1999: 142–143.

3.9.1 Das geografische Setting

Auf den ersten Blick erschließt sich die Wahl der geografischen Lage Dūr-Šarrukīns nicht sofort. J.M. Russell schrieb hierzu: »It is a site with no apparent strategic, political, or economic advantages and appears to have little to recommend except its scenic beauty and rich farmland.«699

Betrachtet man die Umgebung der Stadt jedoch genauer, lassen sich einige Standortvorteile erkennen, die die Residenzgründung an dieser Stelle begünstigt haben könnten. Die Ebene um den Fundort wird nach Osten vom Ǧabal Bāʿšīqā begrenzt. Zudem steigt das Gelände von Südwesten nach Nordosten sanft an (Abb. 120). Die westliche Seite der Ebene öffnet sich hingegen in Richtung des Tigristals.700 Geografische Zentralität spielte bei der Gründung Dūr-Šarrukīns offensichtlich keine Rolle, denn die neue Residenzstadt lag am nördlichen Rand Zentralassyriens (Abb. 3). Dementsprechend bestanden recht große Distanzen zu den anderen neuassyri699 Russell 1999: 100–101. 700 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 21.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

īqā āʿš

701 Novák 1999: 145. 702 Russell 1999; 240. Siehe auch Parpola/Porter 2001: Karte 4. 703 Siehe Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 20. 704 Russell 1999: 240–241; Saggs 1984: 98. 705 Vergleiche Fuchs 1994: Zyl, 39–46. 706 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 20. Siehe auch Wirth 1962: Karte 1. 707 Place 1867/1870, Bd. 1: 14. Siehe hierzu auch Russell 1999: 238. 708 Vergleiche Ur 2005: 324. 709 Vergleiche Ur 2005: Abb. 5. 710 Russell 1999: 237–238. 711 Siehe hierzu Altaweel 2008: 29–30; Bagg 2000: 170, 175–182, Taf. 63; Morandi Bonacossi 2018; Ur 2005.

lB ba Ǧa

schen Zentren. Die Aussage, Šarru-ukīns  II. neue Hauptstadt sei an keiner wichtigen Route situiert gewesen,701 ist allerdings nicht unbedingt korrekt. Die von Norden kommende und über das Aquädukt von Jerwan in das Tal des Ḫosr führende Straße, welche letzten Endes bei Ninua endete, verlief vermutlich nur knapp westlich von Dūr-Šarrukīn.702 Ein noch im 19. Jahrhundert genutzter Übergang über den Ḫosr, der nahe eines kleineren Talls westlich von Dūr-Šarrukīn lag, könnte diesbezüglich ebenfalls von Bedeutung gewesen sein.703 Diese von Norden in das Gebiet von Ninua führende Route mit einer befestigten Stadt zu kontrollieren, stärkte die Sicherheit im Kernland des Neuassyrischen Reiches.704 Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob dies tatsächlich ein ausschlaggebender Faktor für die Wahl des Standortes war. Die in den Inschriften Šarru-ukīns II. zu findende Betonung der Urbarmachung eines vorher angeblich landwirtschaftlich nur bedingt genutzten Gebiets sowie der Nähe zum Ǧabal Bāʿšīqā und den dort entspringenenden Quellen scheint weitaus bedeutender für die Entscheidungsfindung gewesen zu sein.705 In der Tat scheint es sich hier um ein landwirtschaftlich ertragreiches Gebiet gehandelt zu haben. P.E. Botta berichtet von guten Böden und hohen Ernteerträgen im Bereich des Fundortes.706 V. Place zufolge waren die Erträge im 19. Jahrhundert hoch genug, um Überschüsse nach Bagdad liefern zu können.707 Auch landschaftsarchäologische Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die Ebene um Dūr-Šarrukīn eine der Kornkammern des Reiches war.708 Ein wichtiger Faktor diesbezüglich war sicherlich der Wasserreichtum im Umland von Dūr-Šarrukīn. Mehrere kleine Bäche aus dem Ǧabal Bāʿšīqā, die den Ḫosr speisen, verliefen nahe der Siedlung.709 Sowohl der Na’ur als auch der Fadla, welche die Stadt direkt passierten, führten noch im 19. Jahrhundert ganzjährig Wasser.710 Scheinbar gab es darüber hinaus Bestrebungen, die Wasserversorgung der Umgebung durch die Anlage größerere Kanäle weiter zu verbessern. Entlang des Ḫosr sind mehrere Abschnitte eines Kanalsystems bekannt, die wohl Teil von Sîn-aḫḫē-erības Kanalbauprojekt waren.711 Bisher nicht lokalisiert ist

129

Dūr-Šarrukīn

300

260

280

2 km

Abb. 120: Topografie des Geländes in der unmittelbaren Umgebung von Dūr-Šarrukīn, basierend auf einem SRTM90-DGM.

ein im Zuge der Gründung Dūr-Šarrukīns erschaffener Kanal, der in den Inschriften Šarru-ukīns II. erwähnt wird.712 Soweit bekannt, erhielt das Bauwerk jedoch keinen Namen, was A. Bagg als Hinweis darauf wertete, dass es nie vervollständigt wurde.713 Womöglich ebenfalls mit dem Willen zur Intensivierung der Landwirtschaft in der Umgebung verbunden sein könnte das Sichtfeld, das sich von DūrŠarrukīn aus bot. Ein viewshed-Modell deutet an, dass im Wesentlichen die gesamte umliegende Ebene und damit auch alle in ihr gelegenen kleineren Ortschaften überblickt werden konnten (Abb. 121). Zu letzteren könnten die in Texten erwähnten Siedlungen Kisiri (Tall Intah?), Gingilniš (Tepe Chenchi?),714 Sulu (Mosul Tepe?) und Dūr Ištar (in der Umgebung von Bahzani?) gehört haben.715 Zusätzlich bot sich auch ein relativ weites Sichtfeld in Richtung Südwesten entlang des Ḫosr. Somit konnte von hier nicht nur ein wichtiges landwirtschaftliches Gebiet, sondern zugleich auch eine Einfallroute nach Ninua kontrolliert werden. Potentiell bestand sogar Sichtkontakt zur Hauptzitadelle von Ninua (Abb. 122.a), was auch schon P.E. Botta angedeutet hatte.716 In diese Richtung geht auch Šarruukīns  II. Beschreibung der möglichen Vorgängersiedlung Magganubba. Darin erwähnte er, dass sie »am Fuß des Berges Muṣri über einer Quelle und dem Umland von Ninua wie ein Turm gelegen ist«.717

712 Fuchs 1994: Zyl, 55. 713 Bagg 2000: 154. 714 Zur neuassyrischen Besiedlungsphase Tepe Chenchis siehe Algaze 1989: 8–9. 715 Siehe Altaweel 2008: 38–39. 716 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 18; Russell 1999: 238–239. 717 Fuchs 1994: Zyl, 44.

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130

»Bergesgleich baute ich hoch«

Dūr-Šarrukīn

Ninua

10 km

Abb. 121: viewshed-Modell von Dūr-Šarrukīn, basierend auf einem SRTM90-DGM.

Darüber hinaus bestand auch eine ununterbrochene Sichtlinie nach Šibaniba (Abb. 122.b).

3.9.2 Die Befestigungsanlagen Šarruukīns II.

In Dūr-Šarrukīn fällt die Datierung der Befestigungsanlagen (Abb. 123) leicht, da ihre Errichtung aufgrund der schriftlichen Quellen eindeutig Šarruukīn II. zuzuweisen ist. Hierzu zählt allen voran der Bericht über die Gründung der Stadtmauern, der auf mehreren Gründungsinschriften aus Dūr-Šarrukīn festgehalten wurde (siehe App. I.6).

Darüber hinaus ist die Konstruktion der Befestigungen Dūr-Šarrukīns Thema mehrerer Briefe der royalen Korrespondenz aus der Zeit Šarruukīns II.718 Darin finden sich, in Form langer tabellarischer Listen, Informationen zum Fortschritt der Bauarbeiten: »8 towers, 32 29 27 25 15 12 brick-courses; 7 6 5 4, rampart; 105, city-wall — (governor of) Arrapha. 3 towers, 59 32 brick-courses — (governor of) Calah.

718 Siehe hierzu auch Parpola 1995.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen [x] towers, 22 19 18 15; [1]05 103, city-wall — (governor of) Que. [x] brick-courses, (one) tower; [(...), x+]9, rampart; [1]05, city-wall — (governor of) Birtu. [x+]16 brick-courses, (one) tower […] 95 90 86 87 76 70 69 68 65 — the palace herald. 89 81 80 79 54 52 — the chief cupbearer. 78 77, city-wall — (governor of) Arpad. 95, city-wall; 23 wide bricks, terrace — (governor of) Bit-Zamani. 128 [wide] br[icks], terrace — [...]. 100 wide bricks, [(terrace)] — (governor of) Hat[arikka]. [...] ra[mpart ...] ...[...]. […] (governor of) Barhalzi. [x] towers, completed; 13 ditto (= towers), the beams fixed, the scaffolds not removed — (governor of) Raṣappa.«719 Zusätzlich gewähren manche Texte Einblick in die Organisation der Bauprojekts, in dem offensichtlich Bautrupps aus verschiedenen Provinzen des Neuassyrischen Reiches jeweils unterschiedliche Abschnitte zu errichten hatten: »[Out of the ...] work assignment (units) of the governor of Calah, that of the wall reached as far as the edge of the gate of the Tower of People, and out of the 850 work assignment (units) of the governor of Arrapha, the wall (assignment) extended as far as the edge of the gate of the Tower of People. I deducted this (stretch of) wall from the gate (assignment), calculated the bricks for the balance of the gate, and gave three fourths to the governor of Arrapha and ... one fourth to the governor of Calah even before the king’s sealed message had come to me. The governor of Calah [did] not know that his wall assignment extended [only as far as the edge] of the gate, and that is why he said: ›I have too large an assignment.‹ I have now arbitrated between them and they are both doing their work.«720

Da die Stadt durch das 7. Jahrhundert v. Chr. hindurch eine wichtige Position einnahm (siehe oben), darf weitergehend von einem Bestehen der Stadtmauern bis zur Eroberung ausgegangen werden. Ob es während des knapp 100-jährigen Bestehens der Siedlung zu Umbauten, Erneuerungen oder tiefgreifenden Umgestaltungen kam, ist nicht bekannt. Die einzige Ausnahme stellt die Zusetzung des Durchgangs von Stadttor 7 dar (vgl. Kap. 3.9.2.3). 719 SAA 11: 15, Vs. ii 1 – Rs. i 8′. 720 SAA 1: 64, Rs. 1 – Edge 2.

a)

131

Dūr-Šarrukīn Ninua

300 m 275 m 250 m 225 m 5 km

10 km

15 km

b)

Šibaniba

Dūr-Šarrukīn 330 m 320 m 310 m 300 m 5 km

10 km

Abb. 122: Digitale Höhenprofile zwischen Dūr-Šarrukīn und a) Ninua bzw. b) Šibaniba, basierend auf einem SRTM90-DGM.

3.9.2.1 Der Stadtgraben

Zu der Frage, ob Dūr-Šarrukīn einen Stadtgraben besaß, gibt es widersprüchliche Angaben. Šarruukīn  II. erwähnt ein solches Befestigungselement in seinen Bauinschriften nicht explizit. P.E. Botta hingegen berichtete von einem 50  m breiten Graben.721 V.  Place wiederum bestritt die Existenz eines solchen Befestigungselements.722 Er begründete seine Ansicht insbesondere mit den auf die Stadttore hinführenden Rampen, da sie den Lauf des Grabens unterbrochen hätten.723 Dies schließt das Vorhandensein eines Stadtgrabens jedoch nicht kategorisch aus.724 Ein auf Satellitenbildern erkennbarer ca.  50  m breiter Streifen direkt vor der Nordost-, Südost- und Südwestseite der Stadtmauer könnte P.E. Bottas Ansicht stützen (vgl. Abb. 119). Daher darf wohl davon ausgegangen werden, dass Dūr-Šarrukīn von einem Festungsgraben umgeben war. Seine einstigen Ausmaße sind aber nicht mehr bestimmbar.

3.9.2.2 Die äußere Stadtmauer

Bereits im Zuge von P.E. Bottas Ausgrabungen in Dūr-Šarrukīn wurde die äußere Stadtmauer im Bereich der östlichen Ecke der Stadtanlage untersucht. Der Ausgräber berichtete, eine 14  m breite Mauer vorgefunden zu haben, die aus einem weniger als

721 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 28. 722 Place 1867/1870, Bd. 1: 167, 197–198. 723 Place 1867/1870, Bd. 1: 197. 724 Halama 2011b: 268 Fn. 59.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

132

Zitadelle

Tor 1

Königspalast

31 0

310 m

0

31

31

5

31 5

320

Tor 2 31 5

Tor B

5

30 310

310 m 5

31

Tor 5 300 m

Tor A

Binnenmauer

30 0

305 m

Binnenmauer? 0

30

300 m

Tor 3

Tor 6 305

0

31

Tor 5

500 m

Tor 4

Palast F

Abb. 123: Topografischer Plan Dūr-Šarrukīns mit erfasster Architektur (nach Loud/Altman 1938: Taf. 67–69).

1 m hohen Kalksteinsockel mit einem ca. 2 m hoch erhaltenen aufgehenden Lehmziegelmauerwerk darüber bestand (Abb.  124). Davor entdeckte er Überreste eines weiteren, seiner Meinung nach dem Innenrand des Grabens folgenden Mauerzugs, der ebenfalls ein 1 m hohes Kalksteinfundament mit aufliegendem Lehmziegelmauerwerk besessen haben soll.725 Allerdings besteht Uneinigkeit darüber, wo P.E. Botta genau gegraben hatte. Er selbst verortete die aufgedeckten Baureste knapp südwestlich der Ostecke der Stadt an einer Verbreiterung des Erdwalls.726 Letzteres und auch die von ihm dokumen725 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 31. 726 Vergleiche Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 2

tierten Befunde deuten darauf hin, dass P.E.  Botta einen Teil eines Stadttors freilegte. Nur so ließe sich auch der große Abstand zwischen den beiden erfassten äußeren Fassaden erklären (vgl. Abb. 124). An der von P.E. Botta beschriebenen Stelle lässt sich jedoch keine den Ruinen der Stadttore ähnliche Erhebung oder Verbreiterung nachvollziehen (vgl. Abb. 119; Abb. 123). Zudem suggeriert P.E. Bottas Plan, dass es entlang der Südostseite drei Stadttore gab, was aber den Inschriften widerspräche, denen zufolge es jeweils nur zwei Toranlagen entlang einer Front der Siedlung gab (vgl. App.  I.6). Diese Diskrepanz bemerkte bereits P. Albenda, weswegen sie P.E. Bottas Schnitt an dem Hügel, der der Ostecke

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen der Stadt am nächsten lag, lokalisierte.727 Dies würde bedeuten, dass bei diesen frühen Ausgrabungen Teile von Stadttor 2 erfasst wurden, P.E. Botta sich die Position des Grabungsbereichs aber falsch notiert hatte. Während der einige Jahre später durchgeführten Kampagnen V. Places wurden größere Strecken der Stadtmauer freigelegt. Diese bestätigten die auch in den Texten erwähnte Steinfundamentierung der Befestigungsmauer,728 doch war letztere laut dem Ausgräber mit 24 m wesentlich breiter als von P.E. Botta beschrieben.729 Da V.  Places Angabe überdimensioniert erscheint, wird in der Regel eine Mauerstärke von 14 m, wie sie P.E. Botta festgehalten hatte (siehe oben), angenommen.730 Die unterschiedlichen Werte könnten jedoch auf das unterschiedliche Vorgehen der frühen Forscher zurückzuführen sein, womit beide Werte in gewisser Hinsicht korrekt wären. Die Zeichnung P.E. Bottas deutet an, dass er eine solide Mauer im Kern des durch die Erosion der Stadtbefestigungen entstandenen Erdwalls freilegte. Dabei scheint er die Lehmziegel des aufgehenden Mauerwerks erkannt zu haben. V.  Place hingegen berichtete nicht von den Ziegelformaten, hielt dafür aber die von ihm ausgegrabenen Orthostatenplatten am Fuße der Mauerreste fest. Demnach erscheint es vorstellbar, dass P.E. Botta die eigentliche Stadtmauer erfasste und dokumentierte, während V.  Place laut seinen eigenen Angaben den steinernen Fundamenten der Befestigungen gefolgt war.731 Diesbezüglich ist die Erwähnung einer šalḫû vor der dūru, d.  h. der Hauptmauer, in Šarru-ukīns  II. Bauinschriften bedeutsam (vgl. App. I.6). Da erstere vor der Hauptmauer gelegen haben muss, es jedoch keinen weiteren äußeren Mauerring gab, müssen beide Mauerzüge zusammen unter den länglichen Erdwällen, die das Stadtgebiet Dūr-Šarrukīns heute umfassen, verborgen liegen. Zu diesem Schluß kam auch A. Fuchs, der die šalḫû Dūr-Šarrukīns in Anlehnung an die Situation in Ninua als Niederwall vor der eigentlichen Stadtmauer interpretierte.732 Aufgrund der von ihm angewandten Ausgrabungsmethode ist denkbar, dass V. Place sowohl den Niederwall als auch die Hauptmauer als eine zusammengehörige Konstruktion wahrnahm. P.E. Botta scheint hingegen nur eine der beiden Mauern erfasst zu haben, welche aufgrund ihrer Breite von 14  m wohl mit der Hauptmauer zu identifizieren sein dürfte. Das Befestigungssystem hätte somit aus der ca. 14 m starken Stadtmauer sowie einem

727 Albenda 1986: 40. 728 Place 1867/1870, Bd. 1: 161; vergleiche hierzu Fuchs 1994: Zyl, 65. 729 Place 1867/1870, Bd. 1: 164. 730 Loud/Altman 1938: 18; siehe Halama 2011a: 66–67. 731 Place 1867/1870, Bd. 1: 165; siehe auch Loud/Altman 1938: 18. 732 Fuchs 1994: 296 Fn. 96.

133

1m

50 m

Abb. 124: Zeichnung des von P.E. Botta freigelegten Abschnitts der Stadtmauer (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 3).

vorgelagerten Niederwall bestanden.733 Dabei muss offen bleiben, ob letzterer als freistehende oder verbundene Zwingermauer konstruiert war. P.E. Bottas Befund (Abb.  124) würde für die erste Variante sprechen, da er außerhalb des Hauptwalls einen Freiraum ausgegraben zu haben scheint. In V. Places Plänen der Stadttorgrabungen wurde ein solcher Zwischenraum hingegen nicht festgehalten, was für einen direkt an die Außenfassade der Hauptmauer angesetzten Niederwall sprechen würde.734 Je nachdem, welcher Variante man folgen mag, hat dies Auswirkungen auf die rekonstruierte Breite der šalḫû. Sollte es sich um einen verbundenen Niederwall gehandelt haben, wäre sie vermutlich 10 m breit gewesen. Sollte es hingegen einen Zwischenraum gegeben haben, wäre von einer geringeren Stärke auszugehen. Einen Hinweis hierzu könnte die 5  m breite Zwingermauer, die die Torhöfe umgab, geben (siehe Kap. 3.9.2.3), denn wie in Ninua könnte es sich hierbei um ein vorspringendes Segment des Niederwalls gehandelt haben. Da beide Optionen gleichermaßen plausibel sind, lässt sich die Breite der Zwingermauer letzten Endes aber nur mit 5–10 m angeben. Obwohl die Stadtmauer Dūr-Šarrukīns natürlich an keiner Stelle mehr bis zur Krone erhalten war, lässt sich ihre einstige Höhe trotzdem zumindest annähernd rekonstruieren. V. Places Schätzung von 733 Vergleiche hierzu auch schon Unger 1938: 251. 734 Vergleiche Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 12.2.

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134

»Bergesgleich baute ich hoch«

23 m735 wird allgemein als unrealistisch abgetan. Weitaus akzeptabler scheint G. Louds Vorschlag von 12 m, der auf dem Niveauunterschied zwischen der Palastterrasse und der Straße, die die amerikanische Grabungsmannschaft in Stadttor  7 freigelegt hatte, basiert.736 Zudem wäre dieser Wert vereinbar mit den Angaben in den Šarru-ukīn-II.-zeitlichen Briefen, die den Bau der Befestigungsanlagen behandeln. Die in mehreren dieser Dokumente enthaltenen Angaben zu den Ziegellagen der Stadtmauer hielten laut M. Fales und J.N. Postgate den Fortschritt beim Verlegen dieser Schichten fest.737 Dieser Interpretation der in den Briefen notierten Zahlenreihen zufolge wurde von der vorgegebenen zu erreichenden Mauerhöhe von in der Regel 105 Ziegellagen heruntergezählt. Bei ca. 12 cm dicken Lehmziegeln käme dies einer Höhe von ca.  12,6  m gleich, wobei pro Ziegellage jeweils noch 1 cm Mörtel hinzuzuzählen wäre. Dementsprechend erscheint es gerechtfertigt, für die Höhe der Stadtmauer von Dūr Šarrukēn einen Schätzwert von ca. 13,65 m zu veranschlagen. Wie hoch die šalḫû (d. h. der Niederwall) gewesen sein könnte, lässt sich aus diesen Quellen hingegen nicht erschließen, denn die in dem oben zitierten Text erwähnten sieben Ziegellagen würden bei 12 cm dicken Ziegeln eine Mauerhöhe von lediglich 0,84 m bedeuten. Dieser Wert ist mit den archäologischen Befunden aber nicht vereinbar. Die Reste des Niederwallabschnitts, der den Torhof von Stadttor  3 einfasste, waren höher als die im Durchgang der Toranlage stehenden Stierkolosse, was einen Mindestwert von 3,74 m andeutet.738 Entlang der Mauer wurden die Reste mehrerer Türme erfasst, die 4  m ausluden und 13,5  m breit waren, wobei die Kurtinenlänge mit 27 m der doppelten Breite eines Turms entsprachen.739 Sollte die oben vorgeschlagene Zugehörigkeit des äußeren Teils der Mauer zum Niederwall korrekt sein, würde dies bedeuten, dass die dokumentierten Mauervorsprünge Ausladungen des Nieder- und nicht des Hauptwalls waren. Allerdings ist unsicher, ob es sich dabei um echte Türme oder lediglich um Umgänge der Türme des Hauptwalls handelte. Die ursprüngliche Höhe der Türme lässt sich ebenfalls nur mit äußerster Vorsicht rekonstruieren. In den Verwaltungsurkunden zum Bau der Fortifikationen der königichen Residenz finden sich keine eindeutigen Angaben. In dem bereits zitierten Brief findet sich eine Angabe von 59 Ziegellagen (7,67  m) für einen Turm (siehe oben). Wenn die Stadtmauer 105 Ziegellagen hoch werden sollte, ist diese Ziffer für einen Turm allerdings unrealistisch.

735 Place 1867/1870, Bd. 1: 164. 736 Loud/Altman 1938: 18. 737 Fales/Postgate 1995: xvii–xviii. 738 Vergleiche Place 1867/1870, Bd. 1: 172; Bd. 3: Taf. 9. 739 Place 1867/1870, Bd. 1: 165–166. Da diese Angabe jedoch sehr geschönt wirkt, ist eventuell mit Abweichungen von diesem Idealmaß zu rechnen.

Hauptmauer

Straße

Torwächterfiguren

N M 2

E 1

F

V C P V’

G

H

Treppe

Zwischenraum(?)

Niederwall 20 m

Lage Gründungsdepots

Abb. 125: Grundriss von Stadttor 3 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 12).

Der Wert könnte jedoch auch so verstanden werden, dass damit angezeigt wurde, um wieviel die Türme die Mauer zu überragen hatten. Dementsprechend wäre mit 21,27  m hohen Türmen zu rechnen. In Anbetracht der angenommenen Dimensionen der Stadtmauer von Ninua (vgl. Kap.  3.7.3) wäre dies nicht unrealistisch.

3.9.2.3 Die Toranlagen

An der äußeren Umwallung Dūr-Šarrukīns wurden insgesamt sieben Toranlagen (Stadttor  1 bis 7) archäologisch erfasst (vgl. Abb.  123). Erstere wurden vor allem von V.  Place, der die konischen Erhebungen entlang der Stadtmauer im Gegensatz zu P.E. Botta740 als Überreste von Toranlagen erkannte, untersucht. Seinen eigenen Angaben zufolge legte er sieben Stadttore frei und unterteilte sie in geschmückte (Stadttor 1, 3 und 6) und einfache (Stadttor 2, 4, 5 und 7) Torbauten (»portes ornées« bzw. »portes simples«).741 In seinem Bericht über die Ausgrabungsergebnisse behandelte V. Place nur

740 Dieser hatte die sieben konischen Erhebungen entlang der Stadtmauer für Türme gehalten (Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 5: 27). 741 Place 1867/1870, Bd. 1: 170, 181.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

Abb. 126: Dekorierte Front des Hauptdurchgangs von Stadttor 3 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 11).

Stadttor 3 exemplarisch für die portes ornées bzw. Stadttor 4 für die portes simples. Zu den übrigen Toranlagen vermerkte er lediglich einige auffällige Details, verzichtete aber auf Planzeichnungen und Fotografien der Befunde. Wichtige Informationen lieferte die erneute Freilegung von Stadttor 7 durch die amerikanische Grabungsmannschaft. Auf der Basis dieser Erkenntnisse kann ein relativ genaues Bild der Architektur der Stadttore von Dūr-Šarrukīn gezeichnet werden. Aufgrund ihrer Uniformität hinsichtlich der Gestaltung der Grundrisse bietet es sich dabei an, V. Places Einteilung in dekorierte und einfache Torbauten beizubehalten.

Dekorierte Stadttore (Stadttore 1, 3, 6) Trotz geringfügiger Unterschiede hinsichtlich der Dimensionen der verschiedenen Toranlagen beschränkte sich V. Place darauf, Stadttor 3 im Detail zu beschreiben und diesen Grundriss als Beispiel für die anderen dekorierten Toranlagen (Stadttor 1 und 6) zu verwenden. Im Wesentlichen bestand das insgesamt 67×49 m große Bauwerk aus dem eigentlichen Torbau mit zwei breitgelagerten Torkammern und einem davor gelegenen Torhof (Abb. 125). Letzterer sprang ca. 25 m aus der Linie der Stadtmauer heraus. Der 4 m breite und 4,6 m tiefe erste Durchgang (H) führte zunächst zu einer aus gebrannten Ziegeln gebauten, 1,55  m hohen Treppe  (E/G), die eine niedrige Barriere vor dem steingepflasterten, ca. 34,9×12,5 m großen Torhof (P) darstellte. Dieser Hof war von einem Mauerzug umschlossen, der womöglich als Teil des Niederwalls anzusehen ist und der Planaufnahme zufolge mindestens 5 m stark gewesen sein dürfte. Diese Einfassung war mit 12 m

135

Abb. 127: Reliefdarstellungen von mythologischen Figuren mit Krummschwert und kleinem Löwen aus dem königlichen Palast von Dūr-Šarrukīn (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 41, 47).

breiten und 1,4 m ausladenden Vorsprüngen ausgestattet, die in einem Abstand von 24 m zueinander oder 9,7 m von den Laibungen des äußeren Durchlasses (H) standen. Der 4 m breite und 6,8 m tiefe, mit Torwächterfiguren ausgestattete zentrale Durchgang (F) konnte verschlossen werden, worauf die hier dokumentierten Türangelsteine hinweisen.742 Er wurde von zwei jeweils ca. 11,75 m breiten und 9,1 m ausladenden Tortürmen  (V/V′) flankiert, deren Fronten eine plastische Dekoration in der Form von Halbsäulen aufwiesen. Die Flankierungstürme waren somit schmaler als die Türme an der Stadtmauer, sprangen dafür aber weiter hervor und hoben sich auch durch ihre Fassadengestaltung deutlich ab. Der zentrale Tordurchgang (F) war mit einem 6,46 m hohen Gewölbe überspannt. Über ihm verlief ein Band aus glasierten Ziegeln, auf dem apotropäische Figuren und Rosetten abgebildet waren (Abb.  126). Zwei 3,74  m hohe geflügelte Stierkolosse, hinter denen sich jeweils eine ebenso hohe Orthostatenplatte mit der Darstellung eines geflügelten Genius befand, fungierten als Torwächterfiguren. Es handelte sich also um ein ähnliches Arrangement, wie es in Tor 10 von Ninua belegt ist (vgl. Abb. 111). Die erste Torkammer (1) war 22,5  breit und 6,1 m tief. Im Bereich der Mauer, an der die Torwächterfiguren angebracht waren, wurde unter dem Fußboden der ersten Torkammer ein Gründungsdepot entdeckt, und V. Place berichtet von ähnlichen Funden an vergleichbaren Stellen in den übrigen Stadt742 Halama (2011b: 266) vermutete zwar weitere verschließbare Durchgänge, doch lässt sich dies archäologisch nicht verifizieren.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

136

Hauptmauer

Straße

N M L P

R

O

C S

U

H

P

10 m O

Abb. 129: Grundriss von Stadttor 7 von Dūr-Šarrukīn (nach Frankfort 1936: Abb. 4).

Zwischenraum(?)

Niederwall 20 m

Lage Gründungsdepots

Abb. 128: Grundriss von Stadttor 4 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 12, 18).

toren.743 Im Südwesten führte eine schmale Tür in das angeschlossene, ca.  3,5×11,25  m große Treppenhaus  (D). Ein zweiter, mit einem Bogen überspannter, 4  m breiter Durchgang  (L) führte in die 24 m breite und 5,8 m tiefe zweite Torkammer (2). Der dahinter gelegene dritte Durchgang (M) öffnete sich dann in das Stadtinnere. Die gesamte Toranlage scheint auf einem Lehmziegelfundament geruht zu haben, das ca.  2,6  m über der umliegenden Ebene lag. Zusätzlich zum Figurenschmuck im zentralen Durchgang (F) waren die Wände der Torbauten mit ca.  1,1  m hohen nicht dekorierten Orthostatenplatten geschmückt, auf denen das aufgehende Lehmziegelmauerwerk ruhte.744 Laut V. Place ähnelten die Stadttore 1 und 6 dem eben beschriebenen Stadttor 3 sehr. Nichtsdestotrotz lassen sich aus seinen Beschreibungen einige bedeutende Unterschiede herauslesen. So war Stadttor 1 anscheinend etwas größer als Stadttor 3.745 Zudem wurden in den Räumen von Stadttor 1

743 Place 1867/1870, Bd. 1: 188–195. 744 Siehe Place 1867/1870, Bd. 1: 170–178; Bd. 3: Taf. 12 unten. 745 Place 1867/1870, Bd. 1: 170, 178, 180.

angeblich Brandrückstände festgestellt,746 die auf eine gewaltsame Zerstörung hindeuten könnten. In dem Brandschutt fand V. Place offensichtlich Bruchstücke der Reliefplatten, die hinter den Torwächterfiguren aufgestellt gewesen waren. Interessant ist die Beobachtung, dass auf diesen Reliefs keine geflügelten Genien, sondern eine menschliche Figur, die einen Löwen hielt, dargestellt war.747 Vergleiche mit den neuassyrischen Palastreliefs legen nahe, dass in Stadttor 1 entweder ein Mann mit normaler assyrischer Haartracht und langem Gewand (nach D. Kolbe Typ XIII-A) oder ein sechslockiger Held mit kurzem Rock (nach D. Kolbe Typ XIII-B) abgebildet war (Abb. 127).748 Hinsichtlich des Grundrisses scheint Stadttor  6 den Stadttoren 1 und 3 entsprochen zu haben. Nähere Informationen liegen jedoch nicht vor. V. Place berichtet lediglich, dass das Hauptportal von Stadttor  6 ebenfalls mit Stierkolossen geschmückt war. Hinweise auf dahinter angebrachte Reliefdarstellungen fanden sich aber offenbar keine.749 Einfache Stadttore (Stadttore 2, 4, 5, 7) Abgesehen von den fehlenden schmückenden Elementen wie Torwächterfiguren und Reliefdarstellungen sowie wohl weniger reichhaltiger Gründungsdepots750 unterschieden sich die einfachen Tore in ihrem Aufbau (Abb. 128) nicht wesentlich von den portes ornées. Die von V.  Place getroffene 746 Place 1867/1870, Bd. 1: 179. 747 Place 1867/1870, Bd. 1: 179. 748 Vergleiche Kolbe 1981: 89–90. 749 Place 1867/1870, Bd. 1: 181. 750 Place 1867/1870, Bd. 1: 193.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen Differenzierung ergibt sich vor allem aus Details des archäologischen Befunds, die auf das einstige Erscheinungsbild der Anlagen schließen lassen. So scheint zum einen das Lehmziegelfundament mit 1,5 m etwas niedriger gewesen zu sein. Zudem waren angeblich die an diesen Toren verwendeten Gesteinssorten von geringerer Qualität als bei den dekorierten Toren. Funktional wichtig ist das Fehlen einer der niedrigen Treppenanlage am äußersten Durchgang. Dementsprechend waren diese Zugänge der Stadt wesentlich besser für den Wagenverkehr geeignet.751 Um die Berichte von V. Place zu überprüfen, legte die Grabungsmannschaft des Oriental Institute der University of Chicago das an der Nordwestseite gelegene Stadttor 7 frei (Abb. 129). Dieses bestand entgegen V.  Places Bericht aus nur einer Torkammer, und auch ein Torhof konnte nicht nachgewiesen werden.752 Der Grund für die Diskrepanzen lag wohl teilweise darin begründet, dass V. Place einige seiner Pläne nicht vor Ort, sondern erst nach seiner Rückkehr nach Frankreich in Paris erstellte.753 Bezüglich der Stadttore besteht prinzipiell jedoch kein Anlass dazu, den Bericht des französischen Ausgräbers gänzlich als Erfindung abzutun. Zwar könnte ihm zwar das von A.H. Layard freigelegte Tor 10 von Ninua als Vorlage für die zwei breit gelagerten Torkammern gedient haben, von den Vorhöfen, mit denen Ninuas Tore 4, 5 und 10 ausgestattet waren, konnte er jedoch noch nichts wissen, denn diese wurden erst im 20. Jahrhundert freigelegt (vgl. Kap. 3.7.3.4).754 Die freigelegte Kammer von Stadttor 7 war ca. 21 m breit und ca. 6,5 m tief, was den Angaben V.  Places von ca.  20×6,5  m wiederum sehr nahe kommt. Von hier aus konnte ein ca. 11,5×8 m großes Treppenhaus erreicht werden, das im Gegensatz zu V.  Places Zeichnung jedoch auf der südwestlichen und nicht auf der nordöstlichen Seite des Torraums lag. Reste verbrannter Holzbalken und der Deckenkonstruktion zeigen an, dass der Torbau überdacht gewesen war und durch eine Feuerkatastrophe zerstört wurde. Ob es, wie von den Ausgräbern vermutet, ein zweites Stockwerk gab, muss allerdings als unsicher angesehen werden. Die Funde und Befunde, auf die sie sich beriefen, stammten nämlich aus der Verfüllung der Torkammer.755 Der zentrale Tordurchgang war ca.  4,25  m breit und mit einfachen Orthostatenplatten ausgestattet. Diese Steinplatten scheinen bei diesem Torbau ebenfalls entlang aller Wände angebracht gewesen zu sein. Eine Rampe führte zum Tor hinauf, und an vielen Stellen fanden sich am Lehmziegelmauerwerk noch Reste weißen Putzes. Eine später einge751 Siehe Place 1867/1870, Bd. 1: 181–183; Bd. 3: Taf. 18. 752 Frankfort 1936: 5. 753 Frankfort 1936: 5; Kertai 2015a: 90–91. 754 Siehe hierzu Battini 1996: 221–223. 755 Frankfort 1936: 7–9.

137

zogene schmale Mauer aus Bruchsteinen versperrte den Durchgang. Es ist unklar, wann diese Zusetzung geschah und ob sie mit den medisch-babylonischen Eroberungen um 612 v. Chr. in Verbindung zu bringen ist.756 Obwohl die Mauern noch 7 m hoch erhalten waren, war der Torbogen nur noch an den Ansätzen zu erkennen. Angeblich wurden in diesem Tor glasierte Ziegel mit Rosettendarstellungen im Schutt gefunden. Zwar lässt sich ihr ursprünglicher Anbringungsort nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren, doch stellt eine Anbringung oberhalb des anscheinend aus unglasierten gebrannten Ziegeln konstruierten Torbogens eine realistische Option dar. Ein weiteres dekoratives Element könnten die Reste roter Bemalung an den Wänden sein, von denen berichtet wird.757 Allerdings liegen hierzu keine genaueren Angaben vor, die es erlauben würden, weitergehende Aussagen über die Natur dieser Farbreste zu treffen.

Zur Identifizierung der Stadttore von Dūr-Šarrukīn Die Identifizierung der physisch fassbaren Stadttore mit den für Dūr-Šarrukīn überlieferten Tornamen wurde noch nicht eindeutig geklärt. In seinen Inschriften erwähnte Šarru-ukīn  II. insgesamt acht Tore mitsamt ihren Namen und gab an, in welche Windrichtung sie sich öffneten (vgl. App.  I.6). Die Anzahl deckt sich weitgehend mit den entlang der Stadtmauer entdeckten und vor allem von V.  Place freigelegten Stadttoren  1–7, wobei die Frage nach dem Verbleib des achten Tors bisher unterschiedlich beantwortet wurde. Sowohl eines der Zitadellentore,758 der Haupteingang des Palastes,759 als auch ein nicht erkannter Torbau an der Nordwestfront der Umfassungsmauer zwischen der Nordecke der Stadt und der Zitadellenmauer760 finden sich unter den Lösungsvorschlägen. Abgesehen von der Anzahl der Toranlagen bereitet auch ihre paarweise Zuweisung an die vier Seiten der Stadt Probleme. Dies liegt vor allem daran, dass die Windrichtungen nicht den modernen Kardinalsrichtungen entsprechen, sondern einer »solare(n) Orientierung« folgten, wie es K. Tallqvist bezeichnete.761 Nach heutiger Auffassung zur Identifizierung dieser Richtungsangaben762 hätten das Šamaš- und das Adad-Tor (Position 1 und 2) an der nordöstlichen (IM.KUR.RA), das Enlil- und das Mulissu-Tor (Position 3 und 4) an der nordwestlichen (IM.SI.SÁ), das Anu- und das Ištar-Tor (Position  5 756 Frankfort 1936: 5–10. 757 Frankfort 1936: 9. 758 Pongratz-Leisten 1994: 30. 759 Battini 1998: 44. 760 Fuchs 1994: 295 Fn. 91; Novák 1999: 148. 761 Siehe Tallqvist 1928: 129. 762 Zur Identifizierung der sumerischen und akkadischen Bezeichnungen mit modernen Windrichtungen siehe Neumann 1977: 1051–1053; Tallqvist 1928: 146 Fn. 2; Wiggermann 2007: 127–128, 133–134.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

138 Adad Mulissu Enlil

Enlil(?)

Šamaš Enlil Mullissu

Anu

Mullissu Anu / Ištar Ištar

Anu Ea Ea

Bēlet-ilī Adad Šamaš

Ištar Bēlet-ilī Bēlet-ilī

Ea Šamaš Adad

500 m F���� 1994 P������� L������ 1994 Vorschlag des Autors

Abb. 130: Vorschläge zur Identifizierung der Stadttore von Dūr-Šarrukīn.

und 6) an der südwestlichen (IM.MAR.TU) sowie das Ea- und das Bēlet-ilī-Tor (Position 7 und 8) an der südöstlichen (IM.U18.LU) Stadtmauer von DūrŠarrukīn gelegen. Diese Sichtweise liegt A.  Fuchs Korrelation zwischen den archäologisch erfassten Toranlagen und den von Šarru-ukīn II. aufgelisteten Prunknamen zugrunde (Abb.  130).763 B. PongratzLeisten, die ebenfalls von einer dem realen Stadtbild folgenden Aufzählung der Tornamen ausging, fasste die Richtungsangaben in anderer Weise auf, weshalb ihr Vorschlag gegenüber dem von A. Fuchs um 90° im Uhrzeigersinn gedreht ist (Abb.  130).764 Da die angegebenen Windrichtungen nicht als genaue Angaben aufzufassen sind, und »Osten« (IM.KUR.RA) sowohl Ostnordost als auch Ostsüdost bedeuten kann,765 sind beide Vorschläge gerechtfertigt. Um zwischen ihnen entscheiden zu können, bedürfte es weiterer Daten und Hinweise. Bis auf weiteres erscheinen daher beide Optionen möglich. In Anbetracht des archäologischen Befunds sei hier jedoch auf eine mögliche zusätzliche Nuance in dieser Probelamtik hingewiesen. Fraglich ist m.  E., ob sich die Auflistung der Tornamen tatsächlich nach der topografischen Reihenfolge der Torbauten entgegen dem Uhrzeigersinn richtete. Dass dies in 763 Fuchs 1994: 295 Fn. 94. 764 Siehe Pongratz-Leisten 1994: 30, 210, Abb. 3. 765 Frahm 1997: 197; Neugebauer/Weidner 1931–1932: 271.

Ninua durchaus der Fall gewesen zu sein scheint (vgl. Kap.  3.7.3.4), unterstützt diese These prinzipiell. Auffällig ist jedoch eine gewisse Regelmäßigkeit, die sich in der Auflistung der Prunknamen der Stadttore Dūr-Šarrukīns erkennen lässt: Der Name des jeweils an zweiter Stelle genannten Tors einer Stadtseite greift den Topos der Versorgung der Bevölkerung auf,766 während das zuerst genannte Tor klar religiös-ideologische konnotierte Themen anspricht (vgl. App. I.6). In dieser Hinsicht ist die Ausgestaltung der Toranlagen interessant, denn aufgrund ihrer baulichen Eigenschaften waren vor allem die vier einfachen Stadttore für die Versorgung der in der Siedlung lebenden Bevölkerung relevant. Nur sie waren für den Wagenverkehr nutzbar (siehe oben). Dementsprechend erscheint es denkbar, das jeweils zweitgenannte Tor einer Stadtseite mit einer der vier portes simples und im Umkehrschluss die dekorierten Portale mit den jeweils an erster Stelle stehenden Prunknamen zu identifizieren. Dies würde eine zweistufige Gliederung der Stadttorliste von DūrŠarrukīn zuerst nach Stadtfront, dann nach ideologischer bzw. ökonomischer Funktion implizieren. Dementsprechend ließen sich A. Fuchs und B. Pongratz-Leistens Vorschläge zur Gleichsetzung von Toranlagen und Tornamen präzisieren und stärker mit dem archäologischen Befund in Einklang bringen (Abb. 130). Zugegebenermaßen ist diese These nur wenig belastbar. In Anbetracht der archäologischen Befunde ist sie jedoch auch nicht völlig von der Hand zu weisen.

3.9.2.4 Die Hauptzitadelle

Die Hauptzitadelle von Dūr-Šarrukīn (Abb.  131) sprang aus der nordwestlichen Stadtfront heraus, nahm eine Fläche von ca. 24 ha ein und war von der inneren Stadtmauer umgeben (siehe unten). Der auf einer Anhöhe gelegene königliche Palast É.GAL.GABA.RI.NU.TUKU.A (»Palast, der Seinesgleichen nicht hat«)767 darf aufgrund seiner erhabenen Position und seiner Ausschmückung zu Recht als Prunkstück Dūr-Šarrukīns bezeichnet werden. Er stand auf einer Terrasse, die sich gegenüber dem Zitadelleninneren ca.  7,5  m erhob.768 Zum Umland hin war die Höhendifferenz größer. V. Places gab hier für 14 m an,769 die amerikanischen Ausgräber gingen mit 12 m von einem etwas niedrigeren Wert aus, der sich mit den erfassten Nivellements jedoch gut in Einklang bringen lässt.770 Der für die Palastterrasse als Untergrund genutzte Hügel wurde an den Seiten geschnitten und mit steinernen Terrassierungsmauern gefestigt. Bruchsteine und Schutt wurden zum Verfüllen des Zwi-

766 Vergleiche hierzu auch Halama 2011b: 279. 767 Fuchs 1994: Prunk, 159. 768 Loud/Altman 1938: 55. 769 Vergleiche Place 1867/1870, Bd. 1: 26. 770 Loud/Altman 1938: 55, 90.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen

139

100 m

Zikkurat

Königspalast

Residenz M 302,5

301,9

310,6 302

Tor A Nabû-Tempel

306,7 305,2

Residenz J

Residenz K

Residenz L 306,4

Tor B Abb. 131: Plan der Hauptzitadelle von Dūr-Šarrukīn (nach Heinrich 1984: Abb. 89).

schenraums hinter der Mauer verwendet. Die äußere Fassade wurde mit Vorsprüngen ausgestattet und somit konform zur Stadtmauerfront gestaltet.771 Dazu gehörte auch, dass Zinnen einst die Brüstung der Terrasse schmückten. Darüber hinaus wurde bei den Arbeiten an der Terrassierungsmauer festgestellt, dass die Fundamentsteine der Vorsprünge mittels Eisendübel fest miteinander verbunden waren. Abgesehen vom Königspalast und dem auf einer eigenen Terrasse ruhenden Nabû-Tempel772 lag das Niveau der Hauptzitadelle jedoch nicht wesentlich über dem der Unterstadt.773 Das von der Zitadellenmauer eingefasste Gebiet ist daher nach der hier verwendeten Terminologie als Pseudozitadelle anzusprechen, da sie zwar alle funktionalen Elemente einer Zitadelle aufwies, die Umfassungsmauer die vorhandenen Erhöhungen jedoch nicht ausnutzte (vgl. Kap. 4.4).

Die Innere Stadtmauer Die den Bereich des Königspalastes und der Residenzen von Dūr-Šarrukīn umgebende Befestigungsmauer wurde über weite Strecken vom Team des Oriental Institute der University of Chicago verfolgt. Sie war 6 m breit und bestand aus Lehmziegelmauerwerk über einem Steinfundament. Ihre Länge von 771 Loud/Altman 1938: 54–55, Taf. 8.C, E. 772 Loud/Altman 1938: 57. 773 Halama 2011b: 267.

den beiden Berührungspunkten mit der nordwestlichen Stadtmauer betrug ca. 1200 m. Ihre Form war im Gegensatz zur annähernd quadratischen Einfassung der gesamten Stadt rechteckig und besaß im Süden und Osten abgerundete Ecken. Am Schnittpunkt mit der Hauptmauer konnten die Forscher feststellen, dass die Binnenmauer aus einer Lehmziegelmauer auf einem Steinfundament bestand. Die unteren 3 m der Zitadellenmauer waren im Gegensatz zur Umwallung der Stadt außen in einem Winkel von 75° geböscht, so dass diese an der Basis 7,5 m breit war. Nach jeder neunten Lage Ziegel wurde eine Matte eingelegt, um die Stabilität zu erhöhen. An einigen Stellen hatte sich der weiße Putz erhalten, der sowohl die innere als auch die äußere Seite bedeckt zu haben scheint. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass ca.  35  m östlich von Tor A ein unter der Zitadellenmauer hindurchgeführter, unterirdischer Entwässerungskanal von 1,2  m Breite und 1,6 m Höhe entdeckt wurde. Dieser konnte über oberirdische Schächte betreten werden.774 In Analogie zu ihren Vermutungen für die Hauptmauer rekonstruierten die Ausgräber die Höhe der Zitadellenmauer ebenfalls mit 12 m.775 Prinzipiell ist davon auszugehen, dass die Hauptmauer und die innere Stadtmauer gleich hoch. In Anbetracht der obigen Ausführungen (vgl. Kap.  3.9.2.2) wird hier 774 Loud/Altman 1938: 34–35, Abb. 5, Taf. 8.D. 775 Loud/Altman 1938: 18, 90.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

140

Torwächterfiguren 20 m

Mauerböschung

Abb. 132: Grundriss von Zitadellentor A von Dūr-Šarrukīn (nach Loud/Altman 1938: Taf. 77).

daher angenommen, dass die innere Stadtmauer 13,6 m hoch war. Wie oben bereits erwähnt, wurden entlang der Fassade der Zitadellenmauer in 14–19 m langen Abständen 11,5–13 m breite und 5,5 m ausladende Turmvorsprünge festgestellt.776 Demnach ähnelten diese ihren an der äußeren Stadtmauer nachgewiesenen Gegenstücken hinsichtlich ihrer Dimensionen, doch fielen die Kurtinenlängen kürzer aus. Diese Anordnung hatte sicherlich einen visuellen Effekt, indem sie den Eindruck einer mit sehr vielen Türmen ausgestatteten und somit äußerst wehrhaften Front generierte.

Zitadellentore Soweit bekannt, konnte der abgetrennte Bereich um den königlichen Palast und die Residenzen durch zwei Tore betreten werden. Während Tor A gut erhalten war und großflächig freigelegt wurde, hatten ältere Grabungen das vielleicht größere und ebenfalls mit Stierkolossen ausgestattete777 Tor B schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die amerikanischen Ausgräber legten zwar die Umrisse und die Portale von Zitadellentor  B frei. Die interne Gliederung konnten sie jedoch nur anhand des Befunds von Zitadellentor A rekonstruieren, was anhand der erhaltenen Reste durchaus gerechtfertigt erscheint.778 Im Zuge der Ausgrabungen des Oriental Institute der University of Chicago wurde das im Südwesten der Zitadelle gelegene Tor A freigelegt (Abb. 132). Im Aufbau war es den von V. Place dokumentierten Torbauten ähnlich: Es bestand aus zwei breitgelagerten, ca. 18 m breiten und ca. 5,75 m tiefen, hintereinandergeschalteten Torkammern, die jeweils durch eine Tür in ihrer Südostseite mit rechteckigen Nebenräumen verbunden waren. Die äußere dieser 776 Loud/Altman 1938: 18. 777 Russell 1991: Abb. 12 Bildunterschrift. 778 Loud/Altman 1938: 53–54.

Seitenkammern maß ca. 8,5×8 m. Der in ihr gefundene Lehmziegelpfeiler wies sie als Treppenhaus aus. Die Funktion des mit der inneren Torkammer verbundenen, ca. 9×6,25 m großen Nebenraums ist hingegen nicht bekannt. Der ca.  5,1  m breite und 5,75 m tiefe äußere Durchgang war mit Stierkolossen sowie dahinter aufgestellten Reliefdarstellungen von geflügelten Genien geschmückt779 und von einem 6,4–7  m hohen Torbogen überspannt. Die dahinter gelegenen Durchgänge waren zwar ebenso tief wie der äußere, aber wohl nicht verschließbar, da keine Türangelsteine gefunden wurden. Darüber hinaus waren sie schmaler (ca. 4,9 m und 4,25  m) und mit unreliefierten Orthostatenplatten ausgestattet. Insgesamt besaß Tor A eine Länge von ca. 33,3 m und eine Breite von ca. 41,3 m. Dabei ist hervorzuheben, dass das Straßenniveau auf der Innenseite des Tors niedriger als davor. Letzteres ist darauf zurückzuführen, dass die Zitadelle generell tiefer als das umgebende Stadtgebiet lag. Auffällig ist zudem die schräge Position von Tor A im Verlauf des Südwestschenkels der inneren Stadtmauer. Dies wurde von den Ausgräbern als Hinweis darauf gewertet, dass Tor A nicht zur ursprünglichen Planung gehört hatte, sondern erst später in den Bauplan aufgenommen wurde.780

3.9.2.5 Die Zweitzitadelle (»Palast F«)

Die Zweitzitadelle von Dūr-Šarrukīn lag nahe der Südecke der Stadt und war in die südwestliche Stadtmauer integriert, aus der sie zugleich etwas hervorsprang (vgl. Abb. 119; Abb. 123). Auf einer Terrasse fanden die amerikanischen Ausgräber die Reste eines Repäsentativbaus, des sogenannten »Palast F«.781 Häufig wird dieses Gebäude als Militärpalast Dūr-Šarrukīns angesprochen.782 Allerdings ist hervorzuheben, dass diese Bezeichnung nicht eindeutig aus den neuassyrischen Inschriften hervorgeht, denn der Palast findet darin keine Erwähnung.783 Die Annahme beruht vielmehr auf einem architektonischen Vergleich mit dem bīt kutalli auf Tall an-Nabī-Yūnus (Kap. 3.7.3.6) und Fort Shalmaneser in Kalḫu (Kap.  3.3.3.3).784 Angesichts der Monumentalität des Gebäudes sowie seiner Einbettung in das Siedlungsbild von Dūr-Šarrukīn kann dieser Vorschlag als gerechtfertigt gelten. Der unter dem Monumentalbau gelegene ältere Hügel war ebenso verändert und befestigt worden wie derjenige unterhalb des königlichen Palastes. Die Fassade der Terrasse wurde so gestaltet, dass 779 Vergleiche hierzu Abb. 111. 780 Loud/Altman 1938: 53. 781 Vergleiche Heinrich 1984: Abb. 106. 782 Vergleiche z.  B. Halama 2011b: 268; Kertai 2013: 19; 2015a: 147; Novák 1999: 150. 783 Loud/Altman 1938: 9. 784 Siehe hierzu Heinrich 1984: 170; Oates 1963: 36–37.

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3 Besprechung neuassyrischer Befestigungsanlagen sie sich nahtlos in die Stadtmauer integrierte.785 Von der Nordecke der Anlage lässt sich auf Satellitenbildern und dem topografischen Plan eine längliche, ins Stadtgebiet abgehende Erhebung erkennen (vgl. Abb. 123), die die Existenz einer Umfassungsmauer anzeigen könnte.786 Sollte dieses Merkmal tatsächlich den Rest einer zur Zweitzitadelle gehörigen Umfassungsmauer darstellen, ließe sich unterhalb von Palast F eine Freifläche rekonstruieren. Die nordöstliche Begrenzung lässt sich nicht mehr sicher lokalisieren. In Anlehnung an den Befund in Kalḫu erschiene es aber duchaus denkbar, dass der nordöstliche Schenkel knapp südwestlich von Stadttor 4 aus nach Nordosten verlief, wo er sich mit dem von Südwesten kommenden Mauerzug in einem rechten Winkel vereinigt haben könnte. In diesem Fall hätte der Komplex die komplette Südecke der Stadt und eine Fläche von ca. 27,5 ha bedeckt.787 Da der erhöhte Bereich, soweit ersichtlich, nur von Palast  F bedeckt war und die innere Stadtmauer auf der Ebene darunter auf dem Stadtgebiet gründete, wäre der Komplex als Pseudozitadelle zu bezeichnen (vgl. Kap. 4.4).

3.9.3 Überlegungen zur Einbeziehung der örtlichen Topografie Auf den ersten Blick scheint es, dass die topografischen Gegebenheiten bei der Planung der Befestigungsanlagen von Dūr-Šarrukīn keine nennenswerte Rolle spielten. Einen gewissen Einfluss scheinen sie aber dennoch gehabt zu haben. Die amerikanischen Ausgräber äußerten beispielsweise die Vermutung, die Lage der beiden von den Zitadellen überlagerten Ruinenhügel habe eine Rolle für die Wahl des Siedlungsortes und der Stadtmauerführung gespielt.788 Dies leuchtet ein. Allerdings stellt sich die Frage, weswegen die beiden Erhebungen im Gegensatz zu Ninua nicht mit einem geraden Mauerstück verbunden wurden. Der Grund hierfür könnte in der Beschaffenheit des Geländes südwestlich des Nordwest-Südost verlaufenden Ǧabal Bāʿšīqā gelegen haben. Bei der Betrachtung der Konturenkarte von Dūr-Šarrukīn fällt die an den Verlauf der Höhenlinien angepasste Ausrichtung der Stadtmauer auf (vgl. Abb. 119). Eine gewisse Bedeutung scheinen auch der Na’ur und Fadla gehabt zu haben, da sie die Ausdehnung der Stadt nach Nordwesten bzw. Südosten begrenzten (vgl. Abb. 119). Allerdings lässt sich nicht ausschließen, dass der ursprüngliche Verlauf beider Flüsse durch die Konstruktion der Stadtmauer beeinflusst wurde. Insbesondere der Fadla scheint

785 Loud/Altman 1938: 75. 786 Heinrich 1984: 170; Kertai 2015a: 117–118, Taf. 10.A; Loud/Altman 1938: 55. 787 Vergleiche hierzu Kertai 2013: Taf. 4.b. 788 Loud/Altman 1938: 54.

141

sein Bett im Bereich der Ostecke der Stadt in den Festungsgraben verlagert zu haben. Die eben gemachten Beobachtungen deuten zwar an, dass die örtliche Topografie durchaus in die Planung der Befestigungsanlagen Dūr-Šarrukīns einfloss. Allerdings lässt sich keines der hervorgehobenen Geländemerkmale als bestimmend kennzeichnen. Nicht einmal die sich anbietenden Siedlungshügel wurden mit eigenen Wehrmauern ausgestattet. Stattdessen wurden die Zitadellenmauern in der Ebene vor den Palastterrassen errichtet. Die Übereinstimmungen zwischen den Informationen, die in Šarru-ukīns  II. Bauinschriften enthalten sind, und dem Erscheinungsbild der Siedlung deuten viel mehr darauf hin, dass hier ein politisch-ideologisch begründetes Idealbild einer Residenzstadt umgesetzt wurde.789 Relevant hierfür ist in erster Linie die Tatsache, dass die Form der Einfassung beispielsweise als Ausdruck des Herrschaftsanspruchs Šarru-ukīns  II. verstanden werden kann.790 Diese Annahme beruht vor allem darauf, dass die Titulatur des Königs als šar kibrāt arbaʾi (»Herrscher der vier Weltgegenden«)791 in Astroglyphen in Form eines Quadrats wiedergegeben wurde.792 Ebenfalls relevant ist das viel diskutierte Wortspiel, nach dem sich die zur Beschreibung der Länge des Mauerumfangs Dūr-Šarrukīns (16 280 Ellen; vgl. App.  I.6) verwendeten Zeichen auch wie sein eigener Name lesen lassen, könnte andeuten, dass es Šarru-ukīn II wichtig war, die Dimensionen der Einfassung nach Belieben festlegen zu können.793 Dabei ist zu betonen, dass der Wert von 16 280 Ellen (= ca. 7260 m) dem tatsächlichen Stadtumfang von 7326 m erstaunlich nahe kommt (vgl. Abb. 123). Wie gewichtig die royale Programmatik für die Planung Dūr-Šarrukīns war, lässt sich zudem an der Verteilung und Gestaltung der Stadttore ablesen. Insbesondere die alternierende Anordnung von einfachen und dekorierten, also öknomisch und ideologisch bedeutsamen Toranlagen ist bemerkenswert. Anscheinend wurde es als wichtig und zugleich ausreichend erachtet, in Form der einfachen Stadttore einen für den Wagenverkehr nutzbaren Mauerdurchlass pro Front zu haben. Darüber hinaus wurden aber mindestens drei Stadttore angelegt, die aus wirtschaftlicher Sicht nicht zwingend nötig waren und wohl in erster Linie ideologischen Zwecken dienten. Diese Funktion wird durch ihre Ausgestaltung mit monumentalen Torwächterfiguren, Reliefdarstellungen, Panelen aus Glasurziegeln und Halbsäulen betont. Zugleich wurde eine Schwächung des Befestigungssystems bewusst in Kauf genommen. 789 Novák 1999: 145–146. 790 Siehe z. B. Halama 2011b: 284–285; Novák 1999: 388. 791 Fuchs 1994: Zyl, 2. 792 Siehe hierzu Roaf/Zgoll 2001: 287–288. 793 Vergleiche Fuchs 1994: 294–295 Fn. 88.

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142

»Bergesgleich baute ich hoch«

Um ein Bauprojekt, dem solche Vorstellungen und Idealbilder zugrunde lagen, umsetzen zu können, bedurfte es jedoch einer geeigneten Lokalität, die die notwendigen topografischen Vorraussetzungen bot. Šarru-ukīn  II. fand diese in der Ebene nordöstlich von Ninua vor. Ein wichtiges Element war der Ǧabal Bāʿšīqā, dessen Bedeutung für die Stadtplanung sich allein schon daran ablesen lässt, dass die Eingangsfassaden der Thronsäle des Königspalastes, von Palast F und mehreren Residenzen darauf ausgerichtet waren.794 Er lieferte also ein geeignetes landschaftliches Ambiente für dieses Prestigeprojekt. Zudem sicherten die an den Flanken des Höhenzuges entspringenden Quellen eine stabile Wasserversorgung. Dies war für die Bewässerung der prominent hervorgehobenen Gartenanlagen wichtig.795 Darüber hinaus bedurfte es wohl zweier geeigneter und zugleich nicht allzu weit voneinander entfernter Siedlungshügel, auf denen die royalen Monumentalbauten entstehen sollten. Sie

boten die notwendige Höhe, damit die königlichen Paläste weithin sichtbar waren.. Ein weiterer Faktor, den Šarru-ukīn II. in seinen Inschriften betonte, ist die Ausrichtung der Fronten der Stadt gemäß den mesopotamischen Himmelsrichtungen (vgl. insb. Kap. 3.9.2.3). Letztgenannter Umstand dürfte ausschlagebend dafür gewesen sein, dass die beiden Palastbereiche nicht mit einer geraden Mauerstrecke verbunden wurden. In dem von Südwesten nach Nordosten sanft ansteigenden Gelände war es darüber hinaus ein Leichtes, Mauern, die sich an den mesopotamischen Himmelsrichtungen orientierten, zu konstruieren – vor allem, weil es keine problematischen Einschnitte oder Erhebungen im Gelände zu überwinden galt (vgl. Abb. 120). Deswegen ist die natürliche Topografie in ihrer Gesamtheit letzten Endes doch als bestimmender Faktor für die Konzeption des Befestigungssystems Dūr-Šarrukīns anzusehen, denn hier konnte Šarru-ukīn  II. seine Vision umsetzen.

794 Vergleiche hierzu auch Kertai 2015a: Abb. 11.1. 795 Fuchs 1994: Stier, 41–42.

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Kapitel 4

Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur Trotz der relativ kleinen Anzahl an Fundorten, die aussagekräftige Befunde und Informationen bieten, lassen sich nichtsdestoweniger Aussagen zu den Grundzügen der neuassyrischen Wehrarchitektur treffen. Dafür werden im Folgenden die wesentlichen Befestigungselemente, die an den unter Kap. 3 besprochenen Fundorten festgestellt wurden oder zumindest verortet werden konnten (Abb.  133), einer typologischen Analyse unterzogen.1 Diese zusammenfassende Betrachtung ermöglicht es einerseits, Muster in der Bauweise und Gestaltung fortifikatorischer Elemente zu erkennen und andererseits, Entwicklungen innerhalb der neuassyrischen Wehrarchitektur nachzuvollziehen. Darüber hinaus werden mit Hilfe diachroner Vergleiche die

charakteristischen Merkmale der hier behandelten Verteidigungsbauten herausgearbeitet. Für die Rekonstruktion des Aussehens der Wehrbauten werden neben dem archäologischen Befund und den Textquellen zeitgenössische Darstellungen in der neuassyrischen Flachbildkunst verwendet (App. II.1). Über die Detailtreue dieser Abbildungen lässt sich streiten, denn insbesondere die Wiedergabe korrekter Proportionen einzelner Bildelemente zueinander war in der neuassyrischen Kunst noch nicht sehr ausgeprägt.2 Nichtsdestoweniger ist davon auszugehen, dass sich die Darstellungsweisen an real existierenden Bauwerken orientieren. Dementsprechend ist anzunehmen, dass den Bildszenen zumindest grundlegende Informationen zur Gestal-

Aššur

Tall Ibrāhīm Bāyis

Festungsgraben

x

(x)

Vormauer

x

freistehender Niederwall

x

(x)

(x)

verbundener Niederwall

x

(x)

(x)

Hauptwall

x

x

x

Innere Stadtmauer

x

Befestigungselement

x

Kalḫu Kilizu Arbaʾil x

x

x

ImgurEnlil

Ninua

x

x

x

x x

x

x

x

Zitadelle

x

x

x

Pseudozitadelle

x

Oberstadt (unbefestigt)

DūrŠarrukīn

(x)

x

Befestigter Stadtteil

Tarbiṣu

(x) x

x

x x

x

x x

(x)

x

x

Oberstadt (befestigt) Abb. 133: Übersicht der Befestigungselemente, die an den hier behandelten Fundorten nachgewiesen wurden. 1

Die fortifikatorischen Elemente werden in einer Reihenfolge gemäß ihrer Position im Siedlungsbild von außen nach innen behandelt. Einleitend werden dabei stets die Begrifflichkeit und grundsätzliche Funktion der jeweiligen Baugattung erläutert.

2

Siehe hierzu u. a. Borchhardt/Bleibtreu 2011: 506– 515; Czichon 1992: 120; Hrouda 1965: 17–19.

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Verfüllung

Grabensohle

Abb. 134: Schematischer Querschnitt durch einen Festungsgraben.

Rechteckig

Trapezoid Stadtmauer

tung bestimmter Befestigungselemente zu entnehmen sind.

4.1 Festungsgräben

Eine denkbar einfache, aber effektive Art der Befestigung stellte das Ausheben eines Festungsgrabens dar. Dieser bestand aus verschiedenen Teilen: einer äußeren und inneren Grabenwand und der Grabensohle (Abb. 134). Oftmals sammelte sich am Boden der Ausschachtung eine Verfüllung aus Schutt an, die die Grabentiefe reduzierte, sofern sie nicht regelmäßig entfernt wurde. Die Verteidigungsstrategie sah prinzipiell vor, einen Angreifer nicht oder erst nach einer erheblichen Verzögerung bis an die Stadtmauer herankommen zu lassen.3 Angreifer wurden dazu gezwungen, den Graben, der trocken oder mit Wasser gefüllt sein konnte, zuerst zu durchqueren und auf der anderen Seite wieder hochzuklettern oder eine Brücke darüber zu schlagen bzw. den Graben stellenweise mit Erde zu verfüllen.4 Die Form der Ausschachtung (Abb. 135) war für die Effizienz des Grabens von großer Bedeutung.5 V- oder trapezförmige Querschnitte galten als besonders günstig, denn der schräge Hang auf der stadtzugewandten Grabenwand wäre bei entsprechender Neigung für den Gegner schwierig zu erklimmen gewesen. Zugleich boten sie keinerlei Deckung vor dem Beschuss von der Mauerkrone. Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Ausheben eines Stadtgrabens waren Tiefe und Breite desselben sowie das Verhältnis beider Faktoren zueinander. Diesbezüglich ist es interessant, auf 3 4 5

Stadtmauer

Asymmetrisch Stadtmauer

Grabenwand

V-förmig Stadtmauer

Graben

Gewachsener Boden

Escarpe

Stadtmauer

Contrescarpe

Stadtmauer

»Bergesgleich baute ich hoch«

144

Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 145. Yadin 1963: 20–21. Zu den verschiedenen Grabenarten, die besonders im europäischen Festungsbau des Mittelalters unterschieden werden, siehe Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 145–146.

U-förmig Abb. 135: Mögliche Formen von Festungsgräben (nach Keeley/Fontana/Quick 2007: Abb. 1).

Quellen aus der Zeit des Römischen Reiches zu verweisen: Darin finden sich bisweilen Hinweise, die andeuten, dass die Relation von Breite zu Tiefe bei Gräben römischer Militärlager idealerweise ca. 5:3 betrug. Ein proportionaler Anstieg beider Variablen erhöhte die Wehrhaftigkeit.6 An fast allen hier beleuchteten Befestigungsanlagen ließen sich Festungsgräben nachweisen (Abb.  133).7 Dabei fällt auf, dass letztere in der Regel die Abschnitte der Fortifikationen umgaben, die nicht an einem Steilabfall oder einem Flusslauf lagen. Der Arbeitsaufwand wurde also durch Ausnutzung topografischer Gegebenheiten minimiert, wenn es möglich war. Ob die neuassyrischen Baumeister trockene oder wassergefüllte Gräben bevorzugten, lässt sich indes nicht pauschal beantworten. Aufgrund der topogra6 7

Vergleiche Keeley/Fontana/Quick 2007: 58–61. Inwiefern Gräben auch in neuassyrischen Reliefdarstellungen zu finden sind, ist nicht einwandfrei zu klären. Zwar wurden bereits einige kleinere, an Befestigungen vorbeigeführte Wasserläufe als Stadtgräben gedeutet (z. B. Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 82, Taf. 188.282–283, 206–209), doch sind diese aufgrund der Darstellungsweise nie eindeutig von Bewässerungskanälen oder Flussschleifen differenzierbar.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

Text

Ort

Texttyp

RINAP 3/1: Sennacherib 18, vii 19–22

Ninua

Königsinschrift

RINAP 3/1: Sennacherib 38, 18–19

Ninua

Königsinschrift

RINAP 3/2: Sennacherib 230, 115–120

Sūr-marrati

Königsinschrift

App. I.3

Aššur

»Götteradressbuch«

SAA 1: 18

Dorf

Brief

SAA 1: 65

Dūr-Šarrukīn

Brief

SAA 1: 123

Kalḫu(?)

Brief

SAA 1: 143

Umgebung von Ḫalaḫḫu(?)

Brief

SAA 15: 176

unklar

Brief

SAA 19: 26

unklar

Brief

SAA 19: 83

Dūr-Ammi-iababa

Brief

145

Abb. 136: Textliche Erwähnungen von Festungsgräben neuassyrischer Siedlungen.

fischen Gegebenheiten hätten in den meisten Fällen aber allenfalls Teilabschnitte wasserführend sein können. Festzuhalten ist zudem, dass Gräben (ḫirīṣu) in den assyrischen Bauinschriften im Gegensatz zu anderen Befestigungselementen keine prominente Rolle einnahmen: In Dūr-Šarrukīn kommt der auf Satellitenbildern sichtbare Stadtgraben (vgl. Abb. 119) in den Inschriften nicht vor, und auch in Sîn-aḫḫē-erības Texten zu den Fortifikationen Ninuas fand der Festungsgraben nur in zwei der vielen Bauinschriften, die sich mit seinen Arbeiten an den Befestigungsanlagen der Stadt beschäftigen, Erwähnung (vgl. Abb. 136). Ein Prunkname ist nur für den Stadtgraben von Aššur belegt, da er im »Götteradressbuch« als »Schlange« bezeichnet wird (vgl. App. I.3). Anders stellt sich dies in Berichten über Bauprojekte in der royalen Korrespondenz dar. Dort wurde öfter von der Aushebung von Gräben berichtet (vgl. Abb. 136). Diese Diskrepanz ist auffällig. Sie deutet womöglich an, dass Festungsgräben in der neuassyrischen Wehrarchitektur primär aus militärischen Überlegungen heraus entstanden. Sie besaßen nicht den gleichen repäsentativen Wert wie die in den Königsinschriften weitaus prominenter auftretenden Stadtmauern.

4.2 Äußere Befestigungsmauern

Der elementarste und wohl wichtigste Bestandteil eines jeden fortifikatorischen Systems war die äußere Befestigungsmauer. Diese bestand in der Regel aus einem Fundament und dem darüber auf-

gehenden Mauerwerk sowie gegebenenfalls einem Sockelbereich dazwischen (Abb.  137). Allerdings fällt es nicht immer leicht, zwischen diesen drei Bestandteilen zu unterscheiden. Als Fundament wird in dieser Arbeit daher der Mauerteil angesprochen, der unter der einstigen Oberfläche verborgen lag. Es konnte einerseits in eine Baugrube eingelassen sein, andererseits auf ebenem Boden bzw. abgearbeitetem Felsuntergrund stehen oder in einen Erdwall integriert sein. Auf dem Fundament ruhte das aufgehende Mauerwerk. Der oberirdische Fußbereich einer Mauer wird dann als Sockel bezeichnet, wenn sich sein Baumaterial von dem des darüber gelegenen Teils unterschied. Hinsichtlich der Konstruktionsweise von Befestigungsmauern kann zwischen soliden Wällen mit massivem oder in Schalenbauweise ausgeführtem Mauerwerk sowie Kastenmauern und Kasematten unterschieden werden (Abb.  137). Die beiden letztgenannten Varianten ähneln sich in ihrem architektonischen Erscheinungsbild weitgehend. Differenzierbar sind sie dadurch, dass Kasematten vom Stadtinneren aus zugängliche Räume mit Hinweisen auf eine Nutzung darstellen.8 Eine weitere Möglichkeit, Befestigungsmauern zu kategorisieren, ist die Gestaltung des Mauerverlaufs. Dieser konnte sowohl geradlinig als auch mit Vor- und Rücksprüngen versehen oder auch im Sägezahnmuster ausgeführt sein (Abb. 137). Dabei bot die letztgenannte Option den Vorteil, dass sie die Anlage von Türmen überflüssig machte, weil sie das Beschießen des Mauerfußes auch von der Mauerkrone aus ermöglichte.9 8 9

Vergleiche Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 164; Burke 2008: 61–63. Keeley/Fontana/Quick 2007: 77–79.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

146

Aufgehendes Mauerwerk

Kanzel

Mauersockel Fundament Scha� Fundamentgrube

Befes�gungsmauer

Abb. 138: Schematische Aufschlüsselung der Bestandteile eines Turms.

Solide Mauer

Kastenmauer

Kasema�en

geradlinig

geradlinig mit Vorsprüngen

Sägezahnmuster Abb. 137: Schematische Darstellung der Bestandteile einer Befestigungsmauer und Möglichkeiten zur Gestaltung des Mauerwerks sowie des Verlaufs.

Die Wehrhaftigkeit einer Befestigungsmauer bemaß sich vor allem an ihrer Breite und Höhe.10 Wie dick sie aus militärischer Sicht mindestens sein musste, um Feinde effektiv am Eindringen in das Siedlungsgebiet zu hindern, hing von verschiedenen Aspekten ab. Von zentraler Bedeutung waren die Durchschlagskraft der verfügbaren Belagerungs10 Yadin 1963: 20.

methoden und -geräte sowie die architektonischen Eigenschaften der verwendeten Baumaterialien. Ebenfalls relevant waren Form und Länge einer Befestigungsmauer. Je länger die Umwallung war, desto mehr Soldaten wurden benötigt, um alle Abschnitte zu besetzen und zu überwachen. Kreisrunde Befestigungen boten z. B. das optimale Verhältnis zwischen umwallter Fläche und Mauerlänge. Unregelmäßig geformte Fortifikationen konnten zwar eine höhere Gesamtlänge aufweisen, doch ließ sich die Länge der zu verteidigenden Strecke durch sinnvolles Ausnutzen der topografischen Gegebenheiten vermindern.11 Rechteckige oder quadratische Befestigungsformen hatten hingegen verhältnismäßig lange Mauern. Dafür waren sie einfach zu konzipieren und dementsprechend schneller zu errichten. Türme lassen sich grundsätzlich als in den Verlauf einer Befestigungsmauer integrierte Bauwerke, die die Mauerkrone überragen, beschreiben.12 Es lassen sich verschiedene Bestandteile differenzieren: das Fundament, der Schaft und die Kanzel. Der Schaft konnte entweder solide sein oder einen Aufgang enthalten. Die Kanzel war eine Plattform, die von einer zinnenbewehrten Brüstung eingefasst war. Diese konnte in ihrer Grundfläche der des Schafts entsprechen oder ausladend konstruiert sein (Abb. 138). Türme steigerten die fortifikatorische Wirkung von Befestigungsmauern, indem sie die Sicht- und Reichweite der Verteidiger erhöhten und zugleich besseren Schutz vor Angreifern bo11 Halama 2011a: 18–19. 12 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 247. Die in der Fachliteratur bisweilen wiederzufindende Bezeichnung solcher Strukturen als »Bastionen« wird hier ausdrücklich vermieden. Stattdessen wird Burkes (2008: 65) Definition von Bastionen als »larger, fortress-like structures« gefolgt. Im Gegensatz zu rein bautypologischen oder dimensionalen Differenzierungen (siehe z. B. Naumann 19712: 254–255; Rey 2012: 121) ergibt sich dadurch nicht zuletzt ein funktionaler Unterschied zu Türmen und Mauervorsprüngen.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

147

Mauerkrone Strebepfeiler

Risalit Kur�ne

Mauervorsprung

Turm Abb. 139: Schematische Gegenüberstellungen von Türmen, Mauervorsprüngen, Strebepfeilern und Risaliten.

ten.13 Dadurch rechtfertigte sich der mit ihrer Konstruktion verbundene höhere Arbeitsaufwand.14 Sprangen sie aus der Front der Stadtmauer hervor, ermöglichte es ihre Ausladung zudem, den Fuß des jeweils benachbarten Turms sowie den dazwischen gelegenen Mauerabschnitt – die sogenannte »Kurtine«15 – von der Seite zu beschießen. Dementsprechend sind derartige Konstruktionen als »Flankierungstürme« zu bezeichnen. »Mauertürme« hatten im Gegensatz dazu eine mit der Stadtmauerfront bündig verlaufende Außenfassade.16 Mauervorsprünge, die sich im Unterschied zu Türmen nicht über die Krone der Stadtmauer erhoben (Abb. 139), hatten einen ähnlichen Effekt. Auch sie ermöglichten den Beschuß der angrenzenden Abschnitte der Befestigungsmauern. Im Gegensatz zu Türmen boten sie jedoch keinen Höhenvorteil gegenüber der Stadtmauer. Hervorzuheben ist zudem die Trennung von Türmen und Mauervorsprüngen gegenüber Strebepfeilern und Risaliten. Letztere erfüllten keine unmittelbare fortifikatorische Funktion, sondern wurden in erster Linie aus Stabilitätsgründen oder zur Dekoration an die Außenseiten von Befestigungsmauern angesetzt 13 Vergleiche Keeley/Fontana/Quick 2007: 67–68. 14 Seeher (2010: 34) berechnete einen Mehraufwand von 53% für den Bau eines Turms gegenüber eines gleich langen Mauerabschnitts. Als Grundlage diente ihm hierfür ein experimentalarchäologisches Projekt, im Zuge dessen ein kurzes Teilstück der großreichszeitlichen Stadtmauer von Ḫattuša ohne maschinelle Hilfe rekonstruiert wurde (siehe hierzu auch Seeher 2007). 15 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 174, 185. 16 Vergleiche Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 247.

(Abb. 139).17 Die Unterscheidung wird in dieser Arbeit in erster Linie anhand dessen getroffen, ob die Dimensionen eines ausladenden Mauerteils für Verteidigungszwecke ausreichend gewesen wäre. Als Schwellwerte werden eine Ausladung von weniger als 1,2 m18 und eine effektive Standfläche von mehr als 0,5×0,5 m angesehen. Die Entscheidung, ob ein Befund dann als Strebepfeiler oder Risalit angesprochen wird, hängt von seinen Proportionen ab. Während erstere annähernd quadratische Grundrisse aufweisen, sind letztere mehr breit als ausladend. Die Effizienz des Beschusses ließ sich durch die Anpassung der Längen der Kurtinen an die Reichweite der von den Verteidigern benutzten Waffen steigern, da dadurch sich gegenseitig überlappende Schussfelder entstanden (Abb. 140). Für die Antike wird hierfür ein Wert von ca. 30 m angenommen. Dies entspricht dem Radius, in dem Bogenschützen ihr Ziel wohl präzise treffen konnten.19 Für archäologische Arbeiten gilt es zu beachten, dass Mauervorspünge und Türme im Befund oftmals nicht voneinander unterschieden werden können. Für eine entsprechende Differenzierung, die im Wesentlichen vom Überragen der angrenzenden Abschnitte der Befestigungsmauer abhängt, sind die Baureste in der Regel nicht hoch genug erhalten. Daher können die Begriffe weitgehend synonym verwendet werden. Der mangelhafte Erhaltungszustand hat darüber hinaus zur Folge, dass die Angaben zu Ausladung und Breite als Minimalwerte für 17 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 237; Naumann 19712: 260. 18 So auch Naumann 19712: 237–238. 19 Burke 2008: 65–66; Keeley/Fontana/Quick 2007: 70– 74.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

148

Schussfeld Turm 1

Schussfeld Turm 2

Schussfeld Turm 3

Turm 1

Turm 2

Turm 3

Abb. 140: Schema zur gegenseitigen Flankierung von Türmen (nach Keeley/Fontana/Quick 2007: Abb. 8).

a) Ausladende Türme, die den Wehrgang nicht unterbrechen

Winkel am Fuß des Bauwerks. Belagerungsgeräte hätten sich zudem schwerer damit getan, eine geeignete Angriffsfläche zu finden.20

4.2.1 Bautechnik und Gestaltung

Stadtmauer Turm

Turm

Turm

b) Ausladende Türme mit unterbrochenem Wehrgang Stadtmauer Turm

Turm

Turm

Abb. 141: Möglichkeiten der Verbindung von Kurtinen entlang einer turmbewehrten Befestigungsmauer.

die Dimensionen der Türme zu verstehen sind. Es ist nämlich in der Regel nicht mehr nachvollziehbar, ob die Türme die gesamte Breite der Befestigungsmauer, in die sie integriert waren, einnahmen. Dies hängt nicht zuletzt mit der Frage zusammen, wie die Verteidiger von einem Mauerabschnitt zum nächsten gelangten. Der Weg konnte sowohl vor, hinter oder durch den Turm hindurchführen (Abb.  141). Je nachdem, welche Lösung gewählt wurde, veränderte sich die Dimension des über die Mauerkrone hinausragenden Teils des Turms. Türme konnten verschiedene geometrische Formen besitzen, die unterschiedliche Vorzüge mit sich brachten. Rechteckige Türme waren mit dem Baustoff Lehmziegel leicht zu konstruieren, boten viel Platz für die Besatzung und erleichterten das Bestreichen der Kurtinen mit Flankenfeuer. Bei der rundlichen Variante gab es hingegen keinen toten

Selbstverständlich bildeten auch an zentralassyrischen Fundorten die Befestigungsmauern das Rückgrat der jeweiligen Fortifikationssysteme. Dabei ähnelten sich die verschiedenen Mauerarten hinsichtlich ihrer Bauweise weitgehend. Als Fundamentierung der Befestigungsmauern sind sowohl Steinsockel, in Baugruben eingelassene Lehmziegelstrukturen, Nachnutzungen älterer Baureste als auch Steinfundamente belegt. Hinsichtlich letzterer lässt sich beobachten, dass besser zugehauene Steinblöcke als Verschalung verwendet wurden, während der Innenraum mit Bruchsteinen unterschiedlicher Größe aufgefüllt wurde (vgl. z. B. Abb. 19). In einigen Fällen lässt sich zudem ein Sockelbereich (zumeist aus Stein) unterscheiden, z. B. an der Stadtmauer von Dūr-Šarrukīn (vgl. Abb. 124). Das aufgehende Mauerwerk bestand stets aus Lehmziegeln. In Aššur und Dūr-Šarrukīn ist bezeugt, dass Schilfschichten bzw. -matten nach jeder 7. bis 10. Ziegellage des aufgehenden Mauerwerks zur Stabilisierung desselben verlegt wurden.21 Die Fassaden der Mauern waren in der Regel senkrecht; die sich im Sockelbereich verbreiternde innere Stadtmauer von Dūr-Šarrukīn stellte diesbezüglich eine Ausnahme dar (vgl. Kap.  3.9.2.4). Bisweilen fanden sich an den Maueroberflächen noch Reste des Lehm­putzes, der zum Glätten der Fassade aufgetragen wurde (z. B. in Aššur).22 In einigen Fällen wurde 20 Siehe Burke 2008: 65–66; Keeley/Fontana/Quick 2007: 68–70; Yadin 1963: 20. 21 Andrae 1913a: 15; Loud/Altman 1938: 18. 22 Andrae 1913a: 15.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

149

der Putz durch die Beimengung von Kalk weißlich eingefärbt und witterungsresistenter gemacht (z. B. in Dūr-Šarrukīn; vgl. Kap. 3.9.2.4).23 Das Auftragen einer Putzschicht an Befestigungsmauern wurde auch in zeitgenössischen Dokumenten beschrieben: »I am (now) here in Kar-Šarrukin. […] The outer city-wall is finished and plastered. They [came c]lose to it and [pla]stered it from boats.«24

Insbesondere ab dem letzten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. wurden in der neuassyrischen Wehrarchitektur vermehrt Fassaden aus bearbeiteten Steinblöcken oder Orthostaten konstruiert – insbesondere entlang der Niederwälle und an den Toranlagen. Diese verkleideten in der Regel einen Mauerkern aus Schutt und Bruchsteinen (Abb.  142). Die Schichtung der einzelnen Steinquaderlagen war regelmäßig. Teilweise wurden dabei längere und kürzere Blöcke in alternierender Abfolge oder in einem bestimmten Intervall nebeneinander gesetzt. Eine Verzahnung der Blöcke, wie sie an etwa zeitgleichen Befestigungen in anderen Regionen belegt ist,25 lässt sich hingegen nicht nachweisen. Mehrfach bezeugt sind zudem durch die Substruktionen neuassyrischer Befestigungsmauern hindurchgeführte Entwässerungskanäle. Im Gegensatz zu Befestigungsanlagen späthethitischer Siedlungen verliefen die Kanäle jedoch nur selten axial durch die Tore, sondern lagen einige Meter davon entfernt. Offensichtlich dienten diese Vorrichtungen der Kanalisierung des aus dem Stadtgebiet abfließenden Wassers, um Beschädigungen an den Verteidigungsanlagen (und anderen Bauwerken) zu verhindern.26 Dementsprechend waren die Kanäle wie auch bei anderen Gebäudegattungen aus gebrannten Ziegeln oder Steinen konstruiert.27 In der Regel überspannten Gewölbe aus gebrannten Ziegeln die flachen Kanalbette. Ihre Breite war mit meist unter 0,7 m recht schmal gehalten, vermutlich um unbemerktem Eindringen in das Stadtgebiet auf diesem Weg vorzubeugen. Der Wasserauslass an der östlichen Front der Zitadelle von Dūr-Šarrukīn stellt hier eine Ausnahme dar. Mit 0,95–1,2 m jedoch wäre er wohl breit genug gewesen, dass sich eine Person hätte durchwinden können. Allerdings war der Kanal wohl nicht sichtbar, da er unterirdisch verlief.28 23 Zu Kalkmörtel im Alten Orient siehe Moorey 1994: 330– 331; Naumann 19712: 118–119. 24 SAA 15: 94, Vs. 10 – Rs. 9. 25 Für diesen Hinweis bin ich H. Maaß sehr verbunden. 26 Für Beispiele aus dem späthethitischen Raum siehe z. B. das äußere Burgtor von Samʾal (vgl. Koldewey 1898: 125–126, Taf. 13) oder das südliche Burgtor von Gūzāna (Langenegger/Müller/Naumann 1950: 140, Abb. 66). 27 Zu neuassyrischen Kanalisationen siehe zusammenfassend Hemker 1993: 4, 7, 65–66, 76–77 28 Siehe Loud/Altman 1938: 34–35, Abb. 5.

Abb. 142: Aufbau des Steinquaderwerks am Niederwall von Ninive mit Bruchsteinverfüllung hinter der Steinquaderfassade (nach Madhloum/Mahdi 1976: Taf. 14.a.).

Soweit es sich beurteilen lässt, waren neuassyrische Befestigungsmauern standardmäßig mit rechteckigen bis quadratischen Vorsprüngen ausgestattet. Dass es sich dabei in der Regel um echte Türme handelte, legen insbesondere zeitgenössische Reliefdarstellungen nahe (vgl. z. B. Abb.  91; Abb.  98; Abb. 99). In neuassyrischen Texten wurden sie als isītu oder dimtu bezeichnet, wobei die bisweilen ersichtliche terminologische Unterscheidung zu Mauervorsprüngen (sītu) hier hervorzuheben ist.29 Durchschnittlich waren neuassyrische Türme 7,53 m breit und 3,36 m ausladend, doch schwankten die Werte im Einzelfall erheblich (Abb.  143). Auch das Verhältnis von Breite zu Ausladung kann nicht als genormt bezeichnet werden, es bewegte sich aber oftmals in einem Rahmen von ca. 2–3:1 (Abb.  143). Eine weitere Erkenntnis, die sich aus der Zusammenstellung der Dimensionen neuassyrischer Türme ergibt, ist, dass Tortürme hinsichtlich der Grundfläche nicht zwangsweise größer als die der übrigen Befestigungsmauern einer Siedlung waren (Abb. 143). Dies deckt sich mit Darstellungen in der neuassyrischen Flachbildkunst, in der die Tortürme nur selten als besonders groß abgebildet und somit akzentuiert wurden (Abb.  144). Auffällig ist dabei insbesondere, dass sich 10 dieser 14 Beispiele auf Bronzebändern finden, was auf einen Zusammenhang mit dem Bildträger hinweist. Generell lassen sich zwischen den einzelnen Abschnitten einer Stadtmauer und den daraus hervorspringenden Türmen bzw. Mauervorsprüngen keine Unterschiede hinsichtlich der zur Konstruktion verwendeten Materialien oder angewandten Bautechniken feststellen. Hatte die Mauer ein Steinfundament mit verputztem aufgehendem Lehmziegelmauerwerk, war der Turm ebenso konstruiert. Auch die Türme des steinernen Niederwalls von Ninua weisen wie der Rest dieses Befestigungselements 29 AHw, Bd. 1: 74, 170–171; Bd. 2: 1052. Vergleiche auch Baker 2014–2016: 195.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

150

Breite (m)

Ausladung (m)

Relation (B/T)

Fläche

Ninua, Niederwall

3,5–3,6

Ninua, Niederwall Stadttorvorsprung

3,5–3,6

1,15–1,6

2,58

4,88

1,15–1,6

2,58

4,88

Ninua, Tor 4 Einfassung Vorhof

3,60

1,60

2,25

5,76

Ninua, Tor 5 Einfassung Vorhof

3,50

1,50

2,33

5,25

Ninua, Tor 12 Niederwall

3,50

1,15–1,25

2,92

4,20

Dūr-Šarrukīn, Niederwall

13,50

4,00

3,38

54,00

Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Vorhof

12,00

1,40

8,57

16,80

Aššur, Vormauer Nordwesten

4,50

1,30

3,46

5,85

Aššur, freistehender Niederwall

5,2–6

1,4–1,5

3,86

8,12

Aššur, verbundener Niederwall

12,80

2,40

5,33

30,72

Durchschnitt Türme Zwingermauern

6,61

1,76

3,73

14,05

Kalḫu, Stadtmauer

9,00

4,00

2,25

36,00

Dūr-Šarrukīn, Hauptmauer

13,50

4,00

3,38

54,00

Dūr-Šarrukīn, Innenmauer

11,5–13

5,50

2,23

67,38

7–8

3,00

2,50

22,50

Aššur, Außenwall Aššur, Außenhaken Bauzustand I

6,00

2,00

3,00

12,00

Aššur, Außenhaken Bauzustand II

4,00

2,00

2,00

8,00

Aššur, Außenhaken SO-Mauer

7,00

2,50

2,80

17,50

Aššur, Südwall

8,00

3,00

2,67

24,00

Aššur, Binnenhaken NO

7,48

4,20

1,78

31,42

Aššur, Binnenhaken SO

8,2–8,7

4,1–4,5

1,97

36,34

Aššur, Binnenhaken SW

7,6–7,9

3,7–3,9

2,04

29,45

Aššur, Binnenhaken Turm 8

10,00

7,00

1,43

70,00

Aššur, Binnenwall NW- bis W-Tor

7,85

3,90

2,01

30,62

Aššur, Binnenwallturm 14 Bauzustand II

9,20

11,40

0,81

104,88

Durchschnitt Türme Hauptmauern

8,43

4,33

2,20

38,86

Kalḫu, Zitadellentor Shalmaneser Gate

4,50

3,00

1,50

13,50

Kalḫu, Innere Stadtmauer Fort Shalmaneser Toranlage

8,68

5,50

1,58

47,71

Dūr-Šarrukīn, Tor 3

11,75

9,10

1,29

106,93

Dūr-Šarrukīn, Tor A Turm Ost

6,40

2,80

2,29

17,92

Dūr-Šarrukīn, Tor A Turm West

10,3

2,80

3,68

28,84

Aššur, Unteres Tor

6,00

2,30

2,61

13,80

Aššur, westl. Binnenwalltor

6,05

2,65

2,28

16,03

Aššur, südl. Binnenwalltor

6,70

3,80

1,76

25,46

Durchschnitt Tortürme

7,55

3,99

2,12

33,77

Durchschnitt Türme gesamt

7.53

3.36

2.68

28.89

Abb. 143: Dimensionen neuassyrischer Mauervorsprünge.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

151

Abbildung

Fundort

Regierungszeit

Objektart

Curtis/Tallis 2008: Abb. 12

Imgur-Enlil, Palast

Aššur-nāṣir-apli II.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 30.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 33.a

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 33.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 34.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 35.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 44.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 45.a

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 46.b

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Schachner 2007: Taf. 55.a

Imgur-Enlil, Palast

Salmānu-ašarēd III.

Bronzeband

Barnett/Falkner 1962: Taf. 88–91

Kalḫu, Südwestpalast

Tukultī-apil-Ešarra III.

Orthostat

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 46.36a

Ninua, Südwestpalast, Throneroom I (B)

Sîn-aḫḫē-erība

Orthostat

Barnett 1976: Taf. 26, Slab 9

Ninua, Nordpalast, Room I

Aššur-bāni-apli

Orthostat

Mallowan 1966: Abb. 132

Kalḫu, TW 53, Raum 43, lvl 2

7. Jahrhundert v. Chr.

Elfenbeinpyxis

Abb. 144: Auflistung von Darstellungen von Befestigungsanlagen mit akzentuierten Tortürmen in der neuassyrischen Flachbildkunst.

eine Steinfassade auf (vgl. Kap.  3.7.3.2). Somit scheinen Mauern und Türme in der Regel »in einem Guss« geplant und gebaut worden zu sein. Dieser sich aus dem archäologischen Befund ergebende Eindruck könnte hinsichtlich der Gesamtkonstruktion jedoch täuschen. Wie vor allem Textbelege andeuten, muss es im Aufbau signifikante Unterschiede zwischen Mauerstrecken und Türmen gegeben haben. Aus Briefen, die sich mit dem Bau der Stadtmauer von Dūr-Šarrukīn beschäftigen, geht beispielsweise das Verbauen von Holzbalken sowie das Anliefern steinerner Türschwellen hervor. Während erstere vor allem für die Konstruktion von Decken und Treppen nötig waren, darf aus den letztgenannten auf Türen geschlossen werden: »[x] towers, completed; 13 ditto (= towers), the beams fixed, the scaffolds not removed — (governor of) Raṣappa.«30

»Now, I am going to bring two of these boats and, going back and forth, [use them to transport] the stone steps and thresholds [of] the watchtowers, until I can make [the remaining] boats available.«31 30 Siehe z. B. SAA 11: 15, Rs. i 4′–10′. 31 SAA 1: 56, Vs. 12 – Rs. 4.

Unklar ist, ob Räume und Treppenhäuser in die Schäfte der Türme integriert waren, wie es z.  B. entlang der Stadtmauer von Ḫattuša zu vermuten ist.32 Dass dies prinzipiell nicht auszuschließen ist, belegen vor allem die Salmānu-ašarēd-III.-zeitlichen Türme des Westtors des Fort Shalmaneser (vgl. Kap.  3.3.3.3). Reliefdarstellungen geben hierzu keine stichhaltigen Informationen. Die vermutlichen Wiedergaben neuassyrischer Fortifikationen (Abb. 91; Abb. 98; Abb. 99) weisen keine Fenster an den Turmschäften auf, was für massive Türme sprechen würde. Auch textlich sind keine Räume innerhalb von Türmen belegt.33 Tendenziell ist demnach zumindest für Zentralassyrien mit massiven Türmen, die integraler Bestandteil einer Befestigungsmauer waren, zu rechnen. Dies trifft vor allem auf die unteren Teile der Schäfte zu. Es ist durchaus denkbar, dass es Räume in den oberen Bereichen der Türme gab. Letztere könnten beispielsweise als Aufenthaltsort für die Soldaten gedient und einen Aufgang zur Kanzel enthalten haben. Die Hinweise darauf, dass dekorative Elemente an den Befestigungsmauern angebracht waren, sollten nicht vernachlässigt werden. Möglicherwei-

32 Bittel/Naumann 1952: 83; Seeher 2007: 84. 33 Battini (2008: 193) argumentierte zwar, die Türme hätten sich zur Lagerung von Waffen angeboten, doch lieferte sie keine konkreten Argumente für die Annahme, es habe mehrere Etagen innerhalb der Türme gegeben.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

152

Abb. 145: Beschriftete Wandnägel und »Terrakottakonsole« aus Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 102; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Lehmziegelmauerwerk Abb. 146: Rekonstruktionsvorschlag der Zinnen der Befestigungsmauern Aššurs aus blauglasierten gebrannten Ziegeln (nach Andrae 1913a: Taf. 78).

se waren Wandnägel (sikkātu) aus Terrakotta, oftmals beschriftet und in einigen Fällen mit Glasur, an manchen Befestigungsmauern befestigt (Abb. 145). Allerdings ist dies nicht durch Befunde gesichert. Da diese Objekte in der Regel im Schutt vor der Befestigungsmauer gefunden wurden, könnte es sich ebenso um in die Bausubstanz integrierte Gründungsbeigaben handeln (vgl. Kap. 5.3.4). Als weitere Mauerdekorationen könnten beschriftete »Terrakottakonsolen«, wie W.  Andrae sie nannte, gedient haben. Es wurde jedoch nur ein Objekt dieser Art (Ass. 9464; Abb.  145) nahe des Außenhakens von Aššur in verschleppter Lage gefunden.34 Dement34 Andrae 1913a: 7, 43.

sprechend kann eine ursprüngliche Anbringung an der Stadtmauer nicht als gesichert gelten. Ähnlich verhält es sich mit den Glasurziegeln, die W. Andrae zu bunten Zinnen rekonstruierte (Abb. 146).35 Auch hierzu gibt es keine eindeutigen Befunde, die zur Bestätigung des Vorschlags herangezogen werden könnten. Ungeachtet der Frage, ob sie bunt waren und aus welchem Material sie bestanden, kann Zinnen neben ihrem militärischen Nutzen als Deckung für die Verteidiger auch eine schmückende Funktion zugeschrieben werden.36 Des Weiteren lässt sich argumentieren, dass die Gestaltung von Mauerfassaden mit bossierten Steinblöcken (vgl. z. B. Ninua; Kap.  3.7.3.2) und unreliefierten Orthostaten (vgl. z. B. Dūr-Šarrukīn; Kap. 3.9.2.2) ebenfalls dekorative Elemente darstellten.

4.2.2 Mauerarten

Abgesehen von den architektonischen Details neuassyrischer Befestigungsmauern gilt es auch ihre Rolle innerhalb des Verteidigungssystems zu berücksichtigen. Je nach Position lassen sich verschiedene Arten von Mauern unterscheiden (Abb. 147). Dabei konnten die Dimensionen der Mauern abhängig von ihrer jeweiligen Rolle innerhalb eines Befes35 Vergleiche auch Andrae 1913a: Abb. 4. 36 Vergleiche Porada 1967.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

Festungsgraben

Stadtmauer Stadtmauer

d) Hauptmauer mit verbundenem Niederwall

Stadtmauer

Festungsgraben

Zwingermauer

c) Hauptmauer mit freistehendem Niederwall

Festungsgraben

Zwingermauer

Festungsgraben

b) Hauptmauer mit Vormauer

Zwingermauer

Stadtmauer

a) Hauptmauer ohne Zwingermauer

153

Abb. 147: Kategorien von Befestigungsmauern.

tigungssystems beachtliche Schwankungen aufweisen (Abb. 148).

4.2.2.1 Hauptwall

Der Hauptwall umgab den Großteil einer Siedlung und bildete die primäre Verteidigungslinie (Abb.  147.a). In neuassyrischen Texten wurde er in der Regel als dūru (»Mauer«) bzw. dūru rabû (»große Mauer«) angesprochen, wobei das Wort üblicherweise nicht syllabisch, sondern als Sumerogramm BÀD oder BÀD.GAL geschrieben wurde. Der Hauptwall war das Kernstück eines jeden Befestigungssystems. Er definierte die Grenzen der Siedlung und verkörperte die wichtigste Barriere zwischen dem Siedlungsinneren und der Außenwelt. Ihn zu überwinden war das primäre Ziel einer Belagerung. Dementsprechend überrascht es nicht, dass die Hauptwälle der zentralassyrischen Siedlungen hinsichtlich ihrer Dimensionen die mächtigsten Fortifikationselemente darstellten (vgl. Abb.  148). Dies trifft nicht nur auf die Mauerbreite, sondern auch auf die Abmessungen der Türme

zu (vgl. Abb. 143). Die an den Befestigungsanlagen von Aššur festgestellten Mauervorsprünge (vgl. Kap. 3.1.2.1; Kap. 3.1.2.3) deuten an, dass die Kurtinenlängen auf die angenommene effektive Reichweite der Bogenschützen (ca. 30 m) abgestimmt war.

4.2.2.2 Zwingermauern

Vor der Hauptmauer konnten weitere Mauerzüge liegen, sogenannte »Zwingermauern«.37 Alle Zwingermauern stellten ein zusätzliches Hindernis dar und befanden sich in Reichweite der auf dem Hauptwall positionierten Bogenschützen, wodurch die vorgelagerte Verteidigungslinie auch nach einer feindlichen Einnahme noch unter Beschuss genommen werden konnte.38 Bei den »Zwingermauern« ist zwischen »Vormauern« und »Niederwällen« zu unterscheiden. Erstere waren vorgelagerte Befestigungszüge, die häufig vor dem Stadtgraben verliefen und nicht mit der Hauptmauer in Verbindung standen (Abb.  147.b). Unter den hier behandelten Be-

37 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 185–186. 38 Vergleiche Yadin 1963: 20.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

154

festigungsbauten erfüllte nur die nordwestliche Vormauer von Aššur diese Kriterien (vgl. Kap. 3.1.3.1). Dementsprechend lassen sich nur begrenzt Aussagen zu dieser fortifikatorischen Struktur treffen. Klar ist lediglich, dass sie mit ca.  2  m deutlich schmaler als die prinzipielle Verteidigungslinie (in diesem Fall der Außenwall von Aššur) und auch mit kleineren Türmen (Breite: 4,5  m; Ausladung: 1,3  m) ausgestattet war. Auch auf neuassyrischen Reliefdarstellungen gibt es nur wenige Fälle, die sich in dieser Weise deuten lassen. Bestes Beispiel ist die Mauer direkt entlang dem Flusslauf am rechten Rand der Reliefplatte, die eventuell das südliche Ende Ninuas aus westlicher Sicht zeigt (Abb. 99). Diese Mauer müsste dementsprechend am Nordufer des Wādī Dāmlah Māfah verlaufen sein. Reste einer solchen Konstruktion konnten bislang aber nicht festgestellt werden. Ob es in der neuassyrischen Bauterminologie einen eigenen Begriff für Vormauern gab, ist nicht zuletzt wegen der dürftigen Beleglage schwer zu beurteilen. Zudem ist fraglich, ob eine Vormauer in neuassyrischer Zeit mit einem spezifischen Begriff angesprochen worden wäre. Sie könnte lediglich als »Mauer« (dūru) bezeichnet worden sein, womit sie sich nicht als Vormauer identifizieren ließe. Vorstellbar erschiene allenfalls eine Gleichsetzung mit dem bisweilen belegten Begriff der »unteren Mauer« (dūru šaplê), insbesondere da letztere offensichtlich von der šalḫû unterschieden wurde: »(NN) will b(ear) the responsibility for the centre of the city (and ...) with the fort commander within the low(er) city wall [BÀD šap-˹le˺-(e)]. (He will do the ...) which is imp[o]sed on Ambatî. He will settle down in his stead and (bear) the responsibility for the centre of the cit(y). (…) height of the outer wall [šal-ḫe-(e)] is (x) cubits.«39

Im Gegensatz zu einer Vormauer lag ein Niederwall typischerweise zwischen Graben und Hauptwall; zudem war er mit dem Hauptwall verbunden.40 Anhand des Verhältnisses zur Hauptmauer kann zwischen zwei Arten von Niederwällen differenziert werden: Der »freistehende Niederwall« (Abb. 147.c) war nur an ausgewählten Stellen (z. B. an den Torbauten) mit der Stadtmauer verbunden. Ansonsten verlief er in einigen Metern Abstand vor ihr. Der »verbundene Niederwall« (Abb.  147.d) lehnte sich hingegen direkt an die Außenfront der Hauptmauer, d.  h., die Fassade der Stadtmauer begrenzte den Wandelgang nach innen. Die Niederwälle der hier untersuchten Befestigungsanlagen waren durchweg schmaler als die 39 SAA 19: 156, Rs. 5–16. 40 Böhme/Friedrich/Schock-Werner Siehe auch Halama 2011a: 21–22.

2004: 191–192.

sich dahinter erhebenden Hauptwälle (Abb.  148), was natürlich wenig überraschend ist. Dennoch waren ihre Abmessungen beträchtlich. Während die Niederwälle von Aššur mit 2,85–4  m noch relativ klein ausfielen, waren der vermutete Niederwall von Dūr-Šarrukīn mit 5–10 m und der von Ninua mit 11–14 m beachtlich breit. Alle archäologisch erfassten Niederwälle waren mit Mauervorsprüngen oder Türmen ausgestattet. Manche sind als Umgänge der Türme der dahinter gelegenen Hauptmauern zu deuten, wie beispielsweise die halbelipsoiden Vorsprünge entlang des verbundenen Niederwalls von Aššur (vgl. Kap.  3.1.3.3). Dass Niederwälle auch über veritable Türme verfügen konnten, geht aus der neuassyrischen Flachbildkunst hervor. Die zeitgenössischen Darstellungen Arbaʾils (Abb. 91) und Ninuas (Abb.  98; Abb.  99) dienen diesbezüglich als Beispiele. Generell scheinen die Vorsprünge der Niederwälle enger als die entlang der Hauptwälle gestaffelt gewesen zu sein. Vermutlich ist dies auf ihre geringeren Dimensionen zurückzuführen (vgl. Abb.  143). Ob die nochmalige Verkürzung der Kurtinenlängen an den Außenfassaden der Vorhöfe der Stadttore derselben Überlegung geschuldet war, erscheint hingegen zweifelhaft. Da sich dadurch kein signifikanter fortifikatorischer Vorteil ergab, könnte die engere Staffelung einem repräsentativen Zweck gedient haben, indem sie den Eindruck der Wehrhaftigkeit erhöhte. Angesichts der Anwendung ähnlicher visueller Tricks in der Palastarchitektur erscheint diese Deutung keineswegs ausgeschlossen.41 Da es eine beträchtliche Wirkung auf die Rekonstruktion des Verkehrsflusses gehabt haben dürfte, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass neuassyrische Niederwälle nicht mit eigenen Toren ausgestattet waren. Stattdessen führten die auf die dahinter gelegene Toranlage zulaufenden Straßen durch eine Mauerunterbrechung. Letztere war in etwa so breit wie die Durchgänge der axial dahinter gelegenen Torbauten. Hinweise auf verschließbare Türen gibt es nicht, weswegen die Passagen allem Anschein nach nicht verschlossen werden konnten. Eine Ausnahme könnte lediglich eine der potentiellen Darstellungen Ninuas darstellen, auf der ein kleiner Durchlass durch den Niederwall zu erkennen ist (Abb. 98). Dies ließe sich aber ggf. damit erklären, dass dieses Tor das untere Ende eines poternenartigen Zugangs des Südwestpalastes (womöglich das mušlālu-Tor des Palastes)42 wiedergibt. In diesem

41 Beispielsweise bewirkte die unterschiedliche Größe der Stierkolosse, die paarweise die zu Raum  36 (»LachishSaal«) des Südwestpalastes in Ninua führenden Durchgänge flankierten, dass der Weg zu diesem Raum länger und die Architektur somit monumentaler erschien (vgl. Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 27; Borchhardt/ Bleibtreu 2011: 507; Kertai 2015a: 136–137). 42 Reade 1998: 88; Reade 1998–2001: 402.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur Kategorie

Bezeichnung

Breite (m)

Aššur, Vormauer Nordwesten

Zwingermauer

Aššur, freistehender Niederwall

3,00–4,00 2,90

Aššur, Vormauer Risalitmauer

3,00

Aššur, Verkleidungsmauer mušlālu

2,90–3,30

Ninua, Niederwall (Stein)

3,50–4,00

Dūr-Šarrukīn, Niederwall (min.) Durchschnittsbreite Zwingermauern

11,00–14,00 5,00 5,10

Aššur, Außenwall

6,00–8,00

Aššur, Südwall

6,00–6,50

Aššur, Außenhaken 9./8. Jhdt. v. Chr.

6,40

Aššur, Außenhaken 8./7. Jhdt. v. Chr.

3,90

Aššur, Außenhaken inkl. Innenverstärkung

6,90

Aššur, Außenhaken SW

7,00(?)

Aššur, Außenhaken SO

5,50–5,70

Aššur, Risalitmauer

4,00

Kalḫu, Stadtmauer

12,00(?)

Ninua, Stadtmauer

15,00

Dūr-Šarrukīn, Hauptmauer

14,00

Durchschnittsbreite Hauptmauern

Binnenmauer

2,00

Aššur, verbundener Niederwall

Ninua, Niederwall (Stein plus Lehmziegel)

Hauptmauer

155

8,00

Aššur, Binnenhaken NO

7,00

Aššur, Binnenhaken SO

8,50

Aššur, Binnenhaken SW

7,10

Aššur, Binnenwall NW- bis W-Tor

7,00

Kalḫu, Zitadellenmauer

6,00(?)

Kalḫu, Innere Stadtmauer Fort Shalmaneser Dūr-Šarrukīn, Innenmauer Durchschnittsbreite innere Stadtmauern

3,50 6,00–7,50 6,60

Abb. 148: Dimensionen neuassyrischer Befestigungsmauern.

Falle wäre parallel zum Befund am Südende des Fort Shalmaneser in Kalḫu (vgl. Kap.  3.3.3.3) zu erwarten, dass das Portal im Niederwall direkt mit einem Aufweg zum Palast verbunden war und sich kein regulärer Torbau vom Typ I (siehe Kap. 4.3.2) dahinter befand. Während sich kein eigener Begriff für die Vormauern ausfindig machen lässt, sprechen einige Argumente dafür, dass das Wort šalḫû innerhalb der neuassyrischen Bauterminologie nicht lediglich eine »äußere Mauer«,43 sondern konkret einen Niederwall beschrieb – zumindest, wenn sich die 43 AHw, Bd. 3: 1147; CAD Bd. 17: 243; CDA: 351.

Beschreibung auf eine assyrische Konstruktion bezog. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass sich sowohl in Ninua, als auch Aššur und Dūr-Šarrukīn die freigelegten Niederwälle mit einiger Sicherheit mit der für die jeweilige Siedlung inschriftlich belegten šalḫû identifizieren lassen. Dies entspricht der Situation im spätbabylonischen Bābili: Hier sind die in den Inschriften Nabû-kudurrī-uṣurs  II. erwähnte dūru »Imgur-Enlil« mit der 6,5 m starken Hauptmauer und die šalḫû »Nīmit-Enlil« mit dem 7,2  m davor gelegenen, 3,7  m breiten Niederwall gleichzusetzen.44 Dabei ist erwähnenswert, dass 44 Vergleiche Koldewey 19815: 148–153; Langdon 1912:

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»Bergesgleich baute ich hoch«

156

Quelle App. I.1; App. I.3

Regierungszeit

Beschriebener Ort

Salmānu-ašarēd III.; Sîn-aḫḫē-erība

Aššur

RINAP 3/2: Sennacherib 218–219

Sîn-aḫḫē-erība

Kilizu

Streck 1916, Bd. 2: L3, Vs. 1–3

Aššur-bāni-apli

Arbaʾil

App. I.4

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

App. I.6

Šarru-ukīn II.

Dūr-Šarrukīn

Šarru-ukīn II. Aššur-aḫa-iddina Aššur-bāni-apli

Bābili

SAA 15: 113

Šarru-ukīn II.

Dēr

SAA 19: 26

Tukultī-apil-Ešarra III.

?

SAA 19: 156

Tukultī-apil-Ešarra III.(?)

?

RIMB 2: B.6.22.1–2; RINAP 4: Esarhaddon 61, 104–106; RIMB 2: B.6.32.1

Abb. 149: Erwähnungen von neuassyrischen šalḫû-Mauern.

dieses Arrangement für Bābili erstmals unter Šarruukīn  II., der sich um den Wiederaufbau bzw. die Erneuerung der Fortifikationen der Stadt verdient machte, belegt ist.45 Wichtig festzuhalten ist auch, dass sich die Verwendung des Begriffs šalḫû bis in das 2. Jahrtausend v. Chr. verfolgen lässt. Bereits in altbabylonischen Briefen aus der Korrespondenz von Mari wurden solche Mauern, die eng mit der Hauptmauer (dūru) verbunden waren, erwähnt.46 Bei den Belegen aus kassitischer und mittelassyrischer Zeit ist hingegen ungewiss, ob mit der darin jeweils erwähnten šalḫû tatsächlich eine Zwingermauer gemeint war, oder ob das Wort synonym für die äußere Mauer benutzt wurde, da weder in Dūr-Kurigalzu noch in Aššur genügend über das jeweilige Befestigungssystem in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. bekannt ist.47 Der früheste Text, in dem eine šalḫû explizit als eine dem Hauptwall vorgelagerte Vormauer oder ein Niederwall beschrieben wurde, stammt aus der Zeit Adad-apla-iddinas (11. Jahrhundert v. Chr.) und bezog sich auf die Befestigungsanlagen von Nippur.48 Möglicherweise geht die Anwendung des Begriffs in neuassyrischen

116–117, 138–139; Wetzel 19692: 7. 45 George 1992: 344. 46 ARM 2: 101, Vs. 11; ARM 6: 29, Rs. 16. Siehe hierzu auch Rey 2012: 108–109. 47 Vergleiche Andrae 19772: 170–174; Baqir 1959: 4; Clayden 1996: Abb. 2; Miglus 2010. 48 RIMB 2: B.2.8.6. Ob die Fortifikationen Nippurs tatsächlich mit einem Niederwall oder einer Vormauer bestückt waren, konnte archäologisch nicht nachgewiesen werden. Bei den Ausgrabungen an der südwestlichen Spitze Nippurs entdeckten die Ausgräber zwar ein Doppelmauersystem. Dieses scheint jedoch erst in neuassyrischer Zeit errichtet worden zu sein, während die Siedlung im späten 3. und im 2. Jahrtausend v. Chr. – zumindest an dieser Stelle – von einer einfachen Befestigungsmauer mit vorgelagertem Graben eingefasst gewesen war (Gibson/Armstrong/McMahon 1998: 21–28).

Texten darauf zurück. Es könnte sich jedoch ebenso um eine parallele Entwicklung in beiden Regionen handeln. Angesichts der dürftigen Beleglage ist es kaum möglich festzustellen, wie es zu dieser spezifischen Verwendung des Begriffs in der neuassyrischen Bauterminologie kam. Betrachtet man jedoch die geografische Verteilung der bekannten šalḫûMauern, fällt auf, dass diese Befestigungselemente vor allem an politisch bedeutsamen Städten attestiert sind (Abb.  149). Dies umfasst nicht nur Zentren innerhalb Assyriens, sondern auch solche, die von den Assyrern eingenommen und in die administrative Struktur des Reiches integriert wurden (z. B. Dēr oder Bābili). Demnach scheint es, als wären šalḫû-Mauern vor allem an Orten errichtet worden, die für die Funktionalität des assyrischen Verwaltungsapparats von Bedeutung und daher besonders schützenswert waren. Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Orte wie Dēr oder Bābili als regionale urbane Zentren wichtige und wirkmächtige Bezugspunkte darstellten. Die gesteigerte Wehrhaftigkeit der Befestigungsanlagen einer solchen Stadt wäre demnach auch von der lokalen Bevölkerung wahrgenommen worden. Folglich könnte die Errichtung solcher zusätzlicher Verteidigungsringe zugleich dazu gedient haben, den assyrischen Machtanspruch gegenüber neuen Untertanen visuell zu kommunizieren. Dass das Vorhandensein einer šalḫû-Mauer mit starken Fortifikationen assoziiert wurde, lässt sich im Übrigen indirekt an der Verwendung des Begriffs in Feldzugsberichten der neuassyrischen Könige erkennen. In einer Passage aus den Annalen Aššur-aḫa-iddinas, die die Feldzüge gegen die levantinischen Küstenstädte thematisiert, wurden beispielsweise die Wellen des Meeres als šalḫû der feindlichen Siedlungen charakterisiert. Dies diente offenbar dazu, zu betonen, welche Schwierigkeiten

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur der assyrische König zu überwinden vermochte – in diesem Falle allein durch seinen ihm vorauseilenden Ruf: »The kings who live in the sea, whose (inner) walls [BÀD.MEŠ-šú-nu] are the sea and whose outer walls [šal-ḫu-šú-un] are the waves, who ride in boats instead of chariots, (and) who harness rowers instead of horses, were seized by fear; […]«49

4.2.3 Stadtmauerverlauf Zusätzlich zu ihrer Bauweise waren der Verlauf und der damit zusammenhängende Umfang einer Befestigungsmauer entscheidende Faktoren für die Wehrhaftigkeit. Die Betrachtung der einzelnen Fundorte zeigt, dass die topografischen Bedingungen bei der Konzeption der Verläufe der hier behandelten Verteidigungsringe stets berücksichtigt wurden (Abb. 150). Am deutlichsten wird dies am Beispiel von Aššur. In diesem speziellen Fall ist jedoch zu betonen, dass viele der berücksichtigten Geländemerkmale auf die Fortifikationen im 2. Jahrtausend v. Chr. zurückgingen. Ähnliches darf für die Zitadellen von Kalḫu, Ninua und wahrscheinlich auch Arbaʾil sowie das Stadtgebiet von Kilizu angenommen werden, deren Umrisse sich an den zu Beginn der neuassyrischen Zeit bereits bestehenden Siedlungsgrenzen – oder »urban realities«, wie J.A. Ur es formulierte50 – orientierten. Die Einrichtung des Außenhakens sowie das Anfügen weiterer Befestigungsmauern an der verwundbaren westlichen Front Aššurs verweist dennoch auf ein aktives Bewusstsein für die militärischen Schwachstellen. Doch auch bei Neugründungen bzw. massiven Stadterweiterungen lässt sich die Bedeutung der topografischen Verhältnisse erkennen. So folgte die östliche Stadtmauer von Ninua einem Rücken aus Konglomeratgestein, und die westlichen Fronten Ninuas und Kalḫus waren einem Geländeabsatz zwischen Tigristal und der sich östlich anschließenden Flussterrasse angepasst. Letzteres scheint auch in Kilizu und Tarbiṣū der Fall gewesen zu sein. Ein weiteres Indiz ist die Aufnahme der vermutlich unbebauten oder nur dünn besiedelten erhabenen Areale im Nordosten Kalḫus und Ninuas in die befestigte Fläche. Es drängt sich also der Eindruck auf, als hätten die assyrischen Baumeister von einem bestimmten Punkt innerhalb des zu konzipierenden Befestigungssystems aus Erhebungen und Geländeeinschnitte gesucht, gemäß deren sie den Verlauf der Stadtmauern festlegen konnten. Dabei nahmen sicherlich die bereits vorhandenen Siedlungen oder Ruinenhügel eine zentrale Rolle als Aussichtspunk49 RINAP 4: Esarhaddon 1, iv 82–85. 50 Ur 2013: 13.

157

te ein. Möglicherweise dienten weitere Standorte als ergänzende Blickwinkel. In Ninua erscheint es beispielsweise möglich, dass neben Tall Qūyunǧuq auch die Eastern Terraces für die Konzeption der Sîn-aḫḫē-erība-zeitlichen Stadtanlage relevant waren.51 Nichtsdestoweniger zeigt sich anhand der annähernd quadratischen Befestigungsanlagen von Dūr-Šarrukīn, Imgur-Enlil und Tall Ibrāhīm Bāyis (Abb.  150), dass das Quadrat als ideale Form für eine assyrische Stadt angesehen wurde. Dass diese Städte ihre stark geometrischen Umrisse ausschließlich einer ideologisch geprägten radikalen Nichtberücksichtigung der topografischen Bedingungen verdankten, kann aus verschiedenen Gründen jedoch angezweifelt werden. Vor allem stellt sich die Frage, warum politisch-religiöse Zentren wie Ninua und Kalḫu eben nicht streng geometrisch, sondern an die Landschaft angepasst geplant waren, während eine für die Staatsideologie eher unbedeutende Siedlung wie Tall Ibrāhīm Bāyis dem Ideal entsprach. Für die Erklärung dieser scheinbaren Inkonsistenz lassen sich zwei wichtige Faktoren identifizieren. Einerseits gilt es die unterschiedlichen geografischen Situationen in Betracht zu ziehen. Während Dūr-Šarrukīn, Imgur-Enlil und Tall Ibrāhīm Bāyis in Ebenen abseits der großen Flusstäler lagen, befanden sich Ninua, Kalḫu und Aššur auf den Tigristerrassen (vgl. Abb. 3). Durch ihre Nähe zu den tief eingeschnittenen Flüssen waren letztere wesentlich stärker reliefiert und boten viele Landschaftsmerkmale, die in die Befestigungsanlagen einbezogen wurden. In den flachen Gebieten, wo Dūr-Šarrukīn, Imgur-Enlil und Tall Ibrāhīm Bāyis lagen, fehlten vergleichbare topografische Hindernisse bzw. Orientierungspunkte hingegen. Die markantesten Erhebungen waren noch die Siedlungshügel, welche vor allem als Standort für die Monumentalgebäude, die dadurch gut sichtbar und wirkmächtig wurden, dienten. Der zweite Faktor, der hier zu nennen ist, sind Raumkonstrukte im assyrischen Weltbild. Diesbezüglich liefern insbesondere die sogenannten Astroglyphen wichtige Informationen. Darin wurde ein höchst abstrakter Raum, nämlich das »Universum«, in Form eines Quadrats mit akzentuierten Ecken bildlich wiedergegeben,52 was seine Entsprechung im assyrischen Herrschertitel šar kibrāt arbaʾi (»Herrscher der vier Weltgegenden«) findet.53 Man stellte sich die bekannte Welt also als ein großes Quadrat vor. Diese Überlegungen lassen sich auch mit den polygonalen Stadtanlagen von Kalḫu und Ninua in Einklang bringen. Letztere deuten nämlich ein Be-

51 Vergleiche Lumsden 2004: 189–190. 52 Roaf/Zgoll 2001: 287–288. 53 Vergleiche Novák 1999: 377.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

158

?

?

?

Aššur

?

?

Kalḫu

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? ?

Kilizu

?

?

Ninua ? ?

Imgur-Enlil ?

?

?

Tall Ibrāhīm Bāyis

?

?

Dūr-Šarrukīn

?

?

? ?

500 m Erhebung

Befes�gte Erhebung

Stadtmauer

Binnenmauer

Toranlage lokalisiert

?

Toranlage vermutet

Binnenmauer, rekonstruiert

Abb. 150: Zusammenstellung der Formen der Befestigungsanlagen zentralassyrischer Siedlungen.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

159

20 m

Abb. 151: Doppelmauersystem der Oberstadt von Ḫattuša (nach Puchstein 19842: Abb. 38).

streben an, topografische Eckpunkte mit geraden Mauerstrecken zu verbinden. Fehlen die natürlichen Geländemerkmale, ist die Wahl einer quadratischen Stadtanlage in Anbetracht der Idealvorstellungen nur konsequent.

4.2.4 Befestigungsmauern im diachronen Vergleich

Stadtmauern mit Fundamenten aus Bruchsteinen mit darüber aufgehendem Lehmziegelmauerwerk stellen keinesfalls eine Ausnahme dar.54 Ebenso sind in regelmäßigen Abständen zueinander angelegte Türme bzw. Mauervorsprünge schon an früheren Fortifikationssystemen nachgewiesen.55 Auch die Verläufe neuassyrischer Stadtmauern waren nicht innovativ. Annähernd quadratische Verteidigungsanlagen verschiedener Größe sind bereits für die erste Hälfte des 2.  Jahrtausends  v.  Chr. belegt, wie z. B. in Qaṭna56 oder Ḫaradu.57 Ebenso scheint Bābili bereits unter den Kassitenherrschern seine quadratische Form erhalten zu haben.58 In Assyrien war das Prinzip spätestens seit der mittelassyrischen Zeit bekannt, wie nicht nur das dunnu von Tall Ṣabīy Abyaḍ,59 sondern vor allem die Stadtmauern der neu gegründeten nur knapp nördlich von Aššur gelegenen Residenzstadt Kār-Tukultī-Ninurta zeigen.60 Ähnlich dazu lässt sich auch die Zusammensetzung der Befestigungsringe auf ältere Vorbilder zurückführen. Dies trifft insbesondere auf die Niederwälle (vgl. Kap.  4.2.2.2) zu. Doppelmaueranlagen als äußere Vereidigungslinien sind vor allem an späthethitischen Fundorten (z.  B. Samʾal,61 54 Für ältere Belege in Vorderasien siehe zusammenfassend Burke 2008: 75; Naumann 19712: 55–58, 64–86; Rey 2012: 103 55 Mielke 2011–2013: 83. Siehe hierzu z. B. die prähistorischen Befestigungsanlagen von Hacılar oder Mersin in der heutigen Türkei (vgl. Naumann 19712: 238). 56 Burke 2008: 213; Du Mesnil du Buisson 1935: 40–41. 57 Siehe Kepinski 2012: 18; Vallet 1992: 23–25. 58 George 1992: 13, 19, 343–344. 59 Siehe zusammenfassend Akkermans 2006; Duistermaat 2008: 43–49. 60 Eickhoff 1985: 15–16. 61 Koldewey 1898: 107–110.

Karkamiš62 und jüngst auch Sirkeli Höyük63) belegt. Sie folgten jedoch insofern einem anderen Konzept, als dass es sich hier jeweils um zwei annähernd gleich starke Befestigungsmauern handelte, die an keinem Punkt direkt miteinander verbunden waren. Dementsprechend sind die äußeren Mauerringe späthethitischer Fundorte als Vormauern und nicht als Niederwälle zu bezeichnen. Eine dem Niederwall Salmānu-ašarēds  III. in Aššur konzeptionell ähnliche Struktur findet sich in der Oberstadt von Ḫattuša. Hier verlief eine 1–1,1 m starke und mit eigenen Türmen von ca. 6 m Breite und ca.  3,25  m Ausladung ausgestattete Mauer in einem relativ geringen Abstand von ca.  8,5  m vor der Hauptmauer (Abb.  151).64 An den Toranlagen verband sie sich mit dem Hauptwall der Oberstadt. Dass die Anlage von Ḫattuša als Vorbild für den Niederwall von Aššur diente, erscheint wegen der großen Zeitspanne dazwischen jedoch wenig wahrscheinlich. Möglicherweise entstammt die Idee, die äußere Verteidigungslinie als Doppelmauersystem zu gestalten, tatsächlich den späthethitischen Vorbildern. Die Ausführung als Niederwall könnte hingegen eine Anpassung an die topografischen Gegebenheiten in Aššur darstellen, die sich daraufhin in der assyrischen Wehrarchitektur etablierte. Für die Weiterentwicklung der freistehenden Niederwälle in der neuassyrischen Wehrarchitektur – die verbundenen Niederwälle – finden sich im Alten Orient hingegen keine Parallelen. Diese Bauweise ist daher als charakteristisch für neuassyrische Befestigungssysteme anzusprechen. Zusätzlich zu den zwei Ebenen, von denen aus anrückende Feinde beschossen werden konnten, führte das direkte Ansetzen des Niederwalls an die Fassade der Hauptmauer dazu, dass der Fuß letzterer deutlich verstärkt wurde.

62 Woolley 1921: 48–57. 63 Sollee 2016; Sollee/Kulemann-Ossen/Raffainer 2019; Sollee et al. 2018: 121. 64 Puchstein 19842: 36–59, Taf. 1–2, 9–10, 15, 20; Naumann 19712: 258.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

160

Überlappende Mauern

Knickachs-Durchgang

Versetzter Durchgang

Abgeschrägter Torweg

Einfache Umlenkung

Labyrinth

Serpen�nenweg

mit Blendmauer

Vor- bzw. zurückspringende Laibungen

mit Türmen bewehrt

Kammertor

Kammertor mit Räumen für Wachmannscha�

und erwirkten, dass er dem Beschuss der Verteidiger über einen längeren Zeitraum ausgesetzt war. Dem standen axiale Torwege gegenüber, die direkt auf die Durchgänge (oftmals flankiert von Tortürmen) zuführten.65 Um das von den Toren ausgehende verteidigungstechnische Risiko klein zu halten, wurden die Toranlagen oft als stark befestigte Gebäude konzipiert, deren Grundrisse unterschiedlich komplex ausfallen konnten. Die Räumlichkeiten innerhalb der Torbauten lassen sich in Torkammern und Nebenräume untergliedern. Erstere lagen direkt am oder im Hauptdurchgang, während Nebenräume aus dem Umland oder dem Stadtinneren nur über mindestens einen anderen Raum erreichbar waren. Vor oder hinter der eigentlichen Toranlage konnte zudem ein Hofbereich liegen, der von einer Befestigungsmauer eingerahmt war. Allerdings mussten Tore nicht zwangsweise über Räume verfügen. Einfache Durchgänge, die mit einer Tür verschlossen werden konnten, erfüllten prinzipiell den selben Zweck. Eine für diese Arbeit relevante Sonderform von Toranlagen sind Poternen. In der Regel handelte es sich dabei um kleinere Durchlässe, über die man durch den Fußbereich einer Befestigungsmauer vom Siedlungsinneren nach außen oder in einen vorgelagerten Bereich (z. B. eine Bastion oder eine Zwingermauer) gelangen konnte. Da sie von außen schwierig zu erkennen waren, eigneten sie sich vor allem dazu, befestigte Anlagen ungesehen zu betreten bzw. zu verlassen, z. B. um einen Belagerer mit einem Ausfall zu überraschen.66

4.3.1 Bautechnik und Gestaltung

Abb. 152: Optionen für die Gestaltung des Bereichs am Hauptdurchgang eines Tors (nach Keeley/Fontana/Quick 2007: Abb. 3).

4.3 Toranlagen Stadttore waren stets das kritischste Befestigungselement eines Fortifikationssystems, da sie es naturgemäß unterbrachen und somit schwächten. Vor allem aus verkehrstechnischen Gründen konnte auf sie aber nicht verzichtet werden. Dabei ist abhängig von der Integrationsweise in den Stadtmauerverlauf zwischen einfachen Durchlässen, Zangen- sowie Kammertoren zu differenzieren, die sich des Weiteren anhand ihrer Bestandteile in verschiedene Typen und Varianten unterteilen lassen. Der Torbau selbst war stets in den Verlauf der Stadtmauer integriert, doch gab es verschiedene Möglichkeiten, den Durchgangsweg zu gestalten (Abb.  152). Gewundene oder labyrinthartige Passagen verlangsamten den Ansturm eines Angreifers

Hinsichtlich ihrer Bautechnik unterscheiden sich die Bestandteile neuassyrischer Stadttore nicht grundlegend von den Befestigungsmauern. Als betretbare Bauwerke besaßen Tore im Gegensatz zu anderen fortifikatorischen Elementen jedoch einige spezifische Merkmale. Auf diese wird im Folgenden zunächst eingegangen, bevor ein Vorschlag zur Typologisierung neuassyrischer Toranlagen gemacht wird (Kap. 4.3.2). Herzstück der Anlagen waren die Torkammern. Diese waren in der Regel als Breiträume mit axialen Zugängen an den beiden Längsseiten konzipiert. Die Nutzfläche betrug durchschnittlich 108,2  m². Oftmals führte ein steingepflasterter Torweg quer durch die Torkammer. Die abseits der Straße gelegenen Bereiche besaßen hingegen meist einen Lehmboden. Während die Abmessungen des Innenraums der Torkammern starke Schwankungen

65 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 241–242; Keeley/Fontana/Quick 2007: 62–67; Naumann 19712: 267–268. 66 Böhme/Friedrich/Schock-Werner 2004: 203, 242.

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Nebenräume

Torkammern

Vorhöfe

4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

161

Länge / Tiefe (m)

Breite (m)

Relation (B/T)

Fläche (m²)

Ninua, Tor 4

19,00

45,00

2,37

855,00

Ninua, Tor 5

20,00

40,00

2,00

800,00

Ninua, Tor 10

19,00

44,00

2,32

836,00

Dūr-Šarrukīn, Tor 3

12,50

34,90

2,79

436,25

Durchschnitt

17,63

40,98

2,37

731,81

Aššur, Unteres Tor

4,70

12,50

2,66

58,75

Aššur, Tabīra-Tor Torkammer 1

2,50

15,70

6,28

39,25

Aššur, Tabīra-Tor Torkammer 2

4,25

15,70

3,69

66,73

Aššur, Westtor außen (Bauzustand I)

4,36

16,50

3,78

71,94

Aššur, Westtor außen (Bauzustand II)

?

12,85

?

?

Aššur, Binnenwall S-Tor

4,37

16,30

3,73

71,23

Kalḫu, Shalmaneser Gate

4,50

?

?

?

Kalḫu, Innere Stadtmauer Fort Shalmaneser Toranlage

4,70

17,00

3,62

79,90

Ninua, Tor 5 Torkammer 1

6,70

12,5+x

?

?

Ninua, Tor 5 Torkammer 2

5,60

17,5+x

?

?

Ninua, Tor 10 Torkammer 1

7,60

23,00

3,03

174,80

Ninua, Tor 10 Torkammer 2

7,60

23,00

3,03

174,80

Ninua, Tor 12

6,40

24,60

3,84

157,44

Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Torkammer 1

6,10

22,50

3,69

137,25

Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Torkammer 2

5,80

24,00

4,14

139,20

Dūr-Šarrukīn, Tor 7

6,50

21,00

3,23

136,50

Dūr-Šarrukīn, Tor A Torkammer 1

5,75

18,00

3,13

103,50

Dūr-Šarrukīn, Tor A Torkammer 2

5,75

18,00

3,13

103,50

Durschschnitt

5,48

18,71

3,64

108,20

Aššur, Unteres Tor

6,25

5,80

0,93

36,25

Aššur, Tabīra-Tor

5,50

12,00

2,18

66,00

Ninua, Tor 11

13,00

12,00

0,92

156,00

Dūr-Šarrukīn, Tor 3

11,25

3,50

0,31

39,38

Dūr-Šarrukīn, Tor 7

8,00

11,50

1,44

92,00

Dūr-Šarrukīn, Tor A Nebenraum 1

8,00

8,50

1,06

68,00

Dūr-Šarrukīn, Tor A Nebenraum 2

6,25

9,00

1,44

56,25

Durchschnitt

8,32

8,90

1,18

73,41

Abb. 153: Dimensionen neuassyrischer Torräume.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

162

Tür zum Wehrgang (vermutet)

Oberkante der erhaltenen Mauerreste

Raum NW 31 5m

Raum NW 31 (Torkammer)

Abb. 154: Rekonstruktion der Treppe im Westtor des Fort Shalmaneser von Kalḫu (nach Oates 1962: Taf. 3).

aufweisen (39,25–174,8  m²), lässt sich eine gewisse Regelmäßigkeit in der Relation von Tiefe zu Breite (ca. 1:3,03–3,84) erkennen (Abb.  153). Es ist anzunehmen, dass die Torkammern überdacht waren. Dies ergibt sich aus dem Fund von verstürztem Deckenmaterial und verbrannten Holzbalken in einigen Stadttoren, z.  B. dem Tabīra-Tor von Aššur (Kap. 3.1.2.5). Oftmals verfügten neuassyrische Stadttore zusätzlich über kleinere Nebenräume, die an die Torkammern angebaut und nur über letztere zu erreichen waren. Sie nahmen im Durchschnitt eine Fläche von 73,41 m² ein und waren annähernd quadratisch (Abb. 153). Ihre Zugänge waren mit 1–2 m wesentlich schmaler als die Portale der Torkammern. Oftmals ist nicht bekannt, ob sie verschlossen werden konnten. Während viele Nebenräume keine architektonischen Besonderheiten aufwiesen, lassen sich einige als Treppenhäuser identifizieren.67 Ausschlaggebend hierfür ist das Vorhandensein eines Lehmziegelpfeilers in der Mitte des Raums.68 Obwohl es sich nicht um ein Stadttor handelte, vermittelt die Rekonstruktion des südlichen Turms des Westtors von Fort Shalmaneser ein gutes Bild davon, wie diese Treppenanlagen ausgesehen haben könnten. D.  Oates Vorschlag sieht eine hölzerne Spin67 Halama 2011a: 79. 68 Siehe Naumann 19712: 180–181.

deltreppe vor, deren einzelne Stufen zwischen der Lehmziegelmauer und Holzpfeilern befestigt waren (Abb.  154).69 Alternativ konnten die Stufen wohl auch in den Raum zwischen einem zentralen Lehmziegelpfeiler und den Wänden eingesetzt werden. Wie der Befund an den Westtoren von Aššur aber zeigt, konnte der Treppenaufgang auch in den Mauerverband integriert und vollständig aus Lehmziegeln konstruiert sein (vgl. Kap. 3.1.2.5). Die Portale der Torkammern waren beträchtlich breit: 3,7–5,8 m mit einem deutlichen Schwerpunkt im Bereich zwischen 4 und 5 m (Abb. 155). Dies hätte wahrscheinlich genügend Platz geboten, dass zwei Wagen nebeneinander hätten durchfahren können.70 In den meisten Fällen darf von einem Torbogen als oberem Abschluss des Durchlasses ausgegangen werden. Dies ergibt sich einerseits aus archäologischen Befunden wie Stadttor 3 und Zitadellentor  A von Dūr-Šarrukīn (Kap.  3.9.2.3; Kap. 3.9.2.4). Andererseits sind auf den bekannten Darstellungen neuassyrischer Fortifikationen Torbögen zu sehen (vgl. Abb.  91; Abb.  98–99). Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass in der neuassyrischen Flachbildkunst durchaus zwischen Torbögen und horizontalen Türstürzen unterschieden wurde (vgl. App. II.1). Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede im Verhältnis, wie oft die beiden Optio69 Oates 1962: 7–8. 70 Vergleiche Burke 2008: 71.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

Ninua, Tor 4 Vorhof Ninua, Tor 5 Vorhof Ninua, Tor 5 Torkammer 1 Ninua, Tor 10 Torkammer 1 Ninua, Tor 10 Torkammer 2 Ninua, Tor 12 Niederwall Ninua, Tor 12 Torkammer Kalḫu, Shalmaneser Gate Kalḫu, Fort Shalmaneser Toranlage Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Vorhof Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Torkammer 1 Dūr-Šarrukīn, Tor 3 Torkammer 2 Dūr-Šarrukīn, Tor 7 Dūr-Šarrukīn, Tor A Torkammer 1 Dūr-Šarrukīn, Tor A Torkammer 2 Aššur, Unteres Tor Aššur, Tabīra-Tor Torkammer 1 Aššur, Wes�or außen (Bauzustand I) Aššur, westl. Binnenwalltor Aššur, südl. Binnenwalltor 0m

163

4,7 m 4,55 m 4,35 m 4,7 m 4,7 m 7,5 m 5,8 m 4,3 m 3,7 m 4m 4m 4m 4,25 m 5,75 m 4,9 m 4m 5m 4,05 m 4m 3,75 m 1m

2m

3m

4m

5m

6m

7m

8m

Abb. 155: Dimensionen neuassyrischer Tordurchgänge.

nen wiedergegeben wurden, wenn man verschiedene Kriterien anwendet (Abb. 156). Inwiefern diese Unterschiede dem Fundzufall, den abgebildeten Ereignissen oder chronologischen Entwicklungen geschuldet sind, bleibt noch festzustellen. Aufgrund ihrer Breite müssen die Türen, die die Portale schlossen, zweiflügelig gewesen sein (Abb. 157). Im archäologischen Befund kann dies in erster Linie durch Türangelsteine, die sich bei der Entdeckung noch in situ befanden, nachgewiesen werden. Diese oftmals konischen oder flachzylindrischen Steine wurden häufig in dafür ausgehobene Gruben gelegt. An ihrer Oberseite weisen sie typischerweise Kulen mit Drehrillen auf. Letztere entstanden durch einen sich in der Vertiefung drehenden hölzernen Türpfosten (manchmal mit metallenem »Schuh«),71 der wiederum mit einem Türflügel (ebenfalls aus Holz) verbunden war.72 Aufgrund von Funden im Tabīra-Tor und einem textlichen Beleg (vgl. Kap.  3.1.2.5) ist von einer Anbringung von Bronzestreifen an den Fronten der Türflügel neuassyrischer Stadttore auszugehen. Ob die an Stadttoren befestigten Streifen mit figürlichen Szenen dekoriert waren, wie es z. B. für einige 71 Siehe Andrae 1909: 75–76. Ein entsprechender in situ-Befund ist aus Residenz M in Dūr-Šarrukīn bekannt (Loud/Altman 1938: 72; Taf. 37, E). Auch Place (1867/1870, Bd. 3: Taf. 70) hatte bereits solche Objekte entdeckt. Weitere Beispiele sind u. a. aus Aššur (Andrae 1909: 50, Abb. 42) sowie Kalḫu und Imgur-Enlil (Curtis/ Tallis 2008: Taf. 46–47) bekannt. 72 Vergleiche Naumann 19712: 164–169.

neuassyrische Paläste und Tempel belegt ist,73 ist jedoch unklar. Betrachtet man die Lage der verschließbaren Durchgänge neuassyrischer Stadttore, fällt auf, dass sich in der Regel nur am äußeren Portal des Torgebäudes (nicht des Vorhofs) Hinweise auf Türvorrichtungen finden. Dem archäologischen Befund nach zu urteilen, war also immer nur ein Tordurchgang verschließbar. Dies bedeutet einerseits, dass die Räume des Torbaus vom Stadtinneren aus stets zugänglich waren, andererseits kann dem verschließbaren Durchgang eine große ideologische Bedeutung als Schwelle zwischen Siedlungsbereich und Umland zugeschrieben werden (vgl. Kap. 5.1.2). Während sich Forscher darüber, wie die Türen aufgebaut waren, weitgehend einig sind, herrscht hinsichtlich der Details ihrer Verriegelungsmechanismen noch Unklarheit. Archäologische Befunde hierzu sind selten – insbesondere an Stadttoren. Bisweilen mittig in den Durchgängen verlegte Steinblöcke mit Durchlochung (z. B. am Shalmaneser Gate von Kalḫu; vgl. Abb. 80) waren vermutlich für senkrechte Metall- oder Holzstangen vorgesehen. Sie hätten das Aufdrücken eines Türflügels verhindert oder zumindest deutlich erschwert. Einem ähnlichen Zweck dienten wohl sogenannte »Spreizenfüße«. Dabei handelt es sich um Steine mit Aussparungen für Holzbalken, die von dort aus schräg gegen die Innenseite der Tür gelehnt wurden. Diese Steine 73 Siehe hierzu zusammenfassend Schachner 2007: 14– 16.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

164 100

Torbogen horizontaler Türsturz

80

83

60 51 40 25

22

Aššur-nāṣir-apli II.

Salmānu-ašarēd III.

Orthostaten

nach Medium

2

12 3

0

6

Aššur-bāni-apli

1

8

Sîn-aḫḫē-erība

2

11

Šarru-ukīn II.

3 0

Gesamt

7

Bronzebeschl.

20

Tukul�-apil-Ešarra III.

28

37

32

chronologisch

Abb. 156: Verhältnis von Darstellungen von Toren mit Torbögen und horizontalen Türstürzen in der neuassyrischen Flachbildkunst, aufgeschlüsselt nach unterschiedlichen Kriterien (vgl. App. II.1).

waren im oder auf dem Fußboden der Torkammer mittig hinter dem zu verschließenden Portal verlegt.74 Weitere Aufschlüsse zu den Verschlussmechanismen geben zeitgenössische Texte. Aus letzteren lässt sich rekonstruieren, dass ein Balken (mēdelu bzw. namzaqu) auf einen Querbalken (aškuttu bzw. šigaru) mit Aussparung (uppu) gelegt wurde. Ein Stift (sikkatu) arretierte die Konstruktion, indem er durch Löcher in den beiden Balken geführt wurde (Abb.  158).75 Allerdings ist die Existenz anderer Verschlussmechanismen nicht auszuschließen, z. B. mit einem kürzeren Querbalken oder einem Eisenobjekt.76 Ein weiteres wichtiges Element neuassyrischer Stadttore waren die von einem mehrere Meter aus der Verteidigungslinie hervorspringenden Abschnitt des Niederwalls eingefassten »Vorhöfe«. 74 Herzog 1986: 160; Naumann 19712: 169–171. 75 Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem verfügbaren Textmaterial siehe Fuchs 1998: 97–107; Scurlock 1988. 76 Siehe Herzog 1986: 160.

Vom Umfeld einer Siedlung waren sie durch eine nicht verschließbare Lücke in der Umfassungsmauer des Hofs erreichbar. Dabei lässt sich beobachten, dass sich die Breite dieses Durchlasses an der des Portals der sich stadtwärts anschließenden Torkammer orientierte (vgl. Abb. 155). Die Höfe, deren Fußböden oftmals Steinplatten- oder Backsteinpflaster aufwiesen, waren rechteckig und nahmen Flächen von 436,25 m² bis 855 m² ein (Abb. 153). Die teils gewaltigen Dimensionen müssen die Stadttore der zentralassyrischen Siedlungen zu beeindruckenden Bauwerken gemacht haben. Allein die Grundflächen der Tore waren enorm. Selbst verhältnißmäßig kleine Torbauten wie das Untere Tor von Aššur waren knapp 400 m² groß. Ähnliche Dimensionen besaß auch das westliche Binnenwalltor. Zitadellentor  A von Dūr-Šarrukīn maß bereits über 1350 m² und Tor 5 von Ninua bedeckte sogar ca. 4000 m². Zum Vergleich: Nur etwa 21% der bekannten neuassyrischen Häuser verfügten über eine Gesamtfläche von mehr als 200 m².77 Auch die Tor77 Vergleiche Castel 1992: 38–43; Miglus 1999: 160.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

78 Siehe hierzu Koldewey 1918. 79 Andrae 1913a: 6. 80 Siehe hierzu Miglus 1999: 137; Preusser 1954: 20.

Torbeschlag

Mauerwerk

Torpfosten

kammern selbst waren großzügig dimensioniert. In vielen Fällen waren die Nutzflächen über 100  m² groß (vgl. Abb. 153). Zum beeindruckenden Erscheinungsbild der Torbauten trug sicherlich auch ihre Höhe bei. Letztere lässt sich zwar nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren, doch erscheint ein Minimalwert von 7  m im Lichte der Befunde an Stadttor 7 von Dūr-Šarrukīn (vgl. Kap. 3.9.2.3) und dem Westtor des Fort Shalmaneser in Kalḫu (vgl. Kap. 3.3.3.3) durchaus plausibel. Viele der Torgebäude überragten zudem ihr Vorfeld entweder aufgrund der topografischen Bedingungen oder weil sie über massive Lehmziegelsubstruktionen (teilweise aus zugesetzten älteren Toranlagen bestehend) verfügten. Der dadurch bedingte Höhenunterschied wurde oftmals mit einer Rampe und selten auch Treppen überwunden. Dabei ist interessant festzuhalten, dass eine Steigung von 25% bzw. ein Winkel von 14°, wie sie beispielsweise am Tabīra-Tor festgestellt wurde (vgl. Kap. 3.1.2.5), für die verkehrstechnischen Bedürfnisse akzeptabel gewesen zu sein scheint. Ein weiteres Indiz für die repräsentative Wirkung der Toranlagen sind ihre dekorativen Elemente (Abb.  159). Dazu gehörten möglicherweise Wandnägel. Wie schon bei den Befestigungsmauern stellt sich allerdings die Frage, ob diese Terrkottaobjekte an der Wand angebracht oder im Fundament als Gründungsbeigaben niedergelegt wurden (vgl. Kap. 5.3.4). An anderen Toranlagen, wie beispielsweise Stadttor 3 (und vermutlich auch Stadttor 7) von Dūr-Šarrukīn, ist eine Ausschmückung mit glasierten Ziegeln belegt (vgl. Kap. 3.9.2.3). Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine massive Fassade aus diesem Werkstoff, wie z. B. am Ištar-Tor von Bābili,78 sondern um Friese. Denkbar wäre auch, dass in Analogie zu W. Andraes Annahme zur Ausgestaltung der Zinnen der Befestigungsmauern Aššurs ein Teil der Brüstung der Tore aus Glasurziegeln konstruiert war.79 Schwieriger nachzuweisen sind Wandmalereien. Neben den Dekorationen in Raum R7 des südlichen Zugangs von Fort Shalmaneser in Kalḫu (vgl. Kap. 3.3.4) kann lediglich auf die möglichen Reste von Wandmalereien im Innenraum von Stadttor 7 in Dūr-Šarrukīn verwiesen werden (vgl. Kap. 3.9.2.3). Bezüglich letzteren ist jedoch einschränkend hervorzuheben, dass nicht klar ist, ob die verstürzten Fragmente tatsächlich Malereien oder lediglich großflächig angebrachten Putz, wie er z. B. im sogenannten »Roten Haus« von Aššur belegt ist,80 darstellten. Nichtsdestoweniger sind Wandmalereien als dekorative Elemente an Toranlagen nicht auszuschließen.

165

Torflügel

Torschwelle Fundament

Fundament Abdeckpla�e

»Torschuh«

Türangelstein

Abb. 157: Rekonstruktion der Bestandteile eines neuassyrischen Tors (nach Naumann 19712: Abb. 216).

Eine nur an den portes ornées von Dūr-Šarrukīn belegte Art des Fassadenschmucks neuassyrischer Toranlagen sind Halbsäulen (vgl. Kap.  3.9.2.3). Diese waren wesentlich kleiner als die aus dem auf Šamšī-Adad  I. zurückgehenden Zustand des AššurTempels bekannten Exemplare,81 ähnelten aber dem Wandschmuck, der im Nabû-Tempel von DūrŠarrukīn freigelegt wurde.82 Einfache Orthostaten können wohl als am regelmäßigsten aufgefundenes dekoratives Element an neuassyrischen Stadttoren bezeichnet werden. Die 1–1,5  m hohen, an ihrer Frontseite flach gearbeiteten Steinplatten verkleideten den Sockelbereich der Vorhöfe, Durchgänge und manchmal auch Torkammern (vgl. Abb. 103). Reliefzyklen, wie sie aus den Palästen bekannt sind, finden sich an den Toranlagen allerdings nicht. Einige Stadtportale waren jedoch mit kolossalen Torwächterfiguren (zumeist Stierkolossen) und einer Reliefdarstellung eines mythologischen Wesens – vornehmlich geflügelter Genien – ausgestattet (Abb. 159). Nicht direkt in die Bausubstanz der Tore integriert, aber dennoch erwähnenswert sind Statuen und Stelen. Allerdings lässt sich eine Aufstellung solcher Bildwerke in oder an neuassyrischen Stadttoren nur selten nachweisen, wie z.  B. am TabīraTor von Aššur (vgl. Kap. 3.1.2.5). Wie weiter unten nochmals detaillierter erörtert werden wird, war dieses Vorgehen jedoch konsistent mit Praktiken der Herrscherdarstellung im assyrischen Kernland, 81 Siehe hierzu Haller/Andrae 1955: 33, Abb. 8. 82 Siehe Loud/Altman 1938: 37–38, Taf. 13.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

166

Abb. 158: Rekonstruktionsvorschläge eines neuassyrischen Türschlosses (Fuchs 1998: 102–103 Textabbildungen).

Toranlage

Löwe

Stierkoloss

Genius m. Menschenkopf

Genius m. Adlerkopf

Held m. Löwe

Tabīra-Tor (Aššur) Shalmaneser Gate (Kalḫu)

sonstiges

Statue

Glasurziegel

(x)

x

(x)

Wandmalerei

x

Südl. Zugang Fort Shalmaneser (Kalḫu)

x

Tor 10 (Ninua)

x

Tor 1 (Dūr-Šarrukīn)

x

Tor 3 (Dūr-Šarrukīn)

x

Tor 6 (Dūr-Šarrukīn)

x

x

x x

x

Tor 7 (Dūr-Šarrukīn)

(x) x

x

Tor A (Dūr-Šarrukīn)

x

x

Tor B (Dūr-Šarrukīn)

x

(x)

Abb. 159: Zusammenstellung der an neuassyrischen Toranlagen festgestellten dekorativen Elemente.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur und es stand auch dem Anliegen der Herrscher, sich durch die Errichtung von Wehranlagen zu verewigen, nicht im Wege (vgl. Kap. 5.3.4).

4.3.2 Eine Typologie neuassyrischer Toranlagen

Generell zählen neuassyrische Stadttore zu den Kammertoren. Hinsichtlich ihrer Grundrisse und der Raumerschließung lässt sich erkennen, dass ihnen ein einheitliches Planungskonzept zugrunde lag (Abb. 160; Abb. 161). In den meisten Fällen bildete eine an die Innenseite der Stadtmauer angebaute, breitgelagerte Torkammer, die mit einem Nebenraum verbunden war und über einen von Türmen flankierten Hauptdurchgang betreten wurde, den Kern der Anlage (Typ I). Diese Grundeinheit konnte um bestimmte Bestandteile erweitert werden, wodurch sich mehrere Varianten unterscheiden lassen:

• Typ Ia (»Einfaches Stadttor«) verfügte über eine nach außen hin verschließbare Torkammer (»primäre Torkammer«). In den meisten Fällen war ein Nebenraum (»primärer Nebenraum«) angeschlossen, der sich oftmals als Treppenhaus identifizieren lässt. Anhand der Position der Nebenräume können zwei Ausprägungen dieser Variante unterschieden werden. Bei der einen (Typ Ia1) war der Nebenraum an die Schmalseite der Torkammer angeschlossen. Bei der anderen befanden sich die Nebenräume in den Tortürmen (Typ Ia2).

• Typ Ib (»Erweitertes Stadttor«) war eine Erweiterung des grundlegenden Schemas durch den Anbau einer zweiten Raumgruppe (»sekundäre Torkammer« und »sekundärer Nebenraum«), die wie die primäre Raumgruppe dimensioniert war. Der Nebenraum der primären Torkammer diente oft als Treppenhaus, während sich die Funktion des anderen Nebenraums in der Regel nicht bestimmen lässt. Hinsichtlich des Arrangements der Räume ist darüber hinaus festzuhalten, dass primärer und sekundärer Nebenraum nicht miteinander verbunden, sondern nur über die zugehörige Torkammer zu erreichen waren.

• Typ  Ic (»Erweitertes Stadttor mit Vorhof«) umfasst die Stadttore mit den größten Ausmaßen. Diese Variante stellte eine Erweiterung von Typ Ib um einen Vorhof, der von einem vorspringenden Abschnitt einer Zwingermauer eingerahmt war, dar.

Daneben ist an neuassyrischen Befestigungsanlagen ein zweiter Typ des Stadtzugangs belegt – die Poterne (Typ  II). Dabei ist anhand der Komplexität der Anlagen zwischen zwei Varianten zu unterscheiden.

167

• Typ IIa (»Einfache Poterne«) bestand aus einem schmalen Gang, der ebenerdig oder leicht geneigt durch die Stadtmauer hindurchführte.

• Typ IIb (»Gewundene Poterne«) setzte sich aus mehreren zu einem gewundenen Korridor aneinandergereihten, langrechteckigen Räumen, die eine rampenartige Verbindung zwischen dem Umland und dem höher gelegenen Siedlungsinneren herstellten, zusammen.

Die Beweggründe, warum bestimmte Toranlagen des Typs  I dem einen oder dem anderen Muster entsprachen, lassen sich nur bedingt identifizieren. Manchmal sind ideologische Gründe naheliegend. Tor 10 von Ninua (vgl. Kap.  3.7.3.4) kann als Beispiel hierfür herangezogen werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Straße, welche Tarbiṣu und die Hauptzitadelle von Ninua miteinander verband, durch dieses Stadttor hindurchführte, erscheint die monumentale Gestaltung als Typ  Ic einleuchtend. Angesichts der Tatsache, dass sowohl die Tore 4 und 5 von Ninua als auch die portes simples von DūrŠarrukīn auf ähnliche Weise konstruiert waren, lässt sich dies aber nicht als entscheidener Faktor für die Wahl des Grundrisses ausmachen. In einigen Fällen, wie beispielsweise von Tor 5 von Ninua oder dem Tabīra-Tor von Aššur, könnte das Hinzufügen einer zweiten Torkammer einem erhöhten Verkehrsaufkommen geschuldet gewesen sein. Allerdings zeigen vor allem die für den Wagenverkehr weniger geeigneten portes ornées von Dūr-Šarrukīn, dass diese Erklärung ebenfalls nicht immer zutrifft. Der militärische Nutzen der Vorhöfe ist ebenfalls zwiespältig zu bewerten. Zwar stellten sie bastionsartige Strukturen dar, die einerseits eine zusätzliche Verteidigungslinie erzeugten83 und andererseits die Möglichkeit boten, in den Hof eingedrungene Feinde von mehreren Seiten zu beschießen. Die von J.E. Reade verwendete Bezeichnung die­ses Bereichs als »trapyard« gibt dies wieder. 84 Ihre exponierte Lage machte sie jedoch auch angreifbar, da sich nicht alle ihre Fronten von der Hauptmauer aus bestreichen ließen.85 Während sich die Hintergründe für die Gestaltung der Toranlagen des Typs I nur in wenigen Fällen ermitteln lassen, scheinen bei den Poternenarten vor allem funktionale Unterschiede bestimmend gewesen zu sein. Typ  IIa findet sich entlang der Befestigungsmauern von Aššur vor allem in der unmittelbaren Umgebung zugesetzter Stadttore (vgl. Kap. 3.1.2.1; Kap. 3.1.3.7). Diese Durchlässe waren offensichtlich dazu gedacht, eine schmal gehaltene Verbindung zwischen Stadtinnerem und Wandel83 Halama 2011b: 275. 84 Reade 2016: 65. 85 Halama 2011b: 275.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

168

Aššur Stad�nneres Stad�nneres

Stad�nneres

T

T Außenwall

Außenwall

Tabīra-Tor

Unteres Tor

Stad�nneres

Wes�or außen (Bauzustand I)

Stad�nneres

Stad�nneres

Außenwall

T

T Außenwall

Umland

Umland

Umland

T

T

T

T Binnenwall

Binnenwall

Umland

Umland

Umland

Wes�or außen (Bauzustand II)

Wes�or innen

Südtor

Kalḫu Zitadelle ? Zitadellenmauer Unterstadt

8

Shalmaneser Gate

7

W-Mauer FS

»Übungsplatz«

9

Area S

6 2

»Übungsplatz«

T

Umfassung FS

3

4

1

5

Fort Shalmaneser Terrasse

Umland

Unterstadt

Südlicher Zugang Fort Shalmaneser

Fort Shalmaneser Umfassungsmauertor LEGENDE Ho�ereich

Durchgangsraum

Durchgang

Durchgang verschließbar

Endraum

T

Endraum mit Treppe

Abb. 160.a: Raumerschließungsmuster neuassyrischer Stadttore.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

169

Ninua Stad�nneres

Stad�nneres Stad�nneres

?

?

?

?

?

?

Stadtmauer

Stadtmauer

Niederwall

Niederwall

? Stadtmauer Umland

Umland

Umland

Tor 3

Tor 4

Tor 5

Stad�nneres

T Stadtmauer

Stad�nneres

Stad�nneres ? Stadtmauer

T Stadtmauer

Niederwall Umland

Umland

Umland

Tor 10

Tor 11

Tor 12

Dūr-Šarrukīn Stad�nneres Zitadelle T

Stad�nneres Stadtmauer T Zit.-Mauer

T Stadtmauer

Niederwall Umland

Umland

Stad�ore 1–6

Stad�or 7

Stadtgebiet

Zitadellentore A&B

LEGENDE Ho�ereich

Durchgangsraum

Durchgang

Durchgang verschließbar

Endraum

T

Endraum mit Treppe

Abb. 160.b: Raumerschließungsmuster neuassyrischer Stadttore.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

170 Salmānu-ašarēd III.

Typ Ia1

Šarru-ukīn II.

Sîn-aḫḫē-erība

Aššur-aḫa-iddina

1 4

5

2 6

3

Typ Ia2 11

12

Typ Ib 15

13

16 14

17

Typ IIa

18

19

20

Typ IIb 21

LEGENDE

50 m

Torkammer

Nebenraum

Ho�ereich

Abb. 161: Typologie neuassyrischer Stadttore: 1) Aššur, Unteres Tor; 2) Kalḫu, Shalmaneser Gate; 3) Aššur, westl. Außenwalltor (Bauzustand II); 4) Dūr-Šarrukīn, Tor 7; 5) Ninua, Tor 11; 6) Ninua, Tor 12; 7) Aššur, westl. Außenwalltor (Bauzustand I); 8) Aššur, westl. Binnenwalltor; 9)  Aššur, südl. Binnenwalltor; 10)  Kalḫu, Fort Shalmaneser, Umfassungsmauer; 11)  Aššur, Tabīra-Tor; 12)  Dūr-Šarrukīn, Tor A; 13) Dūr-Šarrukīn, Tor 3; 14) Dūr-Šarrukīn, Tor 4; 15) Ninua, Tor 4; 16) Ninua, Tor 5; 17) Ninua, Tor 10; 18) Aššur, Poterne Südwall; 19) Aššur, Poterne Unteres Tor (Bauzustand II); 20) Aššur, Poterne westl. Außenwalltor (Bauzustand III); 21) Kalḫu, Fort Shalmaneser, Südeingang.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur gang des verbundenen Niederwalls vor der Hauptmauer herzustellen – ein aus fortifikatorischer Sicht nachvollziehbares Anliegen. Die gewundene Poterne (Typ IIb) war hingegen ein wichtiger Bestandteil neuassyrischer Paläste. Vermutlich diente sie als alternativer Eingang.86 Die teils monumentale und von außen sehr sichtbare Bauweise mit Fassaden aus behauenen Steinblöcken sowie die bildlichen Darstellungen in den Korridoren zeigen m.  E. jedoch, dass diesen Zugängen auch eine repräsentative Bedeutung zukam.

4.3.3 Exkurs: Überlegungen zur Belichtung des Torinnenraums

Wie oben angedeutet, waren die Torkammern vermutlich mit Dächern überspannt, die den Innenraum der Torgebäude vor der Sonneneinstrahlung als auch Niederschlägen schützten (Kap.  4.3.1). Dies wirft jedoch die Frage auf, wie – wenn überhaupt – für die innere Beleuchtung dieser Kammern gesorgt wurde. Zumindest der Tordurchgang dürfte tagsüber auch bei geschlossenem Stadttor nicht komplett im Dunklen gelegen haben, denn Licht konnte stets von den nicht verschließbaren stadtgewandten Durchgängen einfallen. Es ist jedoch fraglich, ob dies auch dazu genügt hätte, die sich mehrere Meter rechts und links des Torwegs erstreckenden Torkammern ausreichend zu beleuchten. Auch das vermutlich durch das Treppenhaus einfallende Licht hätte hier wohl keinen nennenswerten Effekt gehabt, da die schmale Zugangstür die Wirksamkeit dieser potentiellen Beleuchtungsoptionen weiter eingeschränkt haben muss. Zudem hätte hiervon nur die primäre, nicht aber die sekundäre Torkammer profitiert. Es scheint daher gerechtfertigt, sich über alternative Lichtquellen Gedanken zu machen. Naheliegend wäre die Verwendung von Fackeln (zīqtu), wie sie z. B. im mittelassyrischen Krönungsritual beschrieben wurden.87 D. Kertai zufolge ist jedoch zu bezweifeln, ob dies zur Beleuchtung großer Räumlichkeiten ausgereicht hätte.88 Abgesehen von künstlichem Licht könnte auch eine entsprechende Gestaltung der Architektur für ausreichenden Einfall von Sonnenlicht gesorgt haben. Denkbar wäre z. B., dass die Torkammern nur teilweise überdacht waren. Dagegen spricht jedoch der Mangel an Vorkehrungen zur Entwässerung der Räumlichkeiten, denn Kanäle scheinen bei neuassyrischen Stadttoren bevorzugt neben den Bauwerken, d. h. unter der Stadtmauer, und nicht unter dem Torweg hindurchgeführt zu haben (vgl. Kap. 4.2.1). Regenwasser hätte also besonders in den Wintermonaten die Fußböden der Torkammern, die ab86 Siehe hierzu Kertai 2015a: 203–204. 87 Vergleiche Müller 1937: Text II, iii 37. 88 Kreppner/Schmid 2013: 327; Kertai 2015a: 189–190.

171

Variante a): Torkammern gleiche Höhe

Variante b): Vordere Torkammer höher

Abb. 162: Rekonstruktionsvorschläge für die Bauweise eines neuassyrischen Stadttors zur Verbesserung der internen Beleuchtung mit Tageslicht.

seits des Torwegs in der Regel nicht mit Steinplatten oder gebrannten Ziegeln gepflastert waren, ernsthaft beschädigt. Die Integration von Fenstern oder Obergaden – naturgemäß in ausreichender Höhe, um potentiellen Angreifern keine zusätzliche Möglichkeit des Eindringens zu bieten – stellt eine weitere Option dar, um das Problem der Belichtung zu lösen.89 Entsprechende Andeutungen finden sich auf einigen Reliefs in Form von Fenstern überhalb des Portals (siehe App. II.1). Allerdings gibt es hierzu auch kritische Stimmen, die bezweifeln, ob solche Obergaden genügend Licht eindringen hätten lassen, um einen Raum ausreichend zu beleuchten.90 Eine Belichtungsstudie des ebenfalls als Breitraum konzipierten Hauptraums des »Westpalastes« von Gūzāna zeigte jedoch, dass sich im oberen Mauerbereich gelegene Öffnungen sehr positiv auf die Lichtverhältnisse innerhalb eines Gebäudes ausgewirkt hätten.91 Mit dem Thema des Lichteinfalls eng verbunden ist die Frage, ob bei den komplexeren Toranlagen, die über zwei Torkammern verfügten (Typ  Ib und  Ic), beide Raumgruppen gleich hoch waren. Sollte dies nämlich der Fall gewesen sein, wäre durch das Vor89 Kreppner/Schmid 2013: 327–330, Abb. 338. 90 Siehe z. B. Kertai 2015a: 190. 91 Gerber 2014.

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172

»Bergesgleich baute ich hoch«

handensein einer angrenzenden Raumgruppe jeweils eine Front an Obergaden verloren gegangen (Abb.  162). Um dies zu vermeiden, würde es sich anbieten, die beiden Torraumgruppen unterschiedlich hoch zu gestalten (Abb. 162). So hätte nur eine der beiden Torräume Einschränkungen bei der Belichtung erfahren.92

4.3.4 Zur Verteilung der Toranlagen

Die Anzahl und Verteilung von Toranlagen an zentralassyrischen Fundorten gewährt einen Einblick darin, welche Faktoren die Standortwahl der Stadtzugänge beeinflussten. Während ein Bestreben, die Tore in möglichst gleichmäßigen Abständen zu errichten, nicht zu erkennen ist, scheinen in einigen Fällen die topografischen Eigenheiten des gewählten Bauplatzes ausschlaggebend gewesen sein – so beispielsweise beim nordwestlichen Stadttor von Kalḫu, dessen Position mit einem sanft in Richtung des Stadtgebiets abfallenden Hang übereinstimmte (vgl. Abb. 71–72). Weitaus häufiger erklärt sich die Standortwahl durch eine Betrachtung des Verhältnisses von Torbau zu städtischer Topografie. So wurde in Ninua, Kalḫu und Dūr-Šarrukīn jeweils ein Stadtzugang in unmittelbarer Nähe der Zweitzitadelle errichtet (vgl. Abb. 150). Da in den umfriedeten Freiflächen vor den Palastanlagen dieser Komplexe wohl regelmäßig größere Truppenverbände verweilten (vgl. Kap.  4.4), würde sich hier das Bedürfnis, militärische Einheiten schnell und ohne große Umwege durch die Stadt in diesen Bereich bringen zu können, als Erklärungsmöglichkeit für die Positionierung der Toranlage anbieten. Allerdings wurde – soweit ersichtlich – darauf geachtet, dass kein reguläres Stadttor direkt in den umfriedeten Bereich führte. Stattdessen folgte die vom nächstgelegenen Stadttor ausgehende Straße der Umwallung der Pseudozitadelle. Dies deuten das Fort Shalmaneser von Kalḫu und möglicherweise auch der Bereich von Palast F in Dūr-Šarrukīn zumindest an.93 Eventuell galt dieses Prinzip generell für Pseudozitadellen, denn ein ähnliches Arrangement lässt sich auch im Bereich der königlichen Zitadelle von Dūr-Šarrukīn erkennen, wo insbesondere die von Stadttor 1 kommende Straße eine Tangente zur südöstlichen Front der Binnenmauer darstellte. Allerdings lässt sich nicht einwandfrei klären, ob dies immer so beabsichtigt war. Während in Dūr-Šarrukīn und vermutlich auch Ninua wohl davon auszugehen ist, dass das Verhältnis von Straße zu Einfassung der Pseudozitadelle Teil des von Šarru-ukīn  II. bzw. Sîn-aḫḫē-erība implementierten stadtplanerischen Konzepts war, könnte in Kalḫu die Ausdehnung des Fort Shalma92 Vergleiche Kreppner/Schmid 2013: 327. 93 Zur Rekonstruktion der Fläche des Militärpalast-Komplexes von Dūr-Šarrukīn siehe Kap. 3.9.2.5.

neser-Komplexes an das auf Aššur-nāṣir-apli II. zurückgehende Straßennetz angepasst worden sein. Bezüge zu Elementen der städtischen Topografie können auch für die Wahl der Standorte besonders wirkmächtiger Stadtzugänge vorgeschlagen werden. So wird es sich wohl kaum um einen Zufall gehandelt haben, dass die Straße durch Stadttor  1 von Dūr-Šarrukīn, in dessen ikonografischer Ausstattung ein Bezug zum königlichen Palast zu erkennen ist (vgl. Kap. 5.3.5), sich zu einer Tangente der inneren Stadtmauer verlängerte (vgl. Abb.  123). Ähnliches trifft auch auf das aufwendig mit Stein­ skulpturen dekorierte Tor 10 von Ninua zu, von dem aus eine gerade Straße zur Nordostspitze von Tall Qūyunǧuq ihren Ausgang nahm.94 Für die ebenfalls dekorierten Stadttore  3 und  6 von Dūr-Šarrukīn lässt sich darüber hinaus eine Lokalisierung mittig entlang der jeweiligen Mauerstrecken (Südostfront bzw. Stadtmauerabschnitt zwischen Nordwestecke und Palast F) festhalten. Ebenso in Betracht zu ziehen ist die Möglichkeit, dass die Erreichbarkeit von bestimmten Stadtteilen eine Rolle in der Standortbestimmung einiger Toranlagen spielte. Das heißt, die Lage einiger Stadttore richtete sich danach, ob ein Viertel eine direkte Verbindung nach außen benötigte, da es von den übrigen Portalen zu weit entfernt lag. Je nachdem, wie das Straßennetz innerhalb eines bebauten Gebiets arrangiert war, musste dies aber keinesfalls zu regelmäßigen Abständen zwischen den Toranlagen führen. In Anbetracht der bisweilen lückenhaften Kenntnis der Natur der Bebauung vieler innerstädtischer Bereiche kann hierüber jedoch nur spekuliert werden. Eine weitere prädefinierte Eintrittsmöglichkeit in das Stadtgebiet waren Anlagen wie die gewundene Poterne an der Südseite des Fort Shalmaneser. Diese Konstruktionen stellten eine direkte Verbindung zwischen den erhabenen oder separierten Bereichen einer Siedlung und dem Umland her. Ob dies darauf zurückzuführen ist, dass sie den mit den hier konzentrierten Monumentalbauten assoziierten (höhergestellten) Bevölkerungsgruppen in erster Linie als Fluchtmöglichkeiten dienen sollten, ist aufgrund der äußerst prunkvollen Gestaltung des südlichen Zugangs des Fort Shalmanesers aber zu bezweifeln (vgl. Kap. 4.3.2). Die steinverkleidete Front des Portals (vgl. Abb. 85) muss sehr sichtbar und imposant gewesen sein und hätte sich wohl kaum dazu geeignet, das Stadtgebiet ungesehen zu verlassen. Als weiterer standortbestimmender Faktor lassen sich Vorgänger-Torbauten identifizieren. Für Zentralassyrien lässt sich dies insbesondere in Aššur beobachten. Dort entstanden die neuassyrischen Stadttore vermutlich an den Stellen, wo be94 Siehe hierzu Stronach 1994: 101; Stronach/Lumsden 1992: 230.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur reits in alt- und mittelassyrischer Zeit Toranlagen gelegen hatten (vgl. Kap. 3.1). Auch in Ninua wäre es aufgrund der langen Besiedlungsgeschichte von Tall Qūyunǧuq denkbar, dass es bereits vor der Zeit Sîn-aḫḫē-erības einen Zugang zu diesem Teil der Siedlung gegeben hatte, wo sich im 7. Jahrhundert v. Chr. das in Texten erwähnte »Tor, wo die Menschen kontrolliert werden« (nēreb masnaqti adnāti) innerhalb der Stadt erhob (vgl. Kap. 3.7.2). Bei den komplett auf Neuland angelegten Stadttoren sollte darüber hinaus in Betracht gezogen werden, dass ihre Position davon bestimmt wurde, wo der Verlauf der neu zu errichtenden Mauer einen bereits zuvor bestehenden Verkehrsweg kreuzte. Oftmals ist anzunehmen, dass die Verbindungen und Zielorte schon bestanden, lange bevor es zu den Stadterweiterungen oder -neugründungen kam. Diese Erklärung bietet sich beispielsweise für die Standortwahl der unter Sîn-aḫḫē-erība geschaffenen Toranlagen von Ninua an.95 Eine Verbindungsstraße zwischen Šibaniba und Ninua dürfte es schon in mittelassyrischer Zeit gegeben haben. Ebenso ist anzunehmen, dass das östliche Stadttor von Kalḫu dort lag, wo schon im 2. Jahrtausend v. Chr. eine von Arbaʾil kommende Straße zum Tall Nimrūd geführt hatte. Es zeichnet sich also ab, dass es kein standardisiertes Muster gab, gemäß dem die Toranlagen verteilt und ihre Anzahl festgelegt wurde. Im Endeffekt ist anzunehmen, dass mehrere Faktoren zur Standortwahl von Toranlagen beitrugen. Ökonomische und verkehrstechnische Betrachtungen nahmen dabei eine wichtige Stellung ein, denn die Erschließung bestimmter stadttopografischer Elemente war offensichtlich bedeutsam. Zugleich demonstrieren besonders die elaboriert gestalteten portes ornées von Dūr-Šarrukīn, dass die Errichtung einiger Stadttore in erster Linie politisch-religiösen Motivationen geschuldet sein konnten. Es scheint sich also um situationsabhängige Entscheidungen gehandelt zu haben, die in Einklang mit den ökonomischen, fortifikatorischen und ideologischen Bedürfnissen einer Siedlung und seiner Bewohner getroffen wurden und stets das Resultat eines Aushandlungsprozesses dieser drei Gesichtspunkte darstellten.

4.3.5 Diachroner Vergleich

Auf einer sehr generellen Ebene stechen neuassyrische Toranlagen durch ihre Dimensionen in der altorientlischen Wehrarchitektur hervor (Abb. 163). Die Toranlagen von Ninua stellten die mächtigsten Torgebäude dar, die im vorklassischen Vorderen Orient erschaffen wurden. Ähnlich verhält es sich mit den Durchgangsbreiten der Portale. Diese lagen mit mehrheitlich 3,75– 5,8 m über dem epochenübergreifend erkennbaren 95 Reade 2016: 57.

173

Mittel von 2,5–4 m. Allerdings stellten über 4 m weite Portale keine grundsätzliche Neuerung dar. Vergleichbar breite Durchgänge sind auch in anderen Epochen und benachbarten Regionen belegt (vgl. Abb. 164). Der stark standardisierte Grundriss der in Zentralassyrien zwischen dem 9. und 7. Jahrhundert v. Chr. entstandenen Toranlagen (vgl. Kap.  4.3.2) reiht sich gut in die überregionale Architekturtradition ein. Vor allem die breitgelagerten Torkammern, die das Herz der neuassyrischen Stadttore darstellten, erinnern sehr an levantinische Architekturkonventionen, die bis in die erste Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. zurückreichen. Insbesondere die unter der Bezeichnung »Six-« bzw. »FourPeer-Gates« bekannten Toranlagen,96 die im ausgehenden 2. und angehenden 1. Jahrtausend v. Chr. breitere Torkammern entwickelten (Abb.  163),97 lassen sich formal gut mit neuassyrischen Torgebäuden vergleichen. Ob breitgelagerte Torkammern bereits in mittel­ assyrischer Zeit Teil der assyrischen Wehrarchitektur waren, lässt sich mangels aussagekräftiger Befunde nicht beurteilen. Eine architekturtypologische Verbindung zu dem mittelassyrischen »Tor D« von Kār-Tukultī-Ninurta (vgl. Abb.  163) ist jedenfalls nicht zu erkennen. Im Gegensatz zu neuassyrischen Stadttoren besaß letztgenannte Anlage eine langgestreckte, 8 m breite und 15 m tiefe Torkammer, die über einen 4 m breiten, von zwei 11 m breiten und 16 m ausladenden Türmen flankierten zentralen Durchgang betreten wurde.98 Allerdings ist nicht klar, ob dieser Befund als exemplarisch für die mittelassyrische Wehrarchitektur gelten kann. Interessanterweise findet das Konzept langgezogener Torkammern, wie es an Tor D umgesetzt wurde, vor allem an weiter südlich gelegenen Fundorten Entsprechungen. Insbesondere die spätbabylonischen Toranlagen von Bābili weisen auffällige Ähnlichkeiten auf.99 Das Prinzip tritt des Weiteren in der altbabylonischen Zeit in Ḫarādu(m) und in der zweiten Hälfte des 2.  Jahrtausends  v.  Chr. in Dūr-Untaš auf (vgl. Abb.  163).100 Möglicherweise stammt die Inspiration zur Grundrissgestaltung von Tor  D in Kār-Tukultī-Ninurta also aus Südmesopotamien. Angesichts der historischen Hintergründe der Entstehung der Residenz Tukultī-Ninurtas I., welche in eine Zeit fielen, als wesentliche Bestandteile des mittelassyrischen Staatskultes von babylonischen 96 Siehe hierzu v. a. Burke 2008: 68–71; Herzog 1986: 60– 73. 97 Vergleiche Herzog 1986: 125–126. 98 Eickhoff 1985: 20. 99 Eickhoff 1985: 22. Zum Befund siehe Koldewey 1918; Wetzel 19692: 57–60. 100 Vergleiche Mofidi Nasrabadi 2013: 282–287, 297–300; Vallet 1992: 15–21. Siehe auch Mielke 2011–2013b: 94.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

174

Neuassyrische Stadttore (Auswahl)

Dūr-Šarruk�n, Tor A

Aššur, südl. Binnenwalltor

Dūr-Šarruk�n, Tor 3

Aššur, Tabīra-Tor

Ninua, Tor 5

Ninua, Tor 13

1. Jahrtausend v. Chr. (Auswahl)

Bābili, Ištar-Tor

Samʾal, Burgtor

Aza�wataya, Nordtor

Aza�wataya, Südtor

Layiš

Samʾal, südl. Stad�or

Karkamiš, Südtor

Karkamiš, Wes�or

Megiddo

2. Jahrtausend v. Chr. (Auswahl)

Kār-Tukul�-Ninurta

Dūr-Untaš

Alalaḫ

Qaṭna, Os�or

Megiddo

50 m

Abb. 163: Vergleich altorientalischer Toranlagen.

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Ebla, SO-Tor

4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur Traditionen beeinflusst wurden,101 erschiene dies grundsätzlich möglich. Einen stichhaltigen Beweis hierfür gibt es jedoch nicht. Vermutlich stellen die breitgelagerten Torkammern der neuassyrischen Stadttore also eine aus dem Westen importierte, späthethitische Tradition dar, zumindest erscheint dies in Anbetracht der starken typologischen Ähnlichkeiten plausibel. Dass es sich jedoch nicht um eine einfache Kopie des levantinischen Konzepts handelt, zeigt sich anhand einiger bedeutender Unterschiede. Ein bautechnischer Aspekt, in dem eine bemerkbare Diskrepanz festzustellen ist, ist das Verhältnis von Tiefe und Breite der Torkammern. Letztere waren in Zentralassyrien weniger breit und stattdessen tiefer ausgelegt (Abb. 165). Neuassyrische und levantinische Torgebäude lassen sich darüber hinaus noch in einem signifikanten Detail differenzieren: der Position des Treppenhauses, welches sich in zentralassyrischen Toranlagen in der Regel in einem der Nebenräume befand. Der Aufgang war also von einer der Torkammern aus zu erreichen. Bei levantinischen Toranlagen musste hingegen zuerst der gesamte Torbau durchschritten werden, um zu einem Aufgang oder einer Treppe zu gelangen, was Ausdruck eines anderen Konzepts der Erschließung und somit auch der Nutzung des Torinnenraums ist. Zwar sind ähnliche Muster schon im 2. Jahrtausend  v.  Chr. belegt (z.  B. in Alalaḫ oder Dūr-Untaš; vgl. Abb.  163). Es ist jedoch hervorzuheben, dass die Treppenhäuser in diesen Fällen Teil der Flankierungstürme waren,102 während die relevanten Nebenräume – bis auf wenige Ausnahmen aus der Zeit Salmānu-ašarēds III. (vgl. Kap. 4.3.2) – in der neuassyrischen Architektur mit den Torkammern eine Einheit bildeten. Des Weiteren lässt sich lässt sich die Hypothese aufstellen, dass die Vorhöfe neuassyrischer Toranlagen auf westliche Vorbilder zurückgingen. Innerhalb Assyriens scheinen Torvorhöfe erst unter Šarru-ukīn II. eingeführt worden zu sein. Vergleichbare ältere Konstruktionen sind in dieser Region nicht bekannt. Allenfalls der Salmānu-ašarēd-III.zeitliche Außenhaken von Aššur, der die Fläche zwischen dem Unteren und Oberen Tor einfasste (vgl. Kap. 3.1.2.1), könnte mit Vorsicht als eine Art Vorläufer gedeutet werden, falls er nicht von Beginn an bebaut gewesen sein sollte. Wesentlich bessere Vergleiche finden sich außerhalb Assyriens (Abb. 163), so beispielsweise in Samʾal, wo die an den Toranlagen vorspringenden Abschnitte des äußeren Mauerrings der Stadtmauer Hofbereiche bzw. hofähnliche Plätze definierten.103 Die Toranlagen von Layiš und Megiddo aus dem 101 Siehe hierzu u. a. Eickhoff 1985: 49–50; Pongratz-Leisten 2015: 389–390. 102 Kempinski 1992a: 134. 103 Vergleiche Koldewey 1898: 111–116, Taf. 10–12.

175

1. Jahrtausend v. Chr. bieten ebenfalls Parallelen.104 Das Konzept lässt sich in der Levante aber noch weiter zurückverfolgen, wie das Südwesttor von Ebla aus dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. zeigt.105 Allerdings sind aus architektonischer Sicht zwei wichtige Unterscheide zu den neuassyrischen Konstruktionen dieser Art zu betonen: Erstens wurde der Hof bei neuassyrischen Toren von einem vorspringenden Abschnitt des Niederwalls eingefasst. Die Beispiele in der Levante verwendeten hingegen entweder die äußere Stadtmauer oder verfügen über einen eigenständigen Vorbau (vgl. Abb. 163). Zweitens waren die vorgelagerten Bereiche an den levantinischen Fundorten im Gegensatz zu den zentralassyrischen Anlagen verschließbar (vgl. Kap.  4.3.1). Dementsprechend zählte der Vorhof in der Levante letzten Endes zum Stadtgebiet, während er bei neuassyrischen Siedlungen faktisch extra muros lag. Als weitere Anlehnungen an westliche Bau­ traditionen lassen sich die dekorativen Elemente neuassyrischer Torbauten bezeichnen. Insbesondere die Einführung von Orthostatenplatten zur Schmückung wichtiger assyrischer Bauwerke wird inzwischen als ein Konzept erachtet, das aus dem späthethitischen Raum übernommen wurde.106 Wie vor allem Toranlagen aus dem hethitischen und späthethitischen Raum zeigen, stellte die Anbringung dieser Dekorationen keine Neuerung dar.107 Die ältesten Belege für diese Praxis finden sich im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in der nördlichen Levante in Form von Löwenskulpturen, die die Eingänge von Heiligtümern flankierten.108 Spätestens in der hethitischen Architektur der Großreichszeit wurde das Konzept auf Stadtzugänge übertragen, wobei sich allein in Ḫattuša eine große Varianz in den verwendeten Laibungsfiguren erkennen lässt. Allein die drei unter den Bezeichnungen Königs-, Sphin­gen- und Löwentor bekannten Torbauten an der südli­chen Stadtmauer Ḫattušas waren mit drei unterschied­lichen Skulpturenpaaren ausgestattet, denen sie auch ihre jeweiligen modernen Bezeichnungen verdanken.109 Es wird vermutet, dass die Architekturform des hethitischen Stadttors mit der Expansion des Hethiterreiches nach Nordsyrien in die nördliche Levante gelangte, wo es in der Folge zu Vermischungen mit lokalen Bautraditionen kam.110 Die Herrscher der 104 Siehe zusammenfassend Herzog 1986: 89–91, 93–108. 105 Matthiae 1981: 119–120, Abb. 24; siehe auch Burke 2008: 201–202. 106 Czichon 2003–2005: 144–146; Harmanşah 2007: 75– 80. 107 Frankfort 19965: 146. 108 Siehe hierzu zusammenfassend Einwag/Otto 2012. 109 Siehe hierzu Bittel 1976: 228–233; Naumann 19712: 284–285; Puchstein 19842: 64–76; Schachner 2011: 92. 110 Naumann 19712: 291.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Alalaḫ, Toranlage Qaṭna, Os�or Kār-Tukul�-Ninurta, Tor D

2,8 m 4m 4m

Šarišša, NW-Tor Ḫa�uša, Königstor Ḫa�uša, Löwentor Ḫa�uša, Unteres Tor Ḫa�uša, Oberes Tor

3,3 m 3,25 m 3,05 m 3,31 m 3,05 m

Karkamiš, Wes�or Karkamiš, Südtor Aza�wataya, Nordtor Aza�wataya, Südtor Samʾal, südl. Stad�or (Außentor) Samʾal, südl. Stad�or (Innentor) Samʾal, westl. Stad�or (Außentor) Samʾal, Burgtor

3,5 m 4m 4m 4,5 m 4,1 m 3,6 m 4,4 m 3,7 m

Ninua, Tor 4 Vorhof Ninua, Tor 5 Vorhof Ninua, Tor 5 Torkammer Ninua, Tor 10 Torkammern Ninua, Tor 12 Niederwall Ninua, Tor 12 Torkammer Kalḫu, Fort Shalmaneser Binnenmauertor Dūr-Šarruk�n, Tor 3 Vorhof Dūr-Šarruk�n, Tor 7 Torkammer Dūr-Šarruk�n, Tor A Torkammer 1 Dūr-Šarruk�n, Tor A Torkammer 2 Aššur, Unteres Tor Aššur, Tab�ra-Tor Aššur, äußeres Wes�or (Bauzustand I) Aššur, inneres Wes�or Aššur, südl. Binnenwalltor 0m

4,7 m 4,55 m 4,35 m 4,7 m 7,5 m 5,8 m

3,7 m 4m 4,25 m

5,75 m 4,9 m 4m 5m 4,05 m 4m 3,75 m

1m

2m

3m

4m

5m

6m

7m

8m

Abb. 164: Vergleich der Durchgangsbreiten altorientalischer Toranlagen.

späthethitischen Fürstentümer entwickelten dieses Konzept dahingehend weiter, dass die Bauwerke nun mit langen Reihen reliefverzierter Steinblöcke und Orthostaten mit einem reichhaltigen ikonografischen Repertoire ausgestattet wurden.111 In Anbetracht dieser Beobachtung erscheint es plausibel anzunehmen, dass die Integration von Steinplatten und Torhüterfiguren in die Architektur zentralassyrischer Toranlagen auf späthethitische Vorbilder zurückging. Allerdings übernahmen die assyrischen Architekten nicht das reichhaltige ikonografische Konzept aus dem luwisch-aramäischen Bereich, welches oftmals kultische Handlungen, dynastische Paraden oder Themen aus dem mytho111 Siehe zusammenfassend u. a. Genge 1979; Orthmann 1971.

logisch-religiösen Bereich zeigte.112 Stattdessen begnügten sie sich mit der Darstellung apotropäischer Figuren.

4.4 Innerstädtische Fortifika­ tionen

Neben den bereits beschriebenen Elementen konnten befestigte Siedlungen auch mit intraurbanen Fortifikationen ausgestattet sein. Diese konnten verschiedene Zwecke erfüllen. Einerseits stellten sie eine zusätzliche Verteidigungslinie dar, in die sich 112 Vergleiche hierzu Gilibert 2011: 60–61, 65–67, 106– 108; Mazzoni 1997: 310–329; Pucci 2006: 170, 177– 178.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur

0

1

2

3

4

5

8

9

10

3,84

0,54

0,32

7

3,03

3,23 2,47

0,89

1,3

1,20

1,18

1,28

1,25

1,18

2,28

6

1,38 0,75

0,63

0,5

0,53

1

1,43

1,6

2

1,67

2,4

3

3,13

3,57

3,69

3,78

3,73

3,28

3,7

4

3,69

4,14

4,36

5

5,14

5,18

5,26

6

5,89

6,14

6,28

6,77

6,67

7

177

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

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28

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30

31

32

33

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37

38

39

40

41

hethitisch 2. Jahrtausend v. Chr.

1. Jahrtausend v. Chr.

neuassyrisch

Abb. 165: Vergleich der Proportionen (Breite zu Tiefe) einer Auswahl von altorientalischen Torkammern (vgl. App. II.2).

zumindest ein Teil der Bevölkerung flüchten konnte, wenn z. B. ein Feind die äußere Umwallung überwunden hatte oder wenn es zu innerstädtischen Unruhen kam. Andererseits konnte die Einrichtung eines inneren Verteidigungsrings auch stadtplanerischen Überlegungen (z. B. soziale Segregation oder funktionale Gliederung) geschuldet sein. Des Weiteren konnte eine Binnenfortifikation entstehen, wenn die äußere Verteidigungslinie im Zuge einer Siedlungsexpansion nach außen verschoben wurde, die dadurch obsolet gewordene ältere Stadtmauer jedoch bestehen blieb. Letzteres konnte verschiedenen Gründen geschuldet sein, die von der Beibehaltung einer urbanen Tradition bis zu den bereits beschriebenen militärischen und funktionalen Aspekten reichen. Eine innerstädtische Befestigungsanlage definierte sich naturgemäß über eine Binnenmauer, die einen Teilbereich der besiedelten Fläche einfasste. Sie konnte um weitere fortifikatorische Elemente (Festungsgraben, Niederwall, Stadttore, Türme) ergänzt sein. Anhand ihrer Position (auf einer Erhebung oder ebenerdig mit dem Stadtgebiet) und der Natur der von ihr eingefassten Bebauung (überwiegend von öffentlichen Bauwerken oder Wohngebäuden bedeckt) lassen sich in Anlehnung an die von M. Novák angewandte Differenzierung verschiedene

Arten von intraurbanen Fortifikationen unterscheiden (Abb. 166): Die simpelste Variante war der »befestigte Stadtteil«. Hier wurde ein primär als Wohnviertel (d. h., die Wohnbebauung nahm mehr Platz als öffentliche Bauwerke ein) definierbarer, nicht erhabener Bereich innerhalb einer Siedlung mit einer Befestigungsmauer umgeben. War ein ebenerdiger, eingefasster Bereich hingegen hauptsächlich mit öffentlichen Bauwerken bedeckt, handelte es sich um eine Pseudozitadelle. Lag ein von einer Binnenmauer umgrenztes Wohnviertel auf einer markanten topografischen Erhebung, die von einer Mauer eingefasst war, wäre es als »befestigte Oberstadt« anzusprechen. Ohne Mauer läge eine einfache Oberstadt vor. Von einer echten Zitadelle ist dann die Rede, wenn ein für staatliche Bauten vorgesehener Bereich aus dem umgebenden Stadtgebiet herausragte und mit einer Zitadellenmauer am Hang oder auf der Krone der Erhebung ausgestattet war.113 Bereiche, die den eben genannten Kriterien entsprechen, lassen sich an mehreren der hier behandelten zentralassyrischen Befestigungsanlagen ausmachen (vgl. Abb. 133). Dabei zeigt sich vor allem in Kalḫu, dass ein Ort prinzipiell auch über mehrere innerstädtische Fortifikationen verfügen konnte. 113 Vergleiche Novák 1999: 302–303.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

178

Merkmal

Zitadelle

Pseudozitadelle

befestigte Oberstadt

Oberstadt

Erhebung

x

x

x

x

Befestigungsmauer auf Erhebung

x

Befestigungsmauer in Ebene überwiegend öffentliche Gebäude

x x

x

befestigter Stadtteil

x

x

überwiegend Wohnbauten

x

x

x

Abb. 166: Merkmale intraurbaner Befestigungssyteme.

Streng genommen erfüllen nur die primären Siedlungshügel von Ninua (Kap.  3.7.3.5) und Kalḫu (Kap. 3.3.2.4) die Kriterien einer Zitadelle. Pseudozitadellen sind ebenfalls nur selten belegt (Fort Shalmaneser in Kalḫu und Königspalast von Dūr-Šarrukīn), lassen sich zusätzlich aber im Bereich der sekundären Ruinenhügel Ninuas und Dūr-Šarrukīns annehmen. Ihre Einrichtung erfolgte anscheinend oftmals im Zusammenhang mit dem Bau großer Palastanlagen, die in den neuassyrischen Texten als »Palast« (ekallu), »hinteres Haus« (bīt kutalli) oder »Zeughaus« (ekal māšarti) bezeichnet wurden. Die militärische Funktion dieser Monumentalbauten ergibt sich aus Textquellen, aus denen hervorgeht, dass hier Truppen inspiziert sowie Waffen und Geräte gelagert wurden (vgl. Kap. 3.7.2). Allerdings war dies nicht die einzige Funktion dieser Bauwerke. Sie erfüllten auch repräsentative Zwecke und dienten den Herrschern bisweilen wohl auch als Residenz. Dementsprechend ist die von D. Kertai vorgeschlagene Bezeichnung als »Militärpalast« treffend.114 Die vom Binnenwall eingefasste Altstadt von Aššur entspricht wegen der darin gelegenen flächigen Wohnbebauung keiner der beiden Definitionen von Zitadellen. Da sie sich auch nicht merklich über das vor dem Binnenwall gelegene Stadtgebiet erhob, ist sie gemäß der hier verwendeten Terminologie als »befestigter Stadtteil« zu betiteln. Die Erhebungen in Imgur-Enlil und Tall Ibrāhīm Bāyis sind wegen des Fehlens innerstädtischer Fortifikationen als Oberstädte zu bezeichnen. Eventuell gehörte auch die Hauptzitadelle von Kalḫu anfangs, d. h. vor der Errichtung der Zitadellenmauer spätestens unter Salmānu-ašarēd III., zu dieser Kategorie. Befestigte Oberstädte sind unter den hier behandelten Fundorten nicht belegt. 114 Kertai 2011.

Hinsichtlich ihrer Lage innerhalb des städtischen Gefüges lässt sich erkennen, dass neuassyrische Zitadellen und Pseudozitadellen bevorzugt am Rande der Siedlungen lagen.115 Erhöhte Bereiche, die nicht fortifikatorisch ausgebaut waren, sondern nur als Untergrund für die Errichtung profaner und religiöser Monumentalbauten dienten, konnten hingegen auch mittig in der Siedlung positioniert sein. Dementsprechend erscheint es durchaus möglich, die Integration der mit Mauern eingefassten Zitadellen und Pseudozitadellen in den Stadtmauerverlauf als zumindest teilweise militärisch motiviert zu betrachten. Allerdings war der Bezug der Palastarchitektur zur umgebenden Landschaft, der sich vor allem an den mit den Palästen assoziierten Terrassen abzeichnet, vermutlich ein nicht minder bedeutender Faktor in der Wahl des Bauplatzes dieser Monumentalbereiche.116 Die innerstädtischen Fortifikationen der Siedlungen im assyrischen Kernland waren in der Regel von einer turmbewehrten Binnenmauer umgeben. Obwohl die Binnenmauern deutlich schmaler als die Hauptmauern waren, waren ihre Stärken von 3,5–7,5  m nichtsdestoweniger beachtlich (vgl. Abb.  148). Zum Vergleich: Die spätbabylonische Hauptmauer Bābilis (Imgur-Enlil) war mit 6,5  m schmaler als der Binnenwall von Aššur und nur 0,5  m stärker als die innere Stadtmauer von Dūr117 Šarrukīn. Die Türme zentralassyrischer Binnenmauern waren hingegen ähnlich dimensioniert wie die der Hauptmauern, soweit sich dies beurteilen lässt (vgl. Abb.  143). Während die Kurtinen am Binnenwall von Aššur denen des Außenwalls zu entsprechen scheinen, waren die Mauervorsprünge entlang der Zitadellenmauer von Dūr-Šarrukīn 115 Heinrich 1984: 185–186; Novák 1999: 311; Van De Mieroop 1997: 91–92. 116 Vergleiche Novák 1999: 315–316, 320–321. 117 Vergleiche Koldewey 19815: 148; Wetzel 19692: 7.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur in auffällig engen Distanzen zueinander gesetzt. Wie schon bei den vorspringenden Abschnitten der Niederwälle (vgl. Kap.  4.2.2.2) könnte dies darauf abgezielt haben, die Befestigungsmauer wehrhafter erscheinen zu lassen. Die Unterteilung neuassyrischer Siedlungen durch Binnenmauern ist in der Regel auf eine Separierung politisch-religiöser Teilbereiche von den Wohngebieten zurückzuführen. Eine namhafte Ausnahme bildete die Altstadt von Aššur, in der Wohngebäude selbst in unmittelbarer Nachbarschaft zu öffentlichen Bauwerken bezeugt sind.118 Allerdings sind in diesem Fall sowohl die spezielle Rolle Aššurs in der assyrischen Gesellschaft als auch das organische Wachstum der Stadt zu beachten. Eine physische Trennung von spezifischen Stadtvierteln als Resultat sozialer Differenzierung unter der nichtelitären Bevölkerung, wie es sich z.  B. in späteren Epochen im Orient belegen lässt,119 scheint es in Zentralassyrien hingegen nicht gegeben zu haben. Naturgemäß waren auch Binnenmauern mit Toranlagen ausgestattet. Der Aufbau letzterer entsprach dem der einfachen und erweiterten Stadttore (Typ  Ia und  Ib), wohingegen Tore mit Vorhof (Typ Ic) nicht belegt sind. Da oftmals Palastbauten in den umwallten innerstädtischen Bereichen lagen, sind zudem gewundene Poternen (Typ IIb) nachgewiesen. Für die Bezeichnung eines umwallten innerstädtischen Bereichs finden sich in den Wörterbüchern zwei Optionen: das aus dem Hurritischen entnommene Wort »kerḫu«120 und »birtu«, wobei letzteres vor allem in altbabylonischer Zeit im Sinne einer Zitadelle verwendet wurde.121 Keiner dieser Begriffe ist jedoch im Zusammenhang mit den Zitadellen zentralassyrischer Orte belegt.122 Stattdessen sprach Aššur-nāṣir-apli II. in seinem Bericht über die Renovierung der Hauptzitadelle von Kalḫu nur von dem Ruinenhügel (DU6).123 Sîn-aḫḫē-erība beschrieb die innerstädtischen Fortifikationen von Ninua lediglich als »Mauer inmitten der Stadt« (BÀD MURUB4 URU), was eine vornehmlich geografische Bezeichnung darstellt. Obwohl das Konzept einer Zitadelle bzw. vergleichbare Bereiche durchaus schon vorhanden waren, gab es hierfür im assyrischen also wohl keinen eigenen Terminus. Ebensowenig lässt sich in 118 Vergleiche Miglus 1996. 119 Hackstein 1991: 147; mit Verweis auf Wirth 1975: 78– 83. 120 Siehe hierzu Novák 1999: 303. 121 Vergleiche AHw, Bd. 1: 129, 467–468; CAD, Bd. 2: 261– 263; Bd. 8: 404–405; CDA: 45, 155. 122 Eine Ausnahme könnte die Beschreibung eines Gottes, der »über die Zitadelle [URU.bir-tú] wacht« (SAA 3: 34, 19) darstellen. Allerdings ist dieser Text schwer einzuordnen, da es sich dabei um ein Schriftstück handelt, das babylonische Praktiken erläutert (Livingstone 1989: xxix). 123 RIMA 2: A.0.101.1, iii 136.

179

den neuassyrischen Quellen ein eigener Begriff für Binnenmauern identifizieren. Weiterhin darf die Diskrepanz zwischen der stadttopografischen Signifikanz von zitadellenähnlichen Bereichen und ihrem Vorkommen in zeitgenössischen Texten als auffällig gelten. Obwohl sie oftmals sehr prominente Areale einfassten, in denen teils Bauwerke von staatsweiter Bedeutung lagen (z.  B. der Südwestpalast in Ninua), wurden sie in Bauinschriften mit Bezug zu Fortifikationen nicht erwähnt. Dieser Umstand lässt sich mangels eindeutiger Hinweise nur schwer erklären. Er könnte jedoch andeuten, dass intraurbane Befestigungsmauern in der neuassyrischen Wehrarchitektur einen geringeren Stellenwert einnahmen als der äußere Mauerring. Sie dienten wohl vor allem dazu, den Zugang von Personen und Waren zu den Bereichen mit bedeutenden öffentlichen Bauten kontrollieren und regulieren zu können. Von Fortifikationen umgebene, erhabene Teilbereiche einer Siedlung sind nicht erst ab der neuassyrischen Epoche bekannt (Abb.  167). Beispielsweise umgaben Befestigungsmauern am Fundort Tall Banāt/Bazi bereits Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. sowohl die Ober- als auch die Unterstadt.124 Gut belegt sind Zitadellen zudem im 2. und frühen 1. Jahrtausend im hethitischen bzw. späthethitischen Raum.125 Zwar ist die Konzentration von Monumentalbauten am Rande der Siedlung und die Unterteilung des Stadtgebiets durch Binnenmauern anhand der Befunde in Aššur und Kār-Tukultī-Ninurta für Zentralassyrien im 2. Jahrtausend v. Chr. nachweisbar, doch handelte es sich hierbei insbesondere aufgrund der fehlenden Erhöhung nicht um Zitadellen im klassischen Sinn.126 Zugleich ist nicht auszuschließen, dass einige zentralassyrische Städte in mittelassyrischer Zeit über befestigte Zitadellen verfügten. Beispielsweise könnte Ninua bereits in mittelassyrischer Zeit eine Zitadelle mit angegliederter Unterstadt besessen haben. Ähnliche Überlegungen können auch für die bereits in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. bedeutsamen Zentren Kilizu und Arbaʾil angestellt werden. Hinsichtlich ihrer Lage am Rand der Siedlung hoben sich die neuassyrischen Zitadellen nicht wesentlich von vergleichbaren innerstädtischen Komplexen aus dem späthethitischen Bereich ab. Als Beispiele können hier Karkamiš, Tall ʿAin Dāra oder Sirkeli Höyük angeführt werden (vgl. Abb.  167). Ein besonderes Merkmal zitadellenähnlicher Bereiche innerhalb neuassyrischer Residenzstädte war jedoch ihr Hervorspringen aus der Stadtfront.127 Dies wurde vor allem durch den Anbau größerer Terrassen auf der rückwärtigen Seite der Gebäude 124 Otto 2006: 11; Otto/Biga 2010: 487. 125 Siehe zusammenfassend u. a. Mazzoni 2011; Novák 2014: 261–265; Orthmann 2013. 126 Novák 1999: 306. 127 Novák 1999: 307.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

180 ?

Bazi-Banat

Tall ʿAin Dāra

Karkamiš

Ḫattuša

Samʾal

Kunulua

Sirkeli Höyük

200m

Erhebung

Befes�gte Erhebung

Stadtmauer

Binnenmauer

Gūzāna

Abb. 167: Vergleich von Zitadellen im vorderasiatischen Raum vom 3. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur erreicht. Als Beispiele lassen sich hier das Fort Shalmaneser in Kalḫu (Kap.  3.3.3.3), das bīt kutalli auf der Zweitzitadelle von Ninua (Kap. 3.7.3.6) und die Paläste auf den beiden Zitadellen von Dūr-Šarrukīn (Kap. 3.9.2.4; Kap. 3.9.2.5) anführen. Als assyrische Eigenheit lassen sich zudem die sogenannten Pseudozitadellen ansprechen. Vergleichbare Anlagen sind an anderen vorderasiatischen Fundorten in der Form nicht belegt. Allenfalls in Kār-Tukultī-Ninurta ließe sich der von der Binnenmauer eingefasste Teilbereich der Siedlung als eine Art Pseudozitadelle bezeichnen.128 Allerdings ist nur sehr wenig über die Bebauung in diesem Teil der Stadt bekannt. Es ist nicht auszuschließen, dass hier Wohngebäude lagen, womit es sich um einen befestigten Stadtteil ähnlich zur Innenstadt von Aššur gehandelt hätte. Konkrete Informationen darüber, warum die Binnenmauern von Kalḫu, Ninua und Dūr-Šarrukīn in den Ebenen unterhalb der Zitadellen lagen, gibt es keine. Es ist jedoch anzunehmen, dass dieses Arrangement der Sichtbarkeit der Gebäude auf den erhöhten, abgetrennten innerstädtischen Bereichen zu Gute kam. Dadurch, dass die Binnenmauern nicht auf den Rändern der Erhebungen, sondern darunter verliefen, wurde eine Beeinträchtigung des Blicks auf die Monumentalbauten vermieden. Dementsprechend wurde sowohl von innen als auch außen der Eindruck »auf der Stadtmauer reitender«, wie E. Heinrich es formulierte,129 Repräsentativbauten generiert.

4.5 Die Entwicklung der neuassyrischen Wehrarchitektur

Obwohl die Datengrundlage zugebenermaßen beschränkt ist, lassen sich nichtsdestoweniger Entwicklungen in der assyrischen Wehrarchitektur während der Zeit des Neuassyrischen Reiches erkennen. Das 9. Jahrhundert v. Chr. scheint dabei eine formative Phase in der assyrischen Befestigungsarchitektur dargestellt zu haben. In dieser Zeit etablierten sich viele Grundzüge, die die neuassyrische Wehrarchitektur auszeichneten.130 So kam es bereits zur Errichtung überdurchschnittlich großer und starker Befestigungsanlagen mit vom restlichen Stadtgebiet abgetrennten zitadellenartigen Bereichen (z. B. Kalḫu), und auch die annähernd quadratischen Anlagen Imgur-Enlil und Tall Ibrāhīm Bāyis entstanden in dieser Zeit. Ebenso ist die erste Pseudozitadelle (Fort Shalmaneser-Komplex in Kalḫu) belegt. Spätestens ab Salmānu-ašarēd  III. wurden bedeutende Zentren auch mit Niederwällen ausge128 Vergleiche Novák 1999: 306. 129 Heinrich 1984: 170. 130 Diesbezüglich ist einschränkend hinzuzufügen, dass mangels einschlägiger Informationen nicht zu beurteilen ist, welche Aspekte der Wehrarchitektur auf die mittelassyrische Zeit zurückgehen.

181

stattet. Ebenso war bereits das Grundkonzept der Toranlagen, ein an die Innenseite der Stadtmauer angebauter Breitraum mit einem Nebenraum und einem turmbewehrten Eingangsportal, vorhanden. Zudem wurden Treppenaufgänge bereits vom Torinneren aus erschlossen und in Nebenräumen den Torkammern angegliedert. Allerdings war die Positionierung des Aufgangs an einer der Schmalseiten der Torkammern noch keine zwingende Norm, denn die Treppen konnten auch in die Mauerfronten oder die Türme verlegt werden, wie es auch andernorts im 2. Jahrtausend v. Chr. (z. B. Alalaḫ; vgl. Abb. 163) belegt ist. Zusätzlich lässt sich das Schmücken von Stadtzugängen mit Torwächterfiguren anhand des Shalmaneser Gate von Kalḫu nachweisen. Eine Form der Dekoration von fortifikatorischen Bauwerken, die bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. praktiziert wurde und wohl im späten 9. Jahrhundert v. Chr. ihr Ende fand, ist die Anbringung von Tonnägeln an Befestigungsmauern und Toren. Diese Trends setzten sich in der weiteren Geschichte des Neuassyrischen Reiches fort. Ab der Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. scheint es aber zu einigen Veränderungen in den Konventionen der Wehrarchitektur und einer Standardisierung gekommen zu sein. Die Befestigungsanlagen wurden vor allem monumentaler, was sich einerseits an den Dimensionen der Stadtmauern, andererseits an der vermehrten Verwendung von bearbeiteten Steinblöcken oder Orthostaten abzeichnet. Darüber hinaus wurde der freistehende vom verbundenen Niederwall abgelöst, was sich insbesondere an der Westfront von Aššur beobachten lässt. Soweit es sich beurteilen lässt, führte Šarru-ukīn  II. darüber hinaus die aus dem Stadtmauerverlauf hervorspringenden Zitadellen ein. Auch die Toranlagen veränderten sich insofern, als dass sie prinzipiell größer und manchmal um Vorhöfe erweitert wurden. Ebenso wurden die Nebenräume nun immer an eine der Schmalseiten der Torkammern angegliedert und nicht mehr in die anschließende Befestigungsmauer oder einen Torturm integriert. Des Weiteren wurden von nun an – soweit bekannt – ausschließlich Stierkolosse als Torwächterfiguren eingesetzt, während es im 9. Jahrhundert v. Chr. auch noch Löwen oder Löwenmenschen gegeben hatte, wie dem Befund am Shalmaneser Gate von Kalḫu zu entnehmen ist. Eine neue Form von Toranlagen lässt sich ab der Regierungszeit Aššur-aḫa-iddinas fassen: die poternenartigen, gewundenen Korridore, wie z.  B. der südliche Zugang des Fort Shalmaneser. Möglicherweise hatte Sîn-aḫḫē-erības Südwestpalast in Ninua mit dem von Korridor  LI ausgehenden rampenartigen Aufgang aber schon ein ähnliches Element besessen (vgl. Kap. 3.7.3.5). Da sich die Belagerungstechniken und das Kriegswesen innerhalb dieses Zeitraums nicht verändert

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»Bergesgleich baute ich hoch«

hatten,131 lassen sich die Veränderungen in der neuassyrischen Wehrarchitektur nicht als Anpassung an etwaige Fortschritte in der Kriegsführung erklären. Viel wahrscheinlicher ist, dass allgemeine Veränderungen in der neuassyrischen Monumentalarchitektur sich auch auf die Wehrarchitektur auswirkten. So lässt sich ein Anwachsen der Dimensionen auch in der Palastarchitektur in Form größer werdender Empfangsraumgruppen beobachten.132 Ebenso ist eine gesteigerte Verwendung von bearbeiteten – oftmals bossierten – Steinblöcken vor allem an Bauten, die in der Regierungszeit Šarru-ukīns  II. oder Sîn-aḫḫē-erības entstanden, erkennbar.133 Im selben Kontext ist vermutlich auch die vermehrte Installation von Stierkolossen und Reliefs geflügelter Genien an Stadtportalen zu sehen. Ausschlaggebend für die Veränderungen in der neuassyrischen Wehrarchitektur waren daher nicht technologische Fortschritte im Belagerungswesen, sondern der gestiegene Machtanspruch des Neuassyrischen Reiches, der seinen Höhepunkt im späten 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. erreichte (vgl. Kap. 2.2). Die Vormachtstellung und der Reichtum Assyriens wurden also nicht nur in Form von Palästen und Tempeln, sondern auch Fortifikationen zur Schau gestellt. Die neuassyrische Wehrarchitektur scheint sich daraufhin bis zum Untergang des Reiches nicht mehr nennenswert verändert zu haben. Die bestehenden Anlagen blieben in Verwendung. Trotz ihrer Ausmaße konnten sie den Siegeszug der medisch-babylonischen Truppen jedoch nicht verhindern. Inwiefern die neuassyrischen Prinzipien des Festungsbaus in der Region nach dem Untergang des Reiches 612  v.  Chr. fortbestanden, lässt sich aufgrund fehlender Daten aus der postneuassyrischen Epoche nur schwer beantworten. Zumindest punktuell darf aber mit einer Nachnutzung der Befestigungsanlagen gerechnet werden. Ausbesserungen am Außenhaken von Aššur mit sicherlich erst nach der medischen Eroberung des Kultzentrums verwendeten Ziegeln aus der Gruft Sîn-aḫḫē-erības deuten darauf hin.134 Die parthischen Fortifikationen Aššurs und Hatras weisen in jedem Fall nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit neuassyrischen Befestigungsanlagen auf.135 Zu dieser Zeit waren die breitgelagerten Torkammern aufgegeben und durch kleinere, tendenziell langrechteckige Räume ersetzt worden, wofür 131 Fuchs 2011a: 393, 395–396 Siehe hierzu auch Kap. 5.1.1.1. 132 Kertai 2015a: 242–244. 133 Siehe z. B. den aus einer monumentalen Steinfassade gemauerten tunnelartigen Gang zwischen dem Königspalast von Dūr-Šarrukīn und dem Nabû-Tempel (Loud/ Altman 1938: 56, Taf. 11–12, 81–82) oder das Aquädukt von Jerwan (Jacobsen/Lloyd 1935). 134 Siehe Miglus 2003: 267. Siehe auch Kap. 3.1.3.2. 135 Vergleiche Andrae 19752.

hier exemplarisch auf den parthischen Zustand des Tabīra-Tors von Aššur verwiesen wird (Abb. 168).136 Soweit es sich beurteilen lässt, verschwand auch das Konzept der verbundenen Niederwälle nach Ende des Neuassyrischen Reiches aus der mesopotamischen Architektur. Sowohl die spätbabylonischen Befestigungsanlagen von Bābili als auch die partherzeitlichen Fortifikationen von Hatra weisen wieder unverbundene Niederwälle oder Vormauern auf.137 Das Ende des Neuassyrischen Reiches scheint also auch in der Wehrarchitektur des nördlichen Irak eine Zäsur markiert zu haben.

4.6 Exkurs: Überlegungen zum Kosten- und Arbeitsaufwand der Fortifikationen

Da Großbauprojekte viele Arbeitskräfte einer Zivilgesellschaft bündelten und mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden waren, ist davon auszugehen, dass die Errichtung der massiven Wehranlagen einen nicht zu unterschätzenden Effekt auf die Volkswirtschaft des assyrischen Staates hatte.138 Dass die verschiedenen Stufen des Mauerbaus eine erhebliche Anzahl von Leuten erforderte, geht z.  B. aus einem Brief des Schatzmeisters Ṭabšar-Aššur an Šarru-ukīn II. hervor, in dem kalkuliert wird, dass 100 Mann einen Monat lang an der Aushebung eines Teils des Grabens von Dūr-Šarrukīn arbeiten würden: »Paqaḫa told me: ›I (must) personally take the lead of 100 men and spend a full month on the work [the ditch]. Let the king my lord call the leaders to account for the fact that I (must) spend a full month on the work employing (only) 100 men.‹«139

Zwar sprechen insbesondere Königsinschriften dafür, dass Kriegsgefangene und Deportierte einen beträchtlichen Anteil der Belastung bei der Konstruktion von Kalḫu und Dūr-Šarrukīn tragen mussten,140 doch wurden offensichtlich auch viele assyrische Bürger, die dem König militärischen oder körperlichen Dienst (dullu ša šarri)141 zu leisten hatten, als Arbeitskräfte eingesetzt.142 Des Weiteren scheinen verschiedene Provinzgouverneure Kontingente von 136 Vergleiche Andrae 1913a: 32–34. 137 Vergleiche Andrae 19752: 24, 35–58; Wetzel 19692: 11–14, 24. 138 Vergleiche Burke 2008: 141–142, 153; Parpola 1995: 51. 139 SAA 1: 65, Rs. 3–12. 140 Siehe hierzu Fuchs 1994: Zyl, 72–74; RIMA 2: A.0.101.1, iii 132–136; Parpola 1995: 54–55; Postgate 1987: 260, 266. 141 Postgate 1987: 262. 142 Parpola 1995: 55; Postgate 1987: 266.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur Arbeitern geschickt zu haben, die mit der Fertigstellungen der ihnen zugewiesenen Abschnitte der Stadtmauer von Dūr-Šarrukīn beauftragt waren.143 Ebenso weist eine Aufforderung an die Bewohner eines Dorfes, Ziegel für den Bau von Dūr-Šarrukīn herzustellen, auf eine Einbeziehung der assyrischen Bevölkerung hin.144 Das Erbauen der großen Befestigungsanlagen der zentralassyrischen Siedlungen wurde somit zu einer Art gesellschaftlichem Event, an dem verschiedene Bevölkerungsteile beteiligt waren. Dementsprechend erscheint es durchaus plausibel anzunehmen, dass die Fertigstellung einer Stadtmauer auch als eine Leistung der assyrischen Gesellschaft wahrgenommen wurde. Inwiefern auch Teile des Heeres beim Bau von diesen Befestigungsanlagen involviert waren, wie es in altbabylonischer Zeit in Babylonien sowie vielleicht auch im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in der Levante üblich gewesen zu sein scheint,145 lässt sich nicht eindeutig sagen. S. Parpola ging aufgrund einer Passage aus der Zylinderinschrift Šarru-ukīns II. davon aus, dass assyrische Soldaten von diesen Aufgaben befreit waren und in erster Linie zur Überwachung der für das Bauprojekt zusammengezogenen Arbeitskräfte aus Assyrien und den eroberten Provinzen dienten:146 »Gebürtige Assyrer, die in jeglichem Beruf erfahren sind, schickte ich ihnen [d.  h. den Untertanen aus (allen) vier Himmelsrichtungen] als Aufseher und Leiter, um (ihnen) beizubringen, (bei der Arbeit richtig) zuzupacken, (sowie) Gott und König zu fürchten.«147

Die Sîn-aḫḫē-erība-zeitliche Darstellung der Arbeiten in einem Steinbruch, in dem die assyrischen Soldaten die Arbeitskräfte beaufsichtigen, unterstützt diese Sichtweise.148 Allerdings stellt sich die Frage, ob sich diese Aussage pauschal auf alle Befestigungsbauprojekte übertragen lässt. Die Erfahrung, die die Mitglieder der Steitkräfte während den Feldzügen zum Belagerungswesen sammelten, wären für die Konstruktion von Befestigungsanlagen sicherlich nützlich gewesen. Zudem darf wohl auch davon ausgegangen werden, dass kleinere Forts und befestigte Heerlager unter Beteiligung der dort zu stationierenden Einheiten geschah, weshalb ihnen eine gewisse Expertise im Bau von Fortifikationen zugeschrieben werden darf. Vermutlich kam es letz-

143 SAA 1: 64. 144 SAA 5: 296. 145 Siehe Burke 2008: 141, 153–155. Er verweist hierfür auf eine Passage aus einer Inschrift Ḫammu-rāpis, in der die Errichtung der Stadtmauer Sippars unter Mithilfe der Soldaten beschrieben wird (RIME 4: E4.3.6.2, 28–45). 146 Vergleiche Parpola 1995: 54–55. 147 Fuchs 1994: Zyl, 74. 148 Vergleiche Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 112–113.

183

10 m

Abb. 168: Parthischer Zustand des Tabīra-Tors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 32).

ten Endes auf den Umfang des Bauprojekts an. Während kleinere Wehranlagen, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines Feldzugs standen, von Soldaten und ihren Versorgungseinheiten errichtet wurden, setzte man bei den Monumentalbauprojekten stärker auf reine Arbeitskräfte, die von den Truppen beaufsichtigt wurden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in manchen Fällen beide Modelle miteinander kombiniert wurden. Ungeachtet der Frage, welche Teile der Gesellschaft mit welchem Grad an Freiwilligkeit am Bau der Fortifikationen beteiligt waren, geht die wirtschaftliche Belastung des Staates allein schon aus den für die jeweiligen Projekte benötigten Mengen an Lehmziegeln hervor (Abb.  169).149 Nimmt man eine Beteiligung von 1000 Arbeitskräften an den verschiedenen Bauprojekten an, überrascht zunächst die scheinbar kurze Bauzeit. Allerdings ist zu betonen, dass in der Aufstellung nur das Verlegen der Lehmziegel berücksichtigt wurde. Viele weitere Aspekte des Bauvorgangs wurden in dieser Berechnung nicht erfasst. Dies beginnt bereits bei den Vorgängen der Vermessung und Präparation des Baugrunds. Zudem mussten die notwendigen Lehmziegel zuerst produziert werden. Auch das Herstellen sowie Auftragen des Lehmputzes dürfte einiges an Ressourcen gebunden haben. Zusätzlich mussten beispielsweise Steine für Bruchsteinfundamente oder Orthostatenreihen in Steinbrüchen abgebaut, 149 Aufgrund der unzureichenden Datengrundlage wurden Tall Ibrāhīm Bāyis, Kilizu, Arbaʾil, Kilizu, Imgur-Enlil und Tarbiṣu nicht berücksichtigt.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Länge (m)

Breite (m)

Angenommene Höhe (m)

Volumen (m³)

Anzahl Lehmziegel

Erforderliche Personenarbeitstage

Baudauer bei 1000 Arbeitskräften

184

Aššur, Außenwall

1970

6,00

7,0

82’740

3’981’862,5

39’818,6

39,8

Aššur, Binnenwall

1500

7,00

7,0

73’500

3’537’187,5

35’371,9

35,4

156’240

7’519’050,0

75’190,5

75,2

Summe Aššur

Kalḫu, Stadtmauer

7603

12,00

7,0

638’652

30’735’127,5

307’351,3

307,4

Kalḫu, Zitadellenmauer

760

6,00

7,0

31’920

1’536’150,0

15’361,5

15,4

Kalḫu, Innere Stadtmauer Fort Shalmaneser

1150

3,50

7,0

28’175

1’355’921,9

13’559,2

13,6

698’747

33’627’199,4

336’272,0

336,3

Summe Kalḫu

Ninua, Stadtmauer

12’400

15,00

22,8

4’240’800

204’088’500,0

2’040’885,0

2040,9

Ninua, Niederwall

12’400

7,00

7,0

607’600

29’240’750,0

292’407,5

292,4

4’890’808

235’370’135,0

2’353’701,4

2353,7

Summe Ninua

Dūr-Šarrukīn, Hauptmauer

7260

14,00

13,6

1’382’304

66’523’380,0

665’233,8

665,2

Dūr-Šarrukīn, Innenmauer

1200

6,75

13,6

110’160

5’301’450,0

53’014,5

53,0

Summe Dūr-Šarrukīn

1’492’464

71’824’830,0

718’248,3

718,2

Angenommenes Standardmaß eines Lehmziegels

40×40×13

Anzahl Lehmziegel pro m³ Mauer:

48,13

Anzahl verlegte Lehmziegel pro Personenarbeitstag

100,00

Abb. 169: Kalkulation der Massen an Lehmziegel und der für das Verlegen der Ziegel anfallenden Personenarbeitstage, die für den Bau einiger der in dieser Arbeit behandelten Befestigungsanlagen notwendig gewesen wären.

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4 Grundzüge der neuassyrischen Wehrarchitektur über erhebliche Strecken transportiert, verbaut und bearbeitet werden. Ähnliches dürfte auch auf hölzerne Elemente (z. B. Dachbalken von Toranlagen) zugetroffen sein.150 Zudem dürfte die Errichtung von Türmen den Arbeitsaufwand nochmals um über 50% erhöht haben, wie den Ergebnissen des Rekonstruktionsprojekts an der Stadtmauer von Ḫattuša zu entnehmen ist.151 Die in der Tabelle angegebenen Werte zum Arbeitsaufwand stellen daher wohl nur einen Bruchteil der erforderlichen Ressourcen dar. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass erhebliche Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung während der Konstruktion der Bauwerke gebunden gewesen sein müssen. In dieser Zeit konnten sie keinen anderen Aufgaben, wie z.  B. dem Bewirtschaften der Felder oder auch einem Handwerk nachgehen. Letzteres traf besonders auf die spezialisierten Arbeitskräfte, wie z. B. Steinmetze oder Tischler, zu.152 Im Falle der Residenzstädte der neuassyrischen Könige, wo die Anlagen auch absichtlich massiver gebaut wurden, als es aus militärischer Sicht notwendig gewesen wäre (vgl. Kap.  5.1.1.2), schlug sich dies besonders stark nieder. Neben den Bauberichten der assyrischen Könige, die das Zusammenziehen von Untertanen aus allen Teilen des Reiches thematisierten (siehe oben), verdeutlicht dies der ebenfalls weiter oben zitierte Brief, der von der Verteilung von Arbeiterkontingenten aus unterschiedlichen Provinzen beim Bau der Stadtmauer von DūrŠarrukīn handelt (vgl. Kap. 3.9.2). Dementsprechend müssen sich die monumentalen Stadterweiterungsprojekte der neuassyrischen Herrscher auf die Wirtschaft des Staates ausgewirkt haben. Genau lässt sich der finanzielle Aufwand nicht beziffern, doch scheint die Staatskasse zuweilen erheblich belastet gewesen zu sein. Ein deutliches Anzeichen hierfür findet sich in einem Brief aus der Zeit der Konstruktion Dūr-Šarrukīns. Daraus geht hervor, dass sich der König Geld von Kaufleuten hatte leihen müssen und mit der Rückzahlung manchmal auch in Verzug geriet:153 »The king my lord told [me]: ›Nobody will pay back your loans until the work on Dur-Šarruken is finished!‹ (Now) they have ref[unded] to the merchants (loans on) the portion of Dur-Šarruken that has been constructed, but nobody [has reminded] (the king) about me; 570 minas

150 Für einen Überblick zu verschiedenen Aspekten von Baumaterialien siehe Moorey 1994: 302–362. 151 Siehe Kap. 4 Fn. 14. 152 Parpola 1995: 55–56. 153 Parpola 1995: 53–54.

185

of silver with [my seal] and due this year have not been repaid as yet.«154 Dieser Umstand wird auch in den Bauinschriften zur Errichtung Dūr-Šarrukīns beschrieben: »Getreu meinem Namen, den mir die großen Götter verliehen haben, um Recht und Gerechtigkeit zu bewahren, um dem Machtlosen zum Recht zu verhelfen, (und) damit dem Schwachen kein Unrecht geschieht, erstattete ich das Silber für die Felder, (auf denen) diese Stadt (gebaut werden sollte), gemäß dem Wortlaut der Kaufurkunden ihren Eigentümern in Silber oder Bronze, und um keine Mißhelligkeiten aufkommen zu lassen, gab ich denen, die nicht Silber für das entsprechende Feld wollten, (stattdessen), wo immer sie es wünschten, ein Feld, das (ihrem) Feld gleichwertig war.«155

Der wirtschaftliche Aufwand, den die Errichtung der hier besprochenen Befestigungsanlagen mit sich brachte, muss also immens gewesen sein. Dazu passt, dass im historischen Kontext (Kap. 2.2) betrachtet die neuassyrischen Könige solche Bauvorhaben nur dann in Angriff genommen zu haben scheinen, wenn sie über die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen verfügten. Aššurnāṣir-apli  II. ging sein Projekt erst nach einigen Jahren erfolgreicher Feldzüge an. Die Fortsetzung des Werks seines Vorgängers ermöglichte es auch Salmānu-ašarēd  III., sein massives Bauprogramm, das u. a. die Erneuerung der Fortifikationen Aššurs beinhaltete, durchzuführen. Ebenso übernahm Šarru-ukīn II. ein bereits wiedererstarktes Assyrien, und Sîn-aḫḫē-erība profitierte von den erfolgreichen Kriegszügen seines Vaters, die die Grenzen des Reiches weiter ausgedehnt hatten. Darüber hinaus scheinen auch Aššur-aḫa-iddina und Aššur-bāniapli an den Fortifikationen mehrerer Siedlungen (z.  B. Kalḫu und Arbaʾil) gebaut zu haben. Anders herum lässt sich argumentieren, dass das Neuassyrische Reich in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. und der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. wirtschaftlich wohl nicht in der Lage dazu war, solche Bauprojekte durchzuführen. Man musste es sich also leisten können.

154 SAA 1: 159, Vs. 9–15. Vergleiche auch SAA 12: 19. 155 Fuchs 1994: Zyl, 50–52.

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Kapitel 5

Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen Fortifikationen waren keine monofunktionalen Bauwerke. Sie tangierten verschiedene Bereiche der Lebenswelt einer Gesellschaft. Sie schützten die Bewohner und die Gebäude einer Stadt vor externen Feinden (Kap.  5.1). Zugleich spielten sie aufgrund ihrer physischen Präsenz eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen als Orte, wo diverse gesellschaftsrelevante Aktivitäten stattfanden (Kap.  5.2). Als Monumentalbauten kam ihnen zudem auch eine repräsentative Rolle zu (Kap. 5.3). Inwiefern die Fortifikationen der zentralassyrischen Siedlungen diese Funktionen erfüllten, wird im Folgenden erörtert.

5.1 Schutz

Die grundlegende Funktion eines jeden Befestigungssystems ist die Verteidigung des davon eingegrenzten Bereichs. Dabei ist zu betonen, dass im mesopotamischen Verständnis sowohl reale als auch übernatürliche Bedrohungen am Eindringen in das Stadtgebiet gehindert werden mussten. Dementsprechend werden hier nicht nur der militärische Wert der behandelten Fortifikationen (Kap. 5.1.1), sondern auch ihre Rolle als »magische Barrieren« (Kap. 5.1.2) beleuchtet.

5.1.1 Militärischer Wert

Um einschätzen zu können, inwiefern die hier behandelten Fortifikationen dazu geeignet waren, physische Bedrohungen – d. h. insbesondere feindliche Streitkräfte und die ihnen zur Verfügung stehenden Waffen und Taktiken – abzuwehren, ist es zunächst nötig, einen kurzen Überblick zum technologischen Stand des Belagerungswesens in neuassyrischer Zeit zu geben (Kap. 5.1.1.1). Darauf aufbauend können Überlegungen zur Wehrhaftigkeit der zentralassyrischen Befestigungsanlagen angestellt werden (Kap. 5.1.1.2).

5.1.1.1 Belagerungsgeräte und -taktiken in neuassyrischer Zeit

Einleitend ist zu betonen, dass das Belagern von Städten zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. bereits eine lange Tradition im Vorderen Orient hatte. Schon im präkeramischen Neolithikum ist mit kriegerischen Auseinandersetzungen und eventuell auch gezielten Zerstörungen von Siedlungen zu

rechnen.1 Ebenso könnten massive Brandrückstände und zahlreiche darin gefundene tönerne Wurfgeschosse darauf hindeuten, dass die Siedlung von Tall Ḥamūkār Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. einem bewaffneten Konflikt zum Opfer fiel.2 Des Weiteren zeigen Schriftquellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr., dass schon zu dieser Zeit regelmäßig Krieg geführt wurde und Siedlungen Belagerungen abwehren mussten.3 Als Beispiele können hierfür Spuren eines Angriffs auf Befestigungsanlagen des späten 3. Jahrtausends  v.  Chr. von Tall Bazi,4 Hinweise aus den altbabylonischen Mari-Archiven5 oder die in einem althethitischen Dokument beschriebene Belagerung von Uršu6 angeführt werden. Für das 1. Jahrtausend v. Chr. stellen besonders die assyrischen Palastreliefs, Königsinschriften und Archive einen enorm großen Fundus an Informationen zum Thema Kriegsführung dar. Sie geben einen guten Einblick in verschiedene Aspekte des Belagerungskrieges der damaligen Zeit.7 In Belagerungsszenen, welche eines der Hauptthemen der neuassyrischen Flachbildkunst darstellen, finden sich Repräsentationen verschiedener Geräte und Taktiken, die in unterschiedlicher Häufigkeit und Kombination für die Erstürmung einer Stadt eingesetzt wurden (Abb. 170; vgl. auch App. II.3). Altägyptische Feldzugsreliefs8 und mesopotamische Textquellen9 deuten jedoch an, dass die in der neuassyrischen Zeit angewandten Techniken keine Neuerungen, sondern lediglich Weiterentwicklungen von bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. gängigen Belagerungstaktiken darstellten.10 Dementsprechend gibt es keinen Grund anzunehmen, dass die Gegner Assyriens nicht über ein identisches Reper1 2 3

Siehe hierzu Müller-Neuhof 2014. Vergleiche Reichel 2006: 72–74; 2009: 22–27. Vergleiche zusammenfassend auch Burke 2008: 31–43; Hamblin 2006: 226–230. 4 Siehe hierzu Otto 2006; Otto/Biga 2010. 5 So z. B. ARM 26/1: 168 oder ARM 26/2: 318. Vergleiche auch zusammenfassend Burke 2008: 27–28; Kupper 1997; Rey 2012: 13, 129–184. 6 Beckman 1995. 7 Mehrere Beiträge und Studien haben sich hiermit bereits beschäftigt, so u.  a. Burke 2008: 31–46; De Backer 2013; Ephʿal 2009; Fuchs 2008b: 51–57; Halama 2011a: 23–33; Mayer 1995; Yadin 1963: 313–322. 8 Siehe hierzu die Zusammenstellungen bei Ahrens 2016; Burke 2009: 63, Abb. 1–4; Kaelin 1999: 79–80; Yadin 1963: 96–98. 9 Hamblin 2006: 226–230. 10 Fuchs 2011a: 393, 395–396.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

188 68

30 20

12

16 8 1

4

Be

Bl oc

ka de sc hu ss St ur m le Un ite te r rh öh lu ng R am M au pe Be erbr e la ch ge e ru ng r st ur m So F ns eu �g er es /u nk la r

1

Abb. 170: Häufigkeiten von in der neuassyrischen Flachbildkunst abgebildeten Belagerungstaktiken.

toire verfügten.11 Folglich wäre zu erwarten, dass die neuassyrischen Architekten wussten, gegen welche Gefahren sie die Fortifikationen der zentralassyrischen Siedlungen wappnen mussten. In diesem Kapitel werden die gängigsten Strategien, Geräte und Waffen des Belagerungswesens in neuassyrischer Zeit kurz vorgestellt. Dabei wird in erster Linie zwischen der Blockade und dem Sturmangriff als passive bzw. aktive Formen der Belagerung unterschieden.

Blockade Die risikoärmste, aber zugleich zeitaufwendigste Belagerungstaktik war die Blockade. Sie folgte einem simplen Prinzip: Durch das Einkreisen einer Stadt sollten der Nachschub abgeschnitten und die umzingelte Siedlung durch den dadurch entstehenden Mangel an Wasser (ina ṣummê), Nahrungsmitteln (ina bubūti bzw. ina sunqi ḫušaḫḫi u bubūti), Ressourcen und Verstärkungstruppen zur Aufgabe bewogen werden.12 Einer Passage aus einer Inschrift Adad-nērārīs II. ist zu entnehmen, dass das neuassyrische Heer in manchen Fällen befestigte Posten (ālāni oder bīrāti) errichtete, um die Zugangswege zu überwachen und den Warenverkehr zu unterbinden: »I placed redoubts around it (the city), (a tactic) which had never been used by [...] the kings my fathers.«13

Auf einer Darstellung aus dem Südwestpalast von Ninua ist ein vorgelagerter und deutlich vom Rest

11 Fuchs 2005: 39–40. 12 Vergleiche Fuchs 2008b: 57. 13 RIMA 2: A.0.99.2, 55–56.

der Befestigungsanlagen getrennter Mauerzug zu erkennen (Abb. 171). R.D. Barnett, E. Bleibtreu und G.  Turner deuteten diese Struktur als Vormauer.14 Allerdings gibt es verschiedene Gründe dafür, die Mauern als Belagerungsring zu interpretieren. Einerseits sind auf den Mauerkronen assyrische Soldaten dargestellt, die nicht in Kampfhandlungen verwickelt zu sein scheinen. Andererseits ist die Struktur als durch einen Wasserlauf von der eigentlichen Stadt getrennt dargestellt. Glaubt man der Darstellung, war der Abstand sogar so groß, dass der eigentliche Sturmangriff erst innerhalb der niedrigen Umwallung stattfand. Diese Merkmale sprechen eher für eine von den Angreifern errichtete Anlage als für einen Teil des Verteidigungssystems der belagerten Siedlung. Ein weiteres Relief zeigt womöglich eine ähnliche Szene.15 Die Darstellung war bei der Auffindung bereits stark zerstört, weswegen nur Teile davon erhalten sind. Dennoch ist auf der Zeichnung zu erkennen, dass die eigentliche Kampfhandlung oberhalb des in Frage stehenden Mauerrings abgebildet war. Obwohl die Blockade eine verlustarme und verhältnismäßig sichere Option für das Erobern einer Stadt darstellte, barg sie für die Aggressoren auch Risiken. So gewannen die Verteidiger dadurch Zeit, in der sich das Glück zu ihren Gunsten wenden konnte, indem z. B. das Eintreffen eines Entsatzheeres oder Verhandlungen zu einem Teilerfolg bzw. Kompromiss führten.16 Darüber hinaus wirkte sich ihre Dauer letzten Endes negativ auf den Aktionsradius einer Armee aus, indem ein nicht unerheblicher Teil des Truppenverbands über einen längeren Zeitraum vor Ort verweilen musste. Zusätzlich konnten sich für die Belagernden auch ohne direkte Feindeinwirkung bedrohliche Situationen einstellen. Wie das Beispiel von Tukultī-apil-Ešarras III. Belagerung von Dimašq zeigt, konnten dem Heer vor den Toren der Stadt z. B. die Nahrungsmittel ausgehen.17 Der Ausbruch einer Epidemie, wie es beispielsweise Sînaḫḫē-erības Streitmacht während der Belagerung Jerusalems widerfuhr, stellte ebenfalls eine ständige Gefahr langwieriger Blockaden dar.18 Den Feind zu einer Blockade anstelle eines Sturmangriffs zu zwingen, konnte also bereits Teil der Befestigungsstrategie sein.19

Sturmangriff Während Blockaden sowohl in der neuassyrischen Flachbildkunst als auch den Inschriften nur selten belegt sind, gibt es eine große Anzahl von Darstellungen und Beschreibungen von Sturmangriffen (Abb. 170; vgl. auch App.  II.3). Diesen Quellen

14 Bleibtreu in Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 75. 15 Barnett/Blebtreu/Turner 1998: 130, Taf. 456.626a. 16 Vergleiche Fuchs 2008b: 52. 17 Fuchs 2008b: 59. 18 Siehe Ephʿal 2009: 67 Fn. 89. 19 Vergleiche Keegan 1993: 140.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen vermitteln einen guten und detaillierten Eindruck der Bandbreite der Waffen und Werkzeuge, die bei Belagerungen in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. zum Einsatz kamen. Aus der neuassyrischen Bildkunst ist dabei grundsätzlich zu entnehmen, dass die Infanterie in der Regel unter dem Deckungsfeuer von Bogenschützen und Schleuderern an die Stadtmauern vorrückte, um dort einen Weg zu finden, die feindlichen Verteidigungsanlagen zu überwinden. Dabei kamen dann verschiedene Methoden zum Einsatz, die im Folgenden kurz dargestellt und diskutiert werden. Sehr häufig versuchte man bei einem Sturmangriff die Verteidigungsanlagen mit hölzernen Leitern zu überwinden (ina simmilti u nabalkatti; Abb. 172).20 Theoretisch ermöglichten solche Leitern ein rasches Erreichen der Mauerkronen, ohne dass viel Zeit in die Angriffsvorbereitungen erforderlich gewesen wäre.21 In der Praxis dürfte ihr Einsatz jedoch äußerst riskant und mit relativ hohen Verlusten verbunden gewesen sein.22 Besonders die Länge der Leiter im Verhältnis zur Mauer (ca. 1,2:1) und der Anlehnungswinkel (ca. 35–60°) stellten kritische Aspekte dar.23 Sie mussten korrekt sein, damit das Vorhaben erfolgreich ausgeführt werden konnte. H. Waschow meinte auch Hinweise auf die Anwendung von gemauerten Sturmtreppen bei extrem hohen Mauern gefunden zu haben.24 Die Reliefdarstellung, auf die er hinwies, zeigt jedoch lediglich assyrische Soldaten auf Häusern,25 und der von ihm herangezogene Textbeleg beschreibt die Konstruktion einer Rampe, nicht einer Treppe.26 Verbesserungen der Leitern, wie angebrachte Räder, die in ägyptischen Darstellungen zu sehen sind, sind für den Alten Orient nicht belegt.27 Eine weitere für die neuassyrische Zeit nachgewiesene Möglichkeit, in eine befestigte Siedlung einzudringen, bestand darin, die Stadtmauer zu untergraben (ina niksi oder ina pilši; wörtl. »durch Durchschneiden« bzw. »durch Bohren«).28 Dabei ist prinzipiell zwischen Tunneln, die dazu dienten, unter den feindlichen Verteidigungsanlagen hindurch direkt ins Stadtinnere zu gelangen, und Stollen zur Unterminierung der Mauern, die dadurch zum Einsturz gebracht werden sollten, zu unterscheiden.29 Obwohl mehrere Texte und Darstellungen dieses Vorgehen festhielten (Abb.  173), ist in der Regel 20 21 22 23 24 25

Burke 2008: 40; Fuchs 2008b: 53; Waschow 1938: 31. Ephʿal 2009: 69. Waschow 1938: 35–36. Ephʿal 2009: 69–70; Waschow 1938: 33–34. Waschow 1938: 45–46. Vergleiche Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: 56, Taf. 55.50a. 26 Siehe Hamblin 2006: 227–228 27 Vergleiche Burke 2008: 41; Waschow 1938: 43. 28 Fuchs 2008b: 53. 29 Waschow 1938: 77.

189

nicht eindeutig klar, welche der beiden Methoden letzten Endes angewandt wurde.30 Eine häufig abgebildete Belagerungsmethode der neuassyrischen Zeit ist das Aufschütten von Belagerungsrampen (arammu).31 Wie einige Belagerungsszenen zeigen, bestanden Belagerungsrampen nicht einfach nur aus Erdhaufen, sondern aus einer Abfolge von Schichten aus Erde, Stein, Holz und Lehmziegeln (Abb. 171).32 Eine solche Konstruktion konnte es den Infanteristen ermöglichen, über die Mauer hinweg in die Stadt zu strömen, wie es z. B. auf einem Aššur-bāni-apli-zeitlichen Relief zu sehen ist (Abb.  174). Diesbezüglich ist es wert hervorzuheben, dass es wohl schon in altbabylonischer Zeit Formeln zur Errechnung der notwendigen Dimensionen solcher Rampen gab.33 Sie musste jedoch nicht bis zur Mauerkrone reichen, sondern konnte auch eine vorbereitende Maßnahme für den Einsatz eines Rammbocks oder Mauerbrechers (siehe unten) darstellen (vgl. Abb. 171). Die Belagerungsrampe war fast überall anwendbar, und selbst kleinere Flüsse und Kanäle hätten damit überbrückt werden können. Das Aufschütten war allerdings zeit- und arbeitsaufwendig,34 und der Bau muss für die Träger gefährlich gewesen sein35 – selbst wenn sie von den eigenen Bogenschützen Deckungsfeuer erhielten.36 Hinsichtlich der Terminologie ist anzumerken, dass die Übersetzung des Begriffs arammu (bzw. auch birūtu oder ḫuršānu) nicht unumstritten ist. A. Fuchs sprach sich gegen die traditionelle Übersetzung als Rampe aus und schlug stattdessen vor, dass es sich um einen Damm handelte, der außerhalb der Reichweite der verteidigenden Bogenschützen so hoch aufgeschüttet wurde, dass er die Mauerkrone überragte.37 Seiner Meinung nach hätten die Bogenschützen der Angreifer die Verteidiger auf den Mauern dadurch beschießen und in Schach halten können. Grundsätzlich ist dies zwar nicht auszuschließen, insbesondere da die Bezeichnungen arammu, birūtu und ḫuršānu in ihren Grundbedeutungen alle lediglich eine Struktur aus aufgeschütteter Erde beschreiben.38 Der dafür nötige Arbeitsaufwand erscheint jedoch überdimensional hoch, besonders wenn man bedenkt, dass solch eine Konstruktion direkt gegen die Mauer geschüttet wesentlich zielführender gewesen wäre. Als Argument gegen die Übersetzung als Rampe brachte A. Fuchs 30 Zur Ambivalenz der Begriffe niksu und pilšu im Akkadischen siehe Fuchs 2008b: 53, 77–79. Auch die Identifikation von Tunneln auf den Darstellungen ist äußerst problematisch, wie Halama (2011a: 29) betonte. 31 Meissner 1919. Siehe hierzu auch Fuchs 2008b: 79–83. 32 Halama 2011a: 28. Siehe auch Barnett/Bleibtreu/ Turner 1998: Taf. 375. 33 Neugebauer 1935, Bd. 1: 182–186. 34 Siehe hierzu De Backer 2013: 182–183. 35 Siehe De Backer 2013: 183. 36 Waschow 1938: 47, 49. 37 Fuchs 2008b: 79–83. 38 Siehe AHw, Bd. 1: 64, 123, 360.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

227 (s13)

228 (s14)

Abb. 171: Potentielle Darstellung eines befestigten Belagerungsrings (nach Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 144.226–228).

Abb. 172: Einsatz von Sturmleitern, Unterminierung und Feuer zur Eroberung einer Stadt aus der Zeit Aššur-bāni-aplis (nach Barnett 1976, 47; Taf. 36).

Abb. 173: Aššur-nāṣir-apli-II.-zeitliche Reliefdarstellung einer Belagerung, bei der assyrische Soldaten die feindliche Mauer unterminieren und/oder Tunnel anlegen (nach Barnett 1960: Taf. 10–11).

Abb. 174: Aššur-bāni-apli-zeitliche Darstellung einer Belagerung, bei der eine Belagerungsrampe über den ersten Mauerring hinweg aufgeschüttet wurde, um den assyrischen Fußsoldaten das Eindringen zu erleichtern (nach Barnett 1976: Taf. 36).

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen darüber hinaus an, dass der arammu den textlichen Beschreibungen nach zu urteilen die Befestigungen überragt habe, womit die Funktion als Rampe als Hilfsmittel für Rammböcke sinnlos gewesen wäre.39 Dem widerspricht jedoch eine Belagerungsszene auf dem oben bereits angesprochenen Aššur-bāniapli-zeitlichen Relief (Abb. 174). Darin ist deutlich zu sehen, wie die Rampe über den ersten Mauerring hinweg ging und den assyrischen Infanteristen und Bogenschützen dadurch den Einfall in die Stadt ermöglichte. Diesen Ausführungen folgend ist m. E. die Übersetzung von arammu als »Rampe« der als »Belagerungsdamm« weiterhin vorzuziehen. Der Rammbock oder Mauerbrecher40 (ašibu; auch nappilu oder ganz allgemein ina kakki danni),41 dessen Verwendung sich ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. nachweisen lässt,42 ist das mit Abstand auffälligste Gerät des Belagerungskrieges zur neuassyrischen Zeit. Aus den Darstellungen auf assyrischen Palast­ reliefs ist zu erschließen, dass es sich um ein auf Rädern stehendes, mit einer Panzerung verkleidetes Gerüst handelte, an dem ein wahrscheinlich mit Ketten oder Tauen befestigter Stoßbalken hing.43 Auf der Grundlage des Vergleichs mit späteren Rammböcken identifizierte J. Scurlock die in Texten belegten Bestandteile dieser Belagerungsgeräte.44 Ihr zufolge war das »Rückgrat« (eṣenṣēru) das Gestell, der »Esel« (imēru) der Stoßbalken, der »Zahn« (šinnu) die Spitze der Ramme, die »Klammern« (umāšu) die Verbindung zwischen Tauen und Rammbalken und der »bewegbare Teil« (muttalliktu bzw. muttabbiltu) das Element, das den »Zahn« an seinen Bestimmungsort brachte (Abb.  175). Die Funktionsweise bestand vor allem darin, das Belagerungsgerät, wenn nötig auf dafür aufgeschütteten Belagerungsrampen (siehe oben), an die feindlichen Mauern heranzubringen, um mit dem Stoßbalken Stücke aus den Befestigungsanlagen herauszubrechen und somit eine Bresche zu schlagen.45 Auf einigen Reliefs finden sich zusätzlich Szenen, in denen Soldaten offensichtlich Feuer (išātu) an Befestigungsanlagen legten. Die Darstellungen vermitteln den Eindruck, dass dieses Vorgehen sich 39 Fuchs 2008b: 81 insb. Fn. 107. 40 Zur Differenzierung dieser beiden Begriffe siehe Halama 2011a: 27 insb. Fn. 110. 41 Siehe hierzu Fuchs 2008b: 53; Scurlock 1989: 129. 42 Vergleiche Steinkeller 1987. Zu den Belegen für die Verwendung von Rammböcken im 2. Jahrtausend v. Chr. siehe Burke 2008: 39; Ephʿal 2009: 82; Hamblin 2006: 216–217, 229–230. 43 Waschow 1938: 58–59. Hrouda (1965: 91) unterschied den Sturmbock mit bewegbaren Balken von Rammwiddern mit festem Rammsporn vorne am Wagen, doch liegen zu wenige eindeutige Darstellungen des Innenraums der Maschinen vor, als dass diese Differenzierung als gesichert gelten könnte. 44 Scurlock 1989: 130. 45 Halama 2011a: 25–27; Waschow 1938: 57–59; Yadin 1963: 314–315.

191

Stadtmauer

eṣenṣēru

muttalliktu šinnu

imēru

umāšu Abb. 175: Rekonstruktionsvorschlag der Bestandteile eines neuassyrischen Rammbocks.

naturgemäß gegen die hölzernen Bestandteile der Befestigungsanlagen richtete, d. h. in erster Linie die Türflügel der Stadttore (vgl. Abb. 173).46 Darüber hinaus wird bisweilen auch die Möglichkeit, einen Fluss oder Kanal – sofern es die topografischen Gegebenheiten zuließen – aufzustauen und dann mit einem Mal freizulassen, um die Mauern des Feindes mit Hilfe eines großen Wasserschwalls aufzulösen (ina mê maḫāḫi), als Belagerungsmethode angeführt.47 Einen Beleg für den Einsatz dieser Taktik gibt es jedoch weder in den textlichen noch in den bildlichen Quellen. Zur berühmten Flutung Bābilis ist anzumerken, dass sich Sîn-aḫḫē-erības Bericht zu dieser Tat auf den Zeitpunkt, nachdem die Stadt bereits erobert und niedergebrannt worden war, bezieht:48 »I destroyed, devastated (and) burned with fire the city [Babylon], and (its) buildings, from its foundations to its crenellations. I removed the brick(s) and earth, as much as there was from the (inner) wall and outer wall, the temples, (and) the ziggurat, (and) I threw (it) into the Araḫtu river. I dug canals into the center of that city and (thus) leveled their site with water. I destroyed the outline of its foundations and (thereby) made its destruction surpass that of the Deluge. So that in future, the site of that city and (its) temples will be unrecognizeable, I dissolved it (Babylon) in water and annihilated (it), (making it) like a meadow.«49

Es scheint aber durchaus zur Zerstörung von gegnerischen Gebieten durch das Aufstauen von Kanälen oder das Überfluten von Landstrichen gekommen zu sein. Diese Handlungen können jedoch in keinem 46 47 48 49

De Backer 2013: 219. Fuchs 2008b: 55–57. Bagg 2000: 226. RINAP 3/2: Sennacherib 223, 50–54.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

192

Fall mit einem direkten Angriff auf die Fortifikationen in Verbindung gebracht werden.50

5.1.1.2 Beobachtungen zur Wehrhaftigkeit zentralassyrischer Fortifikationen

Hinsichtlich ihres militärischen Werts zeigt ein Abgleich der architektonischen Eigenschaften und des Arrangements neuassyrischer Befestigungsanlagen mit den zu der Zeit angewendeten Belagerungstechniken (vgl. Kap.  5.1.1.1), dass die Fortifikationen für den Belagerungsfall gut gerüstet waren. Die Ausnutzung der natürlichen Topografie in Form von Geländeeinschnitten oder Flussterrassen und das supplementäre Anlegen von Festungsgräben machten es bereits schwierig, an den Fuß der Befestigungsmauern zu gelangen. Zudem erhöhte sich dadurch zumindest streckenweise die Gesamthöhe der Fortifikationen, so dass der Einsatz von Leitern keine Option mehr dargestellt haben dürfte. Zusätzliche Höhe der Wehranlagen oder Senken vor den Verteidigungsringen hatten darüber hinaus den Effekt, dass sich der Arbeitsaufwand für Rampen durch eine Vergrößerung der notwendigen Grundfläche exponential erhöhte. Die Ausnutzung der Konglomeratterrassen bei den im Tigristal gelegenen Fundorten dürfte sich auch negativ auf mögliche Untertunnelungsversuche ausgewirkt haben, da der Untergrund deutlich härter als beispielsweise Siedlungsschutt, Lehmziegelmauerwerk oder normaler Erdboden gewesen sein dürfte. Ein weiteres Hindernis für Belagerungstunnel hätten die teilweise wasserführenden Gräben dargestellt. Die Gestaltung des äußeren Verteidigungsrings lässt sich ebenfalls als gut an die damaligen Gefahren angepasst bezeichnen. Die extrem dicken Hauptwälle wären für Mauerbrecher schwierig zu duchdringen gewesen, und die teils wohl über 10  m hohen Mauern machten den Einsatz von Sturmleitern schwierig. Ein zusätzliches Hindernis stellten die an mehreren neuassyrischen Fortifikationen nachweisbaren Zwingermauern dar. Insbesondere die Niederwälle schufen eine zusätzliche Verteidigungsebene vor der Stadtmauer, die es zuerst zu sichern gegolten hätte, bevor ein Angriff auf die eigentliche Hauptmauer hätte erfolgen können. Sturmleitern hätten beispielsweise zuerst gegen den Niederwall gelehnt und dann nach oben gehievt werden müssen, bevor sie gegen die Hauptmauer einsetzbar gewesen wären. Auch für Rampen wäre es notwendig gewesen, sie zunächst auf die Höhe der Krone des Niederwalls aufzuschütten und letzteren zu sichern, bevor das eigentliche Ziel, der Hauptwall, attackiert werden konnte. Insbesondere die verbundenen Niederwälle hatten zusätzlich den Effekt, dass sie die Breite der primären Verteidigungslinie effektiv um mehrere Meter erweiterten. Der Fuß des äußeren Befestigungsrings nahm dadurch Ausmaße an, die 50 Bagg 2000: 266.

Mauerbrecher oder Mineure aufgrund der Länge der zu durchgrabenden Strecke vor große Probleme gestellt hätten. Aus dem selben Grund wären auch Untertunnelungen schwierig gewesen. Doch selbst wenn es einem Feind gelungen wäre, den äußeren Verteidigungsring zu überwinden, hätte sich ihm oftmals noch eine weitere Hürde in Form der innerstädtischen Fortifikationen geboten. Besonders die stark befestigten Hauptzitadellen von Kalḫu und Ninua wären allein schon wegen ihres Höhenvorteils schwierig zu nehmen gewesen. Auch ein Angriff auf die Pseudozitadellen und befestigten Stadtteile hätte ein Problem dargestellt, zumal dies Zeit und weitere Ressourcen gekostet hätte. Weitere bautechnische Details können als vorbeugende Maßnahmen gegen bestimmte Belagerungsmethoden gesehen werden. Beispielsweise wirkten starke, steinerne Fundamente Untertunnelung und -minierung entgegen.51 Die Flankierungstürme entlang der Mauern sowie die in Aššur belegten Senkscharten boten die Möglichkeit, Feinde, die sich am Mauerfuß zu schaffen machten, zu beschießen. Zudem kann die Anbringung von Bronzebändern an Türflügeln als Feuerschutz gesehen werden. Darüber hinaus wurden die aus militärischer Sicht besonders sensiblen Stadttore bisweilen durch das Hinzufügen von Vorhöfen verstärkt (vgl. Kap. 4.3.2). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es die neuassyrischen Architekten verstanden, sehr wehrhafte Fortifikationen zu errichten. Sturmangriffe gegen befestigte zentralassyrische Siedlungen mit den damals zur Verfügung stehenden Belagerungswaffen und -geräten hätten angesichts der oben gemachten Beobachtungen wenig Aussicht auf Erfolg gehabt. Dass die Befestigungsanlagen der zentralassyrischen Siedlungen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. dennoch von den Truppen der medisch-babylonischen Koalition scheinbar ohne größere Mühen überwunden wurden, darf wohl vor allem auf die sozioökonomischen Probleme, unter denen der as­syrische Staat zu der Zeit litt, zurückgeführt werden (vgl. Kap. 2.2). Allerdings ist einem diachronen Vergleich der Mauerstärken zu entnehmen, dass die Befestigungsanlagen der zentralassyrischen Residenzstädte weit mächtiger waren, als dies aus militärischer Sicht nötig gewesen wäre. Wie eine zusammenfassende Darstellung zeigt, waren Befestigungsmauern im Alten Orient im Durchschnitt 2–5  m breit (vgl. Abb.  176).52 Aufgrund der überregionalen Gültigkeit und der Konsistenz dieses Werts über mehrere Epochen liegt die Vermutung nahe, dass dies eine Anpassungen an die militärischen Anforderungen darstellte.

51 Ephʿal 2009: 80–81; Halama 2011a: 29. 52 Die Daten des Diagramms stammen aus Burke 2008: 60, Tab. 7; Forbes 1983: 16; Halama 2011a: 79–85; Kempinski 1992a: 127; 1992b: 68; Rey 2012: 104–108, Abb. 65; Wetzel 1969²: 7.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen Nicht nur die äußeren Befestigungsmauern, die zudem oftmals noch um Niederwallkonstruktionen erweitert waren, sondern auch die Binnenmauern der neuassyrischen Residenzstädte übertrafen diesen Wert deutlich. Die Stadtmauer von Aššur war ca. 6–7 m breit. Nochmals mächtiger waren die Umwallungen von Ninua, Kalḫu und Dūr-Šarrukīn mit ca. 12–15 m (vgl. Abb. 148). Genaugenommen waren einige dieser Bollwerke durch die hinzugefügten Niederwälle sogar noch breiter (über 20 m). Vergleichbar breite Befestigungsmauern finden sich im Vorden Orient in der ersten Hälfte des 1.  Jahrtausends v. Chr. ansonsten nicht. Die Hauptmauer des spätbabylonischen Bābili war nur 6,5 m stark;53 urartäische Mauern rangierten in der Regel zwischen 3–4 m.54 Letzteres trifft auch auf die Umwallungen der späthethitischen Stadtstaaten Nordsyriens und der Südosttürkei zu (vgl. Abb. 176).55 Ähnliches lässt sich auch für neuassyrische Toranlagen feststellen. Insbesondere die Stadttore des Typs Ic, die über zwei Torkammergruppen und einen Vorhof verfügen, stachen unter vergleichbaren Bauwerken im Alten Orient hervor (vgl. Abb. 163). Aufschlussreich sind auch die Stärken der Mauern, aus denen neuassyrische Tore konstruiert waren. Die dicken Außenmauern der Torbauten lassen sich noch damit erklären, dass sie letzten Endes die Trennwand zwischen Stadtinnerem und Umfeld konstituierten. Weniger klar ist jedoch, warum die Mauern innerhalb der Torgebäude teilweise mächtiger als manche Stadtmauer waren. Die Mauern, die die beiden Torkammern von Zitadellentor A in Dūr-Šarrukīn voneinander trennten, waren beispielsweise über 4 m breit (vgl. Abb. 132). In Stadttor 3 von Dūr-Šarrukīn maß dieses architektonische Element sogar über 5 m (vgl. Abb. 125) und an den Stadttoren 5 und 10 von Ninua könnten die entsprechenden Mauerzüge sogar 5,5 m bzw. 6 m stark gewesen sein (vgl. Abb. 107; Abb. 110). Als Mauern im Gebäudeinneren hätten sie weitaus dünner sein können, ohne dass sich dies negativ auf die Stabilität des Bauwerks oder der Deckenkonstruktion ausgewirkt hätte. Es ist daher festzuhalten, dass neuassyrische Befestigungsanlagen im Kernland des Reiches die militärischen Anforderungen weit übertrafen. Sie waren viel monumentaler als es angesichts der damals verfügbaren Belagerungstechniken wohl notwendig gewesen wäre. Der damit einhergehende höhere Arbeitswand wurde demnach bewusst akzeptiert. Dies deutet an, dass die Wehranlagen nicht allein 53 Wetzel 19692: 7. 54 Forbes 1983: 16. 55 Allenfalls die innere Mauer von Karkamiš scheint ähnliche Ausmaße zu erreichen, doch handelt es sich bei ihr wohl um einen Erdwall aus dem 2.  Jahrtausend  v.  Chr., der in späthethitischer Zeit als Untergrund für eine auf seiner Krone verlaufende Mauer wiederverwendet wurde (vgl. Woolley 1921: 41, 43–44, 69–73).

193

FBZ N-Mesopot.

5,22

FBZ IV N-Mesopot.

4,05

FBZ N-Levante

3,84

FBZ II S-Levante

4,17 5,62

FBZ III S-Levante 4,24

MBZ N-Mesopot. 2,75

MBZ N-Levante

3,26

MBZ S-Levante SBZ N-Mesopot.

2,5

SBZ Nordlevante

2,94 3,91

SBZ Südlevante Urartu

3,5

EZ N-Levante

3,44 6,5

Bābili, Hauptmauer 4,45

nAss Provinzzentren

8,0

nAss Hauptmauern 6,6

nAss Binnenmauern 1m

2m

3m

4m

5m

6m

7m

8m

Abb. 176: Zusammenstellung von Durchschnittswerten der Stärken altorientalischer Befestigungsmauern aus verschiedenen Epochen.

mit Blick auf ihren fortifikatorischen Wert geplant und gestaltet wurden. Bestätigt wird dieser Eindruck dadurch, dass bisweilen bewusst auf defensive Vorteile verzichtet wurde, um eine visuelle Wirkung zu erzielen. Auffällig ist beispielsweise die strenge Axialität der Stadttore des Typs  I. Einen Angreifer durch einen entsprechend gestalteten Zuweg kurz vor dem Tor zu einer Drehung zu zwingen, wie es z. B. in Ḫattuša oder Megiddo der Fall war (vgl. Abb.  163), wäre wehrtechnisch präferabel gewesen.56 Wichtiger war es aber anscheinend, sich den Portalen gerade nähern zu können, wodurch sich von außen bereits gerade Sichtachsen von den Toren auf das Innere der Stadt geboten haben dürften.57 Ebenso wäre es aus wehrtechnischer Sicht sinnvoller gewesen, innere Fortifikationen stets im oberen Bereich von Erhebungen innerhalb des Stadtgebiets zu errichten. Der Fall der von auf dem Niveau des Stadtgebiets errichteten Pseudozitadellen zeigt jedoch, dass dies manchmal bewußt vermieden 56 Vergleiche Halama 2011b: 274–275. 57 Novák 2012: 297.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

194

wurde (vgl. Kap. 4.4). Das Resultat dieses Arrangements war eine größere Sichtbarkeit der innerhalb des abgetrennten Bereichs liegenden Monumentalbauten. Darüber hinaus gilt es sich den historischen Kontext, in dem die hier beschriebenen Befestigungsanlagen entstanden, zu vergegenwärtigen. Die unter Kap.  4.5 beschriebene Entwicklung der neuassyrischen Wehrarchitektur hing unmittelbar mit der Geschichte des Staates zusammen, denn die Errichtung großer Wehranlagen geschah vor allem unter sehr erfolgreichen Herrschern. Aššurnāṣir-apli  II. baute Kalḫu und Imgur-Enlil in Folge der bereits weit fortgeschrittenen »Reconquista« zu Beginn der neuassyrischen Zeit (vgl. Kap. 2.2) zu stark befestigten Orten aus. Die Umbauten an der Westfront Aššurs unter Salmānu-ašarēd III. geschahen noch vor der großen Revolte. Als das Reich in Folge von Tukultī-apil-Ešarras III. Feldzügen zur unangefochtenen Hegemonialmacht aufgestiegen war, errichteten Šarru-ukīn II. in Dūr-Šarrukīn und Sîn-aḫḫē-erība in Ninua die massivsten altorientalischen Fortifikationen überhaupt, obwohl eine feindliche Belagerung einer Stadt im assyrischen Kernland zu diesem Zeitpunkt kein realistisches Szenario darstellte. Diese Monumentalisierung der Befestigungsanlagen war Teil einer allgemeinen Entwicklung in der neuassyrischen Architektur, die sich auch an Palästen und Tempeln beobachten lässt (vgl. Kap.  4.5). Paradoxerweise wurden gerade in den Jahrzehnten, in denen Assyrien Krisen durchlebte, mit der möglichen Ausnahme des Binnenwalls von Aššur (vgl. Kap. 3.1.2.3) keine derartigen Fortifikationen errichtet – zumindest gibt es hierfür keine archäologischen oder schriftlichen Belege. Daraus lässt sich schließen, dass der Bau von massiven Fortifikationen in Zentralassyrien nicht als Reaktion auf eine reale Gefahr in Form einer feindlichen Invasion, sondern als Ausdruck politischer Erfolge zu verstehen ist. Dies lässt sich als eine Form von conspicuous consumption deuten, worauf unter Kap. 5.3.2 nochmals eingegangen werden wird.

5.1.1.3 Exkurs: Überlegungen zur assyrischen Verteidigungsstrategie

Grundsätzlich sind die hier behandelten Fortifikationen in Anlehnung an J. Keegans Unterteilung als Festungen (»strongholds«) anzusprechen, da sie letzten Endes befestigte, permanente Siedlungen und keine nur für eine temporäre Nutzung vorgesehen Fluchtburgen (»refuges«) darstellten.58 Die assyrische Strategie zur Verteidigung von Städten war simpel. Die einzelnen Befestigungssysteme zentralassyrischer Siedlungen waren darauf ausgelegt, Feinde am Stadtrand aufzuhalten. Dafür sollten vor allem die turmbewehrte Hauptmauer und der davor verlaufende Graben oder eine Geländekante 58 Keegan 1993: 139–142.

sorgen. In einigen Fällen waren die äußeren Befestigungsanlagen mit zwischen Graben und Hauptmauer gelegenen Niederwällen (šalḫû) ausgestattet, was ein zusätzliches Hindernis vor der eigentlichen Stadtmauer bildete. An manchen Fundorten fungierte eine innerstädtische Fortifikation als weitere Barriere. Diese waren jedoch weniger wehrhaft als die äußeren Verteidigungsringe, da ihnen zusätzliche Elemente wie Gräben oder Zwingermauern fehlten. In Dūr-Šarrukīn waren zudem die Portale der Zitadellentore breiter als die der Stadttore und wiesen keinen Vorhof auf (vgl. Kap.  3.9.2.4), d.  h., sie waren weniger wehrhaft als die Toranlagen entlang des äußeren Befestigungsrings. Wie zu erwarten, lässt sich darüber hinaus eine Korrelation zwischen der administrativen Bedeutung eines Ortes und der Komplexität des Befestigungsssystems erkennen. Zitadellen finden sich vor allem in den Residenzstädten und Provinzhauptstädten. Ebenso sind šalḫû-Mauern nur für Verwaltungszentren belegt (vgl. Abb.  149). Das Vorkommen von Militärpalästen beschränkt sich auf die politischen Zentren des Neuassyrischen Reiches. Inwiefern die hier behandelten Fundorte Teil eines strategischen Befestigungssystems waren, lässt sich hingegen nur schwer beurteilen. Solche Systeme mussten nicht zwangsweise aus großen zusammenhängenden Mauern bestehen, wie es beispielsweise der römische Limes59 oder die geschätzt 45 km lange, von Nabû-kudurrī-uṣur II. in der spätbabylonischen Epoche erschaffene »Medische Mauer« waren.60 Sie konnten sich auch aus Netzwerken kleinerer und größerer befestigter Anlagen zusammensetzen, die im Verbund einen geografischen Raum gegen das Eindringen einer feindlichen Streitmacht schützen sollten.61 Insbesondere letztgenannte Variante lässt sich für das Neuassyrische Reich nachweisen. Aus zeitgenössischen Dokumenten geht hervor, dass Grenzen aktiv überwacht und Forts an geostrategisch wichtigen Stellen gegründet wurden: »This was the report of Nabû-le’i. The (king) of Muṣaṣir and his brother and son have gone to greet the Urarṭian king, and the messenger of the (king) of Hubuškia has also gone to greet him. All the guards of the forts along the border have sent me similar reports.«62

Ein solches System von Aussichtsposten lässt sich für Zentralassyrien allerdings nicht rekonstruieren. Ein Text, in dem die Errichtung eines Forts an der Mündung des Patti-Illil-Kanals thematisiert wurde,

59 Siehe hierzu z. B. Kemkes/Scheuerbrandt/Willburger 2002; Neugebauer 2010; Schallmayer 2006. 60 Siehe hierzu Black et al. 1987; Gasche 1989; Wilkinson 2003: 60. 61 Keegan 1993: 142. 62 SAA 1: 31, Rs. 16–25.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen

Ḫosr

195

Dūr-Šarrukīn Šibaniba

Tarbiṣu Ninua

b Zā r e

Kār-Mullissu

Tig

Imgur-Enlil

oß Gr

ris

Arbaʾil

Kalḫu

Kilizu

Tall Ibrāhīm Bāyis

Aššur

50 km

Fundort

Abb. 177: Zusammenstellung der viewsheds der in dieser Arbeit besprochenen Siedlungen.

zeigt zwar an, dass auch im Innersten des Reiches kleinere befestigte Anlagen an strategisch sensiblen Örtlichkeiten entstanden. Die spärlichen Informationen zum Besiedlungsmuster63 erlauben aber keine Aussage darüber, ob diese Teil eines regionalen Netzwerks waren: »The magnates finished marking off the Yazapu canal and set out from Minu’ on the 11th day. They went to the mouth of the Patti-Illil canal

63 Vergleiche hierzu Altaweel 2008: 23–24, 37.

and are constructing a f[o]rt there. 10 Gurreans of mine and 20 Itu’aeans of mine went with them(!); they will [en]ter it (after its completion).«64 Nichtsdestoweniger deutet eine Kartierung der befestigten Fundstätten inklusive ihrer mithilfe von viewshed-Modellen berechneten Sichtbereiche (Abb. 177) das Vorhandensein einer Art strategischen Befestigungssystems im nördlichen Zent64 SAA 15: 166, Vs. 24 – Rs. 9.

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196

»Bergesgleich baute ich hoch«

ralassyrien an.65 Wie es scheint, wurde in den von Höhenzügen umrissenen Teilregionen jeweils ein Ort mit massiven Befestigungsanlagen ausgestattet. Diese Stadt dominierte und kontrollierte seine unmittelbare Umgebung. Womöglich wurde sie dabei von kleineren, umliegenden befestigten Anlagen unterstützt.66 Direkter Sichtkontakt zwischen befestigten Zentren scheint dabei kein wichtiges Kriterium gewesen zu sein. Nur Tarbiṣu und Ninua, Ninua und Dūr-Šarrukīn sowie Dūr-Šarrukīn und Šibaniba hätten einander direkt sehen können (Abb. 177). Eine visuelle Kommunikation (z. B. mittels Lichtsignalen)67 wäre zu den anderen urbanen Zentren nur über kleinere, in diesem Kontext als Umlenkungen fungierende Siedlungen möglich gewesen. Die einzelnen befestigten Fundorte wären im Falle eines Eindringens eines feindlichen Heeres also zunächst auf sich allein gestellt gewesen. Ihre Fortifikationen waren jedoch stark genug, angreifenden Armeen eine Zeit lang Paroli zu bieten. Eine Streitmacht, die im assyrischen Kernland einen Feldzug unternahm, wäre demnach lange damit beschäftigt gewesen, die einzelnen Subregionen durch die Einnahme der stark befestigten Regionalzentren zu erobern. Allerdings stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um eine bewusste Strategie oder einen Nebeneffekt der urbanen Entwicklung des Kernlands handelte.68 Aufgrund der dürftigen Datenlage zur Siedlungsentwicklung in Zentralassyrien bleibt dies vorerst ungeklärt.

5.1.2 Die Errichtung einer »magischen Barriere«

Im mesopotamischen69 Verständnis war die für den Menschen als real empfundene Welt nur ein Teilbereich eines komplexen Kosmos, in dem alles seinen von den Göttern zugewiesenen, festen Platz hatte.70 B. Pongratz-Leisten rekonstruierte ihn anhand

65 Hierbei sind auch die Orte Kār-Mullissu und Šibaniba zu berücksichtigen. Obwohl keine archäologischen Daten zu Befestigungsanlagen an diesen Fundorten vorliegen, darf hier mit starken Fortifikationen gerechnet werden. Schriftfunde und administrative Texte, die die Bedeutung der jeweiligen Orte aufzeigen, legen dies nahe (vgl. Radner 2009–2011: 438; Reade 1978: 52). 66 Vergleiche hierzu Burkes (2008: 103–139) Beobachtungen und Ausführungen zu strategischen Befestigungssystemen in der Levante im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. 67 Diese sind bereits in altbabylonischen Texten belegt (siehe z.  B. ARM 4: 31, 32). Vergleiche hierzu auch Burke 2008: 125. 68 Vergleiche hierzu auch Keegan 1993: 142. 69 Da sich assyrische und babylonische kosmologische Vorstellungen mit Ausnahme der Rolle des Königs decken (vgl. Novák 2017: 77–78), kann hier von einer mesopotamischen bzw. assyrisch-babylonischen Weltanschauung gesprochen werden. 70 Maul 1997: 112.

von Informationen aus mesopotamischen Schöpfungsmythen und literarischen Texten wie folgt (Abb. 178): Die Welt war in insgesamt sechs Ebenen eingeteilt. Drei davon waren dem Himmel zugeordnet und drei weitere der Erde. Die Menschen lebten in der obersten irdischen Ebene, die in die Stadt (ālu), die umgebende Steppe (ṣēru) und das Bergland (šadû) unterteilt war. Diese drei Elemente waren unterschiedlich konnotiert. Die Stadt stand für Ordnung und Zivilisation. Hier befand sich der im Tempel gelegene »Urhügel« (DU6.KÙ), der den mittleren Erdhorizont (apsû) mit der menschlichen Sphäre verband. Sowohl die Steppe als auch das Bergland wurden hingegen als ungeordnete, gefährliche Bereiche angesehen. Sie waren bevölkert von Unheil bringenden Figuren wie Dämonen, wilden Tieren oder bösen Geistern. Insbesondere in der Steppe konnten Dämonen von der Unterwelt in die Welt der Menschen gelangen. Im Bergland hingegen bestand die Möglichkeit, in den Himmel emporzusteigen.71 Die Rolle, die Befestigungsanlagen im mesopotamischen Kosmos zukam, ergab sich in erster Linie aus der Dichotomie zwischen der Siedlung und allem, was außerhalb davon lag. Während Stadttore Übergangszonen darstellten, wo Stadt und Steppe sich trafen und austauschten, beschützte die Stadtmauer den zivilisierten innerstädtischen Bereich vor den Gefahren, die jenseits der Fortifikationen lauerten.72 Wie ernst diese Art der Bedrohung genommen wurde, zeigt sich z. B. in den gegen Hexerei wirkenden Maqlû-Ritualen. Ein wichtiger Punkt darin war das Herstellen und Verbrennen einer Repräsentation der Hexe oder des Hexers. Die verkohlten Reste der Darstellung wurden daraufhin außerhalb des Stadtgebiets ausgestreut bzw. in einen Fluss geworfen.73 Es folgte eine Beschwörung, die ausdrückte, dass das Böse danach die Befestigungsanlagen nicht mehr überwinden sollte, was den barrierenartigen Charakter der Anlagen auch für irreale Gefahren verdeutlicht: »You shall not cross over the Tigris and the Euphrates to me, You shall not pass over dyke and canal to me, You shall not climb over wall and battlement to me, You shall not come in through the city gate and its entranceways to me!«74

71 Siehe Pongratz-Leisten 1994: 16–19, 25, 35. Weitere Zusammenfassungen zur assyrischen Kosmologie bieten z. B. Liverani 1979; 2017a; 2017b; Maul 1999; 2017; Novák 2017; Pongratz-Leisten 2015. 72 Pongratz-Leisten 1994: 25. 73 Zum Ablauf des Rituals siehe u. a. Abusch 2002: 287– 292; Abusch/Schwemer 2011: 20–24; Schwemer 2017: 5–22. 74 Abusch 2016: Maqlû V, 126–128.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen

197

St ad �o r

Pa la st

pe l Te m

W oh ng eb ie t

Bergland (šadû)

St ad tm

au er

Himmel

Bergland (šadû)

Zitadelle Steppe (ṣēru)

Stadt (ālu)

Steppe (ṣēru)

Mi�lere Erde (apsû) Untere Erde Abb. 178: Schematische Rekonstruktion des Kosmos nach mesopotamischer Vorstellung (nach Pongratz-Leisten 1994: Abb. 5).

Auch die Befestigungsanlagen zentralassyrischer Städte waren fest in diese Kosmologie eingebunden.75 An ihnen manifestierte sich das Bedürfnis nach Sicherheit vor bösen Geistern und bösen Omen in Form verschiedener apotropäischer Handlungen und symbolischer Objekte, die durch ihre »magische Wirkung« Unheil aus dem Stadtinneren fernhalten sollten.76 Dabei ist der Begriff »Magie« hier natürlich nicht im modernen Sinn aufzufassen.77 Im mesopotamischen Verständnis war es selbstverständlich, sich mit Hilfe von Beschwörungen, Ritualen und Gegenständen, denen eine »magische Wirkung« zugesprochen wurde, vor den vielen unsichtbaren Gefahren, die einen jederzeit befallen konnten, zu schützen bzw. sie mit selbigen Mitteln zu vertreiben.78 Dass dies auch auf Fortifikationen zutraf, lässt

75 Siehe hierzu zusammanfassend Halama 2018. 76 Halama 2018: 90; Pongratz-Leisten 1994: 18. 77 Siehe hierzu Schuster-Brandis 2012: 242 Fn. 16 mit angeführter Literatur. 78 Zur Magie in Mesopotamien siehe zusammenfassend Bottéro 1987–1990.

sich an verschiedenen Faktoren ablesen, die im Folgenden besprochen werden.

5.1.2.1 Rituelle Handlungen

Ein wichtiges Mittel gegen schlechte Vorzeichen und den Befall von üblen Geistern waren Rituale. Diese konnten therapeutisch gegen akut auftretende Symbole oder prophylaktisch gegen denkbare Bedrohungen, die eventuell anhand eines Omens erkannt wurden, durchgeführt werden.79 Beispiele von Anleitungen dazu, was in einem bestimmten Fall zu tun war, sind u. a. in Form der Tafelserie Maqlû80 und den sogenannten Löseritualen (NAM.BÚR.BI)81 erhalten. Bauritualen, die den Konstruktionsprozess begleiteten, wurde eine vergleichbare Bedeutung beigemessen.82 Laut C. Ambos bestand das Ziel dieser 79 Zum Unterschied zwischen therapeutischen und prophylaktischen Maßnahmen in Mesopotamien siehe Schwemer 2007: 238–239. 80 Siehe hierzu v. a. Abusch 2016; Schwemer 2017. 81 Umfassend bearbeitet in Maul 1994. 82 Ausführliche Studien zu mesopotamischen Bauritualen

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»Bergesgleich baute ich hoch«

von Experten angeleiteten kultischen Aktivitäten darin, dafür zu sorgen, dass »das Bauprojekt unter dem Schutz und der Mitwirkung der Götter durchgeführt und einer erfolgreichen Vollendung zugeführt werden konnte«.83 Zudem galt es, die Bausubstanz (Ziegel und Fundamente) stabil zu machen und vor bösen Vorzeichen zu schützen.84 Demnach wurde den Bauritualen vor allem eine apotropäische Wirkung beigemessen, die auch als relevant für das Wohlergehen der gesamten Siedlung angesehen wurde. Die in der Tafelreihe »šumma ālu« enthaltene Warnung davor, dass sich Nagetiere in den Fundamenten eines Stadttors einnisten und dort Junge großziehen (»[If a mong]oose gives birth in the lower courses of the [city] gate – dispersal of the city.«),85 deutet dies an. Es lassen sich zwar nicht alle Bestandteile der von C. Ambos beschriebenen Reihenfolge der Baurituale an Fortifikationen nachweisen.86 Der Umfang der Ritualanweisungen in der Serie »Kulla« und ihre Anwendbarkeit auf verschiedene Gebäudearten legen jedoch den Schluss nahe, dass sämtliche Schritte auch die Errichtung von Fortifikationen begleiteten. Möglicherweise war die Durchführung solcher Handlungen so selbstverständlich, dass sie in den Inschriften bisweilen ausgelassen wurden. Nichtsdestoweniger sollen im Folgenden die textlichen und archäologischen Belege sowie indirekte Hinweise für das Abhalten von Bauritualen in Verbindung mit der Errichtung von Fortifikationen zusammenfassend beleuchtet werden. Vorbereitungen Es gibt Indizien dafür, dass auch bei der Anlage von Befestigungselementen zunächst die Zustimmung der Götter sichergestellt und der geeignete Zeitpunkt ermittelt wurde – vermutlich mit Hilfe eines Opferschauers (bārû).87 Sîn-aḫḫē-erība erklärte bezüglich seiner Motivation, das Stadtgebiet von Ninua zu erweitern: »(But) for me, Sennacherib, king of the world, king of Assyria, the performing of this work [d. h. die Erweiterung Ninuas] came to my attention by the will of the gods and I put my mind to it.«88

Darüber hinaus gibt es Indizien dafür, dass der Zeitpunkt für den Beginn eines bestimmten Bauabschnitts stets mit Bedacht gewählt wurde. Beispielsweise hob Šarru-ukīn II. hervor, er habe bestimmte

bieten Ellis 1968: 6–45; Ambos 2004. 83 Ambos 2004: 84. 84 Vergleiche hierzu Ambos 2004: 3. 85 Siehe Freedman 2006: Tablet 34.1. 86 Ambos 2004: 65–83. 87 Zu diesen beiden Punkten siehe Ambos 2004: 30–32. 88 RINAP 3/1: Sennacherib 15, v 39–42.

Phasen im Bau Dūr-Šarrukīns sehr gezielt in den dafür als geeignet erachteten Monaten beginnen lassen: »Im Monat des Sonnenaufganges [III] […], der aufgrund der Bestimmung des Anu, des Enlil und des Ea Ninšiku, (weil er) für das Streichen der Ziegel, den Bau von Stadt und Haus (der richtige ist) als Monat des Kulla bezeichnet wird, […] ließ ich für sie die Ziegel streichen.«89

Auch die Herstellung der Baumaterialien hatte einen kultischen Charakter. So beschrieb Salmānuašarēd III., dass der Ziegelmasse verschiedene Materialien beigegeben und die Ziegel mit speziellen Kellen glattgestrichen wurden: »I mixed its [d. h. der Stadtmauer] clay with honey, fine oil, cedar resin, beer, (and) wine. I made its bricks with trowels (and) moulds of cedar.«90

Die Beimengung bestimmter Stoffe zum Ton sollte wahrscheinlich eine ähnliche Wirkung wie die Streugaben (siehe unten) entfalten und apotropäischen Schutz gewährleisten.91 Diese Praxis scheint ein fester Bestandteil von Baumaßnahmen an großen Befestigungsmauern gewesen zu sein, denn einige Dokumente zeigen an, dass sie nicht nur bei der Errichtung größerer Wehranlagen, sondern auch bei der Ausbesserung beschädigter Teilstücke durchgeführt wurde: »[Since the ki]ng, my lord, has from the beginning maintained his gods, the chief tailor blocked [...] the breached city wall [von Cutha] [with bitu]men and sweet-scented oil, […]«92

Bauprozess Ob das Ausheben der Fundamentgruben von Beschwörungen und Gesängen begleitet wurde, ist nicht bekannt. Ebensowenig gibt es konkrete Informationen zur rituellen Reinigung der Baugrube oder zu Opfern an die Unterweltsgötter, die diese Etappe des Bauvorhabens begleiteten.93 Beweisen lässt sich aber das Niederlegen von Gründungsbeigaben. Während vor allem die beschrifteten Objekte primär der Verewigung des Bauherren, d. h. des Königs, dienten (vgl. Kap. 5.3.4), darf den Streugaben (siehe Kap. 5.1.2.3) und dem Akt der Niederlegung der Gründungsinschriften eine apotropäische Funktion zugeschrieben werden. Letzteres geht aus einer Inschrift Tukultī-Ninurtas II. hervor: 89 90 91 92 93

Fuchs 1994: Zyl, 21A. RIMA 3: A.0.102.10, iv 52–53. Vergleiche hierzu Ambos 2004: 74. SAA 18: 157, Vs. 6′–8′. Vergleiche Ambos 2004: 69–71.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen »At that time the wall of Baltil (Aššur) [...]. [I inscribed my] monumental inscription (and) deposited (it) therein. [May] a later prince [restore its ruined (portions)]. May he see my monumental inscription and read (it). [May he anoint (it) with oil], make sacrifices, (and) return (it) to its place. […]«94 Mit dem Einsetzen der Türflügel assoziierte Rituale, die Abhaltung eines Richtfestes und die abschließende rituelle Reinigung des Bauwerks lassen sich für Fortifikationen nicht nachweisen.95 Es darf aber wohl angenommen werden, dass die in Verbindung mit der Einweihung der großen Stadtanlagen veranstalteten Festivitäten96 auch Freude über die Fertigstellung der Fortifikationen zum Ausdruck bringen sollten. Vermutlich wurde auch die Errichtung kleinerer Befestigungsanlagen von Ritualen begleitet. Darauf deutet ein Brief des Duri-Aššur an den König hin, in dem die Errichtung eines Forts (vermutlich am Oberlauf des Tigris)97 beschrieben wurde. In dem Dokument wurde hervorgehoben, dass die »Väter das nāṭu-Ritual des Königs« bereits durchgeführt hätten.98 Dies scheint als Indikator für den Abschluss der Bauarbeiten gegolten zu haben. Nach der Vollendung des Gebäudes Nachdem der Konstruktionsprozess beendet war, konnten Beschwörungen durchgeführt werden, um die Wehrbauten vor bösen Geistern zu schützen. Ein Beispiel hierfür findet sich in der Tafelsammlung »Utukkū lemnūtu«.99 Darin wurden Anweisungen für Rituale, die nicht an den Stadttoren, sondern im Eingangsbereich des Palastes stattfinden sollten, gegeben, die dem Eindringen bestimmter schädlicher Dämonen vorbeugten: »In the temple of dignity and wealth of the gods, (for the one) who has splendour, whom your crown – spin a double-strand thread in the palace gate, spin a multi-coloured twine of hair of a virgin kid and virgin lamb, bind the limbs of the king, son of his god. […] With the mighty er’u-wood scepter, make noises at his head, cast the Eridu-spell, pass the censer and torch over him, purify him with pure waters of the ritual laver, purify and cleanse the king, son of his god.

94 RIMA 2: A.0.100.2. Eine ähnliche Passage findet sich z. B. in RINAP 5/1: Ashurbanipal 4, viii 58–87. 95 Ambos 2004: 79–82. 96 Siehe hierzu zusammenfassend Ambos 2005. 97 Diese Vermutung ergibt sich aus der Rolle Duri-Aššurs als Gouverneur der Provinz Tušḫan, der das Eponymenamt 728 v. Chr. innehatte (vgl. Millard 1994: 45, 59) sowie der Erwähnung des Tigris (Parker 1997: 81). 98 SAA 19: 60, Vs. 5. 99 Zu Inhalt und Struktur der Beschwörungstexte siehe Geller 2007: xii–xviii.

199

May the evil Utukku, Alû, ghost, Sheriff-demon, god, and Bailiff-demons, not enter the palace, nor approach the side of the palace, nor come near the king, nor go around the city, nor enter the city gate.«100 Zudem gibt es Indizien dafür, dass nach Fertigstellung der Bauwerke auch regelmäßig auf schlechte Vorzeichen, die Gefahr für die Fortifikationen und die gesamte Stadt ankündigen konnten, geachtet wurde. Diesbezüglich sei auf zwei Passagen aus der Tafelreihe »šumma ālu« hingewiesen: »If a wild ox is seen in front of the city gate, an enemy will surround the city. If a wild ox lies down in front of the city gate, an enemy will take the city gate and that city gate will be shut.«101

»If a gazelle approaches the city gate and gores a man, that city will see hard times; it will be abandoned.«102

5.1.2.2 Schutzgottheiten

Eine weitere Form, übernatürlichen Schutz für ein Befestigungselement zu gewährleisten, war die Assoziation mit einer Schutzgottheit. Explizit als »Wächter« (maṣṣāru) ausgewiesen wurden allerdings nur dKidudu (»Herr, der in der Nacht kriecht«) und dIšqippu (»Erdwurm«) für die Stadtmauern von Aššur (vgl. App.  I.3). Wenngleich sie nicht explizit als »Wächter« bezeichnet wurden, darf die Erwähnung einer Gottheit im vor allem aus programmatischen Gründen gewählten Prunknamen103 eines Wehrbaus ebenfalls als Anzeichen für die Protektion des Gebäudes durch den namentlich angeführten Gott bzw. die Göttin gewertet werden (Abb. 179).104 Beispielsweise ist anzunehmen, dass das Šērūʾa-Tor von Aššur und das Šamaš-Tor von Dūr-Šarrukīn den Beistand des jeweils gleichnamigen Gottes genossen. Diese Sitte reicht mindestens bis in die AkkadZeit zurück:105 Šarru(m)-kīn von Akkad nannte ein Enlil-Tor von Uruk106 und Naram-Sîn erwähnte ein Stadttor der Ninkarrak in Kiš.107 Auch für das 2.  Jahrtausend  v.  Chr. finden sich mehrere Beispiele, wie die Erwähnung eines Ištar-Tors (von Bābili?) in einem altbabylonischen Brief108 oder die Stadt100 SAACT 5: 16, 79–98. 101 Freedman 2017: Tablet 44.1–2′. 102 Freedman 2017: Tablet 44.40′. 103 Auf die Funktion der Prunknamen wird in Kap. 5.3.3 detailliert eingegangen. 104 Vergleiche Pongratz-Leisten 1994: 19. 105 Für einen Überblick siehe Dalton 1983. 106 RIME 2.1.1.2: 32–33. 107 RIME 2.1.4.6: iii 20′–21′. 108 Vergleiche George 1992: 341.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

200

mauer »Nanna festigt das Fundament des Landes« (dNANNA.SUḪUŠ.MADA.GENGEN) von Ur.109 Nicht immer war der Name der Patronatsgottheit Teil des Zeremonialnamens. Beim Tabīra-Tor von Aššur ergibt sich die Information vor allem aus den mit dem Tor verbunden Bauinschriften und den darin gefundenen Weihgaben. Diese legen eine Verbindung zum Gott Nergal nahe (vgl. Kap. 3.1.2.5). In Ninua geht aus einer Hymne hervor, dass die Gottheiten Ištar von Ninua und Ištar von Arbaʾil in einer nicht genannten Stadt über ein Aššur- und ein Mullissu-Tor wachten.110 Der tabellarischen Aufstellung der nachweisbaren Schutzgottheiten für Befestigungselemente ist zu entnehmen, dass vor allem die höher gestellten Götter und Göttinnen des Pantheons genannt wurden (Abb. 179). Aus dem Raster fielen vor allem die den Stadtmauern von Aššur zugewiesenen Wächtergottheiten dKidudu und dIšqippu. Dies mag der besonderen Rolle der Stadt als Kultzentrum und Keimzelle des assyrischen Staates geschuldet sein. Ein eindeutiges Muster in der Zuweisung von Göttern zu Befestigungselementen lässt sich nicht erkennen. In den meisten Fällen kann die Wahl der Schutzgottheit aber durch Faktoren, die mit den Eigenschaften des betreffenden Gottes bzw. der betreffenden Göttin vereinbar sind, erklärt werden. Beispielsweise scheinen wegen des naheliegenden Bezugs zum Sonnenaufgang vor allem Tore entlang der östlichen Stadtfronten als Šamaš-Tor bezeichnet worden zu sein.111 In anderen Fällen war es ein mit dem jeweiligen Stadttor assoziierter Sakralbau, der den Namen bestimmte.112 Liegen konnte dieses Heiligtum entweder in unmittelbarer Nähe des Stadtzugangs (z. B. das Aššur-Tor am Aššur-Tempel in Aššur; vgl. Kap. 3.1.6) oder in einer Siedlung, die von dem jeweiligen Torbau aus zu erreichen war (z.  B. das nach Kār-Mullissu führende Mullissu-Tor von Ninua; vgl. Kap. 3.7.3.4). In Dūr-Šarrukīn wurde vermutlich Wert darauf gelegt, die paarweise entlang der vier Seiten der Stadtmauer angelegten Toranlagen mit jeweils zwei aufgrund ihres familiären Hintergrunds oder ihrer sich ergänzenden Aufgabenbereiche zusammenpassenden Gottheiten zu assoziieren.113 Allerdings lassen sich viele Inkonsistenzen beobachten. Auffällig ist vor allem der Umstand, dass die Selektion der Patronatsgottheiten sich von Ort zu Ort stark unterschied. Eine Gesetzmäßigkeit im Sinne von »das Haupttor wurde stets Nergal-Tor genannt« oder »ein Ištar-Tor muss entlang der Westseite der Stadt liegen« ist also nicht zu erkennen. Im Abgleich mit den archäologischen Befunden lässt sich auch keine konsequente Korrelation zwischen 109 RIME 4.2.13.18: 20–22. 110 SAA 3: 3 insb. Rs. 7–9. 111 Halama 2018: 87. 112 Vergleiche Radner 2005a: 42. 113 Halama 2018: 85.

dem Inhalt des Zeremonialnamens und der Komplexität oder den Dimensionen des jeweiligen Fortifikationselements erkennen. So ähnelten sich beispielsweise die Grundrisse der Tore 4, 5 und 10 von Ninua, die namentlich mit den Gottheiten Šamaš-, Mullissu- und Nergal verbunden waren, sehr (vgl. Abb. 161). Stadttor 7 von Dūr-Šarrukīn, das je nach Identifikationsvorschlag mit Ištar, Anu oder Mullissu assoziiert war, besaß hingegen nur eine Torkammer (vgl. Kap. 3.9.2.3)

5.1.2.3 Apotropaica

Als Apotropaica werden hier in das jeweilige Bauwerk integrierte Gegenstände bezeichnet, die aufgrund der ihnen beigemessenen Eigenschaften dahingehend zu interpretieren sind, dass sie dazu gedacht waren, böse Geister, Dämonen und schlechte Vorzeichen abzuwehren. Die Evidenz für das Einbringen solcher Objekte in den Fortifikationen wird im Folgenden behandelt. Dabei wird hier von beschrifteten Objekten, die in den Fundamenten oder Mauern von Wehrbauten niedergelegt wurden, unterschieden, da letztere primär der Verewigung des Bauherren dienten und somit ein Mittel der Repräsentation darstellten (vgl. Kap. 5.3.4).

Streugaben Bei den sogenannten »Streugaben« handelte es sich um augenscheinlich willkürliche Akkumulationen von kleinen Objekten aus unterschiedlichen Materialien, die im Fundamentbereich eines Bauwerks verstreut wurden.114 Das Ausstreuen dieser Gegenstände wurde auch in Königsinschriften erwähnt. Es findet sich beispielsweise in einer Steintafelinschrift Salmānu-ašarēds III. (1) und Šarru-ukīns II. Bericht über die Errichtung Dūr-Šarrukīns (2): (1) »I deposited in its [d. h. der Stadtmauer] foundation silver, gold, lapis lazuli, pappardilû-stone, carnelian, shells, aromatics, all kinds of things.«115

(2) »Kulla, dem Herrn von Fundament und Ziegel, und Mušda, dem Oberbaumeister des Enlil, brachte ich Tieropfer, streute ich Schüttopfer aus und erhob (die Hand) zum šu’illakku-Gebet.«116 Während R.S. Ellis noch mutmaßte, die Streugaben hätten vor allem dazu gedient, den Wert des Bau114 Rashid 1957–1971: 656. Siehe hierzu auch deJong Ellis 1992: 131–135. 115 RIMA 3: A.0.102.10, iv 55 – Lower edge 1. 116 Fuchs 1994: Zyl, 60. Die Passage bezieht sich zwar nicht direkt auf die Errichtung der Fortifikationen, sondern auf das Großbauprojekt allgemein. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dies auch die Befestigungsanlagen umfasste (Ellis 1968: 135).

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen

Gottheit

Aššur (GAB)

Ninua

Dūr-Šarrukīn

Aššur

ST

ST

SM

Šamaš

ST

ST

ST

Nergal

ST

ST

Šērūʾa

ST

ST

Sîn

ST

Erra

ST

Igisigsig

ST

Mullissu

ST

ST

Adad

ST

ST

Ea

ST

ST

Anu

ST

Enlil

ST

Bēlet-ilī

ST

Ištar

ST

Ninurta

SM

201

? (SAA 3: 3)

Ištar von Ninua

ST

Ištar von Arbaʾil

ST

Kidudu

SM*

Išqippu

SM*

* explizit als ›Wächter‹ (maṣṣār) bezeichnet ST = Stadttor SM = Stadtmauer Abb. 179: Übersicht der identifizierbaren Schutzgottheiten neuassyrischer Befestigungselemente.

werks zu erhöhen,117 konnte C. Ambos zeigen, dass ihnen in erster Linie eine apotropäische Funktion zugesprochen wurde. Letzterer betonte, dass die Verwendung weniger wertvoller Gegenstände (z. B. Muscheln) der Auffassung von R.S. Ellis widerspräche und erachtete unter Berücksichtigung von Textbelegen die mit bestimmten Steinarten assoziierten magischen Eigenschaften118 als Hauptkriterium für die Auswahl der niedergelegten Objekte.119 Besonders reichhaltige Befunde dafür, dass Streugaben auch Teil des Konstruktionsprozesses von Befestigungsanlagen zentralassyrischer Städte waren, sind die Ansammlungen, die unter den Stadttoren Dūr-Šarrukīns gefunden wurden (vgl. 117 Ellis 1968: 140. 118 Siehe hierzu ausführlich Schuster-Brandis 2008. 119 Ambos 2004: 74.

Kap.  3.9.2.3). Diese setzten sich aus sehr unterschiedlichen Objekten zusammen. Interessant ist, dass auch Gegenstände hier vergraben wurden, die schon in neuassyrischer Zeit Antiquitäten darstellten, wie die Rollsiegel, die aus stilistischen Gründen im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. hergestellt worden sein müssen.120 Ein weiterer Beleg für diese Praxis stammt aus dem Bereich des äußeren Westtors von Aššur. Hier wurde die sogenannte »šalḫû-Urkunde« Salmānu-ašarēds III. entdeckt (vgl. Kap. 3.1.2.5).121 Neben der mit einer Inschrift versehenen Steinkiste fanden sich große Mengen von Achatperlen und Muscheln, die wohl ursprünglich in dem Behältnis verwahrt worden waren. 120 Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 76.c–d. 121 Andrae 1913a: 57, Abb. 78, 296.

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202

»Bergesgleich baute ich hoch«

Apotropäische Figuren An einigen der hier behandelten Wehrbauten wurden physische Repräsentationen wohlwollender Geister, zumeist in Form von Mischwesen, entdeckt. Ihre Funktion bestand darin, Gutes eintreten zu lassen und Böses aus dem Inneren eines Gebäudes bzw. einer Stadt fernzuhalten.122 Die auf einer der im Fort Shalmaneser gefundenen Figurinen angebrachte Inschrift (»Come in, demon of favour! Go out, demon of evil!«)123 verdeutlicht dies. Aus den keilschriftlichen Anleitungen zur Positionierung solcher Figuren geht hervor, dass es eine große Anzahl an übernatürlichen Wesen gab, deren Repräsentationen an festgelegten Plätzen innerhalb eines Gebäudes zu installieren waren.124 Tatsächlich lässt sich eine beachtliche Anzahl von ihnen auch an Fortifikationen belegen. Die mit Ausnahme der Löwen- oder Löwenmenschenfigur vom Shalmaneser Gate von Kalḫu (vgl. Kap.  3.3.3.1) als Stierkolosse dargestellten Torwächter (dALAD dLAMMA; aladlammû oder šēdu lamassu),125 waren sicherlich die eindrucksvollsten Elemente dieser Art. Dass die Figuren ausschließlich an Tordurchgängen angebracht wurden, entspricht den textlichen Beschreibungen und zeitgenössischen Anweisungen.126 Es ist seit langem bekannt, dass den Stierkolossen eine schützende Funktion beigemessen wurde.127 Sie dienten der Abwehr von Feinden128 und sollten den königlichen Weg innerhalb des Palastes schützen, wie aus der Beschreibung Aššur-aḫaiddinas zum Bau des Prachtbaus auf Tall an-NabīYūnus hervorgeht: »Let the good šēdu (and) the good lamassu, who guard my royal path (and) who make me happy, last forever and ever in that palace. May they never leave it.«129

Laut S.M. Maul verkörpert die Aufstellung dieser Bildwerke an den Stadtzugängen darüber hinaus die Eroberung und Gefügigmachung der Außenbereiche des Kosmos, wodurch der König als Protektor gegen metaphysische Gefahren wirkte.130 Hinter den Stierkolossen befanden sich in vielen Stadtzugängen ebenso hohe Orthostatenplatten, die Reliefs wohlwollender Genien trugen, wie sie in erster Linie aus den neuassyrischen Palästen bekannt

122 Nakamura 2017: 223; Rittig 1977: 227–230. 123 Siehe Oates 1959: 112. 124 Siehe hierzu v. a. Wiggermann 1992. 125 Für eine Diskussion über die Benennung der Stierkolosse in zeitgenössischen Inschriften siehe Engel 1987: 2–9. Siehe hierzu auch Danrey 2004: 135. 126 Kolbe 1981: 7, 13. 127 Siehe u. a. Black/Green 1992: 115. 128 Kolbe 1981: 13. 129 RINAP 4: Esarhaddon 1, vi 62–64. 130 Maul 2003.

sind. In den Portalen der Stadttore waren in den meisten Fällen geflügelte männliche Figuren mit Bart, die einen Eimer (banduddû) und einen Pinienzapfen (mullilu) in den Händen hielten, dargestellt. Diesen als apkallu identifizierten Mischwesen oder Genien wurde nachgesagt, Dämonen abzuhalten, die Krankheiten hervorrufen konnten.131 Der Befund an Stadttor  3 von Dūr-Šarrukīn deutet an, dass diese Figuren auch in Form von Friesen aus glasierten Ziegeln dargestellt wurden (vgl. Kap.  3.9.2.3). Die Wiedergabe einer geflügelten Person mit Adlerkopf im Nergal-Tor von Ninua (vgl. Kap.  3.7.3.4) zählt ebenfalls zu den apkallu-Figuren.132 Interessant sind die von V. Place in Stadttor 1 von Dūr-Šarrukīn entdeckten fragmentarischen Überreste einer Repräsentation eines bärtigen Mannes, der ein Krummschwert in der einen und einen Löwen in der anderen Hand hält (vgl. Kap.  3.9.2.3). Prinzipiell entspricht diese Beschreibung eher dem Helden im langen Gewand als dem laḫmu, da letzterer üblicherweise einen Speer in den Händen haltend wiedergegeben wurde.133 Allerdings findet sich gerade in Dūr-Šarrukīn ein als laḫmu zu deutender gelockter Held in kurzem Rock, der ein Krummschwert und einen kleinen Löwen hält, an der Eingangsfassade des königlichen Palastes.134 Demnach lässt sich nicht entscheiden, ob die im Hauptdurchgang von Stadttor  1 von Dūr-Šarrukīn installierte Figur als Held im langen Gewand oder als laḫmu zu deuten ist. Welche symbolische Bedeutung der in dem Ziegelfries von Stadttor  3 in Dūr-Šarrukīn dargestellten Rosette beizumessen ist, ist ebenfalls unklar. A.  Schachner zog dem Vorschlag von U.  MoortgatCorrens135 folgend eine Interpretation von Rosetten als »Zeichen für die Götter allgemein« in Betracht.136 Diesem Gedanken liegt die Gleichsetzung der Rosette mit dem Stern zugrunde, gegen die auch kritische Stimmen geäßert wurden.137 Ungeachtet dessen ist auf U. Seidls und M. Kreberniks Auffassung zu verweisen, dass die Rosette »ein allgemein positives, vielleicht schützendes Zeichen zu sein« scheint.138 Darüber hinaus konnten kleine Tonfiguren, die als Repräsentationen wohlwollender Geister dienten, entweder während des Bauprozesses in den Fundamenten niedergelegt oder zu einem späteren Zeitpunkt unter dem Fußboden von Räumen 131 Kertai 2015b: 328; Kolbe 1981: 28–29; Reade 1979: 35–36; Wiggermann 1992: 46–48; 1993–1997: 231– 232. 132 Green 1993–1997: 252–253; Kertai 2015b: 328; Wiggermann 1992: 75–76; 1993–1997: 242–243. 133 Siehe hierzu Kertai 2015b: 329, 335–338. 134 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 47. 135 Moortgat-Correns 1994. 136 Schachner 2007: 127. 137 Seidl/Krebernik 2006–2008: 446. 138 Seidl/Krebernik 2006–2008: 446.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen oder Höfen vergraben werden.139 Ein Nachweis, dass dies auch an Fortifikationen praktiziert wurde, fand sich in der Torkammer der Öffnung durch die nördliche Umfassungsmauer des Fort ShalmaneserKomplexes in Kalḫu (vgl. Kap. 3.3.3.3). Unter dem Fußboden der zwischen die Angriffe auf Kalḫu 614 und 612 v. Chr. datierten Nutzungsphase des Raums entdeckten die Ausgräber insgesamt vier Ziegelkapseln, von denen eine mit bronzenen Miniaturen von Waffen gefüllt war. Diese könnten als Stellvertreter für die mit ihnen assoziierten Schutzgottheiten gedient haben.140 In zwei weiteren Kapseln, die in dieser Torkammer unter dem Fußboden entdeckt wurden, befand sich jeweils eine männliche Gründungsfigurine. Sie stellten bärtige, männliche Gestalten in schreitender Pose und einem erhobenen Arm dar. Die anthropomorphen Wesen waren mit einem kurzen Schurzrock bekleidet und wiesen eine sehr voluminöse Haartracht auf, die sich auch als gehörnte Kappe deuten ließe (Abb.  106). Laut dem Ausgrabungsbericht waren sie mit bronzenen Gegenständen bestückt.141 Aufgrund der ikonografischen Merkmale dieser Gestalten und der zuschlagenden Haltung könnte es sich um eine Darstellung des Mischwesens Lulal handeln.142 Ein weiterer Beleg für diese Praxis an Fortifikationen stammt aus Tor 4 von Ninua (vgl. Kap. 3.7.3.4). Dort befanden sich die Ziegelkapseln in den Ecken des Vorhofs direkt unterhalb des Fußbodenniveaus (vgl. Abb.  104). Eine der beiden dort gefundenen Figuren stellte eine bärtige, aufrecht stehende Personen im langen Gewand dar, deren Hände am Bauch anlagen und jeweils einen langschaftigen Gegenstand hielten (Abb. 106). Offenbar war die Figur mit einem blauen Pulver bedeckt, das kurz nach der Freilegung jedoch zerfiel. Die andere Figur trug ebenfalls ein langes Gewand, wies einen Löwenkopf und einen menschlichen Körper auf. Ein Arm hing seitlich am Körper herunter, der andere lag knapp unterhalb der Brust an und hielt einen peitschenähnlichen Gegenstand mit langem Stiel (Abb. 106). Aufgrund der Gesichtsgestaltung, der Attribute und bisweilen erhaltenen Farbreste sowie ihrer Niederlegung in einem Hofbereich identifizierte D.  Pickworth die Figuren als das Mischwesenpaar Lulal und Latarak.143 Die Deutung der Latarak-Figur erscheint plausibel, da die Tonfigur durchaus einen Mann im Löwenkostüm repräsentieren könnte.144 Ob die andere 139 Siehe hierzu insb. Ambos 2004: 75, 82; Nakamura 2004; Rittig 1977. Siehe auch Schmitt in Ambos 2004. 140 Zu den Waffen der Schutzgeister siehe Wiggermann 1992: 60–62. 141 Fiorina 2008: 54. 142 Kertai 2015b: 329; Wiggermann 1992: 63–64. 143 Pickworth 2005: 305–307. 144 Vergleiche Green 1993–1997: 251–252; Wiggermann 1992: 64, 187–188.

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Figur tatsächlich Lulal wiedergibt, ist jedoch diskutabel, wie D.  Pickworth selbst unterstrich. Sie gab dieser Deutung aufgrund der Position der Figurine an der stadtnäheren Seite des Torhofs und des nichtgöttlichen Charakters der anthropomorphen Darstellung letzten Endes den Vorzug gegenüber einer Gleichsetzung mit Meslamtaea.145 Allerdings zeigt insbesondere der Abgleich der Ritualtexte mit dem Befund im sogenannten »Haus des Beschwörungspriesters« in Aššur, dass sich Theorie und praktische Umsetzung hinsichtlich der Positionierung der Figuren beträchtlich unterscheiden konnten.146 Gegen den Vorschlag von D.  Pickworth spricht zudem, dass die Gestalt keine Hörnerkappe trug und nicht in zuschlagender Pose mit einem erhobenen Arm dargestellt wurde.147 Eine Identifizierung mit Meslamtaea erscheint m. E. auch nicht zuletzt deswegen überzeugender, weil die Tonfigurine die korrekten Attribute dafür in den Händen hielt, nämlich eine Axt und einen Keulenkopf.148 Da derartige Ziegelkapseln bislang nur für die zwei oben genannten Toranlagen vorliegen, ist ungewiss, ob solche Repräsentationen benevolenter Geister auch in den Fundamenten von Stadtmauern niedergelegt wurden. Angesichts der Ritualanweisungen für den Hausbau wäre dies auch nicht unbedingt zu erwarten, da die apotropäischen Figuren vor allem in den Räumen, nicht aber unterhalb der Mauern vergraben werden sollten.149 Ebenso unsicher ist, ob es sich hier um Maßnahmen handelte, die Teil des Bauprozesses waren, oder ob die Tonfigurinen nur im Falle einer akuten Bedrohung vergraben wurden. Für letzteres würde der Befund vom nördlichen Tor der Umfassungsmauer des Fort Shalmaneser-Komplexes sprechen. Im Auge der Bewohner der zentralassyrische Städte muss gerade die Situation, als Nabû-apla-uṣur und seine medischen Verbündeten wiederholt im assyrischen Kernland einfielen, einem Befall des Landes mit bösen Geistern gleichgekommen sein. Die Deponierung apotropäischer Figuren in den Toranlagen wäre für das damalige Verständnis eine notwendige Vorkehrung gewesen. Es könnte sich also um eine Reaktion auf den bevorstehenden Untergang des Neuassyrischen Reiches handeln. Ob die Situation an Tor 4 von Ninua die gleiche war, lässt sich nicht sagen. Den verfügbaren Informationen nach zu urteilen, könnten die Behältnisse für die Figuren auch im Zuge der Konstruktion der Toranlage unter Sîn-aḫḫē-erība deponiert worden sein. Zusätzliche Textquellen, die das Niederlegen von Tonfiguren in Befestigungsanlagen beschreiben, 145 Pickworth 2005: Fn. 15. 146 Nakamura 2004: 19–21. Zum Befund siehe Preusser 1954: 58, Taf. 27–29. 147 Kertai 2015b: 329; Wiggermann 1992: 63–64. 148 Siehe Wiggermann 1992: 47. 149 Vergleiche Wiggermann 1992: 58–87.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

sind nicht bekannt. Daher müssen in diesem Fall beide Optionen als möglich erachtet werden.

Farbe Ein weiteres, allerdings sehr selten an neuassyrischen Befestigungsanlagen belegtes apotropäisches Element war Farbe. Während es keine eindeutigen Hinweise darauf gibt, dass die hier behandelten Wehrbauten mit Wandmalereien verziert waren, gibt es Belege für die Verwendung von Glasurziegeln. W. Andrae nahm dies beispielsweise für die Stadtmauern von Aššur an, weil sich die Inschriften auf mehreren glasierten Ziegeln aus der Zeit Salmānu-ašarēds  III. auf die Befestigungsmauern der Stadt bezogen.150 Konkrete archäologische Evidenz stammt zudem von den Stadttoren 3 und 7 in Dūr-Šarrukīn (vgl. Kap. 3.9.2.3). Angesichts der bekannten magisch-religiösen Wirkung, die Farben im Alten Orient beigemessen wurde,151 dürften dabei nicht nur den dargestellten Figuren (siehe oben), sondern auch der Farbgebung der gebrannten Ziegel eine apotropäische Bedeutung zugesprochen worden sein. Hierfür wäre die Kombination von blau- und gelbglasierten Ziegeln durchaus sinnvoll gewesen. Blau war u. a. gegen den »bösen Blick« gerichtet, und Gelb wurde ebenfalls als eine Farbe mit positiver Wirkung aufgefasst.152

5.2 Vorgänge des gesellschaftlichen Lebens

Obwohl Wehranlagen prinzipiell zur Abwehr von Bedrohungen dienten, ist nicht zu vernachlässigen, dass derartige Notlagen nur selten eintraten. Die meiste Zeit ihres Bestehens waren Fortifikationen ein elementarer Bestandteil einer regulären Siedlung, weswegen sie auch stets Teil des Lebens einer Gesellschaft waren.153 Dies gilt natürlich auch für die Fortifikationen zentralassyrischer Städte. Allerdings sind Informationen dazu, welche Aktivitäten und Handlungen an Stadtmauern und -toren stattfanden, spärlich. Nur wenige Texte und gelegentlich künstlerische Darstellungen liefern konkrete Hinweise. Weitere Rückschlüsse ergeben sich aus Details der architektonischen Gestaltung.

5.2.1 Private Kulthandlungen

Einige Texte deuten an, dass Wehranlagen für Kulthandlungen von Privatpersonen eine Rolle spielten. Einerseits lieferten sie wohl Material, das für die Herstellung apotropäischer Gegenstände benötigt wurde. Für die Manufaktur eines Pazuzu-Kopfs, der

150 Andrae 1913a: 6. 151 Vergleiche hierzu Nunn 1988; 2012; Unger 1957–1971. 152 Unger 1957–1971: 24–25. 153 Vergleiche Keeley/Fontana/Quick 2007: 62.

Teil einer Krankheitsbehandlung war, wurde beispielsweise Erde vom Stadttor benötigt.154 Andererseits ist der Tafel-Serie Maqlû zu entnehmen, dass Erde aus dem Stadtgraben ein wichtiger Bestandteil der rituell zu verbrennenden, tönernen Repräsentationen von Hexen war. Angedeutet wird dies in der Passage: »I have sent to the city ditch – they have pinched off for me the clay (for) your (figurine).«155

Darüber hinaus kam auch beim Hausbau Staub vom Stadttor zum Einsatz. Dieser wurde zusammen mit Material aus mehreren anderen Lokalitäten in der Tür des Hauses deponiert, um die Bewohner vor bösen Einflüssen zu bewahren.156 Als Ritualort für Privatpersonen dienten fortifikatorische Bauwerke in Zentralassyrien hingegen wohl nicht. Dies wäre auch nicht zu erwarten, da beispielsweise gegen böse Omen und Schadenzauber gerichtete Aktivitäten vor allem im Inneren von Häusern (bzw. auf dem Dach) sowie in der »Steppe«, also dem Umland der Siedlung, oder an einem Fluss durchgeführt wurden.157 Ganz auszuschließen sind private Kulthandlungen an Befestigungsanlagen trotz mangelnder Evidenz dennoch nicht. Einerseits wurden als selbstverständlich geltende Aktivitäten oftmals nicht schriftlich festgehalten.158 Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass viele der z. B. für Opferhandlungen notwendigen Utensilien mobil waren (z. B. Klapptische)159 und keine archäologisch fassbaren Spuren hinterlassen hätten.

5.2.2 Handel

Sowohl in der Levante als auch in Babylonien scheinen in der Umgebung von Stadtzugängen größere Märkte existiert zu haben.160 Die Evidenz dafür, dass dies auch in zentralassyrischen Siedlungen des 1.  Jahrtausends  v.  Chr. der Fall war, ist jedoch weniger überzeugend.161 Die neuassyrischen Quellen deuten an, dass der Handel hier zumeist auf Marktplätzen im Stadtinneren oder auch am Kai (kāru) stattfand.162 Folgender Text legt nahe, dass der eigentliche Handelsvorgang in der Stadt geschah. Das Stadttor spielt hingegen nur insofern eine Rolle, als 154 Heessel 2002: 73. 155 Abusch 2016: Maqlû II, 190. 156 Ambos 2004: 140–141. 157 Abusch/Schwemer 2011: 21; Frechette 2012: 150– 151. 158 Vergleiche Maul 1994: 125. 159 Mayer/Sallaberger 2003–2005: 95. 160 Siehe Cancik-Kirschbaum 2011–2013: 87; Herzog 1986: 165; May 2014: 104–106. 161 Halama 2011b: 282. 162 Steinert 2011: 330–331; Zaccagnini 1987–1990: 421– 422.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen dass die Ware natürlich hindurchtransportiert werden musste: »301 dyed skins purchased from [NN ...] of the city of Assur for 10 2/3 minas of sil[ver, in]side the city of Calah. He (the seller) exported them through the city-gate himself.«163

Des Weiteren gibt es Hinweise, dass Händler ihre Waren bisweilen auch an Palasteingängen verkauften: »The herders of donkey mares used to stand in front of the palace, at the entrance, selling covered donkeys.«164

Es sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass zusätzliche Verkaufsstände und kleinere Läden an Stadttoren existierten, zumal generell mit Handel in kleinerem Rahmen auch abseits der institutionalisierten Marktplätze zu rechnen ist.165 Archäologische Hinterlassenschaften hierfür existieren nicht. W. Andrae erwähnt in seinen Berichten zwar einige Häuser im Nordwesten Aššurs, die aufgrund baulicher Eigenschaften seiner Ansicht nach Läden dargestellt haben könnten.166 Entgegen der Ansicht W. Rölligs lagen diese jedoch nicht an der Innenseite des Tabīra-Tors,167 sondern waren Teil des Wohngebiets, welches sich über den Resten des nordwestlichen Binnenwalltors erstreckte. Einen textlichen Hinweis könnte hingegen ein Dokument bieten, in dem der Kauf einiger Schafe durch einen Kaufmann festgehalten wurde:168 »From the beginning of the month until now the shepherd responsible for the cultic meals has refused to go for his tax collection. I myself am buying sheep from the city gate [KÁ.GAL] and fattening them.«169

Auch in Ḫarrānu scheint es möglich gewesen zu sein, Kaufgeschäfte im Stadttor zu tätigen. Allerdings stellt sich die Frage, ob dieser Beleg auf Zentralassyrien übertragbar ist: 163 SAA 11: 26, 7′–9′. 164 SAA 16: 88, Vs. 7–10. 165 Vergleiche Meijer 2000: 231–233. 166 Andrae 1906: 24. 167 Röllig 1975–1976: 287. Siehe auch Halama 2011a: 152. 168 Die von May (2014: 105) angeführte Passage, die sie als Beleg für das Festlegen von Preisen in Toranlagen anführt, kann hier nicht berücksichtigt werden. Die zitierte Textstelle aus der Zeit Aššur-bāni-aplis (Borger 1996: A IX 42–49) bezieht sich nämlich nicht eindeutig auf ein Stadttor (KÁ.GAL), sondern allgemein auf ein Tor (KÁ), welches auch zu einem größeren öffentlichen Gebäude gehört haben könnte. 169 Nach SAA 13: 19, Vs. 6–11.

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»3 dyed skins purchased within the city-gate of the city of Harran, for 6 1/2 shekels of silver.«170

5.2.3 Gewerbe Inwiefern die Stadtmauern als Grenzbereich einer Siedlung mit bestimmten gewerblichen Aktivitäten verbunden waren, lässt sich für Assyrien ebenfalls nur schwer bestimmen. Entsprechende Hinweise und Befunde sind rar, was vor allem der mangelhaften Untersuchung der Unterstädte zentralassyrischer Siedlungen geschuldet ist. Nichtsdestoweniger lassen sich in manchen Fällen Produktionsbereiche oder handwerkliche Tätigkeiten an den Befestigungsmauern verorten, so z.  B. am nordwestlichen Rand des Siedlungsgebiets von Ninua.171 In Aššur könnte die Werkstatt eines Steinperlenschleifers mit einem in Planquadrat  cC9I entlang der Stadtmauer freigelegten Gebäude zu identifizieren sein.172 Die Erwähnung eines »Dorfes der Töpfe« bei Ninua legt zudem den Schluss nahe, dass einige Handwerksbereiche, wie beispielsweise das viel Rauch produzierende Keramikgewerbe, bewusst außerhalb des Siedlungsgebiets angesiedelt waren.173 Es kann jedoch nicht von einer unabdingbaren Assoziation solcher Gebiete mit den Einfassungen der Städte gesprochen werden, denn der Anteil von Wohnbebauung entlang der Siedlungsgrenzen war beträchtlich. Dies zeigt sich besonders in Aššur, wo viele Privathäuser entlang des Außenwalls insbesondere im Bereich des Außenhakens freigelegt wurden, die sowohl hinsichtlich ihrer Dimensionen als auch ihrer Ausstattung als durchschnittlich bezeichnet werden können.174 Darüber hinaus wurden in der Nähe von Befestigungsmauern auch größere Residenzen entdeckt, die aufgrund ihrer Größe und Ausstattung von Mitgliedern höherer Gesellschaftsschichten bewohnt gewesen sein dürften. Als Beispiele hierfür sei auf Gebäude MG 22 nahe Tor 12 von Ninua175 und die als Town Wall Palace bekannte Residenz entlang der südlichen Stadtmauer von Kalḫu176 verwiesen. Dementsprechend kann für den assyrischen Raum nicht pauschal auf ein soziales Gefälle hin zum Stadtrand, wie es vor allem Texte für Babylonien suggerieren,177 ausgegangen werden. 170 SAA 11: 26, 10′. 171 Lumsden 1999: 3; 2000: 818; Stronach/Lumsden 1992: 229. 172 Siehe Miglus 1996: 82. 173 Vergleiche Postgate 1987: 268. 174 Miglus 1996: 77–80; 1999: Tab. 18; Preusser 1954: 53–55. Für die in diesen Häusern gefundenen Tontafelarchive siehe des Weiteren Pedersén 1986: 85–96. 175 Lumsden 1999. 176 Mallowan 1957: 4, Taf. 10; Oates/Oates 2001: 141. 177 Shepperson 2017: 104-105; Van De Mieroop 1997: 45.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

5.2.4 Administrative Vorgänge Bedingt durch ihre Natur als Orte, wo sich der Einund Ausgang von Waren und Personen kanalsierte, kam Stadttoren für administrative Belange eine große Bedeutung zu. Eine nachweisbare Form solcher Verwaltungsvorgänge sind Zölle, die beim Betreten oder Verlassen einer Siedlung erhoben wurden. Wie hoch diese Abgaben waren und an wen sie genau abgeführt wurden, ist jedoch nur selten überliefert: »These people shall not be called up for labour and corvée service or for the levy of the land; [they are free] from quay, crossing and gate dues on land or [water].«178

»Bibiya, the prefect of the Itu’eans, and Tarditu-Aššur, the prefect of the Itu’eans, his deputy, sit outside the Inner City, in front of the gate, eating [bread] together, drinking wine, and squandering the exit-dues of the Inner City.«179 Demnach scheinen Personen und Waren beim Durchschreiten einer Toranlage erfasst worden zu sein. Archäologische Hinweise auf damit verbundene Handlungen, wie beispielsweise Siegelungen, wurden in neuassyrischen Toranlagen allerdings nicht entdeckt. Ebenso gibt es keine Evidenz für eine staatliche (Zwischen-)Lagerung von Gütern in Stadttoren,180 obwohl die großzügig dimensionierten Torkammern sowie die angeschlossenen Nebenräume ausreichend Platz geboten hätten (vgl. Abb.  153). Bei einer angenommenen Deckenhöhe von 7 m hätte beispielsweise der sekundäre Nebenraum von Zitadellentor A in Dūr-Šarrukīn ein Volumen von 393,75 m³ Gerste fassen können. Eine für administrative Belange relevante Funktion der Toranlagen könnte allerdings darin bestanden haben, dass sie als Aufbewahrungs- oder Aufstellungsort für Schriftzeugnisse dienten, die private Geschäfte oder Abmachungen dokumentierten. Ein Text aus dem Privatarchiv N 33 aus Aššur, in dem vermutlich der Inhalt von fünf Obligationsurkunden über Schulden in Silber zusammengefasst war, deutet dies an (vgl. auch Kap. 3.1.6): »28 Sheqel (Silber) des Aššur-mudammiq, Sohn des Būṣāyu. 30 Sheqel (Silber) des Aḫulā-amašši, Sohn desselben. Eine halbe Mine (Silber) des Marduk-ibni, Hirte für die Tempelversorgung – vor dem Tisarru-Stadttor. Zwölf Sheqel (Silber) des Balāsî, Sohn des Rēmanniilu. Eine Mine (Silber) des Šulmu-māt-Aššur.

178 Siehe z. B. SAA 12: 35, Rs. 21–23. 179 Siehe SAA 13: 33, Vs. 9–Rs. 4. 180 Indizien hierfür wären Fragmente von bzw. Hinweise auf größere Mengen an Vorratsgefäßen oder Getreidereste.

Die Urkunden des Hauses sind als Pfand eingesetzt.«181

Über die Personen, die für die Vorgänge in den Toranlagen verantwortlich waren, ist nur wenig bekannt.182 Einige Male belegt ist der »Aufseher der Stadttore« (rāb abullāte bzw. LÚ.GAL KÁ.GAL),183 welcher hierarchisch sowohl unter dem Priester als auch dem Bürgermeister gestanden zu haben scheint.184 Des Weiteren gab es einen »Wächter des Stadttors« (maṣṣār abullu bzw. EN.NUN KÁ.GAL),185 der in erster Linie mit dem Schutz des Bauwerks und damit einhergehend der Kontrolle von ein- und ausgehenden Personen betraut war. Nicht ganz klar ist, ob Stadttore mit anderen Gebäuden, die innerhalb der Stadt lagen, institutionell verknüpft waren. Die Erwähnung des »Torhauses« (É KÁ.GAL) des ŠamašTors von Ninua könnte dies jedoch andeuten.186

5.2.5 Rechtsprechung

Ob an neuassyrischen Stadttoren Recht gesprochen wurde, wie dies oftmals angenommen wird,187 ist nicht klar. S. Halama verwies diesbezüglich bereits darauf, dass hierbei oftmals von Informationen aus altbabylonischen Texten auf Zentralassyrien geschlossen wird.188 In der Tat finden sich insbesondere im neuassyrischen Textkorpus keine konkreten Hinweise dafür, dass juristische Aktivitäten in neuassyrischer Zeit an den Stadtzugängen stattfanden. Insbesondere der Umstand, dass das mušlālu von Aššur ursprünglich wohl ein Gerichtsort war, wie es seine Bezeichnung als Sitz der »sieben Richter« (sebēt dajjānū) in einer Inschrift Irišums  I. nahelegt,189 kann nicht als Argument gelten. In neuassyrischer Zeit war das mušlālu von Aššur nicht nur an einen anderen Standort verlegt worden, sondern mušlālu-Bauten standen im 1. Jahrtausend v. Chr. generell nicht mehr mit juristischen Belangen in Verbindung.190 Zudem ist es wichtig festzuhalten, dass sich der Richter (dajjānu) in Assyrien im 1. Jahrtausend v. Chr. nicht als eigenständiges Amt nachweisen lässt; diese Aufgabe fiel stattdessen anderen 181 Radner 1999: Text 18. 182 Zum mit Toranlagen in Verbindung stehenden Personal siehe den Überblick in Salonen 1961: 125–132. Viele der in dieser Zusammenstellung aufgeführten Beamte waren aber wohl nicht mit Stadttoren, sondern Toren anderer Gebäude betraut. 183 SAA 13: 128. 184 Radner 2010: 277, insb. Fn. 55. 185 SAA 8: 459, Rs. 19. 186 SAA 14: 155. 187 Siehe u. a. Cancik-Kirschbaum 2011–2013: 87; May 2014: 95; Novák 1999: 286; Pongratz-Leisten 1994: 25. 188 Halama 2011b: 282. 189 RIMA 1: A.0.33.1, 26–52. 190 Siehe hierzu Sollee/Tudeau 2018.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen Beamten zu.191 K. Radner zufolge wurden juristische Angelegenheiten auch bevorzugt am Dienstort des als Richters fungierenden Beamten (oftmals als Palast bezeichnet) geregelt.192 B.  Faist identifizierte die Tempel oder Tempeltore als mögliche Orte der Gerichtsbarkeit.193 Lediglich die öffentliche Demütigung besiegter Gegner am Stadttor ließe sich eventuell als Bestrafung einer gegen den Willen der Götter verstoßenden Person interpretieren.194 Hierbei handelte es sich jedoch um einen rituellen und staatsideologisch konnotierten Akt und nicht um eine Rechtssache im Sinne eines Zivilprozesses (vgl. Kap. 5.3.1).

5.2.6 Organisation des städtischen Raums Obwohl es in zeitgenössischen Texten nicht ausdrücklich festgehalten wurde, liegen die Auswirkungen der Fortifikationen auf die Organisation des städtischen Raums und somit auf viele Aspekte des alltäglichen Lebens auf der Hand. Vor allem der innerstädtische Verkehr wurde maßgeblich von der Mauerführung sowie der Position der hindurchführenden Portale bestimmt. Den Toranlagen kam dabei naturgemäß eine tragende Rolle zu. Die enge Verbindung zwischen Toranlagen und dem Verkehr lässt sich bereits daran ablesen, dass sie den Anforderungen der Transportmittel entsprechenden konstruiert wurden (vgl. Kap.  4.3.1). Beispielsweise waren die Torwege und -höfe oftmals mit großen Steinen oder gebrannten Ziegeln gepflastert, wodurch sich Menschen und Fahrzeuge auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen schnell fortbewegen konnten. Auch die Breite der Portale der Stadttore boten mit mehrheitlich 3,75– 5,8 m ausreichend Platz, dass zwei Wagen nebeneinander hindurchfahren konnten.195 Für die Organisation des städtischen Raums weitaus relevanter war jedoch der Umstand, dass die Staatsmacht an Stadttoren aktiv Kontrolle darüber ausüben konnte, wer oder was in die Siedlung bzw. einen Stadtteil hinein durfte.196 Das heißt, mit der Festlegung der Anzahl und Lage der durch die Befestigungsmauern führenden Toranlagen konnten die Planer der Fortifikationen den Ein- und Austritt von Menschen und Waren gezielt kanalisieren. Dies trifft auch auf die Binnenmauern zu, die die Zitadellen und Pseudozitadellen neuassyrischer Residenzstädte einfassten. Obwohl bei ihnen auf zusätzliche 191 Deller 1971: 647–648; Radner 2005b: 42–43. Dazu, dass die Rechtsprechung in neuassyrischer Zeit Beamten oblag, die den König, welcher als oberster Richter galt, vertraten, siehe auch Faist 2011: 257–258. 192 Vergleiche hierzu Radner 2005b: 43. 193 Faist 2011: 256–257. 194 Vergleiche Fuchs 2009: 70. 195 Vergleiche Albright 1960: 89–90; Herzog 1986: 61. 196 Vergleiche Halama 2011b: 281.

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fortifikatorische Elemente wie Gräben, Vormauern oder Torhöfe verzichtet wurde, wirkten sie nichtsdestoweniger als stadtplanerische Elemente, die das Siedlungsinnere nach funktionalen und/oder sozialen Mustern segregieren konnten.197 Die Standorte der Toranlagen und ihr räumliches Verhältnis zueinander sowie zu anderen stadttopografisch relevanten Elementen (z.  B. Palästen oder Tempeln) bedingten darüber hinaus den Verlauf der Hauptverkehrsachsen einer Stadt. Dementsprechend kam der Positionierung der Stadttore eine wichtige Rolle bei der Organisation des innerstädtischen Raums zu. Dies stellte natürlich keine assyrische Eigenheit dar, sondern ist ein universelles Prinzip des geplanten prämodernen Städtebaus.198 Aufgrund der großflächigen Freilegung des Stadtgebiets bietet sich Aššur hierfür als Demonstrationsbeispiel an (vgl. Abb. 65). Während sich der Verkehr vor der Errichtung des Binnenwalls nach dem Eintritt in die Stadt praktisch frei verteilen konnte, bestand danach eine zweite Barriere, die nur an drei oder vier Punkten durch Toranlagen unterbrochen war. Als die Rampe des westlichen Außenwalltors vermutlich im späten 9. oder frühen 8. Jahrhundert v. Chr. durch eine vom Graben heraufführende Treppe ersetzt wurde (vgl. Kap.  3.1.3.5), musste sich insbesondere der Wagenverkehr verlagern, wodurch sicherlich vor allem das Tabīra-Tor noch häufiger frequentiert wurde. Der aus westlicher und nordwestlicher Richtung kommende Verkehr konzentrierte sich dadurch auf eine Prozessionsstraße, entlang der sich die bedeutendsten Monumentalbauten der Stadt reihten, was sicherlich kein Zufall war.199 Die Bedeutung dieses Faktors für die Organisation assyrischer Städte ist einer Inschrift Sîn-aḫḫēerības aus Ninua zu entnehmen. Darin legte er unmissverständlich dar, dass die Prachtstraße Ninuas nicht von Privatgrundstücken eingeengt werden durfte: »So that in the future there would be no diminution of the royal road, I had steles made and they stood on each side, opposite one another. I measured the width of the royal road, as far as the Gate of the Gardens, as fifty-two large cubits. At any time, when (anyone of) the people living in this city tears down his old house and builds a new one – if the foundation of his house encroaches upon the royal road, he will be hung on a stake over his house.«200

Wie stark die Fortifikationen im Alltag die räumliche Orientierung innerhalb von Siedlungen prägten,

197 Vergleiche Novák 1999: 306–308, 371–373. 198 Vergleiche hierzu u. a. Novák 1999: 289–290, 368. 199 Andrae 19772: 223–224. 200 RINAP 3/1: Sennacherib 38, 19–27.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

208

wird aus einigen Dokumenten ersichtlich, in denen Wehrbauten als topografische Marker benutzt wurden. Die Gründe für diese Art von Bezugnahme auf Wehrbauten ist evident. Stadtmauern und -tore sowie die dazugehörigen Türme waren aufgrund ihrer Massivität und Höhe innerhalb einer Siedlung weithin sichtbar. Einmal errichtet, verschoben sie sich zudem nicht und stellten somit über einen längeren Zeitraum siedlungstopografische Fixpunkte dar. Dementsprechend eigneten sie sich beispielsweise dafür, die Lage von Parzellen innerhalb einer Siedlung zu beschreiben, wie eine Urkunde aus der zweiten Häfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. zeigt: »A lot, 5 cubits long and 5 cubits wide adjoining the house of Mušezib-Nabû, adjoining the house of Nabû-mar-šarri-uṣur, adjoining a wall [BÀD], and adjoining the house of Dadî.«201

Auch im extramuralen Bereich wurden bisweilen Ausdehnungen von Grundstücken auf diese Weise umrissen, wie ein Aššur-bāni-apli-zeitliches Dokument über den Kauf eines Grundstückes in der Nähe von Qatna am Unteren Ḫābūr zeigt: »[…] an estate of 10 hectares of the land of the […]eans, in Qatna, adjoining the village of Kini, the city gate of Qatna, and the royal road of Dūr-Katlimmu; […]«202

5.3 Repräsentation Aufgrund ihrer baulichen Eigenschaften waren Fortifikationen nicht nur zur Abwehr von Feinden geeignet. Als Monumentalbauten erfüllten sie oftmals auch einen repräsentativen Zweck, mit dem eine Gemeinschaft oder ein politisches System seine Macht oder seinen Erfolg zur Schau stellte.203 Anhand von Schriftzeugnissen, Details der architektonischen Gestaltung und bestimmten Bildmotiven ist zu erkennen, dass den Fortifikationen der assyrischen Residenzen eine solche Funktion ebenfalls zukam. Durch die Anwendung semiotischer Botschaften wurden vor allem die Qualitäten und Erfolge des Königs, der als »personification of that stateʼs ideal of kingship and as a living emblem of the state he ruled«204 fungierte, hervorgehoben. Als oberstem Priester und Stellvertreter des wahren Königs – des Staatsgottes Aššur – kam dem Herrscher in der assyrischen Kosmologie eine besondere Rolle als Bindeglied zwischen den Göttern und Men201 SAA  14: 109, Vs.  5–10. Vergleiche auch SAA  12: 50; SAA 14: 155, 215. 202 SAA 6: 335, 5′–7′. Zur Lokalisierung von Qatna siehe Parpola/Porter 2001: 3. 203 Trigger 1990: 121–122. 204 Porter 1993: 77.

schen zu.205 Er allein kannte den Willen der Götter und setzte diesen auf Erden um. Dass er seine herausragende Stellung als Anführer des assyrischen Staates zu Recht innehatte, musste der König des Neuassyrischen Reiches durch die Erfüllung seiner ihm von den Göttern auferlegten Pflichten unter Beweis stellen.206 Dabei bestand die zentrale Aufgabe darin, die göttliche Ordnung auf Erden aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.207 Wenn er dabei erfolgreich war, galt dies als Zeichen der göttlichen Gunst, von der letzten Endes das Wohlergehen der Untertanen abhing.208 Dass er diesen Anforderungen gewachsen war, demonstrierte der neuassyrische König u. a. dadurch, dass er die Grenzen Assyriens, also der zivilisierten, geordneten Welt, durch die Eroberung fremder Länder, Gebiete und Städte immer weiter ausdehnte – im Idealfall bis zum Rand der Erde.209 Er musste sich dabei gegen die Mächte des Chaos, verkörpert von mit Dämonen gleichgesetzten feindlichen Herrschern,210 militärisch durchsetzen.211 Zugleich musste sich der assyrische König um die Integrität des bereits Erreichten kümmern,212 was er auf verschiedene Weise tat. Zunächst hielt er durch die Ausführung seines Amts als oberster Richter die Struktur des Soziallebens aufrecht.213 Daneben oblag es dem assyrischen König als oberstem Priester, an religiösen Festen teilzunehmen und sicherzustellen, dass ausreichend Opfergaben und Ritualplätze (d. h. Tempel) für die Versorgung und Verehrung der Götter vorhanden waren.214 Zusätzlich galt es die Horte des kultivierten Lebens, d.  h. die Städte und die darin gelegenen öffentlichen Bauwerke, durch Renovierungen oder Neubauten zu pflegen und weiterzuentwickeln.215 Die Aufgabe, die zivilisierte Welt aufrechtzuerhalten, implizierte zugleich, dass der König seine Ländereien, Untertanen und Nutztiere vor irdischen und übernatürlichen Gefahren bewahren musste.216 Dementsprechend häufig findet sich in der neuassyrischen Bildkunst das Motiv des Herrschers als Bezwinger von wilden Tieren, z. B. in Form von Löwenjagdszenen oder des Staatssiegels der Könige.217 Eine ähnliche Botschaft kommuniziert auch die Be205 Siehe u. a. Garelli 1979: 323; Liverani 2017a: 11–12; Machinist 2011: 406–407; Maul 1999: 206–207, 212; 2017: 346–349; Novák 2017: 78. 206 Novák 2017: 64. 207 Maul 1997: 110; Pongratz-Leisten 2015: 207. 208 Liverani 2017a: 90; Maul 1999: 205–206. 209 Liverani 1979: 306; 2017a: 12–14; 2017b: 537; Maul 1999: 213. 210 Maul 1991: 328–329 mit Verweis auf Haas 1980. 211 Vergleiche Maul 1999: 210–211. 212 Liverani 1979: 307. 213 Fales 2017: 405. 214 Pongratz-Leisten 2015: 227. 215 Liverani 1979: 308–309; Novák 2017: 71–72. 216 Novák 1999: 27. 217 Maul 1995: 398–400; 2003: 53–54.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen zeichnung des Herrschers als »Bollwerk der Schwachen« (BÀD [ma]-ki-i LUGAL).218 Abgesehen von der Abwehr von Bedrohungen hielt der König die Ordnung auch dadurch aufrecht, dass er für Wohlstand und ausreichend Nahrung sorgte. Dies zeigt sich vor allem an der prominenten Stellung, die das Thema des für Überfluss sorgenden Herrschers in den Inschriften einnahm.219 Šarru-ukīns  II. Text bezüglich der Gründung DūrŠarrukīns, in dem die Erschließung neuen Ackerlandes als grundlegende Motivation für das Bauprojekt beschrieben wurde, verdeutlicht dies (vgl. Kap. 3.9.1). Wie mehrere Forschende bereits betonten, kommt die assyrische Weltanschauung u. a. in der Organisation der Residenzstädte des Neuassyrischen Reiches zum Ausdruck. Die geradlinigen Mauern weckten Assoziationen mit der Vorstellung der irdischen Welt als viereckigem Gebilde, und die unterschiedlichen Teile des Reiches wurden u. a. durch die Gestaltung der Gärten wiedergegeben. Die entrückt und auf Erhebungen liegenden Zitadellen mit den wirkmächtigen Palastbauten verdeutlichten die enge Verbindung zwischen dem König und den Göttern. Die räumliche Nähe zwischen Palästen und Tempeln betonte dieses Verhältnis zusätzlich.220 Neben der Struktur ihrer Residenzstädte sowie den Tempeln und Palästen benutzten die neuassyrischen Könige auch die Befestigungsanlagen, um darzustellen, dass sie ihren göttlichen Pflichten nachkamen. Woran sich dies konkret nachvollziehen lässt, wird im Folgenden erörtert.

5.3.1 Staatliche Rituale

An den Fortifikationen der neuassyrischen Residenzstädte wurden verschiedenen Rituale durchgeführt, die darauf abzielten, erfolgreiches Handeln des Herrschers (und somit des Staates) öffentlichkeitswirksam zu zelebrieren. Die Wirkmacht solcher Veranstaltungen ist nicht zu unterschätzen, denn sie waren ein wichtiges Mittel, um das assyrische Volk zusammenzuschweißen. Dadurch, dass nicht nur der Teil der Bevölkerung, der ohnenhin regelmäßig in den großen öffentlichen Bauten verkehrte oder die monumentalen Inschriften lesen konnte, sondern auch ein wesentlich größeres Publikum an Feiern dieser Art teilnehmen konnte, war dies ein geeignetes Mittel, um die breite Masse zu erreichen.221 218 SAA 16: 30, Rs. 1. 219 Liverani 2017a: 211; Novák 2017: 73–74; PongratzLeisten 2015: 278–280; Seux 1967: 25–26; Winter 2003. 220 Vergleiche u.  a. Liverani 2017a: 171–176; Maul 1997: 124; Novák 1997: 188; 1999: 386–388; 2017: 78–80; Pongratz-Leisten 2015: 181–188. 221 Vergleiche Liverani 2017a: 88–90.

209

Zu den mit den Fortifikationen assoziierten Staatsakten zählten zunächst die bereits diskutierten Baurituale (vgl. Kap.  5.1.2.1), bei denen der Bauherr, d. h. der König, sicherlich anwesend war.222 Dass ein Publikum der Niederlegung der Gründungsinschriften beigewohnt haben dürfte, ist aufgrund von Hinweisen auf Rezitationen der auf diesen Objekten festgehaltenen Texten anzunehmen.223 Dadurch wurde die Errichtung der Wehranlagen zu einem gesellschaftlichen Ereignis, das zugleich dazu diente, den Herrscher als im Einklang mit dem Willen der Götter handelnd darzustellen224 und ihn als Bauherren des jeweiligen Gebäudes auszuweisen.225 Doch auch nach der Fertigstellung der Wehrbauten lassen sich öffentliche kultische Handlungen an ihnen lokalisieren. Als einzigen Bauwerken dieser Art, die mit großen Räumlichkeiten ausgestattet waren, stand den Stadttoren dabei naturgemäß eine besonders große Rolle zu. Allerdings erwähnen zeitgenössische Texte kaum kultische Aktivitäten, die in Toranlagen stattfanden oder direkt mit den Bauwerken assoziiert waren. Das Durchschreiten des Stadttors stellte sicherlich ein wichtiges Element einer jeden Prozession dar, da es das Überqueren der wichtigen Grenze zwischen Siedlungsinnerem und -äußerem markierte (vgl. Kap.  5.1.2). Zumindest im assyrischen Raum wurde es, soweit es sich beurteilen lässt, in der Regel aber nicht mit einem eigenen kultischen Akt gewürdigt.226 Der folgende Text, bei dem die Differenzierung zwischen dem Tor eines Gebäudes (KÁ) und einem Stadttor (KÁ.GAL) hervorzuheben ist, soll hierfür als Beispiel dienen: »[…] on the 16th day, in the even[ing, Ištar] will g[o] through the great gate [KÁ.GAL] [and] descend into the cana[l …]. There is a ritual [he will perform]. She will then come up from the canal, go under the gate [KÁ.GAL] of the temple of Nabû, and take a seat in the shrine’s gate [KÁ]. [Th]ere is a [ritual] he will perform. She will then go d[own] from the shrine’s gate [KÁ] in[to the …] of the palace which faces the […] of the drinking place. […]«227

Ähnlich scheint es sich mit dem assyrischen Krönungsritual verhalten zu haben. In der Beschreibung des Prozedere wird zwar ein Stadttor erwähnt, doch stellt es lediglich einen Punkt zwischen zwei Ritualorten (dem rēš ḫameluḫḫi und der »Terrasse«) dar, der passiert werden musste. Dem Text nach zu urteilen, diente das Tor selbst in

222 Ellis 1968: 20, 160. 223 Vergleiche hierzu Porter 1993: 106–115. Siehe auch Ambos 2004: 75–76. 224 Siehe hierzu Ambos 2004: 30–31. 225 Vergleiche Radner 2005a: 141. Siehe hierzu auch die Ausführungen in Kap. 5.3.4. 226 Pongratz-Leisten 1994: 40–41. 227 SAA 13: 135, Vs. 5′–Rs. 2.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

diesem eminent wichtigen Staatsritual also nicht als Ritualort: »Wenn der König das Ri[tual au]f dem rēš ḫameluḫḫi beendet hat, tragen die Leute, die [den König zu]m Tempel getragen haben, den König aus dem Stadttor heraus au[f dem Nack]en (und) sie betreten die Terrasse.«228

Wenngleich es bei der Inthronisationsfeier keine Kultstätte im engeren Sinn darstellte, bildete das Aššur-Tor in Aššur nichtsdestoweniger eine nennenswerte Ausnahme. Dort scheinen nämlich Opferhandlungen, die mit im Aššur-Tempel abgehaltenen Ritualen in Zusammenhang standen, stattgefunden zu haben: »[The goddesses] take their seats. Aššur of Reading and [DN] go [to] the Aššur Gate and are seated before the gate. He [perform]s a sheep offering, burns a female kid, opens the vat […]«229

Das Aššur-Tor ist also ein seltener Fall, in dem ein Stadttor durch kultische Handlungen zu einem sakralen Ort gemachte wurde.230 Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es ein »Bild« (ALAM) des AššurTors im Palast gab, das im Zuge des Krönungsrituals mit einem »Stein« (NA4) bedacht wurde.231 Wegen der vermuteten Nähe dieses Stadtzugangs zu wichtigen Schauplätzen des assyrischen Krönungsrituals, dem Aššur-Tempel und dem Alten Palast (vgl. Kap. 3.1.6), darf dieser Toranlage aber ohnehin ein außergewöhnlicher Status zugerechnet werden. Daraus lassen sich zwar keine regelmäßig stattfindenden Rituale an anderen Stadttoren zentralassyrischer Siedlungen ableiten. Nichtsdestoweniger liegt hier aber ein starkes Indiz dafür vor, dass sich der König durch das Abhalten eines Rituals an einem Stadttor als frommer Herrscher, der sich um das Wohlergehen der Götter kümmerte, inszenierte. Ein anderes hier zu nennendes Ritual ist die öffentliche Zurschaustellung, Demütigung und Hinrichtung von gefangenen Feinden an Stadttoren und -mauern.232 Beispielsweise berichtet Aššur-nāṣirapli II. davon, seinen Widersacher Aḫi-iababa nach Ninua gebracht zu haben, um ihn dort zu häuten und die Körperhülle über die Stadtmauer zu hängen.233 Vor allem am inneren Stadttor von Ninua, dem »Durchgang, wo die Menschen kontrolliert werden« (nēreb masnaqti adnāti; vgl. Kap. 3.7.3.5) scheinen besiegte Feinde an den Pranger gestellt worden zu sein, bzw. ihre Überreste wurden hier 228 Nach Müller 1937: Text I, ii 42–44. Vergleiche auch SAA 20: 7, Rs. ii 42–44. 229 SAA 20: 5, 7′–9′. 230 Vergleiche hierzu Pongratz-Leisten 1994: 20. 231 Vergleiche SAA 20: 7, Rs. iii 17. 232 Cancik-Kirschbaum 2011–2013: 87. 233 RIMA 2: A.0.101.1, i 93.

ausgestellt. Hier wurde z. B. Asuḫīli, der von Aššuraḫa-iddina besiegte König der Stadt Arzâ, wie ein Tier zusammen mit Bären, Hunden und Schweinen angebunden.234 Das zweifelsohne bekannteste Opfer dieses Brauches war jedoch der von Aššur-bāniaplis Streitmacht geschlagene und getötete Elamerkönig Te-Umman, dessen Haupt nicht nur – wie auf einem Relief zu sehen – in Arbaʾil (vgl. Abb. 91), sondern wohl auch in Ninua am Zitadellentor öffentlich zur Schau gestellt wurde:235 »(As for) the decapitated head of Teumman, I displayed (it) opposite the Citadel Gate of Nineveh as a spectacle in order to show the people the might of (the god) Aššur and the goddess Ištar, my lords – the decapitated head of Teumman, the king of the land Elam.«236

Auf der Reliefdarstellung Arbaʾils ist zu erkennen, dass der Kopf des geschlagenen Elamerkönigs hier Teil eines Rituals war, das offensichtlich die Libation auf das Haupt des besiegten Gegners als zentrales Element umfasste und somit Ähnlichkeiten zum Nachspiel der königlichen Jagd aufwies.237 Auf diese Weise stellte Aššur-bāni-apli einen Bezug zum stark kultisch geprägten Thema der königlichen Löwenjagd her.238 Dadurch präsentierte er sich als Beschützer Assyriens, der eine große Gefahr – in diesem Falle verkörpert von Te-Umman anstelle der ansonsten üblichen Löwen – abgewendet und somit die Kräfte des Chaos besiegt hatte.239 Die Ausstellung besiegter Feinde zeigte zudem, dass ein König all diejenigen bekämpfte, die sich im assyrischen Verständnis gegen die Weltordnung stellten. Außerhalb Zentralassyriens sollte dieses in mehreren Inschriften dokumentierte Vorgehen240 sicherlich dazu dienen, jeglichen Gedanken an einen Aufstand gegen die assyrische Oberherrschaft zu unterbinden.241 In der assyrischen Weltanschauung waren solche militärischen Erfolge jedoch dahingehend zu verstehen, dass der König all diejenigen bestrafte, die sich gegen den Willen der Götter stellten.242 Zugleich dehnte er die Grenzen der geordneten Welt aus und rettete sie vor einer immanenten Gefahr.243 Ein weiterer Hinweis auf Kulthandlungen an einem Stadttor liegt für das Tabīra-Tor von Aššur 234 RINAP 4: Esarhaddon 1, iii 39–42. 235 Reade 1979: 97. 236 RINAP 5/1: Ashurbanipal 3, vi 57–60. Siehe auch Weidner 1932–1933: 181. 237 Bonatz 2004: 96; Weissert 1997: 349–350. 238 Siehe hierzu Magen 1986: 34–35. 239 Zur Symbolik der Löwenjagd als Ausdruck der Beschützerfunktion des Königs siehe Maul 1995: 398–400. 240 Siehe z. B. RIMA 2: A.0.101.1, i 89–92; RINAP 1: TiglathPileser III 39, 9–10. 241 Fuchs 2009: 75–76. 242 Maul 2000: 21, 24. 243 Liverani 1979: 306–307; 2001: 32.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen vor. So scheint es wahrscheinlich, dass der dort aufgestellten Statue Salmānu-ašarēds III. (Eţ 4650; Abb. 31) regelmäßig Opfer dargebracht wurden.244 Zusätzliche Indikatoren für kultische Handlungen wären Altäre oder vergleichbare Installationen. Allerdings haben Ausgrabungen keine entsprechenden Befunde an zentralassyrischen Wehrbauten erbracht. Allenfalls der in der Reliefdarstellung Arbaʾils zwischen Haupt- und Zitadellenmauer abgebildete Altar (vgl. Abb. 91) könnte einen Indikator dafür darstellen.245 Aufgrund der noch sehr rudimentären Perspektivität der Darstellungen246 muss jedoch auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der Opfertisch lediglich an einer auf die Tore zuführenden Straße lag. Tatsächlich könnte er ebenso nur mit dem links daneben zu erkennenden kleinen Gebäude (womöglich ein Tempel?) assoziiert gewesen sein. Obwohl es also durchaus Evidenz für das Abhalten staatlicher Rituale an fortifikatorischen Bauwerken gibt, finden sich keinerlei Anzeichen dafür, dass die Struktur und Gestaltung zentralassyrischer Wehranlagen darauf ausgerichtet war, den oben beschriebenen Kulthandlungen als Veranstaltungsort zu dienen. Besondere Installationen, die sich mit solchen Ereignissen assoziieren ließen, wurden an keinem der hier behandelten Befestigungslemente festgestellt. Auch die dekorativen Elemente lassen sich nicht dazu heranziehen, Toranlagen als Austragungsort von staatlichen Ritualen zu identifizieren. Insbesondere die Torhüterfiguren wurden vor allem wegen ihrer apotropäischen Wirkung (vgl. Kap. 5.1.2.3) und ihrem repräsentativen Wert (vgl. Kap. 5.3.5) aufgestellt. Warum Stadttore als Ort der Inszenierung von Staatsritualen genutzt wurden, ist wohl in erster Linie auf ihre Lage innerhalb der städtischen Topografie zurückzuführen. Hinter oder zwischen Toranlagen befanden sich oftmals Freiflächen.247 Hier konnten sich größere Menschenmengen versammeln und an den durchgeführten Handlungen teilnehmen, ohne zusätzliche Barrieren passieren zu müssen, wie dies z. B. bei Aktivitäten in Palästen oder Tempeln der Fall gewesen wäre.248 Auch in anderen Regionen des Vorderen Orients waren insbesondere Stadttore in staatliche Rituale eingebunden. Für Babylonien lässt sich dies vor allem durch textliche Quellen nachweisen.249 Weitaus offensichtlicher ist dies jedoch in den weiter westlich gelegenen Regionen. Dort spiegelt sich die Assoziation von Stadttoren mit gesellschaftsrelevanten 244 Zur Funktion von Statuen als Orte, an denen geopfert wurde, siehe Mayer/Sallaberger 2003–2005: 94; Radner 2005a: 62–63. 245 Borchhardt/Bleibtreu 2011: 483. 246 Siehe hierzu Kap. 4 Fn. 2. 247 Vergleiche Halama 2011a: 152; Herzog 1986: 161. 248 Steinert 2011: 330. Siehe auch May 2014: 86. 249 Cancik-Kirschbaum 2011–2013: 87; May 2014: 89–90.

211

Kulthandlungen vor allem in Reliefs mit rituellen Szenen (z. B. südliches Stadttor von Samʾal)250 oder Denkmälern, wie dem in et-Tell am See Genezareth prominent am Eingang platzierten Kultbild.251 Des Öfteren belegt ist auch die Aufstellung monumentaler Rundbilder von Gottheiten – z. B. am südlichen Zitadellentor von Azatiwataya252 oder laut Katuwas Bericht an einem Tor von Karkamiš.253 Für Zentralanatolien ist darüber hinaus das im »Cappadocian Gate« von Kerkenes Dağı entdeckte Kultbild anzuführen.254 Auch im jünger-phrygischen Tor (Bauphase BK Ia) von Büyükkale in Ḫattuša wurden Reste eines Kultbildes gefunden.255 Zusätzlich waren Stadttore im levantinischen und späthethitischen Raum beliebte Orte für die Aufstellung von Herrscherstatuen.256 Im anatolischen Hochland wurden zudem in der Nähe von Toranlagen entdeckte Steinblöcke mit mehreren rundlichen Eintiefungen bisweilen als »Libationssteine« gedeutet.257

5.3.2 Bauliche Eigenschaften und Überdimensionierung

Naturgemäß eigneten sich Fortifikationen durch ihre grundlegenden Eigenschaften in besonderem Maße dazu, den König in seiner Funktion als Beschützer der Weltordnung – verkörpert durch die umwallten Städte – darzustellen. Durch die Errichtung oder Renovierung mächtiger Wehranlagen garantierte der Herrscher für die Sicherheit sowohl der Bewohner einer Siedlung als auch der darin gelegenen Bauwerke (z. B. Heiligtümer). Die Bedeutung dieses Aspekts deutet sich in besonderem Maße in den Prunknamen der Befestigungsmauern von Ninua (»Mauer, deren Schreckensglanz die Feinde niederwirft« und »welche die Feinde erschüttert«) an.258 Die monumentalen Dimensionen der Befestigungsanlagen können zudem als Aushängeschild des wirtschaftlich erfolgreichen Herrschers, der für Überfluss sorgt, gesehen werden. Diesbezüglich ist nochmals auf die bereits erwähnte Divergenz zwischen den Dimensionen und den wehrtechnischen sowie architektonischen Anforderungen von Stadtmauern und Toranlagen zu verweisen (vgl. Kap.  5.1.1.2). Dieser Beobachtung ist zu entnehmen, dass ein deutlich höherer Arbeitsaufwand in 250 Siehe u. a. Gilibert 2011: 60–61, 65–67; Orthmann 1971: 60–61. 251 Siehe Bernett/Keel 1998. 252 Çambel/Özyar 2003: 47–48, 114–115. 253 Hawkins 2000: A11a, §§16–20. Siehe hierzu auch Miller 2011–2013: 90. 254 Summers 2006: 649–652, Taf. 1; Osborne/Summers 2014: 294–295, Abb. 3, 5. 255 Neve 1982: 152–154. 256 Ussishkin 1989. Siehe hierzu auch Kap. 5.3.4. 257 Vergleiche Ussishkin 1975; Neve 1977–1978. 258 Halama 2018: 84–85.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

212

zugehöriger Prunkname

Text

Bezeichnung Tor

Transskription

Ort

SAA 1: 64, Rs. 5′–6′

Tor des Turmes der Völker

KÁ.GAL ša na-me-ri UN.MEŠ

Dūr-Šarrukīn ?

SAA 1: 55, Vs. 8′

Aššur-Tor

KÁ aš-šur

Aššur

›Aššur macht den Schlechten nieder‹ ist das Aššur-Tor

SAA 1: 165, 6′

Šamaš-Tor

KÁ.GAL dUTU

?

?

SAA 12: 50, Vs. 8

Ninua-Tor

KÁ-GAL ša URU.ni-nu-a

Arbaʾil

?

SAA 12: 50, Vs. 12

Ninua-Tor

KÁ-GAL šá NINA.KI

Kalḫu(?)

?

SAA 14: 155, Vs. 3

Haus des Šamaš-Tors É.KÁ.GAL dšá-maš

Ninua

›Enlil ist es, der die Regierung festigt‹, das ŠamašTor zum Lande Gagal

SAA 16: 100, Rs. 10 Mittleres Tor

KÁ.GAL qab-si-te

Aššur

?

SAA 16: 100, Rs. 11 Äußeres Tor

KÁ.GAL ša qa-ni

Aššur

?

SAA 20: 5, 8

KÁ.GAL aš-šur

Aššur

›Aššur macht den Schlechten nieder‹ ist das Aššur-Tor

CTN 2, 193: Vs. 5–6 Ḫalzi -Tor

KÁ.GAL ša KUR ḫal-zi

Kalḫu(?)

?

Radner 1999: Text 18, Vs. 5

KÁ.GAL ti-sa-ri

Aššur

›Es ist nicht erlaubt sich nicht zu unterwerfen‹ ist das Tisarru-Tor

Aššur-Tor

Tisarru-Tor

Abb. 180: Zusammenstellung von Bezeichnungen von Toranlagen in neuassyrischen Briefen und Urkunden.

Kauf genommen wurde, als es aus realpolitischen Überlegungen notwendig gewesen wäre. Dieses Phänomen lässt sich in unterschiedlichen Maßstäben auch in anderen baulichen, sozialen und chronologischen Kontexten im alten Vorderasien beobachten. Insbesondere in der gehobenen Wohn- und der Palastarchitektur finden sich oftmals Mauern mit Breiten, die weit über die statischen Ansprüche hinausgingen und sehr gezielt innerhalb von Gebäuden platziert wurden. Dies legt den Schluss nahe, dass auf diese Weise versucht wurde, »Würde durch Volumen auszudrücken«, wie es E.  Heinrich und U. Seidl formulierten.259 Ähnlich zu anderen Gattungen von Monumentalbauten wie Tempeln oder Palästen konnten also auch Befestigungsmauern dazu dienen, die wirtschaftliche und politische Macht eines Staates und damit auch seiner Machthaber nach außen zu kommunizieren.260 Wie bereits S. Halama erkannte, lässt sich dieses Vorgehen als eine Art der conspicuous consumption ansprechen.261 Gemäß dieser Annahme wären die extremen Ausmaße der Befestigungsanlagen der neuassyrischen Residenzstädte vor allem als Ausdruck wirtschaftlichen Erfolgs zu se-

259 Heinrich/Seidl 1968: 14. 260 Vergleiche Trigger 1990: 121–122. 261 Halama 2011b: 283.

hen, denn um solch starke Mauerringe zu schaffen, musste ein Staat bzw. dessen Oberhaupt nicht nur über genügend Arbeitskräfte, sondern auch über entsprechende finanzielle Mittel verfügen.262 Dazu passt, dass die Toranlagen aus der spätassyrischen Zeit, als das Neuassyrische Reich seine volle Blüte erreichte, deutlich größer waren als die älteren Anlagen aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. (vgl. Abb. 161). Dies ist jedoch kein rein assyrisches Phänomen. Beispielsweise waren etwa die Mauern des altbabylonischen Ešnunna (Tall Asmar) und Tall Agrab, Mound A im Diyala-Gebiet laut den Ausgräbern 11 m bzw. 13 m stark.263 Mari am mittleren Euphrat war zu etwa der gleichen Zeit mit einer 7 m starken äußeren und einer bis zu 10 m breiten inneren Stadtmauer ausgestattet.264 Auch in der Levante finden sich ähnlich mächtige Mauern.265 An den 9,5 m bzw. 7,8  m breiten Kastenmauern von Karahöyük und Ḫattuša zeigt sich, dass auch in Anatolien im 2. Jahrtausend v. Chr. besonders starke Mauern möglich waren.266 Extrem große Toranlagen entstanden ebenfalls schon vor der neuassyrischen Zeit bzw. 262 Trigger 1990: 125. 263 Delougaz/Hill/Lloyd 1967: 199, 267. 264 Margueron 2014: 41–42. 265 Siehe Kempinski 1992a: 127. Vergleiche auch Burke 2008: 60, Tab. 7. 266 Vergleiche Naumann 19712: 252–254.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen außerhalb des Kerngebiets des Reiches. So bedeckte das Stadttor von Megiddo aus dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. eine Fläche von ca. 1200 m². Das Löwenund das Königstor von Ḫattuša, welche in die zweite Hälfte des 2.  Jahrtausends  v.  Chr. datieren, waren immerhin jeweils ca. 400 m² groß. Das Südwesttor von Ebla aus dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. war sogar über 550 m² groß (vgl. Abb. 163). Es scheint sich daher um ein universelles Phänomen zu handeln, das mit positiven politischen Entwicklungen zusammenhing. Monumentale Befestigungsanlagen waren eine Methode, um wirtschaftlich-politischen Erfolg zur Schau zu stellen.

5.3.3 Vergabe von Prunknamen

Ein weiteres Mittel, das dazu diente, den repräsentativen Wert von zentralassyrischen Befestigungselementen zu erhöhen, waren die Namen, mit denen einige von ihnen belegt wurden. Diese sehr ausführlichen Benennungen werden aufgrund ihres überaus pathetischen Inhalts auch als Prunk- oder Zeremonialnamen bezeichnet. Listenartige Aufzählungen solcher Namen haben sich für die Festungswerke von Aššur, Ninua und Dūr-Šarrukīn erhalten (vgl. App. I). Wenngleich es Indizien für die Existenz von Tornamen auch im hethitischen267 und mittanischen268 Bereich gibt, sind den neuassyrischen Zeremonialnamen vergleichbare Bezeichnungen nur im mesopotamischen Raum belegt. Auch die Benennung der Torlöwen von Kar-Salmānu-ašarēd durch Šamšī-īlu unterschied sich dahingehend von der Praxis in Zentralassyrien, dass die Torhüterfiguren selbst anstelle des Torbaus einen Namen erhielten.269 Die Prunknamen neuassyrischer Wehranlagen waren die Fortsetzung einer Tradition, die sich bereits ab dem späten 3. Jahrtausend v. Chr. in Babylonien in Form der bereits erwähnten Zuschreibungen von Schutzgottheiten (Kap.  5.1.2.2) fassen lässt. Vor allem im frühen 2. Jahrtausend v. Chr., d. h. der IsinLarsa- und der altbabylonischen Zeit, finden sich viele solcher Bezeichnungen für Stadtmauern.270 Wann sich dieser Usus in Assyrien etablierte, lässt sich nicht sicher sagen. Prunknamen für assyrische Monumentalbauten sind bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. belegt. Beispielsweise taufte Tukultī-Ninirta  I. den von ihm errichteten Neuen Palast in Aššur »Haus des Königs der Welt« (É.LUGAL.UMUN.KUR.KUR.RA bzw. É.LUGAL.KUR. KUR.RA).271 Das erste konkrete Anzeichen für die Verwendung von Zeremonialnamen für assyrische Wehrbauten ist die »Stadtbeschreibung« Aššurs aus der Zeit Salmānu-ašarēds  III. (vgl. App. I.1). 267 Vergleiche Börker-Klähn 1983; Neve 1976. 268 Siehe Negri Scafa 1998: 141–151. 269 Vergleiche RIMA 3: A.0.104.2010; Roobaert 1990. 270 Siehe zusammenfassend Dalton 1983. 271 RIMA 1: A.0.78.3, 30.

213

Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Wehrbauten auch zuvor schon mit ausführlicheren Namen bedacht wurden, diese Bezeichnungen in den erhaltenen Inschriften aber nicht benutzt wurden. Dafür spricht, dass sich die Kurzformen vieler neuassyrisch belegter Tornamen von Aššur auch schon in Dokumenten aus dem 2.  Jahrtausend  v.  Chr. finden (vgl. Kap.  3.1.6). Ebenso möglich ist, dass die bereits seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. bestehenden, kurzen Tornamen unter Salmānu-ašarēd  III. erstmals zu Prunknamen nach babylonischem Vorbild erweitert wurden. Die Zeremonialnamen sind von den im zeitgenössischen Sprachgebrauch üblichen Bezeichnungen der Wehranlagen, wie sie in Briefen, Urkunden und ähnlichen Dokumenten verwendet wurden, zu unterscheiden (Abb. 180).272 Letztere scheinen jedoch in der Regel von den Prunknamen inspiriert gewesen zu sein. Es ist also anzunehmen, dass die Bevölkerung zumindest über ein peripheres Wissen der Prunknamen verfügte. Die Textträger, auf denen die Zeremonialnamen in ihrer vollständigen Fassung festgehalten wurden, waren den meisten Personen zwar nicht zugänglich. Die Tradierung der Namen könnte aber sehr wohl mündlich geschehen sein. Ausgangspunkt könnte eine der weiter oben bereits erwähnten öffentlichen Rezitationen der betreffenden Inschriftentexte gewesen sein (vgl. Kap. 5.3.1). In anderen Fällen war die Bezeichnung vermutlich auch naheliegend, insbesondere wenn sie einen topografischen oder geografischen Bezug ausdrückte. Beispielsweise dürfte die Verortung eines ŠamašTors an der Ost- oder Südseite der Stadt selbsterklärend gewesen sein.273 Aus den Auflistungen der Zeremonialnamen allein hätten sich die Befestigungsanlagen allerdings nicht identifizieren lassen. Selbst wenn die Inschriften auf Statuen274 oder auf in den Torportalen aufgestellten Stierkolossen275 angebracht und somit zugänglich waren, wäre eine Spezifizierung beispielsweise durch eine Hervorhebung oder eine Voranstellung des Namens der zugehörigen Toranlage in der jeweiligen Auflistung erforderlich gewesen. Unabhängig vom Aufbewahrungsort der Inschriftenträger blieb die Reihenfolge der Prunknamen jedoch konstant (vgl. hierzu App. II.4). Dass der Inhalt der Zeremonialnamen neuassyrischer Verteidigungsbauten vor allem dazu diente, eine bestimmte Programmatik zum Ausdruck zu 272 Radner 2005a: 42. Nicht aufgelistet sind hier Fälle, in denen keinerlei Spezifizierung der Toranlage vorgenommen wurde und lediglich auf ein Stadttor (KÁ.GAL) bezug genommen wurde (siehe z. B. SAA 13: 33). 273 Vergleiche Halama 2018: 87. 274 Siehe z. B. RIMA 3: A.0.102.25 (= App. I.1; Abb. 10). Zu den Zweifeln, ob diese Skulptur tatsächlich am TabīraTor gestanden hatte, siehe Kap. 3.1.2.5. 275 Siehe z. B. Fuchs 1994: Stier, 79–92.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

bringen, arbeitete bereits B.  Pongratz-Leisten heraus. Sie unterschied hierbei zwischen: a. politisch-ideologischem und/oder theologischem b. funktionalem oder stadttopografischem sowie c. geografischem Bezug im Kern der jeweiligen Bezeichnung.

Dabei reflektiert die Gewichtung der thematischen Referenzen in den Namen der Wehranlagen einer Stadt die historischen Hintergründe ihrer Entwicklung oder Gründung. Vor allem in Dūr-Šarrukīn überwogen Bezeichnungen mit politisch-ideologischem und theologischem Hintergrund, was wohl auf die Natur der Siedlung als Neugründung zurückzuführen ist. In Ninua hingegen spielten auch geografische Aspekte eine große Rolle, was im Lichte der hegemonialen Machtstellung des Neuassyrischen Reiches zur Zeit Sîn-aḫḫē-erības zu verstehen ist. In Aššur wiederum wurden vor allem siedlungsinterne Merkmale betont. Dies dürfte der überregionalen kultischen Bedeutung bestimmter Bauwerke und der langen Geschichte der Siedlung geschuldet sein.276 Wie schon bei den Beobachtungen zu den Schutzgottheiten betont wurde, ist ein Muster, nach dem bestimmten Befestigungselementen ihre Prunknamen zugeordnet wurden, nicht zu erkennen (vgl. Kap.  5.1.2.2). Vermutlich dürfen die Zeremonialnamen aber ohnehin nicht einzeln betrachtet werden. Die Liste als solche war integraler Bestandteil der Königsinschrift, deren Hauptanliegen darin bestand, das Bauprojekt und den Bauherren – d. h. den König und somit den Staat – als von den Göttern begünstigt und somit legitim darzustellen. Das zentrale Anliegen war die enge Verknüpfung zwischen den obersten Gottheiten des Pantheons und dem König bzw. wichtigen Aspekten des assyrischen Königtums. Am deutlichsten tritt dies in den Zeremonialnamen Dūr-Šarrukīns zutage (vgl. App. I.6).277

5.3.4 Zeitlose Aushängeschilder

Im Sinne der assyrischen Weltanschauung bewies ein König mit der Schaffung von Fortifikationen, dass er sich in seiner Rolle als Bauherr um den Schutz der Horte der Zivilisation kümmerte und sie sogar noch prächtiger machte.278 Die den Wehranlagen zugedachte repräsentative Funktion sollte dabei nicht nur von zeitgenössischen Bewohnern und Besuchern der zentralassyrischen Städte wahrgenommen werden. Ihre Errichtung war zugleich 276 Vergleiche Pongratz-Leisten 1994: 29–30, Tab. 4. 277 Vergleiche hierzu Lackenbacher 1982: 69–73; Pongratz-Leisten 1994: 30; Halama 2011b: 279–280. 278 Vergleiche Novák 2017: 72.

ein Statement gegenüber den Göttern und künftigen Generationen. Abgesehen davon, dass Passagen, die sich auf die Errichtung von Wehrbauten bezogen, oftmals Teil annalistischer Königsinschriften bildeten,279 lässt sich dies vor allem an den in Befestigungselementen deponierten Gründungsinschriften erkennen. Die Niederlegung solcher Texte war ein üblicher, von Ritualen begleiteter Schritt bei der Errichtung von öffentlichen Gebäuden.280 Die in den fortifikatorischen Bauwerken verbauten Schriftträger (App.  II.4) dienten vor allem dazu, die Renovierung oder Gründung eines spezifischen Gebäudes als das ruhmreiche Werk des jeweiligen Bauherren auszuweisen. Dadurch konnte der Name des Bauwerkstifters und somit ein wesentlicher Bestandteil seines Wesens über den physischen Tod hinaus weiterexistieren.281 Dies zeigt sich darin, dass sich die auf den verschiedenen Objekten festgehaltenen Texte entweder spezifisch auf das jeweilige Bauprojekt bezogen oder dass sie nur den Namen des Bauherren nannten. Eine wichtige Artefaktgruppe bilden die vor allem aus Aššur bekannten, bisweilen glasierten Wandnägel (sikkātu) aus Terrakotta.282 Die auf einigen dieser Objekte festgehaltenen Keilschrifttexte weisen sie in erster Linie als Gründungsurkunden aus,283 denen zusätzlich ein votiver Aspekt zugesprochen werden kann.284 Die typologische Varianz der zumeist pilzförmigen (d.  h. gerader Schaft, der an einem Ende in einem rundlichen Kopf endet) Wandnägel ist beschränkt.285 Allerdings lassen sich durchaus Unterschiede in der Art der Beschriftung feststellen.286 Der folgende Text aus der Regierungszeit Salmānuašarēds III. illustriert, dass den sikkātu in Assyrien eine große Bedeutung beigemessen wurde: »For his life and the well-being of his [city], its wall and gates which previously (other) kings who preceded me had built — it (the wall) had become dilapidated and I completely rebuilt it from top to bottom. I deposited my clay cones [sikkātu]. May a later prince restore its ruined (portions) (and) return my inscription to its place. (Then) the gods Aššur (and) Adad, the

279 Zum Aufbau assyrischer Königsinschriften vgl. Frahm 1997: 37; Renger 1980–1983: 73–74; Schramm 1973. 280 Ambos 2004: 75. Zu den mit der Errichtung von Wehrbauten assoziierten Bauritualen siehe Kap. 5.1.2.1. 281 Vergleiche hierzu insb. Radner 2005a: 90–91, 96–98, 130, 140–141, 272–273. Siehe auch Ellis 1968: 166; Frahm 1997: 36. 282 Eine eingehende Studie zu diesen Objekten bietet Nunn 2006. 283 Ellis 1968: 84–85; Hallo 1962: 5. 284 Nunn 2006: 66. 285 Siehe Andrae 1913a: 6–7, Taf. 79–81; Nunn 2006: 20– 21, Taf. 8–10. 286 Siehe hierzu die Zusammenstellungen bei Donbaz/ Grayson 1984: 27–53; RIMA 3: A.0.102.44; Jakob-Rost 1982.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen great gods, will listen to his prayers. May he return my clay cone to its place.«287 Tonnägel an Monumentalbauten anzubringen bzw. in ihren Fundamenten zu vergraben, stellte eine aus Südmesopotamien stammende Tradition dar, die womöglich auf die späturukzeitlichen Tonnägel an den Monumentalbauten Uruks zurückging.288 Ihre symbolische Bedeutung als Gründungsbeigaben etablierte sich jedoch vermutlich erst im 3. Jahrtausend v. Chr. aus ökonomischen Praktiken der Besitzanzeige.289 In Assyrien lässt sich diese Praxis speziell in Aššur im 2. Jahrtausend v. Chr. gut belegen.290 Salmānu-ašarēd III. scheint der letzte neuassyrische Herrscher gewesen zu sein, der solche Objekte an Wehranlagen anbringen bzw. niederlegen ließ. Wie eine Reihe von Funden z. B. aus dem Šarru-ukīn-II.zeitlichen Zustand des Aššur-Tempels belegen, verschwand diese Tradition aber nicht aus der neuassyrischen Architektur.291 Ob man sich die an neuassyrischen Wehranlagen entdeckten Wandnägel, wie von W. Andrae vermutet, im oberen Mauerbereich knapp unterhalb der Zinnen angebracht vorstellen muss, lässt sich mangels aussagekräftiger Befunde nicht sagen.292 Die meisten dieser Objekte fanden sich im Schutt vor der Stadtmauer von Aššur. Es ist nicht auszuschließen, dass sie, analog z. B. zum Befund an der nordwestlichen temenos-Mauer des Gula-Tempels von Isin,293 im Mauerwerk des jeweiligen Wehrbaus niedergelegt worden waren. Sie könnten jedoch auch im oberen Bereich der Befestigungsmauern angebracht gewesen sein, wie es beispielsweise im Palast von Nuzi bezeugt ist.294 Doch selbst dann dürften die verhältnismäßig kleinen Zeichen der auf ihnen festgehaltenen Inschriften kaum lesbar gewesen sein, wenn sie nicht ohnehin vom Wandverputzt überdeckt waren.295 Von den Tonnägeln abgesehen wurden Texte, die die Erneuerung oder Konstruktion eines Befestigungselements kommemorierten, auch auf verschiedenen Bauteilen angebracht, so beispielsweise auf Türangelsteinen, Orthostatenplatten, gebrannten Ziegeln und Steinblöcken sowie Torwächterfiguren (vgl. App. II.4). Ähnlich zur Situation bei den Tonnägeln waren viele dieser Inschriften mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zugänglich, so beispielsweise die, die auf Rückseiten von Orthostatenplat287 RIMA 3: A.0.102.42, 4–13. 288 Andrae 1923: 29; 19772: 208. 289 Für kritische Diskussionen zur Entwicklung des Konzepts siehe Ellis 1968: 82–91; Kraus 1947: 79–88. 290 Vergleiche hierzu Andrae 19772: 208; Nunn 2006: 67– 69. 291 Siehe Nunn 2006: Tab. 6.7. 292 Vergleiche Andrae 1913a: 7. 293 Siehe Hrouda 1992: 31, Taf. 18.1. 294 Starr 1937/9: 150; Abb. 21. 295 Vergleiche Radner 2005a: 143–144.

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ten an den Stadttoren von Ninua angebracht waren (vgl. Kap.  3.7.3.4). Davon abgesehen ist selbst bei den nicht im Verborgenen liegenden Texten fraglich, wie groß der Teil der Bevölkerung war, der sie vollumfänglich entziffern und verstehen konnte.296 Die Lesbarkeit der Inschriften war aber ohnehin von sekundärer Bedeutung, da sie ihren vorrangigen Zweck, die »Wesenserhaltung des Individuums«, wie K. Radner es bezeichnete, auch im Verborgenen entfalten konnten.297 Das öffentliche Vorlesen der Inschriftentexte (vgl. Kap.  5.3.1) widersprach dem keineswegs, sondern ist vielmehr als eine unterstützende Maßnahme zu sehen, mit der die zeitgenössischen Untertanen in diesen Prozess einbezogen werden konnten. Eine solche Rezitation des Inschriftentextes könnte auch dazu gedient haben, eine orale Tradierung des Inhalts innerhalb der Bevölkerung anzustoßen. Zudem spricht die Verteilung der einzelnen Vertreter eines Textes, die teilweise an verschiedenen Orten gefunden wurden (vgl. App.  II.4), dafür, dass E. Frahm folgend Kopien von Bauinschriften in »bestimmten Gebäuden ›archiviert‹ [wurden]. Sie konnten somit auch von einzelnen Zeitgenossen des Königs studiert werden, und wenigstens der Elite am Hof dürfte ihr Inhalt bekannt gewesen sein.«298 Zu den in Befestigungsanlagen integrierten beschrifteten Gründungsbeigaben sind darüber hinaus Tafeln aus Stein oder wertvollen Materialien zu erwähnen, von denen einige in beschrifteten Kisten und Kapseln aus gebrannten Ziegeln oder Stein niedergelegt waren.299 Ein Beispiel für diese im assyrisch-babylonischen Raum weit verbreitete Sitte300 ist die »šalḫû-Urkunde« Salmānu-ašarēds  III., die vermutlich als Aufbewahrungsort für ein inzwischen verlorenes Schriftdokument nebst einigen Streugaben (vgl. Kap. 3.1.2.5; Kap. 5.1.2.3) diente. Die Bauinschriften, die bei der Freilegung der hier behandelten Fortifikationen entdeckt wurden, bestätigen zudem, dass die Bewahrung der Erinnerung an Bautätigkeiten an Wehrbauten ein zentrales Anliegen der Anführer des Neuassyrischen Reiches war. Dadurch erklärt sich die in der bereits zitierten Tonnagelinschrift Tukultī-Ninurtas  II. erkennbare Bedeutung, die dem korrekten Umgang mit Bauinschriften vorangegangener Könige beigemessen wurde (vgl. Kap.  5.1.2.1).301 Salmānu-ašarēds  III. Auflistung mehrerer Könige, die sich vor ihm um die Errichtung oder Instandhaltung der Stadtmauer von Aššur verdient gemacht hatten, demonstriert darüber hinaus, dass das Wissen um die Chronologie der 296 Zur Frage des Grads der Alphabetisierung altorientalischer Gesellschaften siehe Charpin 2010. 297 Radner 2005a: 130. 298 Frahm 1997: 36. 299 Rashid 1957–1971: 660. 300 Für einen Überblick siehe Ellis 1968: 94–107. 301 Siehe hierzu auch Ambos 2004: 75.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

Baumaßnahmen an Verteidigungsbauwerken aktiv gepflegt wurde: »At that time the ancient wall of my city, Aššur, of New City, which had been built previously by Puzur-Aššur (III), son of Aššurnārārī (I), Adadnārārī (I), son of Arik-dīn-ili, Tukultī-Ninurta (I), son of Shalmaneser (I), (and) Tiglath-pileser (I), son of Aššur-rēša-iši (I), kings who preceded me: this wall had become dilapidated and I removed its damaged (portions), digging down to its foundation in bedrock.«302

Während die Könige des Neuassyrischen Reiches also das Niederlegen von Texten als bewährtes Mittel nutzten, um sich mit einem Befestigungselement auf ewig zu assoziieren, verzichtete man an den Fortifikationen zugleich bemerkenswerterweise weitgehend auf bildliche Darstellungen des Herrschers. Lediglich für die Regierungszeit Salmānuašarēds III. ist die Aufstellung einer Statue (Abb. 31) am Tabīra-Tor von Aššur mit einiger Sicherheit anzunehmen (vgl. Kap. 3.1.2.5). Die Absenz von Rundbildern ließe sich zwar noch mit der allgemein verhältnismäßig raren Nutzung dieses Mediums in neuassyrischer Zeit erklären,303 doch finden sich auch in den schriftlichen Quellen keine entsprechenden Hinweise auf alternative Darstellungsweisen. Soweit es sich beurteilen lässt, scheinen die neuassyrischen Herrscher mit Ausnahme Salmānu-ašarēds III. bewusst keine Bildnisse ihrer selbst an den Befestigungsanlagen zentralassyrischer Siedlungen angebracht zu haben, obwohl sich diese Bauwerke aufgrund ihrer ständigen Präsenz im Alltag der Menschen dafür angeboten hätten (vgl. Kap. 5.2.6). Dies stellt einen markanten Unterschied zur Praxis in eroberten Städten dar. Die im Burgtor Samʾals installierte Stele Aššur-aḫa-iddinas sowie die wahrscheinlich ursprünglich in vergleichbarer Position aufgestellten ähnlichen Bildwerke aus Kār-Salmānu-ašarēd zählen zu den berühmtesten Beispielen hierfür.304 Ein weiterer Fall wurde auf einem in Raum 2 des königlichen Palastes von DūrŠarrukīn angebrachten Relief festgehalten: Darauf wurde eine wohl am Stadttor der von den Assyrern angegriffenen Stadt [T]ikrakka im Zagros aufgestellte Stele, auf der ein assyrischer Herrscher zu sehen ist, dargestellt.305 Šarru-ukīn  II. erwähnte zudem, sein »königliches Bildnis« (ṣalam šarrūtīja) in der Stadt Kišesim, welche er in Kār-Nergal umbenannte, errichtet zu haben.306 302 RIMA 3: A.0.102.10, iv 40–48. 303 Orthmann 1975: 289–290. 304 Börker-Klähn 1982: 212–213, Abb. 217–219; Porter 2000. 305 Siehe hierzu Russell 1999: 115–116. 306 Fuchs 1994: Ann, 95.

Diese Situation spiegelt den Umstand wider, dass bildliche Repräsentationen in Zentralassyrien und solche, die an den Stadttoren eroberter Städte installiert wurden, an unterschiedliche Zielgruppen gerichtet waren. In den Provinzen des Reiches ging es für die assyrischen Könige einerseits darum, ihren Erfolg als Eroberer bzw. Verbreiter der Weltordnung zu dokumentieren,307 andererseits galt es den hinzugewonnenen Untertanen die neuen Machtverhältnisse einprägsam vor Augen zu führen. Auf diese Weise sollten Gedanken an Rebellionen im Keim erstickt und die neuen Mitglieder des Reiches gefügig gemacht werden.308 Nicht zu unterschätzen ist zudem, dass das Aufstellen von Herrscherrepräsentationen an Stadttoren vor allem in den Regionen westlich des assyrischen Kernlands eine lange Tradition hatte. Im levantinischen und späthethitischen Raum gibt es eine beträchtliche Anzahl von Belegen steinerner Bildnisse lokaler Herrscher, von denen einige bereits aus der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. stammen.309 Für die erste Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. ist beispielsweise auf die im »Löwentor« von Melīdu310 oder dem South Gate von Karkamiš311 entdeckten Herrscherdarstellungen zu verweisen. In beiden Fällen lässt sich aufgrund von für die Aufstellung der Statuen vorgesehenen Plinthsteinen mit großer Sicherheit annehmen, dass die Statuen innerhalb der Torkammern gestanden hatten. Wie insbesondere Aššur-aḫa-iddinas Stele aus dem Burgtor von Samʾal (siehe oben) zeigt, bedienten sich die Assyrer in den Provinzen ebenfalls dieser Praxis, die ihnen gleichermaßen dabei half, sich in die Tradition der lokalen Herrscher zu stellen und die intendierte Botschaft effizient zu vermitteln.312 Im assyrischen Kernland war dies in dieser Form nicht notwendig. Zwar musste auch das Volk in Zentralassyrien von der Idee des Staates überzeugt werden, doch bediente man sich hier dafür vor allem großer gemeinsamer Feste (z. B. Prozessionen).313 Königsbilder standen hingegen nur sehr selten an verkehrsreichen Stellen innerhalb einer Siedlung. U. Magens Zusammenstellung der Aufstellungsorte solcher Denkmäler zeigt, dass diese nur selten an Plätzen positioniert wurden, die der breiten Öffentlichkeit zugänglich waren. Meistens befanden sie sich in Tempeln, Palastkomplexen oder zitadellenähnlichen Bereichen.314 In Zentralassyrien scheint es also prinzipiell nicht als notwendig erach307 Vergleiche Liverani 2017a: 92–94. 308 Porter 2000: 176. 309 Ussishkin 1989. 310 Delaporte 1940: 35–38, Taf. 12, 15, 26–31. 311 Woolley 1921: 92, Taf. 12, 27.a. 312 Vergleiche hierzu Porter 2000. 313 Vergleiche Liverani 2017a: 88–90. 314 Vergleiche hierzu die tabellarische Aufstellung in Magen 1986: 137–169.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen tet worden zu sein, die Bevölkerung durch bildliche Repräsentationen daran zu erinnern, dass sie das Vorhandensein eines Befestigungselements (bzw. eines öffentlichen Gebäudes allgemein) dem König und somit dem assyrischen Staat zu verdanken hatten. Es war schlechthin »common knowledge«.

5.3.5 Ähnlichkeiten zwischen neuassyrischer Palast- und Torarchitektur

Eine weitere Option für die assyrischen Könige, sich mit den Wehranlagen zu assoziieren, könnte in der architektonischen Gestaltung der Toranlagen bestanden haben. In seinem Werk »Das Gotteshaus und die Urformen des Bauens im Alten Orient« stellte W.  Andrae die These auf, der Ursprung des Grundrisses neuassyrischer Toranlagen entstamme den Cellae babylonischer Tempel, was er insbesondere aus der Gestaltung der Torkammern als Breiträume schloss.315 Bei genauerer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass neuassyrische Toranlagen konzeptionell sehr starke Bezüge zu den Kernelementen von Residenzen und Palästen aufweisen: den Empfangsraum- und Thronsaalgruppen. Letztgenannte Raumkomplexe bestanden aus mehreren Räumen, die auf eine spezifische Weise miteinander verbunden waren. Das Herz war der breitgelagerte Empfangs- oder Thronsaal, der von seinen Längsseiten aus betreten wurde.316 Oftmals hob sich der zentrale, einem großen Hof des äußeren Palastteils zugewandte Zugang zu diesem wichtigsten Raum gegenüber möglichen »Seiteneingängen« durch seine Breite und Gestaltung, im Falle von Thronsälen auch gerne durch Flankierungstürme,317 ab. An den Kernsaal angeschlossen waren weitere Räume. Hierzu zählten ein dem Palastinneren zugwandtes »Hinterzimmer«, eine Nasszelle mit wasserdichtem Boden und ein Treppenhaus, das in der Regel an einer der Schmalseiten des Primärraums angegliedert war.318 315 Andrae 1930: 16. 316 Siehe u. a. Heinrich 1984: 190; Kertai 2015a: 185; Turner 1970b: 183. 317 Miglus 1999: 163. 318 Das bisweilen als zwischen Thronsaal und Treppenhaus geschaltete »Vorzimmer« (Heinrich 1984: 194; Turner 1970b: 182, 189) ist diesbezüglich m. E. zu vernachlässigen, zumal es sich oftmals nicht um einen klar definierbaren Raum handelt. Dies lässt sich vor allem daran erkennen, dass die Zugänge zu diesen Räumlichkeiten aus dem Thronsaal wesentlich breiter als die in das dahinter gelegenen Treppenhaus waren (Heinrich 1984: 190; Turner 1970b: 189) und auch keine Hinweise auf eine Verschlussvorrichtung gegenüber dem Thronsaal aufwiesen. Daher ist eventuell der von amerikanischen Ausgräbern Dūr-Šarrukīns gewählte Ausdruck »alcove« (Loud/Altman 1938: 11) treffender. Diese Bereiche wären dann als Erweiterungen des Thronsaals und nicht als eigenständige Kammern anzusehen.

217

Interessanterweise ergeben sich mehrere Parallelen zwischen neuassyrischen Empfangsraumgruppen und Toranlagen. Zum einen ist festzuhalten, dass Thronsäle und Torkammern ähnliche Relationen von Breite zu Tiefe der Räume aufweisen (Abb. 181). Zum anderen entsprach sich die Anordnung der Räume weitgehend. Besonders beachtenswert ist, dass in beiden Fällen Treppenhäuser an die Primärräume angeschlossen und auch nur von diesen aus zu erreichen waren (Abb. 182). Diese Parallele ist nicht zuletzt wegen der Seltenheit und der offensichtlich sehr gezielten Positionierung von Treppenhäusern in der neuassyrischen Architektur als bedeutsam zu erachten.319 Zusätzlich ergibt sich damit ein entscheidender Unterschied zu Verbindungstoren in neuassyrischen Palästen, die unterschiedliche Hofbereiche miteinander verbanden (vgl. z. B. Abb.  183.a–b). Letztere waren ebenfalls mit breitgelagerten Torkammern ausgestattet, doch fehlte ihnen der direkte Zugang zum Treppenhaus. Dieser befand sich entweder in einem angrenzenden, aber nicht direkt verbundenen Raum oder andernorts im Bereich der angrenzenden Hofanlagen. In jedem Fall musste das Verbindungstor immer vollkommen durchschritten werden, um zur Treppe zu gelangen. Selbiges traf auch auf die großen Breiträume zu, die in neuassyrischen Heiligtümern als Scharniere zwischen unterschiedlichen Hofbereichen dienten (vgl. z. B. Abb. 183.c–d). Weitere Aspekte unterstreichen die Verbindung zwischen Thronsaalgruppen und Stadttoren in der neuassyrischen Architektur – beispielsweise die Dekorationen der Tore. Insbesondere die Anbringung von reliefierten und einfachen Orthostatenplatten stellt ein Element dar, das sich im Kontext der neuassyrischen Architektur vor allem an Stadttoren und Palästen findet. Die sehr standardisierte Auswahl an ikonografischen Motiven an den Stadttoren, welche sich aus einem Stierkoloss und einem dahinter aufgestellten Relief eines Genius zusammensetzte (vgl. Abb. 159), ist in erster Linie aus der Palastarchitektur bekannt.320 Dort wurden diese Figuren primär dazu eingesetzt, den Weg durch die repräsentativen Teile eines Monumentalbaus anzudeuten.321 In diesem Sinne wurden die Stadttore der zentralassyrischen Residenzen wie wichtige Portale innerhalb der königlichen Paläste behandelt.322 In Dūr-Šarrukīn tritt die Verbindung zwischen König und Torbauten besonders deutlich zu Tage. Von besonderem Interesse sind dabei die in Tor  1

319 Vergleiche Kertai 2015a: 208–209, 215–216; Miglus 1999: 140–141, 154. 320 Kolbe 1981: 2, 14. 321 Danrey 2004: 133. Dies lässt sich auch aus Kertais (2015a: 204) Beobachtung, besonders die mittleren Durchgänge wichtiger Raumgruppen in neuassyrischen Palästen seien mit apotropäischen Figuren und Torkolossen betont worden, schließen. 322 Kolbe 1981: 2.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

218

5:1

60

4:1

50

3:1

Breite (m)

40

30 2:1

20

1:1 10

0

2 Torkammern

4

6

8

Thron- und Empfangsäle

10

12

14

Haupträume und große Suiten

Tiefe (m) Abb. 181: Vergleich der Relationen von Breite zu Tiefe bei großen Raumeinheiten in der neuassyrischen Architektur (vgl. App. II.5).

gefundenen Reliefbruchstücke. Wie in Kap. 3.9.2.3 erwähnt, berichtete V. Place, Reste eines hinter den im zentralen Durchgang positionierten Stierkolossen aufgestellten Reliefs mit Darstellung einer männliche Figur mit einem kleinen Löwen im Arm gefunden zu haben (vgl. Abb. 127). P. Albenda bezeichnete dieses Motiv als »Royal Emblem«, weil es sich in Dūr-Šarrukīn ansonsten nur am Königspalast an den Hauptdurchlässen der Fassaden A323 (Haupteingang) und n324 (Eingang des Thronsaals) fand.325 Eine ähnliche Figur schmückte auch den Eingang des Thronsaals des Südwestpalastes in Ninua.326 Zwar ist, wie D. Kertai betonte, zwischen der sechslockigen Figur mit kurzem Rock und dem Menschen 323 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 46–47. 324 Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 7, 41. 325 Albenda 1986: 52, 101–102. 326 Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 20.8.

mit normaler assyrischer Haartracht und langem Gewand zu unterscheiden,327 doch unterstützte die sehr gezielte Platzierung dieser Darstellungen an äußerst prominenten Positionen wie Palasteingängen oder Thronraumfassaden die Beziehung zwischen Stadttor 1 und Šarru-ukīns II. Palast von DūrŠarrukīn. Dies sollte natürlich nicht über die Unterschiede zwischen Stadttoren und Thronsälen hinwegtäuschen. Vor allem die Rolle ersterer als Durchgangszimmer, im Gegensatz zu letztgenannten als Kern eines Gebäudes, ist hervorzuheben. Kennzeichnend hierfür ist, dass die Durchgänge in Toranlagen axial angelegt waren, während die Zugänge entlang der Längsseiten von Thron- und Empfangssälen stets versetzt lagen. Die Position des Thrones, des Fokuspunktes dieser Räume, deutet sogar eine Er327 Kertai 2015b: 329.

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5 Funktionen zentralassyrischer Befestigungsanlagen

Stadttore (Auswahl)

219

LEGENDE 50 m Torkammer/Thronsaal Treppenhaus Alcove

Aššur, Unteres Tor

D�r-Šarruk�n, Tor 3

Aššur, Tabīra-Tor

D�r-Šarruk�n, Tor 7

D�r-Šarruk�n, Tor A

Thronsäle (Auswahl)

Kalḫu, Nordwestpalast

D�r-Šarruk�n, Palast F

Ninua, Südwestpalast

Abb. 182: Gegenüberstellung von Stadttoren und Thronsälen neuassyrischer Residenzstädte (nach Turner 1970b: Taf. 38).

a)

b)

Hof VIII

Nordosthof

80

NE 3

81

SE 13 Treppenhaus

Hof XV

c)

Südosthof

d)

SW-Hof Treppenhaus

3

Hof I Vorhof 13 Hof II

Abb. 183: Toranlagen neuassyrischer Tempel und Paläste: a) Königspalast in Dūr-Šarrukīn, b) Fort Shalmaneser in Kalḫu, c) Aššur-Tempel in Aššur, d) Nabû-Tempel in Dūr-Šarrukīn (nach Heinrich 1982: Abb. 355; Kertai 2015a: Taf. 9, 11; Frahm 1997: 172).

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»Bergesgleich baute ich hoch«

schließung des Raums im Knickachsmuster an.328 Zentralassyrische Stadttore sind daher nicht als Kopien der Thronsäle zu verstehen. Nichtsdestoweniger deuten verschiedene Umstände eine konzeptionelle Verwandtschaft der beiden Arten von Raumgruppen an. Die Anbringung der monumentalen Bildnisse und die Schaffung eines ähnlichen Raumgefühls könnten darauf abgezielt haben, Besuchern den Eindruck zu vermitteln, dass sie sich bereits beim Eintritt in die Siedlung auf dem Weg zum Thronsaal befanden.329 Dadurch wurde die Sphäre des Königs sozusagen bis zur Siedlungsgrenze erweitert. Eventuell lässt sich dadurch auch das erkennbare selektive Vorgehen bei der Auswahl der auf diese Weise repräsentativ ausgestalteten Toranlagen erklären, wie es vor allem aus Ninua und Dūr-Šarrukīn bekannt ist. Auch in den Palastbauten wurden nur

bestimmte Türen mit Torwächterfiguren hervorgehoben. Andere Durchgänge, die zwar für den Verkehrsfluss innerhalb des Gebäudes eine wichtige Stellung einnahmen, erhielten hingegen keine prunkvolle dekorative Ausstattung. Vor allem die Korridore, die es ermöglichten, verschie­dene Teile eines Palastes zu erreichen, ohne durch die Repräsentationsbereiche gehen zu müssen, verdeutlichen dies.330 Ein ähnliches Prinzip lässt sich vielleicht auch bei den Stadttoren beobachten. Insbesondere Tore, die einen starken Bezug zum Palast oder damit assoziierten Handlungen (z.  B. Prozessionen, Paraden, Empfänge von Staatsgästen) besaßen, wurden monumental gestaltet. Die in erster Linie für den Verkehr bedeutsamen Toranlagen waren hingegen schlichter. Nichtsdestoweniger vermittelten die Relationen und Dimensionen der Torkammern den Eindruck eines assyrischen Raumkonzepts.

328 Vergleiche Kertai 2015a: 210. 329 Ein ähnliches Vorgehen wird auch für die Oberburg des mykenischen Tyrins angenommen. Dort konnte gezeigt werden, dass Türschwellen aus Konglomeratgestein den Weg zum Thronsaal markierten (Küpper 1996: 116– 118; Maran 2012: 150).

330 Vergleiche Kertai 2015a: 198–199.

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Kapitel 6

Synthese: Die Fortifikationen der Residenzstädte als Produkte und Träger neuassyrischer Kultur An dieser Stelle soll abschließend der Versuch unternommen werden, die in den vorangegangenen Kapiteln gemachten Ausführungen mit Blick auf die eingangs formulierte Frage nach den Hintergründen der Gestaltung der Befestigungsanlagen im Kernland des Neuassyrischen Reiches in Form einer Synthese zusammenzuführen. Die Bestandsaufnahme der relevanten archäologischen und historischen Daten (Kap.  4) zeigt auf, dass die hier behandelten Befestigungselemente sich in vielerlei Hinsicht ähnelten, was auf gemeinsame Planungsprinzipien schließen lässt. So ist bei den äußeren Befestigungsmauern, die oftmals über einen vorgelagerten Festungsgraben verfügten (Kap. 4.1), eine Bestrebung zu erkennen, strategisch relevante Landschaftsmerkmale in das Verteidigungssystem einzubinden (Kap.  4.2). Die dadurch definierten Eckpunkte des Stadtmauerverlaufs wurden dann mit linearen Mauerabschnitten verbunden. Bot die natürliche Topografie keine derartigen Stellungen (bzw. wenn es keine natürlichen Hindernisse gab), wurde der äußere Mauerring quadratisch angelegt. Diese sehr einfache geometrische Form scheint daher ein assyrisches Idealbild zu verkörpern. An den äußeren Verteidigungsanlagen lässt sich weitergehend ablesen, dass mit der politischen und ideologischen Bedeutung einer Stadt auch die Komplexität des Befestigungssystems stieg. Während der Hauptwall naturgemäß die Grundeinheit eines jeden fortifikatorischen Systems bildete, lassen sich an den Residenzstädten und einer Reihe von Provinzzentren Zwingermauern nachweisen. Während Vormauern und freistehende Niederwälle auch an anderen Fundorten festgestellt werden konnten, ist das Konzept des verbundenen Niederwalls m. W. nur in Aššur (Kap. 3.1), Ninua (Kap. 3.7) und wahrscheinlich Dūr-Šarrukīn (Kap. 3.9) belegt. Dass diesen zusätzlichen Mauerzügen eine große Bedeutung beigemessen wurde, lässt sich an den Prunknamen, die sie erhielten, ablesen. Die Kernelemente der Befestigungsanlagen, die Stadtmauern, waren generell simpel konstruiert. Zumeist trugen mehr oder minder mächtige Fundamente aus Bruchstein das aufgehende Mauerwerk aus Lehmziegeln. Die Mauern waren stets solide; Kasten- oder Kasemattenmauern finden sich in Zentralassyrien nicht. Auch die Türme zeigen wenig Varianz. Ihr Grundriss war immer rechteckig. Die

Abstände zwischen ihnen waren regelmäßig und an die effektive Reichweite von Bogenschützen angepasst. Die Stadttore zentralassyrischer Siedlungen folgten ebenfalls einem gemeinsamen Muster (Kap. 4.3). Dieses bestand im Wesentlichen aus einem Breitraum mit zentralem Ein- und Ausgang an den beiden Längsseiten sowie einem an einer der beiden Schmalseiten angegliederten Nebenraum. Dieser Kern konnte in Richtung des Siedlungsinneren mit einer sekundären Raumgruppe sowie nach außen durch einen vom Niederwall eingefassten Vorhof erweitert werden. Verschließbar war aber stets nur der von Türmen flankierte Durchgang, der in die primäre Torkammer führte, während die übrigen Portale stets offen blieben. Ein gänzlich anderer Typ von Zugängen in zentralassyrische Städte waren Poternen. Auch hier lassen sich zwei Varianten unterscheiden: die einfachen, schmalen Mauerdurchlässe, die es ermöglichten unbehelligt vom Stadtinneren auf den Wandelgang des Niederwalls zu gelangen und die repräsentativen, gewundenen Poternen mit steinverkleideten Eingangsfassaden. Neuassyrische Stadttore zeichneten sich in einigen Details gegenüber zeitgenössischen Beispielen aus benachbarten Regionen aus. Beispielsweise war das Verhältnis von Tiefe zu Breite der Torkammern konstanter und ausgewogener als es an späthethitischen und levantinischen Anlagen, die möglicherweise als Vorbild dienten, beobachtet werden kann. Zudem unterschied sich die Auswahl der dekorativen Elemente merklich, denn anstatt Torlöwen und Reihen ikonografisch reichhaltiger Orthostatenreliefs aufzustellen, beschränkten sich die assyrischen Architekten auf Stierkolosse und ein begrenztes Repertoire mythologischer Wesen an den Tordurchgängen. Des Weiteren war in neuassyrischen Stadttoren in der Regel ein Treppenaufgang in einen der an die Schmalseiten der Torkammern angeschlossenen Nebenräume (zumeist der zur primären Torkammer gehörige) integriert und somit nur vom Inneren des Torgebäudes aus zu erreichen. In späthethitischen und levantinischen Siedlungen musste hingegen der Torbau zuerst vollständig durchquert werden, um zu einem Aufgang zu gelangen. Durch dieses Arrangement erhielten zentralassyrische Toranlagen ein Raumgefüge, das in gewisser Weise an Thron- und Empfangsraumgruppen neuassyri-

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»Bergesgleich baute ich hoch«

scher Paläste erinnert und eine konzeptionelle Verbindung zwischen der Wehr- und der Palastarchitektur andeuten könnte (Kap. 5.3.5). Zusätzlich zu der Verteidigungslinie, die die Siedlungsgrenze definierte, waren in zentralassyrischen Städten oftmals administrativ bedeutende Bereiche mit eigenen, innerstädtischen Fortifikationen ausgestattet (Kap. 4.4). Die damit assoziierten Binnenmauern scheinen aber weniger dem Schutz der in ihnen befindlichen Gebäude, Institutionen und Personen gegolten zu haben, denn sie wurden weder durch Gräben noch durch Zwingermauern unterstützt. Somit waren sie weniger komplex und wehrhaft als die äußeren Verteidigungsringe. Auch ideologisch scheint ihnen ein geringerer Wert als den äußeren Umwallungen beigemessen worden zu sein, denn für sie sind keine Prunknamen überliefert. Die Funktion der intraurbanen Festungswerke lag daher vermutlich in der Regulierung des Zugangs zu den von ihnen umfassten Bereichen. Dabei scheint ab der Zeit Šarru-ukīns  II. darauf geachtet worden zu sein, den Blick auf die Paläste nicht durch die inneren Stadtmauern zu verstellen, was durch auf dem Niveau der Unterstädte errichtete Mauerzüge anstelle auf den Erhebungen stehende Zitadellenmauern erreicht wurde. Die zusammenfassende Betrachtung der hier behandelten Wehranlagen erlaubt es darüber hinaus, eine Entwicklung der neuassyrischen Wehrarchitektur nachzuvollziehen (Kap.  4.5). Offensichtlich hatten sich die Grundzüge bereits im 9. Jahrhundert v. Chr. etabliert. Anhand der verfügbaren Daten entsteht zwar der Eindruck, als hätte Salmānuašarēd  III. viele Neuerungen eingeführt. Diese Impression ist jedoch im Wesentlichen der Tatsache geschuldet, dass es keine aussagekräftigen Befunde aus den ersten Jahrzehnten der neuassyrischen Zeit gibt. Es ist daher keinesfalls ausgeschlossen, dass viele Merkmale bereits unter seinen Vorgängern – vielleicht sogar schon in mittelassyrischer Zeit – ihren Anfang nahmen bzw. sich bereits durchgesetzt hatten. Als das Neuassyrische Reich sich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. zur unangefochtenen Hegemonialmacht im Vorderen Orient aufschwang, kam es zu einer Standardisierung und Monumentalisierung der Wehrbauten. Während es unter Salmānu-ašarēd  III. wohl noch möglich war, durch die Positionierung des Treppenhauses in den Flankierungstürmen vom generellen Torschema abzuweichen, präsentierten sich die späteren Stadttore hinsichtlich der Raumaufteilung als überaus einheitlich. Zugleich ist zu beobachten, dass auch die Befestigungsanlagen dem allgemeinen Trend in der neuassyrischen Architektur zur Monumentalisierung folgten, was sich unter anderem in der verstärkten Verwendung von Steinfassaden sowie mächtigeren Mauern und Toranlagen äußerte. Da-

rüber hinaus brachte die spätneuassyrische Zeit auch einige Innovationen im Festungsbau. So kamen in diesem Zeitabschnitt gewundene Poternen auf, die einen repräsentativ wirksamen, direkten Verbindungsweg zwischen einem Palast und dem städtischen Umland herstellten. Eine weitere Neuerung waren die bereits erwähnten verbundenen Niederwälle, die vielleicht schon ab Šarru-ukīn  II., definitiv aber ab Sîn-aḫḫē-erība nachgewiesen sind. Weitergehend wurden unter Einbeziehung weiterer Quellen Beobachtungen zur Nutzungsweise und Funktionalität der fortifikatorischen Bauten angestellt (Kap.  5). Diese machten den multifunktionalen Charakter der Wehrbauten deutlich. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Befestigungsanlagen der zentralassyrischen Siedlungen die in ihnen lebenden Personen und die in ihnen befindlichen Gebäude gut schützten (Kap.  5.1). Ihre Ausmaße machten sie zu ernsthaften Hindernissen im Belagerungsfall. Zudem wurden offensichtlich auch verschiedene Maßnahmen zur Abwehr übernatürlicher Bedrohungen (z. B. böse Vorzeichen und Dämonen) getroffen. Dies liefert zwar einen pragmatischen Grund für die Errichtung der Befestigungsanlagen, es erklärt aber nicht ihre tatsächliche Umsetzung, d.  h. beispielsweise, warum die Toranlagen einem sehr einheitlichen Grundrissschema folgten und weswegen bestimmte dekorative Elemente angebracht wurden. In einigen Aspekten scheint die Schutzfunktion nämlich nicht das vorrangige Kriterium für die Art der Ausgestaltung gewesen zu sein. So verzichteten die Architekten bisweilen bewusst auf militärische Vorteile, um visuelle Wirkungen zu erzielen. Zudem waren insbesondere die Stadtmauern um vieles mächtiger als sie hätten sein müssen, um den damals verfügbaren Belagerungsgeräten standzuhalten. Zusätzlich gilt es zu bedenken, dass die monumentalen Bauwerke jeweils in Zeiten entstanden, in der eine Belagerung einer Stadt in Zentralassyrien, aufgrund der militärischen Überlegenheit Assyriens, kein realistisches Szenario darstellte (vgl. Kap. 2.2). Ähnliches lässt sich hinsichtlich der zwar verhältnismäßig selten belegten, aber nichtsdestoweniger nachweisbaren zivilen Nutzung der Befestigungsanlagen sagen (vgl. Kap.  5.2). Insbesondere Stadttore verdankten ihre Existenz dem Umstand, dass die Bauherren bei der Planung der Fortifikationen Rücksicht auf die ökonomischen Bedürfnisse der Bevölkerung (d. h. Anbindung an Überlandstraßen) nahmen. Die Errichtung und generelle Form eines Elements der Wehrbauten kann also in vielen Fällen auf die Möglichkeit, den urbanen Raum mittels Stadtmauern und -toren physisch zu strukturieren, zurückgeführt werden. Einige Details des Erscheinungsbildes der Verteidigungsbauten lassen sich sogar als Anpassungen an Aktivitäten des Alltags erklären, wie beispielsweise die großzügig breit angelegten Portale, die von zwei Wagen gleichzeitig

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6 Synthese

a)

b)

223

c)

10 m

Abb. 184: Die Stadttore von a) Kār-Salmānu-ašarēd (nach Thureau- Dangin/Dunand 1936: Pl. E), b) Tušḫan (nach Matney et al. 2009: Abb. 22) und c) Ḫadātu (nach Thureau-Dangin et al. 1931: Abb. 27).

durchfahren werden konnten. Viele andere Eigenschaften der betreffenden Bauwerke besaßen hingegen keinen Bezug zu solchen Vorgängen, so z. B. die extrem breiten Mauern oder die in einigen Fällen belegte Ausschmückung mit bildlichen Elementen. Während die beiden bisher genannten Punkte einzelne Merkmale und die grundlegene Notwendigkeit der architektonischen Gesamtkomposition zentralassyrischer Fortifikationen erklären, lassen die Details der Ausgestaltung oftmals darauf zurückführen, dass diesen Bauwerken eine repräsentative Funktion zukam. Die verschiedenen Aspekte des erfolgreichen Herrschers, die mit ihnen zum Ausdruck gebracht wurden, machen dies deutlich (vgl. Kap. 5.3). Mit ihrer Errichtung und der architektonischen Umsetzung schufen die Könige des Neuassyrischen Reiches nicht nur ideale Schauplätze für ihre kultischen Auftritte. Sie demonstrierten zugleich, dass sie die Weltordnung hüteten und von den Göttern begünstigt waren. Die jeweiligen Bauherren richteten diese Botschaft jedoch nicht nur an ihre unmittelbaren Zeitgenossen. Durch die Bauinschriften, die Neu-, Umbau- und Renovierungsmaßnahmen dokumentierten, sprachen sie zugleich auch zukünftige Generationen an. Aufgrund der Tatsache, dass der König sinnbildlich für den gesamten Staat stand, wurde auf diese Weise ein Beitrag zur Legitimation des Neuassyrischen Reiches geleistet. Damit eng verbunden und nicht minder bedeutsam war der Umstand, dass sich die Herrscher auf diese Weise verewigen und einen Platz in der Geschichte des Neuassyrischen Reiches sichern konnten. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass militärische und zivile Bedürfnisse im Planungsprozess sicherlich eine gewichtige Rolle spielten. Die Vermittlung einer politisch-ideologischen Botschaft scheint jedoch im Vordergrund gestanden zu haben. Hierfür wurden Merkmale, die sich als Elemente assyrischer »Kultur« beschreiben lassen, gezielt auf die Wehrbauten übertragen. Wenngleich insbesondere Konzepte aus der levantinischen und anatolischen Architektur in Assyrien Anklang fanden, wurden diese in der Regel nicht kopiert, sondern gemäß der eigenen, assyrischen Vorstellungen adaptiert.

Am deutlichsten erkennbar wird dies an den Stadttoren. So wurde die breitgelagerte Torkammer mit einem von Türmen flankierten Portal aus dem levantinischen oder späthethitischen Raum zusammen mit der Idee, den Durchgang mit Hilfe von Torhüterfiguren bildlich zu dekorieren, übernommen. Das tatsächliche Erscheinungsbild orientierte sich jedoch an der assyrischen Palastarchitektur. Hinweise darauf sind die Proportionen der Torkammern, das an den Portalen installierte Bildprogramm und der nur von innerhalb des Torbaus erreichbare Aufgang zur Mauerkrone. In Analogie zu D. Kertais Ausführungen zur Palastarchitektur ist demnach auch an den Befestigungsanlagen zu erkennen, dass verschiedene Konzepte aus anderen Regionen und Epochen übernommen und in manchen Punkten verändert wurden, um sie zu etwas »typisch Assyrischem« zu machen.1 Wie spezifisch dieses Konzept auf den zentralassyrischen Raum gemünzt war, zeigt sich insbesondere darin, dass sich zwischen den unter neuassyrischer Herrschaft errichteten Befestigungsanlagen von Provinzzentren2 und den zentralassyrischen Residenzstädten einige bemerkenswerte Unterschiede offenbaren. An bautypologischen Merkmalen hob bereits S. Halama die oftmals rundlichen Stadtmauerverläufe und das Fehlen von Treppenaufgängen in den Toranlagen hervor (vgl. Abb. 184).3 Darüber hinaus finden sich auch keine verbundenen Niederwälle außerhalb des Kernlands,4 und die Relation von Tiefe zu Breite der Torkammer des Westtors von Ḫadātu wich mit 12,6 m Tiefe und 23,4 m Breite5 (Verhältnis 1:1,86) deutlich von vergleich1 2

3 4

5

Vergleiche Kertai 2014: 708. Eine Zusammenstellung von provinziellen Befestigungsanlagen, die unter neuassyrischer Herrschaft errichtet wurden, bietet Halama 2011a: 79–90. Halama 2011a: 85–86. Um was für eine Struktur es sich bei den als »Änderungen« im Plan eingetragenen Mauerzügen (vgl. ThureauDangin/Dunand 1936: Pl. E) direkt vor der Stadtmauer von Kār-Salmānu-ašarēd handelt, lässt sich nicht ermitteln. Es könnte sich um einen Niederwall oder eine Vormauer handeln. Allerdings ist die zeitliche Relation zur Hauptmauer unklar. Thureau-Dangin et al. 1931: 75.

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224

»Bergesgleich baute ich hoch«

baren Räumen in Zentralassyrien (vgl. Kap.  4.3.1) ab. Einen weitereren Unterschied stellt die in den Provinzen mehrfach nachweisbare Installation von Königsbildern im Inneren bzw. in der unmittelbaren Umgebung von Toranlagen dar (vgl. Kap. 5.3.4). Somit erinnern die unter neuassyrischer Herrschaft errichteten Wehranlagen der Provinzzentren in ihren Details mehr an späthethitische als an zentralassyrische Fortifikationen. Dies trifft auch auf die an den Provinzfortifikationen installierten Bildprogramme zu, die sich nicht nur in Stil und Ikonografie,6 sondern auch in ihrer Zusammensetzung von den Beispielen, die aus dem Kernland bekannt sind, unterschieden. So wurden in Kār-Salmānu-ašarēd und Ḫadātu durchgehend Löwen anstelle von Stierkolossen als Torwächterfiguren an den Stadttoren verwendet.7 Auch die Darstellung einer Prozession auf den Relieforthostaten vom Westtor von Ḫadātu8 findet keine Vergleiche an zentralassyrischen Toranlagen. Bemerkenswert ist zudem der Vorgang, die beiden Torlöwen des Nordosttors von Kār-Salmānuašarēd mit eigenen Namen zu belegen, während der Torbau selbst, soweit bekannt, keine vergleichbare Bezeichnung erhielt: »At that time I erected two lofty lions at the right and left of the gate of Kār-Shalmaneser, my lordly city and I named them (as follows). The name of the first is: ›The lion who [...], angry demon, unrivalled attack, who overwhelms the insubmissive, who brings success.‹ The name of the second, which stands before the gate, is: ›Who charges through battle, who flattens the enemy land, who expels criminals and brings in good people.‹«9

Hervorzuheben ist dabei, dass der Stifter dieses Monuments Šamšī-ilu war. Obwohl keine genaueren Informationen zu seiner Herkunft vorliegen, ist dennoch davon auszugehen, dass er enge Kontakte zur Führungsschicht des Neuassyrischen Reiches unterhielt.10 Er dürfte daher mit assyrischen Gepflogenheiten und Kulturelementen vertraut gewesen sein, was das Abweichen von diesen umso interessanter macht. Dass viele Befestigungssysteme ohne größere konzeptionelle Änderungen beibehalten wurden (z.  B. Samʾal),11 ist in dieser Hinsicht ebenfalls als 6

Für eine umfassende Studie zur provinzialassyrischen Bildkunst siehe Gerlach 1999. 7 Vergleiche Albenda 1988: 23–25; Roobaert 1990; Thureau-Dangin et al. 1931: 70, 73–74; Thureau-Dangin/ Dunand 1936. 8 Siehe hierzu Albenda 1988: 8–10; Thureau-Dangin et al. 1931: 76. 9 RIMA 3: A.0.104.2010, 19–24. 10 Vergleiche Fuchs 2008a: 78. 11 Die seit 2006 laufenden Ausgrabungen an dem Fundort

signifikant zu bewerten. Anscheinend bevorzugten es die Anführer des Neuassyrischen Reiches, die lokalen Architekturtraditionen beizubehalten, anstatt ihre eigenen Idealbilder in den Provinzen zu implementieren. Die dem Erscheinungsbild der fortifikatorischen Bauwerke innewohnende assyrisch geprägte Symbolik hätte sich der lokalen Bevölkerung aufgrund des divergierenden sozio-kulturellen Hintergrunds nicht vollumfänglich erschlossen. Die assyrischen Bauherren bzw. Okkupanten scheinen sich also auch beim Festungsbau gezielt den Gewohnheiten ihrer hinzugewonnenen Untertanen angepasst zu haben. Eine ähnliche Beobachtung hatte bereits B.N. Porter gemacht: Sie erkannte zwischen den Siegesstelen Aššur-aḫa-iddinas, die in Samʾal und Kār-Salmānu-ašarēd gefunden wurden, stilistische Differenzen, die sie damit erklärte, dass die Bevölkerungen der beiden Ortschaften Assyrien gegenüber unterschiedlich loyal waren.12 Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass die Befestigungsanlagen, die die zentralassyrischen Siedlungen umgaben, nicht nur ein Produkt der Gesellschaft waren, in der sie entstanden und an die ihre semiotischen Botschaften adressiert waren. Sie waren zudem ein essentieller Bestandteil in der Vermittlung des assyrischen Weltbildes gegenüber Bewohnern und Besuchern der Städte im Kernland des Reiches. Damit kam ihnen in Ergänzungen zu anderen Arten von Bauwerken eine wichtige Rolle in der Bildung einer kollektiven assyrischen Identität zu. Die enge Verbindung zwischen assyrischer Staatsideologie und der Wehrarchitektur könnte auch erklären, warum die Charakteristika letzterer mit dem Ende des Reiches offenbar verschwanden, obwohl die Kontinuität in verschiedenen Objektgattungen (insb. der Keramik)13 auf ein Fortbestehen verschiedener kultureller Eigenschaften der Bevölkerung schließen lässt. Die Befestigungsanlagen zentralassyrischer Städte waren also nicht leblos und unifunktional, sondern bedeutungstragend und multifunktional konzipiert. Gleichermaßen behüteten sie die Siedlungen vor realen und übernatürlichen Gefahren, strukturierten den Alltag, indem sie die Plätze sozialer Aktivitäten festlegten, und dienten den Bauherren, d. h. den Königen, dazu, die Legitimität ihrer selbst und des Neuassyrischen Reiches gegenüber einem bestimmten Publikum visuell zu vermitteln. Diese Botschaft richtete sich jedoch nicht ausschließlich an die eigenen Zeitgenossen. Durch ihre Beständigkeit und Sichtbarkeit wurden sie zu Denkmälern, die an glorreiche Zeiten erinnerten und somit dazu beitruweisen darauf hin, dass die Stadtmauer im 9.  Jahrhundert v. Chr. gegründet wurde und mindestens bis zum Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. in Benutzung blieb (vgl. z. B. Herrmann 2017; Schloen 2014). 12 Porter 2000. 13 Siehe hierzu Kreppner 2006: 128; Hausleiter 2010: 13–15, 498–503, 507–508.

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6 Synthese gen, die glänzende Geschichte des Neuassyrischen Reiches zu dokumentieren. Durch ihre Ausstattung mit Merkmalen, die in Zentralassyrien Tradition hatten und deren Inhalt sich dort sozialisierten

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Menschen erschloss, wurden sie somit nicht nur zu Ausdrucksformen, sondern zugleich zu Trägern der Kultur und Identität des Neuassyrischen Reiches.

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»Bergesgleich baute ich hoch«

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Modell des Planungsprozesses (nach Rapoport 1977: Abb. 1.15).

Abb. 3:

Geografische Karte Zentralassyriens mit Lokalisierung der für die Arbeit relevanten Fundorte.

Abb. 2: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6:

Abb. 7: Abb. 8:

Modifiziertes Modell des Planungsprozesses von Gebäuden.

Kartierung der in Zentralassyrien fassbaren Hohlwege (nach Altaweel 2008). Regierungszeiten neuassyrischer Herrscher (nach Frahm 2017b).

Kartierung der Ereignisse des babylonisch-medischen Feldzugs gegen das Neuassyrische Reich (nach TCS 5: Chronicle 3, 16–69). Plan von Aššur mit Kennzeichnung relevanter Strukturen und Bereiche (nach Andrae 1913a: Taf. 2–4). CORONA-Satellitenbildaufnahme von Aššur (ds1104-2138df010, 16.08.1968).

Abb. 9:

viewshed-Modell von Aššur, basierend auf einem SRTM90-DGM.

Abb. 11:

Befundaufnahme des Außenhakens in seinem ursprünglichen Zustand (nach Andrae 1913a: Taf. 22–23, 28).

Abb. 10:

Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19:

Abb. 20: Abb. 21:

Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Sitzstatue aus Basalt (nach Andrae 1913a: Abb. 38).

Schnitt durch den Nordostschenkel des Außenwalls und die angrenzenden Bereiche (nach Andrae 1913a: Taf. 29.3).

Abschnitt des westlichen Schenkels des Südwalls mit hindurchführender Poterne (nach Andrae 1913a: Taf. 58.1). Freigelegte Abschnitte des Niederwalls zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur zur Zeit Salmānu-ašarēds III. (nach Andrae 1913a: Taf. 34–36).

Dreidimensionale Rekonstruktion des Niederwalls zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur zur Zeit Salmānu-ašarēds III. Südwall im Bereich der Quadranten iA11IV und iA11V (nach Andrae 1913a: Taf. 56.2).

Querschnitt durch den Südwall in Quadranten iA11IV und iA11V (nach Andrae 1913a: Taf. 61.1).

Gebiet des Binnenhakens mit relevanten neuassyrischen Architekturresten im Norden Aššurs (nach Sürenhagen/Renger 1982: Beilage 9). Detail der südlichen Ecke des Binnenhakens (nach Andrae 1913a: Taf. 18).

Überreste von Wehranlagen und weiterer relevanter Bauwerke im Bereich des mušlālu inklusive Verortung des Verlaufs von Profilzeichnung C–D (Abb. 23) und Detailplan Abb. 22 (nach Andrae 1913a: Taf. 10).

Detailaufnahme von Vor- und Risalitmauer im Bereich des »Scherbenzimmers« am Nordrand von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 103; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

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Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26: Abb. 27: Abb. 28: Abb. 29: Abb. 30: Abb. 31: Abb. 32: Abb. 33: Abb. 34: Abb. 35: Abb. 36: Abb. 37: Abb. 38: Abb. 39: Abb. 40:

»Bergesgleich baute ich hoch« Planaufnahme des mušlālu Sîn-aḫḫē-erības am Nordrand von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 120). Schnittzeichnung C-D durch die Befestigungen am nördlichen Rand von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 11.2).

Ansicht des Unteren Tors von Süden mit Haus 65 im nördlichen Winkel des Außenhakens dahinter (nach Andrae 1913a: Abb. 42; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Aufnahme der Poterne am Unteren Tor des Außenhakens (nach Andrae 1913a: Abb. 187–188; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Rekonstruktion des Oberen Tors von Aššur (nach Sürenhagen/Renger 1982: Beilage 9). Planaufnahme des Tabīra-Tors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 31–32).

Verbrannte Dachbalken aus der erhaltenen Torkammer des Tabīra-Tors (nach Andrae 1913a: Abb. 16; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Salmānu-ašarēd-III.-zeitliche Türangelsteine inklusive Bleiplatten aus dem Tabīra-Tor (nach Andrae 1913a: Abb. 17, 19; Taf. 98; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Fundobjekte aus der inneren Torkammer des Tabīra-Tors (nach Andrae 1913a: Abb. 33; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Statue Salmānu-ašarēds III. Ass. 742 aus Basalt (nach Andrae 1913a: Abb. 34).

Fragment einer neuassyrischen Stele (Ass. 10225) aus dem Tabīra-Tor (nach Andrae 1913a: Abb. 31; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Ursprüngliche Vorstellung der Entwicklung des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41).

Schnittzeichnung durch den Bereich der westlichen Stadttore von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 42.2).

Überarbeitete Rekonstruktion von Bauzustand I des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41). Antritte der Tortreppen des äußeren Westtors von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 54–55; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Zusetzung des Tordurchgangs von Bauzustand I des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Abb. 56; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Überarbeitete Rekonstruktion von Bauzustand II des westlichen Außenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41). Blick auf das freigelegte westliche Außenwalltor (nach Andrae 1913a: Taf. 68; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Quaderbastion am westlichen Außenwalltor (nach Andrae 1913a: Abb. 68; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

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Abbildungsverzeichnis Abb. 41: Abb. 42: Abb. 43: Abb. 44: Abb. 45: Abb. 46: Abb. 47: Abb. 48: Abb. 49: Abb. 50: Abb. 51: Abb. 52: Abb. 53: Abb. 54: Abb. 55: Abb. 56: Abb. 57: Abb. 58: Abb. 59: Abb. 60:

255

Anschluss des freistehenden Niederwalls an das Lehmziegelfundament des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Abb. 67; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Rekonstruktion des nordwestlichen Binnenwalltors von Aššur mit Andeutung jüngerer Wohnbebauung (nach Andrae 1913a: Taf. 20; Preusser 1954: Taf. 17).

Aufnahme des freigelegten westlichen Binnenwalltors von Aššur mit Kennzeichnung des Absatzes im Mauerwerk des Fundaments (nach Andrae 1913a: Abb. 70–71; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Grundriss des südlichen Binnenwalltors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 54).

Profilzeichnung zwischen der Nordecke des Außenwalls und der Vormauer (nach Andrae 1913a: Taf. 29.5). Der Außenhaken in spätneuassyrischer Zeit (nach Andrae 1913a: Taf. 22–23, 28).

Freigelegte Abschnitte des Wehrgangs zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur in spätneuassyrischer Zeit (nach Andrae 1913a: Taf. 34–36).

Dreidimensionale Rekonstruktion des Wehrgangs zwischen den Binnenwalltürmen 13 und 15 entlang des Außenwalls von Aššur in spätneuassyrischer Zeit. Freigelegter Abschnitt des Wehrgangs im Bereich der Westecke des Außenhakens mit Schießscharten (nach Andrae 1913a: Abb. 189; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Schematische Zeichnung des Aufbaus der Schießscharten des Wehrgangs von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 186). Plan der »Karawanserai« von Aššur (nach Preusser 1954: Taf. 30–31).

Profilzeichnung durch die »Karawanserai« und den südwestlichen Teil des Anu-Adad-Tempels (nach Andrae 1909: 7 Schnitt a–b).

Terrakotten aus den Ziegelkapseln von Haus b8:1 in Aššur (nach Rittig 1977: Abb.  14–15, 18–19, 53).

Abschnitt des Binnenwalls, in dem Archiv N 29 gefunden wurde (nach Miglus 1996: Plan 133.d).

Schnittzeichnung durch den westlichen Teil von Suchgraben 10I in Aššur (nach Miglus 1996: Plan 58–59).

Umzeichnung der Befunde am Stelenplatz im Süden der Altstadt von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 50; Miglus 1996: Plan 148).

Schematische Profilzeichnung durch den Stelenplatz von Aššur zwischen Turm 33 und dem Außenwall (nach Andrae 1913a, Taf. 52.4). Blockmassiv an der nördlichen Front von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 132; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG).

Verkleidungsmauer an der nördlichen Front von Aššur (nach Andrae 1913a: Abb. 134; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Kai- und Befestigungsanlagen östlich des Aššur-Tempels (nach Andrae 1913a: Taf. 65–67).

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Abb. 61: Abb. 62:

Abb. 63: Abb. 64: Abb. 65:

Abb. 66: Abb. 67: Abb. 68: Abb. 69: Abb. 70: Abb. 71: Abb. 72:

»Bergesgleich baute ich hoch« Schnitt durch die Befestigungsmauern östlich des Aššur-Tempels (nach Andrae 1913a: Taf. 63.3–4). Plan des »Prinzenpalais« an der Ostseite Aššurs (nach Preusser 1955: Taf. 10).

Aufnahme des Außenhakens von Osten (nach Andrae 1913a: Taf. 76; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Bauzustand III des westlichen Außenwalltors (nach Andrae 1913a: Taf. 40–41). Vorschlag zur Rekonstruktion der Entwicklung der Befestigungsanlagen Aššurs.

Zusammenstellung der für das 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. belegten Namen von Stadttoren in Aššur (nach Miglus 1982: 275–276). Lokalisierungsvorschläge der Stadttore von Aššur im 2. Jahrtausend v. Chr; a) nach Unger 1929: Abb. 1; b) nach Miglus 1982: Abb. 1–6; c) nach Pongratz-Leisten 1994: Abb. 1; d) Vorschlag des Autors.

Topografische Lage (links) und topografischer Plan (rechts, nach Mallowan/al-Amin 1950: Taf. 2) von Tall Ibrāhīm Bāyis. CORONA-Aufnahme von Tall Ibrāhīm Bāyis (ds1104-2138df007, 16.08.1968).

Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Tall Ibrāhīm Bāyis.

Konturenplan von Kalḫu (nach Mallowan 1966, Abb. 1; Lippolis/Masturzo 2012: Abb. 1). CORONA-Aufnahme Kalḫus (nach Ur 2013: Abb. 2.B).

Abb. 73:

viewshed-Modell Kalḫus, basierend auf einem SRTM90-Höhenmodell.

Abb. 75:

Topografischer Plan von Tall Nimrūd mit ausgegrabenen Strukturen (nach Mallowan 1966: Abb. 1).

Abb. 74:

Abb. 76: Abb. 77: Abb. 78: Abb. 79:

Das Fort Shalmaneser (nach Mallowan 1966: Plan 8).

Die Kaimauer und Hangbefestigung an der Westseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 30). Hangschnitt an der Westseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 32). Hangschnitt an der Ostseite der Hauptzitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 29).

Bereich des Ezida mit angrenzenden Befestigungselementen (nach Mallowan 1966: Abb. 193).

Abb. 80:

Shalmaneser Gate nahe des Ezida auf der Zitadelle von Kalḫu (nach Mallowan 1966: Abb. 6).

Abb. 82:

Plan des Tors durch die nördliche Umfriedungsmauer des Fort Shalmaneser (nach Fiorina 2008: Abb. 7.a).

Abb. 81:

Abb. 83: Abb. 84:

Gebäude 3 der Town Wall Houses (nach Mallowan 1966: Abb. 121).

Eine der unter dem Fußboden der Kammer des Tors durch die nördliche Umfriedungsmauer des Fort Shalmaneser entdeckten Tonfigurinen (nach Fiorina 2008: Abb. 7.c). Plan des südlichen Zugangs des Fort Shalmaneser (nach Mallowan 1966: Plan 8).

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Abbildungsverzeichnis Abb. 85:

Front des südlichen Eingangs des Fort Shalmaneser (Foto: John Russell).

Abb. 87:

CORONA-Aufnahme von Kilizu (ds1104-2138df005, 16.08.1968).

Abb. 86: Abb. 88: Abb. 89: Abb. 90: Abb. 91: Abb. 92: Abb. 93: Abb. 94: Abb. 95:

257

Digitales Höhenprofil durch Kalḫu, basierend auf SRTM90-DGM.

Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Kilizu.

CORONA-Satellitenbildaufnahme von Arbaʾil (ds1107-2170da102, 03.08.1968). Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Arbaʾil.

Relief aus dem Nordpalast von Ninua mit Darstellung Arbaʾils (nach Barnett 1976: Taf.  25 Slab 9) und schematische Rekonstruktion der auf der Reliefdarstellung wiedergegebenen Fortifikationen der Stadt (nach Borchhardt/Bleibtreu 2011: Taf. 2.2). Luftbildaufnahme von Imgur-Enlil (nach Tucker 1994: Abb. 1).

Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Imgur-Enlil. Topografischer Plan der Umgebung von Imgur-Enlil.

CORONA-Satellitenbildaufnahme von Ninua (ds1102-1025df011,16.12.1967).

Abb. 96:

viewshed-Modell für Ninua, berechnet auf der Grundlage eines SRTM90-DGM.

Abb. 98:

Darstellung des südlichen Endes von Ninua (von Westen) auf einem Relief aus dem Nordpalast von Ninua (nach Barnett 1976: Taf. 23 Slab 10).

Abb. 97:

Abb. 99: Abb. 100: Abb. 101: Abb. 102: Abb. 103: Abb. 104: Abb. 105: Abb. 106: Abb. 107: Abb. 108:

Angenommene Ausdehnung (inkl. Umfang) Ninuas vor Sîn-aḫḫē-erība (nach Reade 2016: 56; Stronach 1994: Abb. 4).

Darstellung der Hauptzitadelle von Ninua (von Westen) auf einem Relief aus dem Südwestpalast von Ninua (nach Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 226).

Entwicklung der in den Inschriften erwähnten Befestigungselemente von Ninua (nach RINAP 3/1: 18). Teilweise rekonstruierter Abschnitt der Stadtmauer Ninuas im Bereich von Tor 5 mit steinernem Niederwall vor den Resten der Lehmziegelmauer (nach Madhloum 1968: Taf. 5).

Tunnelartige Öffnung im Sockelbereich der steinernen Fassade des Niederwalls von Ninua (nach Reade 2016: Abb. 22).

Aufnahme vom Inneren einer der beiden Torkammern von Tor 3 (Scott/MacGinnis 1990: Taf. 6.a). Planaufnahme von Tor 4 (nach Pickworth 2005: Abb. 18, 27).

Satellitenbildaufnahme des Abschnitts der östlichen Stadtmauer von Ninua zwischen bei Tor 4 (Grundkarte: http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019).

Apotropäische Tonfigurinen aus den Gründungskapseln, die in den Ecken des Torhofs von Tor 4 freigelegt wurden (nach Pickworth 2005: Abb. 24, 26). Planaufnahme von Tor 5 von Ninua (nach Madhloum 1967: Taf. 7).

Mögliche Reste des Šibaniba-Tors von Ninua (nach Reade 2016: Abb. 24).

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258

Abb. 109: Abb. 110:

Abb. 111: Abb. 112: Abb. 113: Abb. 114: Abb. 115: Abb. 116: Abb. 117: Abb. 118: Abb. 119: Abb. 120: Abb. 121: Abb. 122: Abb. 123: Abb. 124: Abb. 125: Abb. 126: Abb. 127: Abb. 128: Abb. 129: Abb. 130: Abb. 131:

»Bergesgleich baute ich hoch« Satellitenbildaufnahme des Bereichs des Adad-Tors (Grundkarte: http://www.bing.com/ maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019).

a) Satellitenbildaufnahme des Bereichs von Tor 10 von Ninua mit Hervorhebung der darauf zu erkennenden Mauerreste (Grundkarte: http://www.bing.com/maps/; letzter Zugriff: 14.11.2019); b) Umzeichnung der von A.H. Layard freigelegten Mauern (nach Layard 1853: 122 Textabbildung); c) schematische Rekonstruktion der Toranlage. Torwächterfiguren des zentralen Durchgangs von Tor 10 von Ninua (nach Gadd 1936: Taf. 24). Beispiel einer Reliefdarstellung eines geflügelten Genius mit Adlerkopf aus dem königlichen Palast von Dūr-Šarrukīn (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 74). Planaufnahme von Tor 11 von Ninua (nach Madhloum 1967: Taf. 2). Planaufnahme von Tor 12 von Ninua (nach Madhloum 1969: Taf. 1).

Topografischer Plan von Tall an-Nabī-Yūnus mit freigelegten Baubefunden (nach Scott/ MacGinnis 1990: Abb. 1).

Digitales Profil von Tall Qūyunǧuq zu den Eastern Terraces, berechnet auf der Grundlage eines SRTM90-DGM. CORONA-Aufnahme von Tarbiṣu (ds1102-1025df011, 11.12.1967).

Auf SRTM90-Datengrundlage berechnetes viewshed-Modell von Tarbiṣu.

CORONA-Satellitenbildaufnahmen von Dūr-Šarrukīn (ds1104-2138df001, 16.08.1968).

Topografie des Geländes in der unmittelbaren Umgebung von Dūr-Šarrukīn, basierend auf einem SRTM90-DGM. viewshed-Modell von Dūr-Šarrukīn, basierend auf einem SRTM90-DGM.

Digitale Höhenprofile zwischen Dūr-Šarrukīn und a) Ninua bzw. b) Šibaniba, basierend auf einem SRTM90-DGM.

Topografischer Plan Dūr-Šarrukīns mit erfasster Architektur (nach Loud/Altman 1938: Taf. 67–69). Zeichnung des von P.E. Botta freigelegten Abschnitts der Stadtmauer (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 3). Grundriss von Stadttor 3 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 12).

Dekorierte Front des Hauptdurchgangs von Stadttor 3 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 11).

Reliefdarstellungen von mythologischen Figuren mit Krummschwert und kleinem Löwen aus dem königlichen Palast von Dūr-Šarrukīn (nach Botta/Flandin 1849–1850, Bd. 1: Taf. 41, 47). Grundriss von Stadttor 4 von Dūr-Šarrukīn (nach Place 1867/1870, Bd. 3: Taf. 12, 18). Grundriss von Stadttor 7 von Dūr-Šarrukīn (nach Frankfort 1936: Abb. 4). Vorschläge zur Identifizierung der Stadttore von Dūr-Šarrukīn.

Plan der Hauptzitadelle von Dūr-Šarrukīn (nach Heinrich 1984: Abb. 89).

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Abbildungsverzeichnis Abb. 132:

Grundriss von Zitadellentor A von Dūr-Šarrukīn (nach Loud/Altman 1938: Taf. 77).

Abb. 134:

Schematischer Querschnitt durch einen Festungsgraben.

Abb. 133:

Abb. 135: Abb. 136: Abb. 137: Abb. 138: Abb. 139: Abb. 140: Abb. 141: Abb. 143: Abb. 144: Abb. 145: Abb. 146: Abb. 147: Abb. 148: Abb. 149: Abb. 150: Abb. 151: Abb. 152: Abb. 153: Abb. 154: Abb. 155: Abb. 156:

259

Übersicht der Befestigungselemente, die an den hier behandelten Fundorten nachgewiesen wurden. Mögliche Formen von Festungsgräben (nach Keeley/Fontana/Quick 2007: Abb. 1). Textliche Erwähnungen von Festungsgräben neuassyrischer Siedlungen.

Schematische Darstellung der Bestandteile einer Befestigungsmauer und Möglichkeiten zur Gestaltung des Mauerwerks sowie des Verlaufs. Schematische Aufschlüsselung der Bestandteile eines Turms.

Schematische Gegenüberstellungen von Türmen, Mauervorsprüngen, Strebepfeilern und Risaliten.

Schema zur gegenseitigen Flankierung von Türmen (nach Keeley/Fontana/Quick 2007: Abb. 8). Möglichkeiten der Verbindung von Kurtinen entlang einer turmbewehrten Befestigungsmauer. Dimensionen neuassyrischer Mauervorsprünge.

Auflistung von Darstellungen von Befestigungsanlagen mit akzentuierten Tortürmen in der neuassyrischen Flachbildkunst. Beschriftete Wandnägel und »Terrakottakonsole« aus Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 102; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum, Foto-Sammlung DOG). Rekonstruktionsvorschlag der Zinnen der Befestigungsmauern Aššurs aus blauglasierten gebrannten Ziegeln (nach Andrae 1913a: Taf. 78). Kategorien von Befestigungsmauern.

Dimensionen neuassyrischer Befestigungsmauern. Erwähnungen von neuassyrischen šalḫû-Mauern.

Zusammenstellung der Formen der Befestigungsanlagen zentralassyrischer Siedlungen. Doppelmauersystem der Oberstadt von Ḫattuša (nach Puchstein 1984²: Abb. 38).

Optionen für die Gestaltung des Bereichs am Hauptdurchgang eines Tors (nach Keeley/ Fontana/Quick 2007: Abb. 3). Dimensionen neuassyrischer Torräume.

Rekonstruktion der Treppe im Westtor des Fort Shalmaneser von Kalḫu (nach Oates 1962: Taf. 3). Dimensionen neuassyrischer Tordurchgänge.

Verhältnis von Darstellungen von Toren mit Torbögen und horizontalen Türstürzen in der neuassyrischen Flachbildkunst, aufgeschlüsselt nach unterschiedlichen Kriterien (vgl. App. II.1).

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260

»Bergesgleich baute ich hoch«

Abb. 157:

Rekonstruktion der Bestandteile eines neuassyrischen Tors (nach Naumann 1971²: Abb. 216).

Abb. 159:

Zusammenstellung der an neuassyrischen Toranlagen festgestellten dekorativen Elemente.

Abb. 158:

Abb. 160: Abb. 161:

Abb. 162: Abb. 163: Abb. 164: Abb. 165: Abb. 166: Abb. 167: Abb. 168: Abb. 169: Abb. 170: Abb. 171: Abb. 172: Abb. 173: Abb. 174: Abb. 175: Abb. 176:

Rekonstruktionsvorschläge eines neuassyrischen Türschlosses (Fuchs 1998: 102–103 Textabbildungen). Raumerschließungsmuster neuassyrischer Stadttore.

Typologie neuassyrischer Stadttore: 1) Aššur, Unteres Tor; 2) Kalḫu, Shalmaneser Gate; 3) Aššur, westl. Außenwalltor (Bauzustand II); 4) Dūr-Šarrukīn, Tor 7; 5) Ninua, Tor 11; 6) Ninua, Tor 12; 7) Aššur, westl. Außenwalltor (Bauzustand I); 8) Aššur, westl. Binnenwalltor; 9) Aššur, südl. Binnenwalltor; 10) Kalḫu, Fort Shalmaneser, Umfassungsmauer; 11) Aššur, Tabīra-Tor; 12) Dūr-Šarrukīn, Tor A; 13) DūrŠarrukīn, Tor 3; 14) Dūr-Šarrukīn, Tor 4; 15) Ninua, Tor 4; 16) Ninua, Tor 5; 17) Ninua, Tor 10; 18) Aššur, Poterne Südwall; 19) Aššur, Poterne Unteres Tor (Bauzustand II); 20) Aššur, Poterne westl. Außenwalltor (Bauzustand III); 21) Kalḫu, Fort Shalmaneser, Südeingang. Rekonstruktionsvorschläge für die Bauweise eines neuassyrischen Stadttors zur Verbesserung der internen Beleuchtung mit Tageslicht. Vergleich altorientalischer Toranlagen.

Vergleich der Durchgangsbreiten altorientalischer Toranlagen.

Vergleich der Proportionen (Breite zu Tiefe) einer Auswahl von altorientalischen Torkammern (vgl. App. II.2). Merkmale intraurbaner Befestigungssyteme.

Vergleich von Zitadellen im vorderasiatischen Raum vom 3. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr. Parthischer Zustand des Tabīra-Tors von Aššur (nach Andrae 1913a: Taf. 32).

Kalkulation der Massen an Lehmziegel und der für das Verlegen der Ziegel anfallenden Personenarbeitstage, die für den Bau einiger der in dieser Arbeit behandelten Befestigungsanlagen notwendig gewesen wären. Häufigkeiten von in der neuassyrischen Flachbildkunst abgebildeten Belagerungstaktiken.

Potentielle Darstellung eines befestigten Belagerungsrings (nach Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 144.226–228).

Einsatz von Sturmleitern, Unterminierung und Feuer zur Eroberung einer Stadt aus der Zeit Aššur-bāni-aplis (nach Barnett 1976, 47; Taf. 36).

Aššur-nāṣir-apli-II.-zeitliche Reliefdarstellung einer Belagerung, bei der assyrische Soldaten die feindliche Mauer unterminieren und/oder Tunnel anlegen (nach Barnett 1960: Taf. 10–11). Aššur-bāni-apli-zeitliche Darstellung einer Belagerung, bei der eine Belagerungsrampe über den ersten Mauerring hinweg aufgeschüttet wurde, um den assyrischen Fußsoldaten das Eindringen zu erleichtern (nach Barnett 1976: Taf. 36). Rekonstruktionsvorschlag der Bestandteile eines neuassyrischen Rammbocks.

Zusammenstellung von Durchschnittswerten der Stärken altorientalischer Befestigungsmauern aus verschiedenen Epochen.

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Abbildungsverzeichnis Abb. 177:

Zusammenstellung der viewsheds der in dieser Arbeit besprochenen Siedlungen.

Abb. 179:

Übersicht der identifizierbaren Schutzgottheiten neuassyrischer Befestigungselemente.

Abb. 178:

Abb. 180: Abb. 181: Abb. 182: Abb. 183: Abb. 184:

261

Schematische Rekonstruktion des Kosmos nach mesopotamischer Vorstellung (nach PongratzLeisten 1994: Abb. 5). Zusammenstellung von Bezeichnungen von Toranlagen in neuassyrischen Briefen und Urkunden.

Vergleich der Relationen von Breite zu Tiefe bei großen Raumeinheiten in der neuassyrischen Architektur (vgl. App. II.5). Gegenüberstellung von Stadttoren und Thronsälen neuassyrischer Residenzstädte (nach Turner 1970b: Taf. 38).

Toranlagen neuassyrischer Tempel und Paläste: a) Königspalast in Dūr-Šarrukīn, b) Fort Shalmaneser in Kalḫu, c) Aššur-Tempel in Aššur, d) Nabû-Tempel in Dūr-Šarrukīn (nach Heinrich 1982: Abb. 355; Kertai 2015a: Taf. 9, 11; Frahm 1997: 172). Die Stadttore von a) Kār-Salmānu-ašarēd (nach Thureau- Dangin/Dunand 1936: Pl. E), b) Tušḫan (nach Matney et al. 2009: Abb.  22) und c) Ḫadātu (nach Thureau-Dangin et al. 1931: Abb. 27).

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Verzeichnis zitierter Texteditionen In diesem Verzeichnis enthalten sind Texteditionen, die entweder direkt zitiert wurden oder auf die im Text verwiesen wurde.

Abusch 2016: Maqlû II S. 204 Abusch 2016: Maqlû V S. 196 ARM 2: 101 S. 156 ARM 26/1: 168 S. 187 ARM 26/2: 318 S. 187 ARM 4: 31 S. 196 ARM 6: 29 S. 156 Borger 1996: A IX S. 205 CTN 2, 193 S. 212 CTN 2, 193 S. 82 Donbaz/Parpola 2001: Text 257 S. 26 Frahm 1997: T 10–11 (= App. I.4) S. 102, 105, 109, 110, 156 Frahm 1997: T 13 (= App. I.5) S. 105 Freedman 2006: Tablet 34 S. 198 Freedman 2017: Tablet 44 S. 199 Fuchs 1994: Ann S. 216 Fuchs 1994: Prunk S. 138 Fuchs 1994: Prunk klein S. 138, App. II.4 Fuchs 1994: Stier S. 142, 213, App. II.4 Fuchs 1994: Zyl (= App. I.6) S. 129, 130, 132, 133, 137, 138, 141, 156, 182, 183, 185, 198, 200, 214, App. II.4 GAB (= App. I.2–3) S. 48, 60, 71, 145, 156, 199 Hawkins 2000: A11a S. 211

Müller 1937: Text I S. 210 Müller 1937: Text II S. 171 Parker 1963: BT 109 S. 98 Parker 1963: BT 136 S. 99, 100 Radner 1999: Text 18 S. 71, 206, 212 RIMA 1: A.0.33.1 S. 206 RIMA 1: A.0.33.1 S. 60, 71 RIMA 1: A.0.33.11 S. 71 RIMA 1: A.0.74.1 S. 19 RIMA 1: A.0.75.8 S. 125 RIMA 1: A.0.76.8 S. 70 RIMA 1: A.0.76.10 S. 70 RIMA 1: A.0.78.1 S. 39 RIMA 1: A.0.78.3 S. 213 RIMA 1: A.0.78.19 S. 19, 34 RIMA 1: A.0.86.4 S. 105 RIMA 2: A.0.87.10 S. 103–104 RIMA 2: A.0.89.7 S. 38 RIMA 2: A.0.98.6 App. II.4 RIMA 2: A.0.98.6 S. 92 RIMA 2: A.0.99.2 S. 188 RIMA 2: A.0.100.2 S. 199, App. II.4 RIMA 2: A.0.101.1 S. 75, 79, 104, 179, 182, 210, App. II.4

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»Bergesgleich baute ich hoch«

RIMA 2: A.0.101.17 App. II.4 RIMA 2: A.0.101.26 App. II.4 RIMA 2: A.0.101.51 S. 100, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.10 S. 23, 198, 200, 216, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.11 S. 22, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.25 (= App. I.1) S. 20, 48, 60, 70, 71, 156, 213, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.26 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.27 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.40 S. 39, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.42 S. 214–215, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.43 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.44 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.46 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.47 S. 34, 36, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.48 S. 36, App. II.4 RIMA 3: A.0.102.94 S. 39 RIMA 3: A.0.102.99 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.100 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.101 App. II.4 RIMA 3: A.0.102.2007 S. 39 RIMA 3: A.0.103.1 S. 10 RIMA 3: A.0.104.2010 S. 213, 224 RIMB 2: B.2.8.6 S. 156 RIMB 2: B.6.32.1 App. II.4 RIME 2.1.1.2 S. 199 RIME 2.1.4.6 S. 199

RIME 4.2.13.18 S. 200 RIME 4: E4.1.2.3 S. 1 RIME 4: E4.3.6.2 S. 183 RINAP 1: Tiglath-Pileser III 39 S. 210 RINAP 3/1: Sennacherib 4 App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 7 App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 8 S. 1, 107, App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 15 S. 107, 198, App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 16 S. 107, 110, App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 17 S. 107, App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 18 S. 107, 110, 145, App. II.4 RINAP 3/1: Sennacherib 22 S. 105 RINAP 3/1: Sennacherib 38 S. 107, 118, 145, 207, App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 81 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 82 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 83 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 84 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 94 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 95 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 96 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 97 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 136 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 151 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 165 App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 169 S. 62 RINAP 3/2: Sennacherib 181 S. 63

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Verzeichnis zitierter Texteditionen RINAP 3/2: Sennacherib 182 S. 63 RINAP 3/2: Sennacherib 183 S. 63 RINAP 3/2: Sennacherib 184 S. 63 RINAP 3/2: Sennacherib 218 S. 92, 93, App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 219 S. 92, 93, App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 223 S. 191, App. II.4 RINAP 3/2: Sennacherib 230 S. 145 RINAP 4: Esarhaddon 1 S. 157, 202, 210 RINAP 4: Esarhaddon 2 S. 122 RINAP 4: Esarhaddon 61 S. 60 RINAP 4: Esarhaddon 64 S. 60 RINAP 4: Esarhaddon 78 S. 89, App. II.4 RINAP 4: Esarhaddon 81 S. 90 RINAP 4: Esarhaddon 104 App. II.4 RINAP 4: Esarhaddon 105 App. II.4 RINAP 4: Esarhaddon 106 App. II.4 RINAP 4: Esarhaddon 116 App. II.4 RINAP 5/1: Ashurbanipal 2 App. II.4 RINAP 5/1: Ashurbanipal 3 S. 210 RINAP 5/1: Ashurbanipal 4 S. 199, App. II.4 RINAP 5/1: Ashurbanipal 8 App. II.4 RINAP 5/1: Ashurbanipal 61 S. 50, App. II.4 SAA 1: 18 S. 145 SAA 1: 31 S. 194 SAA 1: 55 S. 18, 70, 212 SAA 1: 56 S. 18, 151

SAA 1: 64 S. 131, 183, 212 SAA 1: 65 S. 145, 182 SAA 1: 123 S. 145 SAA 1: 143 S. 145 SAA 1: 159 S. 185 SAA 1: 165 S. 212 SAA 2: 6 S. 12 SAA 3: 3 S. 200, 201 SAA 3: 34 S. 179 SAA 5: 296 S. 183 SAA 6: 335 S. 208 SAA 8: 459 S. 206 SAA 11: 15 S. 130–131, 151 SAA 11: 26 S. 205 SAA 12: 19 S. 185 SAA 12: 35 S. 206 SAA 12: 50 S. 82, 97, 208, 212 SAA 13: 19 S. 205 SAA 13: 33 S. 206, 213 SAA 13: 128 S. 206 SAA 13: 135 S. 209 SAA 14: 109 S. 208 SAA 14: 155 S. 206, 208, 212 SAA 15: 94 S. 149 SAA 15: 166 S. 195 SAA 15: 176 S. 145

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SAA 16: 100 S. 49, 212 SAA 16: 30 S. 209 SAA 16: 88 S. 205 SAA 16: 143 S. 127 SAA 18: 157 S. 198 SAA 19: 26 S. 145 SAA 19: 60 S. 199 SAA 19: 83 S. 145

»Bergesgleich baute ich hoch« SAA 19: 156 S. 154 SAA 20: 5 S. 210, 212 SAA 20: 7 S. 69–70, 210 SAACT 5: 16 S. 199 Saggs 1958: Text 44 S. 92 Streck 1916, Bd. 2: L3 S. 97 TCS 5: Chronicle 3 S. 12, 13

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Appendix I Übersetzungen relevanter Textpassagen neuassyrischer Königsinschriften I.1 Inschrift der Sitzstatue BM 118886 Salmānu-ašarēds III. (nach RIMA 3: A.0.102.25, 21–47)

»Als die große Mauer meiner Stadt, Assur, und seine šalḫû–Mauer, die die Könige, meine Väter, die mir vorangegangen waren, zuvor gebaut hatten – (als) diese Mauern verkamen und verfallen waren, nahm ich sie beide, als ein einziges Bauprojekt, vom Tabīra-Tor bis zum Tigris. Ich markierte ihren Verlauf, hob die Fundamentgrube aus, (und) baute sie komplett neu auf dem Kalkstein vom Fuß bis zur Krone. Ich legte hinein meine monumentale Inschrift (und) brachte die Inschriften der Könige, meiner Väter, zurück an ihre Plätze. Zu dieser Zeit waren sowohl (das Abbild des) Gottes Kidudu, Wächter der Mauer, als auch dieselbe Mauer heruntergekommen. Ich erneuerte (sie). Möge ein späterer Fürst die beschädigten (Abschnitte) der Mauern reparieren (und) meine Inschriften an ihren Platz zurückbringen. Dann wird Aššur ihre Gebete erhören. Der Name der Mauer ist: ›Dessen Glanz das Land bedeckt‹. Der Name der šalḫû–Mauer ist: ›Die die Regionen erschüttert‹. Der Gott Ulāi ist der Wächter seiner Stadt (und) der Gott Kidudu ist der Wächter seiner Mauer. Der Name des Tabīra-Tors ist: ›Eingang aller Länder durch die starke Mauer‹. ›Der die Fürsten unter Kontrolle hält‹ ist das Tabīra-Tor [I]. ›Günstig für die Truppen‹ (und) ›der Eingang des Königs‹ ist das mušlālu-Tor [II]. ›Der den herausragenden (Thron) macht‹ ist das Zikkurat-Tor [III]. ›Aššur macht den Schlechten nieder‹ ist das Aššur-Tor [IV]. ›Erhaben ist der Stierkoloss des Königs‹ ist das Tor der Statue [V]. ›Der Gott Šamaš schlägt die Aufständigen‹ ist das [Šamaš]-Tor [VI]. ›Der das beste Bier für die Götter bringt‹ ist das … Fluss-Tor [VII]. ›Es ist nicht erlaubt sich nicht zu unterwerfen‹ ist das Tisarru-Tor [VIII].«

I.2 Auflistung der Stadttore Aššurs im »Götteradressbuch« (nach Pongratz-Leisten 1994: 29)

»›(Tor, durch welches) sich die Fürsten nähern: das Metallarbeitertor [bzw. Tabīra-Tor]‹ [I]; ›(Tor, welches) seinen Mannen gefällt: das Einzugstor des Königs: das mušlālu‹ [II]; ›(Tor, welches) den arattäischen (Thron) fest begründet: das Zikkurat-Tor‹ [III]; ›(Tor des Namens:) Aššur ist der Unterwerfer der Hochmütigen: das Aššur-Tor‹ [IV]; ›(Tor des Namens:) Gnädig ist die Schutzgöttin des Königs: das Tor der Statue‹ [V]; ›(Tor des Namens:) Šamaš, töte die Überheblichen! das Šamaš-Tor‹ [VI]; ›(Tor, welches) den Göttertrank zubereitet: Tor der Flussschiffe(?)‹ [VII]; ›(Tor des Namens:) Verbotenes, zu dem Einwilligung nicht gegeben ist:1 Tor der Einschließung(?)‹ [VIII]; ›(Tor des Namens:) Šērūʾa ist es, die ihrem Land Gutes heranbringt: das Šērūʾa-Tor‹ [IX]; ›(Tor des Namens:) Begründer des Königsthrons: das Ost-Tor‹ [X]; ›(Tor des Namens:) Erhabene Hand des Šakkan: das Kleinviehtor‹ [XI]; ›(Tor des Namens:) Lange während sei die Versammlung der Leute: das Illat-Tor‹ [XII]; ›(Tor des Namens:) Erhabene Hand: Haufen: Tor ihrer Festsetzung‹ [XIII]. Summe: 13 Tore der Stadt Aššur.« 1

Variante: Verbotenes ohne Einwilligung (vgl. Pongratz-Leisten 1994: 29).

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»Bergesgleich baute ich hoch«

268

I.3 Angaben zu den Stadtmauern und dem Festungsgraben von Aššur im »Götteradressbuch« (nach George 1992: Text 20, 134–141)

»Ulāi, Wächter seiner Stadt [Aššur]; ›Herr, der in der Nacht kriecht‹, der Wächter ihrer Mauer; ›Erdwurm‹, der Wächter ihrer šalḫû; Agudu, der Wächter ihrer… ›Enlil ist ein Held‹, der Wächter [seiner…] Ihre Stadtmauer: ›Erschütterer [der Weltgegenden‹] Ihre šalḫû: ›Erschütterer [der Weltgegenden‹] ›Schlange‹, ihr Stadtgraben…«

I.4 Sîn-aḫḫē-erības Bericht über den Bau der Fortifikationen Ninuas (nach Frahm 1997: T 10–11, 150–216)

»Was Ninua anbelangt, dessen Umfang seit anfänglichen Tagen 9 300 Ellen betragen hatte und für das meine königlichen Vorgänger keine Innen- [dūru] und Außenmauer [šalḫû] hatten bauen lassen, so fügte ich 12 515 (Ellen) von der Fläche der um die Stadt gelegenen Fluren zum früheren Maß hinzu und legte die Länge (ihres Umfangs) mit 21 815 Großellen fest. Das Fundament ihrer großen Innenmauer [dūru] Badnigalbikurašušu, (d. h.) ›Mauer, deren Schreckensglanz die Feinde niederwirft‹ errichtete ich auf Kalkstein(blöcken). Ich machte sie 40 Ziegel(lagen) dick und erhöhte ihre Spitzen auf 180 Ziegelschichten. [Auflistung von 14 Stadttoren]2

Ich öffnete das Fundament der Außenmauer [šalḫû] Badnigerimḫuluḫa, (d. h.) ›Mauer, welche die Feinde erschüttert‹, grub ¾(?) NINDANU tief und ließ es bis zum Grundwasser reichen. Inmitten des Wassers fügte ich unten festes Berggestein zusammen und vollendete ihr (d. h. der Mauer) Werk nach oben hin – bis zu ihrem Zinnenkranz – mit großen Kalkstein(blöcken). Ich vergrößerte die Anlagen Ninuas, der Stadt meiner Herrschaft, erweiterte seine Plätze und ließ es wie Tag erstrahlen. Innen- und Außenmauer [dūru u šalḫû] ließ ich erbauen und machte sie so hoch wie Gebirge. […] Gegenüber dem Tor der ›Innenstadt‹ [KÁ.GAL MURUB4 URU] ließ ich aus Backstein und weißem Kalkstein eine Brücke zum Überqueren für meinen herrschaftlichen Wagen bauen.«

I.5 Sîn-aḫḫē-erības Auflistung der Stadttore Ninuas (nach Frahm 1997: T 13, vii 10′–40′)

»Nach den vier Windrichtungen hin ließ [ich] in ihr vorne und hinten, (also) zu beiden Seiten, zum Hineinund Herausgehen 18 Tore öffnen: ›Šarur ist es, der den Feind des Königs fällt‹, das Ḫandūri-Tor [I]; ›Der Vizekönig des Gottes Aššur möge alt werden‹, das Aššur-Tor nach Libbi-āli (= Aššur) [II]; ›Der, welcher sämtliche Feinde niederwalzt‹, das Sîn-aḫḫē-erība-Tor zum Lande Ḫalzi [III]; ›Enlil ist es, der die Regierung festigt‹, das Šamaš-Tor zum Lande Gagal [IV]; ›Die Regierung Sîn-aḫḫē-erības möge fest sein wie der Standort des Wagensterns‹, das Mullissu-Tor nach Kār-Mullissu [V]; ›(Tor), welches das ‚Fleisch‘ des asakku-Dämons hinausgehen lässt‹, das mušlālu-Tor [VI]; ›(Tor), in dem sich beständig die Wohltaten Ašnans (d. h. Getreide) und Laḫars (d. h. Kleinvieh) befinden‹, das Tor (nach) Šibaniba [VII]; ›(Tor), das den Ertrag des Gebirges bringt‹, das Tor (zum) Lande Ḫalaḫḫu [VIII]; – insgesamt acht Tore zum Sonnenaufgang hin, in Richtung Süden und Osten, die versah ich mit ihren Benennungen. 2

Für die vollständige Liste der Stadttore siehe App. I.5.

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Appendix I

269

›Adad ist es, der dem Land Fülle schenkt‹, das Adad-Tor zum ambassu-Garten [IX]; ›Erra ist es, der die Feinde fällt‹, das Nergal-Tor nach Tarbiṣu [X]; ›Nannaru ist es, der meine herrschaftliche Krone fest macht‹, das Sîn-Tor [XI]; ›Ea ist es, der meine Quelle fließen lässt‹, das Tor der Wasserstellen [Mašqî] [XII]; ›Sein Erbauer möge bestehen‹, das mušlālu des Palastes [XIII]; ›Igisigsig ist es, der die Obstgärten gedeihen lässt‹, das mušlālu des Gartens [XIV]; ›(Tor), welches den Ertrag der bewohnten Welt hineinlässt‹, das Tor (zum) Kai [XV]; ›Sein Bauherr möge ewig Bestand haben‹, das mušlālu des ekal mašārti [XVI]; ›Anum ist es, der mein Leben schützt‹, das Tor der pilku-Verpflichtung des Landes Barḫalzi [XVII]; ›Die Geschenke der Leute von Tema und Sumuʾil kommen dort hinein‹, das Wüstentor [XVIII]; – insgesamt zehn Tore in Richtung Norden und Westen, denen verlieh ich ihre Bezeichnungen.

I.6 Šarru-ukīns II. Beschreibung der Fortifikationen Dūr-Šarrukīns (nach Fuchs 1994: Zyl, 65–71

»16 280 Ellen, meinen Namen, machte ich zum Maß ihres Mauerumfangs, und auf massivem Felsgestein gab ich ihr ein festes Fundament. An Vorder- und Rückfront, (sowie) an beiden Seiten öffnete ich in Richtung auf die acht(!) Winde acht Stadttore: ›Šamaš ist es, der mich mein Ziel erreichen lässt‹ [I], ›Adad ist es, der für sie [die Stadt] Überfluss bereithält‹ [II] nannte ich das Stadttor des Šamaš und das Stadttor des Adad noch Osten [IM.KUR.RA] hin. ›Enlil ist es, der das Fundament meiner Stadt festigt‹ [III], ›Mulissu ist es, die reichen Ertrag sprießen lässt‹ [IV] bezeichnete ich das Stadttor des Enlil und das der Mulissu nach Norden [IM.SI.SÁ] hin. ›Anu ist es, der das Werk meiner Hände bewahrt‹ [V], ›Ištar ist es, die ihre [der Stadt] Bewohner gedeihen lässt‹ [VI] hieß ich das Stadttor des Anu und das der Ištar nach Westen [IM.MAR.TU] hin. ›Ea ist es, der für ihre Quelle sorgt‹ [VII], ›Bēlet-ilī ist es, die ihren [der Stadt] Nachwuchs vermehrt‹ [VIII] benannte ich das Stadttor des Ea und das Stadttor der Bēlet-ilī nach Süden [IM.U19.LU] hin. ›Aššur ist es, der sowohl der Regierungszeit des Königs, der sie erbaut hat, lange Dauer verleiht, als auch seine Nachkommenschaft schützt‹ ist ihre Mauer [dūru]. ›Ninurta ist es, der das Fundament des Walles festigt bis in allerfernste Zeiten‹ ist ihre Außenmauer [šalḫû].«

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»Bergesgleich baute ich hoch«

270

Appendix II II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst Orthostat Bronzeband * TB = Torbogen; HT = horizontaler Türsturz

Turm

x

TB

x

Barnett 1960: 23

Aššur-nāṣir-apli II.

Barnett 1960: 25

Aššur-nāṣir-apli II.

Yadin 1963: 388–389.8

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 118

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 120

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 122

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Meuszynski 1981: Taf. 2.B-8

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Meuszynski 1981: Taf. 3.B-28

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 10

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 12

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 20

Aššur-nāṣir-apli II.

Curtis/Tallis 2008: Abb. 22

x

x

TB

x

x

TB

x

TB

x

TB

x

TB

x

TB

x

x

x

x x x x

x x

x

x x

x TB

x

nein

Toranlage*

x

Aššur-nāṣir-apli II.

ja

Binnenmauer

x

Barnett 1960: 10–11

Sonstiges

Stadtmauer

Regierungszeit

Turmfenster

Zwingermauer

Zitat Abbildung

Stadtgraben

Befestigungselemente

x x

x

x

TB

x

x

x

TB

x

x

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 24

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 26

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Appendix II

271

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 34 oben

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 34 unten

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 38

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 58

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 66

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 68

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 70

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 72

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 74

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 76

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 78

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 80

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 82

Aššur-nāṣir-apli II.

x

HT

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 84

Aššur-nāṣir-apli II.

x

HT

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 86

Aššur-nāṣir-apli II.

x

TB

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 97

Aššur-nāṣir-apli II. (?)

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 15.35

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 15.14

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 18.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 21.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

TB

TB

TB

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nein

x

ja

Aššur-nāṣir-apli II.

Regierungszeit

Sonstiges

Curtis/Tallis 2008: Abb. 28

Zitat Abbildung

Stadtmauer

Turm

Turmfenster

Toranlage*

Binnenmauer

Zwingermauer

Stadtgraben

Befestigungselemente

»Bergesgleich baute ich hoch«

272

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 22.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 24.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 26

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 28.b

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 29.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 30.b

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

Schachner 2007: Taf. 31.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 33.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 33.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 34.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 34.b oben

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 34.b unten

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 35.b oben

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 35.b unten

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 38.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 39.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 42 oben

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 42 unten

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 43.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 44.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 45.a

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 46.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 48.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

Schachner 2007: Taf. 50.b

Salmānu-ašarēd III.

x

HT

Schachner 2007: Taf. 51.a

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 53.a

Salmānu-ašarēd III.

x

nein

Salmānu-ašarēd III.

ja

Schachner 2007: Taf. 21.b

Sonstiges

Regierungszeit

Stadtmauer

Zitat Abbildung

Turm

Turmfenster

Toranlage*

Binnenmauer

Zwingermauer

Stadtgraben

Befestigungselemente

x

x x

x

x x

TB

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x

Appendix II

273

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

x

x

TB

x

x

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 57.b

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 58.b, 59.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 60.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 61.a oben

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Schachner 2007: Taf. 61.a unten

Salmānu-ašarēd III.

x

TB

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 4

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

HT

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 10

Tukultī-apil-Ešarra III.

HT

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 34

Tukultī-apil-Ešarra III.

HT

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 40

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 45

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 51

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

HT

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 56

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

TB

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 61

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

HT

x

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 62

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

x

HT

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 68

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

x

HT

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 79

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 90

Tukultī-apil-Ešarra III.

Stadtmauer

Schachner 2007: Taf. 54.a

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 55.a

Salmānu-ašarēd III.

Schachner 2007: Taf. 56.a

x

x x

x

x

x

x x

x x

x

x

TB

x

x

x

x

x x

x

x

x

x x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 32

Šarru-ukīn II.

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 33

Šarru-ukīn II.

x

x

nein

x

Regierungszeit

ja

TB

Zitat Abbildung

Sonstiges

Turm

x

Stadtgraben

Toranlage*

Turmfenster

Binnenmauer

Zwingermauer

Befestigungselemente

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x

»Bergesgleich baute ich hoch«

274

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 49

Šarru-ukīn II.

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 55

Šarru-ukīn II.

x

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 61

Šarru-ukīn II.

x

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 64

Šarru-ukīn II.

x

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 68

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 70 oben

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 70 unten

Šarru-ukīn II.

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 77

Šarru-ukīn II.

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 78

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 86

Šarru-ukīn II.

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 89

Šarru-ukīn II.

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 90

Šarru-ukīn II.

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 93

Šarru-ukīn II.

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 96

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 97

Šarru-ukīn II.

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 145

Šarru-ukīn II.

x

x

TB

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 147

Šarru-ukīn II.

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 38, 30a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998, Taf. 44.34a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 46.36a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

x

ja

Regierungszeit

Turm

Zitat Abbildung

nein

Turmfenster Sonstiges

Toranlage*

Binnenmauer

Stadtmauer

Zwingermauer

Stadtgraben

Befestigungselemente

x

x

TB

x

x

x

x

x

TB

x

x

TB

x

x

x

x

x

x

x TB

x

x x

x HT

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x x

Appendix II

275

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

x

HT

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 54–55.49a–50a

Sîn-aḫḫē-erība

x

TB

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 57.59a

Sîn-aḫḫē-erība

x

TB

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 64.70a, 66.71a, 68.72a

Sîn-aḫḫē-erība

x

TB

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 76.91

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 94.129a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 151.227

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 168.240

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 198.278a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 198-199.278a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 203.283c

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 206.282a, 280.283a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 226.309a

Sîn-aḫḫē-erība

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 271.365b, 272.366a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 322–334.428–431

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 359.448a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 364.452

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 374.481a, 375.482a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

HT

x x

x x

x

TB

x

x

HT

x

x

x

x

HT

x

x

HT

x

x

TB

x

x

TB

x

x

HT

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

nein

Sîn-aḫḫē-erība

ja

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 49.45a

Sonstiges

Regierungszeit

Stadtmauer

Zitat Abbildung

Turm

Turmfenster

Toranlage*

Binnenmauer

Zwingermauer

Stadtgraben

Befestigungselemente

HT x

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x x

»Bergesgleich baute ich hoch«

276

App. II.1 Darstellungen von Befestigungselementen in der neuassyrischen Flachbildkunst

x

x

HT

x

x

Sîn-aḫḫē-erība

x

TB

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 428.552a

Sîn-aḫḫē-erība

x

HT

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 456.626a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 461.637a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 471.652

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 502.691a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett 1976: Taf. 17 Slabs 3–4

Aššur-bāni-apli

x

x

HT

x

x

Barnett 1976: Taf. 21 Slab 15

Aššur-bāni-apli

x

x

HT

x

x

Barnett 1976: Taf. 23 Slab 10

Aššur-bāni-apli

x

x

x

TB

x

x

Barnett 1976: Taf. 26 Slab 9

Aššur-bāni-apli

x

x

x

TB

x

x

Barnett 1976: Taf. 35 Slabs 12–13

Aššur-bāni-apli

x

TB

x

x

Barnett 1976: Taf. 36 Slabs 19–20

Aššur-bāni-apli

x

HT

x

x

Barnett 1976: Taf. 36 Slab 17

Aššur-bāni-apli

x

HT

x

x

Barnett 1976: Taf. 60

Aššur-bāni-apli

x

x

Barnett 1976: Taf. 66 Slab A

Aššur-bāni-apli

x

x

Barnett 1976: Taf. 70.g

Aššur-bāni-apli

Barnett 1976: Taf. 71.h

Aššur-bāni-apli

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 311.386c

Aššur-bāni-apli

Stadtmauer

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 381.488a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 396–397.508a– 509a

Sîn-aḫḫē-erība

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 410.523a-524a

(x)

x

x

HT

x

x

x x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

HT

nein

x

Regierungszeit

ja

HT

Zitat Abbildung

Sonstiges

Turm

x

Stadtgraben

Toranlage*

Turmfenster

Binnenmauer

Zwingermauer

Befestigungselemente

HT

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Appendix II

277

II.2 Proportionen altorientalischer Torkammern (zu Abb. 165) Nr.

Bezeichnung

Länge / Tiefe (m)

Breite (m)

Relation (B/T)

Fläche (m²)

Quelle

1

Alalaḫ, Toranlage (MBZ)

3,00

5,00

1,67

15,00

Naumann 1971²: Abb. 380

2

Qaṭna, Osttor

5,00

8,00

1,60

40,00

Naumann 1971²: Abb. 381

3

Kār-Tukultī-Ninurta, Tor D

15,00

8,00

0,53

120,00

Eickhoff 1985: 20

4

Čoġā Zanbīl, Mittlere Mauer; großes SO-Tor; Torkammer

6,00

3,00

0,50

18,00

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 154

5

Čoġā Zanbīl, Mittlere Mauer; kleines SO-Tor; Torkammer

2,00

4,80

2,40

9,60

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 157

6

Čoġā Zanbīl, Mittlere Mauer; SW-Tor; Torkammer

5,20

3,30

0,63

17,16

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 158

7

Čoġā Zanbīl, Mittlere Mauer; NO-Tor; Torkammer

4,20

6,00

1,43

25,20

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 160

8

Čoġā Zanbīl, Äußere Mauer; SOTor; Torkammer außen

8,00

6,00

0,75

48,00

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 172

9

Čoġā Zanbīl, Äußere Mauer; SOTor; Torkammer innen

4,50

6,20

1,38

27,90

Mofidi-Nasrabadi 2013: Abb. 172

10

Šarišša, NW-Tor

12,50

4,00

0,32

50,00

Müller-Karpe et al. 2004: 147

11

Ḫattuša, Königstor

6,25

7,80

1,25

48,75

Puchstein 1984²: Taf. 15

12

Ḫattuša, Löwentor

6,00

7,70

1,28

46,20

Puchstein 1984²: Taf. 20

13

Ḫattuša, Unteres Westtor

6,30

7,42

1,18

46,75

Puchstein 1984²: Taf. 25

14

Ḫattuša, Oberes Westtor

5,05

6,08

1,20

30,70

Puchstein 1984²: Taf. 27

15

Ḫattuša, Spinxtor

5,50

6,50

1,18

35,75

Puchstein 1984²: Taf. 9

16

Alaça Höyük

5,00

6,50

1,30

32,50

Naumann 1971²: Abb. 379

17

Karkamiš, Westor Torkammer 1

3,00

20,00

6,67

60,00

Woolley 1921: Taf. 4.b

18

Karkamiš, Westor Torkammer 2

3,25

22,00

6,77

71,50

Woolley 1921: Taf. 4.b

19

Karkamiš, Südtor

3,80

20,00

5,26

76,00

Woolley 1921: Taf. 12

20

Azatiwataya, Nordtor

3,60

15,70

4,36

56,52

Sicker-Akman 2014: Abb. 15

21

Azatiwataya, Südtor

4,60

15,10

3,28

69,46

Sicker-Akman 2014: Abb. 21

22

Samʾal, südl. Stadttor (Außentor)

11,00

9,80

0,89

107,80

Koldewey 1898: Taf. 10

23

Samʾal, südl. Stadttor (Innentor)

4,90

25,40

5,18

124,46

Koldewey 1898: Taf. 10

24

Samʾal, westl. Stadttor

5,30

19,60

3,70

103,88

Koldewey 1898: Taf. 11

25

Samʾal, Burgtor

4,89

11,16

2,28

54,57

Koldewey 1898: Taf. 13

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

»Bergesgleich baute ich hoch«

278

App. II.2 Proportionen altorientalischer Torkammern (zu Abb. 165)

Nr.

Bezeichnung

Länge / Tiefe (m)

Breite (m)

Relation (B/T)

Fläche (m²)

Quelle

26

Samʾal, Quermauertor

3,50

21,50

6,14

75,25

Koldewey 1898: Taf. 14

27

Bābili, Ištar-Tor, Haupttor

14,90

8,05

0,54

119,95

Koldewey 1918: Taf. 3

28

Bābili, Ištar-Tor, Vortor

3,68

21,69

5,89

79,82

Koldewey 1918: Taf. 3

29

Bābili, Südtor, Vortor

3,50

18,00

5,14

63,00

Halama 2011a: 167

30

Bābili, Brückentor

3,65

9,00

2,47

32,85

Wetzel 1969²: Taf. 55

31

Aššur, Tabīra-Tor, Torkammer 1

2,50

15,70

6,28

39,25

vgl. Abb. 27

32

Aššur, Tabīra-Tor, Torkammer 2

4,25

15,70

3,69

66,73

vgl. Abb. 27

33

Aššur, westl. Außenwalltor (Zustand I)

4,36

16,50

3,78

71,94

vgl. Abb. 35

34

Aššur, südl. Binnenwalltor

4,37

16,30

3,73

71,23

vgl. Abb. 44

35

Dūr-Šarrukīn, Tor 3, Torkammer 1

6,10

22,50

3,69

137,25

vgl. Abb. 125

36

Dūr-Šarrukīn, Tor 3, Torkammer 2

5,80

24,00

4,14

139,20

vgl. Abb. 125

37

Dūr-Šarrukīn, Tor 7

6,50

21,00

3,23

136,50

vgl. Abb. 129

38

Dūr-Šarrukīn, Tor A

5,75

18,00

3,13

103,50

vgl. Abb. 132

39

Kalḫu, Fort Shalmaneser Binnenwalltor

4,70

16,80

3,57

78,96

vgl. Abb. 82

40

Ninua, Tor 10

7,60

23,00

3,03

174,80

vgl. Abb. 110

41

Ninua, Tor 12

6,40

24,60

3,84

157,44

vgl. Abb. 114

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Appendix II

279

II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst Orthostat

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett 1960: 25

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Yadin 1963: 388–389.8

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 118

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 122

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Meuszynski 1981: Taf. 3.B-28

Aššur-nāṣir-apli II.

Curtis/Tallis 2008: Abb. 10

Aššur-nāṣir-apli II.

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 12

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 76

Aššur-nāṣir-apli II.

x

x

x

Curtis/Tallis 2008: Abb. 86

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 15.13–14

Salmānu-ašarēd III.

x

x

Schachner 2007: Taf. 18.b

Salmānu-ašarēd III.

x

x

Schachner 2007: Taf. 22.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

Schachner 2007: Taf. 26.b

Salmānu-ašarēd III.

x

x

Schachner 2007: Taf. 29.a

Salmānu-ašarēd III.

x

x

Schachner 2007: Taf. 28.b

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 39.a

Salmānu-ašarēd III.

Schachner 2007: Taf. 42.a–b oben

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 42.a–b unten

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 45.a

Salmānu-ašarēd III.

x

Sonstiges

Barnett 1960: 23

Wasser

x

Feuer

x

Belagerungsturm

x

Mauerbrecher

Unterhöhlung

Aššur-nāṣir-apli II.

Regierungszeit

Rampe

Sturmleiter

Barnett 1960: 10–11

Abbildung

Blockade

Beschuss

Bronzeband

x x

x

x x

x

x

x

x x

x

x

x x

x x x

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

»Bergesgleich baute ich hoch«

280

Schachner 2007: Taf. 55.a

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 58.b oben rechts

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 60.a

Salmānu-ašarēd III.

x

Schachner 2007: Taf. 61.a oben

Salmānu-ašarēd III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 4

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 10

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 31–34

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 40

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 51

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Barnett/Falkner 1962: Taf. 61

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 62

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 79

Tukultī-apil-Ešarra III.

Barnett/Falkner 1962: Taf. 88–89

Tukultī-apil-Ešarra III.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 49

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 55

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 61

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 68

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 70 oben

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 70 unten

Šarru-ukīn II.

x

x

x

x x

x x

x x

x x x

x x x

x

x

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Sonstiges

x

Wasser

Salmānu-ašarēd III.

Feuer

Schachner 2007: Taf. 56.a oben

Belagerungsturm

x

Mauerbrecher

x

Rampe

Salmānu-ašarēd III.

Regierungszeit

Unterhöhlung

Sturmleiter

Schachner 2007: Taf. 46.b oben

Abbildung

Blockade

Beschuss

App. II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst

Appendix II

281

x

x

x

x

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 64.70a, 66.71a, 68.72a

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 71.84

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 76.91

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 144.226–228

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 158.238–241

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 198–199.278a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 203.282c, 284

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 206–209.282–283

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 268–273.364–366

Sîn-aḫḫē-erība

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 86

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 89

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 90

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 93

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 96

Šarru-ukīn II.

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 97

Šarru-ukīn II.

x

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 145

Šarru-ukīn II.

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 2: Taf. 147

Šarru-ukīn II.

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 54–55.49a–50a

x

x

x

x

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Sonstiges

x

Šarru-ukīn II.

Wasser

x

Botta/Flandin 1849–1850: Bd. 1: Taf. 77

Feuer

x

Regierungszeit

Belagerungsturm

Mauerbrecher x

Abbildung

Unterhöhlung

x

Sturmleiter

x

Beschuss

x

Blockade

Rampe

App. II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst

»Bergesgleich baute ich hoch«

282

x

x

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 359.448a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 370.481–482

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 381.488a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 456.626a

Sîn-aḫḫē-erība

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 471.652

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 502.691a

Sîn-aḫḫē-erība

x

Barnett 1976: Taf 17 Slabs 3–4

Aššur-bāni-apli

x

x

x

Barnett 1976: Taf 21 Slab 15

Aššur-bāni-apli

x

x

x

x

Barnett 1976: Taf. 36 Slabs 19–20

Aššur-bāni-apli

x

x

x

x

Barnett 1976: Taf. 36 Slab 17

Aššur-bāni-apli

x

x

x

x

Barnett 1976: Taf. 60

Aššur-bāni-apli

x

x

Barnett 1976: Taf. 70.g

Aššur-bāni-apli

x

x

x

Barnett 1976: Taf. 71.h

Aššur-bāni-apli

x

(x)

x

Feuer

x

Blockade

Sîn-aḫḫē-erība

x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

Sonstiges

x

Barnett/Bleibtreu/Turner 1998: Taf. 322–334.428–431

Wasser

Mauerbrecher

x

Belagerungsturm

Rampe

x

Regierungszeit

Sturmleiter

x

Abbildung

Beschuss

Unterhöhlung

App. II.3 Darstellungen von Belagerungsmethoden in der neuassyrischen Flachbildkunst

Appendix II

283

Texträger

Regierungszeit

Fundort(e)

Bezug Bef.-element

Bef.-element

anderer/s Ort/Bauwerk

Taten

Bauwerke

II.4 Übersicht neuassyrischer Königsinschriften mit Bezug zu zentralassyrischen Fortifikationen

RIMA 2: A.0.98.3

Tonnägel

Aššūr-dān II.

Aššur

Aššur, Tabīra-Tor

x

x

RIMA 2: A.0.100.2

Tontafel

Tukultī-Ninurta II.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

x

RIMA 2: A.0.101.1

Reliefinschrift

Aššur-nāṣir-apli II.

Kalḫu

Kalḫu, Stadtmauer

x

x

x

x

RIMA 2: A.0.101.17

Stele

Aššur-nāṣir-apli II.

Kalḫu

Kalḫu, Stadtmauer

x

x

x

x

RIMA 2: A.0.101.26

Steintafeln

Aššur-nāṣir-apli II.

Kalḫu, Imgur-Enlil

Kalḫu, Stadtmauer

x

x

x

x

RIMA 2: A.0.101.51

Bronzeband

Aššur-nāṣir-apli II.

Imgur-Enlil

Imgur-Enlil, Stadtmauer

x

x

x

x

RIMA 3: A.0.102.10

Steintafel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

RIMA 3: A.0.102.11

Steintafel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

RIMA 3: A.0.102.25

Statue

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer & Tore

(x)

RIMA 3: A.0.102.26

Goldtafel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

(x)

RIMA 3: A.0.102.27

Steinkiste

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

x

RIMA 3: A.0.102.40

Statue

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

**

x

RIMA 3: A.0.102.42

Tonnagel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer & Tore

x

x

RIMA 3: A.0.102.43

Tonnagel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer & Tore

x

RIMA 3: A.0.102.44

Tonnagel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer & Tore

x

RIMA 3: A.0.102.46

Tonnagel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Tabīra-Tor

x

RIMA 3: A.0.102.47

Türangelstein

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Tabīra-Tor

x

x

RIMA 3: A.0.102.48

Türangelstein

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer & Tore

x

x

RIMA 3: A.0.102.99

Ziegel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur, Tall Ḥuwaīš B

Aššur, Stadtmauer

x

RIMA 3: A.0.102.100

Ziegel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Stadtmauer

x

RIMA 3: A.0.102.101

Ziegel

Salmānu-ašarēd III.

Aššur

Aššur, Tabīra-Tor

x

Fuchs 1994: Zyl

Zylinder

Šarru-ukīn II.

Dūr-Šarrukīn

Dūr-Šarrukīn, Stadtmauer & Tore

sichtbar*

nein

Fundkontext*

ja

Text

x

sonstiger Inhalt

x x

x x

x x (x)

x

x x

x

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x

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x

x

x

»Bergesgleich baute ich hoch«

284

App. II.4 Übersicht neuassyrischer Königsinschriften mit Bezug zu zentralassyrischen Fortifikationen

Texträger

Regierungszeit

Fundort(e)

Bezug Bef.-element

Fuchs 1994: Prunk klein

Orthostaten

Šarru-ukīn II.

Dūr-Šarrukīn

Dūr-Šarrukīn, Stadtmauer & Tore

Fuchs 1994: Stier

Stierkoloss

Šarru-ukīn II.

Dūr-Šarrukīn

Dūr-Šarrukīn, Stadtmauer & Tore

RINAP 3/1: Sennacherib 4

Zylinder

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, Stadttor im Siedlungsinneren

RINAP 3/1: Sennacherib 7

Zylinder

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, innerstädtische Befestigungen

(x)

RINAP 3/1: Sennacherib 8

Zylinder

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen; innerstädtische Befestigungen

(x)

x

x

RINAP 3/1: Sennacherib 15

Prisma

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

(x)

x

x

RINAP 3/1: Sennacherib 16

Prisma

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

(x)

x

x

RINAP 3/1: Sennacherib 17

Prisma

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

(x)

x

x

RINAP 3/1: Sennacherib 18

Prisma

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

(x)

x

x

RINAP 3/1: Sennacherib 38

Stele

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

RINAP 3/2: Sennacherib 81

Ziegel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

RINAP 3/2: Sennacherib 82

Orthostaten

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

RINAP 3/2: Sennacherib 83

Orthostaten

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

RINAP 3/2: Sennacherib 84

Steinblock

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

RINAP 3/2: Sennacherib 94

Ziegel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

RINAP 3/2: Sennacherib 95

Ziegel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

RINAP 3/2: Sennacherib 96

Ziegel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

(x)

RINAP 3/2: Sennacherib 97

Ziegel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

x

(x)

RINAP 3/2: Sennacherib 136

Tontafel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen; innerstädtische Befestigungen

(x)

RINAP 3/2: Sennacherib 151

Tontafel

Sîn-aḫḫē-erība

Ninua

Ninua, Stadttore

(x)

RINAP 3/2: Sennacherib 165

Prisma

Sîn-aḫḫē-erība

Aššur

Aššur, Stadtmauer

Bauwerke

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

x

nein

Taten

sonstiger Inhalt

ja

x

sichtbar*

anderer/s Ort/Bauwerk

Fundkontext* Bef.-element

Text

x

(x)

x

x

x x

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x x

(x)

x

(x)

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© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

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Appendix II

285

Fundort(e)

Bezug Bef.-element

ja

RINAP 3/2: Sennacherib 218

Steinblock

Sîn-aḫḫē-erība

Kilizu

Kilizu, Hauptmauer und Niederwall

x

x

RINAP 3/2: Sennacherib 219

Ziegel, gebrannt

Sîn-aḫḫē-erība

Kilizu

Kilizu, Hauptmauer und Niederwall

x

RINAP 3/2: Sennacherib 223

Felswand

Sîn-aḫḫē-erība

Ḫinis

Ninua, Hauptmauer und Niederwall

x

RINAP 4: Esarhaddon 78

Zylinder

Aššur-aḫa-iddina

Kalḫu

Kalḫu, äußere Befestigungen

x

x

RINAP 4: Esarhaddon 104

Prisma

Aššur-aḫa-iddina

Bābili, Sippar, Aššur

Bābili, Hauptmauer und Niederwall

x

(x)

x

RINAP 4: Esarhaddon 105

Prisma

Aššur-aḫa-iddina

Bābili?

Bābili, Hauptmauer und Niederwall

(x)

x

RINAP 4: Esarhaddon 106

Prisma

Aššur-aḫa-iddina

Bābili?

Bābili, Hauptmauer und Niederwall

(x)

x

RINAP 4: Esarhaddon 116

Tontafel

Aššur-aḫa-iddina

Ninua

Bābili, Stadtmauer

RIMB 2: B.6.32.1

Zylinder

Aššur-bāni-apli

Bābili

Bābili, äußere Befestigungen

RINAP 5/1: Ashurbanipal 2

Prisma

Aššur-bāni-apli

Ninua

RINAP 5/1: Ashurbanipal 4

Prisma

Aššur-bāni-apli

RINAP 5/1: Ashurbanipal 8

Prisma

RINAP 5/1: Ashurbanipal 61

Steintafel

sichtbar*

nein

Fundkontext*

x

sonstiger Inhalt Bauwerke

Regierungszeit

Taten

Texträger

Bef.-element

Text

anderer/s Ort/Bauwerk

App. II.4 Übersicht neuassyrischer Königsinschriften mit Bezug zu zentralassyrischen Fortifikationen

x

x

x

x

x x

x x

x

Ninua, innere Befestigungen

(x)

x

Ninua

Ninua, innere Befestigungen

(x)

x

Aššur-bāni-apli

Ninua

Ninua, äußere Befestigungen

(x)

x

Aššur-bāni-apli

Aššur

Aššur, Stadtmauer

x

* Kein Eintrag bedeutet »unklar« ** Aufstellung am Tabīra-Tor von Aššur inschriftlich belegt

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0

x

x

»Bergesgleich baute ich hoch«

286

II.5 Proportionen neuassyrischer Raumtypen (nach Heinrich 1984; Miglus 1999; zu Abb. 180) Länge / Tiefe (m)

Breite (m)

Relation (B/T)

Fläche (m²)

Dūr-Šarrukīn, Königspalast, Raum VII

10,50

47,00

4,48

493,50

Dūr-Šarrukīn, Palast F, Raum 23

10,50

59,50

5,67

624,75

Dūr-Šarrukīn, Residenz K, Raum 12

8,20

31,80

3,88

260,76

Dūr-Šarrukīn, Residenz L, Raum 119

9,00

33,00

3,67

297,00

Dūr-Šarrukīn, Residenz M, Raum 2

7,50

30,00

4,00

225,00

Dūr-Šarrukīn, Residenz Z, Raum 12

7,30

23,90

3,27

174,47

Großes Haus, Raum 21

4,64

14,40

3,10

66,82

Ḫadātu, Palast, Raum 18

9,00

29,70

3,30

267,30

Kalḫu, Fort Shalmaneser, T1

9,80

42,10

4,30

412,58

Kalḫu, Nordwestpalast, Raum B

10,00

47,00

4,70

470,00

Kalḫu, Town Wall Palace

7,00

26,00

3,71

182,00

Kār-Tukultī-Ninurta, »Haus an der kassierten Stadtmauer«, Hauptraum

5,70

16,00

2,81

91,20

Ninua, Nordpalast Raum M

9,50

34,00

3,58

323,00

Ninua, SW-Palast, Raum I

13,12

56,33

4,29

739,05

Aššur, Großes Haus, Raum 23

4,80

10,30

2,15

49,44

Aššur, Rotes Haus, Raum 10

4,40

9,40

2,14

41,36

Aššur, Rotes Haus, Raum 17

4,20

11,00

2,62

46,20

Dūr-Šarrukīn, Palalst F, Raum 16

7,50

32,50

4,33

243,75

Dūr-Šarrukīn, Palast, Raum III/8

11,00

37,00

3,36

407,00

Dūr-Šarrukīn, Residenz J, Raum 31

6,50

20,50

3,15

133,25

Dūr-Šarrukīn, Residenz K, Raum 24

7,50

27,50

3,67

206,25

Dūr-Šarrukīn, Residenz L, Raum 79

8,00

29,50

3,69

236,00

Dūr-Šarrukīn, Residenz M, Raum 45

6,50

22,00

3,38

143,00

Ḫadātu, Palast, Raum 28

8,00

25,60

3,20

204,80

Kalḫu, Burnt Palace

6,50

17,50

2,69

113,75

Kalḫu, Südwestpalast, Raum g

6,50

30,50

4,69

198,25

Kalḫu, Südwestpalast, Raum i

8,50

32,00

3,76

272,00

Kār-Salmānu-ašarēd, Palast, Raum 24

8,00

23,80

2,98

190,40

Haupträume und große Suiten

Thronsäle und Empfangsräume

Raum

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11420-2 - ISBN E-Book: 978-3-447-39020-0