Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht (1815 - 1837): Ein Beitrag zum bayerischen Souveränitätsverständnis und Konstitutionalismus im Vormärz [1 ed.] 9783428440160, 9783428040162

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Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht (1815 - 1837): Ein Beitrag zum bayerischen Souveränitätsverständnis und Konstitutionalismus im Vormärz [1 ed.]
 9783428440160, 9783428040162

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MANFRED

TREML

Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht (1815-1837)

Beiträge zu einer historischen Strukturanalyse Bayerns im Industriezeitalter herausgegeben von Prof. Dr. K a r l Bosl Institut für Bayerische Geschichte an der Universität München

Band 16

Bayeras Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht (1815 -1837) Ein Beitrag zum bayerischen Souveränitätsverständnis und Konstitutionalismus i m Vormärz

Von Dr. Manfred T r e m i

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1977 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1977 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 04016 3

Vorwort Bayerns Eigenstaatlichkeit steht nicht nur i n der Geschichtsschreibung, sondern auch i n der politischen Tagesdiskussion häufig i m Widerstreit der Meinungen. Verstärkte Rufe nach Zentralisierung i m B i l dungs- und Polizeibereich signalisieren die Tendenz einer schrittweisen Ausdehnung der Bundeskompetenzen und damit eines schleichenden Verfassungswandels. Wirksamkeit und Grenzen des bayerischen Souveränitätsanspruches i m 19. Jahrhundert aufzuzeigen, versucht diese Arbeit, indem sie für einen sachlich und zeitlich begrenzten Teilbereich, die bayerische Pressepolitik i m Vormärz, die wechselseitige Verflechtung von Innenund Außenpolitik, von einzelstaatlichem Interesse und Bundespflicht untersucht. Als größter deutscher Verfassungsstaat, der, aufbauend auf einer noch lebendigen landständischen Tradition, i m Jahre 1818 den Schritt in das Zeitalter des Konstitutionalismus vollzogen hatte, geriet Bayern i n das Zentrum der Auseinandersetzungen u m Funktion und Ausgestaltung der 1815 i n Wien begründeten neuen föderativen Ordnung Deutschlands. Zweifellos hat der Deutsche Bund, geformt vom Willen Metternichs und getragen von der hegemonialen Dominanz der deutschen Großmächte Österreich und Preußen, alle konstitutionellen Entwicklungsmöglichkeiten i n Bayern beschnitten und die K l u f t zwischen Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit erheblich vergrößert. Völlig zu Recht haben daher die Zeitgenossen, besonders breitenwirksam und angriffslustig i n der Presse, die Frage nach Sinn und Zweck der Föderation gestellt. Und nicht zufällig reagierte der Bund auf diese Herausforderung, die seine Schwächen aufzeigte und seine restaurative Funktion deutlich machte, m i t dem Einsatz aller M i t t e l bundesstaatlicher Macht. Die Souveränität der Einzelstaaten aber, die i n der Bundesakte ausdrücklich garantiert war, erlitt i m Zuge dieser antiliberalen Politik erhebliche Einbußen, deren Auswirkungen auf die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts nicht zu unterschätzen sind. Die ursprüngliche Zielrichtung der Arbeit war eine Zensurgeschichte Bayerns i m Vormärz. Doch die Aussagen der Presse und die einschlägigen Akten zeigten sehr bald, daß eine Analyse bayerischer Zensurpolitik unter rein innenpolitischem Aspekt nicht zu leisten war.

6

Vorwort

Daher schlossen sich an Forschungen i m Hauptstaatsarchiv und i m Geheimen Staatsarchiv München noch weitere Quellenuntersuchungen i m Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien und i m Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem an. Für das Entgegenkommen und die freundliche Unterstützung, die ich von Leitern und Mitarbeitern dieser Archive erfuhr, bedanke ich mich. Die eingeschränkte Benützung des Geheimen Hausarchivs München und die Ablehnung eines Antrages auf Durchsicht der Tagebücher Ludwigs I. hatten eine bedauerliche Verengung der Quellenbasis zur Folge. Leider erhielt ich auch zur Benützung des Zentralarchivs der DDR i n Merseburg, i n dem die Akten des preußischen Außenministeriums liegen, keine Genehmigung. Die vorliegende Untersuchung stellt die geringfügig veränderte Fassung einer Dissertation dar, die von der Philosophischen Fakultät der Universität München i m Jahre 1975 angenommen wurde. Angeregt und betreut wurde die Doktorarbeit von Prof. K. Bosl, dem mein besonderer Dank gilt. Er hat m i r nicht nur als geistiger Mentor während meines Studiums den Weg gewiesen, sondern auch meine wissenschaftliche Tätigkeit gefördert und gelenkt, ohne dadurch meine Eigenentfaltung einzuschränken. Nicht zuletzt Prof. Bosls Unterstützung verdanke ich auch die Förderung meiner Arbeit durch ein Stipendium und die Aufnahme i n die Reihe „Beiträge zu einer historischen Strukturanalyse Bayerns i m Industriezeitalter". Herr Dr. K. Möckl hat meine Forschungen mit kritischem Rat und freundschaftlicher Ermunterung begleitet und damit erheblich gefördert. Dafür sage ich i h m herzlichen Dank. Meinen Eltern, die m i r die Möglichkeit zum Studium geboten haben, und meiner Frau, die m i r während der arbeitsreichen Jahre mit Geduld und Verständnis zur Seite stand, soll dieses Buch gewidmet sein.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Problem, Methode u n d Forschungsstand

11

1. Teil: Bayerns Pressepolitik im Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

26

I. Kapitel:

Rechtliche

und politische

28

1. Entstehung und Umdeutung des Artikels 18 d der Bundesakte

28

2. Bayerische Bundes- u n d Pressepolitik unter Montgelas Rechberg 1814-1818

32

und

3. Das I I I . Konstitutionelle E d i k t und die Pressediskussion auf dem Landtag von 1819

45

4. Die Pressebeschlüsse von Karlsbad u n d das Provisorische Preßgesetz v o m 20. Sept. 1819

62

II. Kapitel: Tendenzwende Reaktionssystems

III.

Voraussetzungen

der Pressepolitik

und Stabilisierung

des 74

1. Die Schlüsselrolle Rechbergs bei der Anpassung Bayerns an das Bundessystem

74

2. Die Unterdrückung des „Teutschen Beobachters"

81

3. Die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse

87

Kapitel:

Bayerns

Presse nach den Karlsbader

1. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung"

Beschlüssen

93 93

2. Die „Neue Speyerer Zeitung"

105

3. Der

107

„Fränkische M e r k u r "

4. Der Nürnberger „Korrespondent von u n d für Deutschland", die „Augsburger Postzeitung" und die „Bauernzeitung" 108

Zusammenfassung

110

8

Inhaltsverzeichnis 2. Teil: Bayerns Pressepolitik zwischen Konstitutionalismus monarchischem Absolutismus (1825 - 1837) IV. Kapitel:

Vom Scheinliberalismus

und 112

zur Reaktion

112

I. Zwischenphase

112

1. Liberalisierung des Zensurregimes u n d Distanz zum Deutschen B u n d 113 2. Die Entstehung der „Parteien"-Presse i n Bayern

118

I I . Vorboten der Reaktion

132

1. Restaurations ver suche

132

2. Die Julirevolution u n d ihre pressepolitischen Folgen Bayern

in 135

3. Verfassungskämpfe: Der Landtag von 1831 u n d seine F o l gen 145 4. Die Bundesbeschlüsse von 1831 V. Kapitel:

Das Entscheidungsjahr

157

1832

167

I. Personen u n d Regionen

167

1. Der K ö n i g u n d das neue M i n i s t e r i u m

167

2. Die rechtliche u n d politische Sonderstellung des Rheinkreises 183 3. Die Entstehung des publizistischen Radikalismus: u n d Siebenpfeiffer

I I . Die Märzbeschlüsse

Wirth 186

197

1. Außen- u n d bundespolitische Einflüsse

197

2. Die Märzbeschlüsse Bayerns

204

3. Der Bundesbeschluß v o m 2. März 1832

207

4. Die Zensurinstruktion v o m 16. März u n d die Veröffentlichung des Bundesbeschlusses vom 2. März 1832 212

I I I . Hambach u n d die Bundesbeschlüsse v o m J u n i u n d J u l i 1832.. 218 1. Das Hambacher „Pressefest"

218

2. Die Bundesbeschlüsse v o m 28. J u n i und 5. J u l i 1832

222

Inhaltsverzeichnis VI. Kapitel:

Die Perfektionierung

des Reaktionssystems

I. Die Wiener Konferenzen von 1834

228 228

1. Das bayerische Verhandlungskonzept

228

2. Die Verhandlungen i n Wien und ihre Ergebnisse

231

I I . Bayerns Presse unter dem Druck innerer und äußerer Reaktionspolitik (1832-37) 242 1. Die Folgen der Märzbeschlüsse

242

2. Das Schicksal der bayerischen Presse nach dem Hambacher Fest 248 3. Die Vollendung des Unterdrückungssystems (1833 - 1837).. 255 Zusammenfassung: Phasen bayerischer Pressepolitik i m Modellvergleich (1819: 1832) 263 3. Teil:

Strukturelemente bayerischer Pressepolitik im Vormärz

V I I . Kapitel:

VIII.

Das politische

Koordinationssystem

269 270

1. Bundespflicht

270

2. Monarchisches Prinzip u n d Souveränität

274

3. Liberalismus u n d Konstitutionalismus

281

4. Staat u n d Presse i n Bayern

290

Kapitel:

Gesellschaftliche

und ideologische

Faktoren

295

1. Bürgerliche Öffentlichkeit u n d absolutistisches A r k a n p r i n z i p . . 296 2. Die Pressetheorie des Progressismus

302

3. Die Pressetheorie des Konservatismus

310

Schluß und Ausblick: Grundzüge bayerischer Pressepolitik zwischen 1837 u n d 1848 — Konfessionalismus u n d Nationalgedanke 319

Quellen u n d L i t e r a t u r

325

Personenregister

354

Sach- u n d Ortsregister

360

Abkürzungen AAZ

= Augsburger Allgemeine Zeitung

DA

= Deutsche A k t e n

EG

= Doeberl, Entwicklungsgeschichte

FGB

= Chroust, Französische Gesandtschaftsberichte

GHA

= Geheimes Hausarchiv München

GStA

= Geheimes Staatsarchiv München

HHStA

= Haus-, Hof- u n d Staatsarchiv Wien

HStA

= Hauptstaatsarchiv München

HZ

= Historische Zeitschrift

MÄuß

= M i n i s t e r i u m des Äußeren

MInn

= M i n i s t e r i u m des Inneren

NP

= Metternich, Nachgelassene Papiere

ÖGB

= Chroust, österreichische Gesandtschaftsberichte

PBV

= Protokolle der deutschen Bundesversammlung

PGB

= Chroust, Preußische Gesandtschaftsberichte

PLV

= Verhandlungen der zweiten K a m m e r der des Königreichs Bayern

RB1

=

SAk

= Signate Ludwigs I., ges. v. M. Spindler (Bayerische Akademie der Wissenschaften)

StK

=

VG

= Huber, Verfassungsgeschichte

VO

=

ZBLG

= Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte

Ständeversammlung

Regierungsblatt

Staatskanzlei

Verordnung

Einleitung: Problem, Methode und Forschungsstand „Das oberste Gesetz des europäischen Bundes heißt Zensur 1 ." „Die freie Presse ist die Seele der konstitutionellen Institutionen und gibt der Verfassung erst Bedeutung 2 ." I n diesem Gegensatzpaar der Urteile eines Gentz und W i r t h ist das Spannungsfeld deutlich umschrieben, i n dem sich die Presse des Vormärz zu bewegen hatte. Z w i schen dem am Freiheitsverständnis der Französischen Revolution orientierten liberalen Verfassungsdenken und einer bundespolitisch inspirierten und erzwungenen Reaktion gab es keine harmonisierende Kompromißformel mehr. Die Konfliktstufen und ihre Lösungsversuche zwischen 1815 und 1837 bieten tiefen Einblick i n die politische Struktur des Deutschen Bundes und i n das Wesen und Selbstverständnis des bayerischen Frühkonstitutionalismus. Vor allem in der Pressefrage wurden alle gesellschaftlichen und politischen Spannungen virulent, die dieser Epoche der Verfassungskämpfe ihren Stempel aufdrückten. Konservatismus, Konfessionalismus und Liberalismus suchten ihren Machtanspruch i n Presseorganen durchzusetzen, der weltanschauliche Kampf schuf ein Publikum, das Partei nahm. Für die liberale Opposition wurde die Pressefreiheit zum Prüfstein des politischen Systems. Sie erlangte Symbolcharakter für die Gesamtheit der konstitutionellen Anliegen. Entscheidend für den Freiheitsraum, der der Presse zugestanden wurde, war zunächst die Politik 3 des Einzelstaates. Alle Formen von I n den Anmerkungen werden nur K u r z t i t e l verwendet. Vollständige A n gaben finden sich i m Literaturverzeichnis. 1 Zit. nach Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 215. 2 Zit. nach Steuer, Cotta i n München, S. 76 (Inland v. 17. 3.1831). 3 Der Begriff der Pressepolitik ist nicht einheitlich definiert. Eine E i n engung, wie sie E. Naujoks, i n : Geschichte i n Wissenschaft u n d Unterricht 22/1971, H. 1, S. 7 - 22 postuliert, indem er als Pressepolitik n u r die „ p l a n mäßige Lenkung der öffentlichen Meinung durch die Regierung oder seitens eines Staatsmannes" (S. 7) anerkennt u n d ihren Beginn erst m i t dem Jahre 1848 ansetzt, ist w i l l k ü r l i c h und entbehrt einer stichhaltigen Begründung. Weiter ist die Definition bei Koszyk / Pruys, dtv-Wörterbuch zur Publizistik, S. 283 f. ( A r t i k e l „Pressepolitik"). Dennoch bleibt auch hier das Jahr 1848 als Beginn einer „Pressepolitik i m eigentlichen Sinne" (S. 283) bestehen. I n der vorliegenden Arbeit w i r d der Terminus i m Anschluß an Groth, Zeitung 2, 3 ff. übergreifend verstanden.

12

Einleitung

Kooperation und Konfrontation zwischen Staat und Presse, die spätere Epochen zur völligen Entwicklung brachten, sind i m Vormärz bereits angelegt. Der Schwerpunkt allerdings lag bis 1848 auf der negativen Presselenkung, repräsentiert durch das Prinzip der Präventivzensur. Daneben standen zahlreiche fördernde und hemmende Eingriffe auf allen Ebenen publizistischer Aktivität, bei der Produktion, der Distribution und Rezeption 4 . Sie geben zusammen ein deutliches B i l d von den gegensätzlichen Interessen der staatstragenden Oberschicht und der in der liberalen Presse repräsentierten bürgerlichen Öffentlichkeit. Innerhalb des Deutschen Bundes bestanden i n den ersten Jahren nach Unterzeichnung der Bundesakte mehrere divergierende pressepolitische Konzeptionen nebeneinander. Die Bandbreite reichte vom liberalen Modell Weimars über die Kompromißlösung Bayerns bis zur reaktionären Unterdrückungspolitik Österreichs. U m den Bund lebensfähig zu erhalten, war ein Minimalkonsensus nötig. Die erzwungene Verfassungsautonomie jedoch, die die beiden deutschen Großmächte durchsetzten, wurde unter hegemonialen Vorzeichen geschaffen. Brennender denn je stellte sich nun die Frage nach dem Zweck der Föderation. I n der presserechtlichen Diskussion, die während des gesamten Vormärz nicht mehr abriß, konzentrierten sich die ideologischen Gegenpositionen. Das Spiel m i t juristischen Interpretationskünsten blieb allerdings vordergründige Argumentationsbasis für ein rechtsgläubiges Zeitalter, es war nur Symptom eines tiefgreifenden Strukturwandels i n Staat und Gesellschaft. Zwischen den Koordinaten der Bundespflicht und der Verfassungstreue bewegte sich die bayerische Pressepolitik. Expansiv waren auch die Kräfte, die hinter den konträren Bindungen standen: M i t dem Ziel der Restauration drängte der Bund auf Kompetenzerweiterung, eine freiheitliche Verfassungsentwicklung i m Sinne liberaler Grundsätze strebte die innerstaatliche Opposition an. I m Gegensatz zwischen Landtag und Bundestag kristallisierte sich für die bayerische Regierung der Die Unterteilung i n negative und positive Pressepolitik erlaubt eine A n wendung auch auf den Vormärz u n d w i r d der pressegeschichtlichen E n t w i c k lung gerechter. Treffend die weite Definition bei M. Lunzer, Der Versuch einer Presselenk u n g i n Österreich 1848 - 1870 (Wien 1954), S. 3: „Pressepolitik ist die Stellungnahme der Regierung gegenüber der Presse, sei es ihre Behinderung, sei es ihre Beeinflussung oder Ausnützung." 4 I m Rahmen dieser A r b e i t kann n u r auf die Bereiche der Distribution und Produktion eingegangen werden. Die historische Rezeptionsforschung, von der wichtige Beiträge zur Gesellschaftsgeschichte zu erwarten sind, steckt noch i n den Kinderschuhen u n d erarbeitet sich erst allmählich ein adäquates methodisches Rüstzeug. Dazu besonders die Arbeiten von R. Engelsing; materialreich auch die literaturgeschichtlichen Arbeiten von Schenda; besonders w e r t v o l l für den süddeutschen Raum die Dissertation von Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur.

Problem, Methode und Forschungsstand

13

pressepolitische Konflikt. Die situationsbedingten Entscheidungen der bayerischen Pressepolitik glichen einer beständigen Gratwanderung zwischen unvereinbaren Anforderungen. Die Verfassung diente als Instrument der Integration neuerworbener Territorien und aufstrebender gesellschaftlicher Kräfte, zugleich bot sie ein Schutzschild gegen Eingriffe i n die innerstaatliche Souveränität. Die Bundesverpflichtungen andererseits verstand man gezielt einzusetzen, wenn die Opposition i m Inneren die konsequente Einlösung des Verfassungsversprechens forderte. Die Widersprüche dieser Politik liegen nicht zuletzt i n der Konstruktion des Deutschen Bundes selbst begründet, der unter Metternichs Führung die ursprüngliche Kompromißbasis völlig verließ. Die eingehende Untersuchung der bayerischen Pressepolitik w i r d somit auch zur Funktion und historischen Bedeutung des Deutschen Bundes einen Beitrag leisten. Die Föderation aus dem Blickwinkel einzelstaatlicher Politik zu betrachten, scheint um so gerechtfertigter und notwendiger, als die nationalliberale Geschichtsschreibung jede eigenständige politische A k t i v i t ä t der Gliedstaaten unter die abwertende Formel des „Partikularismus" faßte, während die Historiographie des bayerischen Patriotismus die Realität des Bundes abzuschwächen oder zu negieren bemüht war. Eine vollständige Analyse der bayerischen Pressepolitik hat ihren Blick auf die politischen Vorgänge und Frontenbildungen i m Inneren zu richten, zugleich aber muß sie die Einflüsse der Föderation auf den Entscheidungsspielraum Bayerns aufdecken. Das Objekt der staatlichen Maßnahmen, die Presse, w i r d i n einigen typischen Organen zu Wort kommen, die über Wünsche und Forderungen der liberalen Publizistik Bayerns Auskunft geben und zugleich A r t und Ausmaß der staatlichen Eingriffe demonstrieren. U m sie, die führenden Repräsentanten der neuen bürgerlichen Öffentlichkeit, formierten sich zuerst die liberalen Kräfte des gesellschaftlichen Protestes gegen monarchisch-bürokratischen Absolutismus. Hinter den führenden Männern des opponierenden Journalismus werden auch die Gesellschaftsschichten greifbar, denen diese „Opinion Leaders" entstammten. Zugleich fällt der Blick auf die Rezipienten der liberalen Publizistik, eine inhomogene, i n sich zersplitterte „bürgerliche Gesellschaft", die nur der Kampf gegen die politisch und gesellschaftlich privilegierte Aristokratie einte. Die Verfassungsdiskussion um die Pressefreiheit vollzog sich auf dem Hintergrund dieses säkularen gesellschaftspolitischen Prozesses. Aus dem gesellschaftlichen Wandel, i n dessen Verlauf sich ein Austausch der Eliten anbahnte, der i n Deutschland erst m i t der Revolution von 1918/19 zu einem abrupten Abschluß gelangte, werden die pressepolitischen Kontroversen voll verständlich. Umgekehrt lie-

14

Einleitung

fert gerade eine Betrachtung dieser Konfrontation um die Freiheit der Presse einen Beitrag zum Verständnis der Ursachen und Grundlagen der Gegensätze, die bürokratisch-absolutistischen Staat und liberale bürgerliche Gesellschaft trennten und zu K o n f l i k t und Entscheidung drängten. I m Spannungsfeld zwischen Revolution und Reform bewegten sich dabei die Lösungsmodelle des Liberalismus; unter dem Eindruck der staatlichen Reaktion geriet das ursprünglich reformerische Anliegen zunehmend i n den Bannkreis des Radikalismus, systemimmanente Verfassungskämpfe schlugen unmittelbar um i n radikale Systemveränderung. Die Diskussion um Inhalt und Interpretation des Presserechts Bayerns und des Bundes wich einer grundlegenden Systemkritik, i n der auch die Begriffe eine neue Qualität erhielten, i n der sie sich entweder zu Schlagworten entwickelten und damit an Schärfe verloren oder symbolischen Stellenwert i n der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung gewannen. Um die Schwierigkeiten der Terminologie adäquat zu lösen, ist i n Anlehnung an die zeitgenössischen Definitionen i n dieser Arbeit ein weitgefaßter Pressebegriff zugrundegelegt, der gerade der Unausgegorenheit dieser Frühphase der Presseentwicklung gerechter w i r d als aufgezwungene Gegenwartsdefinitionen 5 . Wichtige Aufschlüsse über die enge Verquickung der Pressepolitik mit der Verfassungs- und Souveränitätsfrage gibt die Diskussion auf den Landtagen von 1819 und 1832. Die interessengebundene Definition des Schlüsselbegriffes „politisch", von dessen Interpretation die Zensurpraxis entscheidend abhing, bestimmt die Kammerdebatten ebenso wie die Publizistik und die staatsrechtliche Literatur der Zeit. Erstaunlich war dabei die Beharrlichkeit, mit der die Liberalen auf einer rechtstheoretischen Hilfskonstruktion insistierten, die angesichts der Machtkonstellation i m Deutschen Bund eine bloße Fiktion ohne greifbare politische Konsequenzen bleiben mußte. M i t der traditionellen Formel vom „Primat der Außenpolitik" ist der staatsrechtliche Zustand nur unzulänglich erfaßt. Bezeichnend ist vielmehr die unentwirrbare Verquickung innen- und außenpolitischer Motive und der unter dem Gesichtspunkt politischer Opportunität wechselnde Einsatz einzel- und bundesstaatlicher Rechtsgrundlagen. Innere Konflikte lösten die deutschen Mittelstaaten vorwiegend m i t außenpolitischen Mitteln, die A n 5

Die Definition des § 2 des I I I . Ediktes der Verfassung von 1818, der „periodische Schriften politischen oder statistischen Inhalts" der Zensur unterwarf, reicht vielfach zur Eingrenzung der politischen Presse nicht aus, da häufig Flugblätter u n d Flugschriften eine eindeutige Ersatzfunktion übernahmen. Z u r Typologie der einzelnen publizistischen Gattungen: Koszyk / Pruys, Wörterbuch zur Publizistik ( A r t i k e l : Publizistik, Presse, Flugblatt, F l u g schrift, Zeitung, Zeitschrift); Dovifat, Handbuch der Publizistik, Bd. 1; Haacke, Publizistik und Gesellschaft.

Problem, Methode u n d Forschungsstand

15

sprüche des Bundes versuchten sie abzuwehren, indem sie auf Verfassungsbindung und Souveränitätsrechte verwiesen. Dennoch traten konstitutionelle Bedenken und einzelstaatlich-machtpolitisches Souveränitätsdogma stets hinter der internationalen Solidarität des aristokratisch-monarchischen Konservativismus zurück, wenn es galt, m i t Hilfe überstaatlicher Institutionen den liberalen Progressismus einzudämmen. Daher stellten i n den entscheidenden Phasen pressepolitischer Konflikte die Herrschaftsträger Bayerns, wenn auch nicht einheitlich und durch Vorbehalte eingeschränkt, die eigentliche Klammer der Föderation, das monarchische Prinzip, höher als Pressefreiheit, Verfassungstreue und Eigenstaatlichkeit. 1819 lähmte man den erwachenden systemkonformen Liberalismus konstitutionell-monarchischer Prägung, zwischen 1832 und 1834 wurde m i t dem publizistischen Radikalismus, der erst eine A n t w o r t auf Provokation und Repression durch die Herrschenden war, der gesamten liberalen Presse der Garaus gemacht. Die pressepolitischen Wendemarken von 1819 und 1832 bieten sich geradezu als Konfliktmodelle an, i n denen die gewaltigen Spannungen der Epoche konzentriert sind: die ideologischen Gegensätze zwischen Konservatismus und Liberalismus, die Trennung von Staat und Gesellschaft, aber auch das Phänomen der Radikalisierung, der Weg von der Reform zur Revolution. Daß gerade i n den entscheidenden Phasen der bayerischen Pressepolitik nicht der bayerische Herrscher, sondern der Bund unter Metternichs Ägide die Richtlinien setzte, w i r f t ein bezeichnendes Licht auf den eigentlichen Zweck dieses „Staatenbundes". Das methodische Vorgehen dieser Untersuchung ist durch die Fülle der Aspekte bedingt. Über die Grenzen der Geschichtswissenschaft hinaus waren deshalb Forschungsergebnisse verschiedener Wissenschaftsdisziplinen zu berücksichtigen: Der Rechts- und Staatswissenschaften, der Politologie und der Soziologie, der Zeitungs- und Kommunikationswissenschaften. Aus Gründen der Übersichtlichkeit schien es geraten, historischchronologische und systematisch-strukturelle Darstellung getrennt zu behandeln. Daher werden die beiden ersten Abschnitte der Untersuchung Entwicklungsverlauf und Kräftekonstellationen der bayerischen Pressepolitik i n ihrer chronologischen Abfolge darstellen, der dritte w i r d die grundlegenden ideologischen, politischen und gesellschaftlichen Strukturen zu erarbeiten versuchen. Der Widerspruch zwischen dominierendem monarchischen Prinzip und den Ansprüchen eines liberalen Konstitutionalismus, der Gegensatz zwischen gefährdeten traditionellen und aufsteigenden neuen Eliten und ihre Begegnung innerhalb der königlichen Bürokratie, die Auseinandersetzung zwischen entgegengesetzten Ideologien, einer de-

16

Einleitung

fensiven des Konservatismus und der staatlichen Reaktion, der reformerischen Anpassungs- und Kompromißideologie des gemäßigten Liberalismus und der progressiv-aggressiven Anspruchsideologie des Radikalismus stehen i m Zentrum dieses strukturellen dritten Teils. Keineswegs soll damit jedoch Ideen- oder Diplomatiegeschichte i n der Nachfolge des Historismus betrieben werden 6 . Das Erkenntnisinteresse ist vielmehr gegenwartsorientiert. Föderalismus, Verfassungsentwicklung und Meinungsfreiheit sind Probleme der aktuellen Diskussion, zu denen der Historiker Argumentationshilfe und Vergleichsmodelle anzubieten hat 7 . Die Berechtigung des landesgeschichtlichen Ansatzes w i r d seit dem Scheitern des deutschen Nationalstaates kaum mehr i n Zweifel gezogen. Eine Begründung für diese Arbeit ergibt sich aus der Themenstellung selbst, die ihrerseits i n der historischen Realität des Vormärz wurzelt. Die Umkehr des nationalen Blickwinkels rückt nicht nur verzerrte U r teile über den Partikularismus der Einzelstaaten zurecht und revidiert die nationalliberale Legende vom preußisch-deutschen Einheitsstaat als Ziel und Gipfelpunkt deutscher Geschichte, sie läßt uns auch die historischen Alternativen und die Gründe ihres Scheiterns schärfer erkennen 8 . Die Eigenständigkeit des süddeutschen Verfassungsblockes w i r d noch deutlicher, wenn man die Übereinstimmungen i n Verfassungs- und Gesellschaftsstrukturen m i t denen der führenden deutschen Großmächte kontrastiert. Der Blick auf den größten Repräsentanten dieses „Dritten Deutschland" unter pressepolitischem Aspekt ist daher von besonderem Interesse, w e i l sich i n diesem Staat und i n den Kontroversen über die Freiheit seiner Presse die zentralen Probleme der Vormärzepoche wie i n einem Kristallisationskern treffen. Diese Arbeit w i l l zugleich ein Teilbeitrag zu einer Geschichte des Deutschen Bundes sein, die mit sachlicher Kompetenz und Anspruch auf Objektivität erst geschrieben werden kann, wenn eine ausreichende Grundlage durch landesgeschichtliche Einzelstudien geschaffen ist. 6 A u f die Bedeutung der politischen Ideengeschichte i m Bereich der p o l i tischen Wissenschaften hat Klaus Beyme, Politische Ideengeschichte. Probleme eines interdisziplinären Forschungsbereiches, Tübingen 1969, hingewiesen. F ü r eine Neubewertung der politischen Geschichte plädiert auch A . Hillgruber i n H Z 216/1973, S. 533 f. 7 Vgl. dazu W. Conze, Emanzipation und Staat, i n : Heidelberger Jahrbuch 2/1958, S. 4. 8 E i n neueres Beispiel dafür Ν . M. Hope, The Alternative to German U n i fication. The Antiprussian Party Frankfort, Nassau u n d die zwei Hessen, Wiesbaden 1973. Die Forderung nach einer Neubewertung der einzelstaatlichen P o l i t i k auch bei H. Rumpier, Die deutsche P o l i t i k des Freiherrn von Beust 1848 - 51. Z u m Problem mittelstaatlicher Reformpolitik i m Zeitalter der Paulskirche, Wien u. a. 1972, bes. S. 318 ff.

Problem, Methode u n d Forschungsstand

17

Welch große Lücken i n dieser Hinsicht noch bestehen, w i r d aus dem folgenden Überblick über die Forschungslage ersichtlich. Das archivalische Quellenmaterial zum 19. Jahrhundert, insbesondere der Landesarchive, ist auch i n der neueren Forschung immer noch zu wenig berücksichtigt. Die Bestände des Außenministeriums i m Geheimen Staatsarchiv München, die i n dieser Untersuchung vorwiegend herangezogen w u r den, sind bisher nur unvollkommen oder unter völlig anderen Gesichtspunkten ausgewertet worden. Von den Archivalien des Geheimen Hausarchivs München konnte ich nur eine Auswahl benutzen, über deren Stellenwert ich kein Urteil abzugeben vermag. Zahlreiche H i n weise i n der älteren Sekundärliteratur lassen allerdings vermuten, daß vom Nachlaß Ludwigs I. für den Historiker noch mancher A u f schluß zu erwarten ist 9 . Die Benutzung der Tagebücher Ludwigs I., die i n der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek liegen, wurde vom Hause Wittelsbach kommentarlos abgelehnt. Ergänzende Auskünfte zur Zensurpraxis und über die Verhandlungen des Staatsrates fanden sich i m Hauptstaatsarchiv München. Wichtige Aufschlüsse gaben die A k t e n des österreichischen Außenministeriums und der österreichischen Bundestagsgesandtschaft i m Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Dezimiert dagegen sind die Archivalien des Preußischen Geheimen Staatsarchivs i n Berlin-Dahlem. Für die Bestände des preußischen Außenministeriums, die i m Zentralarchiv i n Merseburg liegen, erhielt ich leider keine Benützungserlaubnis. Unter den gedruckten Quellen nehmen die Protokolle des Bundestages und der beiden Kammern des bayerischen Landtags einen hervorragenden Rang ein 1 0 . Unentbehrlich bleibt auch trotz ihrer Unvollständigkeit Döllingers Verordnungensammlung 11 . Eine Fundgrube an Informationen stellt die hervorragende Edition der Gesandtschaftsberichte aus München dar 1 2 , die i n der bayerischen Vormärzforschung bisher nicht die verdiente Beachtung gefunden hat. Von den zahlreichen Briefeditionen wurden mit besonderem Gewinn der von B i b l herausgegebene Briefwechsel zwischen Wrede und Metternich 1 3 , die Briefe i n Lerchenfelds Papieren 14 und der Schriftwechsel zwischen L u d w i g I. 9 Dazu bereits Heigel, L u d w i g I., S. 3781; W. W i n k l e r hat 1926 i n der „Archivalischen Zeitschrift" erneut die Bedeutung des Nachlasses hervorgehoben u n d eine baldige Bearbeitung angekündigt. Nach A u s k u n f t von H e r r n Prof. Rail ist dies jedoch bis heute nicht geschehen. 10 Zit. als P B V u n d P L V . 11 Zit. als Döllinger, Slg. 12 Hrsg. von A. Chroust (zit. als ÖGB, PGB, FGB). 13 V. Bibl, Metternich i n neuer B e l e u c h t u n g . . . (zit. als Bibl, Mett.-Wrede). 14 Μ . v. Lerchenfeld, Aus den Papieren . . . (zit. als Lerchenfeld, Papiere).

2 Tremi

18

Einleitung

und Minister von Schenk 15 herangezogen. Metternichs Nachgelassene Papiere 16 sind durch Obermann 1 7 einer scharfen K r i t i k unterzogen worden. Von den Korrespondenzen des österreichischen Hofpublizisten Gentz sind die m i t Metternich, die Wittichen editiert hat 1 8 , und die m i t P i l a t 1 9 von besonderem Interesse. Die Schlüsselrolle der beiden Cottas i m Pressewesen des Vormärz erhellt Schillers Briefsammlung 2 0 . Obwohl diese Quellen zum Teil schon Jahrzehnte vorliegen, wurden sie bisher nicht ausreichend genützt. Der Grund dafür liegt i n dem geringen Interesse, das diese fälschlich als „Biedermeier" 2 1 apostrophierte Epoche lange Zeit bei der Geschichtswissenschaft gefunden hat. Erst seit dem Beginn der 60er Jahre hat die Vormärzforschung 22 einen Aufschwung genommen, dessen Ergebnis eine Reihe grundlegender Untersuchungen war. Die Verlagerung des Interesses von den außenpolitischen Aspekten der Machtstaatspolitik auf die innere Entwicklung stand dabei i n engem Zusammenhang m i t einem bewußten Anknüpfen an freiheitlich-demokratische Traditionen der deutschen Geschichte. I n wenigen Jahren sind so eine Reihe von Standardwerken zum Parlamentarismus 23 , zur Vereinsbildung 2 4 und zum Parteiwesen 25 des Vormärz entstanden, die alle den Mangel an detaillierten historischen Vorstudien beklagen. Als zentrale historische Darstellung hat immer noch Conzes Sammelband 26 zu gelten, dessen Verdienst als A n reger der Forschung und als erster vorläufiger Versuch einer Zusam15

Hrsg. von M. Spindler (zit. als Spindler, Briefwechsel). Hrsg. von R. Fs. v. Metternich, geordnet von A. v. K l i n k o m s t r ö m (zit. als NP). 17 Besonders i n dem Aufsatz „Bemerkungen über die bürgerliche Metternich-Forschung", i n : Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft 6/1968, S. 1327 ff. 18 Briefe von u n d an Gentz (zit. als Wittichen, Gentz). 19 K . Mendelssohn-Bartholdy, Briefe von Friedrich von Gentz an Pilat (zit. als Mendelssohn, Gentz). 20 Briefe an Cotta (zit. als Schiller, Cotta). 21 Z u r literarhistorischen Forschung: Fr. Sengle, Biedermeier; dazu k r i tisch Hermand, J . / M . Windfuhr, Z u r L i t e r a t u r der Restaurationsepoche; die Verschleierungsfunktion des Biedermeierbegriffes i n der Geschichtswissenschaft kritisiert auch Koszyk, Deutsche Presse 2, 87. Vgl. auch R. Rosenberg, Literaturverhältnisse. 22 Vgl. E. Angermann, Der deutsche Vormärz, i n : Neue Politische L i t e r a t u r 13/1968 H. 2, S. 220 ff. 23 H. Brandt, Landständische Repräsentation; vgl. auch ders., Verfassungsgeschichte als Sozial- u n d Organisationsgeschichte, i n : Neue Politische L i t e r a t u r 16/1971, H. 2, S. 242 ff.; neuerdings H. Boldt, Deutsche Staatslehre und G. A . Ritter, Gesellschaft, Pari. u. Reg.; dazu auch H. Boldt (Hrsg.), Beiheft 1 zur Zs. „Der Staat", 1975, passim. 24 Fr. Müller, Korporation u n d Assoziation. 25 Th. Nipperdey, Grundprobleme der deutschen Parteiengeschichte i m 19. Jahrhundert; L. Gall, Der Liberalismus als regierende Partei: ders. (Hrsg.), Liberalismus. 26 W. Conze, Staat u n d Gesellschaft i m deutschen Vormärz. 16

Problem, Methode u n d Forschungsstand

19

menfassung der Gesamtpolitik unbestritten ist. Die Anerkennung der Eigenständigkeit der Vormärzepoche und ihres Grundcharakteristikums, der zunehmenden Distanz zwischen Staat und Gesellschaft, war das wesentliche Ergebnis dieses Werkes. Die differenzierte Betrachtung der Einzelstaaten des Deutschen Bundes versuchte überdies, dem Spannungsfeld zwischen Einzelstaatlichkeit und Bundesstaatlichkeit gerecht zu werden. Eine neuere Monographie zur Geschichte des Deutschen Bundes steht immer noch aus, so daß der Rückgriff auf die älteren Darstellungen Ilses 27 , Bidermanns 2 8 und Kaltenborns 2 9 , die allesamt durch liberale Parteinahme vorbelastet sind, weiterhin unumgänglich ist. Eine ausgewogene Würdigung der inneren und äußeren Funktion des Bundes gelingt auch i n der umfangreichen Verfassungsgeschichte E. R. Hubers 3 0 nicht. Wie i n weiten Teilen der Rechts- und Verfassungsgeschichte w i r d auch bei Huber der hegemoniale Charakter des Bundes abgeleugnet. Die einseitige Fixierung auf positiv-rechtliche Gegebenheiten, die Überbetonung der staatlichen Autorität gegenüber der Aufdeckung von Macht- und Herrschaftsinteressen hat einer politischen Geschichte des Bundes eher den Weg versperrt. Z u ähnlich problematischen Ergebnissen kommt auch die etatistische Geschichtsschreibung der nationalliberalen Traditionslinie, die den Bund entweder als Vorstufe des Bismarckschen Reiches positiv würdigt oder i h n als retardierendes Moment i m Prozeß der deutschen Einigung i n Bausch und Bogen verurteilt. Auch vor den Augen der bayerischen Historiographie hat der Deutsche Bund aus traditionalistischem Staatsbewußtsein, i n dem Konservatismus und bayerischer Nationalismus eine späte Ehe eingingen, wenig Gnade gefunden. Durch Herres Darstellung 3 1 ist diese Forschungslücke nicht geschlossen worden, obwohl sie i n ausgewogenem Urteil die zwei Seiten der stabilisierenden Funktion des Bundes klar herausstellt: i m internationalen Rahmen Gleichgewichtsfaktor und Friedenselement, i n der Innenwirkung reaktionäres Machtinstrument hegemonialer Erhaltungspolitik. Die Vielschichtigkeit des Bund-Einzelstaaten-Verhältnisses ist erst i n Ansätzen erfaßt, wie Angermann kürzlich i n einer ausgezeichneten Zusammenfassung dargelegt hat 3 2 . Bemer27

L . Fr. Ilse, Geschichte der deutschen Bundesversammlung (zit. als Ilse,

BV). 29

1815 - 1840. Fünfundzwanzig Jahre deutscher Geschichte. Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse . . . 30 Zit. als Huber, VG. 31 Nation ohne Staat. 32 E. Angermann, Die deutsche Frage 1806 bis 1866, i n : Reichsgründung 1870/71, S. 9 - 3 2 ; anregend auch der kurze Bericht von R. Spencer, Thoughts on the German Confederation; lesenswert immer noch Gervinus, Geschichte des 19. Jahrhunderts, bes. Bd. 7, S. 169 ff., dessen scharfsinnige Urteile u n d 29

2*

20

Einleitung

kenswerte Arbeiten aus landesgeschichtlicher Perspektive liegen für Baden 33 , Württemberg 3 4 , Hessen-Darmstadt 35 und neuerdings Weimar 3 6 vor. Der Beitrag der bayerischen Geschichte zu diesem Bereich ist bisher gering. Das Fehlen einer grundlegenden, methodisch zufriedenstellenden Geschichte des Königreichs Bayern oder einzelner, an den Regentschaften der Herrscher orientierter Epochendarstellungen 37 ist ein bedauerliches Manko. Auch dem vierten Band des Spindlerschen Handbuches gelingt es nur beschränkt, diese Lücke zu schließen 38 . Eine gute Grundlage für weitere Forschungen i m bayerischen Vormärz bietet die Arbeit Zimmermanns zur Einheits- und Freiheitsbewegung i n Franken 3 9 . Den besonderen Wert von Strukturuntersuchungen bezeugt eindrucksvoll die Untersuchung H. H. Hofmanns 40 , die am Funktionsverlust ehemals staatstragender Eliten i m neuentstehenden souveränen Staat moderner Prägung den gesellschaftlichen und politischen Umbruch während der Regierungsepoche Max I. und Ludwigs I. i n bestechender Deutlichkeit demonstriert. Hilfreich bei der ersten Orientierung i n der Vormärzgeschichte Bayerns ist auch der Aufsatz Zorns 4 1 i n dem erwähnten Sammelband Conzes. Dem Verhältnis Bayerns zum Deutschen Bund haben nur wenige Historiker ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Die ersten Jahre der bayerischen Bundesmitgliedschaft untersucht A r e t i n 4 2 i n einer quellenreichen Darstellung. Dieses Thema hat A r e t i n i n seiner jüngsten Veröffentlichung erneut aufgenommen und vertieft und zusammenfassend dargestellt 43 . Wichtige Erkenntnisse zu diesem Problembereich vermitdessen tiefes Problemverständnis nach w i e vor bestechen; zu einem Teilaspekt: E. Wienhöf er, Das Militärwesen des Deutschen Bundes. 33 W. Hippel, Blittersdorff. 34 A. Drexler, Demütigung Württembergs; vgl. auch K . J. Gruner, W i l h e l m I. von Württemberg u n d seine Zeit (Stuttgart 1960). 35 I. Spangenberg, Hessen-Darmstadt u n d der Deutsche Bund. 36 H. Tümmler, Wartburg, Weimar u n d Wien. Der Staat Carl Augusts i n der Auseinandersetzung m i t den Folgen des Studentenfestes von 1817, i n : H Z 215/1972, S. 49 ff.; aufschlußreich auch ders.: Politischer Briefwechsel des Herzogs von Weimar, Bd. 3: 1808 - 1828, Göttingen 1973. 37 Gesellschaftspolitische Strukturanalysen, wie sie für die Prinzregentenzeit i n dem Werk von K . Möckl vorliegt, wären auch für die Regierungsepochen der bayerischen Könige M a x I. u n d L u d w i g I. dringend nötig. 38 Handbuch der bayerischen Geschichte I V , 1 (zit. als Spindler, Hb). 39 L. Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung. 40 Adelige Herrschaft u n d souveräner Staat. 41 Gesellschaft u n d Staat i m Bayern des Vormärz, i n : Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 113 ff. (zit. als Zorn, Ges. u. Staat). 42 Die deutsche P o l i t i k Bayerns i n der Zeit der Entwicklung des Deutschen Bundes (zit. als Aretin, Dt. Pol). 43 Bayerns Weg zum souveränen Staat.

Problem, Methode und Forschungsstand

21

telt auch Quints Dissertation 44 . Wie stark das Verhältnis Bayerns zum Bund von einem historisch gewachsenen Souveränitätsbewußtsein getragen ist, welch bestimmenden Einfluß aber umgekehrt das Bundesverhältnis auf die Richtung der bayerischen Politik ausübte, hat Quint für den Zeitraum bis 1820 erstmals klar herausgearbeitet. Die Karlsbader Beschlüsse, die eine erste Zäsur i n der Entwicklung des bayerischen Verfassungslebens brachten, untersucht Büssem 45 i n seiner Doktorarbeit. Ein umfangreiches Kapitel widmet er auch der bayerischen Szene. Die lückenlose Verarbeitung von Quellen und Sekundärliteratur läßt weitere faktenorientierte Forschung zur bayerischen Politik i m Umkreis von Karlsbad überflüssig erscheinen. Einziges Verdienst Werners 46 ist es, die unübersehbare Forschungslücke erkannt zu haben. Die Ausarbeitung selbst jedoch läßt i n jeder Hinsicht zu wünschen übrig. Ein nennenswertes wissenschaftliches Ergebnis bringt die Arbeit entgegen ihrem vielversprechenden Titel nicht. Zum bayerischen Frühparlamentarismus, der durch seine enge Beziehung zur Presse auch für diese Untersuchung von Interesse ist, steht eine zusammenfassende Darstellung ebenfalls noch aus 47 . Die unmittelbaren Kontakte zwischen Publizität und liberaler Opposition i n der Abgeordnetenkammer, die i m gemeinsamen Kampf um die Pressefreiheit erste Ansätze zur Parteibildung zeitigten, stellt Lempfrid 4 8 i n einem Aufsatz i n der Z B L G dar. Bedauerlich bleiben angesichts der wissenschaftlichen Qualität der Arbeit die schiefen Urteile, die einem unüberhörbaren Ressentiment gegenüber der oppositionellen Presse und ihren Forderungen entspringen. Wertvolle Beiträge liefern auch eine Reihe biographischer Monographien. Für Max I. Joseph und L u d w i g I. liegen noch keine zufriedenstellenden politischen Biographien vor 4 9 . Die bedeutendsten Minister der Epoche, Montgelas 50 , Wrede 51 , Zentner 5 2 , Armansperg 5 3 , Wallerstein 5 4 und Rechberg 55 sind i n Biographien 44

Souveränitätsbegriff u n d Souveränitätspolitik i n Bayern. Zit. als Büssem, Karlsbader Beschlüsse. 46 The Relationship between Bavaria and the German Confederation (zit. als Werner, Relationship). 47 Diese Lücke dürfte der angekündigte Bd. 2 der „Geschichte der Repräsentation i n Bayern" von Bosl / L e n k schließen. 48 Zit. als Lempfrid, Landtag. 49 Adalbert von Bayern, M a x i . Joseph von Bayern; E. C. de Corti, L u d w i g I. 50 Vorbildlich die Biographie von E. Weis, deren erster Band bisher v o r liegt. 51 A. W i n t e r (bis 1825) u n d H. H. Böck (1825 - 1838). 52 F. Dobmann (1799 - 1820). 53 R. v. Armansperg. 45

22

Einleitung

von höchst unterschiedlicher Qualität erfaßt. Dringend erforderlich sind Arbeiten zum Finanzminister und Bundestagsgesandten Lerchenfeld 5 6 und zum langjährigen Außenminister Gise, der zu Unrecht vollkommen i n Vergessenheit geraten ist. Besonders wünschenswert wäre eine genauere Kenntnis der führenden Köpfe der hohen Bürokratie i n den Ministerien und Kreisverwaltungen, die das eigentliche Kontinuitätselement des bayerischen Staates i m 19. Jahrhundert darstellen 57 . Ebenso lückenhaft sind die Lebensgeschichten bedeutender Politiker und Parlamentarier des bayerischen Vormärz erfaßt. Gründlich informiert sind w i r bisher nur über zwei herausragende Gestalten des bayerischen Frühliberalismus, über Behr 5 8 und Rudhart 5 9 . Besser bestellt ist es um die Lebensgeschichten der wichtigsten Publizisten. Für W i r t h 6 0 und Siebenpfeiffer 61 liegen Dissertationen vor, die allerdings modernen wissenschaftlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Auch Eisenmann, Butenschoen und Kolb haben Biographen gefunden 62 . A m besten erforscht sind Werk und Leben der überragenden Persönlichkeit Görres' 63 . Dennoch blieben eine Reihe einflußreicher Publizisten bisher unbeachtet, von den Redakteuren und Herausgebern kleinerer Blätter ganz zu schweigen. Eine gesellschaftsgeschichtlich orientierte Darstellung des bayerischen Journalismus, die wichtige Aufschlüsse über die Funktion der bürgerlichen Öffentlichkeit i m 19. Jahrhundert und über die Schichtenabhängigkeit der liberalen Publizistik erbringen könnte, bedarf einer breiten biographischen Grundlage. 54 Dcsacsovszky, V. D. überholt durch die ausgezeichnete neue Biographie von K . - H . Zuber. 55 L . Klemmer. 56 Der Darstellungsteil i n Lerchenfeld, Papiere, ist weitgehend überholt. 57 Eine gute Ausgangsbasis für weitere Forschungen hat W. Schärl, Die Zusammensetzung der bayerischen Beamtenschaft von 1806 - 1918, geschaffen 58 E. Pfeiffer w i r d der Persönlichkeit Behrs nicht gerecht. Domarus, M., Bürgermeister Behr, w ü r d i g t zwar den liberalen Professor u n d Politiker treffend, weist aber i n der Darstellung des allgemeinen politischen H i n t e r grundes Oberflächlichkeiten u n d sachliche Fehler auf. Weitere L i t . bei Spindler, Hb. I V , 1, S. 135, A n m . 3. 59 F. Koeppel. 60 Ο. H. Müller. 61 H. Braun. 62 H. Borngässer; H. Hoff mann m i t Schwerpunkt auf der medizinischen Tätigkeit Eisenmanns. H. H a h n (zu Butenschoen); E. K r a u t k r ä m e r (zu G. Fr. Kolb); W e r t v o l l auch die Edition der Lebenserinnerungen G. Fr. Kolbs durch L . Merckle u. E. Krautkrämer. 83 Neueste Literaturzusammenfassung i n Görres, Gesammelte Werke, Bd. 15, hrsg. von E. Deuerlein; s. a. Handbuch der Zeitungswissenschaften, hrsg. von Heide / Lehmann, 1940, Sp. 1318 ff.

Problem, Methode und Forschungsstand

23

Die allgemeine Pressegeschichte des 19. Jahrhunderts war bis i n die jüngste Zeit vorwiegend eine Domäne der Zeitungswissenschaften. Die Darstellung Salomons 64 ist durch die Forschungen Groths 6 5 und Koszyks 66 überholt. Die fundierteste Arbeit hat Schneider 67 vorgelegt. Die Systematisierung der historischen Einzelvorgänge nach Kommunikationsmodellen, die neue Einschätzung der Pressefreiheit als Symbol für die Gesamtheit der konstitutionellen Forderungen und nicht zuletzt ein Literatur- und Quellenverzeichnis von erstaunlicher Vollständigkeit setzen neue Maßstäbe für die künftige pressegeschichtliche und -politische Forschung. Daß sein Werk dennoch nicht ohne Widerspruch von Historikerseite geblieben ist 6 8 , hat seinen Grund i n der manchmal überzogenen Terminologie und i n gelegentlichen Oberflächlichkeiten und Ungenauigkeiten. Anstatt jedoch den Ansatz Schneiders von Grund auf i n Frage zu stellen, sollte die Geschichtswissenschaft seine Kategorien durch Detailstudien kritisch überprüfen und die Leerstellen zur Pressepolitik der Einzelstaaten, auf die er selbst offen hinweist 6 9 , füllen. Die Anregung zu seiner Untersuchung hat Schneider ohne Zweifel auch von Habermas erhalten, dessen Grundeinsichten i n „Strukturwandel der Öffentlichkeit" 7 0 auch die vorliegende Dissertation verpflichtet ist. Ein wichtiger politologisch-soziologischer Beitrag zur Zensurproblematik stammt von U. Otto 7 1 , die den machtstabilisierenden Charakter der Zensur als Instrument autoritärer Herrschaftskontrolle an mehreren historischen Modellen entwickelt und die Rechtfertigungen durch eine angebliche Schutzverpflichtung gegenüber Staat, Sittlichkeit und Religion als ideologischen Vorwand entlarvt. M i t dem Thema dieser Arbeit i m engeren Sinne befassen sich eine Reihe zeitungswissenschaftlicher und historischer Darstellungen von unterschiedlichem Rang. Bitterauf 7 2 hat, ohne sie anzugeben, zwei Fas64

Geschichte des deutschen Zeitungswesens, Bd. 3. Die Zeitung u n d Die unerkannte Kulturmacht. 66 Deutsche Presse i m 19. Jahrhundert, T e i l 2. 67 Pressefreiheit und politische Öffentlichkeit (zit. als Schneider, Pressefreiheit). 68 E. Angermann, i n : Neue Politische L i t e r a t u r 13/1968, S. 226 - 229; positive Würdigung durch U. Otto, i n : Publizistik 11/1966, S. 190 - 192. 69 A n dieser Aussage (S. 268 u n d ff.) w i r d deutlich, daß die vorgestellten Kommunikationsmodelle noch dringend der landesgeschichtlichen Spezialforschung bedürfen, u m die differenzierte politische u n d gesellschaftliche Situation i m Vormärz adäquat erfassen zu können. 70 Habermas hat erstmals die Kategorie der „bürgerlichen Öffentlichkeit" i n das zentrale Forschungsinteresse gerückt u n d den Gegensatz zwischen öffentlich u n d privat, zwischen Staat u n d Gesellschaft als einen dynamischen Prozeß des Kampfes u m Herrschaft durch K o m m u n i k a t i o n dargestellt. 71 Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der P o l i t i k (zit. als Otto, Zensur). 65

24

Einleitung

zikel des GStA München gründlich ausgewertet und sie zu einer akzeptablen Zensurgeschichte Bayerns für den Zeitraum zwischen 1799 und 1825 verarbeitet. Vieles bleibt angesichts dieser schmalen Basis bruchstückhaft, eine Reihe von Urteilen w i r d aus heutiger Sicht zu revidieren sein. Dennoch bleibt Bitterauf das Verdienst, als erster den engen Zusammenhang zwischen bayerischer und Bundespressepolitik, den die Akten allerdings geradezu zwingend aufweisen, erkannt und dargestellt zu haben. Eine neuere Dissertation widmet sich der Pressepolitik unter L u d w i g I. 7 3 . Der Wert dieser Arbeit w i r d aber leider durch die Einschränkung auf die Münchner Presse, die völlige Ausklammerung außenpolitischer Gesichtspunkte und eklatante Mängel an inhaltlicher Substanz und an formaler Wissenschaftlichkeit erheblich vermindert. Eine gründliche Studie zur rechtlichen Situation der bayerischen Presse i m Vormärz hat Bayrle 7 4 verfaßt. Einem besonders wichtigen, aber ebenso umstrittenen und gefährdeten Zweig des Pressewesens, der Landtagsberichterstattung, schenkt Raubold 7 5 besondere Aufmerksamkeit. Immer noch grundlegend, aber dennoch mit Vorbehalt zu benutzen, sind die Arbeiten von Lempfried 7 6 und Franz 7 7 , die eine betont etatistische Grundposition und als Konsequenz ein massives Vorurteil gegenüber der publizistischen Opposition verbindet. Das Fehlen einer methodisch ausgereiften Konzeption schränkt den Wert vieler pressegeschichtlicher Dissertationen aus der d'Ester-Schule erheblich ein, die eine Reihe von Spezialmonographien zur Pressegeschichte einzelner Organe, Städte oder Gattungen hervorgebracht hat 7 8 . Bemerkenswert überdurchschnittliche Qualität zeichnet lediglich 72 Die Zensur der politischen Zeitungen i n Bayern 1799 - 1825 (zit. als B i t terauf, Zensur). 73 Ε. M . Rupp, Die Pressepolitik unter L u d w i g I. 74 Die rechtliche Situation der bayerischen Presse von 1818 bis 1848 (zit. als Bayrle, Presse). 75 Die bayerische Landtagsberichterstattung v o m Beginn des Verfassungslebens bis 1850 (zit. als Raubold, Landtagsberichterstattung). 76 Die Anfänge des parteipolitischen Lebens und der politischen Presse u n ter L u d w i g I. (zit. als Lempfrid, Anfänge). 77 Bayerische Verfassungskämpfe. 78 Wo es u m historische Gattungsbeschreibungen u n d Pressegeschichte i m engeren Sinne geht, mag dieser V o r w u r f nicht zutreffen. I m Bereich der p o l i tischen Geschichte, der Ebene der Berührung zwischen Presse u n d Staat, ist das methodische I n s t r u m e n t a r i u m meist unzureichend. Brauchbare Arbeiten: A. Stadtmüller (Würzburg); I. Stöpel (Nürnberg); Fr. Simeth (Bamberg); Fr. Lauerer (Augsburg). Welche Dimensionen eine methodisch fundierte Pressegeschichtsschreibung eröffnet, demonstrieren zwei herausragende Arbeiten der neuesten Zeit: K . G. Faber, Die Rheinlande zwischen Restauration u n d Revolution (zit. als Faber, Rheinlande) u n d R. Pesch, Die kirchlich-politische Presse der K a t h o l i k e n i n der Rheinprovinz vor 1848 (zit. als Pesch, Kirchlichpolitische Presse).

Problem, Methode u n d Forschungsstand

25

zwei Arbeiten dieser Schule aus: die Dissertation Steuers 79 über das Arrangement zwischen L u d w i g I. und Cotta zur Begründung einer Regierungspresse und Kapfingers 8 0 Doktorarbeit über die Wirksamkeit des Eoskreises und seine Bedeutung als frühes Zentrum des politischen Katholizismus i n Deutschland. Gemeinsam ist allen diesen Abhandlungen, die sich der Pressegeschichte und Pressepolitik Bayerns widmen, eine Reihe von Mängeln und daraus resultierenden Fehlurteilen, die die folgende Untersuchung revidieren w i l l : 1. Der Einfluß des Deutschen Bundes auf die Entscheidungen der innerbayerischen pressepolitischen Diskussion w i r d durchwegs vernachlässigt oder unterschätzt. 2. Eine übergeordnete Kategorie, die die Verflochtenheit der verschiedenen Kommunikationsformen als Ausdruck eines schichtenspezifischen politischen Wollens verständlich macht, fehlt. Dadurch w i r d die Publizistik von den gleichgerichteten Bestrebungen anderer Kommunikationsformen isoliert und aus dem gesellschaftspolitischen Zusammenhang gerissen, ihre Repräsentanten werden zu individualistischen Einzelgängern oder psychopathischen Querulanten. 3. Funktion und Stellenwert der pressepolitischen Einzel Vorgänge i n den ideologischen und gesellschaftspolitischen Strukturzusammenhang des bayerischen Vormärz einzuordnen und innerhalb dieser Koordinaten modellhaft zu entwickeln, wurde ebenfalls unterlassen.

79 80

Cotta i n München. Der Eoskreis.

Erster

Teil:

Bayerns Pressepolitik im Zeichen der Karlsbader Beschlüsse I n der nationalen Begeisterung der Befreiungskriege war i n Deutschland eine neue Form der Presse erstarkt, eine Meinungs- und Gesinnungspublizistik, die die sentimentale Erbauungsfunktion des 17. Jahrhunderts und die Bildungsfunktion des 18. Jahrhunderts erweiterte und überwand, indem sie eine primär politische Dimension gewann 1 . Aus der Formulierung politischer Ansprüche, aus Polemik und Räsonnement sprach unüberhörbar das liberale Postulat nach Repräsentation, das ein zum Selbstbewußtsein seiner Bedeutung erwachtes Bürgertum erstmals artikulierte. Die hohe Einschätzung der Presse als „Organ der öffentlichen Meinung" und als „Wortführerin des Volkes" wurde i n diesen Jahren geboren und von den Regierungen gezielt unterstützt, w e i l sich i n ihr ein nützliches Instrument zur Entfachung des nationalen Begeisterungspotentials bot, ohne das der Kampf gegen Napoleon kaum Erfolg versprach. So schufen die Freiheitskriege „eine Situation, i n der sich die Presse politisch bewähren konnte, und zwar i n einer Weise, die nicht nur dem einfachen Mann erkennbar war, sondern auch Anerkennung fand bei den Potentaten, . . ." 2 . Wie sehr jedoch die Mehrzahl der deutschen Regenten die Presse als Instrument ihres fürstlichen Willens verstand, dokumentiert die pressegeschichtliche Entwicklung nach 1815. Als die Presse nämlich auch i n den deutschen Angelegenheiten K r i t i k anmeldete und Forderungen nach Mitsprache stellte, sahen die Regenten die traditionelle Machtverteilung i n der absoluten Monarchie i n Frage gestellt. Die Freiheitsversprechungen der Kriegsjahre, die ohnehin weitgehend Zweckmäßigkeitserwägungen des Augenblicks entsprungen waren, wurden Stück für Stück revidiert, ja i n ihr Gegenteil verkehrt. Die Beratungen und Beschlüsse von Karlsbad stellten den ersten Gipfelpunkt dieser Entwicklungslinie der politischen Reaktion dar. Diese erneute Einschränkung rief um so mehr Verbitterung hervor, als gerade die Pressefreiheit „von der interessierten Öffentlichkeit . . . als ein wohlerworbenes Verdienst angesehen (wurde), 1 2

Groth, Zeitung 1, 690 - 92. Schneider, Pressefreiheit, S. 172.

1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

27

als eine notwendige innenpolitische Folge der äußeren Befreiung" 3 . Die Phasen der presserechtlichen Diskussion i m Bunde und i n Bayern lassen den Umschwung erkennen, den unter Metternichschem Einfluß die deutschen Bundesstaaten vollzogen. Bei Metternich und seinem Berater Gentz liefen i n immer konzentrierterem Maße die Fäden der Bundespressepolitik zusammen. So stand die bayerische Außenpolitik bald vor den Scherben ihres selbstgewählten Souveränitätsdogmas. Der Interessenkonflikt zwischen Eigenstaatlichkeit und Bundesverpflichtung und eng damit verbunden zwischen Verfassungstreue und Absolutismus wurde zum Bestimmungselement bayerischer Pressepolitik bis zur Revolution von 1848.

3

Darmstadt, Bund, S. 24 f.

Erstes

Kapitel:

Rechtliche und politische Voraussetzungen 1. Entstehung und Umdeutung des Artikels 18d der Bundesakte 4 Schon i n d e n V o r v e r h a n d l u n g e n z u r B u n d e s a k t e w u r d e d i e u r s p r ü n g l i c h e I n t e n t i o n w e i t g e h e n d e r Pressefreiheit abgeschwächt 5 . A l s E r g e b n i s aus verschiedenen E n t w ü r f e n e n t s t a n d d i e L e e r f o r m e l des A r t i k e l s 18 d 6 . S t a t t der u r s p r ü n g l i c h e n Fassung „ z w e c k m ä ß i g e G e setze" h a t t e B a y e r n die F o r m u l i e r u n g „ g l e i c h f ö r m i g e B e s t i m m u n g e n " durchgesetzt, eine M o d i f i k a t i o n v o n e r h e b l i c h e r r e c h t l i c h e r u n d p o l i tischer Konsequenz. Z u d e m versuchte d i e bayerische R e g i e r u n g d e n A r t i k e l n 12 bis 20 v o n A n f a n g a n die V e r b i n d l i c h k e i t z u n e h m e n , i n d e m sie n u r als f r e i e V e r e i n b a r u n g e n d e r F ü r s t e n d e k l a r i e r t w u r d e n , w ä h r e n d die A r t i k e l 1 bis 11 als „ w e s e n t l i c h " a n e r k a n n t w a r e n u n d d a m i t b i n d e n d e n C h a r a k t e r h a t t e n 7 . T r o t z der E i n s c h r ä n k u n g e n u n d V o r b e h a l t e gab es zunächst k e i n e Z w e i f e l , daß die Fassung des A r t i k e l s 18 d v o n d e n R e g i e r u n g e n p o s i t i v gedacht w a r u n d v o n d e r ö f f e n t l i c h 4 Die bundespolitischen Vorgänge hat U. Eisenhardt, Die Garantie der Pressefreiheit i n der Bundesakte von 1815, i n : Der Staat 10/1971, S. 339 -56, detailliert dargestellt. I m folgenden sind daher nur für das Gesamtverständnis wesentliche u n d für die bayerische Geschichte ergänzende Hinweise gegeben. Z u den Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß zusammenfassend H. Duchardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert, Darmstadt 1976, S. 127 ff. 5 Einzelheiten dazu bei J. Klüber, A k t e n des Wiener Kongresses. 6 Text bei E. R. Huber, Quellen 1, 23 ff. A r t . 18 d lautet: „Die Bundesversammlung w i r d sich bei ihrer ersten Z u sammenkunft m i t der Abfassung gleichförmiger Verfügungen über Preßfreiheit . . . beschäftigen." 7 GStA Ges. Wien 1617/8 (Wallerstein an K ö n i g v. 1. März 1832, S. 96 ff.; Abschrift; zit. als Wallerstein, Pressebericht). Der Vorbehalt ist bis i n die Gegenwart umstritten. Vgl. dazu die gegensätzlichen Aussagen bei Dobmann, Zentner, S. 162 u n d Quint, Souveränitätsbegriff, S. 391 u. 398 f. Der K e r n des Vorbehalts, dessen Verfechter vor allem Cetto und Zentner waren, lag darin, daß die A r t i k e l 12 bis 20 nur deshalb anerkannt wurden, w e i l sie den gesetzlichen Regelungen i n Bayern entsprachen. I n diesem Sinne erfolgte auch die Ratifizierung durch M a x I. Die strittigen A r t i k e l , also auch der A r t i k e l 18, w u r d e n i n dieser Deutung n u r als freiwillige Erklärungen der Regenten, nicht als verbindliche Bundesbestimmungen verstanden. I m p l i z i t w a r damit auch der Vorrang der Landesgesetzgebung für diese Gegenstände, also auch die Presse, ausgesprochen.

I. Kap. : Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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keit so verstanden wurde 8 . Weite Teil der zeitgenössischen Staatsrechtslehre haben dieses Verständnis unterstrichen und gegen die spätere Umkehrung der ursprünglichen Absichten protestiert 9 . Buol-Schauenstein, der österreichische Bundestagsgesandte, versprach i n seiner Eröffnungsrede die baldige Beratung des Artikels 1 0 . Doch die Ansichten der österreichischen Politik gingen sehr bald andere Wege. Während am Bundestag, angeregt durch die Eingabe des Freiherrn von Drais 1 1 , der oldenburgische Gesandte v. Berg den Auftrag zu einer vergleichenden Gesetzessammlung erhielt 1 2 , wechselte Metternich von einer abwartenden Hinhaltepolitik zu einer deutlich restriktiven pressepolitischen Konzeption über. Auch i n Preußen schwand der liberale Enthusiasmus der Reformjahre und der Befreiungskriege 13 . Hardenberg ließ Metternich Ende 1817 eine Denkschrift 1 4 vorlegen, i n der er „den Schwindel einiger unruhiger Köpfe" anprangerte und „allgemeine und energische M i t t e l " forderte. Ein besonderer Dorn i m Auge war i h m „die Zügellosigkeit der Zeitungsschreiber". Gentz, der schon i m November von Metternich entsprechende Aufträge erhalten hatte 1 5 , kam dem preußischen Wunsche mit Feuereifer nach und legte bereits i m Januar 1818 seinen Entwurf vor 1 6 . M i t dem Memorandum Metternichts vom 8. Januar 1818 war die Zielrichtung der Bundespressepolitik skizziert und der Weg i n die Reaktion vorbereitet 1 7 . Lange vor dem Mord an Kotzebue, der Metternich als Begründung und Rechtfertigung diente, war die Unterdrückung der Pressefreiheit als politisches Ziel bereits eindeutig fixiert. Auch das spätere Verfahren von Karlsbad, zunächst nur mit den größeren Höfen Vorverhandlungen zu pflegen, war schon projektiert. Die Aktivitäten des Bundestages erwiesen sich 8 Eine Reihe von Belegen aus der zeitgenössischen Publizistik bei D a r m stadt, Bund, S. 17 ff.; ausführliche Diskussion u n d Dokumentation zu A r t i k e l 18 gibt. J. A. Collmann, Quellen, S. 4 2 - 160; den positiven Sinn des A r tikels betonen: Ilse, BV, S. 292 f.; Krempel, Zensurrecht, S. 214; Huber, V G 1, 742 ff. 9 Vgl. Collmann, Quellen. 10 P B V v. 11. Nov. 1816, Bd. 1, S. 36 ff. (§ 7). 11 Materialien zur Gesetzgebung über die Preßfreiheit Deutschlands, Z ü rich 1819. 12 P B V v. 26. März 1817, Bd. 2 a, S. 200 (§ 125). 13 Von den inneren Kontroversen i m preußischen M i n i s t e r i u m gibt ein anschauliches B i l d E. Klein, Von der Reform zur Restauration, bes. S. 208 - 226. 14 Text bei Kombst, Aktenstücke, S. 176-78; vgl. P. Haake, i n : Forschungen z. preuß.-brand. Gesch. 30/1918, S. 329 -331; Stern, Geschichte Europas 1, 338 f. 15 D. Lapter, Die Wiener politische Journalistik, S. 70. 16 Gentz, Tagebücher 2, 193 (2. Januar 1818); Aretin, Dt. Pol. S. 135; Stern, Geschichte Europas 1, 340. 17 E n t w u r f i m H H S t A Wien, S t K D A 147, datiert v. 8. Januar 1818.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

für die beiden Großmächte bald als störend, w e i l sie immer noch von der positiven Interpretation des Artikels 18 ausgingen. M i t der Sicherheit, „daß keines der großen Kabinette einem solchen Plan entgegentreten werde" 1 8 , ging Metternich deshalb, unterstützt von seinem dienstfertigen „Pressereferenten" Gentz, daran, der Freiheit der Presse den Garaus zu machen. Der Bundestag ergriff das sicherste Mittel, schnelle Ergebnisse zu verhindern: Er wählte eine eigene Kommission, i n die m i t bayerischer Unterstützung auch der Präsidialgesandte gewählt wurde, dessen Absicht offen dahin ging, „die Sache solange hinzuhalten", bis Metternich sich entschieden habe 19 . Diese Tendenz zur Eliminierung des Bundestages und die Rückkehr zur Kabinettspolitik traditioneller Prägung brachten die Regierungen und den Bundestag gleichermaßen i n Mißkredit und führte zu einer deutlichen Verschärfung des Tones i n der deutschen Publizistik. Die Grundkonzeption des Deutschen Bundes war nicht reaktionär, die Bestimmungen der Bundesakte waren offene Kompromißformeln, die auch die liberalen Bestrebungen hätten integrieren können und eine vernünftige föderative Entwicklung initiiert hätten 2 0 . Die Bundesversammlung wurde von der liberalen Bewegung zunächst sogar als staatliches Integrationselement und als zentrale Institution zur Absicherung der bürgerlichen Freiheiten begrüßt 21 . Nicht die gesetzliche und institutionelle Grundlage, sondern der politische Wille Metternichs war ausschlaggebend für die Reaktion, die als politisches Ziel schon lange vor 1819 greifbar ist. Gefochten allerdings haben beide Seiten unter Berufung auf die Bundesakte, und die Diskussion um die richtige Interpretation des Artikels 18 d riß während des gesamten Vormärz nicht ab. Die Rechtsargumentation jedoch blieb vordergründig und ergebnislos, wo sie auf den Machtwillen einer aristokratischen Elite stieß, die den gesellschaftlichen Umbruch und seine politischen Konsequenzen durch eine reaktionäre Offensive abzustoppen hoffte. Die Bundespressepolitik des Vormärz war eingebettet i n die gesellschaftspolitische Gesamtentwicklung: Metternich 2 2 führte sie, seiner pressepolitischen Konzeption entsprechend, aus offenen Anfängen i n ein zwar umstrittenes, aber dennoch w i r k sames System der Unterdrückung. 18

Briefwechsel Gentz-Müller S. 270 (Gentz an M ü l l e r v. 15. Dez. 1818). GStA M A I I 1337 Bericht Aretins v. 13. Okt. 1818. 20 Die Ausgewogenheit der Bundesakte als Rechtssatzung ist allgemein anerkannt; so Schnabel, Deutsche Geschichte 3, 94 ff.; Angermann, Die deutsche Frage, S. 13 f.; Berglar, Metternich, S. 46 ff. 21 Darmstadt, Bund, S. 12 ff. hat dies durch die Untersuchung zahlreicher liberaler Schriften nachgewiesen. 22 Die Fülle der Metternich-Literatur zu diskutieren, ist hier nicht der Platz. Verwiesen sei lediglich auf die neueste Bibliographie: Clemens Fürst Metternich u n d seine Zeit. Aus den Beständen der Staatsbibliothek Koblenz. Heft 10. Hrsg. von Hildegard Trapp, Koblenz 1973. Zur Bundes- und Presse19

I. Kap.: Rechtliche und politische Voraussetzungen

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Die Pressepolitik war eine wichtige Komponente der deutschen und europäischen Hegemonialpläne Metternichs. Als Präsidialmacht und als führender Staat i m Bunde war die dominante Rolle Österreichs schon institutionell abgesichert. Wichtiger aber wurden die informellen Kanäle der Einflußnahme. Das Netz der Metternichschen Diplomatie und Spionage umspannte ganz Europa und engte den Spielraum der kleineren und mittleren Staaten i n unerträglichem Maße ein. Die Methode bundesabhängiger Vorabsprachen, zunächst m i t Preußen, dann mit den wichtigsten Mittelstaaten, voran Bayern, pervertierte das verfassungsrechtlich gebotene Prinzip der Gleichberechtigung aller Mitgliedsstaaten und entlarvte das Souveränitätspostulat als formal juristische F i k tion. Metternich, der sich als „ A r z t i m großen Weltspital" verstand, hielt diese M i t t e l für angemessen, um den Kampf gegen „den schädlichen Geist der Zeit", gegen Presse und Verfassungen erfolgreich zu führen. Seine besondere Aversion richtete sich gegen mißliebige Zeitungen i m Bundesgebiet, bevorzugte die des südlichen Deutschlands, weil i m Süden die Gefahr der Revolutionierung nach seiner Meinung am größten war 2 3 . Österreichs Aufgabe i n Deutschland bestand, wie Metternich die Macht- und Interessenpolitik der Monarchie gerne beschönigend zu verschleiern pflegte, i m Kampf gegen die Revolution 2 4 , die nach seiner Meinung durch das Bundesverhältnis neue Nahrung erhalten hatte 2 5 . M i t Könnerschaft spielte Metternich dazu auf der Klaviatur hegemonialer Machtpolitik; vom zarten M i t t e l der belehrenden Andeutung bis zur unmißverständlichen Pression reichte seine Skala. Der Bundestag wurde zur Schaltzentrale der Reaktion umfunktioniert, von Land zu Land intensivierte sich der diplomatische Austausch, Kongresse markierten die Gipfelpunkte des politischen Umschwunges. Die Taktik, m i t der Metternich Deutschland i n die Reaktion führte und für Jahrzehnte an die Habsburger Monarchie band, formulierte er selbst m i t folgenden Politik dominieren bis i n die Gegenwart die apologetischen Versuche konservativer Tradition, die sich alle auf die Biographie Srbiks stützen. B i b l gilt immer noch als Außenseiter, obwohl seine Arbeiten gründlich u n d die meisten seiner harten Urteile nicht aus der L u f t gegriffen waren. M i t den E r gebnissen Obermanns scheint sich eine Teilrevision der Metternich-Forschung anzubahnen, die den Ansatz Bibls zunehmend bestätigt. Z u r Pressepolitik Metternichs existieren n u r zwei Spezialmonographien, die aber für unseren Zusammenhang wenig brauchbare Aussagen liefern. Die ältere Dissertation von E. Franke, Metternich u n d die politische Tagespresse, ist wissenschaftlich überholt, die Doktorarbeit von F. Kammerer, Die Pressepolitik Metternichs, verarbeitet weder ausreichendes Quellenmaterial noch berücksichtigt sie die europäischen Dimensionen der Metternichschen Politik. E i n guter neuer Überblick von K . Paupie, i n : H. D. Fischer, Deutsche Publizisten, S. 150 - 159. 23 Glossy, Karlsbad, S. 130 f. (Metternichs Aufzeichnungen v. 8. August 1819). 24 Ebd., S. 132 (Aufz. v. 10. August 1819). 25 NP 3, 262.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Worten: „Nach meinem Dafürhalten muß Deutschland . . . zur Annahme von Grundsätzen bewogen werden, welche die unsrigen sind, ohne daß w i r erscheinen, als wollten w i r unsere Grundsätze Deutschland aufdringen 2 6 ." A n Gentz 27 besaß Metternich einen ergebenen und fähigen Mitarbeiter, dessen publizistische Fähigkeiten und Kenntnisse er voll zu nützen verstand. So gesehen war Gentz sicher Werkzeug: Die Aufträge übermittelte i h m Metternich, die Zielrichtung der Politik gab der Staatskanzler an. Aber eine Fülle von Einzelentscheidungen und Initiativen, von publizistischen Aktivitäten, politischen Kontakten und Einflußmöglichkeiten durch Berichte und Entwürfe blieb dem Aufgabenfeld des „Hofpublizisten" dennoch erhalten 2 8 . Sein Einfluß ging, vor allem i m Bereich der Bundespressepolitik, weit über die publizistische Defensive hinaus; er war der geistige Vater der reaktionären Offensive, die i n Karlsbad ihren ersten Höhepunkt und vorläufigen Abschluß fand. M i t dem theoretischen Instrumentarium, das Gentz i h m lieferte, bestritt Metternich i n allen Stadien den Kongreß i n Karlsbad. Auch das taktische Konzept, den Bundestag zunächst zu umgehen, stammte von Gentz, der diese Institution schon 1816 „eine Trödelbude" genannt hatte, „die i n zwei Jahren das Gespött von Europa sein w i r d " 2 9 . Alle entscheidenden Grundlagenpapiere bis h i n zur Präsidialproposition für die Septemberbeschlüsse des Bundestages von 1819 entwarf Gentz, ihm oblag die publizistische Vorbereitung und Begründung wie auch die nachträgliche Rechtfertigung der Karlsbader Beschlüsse. 2. Bayerische Bundes- und Pressepolitik unter Montgelas und Rechberg 1814 - 1818

Bayern, der größte deutsche Mittelstaat und unmittelbarer Nachbar Österreichs stand naturgemäß unter besonderer österreichischer Aufsicht. Groß war das Mißtrauen gegen die junge Monarchie von Napoleons Gnaden, deren leitender Minister Montgelas ein Souveränitätskonzept verfocht, das alle Pläne der Großmächte über den Haufen zu 26

Zit. nach E. Winter, Frühliberalismus, S. 58; Schnabels Urteil, Metternich habe die Position Österreichs als Präsidialmacht niemals ausgenützt (Deutsche Geschichte 3, 81 ff. u. 95), gerät angesichts dieser Aussage Metternichs ins Wanken; vgl. auch Berglar, Metternich, S. 48f.: „Die Institutionen des Bundes w u r d e n . . . zu H i l f s m i t t e l n Österreichs i m deutschen Raum." 27 Z u Biographie und Persönlichkeit W. Haacke, i n : Handbuch der Zeitungswissenschaften, Sp. 1238 - 45; H. Rumpel, i n : N D B 6, 190 - 93. 28 So W. Rasemann, i n : H. D. Fischer, Deutsche Publizisten, S. 147. 29 Srbik, Metternich 1, 578.

I. Kap. : Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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werfen drohte 3 0 . Ungeklärte Territorialfragen schürten den bayerischen Widerstandswillen. Das Widerstreben Montgelas' gegen jede Form einer engeren föderativen Bindung brachte Bayern bei allen Seiten i n Verdacht, bei den Liberalen, die die Einheit der Nation gefährdet sahen, bei den Konservativen, die den modernen bürokratischen Staat als K i n d der Revolution beargwöhnten. Der i m Grunde fortschrittlichen Konzeption der Staatssouveränität 31 ordnete sich die Pressepolitik widerspruchslos ein. Die Presse war, ganz i m Geiste eines bürokratischen Absolutismus, nur als Werkzeug der Regierungsinteressen geduldet, ja sie konnte m i t der Förderung des Staates rechnen, wenn sie seinen Zwecken nützte. Wo sie sich jedoch oppositionell gebärdete, wurde sie zensiert, verboten und unterdrückt wie i n den Staaten des traditionellen Absolutismus. Schon während des Wiener Kongresses gab Montgelas der Publizistik weiten Spielraum, um i m Federkrieg gegen Preußen die bayerische Position lautstark vertreten zu lassen. Der politische Hintergrund des forcierten antipreußischen Affektes war die Abwehr eines deutschen Patriotismus, der eine preußisch-österreichische Dominanz auf Kosten der Mittelstaaten propagierte und die eben erworbene Souveränität Bayerns unmittelbar bedrohte 32 . Die systematische Mobilisierung der öffentlichen Meinung und gezielte Förderung publizistischer Projekte dienten dem Zwecke einer umfassenden Meinungskampagne gegen die deutsche Politik Preußens 33 . Aus dieser offiziösen Publizistik, die zwar unter Privatnamen erschien, aber von der Regierung angeregt war, sprach deutlich die Abneigung Montgelas' gegen eine hegemoniale Verfassungsstruktur des Bundes, gegen jede engere bundesstaatliche Bindung überhaupt. Dagegen postulierte Bayern unter Berufung auf die Fortschrittlichkeit seines Staatswesens eine starke Position der Mittelstaaten. Aus dieser Forderung erklärt sich auch das vehemente Eintreten der bayerischen Publizistik für die territoriale Integrität Sachsens i m Jahre 181434. Die Regierung selbst ließ eine Reihe von Flugschriften fördern oder regte sie unmittelbar an, um Sachsen gegen Preußen den Rücken zu stärken und zugleich die eigene Politik zu rechtfertigen. Diese Schriftten w u r den sogar an sächsische Soldaten verteilt, die i m Rheinland stationiert waren. Zahlreiche Auszüge aus antipreußischen Veröffentlichungen publizierten die Zeitungen des rheinischen Administrationsbezirkes, den Bayern gemeinsam m i t Österreich verwaltete 3 5 . 30 M. Hartner, Die Beziehungen Österreichs u n d Bayerns . . . passim; A r e tin, Bayerns Weg, S. 174 ff. 31 L . Doeberl, Staatssouveränität; H. H. Hof mann, Adelige Herrschaft, S. 325 ff.: Quint, Souveränitätsprinzip, S. 283 ff. 32 Z u m Folgenden Faber, Rheinlande, S. 21 ff. 33 ÖGB 1, 32 f. (Hruby an Metternich v. 22. Dez. 1814). 34 Groth, Zeitung 2, 131.

3 Tremi

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

M i t Blickrichtung gegen Österreich stimulierte die bayerische Regierung die öffentliche Meinung, als es um den Vollzug der territorialen Regelungen des Wiener Kongresses ging und Bayern die neuerworbenen Gebiete um Salzburg an die Habsburger Monarchie abzutreten hatte, ohne die erwünschte Kompensation erlangt zu haben. Unter den Augen der Polizei wurden antiösterreichische Flugblätter verteilt, i n denen die Bevölkerung gegen die Abtretung aufgestachelt wurde 3 6 . Die Beteiligung der höchsten Regierungsstellen an dieser Kampagne war kaum zu bezweifeln, auch wenn Montgelas jede Kenntnis davon ableugnete und Abhilfe versprach 37 , ein Verfahren, das er auch gegenüber preußischen Beschwerden praktizierte 3 8 . Dennoch war die Presse i n Bayern alles andere als frei. Montgelas berief sich nur dann auf entsprechende gesetzliche Bestimmungen, wenn es galt, ausländische Beschwerden abzuweisen. Und er gewährte großzügig freie Meinungsäußerung, wenn sie den Interessen und Zielen seiner Politik diente. Eine Pressefreiheit jedoch, wie sie die liberale Bewegung anstrebte, lehnte er ab. Oberstes Prinzip der inneren Pressepolitik war die vollständige Kontrolle des Staates über diese neue politische Kraft, deren Wert und Macht zwar anerkannt worden war, die aber keinerlei Selbständigkeit erlangen, sondern nur i n einer A r t Dienstfunktion für die Regierungspolitik zum Einsatz kommen sollte. Von besonderem Einfluß waren die vielfach wechselnden außenpolitischen Konstellationen. Drohte eine Störung der geheimen Kabinettspolitik durch publizistische Veröffentlichungen, so wurde kurzerhand auf dem Verwaltungswege ein Riegel vorgeschoben. Während der Verhandlungen i n Wien blieben alle Meldungen über Landerwerb Bayerns und über politische Beziehungen zum Ausland verboten 3 9 . Die Zensurgrenzen für die politische Berichterstattung waren so eng gesteckt, daß selbst gemäßigte Abhandlungen unter das staatliche Verdikt fielen 4 0 . Montgelas jedoch plante kräftigere Maßregeln. Gegenüber Wrede beklagte er sich über die Beschwerlichkeit des Zensurgeschäftes, über die Nachlässigkeit der Zensoren und kündigte schärfere Verord35 Fr. Schmitt, Die provisorische V e r w a l t u n g des Gebiets zwischen Rhein, Mosel u n d französischer Grenze . . . , S. 141 f. 36 ÖGB 1, 58 f. (Hruby an Metternich v. 31. Dez. 1815) und 61 (Wacquant an Metternich v. 1 J u n i 1816). 37 ÖGB 1, 78 f. (Wacquant an Metternich v. 19. Februar 1816). 38 PGB 1, 29 (Küster an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 2. Sept. 1815). 39 Bitterauf, Zensur, S. 332 f. (VO v. 16. August 1814). 40 So erregte die Schrift des gemäßigt liberalen Erlanger Professors Lips, „Der Wiener Kongreß", die selbst der Zensor Seida als „bescheiden" charakterisierte, Anstoß. Lips bekam von der Regierung die Auflage, jedes seiner Manuskripte vor der Veröffentlichung dem Generalkommissär vorzulegen, eine subtile, rechtlich unhaltbare F o r m von Zensur. (GStA M A 9552).

I. Kap. : Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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nungen an 4 1 . Als der „Correspondent von und für Deutschland" gar von geheimen Wünschen des Ministers berichtete, Deutschland solle i n drei Protektorate aufgeteilt werden, deren Leitung jeweils Österreich, Preußen und Bayern zukomme 4 2 , schien Montgelas ein energischer Schritt geboten. A m 7. Januar 1825 erging eine Verordnung 4 3 , die alle Verfügungen seit 1799 zusammenfaßte und i n den Abschnitten 2 bis 4 besonders auf die außenpolitischen Bedingungen Bezug nahm. Jeder unanständige Ton und jede beleidigende Bemerkung gegen ausländische Regierungen und Souveräne sollte fortan beseitigt werden. Ebenso verboten wurden „die Einrückung eines jeden gegen unsere Regierungsgrundsätze und unsere Staatsinteressen gerichteten Artikels, sowie jede mit Räsonnement verbundene Nachrichten, welche auf Verhältnisse der Staaten gegen einander und auf die politische Stellung unseres Reiches gegen andere Staaten Bezug haben, wenn solche auch schon i n anderen ausländischen Blättern erschienen sein sollten". Detaillierter führte eine wenig später ausgegebene Zensurinstruktion diesen Gegenstand aus 44 . Sie sprach die Auseinandersetzung m i t Preußen direkt an und lehnte nun, nachdem der Streit i n der sächsischen Frage beigelegt war, eine derartige Form des Meinungskampfes offiziell ab. Zugleich aber betonte sie m i t deutlichem Blick auf die bayerischen Souveränitätsbestrebungen, daß nichts aufzunehmen sei, „was gegen die Unabhängigkeit der deutschen Staaten überhaupt, gegen die des Königreiches oder auf Herstellung von Verhältnissen, welche die Unabhängigkeit beschränken, gerichtet ist". Die Abwehr der nationalen Einigungsbewegung i n der bayerischen Publizistik war i n dieser Passage demonstriert, zugleich aber wurde eine offene Frontstellung gegen jeden hegemonialen Anspruch der deutschen Großmächte eingenommen. So spiegelt dieses presserechtliche Dokument die doppelte Defensivstellung der bayerischen Souveränitätspolitik wider und gibt einen Eindruck von der engen Verknüpfung außen- und innenpolitischer Motive i n der Pressepolitik Montgelas'. Die Grundlinie dieser Politik ist durch eine verwirrende Flexibilität i n Einzelfragen, durch kompliziertes Doppelspiel, aber auch durch absolute Hartnäckigkeit i n der Souveränitätsfrage gekennzeichnet. Baute die Souveränitätspolitik Montgelas' schon auf problematischen Prämissen, so mußte sie angesichts der realen Machtverhältnisse i m Deutschen Bund vollends fragwürdig werden. Das System Montgelas 45 , so fortschrittlich es auf dem Hintergrund 41 42 43 44 45

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GStA Ges. Wien 1603/1 (Montgelas an Wrede v. 6. Dez. 1814). GStA Ges. Wien 1603/1 (Nr. 311 v. 7. Nov. 1814). Bitterauf, Zensur, S. 323. Ebd., S. 325 f. (v. 12. März 1815). E. Weis, Montgelas Bd. 1, S. 443 f. zeigt, daß M a x I. Joseph k a u m E i n -

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

der reaktionären Bestrebungen gewesen sein mag 4 6 , geriet i n innere und äußere Isolation, weil es sich gegen innere und äußere Bindungen zu beharrlich wehrte. M i t keiner der rivalisierenden Kräfte ging Montgelas ein volles Bündnis ein: weder m i t der traditionellen des Absolutismus und ihrem Prinzip der monarchischen Souveränität noch mit den progressiven Verfechtern einer eingeschränkten Volkssouveränität. I n der Ablehnung der Volkssouveränität und der nationalen Einigung nach dem Muster der preußischen Reformer traf sich Montgelas' Meinung sogar m i t der Metternichs. Andererseits aber geißelte Metternich den „Souveränitätsdünkel" und den „falschen Geist" i n Bayern mit scharfen Worten. Die offiziöse bayerische Publizistik spielte dagegen stets ein Überlegenheitsgefühl aus, das die geordnete Verwaltung und die liberale Gesetzgebung Bayerns stolz als Verkörperung der Moderne und des Fortschritts hervorhob. Z u den liberalen Kräften, die i n der Publizistik dominierten, hielt Montgelas dennoch vorsichtige Distanz. Die Forderungen nach Einheit und Freiheit stellten für das bürokratisch-zentralistische Regierungssystem des Ministers einen Störungsfaktor dar, der die innere und äußere Staatssouveränität zu untergraben drohte. Stattdessen band der Minister die Gruppe des „liberalen Partikularismus", eines dem Aufklärungsdenken entstammenden Beamtenliberalismus, an den bayerischen Staat und setzte ihn als Gegengewicht auch i n seiner Bundes- und Pressepolitik ein. Unbeugsam verteidigte er sein Souveränitätskonzept auch gegen alle Versuche einer Kompetenzerweiterung des Bundes 47 . Sein Verhältnis zum Bunde prägte von Anfang an ein Zug skeptischer Distanz. Initiativen zum Ausbau der Bundesverfassung waren bewußt nicht vorgesehen. Anregungen anderer Mitglieder wurden nur dann akzeptiert, wenn sie wie i m Falle des Artikels 18 als Beweis für die Fortschrittsfreundlichkeit Bayerns angeführt werden konnten 4 8 . Auch eine publizistische Abwehrpolitik gegen einen verstärkten Bundeseinfluß betrieb Montgelas. Drei propagandistisch aufgebaute Thesen beherrschten dabei die Argumentation: Bayern stehe als größtem, rein deutschen Staat eine besondere Führungsposition i m Deutschen Bund zu. Als moderner Verwaltungsstaat habe Bayern m i t der Überlegenheit seines staatlichen und politischen Systems „moralische Eroberungen" zu machen. Dazu bedürfe es nicht einer Stärkung des fluß auf politische Entscheidungen nahm und Montgelas so seine ureigene P o l i t i k betreiben konnte. 46 Vgl. K . Möckl, Prinzregentenzeit, S. 20. 47 E i n aufschlußreicher Briefwechsel i n GStA M A I 258 (Montgelas an Stainlein v. 26. Jan.; Stainlein an Montgelas v. 17. Jan.; Montgelas an Stainlein v. 9. Jan. 1817). 48 GStA M A I I 1332 Referentenentwurf (?) v. Nov. 1816, von Montgelas m i t „einverstanden" genehmigt.

I. Kap.:

echtliche und politische Voraussetzungen

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Bundes, sondern der Einzelstaaten und starker Anlehnung besonders der Mittelstaaten an Bayern. Zur Verbreitung dieser politischen Konzeption, die die Unterstützung einer starken öffentlichen Meinung bewußt mit ins K a l k ü l zog, betrieb Montgelas als erster bayerischer M i nister eine systematische positive Pressepolitik. Als halboffizielles Organ wurde i m Januar 1815 die „Allemannia" ins Leben gerufen, die Ziele und Wandlungen der Pressepolitik i n der Montgelas-Ära am deutlichsten widerspiegelt 49 . Klare Absicht dieser Zeitschrift war die Beeinflussung der Verhandlungen i n Wien und die publizistische Offensive gegen die deutschnationale Partei i n Preußen, gegen Görres' „Rheinischen Merkur", gegen Stein und Arndt. „Die Absicht des Grafen Montgelas war, sich der öffentlichen Meinung als Hüter des Fortschritts gegen die preußische Reaktion darzustellen 50 ." Die Anregung zur Gründung der Zeitschrift ging vom Minister selbst aus 51 , die grundlegende Konzeption entwarfen auf seinen Auftrag einige höhere Beamte. Der Mitarbeiterstab rekrutierte sich ebenfalls aus der höheren Beamtenschaft und aus Kreisen staatstreuer Gelehrter, die aber schwer faßbar sind, weil die A r t i k e l meist anonym erschienen. Sicher war Christoph von A r e t i n 5 2 einer der Mitherausgeber. Er stand, wie Faber wohl zurecht annimmt 5 3 i n enger Verbindung m i t seinem Onkel von Zwackh, der als Generalkommissär die antipreußische Offensive i n der Pfalz organisierte. Die Zensur der Zeitschrift besorgte der Minister selbst, ein Zeichen dafür, welch hohe Bedeutung er ihren Aussagen zumaß. Die Kosten trug das Außenministerium. Die „Allemannia", die von der ersten Nummer an alle Register der Polemik, des Spottes, der Satire und Persiflage zog, l i t t zunächst außerhalb Bayerns unter A b satzschwierigkeiten. Als sich Bayern und Preußen Mitte des Jahres 1816 i n der Pressefrage arrangierten, nachdem sich innerhalb der preupischen Regierung ein Umschwung vollzogen hatte und der „Rheinische Merkur" dem Verbot verfallen war, verlor die „Allemannia" ihr eigentliches Angriffsobjekt. Die Zeitschrift wurde nun gezielt für die Politik der „moralischen Eroberungen" Bayerns i n Deutschland einge49 Wie dringend eine eigene Untersuchung zu Entstehung u n d Inhalten dieser Zeitung ist, zeigen die sachlichen Unrichtigkeiten u n d die Fehlurteile i n den verschiedenen pressegeschichtlichen Handbüchern. 50 ist Salomons nationaliberaler Partikularismusvorwurf (3, 184) auch von Groth, Zeitung 2, 131 f. unkritisch übernommen u n d w i r k t noch bei Koszyk, Deutsche Presse 2, 35 nach. 50 Groth, Zeitung 2, 132. 51 H S t A M I n n 45306 (v. 9. März 1817); dort ein zusammenfassendes G u t achten über die Zeitschrift, das nach dem Sturz Montgelas' erstellt wurde, u m die Entscheidung über Fortführung oder Einstellung der Zeitschrift zu erleichtern. 52 N D B 1, 348. 53 Faber, Rheinlande, S. 40, A n m . 135; Schmitt, Provisorische Verwaltung, S. 142, beschreibt einige der pressepolitischen A k t i v i t ä t e n Zwacks.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

setzt: Sie gab sich betont liberal und stieß auf beachtliche Resonanz in Deutschland 54 . Die Liberalität ging sogar so weit, daß Montgelas versuchte den verbannten Görres als Redakteur zu gewinnen 5 5 . I m Herbst desselben Jahres wurde die Form der Zeitschrift geändert und die Herausgabe einem anderen Kommissionär übertragen. Unter dem Titel „Neue Allemannia" erschien sie nunmehr als unperiodische Schrift i n losen Heften. Der Grund für dieses neue Verfahren lag i n außenpolitischen Rücksichten; denn bei ausländischen Beschwerden konnte die bayerische Regierung sich der Verantwortung für eine zensurfreie Schrift entziehen. M i t dem Sturz des Ministers jedoch war auch das Schicksal der Zeitung besiegelt. Außenpolitische Vorzeichen bestimmten auch die Konzeption für die kurzlebige „Zeitschrift für Bayern", die auf Adam von Aretins Initiative entstand 56 . I n ihr wurde m i t Schwerpunkt auf dem kulturellen Sektor ein Programm der süddeutschen Trias entwickelt. Die Gemeinsamkeit der Geschichte aller süddeutschen Stämme war der Ausgangspunkt der Überlegungen von Aretins. Die Zeitschrift sollte das k u l t u relle Leben Süddeutschlands darstellen und den Kampf Bayerns um eine Gestaltung Deutschlands i m föderativen Sinne unterstützen. Unter den Mitarbeitern tauchen die Namen Stumpfs, Bellis und Koch-Sternfelds auf; auch der Ritter von Lang wurde um Beteiligung angegangen 57 . Aufschlußreich für die Regsamkeit eines nationalbayerischen Patriotismus mit liberalem Einschlag ist auch die Begründung für den Plan einer Literaturzeitschrift, die Christoph von A r e t i n i n seinem Antrag abgab 58 . Bayern sollte zum „Hort der liberalen Ideen", zur geistigen Führungsmacht Deutschlands erhoben werden. Denn Bayern, so argumentierte von Aretin, mache die Revolution von oben, und werde, wenn die anderen Staaten sie von unten erleben müßten, als mächtigstes Glied Europas dastehen. „Eine nächstens i n Bayern erscheinende Literaturzeitung w i r d die intellektuelle Diktatur dieses Landes auf die übrigen Staaten vollends begründen. Bayern ist der einzige Staat, wo Geist und Regierung nicht miteinander i n Widerspruch befangen sind." Selbst wenn diese Äußerungen nicht als deckungsgleich mit den politischen Zielen Montgelas' angesehen werden können, so werfen sie doch ein bezeichnendes Licht auf Motive und Ziele der politischen 54 Vgl. „ A l l e m a n n i a " v. August 1816: „Seit drei Monaten hat sich die S t i m m u n g geändert: fast alle deutschen Blätter bringen Auszüge aus der A l l e mannia, bezeichnen sie sogar als Surrogat des Rheinischen M e r k u r . " (Zit. nach Doeberl, E G 2, 560 f.). 55 So Groth, Zeitung 2, 132. 56 Aretin, Dt. Pol. S. 64 f. 57 Ritter v. Lang, Memoiren Bd. 1, S. 191 (Einladung v. 15. A p r i l 1816). 58 Aretin, Dt. Pol. S. 67 f.

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Kräfte und gesellschaftlichen Gruppen, die die Signatur der ausklingenden Montgelas-Ära bestimmten. Diese politische Haltung ist nicht mit einem primitiven Partikularismusverdikt abzutun, sie war mehr als kulturelle Kirchtumpolitik, sie stellte einen realisierbaren Ansatz zu einer föderativen Lösung der deutschen Frage dar, i n der kulturelle und geschichtliche Eigenständigkeit und modernes, zukunftsorientiertes Staatsdenken den Versuch einer Symbiose wagten. Montgelas' entscheidendster Fehler war es vielleicht, gerade den Gedanken einer süddeutschen Trias nicht i n die politische Praxis umgesetzt zu haben, obwohl sich i m Jahre 1816 dazu hervorragende Möglichkeiten boten 5 9 . Bayern lehnte i n fahrlässiger Arroganz, teils i n der Hoffnung auf territoriale Gewinne durch engeren Anschluß an Österreich 60 , teils wegen der persönlichen Aversion des bayerischen Königs gegen Wilhelm I., die württembergische Anregung zum engeren Zusammenschluß der größten süd- und mitteldeutschen Staaten gegen ein Übergewicht der Großmächte ab, ja Montgelas teilte sie sogar Metternich m i t 6 1 . Die Verabsolutierung des Souveränitätsstandpunktes, das Taktieren m i t wechselnden Partnern i n der Außenpolitik brachte das System Montgelas, zu früh für den abgerundeten Abschluß einer fortschrittlichen Entwicklung zu Fall. Gegen den übermächtigen M i n i ster und seine Politik verschworen sich die heterogensten Kräfte, die mit völlig divergierenden Zielen seinen Sturz 6 2 inszenierten, ohne ein besseres Konzept anzubieten, geschweige denn gemeinsam durchsetzen zu können. Dominierend waren die Führer einer feudalaristokratischen Fronde, die i m Machtzuwachs der Bürokratie ihre eigenen Positionen eingeengt sahen. Es waren die Ideen von der absoluten monarchischen Souveränität, überdeckt von romantischen Deutschheitsphrasen, die den Kronprinzen an die Spitze des Komplotts treten ließen. Männer des l i beralen Beamtentums und des liberalen Adels schlossen sich an, teils aus persönlicher Abneigung gegen den leitenden Minister, teils aus echtem Glauben an die Verfassungsbewegung, die sie von einer übermächtigen Ministerialbürokratie abgeblockt sahen. Die Exponenten der verschiedenen Gruppen fanden sich i m Nachfolgeministerium wieder, das von Anfang an von den inneren Widersprüchen dieses ungewöhnlichen Bündnisses belastet war. Für die Bundes- und Pressepolitik war seit dem Februar 1817 Graf Aloys von Rechberg zuständig, ein Mustertypus altaristokratischen 59 GStA M A I 264 Briefwechsel zwischen Montgelas u n d Wintzingerode v. Juli/August 1816; dazu auch Klemmer, Rechberg, S. 103. 60 Aretin, Der Sturz des Grafen von Montgelas i n Z B L G 20/1957, S. 88. 61 Ebd., S. 89. 62 Als Hauptgrund für das Scheitern Montgelas' sehen Aretin, Sturz M o n t gelas', S. 83 ff. u n d Quint, Souveränitätsbegriff, S. 452 ff., die Isolation B a y erns i m Deutschen B u n d an.

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Denkens. Wrede spielte i m Hintergrund eine zweideutige Rolle. Lerchenfeld saß als liberaler Gegenpol i m Ministerium. Zentner repräsentierte als juristischer Berater die Tradition des bürokratischen Absolutismus. M i t der Übernahme des Außenministeriums durch Rechberg hielt zwar kein völlig neues bundespolitisches System Einzug, eine deutliche Verschiebung auf eine integrative Haltung und eine engere Anlehnung an Österreich jedoch zeichnete sich bald ab 6 3 . Freilich versuchte Adam von A r e t i n als neuer Bundestagsgesandter i n enger Zusammenarbeit mit Wangenheim die Position der Mittelstaaten zu verbessern und einer Politik „der dritten K r a f t " i m Deutschen Bunde vorzuarbeiten 6 4 . Der neue Wille Bayerns zur aktiven Beteiligung i n der Föderation forderte jedoch bald mehr als verbale Bekenntnisse: Man sah sich i n der Kompetenzfrage 65 zum Einlenken bewogen, die Montgelas m i t Absicht umgangen hatte, und schuf damit auch für die Pressepolitik ein Präjudiz. Der Bundesversammlung wurde i n dieser Regelung ausdrücklich das Recht zugestanden, über den A r t i k e l 18, der als eine der gemeinnützigen Anordnungen galt, zu beraten 66 , die Durchführung der Bestimmungen zu überwachen 67 und sich m i t allen Gegenständen zu befassen, die auf diesen A r t i k e l Bezug hatten 6 8 . Die Absichten Metternichs, der m i t dieser Kompetenzbestimmung einen ersten Teilerfolg erzielte, richteten sich auf Erhalt und Festigung der hegemonialen Stellung Österreichs als Präsidialmacht. Dazu mußte eine Triasverbindung der süddeutschen Staaten um jeden Preis verhindert, die süddeutsche Verfassungsbewegung eingedämmt, gestoppt oder wenigstens entschärft werden und eine Interpretation der Freiheitsversprechen der Bundesakte, voran der A r t i k e l 13 69 , des Verfassungs63 F ü r die politische Schwerpunktverlagerung spricht A d a m v. Aretins Bericht v o m 14. März 1817 (GStA M A I I 1333); ausführliche Darstellung und Interpretation bei Quint, Souveränitätsbegriff, S. 455 f. ; aufschlußreich auch die I n s t r u k t i o n für den Bundestagsgesandten, die i m Teildruck bei Dobman, Zentner, S. 167 f., zitiert w i r d . Die Frage der Veränderung des politischen Systems nach Montgelas' Sturz ist umstritten. Aretin, Sturz Montgelas', S. 114; Winter, Wrede, S. 303, u n d Klemmer, Rechberg, S. 103 ff., verneinen dies, kommen jedoch i n der Beurteilung der Personen zu gegensätzlichen Aussagen. Die politische Wende v o n 1817 betonen Möckl, Prinzregentenzeit, S. 20, Quint, Souveränitätsbegriff, S. 453, und neuerdings auch Aretin, Bayerns Weg, S. 213 ff. 64 Aretin, Triasgedanke, i n : Schindler, Bayerische Symphonie, S. 404 ff. 65 P B V v. 12. J u n i 1817, Bd. 2 a, S. 448 ff. (§ 223). 66 Ebd., S. 450 (A 4). 67 Ebd., S. 450 (B 3). 88 Ebd., S. 451 (B 7). 69 Vgl. W. Mager, Das Problem der landständischen Verfassungen auf dem Wiener Kongreß, i n H Z 217/1974, S. 296 ff.

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Versprechens, und des Artikels 18 i m Sinne des österreichischen Absolutismus durchgesetzt werden. Unter diesen drei Leitzielen stand die deutsche Politik Metternichs bis zum Ende des Jahres 1823, das ihm den endgültigen Erfolg bescherte. Daß Bayern i m K a l k ü l der österreichischen Politik eine zentrale Rolle spielte, war verständlich. Denn von der bayerischen Haltung war nicht nur die engere föderative Bindung des deutschen Südens abhängig, sondern auch der Erfolg oder Mißerfolg der konstitutionellen Bewegung, die i n den ehemaligen Rheinbundstaaten immer mehr an Boden gewann, während die Widerstände i n Preußen anwuchsen. Für kurze Zeit, nur einige Monate nach der Verfassungsgebung von 1818, schien es, als sei Bayern gewillt, die Rolle eines Wortführers des Konstitutionalismus und einer Vormacht der deutschen Verfassungsstaaten zu übernehmen, ehe die reaktionären Kräfte i m Lande Hand i n Hand mit Metternich diese Hoffnung der Liberalen Deutschlands zunichte machten. Schon bald setzte Metternich einen seiner kräftigsten Hebel, die i h m den ständigen Einfluß auf Bayern sichern sollten, bei der Pressepolitik an 7 0 . Kurz nach dem Ministerwechsel nahm die Zahl der österreichischen Beschwerden über bayerische Zeitungen zu, und auch Preußen versuchte eine seinen Interessen gemäßere Pressezensur zu veranlassen 71 . A n denselben Zeitungen, die der preußische Gesandte beanstandet hatte, nahm auch Metternich Anstoß: Die „Augsburger Allgemeine Zeitung" war ihm verhaßt, weil sie beharrlich einen Ton der Neutralität, hinter dem deutlich ein gemäßigter Liberalismus hervortrat, wahrte und sich m i t Geschick dem österreichischen Werben entzog, i n die Rolle eines halboffiziellen Organs der Metternichschen Politik zu schlüpfen 72 . Der „Correspondent von und für Deutschland" geriet i n österreichischen Beschüß, als er einen A r t i k e l aus dem „Morning Chronicle" übernahm und der österreichische Geschäftsträger i n München wegen des Abdruckes für seinen Herrscher Genugtuung forderte 73 , und wenig später wegen eines Artikels über die österreichische Finanzpolit i k und der Forderung nach einer Untersuchung am Bundestag 74 . Aus Wien kam ein Bericht Stainleins, der ebenfalls auf verschiedene Beschwerden fremder Minister über den Ton einiger bayerischer Zeitungen hinwies 7 5 . 70 I n pressepolitischer Hinsicht setzte Metternich i n das neue bayerische M i n i s t e r i u m weit mehr Hoffnung; so ÖGB 1, 145. 71 PGB 1, 139 f. (Küster an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 30. März 1817). 72 Schiller, Cotta 2, 553 f. (Pilat an Cotta v. 16. A p r i l 1817). 73 Bitterauf, Zensur, S. 337. 74 ÖGB 1, 162 (Weißenberg an Metternich v. 27. August 1817). 75 Bitterauf, Zensur, S. 337.

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Wenig später sah Aretin, der instruktionsgemäß alle „literarischen Produkte" überwachte und an die Regierung einsandte, „welche auf den Deutschen Bund und insbesondere auf Baiern nähere Beziehung" hatten 7 6 , und der dieser Anweisung m i t Gründlichkeit nachkam, gegebenen Anlaß, die häufigen Angriffe der bayerischen Presse gegen die Bundesversammlung zu beklagen 77 . Sein Rezept allerdings, dem, wie er betonte, viele seiner Kollegen am Bundestag zustimmten, unterschied sich von dem Metternichs und Gentz' erheblich. Aretins Rat, „durch indirekte Leitung i n öffentlichen Schriften" darauf zu wirken, „auf die öffentliche Meinung mehr Einfluß zu gewinnen und die Urteile zu berichtigen", zeugte von liberaler Diskussionsbereitschaft und war von dem Vertrauen getragen, daß aus der öffentlichen Aussprache letztlich die gerechte und gute Sache siegreich hervorgehen werde. Diese Haltung, die i n starker Anlehnung an liberale Ideen der Zeit auf Ausgleich und Kompromiß i n den bewegenden gesellschaftlichen und politischen Fragen drängte, fand auch i n der höheren Beamtenschaft und i m Ministerium ihre Anhängerschaft. Rechberg mußte diesen Kräften, m i t denen er i m Bündnis gegen Montgelas gestanden hatte, Konzessionen machen. So erklärt sich unschwer die Liberalisierung der Zensur bei der „Augsburger Allgemeinen Zeitung". Dieses publizistische Prunkstück i m bayerischen Blätterwald, das die Gezeiten von Reaktion und Liberalisierung stets als erstes zu spüren bekam, war für Bayern eine finanzielle Einnahmequelle und ein Prestigeorgan ersten Ranges, ebenso häufig aber auch Stein des Anstoßes und Anlaß für peinliche diplomatische Verwicklungen. So mag auch die Drohung Cottas, sein Blatt nach Württemberg zu verlegen, falls die Zensur nicht gemildert werde 7 8 , die Großzügigkeit zusätzlich gefördert haben. Jedenfalls wurde der überstrenge Zensor Gravenreuth, über den sich der Redakteur Stegmann schon mehrmals beklagt hatte, abgelöst und der Zeitung nun gestattet, das „Pro und Contra" aufzunehmen, „eine freie, anständige Diskussion zu führen", ja sogar „räsonnierende und polemische A r tikel" über deutsche Verfassungs- und Kirchenangelegenheiten zu bringen 79 . Gleichzeitig mit dieser freizügigen pressepolitischen Linie bekam die Verfassungsbewegung in Bayern neuen Auftrieb. Die bayerisch-österreichischen Beziehungen standen daher — vertieft durch die Gegensätze i n der Frage der Bundesmilitärverfassung — vor einer neuen Belastungsprobe, als Metternich das Wartburgfest zum Anlaß nahm, eine Wende seiner deutschen Politik einzuleiten. Der Reflex dieser veränderten Situation w i r d unmittelbar i n der Presse76 77 78 79

GStA M A 24574 (Aretin an M Ä u ß v. 12. A p r i l 1817). GStA M A 25001 (Aretin an M a x I. v. 28. Dez. 1817). ÖGB 1, 168 f. (Hruby an Metternich v. 23. Okt. 1817). Bitterauf, Zensur, S. 327 f. (VO v. 14. Nov. 1817).

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politik greifbar. I n gereiztem Tone machte sich Metternich gegenüber seinem Münchner Gesandten L u f t : „Wie kann ein der ausgedehntesten Furcht preisgegebener Hof zugleich aller Zügellosigkeit der Schriftsteller und insbesondere der Zeitungsschreiber Tür und Tor öffnen? Warum enthält denn nie eine bayerische Zeitung ein gutes, i m Sinne der Ruhe und Ordnung gesprochenes Wort? Fürchtet die Regierung die Ahndung der Revolutionäre, so gehe sie ihren Weg; fürchtet sie aber die Klasse elender Schriftsteller nicht, warum klagt sie statt zu handeln? und warum verschwendet sie ihre Kräfte und Taten i n Tränen und i n Worten 8 0 ?" Als ersten konkreten Schritt teilte Metternich seinem Gesandten den Entzug des Postdebits für den „Fränkischen Merkur" und den „Correspondenten" mit, eine Maßnahme, die sich mindestens i n gleichem Maße gegen die Regierung wie gegen die betroffene Zeitung richtete und die Metternich mit Vorliebe als demonstrativen Auftakt zu kräftigeren Vorhaben einsetzte. Rechberg reagierte erwartungsgemäß. Nach einigen Entschuldigungen und Klagen über die Unfähigkeit der Zensoren versprach er strengere Weisungen 81 . So wurden schon wenige Tage später, auch als Reaktion auf Aretins Bericht, Ausfälle gegen die Bundesversammlung verboten 82 . Die bayerische Regierung, die sich vom Bund und den Großmächten zu einer klaren Stellungnahme gedrängt sah, entwickelte i n der Reaktion auf den äußeren Druck widersprüchliche Aktivitäten, die die Konstellation der gegensätzlichen Gruppen auf der politischen Entscheidungsebene widerspiegelten. Überwölbt waren die internen Spannungen von einem tabuisierten Souveränitätsdogma, das ungeklärt alle Spielarten und ihre staatsrechtlichen Konsequenzen nebeneinander beherbergte. I n der Diskussion und Argumentation der verschiedenen Interessengruppen war der Souveränitätsbegriff zum Schlagwort geworden, der keinen verbindlich fixierten Inhalt umschrieb, sondern für geradezu kontradiktorische Staatsmodelle Anwendung fand: Sah die Gruppe um Rechberg die Souveränität des Fürsten als das entscheidende an, so lag bei Zentner und zum Teil auch bei Wrede der Schwerpunkt auf der Staatssouveränität, während bei Lerchenfeld und seinen Gesinnungsgenossen sogar bereits das Volk als souveränitätsfähig ins Blickfeld kam. Zwar war die beschleunigte Verfassungsberatung zunächst noch gemeinsamer Entschluß; auch die Abwehr der Bundesdominanz i n der Verfassungs- und Pressefrage 83 gründete auf übereinstim80

ÖGB 1, 180 (Metternich an H r u b y v. 11. Dez. 1817) ÖGB 1, 183 (Hruby an Metternich v. 18. Dez. 1817). 82 GStA Κ grün 14/20 (MÄuß an A r e t i n v. 4. Jan. 1818); ebd. M A 25000 (MÄuß an Kreisregierungen v. 4. Jan. 1818); Bitterauf, Zensur, S. 337. 83 Quint, Souveränitätsbegriff, S. 489 f. m i t dem Schreiben Aretins v. 18. Februar 1818. 81

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mende Überzeugung. Doch die Motive und Absichten dieser Abwehrhaltung waren ebenso verschieden wie die Erwartungen, die sich mit einer künftigen Konstitution, ihren Inhalten, ihrer gesellschaftspolitischen Tendenz und ihrer Fortbildung verbanden 84 . Unter dem äußeren Druck verschärften sich auch die inneren Gegensätze, eine Polarisierung auf der höchsten Ebene setzte ein, die Ausdruck des tiefgreifenden gesellschaftlichen Strukturwandels dieser Epoche zwischen den Revolutionen war. Vom pressepolitischen Sektor aus fällt ein bezeichnendes Licht auf die politischen und gesellschaftlichen Spannungen, auf die rivalisierenden Kräfte und ihre gegensätzlichen Interessen. Die staatliche und gesellschaftliche Integration der neubayerischen Gebiete war noch keineswegs vollzogen, wenn auch Montgelas die verwaltungstechnischen Voraussetzungen dazu geschaffen hatte. Nirgends tönte der Ruf nach Pressefreiheit lauter und nachdrücklicher als in Rheinbayern und i n Franken, wo sich auch die bedeutendsten liberalen Organe angesiedelt hatten. Wie sehr die Pressepolitik auch unter dem Gesichtspunkt der innerstaatlichen Integration und als Gegensteuerung gegen einen unerwünschten Regionalismus 85 betrieben wurde, belegt ein interessanter Bericht des Generalkommissärs des Obermainkreises, Frh. v. Weiden. Eine satirische Schrift des Ritters von Lang bereitete dem Generalkommissär ernste Sorgen und veranlaßte i h n zu folgenden Überlegungen: „Da dergleichen Produkte unruhiger Köpfe besonders viele Empfänglichkeit i n den neuerworbenen Provinzen, i n welchen . . . selbst i n dem gemeinen Bürgerstande dergleichen Schriften gelesen werden, (finden), so ist nicht zu verkennen, daß daraus die nachteiligsten Folgen unvermeidlich entstehen müssen. I n den neuerworbenen Provinzen sind die künftigen Gesinnungen des Volkes davon abhängig, daß dasselbe Achtung vor der neu eintretenden Regierung gewinne . . . A l l e i n Euer Exzellenz darf ich wohl nicht verhehlen, daß solche ungestrafte Angriffe auf die Maßnahmen der Regierung von einem ihrer eigenen Staatsdiener gewagt, die Achtung und das ohnehin noch nicht festbegründete Vertrauen gänzlich untergraben müsse 86 ." Das Regionalismus-Problem war nur der geographisch-territoriale Aspekt der Auseinandersetzung zwischen den Kräften der Bewegung und der Beharrung, die auch i m Ministerium ihre Repräsentanten hatten. Für die konkrete Behandlung der Presse allerdings war weniger 84

Ebd., S. 463 ff. Z u m Phänomen des Regionalismus: Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 347 ff.; H. Gollwitzer, Die politische Landschaft i n der deutschen Geschichte i n Z B L G 27/1964, S. 523 ff. Daß als Gegenideologie dazu systematisch ein bayerischer Reichspatriotismus gefordert u n d aufgebaut wurde, weist F. Seibt i n Z B L G 28/1965, S. 523 ff. am Beispiel der bayerischen „Reichshistoriographie" nach. 86 GStA M A 9579 (Weiden an Rechberg v. 26. März 1818). 85

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der Außenminister als die hohe Bürokratie der Kreisverwaltungsbehörden ausschlaggebend. Die Tatsache, daß 1819 sieben der acht Generalkommissäre Adelige waren 8 7 , und das Außenministerium traditionell zur Domäne des Erbadels gehörte 88 , hatte ihre unmittelbaren Auswirkungen auf die Pressepolitik. Das Zusammenspiel zwischen Rechberg und seinen beiden engsten Vertrauten i n den Kreisregierungen, Weiden und Gravenreuth, ist ein interessantes Beispiel für die Sonderpolit i k aristokratischer Gruppen i m frühkonstitutionellen Bayern. Eine deutsche, ja europäische Dimension jedoch tut sich auf, wenn man die nicht weniger vertraulichen Kontakte zwischen Rechberg und Metternich danebenhält, m i t denen eine direkte Brücke geschlagen war von der reaktionären Bundespolitik des österreichischen Außenministers zur inneren Verwaltung Bayerns bis hinein i n Einzelentscheidungen der Zensurbehörden. 3. Das I I I . Konstitutionelle Edikt und die Pressediskussion auf dem Landtag von 1819

Zahlreiche Fragen stellten sich angesichts der überstürzten Verfassungsgebung: Würde sich für die neue Verfassung eine tragfähige Basis gesellschaftlicher und politischer Kräfte finden, würden sich ihre Rechtsgarantien stark genug erweisen und mächtige Befürworter i n Regierung und Politik für sie eintreten und würde die K r a f t der öffentlichen Meinung ausreichen, um den reaktionären Einfluß der Bundespolitik und interessenverwandter Gruppen i m eigenen Land einzudämmen? Noch ehe die Verfassung sich bewähren konnte, war angesichts der Einflußmöglichkeiten und des diplomatischen Geschicks Metternichs die Fortentwicklung der Verfassung i n Frage gestellt. Die Verfassung l i t t überdies, gleich ihrem Vorbild, der französischen Charte von 1814, unter Vorbelastungen, die nicht unerheblich waren. Sie war, wie schon ihre Vorstufe von 1808, aus der politischen Defensive entstanden 89 und zeigte i n ihren Integrationsabsichten und der absoluten Beharrung auf dem monarchischen Prinzip ein deutliches Über87

Schärl, Beamtenschaft, S. 54. Ebd., S. 307. 89 Vgl. Aretin, Metternichs Verfassungspläne 1817/18, i n : Historisches Jahrbuch 74/1954, S. 721. Die außenpolitischen Motive betonen stark Doeberl, Verfassungsleben, S. 38 f., u n d Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 102 - 104 u. ff.; ebenso Aretin, Bayerns Weg, S. 234 ff.; anders K l e m mer, Rechberg, S. 115 ff. Z u r Entstehung der Verfassung allgemein: K . Bosl, Bayerns Weg zum modernen Staat, i n : Stimme der Pfalz 19/1968, H. 2, S. 5 9 ; Hof mann, Adelige Herrschaft, S. 344 ff. (ausgezeichnete Verfassungsanalyse); Huber, V G 1, 314 ff.; neuerdings zusammenfassend W. Rimscha, Die Grundrechte i m süddeutschen Konstitutionalismus, passim; Spindler, Handbuch I V , 1 S. 74 ff.; Wegelin, P., Die bayerische Konstitution von 1808. 88

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gewicht herrschaftlich-staatlichen Interesses. I h r Oktroycharakter ließ keinen Zweifel, daß die Erfüllung bürgerlicher Freiheitsforderungen nur als großzügige Konzession verstanden wurde, die letztlich revidierbar war. Neben einer Reihe von liberalisierenden Kompromissen blieben viele Fragen offen. Wesentliches war i n interpretationsbedürftige Generalklauseln gepackt oder Ausführungsgesetzen und Verwaltungsverordnungen überlassen. Das eigentliche Urteil über die fortschrittliche Qualität der Verfassung konnte i n der Tat erst die politische Praxis liefern. Die Entwicklung war, vom Text her gesehen, völlig offen. Dieses Rahmengrundgesetz konnte „zugleich tief i n Spätabsolutismus und Aufklärung wurzeln und seiner Zeit weit voraus sein" 9 0 . Das Recht auf freie Meinungsäußerung war ausdrücklich i n der Präambel, die Pressefreiheit speziell i n Tit. I V § I I 0 1 garantiert. Einer der Hauptmängel der Verfassung war es jedoch, daß man, wie schon der boshafte Zeitgenosse Ritter von Lang kritisch bemerkte, zwar die liberalen Bestimmungen der Konstitution von 1808 beibehielt, andererseits aber versuchte, „alle neuen Institutionen, oder vielmehr die wiedererweckten uralten, . . . , i n Gestalt besonderer Edikte anzuhängen" 92 . Die Problematik dieses Verfahrens erhellt der rechtsgeschichtliche Hintergrund. Das Edikt war reinster Ausdruck der Herrschergewalt des aufgeklärten Absolutismus, die Verfassung dagegen wurzelte i m liberalen Rechtsstaatdenken. Der rechtstheoretische Widerspruch, die Verschiedenheit der Rechtsquelle und der Rechtssysteme zeigte sich auch i m Verhältnis von Verfassungsgarantie und Edikt: Garantierte die erstere Freiheit, so brachte letzteres die Einschränkung, die einer partiellen Aufhebung der konstitutionellen Freiheit gleichkam 93 . Das dritte Edikt wurde zur umstrittenen Verfassungsbeilage, weil es i m Grunde nichts anderes darstellte als ein von rechtsstaatlich-liberalem Hauch verbrämtes Machtmittel des Herrschers, sich die volle Verfügungsgewalt über die entscheidenden pressepolitischen Bereiche vorzubehalten. Ein kurzer Rückblick auf die Entstehungsgeschichte ist angebracht, weil der historischen Deutung der rechtlichen Vorläufer i n der politischen Diskussion entscheidende Bedeutung zukam 9 4 . Das Edikt ba90

Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 364. Text der Verfassung bei Huber, Quellen, S. 65 ff. Huber, V G 1, 350 nennt den Tit. I V , § 11 der Verfassung eine „typische Verfassungsgarantie unter Gesetzesvorbehalt" die deswegen „leerlaufend" gewesen sei, w e i l sie durch E d i k t oder Ausführungsgesetz beliebigen E i n schränkungen unterworfen werden konnte. 92 Memoiren Bd. 1, S. 163; vgl. Hazzis Kommentar: „Jetzt hat die Nation eine Freiheit ohne Freiheit, indem das E d i k t n i m m t , was die Verfassung gibt." (Zit. nach R. Oeschey, Einige gleichzeitige Stimmen zur bayerischen Verfassungsurkunde, i n : Oberbayerisches Archiv 57/1913, S. 306, A n m . 3.) 93 Denselben Vorgang zeigt für Baden Gall, Liberalismus, S. 23 f. 91

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sierte a u f z w e i ä l t e r e n V e r o r d n u n g e n , e i n e r v o m 6. S e p t e m b e r 1799, die der Presse bereits e r s t a u n l i c h v i e l F r e i h e i t ließ, die Z e n s u r f ü r p o l i tische Z e i t u n g e n aber b e i b e h i e l t 9 5 , u n d a u f d e r V e r o r d n u n g v o m J u n i 1803 9 6 , die, i h r e m k l a r e n W o r t l a u t nach z u schließen, j e d e Z e n s u r a u f hob. N a c h der E r h e b u n g B a y e r n s z u m K ö n i g r e i c h e r g i n g u n t e r N a p o leons E i n f l u ß eine neue V e r o r d n u n g , die die Z e n s u r f r e i h e i t v o n 1803 als F e h l i n t e r p r e t a t i o n e i n i g e r K r e i s r e g i e r u n g e n bezeichnete u n d d i e presserechtlichen B e d i n g u n g e n „ r i c h t i g s t e l l t e " . D a n a c h w a r d i e Z e n s u r der p o l i t i s c h e n Presse w i e d e r e i n d e u t i g u n d v e r b i n d l i c h vorgeschrieb e n 9 7 . Diese e r n e u e r t e Z e n s u r a n o r d n u n g w u r d e auch u n v e r ä n d e r t i n d i e K o n s t i t u t i o n v o n 1808 ü b e r n o m m e n 9 8 . I m R a h m e n d e r Verfassungsb e r a t u n g e n 9 9 w u r d e , a u f k ö n i g l i c h e s R e s k r i p t v o m S e p t e m b e r 1814, w i e der das E d i k t v o n 1803 d e n n e u e n B e s t i m m u n g e n z u g r u n d e g e l e g t . I n d e n A u s s c h u ß b e r a t u n g e n e i n i g t e m a n sich auf eine besondere A u f s i c h t f ü r periodische u n d p o l i t i s c h e S c h r i f t e n „ m i t Rücksicht a u f a u s w ä r t i g e V e r h ä l t n i s s e " (!). D e r V e r s u c h Lerchenfelds, d i e V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g s t a t t eines E d i k t e s d u r c h e i n A u s f ü h r u n g s g e s e t z a u s z u f ü l l e n u n d 94 Text bei Schletter, Handbuch der deutschen Preß-Gesetzgebung, S. 214 ff.; Z u Vorgeschichte und I n h a l t : J. Brunner, i n : Archiv f. Postgeschichte 1928, Nr. 1, S. 50 ff.; M. Dunan, Napoleon et l'Allemagne, S. 106 - 109 u. 498 - 505 (ausführliche Bibliographie der älteren Literatur); O. v. Reinhardstoettner, Beiträge zur Geschichte der bayerischen Verfassungsurkunde, S. 57 ff. Fr. Wiebeking, Die bayerische Preßgesetzgebung (Bamberg 1866), S. 1 - 8. 95 Schletter, Handbuch, S. 214 - 219. U m s t r i t t e n w a r die Frage der Reichweite des Begriffes „politisch". I n der späteren Diskussion gab es gewichtige Stimmen, die eine Interpretation auf reine Außenpolitik unterstützten. Bitterauf, Zensur, S. 307, belegt ungewollt m i t der ausführlichen Behandlung des Vortrages Gravenreuths v. 30. A u gust 1799 ebenfalls diese Deutung, da gerade dort die außenpolitischen M o tive des Ediktes von 1799 deutlich werden. M i t fundierten Argumenten u n d Belegen f ü h r t ein Gutachten i n G H A L I, 49-4-42-7, den Nachweis, die V e r ordnung von 1799 habe n u r die Zensur außenpolitischer Themen vorgesehen. 96 Döllinger, Slg. 3, 302 - 305. 97 Bitterauf, Zensur, S. 313 (VO v. 17. Februar 1806). Die Verordnungen von 1803 u n d 1806, von deren Interpretation die rechtliche Würdigung der bayerischen Pressepolitik bis 1848 entschieden abhängt, haben äußerst kontroverse Deutung erfahren. Trotz des klaren Wortlautes der V O von 1803 haben sich auch viele Historiker die spätere Regierungsinterpretation zu eigen gemacht: So Bitterauf, Zensur, S. 312, der i m m e r h i n zugesteht, daß die V O mißverständlich w a r ; Doeberl, EG 2, 414, geht m i t leichter Hand über das Problem hinweg; Reinhardstoettner, Verfassungsurkunde, S. 67; H. Starkulla, Z u r Geschichte der Presse i n Bayern, S. 791. Den Gegenbeweis traten schon die liberalen Zeitgenossen an: F. v. Spies, Beleuchtung der Verfassungsurkunde, S. 270; F. Baum, Briefwechsel bayerischer Abgeordneter zum Landtage des Jahres 1831, S. 60 f.; Aufhebung der Zensur auch bei Spindler, Handbuch I V , 1, S. 49, Anm. 2. 98 RB1 1808. Sp. 985; Tit. I, § V I I . 99 Das Folgende nach GStA Ges. Wien 1617/8, Pressebericht Wallersteins S. 49 ff.; ebenso Rimscha, Grundrechte, S. 33 f.

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das Mitspracherecht der Stände zu stärken, scheiterte am überwältigenden Gegenvotum seiner Kollegen 1 0 0 . Lediglich einige kleine Änderungen erreichte Lerchenfeld i n der letzten Ministerkonferenz 1 0 1 . Insgesamt endeten die Beratungen ohne entscheidende Neuerungen. Die Verbesserungen i m Detail konnten nicht über den konservativen Geist hinwegtäuschen, der nur äußerst beschränkte Freiheit zugestehen wollte und den rechtlich abgesicherten Raum eng zu halten bestrebt war. Doch auch liberales Denken war i n diesen Verfassungsberatungen angeklungen. Zentners Vortrag rechtfertigte die Zensur ausdrücklich mit außenpolitischen Rücksichten, also mit äußerem Zwang, nicht innenpolitischer Notwendigkeit. Und der Kronprinz ging i n seinem Kommentar zum Verfassungsentwurf einige Monate später noch einen Schritt weiter: „Möge die Preßfreiheit auf ähnliche Weise wie i n Großbrittanien bestehen. Der hieraus entstehende Nachteil würde durch den Nutzen bei weitem übertroffen 1 0 2 ." Der Einleitungsparagraph des Ediktes 1 0 3 wiederholte nochmals den Grundsatz der Pressefreiheit. Der folgende Paragraph jedoch enthielt die entscheidende Einschränkung: „ A l l e politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen und statistischen Inhalts unterliegen der dafür angeordneten Zensur." Welchen Konfliktstoff diese Anweisung bot, ist leicht einzusehen; denn damit war, nachdem die grundlegenden Begriffe „politisch" und „periodisch" nicht klar definiert und i n der politischen Diskussion kontrovers waren, die konkrete Ausfüllung dem uneingeschränkten Verordnungsrecht des Monarchen zugewiesen oder, solange eine genauere Instruktion fehlte, der W i l l k ü r der Kreisbehörden überlassen. Besondere Veröffentlichungsbeschränkungen galten überdies für Staatsdiener (§ 3). Die Polizeibehörden hatten die Aufsichtspflicht über Buchhandlungen, Antiquariate, Leihbibliotheken, Leseinstitute, Buchdruckereien und lithographische Anstalten (§ 4), ohne daß der Umfang dieser Aufsicht exakt bestimmt gewesen wäre. Unter Androhung einer Strafe von 100 Talern waren diese verpflichtet, ihre Kataloge den Behörden vorzulegen (§ 5). Wurde durch derart angezeigte Schriften ein bestehendes Strafgesetz übertreten, so konnte neben der obligatorischen amtlichen Anzeige auch eine Verwaltungsstrafe verhängt werden (§ 6). Bei besonders qualifizierten Gesetzesverletzungen, gegen den Monarchen, den Staat und seine Verfassung, gegen Kirche, Religion und Sittlichkeit, gegen die öffentliche 100

Lerchenfeld, Papiere, S. 36 - 40. GStA Ges. Wien 1617/8, Wallersteins Pressebericht. Es waren dies die Vorschriften über die Beschlagnahmebestätigung u n d das Recht des Rekurses an den Staatsrat. 102 Rimscha, Grundrechte, S. 35; L. Lenk, Das Modell England. 103 Zur rechtlichen Beurteilung Bayrle, Presse, S. 16 ff.; Text bei Schletter, Handbuch, S. 214 - 19; veröffentlicht i n G B L 1818, Sp. 105 - 110. 101

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Ruhe und Ordnung, war die sofortige Beschlagnahme zu verfügen, die spätestens nach acht Tagen durch die vorgesetzte Behörde zu bestätigen oder aufzuheben war (§ 7). I m Falle der Bestätigung mußte die Schrift an das Ministerium des Inneren eingesandt werden, dem die endgültige Entscheidung vorbehalten war. Erfolgte die ministerielle Bestätigung der Beschlagnahme, so galt die Schrift als öffentlich verboten und wurde i n der Regel konfisziert (§ 8). Eine Berufung gegen diese Entscheidung an den Staatsrat war zwar möglich, bot aber wenig Aussicht auf Erfolg, weil der Innenminister m i t seinen Direktoren i n diesem Gremium Sitz und Stimme hatte und überdies nach Ablauf des langwierigen Verfahrens die betroffene Schrift ohnehin ihre A k t u a l i tät eingebüßt hatte. Die §§ 10 und 11 enthielten Schutzbestimmungen für Privatpersonen und Staatsdiener, die durch Schriften rechtswidrig angegriffen wurden. Die Haftung war so geregelt, daß nach dem Verfasser und Verleger auch der Drucker und jeder Verbreiter subsidiarisch zur Rechenschaft gezogen werden konnte (§ 12). Eine nicht unerhebliche Steuerungsmöglichkeit bot sich der Regierung darüber hinaus durch das Gewerberecht, nach dem die Erteilung von Konzessionen etwa für Buchdruckereien oder Buchhandlungen von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht und der Entzug einer Konzession wegen Mißbrauches dem Verwaltungsermessen überlassen war. Die Zensurdurchführung nach § 2 lag i n der Kompetenz des Ministers des Äußeren, dem auf der Ebene der Kriesregierungen die Kammern des Inneren unterstellt waren. I n Städten 1. und 2. Klasse war der Stadtmagistrat oder das Stadtkommissariat, i n München die Polizeidirektion verantwortlich. Die übrige Durchführung des I I I . Ediktes fiel i n den Aufgabenbereich des Innenministeriums, dessen nachgeordnete Behörden wiederum die Kammer des Inneren i n den Kreisregierungen waren, denen ihrerseits die Distriktpolizeibehörden unterstanden. Diese unklare Kompetenzbegrenzung, die sachlich eng Verbundenes recht w i l l k ü r l i c h zwei verschiedenen Ministerien zuschlug, erforderte nicht nur einen beschwerlichen Verwaltungsaufwand zwischen den Ministerien, sondern behinderte auch die politische Entscheidungsfähigkeit. Von besonderem Gewicht war es, daß die Pressezensur, die ja eine Angelegenheit innerstaatlicher Hoheit war, vollständig i n den Sog der Außenpolitik geriet und daher dem Einwirken reaktionärer Bestrebungen besonders ausgesetzt war. Einen Beleg für diese Tendenzen gab schon wenige Monate nach der feierlichen Verkündigung der Verfassung eine Zirkularnote Rechbergs, mit der er auf häufige Beschwerden Österreichs über den „Fränkischen Merkur" und eine Anregung Weidens reagierte. Dieser hatte vorgeschlagen, i n jedem Kreise überhaupt nur eine politische Zeitung und 4 Tremi

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diese nur am Sitz der Kreisregierung zu genehmigen und den „Fränkischen Merkur" für einige Zeit überhaupt zu sistieren 104 . M i t deutlicher Sympathie gab Hechberg diese Vorschläge an seine Ministerkollegen weiter, ohne auch nur ein Wort über die Verfassungswidrigkeit beider Anregungen zu verlieren. Das einzige Bedenken, das er gegen dieses Verfahren vorzubringen hatte, w a r die Lösung der schwierigen privatrechtlichen Frage, ob dem Herausgeber der Zeitung eine Entschädigung für den Einzug zustehe. Der Innenminister Thürheim allerdings ließ sich nicht auf dieses Spiel ein und versuchte, m i t formalrechtlichen Gründen dieser Absicht vorzubauen 1 0 5 , Lerchenfeld dagegen nannte offen die politischen Tendenzen des Vorschlages und erteilte Rechberg eine klare A b f u h r 1 0 6 . Wenngleich dieser Versuch noch fehlschlug, so zeichnete sich doch der Trend bereits ab, der die pressepolitische Entwicklung bestimmen sollte, ein wirkungsvolles Zusammenspiel der innerbayerischen Kräfte der Restauration m i t denen der Reaktion i m Deutschen Bunde, die Metternich steuerte und anführte. Ein Urteil für oder gegen die angebliche Fortschrittlichkeit des I I I . Ediktes fällt schwer, weil die Entscheidung letztlich vom gewählten Vergleichsmaßstab abhängig ist. Gemessen an der Elle der Bundespolitik mochte man das Edikt als freiheitlich begrüßen und als fortschrittlich einstufen 107 . Legte man dagegen die Erwartungen der liberalen Verfechter der Pressefreiheit zugrunde so stellte es sich als enttäuschendes Dokument dar. Entscheidend für das Edikt wie für die ganze Verfassung sollte werden, wie der Freiherr von Stein treffend bemerkte 1 0 8 , „ w i e sie ausgeübt w i r d " . I m Bereich der Durchführung aber klafften die empfindlichsten L ü k ken. Das Edikt selbst hatte i n weiten Bereichen den Charakter einer Generalklausel und war stets interpretationsbedürftig. Für die unperiodischen Schriften bestand immerhin ein zwar strenges, aber doch halbwegs geregeltes Repressivverfahren m i t Einspruchsmöglichkeit 100 . Bei der politischen Presse jedoch, die der Zensur unterlag, war der Ermessensspielraum der Verwaltungsbehörden unerträglich groß, da weder ein Ausführungsgesetz noch eine detaillierte Zensurinstruktion erlassen wurde, so daß der Einwand Sodens nicht unberechtigt erscheint, die Pressefreiheit hänge i m ganzen sehr von „den nicht immer unge104

GStA M A 25001 (Weiden an Rechberg v. 10. J u n i 1818; Zirkularnote Rechbergs v. 13. August 1818). 105 Ebd. (Thürheim an Rechberg v. 18. August 1818). 106 Ebd. (Lerchenfeld an Rechberg v. 19. August 1818). 107 So Seydel, Staatsrecht 5, 110. 108 Zit. nach Franz, Verfassungskämpfe, S. 239. 109 A. Rauch, Schicksale u n d Zustände der bayerischen Presse, S. 5, nennt die Gesetzgebung über die nichtperiodische Publizistik i n Bayern sogar „eine der freisinnigsten i n ganz Deutschland".

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trübten Ansichten der Polizeibehörden ab" 1 1 0 . Dauernder Stein des A n stoßes blieb während der ganzen Vormärzzeit das Faktum dieser Zensur, die der § 2 begründete. Die Unzulänglichkeit der Zensur, die dem Edikt den Geruch von W i l l k ü r und Tyrannei verlieh, verletzte den Gerechtigkeitssinn nicht nur des engagierten Liberalismus und schlug der Forderung nach Pressefreiheit ins Gesicht. Denn m i t ihr war das mobilste Instrument einer politischen Opposition wechselnden Regierungsentscheidungen und nicht selten der W i l l k ü r untergeordneter Verwaltungsorgane ausgeliefert. M i t Rücksicht auf diesen § 2 war das Edikt i n der Tat mehr „ein Gesetz gegen die Presse, denn als Recht der Presse zu bezeichnen" 111 . Gegen das verhaßte System der Präventivzensur richteten sich daher i n der Folgezeit die heftigsten Angriffe, während die repressiven Maßnahmen trotz ihrer Strenge weitgehend akzeptiert wurden, weil sie gesetzlich normiert und überprüfbar waren. Weitere Rechtsunsicherheit brachte der Mangel an festumrissenen Straftatbeständen 112 . Problematisch und häufig angefochten war auch die Strafgewalt der Polizeibehörden, die der liberalen Forderung nach Trennung von Justiz und Verwaltung widersprach. Die allgemeine Reaktion auch der Liberalen auf die bayerische Verfassung und das Presseedikt war trotz aller Einwände i m Einzelnen positiv 1 1 3 . Auch die Opposition erkannte an, daß sich die Regierung gewisse Grenzen gezogen hatte und keine absolutistische W i l l k ü r praktizieren wollte. Von der konkreten Handhabung und der Einzelauslegung durch Regierung und Verwaltung hing das Schicksal der bayerischen Presse ab. Die Ausfüllung der fixierten Rechtsnormen aber unterlag nicht der ausschließlichen Entscheidungsgewalt Bayerns, sondern geriet ins Schlepptau einer Bundespolitik, die tiefe Spuren i n der bayerischen Pressegeschichte hinterlassen hat. Für das Metternichsche System war ein fortschrittlicher Verfassungsausbau, wie ihn die Liberalen aller Schattierungen anstrebten, ein Gefahrenfaktor ersten Ranges 114 . Auf110 Zit. nach Franz, Verfassungskämpfe, S. 18 (aus Soden, Über die V e r fassungsurkunde, S. 25). 111 Bay rie, Presse, S. 25. 112 Nach dem Strafgesetz waren dies A r t . 284 - 87 und 393 (Verleumdung), A r t . 306 (Beleidigung von Häuptern u n d Gesandten fremder Länder), A r t . 308, 324, 414, 416 (Aufforderung zum A u f r u h r u n d Aufstand), A r t . 309, 311 314, 404 (Majestätsbeleidigung), A r t . 325, 326 (Religionsmißbrauch), A r t . 405 407 (Beleidigte Amtsehre). F ü r den Rheinkreis bot der Code pénal einige Bestimmungen: A r t . 102 (Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates), A r t . 201 - 206 (Beunruhigung des Staats), A r t . 217 (Aufforderung zum Aufruhr), A r t . 283 - 290 (Verbreitung von Schriften), A r t . 367 - 377 (Verleumdung u n d Injurie). 113 Oeschey, Stimmen, S. 285 ff.

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merksam registrierte man auf österreichischer Seite, daß diese Verfassung als vorbeugende Maßnahme gegen eine Entscheidung des Bundes beschleunigt erlassen worden war und daß sie die föderativen Verpflichtungen m i t keinem Wort erwähnte 1 1 5 . Die Befürchtung, Bayern werde sich die liberale Bewegung nicht nur des eigenen Landes, sondern ganz Deutschlands geneigt machen, die öffentliche Meinung für sich gewinnen und sich an die Spitze eines konstitutionellen Bundes i m Bunde stellen, beflügelte bald den diplomatischen Eifer Metternichs. Die Gefährdung der österreichischen Vormachtstellung war die eigentliche Antriebskraft, die hinter all den Scheinargumenten einer antirevolutionären Erhaltungsphraseologie stand. So wurden die Weichen für die bayerische Pressepolitik der 20er Jahre nicht mehr in München, sondern i n Wien und Frankfurt gestellt. Daß dies ohne formale Verletzung der Verfassungsgrundlage möglich wurde, stellt auch ein sprechendes Urteil über die Qualität des I I I . Ediktes als Rechtssatzung und den wahren Charakter des „losen Staatenbundes" dar 1 1 6 . Die bayerische Pressepolitik nimmt seit dem Jahre 1818 jenen typischen Zug ständigen Schwankens zwischen Widerstand und Anpassung an, der letztlich aus den gegensätzlichen Anforderungen der Treue zur eigenen Verfassung und den Verpflichtungen gegenüber dem Bunde resultierte. Die Taktik, der sich die bayerische Regierung über Jahrzehnte hinweg i n modifizierter Form immer wieder bediente, brachte ihr den Ruf der Unzuverlässigkeit ein und machte sie den progressiven und reaktionären Kräften gleichermaßen suspekt. Veit Valentin hat dafür eine treffende Formel gefunden: „Bayerische Taktik wurde es, durch die Existenz der Verfassung die Gunst der bürgerlichen Freiheitsbestrebungen erwerben zu wollen, durch die Interpretation der Verfassung aber das harmonische Verhältnis m i t der Reaktion i n Österreich und Preußen aufrechtzuerhalten 117 ." Die lebendige Verfassungsdebatte auf dem Landtag von 1819 118 wurde zur ersten Bewährungsprobe des bayerischen Frühkonstitutionalismus 114 Wittichen, Gentz 3, 2, S. 32 f. (Gentz an Metternich v. 15. August 1820): „Die greulichsten Revolutionen sind i n meinen Augen nicht die blutigen, . . . , sondern die ruhigen u n d besonders die überlegten. Daher hat mich zurzeit die Nachricht von der bayerischen Konstitution w e i t mehr erschreckt und erschüttert, als die neapolitanischen u n d sizilianischen Rasereien." 115 ÖGB 1, 199 - 2 0 1 (Handel an Metternich v. 18. J u n i 1818); ÖGB 2, 651 (Weisung Metternichs für Colloredo v. 30. März 1837). 116 Das Problem ist bereits zur Zeit der Verfassungsgebung erkannt w o r den, aber gerne durch formalistische Lösungen verdrängt worden. So teilt Chr. v. Aretin, Bojophilus Timonomos, S. 14, die Souveränität i n einen äußeren und inneren Bereich auf. Da die Verfassung, so folgert er, sich nur auf die innere Souveränität beziehe, könne zum Bundesverhältnis niemals ein Widerspruch eintreten. (Zit. nach Oeschey, Stimmen, S. 295 f.) 117 Geschichte der deutschen Revolution Bd. 1, S. 107.

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und zum Prüfstein für die Verfassungstreue der Regierung. Besonders die Pressediskussion gibt ein eindrucksvolles B i l d von der Spannweite der Vorstellungen, der Schärfe der Gegensätze, aber auch von den historischen Alternativen. M i t hohen Erwartungen und voller Hoffnung auf echte Fortbildung der Verfassung begann am 4. Februar 1819 der bayerische Landtag. Seit dem Mai 1818 hatten Presse und Publizistik eine vorbereitende Verfassungsdiskussion geführt, die sich, wenn man von einigen Kinderkrankheiten des jungen Mediums absieht, i n akzeptablen Bahnen bewegte und über intellektuelles Niveau verfügte. Dem übersteigerten Optimismus der liberalen Seite entsprach i m konservativen Lager ein nicht minder übertriebener Skeptizismus, während bei den reaktionären Gruppen das Repräsentativsystem insgesamt verfemt w a r 1 1 9 . Der König, der gegenüber dem modernen Konstitutionalismus schon immer Vorbehalte hatte 1 2 0 , war von der intensiven öffentlichen Meinungsbildung verunsichert und auf Abwehr bedacht 121 . M i t Aufmerksamkeit verfolgte die deutsche Öffentlichkeit die Ereignisse auf dem Landtag. Gegensätzlich waren die zeitgenössischen U r teile: Ätzenden Spott und bösartige Verleumdung als Herd der Revolution hatte er zu ertragen, als Hoffnungszeichen für eine freiheitlichere Zukunft wurde er emphatisch gefeiert 1 2 2 . I m Katalog der liberalen Forderungen tauchte bald schon die Freiheit der Presse auf. Der Würzburger Professor Β ehr 1 2 3 stellte seinen um118 Da bisher weder eine spezielle Monographie zum Landtag von 1819 noch eine zufriedenstellende Geschichte des bayerischen Parlamentarismus vorliegt, wurde der folgende Abschnitt direkt aus den Landtagsprotokollen erarbeitet. Das allgemeine U r t e i l über den ersten bayerischen Landtag, seine Repräsentanten u n d seine Ergebnisse ist stark durch die tendenziöse Darstellung Treitschkes, Deutsche Geschichte 2, 501 ff., geprägt, der das Fehlen jedes politischen Talentes i n der Zweiten K a m m e r konstatiert. Anders schon Görres i n „Teutschland u n d die Revolution", S. 49: „ D a r u m entwickelte sich i n der zweiten K a m m e r . . . ein wackerer Hausverstand u n d eine billige gemäßigte, ehrenwerte, i n allen Dingen dem Guten leicht zugängliche Gesinnung. V i e l des geheimen Gebreste, das die heutigen Staaten drückt, k a m dabei zur Sprache." 119 Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 94, erkennt bereits Grundzüge von Parteibildung i n Abgeordnetenkammer u n d Publizistik: a. Regierungsanhänger m i t Kompromißbereitschaft, b. kleinere Gruppe des Beamtenliberalismus, c. antiliberale Gruppe der Feudalaristokratie, der K l e rikalen u n d der Konservativ-Bäuerlichen; dazu auch Kramer, H., F r a k tionsbindungen i n den deutschen Volksvertretungen 1819- 1849, S. 2 1 - 2 8 ; so auch Zittel, i n : 150 Jahre bayerische Verfassung, S. 41. 120 Adalbert v. Bayern, M a x I. Joseph, S. 752. 121 Ebd., S. 778. 122 F. Kastner, Das Auftreten der Pfälzer . . S . 107 f. 123 Z u r Biographie s. Einleitung, A n m . 58.

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strittenen Antrag, gefaßt als Petition an den König, eine Instruktion oder gesetzliche Norm zu erlassen, „welche die i n der Verfassung zugesicherte rechtsgemäße Freiheit der Meinung w i r k l i c h " 1 2 4 gewährleisten sollte. Der liberale Professor hatte damit weder eine verbotene Gesetzesinitiative ergriffen noch einer Änderung des bestehenden Presseediktes das Wort geredet, wie er i n einer kurzen Verteidigung gegen Angriffe der Landtagszeitung des Freiherrn Christoph von Aretin selbst ausführte 1 2 5 . Sein Antrag zielte auf die Beseitigung des größten Mangels des Ediktes, der ungeregelten Zensurpraxis und des übergroßen Ermessensspielraums der Bürokratie 1 2 6 . A u f Beschluß der Kammer ging Behrs Antrag an einen Ausschuß, an dessen Bericht sich eine höchst kontroverse Debatte entzündete 127 . Als Berichterstatter versuchte zunächst Freiherr von Gravenreuth, der Generalkommissär des Oberdonaukreises, m i t einer schwachen Begründung, die er durch ausführliche Zitate aus den Schriften Gentz* aufzubessern versuchte, die Unmöglichkeit einer allgemein gültigen Gesetzesregelung für die Presse nachzuweisen. Damit rannte er freilich offene Türen ein; denn er sprach nichts als das Grundproblem jeder Rechtssetzung an, die immer zwischen den Extremen von Kasuistik und Generalklausel um Ausgleich bemüht sein mußte und i n der Subsumtion konkreter Tatbestände unter eine allgemeine Norm stets ein situationsbedingtes Interpretationselement gestattete. Dies als Grund für die Ablehnung einer gesetzlichen Regelung der Presseverhältnisse anzuführen, war schon um 1819 absurd; mit derartigen Primitivargumenten war dem Rechtsstaatsgedanken nicht beizukommen. Aus der subjektiven Interessenlage Gravenreuths, eines Vertreters des bürokratischen Absolutismus, war es verständlich, daß er gegen gesetzliche Einschränkungen der Verwaltungsbefugnisse seine Stimme erhob. Nach einem ausführlichen historischen Rückblick unterstrich er sogar die besondere Liberalität der Kreisverwaltungsbehörden i n Zensurfragen. Als Zeugen bemühte er Stimmen des Auslandes und einige bedeutende liberale Organe Bayerns. Eine ähnliche Pressefreiheit, wie sie England und Frankreich besaß, kam für ihn nicht in Frage. Der stereotype Hin124 P L V 1, 193 (12. Februar 1819). Dieser A n t r a g w i r d i n der Biographie Pfeiffers überhaupt nicht erwähnt; Größer, Der gemäßigte Liberalismus, S. 18 ff., bringt eine Reihe sachlicher Fehler u n d ist aufgrund der Einseitigkeit seines Urteils nicht glaubwürdig. 125 P L V 1, 380 - 88 (25. Februar 1819). 126 Dieses berechtigte Mißtrauen gegen die Übermacht der Bürokratie i m modernen Staat, den Montgelas geschaffen hatte, kehrt auch als eine der Grundaussagen i n der liberalen Publizistik wieder. Die Notwendigkeit einer I n s t r u k t i o n aus Gründen der gesicherten Verwaltungspraxis sahen sogar Konservative ein. So H S t A M I n n 25098 (Weiden an Rechberg v. 5. März 1819). 127 P L V 2, 137 ff. (5. März 1819).

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weis des Konservatismus, die politische Situation in den beiden westeuropäischen Staaten sei m i t der Bayerns nicht zu vergleichen, gewann auch durch mehrfache Wiederholung nicht an Glaubwürdigkeit. Auch die i n späteren Jahren mit Vorliebe praktizierte Taktik, die Bundesverpflichtungen als Vorwand gegenüber der inneren Opposition zu benutzen, taucht bei Gravenreuth erstmals auf: „Unsere Lage, w i r dürfen uns dies nicht verhehlen, erlaubt uns keine englische Independenz: w i r stehen i n einem doppelten Bunde, — dem deutschen, und dem heiligen. — Beide erzeugen für unsere Regierung Verpflichtungen, welche zu erfüllen uns obliegt. Diese und die politische Klugheit gebieten uns, nicht allein zu wachen, daß gegen auswärtige Regierungen i n unseren Zeitblättern nie geschimpft werde, sondern auch zu sorgen, daß keine den auswärtigen Regierungen anstößige oder gar gefährlich scheinenden A r t i k e l aufgenommen werden 1 2 8 ." Das Fazit der Ausführungen war die schlichte Feststellung, der bestehende Zustand sei gut und eine Änderung nicht nötig. Die Zensur müsse — so folgerte Gravenreuth — m i t Rücksicht auf die auswärtigen Verhältnisse stets den aktuellen Zeitumständen angepaßt sein und entziehe sich daher einer einmaligen Regelung. Sie stehe i n enger Beziehung zur auswärtigen Polit i k und gehöre daher dem Verordnungsbereich des Königs an. Unter Berufung auf das Bundesverhältnis forderte Gravenreuth schließlich die vorläufige Aussetzung eines Beschlusses. Er berief sich auf den Auftrag des Artikels 18 d und auf die Kommissionsberatungen am Bundestag; vorher, so meinte er, dürften keine Veränderungen der Rechtslage eintreten, danach könnten Modifizierungen erfolgen, aber ohne Mitsprache der Stände, nur kraft königlichen Rechts. Die erzkonservativen Ansichten, noch dazu inhaltlich anfechtbar und stilistisch schwach vorgetragen, provozierten den Widerspruch der liberalen A b geordneten und verschärften die Gegensätze. Gravenreuth hatte ja i m Kern nichts anderes gefordert, als die Disposition über den wichtigsten Teil der Presse den Ständen völlig zu entziehen und unter Berufung auf die Verknüpfung m i t der Außenpolitik uneingeschränkt den Kronrechten zuzuweisen. Dies stand i m krassen Gegensatz zur liberalen Doktrin von der Presse als vorkonstitutionellem Menschenrecht. Gentz war über die Ehre, i n der bayerischen Deputiertenkammer zitiert zu werden, keineswegs erfreut. Den Bericht Gravenreuths nannte er „eine unerhörte Platitüde", über die er sich totgelacht habe. Den „Respekt vor fremden Staaten und die grelle Art, wie Behrs Motion zurückgewiesen" wurde, fand er merkwürdig, i n der Sache selbst gab er dem Würzburger Professor sogar recht 1 2 9 . 128

Ebd., S. 147. Mendelssohn, Gentz Bd. 2, S. 399 (Billet ο. D.): „Eine Zensurinstruktion ist zwar nicht viel leichter zu entwerfen als ein Preßgesetz; aber hierin liegt k e i n Grund, alles der W i l l k ü r des Zensors zu 129

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Daß Gravenreuth auf der Ebene der Argumentation gegenüber den liberalen Hauptrednern, durchwegs qualifizierten Juristen, keine Erfolgschance besaß, blieb nicht verborgen. Die Reden Seufferts, Behrs und Häckers waren von Sachkenntnis getragen, i n ihrem gedanklichen Aufbau schlüssig und rhetorisch gewandt. Die Liberalen predigten keine revolutionären Grundsätze, wie i n der Nachfolge der reaktionären Propaganda auch Teile der späteren Geschichtsschreibung glauben machen wollen. Die Mehrzahl der Redner bediente sich nicht einmal besonderer polemischer Mittel. Betonte Verfassungstreue und ausgesprochen monarchische Gesinnung kennzeichnete die Haltung der liberalen Abgeordneten. I n der folgenden Sitzung 1 3 0 wurde der Antrag Behrs ausführlich diskutiert. Seuffert 1 3 1 , der Vizepräsident der Kammer, nahm i n seinem Beitrag eine äußerst kompromißbereite Haltung ein. Er befürwortete eine Zensur aus außenpolitischen Gründen, kritisierte aber die W i l l k ü r der Zensurpraxis und die Unterschiedlichkeit i n den verschiedenen Kreisen. Zwischen inneren und äußeren Gegenständen forderte er eine scharfe Trennung. Themen der inneren Politik dürften nur bei Gesetzesverletzungen und Angriffen auf den Monarchen zensiert werden, ein bescheidener Tadel der Staatsregierung aber müsse erlaubt bleiben, da dieser sich ja nicht gegen den unverantwortlichen Monarchen richtet. Anschließend ergriff Behr das W o r t 1 3 2 . Das Urteil über den Bericht Gravenreuths werde, so eröffnete er polemisch seine Rede, die öffentliche Meinung ohnehin sprechen, so daß sich eine direkte Erwiderung erübrige. Das Argument von den unüberwindbaren Schwierigkeiten bei der Erstellung einer Zensurinstruktion konterte er m i t der ironischen Bemerkung, die Regierung habe i n ihrer Weisheit schon schwierigere legislative Probleme bewältigt. Die angebliche Liberalität der bayerischen Zensur bezeichnete er als ein Märchen; die Beweise dafür blieb er nicht schuldig. Besonderer Gegenstand seiner K r i t i k war, wie schon bei seinem Vorredner, „die grelle Ungleichheit des Verfahrens". Man dürfe nicht dem einzelnen Zensor die Entscheidung über die Gefährlichkeit von A r t i k e l n überlassen, sondern die Regierung müsse Grundsätze darüber festlegen. Vorsicht gegenüber auswärtigen Staaten sei sicherlich angemessen, doch dürfe dies nicht auf Kosten der Würde und des Rechtsgefühles des eigenen Staates gehen." Die angeordnete Zensur soll bleiben, weil die Konstitution so will, aber jene soll sich auch i n überlassen; m a n muß dieser W i l l k ü r vielmehr, allerdings durch möglichst bestimmte Instruktionen, Schranken setzen. Das w a r immer auch meine Idee . . 130 P L V 2, 184 ff. (10. März 1819). 131 Ebd., S. 221 - 231. 132 Ebd., S. 232 - 239.

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dem Geiste äußern, wie ihn die Konstitution will, und dazu bedarf es einer diesem Geiste entsprechende Instruktion 1 3 3 ." Merkwürdig fand Behr die Argumentation mit dem A r t i k e l 18 der Bundesakte. Sein Standpunkt war klar: Solange der Bund sich über keine gleichförmigen Verfügungen geeinigt habe, sei Bayern frei, eigene Pressegesetze zu erlassen, wie dies Württemberg und Weimar bereits getan hätten. Gerade die Gesetzgebung sei eines der vorzüglichsten Rechte der inneren Souveränität, die die Bundesakte ausdrücklich garantierte. Noch deutlicher wurde der folgende Redner, Häcker 1 3 4 . Den eigentlich wünschenswerten Zustand sah er i n der unbeschränkten Pressefreiheit. Gegen die Zensur gab er zu bedenken, daß gerade durch ihre Existenz die Regierung gegenüber anderen Staaten eine Verpflichtung übernehme und Beschwerden erst möglich würden. Um den Vorschriften der Verfassung gerecht zu werden, plädierte er zwar für die Beibehaltung der angeordneten Zensur, forderte aber für den außenpolitischen Themenbereich eine weit gefaßte und variable Instruktion, die zugleich den Zensoren Grenzen setzte. Für die innere Politik dagegen verlangte er feste Normen, die aus dem I I I . Edikt abgeleitet werden sollten. I m weiteren Verlauf der Debatte, die überwiegend von Rednern des liberalen Lagers bestritten wurde, tauchten i n verschiedenen Variationen und Modifikationen immer wieder die gleichen Grundmuster der Argumentation auf. Die konservative Seite lieferte keine nennenswerten Beiträge. Lediglich die Rede des Herausgebers der Landtagszeitung, Chr. v. Aretins 1 3 5 , der eine eigenwillige Stellung zwischen der Vertretung von Regierungsinteressen und einer Fürsprache für die liberalen Postulate einnahm, war bemerkenswert, weil er besonders deutlich auf die Grundschwäche der liberalen Kompromißvorschläge hinwies, nämlich die theoretische Trennung von äußerer und innerer Politik. Daß diese Abgrenzung, auf der die gesamte Konzeption der Zensurdurchführung ruhen sollte, in der politischen Praxis nicht streng vollzogen werden konnte und bei der gesamtpolitischen Verflechtung zu einer immer engeren Eingrenzung des innenpolitischen Freiraumes führte, zeigte die spätere Entwicklung unter L u d w i g I. Nach einer langatmigen Geschäftsordnungsdebatte 136 beschloß die Kammer schließlich 137 , den Antrag Behrs nicht auf sich beruhen zu lassen oder zurückzuweisen, sondern selbst den Entwurf einer Instruktion anzufertigen. Als Arbeitsgrundlage wurde ein Vorschlag Seufferts an 133 134 135 136 137

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. 236. S. 239 -52. S. 298 -302. S. 274 -82 (12. März 1819). S. 358 -60 (16. März 1819).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

den 3. Ausschuß übergeben, der ein neues Gutachten erarbeiten und sich dabei besonders um eine theoretische Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Politik bemühen sollte. Damit war das Problem der öffentlichen Diskussion entzogen und aus dieser Versenkung sollte es nicht mehr auftauchen. Die Regierung tat ein übriges, um eine w i r k same Arbeit des Ausschusses zu verhindern. Sie lehnte einen Antrag des Präsidiums der Kammer 1 3 8 , ihr alle Verordnungen i n Zensurangelegenheiten seit Mai 1818 mitzuteilen, mit fadenscheinigen Gründen ab 1 3 9 . Offenlegung der Verwaltungspraxis, Öffentlichkeit der Diskussion war ein Grundelement der liberalen Theorie. Weitere Forderungen, die mit der Presse i n engem Zusammenhang standen, wurden daher laut. Öffentlichkeit, nach Häcker „das Palladium einer repräsentativen Verfassung" 1 4 0 sollte auch für die Sitzungen der zweiten Kammer gewährleistet sein. I n diese Richtung zielten die verschiedensten Anträge, die sich gegen eine zu leichte Umwandlung der Sitzungen i n geheime wandten 1 4 1 und die Verlesung aller Eingaben 1 4 2 , auch geheimer Protokolle, forderten 1 4 3 . Die Presse i m Lande galt als erweitertes Sprachrohr für die Volksvertreter, ihr kam nach liberaler Ansicht die eigentliche Aufgabe der Breitenwirkung zu. Ohne sie mußte der Landtag isoliert bleiben und seine eigentliche Aufgabe verfehlen, i m A u f w i n d einer starken öffentlichen Meinung seinen Beitrag zur Belebung und Fortbildung des Konstitutionalismus zu leisten. A n der Nahtstelle zwischen den beiden zentralen Formen der bürgerlichen Öffentlichkeit, Landtag und Presse, stand i n halboffizieller Funktion die Landtagszeitung, die Christoph von Aretin herausgab 144 . Das Schicksal aller Organe, die vom Geruch her Regierungsabhängigkeit belastet waren, blieb auch ihr nicht erspart: Die Liberalen geißelten ihre Servilität 1 4 5 , die Reaktionäre ihre Nachgiebigkeit 1 4 6 . Leichter hatten es die unabhängigen Zeitungen 1 4 7 , allen voran die Augsburger Allgemeine, die sogar i n Rudhart über einen 138

GStA M A 25003 (20. A p r i l 1819). Ebd. (MÄuß an K ö n i g ; M Ä u ß an K a m m e r der Abgeordneten v. 22. A p r i l 1819). 140 Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 8 (nach P L V 1, 37). 141 Kastner, Pfälzer, S. 104 (PLV 3, 433). 142 Ebd., S. 105 (PLV 1, 366). 143 Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 105. 144 Z u m Gesamtproblem Raubold, Landtagsberichterstattung, passim. 145 p l y 380 - 88 (25. Februar 1819), Kontroverse zwischen Behr und A r e t i n ; Wittichen, Gentz 3, 1, S. 367, A n m . 1 u n d S. 371. 139

146 ÖGB 1, 226 - 33, dort S. 228 f., Klage über den Mittelweg Aretins u n d Forderung, entweder m i t Gegenpolemik aufzuwarten oder gänzlich zu schweigen. Durch Textvergleich hat Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 161, A n m . 5, die Verfasserschaft Gentz' nachgewiesen. 147 Dazu ausführlich Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 44 ff.

I. Kap.: Rechtliche und politische Voraussetzungen

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wohlinformierten Korrespondenten verfügte, darüber hinaus die Vertreter aller politischen Richtungen zu Wort kommen ließ, so daß zuletzt i n ihren Spalten sogar die persönlichen Auseinandersetzungen der Abgeordneten ausgetragen wurden. Nahezu unbehelligt erschien eine Reihe von unperiodischen Stellungnahmen und kritischen Ausführungen, die das rege Interesse der Öffentlichkeit dokumentieren 1 4 8 . So zeichnete sich schon i n den ersten Monaten des Landtags eine Tendenz ab, die die Konservativen erschreckte und die Reaktionären i n ihren Absichten bestärkte. Eine bürgerliche Öffentlichkeit begann sich um die beiden eng verbundenen Mittelpunkte Presse und Landtag zu organisieren. Der liberalen Bewegung erwuchsen i n diesen beiden Instrumenten wichtige Helfer, um i n konzentrierter Form dem Anspruch auf Herrschaftsbeteiligung Nachdruck zu verleihen und eine systematische Opposition zu etablieren 1 4 9 . Diese Tendenz, die als Entwicklungsmöglichkeit i n der staatsrechtlichen Konstruktion der konstitutionellen Monarchie angelegt war, forderte nun die Gegenmaßnahmen der Regierung heraus. I m Landtagsabschied tadelte sie den Antrag Behrs, weil i h m „eine nicht zu mißkennende, auf die Erweiterung des durch die Verfassungsurkunde bezeichneten ständischen Wirkungskreises gerichtete Absicht" 1 5 0 zugrundeliege. Diese tendenziöse, einseitig interessengebundene Auslegung hat erstaunlicherweise auch i n der Geschichtsschreibung der letzten Jahrzehnte wiederholt Zustimmung gefunden 151 . I n Wahrheit lag ein systembedingter verfassungsrechtlicher Konfliktfall vor, der weder m i t rechtlichen noch gar m i t moralischen Kategorien zu entscheiden war. Der eigentlich strittige Punkt war die Auslegung des Tit. V I I , § 19 der Verfassungsurkunde, i n dem das einfache Petitionsrecht der Stände verankert w a r 1 5 2 . Behr und seine Anhänger hielten die Zensur für 148

Franz, Verfassungskämpfe, S. 68 ff. H S t A M I n n 25098 (Weiden an Rechberg v. 20. A p r i l 1819). Bericht über die Methode Hornthals, sich zur Durchsetzung seiner politischen Ziele i m Landtag verstärkt der Presse zu bedienen; vgl. auch Darmstadt, Bund, S. 123 f. 150 Bitterauf, Zensur, S. 331. 151 Doeberl, Verfassungsleben, S. 64, spricht von „politischen Mißgriffen" i m Zusammenhang m i t Behrs A n t r a g ; ähnlich Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 105. 152 L. Sachs, Entwicklungsgeschichte des bayerischen Landtags, S. 37 f. Tit. V I I , § 19 lautet: „Die Stände haben das Recht, i n Beziehung auf alle zu ihrem Wirkungskreis gehörigen Gegenstände dem K ö n i g ihre gemeinsamen Wünsche und Anträge i n der geeigneten F o r m vorzulegen." Nach Seydel, Staatsrecht (K), S. 55 ff., u n d Pölzl, Verfassungsrecht, S. 576, bezog sich das Petitionsrecht auch auf verfassungsrechtliche Fragen. 149

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

einen Gegenstand, der dem Wirkungskreis der Stände angehörte, weil sie die Freiheit der Person unmittelbar berührte. Gerade diese Individualrechte stellten aber das Zentrum des ständischen Mitspracheanspruchs dar. Die weitgehende Normierung dieser Rechte der Person und des Eigentums zählten zu den Grundvoraussetzungen des angestrebten liberalen Rechtsstaates. Aus dieser Perspektive war Behrs Antrag verfassungskonform. Ein Eingriff i n das königliche Recht zur Gesetzesinitiative lag auch formal nicht vor. Den König um Erlaß einer Ausführungsrechtsverordnung zu bitten, die der Rechtssicherheit dienen sollte und der Intention der Pressebestimmungen der Verfassung entsprach, hatte nichts Verfassungswiedriges, geschweige denn Revolutionäres an sich. Die Regierung dagegen hielt die Zensurinstruktion für eine reine Angelegenheit der Bürokratie, die durch Verwaltungsverordnung zu regeln w a r 1 5 3 . Rechtlich wenig haltbar allerdings war die Berufung auf den Tit. X, § 7 der Verfassung, nach dem Vorschläge zu Abänderungen der Verfassungsurkunde oder Zusätze nur vom König ausgehen durften und vorher einer Beratung der Kammern entzogen waren. Daß dieser Paragraph aber auf Behrs Antrag nicht anwendbar war, ist offensichtlich; denn von einer Abänderung oder einem Zusatz zur Verfassungsbestimmung und zum I I I . Edikt war nirgends die Rede und sie war nach Behrs eigenen Aussagen nie beabsichtigt, sondern i h m nur von einigen politischen Gegnern angedichtet worden. Die rechtliche Basis der Regierung w a r also, wie diese kurze Erörterung zeigen sollte, äußerst schwach. I n Wahrheit waren die juristischen Gegenargumente nur noch Vorwand i n einem Konfliktbereich, dessen Lösung i m antiliberalen Sinn längst Gegenstand geheimer Kabinettsdiplomatie geworden war und der seit dem Mord an Kotzebue i n das Stadium der Entscheidung trat. Gentz war geschickt genug, das Zensurproblem aus einer engen juristischen Betrachtungsweise zu lösen und i n einen allgemeinen Rahmen zu stellen, der den Zusammenhang zwischen Verfassungssystem und Pressefreiheit aufzeigte: „Sobald in einem Staate das Repräsentativsystem die Oberhand gewonnen hat, kann eine vernünftige und wirksame Zensur nicht mehr bestehen 154 ." Unmittelbar nach der Debatte i m Landtag startete er einen ersten Feldzug gegen Bayerns Pressepolitik. Der Frage der Zensurinstruktion 153 Die Unterscheidung zwischen Ausführungsrechtsverordnung u n d V e r waltungsverordnung bei H. O. Meisner, Archivalienkunde, Göttingen 1969, S. 141. Meisner weist darauf hin, daß angesichts der ungeklärten Regierungsund Verwaltungssystematik und -praxis i n diesem Bereich gerade i n der frühkonstitutionellen Phase ständige Konfliktmöglichkeiten gegeben waren. Ausführliche Erörterung dieser Problematik s. Kap. V I I . 154 Wittichen, Gentz 3, 1, S. 431 (Gentz an Metternich v. 21. M a i 1819).

I. Kap.:

echtliche u n d politische Voraussetzungen

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maß er dabei untergeordnete Bedeutung bei, heftig aber prangerte er die allgemeine Entwicklung der bayerischen Zensurpraxis i n den letzten Monaten an. A m Beispiel eines Artikels des „Fränkischen Merkurs" suchte er Metternich aufzuzeigen, wie weit die „Revolutionierung der Geister" schon vorgedrungen sei 1 5 5 . Dieser nahm die Exempel bereitw i l l i g auf, um sie bei seinem Herrscher und dem preußischen König als Anstöße zu einer Politik der harten Faust gegenüber der liberalen Presse einzusetzen. Der wachsende Druck Österreichs und Preußens 156 fand i n der bayerischen Regierung jedoch nicht die geschlossene einheitliche Widerstandsfront, die allein die Möglichkeit zu einer organischen Fortentwicklung des jungen Konstitutionalismus geboten hätte. Stattdessen zog Rechberg, vermutlich nicht ohne Wissen des Königs, sogar die A u f hebung der Verfassung i n Betracht und ging Preußen deswegen um Rat an 1 5 7 . Auch die Weichen für die künftige Pressepolitik stellte Rechberg noch während des Landtages. Auf diplomatischem Feld suchte er sich Stützen zu verschaffen für eine restriktive Politik gegen die Presse, die er nicht einmal i m Ministerrat, geschweige denn in der Öffentlichkeit hätte vertreten können. Anstatt die ausländischen Gesandten über die bayerischen Rechtsverhältnisse aufzuklären und die verfassungsmäßigen Bestimmungen zu verteidigen, bat er sie förmlich um Beschwerden ihrer Regierungen, die er beim König und seinen Kollegen i n die Wagschale werfen konnte 1 5 8 . Metternich forderte er auf, gemeinsame Maßregeln gegen die Presse einzuleiten 1 5 9 . Dieser nahm die Anregung freudig auf, die ihm lang gehegte Absichten zu verwirklichen erlaubte, ohne selbst aus der Reserve treten zu müssen, bat um weitere Vorschläge und versprach, andere Staaten zu informieren. Zugleich aber nahm er Rechberg die verbindliche Zusage ab, Bayern werde sich an diese gemeinsamen Maßregeln gebunden fühlen 1 6 0 . I m Mai gab er seinem Gesinnungsgenossen Frh. v. Weiden seine Absichten zu erkennen 1 6 1 . Die Stillhaltetaktik 155

Ebd., S. 366 f. (Gentz an Metternich v. 27. März 1819). GStA Ges. B e r l i n 685 und M A I 353; PGB 1, 204 - 206. 157 Die Tatsache des Staatsstreichplanes ist durch Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 174 ff., endgültig erhärtet und quellenmäßig abgesichert w o r den. Vgl. auch Dobmann, Zentner, S. 173, Anm. 103; widersprüchlich K l e m mer, Rechberg, S. 145 ff.; beschönigend Spindler, Handbuch I V , 1, S. 85 f. 158 So gegenüber Zastrow, der sich i m Gespräch über eine Schrift Spauns zur Ständeversammlung beschwert hatte (PGB 1, 205); s. auch F. Koeppel, Eine geheime Denkschrift . . . , i n : Z B L G 4/1931, S. 206 ff., der ein Beispiel für das Ränkespiel Rechbergs und seine blinde Vertrauensseligkeit gegenüber Metternich liefert; s. auch Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 182 f. 159 GStA M A I I I 2396 (Stainlein an Rechberg v. 7. A p r i l 1819). 160 Ebd. (Stainlein an Rechberg v. 10. A p r i l 1819); Aretin, Dt. Pol., S. 144. 161 H S t A M I n n 25098 (Rechberg an Weiden v. M a i 1819, Konzept). 156

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

der Regierung i n den letzten Wochen gegenüber der Presse hatte, wie er ausführte, nur den Zweck, genügend Material zu sammeln, u m m i t Hilfe des Bundes die Pressefreiheit einzuschränken. „Die Resultate bevorstehender reiflicher Deliberationen sind indeß so fern nicht mehr. Bis dahin ist jeder von den Zeitungsredakteuren ausgeübte Unfug vielleicht erwünscht, um die unter den deutschen Staaten leider zu selten zu bewirkende Einheit der Ansichten und der zu ergreifenden Maßregeln herbeizuführen." Diese Pläne richteten sich klar gegen die Verfassung, waren aber i n Rechbergs subjektivem Verständnis der konstitutionellen Monarchie durchaus loyal. Der König hatte aus dieser Sicht die Verfassung als Geschenk gegeben, konnte sie daher auch revidieren oder aufheben. Die Außenpolitik war überdies verfassungsmäßig dem König vorbehalten. Das ganze Dilemma des Frühkonstitutionalismus, des Kampfes um die Abgrenzung der Machtsphären zwischen Fürst, Bürokratie und Volksrepräsentation spielt so i n die Pressefrage hinein. Die bayerische Pressepolitik, die i m Jahre 1818 der Presse einen engen Freiheitsraum zugestanden hatte, war Bestandteil innerstaatlicher Souveränität. Zugleich aber geriet sie unter den verstärkten Einfluß der von Metternich betriebenen reaktionären Bundespolitik, deren Richtung von gesinnungs ver wandten Kräften i n Bayerns Regierung und Bürokratie unterstützt wurde. Vordergründig, auf der Ebene staats- und völkerrechtlicher Argumentation, spitzte sich der K o n f l i k t auf die Frage des Vorranges der Landes- oder der Bundesgesetzgebung zu. Dahinter aber stand ein gesellschaftlich und wirtschaftlich fundierter, ideologisch und staatsphilosophisch begründeter Gegensatz zweier Verfassungsprinzipien, des modernen Konstitutionalismus, dessen Entwicklung zum Parlamentarismus und zur Volkssouveränität drängte, und des traditionellen Fürstenabsolutismus, der m i t dem Legitimisuus als Rechtfertigung, m i t dem monarchischen Prinzip als Verfassungsgrundsatz und einer traditionellen Ständegesellschaft als statischem Ordnungssystem um sein Überleben kämpfte. 4. Die Pressebeschlüsse von Karlsbad und das Provisorische Preßgesetz vom 20. September 1819

Die Mordtat des Studenten Sand bot Metternich den willkommenen Anlaß, längst gehegte Absichten und fixierte Pläne i n die Wirklichkeit umzusetzen 162 . Auch Gentz erkannte sofort die Gelegenheit, den „ewig unverzeihlichen" A r t i k e l 18 der Bundesakte „ein für allemal als unaus162 Ausführlich u n d fundiert ist die Darstellung der Vorgeschichte u n d u n mittelbaren Vorbereitung des Karlsbader Kongresses bei Büssem, Karlsbader Kongreß, S. 248 ff.; s. auch Klemmer, Rechberg, S. 151 ff.

I. Kap. : Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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führbar und abgetan" zu erklären und jede weitere Diskussion darüber zu unterbinden 1 6 8 . I n engem diplomatischen Kontakt mit seinem reaktionären Vertrauten i m Berliner Kabinett, Wittgenstein, und bestärkt durch das Entgegenkommen der süddeutschen Regierungen, die von Revolutionsfurcht geschüttelt wurden, steuerte Metternich nun sein Ziel an. Gleichzeitig agierte er auf der europäischen und bundespolitischen Bühne, er nützte alle verfügbaren diplomatischen Kanäle und pflegte sorgsam die Bekanntschaften m i t politischen Gesinnungsgenossen. Die Methode der vorbereitenden diplomatischen Beschwerden, denen Vorbesprechungen und schließlich Geheimkonferenzen folgten, das Ausspielen der verschiedensten Druckmittel von der Andeutung bis zur massiven Drohung blieb i m Grundmuster gleich bis zur endgültigen Unterdrückung der freien Presse nach 1834. Zentrale Bedeutung maß Metternich bei seinen Bemühungen dem Kampf gegen die liberale Presse bei. „Das größte und demnach dringendste Übel ist heute die Presse", konstatierte er. Diese Feststellung bekommt um so mehr Bedeutung, wenn man bedenkt, wie wenig Gewicht Rechberg auf die Verhandlungen über die Presse legte und mit welcher Selbstverständlichkeit er die Metternichsche Position übernahm, ohne die Kollisionsprobleme m i t der Verfassung Bayerns überhaupt i n Erwägung zu ziehen 1 6 4 . Welch hohen Rang Metternich der Presse einräumte und welch zentrales A n liegen gerade die Einschränkung ihrer Freiheitsrechte darstellte, läßt auch die unmittelbare Einflußnahme auf Bayern i n dieser Vorbereitungsphase erkennen. Eine Fülle von Beschwerden, die verstärkte Polemik Gentzens, Besuche i n München, die ständige Bearbeitung des ohnehin österreichhörigen Gesandten Stainlein und schließlich die systematische Entfachung der Revolutionsangst dienten als Mittel, um nach Rechberg auch den König und weitere Minister zur Kapitulation i n der Pressefrage zu bestimmen 1 6 5 . Rechbergs frühes Entgegenkommen hatte den Boden bereitet, nun galt es, eine breitere Basis zu schaffen, um einen zuverlässigen Erfolg zu sichern. 1β3 Wittichen, Gentz 3, 1, S. 378 f. (Gentz an Metternich v. 1. A p r i l 1819). 164 F ü r die zentrale Bedeutung der Pressefrage sprechen zahlreiche Belege:

H H S t A Wien, S t K D A 147/1 (Metternich an H r u b y v. 17. A p r i l 1819): „ E i n Gegenstand allerdings der größten Wichtigkeit ist die Lizenz der Presse." Franz, Verfassungskämpfe, S. 82, zitiert einen Vortrag Metternichs vor dem Kaiser, i n dem dieser den „bis zum Wahnsinn gesteigerten Unfug der Presse" u n d „die Einführung rein demagogischer Verfassungen i m südlichen Deutschland" als G r u n d für die allgemeine Revolutionierung angibt. Gentz, Tagebücher 2, 347 (16. August 1819): „Den E n t w u r f zum Preßgesetz (eines der wichtigsten Stücke unserer hiesigen Konferenz) ausgearbeitet". Ilse, B V 2, 594, zitiert eine Aussage Metternichs von 1823: „Der wichtigste jener Beschlüsse w a r der, welcher die Presse betraf." 165 Doeberl, EG 2, 462 ff.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Bayerns Zeitungen gerieten nun, nach dem Mord an Kotzebue ver* stärkt i n das österreichische Kreuzfeuer. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung", die als Blatt von europäischem Format wie ein Seismograph alle pressepolitischen Bewegungen registrierte, nahmen beide Großmächte m i t vereinten Kräften unter Beschüß 166 . Doch auch die übrigen liberalen Zeitungen Bayerns erfreuten sich bisher nie gekannter A u f merksamkeit. Die „Speyerer Zeitung", nach Gentz „eine der frechsten i n Deutschland" 1 6 7 der Nürnberger „Correspondent von und für Deutschland" 1 6 8 die „Bayreuther Zeitung" 1 6 9 und der „Fränkische Merk u r " 1 7 0 erregten besonderen Anstoß. Gentz aber zog das politische Resümee aus den Einzelerscheinungen, deutete die Presseentwicklung i n Bayern als Konsequenz des Repräsentationssystems und geißelte die Zwiespältigkeit Bayerns, einerseits Maßregeln gegen die Presse verabreden zu wollen, andererseits aber ohnmächtig gegenüber den eigenen Zensoren und den „schändlichsten Blättern i n Deutschland" zu sein 1 7 1 . Die Taktik der österreichischen Regierung war einfach, aber durchschlagend, wie die Ergebnisse von Karlsbad beweisen. Man bauschte Einzelfälle zum Gespenst einer allgemeinen Revolutionierung auf, man verurteilte Zeitungen, deren Inhalte, wie jede Textanalyse ergibt, nicht systemsprengend, nicht revolutionär, sondern reformerisch-oppositionell, auf Fortbildung des halbkonstitutionellen Kompromißsystems i n Bayern bedacht waren. Man dokumentierte Entrüstung durch Beschwerden und nahm Einfluß auf innenpolitische Entscheidungen. Übertreibung und Einschüchterung waren die Grundkomponenten dieser Politik. So mußte Metternich nach gemeinsamen Absprachen m i t den süddeutschen Staaten bei seinem Besuch i n München am 18. J u l i nur noch Feinarbeit leisten, um den König, Rechberg und Wrede auf seine pressepolitische Linie zu bringen und sie zu einer Blankovollmacht an Stainlein zu bestimmen 1 7 2 . Damit hatte Bayern sich freiwillig der pressepolitischen Konzeption Metternichs angeschlossen, noch ehe die eigentlichen Verhandlungen begonnen hatten. 1ββ Wittichen, Gentz 3, 1, S. 411 f. (Gentz an Metternich v. 25. A p r i l 1819); ÖGB 1, 239 (Hruby an Metternich v. 14. J u n i 1819); PGB 1, 207 f. (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 14. A p r i l 1819); Bernstorff an Zastrow v. 23. A p r i l 1819); Bitterauf, Zensur, S. 338. 107 Wittichen, Gentz 3, 1, S. 430 f. (Gentz an Metternich v. 6. M a i 1819). 168 Ebd. 16f t Ebd., S. 427 u. A n m . 3 (Metternich an Gentz v. 7. M a i 1819). 170 GStA M A 25001 Gesandtschaftsbericht aus Wien (25. M a i 1819; A b schrift). 171 Wittichen, Gentz 3, 1, S. 430 f. (Gentz an Metternich v. 21. M a i 1819). 172 Winter, Wrede, S. 304 f.; GStA M A I I 1050 (Rechberg an Stainlein v. 20. J u l i 1819; Entwurf).

I. Kap. : Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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Rechberg aber reiste angesichts der Taktik Metternichs m i t einem untauglichen Verhandlungskonzept nach Karlsbad. Völlig fixiert auf die Verfassungsfrage und den A r t i k e l 13, i n dessen Auslegung man alle Anfechtungen für die bayerische Souveränität konzentriert glaubte, gab man — nur allzugern der eigenen Abneigung folgend — die Felder der Pressepolitik und des Universitätswesens widerstandslos preis, ohne zu erkennen, daß Metternich gerade auf diesem Wege zu wirklichen Eingriffsmöglichkeiten i n die innere Souveränität der Bundesstaaten gelangte und sich damit die Ausgangsposition zur endgültigen Liquidierung der konstitutionellen Bewegung verschaffte. Rechberg trug i n Karlsbad daher keine Bedenken, noch schärfere Maßnahmen gegen die Presse anzuregen oder zu akzeptieren 173 . Gleichzeitig jedoch blieb er i n der Frage des A r t i k e l 13 hartnäckig, weil er hier die bayerische Souveränität gefährdet sah. Der Widerspruch i n seinem Verhalten ist i h m wohl kaum bewußt geworden. Skrupel wegen der Verfassungswidrigkeit der Karlsbader Entwürfe zur Presse belasteten ihn trotz aller Bekenntnisse zur Konstitution nicht. Das juristische Argument, mit dem er seine Zustimmung auch i n der Öffentlichkeit zu rechtfertigen gedachte, hatte er früher schon mehrmals gebraucht: den Vorrang des Bundesrechtes vor dem der Länder. I n seinem Schlußbericht drängte er nochmals auf gemeinsame A b sprachen der Regierungen, die Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen einzuschränken, und gab i m übrigen dem König den Rat, ohne nähere Motivierung zuzustimmen. Zugleich schloß er die Bitte an, eine zweckmäßige Zensurinstruktion zu erlassen und Zeitungen und Flugschriften unter strenge Aufsicht zu stellen 1 7 4 . Eine Ministerkonferenz vom 4. September, an der Rechberg, Wrede, Thürheim und Zentner teilnahmen, bekräftigte denn auch die Absicht, nicht nur neue presserechtliche Vorschriften zu erlassen, sondern auch die bestehenden zu revidieren und, obwohl klar verfassungswidrig, die Zahl der Zeitungen zu vermindern, selbst wenn durch den Konzessionsentzug Kosten entstehen sollten 1 7 5 . Bereits am folgenden Tag erging an die Regierungspräsidenten und an den Bundestagsgesandten die Weisung, die zu erwartenden Beschlüsse des Bundestages zu akzeptieren und nur vollständig und ohne jeden Kommentar i n die Zeitungen aufnehmen zu lassen 176 . Diese Anordnung dokumentiert unmißverständlich, wie sehr sich die Regierung der Brisanz dieser Beschlüsse bewußt war. 173 Die Verhandlungen i m einzelnen darzustellen, erübrigt sich angesichts einer Reihe neuerer Studien; Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 418 ff.; Koszyk, Deutsche Presse 2, 54 ff.; Schneider, Pressefreiheit, S. 249 ff. 174 GStA M A I I 1050 (Rechberg an M a x I. v. 30. August 1819). 175 Ebd., Protokollabschrift. 178 Ebd. (MÄuß/Regierungspräsidenten v. 5. September 1819); ebd., Ges. F r a n k f u r t I, Ρ 7 (MÄuß an Bundestagsgesandten v. 5. Sept. 1819).

5 Tremi

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Die Angst vor einer öffentlichen Diskussion war nicht unbegründet, hätte sie doch die Winkelzüge der bayerischen Kabinettspolitik bloßgestellt und die peinliche Frage nach der Verfassungstreue der Regierung aufgeworfen. Die ursprünglichen pressepolitischen Absichten Rechbergs, die Lerchenfelds Widerstand verhindern konnte, werden aus einer Reihe von Entwürfen i n den A k t e n des Außenministeriums erkennbar 1 7 7 . Während i m Ministerium des ahnungslosen Lerchenfeld noch freisinnige Gutachten zur Zensurfrage und der Entwurf einer liberalen Zensurinstruktion ausgearbeitet wurden, die Rechberg einer kritischen E r w i derung würdigte, lag i m Außenministerium ebenfalls der Entwurf einer Instruktion vor, die von einem anderen Geist erfüllt war. Eine vergleichende Lektüre beider Schriften vermittelt eine Vorstellung von dem liberalen Potential aber auch von der reaktionären Energie, die zum gleichen Zeitpunkt i n der bayerischen Regierung vereinigt waren. Rudhart, Ministerialrat i m Finanzministerium, empfahl die strenge Bindung der Zensoren an die Vorschriften des Ediktes und an klar umschriebene strafgesetzliche Tatbestände, er versuchte eine Milderung der Zensurpraxis durch präzise Anweisungen an die Zensurbeamten, die willkürliche und schikanöse Behandlung ausschalten sollten, und er gab der Zensur außenpolitischer Themen keine beliebige Ausdehnung, sondern beschränkte sie auf die Abwehr offensichtlicher Beleidigungen. Der Entwurf des Ministerialdirektors von Fink dagegen setzte sich ohne Bedenken über das Verfassungsedikt hinweg. Die Zensur sollte nun, solange das neue Bundesgesetz i n K r a f t war, i n Entsprechung zu seinen Bestimmungen, also für alle Schriften unter 20 Bogen ausgeübt werden. Für die Detailinstruktion nahm Fink nicht nur bei der Verordnung von 1799 kräftig Anleihe, sondern zog auch das österreichische Zensuredikt als Vorlage heran. Die Begründung, die dieser I n struktion beigefügt war, spottet i n ihrer Pseudorechtfertigung jeder Beschreibung. Die Gefährlichkeit der Presse w i r d i n einem Ausmaße hochgespielt, das glauben machen muß, sämtliche bayerische Redakteure seien berufsmäßige Mitglieder eines durchorganisierten Revolutionsvereines gewesen. Der außenpolitische Aspekt der Zensur war überbetont, als habe Bayern niemals eine eigene Kompetenz i n Pressefragen besessen. I n der weiteren internen Diskussion des Außenministeriums verschob sich das Schwergewicht der geplanten öffentlichen Begründung noch stärker auf die bundespolitische Seite. Rechberg selbst wies den Weg, die Schwierigkeiten m i t den Verfassungsbestimmungen dadurch zu um177 Die folgenden Ausführungen nach GStA M A 25002. Der A k t trägt den aufschlußreichen Registraturtitel „Die bundesbeschlußmäßig i m Königreich verordnete strengere Censur der Zeitungen . . . " ; Bitterauf, Zensur, S. 331 ff.

I. Kap.: Rechtliche u n d politische Voraussetzungen

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gehen, daß man der Bundeskompetenz für die innere Sicherheit den Vorrang vor der Verfassung einräumen müsse, um eine Beratung durch die Stände zu verhindern. So waren Mitte September bereits alle verwaltungstechnischen Detailmaßnahmen vorbereitet, um die vollständige Durchführung der Karlsbader Pressebeschlüsse i n Bayern zu gewährleisten. A m 14. September erging eine vorläufige Weisung an die Regierungsbehörden, i n der die Beachtung der künftigen Beschlüsse angeordnet und eine genauere I n struktion i n Aussicht gestellt wurde 1 7 8 . Für die Anpassung an die Bundespressegesetzgebung war ein Passus ausschlaggebend, der die Zensur aller Stellen vorschrieb, die nach der Definition des Karlsbader Beschlusses die innere Ruhe Deutschlands gefährdeten. M i t dieser Verfügung trat neben die W i l l k ü r der Verwaltungsbehörden nun noch die Zufälligkeit der jeweiligen außenpolitischen Konstellation. Die Streitfrage des Landtags war ganz i m Sinne der Regierung entschieden w o r den, aber nicht durch eine innerstaatliche Verfassungsentscheidung, sondern auf dem Wege diplomatischer Geheimpolitik. Zugleich aber hatte die bayerische Regierung sich entschieden von ihrer früheren Souveränitätsposition abgewandt, die noch 1818 den Anstoß zur Verfassung gegeben hatte. A m 20. September erfolgte i n Frankfurt der „große Schlag" 1 7 9 , der eine völlig überraschte Öffentlichkeit m i t voller Wucht traf. Den besonderen Überraschungseffekt konnte man nur durch ein Verfahren erzielen, das allen Grundsätzen der politischen Redlichkeit Hohn sprach und den Bundestag i n die Rolle eines willfährigen Vollzugsorgans abdrängte. M i t dem „Bundesstaatsstreich" 160 vom 20. September wurde die Bundesakte i n mehrfacher Weise verletzt. Ein äußerst fragwürdiges, wenn auch formalrechtlich kaum anfechtbares Verfahren, machte die Überrumpelungstaktik Metternichs komplett 1 8 1 . Die Gesandten kleinerer Staaten, die an den Karlsbader Besprechungen nicht teilgenommen hatten, mußten sich innerhalb von vier Tagen unter dem Druck der Großmächte entscheiden, ohne noch die Möglichkeit zu erhalten, von ihren Regierungen Instruktionen einzuholen 182 Alle Einsprüche legte man i n einer eigenen Registratur nieder, veröffentlicht dagegen wurde ein Protokoll, das Einstimmigkeit enthielt. A n diese „merkwürdige Sit178 GStA Ges. Wien 1617/8 Pressebericht Wallerstein; PGB 1, 232 (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 20. Oktober 1819); Bitterauf, Zensur, S. 338. 179 Gentz, Tagebücher 2, 356 (27. September 1819.) 180 Huber, V G 1, 735. 181 Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 421. 182 Huber, V G 1, 734, stützt sich auf diesen Gesichtspunkt, u m eine formale Verfassungsverletzung festzustelllen.

1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

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z u n g " v o m 16. S e p t e m b e r , die, w i e A r e t i n i n v o r s i c h t i g e r K r i t i k a n d e u tet, „ n i c h t a l l e n t h a l b e n f r e u d i g e Z u s t i m m u n g " h e r v o r r i e f , Schloß sich v i e r Tage später die e n d g ü l t i g e Beschlußfassung a n 1 8 3 . H a r t n ä c k i g w i d e r s t a n d A r e t i n l e d i g l i c h d e m m a s s i v e n österreichischen D r ä n g e n , auch d i e P r ä s i d i a l p r o p o s i t i o n e n 1 8 4 u n d i h r e G r u n d s ä t z e i n seiner A b s t i m m u n g m i t z u berücksichtigen. D i e W i d e r s p r ü c h e z w i s c h e n d e m Bundespressegesetz, das aus G r ü n d e n der p o l i t i s c h e n T a k t i k n u r als P r o v i s o r i u m beschlossen w u r d e , u n d d e m bayerischen V e r f a s s u n g s e d i k t w a r e n e k k l a t a n t u n d m i t d e n schönsten j u r i s t i s c h e n D e d u k t i o n e n n i c h t aus d e m W e g e z u r ä u m e n 1 8 5 . S c h r i f t e n u n t e r 20 B o g e n w a r e n n u n g r u n d s ä t z l i c h aufsichtspflichtig, d. h. sie u n t e r l a g e n d e r Z e n s u r . ( A r t . 1) D i e A r t des V o l l z u g s b l i e b z w a r d e n R e g i e r u n g e n überlassen, „ S i n n u n d Z w e c k " des A r t i k e l s 1 m u ß t e n aber v o l l s t ä n d i g e r f ü l l t w e r d e n ( A r t . 2). E i n V o r g e h e n d u r c h nacht r ä g l i c h e g e r i c h t l i c h e V e r f o l g u n g u n d B e s t r a f u n g w u r d e als u n z u r e i chend a b g e l e h n t ( A r t . J). D i e R e g i e r u n g e n w a r e n f ü r a l l e p u b l i z i s t i schen Erzeugnisse nach A r t i k e l 1, i n d e n e n d i e W ü r d e u n d S i c h e r h e i t eines Bundesstaates v e r l e t z t oder dessen V e r f a s s u n g oder V e r w a l t u n g angegriffen wurde, nicht n u r den Beleidigten, sondern dem B u n d i n seiner G e s a m t h e i t v e r a n t w o r t l i c h ( A r t . 4). K o n n t e i n diesem F a l l e 183

GStA M A I I 1338 (Bericht Aretins v. 21. Sept. 1819). P B V Bd. 4, S. 656 ff. (§ 220); zur Presse, S. 661 f. 185 GStA Ges. F r a n k f u r t I, Ρ 7, dort ein Gutachten, vermutlich des A u ßenministeriums, das die Berechtigung der Bundesbeschlüsse nachzuweisen versucht. I n der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek, Abeliana I, Fase. 11 (Varia), Nr. 3, S. 8 - 1 1 , fand sich das Fragment eines Gutachtens m i t dem T i t e l „Betrachtungen über die Beschlüsse der Bundesversammlung v o m 20. X I . 1819". Verfasser w a r möglicherweise Abel, der u m diese Zeit als Regierungsrat bei der K a m m e r des Inneren des Isarkreises Dienst tat. Nicht auszuschließen ist aber auch die Möglichkeit, daß es sich u m die A b schrift eines Gutachtens Rudharts handelt, das Koeppel, Rudhart, S. 21, erwähnt, u n d das bisher nicht aufgefunden wurde. Die engen Beziehungen, die A b e l zu dieser Zeit zur liberalen Gruppe u m Lerchenfeld pflegte, geben ersterer Annahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Das Gutachten ist interessant, w e i l es eine stark nationalbayerische Posit i o n v e r t r i t t u n d den Souveränitätsverlust beklagt. Es erklärt die Behauptung von der politischen Notwendigkeit der Beschlüsse schlichtweg zum Vorwand, w e i l weder Anzeichen einer allgemeinen Verschwörung noch einer Revolutionierung vorlagen. V o n der Ständeversammlung w i r d ausdrücklich betont, sie habe kein W o r t des Aufruhrs gegen die Regierung gebraucht, sondern deren A u t o r i t ä t sogar bestärkt. Als Folge der Beschlüsse erwartet u n d befürchtet der Verfasser gerade die Wirkungen, die zu bekämpfen man vorgegeben hatte: Die Provokation werde die liberalen Ideen nicht aufhalten, sondern befördern u n d schließlich w i r k l i c h die Revolution auslösen. Daher seien die Beschlüsse, w e i l sie die Fürsten entmachteten, mehr gegen diese selbst als gegen die Völker gerichtet. Der Verfasser schließt m i t der Hoffnung, diese Entwicklung lasse sich abwenden u n d der bayerische K ö nig werde seine Zustimmung verweigern. 184

I. Kap.: Rechtliche und politische Voraussetzungen

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zwischen den Betroffenen keine Einigung erzielt werden, so war Beschwerdeführung am Bundestag möglich. Stellte eine kommissarische Untersuchung die Berechtigung der Beschwerde fest, so hatte die Unterdrückung der inkriminierten Schrift durch den Bund zu erfolgen. Die Bundesversammlung konnte auch auf eigene Initiative einschreiten, wenn ein Gutachten der neu eingerichteten Pressekommission von Schriften feststellte, daß sie der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten oder der Erhaltung der Ruhe Deutschlands zuwiderliefen. Dieser Schritt war ohne vorherige Aufforderung möglich und schloß einen Einspruch des betroffenen Staates aus (Art. 6). Den Redakteur einer unterdrückten Zeitung oder Zeitschrift traf ein fünfjähriges Berufsverbot, das für das gesamte Gebiet des Bundes gültig war (Art. 7). I n drei Punkten widersprach das Bundespressegesetz verfassungsmäßigen Bestimmungen i n Bayern: Der Bereich der Zensur war gegenüber dem I I I . Edikt erheblich ausgedehnt, der Ausschluß gerichtlicher Nachprüfbarkeit von Maßnahmen gegen die Presse verletzte den Tit. IV, § 8, der das Recht auf ein ordentliches Verfahren festlegte. Auch das fünfjährige Redaktionsverbot stand dazu in Widerspruch und hatte keine gesetzliche Grundlage. Dennoch schien die Entscheidung zugunsten des Bundespressegesetzes gefallen. Der zuständige Minister hatte sich der Umdeutung Metternichs und Gentz' gebeugt, die aus „gleichförmigen Verfügungen über die Pressefreiheit" ein perfektes System der Presseunterdrückung konstruiert hatten. Dieser Beschluß aber griff — entgegen dem A r t i k e l 2 der Bundesakte — zutiefst i n die Souveränitätsrechte der Einzelstaaten ein, er gestaltete den Staatenbund zum Bundesstaat um. Da eine Rückinterpretation des Artikels 13, nicht zuletzt am energischen Widerstand Bayerns, gescheitert war, setzte Metternich nun m i t wachsender Intensität i n der Pressepolitik den Hebel an, um die inneren Angelegenheiten der Bundesstaaten unter dem Schein legaler Bundeszwecke nach seinem Willen zu lenken. Die Konsequenzen dieses Pressegesetzes waren daher nur vordergründig verfassungsrechtlicher Natur. Das Provisorische Preßgesetz hatte seinen festen Platz i m Gesamtsystem der Beschlüsse von Karlsbad. Es diente der Aufgabe, zu verhindern, „daß sich die bürgerliche Gesellschaft politisch formierte", und unternahm den Versuch, „eine fundamentale geistige Entwicklung zu sistieren und rückgängig zu machen" 1 8 6 . I n Bayern jedoch war zu den Karlsbader Beschlüssen noch nicht das letzte Wort gesprochen. Eine Oppositionsgruppe i m Ministerium, die Lerchenfeld anführte und die auch den Kronprinzen zum Verbündeten 186

Schneider, Pressefreiheit, S. 224.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

gewann, vereitelte die Absicht Rechbergs, alle Beschlüsse von Karlsbad und ihre Durchführung als ausschließliche Angelegenheit seines Ressorts zu behandeln 1 8 7 . Diese liberale Gruppe setzte daher alle Hoffnung auf eine Ministerkonferenz. Nachdem die Einwilligung Zentners erreicht war und L u d w i g auch Wrede zum Frontwechsel bewogen hatte 1 8 8 , der seinerseits den Widerstand des Königs gegen einen Ministerrat überwand, schien der Erfolg gesichert. A m 16. Oktober beschloß das Gremium gegen den Widerstand Rechbergs einen Verfassungsvorbehalt 189 , der zwar einen momentanen Ausweg eröffnete, aber keine grundlegende Lösung des politischen Problems bot. Die Bezeichnung „Bundesbeschlüsse" war sorgsam vermieden, die Veröffentlichung erfolgte nicht i m Gesetzblatt. Entscheidend jedoch war der Vorbehalt, „daß Unsre sämtlichen Behörden und Untertanen mit Rücksicht auf die Uns nach den bestehenden Staatsverträgen und der Bundesakte zustehenden Souveränität, nach der von Uns Unserem treuen Volke erteilten Verfassung und nach den Gesetzen Unseres Königreiches" 1 9 0 die Beschlüsse zu vollziehen hatten. Lobend kommentierte die Allgemeine Zeitung diese Einschränkung der Bundesgesetze 191 , i n der Bevölkerung, die auf die Karlsbader Beschlüsse mit Protest und Unwillen reagiert hatte 1 9 2 , plante und verfaßte man Dankadressen, die selbst Lerchenfeld m i t Bedenken erfüllten 1 9 3 , weil er von ihnen eine Belastung der außenpolitischen Beziehungen befürchtete. Volkstümlich war das Publikandum ohne Zweifel: Es sprach den konservativen Altbayern an, der, traditionalistisch und partikularistisch gesinnt, nun die Souveränität des Landes und seines Königshauses gerettet sah, es fand auch die Billigung der Liberalen i n den neubayerischen Kreisen, die nun ihre Hoffnung auf den Bund begruben und stattdessen auf den Konstitutionalismus i m eigenen Land setzten 194 . So formierte sich i n Bayern kurzfristig eine ungewöhnliche patriotische 187 Lerchenfeld, Papiere, S. 187 f. (Lerch. an L u d w i g v. 16. Sept. 1819). E i n zelheiten zu den innerbayerischen Vorgängen finden sich bei Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 437 ff., u n d Klemmer, Rechberg, S. 175 ff., die Rechbergs P o l i t i k zu verteidigen versucht. 188 Dies bei Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 438 f. 189 ÖGB 1, 250 f., „förmliche Spaltung i m M i n i s t e r i u m " (Hruby an Metternich v. 18. Okt. 1819); PGB 1, 231, „eine A r t Anarchie" unter den Ministern (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 20. Okt. 1819). 190 Veröffentlicht i n RB1 1819, Sp. 1045 f.; Text auch bei Huber, V G 1, 738, u n d ÖGB 1, 352, A n m . 2. 191 L. Günther, Würzburger Chronik, S. 392. 192 GStA M A 25002 (Gravenreuth an Rechberg v. 5. Okt. 1819); dort Bericht über Proteste gerade bei der wohlhabenden Klasse u n d über den Widerspruch zur Verfassung, den man allgemein konstatiere; so auch ÖGB 1, 254. 193 Lerchenfeld, Papiere, S. 296 f. (Lerch. an L u d w i g v. 30. Okt. 1819). 194 Dies bestätigt Rechberg selbst i n einer polemischen Äußerung i n GStA M A I I 1064, „Aktenmäßige Darstellung . . . " .

I. Kap.: Rechtliche und politische Voraussetzungen

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Einheitsfront zwischen altbayerischem Konservatismus und neubayerischem Liberalismus, die auch ihren publizistischen Niederschlag fand. Die Motive allerdings, Wahrung der staatlichen und monarchischen Souveränität einerseits, Freiheitswille und Einheitsideal andererseits, waren zu verschieden, um eine dauerhafte Verbindung begründen zu können. Nur eine kleine, aber einflußreiche reaktionäre Gruppe, die weniger bayerischen Interessen als denen ihres Standes diente und weiterhin engen Kontakt zu Metternich hielt, stand diesen souveränitätsbetonten bayerischen Patriotismen ablehnend gegenüber. Die Bemühungen Rechbergs, m i t dem monarchischen Prinzip als Schlagwort und Argumentationsbasis der Verfassung zugunsten bundesgesetzlicher Bestimmungen die Substanz zu entziehen, nahm zeitweise sogar konspirative Züge an. Der Bund wurde zum Organisationszentrum reaktionärer gesamtdeutscher Politik, deren Schaltzentrale i n Wien lag und deren Richtlinien Metternich ausgab. Die rechtliche Problematik und der Interpretationsdissens, der von Beginn an vorlag, begünstigten die Politik Metternichs und erleichterten i h m und Rechberg eine Pressepolitik, deren Ergebnis der Bundesakte und der bayerischen Verfassung entgegenliefen. Die staatsrechtliche Schlüsselfrage war die nach dem Vorrang des Bundes- oder des Landesrechts. Stützte man sich wie Rechberg 195 auf den A r t i k e l 18 der Bundesakte und vollzog die kühne Umdeutung von Gentz mit, so war das Provisorische Pressegesetz als Erfüllung des Auftrages der Bundesakte zu verstehen. Eindeutig nahm Rechberg Partei für den Vorrang und die Kompetenz des Bundes i n Presseangelegenheiten. I m Falle des Widerspruchs zwischen Bestimmungen der Bayerischen Verfassung und dem Bundespressegesetz waren nach seiner Ansicht die Landesgesetzgebung und das I I I . Edikt entsprechend zu revidieren, ja selbst eine Aufhebung eines Teils der Verfassungsbestimmungen schien i h m bundesgesetzlich motivierbar. Für die Stände sah er kein Recht zur Mitsprache gegeben, weil die Bundeskompetenz i n Presseangelegenheiten bereits vor der Verfassungsgebung festgelegt worden war. Die Verfechter des Publikandums dagegen gestanden nur den A r t i keln 1 bis 11 der Bundesakte Verbindlichkeit zu 1 9 6 , die A r t i k e l 12 bis 18 rückten sie i n den Rang von freien Übereinkünften, die von Beginn an hinter innerbayerischen Verfassungsartikeln und Gesetzen zurückstanden 197 . Bayern habe 1818 den Auftrag des Artikels 18 durch eine 195

Ebd. GStA M A I I 1063, Gutachten über „Provisorische Maßregeln zur E r haltung der Sicherheit u n d Ruhe i m Bund". 197 Vgl. A n m . 7; ebenso Lerchenfeld an Wangenheim v. 21. Okt. 1819, i n : Weech, Aktenstücke, S. 1 6 - 1 8 ; so auch Rudhart, Das Recht des Deutschen 196

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

eigene konstitutionelle Regelung ausgeführt, weil der Bund dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war. Das Provisorische Preßgesetz hebe nun die Pressefreiheit auf und widerspreche damit dem I I I . Edikt, das nicht nur zeitlichen Vorrang habe, sondern auch der M i t w i r k u n g der Stände bei jeder Änderung unterliege. Eine eigenmächtige Veränderung dieses gesetzlichen Zustandes durch einen Minister i m Rahmen diplomatischer Verhandlungen sei von vornherein unwirksam, weil die Vereinbarkeit mit der Verfassung als stillsweigende Klausel immer vorausgesetzt sei. Wo auf derselben Rechtsgrundlage gegensätzliche Aussagen von einer Tragweite möglich waren, die konträre pressepolitische Systeme begründeten, konnte auf der Ebene der juristischen Auseinandersetzung kein Ergebnis erzielt werden. M i t dem Vorbehalt von 1819, der einer unterschiedlich motivierten momentanen Abwehrhaltung als Verlegenheitslösung entsprungen war, wurde ein Faktor ständiger Rechtsunsicherheit i n die bayerische Pressepolitik getragen, der sie i m Inneren wie i m Außenverhältnis bis weit in die 30er Jahre belastete und nicht selten den eigenständigen Entscheidungsrahmen bis an die Grenzen der Handlungsunfähigkeit einschränkte. Die Situation der Presse blieb ungeregelt, sie war mehr denn je abhängig von den vielfachen Wandlungen und Veränderungen des innen- und außenpolitischen Kurses der Regierung. Der Spielraum der Möglichkeiten reichte, wie die Zukunft zeigen sollte, von der nahezu totalen staatlichen Kontrolle nach österreichischem Vorbild bis zu einem Maß an Freiheit, das wie der Vorgriff auf spätere Jahrzehnte anmutet. Daß dies unter Berufung auf dieselbe Verfassungsurkunde möglich war und praktiziert wurde, ist ein Phänomen der bayerischen Vormärzgeschichte, das nicht allein aus dem divergierenden Verfassungsverständnis innerstaatlicher politischer Gruppierungen zu erklären ist, sondern zu einem wesentlichen Teil auch Ergebnis der Dominanz außenpolitischer (Einflüsse war. Die Pressefrage stand seit 1819 i m Mittelpunkt der ständigen Auseinandersetzungen zwischen einzelstaatlichem Souveränitätsanspruch und bundesstaatlicher Kompetenzforderung. Die Entwicklung führte, durch den staatsstreichartigen A k t eingeleitet, zur Annäherung an die Form des Bundesstaates und zur Ausbildung einer Pressehoheit des Bundes, die i m Widerspruch zur Grundkonstruktion der Föderation stand. Zusätzliche Handhaben, die auch i n der Pressepolitik zum Tragen kamen, gab sich der Bund i n der Wiener Schlußakte 198 und i n der Bundes, S. 25 ff. und Behr, Von den rechtlichen Grenzen . . S . 44 ff.; demgenüber betonen Huber, , V G 1, 738 f. u n d Rimscha, Grundrechte, S. 155 ff., den bindenden Charakter als Bundesrecht.

I. Kap.: Rechtliche und politische Voraussetzungen E x e k u t i o n s o r d n u n g 1 9 9 , m i t d e r d i e erste Phase d e r E n t w i c k l u n g

73 vom

offenen S t a a t e n b u n d m i t l i b e r a l e r T e n d e n z z u m r e a k t i o n ä r e n B u n d e s staat absolutistischer P r ä g u n g i h r e n A b s c h l u ß f a n d .

198 Text der Wiener Schlußakte bei Huber, Quellen, S. 29 ff. Von besonderer Bedeutung i n unserem Zusammenhang sind die A r t i k e l 17 (Auslegungsrecht der Bundesversammlung), 25 - 28 (Bundesintervention), 19/31 - 34 (Bundesexekution), 53 (Vorrang der Bundesgesetzgebung), 57 (monarchisches P r i n zip), 58 (Bundespflicht vor landesständischer Verfassung); vgl. auch die u n terschiedliche Wertung der Wiener Schlußakte bei Dobmann, Zentner, S. 171 ff. u. 189 und Aretin, Dt. Pol., S. 229 ff.; Spindler, Handbuch I V , 1, S. 67 ff.; Klemmer, Rechberg, S. 182 ff. Bezeichnenderweise fand die Wiener Konferenz ohne Kommentare i n der Presse statt. Nachdem zunächst Rässonements untersagt worden waren (GStA M A 25002 M Ä u ß an Regierungen v. 14. Dez. 1819) gab M a x I. am 22. Januar 1820 selbst die Anordnung, alle A r t i k e l über diesen Gegenstand zu verbieten (ebd., an Regierungen v. 27. Januar 1820). 199 V o m 3. August 1820; vgl. Huber, E. R., Bundesexekution u n d Bundesintervention, i n : Archiv f. öff. Recht 79/1953, S. 1 ff.

Zweites

Kapitel:

Tendenzwende der Pressepolitik und Stabilisierung des Reaktionssystems Von der praktischen Durchführung der Karlsbader Beschlüsse i n Bayern hing der Erfolg der Metternichschen Bundespolitik entscheidend ab; denn vom Verhalten Bayerns w a r Signalwirkung auf den gesamten süddeutschen Raum zu erwarten. Die häufig vertretene Meinung i n der Geschichtsschreibung, Bayern habe das Bundespressegesetz nur milde gehandhabt, ist einen auf Quellen gestützten Wahrheitsbeweis bisher schuldig geblieben und bedarf daher dringend einer Überprüfung 1 . Aus apologetischen Motiven oder aus dem Blickwinkel einer engen rechts- und verfassungsgeschichtlichen Betrachtungsweise wurde die reaktionäre Tendenz, die Bayerns Pressepolitik seit 1819 bestimmte, verniedlicht oder völlig negiert. Eine Untersuchung auf breiterer Quellenbasis, wie sie das folgende Kapitel unternimmt, kommt zu entschieden anderen Ergebnissen. 1. Die Schlüsselrolle Rechbergs bei der Anpassung Bayerns an das Bundessystem

Rechberg, durch den Widerstand i m Ministerium tief getroffen, versuchte der Isolation zu entgehen, indem er sich enger denn je an Metternich anschloß. Der wachsende Druck von Seiten Österreichs gehörte fest i n das K a l k ü l seiner Politik, ja er regte i h n sogar selbst an. Seinen Willen, dem Karlsbader Pressegesetz i n Bayern zur Wirksamkeit zu verhelfen, bekundete er immer wieder, nicht ohne stolz auf erste Erfolge zu verweisen oder die bestehenden Schwierigkeiten i n einer Form anzudeuten, die diplomatischen Aktionen Metternichs Tür und Tor öffneten 2 . So war die Heftigkeit der österreichischen Reaktion auf das Publikandum Bayerns Rechberg sicher erwünscht. Metternich 1 Die Grundlage zu dieser Auffassung i n der neueren Forschung scheint Doeberl, E G 2, 467, gelegt zu haben, obwohl schon Treitschke, Deutsche Geschichte 2, 585, und Bitterauf, Zensur 340 das Gegenteil gezeigt haben. Vgl. auch Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 447 ff. 2 ÖGB 1, 255 (Rechberg an Metternich v. 24. Okt. 1819), 256 (Rechberg an Metternich v. 24. Okt. 1819) u n d 265 (Hruby an Metternich v. 1. November 1819).

I I . Kap.: Tendenzwende der Pressepolitik

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zog i n der Tat alle Register seiner diplomatischen Kunst: Der ängstliche Stainlein wurde eigens zum Kaiser zitiert und Metternich drohte ihm gar mit dem Austritt Österreichs aus dem Bund, was diesen zur flehentlichen Bitte an Rechberg veranlaßte, den österreichischen Wünschen nachzugeben3. Metternich, dem Rechbergs Haltung zu wenig eindeutig erschien 4, versäumte nicht, diesen i n schulmeisterlichem Ton immer wieder auf die Schwächen und Fehler des bayerischen Systems hinzuweisen 5 . Ein persönliches Schreiben des Kaisers an Max Joseph enthielt „ i n der höflichsten Weise einige Drohungen" 6 , die der bayerische König mit dem Hinweis auf die Strenge seiner Anordnungen zu entschärfen versuchte 7 . Der Boden war also bereitet, um eine lose Vorabsprache von Karlsbad nun i n feste Gestalt zu bringen: Metternich griff eine erneute A n regung Berstetts gerne auf und forderte i n einer Zirkulardepesche 8 gemeinsame Maßnahmen gegen ausländische Zeitungen und Zeitschriften, die nunmehr als einzige Repräsentanten einer freien Presse das totale Kontrollsystem von Karlsbad zu unterlaufen drohten. Prompt reagierte Rechberg. Schon am 5. November ergingen zwei Verordnungen, durch die alle deutschsprachigen Schriften aus Frankreich einer speziellen Nachzensur unterworfen wurden 9 und der Post die Aufgabe übertragen wurde, alle ausländischen Schriften einer besonderen Überwachung zu unterziehen, ihre Verbreitung zu verhüten und darauf weder Bestellungen noch Abonnements anzunehmen 10 . Wenig später unterstellte das Ministerium auch die deutschsprachigen Schweizer Zeitungen diesem Verfahren 1 1 , am folgenden Tage machte man sogar die bloße Ankündigung derartiger Zeitungen von einer obrigkeitlichen Bewilligung abhängig 12 . Noch i m Dezember dehnte Rechberg die Nachzensur auf unliebsame französische Zeitungen aus 13 . Ähnliche Wirkungen zeigten auch die Beschwerdenoten 14 Preußens, die zum Teil ebenfalls von Rechberg selbst bestellt waren 1 5 . Die Ent3

GStA M A I I 1060 (Stainlein an K ö n i g v. 25. Okt. 1819). N P 3, 290 (Metternich an H r u b y v. 25. Okt. 1819). 5 ÖGB 1, 261 (Metternich an Rechberg v. 25. Okt. 1819). 6 Lerchenfeld, Die bayerische Verfassung . . . , S. 89 (Lerch. an L u d w i g v. 3. November 1819); Abdruck auch i n ÖGB 1, 262, A n m . 2. 7 ÖGB 1, 264 (v. 31. Okt. 1819). 8 GStA M A 25002 (Metternich an Rechberg v. 30. Okt. 1819). 9 Ebd. (MÄuß an M I n n v. 5. November 1819, Entwurf). 10 Ebd. (MÄuß an Generalpostadministration v. 5. November 1819). 11 Ebd. (MÄuß an Kreisregierungen v. 10. November 1819). 12 Ebd. (MÄuß an Generalpostadministration v. 11 Nov. 1819). 13 Nach der VO v. 7. Dezember 1819; i n einem Vortrag Maurers v o m 13. November 1847 w i r d diese VO als bisher unbekannt angeführt (GHA L 1/ XXII). 4

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

rüstung der preußischen Regierung war ohnehin nur gespielt und diente als Vorwand, um Bayern auf der bundespolitischen Linie zu halten 1 6 . Rechberg seinerseits gab sich betont entgegenkommend, zählte eine stattliche Zahl restriktiver Maßnahmen gegen die Presse auf, die den Forderungen des Bundespressegesetzes genügten 17 , und relativierte den bayerischen Vorbehalt zur bloßen Finesse politischer Taktik, m i t der die Untertanen beruhigt werden sollten 18 . M i t Wissen und Willen des Königs 1 9 steuerte der bayerische Außenminister einen gezielt harten Kurs. Weit entfernt von jeder Defensivhaltung, gab er selbst mehrmals Anregungen, die Bundesbeschlüsse schärfer und einheitlicher durchzuführen 20 . Diese Bereitschaft zur Bundestreue bekundete der Minister jedoch nicht nur verbal. Der Druck, der nun auf den politischen Zeitungen des Landes lastete, war unerträglich. I n der Annäherung an Metternich ging Rechberg sogar so weit, daß er dem Staatskanzler Einblick i n die Interna der Verwaltungspraxis gewährte 2 1 . Die eigene Bürokratie mußte als A l i b i einspringen, wenn Metternich seinen Unmut über vereinzelte liberale A r t i k e l äußerte. Die Dummheit der Zensoren und die Vergiftung der Administration durch die verderblichen Ideen der Aufklärung erschwere, so versicherte Rechberg entschuldigend, eine konsequente Durchführung des Bundespressegesetzes 22. M i t Beschwerdenoten, die er selbst angeregt, ja geradezu bestellt hatte, versuchte er seine liberalen Kollegen i m Ministerium auszustechen und die Zustimmung des Königs für seine Pressepolitik zu gewinnen 2 3 . Der österreichische Gesandte i n München, der mehr und mehr i n die Rolle eines bayerischen Oberzensors 24 hineinwuchs, registrierte m i t 14

PGB 1, 234 f. (Bernstorff an Zastrow v. 1. Nov. 1819; Zastrow an Rechberg v. 8. Nov. 1819). 15 Ebd., S. 240 (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 17. Nov. 1819). 16 Ebd., S. 236 (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 6. Nov. 1819): Der Gesandte meldet, daß i m wesentlichen alles geschehen sei, was die Karlsbader Beschlüsse vorgezeichnet hätten. Die Zensurverfügungen seien i n W i r k s a m keit und könnten bei genügender A n w e n d u n g ausreichen. 17 GStA M A I I 1059 (Rechberg an Zastrow v. 13. Nov. 1819, Entwurf). 18 Treitschke, Baiern u n d die Karlsbader Beschlüsse, S. 381. 19 PGB 1, 246 f. (Jahresüberblick Zastrows v. 15. Januar 1820); ähnlich Houben, Der gefesselte Biedermeier, S. 82 f. 20 ÖGB 1, 322 (v. 8. Okt. 1820), 339, 359 ff. 21 Ebd., 308 f. (v. 3. M a i 1820). 22 Ebd., 317 (v. 15. August 1820) und 392 f. (Trautmansdorff an Metternich v. 2. Dezember 1821). 23 Ebd., 383 f. (Trautmansdorff an Metternich v. 15. Sept. 1821); PGB 1, 289 f. (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 26. Okt. 1821). 24 Treitschke, Deutsche Geschichte 2, 579 weist darauf hin, daß es zu den Hauptaufgaben der preußischen u n d österreichischen Gesandten gehörte, die Ausführung der Bundesgesetze, besonders des Pressegesetzes, zu überwachen.

I I . Kap. : Tendenzwende der Pressepolitik

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Akribie jeden Hauch eines liberalen Gedankens i n der bayerischen Presse. Hinter der anschwellenden Fülle an Beschwerden und der wachsenden Intensität der Forderungen steckte ein kalkuliertes politisches System, nämlich den Kräften um Rechberg i n der innenpolitischen Auseinandersetzung A u f w i n d zu geben und so dem österreichischen Konzept einer reaktionären Pressepolitik auch i n Bayern zum Durchbruch zu verhelfen. Meist folgte der Beschwerdenote Metternichs sehr schnell eine spezielle oder allgemeine Weisung des bayerischen Außenministers an die Zensurbehörden, ein Verfahren, das die Abhängigkeit auch der bayerischen Innenpolitik in Pressefragen offenlegt. I m Laufe des Jahres 1820 trat bereits jene Ruhe i m bayerischen Blätterwald ein, die Metternichs Wunschvorstellungen nahekam. Bald gab Rechberg der begründeten Hoffnung Ausdruck, daß die bayerischen Zeitungen nun keinen Anlaß zur Klage mehr bieten werden. Bayerns Außenminister ging nun sogar zur Offensive gegen die württembergische Presse über, die den vollen Erfolg der bayerischen Reaktionspolitik zu untergraben drohte 2 5 . Damit demonstrierte er dem Staatskanzler nicht nur seine konsequente Haltung i n der Pressepolitik, sondern auch seine entschiedene Absage an jede Neuauflage einer süddeutschen Triaspolitik, zu der von württembergischer Seite Anregungen ausgegangen waren 2 6 . Die Sicherheit, an Bayern einen zuverlässigen Partner gefunden zu haben, bestärkte Gentz i n seiner Absicht, neue Pläne zu weiteren Einschränkungen auszuhecken, obwohl i n Deutschland, wie er selbst erfreut konstatierte, die revolutionäre Bewegung zurückgegangen war und Ruhe herrschte 27 . Da i n Fragen der Reaktionspolitik auf Preußen, das sich bewußt als Muster an Gründlichkeit bei der Ausführung der Karlsbader Beschlüsse präsentierte 28 , zu zählen war, bot sich für Österreich eine politische Initiative geradezu an. Schon gegen Ende des Jahres 1822 standen der Konstitutionalismus i n Deutschland und mit i h m die Pressefrage erneut zur Diskussion. M i t der gewohnten Systematik betrieb Metternich seine Pläne. Der entschiedene Wunsch des Kaisers und die Entrüstung des Zaren über die deutsche Presse konnten seinen Absichten nur förderlich sein 29 . 25

ÖGB 1, 339 (Rechberg an Metternich v. 30. März 1821). Ebd. 337 f. (Wolff an Metternich v. 30. März 1821); GStA M A I 264 (Schreiben Wintzigerodes v. 8. M a i und 23. J u l i 1821 und kühle A n t w o r t Rechbergs v. 3. August 1821); detaillierte Hinweise dazu bei Drexler, Demütigung Württembergs, S. 10 ff., dessen quellenreiche Forschungen bisher zu wenig Beachtung gefunden haben; s. auch Hippel, Blittersdorff, S. 31 ff. 27 Mendelssohn, Gentz 1, 469 (v. 13. Dezember 1820) und 433 (v. 2. November 1820). 28 Klein, Von der Reform zur Restauration, S. 220 ff.; Koselleck, Preußen zwischen Reform und Restauration, S. 415 ff.; Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 452 ff. 26

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Von Fall zu Fall weihte der Staatskanzler auch Rechberg i n seine deutschen und europäischen Pläne ein 3 0 . Dieser erwiderte das vermeintliche Vertrauen mit einer Offenheit, die politisch nicht mehr zu rechtfertigen war. Er beklagte das Repräsentativsystem i n Bayern und schlug Metternich vor, durch einen Beschluß der Großmächte eine Revision anzuregen. Diese antikonstitutionelle Politik offen zu vertreten, fehlte i h m allerdings der Mut. Nicht nur gegenüber seinen Ministerkollegen wahrte er Stillschweigen, auch i n den diplomatischen Kontakten m i t den anderen süddeutschen Verfassungsstaaten zeigte er sich als Scheinliberaler Taktiker, der vertrauliche Informationen prompt an Metternich weitergab. Schon i m Vorfeld des Kongresses von Verona versuchte Rechberg entscheidende Anregungen zu geben. Anfang Oktober traf er i n Salzburg mit Metternich und Bernstorff zusammen, die hier zu einem Z w i schenaufenthalt vor ihrer Abreise nach Verona Station machten. Er beklagte seine angeschlagene Stellung i n München und bat die Minister der beiden Großmächte, sich des Verfassungsproblems anzunehmen. Besondere Gesprächsthemen waren eine neue Geschäftsordnung des Bundestages und die konsequentere Handhabung der Pressebeschlüsse des Bundes 31 . Die Autorität zweier Kaiser bot Metternich seinerseits auf, um seine Politik abzusichern. Beim Treffen von Tegernsee gelang es dem österreichischen Kaiser und dem russischen Zaren, die vorbehaltslose Zustimmung zu einer Reihe von reaktionären Plänen zu erlangen. Auch Wrede, der zwar verbal seine Verfassungstreue bekundete, leistete Metternich Schützenhilfe, als er dem Kongreß Beschlüsse über die Einschränkung der Pressefreiheit und die Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen und eine Revision der Geschäftsordnungen der Landtage empfahl 3 2 . Um so enttäuschter und erboster war Wrede dann, als der Kongreß die deutschen Angelegenheiten weitgehend ausklammerte und außer allgemeinen Änderungen und der Unterstützungszusage des Zaren keine konkreten Ergebnisse brachte 33 . 29

GStA M A I 345 (Stainlein an K ö n i g v. 25. Sept. 1822, Abschrift). Ausführlich bei Drexler, Demütigung Württembergs, S. 33 - 37 ; Winter, Wrede, S. 324 - 26. 31 GStA M A I 345 (Stainlein an K ö n i g v. 25. Sept. 1822, Abschrift); L e r chenfeld, Verfassung, S. 156 (Lerch. an L u d w i g v. 23. Sept. 1822); Treitschke, Deutsche Geschichte 3, 270. 32 Drexler, Demütigung Württembergs, S. 36 f.; Winter, Wrede, S. 330 f.; ÖGB 1, 475 - 82 (Trautmansdorff an Metternich v. 14. Okt. u. 24. Nov. 1822). 33 ÖGB 1, 438 f. (Trautmansdorff an Metternich v. 22. Dezember 1822); die E r w a r t u n g und Befürchtung, daß der Kongreß einschneidende Verfassungsrevisionen bringen würde, w a r weit verbreitet: so Lerchenfeld, Verfassung, S. 155 (Lerch. an L u d w i g v. 16. Sept. 1822); GStA M A I 349 (Berichte aus Wien v. 13. u n d 20. Sept 1822, Abschriften); ÖGB 1, 468 (Trautmansdorff an Metternich v. 10. Sept. 1822). 30

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Doch Metternich bereitete schon auf der Rückreise von Verona die nächste Konferenz vor 3 4 . Während eines kurzen Zwischenaufenthaltes i n München informierte er die konservativen Minister und den König über die Verhandlungsgegenstände eines geplanten Treffens i n Wien. Grundlage war ein ausführliches Memorandum Gentz', das Metternich vorlegte 35 . Das Ubergewicht des Repräsentativsystems, so führte Gentz aus, sei i n Deutschland so groß geworden, daß das monarchische Prinzip i n Gefahr sei. Da die süddeutschen Staaten sich aus eigener K r a f t nicht mehr retten könnten, liege die einzige Hilfe beim Bund. Als wichtigste Punkte, die einer neuen Regelung bedurften, sah er eine neue Geschäftsordnung des Bundestages, die Einschränkung der Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen und die Verschärfung der Pressezensur an. Einheit und inneren Frieden i m Bunde hielt Gentz nur dann gewährleistet, wenn alle Mitgliedsstaaten eine Pressepolitik betrieben, wie sie ihnen das österreichische Vorbild lieferte. Eine Reihe von Forderungen war dazu zu erfüllen: Die Pressekommission sollte zu neuem Leben erweckt werden und sobald als möglich i n A k t i o n treten, ihre Berichte und Urteile sollten einstimmig angenommen und i n kürzester Frist veröffentlicht werden. Außerdem sollte die Kommission die Aufgabe der Oberaufsicht über schlechte Schriften wieder gründlich wahrnehmen. Die Absicht einer Verlängerung der Karlsbader Beschlüsse i n verschärfter Form war ebenfalls fest ins Auge gefaßt. Obwohl diese Pläne auf eine neue reaktionäre Phase hinausliefen, hatte die Rechberg-Gruppe keine grundlegenden Bedenken 36 , so daß Metternich seiner unverhohlenen Zufriedenheit Ausdruck geben konnte 3 7 . Wrede trieb, wie stets i n schwierigen Situationen, ein doppeltes Spiel, das ihm das Vertrauen beider Parteien i m Ministerium erhalten sollte. Gegenüber Lerchenfeld gab er sich betont verfassungstreu, obwohl er die Intentionen Metternichs eindeutig befürwortet hatte. Zudem beruhigte er Lerchenfeld über den Inhalt der Besprechungen und versicherte ihm, es seien keinerlei Verabredungen getroffen und keine Zusicherungen erteilt worden 3 8 . Dennoch blieb es Lerchenfeld nicht ver34

Z u m Folgenden Drexler, Demütigung Württembergs, S. 81 - 83. „Über die zum Schutz der Ordnung u n d Ruhe i n Deutschland i n der Bundesversammlung liegenden M i t t e l " ; gedruckt bei Ilse, B V 2, 576 - 87. Gentz' Schrift liegt einem Schreiben Rechbergs an Stainlein v. 7. Januar 1823 bei (GStA M A I 32). Drexler hat gegenüber Ilse, B V 2, 576 richtig festgestellt, daß die Denkschrift nicht i m Februar 1823, sondern bereits Ende 1822 verfaßt wurde. 36 Drexler, Demütigung Württembergs, S. 81. 37 N P 4, 3: „Es geschah i n München, was ich m i r vorgenommen hatte." 38 Lerchenfeld, Papiere, S. 344 - 47 (Lerch. an L u d w i g v. 31. Dez. 1822 und 35

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

borgen, daß tiefere Absichten hinter diesem Treffen steckten. I n engem Kontakt m i t dem Kronprinzen, der jede weitere Einschränkung der Öffentlichkeit strikt ablehnte 39 , sah er sich vorsorglich nach Bundesgenossen i m Ministerium um. Unter dem Einfluß Metternichs und Rechbergs jedoch geriet die liberale Oppositionsallianz um den Finanzminister bald i n Mißkredit beim König, so daß Lerchenfeld zu Schweigen und Zurückhaltung verurteilt war, um nicht sein A m t gänzlich zu verlieren 4 0 . Bei Metternichs geschicktem Schachzug zur Ausschaltung der innerbayerischen Opposition fungierte Wrede wiederum als Zwischenträger. Die Intrigen des Staatskanzlers und seines Gesandten i n München verbuchten einen vollen Erfolg 4 1 . Verleumderische Behauptungen, verschiedene A r t i k e l i n der „Neckar zeitung" und i m „Constitutionel" über das Münchener Treffen stammten aus der Feder Lerchenfelds oder seines Vertrauten Rudhart, machten den König mißtrauisch. Er ließ Lerchenfeld „den Kopf waschen", entzog ihm jede Information über die Wiener Verhandlungen und versetzte Rudhart als Regierungsdirektor i n die Provinz. Der Finanzminister war so eingeschüchtert, daß er es i n den folgenden Monaten nicht mehr wagte, den Gegenstand der geplanten Bundestagspropositionen zu berühren 4 2 . Ungestört und unter strikter Geheimhaltung gegenüber der Öffentlichkeit gingen daher seit Mitte Januar die Wiener Konferenzen über die Bühne, auf denen wichtige Vorentscheidungen für die künftige Bundespolitik fielen 4 3 . Die österreichischen Pressevorschläge fanden allgemeine Zustimmung. Metternich bemühte sich ausdrücklich darum, eine direkte Beziehung zu den Kongreßbeschlüssen von Verona herzustellen, um eine A r t internationalen Auftrages und europäischer Garantie zu konstruieren, vor allem jedoch, um das Gewicht des reaktionären russischen Hofes i n die innerdeutsche Diskussion einzubringen. Die bundeseinheitliche Einschränkung der Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen blockierte Bernstorff zwar mit Erfolg; dennoch arbeitet er i m Verein mit Plessen und Metternich einen Präsidialvortrag aus, in 3. Januar 1823); ÖGB 1, 491 (Trautmansdorff an Metternich v. 25. Januar 1823). 39 Winter, Wrede, S. 327; Lerchenfeld, Papiere, S. 346 f. (Ludwig an Lerch. v. 7. Januar 1823). 40 Ebd., S. 325 - 30; Drexler, Demütigung Württembergs, S. 81 f. 41 ÖGB 1, 492 f. (Metternich an Rechberg v. 28. Januar 1823) und A n m . 3. 42 Koeppel, Rudhart, S. 38; Lerchenfeld, Papiere, S. 353 - 55 (Lerch. an L u d w i g v. 17. Februar 1823). 43 Stern, Geschichte Europas 2, 400 f.; Treitschke, Deutsche Geschichte 3, 313 ff. Der Behauptung Sterns u n d Treitschkes, Zentner habe an diesen Konferenzen teilgenommen, widerspricht Drexler, S. 83, m i t dem Argument, dafür lieferten die A k t e n keinen Beleg. F ü r diese Ansicht scheint m i r auch die Berichterstattung Stainleins zu sprechen (GStA M A I 350, Berichte v. 15., 25., 28. Januar und 9. Februar 1823).

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dem i n entschärfter Form alle wesentlichen Punkte des Gentzschen Memoires aufgenommen wurden und an die Beschlüsse von Karlsbad und Verona angeknüpft wurde. Auch über die Notwendigkeit umfassender Personalveränderungen am Bundestag herrschte Einhelligkeit. Damit hatte Metternich die Weichen für seine eigentliche politische Zielsetzung gestellt: die Ausschaltung der württembergischen Triaspolitik. Denn die provozierenden Unabhängigkeitskundgebungen des Königs von Württemberg und seines Gesandten i n Frankfurt, die Liberalität i n der Pressefrage und die Aktivitäten zur Errichtung einer wirtschaftlichen und politischen süddeutschen Staateneinheit brachten Metternichs Konzeption eines reaktionären Bundes unter österreichischer Hegemonie ins Wanken. M i t der Bindung Bayerns an seine Polit i k war dem Staatskanzler ein erster Schritt zur Isolierung Württembergs gelungen. Die „Epuration des Bundestages" und das Verbot des „Teutschen Beobachters" vollendeten das Werk und zeigten unmittelbare Auswirkungen auf die bayerische Pressepolitik. 2. Die Unterdrückung des „Teutschen Beobachters"

Eingebettet i n den Rahmen der Bundespolitik und die Intentionen des Metternichschen „Gleichgewichtssystems" nahm die Pressefrage nun grundsätzlichen Charakter an. Metternich verknüpfte sie eng mit den ideologischen Gegensätzen des Zeitalters, spielte sie zum Bewährungsexempel für die Treue zum monarchischen Prinzip hoch und gab ihr den Stellenwert eines Bekenntnisses zum Bund und den konservativen Grundlagen der europäischen Staatengesellschaft. Die Maßstäbe der absolutistischen Großmächte Österreich und Preußen sollten i n Deutschland als verbindlich anerkannt werden und jeder Interpretation des Bundeszweckes zur Grundlage dienen. Jedes Abweichen, jedes Beharren auf eigenständigen Entscheidungen geriet so i n Revolutionsverdacht und i n den Geruch eines bundeswidrigen Separatismus. M i t der Einbeziehung der russischen Stimme i n die deutschen Angelegenheiten war zudem eine europäische Dimension geschaffen, unter deren moralischem und politischem Druck einzelstaatliche „Egoismen" bedenklich erscheinen mußten. Die Linie der österreichischen Politik schwenkte nun, nachdem die Ausgangsbasis i n Verona und Wien mit diplomatischer Beredsamkeit und entgegenkommender Konzilianz befestigt worden war, auf eine Position unnachgiebiger Härte um, die i n einem demonstrativen A k t ihre Entschlossenheit bestätigte und den Bundesstaaten unzweideutige Bekenntnisse abverlangte. Rechbergs Politik der versteckten Reaktion, der Metternich noch kurz zuvor viel Beifall gezollt hatte, geriet nun ins Zwielicht und erntete deutliche K r i t i k 4 4 . 6 Tremi

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Der „Coup de Main", der als Bewährungstest für die Schlagkraft der neuen Bundespolitik gedacht war, mit dem man Stärke und Entschlossenheit demonstrieren wollte und eine abschreckende Wirkung auf Presse und Regierungen bezweckte, wurde wenig später i n Frankfurt geschlagen. Den Vorschlägen Gentz' entsprechend wurde zunächst die Bundespressekommission reaktiviert und m i t „zuverlässigen" Männern besetzt 45 . Da der Plan Metternichs, m i t einem Schlag die wichtigsten süddeutschen liberalen Blätter auszuschalten 46 , von der Kommission nicht akzeptiert wurde, einigte man sich auf ein württembergisches Opfer, den „Teutschen Beobachter" 47 . Der äußere Vorwand, die Beleidigung der Untersuchungskommission durch die Zeitung, war schnell gefunden, ein von Gentz i n Wien bereits vorbereitetes und das offizielle Kommissionsgutachten des Berichterstatters Blittersdorff bildeten die Anklagegrundlage 48 . Wangeheim wurde durch einen Trick ausgeschaltet. So ging am 30. M a i 1823 das erste offizielle Zeitungsverbot durch den Bund unangefochten über die Bühne 4 9 , noch ehe Württemberg durch eine Verschärfung seiner Zensur hatte einlenken können 5 0 . I n der Begründung für das Verbot des „Teutschen Beobachters" gab der Bundestag eine richtungsweisende Interpretation des Bundesgesetzes, die zur Grundlage der Pressepolitik des Bundes bis 1848 wurde und nicht ohne Einfluß auf die Gesetzgebung der Einzelstaaten blieb. Gentz machte i n einem Schreiben an P i l a t 5 1 das Prinzipielle dieser pressepolitischen Einzelentscheidung deutlich: „Aber wenn die Continental-Staaten einander wechselseitig halten wollen, heißt das oberste Gesetz des Bundes: Censur. Kann das nicht durchgeführt werden, so bleibt alles andere nur halbe Täuschung und Stückwerk. Aus diesem Standpunkte betrachtet, war m i r die Unterdrückung des ,Deutschen Beobachters' ein wichtigeres Ereignis, als die Eroberung Spaniens." Daß der bayerischen Souveränität offensichtliche Einbußen drohten, erregte 44 Wittichen, Gentz 3, 2, S. 4 1 - 4 7 (Gentz an Metternich v. 28. März 1823); ÖGB 1, 500 - 503 (Trautmansdorff an Metternich v. 1. und 15. M a i 1823). 45 P B V v. 24. A p r i l 1823, Bd. 8, S. 128 (§ 69). H H S t A Wien, S t K D A 147/2 (Münch an Metternich v. 25. A p r i l 1823). 46 Schiller, Cotta 2, 162 (Murhard an Cotta v. 4. J u l i 1823); dort Behauptung, die A A Z sei für ein Bundesverbot ebenfalls i m Gespräch gewesen. 47 Z u m Verbot allgemein Schneider, Pressefreiheit, S. 255 ff.; Drexler, Demütigung Württembergs, S. 128 ff. 48 Drexler, Demütigung Württembergs, S. 133; Hippel, Blittersdorff, S. 52; H H S t A Wien, S t K D A 147/2 (Metternich an Münch v. 12. M a i 1823, Konzept). 49 P B V v. 30. M a i 1823, Bd. 8, S. 182 - 203 (§ 92). 50 H H S t A Wien, S t K D A 147/2 (Münch an Metternich v. 31. M a i 1823); Münch begründet das rasche Vorgehen des Bundes ausdrücklich m i t der A b sicht, Württemberg zuvorzukommen. 51 Mendelssohn 2, 147 f. (v. August 1823).

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nun auch bei den Konservativen Bedenken. Stainlein, meist ein nachgiebiges Werkzeug Metternichscher Wünsche und Beschwerden, erkannte die kritische Lage und warnte vor dem gefährlichen Beispiel, „durch einen Beschluß per maiora auch auf die inneren Verhältnisse der Staaten w i r k e n zu können"; auch die Absicht, aus diesem Versuch weiteren Nutzen zu ziehen, blieb i h m nicht verborgen 52 . U m nicht ein ähnliches Schicksal wie Württemberg zu erleiden, dessen Sonderrolle mit der „Epuration" des Bundestages endgültig ausgespielt war, verfügte die bayerische Regierung eine Reihe von restriktiven Presseerlassen, m i t denen sie die Zuverlässigkeit und bundestreue Gesinnung ausreichend zu demonstrieren hoffte. So erreichte die Reaktion i n Bayern 1823 einen zweiten Gipfel, die bayerische Pressepolitik ging m i t der des Bundes konform wie nie zuvor, ohne daß die Verfassung formal verändert oder angetastet wurde. Zunächst wurden die bestehenden Vorschriften eingeschärft, wobei es Rechberg nicht unterließ, auf die außenpolitischen Motive für diese Weisung aufmerksam zu machen 53 . Zwei weitere Ministerialentschließungen wiesen die Unterbehörden unmißverständlich auf die kräftigsten Instrumente zur Einschränkung der Pressefreiheit hin, auf die verschärfte polizeiliche Aufsicht über alle erscheinenden Schriften 54 und auf strenge Anwendung der Zensur 55 . U m das Ansteigen der Zensurlücken, das eine Konsequenz dieser Befehle sein mußte, zu verbergen, verbot man diese kurzerhand 5 6 . Alle diese Maßnahmen hielten sich bei entsprechend enger Auslegung immer noch i m Rahmen der Verfassungsbestimmungen, wenn auch eine erhebliche Verschärfung des Zensurregimes ihre Folge w a r 5 7 . Dies war 52

GStA M A I 350 (Bericht v. 9. J u n i 1823, Abschrift). GStA M A 25002 (Rechberg an Gravenreuth u n d Drechsel v. 6. J u n i 1823): „ D a m i t man gegen die i n Baiern erscheinenden Zeitungen nicht ebenso wie es gegen den deutschen Beobachter geschehen ist, mehrere Beschwerden bei dem Bundestag vorgebracht werden, u n d eine gleiche Entscheidung desselben gegen diese w i e gegen genannten Beobachter, . . . , s t a t t f i n d e , . . . " Vgl. auch Bitterauf, Zensur, S. 348. 54 V O v. 16. J u n i 1823; Text bei Döllinger, Slg. 3, 356-58, u n d Schletter, Handbuch, S. 222 - 24. Die unmittelbare Anregung zu einer verschärften Aufsicht w a r von Pfeffel ausgegangen, u m die Beschlagnahme von unperiodischen Schriften schon vor ihrer Auslieferung zu ermöglichen. Konkreter Anlaß w a r eine Flugschrift Hornthals zur Intervention i n Spanien, deren offizielle Unterdrückung durch Bundesbeschluß bevorstand. (GStA Κ grün Ges. F r a n k f u r t 8/10 Pfeffel an Rechberg v. 13. J u n i 1823, Konzept); vgl. PGB 1, 311 ff. 55 V O v. 25. J u n i 1823; bei Schletter, Handbuch, S. 224 f. 56 V O v. 30. J u l i 1823; bei Schletter, Handbuch, S. 225. 57 GStA Ges. B e r l i n 684 (Rechberg an Ges. B e r l i n v. 26. J u n i 1823): „S. M a j . der K ö n i g ist durch die neuesten Ereignisse des Tages Veranlassung gegeben worden, die angeordnete Censur der i m Königreiche erscheinenden Zeitun53

6'

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

jedoch für die Verordnung vom 15. Juni i n keinem Fall mehr geltend zu machen 58 . A u f Anregung des Königs, der über mehrere politische Stellungnahmen der „Flora", des bedeutendsten Münchner Unterhaltungsblattes 59 , verärgert w a r 6 0 , wurde die Zensur — i n eindeutigem Widerspruch zum I I I . Edikt — auf Unterhaltungsblätter, also nichtpolitische Zeitungen, ausgedehnt. Klebe, der Herausgeber des Blattes, erreichte m i t seinem Widerspruch, i n dem er auf die Verletzung der Verfassung hinwies, keine Aufhebung, sondern geriet nur noch stärker i n die Fesseln einer engstirnigen Zensurherrschaft 61 . Der Wille zur Strenge und zur Vermeidung jeglicher außenpolitischer Komplikation war überstark ausgeprägt. Die österreichische Konzeption jedoch voll zu übernehmen, war man aus Souveränitätsrücksichten und aus Angst vor der öffentlichen Meinung nicht bereit. Soweit restriktive Beschlüsse den Bund selbst oder andere Bundesstaaten trafen, konnte Österreich der bayerischen Zustimmung sicher sein. Dem Verbot der unmittelbaren Einsendung von Druckschriften an den Bundestag 62 und dem Beschluß, der neue Bundeslehren und die Argumentation m i t „falschen Theorien" i n der Bundesversammlung untersagte 63 , erteilte die bayerische Regierung ebenso bedenkenlos ihr Plazet wie dem neuen Verfahren, den Zeitungen nur den wörtlichen Abdruck der mitgeteilten Bundestagsprotokolle zu gestatten 64 , die ohnehin bereits völlig bereinigt waren, seit der Bundestag zur doppelten Protokollführung übergegangen war 6 5 . Diese Einschränkungen waren verfassungsrechtlich nicht unbedenklich und markierten die endgültige Befestigung des absolutistischen Kommunikationssystems i m Bunde, i n dessen Sog notwendigerweise auch die Einzelstaaten gerieten. Daß Bayern sich nicht zu Maßnahmen von gleicher Deutlichkeit gegen die eigene Ständeversammlung bereitfand, erregte bald den Unmut der Großmächte. Denn die bedeutendsten Medien der bürgerlichen gen und periodischen Schriften statistischen und politischen Inhalts neuer-

dings zu verschärfen

58 Döllinger, Slg. 3, 321 ff.; eindeutig stellt auch Bayrle, Presse, S. 39, die Verfassungswidrigkeit fest; Winter, Wrede, S. 114 verwechselt die V O offensichtlich m i t einer anderen v o m 23. Juni. 59 Die Flora hatte bereits u m 1820 die hohe Abnehmerzahl von 500 und galt als das repräsentabelste Journal Münchens (so Steuer, Cotta i n M ü n chen, S. 13). 60 H S t A M I n n 25102 (Max I. an T h ü r h e i m v. 13. J u n i 1823). 61 Dazu einige Beispiele bei Schrott, Biedermeier, S. 72 ff. 82 Nach Kaltenborn, Bundesverhältnisse, S. 407 (3. J u l i 1823). 03 Ebd. S. 407 f. (11. Dezember 1823). 64 Text bei Schletter, Handbuch, S. 148 (v. 5. Februar 1824). 65 Seit 1. J u l i 1824 führte der Bundestag zwei Protokolle, ein bereinigtes, das zur Veröffentlichung freigegeben wurde, und ein vollständiges, das i m Sekretariat der Bundesversammlung hinterlegt wurde (nach Kaltenborn, Bundesverhältnisse, S. 408 f.).

I I . Kap.: Tendenzwende der Pressepolitik

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Öffentlichkeit waren am wirksamsten i n dem Bereich zu treffen, i n dem sie sich am engsten berührten, i n der freien Publizität der Verhandlungen der Abgeordnetenkammer. Rechberg hatte darin schon nach den Karlsbader Beschlüssen einen Störungsfaktor ersten Ranges gesehen und bei Metternich gemeinsame Gegenmaßnahmen angeregt 66 . Auf dieser Linie lag ein Beschluß des Ministerrats i m folgenden Jahr, der für den Landtag von 1822 die Herausgabe einer offiziellen Landtagszeitung untersagte 67 . Wenige Tage später verbot man prophylaktisch den Abdruck heftiger Ausfälle der Abgeordneten gegen die Regierung oder einzelne Staatsbeamte m i t der bezeichnenden Begründung, die Redefreiheit gelte nur innerhalb der Kammer. Den gleichen Geist der Enge atmete eine Königliche Entschließung, die i n Einzelheiten das Verhältnis zwischen Landtag und Öffentlichkeit regelte 68 . Eine offene A k t i o n gegen die Publizität der Ständeverhandlungen jedoch hielt Rechberg i n Bayern für kaum durchsetzbar, zumal sie als Verfassungsänderung den Ständen zur Beratung vorgelegt werden mußte. Die Angst vor heftigen Debatten und einer erregten öffentlichen Meinung, der Widerstand i m Ministerium gegen jede Verfassungsänderung und die allgemeine Stimmung i n der Beamtenschaft und der Publizistik hinderten ihn daran, m i t einer eigenen Initiative an die Öffentlichkeit zu treten. Vom österreichischen Einfluß dagegen, den er durch badische Vermittlung zu mobilisieren versuchte 69 , von einer deutlichen Forderung der deutschen Großmächte und Rußlands versprach sich der Außenminister die nötige moralische Rückendeckung, um gegenüber den Abgeordneten bestehen zu können 7 0 . Deshalb griff die Regierung zu unauffälligen, aber wirksamen Verwaltungsschikanen, so daß schon der Landtag von 1825 über erheblich weniger Möglichkeiten verfügte, i n die Öffentlichkeit zu wirken. Die Anzahl der Tribünenplätze für allgemeines Publikum wurde auf fünfzig beschränkt, alle übrigen auf Angehörige des Hofes, des diplomati66

ÖGB 1, 295 (Rechberg an Metternich v. 25. Januar 1820). Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 58 (v. 10. Januar 1822). 68 v. 20. Januar 1822; Text bei Schletter, Handbuch, S. 221 f. 69 Hippel, Blittersdorff, S. 53 (Schreiben Rechbergs von Anfang 1823). 70 PGB 1, 335 - 37 (Küster an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 31. März u n d 11. A p r i l 1824); ÖGB 1, 530-34 (Trautmansdorff an Metternich v. 6. u n d 12. A p r i l 1824); Trautmansdorff (ebd., S. 533 f.) kennzeichnet das System Bayerns m i t unübertrefflicher Prägnanz: „Das System Baierns bliebe demnach immer dasselbe: Modifikationen der Verfassung zur Beschränkung allzu großen U m sichgreifens ständischer A u t o r i t ä t wäre der bairischen Regierung nicht zuwider, wenn der Zweck ohne Intervention des Bundestages u n d ohne Schmälerung i n der Gunst der öffentlichen Meinung — der man nicht verfehlen, würde, die Großmächte als Urheber dieser Beeinträchtigung der Volksrechte darzustellen — zu erreichen ist." 67

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

sehen Korps und der Staatsbeamtenschaft verteilt 7 1 . Selbst die wenigen frei verfügbaren Karten wurden noch nach dem Ermessen der Regierung an regierungsfreundliche Personen, bevorzugt an Offiziere, vergeben. Die stenographischen Protokolle unterlagen einer täglichen Überprüfung. Die wirksamste Einschränkung allerdings brachte eine Geschäftsordnung für den Landtag, die vom Innenministerium ausgearbeitet und den beiden Kammern oktroyiert wurde 7 2 . Eine Ministerialentschließung vom Februar 182573 regelte die Veröffentlichungspraxis äußerst restriktiv: Nur aus der „Münchner Politischen Zeitung", dem wichtigsten offiziösen Blatt, durften Nachrichten über den Landtag zensurfrei übernommen werden. Eigene Korrespondenten mußten dem Außenministerium namhaft gemacht werden und hatten ihre Berichte diesem unmittelbar zur Zensur vorzulegen. Andere Nachrichten, weder erzählende noch räsonnierende, durften i n bayerische Zeitungen nicht aufgenommen werden. Diese stillen Methoden der systematischen Aushöhlung der Verfassung und ihrer Garantien waren wohl dazu angetan, dem System Metternich auch i n Bayern Vorschub zu leisten. Schon am Ende des „Erfolgsjahres" 1823 konnte der Staatskanzler daher m i t Zufriedenheit konstatieren: „Ich habe vielleicht seit langem nicht so wenig Arbeit gehabt, der gesamte soziale Körper neigt sich zur Besserung, viele Teile desselben sind schon gesund, andere gehen der Heilung entgegen, die unheilbaren t r i f f t das Schicksal dürrer Äste, sie brechen zusammen 74 ."

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Winter, Wrede, S. 333 f. (Min. rat v. 20. 4. und 14.10.1824). Diese Geschäftsordnung wurde i n Ausführung eines Bundesbeschlusses v o m 16. August 1824 i m Ministerrat v o m 14. Oktober 1824 beraten, am 28. Februar 1825 der K a m m e r vorgelegt, auf Wunsch der Abgeordneten i n einigen unwesentlichen Punkten abgeändert u n d i n dieser Fassung v o m Landtag endgültig beschlossen. Das Entgegenkommen der Abgeordneten w a r n u r dadurch erreicht worden, daß die Regierung eine Beziehung zu dem Bundesbeschluß vermied; dies beklagt ausdrücklich i n ÖGB 1, 562, A n m . 4, T r a u t mansdorff (an Metternich v. 8. März 1825) : „Ohne die auswärtigen Verhältnisse zu nennen, bedient sie sich indirecte derselben, u m auf die vorzüglichsten Stimmführer zu wirken, u n d so sehr sie i n der offenen Ausführung einer äußeren E i n w i r k u n g eine Verletzung des Souveränitätsrechtes erblicken würde, so erfreut ist sie doch, das Odium i m Stillen auf fremde Schultern abwälzen zu können." Dazu auch Treitschke, Deutsche Geschichte 3, 348. 73 Döllinger, Slg. 3, 326; Schletter, Handbuch S. 225 f. (v. 27. Febr.). 74 NP 4, 25. 72

I I . Kap. : Tendenzwende der Pressepolitik

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3. Die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse75

Die Schockwirkung über die erste Anwendung des Bundespressegesetzes war noch nicht verflogen, als bereits die diplomatische Vorbereitung zu dessen Verlängerung einsetzte 76 . Schon zum Auftakt forderte Münch, der österreichische Präsidialgesandte, eine unnachgiebige Haltung gegenüber jedem bayerischen Vorbehalt, „ w e i l sich leicht der Glaube begründen könnte, als stände die Landesgesetzgebung irgendeines Bundesstaates höher als die Bundesgesetzgebung und als müßte sich die letztere nach der der ersteren selbst alsdann modifizieren, wenn das Gesamtinteresse des Bundes das Gegenteil erfordert" 7 7 . Dies entsprach auch den Absichten Metternichs, der Bayern mit der Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse endgültig an den Bund fesseln wollte 7 8 . Dabei schlug der österreichische Staatskanzler eine Taktik des Abwartens ein, denn er hatte erkannt, „daß uns i n mannigfaltiger Beziehung nichts Erwünschteres begegnen könnte, als wenn von anderer Seite her die Frage zur Sprache gebracht und uns schon auf jenem Weg entgegengekommen würde und zwar früher als w i r ihn selbst betreten" 7 9 . Namentlich die bayerisch-badischen Besprechungen und ihre Ergebnisse hoffte Metternich i n seinem Sinn verwerten zu können. A u f schriftlichem Weg und durch die Vermittlung Hatzfelds, des preußischen Gesandten i n Wien, erfolgte die A b stimmung mit Preußen. I n einer Denkschrift begründete Metternich die Notwendigkeit einer Verlängerung des Provisorischen Preßgesetzes damit, daß die Zeit für eine gründliche Beratung über ein allgemeines Preßgesetz nicht mehr ausreiche, ein Erlöschen der bisher geltenden Bestimmungen, ohne die Lücke sofort auszufüllen, aber nicht ratsam sei, da der Unfug der Presse anhalte. Außerdem fehle es an Erfahrungen mit diesem Gesetz, weil es eigentlich erst seit dem Mai 1823 beachtet werde. Die preußische A n t w o r t fiel weitgehend positiv aus. Gegensätzliche Ansichten bestanden nur i n der Abstimmungsfrage: Österreich hielt einen Mehrheitsbeschluß für ausreichend, Preußen dagegen sah 75 Dazu Ilse, B V 2, 324 ff., der aber für Bayern einiger Ergänzungen u n d Korrekturen bedarf; Stern, Geschichte Europas 2, 407 ff.; Drexler, D e m ü t i gung Württembergs, S. 180 ff.; Winter, Wrede, S. 331 - 3 4 ; ungenau Klemmer, Rechberg, S. 194 ff. 76 E i n badisches Memoire, das von dem Staatswissenschaftler Zachariä auf Metternichs Anforderung verfaßt worden war, bildete die Grundlage der österreichischen Konzeption. H H S t A Wien, S t K D A 183; u n d ebd. (Münch an Metternich v. 15. Januar 1824). 77 Ebd. (Münch an Metternich v. 6. Januar 1824); gedruckt bei Ilse, B V 2, 330. 78 NP 4, 721 (Metternich an Kaiser v. 28. J u l i 1824); Treitschke, Deutsche Geschichte 3, 336. 79 H H S t A Wien, S t K D A 183 (Metternich an Münch v. 11. Januar 1824, K o n zept).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

das Erfordernis der Einstimmigkeit i n der Bundesakte und i n der Wiener Schlußakte begründet und riet daher dazu, jede mögliche Opposition einzelner Bundesstaaten durch politischen Druck zu beseitigen 80 . Diesem Zweck galt der erste Schritt der Metternichschen Reisediplomatie, die den Staatskanzler wiederum nach Tegernsee führte. Groß und freudig war seine Überraschung, als es i h m bei einer Geheimbesprechung mit den konservativen bayerischen Ministern gelang, Zentner zur Abfassung eines Schriftstückes zu überreden, das seinen Intentionen so sehr entsprach, daß er es der späteren Präsidialproposition zugrundelegte 81 . Zentner machte zwar i n der Pressefrage keine umstürzenden Konzessionen und verließ grundsätzlich den Boden der Verfassung nicht, zugleich aber betonte er, daß die konsequente A n wendung der bayerischen Bestimmungen für nichtperiodische Schriften wirksamer als jede Zensur sei. I n verschiedenen anderen Punkten zeigte er ein Entgegenkommen, das w e i t über das hinausging, was Metternich i n Frankfurt durchzusetzen gewünscht hatte. Diese Bereitschaft habe, so bekennt Metternich freimütig, seinen Appetit gesteigert, nun doch etwas durchzusetzen, das die „so gutmütigen Karlsbader Beschlüsse" übertreffen werde 8 2 . Wie 1819 war dem Staatskanzler wieder die Angst der Regierungen vor revolutionären Komplotten zugute gekommen. Die Aufdeckung einer republikanischen Verschwörung von Erlanger Studenten, i n die auch Militärpersonen verstrickt waren, hatte die Annäherung Zentners und Wredes an Rechberg und Thürheim beschleunigt und die Bereitschaft gefördert, am Bund eine Stütze zu suchen 83 . Metternichs Zufriedenheit war wohlbegründet 8 4 . Denn erst 80 Text beider Denkschriften bei Ilse, B V 2, 341 ff.; die preußische Stellungnahme, die sich v o l l m i t der österreichischen deckte, wurde Bayern durch K ü ster v. 18. J u n i 1824, Abschrift ster mitgeteilt: GStA Ges. F r a n k f u r t I Ρ 7 (Bernstorff an Küster v. 18. J u n i 1824, Abschrift). 81 Das Entgegenkommen Zentners w i r d i n der Forschung immer wieder als gelungener Schachzug gewertet: so Drexler, Demütigung Württembergs, S. 182; besonders eklatant ist die Fehleinschätzung bei Dobmann, Zentner, S. 190 f., Zentner habe n u r „eine jener bedeutungslosen konzilianten Gesten" abgegeben, ohne damit seine grundsätzliche Einstellung zum B u n d zu ändern. Diese Beurteilung widerlegen eine Reihe zeitgenössischer Aussagen: H H S t A Wien, S t K D A 183 (Vortrag Metternichs vor Kaiser v. 29. J u l i 1824); ebd. (Münch an Metternich v. 28. J u l i 1824), m i t dem Glückwunsch des Gesandten zum Erfolg i n München; Wittichen, Gentz 3, 2, S. 133 - 3 5 (Metternich an Gentz v. 30. J u n i 1824); ebd. S. 137, dort eine spöttische Bemerkung Gentz', m i t der er sein Erstaunen unterstreicht, „daß der Präsidialvortrag gerade m i t dieses Vogels Federn ausgeschmückt werden konnte"; vgl. auch Treitschke, Deutsche Geschichte 3, 336, der einen Bericht Naglers zitiert, i n dem dieser m i t Verwunderung die Kehrtwendung Zentners konstatiert („Zentner schien sein eigenes K i n d für ungeraten zu erklären . . . " ) . 82 Wittichen, Gentz 3, 2, S. 100 - 108 (Metternich an Gentz v. J u n i 1824). 83 So auch Pölnitz, Einheits- und Freiheitsbewegung, S. 30, Anm. 47; PGB

I I . Kap.: Tendenzwende der Pressepolitik

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mit der bayerischen Stimme war ein reibungsloses Verfahren am Bundestag gewährleistet und ein möglicher Widerstand anderer süddeutscher Staaten ausgeschaltet 85 . Die Besprechungen auf dem Johannisberge und ein weiteres Treffen m i t Wrede und Rechberg dienten nur noch der Abrundung und Verfeinerung eines gesicherten politischen Planes. Kritische Einwände blieben auch i n Bayern nicht aus. Der Bundestagsgesandte Pfeffel 86 , der durch Münch über die Tegernseer Besprechungen informiert worden war und daraufhin Metternich einen Besuch auf dem Johannisberge abgestattet hatte, äußerte schwerste Bedenken gegen einen Majoritätsbeschluß, der die äußere Stellung Bayerns kompromittieren würde. Seinen Hinweis auf „das Ungenügende und Unzureichende und i n der Form Anstoßende des bisherigen Preßgesetzes" und den Wunsch nach einer definitiven Übereinkunft konterte Metternich, wie Pfeffel weiter berichtet, m i t der Erwiderung, Bayern könne sein I I I . Edikt nicht geltend machen, da nach der Schlußakte Bundesgesetze den Landesgesetzen vorgingen. Pfeffel legte seinem Bericht gleich einen AbstimmungsVorschlag bei, der deutlich auf die bayerischen Verfassungsbestimmungen Bezug nahm, zugleich ihre Übereinstimmung m i t dem Zweck der Bundesbeschlüsse von 1819 feststellte und eine verkürzte Verlängerungsfrist und ein vereinfachtes Bekanntmachungsverfahren vorschlug. Rechberg bemühte sich i n seiner Antwort, den Gesandten zu beschwichtigen: Bayern bedürfe zwar dieser Beschlüsse nicht, weil seine Landesgesetze voll ausreichten, würde aber i m Interesse des Bundes und anderer Staaten seine Zustimmung nicht verweigern 8 7 . Das war nicht nur eine vollendete diplomatische Lüge, sondern ging auch am K e r n der Problematik vorbei, die Pfeffel angerührt hatte, nämlich der bestehenden Inkongruenz zwischen Landes· und Bundesgesetz und der verfassungsrechtlichen Frage des Vorranges. Ausweichen und Ausklammern, Verschleierung und Ablenkung, das waren die Leitlinien der bayerischen Politik i n dieser Phase pressepolitischer Entscheidungen. Zwischen den Polen der eigenen Landesverfassung und den Verpflichtungen gegenüber dem Bund schwankte man hilfslos hin und her, ohne sich zu einem gefestigten Standpunkt in der einen oder anderen Richtung durchzuringen. Von Antipathie 1, 342 f.; Wittichen, Gentz 3, 2, S. 102 (Metternich an Gentz v. 7. J u n i 1824): „Die jungen Erlanger philanthropischen Mordbrenner erweisen uns heute einen ihnen nicht genug zu lohnenden Dienst." 84 GStA M A I 350 (Bericht Stainleins v. 12. J u n i 1824, Abschrift). 85 Ebd. (Bericht v. 8. September 1824, Abschrift); Kissling, Württemberg, S. 97, zum Anschluß Württembergs an Bayern. 86 GStA Ges. F r a n k f u r t I Ρ 7 (Pfeffel an K ö n i g v. 14. J u n i 1824, Konzept). 87 Ebd. (v. 26. J u n i 1824).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

waren die Konservativen gegen beide Einrichtungen erfüllt: Der Konstitutionalismus mit freier Presse und öffentlichen Landtagsverhandlungen drohte die Grundlagen aristokratischer Dominanz und bürokratischer Unverantwortlichkeit zu erschüttern, die Hilfe des Bundes andererseits scheute man als ein Danaergeschenk, das die staatliche Selbständigkeit Bayerns Zug um Zug beseitigte. I n diesem Dilemma glaubte die Regierung, politisches Handeln m i t Formulierungskünsten ersetzen zu können. Damit aber fügte sie dem Kompromiß von 1819 einen noch verwirrenderen hinzu, der nun das letzte Quentchen an Rechtssicherheit i m pressepolitischen Verhältnis zwischen Bayern und dem Bund i n Frage stellte. A m 29. J u l i 1824 beriet ein Ministerrat über eine Formel für die Abstimmung am Bundestag 88 . Rechberg berichtete i n seinem Vortrag, daß die Zustimmung aller übrigen Höfe bereits gesichert sei. Für Bayern riet er daher zur Zustimmung m i t der Formel, es werde die Beschlüsse von 1819 „fortwährend handhaben", bis man sich gemäß dem Auftrag des A r t i k e l 18 der Bundesakte baldmöglichst auf gleichförmige Verfügungen geeinigt habe. Dem ausdrücklichen Wunsch Metternichs folgend 8 9 verzichtete der Minister darauf, die Landesverfassung auch nur zu erwähnen, — eine außerordentliche Ungeschicklichkeit, wie die Diskussionen späterer Jahre beweisen sollten, — um den beabsichtigten Zweck zu erreichen und keinen Anlaß zu Erörterungen zu geben. Zurückhaltender und vorsichtiger als 181990, aber gleich überzeugend und wirkungsvoll argumentierte Lerchenfeld. Er verlieh seiner Sorge um den Eingriff i n die Souveränitätsrechte beredten Ausdruck und gab zu bedenken, daß bei einer unbefristeten Verlängerung eine Änderung des I I I . Ediktes m i t all den unangenehmen Begleiterscheinungen auf dem Landtag unausweichlich sei. Daher schlug er eine andere Formel vor, die vielumstrittene Zusage, Bayern werde „wie bisher" über seine Presse wachen. Die Doppeldeutigkeit dieser Formulierung war Lerchenfeld und seinen Kollegen nicht nur bewußt, sondern sogar erwünscht 91 . Zentner, der diese Lösung nicht pauschal ablehnte, sprach sich dennoch dagegen aus, weil sie i m Widerspruch zu den Abmachungen mit Metternich stand. Zudem sah er keine Gefährdung der bayerischen Souveränität, weil die Pressegesetzgebung nach seiner Auffassung nicht zur Kompetenz des Bundes gehörte und daher nur auf dem Wege des Vertrages zu regeln war. Bei der Abstimmung 88

GStA M A I I 1871; ÖGB 1, 541 f. (Wolff an Metternich v. 2. August 1824). Ebd., Bemerkungen zu Zentners Gutachten; Klemmer, Rechberg, S. 197. 90 Diese Vorsicht Lerchenfelds nach seinen Erfahrungen von 1823 spricht auch aus seinem Briefwechsel m i t dem Kronprinzen; vgl. Lerchenfeld, Papiere, S. 365 ff. 91 Dies spricht Küster k l a r aus, i n PGB 1, 347 (an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 8. Sept. 1824). 89

I I . Kap.: Tendenzwende der Pressepolitik

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ergab sich die gleiche Stimmenzahl für jede der beiden Formeln. Den Ausschlag gab Rechberg, der sich bereit erklärte, auch den Vorschlag Lerchenfelds zu akzeptieren, wenn Metternich dagegen keine Einwände erhebe. Schon am folgenden Tag versicherte Rechberg i n einem Brief 9 2 dem Staatskanzler die vorbehaltlose Zustimmung des bayerischen M i nisteriums zu gemeinsamen Beschlüssen, und bat zugleich um Verständnis für die bayerische Zusatzformel, deren Notwendigkeit er ausschließlich aus vorbeugenden Rücksichten gegenüber Angriffen aus der A b geordnetenkammer zu motivieren versuchte. Metternichs A n t w o r t fiel zwar nicht begeistert, aber immerhin insoweit zustimmend aus, als er angesichts des gemeinsamen Ziels einer Unterdrückung der freien Presse Zusatzformeln für nebensächlich und daher auch akzeptabel hielt 9 3 . So erging am 6. August eine entsprechende Instruktion an den Bundesgesandten 94 . I n einer vertraulichen Sitzung wurde am 12. August der Beschluß vorbereitet und der Widerstandswille des württembergischen Gesandten Trott, der eine Befristung des Pressegesetzes auf fünf Jahre durchsetzen wollte, erschüttert 95 . A m 16. August 9 6 schluckte Bayern in Übereinstimmung mit den anderen Bundesstaaten die „zweite Portion des Karlsbader Wassers" 97 . Bayern, dessen Votum als auffallend trokken empfunden wurde, dessen Zusatzformel zur Beruhigung Münchs allerdings kaum Beachtung fand und von niemandem als Reservation verstanden wurde 9 8 , Schloß sich m i t seiner Zustimmung auch als Passage des Präsidialvortrages an, der deutlich machte, daß „der Mißbrauch der Presse nie ein bloßes Lokalübel, folglich auch die Beschränkung derselben nie als ein ausschließliches Objekt der inneren Gesetzgebung oder Landesverwaltung betrachtet werden könne" 9 9 . Zugleich war, m i t verklausulierten Wendungen zwar, aber doch deutlich genug, ein einheitliches Präventivsystem postuliert, für dessen gesetzliche Regelung die Kompetenz beim Bund liegen, dessen Durchführung den Einzelstaaten überlassen bleiben sollte. Eindeutig war auch die Ablehnung repressiver Prinzipien wie das Einschreiten nach strafgesetzlichen Normen. Bayern hatte damit Tatsachen anerkannt, deren Auswirkungen es i n den politischen Auseinandersetzungen der folgenden Jahrzehnte bis 1848 stets zu spüren bekam. 92

H H S t A Wien, S t K D A 183 (Rechberg an Metternich v. 30. J u l i 1824). Ebd. (Metternich an Rechberg v. 1. August 1824; Konzept). 94 GStA M A I I 1871. 95 H H S t A Wien, S t K D A 183 (Münch an Metternich v. 16. August 1824). «β P B V v. 16. August 1824, Bd. 9, S. 325 - 40 (§ 131). 93

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Mendelssohn, Gentz 2, 173 (Gentz an Pilat v. 20. August 1824). H H S t A Wien, S t K D A 183 (Münch an Metternich v. 23. August 1824). P B V V. 16. August 1824, Bd. 9, S. 331 (§ 131).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Der politische Rahmen, den die enge Wechselbeziehung von Landesund Bundespolitik schuf, engte das Betätigungsfeld der Presse zunehmend ein. Denn entscheidend für ihre Existenz waren nicht formale Vorbehalte aus Souveränitätsrücksichten und verbale Bekundungen von Verfassungstreue, sondern der Geist, aus dem dieser Konstitutionalismus entweder Leben erhielt oder zur bloßen Façon absank. Der Charakter der bayerischen Pressepolitik w i r d nicht nur aus der Vielzahl staatlicher Einzelentscheidungen, den Weisungen und Instruktionen, die die Akten füllen, deutlich, er bekommt erst dann Konturen, wenn man auch den Objekten dieser staatlichen Politik, den betroffenen Presseorganen und ihrem Schicksal, Aufmerksamkeit schenkt. I m folgenden Kapitel soll daher an einigen typischen Beispielen der bayerischen Publizistik der Niederschlag der reaktionären Bundespolitik i n der innerstaatlichen Szenerie des Presse-Staat-Verhältnisses nachgezeichnet werden.

Drittes

Kapitel:

Bayerns Presse nach den Karlsbader Beschlüssen Nicht eine möglichst lückenlose Zensur- oder Pressegeschichte kann das Anliegen des folgenden Kapitels sein; vielmehr soll durch eine exemplarische Auswahl die Wirkung des Provisorischen Pressegesetzes und des Geistes von Karlsbad veranschaulicht und die häufig vertretene These von dessen Erfolglosigkeit i n Bayern überprüft werden. Unter den bedeutenderen politischen Presseorganen rücken daher jene ins Blickfeld, die sich der besonderen Überwachung durch die Großmächte, voran Österreichs, erfreuten. Das Hauptaugenmerk gilt der großen Linie der pressepolitischen Entwicklung i n Bayern und ihrer Abhängigkeit vom europäisch-deutschen Rahmen, wie er i m vorhergehenden Kapitel dargestellt wurde. 1. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung" 1

Den ersten Rang i n der deutschen Presse des Vormärz nahm unbestritten die A A Z ein 2 . Als typische Vertreterin eines gemäßigten Liberalismus huldigte sie dem Grundsatz einer Unparteilichkeit, die in der freien Diskussion und der Darstellung kontroverser Meinungen der Wahrheitsfindung zu dienen bemüht war. I n Geist und Zielsetzung, aber auch i n Preis und intellektuellem Anspruch war sie auf ein geho1 Trotz ihrer überragenden Bedeutung ist der A A Z i n den letzten Jahrzehnten keine zusammenfassende Monographie gewidmet worden, so daß Heycks Darstellung trotz ihrer Unvollständigkeit immer noch grundlegend ist. Wichtige Teilaspekte behandeln Vogt, I., Die wirtschaftlichen Einigungsbestrebungen, u n d Heyden, G. v. d., Das Menschenbild der A A Z . Einen guten Uberblick bietet Koszyk, Dt. Presse 2, 20 ff. Knapper neuerer Uberblick bei Chr. Padrutt, Allgemeine Zeitung Augsburg - München (1798- 1929), i n : H.-D. Fischer, Deutsche Zeitungen des 17. - 20. Jahrhunderts, S. 131 ff. Eine Kurzbiographie zu G. E. Kolb, dem langjährigen Chefredakteur, in: L e bensbilder aus dem bayerischen Schwaben 7, 390 ff.; zu Cotta: U. Riedel, Der Verleger J. Fr. Cotta; L. Lohrer, Cotta. Geschichte eines Verlages 1659 - 1959; J. Kahl, J. Fr. Cotta (1764- 1832), i n : H.-D. Fischer, Deutsche Presseverleger des 18 - 20. Jahrhunderts, S. 82 ff. 2 Dies bestätigen schon zeitgenössische Aussagen: H. de Abran, Das dt. Zeitungswesen, S. 48; W. Wuttke, Die dt. Zeitschriften, S. 71.

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

benes Bildungsbürgertum zugeschnitten, dessen politisches Wollen sich i n ihren Spalten widerspiegelte. „Die große Wirkung des Blattes auf das Publikum und die öffentliche Meinung hat nie so sehr i n der Leserzahl, als vielmehr stets i n der sozialen und geistigen Qualität der Leser beruht, sie hat nie beträchtlicher auf die breiten Schichten der politischen Parteien, aber desto bedeutsamer auf hervorragende und führende politische Persönlichkeiten ihren Einfluß ausgeübt 3 ." Süddeutsch ausgerichtet 4 , ohne i n Regionalismus zu verfallen, österreichfreundlich, ohne sich i n völlige Abhängigkeit zu begeben oder sich anzubiedern, konstitutionell, ohne die gemäßigten Temperaturen des „Juste Millieu" jemals zu verlassen und grundlegende Systemkritik zu betreiben, war sie die typische Repräsentantin einer bürgerlichen Öffentlichkeit, die von der Toleranzidee und von Kompromißbereitschaft die Lösung gesellschaftlicher Konflikte erwartete. Diese Neigung zum Ausgleich hat die A A Z schon früh ins Zwielicht gebracht und viele negative Urteile von rechts und links provoziert. Freilich ist der Vorwurf der Nachgiebigkeit gegenüber reaktionärem Druck durch Tatsachen zu belegen, ein vorschnelles Urteil aber übersieht den engen Rahmen, i n dem sich publizistische A k t i v i t ä t zu bewegen hatte. Das Lavieren, Taktieren und Konzedieren, mit dem die beiden Cottas, die liberale Weltanschauung geschickt mit gesundem Geschäftssinn zu koppeln verstanden, ihre Zeitung trotz aller Anfechtungen zu retten wußten, wurde zeitweise zur blanken Notwendigkeit 5 . Eine Zeitung dieses Formats, ein Organ der Information und Meinungsbildung wie die A A Z , die über ein ausgebautes Korrespondentennetz in ganz Europa verfügte, konnte gerade den presseffeindlichen Regierungen nicht gleichgültig sein. Daher versucht Metternich, wo er nicht mehr verbieten und unterdrücken konnte, Einfluß auf die Richtung des Blattes zu gewinnen. Cotta fand sich zu einer Reihe recht fragwürdiger Übereinkünfte 6 bereit, die man i h m mit der besonderen Privilegierung der Zeitung honorierte und die i h m über Jahrzehnte die große Zahl seiner Abonnenten i n Österreich erhielt, deren Verlust das Blatt am Lebensnerv getroffen hätte. Die gesamte Berichterstattung über die Habsburger Monarchie wurde aus der Wiener Staatskanzlei geliefert, gegen A r t i k e l aus der Feder Gentzens, Pilats und anderer einflußreicher österreichischer Beamter kein Einwand erhoben 3

Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 97 f. H. Friedjung, i n : Historische Aufsätze, S. 489. 5 Die politische Leistung Cottas hebt E. Hölzle, i n : Historische Vierteljahresschrift 39/1935, S. 589 f., besonders hervor. 6 Das B l a t t nahm etwa seit 1819 keine A r t i k e l aus Zeitungen mehr auf, gegen die der „österreichische Beobachter" polemisierte. (So Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 248: Stegmann an Cotta v. 20. J u n i 1822). 4

I I I . Kap. : Bayerns Presse nach den Karlsbader Beschlüssen

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und den verschiedenen Sonderwünschen Metternichs, die nicht selten in die redaktionelle Gestaltungsfreiheit eingriffen, meist nachgegeben7. Auch die bayerische Regierung wußte die politischen Vorteile eines Blattes von europäischer Reichweite und die hohen finanziellen Einkünfte zu schätzen. Zugleich aber hatte sie auch ihre liebe Last mit der Kehrseite, der politischen Verantwortlichkeit gegenüber der Beschwerdeflut, die ihr die A A Z besonders i n politischen Krisenzeiten einbrachte. Die bundespolitische Reaktion beschwor auch für die A A Z einschneidende Konsequenzen herauf. Das österreichisch-bayerische Zusammenwirken i n den Jahren zwischen 1819 und 1825 war gerade zur Domestizierung der A A Z sehr intensiv und liefert daher ein instruktives Beispiel für die verschiedenen Einflüsse, denen die bayerische Pressepolitik i n der Ära nach Karlsbad unterlag. Schon in der Vorhut der Reaktionsbeschlüsse verspürte die A A Z schnell den schärferen Wind. Bereits zu Beginn des Jahres 1819 klagte Stegmann, der Chefredakteur, gegenüber Cotta, er werde immer schärfer angefaßt 8 . Doch das war nur ein bescheidenes Vorspiel. Seit den Karlsbader Beschlüssen jedoch stand jede einzelstaatliche Regierung i n der unmittelbaren Verantwortlichkeit gegenüber dem Bund. Das Bemühen, jeder Beanstandung vorzubeugen, Beschwerden nach Möglichkeit zu vermeiden, die zu außenpolitischen Komplikationen führen konnten, förderte i n den untergeordneten Instanzen eine Ängstlichkeit und Dienstbeflissenheit, unter der die A A Z schwer zu leiden hatte 9 . Die Regierung des Oberdonaukreises pflegte bald jeden verfänglichen A r tikel, über den der Zensurbeamte selbst keine Entscheidung wagte, an das Außenministerium einzusenden, um so die Verantwortlichkeit auf die oberste Ebene der Exekutive abzuwälzen und sich gegen Rügen und Strafen abzusichern 10 . Häufig fiel das Urteil des Ministers, der unter außenpolitischen Rücksichten entschied und ohnehin kein Freund der Pressefreiheit war, negativ aus. Und selbst wenn die Regierung das Plazet erteilte, so konnte der überprüfte A r t i k e l erst m i t mehrtägiger Verspätung erscheinen. Damit aber war eines der wesentlichen Elemente der politischen Presse, die Aktualität, empfindlich getroffen.

7 Z u m österreichischen Einfluß die oberflächliche Dissertation von J. Hanousek, Die Stellung der A A Z i m vormärzlichen Österreich; vgl. auch Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 253 - 57 (Cotta an Bray v. 24. Dezember 1828). 8 Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 216. 9 Vgl. die besondere Verärgerung Rechbergs, als die Redakteure der A A Z sich weigerten, positive A r t i k e l über die Karlsbader Beschlüsse aufzunehmen, nachdem ihnen auch jede K r i t i k untersagt worden war. ÖGB 1, 277 f. (Hruby an Metternich v. 7. u. 23. Nov. 1819). 10 H S t A M i n n 25097/1 und I I . m i t vielen Beispielen; ebd. (Gravenreuth an König v. 12., 14. u n d 17. Dezember 1819).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Wie eng der Spielraum für die Presse bereits zu Beginn des Jahres 1820 geworden war, mag eine typische Korrespondenz zwischen Mittelbehörde und Ministerium verdeutlichen. Wegen dreier A r t i k e l für die A A Z richtete Gr a venreuth eine Rückfrage an das Ministerium 1 1 . I n zwei Fällen, einem Beitrag über die künftige preußische Konstitution und einer Erörterung über die Verhältnisse des Deutschen Bundes gegen seine Mitglieder und gegen ihre Stände, den er als gemäßigt und gründlich charakterisierte, hielt er die Genehmigung für angebracht, einen dritten A r t i k e l über katholische deutsche Angelegenheiten wollte er untersagt wissen. Rechberg jedoch verbot die Einrückung aller drei Aufsätze mit äußerst bezeichnenden Argumenten, die dem reaktionären Vokabular Metternichs entlehnt waren: Über die preußische Verfassungsfrage sollte nicht berichtet werden, „ w e i l hierdurch m i t Urteilen über einen Gegenstand vorgegriffen wird, der i n dem gegenwärtigen Augenblick höherer Beratung unterliegt. Auch ist vorauszusehen, daß hierdurch eine Fortsetzung polemischer Fehden veranlaßt werde". Für den zweiten Beitrag hatte Rechberg ein Grundpostulat reaktionärer Pressetheorie parat, das aus der nachrevolutionären Meinungs- und Gesinnungspresse wieder Hofpostillen i m Stil des 18. Jahrhunderts machen wollte: „ I n den Zeitungen kann und soll kein gelehrter Kampf über Meinungen und Ansichten der Politik bestehen, welchen die Majorität der Leser meistens mißversteht." Die besondere politische Situation Bayerns nach den Beschlüssen von Karlsbad, die Rechberg selbst zielstrebig gefördert hatte, diente i h m nun als Begründung für besonders strenge Zensurmaßnahmen bei allen Erörterungen über Bundesprobleme 12 . Soweit die bayerische Regierung nicht aus eigener Initiative die Besprechnug von Fragen der deutschen Tagespolitik verhinderte, halfen die bestellten Beschwerden der beiden Großmächte nach. Der preußische Hof, zunächst zurückhaltend und liberalen Tendenzen i n Bayern nicht abgeneigt, stimmte nach dem Mord an Kotzebue und dem daraus resultierenden Einschwenken auf die österreichische Reaktionspolitik i n den Chor der Beschwerdeführer mit ein, ohne jedoch Forderungen von gleicher Rigorosität wie Metternich aufzustellen oder gar bundespolitische Aktivitäten anzudrohen und anzuregen 13 . Unnachsichtig war die preußische Regierung nur bei Artikeln, die die einst nach den Befreiungskriegen großzügig versprochene Verfassung betrafen. 11

GStA M A 25002 (Gravenreuth an Rechberg v. 1. Jan. 1820; Rechberg an Gravenreuth v. 3. Jan. 1820). 12 Ebd. (Gravenreuth an Rechberg v. 30. Dez. 1819); ähnliche Äußerungen i n H S t A M i n n 25097/1 (Gravenreuth an Rechberg v. 14. Dez. 1819; Rechbergs A n t w o r t v. 17. Dez. 1819; Gravenreuth an Rechberg v. 28. Jan. 1820; Rechbergs A n t w o r t v. 5. Febr. 1820). 13 PGB 1, 207 f. (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 27. August 1819) und S. 260, Anm. 2 (dies v. 9. August 1819).

I I I . Kap.: Bayerns Presse nach den Karlsbader Beschlüssen

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Die Entwicklung eines konstitutionellen Systems i n Preußen war eine der stärksten Hoffnungen der liberalen Bewegung. Friedrich Wilhelm I I I . hatte der Erwartung, Preußen werde als erster und größter deutscher Verfassungsstaat das Einheits- und Freiheitsproblem zugleich lösen helfen, kräftig Nahrung gegeben. Nun aber, nachdem man sich eines anderen besonnen hatte, waren publizistische Erörterungen über dieses Thema höchst unerwünscht 14 . Prompt und mit ängstlicher Nachgiebigkeit reagierte die bayerische Regierung auf den leisesten Fingerzeig Österreichs. Die erste K o n f l i k t situation allerdings endete mit einer Peinlichkeit für Rechberg. Denn seine Nachforschungen über einen A r t i k e l i n der Beilage der A A Z , der durch historische Anspielungen auf die Sonderstellung Österreichs unter K a r l V. die Bedeutung der Karlsbader Beschlüsse zu relativieren versuchte, führte zu dem unangenehmen Ergebnis, daß Rechbergs Ministerkollege Lerchenfeld der Einsender des Artikels war und die Zensur deshalb nicht eingegriffen hatte 1 5 . So nimmt es nicht wunder, daß Metternich bald revolutionäre Gesinnung i n der A A Z witterte 1 6 , Sedlnitzky ihr Verbot i n Österreich betrieb 1 7 , und Gentz sogar Pläne zu einer konzertierten Verbotsaktion zwischen Österreich, Preußen, Baden und Hannover erwog 1 8 . Rechberg war bemüht, die Schwierigkeiten m i t dieser Zeitung dem Staatskanzler plausibel zu machen und auf personelle Fehlbesetzungen i n der Redaktion zurückzuführen 19 . U m diese Ansicht zu erhärten, übersandte er Metternich ein vertrauliches Schreiben des Regierungspräsidenten Gravenreuth über ein Gespräch m i t Stegmann, dem Chefredakteur der A A Z . Darin hatte der Journalist recht unvorsichtig seine Ansicht über die Wirkung der Karlsbader Beschlüsse auf die öffentliche Meinung ausgeplaudert, die Sonderstellung der A A Z hervorgehoben und ihren Widerstand gegen diese Beschlüsse als Existenznotwendigkeit betont. Zugleich versuchte Rechberg, den unmittelbaren politischen Druck von Bayern abzulenken, indem er auf den verhängnisvollen Einfluß der württembergischen Blätter gerade auf die A A Z hinwies und ein Eingreifen des Bundes vorschlug 20 . Damit war Metternich freilich nicht 14 GStA M A I 353 (Gesandtschaftsbericht aus B e r l i n v. 10. A p r i l 1820; A b schrift); Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 303 f. (Stegmann an Cotta v. 21. Jan. 1821); PGB 1, 292, A n m . 1 (Wittgenstein an Zastrow v. 26. Dez. 1821); GStA M A 25002, Ministerialerlaß v. 27. Dez. 1821; auch bei Bitterauf, Zensur, S. 343. 15 16 17 18 19 20

ÖGB 1, 248 f. (Hruby an Metternich v. 7. Dez. 1819). Giese, Studie, S. 252 (Zentner an Rechberg v. 21. A p r i l 1820). Wertheimer, E., i n : Neue Freie Presse. Wittichen, Gentz 2, S. 1 f. (Gentz an Metternich v. 31. M a i 1820). ÖGB 1, 305 ff. (Gravenreuth an Rechberg v. 27. A p r i l 1820). Ebd., S. 309 (Rechberg an Metternich v. 3. M a i 1820).

7 Tremi

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

zufrieden. Sein Gesandter Hruby sondierte das Terrain bei Cotta selbst, um ein Arrangement i m Sinne seiner Regierung zu erzielen 21 . Die A A Z , der unter dem harten Zensurregiment das Thema „Deutschland" zunehmend versperrt war, wich wie viele zeitgenössische Journale auf die Ereignisse des Auslandes aus und traf dort ebenfalls wieder auf die Interessen der Habsburger Monarchie. Ihrer subtilen Kunst der Andeutung und Anspielung, die dem Leser den Analogieschluß auf deutsche politische Tagesfragen nahelegte, ohne eine direkte Beziehung herzustellen waren die bayerischen Zensoren jedoch entweder nicht immer gewachsen oder sie übersahen sie bewußt 2 2 , so daß sich für Metternichsche Klagen auch weiterhin Anlaß fand. Die revolutionären Unruhen i n Spanien, Portugal und Italien boten der A A Z bald Gelegenheit, m i t aller Vorsicht liberale Neigungen zu bekunden. Bald beklagte sich Hruby m i t einem „kräftigen Schreiben" über einen Artikel, dessen Inhalt i n der Wiedergabe eines durchaus nicht revolutionären Dokuments bestand 23 . Die Wirkung der Beschwerde war dennoch so durchschlagend, daß Rechberg nun gar das Eingreifen der Bundespressekommission geraten schien. U m Wiederholungen dieser A r t zu verhindern, hatte Rechberg schnell das übliche M i t t e l parat: Er verpaßte der A A Z einen Sonderbewacher 24 und verbot den Zeitungen Bayerns kurzerhand alle räsonnierenden A r t i k e l über die öffentlichen Angelegenheiten Portugals, Spaniens und sämtlicher italienischer Staaten 25 . Diese Weisung, eines jener vielen Beispiele für die fortschreitende Aushöhlung des I I I . konstitutionellen Ediktes auf dem Verwaltungswege, nahm Cotta nicht unwidersprochen hin. I n seinem Antwortschreiben 2 6 , einer penetranten Mischung aus Ignoranz und Arroganz, klärte Rechberg i h n über die „liberalen Regierungsgrundsätze" i n Bayern auf. Offenheit für alle Richtungen, so meinte er, sei keine Unparteilichkeit, zumal die wahre Tendenz sich dahinter sehr deutlich zeige. Diese Haltung sei u m so verderblicher, „ w e i l sie den Anschein gebe, als könne der Verfasser unter Druck nicht mehr äußern". Das finanzielle Argument Cottas, er verliere durch solche Einschränkungen seine Abonnenten, konterte Rechberg mit der boshaften 21 H H S t A Wien, S t K D A 147/1 (Hruby an Metternich v. 20. J u n i 1820, m i t heftigen Angriffen auf die Ängstlichkeit u n d Unentschlossenheit der bayerischen Regierung). 22 Rechberg desavouierte die bayerischen Zensoren gegenüber Metternich, indem er ihnen Dummheit v o r w a r f oder sie liberaler Neigungen bezichtigte; so i n ÖGB 1, 317 (v. 15. August 1820). 23 ÖGB 1, 317, A n m . 2 (Hruby an Rechberg v. 22. August 1820). 24 Regierungsrat Seida, der seine F u n k t i o n aber bald auch nicht zur Z u friedenheit seiner Vorgesetzten ausübte. 25 GStA M A 25002 (MÄuß an Kreisregierungen v. 11. Okt. 1820). 26 H S t A 25097 (Rechberg an Cotta v. 30. Nov. 1820, Entwurf).

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Bemerkung, „daß bei einem Manne von Vermögen wie von Einsicht und guter Gesinnung, wenn es sich um Pflicht und höheres Wohl handelt, bloß merkantile Rücksichten gewiß nicht vorherrschen und überwiegen werden". Cotta, werde gewiß nicht „dem schlechten Gaumen des kannegießerischen Pöbels zu schmeicheln suchen" und „der Beifall des Haufens" werde i h m „nicht als erste Norm gelten, da die A A Z schon nach Form und Einrichtung wie durch ihren Preis kein Blatt für die große Menge gemeiner Zeitungsleser, sondern mehr für die besseren und gebildeteren (sei), die dann auch w o h l an den gewöhnlichen glatten Oppositions- und Liberalitätswesen oder gar an A r t i k e l n i m Sinne des Radikalismus kaum Gefallen finden mögen". Ein sprechendes Dokument für die kalte Geringschätzung des Bürgertums, für den aristokratischen Hochmut, der sich allein als den legitimen Interpreten des Gemeinwohls sieht, ein Dokument aber auch der Verständnislosigkeit gegenüber Gesellschaftsbewegungen, die m i t traditionellen Kategorien einer überholten Herrschaftsideologie beurteilt und blind verdammt werden! Partei, so glaubte Rechberg, konnte nur die Opposition sein, unanfechtbar i n ihrem Wahrheitsgehalt dagegen waren die Äußerungen der Regierung. I m „positiven Sinne" zur Meinungsbildung beizutragen, war die A A Z ein willkommenes und brauchbares Instrument. Als Lindners „Manuskript aus Süddeutschland", das, vom württembergischen König autorisiert, die Großmächte und ihre Interessenpolitik anprangerte und ihr die Idee einer süddeutschen Trias entgegenstellte, die Gemüter erregte 27 , nützte Rechberg die Gelegenheit, sich bei Metternich i n gutes Licht zu rücken und zugleich Württemberg seine Ablehnung gegenüber einem süddeutschen Sonderbund zu demonstrieren. Der bayerische Außenminister, der die Schrift wiederum zum Anlaß genommen hatte 2 8 , einen entscheidenden Schlag i n Frankfurt zu fordern, verfaßte gemeinsam mit Zentner einen spöttischen Gegenartikel, der das Manuskript zu widerlegen und der Lächerlichkeit preiszugeben versuchte. Allerhöchstes österreichisches Lob dankte beiden diesen Einsatz 29 und Gentz frohlockte: „ . . . durch diesen einzigen A r t i k e l werden zahllose schlechte i n dieser Zeitung auf gewogen; und wenn die Bestien auch nur manchmal gezwungen werden, solche Sachen einzurücken, so stimme ich nie mehr für das Verbot der Allgemeinen Zeitung" 3 0 . Auch Cotta bekam nun, nachdem die A A Z so dienstbar gewesen war, eine Belobigung 3 1 . 27

Mendelssohn, Gentz 1, 437 (Gentz an Pilat v. 5. Nov. 1820). ÖGB 1, 329 (Rechberg an Metternich v. 8. Nov. 1820). 29 Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 213; ÖGB 1, 213 (Metternich an Wolff ν. 24. Nov. 1820). 30 Mendelssohn, Gentz 1, 456 (ν. 30. Nov. 1820). 28

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Gegen Ende des Jahres 1820 hatten die Karlsbader Beschlüsse auch die A A Z voll erfaßt: Sie war entschärft, deutsche Themen und aktuelle Berichte über revolutionäre Unruhen i n Europa blieben i n den Netzen der Zensur hängen. Dennoch war der Sieg über die Zeitung noch kein endgültiger. Ihren proteushaften Verwandlungskünsten gelang es immer wieder, i m scheinbar harmlosesten Gewände liberales Denken zu propagieren und aus der Enge der reaktionären Geistesunterdrückung auszubrechen. Nach wenigen Monaten der Beruhigung bot sich ein neues Thema an, das die Öffentlichkeit bewegte und zu Freiheitsbekenntnissen und Angriffen auf jede A r t von absoluter Herrschaft Gelegenheit bot. Der Philhellenismus ergriff Bayern bis hinein in die königliche Familie. Thiersch agierte als ihr entschiedenster Vorkämpfer und Cotta, der der griechischen Sache ebenfalls zugetan w a r 3 2 , öffnete ihm bereitwillig die Spalten der A A Z . Seit dem Juni 1821 erschienen fortlaufend philhellenische Artikel, die Thiersch bald i n eine Fehde mit dem „österreichischen Beobachter" verwickelten 3 3 . Rechberg distanzierte sich auf österreichische Anfrage sofort von der Tendenz der A r t i k e l und nannte sie „einen Zweig des von der revolutionären Partei i n Europa angelegten Brandsystems" 34 . Wenig später funktionierte die Zensur i m erwünschten Sinne: Rechberg ließ die Beiträge entweder unterdrücken oder nahm ihnen durch langdauernde Begutachtung die A k t u a l i t ä t 3 5 . Zugleich wurde gegen Thiersch ein Verfahren wegen verbotener A n werbung zum Kriegsdienst eingeleitet. Dennoch wurden alle diese Maßnahmen zunächst mit geringem Nachdruck durchgeführt, weil die Griechenlandbegeisterung beim König selbst Resonanz gefunden hatte 3 6 . Erst die Beschlagnahme eines Bündels von Briefen durch die österreichische Geheimpolizei, i n denen Thiersch m i t seinen griechischen Freunden direkten Kontakt aufnahm, brachte die Wendung. Dem österreichisch-preußischen Druck, den auch Rußland unterstützte, vermochte Bayern nicht zu widerstehen. Metternich vereinbarte m i t Preußen „einen festen Schritt der beiden Großmächte gegen das phihellenische Treiben" 3 7 . Angesichts der nun einsetzenden Beschwerdeflut 31 Ebd., S. 467 (v. 11. Dez. 1820) u n d Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 252 (Pilat an Cotta v. 16. Dez. 1820). 32 Schiller, Cotta 2, 187 f. (Thiersch an Cotta v. 29. August u n d 21. Sept. 1821). 33 Einzelheiten dazu bei C. Erler, Philhellenismus, S. 3 0 - 3 3 ; zum Philhellenismus der Literaturbericht von E. Hösch, i n : HZ, Sonderheft 5, München 1973, S. 480 - 511; Kolb, Polenbild, S. 112, A n m . 5. 34 Ebd., S. 31. 35 ÖGB 1, 375 (Trautmansdorff an Metternich v. 2. Sept. 1821); Erler, Philhellenismus, S. 31. 36 Thiersch' Leben, Bd. 1, S. 207 - 209 (Thiersch an Lange v. 10. Dez. 1821). 37 Erler, Philhellenismus, S. 32.

I I I . Kap.: Bayerns Presse nach den Karlsbader B e s c h l ü s s e n 1 0 1

kapitulierte die bayerische Regierung schnell 38 . A m 20. September erging ein Verbot von Berichten über Kundgebungen des Professors Thiersch zugunsten der Griechen 39 . A m 4. November erschien, Metternichs Forderung entsprechend 40 , ein von der Regierung zurechtgestutzter Widerruf Thiersch', dem inzwischen unter Strafandrohung jede A k t i v i t ä t i n der griechischen Sache untersagt worden war 4 1 . Rechberg, der strengere Mittel ergreifen wollte und sich dazu der preußischen Unterstützung versichert hatte, konnte jedoch i m Staatsrat außer dem erwähnten Verbot und einem Verweis keine weiteren Maßnahmen durchsetzen 42 . Trotz der milden Behandlung des griechenlandbegeisterten Professors hatte die Pressefreiheit i n Bayern erneut eine Schlappe erlitten. A n den Interessen der europäischen Großmachtpolitik, voran der österreichischen Orientpolitik, hatte sie ihre Grenzen gefunden. Metternich hatte seine Beschwerden mit allgemeinen Klagen über den Zustand der Presse i n Bayern gewürzt, den griechischen Freiheitskampf i n sein Revolutionsschema eingeordnet und daraus m i t einigen geistigen Purzelbäumen die Notwendigkeit zu verschärfter Presseaufsicht i n den deutschen Bundesstaaten abgeleitet. Nach dem Zuckerbrot des ausgehenden Jahres 1820 bekam die A A Z nun wieder die Peitsche zu spüren. Pilat, der geschäftstüchtige Redakteur des „österreichischen Beobachters", kündigte erneut ein Verbot der Zeitung an, nicht ohne zugleich seine Mithilfe bei der Abwendung anzubieten 43 . Gentz, der nicht zuletzt aus persönlichem Interesse 44 über einige Berichte erbost war, i n denen österreichische Finanzoperationen und deren enge Verbindung zum Bankhaus Rothschild behandelt wurden, erteilte Cotta eine unmißverständliche Lektion: „Über europäische, asiatische, afrikanische, amerikanische Politik schreibe die Allgemeine Zeitung, was ihr beliebt, — solange es nicht Österreich unmittelbar berührt. Fährt sie hingegen fort, das Staatssystem, die Staatsmänner und den Staatskredit Österreichs, auch nur durch boshafte Anspielungen, feindselig zu behandeln, . . . , so sind w i r es unserer Würde — wenn auch nicht unserem Interesse — schuldig, dieser Zeitung den Eingang zu versperren 45 ." Der Erfolg blieb nicht aus: Stegmann versicherte Cotta, er werde i n Zukunft gar nichts mehr über 38

ÖGB 1, 385 - 91; PGB 1, 286; Erler, Philhellenismus, S. 32. Bitterauf, Zensur, S. 343. 40 ÖGB 1, 387 (Metternich an Trautmansdorff v. 20. Sept. 1821). 41 Ebd., S. 390, A n m . 2 und S. 391, A n m . 1. 42 PGB 1, 289 f. (Zastrow an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 26. Okt. 1821). 43 Schiller, Cotta 2, 54 f. (Pilat an Cotta v. 10. Okt. 1821). 44 Gentz und Metternich standen beim größten Bankhaus Europas auch persönlich tief i n der Kreide. 45 Schiller, Cotta 2, 52 (Gentz an Cotta v. 18. Okt. u n d 4. Dez. 1821). 39

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

österreichische Staatspapiere veröffentlichen 46 . So war wieder ein Themenbereich, der der wirtschaftspolitischen Beziehungen i n Deutschland, unter österreichischem Einfluß aus der A A Z verbannt worden, ohne daß die bayerische Regierung die Souveränität ihres Territoriums und die Unverletzlichkeit ihrer Verfassung reklamiert hätte. Obwohl der Spielraum für die A A Z schon so eng geworden war, daß weitere Einschränkungen kaum mehr möglich schienen, steigerte sich, i n Entsprechung zur pressepolitischen Tendenz i m Bunde, i m Jahre 1823 der Zensurdruck zu bisher beispielloser Härte 4 7 . Nicht nur das N i veau der Zeitung l i t t erheblich, auch die Abonnentenzahlen gingen zurück, so daß zeitweise die Existenz des ganzen Unternehmens i n Frage gestellt w a r 4 8 . Während i n Frankfurt bereits das Verbot des „Teutschen Beobachters" vorbereitet wurde 4 9 , wagte es die A A Z , in einigen Korrespondenzartikeln Bundesangelegenheiten zu beleuchten. Der bayerische Bundestagsgesandte von Pfeffel nahm dies zum Anlaß, gegen den üblen Geist der Zeitung vom Leder zu ziehen. Einen ganzen Katalog von Vergehen zählte er dazu auf: Das Blatt erschien i h m um so gefährlicher, „da es mit einem unverkennbar üblen Geiste zugleich Feinheit und Gewandtheit verbindet, und bei großer Verbreitung dem Faktionsgeiste aller Länder und seinen Intrigen zum Tummelplatz und Werkzeuge dient" 5 0 . Schleunigst kam Rechberg, „ u m diplomatischen Einschreitungen zuvorzukommen", der Anregung des Gesandten nach und verbot der A A Z aufs strengste jeden Korrespondentenbericht über Bundesverhältnisse. I n Zukunft sollte nur noch aus den offiziellen Protokollen unkommentiert über die Frankfurter Versammlung berichtet werden 5 1 , ein Verfahren, das für jede Redaktion indiskutabel war, weil diese Protokolle so spät erschienen, daß sie für eine aktuelle Berichterstattung jeden Wert verloren hatten. Heftig blies der A A Z der W i n d ins Gesicht, als sie es wenig später erneut wagte, das Thema Frankfurt zu berühren. I n völlig unverfänglichem Ton schilderte sie zwar lediglich die Begrüßungsreden bei der Eröffnungssitzung und gab einen wohlwollenden Kommentar zum Amtsantritt des österreichischen Bundestagsgesandten von Münch, i n dem diesem viel Lob gezollt wurde 5 2 . Die 46 Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 252 f. (Stegmann an Cotta v. 13./15. Dez. 1821). 47 Ebd., S. 216 f. (Stegmann an Cotta v. 26. J u n i 1822); so auch Schäffle, Cotta, S. 172 f., der die noch vorhandenen Zensurbogen der A A Z untersucht hat. 48 Nach Salomon, Zeitungswesen 3, 285, verlor die A A Z zwischen 1823 und 1824 mehr als 1 0 % ihrer Abonnenten; ÖGB 1, 513 (Trautmansdorff an M e t ternich v. 16. Okt. 1822). 49 Vgl. Kap. I I , 3. 50 GStA M A 25002 (Pfeffel an K ö n i g v. 24. März 1823). 51 Ebd. (Rechberg an Gravenreuth v. 7. A p r i l 1823).

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Redaktion konnte freilich nicht wissen, daß für die beginnende Session des Bundestages Besonderes geplant — die Unterdrückung des „Beobachters" und die „Epuration" des Gremiums — und daher jede Publizität unerwünscht war. Münchs Beschwerde 53 und Pfeffels Hinweis, der Bundestag habe sogar eine offizielle Einschreitung erwogen 54 , setzte die bayerische Regierung i n helle Aufregung. Wirschinger, der zuständige Stadtkommissar, führte zu seiner Rechtfertigung an, Stegmann habe den A r t i k e l trotz des Zensurverbotes abgedruckt. Zugleich fügte er eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen zur Zensurpraxis an, die das Dilemma dieser Einrichtung und die Unsicherheit der Verwaltungsbehörden widerspiegelten 55 . Wie aus Stegmanns Schreiben an den Außenminister hervorgeht, war der strittige A r t i k e l nach dem Vorbild der Frankfurter Zeitungen vorläufigen Auszügen aus dem Protokoll entnommen. Ein Verbot dieser Praxis, so stellte Stegmann richtig fest, „hieße eigentlich, nur die Erwähnung der Bundesverhandlungen ganz zu untersagen, denn die Protokolle erscheinen sehr spät und sind so weitläufig, daß keine Zeitung sie vollständig zu liefern imstande ist" 5 6 . Trotzdem akzeptierte Rechberg die Vorschläge seines Ministerialrates von Flad 5 7 nicht, der A A Z an Vorabdrucken zu genehmigen, was auch i n Frankfurter Zeitungen erscheine, sondern beharrte auf seinen früheren Verfügungen 58 . Doch damit nicht genug! Von Metternich erbat Rechberg eine zusätzliche kräftige Drohung gegen die „neutralité apparent et perfide", die diese Zeitung so gefährlich mache 59 . Die Folge war ein i n der Diplomatiegeschichte nicht alltäglicher Vorgang: I n Metternichs Auftrag reiste Rupprecht, ein wegen seiner Strenge bekannter österreichischer Bücherzensor, nach Stuttgart, um den Herausgeber der A A Z zur Raison zu bringen 6 0 . Zunächst setzte er Cotta so unter Druck, daß dieser sich bereitfand, m i t i h m nach Augsburg zu fahren 61 . Dort wurde den Redakteuren der Kopf gewaschen. Anschließend setzte man gemeinsam die 52

A A Z . Beilage Nr. 105 v. 15. A p r i l 1823. ÖGB 1, 499 (Trautmansdorff an Metternich v. 23. A p r i l 1823). 54 GStA M A 25002 (Pfeffel an Rechberg v. 18. A p r i l 1823; Abschrift als Beilage zu Schreiben Rechbergs an Gravenreuth v. 27. A p r i l 1823). 55 Ebd. (Wirschinger an Gravenreuth v. 1. M a i 1823). 56 Ebd. (Stegmann an M Ä u ß (?) v. (?). A p r i l 1823). 57 Ebd., E n t w u r f v. M a i 1823. 58 Ebd. (Rechberg an Gravenreuth v. 5. J u n i 1823). 59 ÖGB 1, 501 (Rechberg an Metternich v. 1. M a i 1823). 60 Der Vorgang ist mehrfach, allerdings m i t einer Reihe Ungenauigkeiten, beschrieben worden: Salomon, Zeitungswesen 3, 285; Bitterauf, Zensur, S. 348 f.; Giese, Studie, S. 311 f.; Schäffle, Cotta, S. 174 ff.; Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 219 ff. 61 Dieser Verlauf nach einem ausführlichen Bericht Rupprechts an Sedlnitzky v. 3. August 1823, i n : H H S t A Wien, S t K D A 147/11. 53

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

Reise nach München fort. Auf Anmeldung durch Rupprecht erhielt Cotta einen Termin bei Rechberg, von dem er „ m i t einem langen Gesicht zurückkam". A m folgenden Tag wurde Rupprecht selbst beim bayerischen Außenminister empfangen: Die Aufnahme war mehr als freundlich; Rechberg bedachte Rupprechts Vorgehen m i t ausdrücklichem Lob, denn „so müsse man m i t dem von Eigenutz und Gewinnsucht zusammengesetzten Cotta" verfahren. Metternich sei m i t dieser Sendung seinem eigenen Wunsch zuvorgekommen, er, Rechberg, habe den Staatskanzler ohnehin zu einem solchen Schritt auffordern wollen. Abschließend besprach man gemeinsame Pläne zu einer Neubesetzung der Redaktionsstellen bei der A A Z , wobei Rupprecht den Namen des reaktionären österreichischen Soldschreibers Pfeilschifter ins Spiel brachte. Cotta, der von dem erzwungenen Spießrutenlaufen tief verletzt war, plante zunächst eine Beschwerde an den König, unterließ aber schließlich diesen Schritt, weil er angesichts des Einflusses Rechbergs bei Max I. Joseph dessen Aussichtslosigkeit einsah und schickte stattdessen Ergebenheitsadressen an Metternich und Sedlnitzky 6 2 . I n einem abschließenden Brief an Cotta, den Schäffle zurecht ein „widerliches Gemisch von Brutalität und Hohn, von Süffissance und Zudringlichkeit nennt 6 3 , gab Rupprecht seine Schlußanweisungen an den Herausgeber der A A Z , die i n dem unverschämten Rat gipfelten, die A A Z solle i n allem die Grundsätze der Heiligen Allianz zur Richtschnur nehmen. Daß dieser Vorgang der inneren Souveränität ins Gesicht schlug und Rechberg jede außenpolitische Manöverierfähigkeit raubte, w e i l er ein Eingeständnis der eigenen pressepolitischen Hilflosigkeit war, schien den Außenminister wenig zu belasten. Die Österreichhörigkeit der bayerischen Außenpolitik und m i t ihr die reaktionäre Presseunterdrückung erreichte zu diesem Zeitpunkt ihren ersten Höhepunkt nach Karlsbad. Widerspruchslos mußte auch die A A Z die verschiedenen Weisungen dulden, die i m Gefolge der Unterdrückung des „Teutschen Beobachters" 64 erlassen wurden und das pressepolitische K l i m a eisig werden ließen 65 . Vereinzelte Beschwerden Cottas zeigten keine positive 62

Ebd. (Cotta an Metternich/Sedlnitzky v. 22. J u l i 1823). Schäffle, Cotta, S. 175 - 81 (Rupprecht an Cotta v. 22. J u l i 1823). 64 Uber den Vorgang selbst mußte die A A Z einen Regierungsartikel einrücken, der redaktionseigene Bericht wurde von der Zensur gestrichen; GStA M A 25002 (Gravenreuth an Rechberg v. 13. J u n i 1823); Koszyk, Dt. Presse 2, 65. 65 Die V O v o m 15. J u n i 1823 traf auch die A A Z , w e i l sie n u n auch nichtpolitische Stoffe der Zensur vorzulegen hatte. Die neuesten Weisungen w u r den den Redakteuren nicht einmal mehr schriftlich mitgeteilt, sondern nur vorgelesen. Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 217-19; H S t A M I n n 25097 (Rechberg an Cotta v. 10. August 1823); Heyck, Allgemeine Zeitung, S. 223 f. (Stegmann an Cotta, undat. Konzept v. Ende 1823 oder Anfang 1824). 63

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Wirkung mehr 6 6 . Stegmann traf den Sachverhalt richtig, als er Ende des Jahres 1823 den politischen Hintergrund so deutete, daß „Österreich keinen Rest von Pressefreiheit dulden (wollte) und Bayern von Herzen" beitrat 6 7 . Die A A Z war m i t Schwierigkeiten zwar, aber letztendlich m i t Erfolg diszipliniert worden. Der liberale Geist fand kaum mehr Lücken, sich bemerkbar zu machen. So nimmt es nicht wunder, i n den Spalten des einstmals engagierten Vorreiters eines gemäßigten Liberalismus schon 1824 die folgenden Zeilen zu lesen: „Ja es ist zu hoffen, daß die überspannte Teilnahme an Parlamentsreden und Zeitungen wieder auf den richtigen Grad abgestimmt werden wird. Es w i r d erkannt werden, daß durch das öffentlichrechtliche Gerede zu viele Menschen i n politische Halbwisser verbildet wurden, was mehr ein Hindernis des definitiven Sieges der Zivilisation als ein Beförderungsmittel war 6 8 ." 2. Die „Neue Speyerer Zeitung"6®

Seit Butenschoen 70 , der Pfälzer Regierungsrat und engagierte Liberale, i m J u l i 1816 die Redaktion der NSZ übernommen hatte, mauserte sich die Zeitung zum führenden Organ des pfälzischen Liberalismus. Verfassungsfragen und der Entwicklung des Deutschen Bundes widmete sie ihr Hauptaugenmerk, der Ruf nach voller Pressefreiheit war eine ihrer bevorzugten Parolen. Während sie sich gegenüber der bayerischen Herrschaft i n der Pfalz durchaus loyal verhielt, machte sie offen und entschieden gegen die Bundespolitik der Großmächte Front 7 1 . So war sie bald den heftigsten Anfeindungen Österreichs ausgesetzt. Gentz galt sie „als die frechste aller i n Deutschland erscheinenden Zeitungen" 7 2 . Metternich wurde deswegen mehrfach bei der bayerischen Regierung vorstellig, ja er verknüpfte sein Konzept von einer „Reform des deutschen Zeitungswesens" unmittelbar m i t dem „Verstummen oder der Veränderung des Charakters dieser Zeitung" 7 3 . M i t der k r i t i 86

Ebd. (Cotta an Rechberg v. 28. J u n i und 10. August 1823). Ebd., S. 222 (Stegmann an Cotta v. 11. Dez. 1823). 88 A A Z . Beilage Nr. 63 v. 6. A p r i l 1824 (zit. nach Lauerer, Augsburger Presse, S. 166 f.). 89 Dazu Becker, Α., Z u r Geschichte des pfälzischen Tagesschrifttums, S. 3 ff.; Krautkrämers Biographie über G. Fr. Kolb, den langjährigen Redakteur u n d Verleger, stellt zugleich eine Mongraphie über diese Zeitung dar. Vgl. auch ders., i n : Pfälzer Lebensbilder 1/1964, S. 241 ff. 70 Z u Butenschoen die ältere Arbeit von H. Schreibmüller u n d die neuere Dissertation von H. H a h n (bes. S. 112 ff.), die aber ebenfalls ergänzungsbed ü r f t i g ist, wie Faber, Rheinlande, S. 425, A n m . 79, betont. 71 K . Baumann, Probleme der pfälzischen Geschichte, S. 243. 72 Wittichen, Gentz, S. 423 (Gentz an Metternich v. 6. M a i 1819). 67

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

sehen Erörterung preußischer Verfassungsfragen und der Verwaltung i n der preußischen Rheinprovinz zog sie sich auch bald die Feindschaft der zweiten deutschen Großmacht zu 7 4 . Nach der Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse am Bundestag gingen die A r t i k e l zu deutschen Themen i n der NSZ in auffallender Weise zurück. M i t einer kräftigen Portion bitterer Ironie kommentierte die Zeitung ihre eigene Situation: „Es gibt jetzt wenig sogenannte räsonnierende A r t i k e l i n den Zeitungen, warum? weil die Zeit i n Tatsachen selbst räsonniert, und zwar so laut, daß jede Feder verstummen muß 7 5 ." Rechberg, der die Zeitung wie Metternich für „das Haupt der revolutionären Zeitungsclique i n Deutschland und die Stifterin eines nicht zu berechnenden Schadens" 76 hielt, wollte das verhaßte Blatt ebenso gerne unschädlich machen wie Gentz, der ihr „den Hals zu brechen" beabsichtigte 77 . Altbewährter Übung entsprechend gab Bayerns Außenminister bald den Beschwerden nach, die er zum Teil wiederum selbst angeregt hatte 7 8 . Nachdem ein Konzessionsentzug auf rechtliche Bedenken gestoßen war, sicherte er Metternich die Entfernung des Redakteurs Butenschoen zu 7 9 . Als die NSZ sich gar dem Thema der spanischen Revolution widmete und A r t i k e l über die italienischen Carbonaris abdruckte, wurde programmgemäß der Bundestag rebellisch. Die Beschwerden mehrerer Gesandter 80 veranlaßten Rechberg zu einem Reskript an die Regierung des Rheinkreises 81 , dem wenig später ein noch schärferes folgte 8 2 , i n dem man dem Herausgeber offen den Entzug der Konzession androhte und ihm die Entfernung seines Redakteurs nahelegte. Besonders infam war ein Passus, i n dem man Kolb jetzt schon jede Angabe von Gründen verbot für den Fall, daß er seine Zeitung „freiwillig" einstelle. Z u Beginn des Jahres 1821 legte Butenschoen die Redaktion offiziell nieder, führte aber i n Wahrheit die Geschäfte des Chefredakteurs weiter. Als 73 GStA M A I I 1085 (Metternich an Rechberg v. 16. Dez. 1820); Doeberl, EG 2, 462; Giese, Studien, S. 252 (Zentner an Rechberg v. 21. A p r i l 1820). 74 Faber, Rheinlande, S. 447, A n m . 1 (Rechberg an Stichaner v. 27. Februar 1819). 75 NSZ Jg. 5/1820, S. 128. 76 Krautkrämer, Kolb, S. 30, A n m . 37 (Rechberg an Stichaner v. 5. Dez. 1819). 77 Mendelssohn, Gentz 1, 464 (v. 8. Dez. 1820). 78 H H S t A Wien, S t K D A 147/1 (Wolff an Metternich v. 13. Dez. 1820). 79 ÖGB 1, 309 (Rechberg an Metternich v. 3. M a i 1820). 80 GStA M A 25002 (Aretin an Rechberg v. 12. August 1820). 81 Krautkrämer, Kolb, S. 31 (v. 21. August 1820). 82 Ebd., S. 31 f. (v. 27. Dez. 1820). Die folgenden Ausführungen nach K r a u t k r ä m e r , Kolb, S. 32 ff.

I I I . Kap.: Bayerns Presse nach den Karlsbader B e s c h l ü s s e n 1 0 7

die NSZ jedoch wenige Monate später einen neuen Zensor erhielt, war Butenschoen die Arbeit gänzlich unmöglich gemacht und er trat endgültig von der Redaktion zurück. Der Verleger selbst führte die Zeitung zwar weiter, aber sie wurde nun farblos, sank i m Niveau erheblich ab und verlor so viele Abonnenten 8 3 , daß sie sich nur noch m i t Mühe über Wasser halten konnte. Wenn die Zeitung auch i n der Auswahl der außerdeutschen Themen, denen sie sich nun überwiegend zuwandte, ihre liberale Tendenz nicht völlig verbarg, so hatte sie doch ihre Bedeutung als Oppositionsblatt verloren und gab der Regierung nur noch gelegentlich Anlaß zu Klagen 8 4 . Unter dem Einfluß der Karlsbader Beschlüsse und der anschließenden Reaktionspolitik i m Deutschen Bund war dieses entschieden liberale Organ i n Tendenz und Substanz grundlegend verändert worden. Die Geschichte der NSZ i n diesen Jahren liefert damit einen weiteren Beleg für die tiefgreifenden E i n w i r kungen dieser Beschlüsse auf die publizistische Szene i n Bayern. 3. Der „Fränkische Merkur" 8 5

Ein ähnliches Schicksal war der „Bamberger Zeitung", die bald nach ihrer Begründung den neuen Titel „Fränkischer Merkur" annahm, beschieden. Die Zeitung, unter ihrem Redakteur Wetzel vor 1819 ein anerkanntes Blatt liberaler Prägung, wurde unter dem neuen Herausgeber Drauseneck und seinem Redakteur Hohn, denen nichts „an einem gefährlichen Bekennertum" lag, immer farbloser, so daß auch die Zeitgenossen den Qualitätsverlust mit Bedauern bemerkten 8 6 . Der wahre Grund für die veränderte Richtung des Blattes, das bei der österreichischen Regierung mehrmals Anstoß erregt hatte, lag i n einer Auflage der bayerischen Regierung, die sich außerhalb der Legalität bewegte. Man erteilte die Konzessionsbewilligung an Drauseneck, als dieser die Zeitung 1820 übernahm, nämlich nur mit dem Vorbehalt der strikten Befolgung aller Verwaltungsanordnungen; i m Falle einer Verletzung sollte das Privileg sofort entzogen werden 8 7 . Damit hielt man die Zeitung i n so enger Abhängigkeit, daß sie selbst die Aufnahme von Regie83

V o r den Karlsbader Beschlüssen hatte die NSZ 700 Bezieher, 1820 dagegen n u r noch 200 (!); diese Zahl ging i n den Folge jähren sogar noch weiter zurück. 84 Krautkrämer, Kolb, S. 35, zitiert ein Reskript v. 2. A p r i l 1824, das die Zeitung wegen einer kritischen Äußerung zur Verlängerung der Karlsbader Beschlüsse prompt m i t der Unterdrückung bedrohte. 85 Eine eigene Monographie fehlt. Simeths Darstellung zur Bamberger Presse geht zwar ausführlich auf den „Fränkischen M e r k u r " ein, weist aber den erheblichen Mangel auf, daß Quellennachweise fehlen. 88 Simeth, Bamberger Presse, S. 86. 87 H S t A M I n n 25098 (Weiden an Rechberg v. 3. August 1820 u n d A n t w o r t v. 22. August 1820).

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1. Teil: I m Zeichen der Karlsbader Beschlüsse

rungsartikeln nicht ablehnen konnte 8 8 . Einige Konflikte wegen verschiedener A r t i k e l über die Carbonari und die Revolution i n Spanien hatte die Regierung m i t dem „Fränkischen Merkur" noch durchzustehen, ehe die Zensur endgültig w i r k t e 8 9 . Die entschärfte Zeitung verlor bald an Lesern, weil ihr selbst harmlose Tatsachenberichte gestrichen wurden, und sank auf das Niveau eines Regionalblattes ab, von dem sie sich nicht mehr erhob. 4. Der Nürnberger „Korrespondent von und für Deutschland" 90 , die „Augsburger Postzeitung" und die „Bauernzeitung"

M i t wirksamen Verwaltungsmaßnahmen bekam die Regierung auch den „Korrespondenten" i n den Griff. Schon zu Beginn des Jahres 1820 zwang der Rückgang der Abonnentenzahlen die Herausgeber, um eine Ermäßigung der Konzessionsgebühren nachzusuchen 91 . Tatsächlich gewährte die Regierung einen Nachlaß, aber nicht aus Rücksicht auf die Zeitung, sondern i m Blick auf die einträglichen Gebühren, die die Post aus dem Zeitungsdienst zog. Zugleich bekam die Regierung ein w i r kungsvolles Druckmittel i n die Hand, das sie i n den folgenden Jahren immer wieder ausspielte. Rechberg nahm sogar direkten Einfluß auf die Besetzung der Redakteurstellen 92 und sparte nicht m i t der Drohung des Konzessionsentzuges. Die zahlreichen Beschwerden des rechtskundigen Mitherausgebers Dr. Zehler, die nicht selten den Umfang kleinerer Abhandlungen annahmen, geben ein anschauliches B i l d von dem zähen, aber letztlich erfolglosen Kampf, den die Presse unter dem Druck der Karlsbader Beschlüsse gegen eine allmächtige Bürokratie zu führen hatte. Aufschlußreich für die Interpretationskünste, mit denen Rechberg seiner Pressepolitik den Schein der Rechtlichkeit zu verleihen versuchte, war eine Entscheidung zum Antrag der Witwe des Herausgebers Schaden auf Verlängerung der Konzession nach dem Tode ihres Mannes 93 . Sofort nützte Rechberg die Gelegenheit, eine Verzichterklärung auf das königliche Privileg von 1804 zu fordern, das der Regierung ohnehin ein Dorn i m Auge war, weil das rechtliche Problem der Vererbbarkeit ungeklärt war. Dafür sollte der Witwe aus königlicher 88

ÖGB 1, 339 f. (Metternich an Wolff ν. 24. Nov. 1820). GStA M A I I 1085 (Metternich an Rechberg v. 16. u. 27. Dez. 1820); H S t A M I n n 25098 (Rechberg an Weiden v. 27. Dez. 1820, Abschrift). 90 Eine Fülle von Belegen zur Geschichte dieser Zeitung i n H S t A M I n n 25099/11. 91 Ebd. M Ä u ß / M F i n v. 15. Februar 1820: V o m 4. Quartal 1817 bis zum 1. Quartal 1820 waren die Abonnements von 2836 auf 2402 zurückgegangen, was eine finanzielle Einbuße von 3535 fl. ergab. 92 Ebd. (Rechberg an Drechsel v. 29. Febr. 1824, E n t w u r f ; Rechberg an Pfeffel v. 11. März 1824). 93 Ebd. (Rechberg an König, Konzept für Vortrag v. 7. Febr. 1824). 89

I I I . Kap.: Bayerns Presse nach den Karlsbader B e s c h l ü s s e n 1 0 9

Gnade für drei Jahre die Konzession verlängert werden, wenn sie und ihre Mitherausgeber „wenigstens an die Widerruflichkeit solcher Gnadenverleihungen ernstlich gemahnt werden und hierin einen Grund finden sollten, durch eine verbesserte Tendenz ihres Blattes dessen Fortdauer zu sichern" 94 . Diese und ähnliche subtile Mittel der Repression hatten alle anderen liberalen Blätter i n Bayern zu ertragen und keines von ihnen ging unbeschädigt aus dieser ersten Phase der Vormärzreaktion hervor. Die Augsburger Postzeitung 95 etwa schwenkte, nachdem sie vorher durch häufiges Zitieren württembergischer Blätter unliebsam aufgefallen war, i m Jahre 1823 plötzlich i n auffallender Eindeutigkeit auf die österreichische Linie ein und wurde später sogar zu einem Organ, das die restaurativen Ideen des Vormärzkatholizismus vertrat 9 6 . Daß die verschärfte Zensurpraxis nach Karlsbad nicht nur größere politische Zeitungen verstümmelte, sondern auch Regional- und Fachblätter erfaßte, ist am Beispiel der „Bauernzeitung" bereits nachgewiesen worden 9 7 . Dieses Blatt, vorwiegend an ein bäuerliches Publikum gerichtet, verstand sich als wirtschaftliches Beratungsorgan und berührte Politik nur am Rande und auch dann nur, mit Rücksicht auf eine konservative Leserschaft, i n äußerst gemäßigtem Tone. Dennoch wurde sie zu Beginn des Jahres 1820 „wegen ihres nicht immer ökonomischen Inhalts" der Zensur unterstellt, verfiel wenig später dem Verbot in Österreich und hatte i m Jahre 1823 besonders schwer unter dem Rotstift zu leiden 9 8 .

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Ebd. Dazu die Dissertationen von H. H a r t u n d K . Feistle. Hart, Augsburger Postzeitung, S. 149. G. Füsser, Bauernzeitungen i n Bayern und Thüringen. Ebd., S. 64 f.

Zusammenfassung Die bayerische Pressepolitik geriet schon wenige Monate nach dem Erlaß der Verfassung, deren presserechtliche Bestimmungen zwar eng, aber interpretationsfähig auch i m liberalen Sinne waren, teils widerstrebend, teils gezielt gefördert durch konservative innerbayerische Kräfte, voran Rechberg, zunehmend in den Sog der bundespolitischen Reaktion unter Metternichs Führung. Den verfassungsrechtlichen Widerspruch zwischen Provisorischem Bundespressegesetz, das Gentz als Ausführung des Artikels 18 der Bundesakte zu begründen versuchte, und den Bestimmungen der Konstitution und des I I I . Edikts wollte die bayerische Regierung m i t den Vorbehalten von 1819 und 1824 aufheben. Damit aber schuf sie nicht nur eine gefährliche Rechtsunsicherheit, sondern bot den absolutistischen Großmächten größere Eingriffsmöglichkeiten i n die innerbayerische Souveränität, als das formal juristische Beharrungsvermögen Bayerns vortäuscht. Die eigentliche Anpassung an die Reaktionspolitik des Bundes erfolgte nicht auf der Verfassungs-, sondern auf der Verwaltungsebene. Nach 1819 verschärfte auch Bayern seine Aufsicht über die Presse erheblich. Da eine Abänderung der Verfassung mit Rücksicht auf die liberale Gruppe i m Ministerium und i n der höheren Beamtenschaft, die Stände und die öffentliche Meinung nicht opportun erschien, paßte Rechberg die Bestimmungen der Verfassung durch äußerst restriktive Interpretationen den reaktionären Zielen des Bundes an. Der Weg über Verwaltungspressalien, SpezialVerordnungen und Einzelanweisungen führte zu einer weitgehenden Konformität zwischen Bundesund Landespolitik. Die Beteuerungen Rechbergs, Bayerns Zensurpraxis genüge den Anforderungen des Bundes völlig, waren alles andere als diplomatische Beschwichtigungsversuche, sie beschrieben vielmehr die Wirklichkeit recht treffend. Die Legende von der „zahmen Handhabung der Karlsbader Beschlüsse" beruht einerseits auf dem Willen konservativer Historiker, i n der Glorifizierung des Wittelsbachischen Hauses und seiner Liberalität einen bayerischen Patriotismus traditionalistischer Prägung noch für unsere Gegenwart zu retten, andererseits auf dem Irrtum, Verfassungsnormen allein garantierten Verfassungsmäßigkeit. Der Grundsatz des I I I . Verfassungsediktes wurde i n Wahrheit in sein Gegenteil verkehrt. Dort war nämlich Pressefreiheit als

Zusammenfassung

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Regel proklamiert, die Zensur sollte Ausnahme bleiben, auf eine bestimmte Gattung von Schriften eingeschränkt und nur für einen eingegrenzten Bereich von Äußerungen zulässig sein. Die Unbestimmtheit der Definitionen des Ediktes, die schon Behr auf dem ersten Landtag durch eine Instruktion zu ergänzen und zu präzisieren versucht hatte, bot der Verordnungspolitik und der Ermessensentscheidung des M i nisteriums und der Kreisregierungen einen Spielraum, der typisch für den bürokratischen Absolutismus, nicht aber für den konstitutionellen Rechtsstaat war. Daß diese Maßnahmen wirksam waren und tief i n die Entwicklung des Pressewesens eingriffen, daß sie den Konstitutionalismus, wie ihn die liberale Doktrin verstand, i m Kern trafen und verletzten, bestätigen die Tatsachen, die die Zeitungswissenschaft bereits erarbeitet hat und über die die Archive bereitwillig Auskunft geben: Schon Ende des Jahres 1820 waren die maßgebenden bayerischen Oppositionszeitungen diszipliniert, politisch brisante Themen verboten; die Abonnentenzahlen gingen zum Teil erheblich zurück und brachten die liberalen Blätter an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Auch die A A Z , die stets eine Sonderrolle i m bayerischen Blätterwald spielte, war zeitweise schwer gefährdet. Die bayerische Pressepolitik lehnte sich eng an die bundespolitischen Vorgänge an, wie insbesonders die Verschärfung der Zensur i m Jahre 1823 und die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse von 1824 auf weist. Der Unterdrückungsmechanismus funktionierte nach 1823 reibungsloser denn je. Die Verwaltungsbehörden waren eingespielt, die Presse eingeschüchtert. Als die Karlsbader Beschlüsse zur Presse 1824 erneuert wurden, hatte das von Metternich inspirierte Reaktionssystem auch in Bayern festen Fuß gefaßt und Züge eines ständig fortschreitenden Perfektionismus der Unterdrückung angenommen. Eine Lockerung war nirgends zu erkennen und lag auch nicht i m Sinn der herrschenden Kräfte. Vielmehr gingen Metternich und Max I. Joseph gerade daran, auf dem Johannisberge ein neues Glied i n der Kette der Reaktion zu schmieden", als der überraschende Tod des bayerischen Königs das Tor zu einer neuen Ära und zu neuen Hoffnungen für den liberalen Journalismus öffnete.

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Treitschke, Dt. Geschichte 3, 350; Mendelssohn, Gentz 2, 216 (v. 18. Sept. 1825).

Zweiter Teil:

Bayerns Pressepolitik zwischen Konstitutionalismus und monarchischem Absolutismus (1825-1837^ Viertes Kapitel:

Vom Scheinliberalismus zur Reaktion I. Zwischenphase A l t e Bindungen und neue Konstellationen fand Ludwig I. vor, als er i m Jahre 1825 die Nachfolge seines Vaters antrat. Die Pentarchie der Großmächte war zerbrochen. A n ihre Stelle traten die territorialen und ideologischen Blöcke der liberalen West- und der konservativen Ostmächte. I n Deutschlands öffentlicher Meinung machte sich eine allmähliche Abkehr vom politischen System Österreichs bemerkbar. In preußischen Regierungskreisen nahm der Widerstand gegen die österreichische Bundespolitik zu. Der deutsche Dualismus lockerte auch das Gefüge des Bundes und versprach für künftige bayerische Pressepolitik einen erweiterten Spielraum 1 . Vom König selbst war viel für die Befreiung der Presse von übermäßigem Zwang zu erwarten, wenn man auf einen Ausspruch des j u n gen Kronprinzen baute: „Jedem das schöne Recht, zu sagen und zu schreiben, was er denkt, fari, quae sentiat, so lange der Anstand gewahrt; da wenn die Meinungen frei sind, nicht ausbleiben kann, daß die Wahrheit m i t der Zeit die Oberhand bekömmt, welches Endergebnis nicht zu fürchten, da wenn es gute Regierung, sie nicht zu fürchten hat was die gesunde Vernunft sagt 2 ." Ein wahrhaft liberales Wort, geradezu 1 Srbik, Metternich 1, 619 f.; G H A L I, I I A 15 ( L u x b u r g an K ö n i g v. 4. August 1826): Metternich, so berichtet Luxburg, wolle m i t L e g i t i m i t ä t und monarchischem Prinzip die Stellung Österreichs i m Bunde i n politischer und sogar administrativer Hinsicht festigen. Bernstorff aber sei ein kluger M a n n u n d lasse sich nicht i n den Netzen Metternichs fangen. Dem Anschein nach werde die Allianz zwischen Österreich u n d Preußen nichtsdestoweniger fortbestehen. Das Palladium für die bayerische Unabhängigkeit finde sich i n der Persönlichkeit Sr. Maj., i n der Liebe der Untertanen u n d i n gewissenhafter Handhabung der Gesetze.

I V . Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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sentenzhaft formuliert! Diese scheinbare Begeisterung für die Lehren eines gemäßigten Liberalismus, für den Wettbewerb der freien Meinungen, fand auch ihren Niederschlag i n einer neuen Pressepolitik, die von den Freisinnigen emphatisch begrüßt, von den Konservativen und Reaktionären m i t wachsender Skepsis beobachtet wurde 3 . M i t einer Vehemenz, als gelte es, bis zum Jahresende ein neues Bayern zu schaffen, nahm L u d w i g i m Oktober die Regierungsgeschäfte i n Angriff. Die Regierungsblätter der ersten Monate quollen von Reformverordnungen über. I n wahrer Besessenheit brach sich der ehrliche Reformeifer des Königs die Bahn. So wurde auch manche unausgegorene und unüberlegte Entscheidung gefällt, die der König später revidiert wissen wollte. Doch vorläufig überdeckte ein unbezähmbarer Fortschrittenthusiasmus die Zwiespältigkeit des königlichen Charakters und seiner politischen Reformen. 1. Liberalisierung des Zensurregimes und Distanz zum Deutschen Bund

Einer der ersten Schritte galt der Presse. Durch eine Ministerialentschließung vom 22. November 18254 wurde die Zensur für „nichtpolitische Zeitblätter" aufgehoben, „ i n der Zuversicht, daß sich die Herausgeber einer anständigen Bescheidenheit befleißigen und insbesondere jedes beleidigenden Ausfalls auf öffentliche Autoritäten, Stände und Individuen enthalten werden". Damit entsprach der König lediglich einem Antrag des Innenministers, der die Aufhebung der verfassungswidrigen Anordnung vom 15. Juni 1823 zum Ziel hatte 5 . Von einer A u f hebung der Zensur für alle periodischen Schriften, die sich m i t innerer Politik befaßten, war nirgends die Rede 6 . Dennoch lag dies i n der A b 2 Bitterauf, Zensur, S. 350; vgl. O. Riedl, L u d w i g Augustus, S. 44 f., L u d wigs Rede zur Eröffnung der Universität München am 14. November 1826: „Nichts konnte m i r besser gefallen, als was über die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung, über die Freiheit des Wortes u n d der M i t t e i lung gesagt wurde. Es ist auch meine lebendigste, meine tiefste Überzeugung, daß hier jeder Zwang, jede Zensur, auch die billigste, verderblich w i r k t , . . . " 3 Z u m Regierungsantritt Ludwigs I.: Spindler, Hb. I V , 1, 109 ff.; Corti, L u d w i g I, S. 296; ÖGB 2, 28 ff. u n d 198. 4 Döllinger, Slg. 3, 321. 5 H S t A M I n n 25102 (Thürheim an K ö n i g v. 17. Nov. 1825); gedruckt bei Schrott, Biedermeier, S. 109 f. β So auch Bayrle, Presse, S. 49; korrekt auch Franz, Verfassungskämpfe, S. 108; Baum, Briefwechsel, S. 62, weist ebenfalls darauf hin, daß ohne äußere Berichtigung oder Änderung der Verordnung eine mildere Zensurpraxis eingetreten sei; vorsichtig abwägend auch Spindler, Hb. I V , 1, S. 109. I n der L i t e r a t u r w i r d dieser Zusammenhang häufig falsch oder u n k l a r dargestellt. Dabei berufen sich einige Verfasser auf eine Ministerialentschließung v o m 24. November, i n der die Aufhebung der Zensur für innenpolitische A r t i k e l ausgesprochen sein sollte. Eine derartige Verfügung e x i -

8 Tremi

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

sieht des Königs, wie mehrere Reskripte und Korrespondenzen späterer Jahre beweisen 7 . Außenpolitische Rücksichtnahme war der Grund, die erwünschte Liberalisierung der Zensur nicht durch auffällige Gesetzesänderungen zu bewirken, sondern auf dem stillen Wege der Verwaltungsverordnung. Aber auch nach innen blieb der Regierung größere Entscheidungsfreiheit. Denn eine Revision konnte ohne Zustimmung der Stände durch einfachen Verwaltungsakt vorgenommen werden. So wurzelte das Verfahren einer vordergründig liberalen Politik letztlich schon i m Herrschaftsverständnis des monarchischen Neoabsolutismus, der seinen eigenen Machtbereich nicht zugunsten allgemeiner Rechtssicherheit eingrenzen wollte. Die neue Definition des Begriffes „politisch" i m § 2 des I I I . Ediktes blieb trotz aller Umdeutungsversuche Grundlage der Zensurpraxis, bis m i t dem Ministerium Abel die finsterste Ära der bayerischen Pressepolitik i m Vormärz anbrach. Die Entscheidung des Königs barg jedoch von Anfang an schwerwiegende Probleme, die gerade i n den Jahren der Auseinandersetzung mit dem Bund evident werden sollten. Die theoretische Scheidung von äußerer und innerer Politik war mehr als fragwürdig, zumal die Grenzziehung der Entscheidung der einzelnen Kreisregierungen überlassen blieb 8 . Angesichts der föderativen Bindung Bayerns, deren Resultat eine enge Verquickung von innerer und äußerer Politik war, konnte eine verwaltungsrechtliche Aufspaltung nur Konfliktstoff schaffen. So war die Abgrenzung i m jeweiligen Einzelfall schon ein politischer A k t , w e i l sie i n Abhängigkeit von der Interessenlage und der politischen Orientierung des Interpreten stand. Zugleich aber bot die unsichere Rechtslage Österreich und dem Deutschen Bund gerade i m strittigen Konkurrenzbereich der Pressegesetzgebung eine günstige Möglichkeit, auf Bayerns Regierung und Verwaltung einzuwirken. Die zunehmende Ausdehnung der Bundeskompetenz ließ schließlich, als der König sein Heil i n der Bundestreue suchte, den Bereich der inneren Politik auf ein M i n i m u m schrumpfen. Solange L u d w i g I. allerdings den Bundesbestrebungen reserviert gegenüberstand, fand die Presse ein verhältnismäßig breites Wirkungsfeld. E i n i g e w e i t e r e M a ß n a h m e n L u d w i g s I., die sich auf d i e Presse beg ü n s t i g e n d a u s w i r k t e n , bestätigen, daß der K ö n i g sich a n e i n e r v o r stierte aber nicht. U n k l a r oder falsch die Darstellungen: Treitschke, D G 3, 609; Sepp, L u d w i g I, S. 228; Doeberl, EG 3, 15; Groth, Zeitung 2, 133; Corti, L u d w i g I., S. 305; Spindler, Festvortrag, S. 26; Ritthaler, i n : Bayerland 57/ 7 1955, S. 403;MHuber, 1, 370. GStA A 25004V G Ministerialentschließung v. 26. Dez. 1826; Döllinger, Slg 3, 332 f. (v. 20. J u l i 1829); ebd., S. 323 (v. 22. J u l i 1830); ebd., S. 323 (Zusammenstellung von 1836); Lerchenfeld, Papiere, S. 423 (Ludwig an Lerchenfeld ν 27. Sept. 1830). 8 Bayrle, Presse, S. 54 f.

I V . Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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sichtigen Liberalisierung auch vom Bunde nicht hindern lassen wollte 9 . A m 9. Dezember 1825 wurde die Verantwortlichkeit für die Durchführung des § 2 des I I I . Ediktes, die bisher beim Außenministerium lag, demonstrativ dem Ministerium des Inneren übertragen 10 . Das wies auf die Absicht des Königs hin, die Pressepolitik als uneingeschränktes Recht der inneren Souveränität zu gestalten. Erleichterung schuf auch die Aufhebung der strengen gewerberechtlichen Bestimmungen, die den Betrieb einer Druckerei von einer sehr willkürlich erteilten Konzession abhängig gemacht hatten 1 1 . Dennoch kannte die Liberalität des Königs auch ihre Grenzen. Berichte über landständische Verhandlungen unterlagen weiterhin einer, wenn auch gelockerten, Aufsicht 1 2 . Der Regent verweigerte einem A n trag der Kammer der Abgeordneten, alle Reden und Diskussionen der Ständeversammlung zensurfrei erscheinen zu lassen, die das Sekretariat der 2. Kammer freigegeben hatte, zunächst seine Genehmigung und schloß sich damit dem ablehnenden Gutachten des Innenministers an. Zwei Tage später erging dennoch die entsprechende Bewilligung, mit der Auflage, es müsse alles entfernt werden, was zu Beanstandungen Anlaß geben könne 13 . Alle Eingaben auf eigene Landtagszeitungen w u r den abgelehnt 14 . Den Großteil der Landtagsberichte i n den Presseorganen des Landes lieferte die Regierung selbst 15 , für die Korrespondenzartikel der A A Z war ein eigener Zensor bestellt 1 6 . 9 Daß am Bunde Mißstimmung über Bayern herrschte, berichtet Stägemann i n einem Brief an Olfers, i n : Briefe u n d Aktenstücke zur brandenburgisch-preußischen Geschichte, Bd. 3, Leipzig 1902, S. 234. 10 Bayrle, Presse, S. 50; Regierungsblatt 1825, S. 1002. Lediglich die „Münchner Politische Zeitung", die als offiziöses B l a t t fungierte, blieb unter der Aufsicht des Ministerialrates i m Außenministerium, Flad. (GStA M A 74014 M Ä u ß / M I n n v. 30. Dez. 1825). 11 Bayrle, Presse, S. 17 (VO v. 9. Dez. 1825). 12 Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 62 (Äußerung Armanspergs i m Ministerrat v. 25. Okt. 1827); vgl. dazu die K r i t i k i n der anonymen F l u g schrift, Neueste Proben der P r e ß f r e i h e i t . . . , S. 3 ff. 13 Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 13; Bayrle, Presse, S. 50 (v. 20. Nov. 1827). 14 Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 62 ff. 15 Ebd., S. 62. 16 Ebd., S. 63. Aufschlußreich ist i n diesem Zusammenhang die Abschrift eines Gutachtens des Kabinettssekretariats auf einen A n t r a g Wirths. (HStA M I n n 44734, exped. 20. Nov. 1827.) Die Argumente dieses Gutachtens sind bezeichnend für die pressefeindlichen Kräfte, deren Einfluß auf den K ö n i g stets i n Rechnung zu stellen ist. So wurde eine Landtagszeitung entgegen der Verwaltungspraxis als politisches B l a t t definiert u n d von königlicher Genehmigung abhängig gemacht. Bedenken grundsätzlicher A r t bezeichnen den politischen Standort des Verfassers: Eine derartige Zeitung fördere den Parteigeist, beschwöre die Gefahr unnötiger Diskussionen herauf u n d stelle einen Verstoß gegen den Bundesbeschluß von 1824 dar. Vgl. auch ÖGB 2, 191 (Spiegel an Metternich v. 14. A p r i l 1828).

8*

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Unabhängigkeit nach außen wie nach innen, gegenüber den Forderungen Österreichs und seiner Bundespolitik ebenso wie i m Verhältnis des Monarchen zu den Ständen, war die Devise des Königs i n diesen ersten Regierungsjähren. Er versuchte durch unauffällige Zwischenlösungen auf Verwaltungsebene eine direkte Konfrontation zu vermeiden, wollte aber doch m i t vorsichtigen Schritten der Kompetenz des Bundes deutliche Grenzen setzen. Die Grundeinstellung, der diese Politik entsprang, soll L u d w i g selbst m i t folgenden Worten umschrieben haben: „Ich lerne einsehen, daß die Zersplitterung Deutschlands i n viele Staaten für die Nation doch noch notwendig und vorteilhaft ist; unter den vielen Fürsten ist doch immer einer liberal und eine heilsame Opposition gegen die anderen 17 ." Metternich erfaßte die politische Wende, die die ersten Regierungsmaßnahmen des bayerischen Königs signalisierten, und die Gefahr für sein politisches System sehr schnell. Über Thürheim, dessen politische Gesinnung i h m seit Jahren bekannt war, versuchte er Einfluß zu gewinnen, nachdem Rechberg seine Entlassung erhalten hatte. Der M i nister versuchte die Bedeutung der pressepolitischen Liberalisierung herabzuspielen, obwohl er sie selbst für einen Mißgriff hielt 1 8 . Unmißverständlich appellierte der Staatskanzler daraufhin an die Bundestreue des Königs, wies auf die Abweichung vom Bundespressegesetz h i n und ließ keine Zweifel daran, daß er gegen isolierte Maßnahmen Bayerns seinen politischen Einfluß i n die Waagschale werfen würde 1 9 . Thürheim wand sich i n größter Verlegenheit, als i h m das Schreiben Metternichs vorgelegt wurde. Er entschuldigte die Entscheidung m i t der großen Arbeitslast des Königs und versprach, diesem die österreichischen Bedenken vorzutragen 20 . Ein Gutachten, das Ministerialrat von Flad anfertigte, skizzierte eine vorläufige Verteidigungslinie 2 1 : Der Widerspruch zwischen Bundes- und Landespressegesetzgebung sei durch den Vorbehalt von 1819 und 1824 zugunsten der Landesgesetze aufgehoben. Die monierte königliche Verordnung habe m i t dem Bundesverhältnis überhaupt nichts zu tun, weil sie nur eine Verordnung von 1823 aufhebe, die damals nicht politischer, sondern rein polizeilicher Natur gewesen sei. Dennoch sei es ratsam, darauf zu achten, daß die „Flora" keine politischen A r t i k e l aufnehme, um unangenehme Erörterungen am Bundestag zu vermeiden, die nur wieder den Gegen17

Heigel, L u d w i g I., S. 88 (nach Varnhagens Aufzeichnungen). ÖGB 2, 46 (Clam-Martinitz an Metternich v. 26. Nov. 1825). Der General wurde eigens nach München entsandt, u m das Terrain zu sondieren. I n einem ausführlichen Bericht (S. 26 - 46) schildert er die neue politische Szene i n München. 19 ÖGB 2, 54, A n m . 1 (Metternich an Trautmansdorff v. 23. Dez. 1825). 20 Ebd., S. 54 f. (Trautmansdorff an Metternich v. 27. Dez. 1825). 21 GStA M A 25003 (Gutachten Flads v. 29. Dez. 1825). 18

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satz zwischen Bundespressegesetz und I I I . Verfassungsedikt ins Bewußtsein rückten. Scharf wandte sich von Flad gegen den österreichischen Einspruch wegen der Übernahme der Zensur durch das Innenministerium. Seine abschließende Warnung w a r überdeutlich: „Jede Nachsicht und Gefälligkeit i n Anhörung, und auch nur vertraulicher, Erörterung solcher Einwürfe möchte die Lust zu unbefugter Einmischung nähren und diese zu einer für uns unbequemen Gewohnheit machen. Principiis obsta!" Der König reagierte mit Heftigkeit auf den Vortrag Thürheims 2 2 und machte dem Minister klar, daß ausschließlich der Wille des Monarchen bestimmend sei. Auch der österreichische Gesandte, Graf Trautmansdorff mußte einsehen, daß „der feste und unbeugsame Wille des Regenten das Bollwerk" war, „an welchem die Verwendungen des Ministers scheiterten" 23 . Die österreichische Politik schien i n den folgenden Jahren tatsächlich ihre wichtigste Bastion zu verlieren. Die Souveränitätsvorstellungen des Königs, der alte wittelsbachische Wunschtraum von der bayerischen Führung i m Konzert der Mittelmächte 2 4 , die Streitfrage des badischen Erbes, dies alles beschleunigte die Entfremdung zwischen Österreich und Bayern, die nicht zuletzt der bayerischen Presse zugutekam. Die vereinzelten Beschwerden der Staatskanzlei über bayerische Presseorgane waren kaum von Wirkung, sie steigerten höchstens die Unbeliebtheit Österreichs. So reichten die Schwingen des Doppeladlers während dieses Intervalls des Atemholens nicht so weit, wie Metternich es wünschte. Dafür erlebte der Konstitutionalismus i n Bayern seinen ersten Aufschwung. I n der erwachenden politischen Presse sprach sich bald ein veränderter, optimistischer Geist aus. Zahlreiche liberale Blätter entstanden; der politische Katholizismus artikulierte sich erstmals. Die Öffentlichkeit wurde zum Forum, aber auch zum Kampfplatz. Pressefehden erschütterten und spalteten die öffentliche Meinung, verunsicherten die Bürokratie und brachten bald auch das nur vordergründig liberale Weltbild des Königs ins Wanken. Bald nahmen auch Regierungsblätter und offiziöse Zeitungen den Wettbewerb um die Zustimmung einer Öffentlichkeit auf, die i n ihrer A n teilnahme stimuliert und durch Diskussion politisiert wurde.

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ÖGB 2, 55 f. (Trautmansdorff an Metternich v. 1. Jan. 1826). Ebd., S. 56. 24 Spindler, Hb. I V , 1, S. 158 ff.; L . Westphal, System u n d Wandlungen der bayerischen Außenpolitik, S. 357 ff., der L u d w i g I. als „letzten Repräsentanten der gesamtwittelsbachischen Staatsidee" (S. 357) bezeichnet u n d die E r kennung Armanspergs als Beleg für die „dogmatische Feindschaft gegen Österreich" (S. 359) wertet. 23

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus 2. Die Entstehung der „Parteien"-Presse in Bayern

Der Zustand der periodischen Presse war am Ende der Regierungszeit Max I. desolat. So w i r k t e sich der plötzliche Kurswechsel i n der Pressepolitik erst allmählich aus. Schneller vermochte die unperiodische Publizistik zu reagieren. Rudhart ließ eine kleine Schrift erscheinen, i n der er Gedanken publizierte, denen durch die Karlsbader Beschlüsse jeder Weg zur Verwirklichung versperrt worden war 2 5 . Der Landtag von 1827/2826 regte die öffentliche Diskussion entscheidend an. Von der Regierung selbst gingen dazu Anregungen aus, als ihr Vertreter vor der Abgeordnetenkammer ausführte: „Die Regierung w i l l Öffentlichkeit, . . . Sie erkennt i n der Öffentlichkeit die Grundbedingung für die Entwicklung alles konstitutionellen Lebens und vermag sich Öffentlichkeit ohne gesetzliche Preßfreiheit nicht zu denken. Nimmermehr w i r d das Staatsministerium unter der Regierung eines edelen und freisinnigen Königs wie der unserige sich dahin erniedrigen, durch schmöhlichen Preßzwang das freie Wort, die freie Schrift zu unterdrücken 27 ." Eine Reihe von Flugschriften 2 8 behandelte die wesentlichen Verfassungsfragen, i n der Presse begannen sich „öffentliche Meinungen" zu artikulieren, ein Publikum formierte sich, das der Objektrolle zu entwachsen suchte und Ansprüche an die Herrschaftsträger stellte. Aus den verschiedenen Interessen und Weltanschauungen, aus politischen Gegensätzen und gesellschaftlichen Spannungen sog der Meinungskampf seine Nahrung. Jetzt, da die engen Schranken der Zensur weitgehend aufgehoben waren, trugen Beharrung und Fortschritt ihren Kampf i n aller Öffentlichkeit aus. Die Regierung, die sich als neutral und über den gesellschaftlichen Gruppen stehend empfand, setzte offizielle Organe ein, um Einfluß auf die öffentliche Meinung zu gewinnen und ihrer Integrationspflicht gerecht zu werden. Drei Presseorgane repräsentierten diese Gruppierungen am deutlichsten: den katholischen Konservatismus die „Eos", den Liberalismus das „Bayerische Volksblatt" und den Regierungsstandpunkt das gemäßigt liberale „ I n l a n d " 2 9 . 25 „Über die Zensur der Zeitungen i m allgemeinen u n d besonders nach dem bayerischen Staatsrecht." Diese Schrift stellt eine überarbeitete Fassung des Rudhartschen Gutachtens aus dem Jahre 1819 dar. 26 Spindler, Hb. I V , 1, S. 137 ff.; Fr. Renz, Der bayerische Landtag von 1827/28. 27 P L V 1827/28, Bd. X I V , S. 409. 28 Dazu Franz, Verfassungskämpfe, S. 108 ff. 29 Grundlegend für die pressegeschichtlichen Zusammenhänge zwischen 1825 u n d 1831 ist immer noch Lempfrid, Anfänge. Trotz gründlicher For-

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Die 1818 begründete „Eos" 3 0 wurde am 1. Januar 1828 durch Vertrag zum Sprachrohr eines Kreises katholisch-konservativer Gelehrter, dessen Führung unangefochten Görres innehatte, der wortgewaltige, einst fortschrittliche Propagandist der Pressefreiheit 31 . I m Verein mit Döllinger, Baader, Ringseis, Seinsheim, Oberkamp und anderen profilierten Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Verwaltung kämpfte er für die Ideale des jungen politischen Katholizismus: „ I n der Abwehr des Liberalismus, der Auseinandersetzng mit den liberalen Zeitungen; durch Ablehnung der modernen repräsentativen Verfassungen, i n der Befürwortung des Ständestaates; für die Befreiung der Kirche vom absolutistischen Staatskirchtum-, . . . , für die Erneuerung des religiösen Lebens 32 ." Den restaurativen Lehren des Eos-Kreises haftete von vorneherein der Geruch der gezielten Provokation an. Die enge Verwandtschaft dieser Ideen m i t denen der staatlichen Reaktion brachte den Kreis i n Verruf. Der Verdacht einer konspirativen Sammlung restaurativer Kräfte kam i n der Öffentlichkeit auf. Das Schlagwort von der „Kongregation" erregte die Gemüter. Zur Verschärfung der gesellschaftlichen Spannungen t r u g nicht zuletzt die polemische Sprache der Zeitschrift bei, die selbst Sympathisanten als abträglich empfanden. Görres, ein Meister der Polemik, dessen Tiraden den Liberalismus treffen und den König gewinnen sollten, konnte das Verdienst i n Anspruch nehmen, als erster Bayerns Presse um ein Kampforgan bereichert zu haben, das seine liberalen Gegner an doktrinärer Halsstarrigkeit nicht selten übertraf 3 3 . I n der Wahl ihrer Mittel war die Zeitschrift nicht zimperlich: Verleumdung und Polemik waren ihr nicht fremd 3 4 . schungen u n d anregender Darstellung bleibt die Arbeit i n drei Punkten u n befriedigend: 1. Die Anschauungen des Verfassers über die oppositionelle Presse sind von deutlichen antiliberalen Vorurteilen geprägt, so daß die gesellschaftliche und politische F u n k t i o n der Presse nicht erfaßt w i r d . 2. Die Hauptquellen Lempfrids sind zeitgenössische publizistische Erzeugnisse, deren Aussagen nicht an anderen Quellengattungen überprüft w u r den, so daß sich manche „Zeitungsente" eingeschlichen hat. 3. Das Geflecht der außenpolitischen Beziehungen, die die Presse beeinflußten, w i r d weitgehend vernachlässigt. Vgl. Glashauer, Entstehen pol. Parteien, S. 6 - 42. 80 Differenziert u n d abwägend die vorzügliche Zusammenfassung E. Deuerleins, i n : Görres, Werke, Bd. 15; unentbehrlich w e i t e r h i n Kapfinger, Eoskreis, der Personen u n d Tendenzen des Kreises m i t deutlicher Sympathie darstellt; zu knapp u n d nicht frei von sachlichen Fehlern Spindler, Hb. I V , 1, S. 146 f. 31 Siehe Einleitung, A n m . 63. Neueste Bibliographie: J. v. Görres, Leben u n d Werk. Aus den Beständen der Stadtbibliothek Koblenz, Koblenz 1970. 32 Pesch, Kirchl.-pol. Presse, S. 149; vgl. auch Kapfinger, Eoskreis, S. 74 ff. 33 Den Streit m i t dem „ I n l a n d " brach eindeutig die „Eos" v o m Zaun; so Steuer, Cotta, S. 51; Kapfinger, Eoskreis, S. 61; Deuerlein, Görres, Werke 15, 24 ff.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Schon i n der Ankündigung 3 5 gab Görres das Ziel seiner publizistischen Tätigkeit offen bekannt: gegen die „zerstörenden Kräfte", die „seit Jahren das Gebäude der gesellschaftlichen Ordnung i n Europa unterwühlen", galt es die bestehende Gesellschaft, wie der Eos-Kreis sie sah oder wünschte, zu verteidigen. Dieses konservative Programm, das die modernen Verfassungen verketzerte und stattdessen den Ständestaat zu neuem Leben erwecken wollte, das einem überholten Aristokratismus huldigte und die Einheit von Thron und Altar propagierte, hatte keine Chance, i n der zum Liberalismus tendierenden bürgerlichen Öffentlichkeit Zustimmung zu finden. Daher zielte die „Eos" auch nicht auf eine breite Leserschaft ab, sondern wollte vorzüglich die oberen Regierungskreise, vor allem aber den König beeinflussen, dessen katholische Gesinnung zu Hoffnungen Anlaß gab 36 . Die Chancen des Kreises stiegen erheblich, als zu Beginn des Jahres der konservative Grandaur 3 7 , — einst Mitarbeiter des reaktionären, von der österreichischen Staatskanzlei finanzierten „Staatsmannes" —, zum Kabinettssekretär berufen wurde und wenig später Eduard von Schenk das Innenministerium übernahm 3 8 . Doch der König hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine restaurativen Absichten. Seine Verärgerung über den Widerstand der Konservativen, die auf dem Landtag seine politischen Reformen zum größten Teil torpediert hatten, verstärkte seine liberalen Tendenzen zunächst sogar. So stießen die Anbiederungen der „Eos" auf keine Gegenliebe 39 , zumal die Zeitschrift i n 34

Kapfinger, Eoskreis, S. 64 f. Abdruck bei Pesch, Kirchl.-pol. Presse, S. 235 f.; s.a. Lempfrid, Anfänge, S. 76 ff. 36 Die Auflage der Zeitung betrug n u r etwa 150 Stück, Bezieher hatte sie nur i n München und Umgebung (Kapf linger, Eoskreis, S. 92); zum österr. Interesse ÖGB 2, 217. Kapfinger verharmlost den politischen Charakter des Eoskreises, w e n n er, den zeitgenössischen Aussagen einiger seiner M i t g l i e der folgend, i h n als lose Tischgesellschaft von Gleichgesinnten darstellt (S. 21 ff.). Weitaus kritischer sind die Fragen u n d Feststellungen Deuerleins, Görres Werke 15, 17 ff. und 4 8 b - d ; aufschlußreich ders., i n : Unser Bayern, 3. Jg./ 1954, Nr. 10, S. 75 f. Eine eingehende Untersuchung über den politischen Einfluß des Kreises und seiner Sympathisanten, insbesondere Grandaurs u n d Schenks, auf den K ö n i g u n d seine Kontakte m i t dem französischen Kongregationalismus könnte interessante Aufschlüsse geben. Eine uneingeschränkte Benützung des G H A München wäre dazu allerdings die Voraussetzung. 37 Das Fehlen einer Biographie stellt eine erhebliche Lücke dar. Wenige Hinweise n u r bei Spindler, Erbe u n d Verpflichtung, S. 268 ff. 38 Auch für Schenk liegt keine akzeptable Biographie vor. F ü r die Amtszeit Schenks als Minister bes. Spindler, Briefwechsel. 39 Vgl. dazu die Klage Döllingers i n einem Brief an Räß v o m 4. Dez. 1828 (J. Friedrich, I. v. Döllinger Bd. 1, S. 223): „Unsere hiesigen kirchlichen A n sichten sind nicht eben die glänzendsten; der K ö n i g scheint wenig Sinn mehr dafür zu haben; er trägt sich ganz m i t anderen Plänen und meint w a h r 35

IV. Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

ihren kirchenpolitischen Vorstellungen gegen die Regierung Front machte 40 .

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selbst

Als die „Eos" sich i n eine heftige Fehde m i t dem neubegründeten Regierungsblatt „Das Inland" stürzte 4 1 und dabei indirekt auch liberale Regierungskreise m i t „dem vergorenen Ausschuß der Zeit, der auf 1793 oder 1805 sitzen geblieben" 42 , verschwistert sah, gingen die Betroffenen zum Gegenangriff über. Während Schenk sich betont neutral verhielt 4 3 , nahm allen voran Hormayr den Kampf auf 4 4 . Sein Einfluß und die negativen Erfahrungen m i t dem neuen Papst Pius V I I I . beim Rombesuch i m Frühjahr 1829 — besonders i n der Mischehenfrage — haben den König w o h l dazu bewogen, i m Herbst des Jahres 1829 Görres und seine Mitarbeiter zum Rücktritt zu zwingen 4 5 . Doch damit war der Zeitschrift noch keineswegs das Lebenslicht ausgeblasen. Schon seit dem Frühjahr 1830, besonders aber nach der französischen Julirevolution, gewann der Kreis und m i t ihm die Zeitschrift erneut an Boden. Görres unterstützte den König nun publizistisch i n seinen aufkeimenden reaktionären Absichten. Er verteidigte die restriktiven Maßnahmen des Jahres 1831 und nahm erneut den Kampf gegen ein Regierungsblatt und seinen politischen Mentor, Fürst Wallerstein, auf. Erst Mitte des Jahres 1832, als unter der Fuchtel des Bundes die liberale Presse i n ganz Deutschland mundtot gemacht wurde, zog sich der Görreskreis von der Zeitschrift zurück, die damit i n die frühere Bedeutungslosigkeit zurücksank 46 . M i t Sicherheit stellten die Pressefehden, i n die sich die „Eos" mehrfach zielstrebig stürzte, mehr dar als bloße publizistische Auseinandersetzungen. „ I n der Auffassung über die Freiheit des Geistes und den Geist der Freiheit w i r d eine geistesgeschichtliche Trennung vollzogen. Liberalismus und Katholizismus stehen sich zum Kampf gegenüber 47 ." Von zukunftsweisender Bedeutung wurde die Tatsache, daß Görres sich nach anfänglicher Aufgeschlossenheit und zahlreicher persönlicher Kontakte vom liberalen Katholizismus französischer und belgischer Proscheinlich, er habe genug für die Kirche getan, u n d könne getrost auf seinen kirchlichen Lorbeeren ausruhen." 40 Baader sah i n der „Eos" ein Oppositionsblatt, w e i l die Tendenz der Zeitschrift restaurierend, „jene unserer Regierung ohne Zweifel aber dieses nicht i m m e r ist". (Friedrich, Döllinger 1, 225). 41 Kapfinger, Eoskreis, S. 67 ff. 42 Lempfrid, Anfänge, S. 93, A n m . 1. 43 Spindler, Briefwechsel, S. 78 f. (Schenk an L u d w i g I. v. 4. März 1829). 44 Kapfinger, Eoskreis, S. 87 f.; Steuer, Cotta, S. 53 (Teilabdruck Hormayr an L u d w i g I. v. 13. März 1829); Deuerlein, Görres Werke 15, 25 f. und 48 d. 45 Kapfinger, Eoskreis, S. 89. 46 Ebd., S. 102 ff.; Deuerlein, Görres Werke 15, 46 - 48 a. 47 Ebd., S. 48 e.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

venienz abwandte 4 8 und sich mehr und mehr mit dem französischen Kongregationalismus identifizierte. Denn m i t dieser Entscheidung geriet die Kirche stärker, als es die historischen Voraussetzungen erzwangen 49 , und tiefer, als es ihrer Unabhängigkeit zuträglich war, i n die Einflußzone der staatlichen Restauration und Reaktion, ja sie wurde ihre Stütze und eine ihrer wichtigsten Rechtfertigungsinstanzen für Erhaltung der bestehenden Ordnung und gegen jede, selbst reformerische, Veränderung. Die bedeutendste Neugründung i m liberalen Lager war das „Bayerische Volksblatt" 5 0 des ehemaligen Burschenschaftlers Dr. Eisenmann aus Würzburg. Eisenmann war ein typischer Vertreter des spezifisch süddeutschen Liberalismus, der schwärmerischen Patriotismus und treue monarchische Gesinnung mit den Freiheitspsotulaten der liberalen Lehre zu vereinigen suchte. Nicht die Einheit Deutschlands stand i m Vordergrund, sondern der Fortschritt der bayerischen Nation war oberstes Ziel. Bayern sollte unter der Führung eines freisinnigen Königs zur konstitutionellen Vormacht i n Deutschland aufsteigen und unter seinem Banner zunächst Süddeutschland und schließlich das ganze Deutschland einigen 51 . I n modifizierter Gestalt kehrten hier die alten Triasideen wieder, m i t ihrer deutschen Frontstellung gegen die Großmächte und den von ihnen kontrollierten Bund. Diese Tendenz war charakteristisch für viele der liberalen Führer Neubayerns. I n der Abwehr gegen den Bund wurden sie Anhänger eines bayerischen Reichsnationalismus. Dieser Vorgang hatte hohen integrativen Wert für das Staatsganze und wurde daher ursprünglich von der Regierung selbst unterstützt. Das „Volksblatt", der publizistische Repräsentant dieses bayerischpatriotischen Konstitutionalismus, verfügte nicht nur über gute Korrespondenten, sondern auch über eine Reihe gelehrter Mitarbeiter 5 2 . Nach 48

Ebd., S. 41 ff. Z u m Verhältnis von deutschem u n d französischem Katholizismus a l l gemein K . Buchheim, Geschichte der christlichen Parteien i n Deutschland, S. 31 ff. u n d 67 ff.; H. Maier, Revolution u n d Kirche, bes. S. 11 ff.; zum Staatskirchentum i m 19. Jahrhundert i n Bayern bes. Möckl, Prinzregentenzeit, S. 228 ff. 50 Dazu ausführlich die Biographie von Borngässer, einige bisher unbekannte Ergebnisse bei Hoff mann; einschlägig auch Lempfrid, Anfänge, S. 106 ff. und Stadtmüller, Würzburger Presse, S. 68 ff. Das „Bayerische Volksb l a t t " ist i n Spindler, Hb. nicht einmal erwähnt. 51 1832 soll Eisenmann dem Stadtkommissär Wiesend gegenüber geäußert haben (nach Borngässer, Eisenmann, S. 26): „Ich habe j a dem K ö n i g von Bayern die süddeutsche Kaiserkrone angeboten. Hätte er sie doch genommen! W a r u m hat er sie nicht genommen?" 52 Darunter die Professoren Schönlein, Brendel und Seuffert, namhafte Liberale wie Bentzel-Sternau, die beiden Hornthals und nicht zuletzt Behr, dessen Rolle innerhalb der Redaktion umstritten ist. Gegen Lempfrids Behauptung (Anfänge, S. 105; ähnlich ÖGB 2, 304), Eisenmann sei n u r der 49

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ersten Anfangsschwierigkeiten, — i m ersten Halbjahr setzte Eisenmann nur 85, i m zweiten bereits 200 Exemplare ab — stieg die Zahl der Abonnenten i m zweiten Jahr schon auf 500 - 600, i m Kampf jähr 1832 hatte es sogar 2000 Abnehmer 5 3 . Diese Auflagenhöhe ist um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, daß die Zeitung sich ausdrücklich nur an „den höher gebildeten mündigen Teil der Nation" richtete, „der durch seine Stellung i m öffentlichen Dienst oder infolge unserer Institutionen berufen ist, an den öffentlichen Angelegenheiten Anteil zu nehmen" 5 4 . Das „Volksblatt" sah seine Aufgabe i n konstruktiver Opposition. Es forderte die volle Öffentlichkeit der staatlichen Tätigkeit und betrachtete sich selbst als Überwachungsorgan. Die Regierung zu kontrollieren, den Ausbau der Verfassung i m liberalen Sinne zu fördern und Verbesserungsvorschläge und Anregungen zu bieten, waren seine zentralen Programmpunkte. Eisenmann sparte nicht m i t Lob für den König, er pries die bayerische Verfassung i n den höchsten Tönen, vor allem den Freiheitsraum, den sie der Presse zugestand, und er schlug mehr als einmal regierungsfreundliche Töne an. M i t Schärfe prangerte er aber ebenso die Mißstände i n der Verwaltung an und startete Angriffe gegen unverantwortliche Ratgeber des Königs. Diese sachliche, gemäßigte Tendenz scheint beim König zunächst A n klang gefunden zu haben, obwohl man in seiner näheren Umgebung bemüht war, das Blatt vom Herrscher fernzuhalten 55 . Dennoch erfreute sich Eisenmann bald der königlichen Huld; er war sogar i m Gespräch, als es um die Planung und Leitung eines Regierungsblattes ging 5 6 . Anfang 1830 bestätigte i h m ein Billett, das Gradaur i m Auftrag des Königs geschrieben hatte, daß das „Bayerische Volksblatt" sich durch seinen Stil vor allen anderen auszeichne und daher vom König gnädig aufgenommen worden sei. Der Monarch bat sogar darum, i h m künftig jede neuerscheinende Nummer zuzusenden 57 . Und selbst 1831 war Eisenmanns Ansehen beim König noch so hoch, daß er i h m durch von der Tann die Leitung einer Staatszeitung anbieten ließ und ihn zu einer einstündigen Audienz empfing, i n der er die Unterstützung des Strohmann einer fränkischen Professorengruppe gewesen, hat Borngässer (S. 30 ff.) überzeugend nachgewiesen, daß Eisenmann selbst der Begründer, Besitzer und Herausgeber des „Volksblattes" w a r und dessen politische Richtung bestimmte. 53 Stadtmüller, Würzburger Presse, S. 76. 54 Lempfrid, Anfänge, S. 106 (Nr. 1 v. 2. Jan. 1830). 55 Borngässer, Eisenmann, S. 68 f. Die ersten 18 N u m m e r n der Zeitung, die Eisenmann dem K ö n i g zugesandt hatte, erreichten diesen offensichtlich nicht. Auch ein Gesuch auf Audienz beim K ö n i g wurde abgelehnt. 56 Groth, Zeitung 2, 134; Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 14 (Antrag Schenks i m Ministerrat v. August 1830); ÖGB 2, 322, A n m . 1. 57 Borngässer, Eisenmann, S. 68.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

„Volksblattes" für seine Budgetpläne auf dem Landtag zu gewinnen suchte 58 . Die Ablehnung dieser Angebote und die spätere Verschärfung des Tones i m „Volksblatt" waren sicher ausschlaggebend für die außerordentliche Härte, m i t der Eisenmann 1832 bestraft wurde. Hatte Eisenmann i n den Ministern Armansperg 5 9 und Stürmer 6 0 wohlwollende Förderer, so erwuchs i h m sein Hauptgegner i n der Kreisverwaltung, die den unliebsamen K r i t i k e r und Mahner schon bald unter Druck setzte. Dabei drängt sich der Eindruck auf, daß diese Maßnahmen unabhängig vom König, wenn nicht gar gegen seinen Willen erfolgten, weil sie seinem pressepolitischen Konzept widersprachen. Eine Warnung, die dem Redakteur 1830 zuging, gab über Pläne der Regierung Auskunft, ein niedergeschlagenes Verfahren aus dem Jahre 1824 wiederaufzunehmen, i n das Eisenmann wegen seiner Zugehörigkeit zum Tugendbund verwickelt war 6 1 . Ob Schenk selbst hinter diesem Plan stand, ist nicht nachweisbar. Aus seiner allgemeinen Aversion gegen die politische Presse läßt sich allerdings schließen, daß er dem „Volksblatt" nicht so gewogen war, wie dies seine m i t Rücksicht auf den König ausgesprochenen Bekundungen des Wohlgefallens vermuten ließen 62 . Auch über Grandaurs Einfluß beim König und seine Folgen für das „Volksblatt" ist nur wenig aussagekräftiges i n den vorliegenden Akten zu finden 6 3 . Sicher nachweisbar jedoch ist die Gegnerschaft des Regierungspräsidenten des Untermainkreises, Frh. zu Rhein. Schon zu Beginn des Jahres 1830 wies er den Stadtkommissar von Würzburg zu strenger Aufsicht und zu scharfem Einschreiten an 6 4 ; am 18. Januar erging eine geharnischte Erklärung der Kreisregierung an den Redakteur, die „die vielen beleidigenden Ausfälle" gegen die höchste Staatsbehörde tadelte 6 5 . Den König versuchte zu Rhein ebenfalls von der Gefährlichkeit des Blattes zu überzeugen. Er kritisierte Eisenmann, weil er „unter der Maske des konstitutionellen Biedermanns hämische 58

Hoffmann, Eisenmann, S. 25. Nach Glossy, Literarische Geheimberichte, Bd. 22, S. 82, wurde Eisenmanns Unternehmen von Armansperg finanziert u n d m i t A r t i k e l n beschickt. 60 Borngässer, Eisenmann, S. 62, weist auf eine für das „ V o l k s b l a t t " besonders günstige Verordnung Stürmers v o m 19. J u l i 1831 hin, i n der der Zensor angewiesen wurde, das B l a t t „ b i l l i g zu zensieren", so daß keine auswärtigen Beschwerden zu erwarten seien. 61 Hoffmann, Eisenmann, S. 22. 62 Borngässer, Eisenmann, S. 51, unterschätzt das Doppelspiel Schenks ebenso w i e schon Eisenmann selbst. 63 Aus dem Nachlaß Ludwigs I., der m i r nur i n A u s w a h l vorgelegt wurde, und den Tagebüchern des Königs, deren Benützung m i r nicht genehmigt wurde, wäre sicher genauerer Aufschluß zu gewinnen. 64 Borngässer, Eisenmann, S. 50. 65 Stadtmüller, Würzburger Presse, S. 74. 59

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Grundsätze über Regenten und Regierung" verbreite 6 6 . Damit erzielte zu Rhein zumindest einen Teilerfolg; denn der König erteilte i h m den Auftrag, Nachforschungen über die Zeitung und ihre Mitarbeiter anzustellen 67 . Eisenmann, der das Spiel durchschaute, ging zum Frontalangriff gegen den Regierungspräsidenten über 6 8 . Zugleich hob er i n einer demonstrativen Artikelserie den Stellenwert der Pressefreiheit i m konstitutionellen System hervor 6 9 . Das veränderte innenpolitische K l i m a i m Gefolge der französischen Julirevolution ließen auch das „Volksblatt" nicht unberührt. Die Pressionen durch die Verwaltungsbehörden nahmen zu, die repressiven Verfügungen häuften sich von diesem Zeitpunkt an i n auffälliger Weise 70 . Dennoch ging Eisenmann von seiner gemäßigten Oppositionshaltung nicht ab. Selbst nach der Zensur Verordnung von 1831 gab er seinen Glauben an die Liberalität des Königs nicht völlig auf. Wie viele seiner journalistischen Kollegen stieg er m i t seinem „Constitutionellen Bayern" auf die unperiodische Publizistik um. Z u Rhein versuchte i h m auch diesen Weg zu versperren, indem er eine verfassungswidrige Zensur für unperiodische Nachfolgeschriften vorschlug 71 . Zugleich geriet Eisenmann auch verstärkt ins Blickfeld des Bundestages, wo Lerchenfeld eine Abwehrfront organisierte 72 . Doch immer noch zeichnete Eisenmanns Publizistik eine Bereitschaft zum Kompromiß aus, die i h m sogar die heftige Feindschaft der radikalen Publizisten eintrug 7 3 . Für wenige Monate — die Zeit des Ministerverwesers von Stürmer — ergriff er sogar die Partei der Regierung gegen den Radikalismus i n Landtag und Presse 74 . Erst als der Bundestag und mit i h m L u d w i g I. offen den Weg i n die Reaktion wählten, verlor er den Glauben an den König und an die besondere Aufgabe Bayerns. Mehr und mehr entwickelte er sich von einem konstitutionellen bayerischen Patrioten zum demokratischen „Deutschnationalen". Die Heftigkeit seiner publizistischen Äußerungen gegen den Bund, den Regierungsabsolutismus und die Verwaltungsw i l l k ü r i n Bayern waren durch die unmittelbaren Auswirkungen einer reaktionären Bundespolitik auf Bayern provoziert und erscheinen dem heutigen Leser durchaus verständlich. Dem Kesseltreiben, das die Gesandten der Großmächte, der Bundestag und sein Intimfeind zu 66 H S t A M I n n 45285 (Zu Rhein an K ö n i g v. 17. Febr. 1830); auch Borngässer, Eisenmann, S. 50. 67 H S t A a.a.O. (Grandaur an Z u Rhein v. 23. Febr. 1830). 68 Borngässer, Eisenmann, S. 51. 09 Lempfrid, Anfänge, S. 110. 70 H S t A M I n n 45285 m i t zahlreichen Belegen. 71 H S t A M I n n 25102 (Zu Rhein an K ö n i g v. 31. März 1831). 72 GStA M A 25018 (Lerchenfeld an M Ä u ß v. 11. Febr. 1831). 73 Borngässer, Eisenmann, S. 66 f. 74 Ebd., S. 62.

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Rhein 7 5 gegen ihn veranstalteten, erlag Eisenmann schließlich 76 . Stoff für eine Anklage und Verurteilung wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung war schnell gefunden. A m 21. September 1832 schlossen sich für fünfzehn Jahre die Gefängnistore hinter ihm. Über den „Parteien" zu stehen, ausgleichend auf die öffentliche Meinung zu w i r k e n und zugleich um Verständnis und Anerkennung für die Politik der Regierung zu werben, waren die Intentionen, aus denen Ludwig I. sich bald nach seinem Regierungsantritt um die Begründung eines offiziellen Blattes bemühte. Der Gedanke einer positiven Pressepolitik stand stark unter dem Einfluß liberalen Denkens: Der Austausch der Meinungen zur Förderung des Gemeinwohls war anerkannt, die Macht einer öffentlichen Meinung nicht mehr i n Frage gestellt und die freie Presse als ein wesentliches Element des konstitutionellen Staatslebens anerkannt. Schon 1826 versuchte der König, die A A Z enger an die Regierung zu binden. Doch Cotta lehnte die vorgeschlagene Verlegung des Instituts nach München ab, wobei er sich des Vorwands technischer Schwierigkeiten bediente, i n Wahrheit jedoch, um eine zu enge Abhängigkeit der Zeitung zu vermeiden 77 . Die „Münchner Politische Zeitung, das älteste Blatt der Hauptstadt, die schon unter Max I. der Regierung als offiziöses Organ gedient hatte, fand als reines Nachrichtenorgan wenig Aufmerksamkeit. Ihre Farblosigkeit engte den Kreis der potentiellen Leser von vorneherein ein. Die Regierung aber wollte Breitenwirkung erzielen. Daher hielt Armansperg aus verständlichen Gründen recht wenig von diesem Organ 7 8 , zumal sie noch zusätzlich zu ständigen Kompetenzkonflikten mit dem Innenministerium Anlaß gab 79 . I n der Tat war m i t diesem Fossil aus absolutistischen Tagen kein Staat mehr zu machen 80 . I n einer Zeit, die zum Meinungsstreit und zur Gesinnungs75 H S t A M I n n 25102 (Zu Rhein an K ö n i g v. 5. Dez. 1831) bietet ein typisches Beispiel für das beständige Drängen der Bürokratie auf Verschärfung der Zensur. 76 Daß unter dem M i n i s t e r i u m Öttingen-Wallerstein außenpolitische Überlegungen das Übergewicht bekamen, bestätigt auch Borngässer, Eisenmann, S. 73 ff. Die Überschreitung der Grenze der äußeren Politik, vor allem durch A r t i k e l gegen die beiden Großmächte und den Deutschen Bund, brachten Eisenmann schließlich i n die M ü h l e n der Reaktion. 77 ÖGB 2, 127 f.; Steuer, Cotta, S. 14 - 16 und 38, m i t Vorschlag Ludwigs von 1822, den gesamten Verlag nach Augsburg zu verlegen. 78 1830 bestellte er sogar die Bezugsexemplare des Außenministeriums ab. (GStA M A 74014 Sendtner an Armansperg v. 26. Dez. 1830.) 79 Ebd. (Flad an M I n n v. 2. März 1829; M Ä u ß an M I n n v. 9. März 1829; M I n n an M Ä u ß v. 18. März 1829). Da dem Innenminister die Zensur v. Flads zu großzügig war, gab Armansperg das Zensurgeschäft schließlich an die Regierung des Isarkreises ab. 80 H. Lewald, Panorama von München, 2. Teil, Stuttgart 1835, S. 115: „Es w a r immer dieselbe Nüchternheit, dieselbe Unbedeutendheit; und selbst die

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presse drängte, war von einer nüchternen Hofpostille nicht zu erwarten, daß sie bei einem breiteren Publikum Resonanz hervorrufen würde. Um das wissenschaftliche und publizistische Leben i n Bayern anzukurbeln, nahm L u d w i g I., vermittelt durch Schenk, Verbindung zu Hormayr auf, der i h m schon kurz nach seinem Regierungsantritt seine Dienste angetragen und ein entsprechechendes publizistisches Programm vorgetragen hatte 8 1 . Nach mehrjährigen Verhandlungen 8 2 setzte der König gegen alle Widerstände, den Protest Metternichs, die Ablehnung des Staatsrats, den Einspruch der Akademie der Wissenschaften und des zuständigen Ressortministers Armanspergs und die negativen Stimmen i n der konservativen Publizistik, die Berufung Hormayrs durch 83 . I m Oktober 1828 trat dieser seinen Dienst i m Außenministerium an, dessen Leiter er bereits i n mehreren Briefen an den König der Unfähigkeit und Schwäche bezichtigt hatte 8 4 . Als eine „ A r t bayerischer Pressechef" 85 war Hormayr zuständig für alle wissenschaftlichen A t t r i bute des Außenministeriums, darunter auch die Einwirkung auf die innere und äußere Journalistik. Für einige Zeit scheint er zu den einflußreichsten Persönlichkeiten i n Bayern gezählt zu haben 86 . Seine intellektuellen Fähigkeiten, aber auch seine Begabung zu wohldosierter Schmeichelei, sein Einfallsreichtum und seine literarischen und historischen Kenntnisse ließen ihn für L u d w i g I. als unentbehrlichen Ratgeber erscheinen. Aus persönlichem Neid und politischem Gegensatz erwuchsen i h m zahlreiche Gegner, denen er durch seine Neigung zur Intrige das Werk erleichterte. Sein publizistischer Kampf gegen die „Eos" verfeindete i h m den ehemaligen Fürsprecher Schenk, dessen geZahl des erlegten Wildes in den öffentlichen Berichten der königlichen Jagd hatte der „Landbote" oft richtiger und früher und die „Politische Zeitung" sah 8 1 sich dann gezwungen, ihn nachzudrucken." Dazu Steuer, Cotta, S. 37 ff.; Lempfrid, Anfänge, S. 85 ff.; Rupp, Presse-

politik, S. 75 ff. V i e l zu wenig beachtet ist die niederländische Arbeit von M. P. Prins über Hormayr, der gestützt auf reiches Quellenmaterial eine gelungene Ehrenrettung des Historikers u n d Publizisten bietet. Spindler, Hb. I V , 1, S. 147, hält sich an das traditionelle Verdammungsurteil und läßt Prins' Ergebnisse unberücksichtigt. 82 Prins, Hormayr, S. 222 ff. 83 Ebd., S. 239 u n d 267 f. 84 Ebd., S. 255 ff. 85 D'Ester, i n : Handbuch der Zeitungswissenschaften, A r t i k e l „Bayern", S. 356. 86 Prins, Hormayr, S. 295 (Hormayr an Rudhart v. 12. A p r i l 1834): „Die Epoche meines größten Einflusses w a r vom November 1827 bis Jenner 1830. Damals schoben Schenk und Konsorten immer mich voran, w e n n sie etwas durchsetzen wollten." Wie hoch der K ö n i g selbst Person u n d A m t H o r mayrs einschätzte, zeigt auch die für den sparsamen Monarchen ungewöhnlich hohe Dotation: Aus seiner Stelle als Geheimer Rat i m Außenministerium und der Mitgliedschaft i n der Akademie der Wissenschaften bezog Hormayr das stattliche Gehalt von 6000 fl.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

schicktes Spiel i h n schließlich aus seiner einflußreichen Stellung entfernte 8 7 . Von erheblicher Bedeutung war daneben der Haß Metternichs, der Hormayr zeit seines Lebens verfolgte 88 . Es ist sicher kein Zufall, daß Hormayr i n dem Augenblick fiel, als der österreichische Einfluß i m Wachsen begriffen war und der bayerische König der reaktionären Bundespolitik Gehör schenkte. Das Hauptverdienst für die Entstehung einer qualitativ hochstehenden Regierungspresse i n Bayern kommt ohne Zweifel Hormayr zu. Schon von Wien aus hatte er Schenk seine Vorschläge zur Gründung einer gelehrten Zeitschrift und zur geschickten Benützung der Cotta-Presse unterbreitet 8 9 . Als Ergebnis zahlreicher Anregungen und längerer Verhandlungen erschien am 1. Januar 1829, ausgestattet m i t einer ungewöhnlichen Fülle an Vergünstigungen, ein neues Cotta-Blatt, das „ I n l a n d " 9 0 . Alle höheren Beamten waren zur Mitarbeit angehalten, eine Aufforderung, der allerdings wenig Erfolg beschieden war. Die Staatsbehörden w u r den zum Bezug der Zeitung verpflichtet. Einen Mindestabsatz von 400 Exemplaren garantierte die Regierung dem Herausgeber. Beim Innenministerium unterhielt die Redaktion ein eigenes Büro, i n dem die aktuellsten Aktenstücke unmittelbar exzerpiert werden konnten 9 1 . Das „Inland" sollte zugleich als ministerielles Organ und als Ausdruck der öffentlichen Meinung wirken, ein Programm, das ohne Konflikte kaum zu verwirklichen war. Der Versuch, den Gegensatz zwischen Staat und Gesellschaft und die gesellschaftlichen Spannungen und Widersprüche zu verdecken, war ein problematisches Unterfangen. I n seiner ersten Nummer stritt das Regierungsblatt kurzerhand das Bestehen von Parteien i n Bayern ab und stellte eine A r t von interessengebundener Identität zwischen Regierung und Öffentlichkeit her, die i n Wahrheit nicht bestand. Dennoch war die Freizügigkeit, m i t der das Blatt redigiert wurde und der Ministerialrat Abel die Zensur ausübte, ein Novum. Erste Spannungen jedoch traten schon Ende 1829 auf. M i t der Übernahme der Reduktion durch Puchta, der dem Eos-Kreis nahestand, geriet das Blatt aus dem Einflußbereich des Außenministeriums und Hormayrs 9 2 . Durch einen erneuten Redaktionswechsel sollte die 87 Das Verfahren Schenks, beim K ö n i g Mißtrauen zu erwecken, ohne d i rekte Anschuldigungen auszusprechen, besonders deutlich i n Spindler, Briefwechsel, S. 135 (Schenk an L u d w i g I. v. 1. M a i 1830). 88 Vgl. ÖGB 2, 210 f., 214 f., 252 f., 254, 259. M. Bezdeka, Biographie d. Frh. J. v. Hormayr, S. 177 ff. 89 Schiller, Cotta, 2, 220 f. (Hormayr an Cotta v. 26. Jan. 1828). 90 H S t A M I n n 25105 (bes. A n t r a g M I n n v. 22. Nov. 1828); ÖGB 2, 216 f. 91 Steuer, Cotta, S. 43 ff. 92 Lempfrid, Anfänge, S. 86. Puchta bestritt bereits i n der ersten Nummer, die unter seiner Leitung erschien, daß das „ I n l a n d " ein Regierungsblatt sei. (So Rupp, Pressepolitik,

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Zeitung 1831 wieder stärker an die Regierung gebunden werden. Dem liberalen Chefredakteur Schulz wurde als ministerieller Mitarbeiter der konservative Privatdozent Stahl beigegeben. I m Februar trat auf Empfehlung des konservativen Abgeordneten Vetterlein W i r t h der Redaktion bei, um sich vorwiegend der Landtagsberichterstattung zu w i d men 9 3 . Unter seiner Ägide entwickelte sich das „Inland" schnell zum Oppositionslbatt. Nach wenigen Monaten härtester Zensur gab Cotta dem Druck der Regierung — vor allem Schenks, der wegen seiner Zensurverordnung mehrfach heftige Angriffe zu ertragen hatte — nach und stellte das Erscheinen des Blattes ein 9 4 . Schon 1830 ließen die unerfreulichen Erfahrungen m i t dem „Inland" es dem König geraten erscheinen, ein zusätzliches Blatt als Korrektiv ins Leben zu rufen. Die Schwierigkeiten der Regierung, ihre Ansichten publik zu machen, waren unübersehbar. Regierungszeitungen erfreuten sich keines besonderen Ansehens. A r t i k e l i n renommierte Organe einzurücken, scheiterte häufig am Widerstand der Redaktionen, die den Geruch der Regierungsabhängigkeit und dadurch Abonnentenverluste befürchteten 95 . U m diesem Mißstand abzuhelfen, wurde ein neues, ergänzendes Blatt ins Leben gerufen, dessen Titel Programm war und dessen Mitarbeiterstab sich deutlich aus dem konservativen Lager rekrutierte 9 6 . A u f Anregung des Königs unterbreitet Staatsrat von Maurer 9 7 ein Gutachten, nach dem die Hauptaufgabe des „Thron- und Volksfreundes" i n der Bekämpfung des „Bayerischen Volksblattes" liegen sollte, ein recht bescheidenes Betätigungsfeld für ein eigenständiges Regierungsorgan 98 . Selbst der wöchentliche Erscheinungstermin war auf das Volksblatt ausgerichtet. Der leitende Redakteur sollte kein Beamter sein, um auch das Vertrauen des Volkes zu gewinnen; ein Redaktionsrat aus Beamten hatte i h n allerdings zu unterstützen und zu überwachen. Doch bei der Besetzung der Redakteursstelle traten schon erste Schwierigkeiten auf. Die Leitung eines Regierungsblattes gehörte zu den unangenehmsten Aufgaben, die sich denken ließen. S. 83.) Steuer, Cotta, S. 54 f., weist darauf hin, daß Puchta i n Verbindung m i t Schenk stand und i n der Öffentlichkeit als M i t g l i e d der Kongregation v e r dächtigt wurde. Die Vermutung, daß der Eoskreis nach dem Verlust seines Organs auf diesem Wege publizistischen Einfluß zu gewinnen suchte, ist daher nicht abwegig. 93 Steuer, Cotta, S. 72 ff. 94 H S t A M I n n 45313; Spindler, Briefwechsel, S. 425 f. 95 G H A L I, I I A 21; i n einem Brief v o m 26. Januar 1830 berichtet Maurer dem K ö n i g von mehreren vergeblichen Versuchen, einen A r t i k e l gegen das „Volksblatt" i n verschiedenen Zeitungen unterzubringen. 9e Steuer, Cotta, S. 85 ff.; Rupp, Pressepolitik, S. 85 ff.; Spindler, B r i e f wechsel, S. 412. 97 Z u r Person s. K . Dickopf, i n : Z B L G 29/1966, S. 157 ff. 98 H S t A M I n n 45315 (Maurer an Schenk (?) v. 25. Febr. 1830). 9 Tremi

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Obwohl der Redakteur nur ein M i n i m u m an Selbständigkeit besaß", mußte er stellvertretend für die Regierung die Anfeindungen einer liberalen Öffentlichkeit über sich ergehen lassen. Es war daher nicht verwunderlich, daß Schenk erst nach zwei Ablehnungen i n dem hochkonservativen Privatdozenten Julius Stahl seinen Mann fand 1 0 0 . Doch dieses Unternehmen, das zu deutlich eine Defensivposition bezog und von Anfang an unter konservativen Vorzeichen stand, fand bereits nach acht Nummern ein klägliches Ende. Nicht nur die organisatorischen Schwächen, die mangelnde finanzielle Ausstattung, die Uneinheitlichkeit des Mitarbeiterstabes und die Überlastung der M i t arbeiter durch ihre hohen Staatsämter waren, wie Schenk meinte 1 0 1 , der Grund für das Ende des Blattes. Die tiefere Ursache lag i n der Einstellung der konservativen und absolutistisch-zentralistischen Kräfte, die das Unternehmen trugen, zur Presse. Denn sie standen i n dem Dilemma, die politische Auseinandersetzung m i t einem Medium führen zu müssen, das sie verachteten und dessen Existenzberechtigung sie in Frage stellten. Beide Regierungsblätter aber waren zum Scheitern verurteilt, weil sich ihre Selbsteinschätzung auf falsche Ausgangspostulate gründete. Denn die Einheit von Staat und Gesellschaft war eine Fiktion, die den gesellschaftlichen und politischen Tatsachen nicht entsprach. Die Entwicklung des „Inlandes" m i t seinem mehrfachen RichtungsWechsel gibt Zeugnis von der Spaltung der Gesellschaft i n zwei ideologische Lager, zwischen denen kein ausreichender Konsens herzustellen war. Konservatismus und Liberalismus boten einander widersprechende Alternativen zur Lösung der Zeitprobleme an. Noch weniger war eine ausgleichende Versöhnungsformel für die Extrempositionen der Reaktion und des Radikalismus zu finden, zu denen die Auseinandersetzung i m Jahre 1832 endgültig eskalierte, nachdem i n den herrschenden Kreisen der Wille zur Reform erlahmt war. A n der Macht eines angeblich schwachen Staatenbundes und dem Anspruch eines uneingeschränkten Neoabsolutismus' scheiterte der Ausgleich zwischen monarchischer Herrschaft und bürgerlicher Gesellschaft. Die verschiedensten Erklärungsversuche hat die Forschung bemüht, um der pressepolitischen Wende zwischen 1830 und 1832 nachträglich eine gewisse innere Logik zu verleihen. Häufig lastete man der Presse die Hauptschuld an: Ihre Minderwertigkeit, ihre Boshaftigkeit und Respektlosigkeit sollen der Grund für die veränderte Haltung des 99 Ebd. Signât Ludwigs I. v. 25. Februar 1830, i n dem ausdrücklich der Wunsch ausgesprochen ist, der Redakteur müsse zuverlässig sein u n d seine Grundsätze hätten m i t denen des Königs i m Einklang zu stehen. 100 Ebd. ( M I n n an K ö n i g v. 13. März 1830). 101 Rupp, Pressepolitik, S. 86 f.

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Königs gewesen sein. Daß nach 1828 eine große Zahl journalistischer Sumpfblüten aus dem Boden schoß, ist nicht zu bestreiten 102 . Doch diese Blättchen hatten zu wenig Bedeutung, um mehr als Mißstimmung beim Herrscher hervorzurufen. M i t ihren niedrigen Abnehmerzahlen und ihrer seichten Unterhaltungstendenz stellten sie sicher keine Gefahr für das bestehende System dar. Anders lagen die Verhältnisse bei den führenden Blättern des Liberalismus und des Konservatismus. I n ihnen sprach sich überlaut der Gegensatz opponierender Interessen aus, der dem gesellschaftlichen Polarisierungsprozeß Vorschub leistete. Der König und seine Regierung waren Adressaten der publizistischen Appelle beider Richtungen. Teilnahme an der Herrschaft, M i t w i r k u n g bei der Regierung waren die Ziele beider weltanschaulicher Formationen. Ein restauratives Staatsmodell strebte der politische Katholizismus des Görres-Kreises an. Die Religion sollte den staatlichen A k t e n zur Richtschnur dienen, Thron und A l t a r eine Einheit bilden, die alte ständische Ordnung erneuert und dem Adel die einstige Führungsrolle zugewiesen werden. Der Liberalismus dagegen propagierte ein Gemeinwesen freier und gleicher Bürger, er wollte Mitspracherechte i m politischen Prozeß, das Prinzip der Öffentlichkeit i n Verwaltung und Rechtspflege und das uneingeschränkte Recht der freien Meinungsäußerung. Von beiden Richtungen, dem romantischen Katholizismus eines Bischofs Sailer und dem politischen Liberalismus eines Behr, hatte L u d w i g als Kronprinz Einflüsse erfahren, beide wohnten i n dem schwärmerischen, unsteten Geist des Königs nebeneinander. Trotz aller innerer Widersprüche kompromißlos blieb L u d w i g I. immer dann, wenn die Einschränkung eigener Herrschaftsbefugnisse drohte. Das monarchische Prinzip, die unangefochtene Ausübung der Macht durch den König, ließ er sich weder vom Liberalismus noch vom Konservatismus streitig machen. Sein gesellschaftspolitisches Harmoniemodell, das keine Parteien und keine widerstreitenden Interessen anerkennen wollte, das den Staat als große Familie und die Untertanen als gehorsame Kinder eines wohlwollenden Vaters verstand, zerbrach bald an der Realität der Konflikte, die die Presse seit 1828 weniger schuf als widerspiegelte. Nach dem Scheitern einer Kompromißpolitik unter liberalen Vorzeichen, die i n den verschiedenen Versuchen zur Begründung einer Regierungspresse Gestalt gewann, vollzog der König einen allmählichen Wechsel der Koalition. 102 Steuer, Cotta, S. 39 f., zitiert aus Hormayrs Pressevorträgen von 1828 und 1829, die wenig Schmeichelhaftes über die Mehrzahl der bayerischen Blätter enthalten. Der V o r w u r f der minderen Qualität taucht auch i n einigen liberalen B l ä t t e r n auf: „Hesperus" Nr. 2 v. 2. Jan. 1830; „ B l ä t t e r für literarische Unterhaltung" Nr. 218 v. 20. Sept. 1828; „ I n l a n d " N r r . 225, 234, 235 u n d 264 des Jg. 1830; „Bayerisches Volksblatt" Nr. 14, 24, 25, 39 des Jg. 1829 u n d Nr. 12 des Jg. 1830.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Seit 1830 nahm der österreichische Einfluß wieder zu. Er unterstützte die Bemühungen des innerbayerischen Konservatismus, der sich vorwiegend aus Kreisen des politischen Katholizismus und des Aristokratismus zusammensetzte und damit eine ausreichende Interessenhomogenität m i t der österreichischen Führungsschicht herstellen konnte. Eine weitere pressefeindliche Gruppe gesellte sich nach 1830 bei, die hohe und höchste Bürokratie. Soweit die Verwaltung nicht ohnehin noch i n den Händen der altadeligen Führungsschicht lag, lebte der Geist der Montgelasschen Staatssouveränität i n ihr, der eine Dezentralisierung und Teilung der Macht nach liberalen Prinzipien nicht zulassen wollte. Daß sich die Bürokratie i n die Front der Pressegegner einreihte, hatte zudem eigennützige Gründe. Die Presse war eine der gefährlichsten Waffen gegen jede bürokratische Allmacht, indem sie kontrollierte und der Öffentlichkeit preisgab, was sonst eigenmächtig und unangefochten vollzogen worden wäre. I n der Souveränitätsfrage allerdings war diese Gruppe weniger konzessionsbereit. Sie bewahrte gegenüber Österreich und dem Bund stets deutliche Reserve. Solange der König seinen gemäßigten Reformkurs steuerte, blieb alles i n der Schwebe. Als er jedoch nach der Julirevolution die Richtung änderte, dominierten die Gegner der politischen Presse. Die letzte Entscheidung allerdings fiel, wie die folgenden Kapitel zeigen werden, wiederum nicht i n Bayern, sondern i n Frankfurt und Wien.

I I . Vorboten der Reaktion 1. Restaurationsversuche

Die „Entfremdung zwischen Regierung und öffentlicher Meinung", von der Lempfrid 1 0 3 spricht, kam nicht von ungefähr. Die liberale Öffentlichkeit, die den Amtsantritt Schenks m i t Skepsis aufnahm, war ebensowenig i m I r r t u m wie der österreichische Botschafter i n München, der sich von der „guten Gesinnung" des neuen Ministers eine Einschränkung der Pressefreiheit erhoffte 1 0 4 . Schon wenige Monate nach seiner Ernennung regte Schenk, dem der preußische Gesandte wenig politische Fähigkeiten zumaß 1 0 5 , i n einem Antrag an den König an, die Zensur für innenpolitische A r t i k e l wieder einzuführen. Doch L u d w i g I. war zu keiner Entscheidung bereit, sondern wollte erst die Ansicht seines Staatsrates dazu hören 1 0 6 . 103

Lempfrid, Anfänge, S. 149. ÖGB 2, 108 (Spiegel an Metternich v. 21. Okt. 1828). 105 PGB 2, 170. 106 H S t A Staatsrat 2831 ( M I n n an K ö n i g v. 1. Dez. 1828 und Signât ν. 12. Jan. 1829). 104

I V . Kap. : Vom Scheinliberalismus zur Reaktion

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I n der Staatsratssitzung vom 3. Februar 1829 107 versuchte Schenk mit Antithesen zu überzeugen. A n die Klage über die Zügellosigkeit der Tagesblätter schloß er eine ausführliche Würdigung der Pressefreiheit an. Dann erst kam er mit dem Vorschlag, die Zensur über Gegenstände der inneren Politik wiederherzustellen, zu seinem eigentlichen Anliegen. Armansperg und Schilcher stimmten ohne wesentliche Einwände zu, Leyden und Sutner meldeten Widerspruch an, Stürmer und Zentner dagegen nannten den Antrag verfassungswidrig. Zentner traf den Kern des Problems, als er darlegte, wie schwer die Grenzlinien des Politischen zu ziehen seien. Eindeutig stellte er fest, daß nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und nach bisheriger Übung unter Politik nur die Verhältnisse zu fremden Staaten verstanden würden. Diese Aussage war u m so gewichtiger, als sie vom Vater der Verfassung stammte, der damit auch einen deutlichen Hinweis auf die ursprüngliche Intention des I I I . Ediktes gab. I n seinem Beschluß wandte sich das Gremium daher gegen eine Ausschreibung der von Schenk vorgelegten Verordnung, gestand dem Innenminister aber zu, i m Rahmen seiner Kompetenz politische A r t i k e l i n zensurfrei erscheinenden Blättern der Zensur zu unterwerfen. Der Gesetzgebungskommission sollte der Staatsratsbeschluß vorgelegt werden, damit bei der Revision des Strafund Polizeigesetzes auch Pressebelange berücksichtigt werden konnten. Der König erteilte allein diesem letzten Punkt seine Zustimmung und ließ durch eine Weisung an die Kreisregierungen nur das I I I . Edikt i n Erinnerung rufen. Da der Weg über Verwaltungsrepressalien also zunächst versperrt war, sah sich Schenk vorläufig auf die Meinungsbeeinflussung durch die Regierungspresse beschränkt 108 . Gegen Ende des Jahres 1829 verstärkte eine Vorstellung der bayerischen Bischöfe, die das Überhandnehmen glaubensfeindlicher A r t i k e l beklagte, die Skepsis des Königs gegenüber der Presse. Die Regierungen erhielten prompt einen königlichen Erlaß, i n dem auf die einschlägigen Verfassungsbestimmungen zum Schutz von Religion und Sittlichkeit hingewiesen wurde 1 0 9 . Doch offensichtlich war der König von den kirchenfeindlichen Tendenzen einiger liberaler Blätter i n seinem eigenen religiösen Empfinden tiefer verletzt. Es war sicher kein Zufall, daß wenig später Hormayr — wohl i m Anschluß an seinen Jahresvortrag zum Pressewesen — den Auftrag erhielt, einen Gesetzentwurf abzufassen, „der dem Unwesen der schlechten Tagblätter steuere". Dabei hatte er jedoch darauf zu achten, daß die Beliebtheit 107

H S t A Staatsrat 645 (Protokoll v. 3. Febr. 1829 u n d Signât ν. 8. Febr.

1829). 108

ÖGB 2, 218 (Spiegel an Metternich v. 8. Febr. 1829). Lempfrid, Anfänge, S. 150 (Bischöfliche Vorstellung v. 12. Dez., K ö n i g licher Erlaß v. 21 Dez. 1829). 109

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

des Königs nicht darunter leide, „zumal es Metternich lieb wäre, wenn Bayern diese Popularität einbüße" 1 1 0 . Die Abwehrgeste des Königs war nur zu begründet, denn zu eben diesem Zeitpunkt begann Österreich, das um seinen Einfluß i m Bunde fürchtete, m i t neuen diplomatischen Aktionen gegen die bayerische Presse 111 . Für den Gesandten Spiegel war weniger der liberale Ton der bayerischen Presse störend als die Tatsache, daß sich die Sympathie der Öffentlichkeit zunehmend Preußen zuwandte und Österreich i n die Isolation zu geraten drohte 1 1 2 . Daher wurde Bayerns Publizistik nun i n der österreichischen Staatskanzlei wieder schärfer beobachtet, die Weisungen Metternichs häuften sich und die Beschwerden Spiegels nahmen zu. Schon bald erinnerte der Staatskanzler an das Bundespressegesetz und forderte dessen Anwendung auf mehrere bayerische Zeitungen, darunter das Regierungsorgan „ I n l a n d " 1 1 3 . Spiegel kannte i n seinem Eifer keine Grenzen. Er forderte Armansperg, als dieser gegenüber einer Beschwerde die Bestimmungen der bayerischen Verfassung ins Feld führte, offen dazu auf, endlich die bayerische Pressegesetzgebung der des Bundes anzugleichen. Einen A r t i k e l des „Bazar" über die Beisetzungsfeierlichkeit für die Herzogin Henriette, i n dem das Verhalten der Geistlichkeit und des Wiener Hofes heftig angegriffen wurde, nahm Schenk zum Anlaß für einen weiteren Antrag, den der König wiederum an den Staatsrat verwies, nicht ohne durch Signât die übertriebene Einschränkung der Pressefreiheit zu monieren 1 1 4 . Metternichs Verärgerung über die Unnachgiebigkeit des bayerischen Königs und seine Duldsamkeit gegenüber der Presse steigerte sich 115 . Spiegel suchte auch die bescheidensten Möglichkeiten zu nutzen. Die Verärgerung des Königs über einen bösartigen Angriff auf den Hofschauspieler Eßlair gab dem Gesandten Hoffnung: „Diese Aufregung des Königs w i r d sich benützen lassen, um E. Dt. Reklamationen wegen der Presse zu erledigen. Vielleicht kann der König durch Beschwerden, die von allen Seiten an i h n kommen, zu einer kräftigeren Maßregel 110

Doeberl, E G 3, 99. ÖGB 2, 236 ff. (Spiegel an Metternich v. 25./26. Nov. 1829). 112 Ebd., S. 247 f. (dies. v. 21. Jan. 1830). 113 Ebd, S. 248 f., A n m . 2. 114 Ebd., S. 250 f. (dies. v. 31. Jan. 1830). Die ausgezeichneten Informationen bezog Spiegel von Heinrich von der Tann, einem Studienfreund des Königs, der gerade i n diesen Monaten sehr engen K o n t a k t zu L u d w i g I. hatte und w o h l auch Einfluß i m Sinne der österreichischen P o l i t i k ausübte. Vgl. auch PGB 2, 146; H S t A Staatsrat 2831 ( M I n n an K ö n i g v. 2. Febr. 1830 und Signât ν. 3. Febr.). 115 Stern, Geschichte Europas 3, 237. 111

IV. Kap. : Vom Scheinliberalismus zur Reaktion

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gegen diese Journalistik bewogen werden 1 1 6 ." A u f der gleichen Linie lag eine Initiative des österreichischen Präsidialgesandten von Münch, der i n einem Schreiben 117 an Metternich die Frage des Anschlusses Bayerns an das Bundespressegesetz aufwarf und i n einem beigelegten Memoire juristische Argumente lieferte. Besonders günstig schien auch ihm die gegenwärtige Situation, w e i l die preußische Regierung, über publizistische Aktivitäten eines französischen Kongretionalisten i n Bayern erbost, ebenfalls zu gemeinsamen Maßnahmen bereit war. Wenige Monate später trat ein Ereignis ein, das die erwünschte Annäherung Bayerns an Österreich und den Umschwung der Pressepolitik erheblich beschleunigen sollte, die Julirevolution i n Frankreich. 2. Die Julirevolution und ihre pressepolitischen Folgen in Bayern

Ein entschiedener Stilwandel i n der Bundespolitik war die unmittelbare Konsequenz der Ereignisse i n Frankreich. Der Bund trat aus seinem Schattendasein heraus und wies energischer als i n den vergangenen Jahren auf die Vereinbarungen von 1819 und 1824 hin. Bayern konnte nun die Ermahnungen Österreichs nicht mehr gleichgültig abschütteln. M i t dem Ausbruch der Revolution i n Frankreich setzte eine Kettenreaktion von Unruhen und Aufständen ein, die dem Bundeskonzept Metternichs den Rücken stärkten. Die vorbeugenden Einzelmaßnahmen der Einzelstaaten wie des Bundes zielten neben der militärischen Rüstung vorrangig auf Bekämpfung der Presse, der man die Schuld am Ausbruch der Revolution zuschrieb. Begeistert begrüßten die liberalen Blätter auch i n Bayern den Sturz des Ministeriums Polignac. Ihre Forderungen nach Pressefreiheit waren nun von gesteigertem Selbstbewußtsein getragen. Das Mißtrauen, ja die Angst der Fürsten und ihrer Minister stiegen i n dem Maße, i n dem sie i m eigenen Lande Anzeichen eines Umsturzes zu erkennen glaubten. Sehr bald wandte sich die Reaktion der Regierungen gegen die Presse, die man nun noch pauschaler als früher nach ihren extremsten Vertretern beurteilte und zum wahren Hort der Revolution stempelte. Metternich schürte eifrig über alle geheimen und offiziellen Kanäle den glimmenden Span der Angst zum offenen Feuer. Das spannungsgeladene Verhältnis zum neuen republikanischen Frankreich legte zudem ein enges Zusammenrücken der Bundesstaaten nahe. I n dieser Atmosphäre der Unsicherheit bot es sich für geängstigte Regenten an, i n den schützenden Schoß des Bundes zu flüchten. Noch hemmten Ludwig I. zwar Souveränitätsrücksichten und die Sorge vor 116 117

1830).

ÖGB 2, 257 (Spiegel an Metternich v. 24. Febr. 1830). H H S t A Wien, S t K D A 148 und 147/11 (Münch an Metternich v. 24. Febr.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

der Reaktion einer erregten Öffentlichkeit 1 1 8 . Die Entscheidung für eine neue, dem Pressegesetz des Bundes angenäherte Politik, die Bayern i n das Metternichsche System zurückführte und m i t der völligen Unterdrückung der liberalen Presse endete, zeichnete sich jedoch bald ab. Der König selbst deutete den Einfluß der revolutionären Presse und die politischen Schlußfolgerungen an: „Daß gleich i n den ersten Tagen nach der vollbrachten Pariser Revolution die Sieger erklärten, que la presse périodique avoit beaucoup contribué, dieses werde ich nicht vergessen, noch daß ein Tropfen endlich den Stein aushöhlt 1 1 9 ." Wenig später stellte der König sogar fest, m i t der Pressefreiheit sei es unmöglich zu regieren 1 2 0 . Wiederum nahm L u d w i g den Staatsrat i n Anspruch. Er sollte sich m i t der Stellungnahme bayerischer Zeitungen zur Französischen Revolution befassen und die Frage erörtern, i n welchen Fällen radikale Blätter zu beschlagnahmen seien 121 . Schenk, dem bereits am Tage vor der Sitzung ein Schreiben des Königs zugegangen war, plädierte zwar grundsätzlich für eine Verschärfung der Zensur, hielt sie aber unter den gegenwärtigen Umständen nicht mehr für geraten, weil dies allzusehr an die französischen Ordonnanzen erinnert hätte 1 2 2 . Der Rat Wallersteins, gerade jetzt die Pressefreiheit zu schützen und zugleich durch Regierungsblätter den festen, offenen Kampf m i t der Opposition aufzunehmen 123 , fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Zunächst wurde allen zensurfrei erscheinenden Blättern verboten, A n spielungen, Bemerkungen oder Berichte über die Ereignisse i n Frankreich aufzunehmen 124 . Die Folge war, wie nicht anders zu erwarten, daß der Ton der oppositionellen Zeitungen gereizter wurde und die A n griffe auf den zuständigen Minister sich häuften. Die Pressefreiheit rückte innerhalb der liberalen Forderungen an die erste Stelle und die Erörterung ihrer Bedeutung und Erhaltung füllte vorrangig die Zeitungsspalten. Während die österreichische Regierung ihre Beschwerdepolitik systematisch steigerte, brachen innerhalb der Regierung die Gegensätze zwischen Innen- und Außenministerium auf. Schenk lehnte m i t Rücksicht auf die angespannte innere Lage weitere restriktive Verordnungen ab, Armansperg dagegen befürwortete sie energisch, u m einem 118

Bibl, Mett.-Wrede, S. 108. H S t A Staatsrat 2831 (Signât ν. 18. Nov. 1830). Daß die Regierungspräsidenten i n ihren Berichten alle auf die verderblichen Folgen der Entfesselung der Presse hinwiesen, dürfte den K ö n i g i n seiner Abneigung bestärkt haben. (Vgl. Gölz, Landtag von 1831, S. 12 ff.) 120 Corti, L u d w i g I., S. 356. 121 H S t A Staatsrat 2831 (v. 7. August 1830); Spindler, Briefwechsel, S. X X X I I ff. 122 Ebd., S. 149 f. 123 Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 8 f. 124 Lempfrid, Anfänge, S. 162. 119

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Einschreiten des Bundes zuvorzukommen 1 2 5 . Das ständige Trauma der bayerischen Regierung, eine Klage am Bundestag, hatte Lerchenfeld kurz vorher ohnehin nur knapp abwenden können 1 2 6 . A m 20. September 1830 stand dem Wunsch des Königs gemäß erneut der Antrag Schenks vom Februar zur Debatte 1 2 7 . Der Referent Stürmer vertrat eine erstaunlich liberale Auffassung: Die Befreiung der inneren Politik von Zensur sei vom König erlassen und mehrere Jahre hindurch praktiziert worden. I n einem Signât vom 9. Februar habe der König bestimmt, daß das einmal Gegebene nicht verringert werden dürfe. Dem Minister des Inneren, der von der Befreiung der Presse die Revolution befürchtete, hielt er entgegen: „Wenn aber jene Befreiung, insoferne sie ohne Vorbehalt verliehen und realisiert worden ist, erst hintennach unter leicht zu findenden Prätexten beschränkt und beschnitten würde, was wäre das anderes als eine versteckte, teilweise Revolution?" Zugleich betonte Stürmer die hohe Bedeutung der Pressefreiheit als eines der obersten konstitutionellen Rechte, forderte mehr Vertrauen i n den „soliden Teil des Publikums" und riet zu einer besser organisierten und finanziell reichlich ausgestatteten positiven Pressepolitik des Staates. Hatte Stürmer den Rechtsstaat vertreten, so stützte sich Schenk i n seiner Replik auf das monarchische Prinzip, nach dem jede Anordnung nur Ausfluß der königlichen Gewalt und daher jederzeit revidierbar war. Nur aus innenpolitischen Augenblickserwägungen, nicht den Prinzipien seiner Begründung nach, stimmte er dem Antrag Stürmers dennoch zu. Einstimmig lehnte der Staatsrat daher eine A b änderung der bestehenden Zensurvorschriften ab, eine Entscheidung, die offensichtlich den Vorstellungen des Königs nicht entsprach. Uber die Köpfe seiner Minister hinweg trieb L u d w i g I. nun ein bedenkliches Doppelspiel 128 . Obwohl die bayerische Szene i m Vergleich zu anderen Bundesstaaten ruhig geblieben w a r 1 2 9 , ging eine Woche nach der Sitzung ein Brief an Lerchenfeld ab, der bestätigte, daß der König 125 GStA M A I I 1926 (Bray/MÄuß v. 29. August 1830; M Ä u ß / M I n n v. 1. Sept. 1830; M I n n / M Ä u ß v. 4. Sept. 1830; M Ä u ß / M I n n v. 28. Sept. 1830). Die Kontroverse entzündete sich an der Frage, ob bereits Ankündigungen von liberalen Veröffentlichungen zu zensieren seien. 126 GStA K g r ü n 14/20 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 18. und 27. August 1830, Konzept). Anlaß zu der ungewöhnlichen Aufregung w a r der Abdruck eines K o m missionsberichtes des Bundestages i n der A A Z Nr. 228 vom 16. August 1830. 127 H S t A Staatsrat 672 Protokoll. 128 Symptomatisch f ü r das Mißtrauen des Königs nach allen Seiten ist die Tatsache, daß er sich aus Wien unabhängig von Bray auch durch Gasser Bericht erstatten ließ, w e i l er seinem Gesandten nicht vertraute. (So Böck, Wrede, S. 92 f.) 129 Spindler, Briefwechsel, S. 159 und 419. Die Gutachten der Minister und Rudharts bestätigen, daß i n ganz Bayern Ruhe herrschte.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

zur Arkanpolitik des Absolutismus Zuflucht nahm 1 3 0 . Alle periodischen Schriften politischen Inhalts, so führte der König aus, innen- wie außenpolitische, seien nach seiner jetzigen Überzeugung der Zensur zu unterwerfen. Seine frühere Ansicht erschien ihm nun als Irrtum. Die Furcht vor Angriffen der Öffentlichkeit bestimmte ihn, nicht von sich aus eine Revision der Zensurpraxis zu verfügen, sondern eine äußere Veranlassung durch den Bund vorzuspiegeln: „Ich wünsche von Seite des Bundes angegangen zu werden, dasjenige, was Bayern auf die Karlsbader Beschlüsse erlassen, i n Ausführung zu bringen." Zu diesem Zweck sollte der Gesandte mit Nagler, dem preußischen Vertreter am Bundestag, Kontakt aufnehmen und ihn zu einem Antrag i n diesem Sinne anregen. Äußerste Geheimhaltung, vor allem gegenüber dem zuständigen Ressortminister Armansperg, legte der König Lerchenfeld ans Herz. Für den Fall, daß die Sache an den Bund gebracht würde, war die Tatsache der bayerischen Urheberschaft unbedingt zu verheimlichen. „Daß ich Preußen dazu anging, darf nicht vorkommen und weder ein Bundesglied noch in Bayern jemand zu irgendeiner Zeit hievon Kenntnis erhalten, obgleich ich Bayerns Selbständigkeit, an der m i r so viel gelegen, hiedurch gewiß nicht beeinträchtige." Auftragsgemäß sondierte Lerchenfeld am Bundestag die Bereitschaft der Großmächte und fand bei Nagler, einem Scharfmacher i n Presseangelegenheiten, schnell Gehör 1 3 1 . Die bayerische Anregung konnte unauffällig verwirklicht werden, weil sich der Bundestag ohnehin bereits i n Verhandlungen über eine Reihe einschneidender Maßnahmen befand, die Österreich i n einer Präsidialpräposition am 18. September zur Diskussion gestellt hatte 1 3 2 . I m Mittelpunkt der geplanten Beschlüsse standen militärische Organisationsvorschläge, die Armansperg entschieden ablehnte 1 3 3 . Seine volle Zustimmung dagegen fand ein Punkt, nach dem die Zensoren bei Nachrichten über aufrührerische Bewegungen m i t besonderer Vorsicht verfahren sollten. Einen Antrag des Ministerrats, der Lerchenfeld i n diesem Zusammenhang der Instruktionsüberschreitung beschuldigte und wegen des übertriebenen Bundeseifers seine Abberufung forderte, signierte der König scheinheilig mit den Worten: „Ich w i l l abwarten, ob die Zurechtweisung, welche Freiherr von Lerchenfeld bekömmt, nützt 1 3 4 ." Während der Außenminister durch eine Zirkularnote an sämtliche bayerische Gesandtschaften die Mächte von der Stabilität des bayerischen Regierungssystems zu überzeugen versuchte 135 , trieb Lerchenfeld dem königlichen Geheimauftrag gemäß eine 130 131 132 133 134 135

Lerchenfeld, Papiere, S. 423 f. (König an Lerchenfeld v. 27. Sept. 1830). Ebd., S. 424 f. (Lerchenfeld an K ö n i g v. 6. Okt. 1830). GStA M A I I 1632 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 24. Sept. 1830). Ebd. (Armansperg an K ö n i g v. 2. Okt. 1830). Böck, Wrede, S. 101. GStA M A 25016 (Konzept v. 10. Okt. 1830).

IV. Kap.: V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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eigene Außenpolitik. Preußen erklärte sich bereit, durch einen eigenen Antrag die Intentionen Bayerns zu unterstützen. So wurde der geplanten Weisung an die Zensoren ein Passus beigefügt, nachdem auch auf Themen der Innenpolitik die Wachsamkeit der Zensoren zu lenken sei. Die Diskrepanz zwischen der ablehnenden Haltung des Ministeriums, die sich i n drei Weisungen vom 4., 6. und 9. Oktober deutlich aussprach 136 , und den eigenwilligen Wünschen des Königs verunsicherte Lerchenfeld so sehr, daß er ein erneutes Umschwenken des Königs vermutete. M i t allen Mitteln seiner Überzeugungskraft bemühte er sich daher, dem Monarchen eine bundeskonforme Entscheidung schmackhaft zu machen. Der Gesandte, der i n den Jahren seiner Amtszeit als M i n i ster unnachgiebig gegen den Bund opponiert hatte, wurde nun unter Berufung auf die veränderte historische Situation sein tonangebender Fürsprecher 137 . A m 13. Oktober erteilte der König seine Zustimmung 1 3 8 . Nun, da die Sache i m Rollen war, trat er gerne wieder i n den Hintergrund, zumal ihn die Aufdringlichkeit Metternichs ärgerte, der i h m seinen eigenen Wiener Gesandten von Bray nach München geschickt hatte, ein Vorgang, der allen diplomatischen Gepflogenheiten ins Gesicht schlug 139 . So trat nun die Abwehr gegen Eingriffe i n die innere Souveränität wieder i n den Vordergrund. Mehr als einer Zensur über innenpolitische A r t i k e l zuzustimmen, war L u d w i g I. nicht bereit, eine volle Anerkennung der Pressebeschlüsse von 1819 akzeptierte er nicht 1 4 0 . A m 21. Oktober wurde der Bundesbeschluß verabschiedet, der die Zensoren anwies, bei Nachrichten über aufrührerische Bewegungen mit Vorsicht zu Werke zu gehen, sich über die Informationsquelle zu orientieren und dabei die Beschlüsse von Karlsbad nicht aus den Augen zu verlieren. Entscheidend jedoch war der Schlußsatz, der auf die A n regung des bayerischen Königs zurückging: „Dabei soll sich die Wachsamkeit derselben auch auf jene Tagblätter richten, welche auswärtigen Angelegenheiten fremd, bloß innere Verhältnisse behandeln, i n dem auch diese bei ungehinderter Zügellosigkeit das Vertrauen in die Landesbehörden und Regierungen schwächen und dadurch indirekt zum Aufstand reizen 1 4 1 ." Für Lerchenfeld, der zwar seinem König gegenüber durchaus loyal gehandelt, die Instruktion des Außenministers aber ebenso eindeutig 136

GStA M A I I 1631. Lerchenfeld, Papiere, S. 425 - 29 (v. 14. Okt. 1830). 138 Ebd., S. 429 (v. 16. Okt. 1830). 139 Bibl, Mett.-Wrede, S. 270; Corti, L u d w i g I., S. 354; PGB 2, 174 ff. 140 Lerchenfeld, Papiere, S. 431 (v. 24. Okt. 1830). 141 Döllinger, Slg. 3, 308; P B V Bd. 16 b, S. 1122 - 25 (§ 258), m i t der bayerischen Erklärung, i n der ein Bezug auf das Bundespressegesetz absichtlich vermieden war. 137

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

überschritten hatte, ergab sich nun die Schwierigkeit, eine glaubwürdige Begründung für seine Abstimmung zu geben, ohne den königlichen Sonderauftrag zu erwähnen. Z u diesem Zweck spielte er den Schlußsatz zu einer bloßen Erinnerungsformel herunter, der die bayerische Verfassung nicht verletze, weil nach § 2 des I I I . Ediktes alle politischen Zeitungen zensurpflichtig seien. Daß er damit eigenmächtig — so mußte es zumindest für die Minister erscheinen — eine Interpretation des umstrittenen Begriffes „politisch" vornahm und ohne Rückfrage durch Bundesbeschluß sanktionieren ließ, w a r Lerchenfeld klar. Sein abschließender Rat, die Zensur i n Bayern i m „föderativen Sinne" zu handhaben 142 , erntete bei Armansperg wenig Begeisterung, obwohl er dem Gesandten in der Auslegung des § 2 sogar zustimmte. Indem er Lerchenfeld boshaft an seine frühere Haltung i n den Ministerialberatungen von 1819 und 1824 erinnerte, warnte er vor zu großer Vertrauensseligkeit gegenüber dem Bund: „Daß der Bund sich nicht immer mehr und mehr i n die inneren Angelegenheiten der deutschen Länder mische, daran liegt Bayern sehr, dem seine Souveränität ein heiliges Prinzip sein muß. Die Aufrechterhaltung dieses Prinzips ist eine Fundamentalbestimmung der Bundesakte 1 4 3 ." Unter dem Druck des Bundes vollzog der Außenminister, der i n früheren Jahren keineswegs ein besonderer Protektor der Pressefreiheit gewesen war, eine Schwenkung. Die Eigenständigkeit der bayerischen Pressepolitik nahm er zum Prüfstein für die bayerische Unabhängigkeit überhaupt. Aus außenpolitischen Motiven — vor allem der Abwehr einer österreichischen Dominanz i n Bayern, die Ludwigs Politik provozierte — kam er so i n den Ruf eines Hüters der freien Presse 144 . Den Sympathien der Liberalen, die ihm bald reichlich zuflogen, gesellte sich aber bald der Groll Metternichs bei. Den Intrigen des Staatskanzlers gelang es, den König seinem Außenminister so zu entfremden, daß dieser über bundespolitische Vorgänge bald nicht mehr informiert wurde und alle Korrespondenzen über Wrede liefen, der jetzt beim König wieder i n hohem Ansehen stand. Armansperg wurde durch diese Behandlung so sehr i n die Isolation getrieben, daß er sich mehr und mehr der Opposition annäherte, ein Grund mehr, ihn Ende 1831 ungnädig zu entlassen 145 . 142 GStA M A I I 1631 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 1. Nov. 1830); Lerchenfeld, Papiere, S. 432 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 2. Nov. 1830). 143 Ebd., S. 432 f. (Armansperg an Lerchenfeld v. 14. Nov. 1830). 144 Ebd., S. 435 f. (dies. v. 3. Dez. 1830). Bereits i n diesem Brief äußert sich Armansperg weitaus differenzierter zur Zensurproblematik und rückt von einer Zensur für innere P o l i t i k deutlich ab. 145 Dazu R. Armansperg, S. 69 ff.

I V . Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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Die politische Handlungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit der bayerischen Regierung waren durch das Doppelspiel des Königs i n unerträglicher Weise gestört. Als auch der konservative Innenminister den Bundesbeschluß ablehnte, weil er i h n als nicht konform m i t den bayerischen Gesetzen betrachtete, wurde der König wieder unsicher. Schenk riet aus Souveränitätsrücksichten von einer Veröffentlichung ab. Den Zweck des Beschlusses, nämlich die Zensur für innere Angelegenheiten wieder zu praktizieren, gedachte er durch einfaches Ausschreiben des Innenministeriums zu erfüllen 1 4 6 . Der König verwies den Gegenstand zur Beratung an den Staatsrat, nicht ohne dabei seine Verfassungstreue zu betonen, das bisherige Zensurverfahren jedoch falsch und verfassungswidrig zu verurteilen 1 4 7 . I n der Sitzung des Staatsrates 148 machte der König klar, daß „das verfassungswidrige Geschenk der erweiterten Pressefreiheit" traurige Folgen nach sich ziehen werde. Diese Äußerung war ein staatsrechtlicher Nonsens und zeugte nicht von tiefer Kenntnis der Konfliktzonen i n der Verfassung. Denn entweder war die gelockerte Zensurpraxis ein königliches Geschenk, dann konnte sie nach dem monarchischen Prinzip nicht verfassungswidrig sein. Oder aber sie stellte eine authentische Interpretation der Verfassungsbeilage dar, dann mußte jede Änderung auf dem i n der Verfassung vorgeschriebenen Weg vorgenommen werden. Doch der König hatte nur sein Ziel vor Augen, die rechtlich vertretbaren M i t t e l dienten lediglich als Verbrämung. Wem die repressiven Maßnahmen gelten sollten, sprach er deutlich aus, als er betonte, er werde sich „den Umtrieben dieser Redacteurs, deren Zahl —, wenn auch klein —, doch die höchste Aufmerksamkeit i n Anspruch nimmt, ebenso wie jenen der Congregation und der Jesuiten m i t Kraft und ohne Furcht entgegenstellen". I n der Aussprache zeigte sich jedoch, daß i n der gegebenen innenpolitischen Situation niemand eine Verschärfung der Zensur für geraten hielt. Stattdessen befürwortete man die Vorlage eines Pressegesetzes beim nächsten Landtag. Schenk, der die Unpopularität der Zensur einsah, legte dazu einen Entwurf vor, der ohne Zensur die Disziplinierung der Presse erreichen sollte. Aber auch die alten Souveränitätsideen feierten i n der Sitzung fröhliche Urständ. Die Aversion gegen den Bund sprach sich dabei i n erstaunlicher Deutlichkeit aus. Besonders Armansperg versuchte den König dadurch zu beeindrucken, daß er i h m die Folgen eines Kurswechsels i n der Pressepolitik i n den schwärzesten Farben ausmalte. A u f die empfindliche Stelle des Königs war die Besorgnis berechnet, Bayerns A n sehen und seine moralische K r a f t würden dadurch sinken, das Ver146 147 148

H S t A Staatsrat 2831 (Antrag v. 16. Nov. 1830). Ebd. (Signât ν. 18. Nov. 1830). H S t A Staatsrat 674 (Protokoll v. 22. Nov. 1830).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

trauensVerhältnis zwischen Volk und Regierung erschüttert und Bayern „neuerdings den Schein geben, als sei es ein Trabant Österreichs und seine Regierung lasse sich herbei, die Posaune des Fürsten Metternich zu machen". Nicht weniger unmißverständlich äußerte sich Maurer, der klar durchschaute, daß Österreich den Bundestag als Vorposten seiner Interessen benützen wollte und daher jede Einmischung i n innerbayerische Verhältnisse strikt ablehnte. Warnend wies er auf die verheerenden Folgen einer Zensurverordnung hin, die an die französischen Juliordonnanzen erinnern und i m besten Falle einen äußerst unruhigen Landtag nach sich ziehen würde. Von diesem Argument zeigte sich der König beeindruckt, ohne deswegen von seiner Meinung abzugehen. Die geplante Verordnung wurde nun bis zum Abschluß der Landtagswahlen aufgeschoben 149 . Als der Bundesbeschluß schließlich durch französische Presseberichte verfrüht bekannt wurde, zeigte sich zwar Unruhe i n der Öffentlichkeit, vorherrschend aber war die Hoffnung auf die Verfassungstreue des Königs 1 5 0 . Auch die Ausweisung dreier ausländischer Journalisten, Grosses 151 , Speziers und vor allem Saphirs, dessen Bosheiten den König verstimmt hatten, die Versetzung Dalbergs, der Versuch einer Ausweisung Coremans und die Maßregelung Siebenpfeiffers schlugen weniger Wellen, als man erwarten konnte. Einige der betroffenen Redakteure waren nicht gerade Zierden ihres Standes und hatten m i t seichter Politisiererei und billigem Gesellschaftsklatsch auch Widerspruch bei ihren liberalen Kollegen gefunden, denen Journalistik als ernsthafter Beruf und politisches Bekenntnis galt 1 5 2 . Doch nüchternen Analysen der Situation war der König längst nicht mehr zugänglich. Sein Entschluß stand fest und wurde durch die Münchner Dezemberunruhen, einem Studentenulk, der erst durch das rigorose Vorgehen der Polizei eine politische Note annahm 1 5 3 , nur noch bestärkt. Ende des Jahres beauftragte er Schenk mit dem Entwurf einer Zensurverordnung. Wenige Tage später forderte er sie, erzürnt über die Hinhaltetaktik des Ministers, energisch an. Zwei Tage später lag der geforderte Entwurf vor, am 27. Januar gab der König die A n weisung zur Reinschrift 1 5 4 . Die Veröffentlichung sollte wenigstens einen Tag vor dem Bekanntwerden des Ausschlusses fünf populärer liberaler Abgeordneter erfolgen, „damit nicht (über diese Maßregel) i n den 149 150 151

Lerchenfeld, Papiere, S. 434 (König an Lerchenfeld v. 26. Nov. 1830). Lempfrid, Anfänge, S. 184. Schrott, Biedermeier, S. 272 - 75; Spindler, Hb. I V , 1, S. 150 f.; ÖGB 2,

293.

152 1Γ)3 154

Franz, Verfassungskämpfe, S. 194 f. u n d 152. W. Heinloth, Die Münchner Dezemberunruhen. Spindler, Briefwechsel, S. 164.

I V . Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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verruchten Blättern geschrieben werde" 1 5 5 . Die Überraschung war perfekt, als am 31. Januar 1831 i m Regierungsblatt die „Verordnung zu § 2 der 3. Beilage zur Verfassungsurkunde" 156 erschien, deren Inhalt eine Verletzung der Verfassung i n formeller Hinsicht darstellte, weil sie ohne Zustimmung der Ständeversammlung den Sinn des Ediktes änderte, die darüber hinaus bei entsprechender Interpretation des Begriffes „politisch" auch materiell gegen die Verfassung verstieß 1 5 7 . Der § 2 der Verordnung enthielt die entscheidende Aussage: „ A l l e Zeitungen und periodischen Schriften, welche sich mit der innern oder äußern Politik oder mit Statistik befassen, unterliegen ohne Unterschied und Ausnahme der nach § 2 des Ediktes über die Freiheit der Presse dafür angeordneten Zensur." Die Zensur der A r t i k e l über innere Politik bestimmte der § 4 näher. Nicht zu gestatten waren demnach „Nachrichten über persönliche und Familienverhältnisse des Monarchen oder der Mitglieder des königlichen Hauses", solange diese nicht i n einem offiziellen Blatt bekanntgegeben waren. Diese Bestimmung, die auf die Empfindlichkeit des Königs schließen läßt, betraf i n erster Linie die Unterhaltungsblätter. A u f die politische Presse war der folgende Passus gemünzt, der „notorische Unwahrheiten oder erdichtete Nachrichten von zu erwartenden Regierungsmaßnahmen" unter Zensur stellte. Der dritte Abschnitt des § 4 nannte unter der Übertretung der Strafgesetze besonders solche gegen den Monarchen, gegen Staat und Verfassung oder Kirchen und andere religiöse Gesellschaften, weiter Artikel, die die öffentliche Ruhe und Ordnung durch Aufmunterung zum Aufruhr gefährdeten, selbst wenn dies nur indirekt durch Verbreitung unverbürgter Gerüchte geschah. I n § 5 zollte die Verordnung der Wiener Schlußakte verspäteten Tribut (Artikel 59), wenn nur noch „erzählende Berichte" über die Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten gestattet waren. Alle Äußerungen, seien sie gegen den Monarchen, die königliche Familie oder gegen Mitglieder der Kammer gerichtet, die der Präsident m i t einem Ordnungsruf belegte, waren vom Druck ausgenommen. Die enge Verbindung zwischen Landtagsopposition und liberaler Presse sollte m i t dieser Bestimmung an Bedeutung verlieren. Um den negativen Eindruck von Zensurlücken zu vermeiden, verbot man diese wie schon 1819 (§ 13). Die „Januarordonnanzen", wie sie bald i n Anspielung auf das französische Vorbild genannt wurden, boten kaum noch Lücken für k r i tische Stimmen. M i t ihnen traf man nicht nur die ohne Zweifel vorhan155

Ebd., S. 165 und 167. Regierungsblatt Nr. 4 v. 31. Jan. 1831, Sp. 34 - 40. 157 Bayrle, Presse, S. 61 ff.; Seydel, Staatsrecht 5, 111; Hochdörfer, Rechtsverwahrung, S. 10 f., weist auf § 44 des X . Edikts hin, i n dem der Auslegungsmißbrauch durch die Regierung beschränkt ist; formalrechtlich Spindler, Hb. I V , 1, 153. 156

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

denen minderwertigen Klatschblätter und die radikale Publizistik, sondern jegliches oppositionelles Denken wurde aus der publizistischen Öffentlichkeit verbannt. Diesem Versuche konnten sich die Liberalen, auch die gemäßigten, nicht beugen. Denn damit hätten sie i h r eigentliches Wirkungsfeld, auf dem ihr Gedankengut einer breiteren Bevölkerung bewußt werden konnte, verloren. Eine Presse, die auf reine Zustimmungsfunktion reduziert war, wäre damals wie heute ihrer eigentlichen Aufgabe entfremdet worden. Rief die Zensurverordnung bei Spiegel verständliche Genugtuung hervor 1 5 8 , so war die ablehnende Haltung der Liberalen aller Schattierungen unmißverständlich. Eine Flut von Protesten, i n Form von Bürgeradressen, i n Flugschriften und Zeitungsartikeln erschütterte die Öffentlichkeit 1 5 9 . Außer i n der „Münchner Politischen Zeitung" und i n der „Eos" fand die Verordnung i n der gesamten bayerischen Presse keinen Fürsprecher 160 . Die liberalen Organe ignorierten weitgehend die neuen Bestimmungen und stiegen unter dem Druck der Verwaltungsbehörden auf unperiodische Nachfolgeschriften um, die der Zensur nicht unterlagen 1 6 1 . So war diese Verordnung erfolglos und eine grobe politische Dummheit zugleich 162 . Denn i n ihrem Gefolge eskalierte die Auseinandersetzung zwischen Regierung und liberaler Presse. Erstmals gelang es der Opposition, besonders i n den neubayerischen Gebieten, eine breitgestreute öffentliche Meinung gegen eine Regierungsmaßnahme zu mobilisieren. Die Presse gewann durch ihre begründete Polemik erheblich an Einfluß und Ansehen. Nun erst setzte der Radikalisierungsprozeß ein, den der König hatte verhindern wollen. Ein Linksdruck erfaßte auch den gemäßigten Liberalismus und führte i h n i n das Lager der entschiedenen Opposition. I m Rheinkreis fand bald auch die radikale Presse ihr Publikum. Und je heftiger die Regierung die Schraube der Repression anzog, desto wütender wurden die Antworten. Die Pressefreiheit stieg zum obersten Anliegen auf; bald zielten die Forderungen auf völlige Abschaffung der Zensur. Der Kampf gegen die Zensur wurde m i t dem Kampf um Freiheit, um Verfassung und Menschenrechte gleichgesetzt. Und angesichts der Erfolglosigkeit verbaler Apelle ließ auch der Ruf nach Revolution, nach gewaltsamer Verwirklichung von Volkssouveränität und Republik nicht mehr lange auf sich warten. Die erste schwere Belastungsprobe für König und Regierung wurde der Landtag von 1831, der, von einer starken liberalen Mehrheit be158

ÖGB 2, 302 (Spiegel an Metternich v. 4. Febr. 1831). Zahlreiche Beispiele bei Franz, Verfassungskämpfe, S. 159 ff.; Lempfrid, Anfänge, S. 207 ff.; Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, S. 29 f. 160 Rupp, Pressepolitik, S. 137. 181 Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, S. 4, A n m . 17. 162 So auch die Einschätzung Montgelas' i n Zerzog, J. v., Briefe, S. 70 f. 159

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herrscht, für Monate als Schaubühne und Plattform des Parteienkampfes i n den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rückte. 3. Verfassungskämpfe: Der Landtag von 1831 und seine Folgen 1 6 3

Wie 1819 wurde auch für die zweite Phase der Reaktionspolitik i m Vormärz ein Landtag zum Forum der Vorentscheidung. Belastet durch Zensurordonnanz und Ausschlußverordnung mußte diese Ständeversammlung i n die Krise führen. Die Aussichten, daß beiderseitige Konzilianz die verhärteten Fronten aufbrechen würde, waren nicht günstig. Denn die reaktionären Kräfte gewannen i n Bayern ständig an Boden und der König selbst wollte die liberalen Maßnahmen seiner ersten Regierungsjahre rückgängig machen. Den Landtag von 1831 aber kennzeichnete ein Phänomen, das die Konfrontation zwischen den konträren Staatsauffassungen unausweichlich machte: die enge Verbindung zwischen Presse und Abgeordnetenkammer. I n der liberalen D o k t r i n verstanden sich „Rednertribüne und öffentliche Meinung" als wahre Repräsentanten des Volkswillens. M i t der Behauptung, die Repräsentativfunktion i n legitimer Weise auszufüllen, verband die liberale Presse den Anspruch, am Willensbildungsprozeß beteiligt zu werden. Aus der erweiterten Kommunikation erwuchsen erste Zellen lose organisierter Parteien. Zugleich formierte sich eine schlagkräftige Opposition, die i n der Kammer nach Teilhabe an der Macht strebte und m i t der Publizistik sich eine sympathisierende öffentliche Meinung schuf und zugleich von ihr getragen war. Für L u d w i g I., dessen Staatsauffassung nahe bei der Hallers angesiedelt war, konnte eine Presse, die sich als Repräsentant der bürgerlichen Öffentlichkeit und als Kontrollorgan gegenüber der Regierung aufspielte, nur schlecht und verwerflich sein. Sein Herrscherbewußtsein vertrug keine Einschränkung der monarchischen Souveränität, sein Eigenwille keine Opposition und seine persönliche Empfindlichkeit keine K r i t i k und keinen Spott. So brachte das Jahr 1831 den ersten Presselandtag des bayerischen Vormärz. Die spektakulärsten Diskussionsgegenstände waren Pressefreiheit und Kampf gegen Zensur. Wie nie zuvor kommentierte und beeinflußte die liberale Presse die Verhandlungen. Zwischen Publizisten und Abgeordneten fanden Treffen und Absprachen statt, Empfehlun163 D e r Landtag ist i n der Forschung bereits mehrmals behandelt worden; bes. wichtig die Darstellung v o n W. Gölz. Die Untersuchung Lempfrids, i n : Z B L G 24/1961, S. I f f . (zit. als Lempfrid, Landtag), die den Zusammenhang zwischen Abgeordnetenkammer u n d Presse erschöpfend abhandelt, dient als Grundlage für den folgenden Abschnitt, w i r d aber vor allem u m außenpolitische Aspekte ergänzt. io Tremi

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

gen und Anregungen wurden veröffentlicht, i n Ehrenlisten und „Schwarzen Listen" lobte und verdammte man das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten 164 . Gegenüber der mobilisierten Öffentlichkeit geriet die Regierung, die durch innere Gegensätze und das Doppelspiel des Königs ohnehin geschwächt war, ins Hintertreffen, w e i l die wenigen halbherzigen Versuche zu regierungsfreundlicher Meinungsbildung am Geiz und Widerwillen des Königs scheiterten 165 . Das „ I n land", gegründet als Musterexemplar einer freisinnigen Regierungspresse, wandelte sich unter Wirths Einfluß zu einem der führenden Oppositionsblätter, das mit Heftigkeit i n die Kampfparolen gegen die Zensurverordnung und den kontrasignierenden Minister von Schenk einstimmte. U m seine Position i n der öffentlichen Meinung zu verbessern, kündigte L u d w i g I. i n seiner Thronrede die Vorlage eines Pressegesetzes an, wie Schenk i h m angeraten hatte 1 6 6 . A n den vorbereitenden Beratungen hatte der König regen Anteil genommen und zahlreiche Vorschläge erheblich verschärft. Nach seinem Willen sollten nicht nur unmittelbare Angriffe auf die Staatsregierung, sondern die bloße Richtung, die Beziehung allein strafbar sein 1 6 7 . Keinerlei Abstriche duldete der König an der Zensur für äußere Angelegenheiten; von einer Ablösung der polizeilichen Befugnisse durch ein gerichtliches Verfahren wollte er ebenfalls nichts wissen. Die Verwaltungsherrschaft sollte m i t Beschlagnahmerecht und Katalogüberwachung bestehen bleiben, ja durch einzelne Detailanweisungen sogar noch ausgedehnt werden. Neben ein verschärftes Zensurregiment wünschte L u d w i g I. repressive Maßnahmen zu stellen, die durch hohe Kautionen und strenge Strafgesetze Wirksamkeit garantierten. E i n Programm zur gesetzlichen Unterdrückung der Presse und eine Abkehr von den Verfassungsgrundsätzen war i n diesen königlichen Wünschen ausgesprochen, das selbst eine kompromißbereite Kammer schwerlich annehmen konnte 1 6 8 . Dennoch beantwortete das Präsidium des Abgeordnetenhauses zunächst die Anregung der Regierung, die Pressefreiheit gesetzlich zu regeln, m i t einer vertraulichen Adresse, die auch Schenk als würdig und gemäßigt anerkannte 1 6 9 . 164 Lempfrid, Landtag, S. 1 - 6 ; vgl. die zeitgenössische K r i t i k , i n : Historisch-politische Zeitschrift 1/1832, S. 94 - 102: „Aus einem Schreiben von M ü n chen betr. den bayerischen Landtag." 165 Böck, Wrede, S. 118 f., gibt einige Beispiele dafür, daß verschiedene Projekte zu positiver Pressepolitik an der Sparsamkeit des Königs scheiterten. Selbst Grandaur beanstandete, daß billige Soldschreiber weder den Geist der Regierung verträten noch das breite Leserpublikum erreichten. 166 Spindler, Briefwechsel, S. 171 f. (Schenk an K ö n i g v. 27. Febr. 1831). 167 H S t A Staatsrat 2833 (Signât ν. 1. März 1831 zu Ministerrat v. 28. Febr. 1831). 168 H S t A Staatsrat 219 (Berichte 1831; Signât ν. 2. M a i 1831); H S t A Staatsrat 687 (Protokoll v. 10. M a i 1831). 169 Spindler, Briefwechsel, S. 174 u. 423 (Schenk an K ö n i g v. 5. März 1831).

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Ehe das Pressegesetz i n die Diskussion gebracht werden konnte, mußte — dies war die unabdingbare Forderung der Abgeordnetenkammer — die Zensurverordnung aufgehoben werden. Die Opposition führte daher ihren Kampf zunächst nicht um das Prinzip der Pressefreiheit, sondern personalisierte die Auseinandersetzung und konzentrierte ihre Angriffe auf den kontrasignierenden Minister, der die Verordnung auch i n der Kammer zu vertreten hatte. M i t fünf gegen zwei Stimmen stellte der Beschwerdeausschuß die Verfassungswidrigkeit der Zensurverordnung fest. Eine Anklageempfehlung gegen den Innenminister wurde bei immerhin drei Gegenstimmen abgelehnt. I n seiner großen Verteidigungsrede vom 5. Mai 1831 befleißigte sich der Minister einer Loyalität gegenüber dem Auftrag des Königs, die i h m die letzte Glaubwürdigkeit verscherzte. Er rechtfertigte eine Verordnung, von deren Unklugheit er selbst überzeugt war, und er bediente sich dabei einer Argumentation, deren Unwahrhaftigkeit nicht mehr als Treue und Anhänglichkeit an den König zu beschönigen ist, sondern einer bedingungslosen Untertanenmentalität entsprang 170 . Schenk konstruierte eine mehr als zwanzigjährige Kontinuität der bayerischen Pressepoltiik, die i n Wahrheit niemals bestanden hatte. Die Zensur für innere Angelegenheiten, führte er reichlich sophistisch aus, sei nie ausdrücklich aufgehoben worden. Die Freigabe verschiedener innenpolitischer Blätter sei nur aus einem falschen Verständnis der Ministerialentscheidung vom 22. November 1825 i n einigen Kreisen erfolgt. Wider besseres Wissen — die Staatsratsprotokolle und die Briefe Schenks an den König belegen dies — versuchte der Minister damit die liberale Politik der vergangenen Jahre als I r r t u m einiger Kreisregierungen abzutun. Er erweckte den Eindruck, als sei um den Begriff „politisch" nie eine Diskussion entbrannt, und glaubte, Rudhart m i t einer Erinnerung an seinen Instruktionsentwurf von 1819 i n Verlegenheit bringen zu können 1 7 1 . So vermochte selbst seine Beteuerung, daß auch er die größte Freiheit der Presse befürworte und für gesetzmäßige Beschränkung ihres Mißbrauches anstelle der Präventivzensur sei, — eine Behauptung, die i m direkten Gegensatz zu seinen A k t i v i t ä ten i m Jahre 1830 stand — die Situation i n der Kammer nicht zu entschärfen. Eine liberale Einheitsfront von Rudhart bis Closen bildete sich gegen die Zensurverordnung. Weitere Beschwerden waren schon vorher vorgebracht worden: Schenk dulde eine Kongregation i n Bayern, er unterhalte eine geheime Staatspolizei und räume fremden Gesandten Einfluß auf die bayerische Zensur ein 1 7 2 . Drei Tage lang debattierte die 170 171 172

1

P L V 5, 13 - 50 (v. 5. M a i 1831); ÖGB 2, 314 u n d 324 - 26. Z u m Begriff „politisch" s. Kap. I, 3, Anm. 95. P L V 4, 53 ff.

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Kammer über die Zensurverordnung 1 7 3 . Die Regierung fand wenig Fürsprecher für ihre unkluge Maßnahme. Selbst Konservative wie Rotenhan übten K r i t i k : „Durch eine Censur kann eine Regierung nie Vertrauen, nur Mißtrauen erwerben, sie w i r d immer eine fremdartige Pflanze auf constitutionellem Boden bleiben 1 7 4 ." Der linksliberale Franke Frh. v. Closen versuchte m i t juristischen Argumenten die Rechtmäßigkeit der Verordnung zu erschüttern 175 . A u f den Siedepunkt aber führte er die Debatte m i t seinem polemischen Vergleich zwischen Schenk und Polignac 1 7 6 . Die größte Beachtung fand m i t vollem Recht die meisterhafte Rede Rudharts 1 7 7 . M i t scharfsinniger juristischer Gedankenführung, einem bestechenden historischen Rückblick und überlegenem Rednertalent gewann er die große Mehrheit der Kammer für seine These von der Verfassungswidrigkeit der Zensurverordnung. Den Minister allerdings hielt er für frei von persönlicher Schuld und sprach sich deshalb gegen eine Anklage aus. Die scharfen Angriffe und die Ablehnung der Kammer bestimmten Schenk noch am selben Tage, seinen Rücktritt anzubieten, um damit „der Sache des Staates dienlich zu sein" 1 7 8 . Doch der König, fernab vom Streit der Parteien, tröstete ihn m i t aufmunternden Floskeln: „Mut, M u t ! werter Schenk streiten Sie tapfer den Kampf i n der Kammer aus, sie stehen auf dem Boden des Rechts 179 ." Auch die Bemühungen Wredes, der nun wieder zur Schaltstelle i m Ministerium aufrückte, waren nicht von Erfolg gekrönt, obwohl er mehreren Deputierten seit Tagen „auf den Leib gegangen war", um Beschwerde und Anklage abzuwenden 180 . Als sich i n der Abstimmung am 16. Mai eine Mehrheit von 96 gegen 26 Stimmen für eine Beschwerde fand und die Anklage gegen den Minister m i t der hohen Zahl von 50 Gegenstimmen abgelehnt wurde, war Schenk tief getroffen 1 8 1 . Dennoch beharrte er weiterhin darauf, die Zensurverordnung aufrecht zu erhalten. Eine Aufhebung hielt er für eine „unheilvolle Maßregel, sie beweise die größte Schwäche der Staatsregierung" 182 . U m jeden Preis wollte er nun die Autorität der Verantwortlichen retten. Das Zugeständnis, die Verordnung sei überstürzt erlassen und daher besser 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182

P L V 5, 13 ff. (5. - 7. M a i 1831). Ebd., S. 72 (5. M a i 1831). Ebd., S. 92 ff. Ebd., S. 114. Ebd., S. 38 ff. (6. M a i 1831); Koeppel, Rudhart, S. 112 f. Spindler, Briefwechsel, S. 186 (v. 5. M a i 1831). Ebd. (v. 6. M a i 1831). Böck, Wrede, S. 103. Spindler, Briefwechsel, S. 188 (Schenk an K ö n i g v. 16. M a i 1831). Ebd., S. 189 (v. 18. M a i 1831).

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wieder aufzuheben, kam aus seiner Sicht einer Kapitulation gleich. Die Starrheit des Ministers gibt einen Begriff davon, wie wenig er m i t den Spielregeln politischer Auseinandersetzung vertraut w a r und wie sehr er die Kräfte verkannte, die hinter den Liberalen der zweiten K a m mer i n weiten Kreisen des Bildungsbürgertums standen. Er verwechselte Hartnäckigkeit m i t Kontinuität, das Beharren auf Rechtsnormen mit gerechten Lösungen. Sein politisches Schicksal war dennoch nicht ohne persönliche Tragik. Denn er fungierte letztlich nur als Werkzeug seines verehrten Königs. Er hatte dessen Absichten durchzusetzen und zu verteidigen, während dieser durch die Verfassung allen Angriffen entzogen war. Er mußte schwerste Beschuldigungen erdulden, die ihn, der absolut integer dem Staat zu dienen glaubte, tief verletzten. Die Kammer aber, die so erbarmungslos auf Schenk losschlug, meinte, wie der französische Gesandte richtig erkannte 1 8 3 , i n Wirklichkeit den König und sein unverantwortliches Kabinett. Schenk wurde so zum Sündenbock für eine Maßnahme, die i h m persönlich nicht anzulasten war. A u f dem Höhepunkt der Auseinandersetzung schließlich ließen i h n König und Kollegen i m Stich. A m 22. M a i wich er freiwillig dem Druck der Opposition und bot seinen Rücktritt an 1 8 4 . Zwei Tage später erteilte der König die Zustimmung und ernannte den Exminister sofort zum Staatsrat und zum Generalkommissär i n Regensburg 185 . Die politischen Wirkungen dieses Rücktrittes aber waren erheblich. „Die Kammer wurde durch ihren Sieg i n ihrem Selbstbewußtsein ungemein gestärkt. Sie suchte nun den Durchbruch zum repräsentativen System zu erzwingen und war sich ihres Erfolges u m so gewisser, als die Mehrheit der Minister und Beamten auf ihrer Seite stand 1 8 6 ." Bedenklich war die Lage daher auch für den König, unter dessen Herrschaft ein Ministeramt nicht mehr übermäßig begehrt w a r 1 8 7 . Der französische Gesandte erkannte die Problematik sehr klar: „Der König ist wahrlich i n die schwierigste Lage gebracht. Er w i r d wie i n einem Schraubstock gehalten. I n der Außenpolitik muß er zwischen Österreich und Preußen wählen, i n der inneren zwischen dem Wunsch, die Verfassung zu zerstören oder einzuschränken und der Notwendigkeit, ihren Bestimmungen Genüge zu tun. Es gibt kein M i t t e l mehr, sich einem Entschluß zu entziehen 1 8 8 ."

183

F G B 2, 388. Spindler, Briefwechsel, S. 190 ff. 185 Ebd., S. 192. 186 Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 125. 187 Böck, Wrede, S. 104. Stürmer lehnte zunächst ab u n d t r a t erst nach einer Zurechtweisung durch Wrede i n das M i n i s t e r i u m ein. 188 F G B 2, 410 (v. 27. M a i 1831). 184

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Der E i n t r i t t Stürmers ins Ministerium, eine rein taktische Berufung für die Dauer des Landtages, verstärkte das liberale Element erheblich. Wrede knüpfte Kontakte zu verschiedenen oppositionellen Abgeordneten und fand vor allem Seuffert, den Präsidenten der zweiten Kammer, kompromißbereit 1 8 9 . I n zwei Ministerratssitzungen wurde der W i derstand des Königs schwer erschüttert. Armansperg, Stürmer und Zentner griffen die Kabinettsregierung heftig an und forderten die bedingungslose Zurücknahme der Zensurverordnung 1 9 0 . Auch Wrede schloß sich diesen Forderungen an, allerdings nur aus taktischen Gründen, um damit den unliebsamen Konkurrenten i m Wettstreit um den Einfluß beim König, den Kabinettssekretär Grandaur, zu schwächen. Als die Verhandlungen mit der Abgeordnetenkammer, die Wrede geschickt an Stürmer weitergegeben hatte, um sich nicht selbst i n diesem unangenehmen Geschäft zu verschleißen, erfolglos verliefen 1 9 1 , und die offizielle Beschwerde gegen Schenk nicht mehr aufzuhalten schien 192 , gab der König, von den Rücktrittsdrohungen seiner Minister bedrängt, schließlich am 12. Juni zähneknirschend nach, nicht ohne die Minister allesamt, vor allem aber Armansperg, zum Teufel zu wünschen 193 . So bestand nun die Chance, durch ein Ausführungsgesetz zum I I I . Edikt die Pressepolitik endlich auf eine klare Grundlage zu stellen. Vor allem hatte Armansperg eine akzeptable Umschreibung des Bereiches der äußeren Politik eingebracht, der weiterhin der Zensur unterliegen sollte 1 9 4 . Die Aussichten für eine Übereinkunft zwischen Regierung und Kammer waren nicht ungünstig, als der Entwurf am 3. Juni den Abgeordneten vorgelegt wurde. Doch der König stand an Halsstarrigkeit seinen liberalen Gegnern nicht nach. Die unselige Verknüpfung des Pressegesetzes m i t Haushalt und Zivilliste, die der Herrscher als politisches Geschäft verstand, schuf eine Barriere, die nur ein bedingungslos zustimmendes Abgeordnetenhaus hätte überwinden können. Denn der König forderte für einen Gesetzentwurf, der zwar mehr Rechtssicherheit, aber keineswegs mehr Freiheit bot, den freiwilligen Verzicht auf die Ausübung des Budgetrechts, jene Hauptfunktion des Landtags, i n dem sein traditionelles Selbstverständnis wurzelte und aus dem sich seine Existenz erst sinnvoll begründete 195 . Für das Verständnis der 189

Böck, Wrede, S. 105. Ebd., S. 105 - 108. 191 Ebd., S. 108 f. 192 Ebd., S. 109. 193 Doeberl, E G 3, 109. 194 H S t A Staatsrat 2832 (Entwurf eines Vortrags Stürmers). 195 Dazu E.-W. Böckenförde, Der deutsche T y p der konstitutionellen M o n archie i m 19. Jahrhundert, S. 84 ff.; ausführlich dazu Kap. V I I , 3. 190

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Vorgänge i n den folgenden Monaten ist dieses historische Faktum stets zu beachten. Das einseitige Urteil über die Maßlosigkeit der Kammer oder die Schuld einzelner Publizisten 1 9 6 müßte endgültig verstummen, wenn man die Auseinandersetzung als eine der konstitutionellen Monarchie systemimmanente Form legitimen politischen Kampfes beschreiben und werten wollte und auch den Blickwinkel eines Königs, der seine Interessen m i t dem Gemeinwohl gleichsetzte und Opposition als moralisch verdammenswert betrachtete, einer kritischen Würdigung unterzöge. Die Geschichtsschreibung sollte sich jedenfalls hüten, die A r gumente und Selbstrechtfertigung der Führungsschichten allzu gutgläubig zu übernehmen. Auch und gerade die Regierenden vertraten handfeste Interessen und sicherten ihre Herrschaft m i t traditionalistischen Ideologien. Für den Historiker sind sie ebenso Partei i m K o n f l i k t der Gesellschaftsgruppen und nicht Richtschnur des historischen U r teils oder Objekt romantisierender Verehrung. Mangel an Rücksichtnahme und Taktgefühl wurde den Abgeordneten immer wieder vorgeworfen, w e i l sie nicht nur den Haushalt stutzten, sondern sogar Z i v i l liste und Bauetat kürzten. M i t derart untauglichen Anstandsforderungen aber ist das Wesen des politischen Konflikts verdeckt 1 9 7 . Wollte man etwa die Pressepolitik des Königs nach 1830 m i t der gleichen Elle messen, so käme der unvoreingenommene Betrachter wohl kaum zu dem Schluß, der König habe seine politischen Ziele besonders rücksichtsvoll verfolgt. Machtkonflikte werden nur verständlich aus der Untersuchung der fundamentalen gegensätzlichen Interessen und ein begründetes Urteil kann erst aus dem Abwägen beider Positionen erwachsen. Die Streichung der Gelder für eine verfassungsfremde Institution, das Kabinett, dessen geheimnisumwitterter politischer Einfluß allen liberalen Öffentlichkeitsthesen Hohn sprach, mochte den König zwar kränken, war aber aus dem liberalen Verfassungsverständnis berechtigt. Daß die neubayerischen Gebiete den hohen Kostenaufwand für die Hauptstadt ablehnten, darf ebenfalls nicht verwundern. Wie konnte ein verantwortungsbewußter Volksvertreter der Pfalz die Kosten für die Bautätigkeit i n München bewilligen, die als prachtvoller Hintergrund für das Selbstgefühl des Herrschers, als kulturelle Demonstration königlicher Souveränität und als Kulisse bayerisch-dynastischer Vormacht eine politische Funktion erfüllte, wenn zur gleichen Zeit i n seiner Heimat eine unsinnige Maut das Wirtschaftsleben lähmte, überhöhte Steuern den Lebensstandard drückten, der Pauperismus der Unterschichten ständig zunahm und i n vielen Teilen des Landes der Hunger umging. 196 Lempfrid, Landtag, S. 93, gibt die Alleinschuld am Scheitern des Pressegesetzes dem Publizisten W i r t h . 197 Vgl. Κ . H. Friauf, Der Staatshaushalt i m Spannungsfeld zwischen Parlament u n d Regierung, Bd. 1, S. 57.

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Aus diesem Grund gewannen die Abstriche am Haushalt ungeheure Popularität und verhalfen dem bürgerlichen Liberalismus zu einer sympathisierenden öffentlichen Meinung auch für seine politischen Ziele. Z u einer weiteren Verhärtung der Fronten trug der König i n eigener Person bei. Entgegen früheren Zusagen verweigerte er die Vorlage eines Ausscheidungsgesetzes und verhinderte durch Hinhaltetaktik ein Gesetz über Ministerverantwortlichkeit. Der König tendierte immer stärker zum persönlichen Regiment und geriet damit auch i n Gegensatz zu seinen Ministern, m i t denen er kaum noch persönlichen Kontakt pflegte 1 9 8 . Stattdessen stiegen Grandaur, der reaktionäre unverantwortliche Ratgeber, und der zwielichtige Wrede i m Kurs, die ihrerseits wieder um die Gunst des Königs konkurrierten und zu keiner Zusammenarbeit gewillt waren 1 9 9 . Armansperg wurde auch i n Fragen seines Ressorts mehr und mehr ausgeschaltet. Dem Einfluß Metternichs und den Intrigen Wredes, der das außenpolitische Konzept des Ministers nicht billigte 2 0 0 , war es zuzuschreiben, daß der gesamte wichtige diplomatische Geschäftsverkehr direkt über Wrede an den König gelangte 201 . Dieser gezielten Isolierung versuchte Armansperg zu entgehen, indem er sich enger an die liberale Kammermehrheit anschloß. So trat wie 1819 zur doppelten Außenpolitik ein unheilbarer Riß i m Ministerium, den Wrede durch geschicktes Taktieren zum Ausbau seiner eigenen Stellung zu nutzen verstand. Auch innerhalb der Kammer bildeten sich neue Fronten zwischen der gemäßigten und der entschiedenen Opposition. Pressefehden zwischen liberalen und radikalen Blättern schürten die Emotionen. I n dieser Atmosphäre zunehmender Polarisierung war eine sachliche Auseinandersetzung m i t dem Pressegesetzentwurf, der immerhin eine vorläufige Diskussionsgrundlage geboten hätte, kaum mehr möglich. I n der Vorlage 2 0 2 war die Freiheit der Presse zum Grundsatz erhoben. Beschränkungen konnten nur durch allgemeine Gesetze erfolgen. Die Strafverfolgung stand den Gerichten zu. Die Zensur für auswärtige A n gelegenheiten blieb aufrechterhalten. I n dem entsprechenden Ausführungsgesetz behielt sich die Regierung vor, diese Zensur ganz oder teilweise aufzuheben, ebenso aber wiederherzustellen. Grundlage für die Zensur sollten jeweils ausführliche Instruktionen sein. I n dem „Gesetz über die Polizei der Presse und ihrer Erzeugnisse" waren die Verwal198 199

Böck, Wrede, S. 110 f. H. Thiersch, Fr. Thierschs Leben 2, 47 (Thiersch an Cotta v. 11. August

1831). 200 201 202

Böck, Wrede, S. 127. Ebd., S. 133 f.; PGB 2, 221. P L V Beilagen Bd. 4, S. 49 ff.

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tungsmaßnahmen geregelt und die Strafen festgesetzt. Besonders umstritten war die hohe Kautionsleistung von 4000 Gulden zur Herausgabe einer Zeitung. I n zwei weiteren Gesetzen wurden strafrechtliche Bestimmungen geschaffen. Die Verbrechen und Vergehen durch Mißbrauch der Pressefreiheit waren hier durch eindeutige Tatbestände definiert und m i t klaren, allerdings drakonisch strengen Strafen bedroht. Auch das gerichtliche Verfahren und die Zuständigkeiten waren i n einem ausführlichen Gesetz von 220 A r t i k e l n geregelt. Zudem stellte ein „Gesetz über die Bildung von Geschworenengerichten" i n Aussicht, daß auch Preßvergehen und -verbrechen i n Zukunft öffentlich verhandelt und nicht nur von Richtern, sondern auch von Vertretern der Bevölkerung abgeurteilt werden konnten. A u f dieser Grundlage hätte ein Ausgleich bestehender Gegensätze möglich sein müssen. Wohl war der fragwürdige Anspruch der Regierung aufrechterhalten, sie könne aus eigener Machtvollkommenheit die volle Zensur wiederherstellen. Auch die hohe Kaution und die Verwaltungsstrafen schränkten die Freiheit der Presse ein. Dafür aber hatte man i n der Frage der Geschworenengerichte einer alten liberalen Forderung nachgegeben. Die Zensur blieb nur i n dem Bereich bestehen, i n dem dies außenpolitische Rücksichten geboten. Stürmer äußerte sich dazu i n der Kammer der Abgeordneten i n vorsichtiger, aber unmißverständlicher Weise: „Angenommen, daß die Zensur das vollste Übergewicht der Gründe i n der höchsten Evidenz wider sich habe, so darf doch die Staatsregierung nimmermehr den Rücksichten entsagen, welche ihr die äußere Politik auferlegt 2 0 3 ." Diesem Argument konnte sich niemand, der Situation und Möglichkeiten Bayerns innerhalb des Deutschen Bundes analysierte, ganz entziehen. Eine Anerkennung der Tatsache, daß i m außenpolitischen Bereich auch der bayerischen Regierung die Hände gebunden waren, hätte vielleicht zum Abbau der Spannungen beigetragen und damit der Freiheit der Presse auf dem Umweg über eine großzügige Zensurpraxis genützt. Doch den Liberalen, besonders der radikalen Gruppe um den Rheinpfälzer Schüler, war an einem vorläufigen Interessenausgleich nicht gelegen, weil sie sich nach den Erfahrungen der Vergangenheit m i t unverbindlichen Wechseln auf die Zukunft nicht mehr abspeisen lassen wollten. Die Hauptkritik setzte, wie nicht anders zu erwarten, beim Restbestand der Zensur an. A r mansperg, der selbst von einer dauernden Bindung Bayerns an das Pressegesetz des Bundes nicht überzeugt w a r 2 0 4 , legte i n den Ausschußberatungen dar, daß eine einseitige Erklärung der bayerischen Regierung jetzt nicht möglich sei 2 0 5 . Dagegen wandte sich die Mehrheit der 203 204 205

Ebd., S. 5 (Rede v. 3. J u n i 1831). ÖGB 2, 364 (Spiegel an Metternich v. 8. Okt. 1831). Bauer, Geschichte der revolutionären Bewegungen, Bd. 1, S. 212.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Kammer m i t dem Hinweis auf die bayerischen Vorbehalte von 1819 und 1824 206 . Das bayerische Pressegesetz gewährleiste, so argumentierte von Closen 207 , einen ebenso starken Schutz gegen Injurien wie die Zensur, wenn man eine Strafe für die Beleidigung des Bundes festsetze. Und selbst Rudhart gab zu bedenken, ob man die Zensur nicht gänzlich aufheben sollte. „Denn die Bundesbeschlüsse berühren die Regierungen, die Untertanen nur die Gesetze. Gesetze aber entstehen durch Übereinstimmung der Regierungen und der Stände 2 0 8 ." Doch der König blieb, obwohl i h m Stürmer die allgemeine Tendenz gegen die Zensur eindringlich vor Augen hielt, unnachgiebig 209 . Die gegensätzliche Staatsauffassung, die Armansperg vom Herrscher trennte, wurde nun, da die Regierung am Scheideweg stand, überdeutlich 2 1 0 . Armansperg wirkte, von einer starken Abneigung gegen das absolutistische Österreich geleitet, der Tendenz des Königs entgegen, sich auf Kosten einer konstitutionellen Entwicklung und der inneren Souveränität des Landes mehr und mehr dem Bunde anzuschließen. Obwohl das Verhältnis des Ministers zur Presse nicht das eines Liberalen war, wurde er dennoch u m der bayerischen Souveränität willen einer ihrer energischsten Verteidiger 2 1 1 . Inzwischen hatte sich der österreichische Staatskanzler schon eifrig auf ihn eingeschossen. Er wollte das „embarras immense et invicible" für die Verständigung zwischen Österreich und Bayern beseitigt wissen. Die Fähigkeit zu politischer Urteilsbildung sprach er dem Minister kurzerhand ab, da er total „subjugué par Tintrigant R u m i g n y " 2 1 2 sei. Daß der König schon seit Mai auf den geeigneten Moment wartete, seinen Minister des Äußeren loszuwerden, bestätigte Wrede dem Staatskanzler. Nur noch das Ende des Landtags abzuwarten, schien dem König zweckmäßig 213 . Dabei paarte sich das Mißtrauen gegen die liberalen Tendenzen des Ministers m i t kleinlichem Neid auf dessen wachsendes Ansehen i n der Bevölkerung, wie der französische Gesandte treffend beobachtete 214 . 206

Ebd., S. 212 ff. Ebd., S. 214 f. 208 Gölz, Landtag, S. 100; Koeppel, Rudhart, S. 121 f.; P L V 12, 15 - 53 (v. 22. J u l i 1831). 209 H S t A Staatsrat 2832 (Protokoll v. 23. J u l i 1831 u n d Signât ν. 25. J u l i 1831). 210 Dazu R. Armansperg, S. 41 ff. u n d 62 ff. 211 Ebd., S. 43 f. 212 Bibl, Mett.-Wrede, S. 221 (Mett. an Wrede v. 16. A p r i l 1831). 213 Ebd., S. 235 f. (Wrede an Metternich v. M a i 1831); ÖGB 2, 329, A n m . 1 u n d 335 (Spiegel an Metternich v. 25. M a i u n d 3. J u n i 1831). 214 FGB 2, 436. 207

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A m 5. August faßte die Kammer der Abgeordneten ihren Beschluß: Nach einer Frist von sechs Monaten, während der die nötigen Schritte am Bundestag unternommen werden konnten, sollte die Zensur völlig aufgehoben werden 2 1 5 . Ein gemeinsames Gutachten des Innen- und Außenministeriums, das auf Kündigung der Karlsbader Beschlüsse zielte 2 1 6 , fruchtete beim König ebensowenig wie Wredes Votum, der nun plötzlich ebenfalls einer Aufhebung der Zensur das Wort redete 2 1 7 . Hartnäckig signierte L u d w i g I.: „Lieber keines (erg. Pressegesetz) als ein solches wie die Kammer der Abgeordneten es verändert w i l l 2 1 8 . " A m 9. September tagte erneut ein Ministerrat, bei dem einer A u f forderung Wredes folgend alle Minister ihre Stellungnahme zur Zensurfrage abzugeben hatten 2 1 9 . Armansperg hielt die Zensur nicht nur für unwirksam, sondern sogar für schädlich. Dem Provisorischen Bundespreßgesetz maß er keine Wirksamkeit bei, weil es der Bundesakte und ihrem Versprechen i n A r t i k e l 18 d zuwiderlief. Die gegenwärtige Krise i n Europa, i n der die deutschen Bundesstaaten auf die Unterstützung Bayerns angewiesen seien, erleichtere eine entsprechende Erklärung am Bund. Bayern könne mit diesem Schritt an moralischem Ansehen nur gewinnen. Der bayerische König aber ziehe „die huldigende Anerkennung der großen Mehrheit der Deutschen, die Achtung der konstitutionellen Staaten" auf sich. Zentner Schloß sich dieser A n sicht weitgehend an und verwies i n einem historischen Rückblick auf die lange liberale Tradition der bayerischen Pressepolitik, die bereits m i t der völligen Aufhebung der Zensur i m Edikt vom 13. Juni 1803 eingesetzt habe. Scheinbar dem Gewicht dieser Argumente nachgebend, konzedierte der König, die Kammer der Reichsräte könne den Wunsch auf Aufhebung der Zensur aussprechen. Tatsächlich schloß sich die Kammer der Reichsräte 220 den Voten der Minister Armansperg und Zentner 2 2 1 an, die den Regierungsentwurf befürworteten, zugleich aber für eine baldige Aufhebung der Zensur plädierten. Einen Termin, wie i h n die zweite Kammer forderte, lehnten die Reichsräte ab, obwohl Öttingen-Wallerstein „wie ein Sansculotte" gegen eine Beibehaltung der Zensur focht 2 2 2 . Die Abgeordnetenkammer, die sich auf eine Vertagung der Zensurfrage ad calendas Graecas verständlicherweise nicht einlassen wollte und ein M i n i m u m an Garantien anstreben mußte, 215

P L V , Bd. 13 (v. 8. August 1831), S. 83 f. H S t A Staatsrat 2832 (Auszug aus Ministerratsprotokoll v. 1. Sept. 1831); Lempfrid, Landtag, S. 72. 217 Böck, Wrede, S. 115. 218 S A K (Signât ν. 20. August 1831). 219 H S t A Staatsrat 2832 (Auszug aus Ministerratsprotokoll v. 9. Sept. 1831). 220 Ostadal, Reichsräte, S. 105. 221 T e x t i n ÖGB 2, 364 f., A n m . 1. 222 Ostadal, Reichsräte, S. 105. 216

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

stimmte zwar dem Gesetz zu, begrenzte aber seine Gültigkeit bis zum Ablauf der nächsten Ständeversammlung. Den Bitten des Innen- und Außenministers, diesen Beschluß der zweiten Kammer zu billigen und die Reichsräte zur Zustimmung aufzufordern, versagte sich der König. Er wollte, wie er vorgab, den Verhandlungen ihren Gang lassen, i n Wahrheit aber hegte er die begründete Hoffnung, das ganze Gesetz werde nun die Hürde i m Reichsrat nicht nehmen 2 2 3 . Tatsächlich vereinigten sich die beiden Kammern über diese unwesentliche Differenz nicht, so daß das Gesetz i n seinen wichtigsten Teilen nicht vollziehbar war. Den wenigen Resten, über die i n beiden Häusern Übereinstimmung geherrscht hatte, versagte der König nach Schluß des Landtags seine Zustimmung. „ M i t dem Fall dieses Entwurfes scheiterte der letzte Versuch zur liberalen Weiterentwicklung der Verfassung i n dieser Kammertagung" 2 2 4 , und, was die Pressepolitik betraf, der letzte Versuch während der Regierungszeit Ludwigs I. überhaupt. Verschiedene Faktoren trugen zu diesem Ergebnis bei: die Unnachgiebigkeit des Königs, die Abneigung Wredes, der das Scheitern des Gesetzes begrüßte 2 2 5 , die gesteigerten Forderungen der zweiten Kammer und die mangelnde Kompromißbereitschaft der Reichsräte i n der Schlußphase der Verhandlungen. Einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung aber hatte die neue Bundespolitik, zu der sich 1831 Österreich und Preußen zusammenfanden und von der sich der bayerische König Abhilfe gegen seine unerquickliche innere Lage versprach. Während der traurige Schlußakt des Landtags, der Streit um die Zivilliste, abrollte, zeichneten sich am Bund neue schwerwiegende Entscheidungen ab. Noch mitten i n der Diskussion um die Zensurfrage hatte der König überdies die Entscheidung auf dem Verwaltungswege vorweggenommen. I n der Instruktion vom 30. September 226 , die wohlweislich nur für den Dienstgebrauch bestimmt war und auf Vorschlägen A r manspergs vom März des Jahres basierte 227 , war die Zensur für außenpolitische Angelegenheiten festgesetzt. Auch i n allen übrigen Bestimmungen war die besondere Rücksicht auf die Bundesbeschlüsse deutlich. Der liberalen Tendenz des Innen- und Außenministers entsprechend waren Einschränkungen der Pressefreiheit aber nur dort ange223

GStA Ges. Wien 1617/18, Pressebericht Wallersteins, S. 292 - 94. Daß L u d w i g I. fest entschlossen war, die Zensur f ü r äußere Angelegenheiten nicht aufzuheben, bestätigen zwei Briefe bei Bibl, Briefwechsel, S. 263 f. (Wrede an Metternich v. 2. Nov. 1831; Metternich an Wrede v. 2. Nov. 1831). 224 Lempfrid, Landtag, S. 72. 225 Böck, Wrede, S. 116; ÖGB 2, 327, A n m . 2. 226 GStA M A I I 1872. 227 Z u m Problem ausführlich Kap. V I I , 2.

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ordnet, wo die bundespolitischen Erfordernisse dies unumgänglich erscheinen ließen. So hatte die Pressediskussion des Jahres 1831 nur einen bescheidenen Erfolg gebracht: Die reaktionäre Zensurordonnanz war gefallen und damit der frühere Zustand wiederhergestellt. Verhängnisvoll jedoch war das fortwirkende Erbe dieses Landtags, der einen Wendepunkt i n der Entwicklung des bayerischen Frühkonstitutionalismus darstellt. Rotenhan hat noch unter dem Eindruck des zehnmonatigen Ringens eine illusionslose Analyse der tiefen Wunden angestellt, die diese Ständeversammlung geschlagen hat: „Der Glaube an eine ruhige Entwicklung unserer Institutionen ist beinahe ganz verschwunden und ich sehe einer grausenhaften Explosion entgegen, wenn nicht gewaltsam etwas dazwischen t r i t t , was vielleicht Niemand jetzt ahndet. Aber was möchte, was könnte das sein, das nicht wieder von der anderen Seite eine Unterdrückung der bestehenden Freiheiten und Rechtsverhältnisse enthielte, m i t h i n wohl ebensowenig eine erfreuliche Erscheinung sein könnte. Der Bairische Landtag hat i n unserer Regierung nicht gebessert, unser König, der leider bei vielem Talente gerade das entbehrt was zu einem guten Regenten gehört, der i n alten Zeiten vielleicht i n gewisser Beziehung geglänzt haben würde, ist eigentlich m i t allem behaftet was gegenwärtig die Völker an ihren Regenten nicht wollen. Der Landtag hat i h n nichts gelehrt, w o h l aber erbittert u n d aus einem forcierten Liberalen zu einem erklärten Absolutisten gemacht. Der Landtag hat zwischen Volk und Fürsten eine K l u f t aufgetan die schwerlich sich wieder schließen wird, er hat das Bedürfnis zu Reformen unserer Verfassung evident gemacht, ohne es zu befriedigen, und zwar Bedürfnisse i m Interesse der Stabilität sowohl als i m Interesse der Freiheit und was das Schlimmste ist, jede Partei hat nur die ihrigen erkannt und w i l l von denen der anderen Partei nichts wissen, und wie die Forderungen der einen stürmischer mitunter unverschämter geworden sind, i n demselben Grade sind auch die anderen hartnäckiger i m Gewähren 2 2 8 ." 4. Die Bundesbeschlüsse von 1831

Der bayerische Landtag hatte i n der Endphase das eigentliche Kernproblem bayerischer Pressepolitik aufgezeigt, ihre Abhängigkeit vom Bund, dessen Einfluß die innere Entwicklung Bayerns mehr beeinträchtigte, als dies die stereotypen Souveränitätsbekundungen vermuten ließen. Metternich begab sich zunächst i n Wartestellung, obwohl i h n aus München die bittersten Klagen seines Gesandten, vor allem über die Produkte Wirths und Siebenpfeiffers, erreichten 229 . Die europäische 228 229

Uhde, Rotenhan, S. 28 f. (Brief an Frommann v. 21. Febr. 1832). ÖGB 2, 352 - 60.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Lage, besonders die gefährliche Spannung mit Frankreich 2 3 0 und die politische Weichenstellung i n der deutschen Entwicklung, die sich i n den Verhandlungen über eine Zollunion abzeichnete, deren Konsequenzen für Österreich bedenklich zu werden drohten, ließen i h m grundsätzlichere Schritte geraten erscheinen als bloße diplomatische Beschwerden. Das alte Karlsbader Schema wurde, nur geringfügig modifiziert, wieder ausgegraben und sollte die alte Ordnung erneut stabilisieren helfen. So monoton die Argumente und M i t t e l des Staatskanzlers waren, sie verfehlten auch diesmal ihre Wirkung nicht. Das Schema war erprobt und bewährt: Nach einer Verständigung mit Preußen mußte als nächster wichtiger Verbündeter Bayern gewonnen werden. Solange Armansperg 2 3 1 jedoch das Außenministerium führte, darüber war sich Metternich i m klaren, war eine straffere Bundespolitik m i t reaktionärer Zielsetzung nicht zu verwirklichen. Denn der bayerische Außenminister, der überzeugt war, Österreich würde Bayern jederzeit zu seiner Provinz machen 232 , bezog mehr und mehr die Position des aufgeklärten Beamtenliberalismus, der i n der Verfassung die sicherste Garantie für die staatliche Souveränität Bayerns sah und daher die österreichische Politik i n Deutschland strikt ablehnte. Für Armanspergs politische Konzeption, eine süddeutsche Allianz zu begründen, i n der Bundespolitik sich mehr an Preußen zu orientieren, keinerlei Beeinträchtigung der bayerischen Selbständigkeit hinzunehmen und i m europäischen Rahmen die Kontakte zu Frankreich auszubauen, bestanden mehr als einmal reelle Verwirklichungschancen. I n ihrer gesamten Zielrichtung war diese Politik gegen Österreich und seinen hegemonialen Einfluß i m süddeutschen Raum gerichtet und sollte Bayern als bestimmenden Faktor i n das Konzert der Mächte zurückführen. Mehrere Jahre lang befand sich der Minister m i t diesen Absichten i n Übereinstimmung mit dem Monarchen und es schien als sollte Bayern zum Hebel einer Neuorientierung der deutschen Politik werden, die das System Metternich aus den Angeln zu heben vermochte. „ I n festem Verbände m i t Preußen" 2 3 3 wünschte L u d w i g I. den Gefahren der Zeit entgegenzutreten. Und noch i m März 1831 bekundete er die Absicht, sich enger an Preußen anzuschließen 234 . Engere pressepolitische Kontakte bahnten sich auch mit Württemberg an; i n diesem Zusammenhang wurde auch der Plan einer gemäßigten länderübergreifenden Regierungszeitung erörtert 2 3 5 . Ungenützt blieb auch ein badisches Angebot, i n der Presse230 231 232 233 234 235

E. R. Huber, Kriegsgefahr über Europa. R. Armansperg, S. 41, 62 - 68, 196 - 200; Söltl, L u d w i g I., S. 24 - 28. Böck, Wrede, S. 101. Corti, L u d w i g I., S. 253. Ebd., S. 362. G. Richter, Der Staat u n d die Presse i n Württemberg bis zur M i t t e des

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frage eine gemeinsame Regelung ohne Zensur zu vereinbaren und dabei zu versuchen, unabhängig vom Bund Preußen und die süddeutschen Staaten miteinzubeziehen. Die Bereitschaft des bayerischen Außenministers wurde offensichtlich von höherer Stelle gestoppt. Denn statt eines zustimmenden Schreibens, das i m Entwurf vorliegt, erhielt Baden eine Antwort, i n der Bayern arrogant darauf hinwies, daß es bereits über alle Möglichkeiten verfüge, die Baden habe anregen wollen 2 8 6 . Wie kurzsichtig diese Politik war, w i r d erst voll erkennbar, wenn man die gleichzeitigen Bemühungen i n Preußen berücksichtigt, ein liberaleres Pressegesetz zu erlassen und m i t den süddeutschen Staaten Sonderabsprachen zu treffen 2 3 7 . M i t einer deutlichen Drohung gegenüber Baden versuchte Metternich deshalb, dieser seiner Politik zuwiderlaufenden Entwicklung Herr zu werden 2 3 8 . Doch Bayerns König kam Metternich entgegen. Denn nach der Julirevolution wich der König Schritt für Schritt von dieser außenpolitischen Linie ab, suchte engeren Anschluß an Österreich und wandte sich selbst an den Bund um Hilfe gegen die Opposition i m eigenen Lande. Armansperg aber schloß sich, je mehr er das Vertrauen des Königs verlor, um so enger der liberalen Bewegung an, so daß bereits Mitte des Jahres 1831 der Gegensatz unüberbrückbar war. Nicht geringen Anteil an dieser Entwicklung hatte Metternich, dessen beständige Wühlarbeit gegen den Minister das Mißtrauen des Königs noch schürte. Wrede fungierte als Mittelsmann und Vertrauter des österreichischen Staatskanzlers, eine Rolle, i n der er schon 1819 Erfahrung gesammelt hatte 2 3 0 . Die wesentlichen außenpolitischen Vorgänge wurden dem Minister vorenthalten 2 4 0 . So legte Münch bei seinem Besuch i n München die „Deutsche Denkschrift" Metternichs nur dem König und Wrede vor, deren Zustimmung sie weitgehend fand 2 4 1 . Dort waren auch restriktive Maßnahmen gegen die Presse angesprochen. Wrede hatte dazu direkt aufgefordert, als er Spiegel gegenüber die Hoffnung äußerte, das Pressegesetz komme i m Landtag zu Fall und der Bund werde etwas allgemeines über die Presse beschließen 242 . I n die19. Jahrhunderts, i n : Zeitschrift f. württembergische Landesgeschichte 25/ 1966, S. 417 f. 236 GStA M A 25003 (Fahnenberg an M Ä u ß v. 9. August 1831; M Ä u ß an Fahnenberg v. Sept. 1831, Entwurf). 237 Kombst, Aktenstücke, S. 41 - 43 (Bernstorff an Nagler u n d Otterstett v. 18. Okt. 1831); Treitschke, D G 4, 268 ff. 238 Hippel, Blittersdorff, S. 68. 239 PGB 2, 205; Bibl, Mett.-Wrede, S. 127 f. u. 158 - 60. 240 Corti, L u d w i g I., S. 344, nennt eine Übereinkunft m i t Wrede, nach der bei allen den Prinzipien des Königs zuwiderlaufenden Instruktionen A r m a n spergs Wrede unmittelbar m i t Lerchenfeld K o n t a k t aufzunehmen hatte, u m korrigierend einzugreifen. 241 ÖGB 2, 341 - 45 (v. 2. J u l i 1831); Bibl, Mett.-Wrede, S. 129 ff.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

sem Punkte war es zwischen Preußen und Österreich zunächst zu keiner Einigung gekommen, weil Bernstorff, der preußische Außenminister, eigene Pläne i n der Pressefrage verfolgte 2 4 3 . Erst die Audienz des österreichischen Legationsrates Werner i n Teplitz, bei der dieser m i t einer Denkschrift zum Bund-Länder-Verhältnis aufwartete, schuf die Grundlage zu gemeinsamen Maßnahmen. I n der Besprechung betonte der preußische König besonders die Notwendigkeit scharfen Vorgehens gegen die Presse. I n groben Zügen wurde auch das Verfahren bereits abgesprochen: Nach einer Übereinkunft der Großmächte sollten die größeren Mittelstaaten zugezogen und m i t dieser Rückversicherung ein Bundesbeschluß erzwungen werden 2 4 4 . Als die Pressediskussion i m bayerischen Landtag auf dem Höhepunkt stand, versuchte Metternich die Beratungen zu forcieren. Seine Absicht, die auf eine Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse i n erweiterter Form hinauslief, stieß jedoch auf Widerstand 2 4 5 . Selbst sein einst so getreuer Ratgeber Gentz war vom Sinn einer derartigen Neuauflage nicht überzeugt 2 4 6 . N u r an Münch hatte Metternich einen getreuen Vasallen. Dieser bestärkte i h n i n seinem Vorhaben und knüpfte die nötigen Kontakte am Bund. Die Haltung Bayerns schätzte der Bundestagsgesandte nicht ohne Grund außerordentlich hoch ein 2 4 7 . So dürfte keine Überbewertung i n der Annahme liegen, daß von der Entscheidung des bayerischen Königs die Richtung der künftigen Bundespolitik abhing. Die Besprechungen, die Metternich m i t Maltzan, dem preußischen Gesandten i n Wien, pflegte, verliefen nicht nach Wunsch 2 4 8 . Bernstorff war i n der Pressefrage, der i m Memoire ein hoher Stellenwert zukam, nicht für eine erneute Verschärfung zu gewinnen, ein Grund mehr für Metternich, über seinen Vertrauten Wittgenstein auch gegen den preußischen Außenminister eine Intrige anzuzetteln, die diesen wenige Monate später zu Fall brachte. Während Gentz bereits w i d e r w i l l i g am Einleitungsvortrag für geplante Bundesbeschlüsse zu arbeiten begann 2 4 9 , setzte Metternich nun alles daran, den bayerischen König i n sein Lager zu ziehen. I n seiner regen Korrespondenz m i t Wrede sparte 242

ÖGB 2, 327, A n m . 2 (Spiegel an Metternich v. 21. M a i 1831). H H S t A Wien StK, D A 147/11 (Bernstorff an Maltzan v. 15. M a i 1831, Abschrift) ; s. a. Kombst, Aktenstücke, S. 23, m i t Vorschlägen Bernstorffs zu positiver Pressepolitik u n d Ausdehnung des preußischen Einflusses i n Deutschland. 244 Bibl, Mett.-Wrede, S. 129 ff. 245 Fournier, Tagebücher Gentz, S. 402, A n m . 7 (v. 7. Sept. 1831). 246 Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 101 f. (v. 1. Okt. 1831). 247 H H S t A Wien StK, D A 37 a (Münch an Metternich v. 18. Sept. 1831). 248 Die Leitfäden der Besprechungen zwischen Österreich u n d Preußen u n d später auch Württemberg u n d Bayern ebd. Ges. F r a n k f u r t 28; ProkeschOsten, Tagebücher, S. 107; Stern, Geschichte Europas 4, 309 - 11. 249 Fournier, Tagebücher Gentz, S. 415 (v. 30. Okt. 1831). 243

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er nicht m i t Schmeicheleien, er gab dem Briefwechsel den Anschein freundschaftlicher Vertraulichkeit, obwohl i h m Wrede nicht mehr als hilfreiches Werkzeug w a r und er m i t seinen Mitarbeitern ständig die Möglichkeiten auslotete, die i h m dessen Mitteilungen boten 2 5 0 . Der Feldmarschall vermittelte i h m tatsächlich mehr Information als ein ganzes Heer von Agenten. Er ließ sich über die Wankelmütigkeit des Königs aus, legte Metternich die inneren Gegensätze i m Ministerium offen und half i h m so, ein geeignetes taktisches Konzept zu entwerfen. Wrede war auch der zunehmenden Polemik Metternichs gegen die Pressefreiheit i n Bayern zugänglich. Zwar gestand er ein, bei seinen gegenwärtigen Ministerkollegen nicht viel ausrichten zu können, zugleich aber deutete er an, daß verschärfte Beschwerden Spiegels und Maßnahmen des Bundes ihre Wirkung t u n würden 2 5 1 . So hatte Wrede wie Rechberg 1819 das ersehnte Stichwort geliefert, das Metternich i n der längst beabsichtigten Marschrichtung bestärkte. Sofort stieß der Staatskanzler nach, wenn er ein Nachgeben oder Entgegenkommen verspürte. Er gab Wrede den Rat, für eine Zensur auch bei innenpolitischen Angelegenheiten zu sorgen und versprach dazu i n Kürze eine Initiative am B u n d 2 5 2 . Die Beobachtung der bayerischen Presse wurde nun systematisch organisiert, um Material für Beschwerden zu bekommen. Prokesch-Osten richtete sein Augenmerk besonders auf die „Augsburger Allgemeine Zeitung" und die „Deutsche Tribüne" und Saphir, dem eine gute Dotation die Bekehrung vom Saulus zum Paulus erleichtert hatte, trat als bezahlter Spitzel i n Pressesachen i n österreichischen Dienst 2 5 3 . Metternichs Entschluß, eine Einschränkung der Pressefreiheit u m jeden Preis durchzusetzen, stand fest. Sogar die Militärangelegenheiten stellte er hinter diese Frage zurück. Doch Preußen reagierte noch immer zurückhaltend und ließ dem bayerischen König mitteilen, es werde nur i m Einvernehmen m i t i h m weitere Schritte unternehmen 2 5 4 . So war Metternichs Eilmarsch gebremst und er mußte sein Ziel i n kleineren Schritten ansteuern. Der Bund rückte als Aktionsfeld wieder i n den Mittelpunkt, u m m i t einem demonstrativen Beschluß den Willen zu einer Wende i n der Pressepolitik zu signalisieren. A m 10. November einigten sich die Gesandten auf eine Formel, die auch die innerbayerische Pressediskussion berührte. Die Regierungen 250

Ebd., S. 334 (v. 26. Nov. 1831); Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 109 (v. 7. Nov. 1831). 251 Bibl. Mett.-Wrede, S. 259 - 61 (Wrede an Mett. v. 1. Nov. 1831). 252 Ebd., S. 266 - 68 (Metternich an Wrede v. 6. Nov. 1831). 253 Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 109 f. (v. 9. O k t 1831); ÖGB 2, 361 f., A n m . 1; Bibl, Kaiser Franz, S. 365 u. S. 410, A n m . 53, dort Protest Kolowrats gegen die Anstellung Saphirs. 254

G H A L I, I I A 15 (Luxburg an K ö n i g v. 11. Nov. 1831).

11 Tremi

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

wurden auf die gegenseitige Verpflichtung hingewiesen, „die geeigneten M i t t e l und Vorkehrungen zu treffen, damit die Aufsicht über die i n ihren Staaten erscheinenden Zeitblätter nach dem Sinn und Zweck der bestehenden Bundesbeschlüsse gehandhabt werde 2 5 5 . Lerchenfeld hielt den Beschluß für völlig übereinstimmend mit dem von 1819 bzw. 1824 und sah daher keinen Anlaß, dagegen Widerspruch anzumelden. M i t seinem Einwand, eine Veröffentlichung halte er weder für nötig noch mit Rücksicht auf die Ständeversammlung für geeignet, scheiterte er am Mehrheitsvotum der Gesandten 256 . Armansperg 2 5 7 und Stürmer 2 5 8 dagegen standen dem Anspruch des Bundes mehr als ablehnend gegenüber. Einer Weisung an Lerchenfeld, die die bayerische Souveränität besonders hervorhob, verweigerte der König jedoch seine Unterschrift, weil er sich dadurch i n seiner Entscheidungsfreiheit eingeengt glaubte. Stattdessen ließ er seine Zustimmung mit Verfassungsvorbehalt erklären 2 5 9 . Der zuständige Minister, der bei den Vorverhandlungen übergangen worden w a r 2 6 0 , ließ seinerseits verlauten, er werde, solange er i m A m t sei, nie eine Weisung an Lerchenfeld unterzeichnen, die Bayerns Unabhängigkeit gefährde 261 . A m selben Tage, dem 10. November, faßte der Bundestag auch einen ersten konkreten Unterdrückungsbeschluß, der das i n Straßburg erscheinende „Constitutionelle Deutschland" betraf 2 6 2 . Münch, der zwar eingestehen mußte, daß eine buchstäbliche Anwendung des Bundespressegesetzes nicht möglich war, glaubte gleich Nagler diese Maßnahme aus dem Sinn des Gesetses begründen zu können. Lerchenfeld, der grundsätzlich damit einverstanden war, beantragte, um der Form Genüge zu leisten, zunächst einen Vortrag der Pressekommission. A u f die Bitte Blittersdorffs aber zog er bereitwillig diesen Antrag zurück. Der Beschluß war nur als Ersuchen an die Regierungen abgefaßt, weil man die formale Verletzung des Bundespressegesetzes klar erkannte und Schwierigkeiten i n den konstitutionellen Staaten vorhersah. U m Einstimmigkeit zu erzielen, wurde das Protokoll bis zum 19. November offengehalten, damit auch den Gesandten Bayerns, Württembergs und Kurhessens die Möglichkeit geboten war, die Zustimmung ihrer Regierungen einzuholen. Lerchenfeld hatte m i t der Billigung dieses Verfah255 Döllinger, Slg. 3, 309; P B V Bd. 16 b, S. 844 f. (§ 253). Wie 1823 wurde eine Ergänzung der Preßkommission vorgenommen. Der Beschluß befindet sich i m GStA M A I I 1871 unter der Faszikelbezeichnung: „ A k t e n über die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse." 256 GStA M A I I 1872 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 19. Nov. 1831). 257 Ebd. (MÄuß an M i n v. 27. Dez. 1831). 258 Ebd. ( M I n n an Regierung d. Rheinkreises v. 17. Dez. 1831). 259 Böck, Wrede, S. 137. 260 ÖGB 2, 368 (Spiegel an Metternich v. 31. Okt. 1831). 261 F G B 2, 462 (v. 28. Nov. 1831). 262 GStA M A 1918 (Bericht Lerchenfelds v. 10. Nov. 1831).

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rens für seine Regierung bereits vollendete Tatsachen geschaffen, die kaum mehr Entscheidungsspielraum boten, es sei denn m i t dem Risiko eines offenen Konfliktes m i t dem Bund. Der Gesandte ließ auch keine Zweifel daran, daß er von der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses voll überzeugt war. Er hielt das bayerische I I I . Edikt für selbstverständlich anwendbar auf ausländische Zeitungen. I m übrigen, so meinte er, erlaube das monarchische Prinzip jederzeit die Durchsetzung einer derartigen Maßnahme. Das Gegenteil zu behaupten, so schrieb er, würde wohl der extravaganteste Demagoge nicht wagen, ein äußerst kräftiges Wort, das eine direkte Provokation gegen seinen Außenminister beinhaltete. Dieser erkannte die Bedenklichkeit des Beschlusses sofort und machte kein Hehl aus seiner Meinung, daß er weder m i t Bundes- noch mit Landesgesetzen begründet werden könne 2 6 3 . Obwohl Lerchenfeld leidenschaftlich für eine unbedingte bayerische Zustimmung plädierte 2 6 4 , setzte sich Armansperg 2 6 6 , unterstützt sogar von Wrede 2 6 6 , i m Ministerrat durch und der Gesandte wurde angewiesen, nur mit Verfassungsvorbehalt zuzustimmen 2 6 7 . Gleichzeitig erging an die Kreisregierungen ein Befehl, das betroffene Blatt streng zu beaufsichtigen und gegebenenfalls sofort zu beschlagnahmen 268 . Erwartungsgemäß erregte der bayerische Alleingang am Bundestag Aufsehen. Der Plan einer öffentlichen Bekanntmachung des Protokolls wurde fallengelassen 269 . Österreich war besonders verärgert über die bayerische Hartnäckigkeit. Denn es hatte m i t diesem Verbot einen demonstrativen A k t beabsichtigt — vergleichbar dem Verbot des „Teutschen Beobachters" von 1823 —, der den Willen des Bundestages bekunden sollte, das Pressegesetz wieder m i t Leben zu erfüllen. Dazu aber war i m Gegensatz zum sonstigen Usus Öffentlichkeit nötig. Die beiden Novemberbeschlüsse standen, wie Münch betonte 2 7 0 , i n engem Zusammenhang und sollten als eine A r t gezielter Warnschuß wirken, um der Presse die Lust an einer Kommentierung der geplanten Wiener Verhandlungen zu nehmen. 263

Ebd. (Antrag M Ä u ß an K ö n i g v. 13. Nov. 1831). Ebd. (Lerchenfeld an K ö n i g v. 12. Nov. 1831). 285 GStA M A I I 1872 (MÄuß an M I n n v. 27. Dez. 1831). Armansperg konnte allerdings seinen Willen, den Bundestag für unzuständig zu erklären, nicht durchsetzen (so ÖGB 2, 375 f.). 2ββ Böck, Wrede, S. 137. 267 GStA M A 1918 (Gesamtministerium an Lerchenfeld v. 16. Nov. 1831; Armansperg an Lerchenfeld v. 16. Nov. 1831); GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/19 (Armansperg an Lerchenfeld v. 21. Nov. 1831; Lerchenfeld an Armansperg v. 22. Nov. 1831); H H S t A Wien StK, D A 148 (Spiegel an Metternich v. 19. Nov. 1831). 268 GStA M A 1918 (ν. 16. Nov. 1831). 269 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/19 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 19. Nov. 1831). 270 H H S t A Wien StK, D A 147/11 (Münch an Metternich v. 19. Nov. 1831). 264

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Da Bayern diese Absicht Österreichs durchkreuzt hatte, geriet es nun selbst verstärkt ins Schußfeld des österreichischen Staatskanzlers. Die Skepsis Armanspergs gegen die österreichische Bundespolitik war nur zu begründet. Es bedurfte keiner besonderen Prophetengabe, u m zu ahnen, wem die Bundesversammlung nun ihre Aufmerksamkeit zuwenden würde. Lerchenfeld verstand den W i n k Österreichs, als Münch schon wenige Tage nach dem Beschluß gegen das „Constitutionelle Deutschland" die entsprechenden Verfügungen seiner Regierung bekanntgab. „Diese Anzeige ist i m gegenwärtigen Moment äußerst merkwürdig, und zeigt die Absicht und die Hoffnung des kaiserlich österreichischen Hofes, den vereinten Bemühungen der deutschen Demagogen, den Bund durch ihre Angriffe ganz zu lähmen, durch vereintes Festhalten der Bundesregierungen bei den Bestimmungen der Wiener Schlußakte kräftig entgegenzutreten 271 ." Diese allgemeinen Bemühungen nahmen bald konkrete Gestalt an. Schon am 19. November hatte man unter den „zügellosesten Zeitungen und Zeitschriften" ausdrücklich auch die rheinbayerischen Blätter „Deutsche Tribüne" und „Bote aus Westen" genannt 2 7 2 . Wenige Tage später war die Stellungnahme der Gesandten noch deutlicher 2 7 3 . Ein A r t i k e l des „Westboten" m i t dem Titel „Das deutsche Volk und der Bundestag" gab der Versammlung Anlaß, die Zensurpraxis i n Bayern anzuprangern. Besonders Preußens Gesandter klagte über den negativen Einfluß der Pfälzer Zeitungen auf Rheinpreußen, die illegal durch Träger dorthin gelangten. Daher kam man über ein, die Beobachtung der bekanntesten liberalen Blätter den Mitgliedern der Pressekommission zu übertragen, die diese ständig nach aufrührerischen Aufsätzen untersuchen und darüber Bericht erstatten sollten. Die Drohung, der Bund werde nach den Bestimmungen des Bundespressegesetzes vorgehen, wenn die Regierungen selbst nicht das Nötige unternähmen, war unmißverständlich angefügt. Als Lerchenfeld sich einige Tage später bei der Verlesung der Registratur der letzten Sitzung gegen den Passus „diese dem Preßgesetz verfallenen Blätter" wandte, erntete er heftige K r i t i k 2 7 4 . Sein Hinweis, dieser Ausdruck lege die Vermutung nahe, die Einhaltung der Verfassung und des I I I . Ediktes sei für Bayern nicht mehr verbindlich, nahmen die Gesandten m i t größtem Unmut auf. Die direkte Frage, ob denn Bayern überhaupt gewillt sei, die von i h m selbst beschlossenen Verfügungen des Bundes zu vollziehen, setzte Lerchenfeld i n arge Bedrängnis. Zwar konnte der offizielle Antrag auf Unterdrückung der beiden Pfälzer Zeitungen noch verhindert werden, aber die ultimative Aufforderung an 271 272 273 274

GStA M A 1918 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 25. Nov. 1831). GStA M A I I 1872 (Bericht Lerchenfelds v. 19. Nov. 1831). Ebd. (Bericht Lerchenfelds v. 2. Dez. 1831). Ebd. (Bericht Lerchenfelds v. 8. Dez. 1831).

I V . Kap. : V o m Scheinliberalismus zur Reaktion

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Bayern, sofort wirkungsvoll einzuschreiten und binnen dreier Wochen eine entsprechende Erklärung am Bundestag abzugeben, w a r deutlich genug und sollte die bayerische Regierung für Monate i n A t e m halten. Armansperg allerdings bereitete dieses Problem nicht mehr lange Kopfzerbrechen. A m 29. Dezember schloß L u d w i g den „langen, leidigen Landtag" 2 7 5 . Bereits der folgende Tag brachte den erwarteten Ministerwechsel. Armansperg traf das Los, das i h m der französische Gesandte prophezeit hatte. Gleich Stürmer wurde er ohne Dank entlassen. Der alte Zentner konnte seinen Posten wenigstens m i t der königlichen H u l d räumen. Staatsrat von Schenk hatte allen Grund, sich erfreut zu zeigen und m i t „inniger patriotischer Freude" kommentierte er die Entlassungen 276 . M i t dem Jahre 1831 endete die liberale Ä r a der Pressepolitik. Schritt für Schritt gewann der Bund nun das Terrain zurück, das L u d wig I. während seiner ersten Regierungsjähre ausschließlich der inneren Souveränität zugeordnet hatte. Das neue Jahr sollte den Entscheidungskampf bringen. Die Vorzeichen standen schlecht für die Presse und ihre Freiheit. Denn bereits am 17. Dezember hatte der König die Richtung für künftiges Vorgehen gewiesen, als er seine Bundesgesandten aufforderte: „ . . . und nun hindern Sie nicht alleine nicht, sondern äußern Sie mündlich, daß es m i r recht willkommen sein wird, wenn von Seite des Bundes m i t allem Ernste gegen die i m schlechten Sinne verfaßten i n Bayern herauskommenden Blätter verfahren ungesäumt" 277. Zwischen den beiden Fronten, den Liberalen i m eigenen Land und den reaktionären Bestrebungen des Bundes geschickt zu agieren und zugleich dem wechselnden Willen des Königs gerecht zu werden, vor diese kaum lösbare Aufgabe sah sich das neue Ministerium gestellt. Die Schärfe der liberalen Presse hatte während des unseligen Landtags zugenommen, der König die endgültige Abkehr vom Liberalismus vollzogen und über den Bund verstand es Metternich, erste Früchte dieser Entwicklung zu ernten. Das Jahr 1832 sollte m i t Verboten und Repressalien beginnen und m i t der Unterdrückung der Presse auf breitester Front enden. I n logischer Konsequenz trieb die Entwicklung auf jene Akte gesteigerter Herausforderung zu, die i m Hambacher Fest ihren spektakulärsten Gipfel erreichten. 275

Lerchenfeld, Papiere, S. 436 ( L u d w i g I. an Lerchenfeld v. 17. Dez. 1831). Spindler, Briefwechsel, S. 222 (Schenk an L u d w i g I. v. 19. Januar 1832). Erfreut äußerte sich auch Metternich i n einem Schreiben an Wittgenstein, i n : Preußisches G H A , Nachlaß Wittgenstein V I , 3, 1 v. 12. Jan. 1832): „Die l i beralen bayerischen Minister sind ad patres gegangen. W i r müssen n u n erwarten, welche Helden die Ersatzmänner sind. Schlechter als Armansperg können sie nicht sein, denn der ist u n d w i r d nie etwas anders sein als ein Altbursche." 277 Lerchenfeld, Papiere, S. 436. 276

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2. T e i l : Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

„Stand für das Jahr 1832 ein regierungsmäßiger Kampf gegen die Presse bevor, so stand auch ein gewalttätiges Handeln i n Aussicht. Denn i m Unterschied zu den Einflußmöglichkeiten auf die Ständeversammlungen konnte man Zeitschriften, Bücher nur verbieten, vernichten, Schriftsteller nur einstecken, zur Flucht zwingen. Man mußte wenigstens den Schein der Gewalt annehmen, und daher war selbst ein Sieg über die Presse gefährlich, weil er der Gegenpartei den Gedanken eingab, es sei nun recht, der Gewalt die Gewalt entgegenzusetzen und das M i t t e l durch den Zweck zu heiligen 2 7 8 ."

278

Bauer, B., Geschichte der rev. Bewegungen 2, 121.

Fünftes Kapitel:

Das Entscheidungsjahr 1832 I. Personen und Regionen 1. Der König und das neue Ministerium

M i t dem Übergang i n das Jahr 1832 nahm die bayerische Pressepolit i k andere Gestalt an. Sie verlagerte sich zunehmend auf die diplomatische Ebene und geriet i n wachsendem Umfang i n den Bannkreis des Bundes. Beim König war die Bereitschaft zum Einlenken größer als je zuvor. Innerhalb des Ministeriums herrschten i n der Pressefrage geteilte Meinungen. Das Resultat dieser Gegensätze und der zeitweiligen Unentschlossenheit des Königs war die bayerische Hinhaltepolitik der Monate Januar und Februar 1 . I m Hintergrund, aber gerade i n der Bundespolitik seit dem Jahre 1831 besonders einflußreich, versuchte Feldmarschall von Wrede 2 als leitender Minister ohne spezielles Ressort seine eigene widerspruchsvolle Politik zu betreiben. Bei aller Reserviertheit gegenüber den Bundesforderungen neigte er unter dem Einfluß Metternichs 3 zum Einlenken und zur Nachgiebigseit, so hartnäckig er sich i n Einzelfällen zeigen konnte. Zogen i h n betonte Österreichfreundlichkeit und hochkonservative Anschauungen stark i n das Einflußfeld der Metternichschen Bundespolitik, so hinderte der bedingungslose Wille zur Erhaltung der bayerischen Souveränität ihn an völliger Zustimmung. Eine unentwirrbare, unreflektierte Mischung aus Ideen der Montgelasschen Staatssouveränität und einer der absoluten Dominanz des monarchischen Prinzips verhafteten Fürstensouveränität bestimmte auch sein Verhältnis zur Verfassung. Sein rein plakativer Konstitutionalismus hatte nur den einen Zweck, Ubergriffe des Bundes und damit Verletzungen der bayerischen Souveränität zu verhindern, niemals dagegen sah er die Konstitution als Instrument gesellschaftlichen Ausgleichs oder als Ga1 Eingehend dazu die Sammelakten des GStA M A I I 1872 - 76 (im folgenden K a p i t e l n u r m i t Faszikelnummer zitiert). 2 Die Biographie Böcks bietet eine zutreffende Kurzzusammenfassung auch für den Bereich der Bundespolitik und bringt aus den A k t e n des G H A München wertvolle neue Erkenntnisse bei. 3 Dazu Bibl, Mett.-Wrede, passim.

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rant bürgerlicher Freiheiten. Wo die Verfassung zum störenden Hemmschuh seiner und des Königs Politik wurde, fand er sich schnell bereit, die Bundespflicht dagegen einzusetzen oder, seinem militärischen Temperament verpflichtet, m i t „Zuschlagen" die Probleme zu lösen. Den Widerspruch zwischen den Erfordernissen des Frühkonstitutionalismus und der aus absolutischem Geist betriebenen Bundespolitik versuchte Wrede aufzuheben, indem er die gesellschaftspolitische W i r k samkeit der Verfassung auf ein Mindestmaß einschränkte und sie zusätzlich unter die dominierende Oberhoheit des monarchischen Prinzips stellte 4 . Gerade dadurch wurde er jedoch zum Metternichschen Außenposten i m bayerischen Ministerium, obwohl er glaubte, m i t seiner Polit i k Bayerns Unabhängigkeit zu retten. „Wrede wurde so ein wesentlicher Faktor i n dem von Metternich gegen alle freiheitlichen Bestrebungen virtuos gehandhabten System 5 ." Dies mag mit „mangelndem politischen Unterscheidungsvermögen" 6 zu begründen und sogar zu entschuldigen sein, reicht aber als Erklärung für die aktive und entscheidende Holle des Feldmarschalls als Informant Metternichs für wesentliche Details der innerbayerischen Szene nicht aus 7 . Schon am 2. Januar berichtete Spiegel über die Unzufriedenheit Wredes m i t den neuen Ministern 8 . Besonders gegen Wallerstein richtete sich die Abneigung des Feldmarschalls 9 . Er stimmte dem abwertenden Urteil Metternichs 10 über den neuen Innenminister zu, ohne den Versuch einer Verteidigung zu unternehmen. Vielmehr hegte er selbst die Hoffnung, daß sein K o l lege „nicht lange auf der Stange sitzen bleiben wird, auf die er sich gesetzet" 11 . „Glauben Sie i h m kein Wort", so äußerte er gegenüber Schönburg, „denn er ist der größte Lügner Europas" 1 2 . Den Gipfel politischer Instinklosigkeit aber erreichte Wrede, wenn er i n naiver Offenheit den wechselhaften Charakter seines Herrschers i m Briefwechsel m i t Metternich erörterte 13 . So eröffnete der politisierende Feldmarschall ungewollt dem österreichischen Staatskanzler Einblick i n 4 So schreibt er lapidar an Metternich: „ W i r sind ein konstitutioneller Staat u n d wollen es bleiben; w i r sind M i t g l i e d des Bundes u n d wollen auch dieses bleiben." (Bibl, Mett.-Wrede, S. 246.) 5 H. Renner, i n : K . Baumann, Hambacher Fest, S. 325. 6 Böck, Wrede, S. 7. 7 Wredes Handlungsweise m i t seinem I r r t u m über den Gegensatz zwischen Verfassung u n d Bundesbestimmungen zu entschuldigen (so Böck, Wrede, S. 192), hieße zugleich, das U r t e i l mancher Zeitgenossen über seine politische Instinktlosigkeit u n d mangelnde intellektuelle Fähigkeiten zu billigen. 8 ÖGB 2, 387 f. 9 Ebd., S. 417 (Schönburg an Metternich v. 13. März 1832). 10 Bibl, Mett.-Wrede, S. 288 (v. 19/21. Febr. 1832). 11 Ebd., S. 290 (v. 16. März 1832). 12 ÖGB 2, 417. 13 Bibl, Mett.-Wrede, S. 227, 259, 266, 273, 277 (alle 1831).

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interne Meinungsverschiedenheiten. Metternich lohnte dem bayerischen Minister die Offenheit mit zahlreichen verbalen Beweisen seiner Gunst. Doch die persönliche Hochschätzung war nicht so überwältigend, wie dies die Schmeicheleien Metternichs annehmen ließen 14 . Für den Staatskanzler war Fürst Wrede i m Grunde nur Informant und für bestimmte Grundsatzfragen, besonders das Vorgehen gegen die Presse und die liberale Bewegung, einflußreicher Vorposten seiner reaktionären Ideen i m bayerischen Ministerium. Aus der allgemeinen politischen Einstellung Wredes leitete sich konsequent seine Haltung gegenüber der Presse ab. Sie war für i h n i n erster Linie Objekt restriktiver Maßnahmen. „Er betrachtete die Presse doch mehr als ein unvermeidliches Übel. Sich m i t ihr auseinanderzusetzen, zählte eben m i t zu den konstitutionellen Pflichtübungen eines monarchischen Staatsdieners 15 ." Nach dem Hambacher Fest schwenkte er schließlich voll auf die reaktionäre Politik des Bundes ein und kannte nur noch ein einziges M i t t e l gegen die oppositionelle Presse, ihre gnadenlose Unterdrückung. Ja er verfiel sogar auf den Plan, über ganz Süddeutschland das Kriegsrecht zu verhängen, um ungestört dieses Ziel zu erreichen, ein sprechender Beweis, von welcher Haudegenmentalität sein politisches Denken geleitet war und welch enge Grenzen seiner Urteilsfähigkeit gesetzt waren 1 6 . Nicht minder wertvoll erwies sich für Österreich die Stimme des bayerischen Gesandten am Bunde, dessen Eintreten für die Bundesverpflichtungen eine geradezu extreme Tonlage annahm. Der innere Wandlungsprozeß ist erstaunlich, wenn man bedenkt, daß Lerchenfeld zu den energischsten Verfechtern der bayerischen Souveränität i n den Jahren zwischen 1815 und 1825 gezählt und selbst die Vorbehalte Bayerns zum Pressegesetz angeregt und durchgesetzt hatte. Wenn er auch eindringlich darzulegen versuchte, daß seine politischen Vorstellungen sich geradlinig entwickelt hätten 1 7 , so konnte über die grundsätzliche Änderung seiner Ansichten zur Pressefrage kein Zweifel bestehen 18 . I n erstaunlicher Weise gleichen die zahlreichen Berichte und Memoires Lerchenfelds i n ihrer Tendenz denen ausländischer Gesandter. Der ständige Einfluß seiner Kollegen und die wachsende Angst vor 14

ÖGB 2, 426 (Schönburg an Metternich v. 15. März 1832). Böck, Wrede, S. 119. 16 Bibl, Mett.-Wrede, S. 313 (Wrede an Metternich v. 30. M a i 1832) u. S. 375 (Wrede an Metternich v. 28. M a i 1833). 17 1873 (Bericht Lerchenfelds v. 14. März 1832). 18 Spiegel erinnerte i n seinem Bericht v o m 12. Nov. 1831 (ÖGB 2, 371), als Gerüchte über eine Berufung Lerchenfelds ins M i n i s t e r i u m umgingen, an dessen H a l t u n g von 1819 u n d 1824, betonte aber, m a n habe i h m versichert, daß dieser „seit seiner Verwendung i n F r a n k f u r t korrektere Gesinnungen angenommen habe". 15

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einem liberalen Umsturz 1 9 ließ i h n nicht selten seine eigentliche Aufgabe, die Wahrnehmung bayerischer Interessen, vergessen 20 . Entschuldigend fällt ins Gewicht, daß er, von seiner Regierung zeitweise völlig ohne Instruktion gelassen oder mit einander widersprechenden Aufträgen des Königs und des Außenministers versehen, den Druck der Großmächte i n vorderster Front zu ertragen hatte. Diese zermürbende Rolle macht seine veränderte Sicht von den bayerischen Möglichkeiten und Pflichten i m Bunde zumindest menschlich verständlich. Die Berichte Lerchenfelds, die von juristischer Sachkenntnis zeugen, geben ein deutliches B i l d von seiner Einschätzung der Presse. Auffallend ist immer wieder die enge, rein formalrechtliche Betrachtungsweise die vom gesellschaftlichen Prozeß und dem sozioökonomischen Wandel kaum oder nur unter negativem Aspekt Notiz nimmt. Ein Memorandum, i n dem der Gesandte seine Ansichten „Über das Verhältnis Bayerns zum deutschen Bund i n Beziehung auf die Preßfreiheit der bayerischen Journale" darlegt, ist dafür besonders aufschlußreich 21 . Als Grundlage des Bundes betrachtete er die Bundesakte von 1815. Die Wiener Schlußakte interpretierte er als organische Fortbildung, ohne die Problematik der Veränderung ursprünglicher Bundeszwecke auch nur zu berühren. Das monarchische Prinzip, so folgerte er, ließe eine Beeinträchtigung der Bundespflichten nicht zu, da die Verfassungsurkunde den Ständen nur i n solchen Fragen ein Mitspracherecht gewähre, die außerhalb der Bundeskompetenz liegen. Die Pressegesetzgebung unterstellte er eindeutig der Zuständigkeit des Bundes und er ließ auch keinen Zweifel daran, daß nach seiner Ansicht Bundesgesetze Vorrang vor Landesgesetzen genießen müßten. Die Karlsbader Gesetze fanden nach seiner Deutung ihre Begründung i n der damaligen Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung i n mehreren Bundesstaaten. Ohne auf die politischen Hintergründe jenes unsauberen Spiels von 1819 einzugehen, stellte er fest, Bayern habe den Beschlüssen damals zugestimmt und sie seien daher verbindlich. Von einer Kompetenzüberschreitung Rechbergs war i h m nichts mehr i n Erinnerung geblieben. Seine frühere Einstellung, die i h n die wahren Ziele und Motive der Beschlüsse hatte überaus realistisch beurteilen lassen 22 , 19

F ü r die Sorge, die Presse werde zum stärksten M i t t e l eines Umsturzes, sprechen nahezu alle Berichte Lerchenfelds aus den Jahren nach 1830. Daß diese Angst ehrlich, nicht aus Gründen des politischen K a l k ü l s hochgespielt war, belegt ein Privatbrief an seinen Sohn, i n : Lerchenfeld, Papiere, S. 400 (Brief v. 21. Febr. 1832). 20 Böck, Wrede, S. 139, zitiert aus dem Ministerrat v o m 10. März 1832, der Lerchenfelds H a l t u n g m i t den Worten tadelt: „ . . . die etwas zu w e i t getriebene u n d die selbständige Würde des bayerischen Staates zu verkennen scheinende Ängstlichkeit des bayerischen Bundestagsgesandten . . . " . 1 7 ( n e r n i c h v. . 183).

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gehörte der Vergangenheit an. Den bayerischen Vorbehalt wollte er nur auf die Differenz angewandt wissen, die zwischen Verfassung und Bundespressegesetz i n der Frage der Zensur von Schriften unter 20 Bogen bestand. Zudem, so merkte er an, sei dieser Vorbehalt am Bunde nie ausdrücklich angezeigt worden und auch von der Formel „ w i e bisher" habe der Bundestag daher m i t Recht keine Notiz genommen. Nach einem emotional betonten Zwischenkapitel über die verderbliche Rolle der liberalen Presse schloß sich konsequent die Folgerung an, daß nach § 6 der Bund jede Zeitung aus eigener Autorität unterdrücken könne. Einen Widerspruch zum Presseedikt hielt Lerchenfeld nicht für gegeben, weil der grundlegende völkerrechtliche Vertrag bereits vorher geschlossen worden war. Kein Wort verschwendete er dabei an die Tatsache, daß i n der Bundesakte von Pressefreiheit und nicht von totaler Zensur gesprochen wurde. Den bayerischen Vorbehalten erkannte er jede staatsrechtliche Wirkung ab. Daher sah er auch für Bayern die uneingeschränkte Verpflichtung, diese kompetenzmäßig gefaßten Beschlüsse des Bundes zu vollziehen. Daß eine derartige Betrachtungsweise, die rein formal interpretierend an der Wirklichkeit von Machtfragen und politischen Kraftproben vorbeizielte, Bayern der österreichischen Reaktion bedingungslos unterwerfen mußte, störte Lerchenfeld nicht. Denn er hatte sich i n seinen Auffassungen den Prinzipien Metternichs schon zu sehr angenähert. Das monarchische Prinzip war i n seinem Denken nicht mehr einzelstaatlich zu verwirklichen, sondern nur unter Souveränitätsverzicht i m Rahmen einer starken Bundeseinheit. Die bayerische Verfassung allerdings wurde aus dieser Sicht zum Spielball bundespolitischer Erfordernisse und verlor den Charakter einer Rechtsgarantie. Freilich war diese Haltung als Reaktion auf die Unruhe und die gesellschaftlichen Umwälzungen der Epoche, zu werten. Lerchenfelds Berichte malten — ähnlich wie die Schreiben Metternichs, aber i m Unterschied zu diesem aus ehrlicher Uberzeugung — immer nur die Schrecken der Revolution an die Wand, nie aber wurde die Frage nach den Ursachen für die liberale Bewegung gestellt. Er maß den Liberalismus an seinen radikalen Exponenten, das Gefühl für die Breitenwirkung des liberalen Gedankengutes jedoch fehlte ihm. Daher riet auch er zu jenem gewalttätigen Heilmittel, das Metternich anpries: Die Unterdrückung aller oppositionellen Regungen i n ganz Deutschland sollte das Rad der Geschichte aufhalten, wenn nicht gar zurückdrehen. 22

Vgl. Lerchenfeld, Verfassung, S. 108 ff. (Brief an Wangenheim v. 21. Okt. 1819): „Nie hat sich die Gefahr der heimlich verbundenen Aristokratie, ihre K ü h n h e i t u n d i h r krasser Egoismus, der sie die heiligsten Rechte der Souveränität entschlossen über Bord werfen läßt, u m n u r ihre Kaste unversehrt i n ihren alten Verhältnissen zu bewahren, deutlicher ausgesprochen."

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Steuerten Lerchenfeld und Wrede die bundestreue Richtung der bayerischen Politik, wenn auch m i t abweichenden Anschauungen i n der Frage der Souveränität, so erfüllte von Gise 23 , den Minister des Äußeren und des Hauses, ein größeres Distanzbedürfnis gegenüber den A n sprüchen des Bundes. Er unterschied sich von dem Rechtspositivisten Lerchenfeld durch ein praktisches Gespür für das Mögliche. Daß Spiegel sein U r t e i l „korrekt gesinnt, aber sehr zaghaft oder noch zur Zeit mehr zurückhaltend" 2 4 , noch aufrecht erhalten hätte, wenn er die wahre Meinung des Ministers gekannt hätte, wie sie uns aus dessen Schreiben an den König und den Innenminister entgegentritt, ist zu bezweifeln. Die Charakteristik Schönburgs bewies mehr Menschenkenntnis, gibt aber zugleich einen Begriff von dem diplomatischen Geschick Gises, der den Fürsten i n dem sicheren Glauben entließ, er hege gegen den Vorrang der Bundesgesetzgebung keine grundsätzlichen Bedenken, sehe sich aber vorläufig aus Klugheitsrücksichten gezwungen, die bisherige Praxis nicht umzustoßen. Wenn Schönburg die Stellung Gises als „untergeordnet" und sein Naturell als „ängstlich" abqualifizierte 25 , so unterschätzte er die Fähigkeit dieses Ministers zu selbständigem Urteil und zu beharrlicher Vertretung seiner Ansichten. I n seiner gesunden Skepsis gegenüber den Tendenzen des Bundes, über die Pressegesetze seine Kompetenzen zu erweitern, erwies Gise sich bei seinem König durchaus als mutiger Warner. Er durchschaute, anders als Lerchenfeld, die Methode Österreichs, den Bund als Machtinstrument für eigennützige politische Interessen zu gebrauchen 26 . I n einem Gutachten 27 , das den Einfluß der Bundesgesetzgebung auf Bayern behandelte, warnte er den König unmißverständlich vor den Absichten der beiden Großmächte. Er ging dabei von der bayerischen Verfassung aus und sah durch sie jede Unterordnung i n der Pressefrage ausgeschlossen. Die bayerischen Vorbehalte, so meinte er, bestätigten diese Tatsache. „ W i r d von diesem bisher behaupteten Standpunkt einmal, wenn auch nur auf ganz kurze Zeit, oder nur für einen einzelnen Fall abgegangen, ist die bayerische Souveränität kompromittiert." Diese Befürchtung zwang i h n zu der Mahnung, m i t größter Vorsicht am Bunde vorzugehen, insbesondere die eigene Gesetzgebung als dem Bundeszweck genügend darzustellen. I m Hinblick auf die Presse ging er m i t Lerchen23 Daß dieser Minister, der die längste Amtszeit unter L u d w i g I. aufzuweisen hat, von der Forschung bisher vernachlässigt wurde, stellt ein erhebliches Manko f ü r alle Arbeiten dar, die sich m i t Bundes- u n d Außenpolitik Bayerns i m Vormärz befassen. 24 ÖGB 2, 401 (Spiegel an Metternich v. 1. März 1832). 25 Ebd., S. 425 (Schönburg an Metternich v. 15. März 1832). 26 So auch Böck, Wrede, S. 128. 7 ( e an n i v. . 183).

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feld darin einig, daß ihre Unterdrückung notwendig sei, aber er w a r nicht bereit, dafür den Preis der Souveränitätsbeschränkung zu zahlen. Daher war es nicht verwunderlich, daß der Minister und der Bundestagsgesandte ihre Meinungsverschiedenheiten bald dem König zur Entscheidung vorlegten 2 8 . Grundsätzliche Unterschiede i n der Staatsauffassung trennten Lerchenfeld und Gise voneinander. Während der Minister die Verfassung als unverletzlich über alle äußeren Verpflichtungen stellte und i h r eine A r t bindenden Vertragscharakter zugestand, sah Lerchenfeld sie nur als ein jederzeit modifizierbares Geschenk des Fürsten an, das hinter dem „höheren Interesse" des Bundes zurückstehen mußte. Derartig gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem zuständigen Minister und seinem wichtigsten Gesandten konnten einer konsequenten bayerischen Pressepolitik nicht förderlich sein. Einheitlichkeit und Durchsetzungswille, die n u n am Bundestag mehr als je zuvor nötig gewesen wären, litten darunter erheblich. Die schillernde Persönlichkeit Öttingen-Wallersteins 29 stellt eine der undurchsichtigsten Komponenten der bayerischen Politik jener Jahre dar. Sein Beitrag zur reaktionären Entwicklung i n Bayern ist bis heute umstritten 3 0 . Wallerstein war von einer Verbindung konservativer und liberaler Ideen geprägt. Das Bundesverhältnis betrachtete er als Staatenbund lockerster Zusammensetzung, das keinerlei Einschränkung der inneren Souveränität der Einzelstaaten begründete. Seine Vorstellungen motivierte er anders als die übrigen Minister und der König: Die Eigenstaatlichkeit und Unabhängigkeit Bayerns schienen i h m als Gegengewicht zur reaktionären, von der österreichisch-preußischen Suprematie beherrschten Tendenz des Bundes lebensnotwendig. So bediente er sich der Verfassung auch nicht nur als abwehrende Argumentationshilfe, sondern hob sie i n den Rang einer leitenden Norm für das staatliche und gesellschaftliche Leben. Das monarchische Prinzip war folgerichtig ein Bestandteil der Konstitution und stand nicht über ihr. Eine Aufhebung der Verfassung oder einzelner Teile aus königlicher Machtvollkommenheit hielt er weder für rechtlich möglich noch für politisch klug. Zur strengen Betonung rechtsstaatlicher Prinzipien stand die volle Ausschöpfung aller gesetzlichen und 28 1873 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 29. Febr. 1832 m i t Anhang; Gise an König, o. D., verm. Anfang März 1832). 29 Die Darstellung von V. Dcsacsovszky bietet lediglich eine materialreiche Nacherzählung umfangreichen, aber unkritisch ausgewerteten Aktenmaterials. Die biographische Lücke ist jetzt geschlossen durch die Dissertation K . - H . Zubers über Wallerstein. 30 Koeppel, Eine neuartige Charakteristik Ludwigs I., i n : Staat u n d Volkstum, S. 150; Silbernagel, Pfalz, S. 43 ff.; Doeberl, E G 3,110.

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polizeilichen Möglichkeiten grundsätzlich nicht i m Widerspruch. Ohne Zweifel waren die gewagten Interpretationskünste und das Drehen an der Schraube der Verwaltungsrepression keine sympathischen Methoden, aber sie bemühten sich stets um Gesetzmäßigkeit und hielten sich i m Rahmen der Verfassungsnormen. Dieses politische System allerdings, das unter dem Druck des Bundes und nach dem Willen des Königs viel stärker i n den Sog reaktionärer Politik geriet als es Wallerstein lieb war, brachte den Minister nicht nur i n K o n f l i k t mit den Großmächten, sondern auch m i t der liberalen Bewegung. Besonders die entschiedenen Liberalen fürchteten i h n als ihren gefährlichsten Gegner, weil sein politisches Konzept flexibel und publikumswirksam zu werden versprach. Wallerstein lehnte das plumpe M i t t e l brutaler Unterdrückung ab und versuchte m i t feineren Instrumenten, den Liberalismus einzudämmen; er wollte den Radikalismus ohne übertriebenes Aufsehen ausschalten, den gemäßigten Liberalismus an den Staat binden und zugleich für die Regierungspolitik eine starke öffentliche Meinung innerhalb der bürgerlichen Mittelschicht schaffen. Diese Polit i k war nicht unklug, weil sie den radikalen Liberalen m i t rechtsstaatlichen Argumenten begegnete, ohne die obrigkeitsstaatlichen Möglichkeiten völlig aus der Hand zu geben. Wallersteins Taktik stieß zunächst bei den Linksliberalen und Radikalen auf heftigen Widerstand, i m weiteren Verlauf der verschärften Repression verlor er auch an Ansehen beim gemäßigten Liberalismus, weil angesichts der pressefeindlichen Verwaltungspraxis die Berufung auf die Gesetzmäßigkeit an Glaubwürdigkeit verlor. Mehr als einmal befand Wallerstein sich i n der Gefahr völliger Isolierung, aus der ihn jedoch immer wieder das Vertrauen des Königs rettete. Seine Kollegen Wrede und Lerchenfeld warteten beständig auf eine Gelegenheit, i h n zu Fall zu bringen. Die kräftigste Assistenz dazu leisteten ihnen Metternich und Spiegel, die das Ministerium Wallerstein nur für ein Intermezzo hielten. Spiegel, der i m allgemeinen zur Heftigkeit i m Ton neigte und grelle Farben der Darstellung bevorzugte, zählte einen ganzen Katalog negativer Charaktereigenschaften des neuen Ministers auf. Besonders kreidete er i h m „vollkommenes Zugehören an die revolutionären Prinzipien der Zeit" an und sah i h n als „Idol der i n diesem Sinne erscheinenden Flugblätter" 3 1 . Auch Fürst Schönburg war keine Sympathie für den Innenminister abzugewinnen. „Daß die Wahl des Fürsten Wallerstein eine höchst unglückliche war, darüber ist unter den Vernünftigen nur eine Stimme, sowie daß i n die jetzige Verwaltung ohne dessen Entfernung nie Einheit kommen könne 3 2 ." Dennoch konnte er dessen „administrative Talente" und 31 32

ÖGB 2, 381 (Spiegel an Metternich v. 6. Dez. 1831). Ebd., S. 408 (Schönburg an Metternich v. 8. März 1832).

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„Gewandtheit" nicht leugnen. Der Vorwurf, Wallerstein sympathisiere mit den „doktrinellen Konstitutionellen" 3 3 , bedeutete bei der Verschiedenheit der inneren Struktur beider Staaten aus dem Munde eines österreichischen Diplomaten eher ein Lob für einen bayerischen M i nister als einen Tadel. Und auch daß Wrede als sein größter Widersacher hervorgehoben wurde, sprach, gemessen an der Fähigkeit, Bayerns Interessen zu vertreten, ebenfalls für Wallerstein. Aus den österreichischen Kommentaren zu seiner Person klingt eine Vorahnung des Kommenden. Mehr als einmal sollte sich Wallerstein als energischer Widerpart gegen die Ziele des Bundes erweisen. Was i h n dem österreichischen Staatskanzler suspekt machte 34 , war die Tatsache, daß dessen System hier ein nicht zu unterschätzender, selbständig denkender und handelnder Gegner erwuchs. A n der Person Wallersteins läßt sich auch die Behauptung Doeberls, unter L u d w i g I. habe es keine Politik eines Ministers gegeben 35 , zumindest für den pressepolitischen Bereich widerlegen. Der König kannte die Neigung des Fürsten zur gemäßigten Form des Liberalismus aus dessen Wirken i m Reichsrat. Er war sich auch darüber i m klaren, „daß Wallerstein kein ,Schreiber', sondern ein selbständig denkender und handelnder M i n i ster sein würde" 3 6 . Vermutlich war seine Berufung gezielt dahin gerichtet, ein Gegengewicht zu Wrede zu schaffen, um eine einheitliche Meinung i m Ministerium von vorneherein unmöglich zu machen und dem König die volle Entscheidungsfreiheit zu wahren. Die politischen Möglichkeiten eines Ministers unter L u d w i g I. ergaben sich aus seiner Befähigung zur Menschenbehandlung, aus seiner Flexibilität und Geschicklichkeit i m Umgang m i t dem König und aus seiner Überzeugungskraft, m i t der er den unentschlossenen und juristisch nur unzureichend vorgebildeten Herrscher auf seine Linie zu bringen verstand. Die A k t e n belegen eindeutig, daß der König Wallersteins liberalisierende pressepolitische Tendenz kannte 3 7 . I n mehreren Briefen an L u d wig I. machte dieser aus seinen Ansichten kein Hehl 3 8 . Wenige Tage nach seinem Amtsantritt gab Wallerstein i n einer Stellungnahme zu einigen Berichten Lerchenfelds eine programmatische Erklärung ab 3 9 . Schärfer noch als Gise bestritt er die Gesetzgebungskompetenz des Bundes i n Presseangelegenheiten. Gerade der A r t i k e l 33

Ebd., S. 417 (dies. v. 13. März 1832). A m 19./21. Febr. 1832 schrieb Metternich bereits an Wrede: „Ich fürchte sehr den doctrinellen Wallerstein." (In: Bibl, Mett.-Wrede, S. 288.) 35 Doeberl, EG 3, 110. 36 Böck, Wrede, S. 129. 37 Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 27 ff.; E. Deuerlein, i n : Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben 2, 360. 38 Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 28 f. (v. 12. Dez. 1828 u n d 24. Dez. 1831). 39 1872 ( M I n n / M Ä u ß v. 8. Jan. 1832). 34

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18 der Bundesakte bot i h m dafür Gewähr. Die Frage der Pressefreiheit und das Maß der Zensur, so legte er seinen Standpunkt dar, sei für Bayern verbindlich durch die Verfassung von 1818 geregelt; diesen Zustand zu ändern, bedürfe es einer Zweidrittelmehrheit der beiden Ständekammern. Das Provisorische Preßgesetz von 1819 habe hinter den Bestimmungen der Verfassung zurückzustehen. Denn der Abdruck der Karlsbader Beschlüsse sei schon damals nur i m Intelligenzblatt und m i t einer Vorbehaltsklausel erfolgt. Auch die Wiener Schlußakte spreche den Einzelstaaten bei der Behandlung der Presse Souveränität zu. I n A r t i k e l 65 sei außerdem nur von möglichst gleichförmigen, nicht aber von völlig gleichen Verfügungen die Rede. M i t Nachdruck hob Wallerstein zwar die Notwendigkeit wirksamen Einschreitens gegen die Presse hervor; aber er war dazu nur i m Rahmen der gesetzmäßigen Ordnung bereit. Daß er es verstand, m i t psychologischem Fingerspitzengefühl mögliche Reaktionen der Bevölkerung abzuschätzen und zugleich diese Prognosen als wirksames Argument i n seine Beweisführung einzubauen, läßt der Schlußsatz seines Schreibens erkennen: „Sich zu entfernen von dem, was die bayerische Regierung i m gleichen Falle 1819 vor den Augen von ganz Europa ohne allen Widerspruch von Seite der Bundesversammlung tat, wäre geeignet, die Gemüter auf das heftigste zu bewegen, und den ultraliberalen Blättern geradezu den lebhaftesten Vorschub zu leisten." Stattdessen empfahl er dem K ö n i g 4 0 ein System der Gesetzlichkeit, der Mäßigung und Klarheit, das zugleich kräftig und wirksam sein sollte. Eine grundsätzliche Verschärfung der Pressepolitik sollte durch Ausschöpfung aller gesetzlichen Möglichkeiten, die er allerdings auch für mangelhaft hielt, und durch zusätzliche Verwaltungsmaßnahmen, wie den Austausch von Beamten und das Konzessionswesen, bewirkt werden. Einer Fortführung der Zensur für äußere Politik stimmte er aus außenpolitischen Gründen zu, für die Innenpolitik hielt er das M i t t e l der Beschlagnahme für ausreichend. Daß Wallerstein m i t diesen Anschauungen einen schweren Stand i m Ministerium haben würde, war vorherzusehen, zumal der König unsicher zwischen den verschiedenen Lösungsvorschlägen schwankte. Die Gunst des Herrschers wechselte allzu leicht ihr Objekt, das mußte Wallerstein i m Guten wie i m Bösen erfahren. Für seine Politik der Mitte, die von „Galgen- und Rad-Rufen", wie Wrede sie ausstieß 41 , nichts hielt, erntete er nicht nur Anerkennung. Wallerstein wollte sicher die Presse bändigen, vor allem ihre radikalen Exponenten zum Schweigen bringen. Aber es lag ursprünglich nicht i n seiner Absicht, 40 G H A L I, X V I , 73 (Wallerstein an K ö n i g v. 14. Jan. 1831, richtig Februar (!)). 41 Bibl, Mett.-Wrede, S. 375 (Wrede an Metternich v. 28. M a i 1831).

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dies auf Kosten jeder freien Meinungsäußerung und gegen die Verfassung zu erreichen. Als einziges Mitglied des Ministeriums erkannte er nicht nur die Gefahren der freien Presse, sondern auch ihre Bedeutung als Instrument der Meinungsbildung. Aus dem Verständnis für die Beeinflußbarkeit der Volksstimmung und für das schwer greifbare, aber dennoch wirksame Phänomen der öffentlichen Meinung erwuchs sein pressepolitisches Konzept. Nicht den demonstrativen Unterdrückungsmaßnahmen, die der Bund propagierte und durchzusetzen bemüht war, gehörte seine Sympathie, w e i l er auf die öffentliche Meinung nicht mit Verachtung und elitärer Selbstüberschätzung wie Metternich herabsah, sondern ihren integrierenden Wert bei der Überbrückung des Gegensatzes zwischen Staat und Gesellschaft erkannte, zog er auch die positive staatliche Pressepolitik ins K a l k ü l 4 2 . Wallerstein hat ohne Zweifel „zwischen Reaktion und Revolution . . . eine Abschwächung des zwangsläufig entstehenden Gefälles angestrebt und erreicht" 4 3 . Der Vergleich m i t der Ä r a Abel erhellt dies: Wallerstein verhinderte die offene Willkürherrschaft einer absolutistischen Bürokratie, er rettete einen Rest der verfassungsmäßigen Freiheit für die Presse und schwächte den reaktionären Einfluß der Großmächte nach Möglichkeit ab. Daher wäre es ungerecht, den Minister nur an den faktischen Ergebnissen seiner Amtszeit zu messen, ohne das, wenn auch letztlich erfolglose, politische Wollen miteinzubeziehen. Der Weg Bayerns i n die Reaktion ist Wallerstein zu allerletzt anzulasten. Das Urteil über seine Person und sein politisches Wirken ist, wie so häufig bei Versuchen des politischen Mittelweges, von negativer Parteinahme rechter wie linker Ideolgen verzerrt, so wie schon seine Methoden bei den Zeitgenossen liberaler und reaktionärer Provenienz unpopulär waren, wegen zu großer Härte bei den einen, wegen zu geringer bei den anderen. Eine unzulässige Vereinfachung bedeutet es i n jedem Falle, „den Beginn der eigentlichen Reaktion i n Bayern" 4 4 m i t der Ernennung Wallersteins gleichzusetzen. Der Aspekt der außenpolitischen Bedingungen, denen sich der Innenminister i n zu vielen Situationen beugen mußte, bleibt bei derartigen Urteilen völlig außer Betracht. Die A k t e n bezeugen, welch große Zahl an Einzelbefehlen oder Verordnungen auf Beschwer42 G H A L I, V I , 460 (Wallerstein an K ö n i g v. 10. August 1831): „Ebenso halte ich den höchsten u n d edelmütigsten Schutz der Preßfreiheit, die w o h l bemessene Benützung des ,Inlands 4 u n d des ,Thron- u n d Volksfreundes', . . . , die Beförderung jeder m i t dem Gesetz vereinbaren Freiheit u n d den leidenschaftslosen, jedoch offenen, festen K a m p f m i t jenen Oppositionsartikeln, welche etwa gegen ihren W i l l e n die liberalen Tendenzen des Gouvernements vor I n - u n d Ausland verdunkeln könnten, zu den unablässigen Anforderungen des Moments." 43 Deuerlein, i n : Lebensbilder, S. 374. 44 Silbernagel, Pfalz, S. 43.

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den des Bundes oder einzelner Mitgliedsstaaten erlassen wurden. W i r d dieser Einflußfaktor übergangen, so führt eine Bewertung nach rein innenpolitischen Kriterien zu Verzerrungen. Wallersteins pressepolitische Entscheidungen sind nicht losgelöst von ihren Abhängigkeiten zu bewerten, sondern erst aus der hemmenden Bindung Bayerns an die reaktionäre Pressepolitik des Deutschen Bundes voll zu verstehen. Trotz verbaler Bekenntnisse aller Beteiligten zu den tragenden Grundprinzipien, das monarchische System, die Verfassungstreue und die Erfüllung der Bundespflicht, ergaben sich i m Ministerium scharfe Fronten, die i m Grunde ein Spiegelbild der inneren Zerrissenheit des Monarchen waren. Denn durch völlig verschiedenes Verständnis und abweichende Interpretation waren innerhalb des Koordinatensystems der Begriffe die gegensätzlichsten politischen Konzeptionen möglich. Vom Anschluß an die reaktionäre Staatstheorie m i t deutlicher Dominanz des Bundes, wie sie Lerchenfeld vertrat, über Wredes untaugliches konservativ-konstitutionelles Vermittlungskonzept und Gises politischen Pragmatismus, i n dem die Staatssouveränität den obersten Rang einnahm, spannte sich der Bogen bis zu Wallersteins konservativem Liberalismus, i n dem sich Elemente des herkömmlichen Souveränitätsdenkens mit solchen des modernen Konstitutionalismus vereinigten. Hinter den Ministern jedoch stand, unverantwortlich und doch i m letzten bestimmend, der König. Er, der die Gegensätze i m Ministerium durch gezielte Berufungspolitik geschaffen hatte, u m dieses Gremium von vorneherein zur Machtlosigkeit zu verdammen, trug damit auch die Hauptverantwortung für den gesamten politischen Kurs. Die Persönlichkeit Ludwigs I. hat Zeitgenossen und späteren Historikern immer wieder Rätsel aufgegeben 45 . Die Widersprüche i m Charakter des 45 Eine dem Stand moderner Geschichtswissenschaft angemessene p o l i t i sche Biographie steht noch aus. Die fragwürdige Überbetonung der poetischen A m b i t i o n e n u n d mäzenatischen A l l ü r e n des Königs hat von der absolutistischen Selbstbeherrscherpose abgelenkt u n d das politische System durch freundlichere Farben aufzuhellen versucht. Die Geschichtsschreibung ist bis heute stark geprägt von einem konservativen Patriotismus, i n dem Elemente eines traditionellen Monarchismus u n d des politischen Katholizismus nachwirken. Die betont apologetische Tendenz dieser historiographischen Richt u n g hat eine kritische Würdigung der Regierungsepoche Ludwigs I. bisher verhindert. So haben mehr als hundert Jahre bayerischer Geschichtsschreibung weder eine strukturelle Untersuchung des politischen Systems noch eine unbefangene Würdigung der oppositionellen Bewegung i n Bayern zutage gefördert. Vgl. dazu Pölnitz, i n : Schindler, Bayerische Symphonie 1, 415 ff.; Rail, i n : Schönere Heimat 57/1968, S. 151-60; Schwaiger, i n : Zeitschrift f. Kirchengeschichte 79/1968, S. 180 - 97. Auch Spindler, dessen Lebenswerk u m Person u n d P o l i t i k Ludwigs I. kreist, zeigt i n einer Reihe v o n Aussagen seine B i n dung an die traditionelle Forschung. Typisch dafür ist ein Gedankengang, der fast wörtlich bereits bei Sepp, L u d w i g Augustus, S. 325, zu finden ist: „ W e r i n einem Maße w i e dieser Fürst das Zeug zum Regieren besaß, der hatte auch das Recht, so zu regieren." (In: Bilder aus der bayerischen V e r -

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Königs fügten sich keinem Schema: Sprunghaftigkeit paarte sich m i t Starrsinn, misanthropisches Mißtrauen stand einer ausgeprägten Popularitätssucht gegenüber, der Hang zu grenzenloser Selbstüberschätzung trat unmittelbar neben eine Unsicherheit, die nicht zuletzt durch eine inkonsequente Erziehung und körperliche Mängel bedingt war. Zugleich aber verfügte L u d w i g über überströmende Phantasie und mitreißende Begeisterungsfähigkeit. Diese Persönlichkeitsstruktur, i n der i m Grunde alle Elemente angelegt waren, die i n pathologischer Übersteigerung bei seinem Enkel wieder auftraten 4 6 , erklärt manche der Ungereimtheiten i n der politischen Haltung des Königs. „Hellenischer Schönheitssinn und bigott katholische Gläubigkeit, ehrliche Liebe zum Volk und eine Uberschätzung der königlichen Würde, die der Selbstvergötterung nahe kam, schwärmerisches Teutonentum und wittelsbachischer Dynastenstolz, alles das trat grell und unvermittelt zutage, da die Natur dem Könige von den schlichten Gaben des Menschenverstandes, des Taktes, der Mäßigung nur wenig geschenkt hatte 4 7 ." Dominierendes Element, das alle seine innen- wie außenpolitischen Handlungen bestimmte, war Ludwigs I. Vorstellung von der monarchischen Souveränität. Das Gottesgnadentum war i h m Leitbild, das monarchische Prinzip, das er i n der Verfassung verankert und vom Bund garantiert sah, war seine staatsrechtliche Norm und der Patrimonialstaat sein Ideal, i n dem er als wohlwollender, aber uneingeschränkter Herrscher zu regieren gedachte. Die restaurative Wiederbelebung und die zähe Verteidigung dieser Fürstensouveränität 48 ist das zentrale Kontinuitätselement, das die immer wieder gestellte Frage nach dem Umschwung i n der Politik des Königs zweitrangig erscheinen läßt 4 9 . gangenheit, S. 228.) Ausgewogener als dieser Satz, der wie eine Paraphrase macchiavellistischen Staatsdenkens anmutet, ist die neueste Darstellung, i n : Hb. I V , 1, S. 176 - 80 u. 105 - 108. Neue Ansätze zu einer methodisch fundierten Darstellung finden sich i n der Forschung der letzten Jahrzehnte n u r vereinzelt. Einen guten Ausgangsp u n k t bietet Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, der dem System Ludwigs I. ein eigenes K a p i t e l widmet. Die beste Analyse der gesellschaftlichen u n d politischen Faktoren des Herrschaftssystems Ludwigs I. hat H. H. Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 435 ff. u n d 529 ff., erarbeitet. Eine anregende Zusammenfassung der gesellschaftspolitischen G r u n d s t r u k t u r legt Möckl i n seiner Einleitung zu der kritischen Epochenanalyse der Prinzregentenzeit vor. 46 Vgl. dazu den Begriff des „Occasionalismus" bei Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 436. Aufschlußreich auch der zwar polemische, aber i n seiner Grundtendenz w o h l richtige A r t i k e l über die zwiespältige N a t u r des Königs, i n : „Die Gegenwart" 1/1849, S. 183 ff. 47 Treitschke, Dt. Geschichte 3, 64. 48 Spindler, Festvortrag, S. 26, nennt Staatsbild u n d P o l i t i k des Königs „ i n echtem, rechtem Sinne konservativ", eine Einschätzung, der der Verf. nicht zu folgen vermag. 12

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W i d e r s p r u c h , O p p o s i t i o n oder g a r D e l e g a t i o n l e h n t e L u d w i g I . stets ab. D e s h a l b s o l l t e n seine M i n i s t e r n u r Schreiber s e i n 5 0 . Das e r z w u n g e n e N a c h g e b e n v o n 1831 v e r z i e h er d e n K a m m e r n n i e 5 1 , die Presse w u r d e gnadenlos u n t e r d r ü c k t , als sie z u m M a c h t f a k t o r aufstieg u n d auch der B u n d f a n d n u r S y m p a t h i e , w e n n er d e n K ö n i g aus i n n e r e n S c h w i e r i g k e i t e n r e t t e t e . So w a r L u d w i g s I . Regierungsepoche e i n einziges S c h w a n k e n z w i s c h e n d e r Suche nach K o a l i t i o n s p a r t n e r n u n d d e r A b w e h r i h r e r tatsächlichen oder v e r m e i n t l i c h e n E i n g r i f f e i n seine K r o n rechte. V e r h ä n g n i s v o l l w u r d e diese P o l i t i k , w e i l sie n i c h t n u r d i e i n n e r e S t a b i l i t ä t des Staates i n s W a n k e n brachte, s o n d e r n auch schwere außenp o l i t i s c h e B e l a s t u n g e n h e r v o r r i e f 5 2 . Sie i s o l i e r t e B a y e r n nach außen, ohne i h m i m I n n e r e n F o r t s c h r i t t e z u b r i n g e n . E i n u n k o n t r o l l i e r t e s p e r sönliches R e g i m e n t , das b e i a l l e m A r b e i t s e i f e r ü b e r d i e L e i s t u n g s k r a f t u n d ü b e r die F ä h i g k e i t e n des Herrschers g i n g 5 3 , v e r s t ä r k t e d i e K o n z e p t i o n s l o s i g k e i t u n d U n s i c h e r h e i t d e r b a y e r i s c h e n P r e s s e p o l i t i k noch e r h e b l i c h 5 4 . A l l e Systemwechsel, d e r Verschleiß a n M i n i s t e r n u n d d i e 49 Die ältere Forschung formulierte eine Katastrophentheorie u n d begründete den angeblichen Umschwung des Königs m i t den Erfahrungen der J u l i revolution, der Münchner Dezemberunruhen und des Landtags von 1831. So Heigel, L u d w i g I., S. 130 u n d 177; Franz, Verfassungskämpfe, S. 151 u n d 156; Koeppel, Rudhart, S. 66, der den Umschwung i n zehn Stufen unterteilt. 50 Böck, Wrede, S. 125, A n m . 412, zitiert ein Schreiben des Königs an Wrede v o m 15. Sept. 1831: „Daß ich nicht den Johann der Minister abgebe, dieses ist mein großes Verbrechen; ich soll keine andere Meinung äußern; daß aber sie m i r fast i n allem widerstreben, daß der Herr der Diener Diener sei, scheint denselben ganz i n der Ordnung zu sein, i n der seit den Julitagen verkehrten Welt." 51 Doeberl, E G 3, 106 (Signât ν. 10. J u n i 1831). 52 Spindlers Aussage, außenpolitisch seien L u d w i g I. v o m Schicksal keine großen Aufgaben zugewiesen worden (Festvortrag, S. 20 f.), berücksichtigt die Folgewirkungen gerade der Bundespolitik zu wenig. 53 Von „Leichtigkeit der Auffassung u n d Ordnung i m Denken u n d E n t scheiden" (so Spindler, Festvortrag, S. 29) k a n n ebensowenig die Rede sein, w i e die Behauptung Cortis ( L u d w i g I., S. 294) zutrifft, die Signate des Königs seien „ k u r z u n d knapp u n d den Nagel auf den K o p f treffend" gewesen. Die A k t e n weisen zahlreiche Fälle aus, i n denen L u d w i g I. politischen Entscheidungen m i t allgemeinen Floskeln auswich oder aus Mangel an Sachkenntnissen undurchführbare Anweisungen gab. Vgl. dazu die zeitgenössischen Urteile: Koeppel, Charakteristik, S. 144: „totale NichtOrientierung auf dem posit i v e n Geschäftsboden"; „politische u n d administrative Abstraktionen u n d Improvisationen, ohne Rücksicht auf die Zeitumstände" ; ÖGB 2, 42 „Fehlen höherer Intelligenz" ; P G B 2, 12 „keineswegs zu vollendeter Ausbildung u n d Ideenklarheit gediehener K o p f " . 54 Spindler, Erbe u n d Verpflichtung, S. 252 ff., der Grandaurs Einfluß w o h l zu gering ansetzt; Doeberl, EG 3, 110; Böck, Wrede, S. 124, A n m . 410, dort A n g r i f f Wredes auf die Einrichtung des Kabinettssekretariats (Wrede an L u d w i g I. v. 13. Sept. 1831).

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Kabinettspolitik dienten letztlich nur der Bewahrung unangefochtener Selbstherrschaft. Selbst seine Bautätigkeit und K u l t u r p o l i t i k ordnete der König diesem Ziele unter. Denn auch sie hatten dem Ansehen Bayerns und seiner Regenten zu dienen. Es war immer die gleiche Politik der moralischen Eroberungen, die hinter dem liberalen wie dem katholischen Engagement Ludwigs stand. Seine Neigung zur Autokratie brach nicht erst 1832 durch. Sie beherrschte ihn schon als Kronprinz 5 5 und war i n seinen ersten liberalen Regierungsjähren ebenso vorhanden 56 wie i n seiner reaktionären und katholischen Phase. Die Allianzen m i t einzelnen Gesellschaftsgruppen waren nichts anderes als Zweckbündnisse, die ihre Entsprechung i n der Vorstellungswelt des Königs hatten. Denn liberale Schwärmerei, romantischer Katholizismus und emotionaler Nationalismus waren unreflektiert und ungeordnet i m Kopf des Königs vereinigt. Jede dieser Gruppen stieß aber schnell an ihre Grenzen, wenn sie Forderungen stellte, die der königlichen Machtfülle gefährlich werden konnte. So büßte der König i m Laufe seiner Regierungszeit nicht nur die Popularität ein, nach der er so begierig war, sondern, was für die spätere politische Entwicklung bedeutsamer war, das liberale Bürgertum verlor den Glauben an die integrierende K r a f t des Königtums 5 7 . Die Isolation und der verstärkte Rückzug ins persönliche Regiment waren die konsequenten Folgen. I n der Schlußphase seiner Regierung stand der König zu allen gesellschaftlichen und staatlichen Kräften, die sich als Partner anboten, i m Widerstreit. Das Experiment der Erneuerung eines vorrevolutionären Königtums war endgültig gescheitert. So war L u d w i g I. „eine einmalige, eine säkulare Erscheinung, die Reinkarnation des Königsgedanken schlechthin, der sich über alle Kräfte der Gegenwart erheben wollte — und damit allen erliegen mußte, weil er innerlich keiner angehören konnte, den liberalen seiner Jugend jähre ebensowenig wie den konservativen, den reaktionären eines Metternich oder den restaurativen, wie der Schwager i n Berlin" 5 8 . 55

Vgl. F G B 1, 28 (De la Garde v. 28. J u n i 1817): „ E r zeigt großen Despotismus i n seinem Charakter, einen wenig geordneten Geist, keinerlei Würde i n seinem Gehaben, mehr Strenge i n seinen Grundsätzen als i n seiner F ü h r u n g u n d all das w i r d i h n dazu bringen, sich m i t Leuten zu umgeben, deren Schmeichelei er f ü r Ergebenheit nehmen w i r d u n d die die Beweglichkeit seines Geistes u n d die regen Leidenschaften spielend mißbrauchen werden." 56 Vgl. ÖGB 1, 564 (Trautmansdorff an Metternich v. 8. März 1825): „So einigt sich der Hang zu Unumschränktheit m i t Vorliebe zur Libertät, w e n n diese als eine Waffe gegen vermeintliche Angriffe an Selbständigkeit u n d Unabhängigkeit gebraucht werden w i l l " ; ähnlich ÖGB 2, 42 u n d 238; so auch PGB 2, 6 f. u n d 12. 57 Anders Spindler, i n : Bilder aus der bayerischen Vergangenheit, S. 228, der L u d w i g I. als die stärkste K l a m m e r des Staates bezeichnet. 58 Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 437.

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Gegen Volks- und Staatsouveränität ebenso wie gegen zu starke Eingriffe des Bundes oder Machtzuwachs einzelner Gesellschaftsgruppen versuchte der König seine monarchische Souveränität durch mehrfache ,Cauchemars des coalitions 4 zu bewahren. Jedes dieser Systeme bedingte auch eine grundlegend veränderte Pressepolitik 59 . I n den ersten Regierungsjähren, die gegen Feudale und Bürokraten und nach außen gegen Österreich und den Bund gerichtet waren, bot sich als gegebener Partner die liberale Bewegung an. Die Befreiung der Presse war eine der populärsten Maßnahmen, mit denen der König das liberale Bürgertum zu gewinnen hoffte. Als sich die Verfassungsbewegung und die Publizistik zu verselbständigen begannen und die Forderungen einer gemeinsamen Opposition von Landtag und Presse seine Herrschaftsausübung tangierten, beendete L u d w i g sein liberalisierendes System des Zweckkonstitutionalismus, um ins Gegenlager überzugehen. Der Bund unter Führung Metternichs, der sich schon seit 1830 m i t wachsendem Nachdruck bemüht hatte, Bayern ins reaktionäre Fahrwasser zurückzuführen, bot sich nun für den König an. Eine entgegenkommende Bundespolitik, die der Form nach auf der Verfassung beharrte, um den inneren Widerstand niederzuhalten, zugleich aber am Bundestag Maßnahmen gegen die Presse anregte, gab dem König die Möglichkeit, der Presse Herr zu werden, ohne sich selbst m i t unpopulären A k ten zu belasten. Ludwigs Abneigung gegen die Presse war i m Laufe des Jahres 1831 i n einem Maße gewachsen, daß er ihre Unterdrückung um jeden Preis wünschte. Dieses Ziel gedachte er m i t Hilfe des Bundes zu erreichen, wie eines seiner zahlreichen Signate belegt: „Ich wiederhole abermals, daß es m i r recht erwünscht sein wird, wenn der deutsche Bundestag m i t aller i h m zu Gebote stehender Strenge gegen die i n Bayern herauskommenden Blätter die eines bösen Sinnes verfahre 6 0 ." Diese eindeutige Absicht wurde aber sofort wieder aufgehoben mit der Bemerkung, daß die Vollziehung i m Königreiche nur nach dessen Gesetzen erfolgen werde. Die Ehre eines Ministeramtes unter L u d w i g I. war ein fragwürdiges Vergnügen. Wie sollte der Verantwortliche handeln, wenn der König der eigentlichen Entscheidung beharrlich auswich? „Mein Ministerium von 1832 darf nicht die Leistung des vom Jahre 1831 haben, es muß monarchisch, es muß teutsch sein;" 6 1 , m i t derartigen Floskeln glaubte L u d w i g Richtlinien für politische Entscheidungen zu setzen. Die inkonsequente Haltung des Königs war neben den Meinungsverschiedenheiten i m Ministerium der Hauptgrund für die orientierungslose, 59 Sepp, L u d w i g Augustus, S. 228 ff.; dort zwar zahlreiche Hinweise, aber auch eine Vielzahl sachlicher Fehler. 60 1872 (Signât ν. 10. Febr. 1832). 61 Ebd. (Signât ν. 13. Jan. 1832).

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schwankende Außenpolitik Bayerns. L u d w i g wollte zwar seine gute Gesinnung klar herausgestellt wissen 62 , er wünschte die Unterdrückung der liberalen Presse, von deren weiterer Tätigkeit er den „Untergang der Monarchie" 6 3 befürchtete, aber er war nicht bereit, und darin lag der tiefe Widerspruch seiner Politik, für die Unterstützung durch den Bund auch nur einen Fußbreit seiner Souveränität aufzugeben. Die daraus resultierende Hinhalte- und Schaukelpolitik, — Schönburg sprach von einem „fast bewußtlosen Fortschwanken auf einer Bahn ohne Richtschnur, ohne Augenmaß" — 6 4 , bot Österreich und Preußen die erwünschte Handhabe, Bayerns Unabhängigkeit einzuengen und das widerspenstige Königreich der bundesweiten Reaktion einzugliedern. Die Bundesbeschlüsse von 1832 sollten die Probe aufs Exempel sein, wie weit der bayerische König zu einer pressepolitischen Anpassung gewillt war 6 5 . 2. Die rechtliche und politische Sonderstellung des Rheinkreises

Bayerns pressepolitische Entscheidungen litten besonders unter den Nachwehen der Integration eines fremden Gebietsteiles, der nicht nur räumlich vom Kernland getrennt, sondern auch i n der Bevölkerungsstruktur und i n den geistigpolitischen Traditionen vom konservativen Altbayern unterschieden w a r 6 6 . Bayerischer Patriotismus und Nationalismus bestimmten das Verhältnis zwischen Bayern und der Pfalz ebenso wie separatistisches und partikularistisches Denken. Die Entscheidung für die eine oder andere Alternative hing von der Verfassungstreue der Regierung ab. Wer dem Geist der Konstitution Zügel anlegen wollte, stieß gerade i m Rheinkreis auf härtesten Widerstand. Denn hier hatte sich auf dem Boden der französischen „Institutions", die Bayern 1816 bei der Übernahme des Gebiets anerkannt und durch die Verfassung später sogar garantiert hatte, eine A r t von fortschrittlichem Staatsmodell entwickelt, das den Liberalen i n ganz Deutschland als vorbildhaft galt 6 7 . A u f der Grundlage freiheitlicher Rechtsgarantien, die die Ständegesellschaft nivellierten, und eines fortgeschrittenen 62

Ebd. (Signât ν. 12. Febr. 1832). Eb.d (Signât ν. 21. Febr. 1832). 84 ÖGB 2, 431 (Schönburg an Metternich v. 18. März 1832). 65 Ebd. 66 Z u r Sonderstellung der Pfalz: Der Sammelband Hambacher Gespräche; Baumann, Probleme der pfälzischen Geschichte; Bühler, Hambacher Fest, S. 28 ff.; Spindler, Erbe u n d Verpflichtung, S. 280 ff.; Forschungsüberblick u n d Zusammenhang bei Renner, Die pfälzische Bewegung, S. 1 - 6 8 ; wichtig als zeitgenössische Quelle: M i l l e r ( = G. Fr. Kolb), Geschichte der' neuesten Ereignisse i m Rheinbaiern; Spindler, Hb. I V , 1, S. 62 - 64 u n d 180 ff. 67 Trautz, Hambacher Fest, S. 1 5 - 1 7 ; vgl. dazu E. Fehrenbach, Traditionelle Gesellschaft u n d revolutionäres Recht. 63

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Verwaltungssystems 68 , das m i t der Tradition des Obrigkeitsstaats brach, wuchs i n der Pfalz ein selbstbewußter Mittelstand heran, der m i t dem Stolz auf diese Einrichtungen auch einen ausgeprägten Widerstandsw i l l e n gegen beschränkende Eingriffe verband. I n der ersten Phase der bayerisch-pfälzischen Beziehungen wurde daher die Verfassung und die Hoffnung auf ihre liberale Fortentwicklung die Hauptklammer, die das neue Territorium an das Mutterland band und die eigentliche Grundlage zu einer allmählichen Integration bot. Diesen Prozeß unterbrach jedoch bald die reaktionäre Wende der bayerischen Politik nach Karlsbad. Einem zweiten Aufschwung i n den ersten Regierungs jähren Ludwigs I. folgte ebenfalls die erneute Enttäuschung. Ließen sich die Unterschiede i n der Mentalität der Bevölkerung und zwischen Altbayern und der Pfalz noch überbrücken, so schuf die ungerechte Besteuerung und die Einführung der Maut eine ernsthafte Opposition i n großen Teilen der bürgerlichen Mittelschicht 69 . Das zunehmende Abweichen des Königs von den Idealen der Einheitsund Freiheitsbewegung verschärfte den Gegensatz. I n dieser vorrevolutionären Situation der Unzufriedenheit, die durch Mißernten und Hungersnot noch gesteigert wurde, zündete die Februarrevolution i n Paris wie ein Fanal. Der aufgestaute Unmut machte sich nun lautstark Luft, eine lebendige Publizistik griff i n den Meinungsstreit ein, die politische Diskussion i n der Bevölkerung erreichte den Siedepunkt 70 . Je enger die Regierung den Freiheitsraum zog, desto heftiger wurde der Widerstand, desto breiter wurden die Fundamente der Bewegung. „Es war doch nicht so, wie es nach verschiedenen Berichten hoher Beamter scheinen möchte, daß nur eine ziemlich große Anzahl von böswilligen Advokaten, verunglückten Studenten, verrückten Theologen, halbgebildeten Schullehrern und dienstlosen Handlungsdienern die öffentliche Meinung für ein verderbliches System gefangen hielt, und es bloß i n der Hefe des Volkes, dem Auswurf des rheinbayerischen Volkes gärte, sondern der gebildete und werktätige Mittelstand nahmen an dem Kampf gegen Reaktion, Klerikalismus, Regierung und Fürstent u m und für eine Neugestaltung des deutschen Vaterlandes leidenschaftlichen Anteil und boten den Wortführern i n diesem Kampfe stärksten Rückhalt 7 1 ." Die Bevölkerung der Pfalz war nicht bereit, 68 Baumann, Appellationsgericht, S. 8, weist auf die betont liberale Besetzungspolitik der bayerischen Regierung i n den Jahren 1815/16 hin. 69 Zorn, Staat u n d Gesellschaft, S. 121: zwischen 1835 u n d 1837 größte Auswanderungszahlen i n ganz Bayern, 1840 m i t 16 000 A r m e n höchste Quote i m Königreich. 70 M i l l e r , Ereignisse, S. 27, stellt fest, daß die Julirevolution n u r auslösend u n d verstärkend g e w i r k t hat, aber keineswegs die Ursache f ü r die Unruhe i m Rheinkreis war. 71 Bühler, Hambacher Fest, S. 42.

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ihre Freiheiten der Reaktion i n Bayern zu opfern. Weite Kreise der Beamtenschaft, die eigentlich die Stütze der Regierung hätten sein sollen, liebäugelten m i t dem liberalen Lager. Auch die Gerichte, die bald i n Presseprozessen häufig beansprucht waren, entzogen sich durch ihre Unabhängigkeit den staatlichen Direktiven und machten aus ihrer Sympathie für die liberale Journalistik kein Hehl 7 2 . Liberale Abgeordnete und Publizisten standen i n engster Verbindung, um sie herum formierte sich eine unüberhörbare Oppositionsbewegung, i n der sich erste Ansätze zu einers Parteibildung i m modernen Sinn bemerkbar machten 73 . Hinter den Meinungsführern i n Publizistik und Presse stand eine jederzeit mobilisierbare Öffentlichkeit, die erst m i t umfassenden staatlichen Zwangsmaßnahmen zum Schweigen zu bringen war. So war die Pfalz nach Struktur und Geist „eine politische Insel i n Bayern und Deutschland" 74 und auf ihr wuchsen die mächtigsten und entschiedensten Gewächse der liberalen Publizistik, die „Deutsche Tribüne" und der „Westbote". Die Bändigung dieser Presse, die die bayerische Regierung bald i n einen unangenehmen K o n f l i k t mit dem Bund brachte, war aufgrund der ungeklärten presserechtlichen Situation m i t besonderen Schwierigkeiten verbunden 7 5 . Denn „das pfälzische Pressewesen zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfreute sich einerseits der großzügigen Gesetzgebung der ehemals französischen Besatzungsmacht, zum anderen war es aber auch den nicht immer klaren Zensuredikten des bayerischen Mutterlandes unterworfen" 7 6 . So nahm die Regierung zu gewagten Rechtsmanipulationen Zuflucht, die nichts anderes als verschleierte Verfassungsverletzungen waren. Man grub ein Dekret Napoleons wieder aus, das den Entzug von Druckereikonzessionen und die Verhinderung der Verbreitung von Zeitungen bestimmte. Dieses Dekret war aber längst aufgehoben durch eine spätere Verordnung vom 4. A p r i l 1818 und verstieß zudem gegen das Prinzip der Gewerbefreiheit 7 7 . Die letzte Konsequenz des Entzuges einer Druckereikonzession, die Versiegelung der Presse, scheute die Regierung allerdings zunächst, weil diese spektakuläre Maßnahme nur Märtyrer schuf, noch mehr Widerstand provozierte und den Sprechern der Opposition neue Argumente lieferte. Erst unter dem unmittelbaren Druck des Bundes griff 72

Zahlreiche Beispiele bei Baumann, Appellationsgericht, passim. Lenk, i n : Stimme der Pfalz 20/1969, S. 10. 74 Bosl, Der moderne bayerische Staat, S. 15. 75 Die folgenden Ausführungen nach Funk, i n : Pfälzische Heimatblätter, August 1955, Nr. 6. 76 Ebd., S. 57. 77 Trotz eigener rechtlicher Bedenken u n d des Widerspruchs mehrer Beamter riet Stichaner zur A n w e n d u n g des Napoleonischen Dekrets (nach 1872, Protokoll der Regierung des Rheinkreises v. 2. Dez. 1831 u n d Bericht Stichaners v. 3. Dez. 1831); s. a. Herzberg, Hambacher Fest, S. 54. 73

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man auch zu diesem Mittel. Die Pfalz wurde integriert, aber unter Zwang und m i t obrigkeitsstaatlichen Mitteln, sie wurde bayerisch, aber nicht wie große Teile der Bevölkerung gehofft hatten unter den Vorzeichen des modernen Konstitutionalismus, sondern unter der Pression reaktionärer Belebung des monarchischen Prinzips. So entwickelte sich i m Untergrund ein innerstaatliches partikularistisches und separatistisches Denken, dessen Wurzeln bis i n die Jahre nach Karlsbad zurückgehen und i n dem sich die liberale Bewegung von der Bindung an Einzelstaat und Fürstenregierung löste, um sie durch die Idee der deutschen Einheit und der Volkssouveränität zu ersetzen 78 . Die Eskalation der pfälzischen Bewegung und die Radikalisierung der Presse waren keineswegs das Ergebnis demagogischer und systematischer Aufwiegelung des Volkes durch die liberalen Meinungsführer, sondern begründeter Reflex auf die Ungeschicklichkeiten, Fehler und Zwangsmaßnahmen der bayerischen Regierung und die A n t w o r t auf die reaktionäre Politik des Königs und des Bundes, wie selbst amtliche Untersuchungen eingestehen mußten 7 9 . So stand die Pfalz i m Zentrum des ersten großen Pressekonflikts, der i m Ringen zwischen Volkssouveränität und Monarchie hohen Stellenwert erhielt und der die bayerische Regierung erneut und auswegloser als je zuvor i n den K o n f l i k t zwischen Verfassungstreue und Bundesverpflichtung stürzte. 3. Die Entstehung des publizistischen Radikalismus: Wirth und Siebenpfeiffer

W i r t h und Siebenpfeiffer, die beiden berühmtesten und exponiertesten Vertreter des neubayerischen Liberalismus, geben i n der Entwicklung ihres politischen Denkens, wie es sich i n ihren Hauptorganen, der „Deutschen Tribüne" und dem „Westboten", widerspiegelte, ein anschauliches B i l d von der Entstehung des Radikalismus i m Vormärz 8 0 . Zugleich erhellen die Geschehnisse von 1831/32 um diese beiden liberalen Zeitungen, daß der Prozeß der Radikalisierung sich i m Gefolge 78 Baumann, i n : Hambacher Gespräche, S. 10 ff., f ü h r t mehrere Beispiele f ü r separatistische Äußerungen an, die besonders i n den Jahren 1819 u n d 1830 verstärkt zu konstatieren sind. Vgl. auch ders., Volkserhebung u n d Konspiration i n der Pfälzischen Bewegung von 1848/49, i n : Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 68/1970, S. 292 - 317. Der Begriff des „Regionalismus" f ü r den pfälzischen u n d fränkischen Sondergeist bei Gollwitzer, Die politische Landschaft, i n : Z B L G 27/1964, S. 536 f. 79 Sahrmann, Hambacher Fest, S. 104 f., dort Bericht „Uber den Zustand des Rheinkreises", der die entscheidende Wende zur Radikalisierung m i t dem Erlaß der Zensurverordnung ansetzt; so auch Silbernagel, Pfalz, S. 45 ff. so W e r t v o l l durch die Zusammenfassung der älteren L i t e r a t u r u n d die Einbeziehung gesellschaftsgeschichtlicher Aspekte B. Loewenstein, i n : Historica 4/1962, S. 59 - 128.

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der reaktionären Politik der Regierung und des Bundes entwickelte. I m Vorurteil einer konservativen Geschichtsschreibung 81 , die Radikalismus nicht als Phänomen eines sozialen Wandels verstehen und erforschen kann, weil sie i h n von vorneherein als abnormes Sozialverhalten abqualifiziert, steckt ein obrigkeitsstaatliches Ordnungsideal, dessen Statik gesellschaftlichen Emanzipationsprozessen kein Verständnis entgegenbringt. Indem man kurzerhand Ursache und Wirkung vertauschte, konnte der liberalen Vormärzpublizistik die Schuld an der reaktionären Entwicklung angelastet werden, eine Behauptung, die jeder Grundlage entbehrt. Unangebracht ist es daher, die Wirth, Siebenpfeiffer, Kolb, Eisenmann und Coremans nur als nichtsnutzige Schreiberlinge abzutun. Mag es bei den Zeitgenossen, die i n der Erregung des Miterlebens und aus parteiischem Blickwinkel m i t vereinfachender Polemik urteilten 8 2 , noch verständlich sein, für den Historiker späterer Generationen sollten andere Bewertungsmaßstäbe bei der Urteilsbildung maßgebend sein. Denn es war nicht die Frechheit der Presse, die den Regierungen Angst einjagte, sondern ihre zunehmende Macht, ihr wachsender Einfluß auf die Bevölkerung. Die zentrale Bedeutung, die sie der Presse und ihrer Freiheit für die Ausbreitung des liberalen Denkens zumaßen, sprachen die liberalen Publizisten offen aus, und sie nannten unverh ü l l t die Kräfte, die ihrer Bewegung Widerstand leisteten, um ihre eigenen Interessen unangefochten zu bewahren. Erst die Schritte der Regierungen und des Bundes führten i n den unmittelbaren Machtkampf. Aus Verfassungskämpfen, wie sie dem Kompromißcharakter des Konstitutionalismus immanent waren, entstand nun der Gegensatz zweier politischer Herrschaftsprinzipien. „Die Gewalthaber behaupteten den Absolutismus, die Presse antwortete m i t Volkshoheit; in der Mitte lag möglicherweise die wahrhaft konstitutionelle Regierung." 83 , so urteilte Siebenpfeiffer rückblickend i m Jahre 1833. W i r t h und Siebenpfeiffer waren, wie ihre publizistischen Äußerungen belegen, zunächst überzeugte Verfechter der konstitutionellen Monarchie. Vom bayerischen König, dem sie viel Vertrauen entgegenbrachten, erhofften sie Reformbereitschaft und die liberale Weiterentwicklung der Verfassung. Daß dies ihr entscheidender I r r t u m war, sollte sich bald zeigen. W i r t h 8 4 , dessen Neigung eigentlich der Wissenschaft galt, entschied sich erst nach reiflicher Überlegung unter dem Eindruck der Julirevolu81 Spindler, Pfalz, i n : Festg. f. Rupprecht v. Bayern, S. 246; ders., B r i e f wechsel, S. 32; Lempfrid, Landtag, S. 93, gibt W i r t h die Schuld an „der erbitterten Rachsucht des Königs". 82 So etwa die „Bayerische Staatszeitung" : „ . . . das törichte Geschrei . . . , das ein paar Journalisten erhoben" u n d „die Verirrungen einiger überspannter Köpfe". (Zit. nach Bauer, Geschichte der rev. Bewegungen 2, 196 f.) 83 Zit. nach Faber, Rheinlande, S. 320. 84 Dazu die Dissertation von H. O. Müller.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

tion für den Journalismus. Das Programm seines „Kosmopoliten", der es nur auf sieben Nummern und ebensoviele Abnehmer brachte, war zwar oppositionell, hielt sich aber mit seinen Reformvorschlägen ganz i m Rahmen des konstitutionell-monarchischen Systems und erhoffte — ähnlich wie Eisenmann — von Bayern und seinem König die entscheidenden Initiativen zur Verwirklichung des Ideals deutscher Freiheit und Einheit. M i t der Zensurverordnung von 1831 bereitete die Regierung diesen optimistischen Erwartungen eine erste schwere Enttäuschung. Dennoch übernahm Wirth, der vom konservativen Abgeordneten Vetterlein vorgeschlagen worden war, die Redaktion des Regierungsblattes, „Das Inland", nachdem Cotta i h n zur Annahme des Postens überreden konnte 8 5 . Daß er die Versicherungen Schenks, er könne das Journal völlig nach eigenen Ansichten lenken, zu nützen gewillt war, bekundete W i r t h i n seiner ersten Erklärung vom 10. März 1831. Darin formulierte er den Standpunkt eines konsequenten Konstitutionalismus, der seine Hauptaufgabe i n der „Vertretung und Verteidigung der Verfassung" 86 und nicht allein der Regierung sah. Während sich das „Inland" i n seiner veränderten Tendenz der Sympathien und der Unterstützung Armanspergs erfreute, bekam es die Abneigung des Königs bald zu spüren. Schon Ende März beschwerte sich der König bei Cotta 8 7 über den oppositionellen Ton des Blattes und forderte die Entlassung Wirths. Cotta schlug i n seinem Antwortschreiben 8 8 als weitere Möglichkeiten die Verschärfung der Zensur oder eine völlige Aufgabe des Blattes vor. A m folgenden Tag gab L u d w i g seinem Innenminister den Auftrag, alle Abonnements zu kündigen und den Status eines ministeriellen Blattes aufzuheben 89 . Schenk jedoch riet aus taktischen Gründen — er befürchtete insbesondere eine negative Wirkung auf die Landtagsverhandlungen — zu einer Lösung, die der bayerischen Regierung die Verantwortung abnehmen sollte und Cotta die Sorge um die Richtung des „Inlandes" aufbürdete 90 . Der König aber blieb unnachgiebig, w e i l eine derartige Tendenz bei einem Regierungsblatte nach seiner Ansicht die außenpolitischen Beziehungen unterträglich belastete. Einen einzigen Ausweg ließ er Cotta noch offen: Der Verleger sollte durch eine öffentliche Erklärung i n der Zeitung, deren Wortlaut der König hatte festlegen lassen, eine Mißbilligung der Entwicklung des Blattes aussprechen und es anschließend wieder auf Regierungskurs bringen 9 1 . I n einem ebenso stolzen wie würdigen Brief lehnte 85 86 87 88 89 90 91

Steuer, Cotta, S. 73 ff. Ebd., S. 76. Ebd. Ebd. (v. 28. März 1831). H S t A M I n n 45313 (König an Schenk v. 29. März 1831). Ebd. (Schenk an K ö n i g v. 31. März 1831). Ebd. (Abschrift der königlichen Anordnung v. 3. A p r i l 1831).

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

Cotta das Ansinnen ab 9 2 , so daß m i t dem 15. A p r i l das Ende der ministeriellen Phase des „Inlandes" gekommen war. Das Blatt und sein Redakteur machten nun immer intensivere Bekanntschaft m i t der Zensur, die seit 16. A p r i l von der Regierung des Isarkreises ausgeübt wurde. W i r t h wich auf zensurfreie Flugblätter aus, der Kampf gegen die Zensur wurde zum Hauptthema, zumal gleichzeitig der Landtag um das Pressegesetz rang. Obwohl sich der Ton m i t dem Anwachsen der Zensurschikanen verschärfte, finden sich zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei radikale Äußerungen. Doch der König wollte überhaupt kein oppositionelles Blatt i n München. Unter dem Eindruck mehrerer österreichischer Beschwerden 93 zwang er Cotta schließlich zur endgültigen Aufgabe des Blattes. W i r t h aber kündigte noch i n einer der letzten Nummern eine eigene neue Zeitung an, die i h m Berühmtheit und Verfolgung einbringen sollte, die „Deutsche Tribüne". Trotz gehäufter Verwaltungs- und Zensurschikanen, trotz Geld- und Arreststrafen verbreitete W i r t h auch jetzt noch keine radikalen Ideen. Er huldigte vielmehr einer Kombination aus modifizierten Triasideen, die ihren stärksten Aufschwung i n den 20er Jahren erfahren hatten und von denen auch L u d w i g I. nicht unberührt geblieben war, und einem Borussianismus, der einem konstitutionellen Preußen die entscheidende Funktion bei der Einigung Deutschlands zumaß. Zugleich aber verteidigte er die Souveränität Bayerns gegen die Anmaßungen des Bundes 94 , weil Bayern i h m als Verfassungsstaat Entfaltungsmöglichkeiten bot und so als geeignete Ausgangsbasis für ein freiheitliches, geeinigtes Deutschland erschien. Die Verfassung war die oberste Garantie, auf die sich W i r t h immer wieder berief und die er gleichberechtigt neben den König stellte 9 5 . Innerhalb der konstitutionellen Rechte nahm die Pressefreiheit den obersten Rang ein. Sie galt als das Medium, das der liberalen Bewegung zum Siege verhelfen und alle politischen Widerstände mit Hilfe einer mobilisierten Öffentlichkeit überwinden konnte 9 6 . 92

Steuer, Cotta, S. 77; Schäffle, Cotta, S. 184 f. ÖGB 2, 31 f., 322, A n m . 2, 330 f., 331 f., A n m . 2. 94 Müller, W i r t h , S. 59 („Deutsche Tribüne", Nr. 10): „ E i n neuer B u n d muß kommen, der weder österreichisch noch preußisch noch französisch sein soll." 95 Ebd., S. 59 f. („Deutsche Tribüne", Nr. 167): „ K ö n i g u n d Verfassung sind jetzt zu gleichbedeutenden Ausdrücken geworden. Verfassung ohne K ö n i g ist so wenig denkbar wie K ö n i g ohne V e r fassung." 96 Vgl. „Deutsche Tribüne", Nr. 105 v. 15. Okt. 1831 (zit. nach Obermann, Einheit u n d Freiheit, S. 108): „Den Widerstand der Aristokraten zu überwinden ist die Aufgabe unseres Zeitalters. Das M i t t e l dazu ist die Presse . . . Die periodische Presse bleibt unüberwindlich, w e n n sie, der treue W i d e r h a l l der Gesinnungen der Nation, i m Volke auch eine feste Stütze findet. Es ist dann nicht der einzelne, w e l cher w i d e r die Feinde der Nation den K a m p f führt, sondern die öffentliche 93

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Doch der Rotstift verstümmelte Wirths A r t i k e l immer mehr, mit ausgeklügelten Verwaltungsschikanen verzögerte man das Erscheinen der Zeitung, u m ihr die Aktualität und damit das Leserinteresse zu nehmen 97 . Schließlich stimmte der König selbst, durch zwei ihrer A u f sätze veranlaßt, der Abfassung einer neuen Zensurinstruktion für äußere Politik zu 9 8 . W i r t h seinerseits ging zum Gegenangriff über. Er verbreitete die gestrichenen A r t i k e l als Flugschriften und forderte alle Redakteure liberaler Organe auf, Gleiches zu t u n oder die zensierten A r t i k e l an i h n zu senden. I n Kommentaren zu den Landtagsverhandlungen und i n ausführlichen Schilderungen der Zensurpraxis i n Bayern nahm W i r t h nun den Kampf gegen fortschreitende Unterdrückung der Meinungsfreiheit auf 9 9 . Nicht lange blieb sein publizistisches Wirken eine innerbayerische Angelegenheit. Spiegels beredte Klagen i n seinen Berichten an Metternich 1 0 0 führten bald zu einer Beschwerde beim bayerischen Außenminister 1 0 1 . Dieser jedoch ließ den Gesandten zunächst geraume Zeit warten, um i h n dann i n selbstbewußtem Ton über die staats- und verwaltungsrechtlichen Gegebenheiten i n Bayern aufzuklären 1 0 2 . Auch ein Appell an Wrede, der zwar Abhilfe wünschte, aber seine Einflußmöglichkeiten i m Ministerium nicht für ausreichend hielt, brachte keinen Erfolg 1 0 3 . Als die Zensurinstruktion vom September nicht die gewünschte Wirkung zeigte, zugleich aber die Beschwerden anderer Bundesstaaten zunahmen und am Bundestag Unruhe über die bayerische Nachgiebigkeit aufkam 1 0 4 , erließ die Regierung m i t deutlichem Hinweis auf die außenpolitische Situation eine Verordnung, nach der allen Redakteuren eine Erklärung abzufordern war, kein Blatt m i t Abdruck gestrichener Stellen herauszugeben. Bei Weigerung oder Verstoß war die Postversendung zu untersagen 105 . Inzwischen versuchte der König auf unauffälligere Weise die „ T r i büne" zum Schweigen zu bringen. A n Münch ging eine Anregung Meinung des Volkes, die sich aus allen Teilen des Landes i n den Journalen fortwährend kundgibt." 97 Koszyk, Dt. Presse 2, 74. 98 GStA Ges. Wien 1617/8, Pressebericht Wallersteins, S. 284 f. (Signât L u d wigs I. v. 26. J u l i 1831). 99 Koszyk, Dt. Presse 2, 73 f. 100 ÖGB 2, 353 - 65. 101 Ebd., S. 354. 102 Ebd., S. 355 f. u n d A n m . 1. 103 Ebd., S. 356. 104 GStA M A 25038 (MÄuß an M I n n v. 15. Okt. 1831); GStA M A 25004 (Lerchenfeld an K ö n i g v. 6. Sept. 1831). 105 GStA M A 25038 ( M I n n an Kreisregierungen v. 17. Dez. 1831). Diese Verordnung stellte einen Vorläufertypus der unter Wallerstein teilweise angewandten, unter A b e l v o l l ausgeformten Repressalie des Postdebitentzuges dar, die i n der Verfassung keine Grundlage hatte.

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

Bayerns, eine Bundesmaßnahme gegen die Zeitung einzuleiten 1 0 6 und Wrede bestärkte Metternich i m Auftrag des Königs i n dieser Richtung 1 0 7 . Schon i m Oktober herrschte i n der österreichischen Staatskanzlei darüber Einigkeit, daß gegen die „Tribüne" eingeschritten werden müßte. Nur über den Weg bestanden zwischen Metternich und Gentz Meinungsverschiedenheiten: Der Staatskanzler wollte zunächst i n München Satisfaktion verlangen, Gentz befürwortete den direkten Schritt am Bundestag 108 . Durch ein weiteres „eigenartiges Verlangen" überraschte L u d w i g I. den österreichischen Gesandten. Er richtete an i h n die Bitte, Österreich solle Cotta, der die „Tribüne" unterstütze und m i t f i nanziere 109 , das Verbot der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" i n seinen Staaten androhen, wenn er das radikale Blatt nicht fallen lasse 110 . Die bayerische Anregung fand i n der österreichischen Staatskanzlei ein empfängliches Ohr und für die „Augsburger Allgemeine Zeitung" begann erneut eine Periode verstärkten Druckes 111 . W i r t h aber war zutiefst enttäuscht, als das Pressegesetz auf dem Landtag, nicht ohne Einfluß Metternichs und seines Vertrauten Wrede, wie er richtig vermutete 1 1 2 , zu Fall kam. Die Bundesbeschlüsse vom November bestärkten i h n i n dem Glauben, daß der wahre Feind der deutschen Einheit und Freiheit i m Deutschen Bund und den Fürstenregierungen, die ihn trugen, zu suchen sei. Damit war das Objekt künftiger Angriffe gefunden. Und daß Wirths Schlußfolgerungen hellsichtig waren, beweisen die A k t e n zur Politik der deutschen Einzelstaaten und des Bundes zur Genüge. Schon i m Oktober wurde i h m der Münchner Boden zu heiß. M i t der Übersiedlung nach Homburg begann seine dritte publizistische Phase, i n der er seine Forderungen zur Radikalität steigerte. Erstaunlich parallel verlief, von persönlichkeitsbedingten Unterschieden abgesehen, die Entwicklung Siebenpfeiffers 113 . Auch bei ihm, dem ιοβ Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 118 f. (v. 7. Dez. 1831). 107

Bibl, Mett.-Wrede, S. 257 ff. (Wrede an Metternich v. 1. Nov. 1831). Mendelssohn, Gentz 2, 314 (Okt. 1831). 109 Cotta w a r an dem B l a t t selbst nicht beteiligt, w o h l aber sein Geschäftsführer i n München, Sonntag, der einen T e i l seines Vermögens i n die Zeitung investiert hatte u n d sich beim Umzug W i r t h s i n die Pfalz diesem anschloß. Durch i h n w u r d e Cotta, der zunächst m i t der liberalen Haltung Wirths ohne Zweifel sympathisierte, ständig auf dem Laufenden gehalten. (So Steuer, Cotta, S. 82 ff.) 110 ÖGB 2, 366 (Spiegel an Metternich v. 12. Okt. 1831) m i t dem nicht u n berechtigtem Kommentar: „ W i e sehr ist ein Souverän zu bedauern, welcher seine H a n d dergestalt gebunden hält, u m einen solchen A u f t r a g zur Hemmung der Redaktion eines berüchtigten Tagblattes nötig zu finden." 111 Schlesier, Schriften 5, 207; Fournier, Tagebücher Gentz, S. 339 u n d A n m . 17 (v. 17. Dez. 1831). 112 Müller, W i r t h , S. 64 („Deutsche Tribüne", Nr. 88). 108

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begabten Juristen und tüchtigen Regierungsbeamten gab die Julirevolution den Anstoß zur journalistischen Tätigkeit. I n seiner Zeitschrift „Rheinbaiern" huldigte er einem konsequenten Konstitutionalismus, ohne die monarchische Grundlage des Staates i n Frage zu stellen. Revolutionäre Änderung der Herrschaftsstruktur lehnte er ausdrücklich ab 1 1 4 . Bezeichnend für diese Haltung war sein Aufruf zum Landtag, der den ganzen grenzenlosen Optimismus und das tiefe Vertrauen i n die königliche Liberalität widerspiegelte und so die Erschütterung und Enttäuschung nach dem Scheitern aller dieser Hoffnungen erst verständlich macht: „Versammelt, erhabene Fürsten, die Stellvertreter des Volkes, redet Worte des Trostes, der Erhebung, der Freiheit! Gestattet eine offene, unverhüllte Darstellung begründeter Beschwerden, die gesunde Mehrheit w i r d nichts Unbilliges, nichts Unmögliches verlangen, sie w i r d einen W a l l u m Thron und Verfassung bilden, wie kein Mönchstum, keine Jesuiten, keine Ultraroyalisten zu bilden vermögen. Bayern zumal und der Rheinkreis blickt vertrauensvoll zu seinem Könige empor . . . , dessen heller Geist aus seinen Gedichten, wie aus manchen freisinnigen Worten und Taten unbestreitbar hervorleuchtet 1 1 5 ." Die freie öffentliche Diskussion und eine konstruktive Opposition galten Siebenpfeiffer als Grundelemente des konstitutionellen Staates und i n diesem Sinne verstand er seine Aufgabe, als Kontrollorgan gegen Verirrungen der Regierung. Daher stand auch bei i h m die Forderung nach Freiheit der Presse i m Mittelpunkt. Ohne sie war nach seiner Ansicht kein Verfassungsleben möglich 1 1 6 . I n der Öffentlichkeit stieß Siebenpfeiffer m i t seinen Vorschlägen und Anregungen, auch m i t dem Wunsch, der Pfalz einen Sonderstatus unter der Regierung eines Wittelsbacher Prinzen zu verleihen, ohne Zweifel auf Resonanz. Seine „partikularistischen und demokratischen Ansichten, der Stolz auf die eigenen liberalen Einrichtungen, das Gefühl der Überlegenheit gegenüber dem sozial und politisch rückständigen A l t bayern, die ehrfürchtige Bewunderung der westlichen Nachbarn, die Vorliebe für eine rationalistische Richtung auf dem religiösen Gebiete, der Tadel der Mißstände i n der Verwaltung, die stete Erinnerung an die Rechte des Volkes und seine gerechten Forderungen entsprachen den politischen Anschauungen weiter Kreise und kamen der allgemeinen Erregung entgegen" 1 1 7 .

113

Dazu die Dissertation von H. Braun. Herzberg, Hambacher Fest, S. 36 f. (Rheinbaiern 1, 7); Franz, Verfassungskämpfe, S. 186 ff. 115 Zit. nach Bühler, Hambacher Fest (Rheinbaiern Bd. 1), S. 43 f. 116 Braun, Siebenpfeiffer, S. 82 (Rheinbaiern 1, 292). 117 Ebd., S. 86. 114

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Blätter, zumal oppositionelle, die viel gelesen wurden 1 1 8 , waren der Regierung ein Dorn i m Auge. Stichaner, der Regierungspräsident des Rheinkreises, der viel Abschätziges über die Person des Redakteurs zu berichten wußte 1 1 9 , auf die Klagen und Forderung seiner Zeitschrift aber wohlweislich nicht einging, schlug schon wenige Wochen nach Erscheinen der ersten Nummer die Versetzung Siebenpfeiffers vor, u m ihn politisch kaltzustellen. Dieser aber nahm die Stelle eines Vorstandes des Zwangsarbeitshauses i n Kaisheim nicht an, ließ sich stattdessen quieszieren und appellierte m i t einer Schrift „Gerecht und beharrlich" an die Öffentlichkeit. Noch schärfer wurde sein oppositioneller Ton, als i m Januar die Zensurverordnung erschien. Erneut veröffentlichte er eine Schrift mit dem Titel „Freie Wahl und freie Presse i n Bayern", i n der er den „ministeriellen Zwergdespotismus" geißelte u n d die Verordnung einer vernichtenden K r i t i k unterzog. Den König aber Schloß er bei allen diesen Angriffen aus. Die Schuld an den reaktionären Maßnahmen sah er allein bei den Ministern, die den Herrscher über die wahren Bedürfnisse des Volkes i m unklaren ließen. A m ersten A p r i l erschien unter seiner Regie ein weiteres Blatt, das während des Landtages unmittelbarer und polemischer i n den Meinungskampf eingriff, der „Bote aus Westen", später „Westbote" genannt. Wie W i r t h durchlief auch Siebenpfeiffer während dieses Landtags alle Phasen von der Hoffnung auf eine liberale Fortbildung der Verfassung über den verschärften Widerstand gegen Regierungswillkür und Meinungszwang bis zur enttäuschten Abwendung von Einzelstaat und Fürstentum. „Aus dem liberalen A n w a l t der rheinbayerischen Institutionen ist ein solcher ganz Deutschlands geworden, und aus der Provinzzeitschrift wurde, . . . , eine Zeitschrift, die sich der Belange und Ziele des „Fortschrittes" i n ganz Deutschland annahm 1 2 0 !" Gegen Ende des Jahres 1831 trat die antiklerikale und antiaristokratische Tendenz immer unverhüllter hervor, die eben diese volksfeindlichen Kräfte i m Deutschen Bund repräsentiert und institutionalisiert sah 1 2 1 . M i t seinen klassenkämpferischen Parolen sollte auch er bald i n direkte Konfrontation mit dem Deutschen Bund geraten, den er so heftig angriff.

118 Dies berichtet Stichaner an Schenk am 30. Dez. 1830 (bei Bühler, H a m bacher Fest, S. 172, A n m . 104). 110 Er unterstellte Siebenpfeiffer gewinnsüchtige Motive, eine ziemlich absurde Behauptung angesichts der finanziellen Opfer, die der Gesinnungsjournalismus dieser Zeit verlangte (bei Franz, Verfassungskämpfe, S. 193). 120 Braun, Siebenpfeiffer, S. 147. 121 Ebd., S. 149 (Rheinbaiern 4, 158): „Die wahren Feinde des deutschen Volkes sind der A d e l u n d die Geistlichkeit."

13 Tremi

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So verbanden Siebenpfeiffer und W i r t h 1 2 2 , als sie i m Jahre 1832 den Schritt zum Radikalismus vollzogen, gemeinsame Erfahrungen und ähnliche Ziele, obwohl der Franke mehr das einige, der Pfälzer stärker das freie Deutschland anstrebte. Beide hatten sie den Glauben an die Verwirklichung ihrer Ideale i m bayerischen Staat verloren. Sie hatten richtig erkannt, daß eine ihrer zentralen Freiheitsforderungen, die Pressefreiheit, kein Problem eines innerstaatlichen Konfliktes war, also nicht als Verfassungskampf i m Landtag durchgesetzt werden konnte, sondern aufgrund der politischen Verflechtung i n Deutschland und Europa zutiefst abhängig war von der bundespolitischen Richtung, die Metternich i m Geiste des monarchischen Prinzips und einer aristokratischen Internationale reaktionär bestimmte und der Bayerns einst freisinniger König nur allzu w i l l i g folgte. So war die Wendung beider Publizisten gegen den Deutschen Bund folgerichtig und ihr Radikalismus die konsequente A n t w o r t auf die stille, versteckte Gewalttätigkeit der Herrschenden, die Gemeinwohl vorschützten, wo sie ureigene Interessen vertraten, die als Staatsgefährdung anprangerten, was ihre Herrschaftsrechte i n Frage stellte. I m Stadium der entscheidenden Auseinandersetzung aber konnte man von einer bedrängten Presse, die um ihre Existenz rang, nicht immer nur maßvolle Zurückhaltung verlangen, zumal auch der Regierung jedes M i t t e l zu offener und versteckter Repression recht war. Auch bei aller Polemik und Parteilichkeit der radikalen Organe bleibt aus heutiger Sicht festzuhalten: Männer wie W i r t h und Siebenpfeiffer waren keine abnormen Querköpfe, sondern wurden vom Prozeß eines dynamisierten sozialen Wandels ebenso getragen, wie sie i h n m i t förderten. Vor allem hatten sie ihren Gegnern das Verständnis dieser gesellschaftlichen Entwicklung und den schärferen Blick i n die Zukunft voraus. Daß sie als frühe Vorkämpfer i n dieser Auseinandersetzung noch unterlagen, ändert nichts an der Berechtigung ihrer K r i t i k . Schlag auf Schlag erfolgten nun die Angriffe Wirths auf die bayerische Regierung und den Bund. Noch zu Beginn des Jahres 1831 setzte sich die „Tribüne" für Gewaltlosigkeit und Achtung des Gesetzes ein, aber mit drohendem Unterton war bereits die unüberwindliche Macht der Presse ausgesprochen: „ . . . die Pressen, welche das Volk sich baut, werdet ihr nimmer zum Schweigen bringen, aber die Pressen, die ihr so sehr fürchtet, werden nie zur Anwendung roher Gewalt auffordern noch sonst die Anarchie proklamieren; sie werden vielmehr die Bürger 122 Aufschlußreich für die Entwicklung zum Radikalismus ist eine Aussage des Liberalen Schulz (Briefwechsel zweier Strafgefangener, S. 179): „ Z w a r ist dieser (erg. Wirth) noch als passabler konstitutioneller M o n archist i n München eingetroffen. Aber bei der schnellfördernden Erziehungsmethode der königlichen P o l i t i k konnte ein ehrbarer M a n n schon i n drei Monaten f i x u n d fertig sein. So geschah es auch m i t W i r t h (zit. nach Müller, W i r t h , S. 67).

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beschwören, dem Gesetz unter allen Verhältnissen gehorsam zu sein; aber sie werden auch der W i l l k ü r und der absoluten Gewalt m i t M u t und K r a f t entgegentreten, für Aufrechterhaltung der volkstümlichen Institutionen, für politische Wiedergeburt unseres deutschen Vaterlandes m i t Wärme kämpfen" 1 2 3 . Die folgenden Nummern der „Tribüne" galten dem Feldzug gegen den Deutschen Bund. Der Zusammenhang zwischen Bundessystem und Zensurwesen wurde i n dem A r t i k e l „Die Censur und der ,durchlauchtige' deutsche Bund" offengelegt: „Der hohe Bund w i l l durch die Zensur sich schützen, w e i l . . . die alten vaterländischen Krebsübel berührt werden müßten, die er bei seiner Organisation, als ehrwürdige Muttermale, auf das wiedergeborene Vaterland mehrmals vererbt hat; er w i l l durch die Zensur sich schützen, weil er, ein undeutscher Bund, nicht zur Wahrung Deutschlands gegen fremde Schmach, sondern einzig zu dessen Unterdrückung geschäftig ist; er w i l l sich endlich gegen die Zensur schützen, weil er so wenig geachtet wird, daß von seiner unseligen Wirksamkeit nicht die Rede sein könnte, ohne daß die Verwünschungen von Millionen über i h n ergingen . . . Und damit das Volk den Kabinetten ihr Unrecht nicht vorhalten könne, greift das scheue Gewissen des Deutschen Bundes nach der Zensur, wodurch die Stimme der Wahrheit unterdrückt werden soll 1 2 4 ." Der Weg war bereits gebahnt zum letzten Schritt, der Proklamierung der Volkssouveränität und der deutschen Republik, der i n dem A r t i k e l „Deutschlands Demütigung" vollzogen wurde, den W i r t h mit den scharfen Worten einleitete: „ E i n König ist kein Menschenfreund: — ein König hält die Treue nicht: — ein König hat kein Vaterland 1 2 5 ." Wenig später stellte er den Grundsatz der Legitimität und des Gottesgnadentums, auf dem das bestehende Herrschaftssystem beruhte, als „Wahnsinn" hin, „welcher das Glück vieler Millionen Menschen zugrunde richtet und die Civilisation unseres Erdteils noch auf viele Jahre hinauszuschieben d r o h t " 1 2 6 . Aus der polemisch überspitzten Analyse, daß der Bund der Fürsten der Unterdrückung der Völker diene, leitete W i r t h seine radikale Konsequenz ab. „Deutschlands Demütigung" solle überwunden werden durch die Erinnerung an „Deutschlands Pflichten" 1 2 7 . Die Presse, so glaubte Wirth, biete den Hebel zur Veränderung der gesellschaftlichen Zustände. Dazu bedürfe sie der Unterstützung aller Vaterlandsfreunde. M i t diesem Aufruf wurde der Grundstein zum „Preß- und Vaterlands ver ein", der bedeutendsten Organisation des deutschen Frühliberalismus, gelegt 1 2 8 . Für das monar123 Bauer, Geschichte der rev. Bewegungen 2, 143 („Deutsche Nr. 1 v. 1832). 124 1873 (Nr. 10. v. 12. Jan. 1832). 125 Ebd. (Nr. 26 v. 30. Jan. 1832). 126 Ebd. (Nr. 50 v. 25. Febr. 1832). 127 Ebd. (Nr. 29 v. 3. Febr. 1832).

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Tribüne",

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chische System lag i n einer derartigen, über ganz Deutschland verbreiteten oppositionellen Zellenbildung enorme Sprengkraft. Daraus erklärt sich auch die schnelle und heftige Reaktion der Herrschenden. Der „Westbote" war i n seiner Sprache von Anfang an polemischer und nahm eine deutlichere Frontstellung gegen den gemäßigten Liberalismus, „die Justemilieuaner" ein. Schon i m Dezember 1831 k r i t i sierte er den Bundesbeschluß vom 10. November m i t den Worten: „Der schmachvolle Bundesbeschluß, wodurch den souveränen Mitgliedern des Bundes verboten wird, ihren Völkern Preßgesetze zu geben, hat hier einen tiefen, erschütternden Eindruck gemacht . . . W i r müssen diesen Bundesbeschluß als den ersten Schritt schreiender Gewalttätigkeit ansehen; die Fürsten, welche stillschweigend sich solchem Beschlüsse fügen, haben auf ihre Souveränität verzichtet, sie sind zu bloßen Statthaltern herabgesunken. Ihre Völker, wenn sie so ungebührliches dulden, sind Sklaven und Knechte. Bald werden w i r wieder politische Ketzergerichte einführen, Demagogenjagden anstellen sehen, um jene als Hochverräter zu bestrafen, welche es wagen, i m Namen des Volkes dessen durch Meineid und Trug der Gewaltigen verweigerte Rechte i n Anspruch zu nehmen 1 2 9 ." Doch Siebenpfeiffer war noch einer Steigerung fähig, die i n ihrer schonungslosen Deutlichkeit Gegenmaßnahmen des Bundes geradezu provozierte: „ W i r haben nach unseren Gesetzen das Recht der freien Rede und der freien Schrift. Aber es droht derselben Gefahr. Eine kleine Versammlung von Menschen, die sich den Deutschen Bundestag nennt, maßt sich an, uns eines unserer heiligsten Rechte zu entziehen, und wenn w i r nicht auf der H u t sind, so kann es ihnen eine kleine Weile gelingen 1 3 0 ." Und wenige Tage später nannte er die Dinge noch unverhüllter beim Namen: „Als Gesamtheit unterliegt Deutschland den Launen der Junker i n Frankfurt, und diese Launen spielen nach der Drehorgel von Wien und Berlin, i n welche der Heldenzar hineinbrummt 1 3 1 ." Immer heftiger wurden Fürstentum und Bundestag attackiert: „Was sind unsere Fürsten? Die Chefs der Aristokraten, die verkörperte Idee des Aristokratismus." Der deutsche Bundestag, der die „saubere Legitimität" dieser Fürsten erhielt, war folglich der Hort der Reaktion. „Der deutsche Bund repräsentiert die deutschen Staaten. Die deutschen Staaten sind — die deutschen Aristokraten. Diese Aristokraten sind also am Bundestag repräsentiert, und durch wen? bloß durch Aristokraten . . . Aus dieser einfachen Erklärung, ja schon aus der bloßen Zusammensetzung des Bun128

Z u m Preßverein fehlt eine zufriedenstellende immer noch als Grundlage nötig G. H. Schneider. 129 1872 (Nr. 159 v. 21. Nov. 1831). 130 1873 (Nr. 46 v. 15. Febr. 1832). 131 Ebd. (Nr. 50 v. 19. Febr. 1832).

Monographie;

daher

V. Kap.: Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

destages erhellt unzweideutig dessen Aufgabe, wie w i r sie bezeichnet; Aufrechterhaltung des Staatsrechts i n Deutschland, jenes Staatsrechts, wonach die Aristokraten, die herrschende Klasse, den Staat bilden, die übrigen Einwohner aber — Einwohner, Angehörige und nur dazu da sind, jenen die Äcker zu bestellen und sie selbst zu füttern 1 3 2 ." Diese Aufrufe zum Klassenkampf mußte der Bund i m Interesse seiner Selbsterhaltung bekämpfen. Denn der Fehdehandschuh des Radikalismus war dem richtigen Adressaten vor die Füße geworfen worden. N u r war Metternich wieder geschickt genug, aus der Konfrontation Kapital zur erneuten Befestigung seines Reaktionssystems zu schlagen, so daß sich die Absichten Wirths und Siebenpfeifers zunächst i n ihr Gegenteil verkehrten. II. Die Märzbeschlüsse 1. Außen- und bundespolitische Einflüsse

Für Metternich stand mehr auf dem Spiel als die Unterdrückung zweier radikaler Blätter. Er sah das Bestehen seines ganzen Systems i n Frage gestellt. So war er entschlossen, auch m i t schärfsten M i t t e l n gegen alle Tendenzen zu einer weiteren Befreiung der Presse i n Deutschland vorzugehen. Gegenüber Baden und Kurhessen erwog er deshalb sogar ernsthaft die Bundesexekution 1 3 3 . Münch sekundierte i h m eifrig und bestärkte i h n i n Absichten, die selbst den alten Weggefährten Gentz zu abfälligen Bemerkungen über die Kurzsichtigkeit des Fürsten herausforderten 1 3 4 . Als sich eine angestrebte österreichisch-preußische Übereinkunft nicht reibungslos verwirklichen ließ 1 3 5 , weil Bernstorff den österreichischen Plänen eigene entgegensetzte, rückte die Pressefrage wieder i n den Vordergrund. Sie sollte für Metternich zum Prüfstein werden, an dem er die Reichweite des österreichischen Einflusses i m Bunde testen und bestätigen wollte 1 3 6 . Jede Liberalisierung der Pressegesetzgebung i n den Einzelstaaten hatte ja ihre unvermeidlichen Rückwirkungen auf den Bund. Eine entschiedene Abweichung vom repressiven Karlsbader System, die Österreich aufgrund seiner inneren Struktur nicht mitvollziehen konnte, hätte Österreich vom Schalthebel der Bundespolitik verdrängt. So mußte Metternich geradezu unter Systemzwang das Überwuchern des Konstitutionalismus und seiner ausgeprägten Öffentlichkeitstheorie u m jeden Preis verhindern. Tatsächlich gelang es ihm, die selbständige Regelung der Pressefrage durch mehrere 132

Ebd. (Nr. 55 v. 24. Febr. 1832). iss Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 125 (v. 3. Jan. 1832).

134 135 136

Ebd., bes. S. 118 ff. Ebd., S. 132 (v. 7. Febr. 1832). G H A L I, I I A 15 (Luxburg an K ö n i g v. 27. Jan. 1832).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

süddeutsche Verfassungsstaaten zu verhindern: Das bayerische Gesetz fiel nicht ohne sein Zutun, das badische Pressegesetz verbot der Deutsche B u n d 1 3 7 und Kurhessen ließ sich durch den Hinweis auf entsprechende Bundesberatungen von einer Kodifizierung abhalten 1 3 8 . Dieses versprochene Bundespressegesetz sollte allerdings nie verwirklicht werden; denn Metternich wollte keine neuen Verhandlungen, von denen zu erwarten war, daß sie die reaktionäre Konzentration von Karlsbad nicht mehr erreichen würden. I n der unsicheren politischen Situation von 1832 lenkte die scheinbare Bereitschaft zu einer Neuregelung von den Reaktionsbestrebungen ab und vertröstete die bedrängten Verfassungsstaaten und ihre öffentliche Meinung auf die nahe Z u k u n f t 1 3 9 . Ebenso erfolgreich blockte Metternich eine preußische Initiative ab, die nach Bernstorff Absicht Preußen i m liberalen Lager Sympathien verschaffen und das Ansehen des Bundes heben sollte. I n einem hochmütigen Memoire lehnte der Staatskanzler den Vorschlag ab, den Bundestagsverhandlungen — wie vor 1823 praktiziert und i n Bundesakte und Geschäftsordnung vorgesehen — mehr Öffentlichkeit zu geben 140 . Die süddeutschen Verfassungsstaaten bewiesen einmal mehr ihre Unfähigkeit zu konstitutioneller Solidarität, obwohl zwischen 1831 und 1832 sich politische Alternativen anboten. Bei allen Ansätzen zu einer konstitutionellen Trias, deren erste Voraussetzung der Zusammenschluß gegen die österreichische Hegemonie gewesen wäre, spielte Bayern eine traurige Rolle, w e i l i n dem engen Souveränitätsideal seines Monarchen kein Raum für freiwillige Bindungen vorhanden war. Einen Vorschlag des württembergischen Ministers Beroldingen, gemeinsam eine länderübergreifende Regierungspresse zu begründen, signierte der König überheblich m i t der Bemerkung, damit werde nur Zeit verloren und jede Regierung solle nach eigenem Ermessen vorgehen 1 4 1 . Nach 137

Siehe A n m . 145. H H S t A Wien StK, D A 148 (Ancillon an Haenlein v. 6. J u n i 1832); Kombst, Bundestag, S. 171 f. (Metternich an Trautmansdorff v. 31. M a i 1832). 139 Preußisches G H A , Nachlaß Wittgenstein V I , 3, 1 (Metternich an W i t t genstein v. 26. Febr. 1832). I m A p r i l wählte der Bundestag eine eigene Kommission, die ein neues Bundespressegesetz entwerfen sollte (PBV v. 26. A p r i l , Bd. 17 a, S. 528 f., § 118). Gegen seinen W i l l e n wurde auch Lerchenfeld i n dieses G r e m i u m gew ä h l t (GStA M A 1877 Lerchenfeld an K ö n i g v. 27. A p r i l 1832). Die bayerische Regierung, die sofort i n Abwehrstellung gegen eine neue Bundesregelung gegangen war, atmete erleichtert auf, als die Bundesberatungen auf Eis gelegt w u r d e n u n d Lerchenfeld von Nagler über die wahren Hintergründe, nämlich die Verhinderung einer einzelstaatlichen Regelung i n Kurhessen, aufgeklärt wurde (GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 24/20 Lerchenfeld an K ö n i g v. 16. J u n i 1832). Z u den österreichisch-preußischen Kontakten: H H S t A Wien StK. D A 148/149 Sept. 1832 — Sept. 1833. 140 Beide Memoires gedruckt bei Kombst, Bundestag, S. 106 ff. 141 GStA M A I I 1632 (Beroldingen an Schmitz-Grollenburg v. 31. Jan. 138

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

dem Verbot der beiden rheinbayerischen Zeitungen zeigte L u d w i g I. aus verständlichen Gründen plötzlich wieder Interesse an engeren pressepolitischen Kontakten mit dem Nachbarstaat 142 , stieß aber dort nicht mehr auf das frühere Entgegenkommen 143 . M i t der badischen Regierung verdarb sich Bayern ebenfalls die Beziehungen, als es noch während des Landtages unter Hinweis auf seine unabhängige Stellung jede gemeinsame Bundesinitiative i n der Pressefrage ablehnte 1 4 4 . Der Anlaß zu der badischen Anfrage waren die Landtagsberatungen zum Pressegesetz, die einen K o n f l i k t mit dem Bund erwarten ließen. Bayern bot sich als Partner an, weil es vor ähnlichen Schwierigkeiten stand. Doch statt i m gemeinsamen Interesse Vor absprachen zu treffen, lehnte Bayern nicht nur ab, sondern brachte i n harmonischer Übereinstimmung m i t der reaktionären Mehrheit des Bundestages das Pressegesetz, das die badischen Stände zum Jubel des ganzen liberalen Deutschland beschlossen hatten, zu F a l l 1 4 5 . Hinter der betonten Abgrenzung der bayerischen Außenpolitik stand der Wille, die königliche Souveränität gegen äußere und innere Einflüsse abzuschirmen. I n erster Linie aber wollte L u d w i g I. von den mißliebigen Zeitungen befreit werden, ohne dabei seinen Namen ins Spiel bringen zu müssen. Diese Möglichkeit bot i h m Metternich. Für diesen wiederum bedeutete das Einschwenken Bayerns eine gewaltige bundespolitische Chance, der er durchschlagende Wirkung zu geben gedachte. Bayern sollte nun voll auf Bundeskurs gebracht werden und endlich das Bundespressegesetz vorbehaltlos anerkennen. Der Staatskanzler zog wie immer alle Register seines diplomatischen Geschicks. Über Wrede beeinflußte er das bayerische Ministerium, i n Berl i n saß Wittgenstein als sein Vertrauter. A u f Münch, der der bayerischen Regierung auf seiner Rückreise nach Wien einen kurzen Besuch abstattete, um die Pressefrage zu erörtern 1 4 6 , und auf den preußischen Bundesgesandten Nagler konnte er mit Sicherheit zählen. Den Wider1832, Abschrift u n d Signât des Königs v. 8. Febr. 1832); vgl. auch Kombst, Bundestag, S. 174 ff. 142 GStA M A 25058 ( M I n n an M Ä u ß v. 9. März 1832). 143 Ebd. (MÄuß an M I n n v. 26. März 1832; M I n n an M Ä u ß v. 9. A p r i l 1832); H S t A M I n n 45191 (Schmitz-Grollenburg an Gise v. 17. M a i 1832). 144 Vgl. Kap. IV., A n m . 236; Einzelheiten dazu i n GStA Ges. F r a n k f u r t I Ρ 9 „Preßgesetz i m Großherzogtum Baden betr.", (dort bes. Lerchenfeld an K ö n i g v. 10. Febr. 1832); Kombst, Bundestag, S. 170 f.; GStA Ges. B e r l i n 684 ( L u x b u r g an K ö n i g v. 31. Jan. 1832); P B V ν 26. A p r i l 1832, B d 17 a, S. 532 (§ 119); vgl. auch Hippel, Blittersdorff, S. 68 ff. 145 Z u m Verbot des badischen Pressegesetzes: P B V v. 5. J u l i 1832, Bd. 17 a, S. 937 ff. (§ 230); Kaltenborn, Bundesverhältnisse, S. 452, sieht die Bedeutung des Verbotes darin, daß damit der Vorrang der Bundesgesetze über Landesgesetze endgültig besiegelt wurde. 146 PGB 2, 228 (Küster an Friedr. W i l h e l m I I I . v. 4. Dez. 1831).

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2. T e i l : Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

stand der bayerischen Minister suchte Metternich zunächst m i t einer Flut von Beschwerden zu brechen. I n der Person Saphirs setzte er der bayerischen Regierung ein Kuckucksei ins Nest. Denn als Wallerstein i h n i n aller Stille als Redakteur der Beilage zum Regierungsblatt anheuerte, stand Saphir schon seit Monaten als wohlbesoldeter Spitzel i n Österreichs Diensten und hatte i n der Beobachtung der „Tribüne" erste Proben seiner Fähigkeiten abgelegt 147 . Daß die antiösterreichische Stimmung i n Bayern stark i m Anwachsen begriffen w a r 1 4 8 , gab Metternich verstärkt Anlaß, den i m „Souveränitätsdünkel" befangenen Nachbarstaat schnell zur Räson zu bringen. Die beiden Minister Gise und Wallerstein aber, die durch die eigenmächtigen und starrsinnigen Anweisungen des Königs an einer flexiblen Außenpolitik gehindert waren, versuchten den Beschwerden des maßlos übertreibenden Gesandten Spiegel sorgfältig nachzukommen, auf jede K r i t i k einzugehen und durch demonstrative Anweisungen und beschwichtigende Mitteilungen über ihre Aktivitäten dem unzufriedenen Bundesgenossen den W i n d aus den Segeln zu nehmen 1 4 9 . Diese diplomatischen Vorgefechte waren für Metternich nur ein stilgerechter Auftakt zum eigentlichen wirksamen Schlag, der schon seit Ende 1831 fest geplant w a r 1 5 0 . Programmgemäß geriet daher Bayern i m November 1831 am Bundestag ins Zentrum der Attacken. Die Beschwerden, die i m Forum der Bundesversammlung vorgebracht w u r den, waren besonders bedenklich, weil sie die Stimmung gegen Bayern anheizten und prinzipielle Debatten über die Sonderrolle des Königreiches provozierten. I n Lerchenfelds Berichten spiegelt sich das Peinliche seiner Lage, i n die i h n der Gegensatz zwischen Landesverfassung und Bundesgesetz ständig brachte. A m 29. November erstattete Pechlin namens der Pressekommission erstmals Bericht über einen Aufsatz des „Westboten". Die Versammlung beschloß, die Zeitung zu abonnieren, u m sie aufs genaueste beobachten zu können. Eine Unterdrückung wurde im Vertrauen auf die Wirksamkeit der bayerischen Maßnahmen ausgesetzt 1 5 1 . Bereits i n der folgenden Sitzung verlangten die Gesandten dringend eine befriedigende Erklärung der bayerischen Regierung, mit welchen Maßnahmen sie Abhilfe zu schaffen gedenke 152 . Der Druck auf 147 S A K (v. 2. Jan. u n d 23. Febr. 1832); Prokesch-Osten, Tagebücher, S. 109 (v. 7. Nov. 1831). 148 Glossy, Literarische Geheimberichte, Bd. 21, S. C X I . 149 Zahlreiche Belege dafür i n 1872. 150 Z u einem Verbot der „Deutschen Tribüne" u n d des „Westboten" rieten schon seit Monaten Gentz, Münch u n d Spiegel. Dazu auch ÖGB 2, 392 f. u n d A n m . 1 f. 151 Braun, Siebenpfeiffer, S. 170; P B V Bd. 16 b, S. 965 f. (§ 302). 152 G H A L I, 85/3 V I (Lerchenfeld an L u d w i g I. v. 25. Dez. 1831).

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

Lerchenfeld wuchs beständig. Konnte er eine braunschweigische Beschwerde noch m i t der „besonderen Empfindlichkeit und Reizbarkeit" der dortigen Regierung abtun 1 5 3 , so war dies bei dem A r t i k e l der „Tribüne", „Die Zensur und der durchlauchtigste' deutsche Bund" nicht mehr geraten. Die geforderte Erklärung vermochte Lerchenfeld nicht abzugeben, weil er seit Wochen ohne Instruktion w a r 1 5 4 . Gise vertröstete ihn auf einen Vortrag Wallersteins, auf dessen Grundlage i n Kürze eine Weisung ergehen sollte, und forderte i h n auf, bis dahin um jeden Preis ein Einschreiten des Bundes zu verhindern 1 5 5 . Noch unangenehmer wurde die Situation, als der württembergische Gesandte einen Antrag gegen Stuttgarter Zeitungen dadurch parierte, daß er i n der Offensive gegen Bayerns radikale Blätter sein Heil suchte 156 . Wenige Tage später erregte die „Deutsche Tribüne" m i t dem Aufruf zur Gründung des Preßvereins erneut höchstes Aufsehen. Nun schwand auch das letzte Verständnis der Gesandten, die bisher wenigstens die besonderen Schwierigkeiten Bayerns i m Rheinkreis i n Rechnung gestellt hatten. Die Forderung nach bedingungslosem Verbot wurde laut. I n diesem Sinne versuchte Lerchenfeld auch seinen König zu beeinflussen: „ N u r die Unterdrückung dieser Blätter kann zum Ziel führen; jede Zensur gegen dieselben ist kraftloser, täglich erneuter K a m p f 1 5 7 . " Schon am folgenden Tag gab die Pressekommission bekannt, über die beiden Zeitungen werde unverzüglich Vortrag erstattet und anschließend unmittelbare Einschreitung beantragt. Und wiederum beschwor Lerchenfeld den König, die Unterdrückung möglichst schnell selbst durchzusetzen und notfalls auch ein Bataillon Infanterie i n den Rheinkreis zu entsenden, u m einem Aufstand vorzubeugen 158 . Alle Appelle des Gesandten jedoch hatten bei Wallerstein nicht den gewünschten Erfolg. Der Minister wies lediglich die Kreisregierungen auf die geplante Gründung eines Preßvereins hin und ordnete seine Überwachung an. Zugleich befahl er nochmals das gesetzliche Einschreiten gegen die „Tribüne" und die Bestrafung des verantwortlichen Redakteurs 1 5 9 . Die Uneinigkeit und Ratlosigkeit der bayerischen Regierung angesichts der massiven Bearbeitung von allen Seiten läßt sich aus der internen Diskussion u m die Weisung an den Bundestagsgesandten ablesen. Lerchenfeld hatte bereits mehrmals, zuletzt bedroht von einem 153 154 155 156 157 158 159

1872 (Bericht Lerchenfelds v. 12. Jan. 1832). Ebd. (ders. v. 12. Jan. 1832). GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (dat. Eingang am 18. Jan. 1832). 1872 (Bericht Lerchenfelds v. 31. Jan. 1832). Ebd. (ders. v. 5. Febr. 1832). Ebd. (ders. v. 6. Febr. 1832). Ebd. (ders. v. 10. Febr. 1832).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

Ultimatum des Bundes, dringend um nähere Weisung gebeten 160 . Der König, fester denn je entschlossen, zur Rettung des monarchischen Prinzips die Hilfe des Bundes anzunehmen 161 , begrüßte einen Bundesbeschluß grundsätzlich, wollte aber seine Verkündigung erst nach einer Frist durchführen 1 6 2 . Die Verzögerung einer zustimmenden Weisung ging ausschließlich auf das Konto Wallersteins, der die Abfassung seines Presseberichtes Woche um Woche hinausschob, bis ihn der König nach mehrmaligen vergeblichen Anmahnungen zuletzt i n sehr heftigem Ton zur Vorlage zwang 1 6 3 . Vorher hatte der Innenminister i m Rahmen eines Referates über seine Grundsätze die Presse kurz angesprochen 164 . I n einem Brief an den König drückte er sich deutlicher aus 165 , und am 9. Februar lag ein erstes Konzept für die künftige Pressepolitik vor 1 6 6 . Die Vorschläge Wallersteins zeigten deutlich den Taktiker, der nicht wie Lerchenfeld und Wrede eine Politik der harten Faust betreiben, sondern lieber dort, wo gesetzliche Handhaben nicht ausreichend gegeben waren, die Macht der Bürokratie einsetzen wollte. Zunächst sollte das Regierungspersonal des Rheinkreises teilweise ausgewechselt werden. Der Post wurde eine Beförderung der beanstandeten Zeitungen untersagt und die Verbreitung durch Boten verhindert. Der geplante Preßverein war als staatsverbrecherische Unternehmung zu verbieten. Auch Gise gab dem König zu bedenken, ob man nicht besser m i t eigenen Mitteln vorgehen solle, statt sich vom Bund zu einem „Gewaltschritt" zwingen zu lassen 167 . Die Entscheidung, die L u d w i g I. m i t seinem Signât traf, klang zwar salomonisch, zeugte aber keineswegs von intimer Sachkenntnis der Problematik. Ohne auf die Widersprüche einzugehen, verlangte er von seinem Minister, wie früher, daß beides zu geschehen habe. Der Bund müsse m i t aller Strenge gegen die rheinbayerischen Blätter vorgehen, die Vollziehung des Beschlusses dürfe aber nur nach den Gesetzen des Königreiches erfolgen. Es kann nicht wunder nehmen, daß Gise diese Anordnung als unzureichend empfand. Er schlug daher eine erneute Beratung mit den Ministern des Inneren 160

Ebd. (ders., v. 8. Dez. 1831, 12. Jan. u n d 6. Febr. 1832). Vgl. Böck, Wrede, S. 130 f.; D o l i i n Baumann, Hambacher Fest, S. 50. 162 1872 (MÄuß an K ö n i g v. 10. Jan. 1832); ähnlich auch S A K (v. 18. Jan. 1832), i n dem Lerchenfeld erneut an den Wunsch des Königs v o m Dezember erinnert w i r d , die schlechten Zeitungen Bayerns von Bundes wegen unterdrücken zu lassen. 163 Aufforderungen v o m 4. Jan., 4., 15. u n d 18. Febr. 1832 (nach Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 27 ff.). 164 GStA M A 1921, Nr. 3 (Ministerrat v. 24. Jan. 1832) m i t der grundsätzlichen Erörterung des Verhältnisses Bayerns zum Bunde. 165 Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 38 - 41 (Wallerstein an K ö n i g v. 7. Febr. 1832). 166 1872 (MÄuß an K ö n i g v. 9. Febr. 1832). 167 Ebd. 161

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und der Justiz vor, um die komplizierte Sachlage endgültig zu klären 1 6 8 . Dem Bundestagsgesandten gab er inzwischen einen Stimmungsbericht über den Zustand i m Regierungslager 169 . Vorwürfe gegen seinen Amtsvorgänger und die Neigung des Königs, sich übereilt dem Bunde anzuschließen, dienten i h m zur Rechtfertigung seiner Politik. Niemand fühle, so versuchte er dem Gesandten klarzumachen, das Peinliche und Ungewisse dieser Lage inniger als er; dennoch dürfe vom Buchstaben der Verfassung unter keinen Umständen abgewichen werden. A m 12. Februar legte Gise dem Regenten den Entwurf einer Instruktion i n der gewünschten Form vor, die dieser m i t recht unqualifizierten Detailänderungen versah 1 7 0 . Doch die heftige Diskussion, die um das badische Pressegesetz entbrannt war, verzögerte die Absendung erneut. Gise stellte dem König noch einmal eindringlich vor Augen, daß nun die Reihe an Bayern kommen werde, obwohl ein solches Vorgehen nach der Wiener Schlußakte nicht statthaft sei. Bayern müsse daher äußerst vorsichtig handeln und vor allem ein Geständnis über die Unzulänglichkeiten seiner Gesetzgebung vermeiden 1 7 1 . I n einem Memorandum legte er dem König die Folgen eines Bundesbeschlusses für Bayern dar 1 7 2 . Der Kommentar des Königs aber lautete kurz und bündig, er wünsche dennoch keine Änderung der Instruktion. Auf dem Text der bereinigten Weisung begründete er seine Beharrlichkeit schließlich m i t den klingenden, aber nichtssagenden Worten: „Meine gute Gesinnung muß klar gezeigt werden 1 7 3 ." So erging am 14. Februar an Lerchenfeld eine Instruktion, die mehr die bisherigen Bemühungen der Regierung aufzählte und rechtfertigte, als einen gangbaren Weg für zukünftige Entscheidungen wies. Vor allem enthielt sie nach dem Willen des Königs die widersprüchliche Anweisung, ein Einschreiten des Bundes zu billigen, die Vollziehung aber nur nach den bayerischen Gesetzen durchzuführen 1 7 4 . Die Reaktion der Bundestagsgesandten war, wie zu erwarten, ablehnend 1 7 5 . Zwar erkannten sie den ernsten Willen Bayerns an, vermißten jedoch die Beziehung auf die Bundesgesetzgebung. Denn das eigentliche Anliegen, Bayern zur Aufgabe seiner Vorbehalte zu bewegen, war wieder unerfüllt geblieben. Daher kritisierte man nun offen die Lücken i n der bayerischen Gesetzgebung und die Nachgiebigkeit der Gerichte i m Rheinkreise. Besonders der Gesandte Badens wandte 168 169 170 171 172 173 174 175

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

(v. 10. Febr. 1832). (v. 11. Febr. 1832). (v. 13. Febr. 1832). (v. 14. Febr. 1832). (v. 14. Febr. 1832). (v. 14. Febr. 1832). (Bericht Lerchenfelds v. 21. Febr. 1832).

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sich i m Blick auf die Auseinandersetzungen um das Pressegesetz seines Landes gegen die rheinbayerischen Zeitungen. I n die gleiche Kerbe schlugen die beiden hessischen Staaten. Auch Nagler, der gegen die schärfere Tendenz verschiedener Gesandter bisher mehrfach Aufschub geduldet hatte, neigte nun zu einem Unterdrückungsbeschluß 176 . Die Forderungen der Bundesversammlung waren unmißverständlich: Anerkennung des provisorischen Bundespressegesetzes von 1819/24 und Aufhebung der Zensur für innere Angelegenheiten. N u n trieb die Auseinandersetzung ihrem Höhepunkt entgegen. Der württembergische Gesandte richtete eine Anfrage an die bayerische Regierung, welche Maßnahmen sie gegen die „Tribüne" ergreife 1 7 7 . Lerchenfeld erreichte am gleichen Tage einen erneuten Aufschub, über dem aber schon drohend das Verbot stand 1 7 8 . Ein A r t i k e l des „Westboten", der m i t seinem offenen Aufruf zum politischen Mord helles Entsetzen erregte, gab Schließlich den Ausschlag 179 . „Die freundliche und starke Hand des Bundes" war es nun, von der sich nicht nur Lerchenfeld Rettung erhoffte. Die Reaktion des Bundestages ließ nicht auf sich warten. Schon am folgenden Tag gab es i n der Sitzung nur die eine Meinung, die Ehre des Bundes erfordere die sofortige Unterdrückung der beiden Zeitungen 1 8 0 . Lerchenfeld gab dem Drängen der Kollegen nur allzu w i l l i g nach, i m Bericht an den Außenminister dagegen sprach er von einem erneuten Aufschub 1 8 1 . Beschwörend wies er auf die enge Verbindung der bayerischen Entscheidung m i t der Frage des badischen Pressegesetzes h i n und gezielt nützte er die Verschärfung am Bundestag aus, die ein bayerischer Vorbehalt wegen eines Beschlusses zum Adressenwesen ausgelöst hatte 1 8 2 . 2. Die Märzbeschlüsse Bayerns

Der 1. März wurde schichte des Vormärz, schiedenen politischen lichen Kompromiß zum

zum Symboldatum der bayerischen Pressegean dem die divergierenden Konzepte der verKräfte ein letztes Mal i n einem widersprüchAusdruck kamen.

Nach heftigen internen Vorgefechten 183 erschien die „Bayerische Staatszeitung", die m i t liberalen Instruktionen versehen unter der Re176 Preußisches G H A , Nachlaß Wittgenstein V I , 3, 1 (Nagler an Bernstorff v. 19. Febr. 1832, Abschrift). 177 1872 (Schmitz-Grollenburg an Gise v. 20. Febr. 1832). 178 p B v v # 20. Febr. 1832, Bd. 17 a, S. 218-20 (§ 48); Preußisches G H A Nachlaß Wittgenstein V I , 3, 1 (Auszug aus einem Bericht Naglers v. 22. Febr. 1832). 179 180 181 182

1872 (Bericht Lerchenfelds v. 26. Febr. 1832). Ebd. (ders. v. 27. Febr. 1832). Lerchenfeld, Papiere, S. 441 f. (Lerchenfeld an K ö n i g v. 29. Febr. 1832). 1872 (Bericht Lerchenfelds v. 29. Febr. 1832).

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

daktion Lindners das Wallersteinsche Konzept der Verfassungstreue und Souveränitätswahrung propagieren sollte und daher bei den Großmächten bald Anstoß erregte 184 . Es war vorherzusehen, daß das Regierungsblatt angesichts mächtiger Gegner, die auch auf innerbayerische Unterstützung, vor allem die Wredes rechnen konnten, nicht lange überleben würde. Tatsächlich mußte es Wallerstein dem verschärften Reaktionskurs nach dem Hambacher Fest zum Opfer bringen. A m selben Tag legte der Innenminister auch seinen umfangreichen Pressebericht vor 1 8 5 , i n dem er die Pressepolitik der vergangenen Jahrzehnte ausführlich darstellte, die Verfassungsbestimmungen interpretierte und die Rechtslage i n der Pressefrage nach innen und außen behandelte. Der Vergleich der hier eingenommenen Grundposition m i t den Entscheidungen der folgenden Monate läßt Einfluß und Anteil Wallersteins deutlich werden, bestätigt aber auch, daß viele der scharfen Einzelmaßnahmen nicht auf sein Konto gingen. Das taktische Entgegenkommen, das Wallerstein dem König und dem Bund zu bringen hatte, spricht aus dem gesamten Schriftstück. Zugleich w a r er bemüht, sich selbst einen weiten Entscheidungsrahmen zu wahren, indem er ohne generelle Regelung seinem Ministerium die Kompetenz zusprach, durch kasuistische Einzelweisungen auf die jeweilige politische Situation flexibel zu reagieren. Daß damit Macht und Einflußbereich des Innenministers steigen mußten und Kompetenzkonflikte m i t dem Außenministerium unvermeidlich waren, blieb auch dem König nicht verborgen 1 8 6 . A m 1. März erging auch eine Weisung gegen die rheinbayerischen Blätter, m i t der man den Bund zufriedenzustellen hoffte 1 8 7 . Weil sie die gesetzliche Zensur umgangen, Häupter auswärtiger Staaten angegriffen und Aufrufe zur Umwälzung verbreitet hatten, wurde die Versiegelung der Pressen angeordnet, auf denen die Zeitungen gedruckt wurden. Zudem sollte eine förmliche Unterdrückung der beiden Blätter solange durchgeführt werden, bis diese sich der vorgeschriebenen Zensur beugten. M i t diesem Blankoscheck zum Dauerverbot vereinfachte man das i m Presseedikt vorgesehene Verfahren i n unzulässiger Weise, konnte aber den Schein der Verfassungsmäßigkeit trotzdem aufrechterhalten. 183

G H A L I, X V I 73 (Oberkamp an K ö n i g v. 10. Febr. 1832; Wallerstein an K ö n i g v. 13. Febr. 1832). 184 Eine Fülle an Material i n H S t A M I n n 45201; eine interessante Quelle bei Schiller, Cotta 2, 263 f. (Schmitz-Grollenburg an Cotta v. 21. Febr. 1831); Dcsacskovszky, Wallerstein, S. 26 ff.; Kapfinger, Eoskreis, S. 117 f.; Rupp, Pressepolitik, S. 152 ff.; Steuer, Cotta, S. 84. 185 GStA Ges. Wien 1617/8 (v. 1. März 1832). 186 Dies fügt sich gut i n Wallersteins politisches System, den Herrscher stärker aus der Exekutive zu verdrängen. (So Hofmann, Adelige Herrschaft. S. 431.) 187 Döllinger, Slg. 3, 333.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus und Absolutismus

Diese „fortgesetzte Anwendung" der §§ 6 und 7 des I I I . Ediktes führte schnell zum Erfolg. Die Hauptobjekte der Bundesbeschwerden waren ausgeschaltet, als man W i r t h und Siebenpfeiffer am 7. und 8. März die Druckpressen versiegelte. M i t der Verhaftung Wirths am 14. März scheiterte auch der Versuch, die „Tribüne" bei Ritter i n Zweibrücken drucken zu lassen. Als Wirths Mitarbeiter Fein die Zeitung i n eigener Regie erscheinen ließ, traf i h n sofort ein Verbot 1 8 8 . Auch den „Westboten" hatte sein Schicksal bereits ereilt. M i t der Nummer vom 17. März stellte er sein Erscheinen ein. Ein zweiter Befehl des Königs vom 1. März betraf den Vaterlandsund Preßverein, der nun m i t strafrechtlicher Verfolgung zu rechnen hatte. Staatsdiener, die sich dem Verein anschlossen, wurden i n Zukunft sofort des Dienstes enthoben 189 . I n der Begründung bezeichnete man die Tendenz der Vereine als „der Verfassung und der Souveränität zuwiderlaufend", eine Behauptung, die nur zu deutlich der absolutistischen Vorstellungswelt des Königs entsprach. Einem Denken, das Opposition m i t Revolution und Staatsverbrechen gleichsetzte, mußte scharfes Einschreiten notwendig erscheinen. Denn m i t dieser Vereinsgründung formierte sich eine organisierte gesamtdeutsche Opposition, deren Schlagkraft den Herrschenden gefährlich werden konnte. W i r t h hatte i n seinem Aufruf vom 3. Februar darauf hingewiesen, daß dieser Schritt nur als Vorstufe für eine liberale Partei zu werten sei 1 9 0 . Wallerstein hatte die Anordnung vom 1. März i n der Öffentlichkeit zu vertreten und ihre Durchführung zu überwachen, obwohl sie nur zum Teil seinen Intentionen entsprachen. Der König griff i n den folgenden Monaten immer häufiger m i t Detailanweisungen gegen einzelne liberale Blätter i n das Aufgabengebiet seines Innenministers ein, um sich das Heft nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Meist verschärfte oder beschleunigte er Wallersteins Anordnungen, weil i h m dessen Tätigkeit zu wenig energisch und nicht rigoros genug w a r 1 9 1 . Wie anders der König die Akzente zu setzen gedachte, offenbarte sich i n der Diskussion i m Ministerrat vom 1. März 1 9 2 . Die verfassungsmäßige Zensur, so führte er aus, erstreckte sich auf alle periodischen politischen Schriften. Die Freigabe einzelner Bereiche sei fakultativ und stehe als Kronrecht i m freien Ermessen des Herrschers. Eine völlige Aufhebung 188 Bauer, Geschichte der rev. Bewegungen 2, 180 ff. Z u Fein vgl. O. Oppermann, i n : Quellen u n d Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft u n d deutschen Einheitsbewegung 1/1920, S. 240 - 79. 189 1873. 190 Dazu GStA M A 1932 f., 1329; 1633; 1655 c; Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 8/10. Neueste Zusammenfassung bei Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, S. 71 ff. 191 Dazu eine Reihe von Signaten des Königs, bes. S A k (v. 3. März 1832). 192 GStA M A 99503.

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

der Zensur, für die er prinzipiell eintrete, halte er i m gegenwärtigen Moment nicht für angebracht. Die eifersüchtige Wahrung der Kronrechte, die Festigung der monarchischen Souveränität stand als oberstes Prinzip über allen politischen Handlungen des bayerischen Königs. Für Akte der politischen Vernunft, für konfliktlösende Kompromisse war L u d w i g I. nicht zugänglich, weil sie seine Entscheidungsfreiheit eingeengt hätten. So wurden die Verfassungsbestimmungen und das I I I . Edikt nahezu entwertet und zum Spielball monarchischer Launen oder politischer Augenblickserfordernisse. Dieselbe Verfassung aber, deren Wirksamkeit er einzuschränken bestrebt war, wo immer sie seinen Herrschaftsraum tangierte, führte der König beständig i m Mund, wenn es um das Verhältnis Bayerns zum Deutschen Bund ging 1 9 3 . Diese Seite des königlichen Souveränitätsbewußtseins hatte bald eine harte Bewährungsprobe zu bestehen. Denn die Großmächte gaben sich m i t den Maßnahmen Bayerns vom 1. März keineswegs zufrieden, sondern verbanden m i t Lobsprüchen erneut weiterreichende Forderungen 1 9 4 . 3. Der Bundesbeschluß vom 2. März 1832 195

Noch ehe die Maßnahmen Bayerns am Bundestag bekannt wurden, fiel dort eben jene Entscheidung, die Wallerstein und Gise um der bayerischen Souveränität w i l l e n hatten verhindern wollen. I n Anwendung der §§ 1, 6 und 7 des Provisorischen Preßgesetzes wurden die „Deutsche Tribüne", der „Westbote" und die Hanauer „Zeitschwingen" sowie alle Nachfolgeblätter verboten und für das gesamte Bundesgebiet unterdrückt. Über die Redakteure war damit ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt. Dieser Beschluß war i n den Gesetz- oder Amtsblättern der Einzelstaaten bekanntzugeben und schleunigst zu vollziehen. Binnen vier Wochen erwartete der Bundestag den Bericht der Länderregierungen über den erfolgreichen Vollzug. Die Begründung dieses Gewaltaktes ist deshalb bemerkenswert, weil sie einen Katalog reaktionärer Scheinargumente bietet: I n seinem Vortrag bemängelte Frh. v. Pechlin, daß Bayern weder i n der Vergangenheit dem Übel der Preßfreiheit habe Einhalt gebieten können noch dies für die Zukunft erwarten lasse. Daher sei die Pressekommission 193 1873: Sehr geschickt appellierte Gise i n einem A n t r a g v o m 4. März 1832 an das Selbstherrschertum Ludwigs I., als er i h m darlegte, bei einer w ö r t lichen Befolgung des Bundesbeschlusses gebe der K ö n i g seine Souveränität auf u n d opfere seine Rechte einem Gesandtengremium. 194 1873 (Luxburg an K ö n i g v. 12. März 1832; Bray an K ö n i g v. 9. März 1832). 195 1873 (Bericht Lerchenfelds v. 16. März 1832 m i t Beilage Protokollextrakt der 9. Sitzung v. 2. März 1832).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

zuständig und verantwortlich für Abhilfe zu sorgen. „Die einzige Norm, die für den Bund bei der Frage von Preßvergehen i n Betracht kommt, ist das einstimmig und unbedingt beschlossene Provisorische Preßgesetz vom 20. September 1819, dessen fortdauernde K r a f t durch spätere Beschlüsse sanktioniert ist." Dieses Gesetz, so folgerte er, verpflichte die Bundesversammlung, i m Falle der angezeigten Zeitblätter unverzüglich einzuschreiten. Eine stattliche Reihe von Vergehen wußte der Gesandte den beschuldigten Presseorganen anzulasten. Die Pressekommission war überzeugt, „daß diese Zeitblätter die Würde und Sicherheit des Bundes und einzelner Bundesstaaten verletzen, den Frieden und die Ruhe Deutschlands gefährden, die Bande des Vertrauens und der Anhänglichkeit zwischen Regenten und Volk aufzulösen sich bestreben, die Autorität der Regierungen zu vernichten trachteten, die Unverletzlichkeit der Fürsten angreifen, Personen und Eigentum durch Aufforderung zur Gewalt bedrohen, zum A u f r u h r aufreizen, eine politische Umgestaltung Deutschlands und Anarchie herbeizuführen und staatsgefährdende Vereine zu bilden und zu verbreiten suchten". Lerchenfeld gab seine Zustimmung zu dieser Begründung, die jede K r i t i k m i t Revolutions ver dacht behängte und von einer Umgestaltung der Verhältnisse Anarchie erwartete, zu erkennen, enthielt sich aber der Stimme, weil er zunächst Rücksprache m i t seinem Hofe nehmen wollte 1 9 6 . Aus seiner Meinung, daß er den Beschluß für notwendig erachtet habe und seine Veröffentlichung i n Bayern ohne die bisher gebräuchliche Vorbehaltsklausel erfolgen müsse, machte er jedoch keinen Hehl 1 9 7 . Ganz andere Ansichten dagegen vertrat der zuständige Minister, als i h n die Hiobsbotschaft erreichte. Gise wies den König sofort auf die Verfassungsverletzungen hin, die eine Durchführung des Bundesbeschlusses nach sich ziehe und mißbilligte offen die Prinzipien Lerchenfelds 1 9 8 . I n diesem kritischen Moment gewinnt Gise für uns erstmals Profil. Verfassungstreue und Souveränitätswille waren weitaus stärker i n seinem Denken verankert als österreichische Beobachter vermuteten. I m Ministerrat vom 10. März konnte der Außenminister einen ersten Erfolg buchen, als seine Warnung vor einer Veröffentlichung des Beschlusses auf fruchtbaren Boden fiel 1 9 9 . So erteilte die Regierung ihre Zustimmung nur für die Unterdrückung der „Zeitschwingen". Außer196 197 198 199

1873 (Bericht Lerchenfelds v. 3. März 1832). 1873 (ders. v. 10. März 1832). 1873 (Gise an K ö n i g v. 9. März 1832). GStA M A 99503 (Ministerrat v. 10. März 1832).

V. Kap.: Das Entscheidungsjahr 1832

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dem mußte Lerchenfeld den Tadel des Ministerrats für seine Haltung bei der Beschlußfassung vom 2. März hinnehmen. Wie der Februar von den Differenzen u m die Maßnahmen Bayerns gekennzeichnet war, so ging der Streit nun um die Veröffentlichung der Beschlüsse. Wiederum zogen österreichische und preußische Diplomaten alle Register, u m einen Vorbehalt zu verhindern. Spiegel, mehr Scharfmacher als Verhandlungspartner 2 0 0 , schien dem österreichischen Staatskanzler i n dieser Situation nicht der geeignete Mann. Daher übernahm Fürst Schönburg, Gesandter am Hofe zu Stuttgart, der dem König durch eine gemeinsame Studienzeit besonders verbunden war, den Auftrag zu Sondierungsgesprächen. Daß die Regierung „einen Mittelweg zwischen den Extremen der Verfassungsverletzung und dem Ungehorsam gegen den B u n d " 2 0 1 suchte, erkannte Schönburg, dessen Berichte von meisterlicher Beobachtungsgabe und hochentwickelter Fähigkeit zu präziser Analyse zeugen. Obwohl der König i h m gegenüber die Bundesbeschlüsse begrüßte, durchschaute und beschrieb er das bayerische Schaukelsystem i n unübertrefflicher Prägnanz: „Offenbar fühlt man die Notwendigkeit des Bundes und des Stützpunktes, den er gewährt; man w i l l aber öffentlich sich doch noch das Ansehen der beliebten Selbständigkeit geben, einmal aus altem Vorurteil des eingebildeten Nationalstolzes, dann auch weil man fürchtet, durch das Gegenteil zu sehr die Meinung des Volkes anzustoßen, das man m i t diesen Chimairen seit Jahren zu täuschen und aufzureizen suchte, seitdem Montgelas' System aufkam und noch unter seinen Schülern fortwuchert . . ." 2 0 2 . U m die drei „Lebensfragen des Bundes", den Vollzug der Beschlüsse über die rheinbayerischen Zeitungen, die Frage der bayerischen Pressegesetzgebung und Verhandlungen über die späteren „Sechs A r t i k e l " , i m österreichischen Sinne zu beeinflussen, führte Schönburg eine Reihe längerer Gespräche mit dem König und den zuständigen Ministern. Geschickt faßte er die drei angegebenen Punkte zu einer Einheit zusammen und bereitete so den späteren politischen Tauschhandel vor, der die bayerische Zustimmung zu den „Sechs A r t i k e l n " einbrachte. I n Gise, bei dem er eine Grundtendenz zur Anerkennung der Bundesbeschlüsse annahm, täuschte sich Schönburg gründlich 2 0 3 . Wallersteins Ansicht zu erfahren, war weniger schwierig; denn der stellte sich offen gegen den Bundesbeschluß und erhielt daher eine nicht gerade schmeichelhafte Charakterisierung. I n diesem Gespräch versuchte Wallerstein m i t einem neuen juristischen Argument die 200 201

Vgl. ÖGB 2, 401 - 403 u n d 427 f. Ebd., S. 418 (Schönburg an Metternich v. 13. März 1832); ähnlich PGB

2, 248. 202

203

ÖGB 2, 404 - 408 (Schönburg an Metternich v. 8. März 1832). Ebd., S. 408 (dies. v. 13. März 1832).

1 Tremi

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2. T e i l : Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Suspension des Beschlusses auszuhandeln. Als Haupthindernis eines Vollzuges bezeichnete er nun die Bestimmung des Titel I V § 8 der Verfassung, nach dem ohne richterlichen Spruch keinem Bürger sein Eigent u m entzogen werden durfte 2 0 4 . A u d i m i t Wrede war der österreichische Sondergesandte nicht zufrieden, w e i l er i h m zu starrsinnig auf dem Vorrecht der Landesverfassung beharrte 2 0 5 . Der König habe betont, so berichtete er, sein Wille sei durch die „verwünschte . . . Verfassungsurkunde" gebunden. Er sei zwar für die Wiedereinführung der Zensur für innere Angelegenheiten, scheue aber die Aufregung, die ein allzu schneller Übergang hervorrufen könne 2 0 6 . Spiegel, der durch Schönburgs Verhandlungen ins Hintertreffen zu geraten drohte, wollte sich wenigstens durch eine Beschwerde über ein Spottgedicht i n Erinnerung rufen 2 0 7 , ein Unterfangen, das so lächerlich war, daß es Gise nicht einmal einer A n t w o r t würdigte 2 0 8 . Die bayerische Regierung hatte bedrückendere Probleme und schwierigere Aufgaben als Mundartgedichte i n Unterhaltungsblättern nach ihrer Tendenz zu überprüfen. Noch zeigten die Befehle vom 1. März i m Rheinkreis nicht den gewünschten Erfolg. Preußen und Österreich ließen geharnischte Noten überreichen, die an Deutlichkeit alles Bisherige i n den Schatten stellten. Küster opponierte gegen die „halben Maßregeln Bayerns" und untermauerte seine Ansichten m i t einem Memoire, das nicht weniger als dreißig Seiten umfaßte 2 0 9 . Den Vogel schoß wieder Spiegel ab, als er der bayerischen Regierung die Unlogik ihrer Argumentation vorhielt und die Vorbehaltsklausel als „publizistischen Nonsens" abqualifizierte 2 1 0 . Den Gipfel aber erreichte seine Beweisführung m i t dem Hinweis, daß der A r t i k e l 31 der Wiener Schlußakte, also die Bundesexekution, auf Bayern ohne Zweifel anwendbar sei, falls es weiterhin auf seinem Vorbehalt beharre 2 1 1 . Diese primitive Drohung löste bei der Regierung erneute A k t i v i t ä t aus, allerdings nicht i n dem Sinne, wie Spiegel erwartet hatte. Wohl richtete Gise an den Innenminister die dringende Bitte, alle strafgesetzlichen und polizeilichen Maßnahmen zur Verschärfung der Zensur zu ergreifen 2 1 2 , aber von einer Änderung der bayerischen Grundhaltung 204

Ebd., S. 412 - 18 (dies. v. 13. März 1832). Ebd., S. 420 (dies. v. 14. März 1832). 206 Ebd., S. 423 ff. (dies. v. 15. März 1832). 207 1873 (Spiegel an Gise v. 12. März 1832 wegen der Nr. 12 des „Reisenden Teufel"). 208 Ebd. (Gise an Spiegel v. 13. März 1832). 209 Ebd. (an Gise v. 13. März 1832). 210 Ebd. (an Gise v. 14. März 1832). 211 Ebd. (an Gise v. 15. März 1832). 212 Ebd. ( M Ä u ß / M I n n an MJustiz v. 15. März 1832). 205

V. Kap.: Das Entscheidungsjahr 1832

211

war keine Rede. Stattdesssen verurteilte der Ministerrat vom 16. März 2 1 3 beide Noten, die man als „ungeeignet, diplomatisch ungewöhnlich und i n einer selbst beleidigenden Form abgefaßt" betrachtete, und beschloß, diese beiden „anmaßenden Produkte" unbeantwortet zu lassen, weil sie eine Eigenmächtigkeit der Gesandten darstellten 2 1 4 und darauf hinausliefen, die alten Mediatisierungsversuche Bayerns unter der neuen Gestalt des Bundes wiederaufzunehmen. Den bayerischen Gesandten i n Frankfurt, Wien und Berlin wurden Memoranden und Instruktionen übersandt, aus denen die Erbitterung über die unverschämten Noten klang 2 1 5 . Die Entschlossenheit der Minister ging nun sogar soweit, daß man i m Falle einer Weigerung lieber die Bundesexekution riskieren wollte, als von dem bisherigen System abzugehen. Auch Wrede versuchte, seine persönlichen Beziehungen zu Metternich i n den Dienst der bayerischen Sache zu stellen. Dem König blute das Herz, so schrieb er, daß er dem Beschluß des Bundes nicht voll nachkommen könne, allein er sei durch seinen Eid gebunden. Die ernsten und festen Maßnahmen der Regierung würden aber auch so die Wünsche des Bundes zufriedenstellen 216 . Eine weitere Folge des bedeutsamen Ministerrats war eine vertrauliche Mitteilung an die Generalkommissäre und eine ausführliche Zensurinstruktion an die Kreisregierungen, die zunächst den Zweck hatte, „durch Mangel an beliebtem Stoff" die „Tribüne" und den „Westboten" zum Erlöschen zu bringen. Der König nannte das verfassungswidrige Verfahren gegen die beiden Blätter „moralische Unterdrükkung" und begründete es ausschließlich m i t der widrigen Lage Bayerns i m Bunde und zwischen den Großmächten 217 . Wallerstein, der den Erlaß Woche für Woche aufgeschoben hatte, geriet beim König derart i n Mißkredit, daß dieser i h m Grobheiten an den Kopf warf. Verantwortlich für diese Gereiztheit Ludwigs war Wrede, der unter den Einflüsterungen Schönbergs den Innenminister beim König angeschwärzt hatte 2 1 8 . 213

GStA M A 99503 (Ministerrat v. 16. März 1832). Dieser Schluß w a r nicht unbegründet, zumal für Österreich der eigens autorisierte Schönburg i n München verhandelte u n d aus B e r l i n kurz zuvor ein Schreiben Luxburgs eingegangen war, nach dem die Verfügungen B a y erns v o m 1. März dort den besten Eindruck gemacht hatten (GHA L I, I I A 15, L u x b u r g an K ö n i g v. 12. März 1832). 214

215 1873: A u f A n r a t e n Wredes hatte der K ö n i g die Instruktionen bereits abmildern u n d entschärfen lassen. 216 Bibl. Mett.-Wrede, S. 289 (Wrede an Metternich v. 16. März 1832). 217 S A k (V. 17. März 1832). 218 ÖGB 2, 423 ff. (Schönburg an Metternich v. 14. März 1832). I m Gespräch m i t Schönburg am folgenden Tag (ÖGB 2, 423 ff., Schönburg an Metternich v. 15. März 1832) ließ der K ö n i g erkennen, daß seine Verstimmung gegen Wallerstein deswegen so groß war, w e i l dieser i h m ständig Argumente zu

1

212

2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus 4. Die Zensurinstruktion vom 16. M ä r z 2 1 9 und die Veröffentlichung des Bundesbeschlusses vom 2. März 1832

Ausgangspunkt künftiger Zensur blieb wie bisher der Bereich der äußeren Politik. Die Übergriffe einzelner Hedaktionen auf auswärtige Politik und namentlich auf die Bundesfrage nötigten Bayern „ u m nach außen glaubwürdig zu bleiben, nachdrücklich die Zensurmaßnahmen durchzusetzen, die auch den Paragraphen der Bundesakte entsprechen." Das Provisorische Preßgesetz von 1819 wurde für die äußere Politik als verbindlich anerkannt. Als Zensurkriterien galten von nun an seine Bestimmungen. Besonders durfte kein A r t i k e l gestattet werden, „der direkt oder indirekt auf den Umsturz der bestehenden Ordnung, auf eine demokratische Umgestaltung, . . . , der Bundesverhältnisse und auf eine Einigung Deutschlands i m Sinne des Bundes von 1813/14/15 und der neuen Journalistentheorien abzielen könnte". Jedes Blatt, das sich i n irgendeiner Weise mit einem der bezeichneten Bereiche beschäftigte, unterlag der verfassungsmäßigen Zensur. Widersetzten sich Redakteure dieser Vorschrift, so waren gegen sie nach einmaliger Mahnung die gleichen Maßnahmen zu ergreifen, die den „Westboten" und die „Tribüne" getroffen hatten. Abänderungen und Korrekturen waren den Zensoren nicht erlaubt, sondern nur das Streichen ganzer Artikel. Kamen dem Zensor A r t i k e l über innerbayerische Verhältnisse unter, die nach dem Presseedikt beschlagnahmt werden konnten, so hatte er unverzüglich der Polizeibehörde davon Mitteilung zu machen. Der Regierungspräsident ernannte die Zensoren und war gehalten, „ f ü r deren pflichttreues und eifriges Wirken zu sorgen und laues oder vorschriftswideriges mit aller Strenge der Dienstbefugnisse zu ahnden". Wredes Vorschlag, auch die Postbehörden i n das Zensursystem einzuspannen, war auf die A b lehnung Gises gestoßen und deshalb nicht aufgenommen worden 2 2 0 . M i t dieser Instruktion hatte Bayern sich dem pressepolitischen Ziel des Bundes erneut einen Schritt angenähert 221 . Denn die äußere Politik war i m Sinne des Bundespressegesetzes definiert und einer scharfen Zensur unterworfen. Diese Bestimmungen waren so weit auszulegen, daß jede kritische Stimme zensibel wurde. Dennoch konnte man sich darauf berufen, die Verfassungsbestimmungen beachtet zu haben. Ein Verdienst Wallersteins war es wohl, daß er trotz der Neigung des Königs und des Drucks der Großmächte für die innenpolitische Diskusverfassungsmäßiger Politik lieferte und sich gegen die Einführung der Zensur2 1für innere Politik wandte. 9

1873 ( M I n n an Kreisregierungen). GStA M A 99503 (Ministerrat v. 29. Febr. 1832). I n dieser Frage bestanden auch Meinungsverschiedenheiten zwischen I n n e n · u n d Außenministerium (1873: Gise an K ö n i g v. 22. März 1832). 221 Die Zufriedenheit Metternichs bestätigt dies deutlich. (In: ÖGB 2, 429, A n m . 3 an Spiegel v. 5. A p r i l 1832.) 220

V. Kap.: Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

sion einen kleinen Freiraum bewahrte. Eine reichlich geschrumpfte Freiheit allerdings, wie man zugeben muß! Die Interpretation des Bundesverhältnisses, die Wallerstein i n der Einleitung zur Instruktion abgab, war so ungewöhnlich, daß sie den Widerspruch Gises herausforderte. Der Innenminister betrachtete den deutschen Bund nämlich weder als Bundesstaat noch als Staatenbund, sondern unter Berufung auf die Bundesakte nur als Allianz souveräner Fürsten. I n Vorahnung unangenehmer österreichischer Reaktionen 2 2 2 widersprach Gise sofort 2 2 3 . Zugleich wies er die Gesandten i n Wien und Berlin darauf hin, daß diese Darstellung nicht den Ansichten der bayerischen Regierung entspreche und daher richtigzustellen sei 2 2 4 . Gegenüber Lerchenfeld versuchte Gise sich ebenfalls reinzuwachsen 225 , indem er die Hauptverantwortung für Bayerns Politik Wallerstein zuschob. Er selbst, so entschuldigte er sich, habe keine andere Möglichkeit gehabt, da die Minister des Inneren und der Justiz einem Vollzug des Bundesbeschlusses niemals die Hand bieten würden. Gise war wie man sieht, jener diplomatischen Verstellung fähig, die i h m über Lerchenfeld das Vertrauen der auswärtigen Höfe erhalten konnte. Daß seine wirklichen Ansichten anders waren, lassen seine Schreiben an den König und seine Äußerungen i m Ministerrat klar erkennen. Gegenüber Luxburg, dem liberalen Gesandten i n Berlin, begründete er seine Haltung — und das dürfte das wirkliche Motiv gewesen sein — i n einem vertraulichen Schreiben m i t der Gefahr von Aufregung und Volkserhebung bei einer Verletzung der Verfassung 226 . Je weniger man Gise durchschaute, um so mehr konzentrierte sich das Augenmerk aller Beobachter auf Wallerstein, i n dem man den geistigen Vater der bayerischen Bundesfeindlichkeit vermutete 2 2 7 . Das führte bald zu verschärften Spannungen zwischen dem König und seinem „liberalen" Minister. M i t spürbarer Schadenfreude berichtete Schönburg von einer Äußerung Ludwigs I.: „Ich w i l l keine Maulhure zum Minister. — Sie t u n alles, was Sie nicht sollen und t u n das nicht, was Sie sollten 2 2 8 ." Bei Wrede dagegen schien sich die Einstellung zugunsten des Bundes zu ändern 2 2 8 . Die entschiedenste Richtung zum Monarchismus und den besten Willen, so stellte Schönburg fest 2 2 9 , ver222

Schönburg beanstandete sofort die „doktrinäre Unterscheidung" nannte sie „ u n k o r r e k t " . (ÖGB 2, 438). 223 1873 (MÄuß an M I n n v. 18. März 1832). 224 Ebd. (v. 18. März 1832). 225 Ebd. (v. 19. März 1832). 226 GStA Ges. B e r l i n 684 (v. 19. März 1832). 227 ÖGB 2, 430 ff. (Schönburg an Metternich v. 18. März 1832). 228 Ebd., S. 432. 229 Ebd., S. 438 (dies. v. 26. März 1832).

und

214

2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

trete allerdings der König; gehemmt werde er nur durch die Ängstlichkeit der einen, die Vorurteile der anderen und den liberalen Sinn der dritten i n seinem Conseil. Diese Differenzen zwischen dem König und seinen Ministern schienen für Österreich eine günstige Gelegenheit, „Bayern ganz an den Bund zu fesseln" 230 . Sowohl Spiegel 2 3 1 als auch Schönburg 232 hielten ein Einschreiten, also eine Nötigung Bayerns durch den Bund für angemessen und sinnvoll. Eine ähnliche Richtung vertraten Münch und der preußische Gesandte i n Wien 2 3 3 . M i t den Waffen seiner Beredsamkeit und allen M i t t e l n der Einschüchterung versuchte Metternich noch einmal, die zögernde bayerische Regierung i n seinem Sinne zu beeinflussen. Wiederum diente i h m Wrede als Mittelsmann. I n scharfem Tone lehnte er die bayerische Erklärung ab, die Wrede i h m i m Brief vom 16. März hatte schmackhaft machen wollen: „Diese nehmen w i r nicht an, denn sie heißt: Pflichten für Alle, mich ausgenommen 234!" Geschickt hob er die Funktion des Bundes als Bollwerk gegen die drohende Revolution hervor und machte das Uberleben der Föderation von einheitlich anerkannten Zuständigkeiten abhängig. Ins Fettnäpfchen trat er allerdings, als er sich über die bayerischen Souveränitätsvorstellungen m i t einer Formulierung äußerte, die i h m Schönburg 235 i n den Mund gelegt hatte: „ I n Bayern herrschen Souveränitätsideen aus der Montgelas'schen Schule, aus der liberalen und radikalen Z u n f t 2 3 6 . " Diese Feststellung ging sogar Wrede zu weit. I m Ministerrat vom 31. März bezeichnete er sie als „Trugschlüsse" und forderte, man solle die österreichische Regierung „durch eine umständliche Widerlegung von ihrem I r r w a h n " befreien 2 3 7 . Ebensowenig Gnade fanden zwei Schreiben Spiegels, die dieser i m Auftrag Metternichs überreichte. Die Zensurinstruktionen, so wurde i n dem ersten mitgeteilt, habe der Staatskanzler m i t Erleichterung aufgenommen, sie sei jedoch zu spät ergangen 238 . I m zweiten Schreiben versuchte Spiegel m i t den bekannten Argumenten die bayerischen Vorbehalte als nichtig darzustellen und den Vorrang der Bundesgesetzgebung nachzuweisen 239 . Nicht ohne Berechtigung verurteilte die bayerische Regierung auch diese Noten als „schief und voller Mißdeutungen des hier 230

Ebd., S. 433. Ebd., S. 431 f. 232 Ebd., S. 441. 233 GStA M A I I I 2404 (Bray an Gise v. 21. März 1832); Bühler, Hambacher Fest, S. 173, A n m . 111. 234 Bibl, Mett.-Wrede, S. 292 (Metternich an Wrede v. 25. März 1832). 235 ÖGB 2, 430. 236 Bibl, Mett.-Wrede, S. 295 (Metternich an Wrede v. 26. März 1832). 237 GStA M A 99503; vgl. ÖGB 2, 441 f. 238 1873 (Spiegel an Gise v. 29. März 1832); vgl. ÖGB 2, 435 f. 239 1873 (an Gise v. 30. März 1832). 231

V. Kap.: Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

tatsächlich Beabsichtigten und Getanen" 2 4 0 . Tatsächlich redete Metternich am Zentrum der Dinge geflissentlich vorbei. Sein unbedingter Wille, Bayern an die Kandare des Bundes zu nehmen, blieb hinter dem weidlich ausgemalten Revolutionsgespenst nicht ganz verborgen. Gerade der Kampf um die Veröffentlichung des Bundesbeschlusses vom 2. März und die Zähigkeit, m i t der der Staatskanzler die vollständige und wörtliche Bekanntmachung und Vollziehung forderte, beweisen, daß es i h m zuallererst u m die Einschränkung der Unabhängigkeit des Nachbarstaates ging. Daß das Einschreiten gegen die liberale Presse nur willkommener Vorwand war, enthüllte sich, als Bayern dem Zweck des Bundes, nämlich der Unterdrückung der liberalen Presse, voll nachgekommen war, Metternichs Forderungen aber damit keineswegs endeten. Die Erkenntnis, daß eine bundeskonforme Veröffentlichung der Selbständigkeit Bayerns mehr schaden würde als der oppositionellen Presse, mag den König und sein Ministerium bestimmt haben, durch einen einschränkenden Passus der bisherigen Linie der bayerischen Pressepolitik gegenüber dem Bund treu zu bleiben. Durch ein königliches Reskript, für das L u d w i g ausdrücklich die Unterschrift aller M i nister gefordert hatte, wurde zwar der Bundesbeschluß am 31. März bekanntgegeben, seine Wirksamkeit i n Bayern aber sofort m i t dem Anhang aufgehoben, die nötigen Maßnahmen gegen die beiden bayerischen Zeitungen seien bereits am 1. März getroffen worden 2 4 1 . Diese Entscheidung zeugte angesichts des Druckes der Großmächte von Beharrungsvermögen. Dennoch wahrte Bayern nur der Form nach seine Souveränität i n Pressefragen, i n Wirklichkeit jedoch hatte der Bund bis auf einen Restbereich, der unter Abel auch noch verschwinden sollte, der bayerischen Pressepolitik die Bahn gewiesen. So konnte sich Bayern auch der allmählichen Integration i n das System Metternich nicht entziehen. Denn der Staatskanzler fand nun, nachdem diese Kraftprobe m i t einem Remis geendet hatte, neue M i t t e l und Wege, sein Ziel unauffälliger und ohne öffentliche Diskussionen zu erreichen. M i t überlegener Meisterschaft nützte er die geschwächte Position der bayerischen Regierung aus, u m sie i n einer A r t politischen Tauschgeschäfts zu Konzessionen zu bewegen, die wenige Monate vorher undenkbar gewesen wären. I n Bayern war man, u m allzu heftigem Widerspruch vorzubeugen, eifrig bemüht, bei Österreich um Verständnis zu werben. Als erster versuchte Wrede i m Auftrag des Königs, Metternich von der Zuverlässigkeit des bayerischen Partners zu überzeugen. Und gleichsam als Demonstration dieses Bundeseifers versprach er, Bayern werde unbe240

GStA M A 99503 (Ministerrat v. 31. März 1832). ? 41 1873; RB1. 1832, S. 237 - 240/Nr. 14.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

dingt für die Aufhebung des badischen Preßgesetzes stimmen und auch die geplanten „Sechs A r t i k e l " billigen 2 4 2 . M i t erstaunlicher Offenheit bemühte sich Gise um eine Rechtfertigung des bayerischen Handelns 2 4 3 . Er betonte den festen Willen der Regierung, weiteren Preßmißbrauch zu verhindern, schloß aber die Möglichkeit anderer Entscheidungen als der getroffenen aus: „ U n d glauben Euere Durchlaucht, daß w i r anders handeln und uns vor dem öffentlichen Urteil bergen könnten? W i r haben i n Bayern, wie i n jedem konstitutionellen Staate, unsere Opposition, und die dümmsten Köpfe sind es nicht, die dazu gehören. W i r würden uns somit der öffentlichen Rüge nicht entziehen können, wenn w i r uns von den klaren Buchstaben der Verfassung entfernen wollten...". Doch Metternich legte sich i n seiner A n t w o r t erstaunliche Mäßigung auf. Gegenüber Wrede 2 4 4 beschränkte er sich auf allgemeine Floskeln, die sein Vertrauen i n den bayerischen König bekräftigen und selbst dem Minister des Äußeren stimmte er zu 2 4 5 . Solche Sanftmut wollte gar nicht zu dem sonst so zielstrebigen Politiker passen. Daß Metternich neue Aktionen i m Sinne hatte, blieb nicht mehr lange verborgen. Der Mann, der dem Staatskanzler i n der deutschen Politik am meisten Sorge bereitete, war Bernstorff. Denn er sperrte sich gegen alle seine pressepolitischen Initiativen oder setzte ihnen eigene preußische entgegen. Er sprach sich gegen die völlige Suspension des badischen Pressegesetzes aus, die Metternich wünschte 2 4 6 , er weigerte sich, gemeinsam mit Österreich durch eine weitere Note Druck auf Bayern auszuüben 2 4 7 , bekundete Verständnis für die Schwierigkeiten Bayerns beim Vollzug des Pressegesetzes 248 und gab die für den Staatskanzler unerwünschte Anregung, statt die Vollziehung eines speziellen Bundesbeschlusses durch ein Mitgliedsland zu erzwingen, solle der Bund über ein allgemeines Pressegesetz m i t strengen Strafbestimmungen beraten 2 4 9 . Diese aus der Sicht Metternichs ketzerischen Vorschläge überlebte Bernstorff politisch nicht. I n einer Intrige ohnegleichen, bei der i h m der Zufall ein brauchbares Schriftstück i n die Hände spielte, stürzte Metternich m i t Hilfe seines reaktionären Gesinnungsgenossen W i t t genstein den preußischen Außenminister und fand i n Ancillon einen geistesverwandten Nachfolger 250 . 242 243 244 245 246

1832). 247

1873 (Wrede an Metternich v. 1. A p r i l 1832); Bibl, Mett.-Wrede, S. 299 f. 1873, (Metternich an Spiegel v. 7. A p r i l 1832); auch ÖGB 2, 446 ff. 1874 (v. 7. A p r i l 1832). Ebd. (v. 13. A p r i l 1832); vgl. ÖGB 2, 449, Anm. 1. H H S t A Wien StK, D A 148 (Metternich an Trautmansdorff v. 27. März

Kombst, Bundestag, S. 182 - 85. H H S t A Wien Stk, D A 148 (Bernstorff an Maltzan v. 10. A p r i l 1832, A b schrift). 249 Ebd. (Trautmansdorff an Metternich v. 7. A p r i l 1832). 248

V. Kap.: Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

Bald verließ er wieder den Pfad der Duldsamkeit, den i h m sein preußischer Kollege aufgezwungen hatte. Die Reaktion der aufgebrachten Bundesversammlung erleichterte i h m sein Vorgehen. Dort hatte man die Nachricht von der Publikation des Bundesbeschlusses i n Bayern m i t offenen Drohungen beantwortet und die Angelegenheit ohne Diskussion der Vollziehungskommission übergeben 251 . Gise, der die ständigen Anwürfe offensichtlich leid w a r 2 5 2 , hatte die richtige Vermutung, als er an Wrede schrieb: „Wahrlich, wenn man m i t dem Gange, den w i r i m bundesgemäßen Sinne einzuhalten willens sind, sich nicht befriedigen kann, so möchte man versucht sein zu glauben, daß man mehr w i l l als den Bundeszweck 253 ." Während der König, der trotz der kritischen Lage nicht seinem Drang nach Süden hatte widerstehen können, sich i n Italien erholte, unternahm Wrede eine diplomatische Reise nach Wien, wo er wieder einmal der Persönlichkeit und dem Verhandlungsgeschick Metternichs erlag 2 5 4 . Sofort nach seiner Rückkehr beschloß der Ministerrat die Übergabe einer Note, die Wrede entworfen hatte. Darin bot Bayern unmißverständlich ein Tauschgeschäft an, das den Auftakt zu einer weiteren Stärkung des Bundes darstellte 2 5 5 . Wenn Österreich seine Zustimmung zur bayerischen Pressepolitik gab, wollte die bayerische Regierung gemeinsamen Bundesbeschlüssen gegen Presse und Ständekammern ihre Billigung nicht versagen 256 . Gise, der diese A b machungen ablehnte, fand wenig Gnade i n den Augen Metternichs 2 5 7 , zumal sich m i t dem Amtsantritt Ancillons die politische Großwetterlage i n Deutschland sehr zugunsten des Staatskanzlers geändert hatte. Denn i n i h m hatte Metternich den passenden Partner gefunden, der wie er den bayerischen Widerstand, das badische Preßgesetz und die bereits weit gediehenen „Sechs A r t i k e l " i n einen politischen Gesamtzusammenhang stellte 2 5 8 . Zunächst trat wieder der Bundestag i n Aktion, indem er die Mitgliedstaaten an das bestehende Pressegesetz erinnerte und sie aufforderte, den Mißbrauch der Presse nach dessen Bestimmun250 Einzelheiten dazu bei L. Dehio, Wittgenstein u n d das letzte Jahrzehnt Friedrich Wilhelms I I I . , i n : Forschungen zur preußischen u n d brandenburgischen Geschichte Bd. 35/1923, S. 213 ff.; s. a. Srbik, Metternich 1, 652 f. 251 1874 (Berichte Lerchenfelds v. 12. u n d 29. A p r i l 1832). 252 Ebd. (Entwurf M Ä u ß v. 3./4. (?) M a i 1832). 253 Ebd. (Gise an Wrede v. 18. A p r i l 1832). 254 Bibl., Mett.-Wrede, S. 12. 255 1874 (MÄuß an Spiegel v. 9. M a i 1832); GStA M A 1655/A (Wrede an Gise v. 1., 3., 6., 8. Mai); Textauszug bei Obermann, Einheit u n d Freiheit, S. 115 f. 256 ÖGB 2, 453 f. (Instruktion an Bray v. 18. M a i 1832). 257 Bibl, Mett.-Wrede, S. 310 (Metternich an Wrede v. 18. M a i 1832); m i ß trauisch w a r auch Spiegel (ÖGB 2, 451 an Metternich v. 20. A p r i l 1832). 258 H H S t A Wien StK, D A 148 (Trautmansdorff an Metternich v. 21. M a i 1832; A n c i l l o n an Maltzan v. 28. M a i 1832, Abschrift).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

gen zu bekämpfen und alle entsprechenden Bundesbeschlüsse aufs genaueste zu vollziehen 2 5 9 . Daß diese Erinnerung vordringlich gegen Bayern gerichtet war, wurde bald deutlich. Der preußische Gesandte übte Druck auf Lerchenfeld aus und der badische Vertreter, dessen Regierung auf Bayern nicht mehr gut zu sprechen war, verlangte darüber hinaus die Erweiterung des Beschlusses vom 2. März auf andere rheinbayerische Blätter 2 6 0 . I n diese gespannte politische Situation platzte eine Woche später ein Ereignis, das Wallersteins und Gises Taktik der vorsichtigen Abgrenzung und der Teilkonzessionen durchkreuzte und der Reaktion endgültig den Weg bereitete.

I I I . Hambach und die Bundesbeschlüsse vom Juni und Juli 1832 1. Das Hambacher „Pressefest" 281

Als am 27. Mai über 20 000 Menschen auf den Hambacher Schloßberg zogen, hatten sie nicht die Revolution auf ihre Fahnen geschrieben, sondern die Treue zur Verfassung. Dennoch beschleunigte die Radikalität einzelner Forderungen auf diesem „Verfassungsfest" die reaktionäre Entwicklung i n Bayern und gab mißgünstigen Beobachtern des innenpolitischen Kurses neues Material. Das Hambacher Fest wurde zum zentralen Schnittpunkt und zur Wendemarke für alle gegensätzlichen Denkströmungen des Vormärz, es „war weder eine Bagatelle noch ein Frevel wider das Heiligste des Staatslebens. Es war die erste deutsche politische Versammlung großen Stils" 2 6 2 . Zwischen dem vaterländischen Pathos des Wartburgfestes und dem Versuch der staatlichen und gesellschaftlichen Fixierung liberalen Denkens i n der Paulskirche nahm es eine symbolische Mittelstellung ein. Der Grundtenor der Reden von Hambach w a r antimonarchisch, Republik und Volkssouveränität bestimmten das Verfassungsideal der Führer, die überwiegend jenem Journalismus entstammten, den man zum Schweigen verdammt hatte. Das Einheitsideal dominierte, eine erste Konsequenz aus den enttäuschten Hoffnungen auf die Fortschrittlichkeit der Einzelstaaten Süddeutschlands. Das bestimmende Grundmotiv blieb jedoch der Kampf u m eine freiheitliche Staatsordnung. 259 p B v y. 260

10

. M a i 1832, Bd. 17 a, S. 639 - 41 (§ 154).

GStA M A I I 1887 (Bericht Lerchenfelds v. 20. M a i 1832). 261 Besonders w e r t v o l l die neueren Darstellungen: F. Trautz, i n : Heidelberger Jahrbücher 2/1958, S. 14 ff.; Faber, Rheinlande, S, 323 ff.; Spindler, Hb, I V , 1, 182 ff. 262 Valentin, Hambacher Fest, S. 81,

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

Hambach war nicht i n erster Linie — wie es eine nationale Geschichtsschreibung aus ihrer verengten Optik darzulegen versuchte 263 — eine Demonstration des Einheitsgedankens, noch weniger ein sinnloses „Radaufest" 2 6 4 , sondern ein „ A k t politischer Repräsentation" 265 , ein kommunikatives Ersatzmodell m i t starker Öffentlichkeitswirkung, das an die Stelle der unterdrückten Presse trat. I n mehrfacher Hinsicht war Hambach das „erste deutsche Pressefest größeren S t i l s " 2 6 6 : Die Hauptpersönlichkeiten waren ganz oder teilweise publizistisch engagiert, das Fest selbst versuchte die Presse zu ersetzen 267 und kämpfte zugleich u m ihre Befreiung. Die Regierung des Rheinkreises reagierte zunächst gelassen, nicht zuletzt deshalb, w e i l die Forderungen von Hambach i n den Reihen der Beamtenschaft viele Befürworter fanden 2 6 8 . Hochgespielt wurden Bedeutung und angebliche revolutionäre Tendenz des Festes erst durch Metternich, der wie 1819 nur den propagandistischen Anlaß benötigte, um längst gehegte Pläne gegen Liberalismus und Konstitutionalismus durchzusetzen 269 . Sofort erkannte der Staatskanzler die hilfreiche Hand, die i h m die Liberalen ungewollt boten; gegenüber Wrede lobte er offen diese „gute Seite" der Hambacher Ereignisse 270 . Endlich war für i h n die ersehnte Gelegenheit gegeben, seine Philosophie der Gewalt zu verwirklichen: „ M i t Volksrepräsentationen i m modernen Sinne, m i t der Preßfreiheit und den politischen Vereinen muß jeder Staat zugrunde gehen, der monarchische wie die Republik. N u r Anarchie ist möglich; dagegen mögen die Gelehrten am Schreibtische protestieren, soviel sie auch immer wollen. A m Ende der Gelehrsamkeit steht das Zuschlagen, und kommt es einmal hiezu, so ist der, der i n geschlossenen Reihen zuschlägt, der Gelehrteste. W i r werden in Deutschland zum Zuschlagen kommen 2 7 1 ." 2β3 Trautz, i n : Heidelberger Jahrbücher 2, S. 47 -52, plädiert für eine Neubewertung, die dem K a m p f u m die Rechtsstaatsidee mehr Aufmerksamkeit w i d m e n solle, u n d widerlegt i n einer kritischen Literaturdiskussion die „preußische Kernthese". 264 Doeberl, Verfassungsleben, S. 88. 285 Huber, V G 2, 133. 266 Dieser Aspekt zuerst bei Sahrmann, Beiträge, S. 53, u n d i n : Das Bayerland 43/1932, S. 241; anders Bühler, Hambacher Fest, S. 126 f. 267 Siebenpfeiffer äußerte vor dem Landauer Gerichtshof: „Was wollte das Hambacher Fest? A n die Stelle der zertretenen Presse treten." (Zit. nach Sahrmann, Beiträge, S. 30.); ebenso W i r t h i n seiner Festbeschreibung (bei Bühler, Hambacher Fest, S. 79). 268 Heigel, i n : H Z 111/1913, S. 81 f.; Bühler, Hambacher Fest, S. 143. 269 Dazu eingehend Bibl, Mett.-Wrede, S. 169 ff. 270 Ebd., S. 324 (Metternich-Wrede v. 7. J u n i 1832). 271 Ebd., S. 170 f. (Metternich an Wittgenstein v. 10. J u n i 1832); voller Abdruck des Briefes bei Valentin, Hambacher Fest, S. 144 ff.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Obwohl der Bundestag schon am 7. Juni über das Hambacher Fest und seine bundespolitischen Konsequenzen beriet 2 7 2 , setzten i n Bayern scharfe Maßnahmen erst m i t dem 18. Juni, dem Tag der Rückkehr des Königs aus Italien, ein. Metternich führte seine Einkreisungspolitik von mehreren Punkten aus. I n Frankfurt wurde die Beratung der „Sechs A r t i k e l " beschleunigt und dem bayerischen Gesandten die Hölle heiß gemacht, m i t Berlin stellte der Staatskanzler, gestützt auf seinen Freund Wittgenstein und den Gesinnungsgenossen Ancillon, völliges Einverständnis darüber her, daß Bayern durch eine Politik der Beschwerden und des unmittelbaren Druckes zum Nachgeben gezwungen werden sollte. I n München war Wrede der bevorzugte Adressat, dessen Einfluß auf den König i n diesen Wochen von unschätzbarem Wert war. Daneben lief eine Reihe diplomatischer Aktionen, durch die Hambach zum Grundsatzproblem hochgespielt wurde und die Metternich den russischen Beistand sicherten 273 . Die bayerische Regierung versuchte — noch während der Abwesenheit des Königs — zunächst zu beruhigen, ergriff aber bald eine eigene Initiative, um den drohenden Vorstoß des Bundes durch eine schnelle süddeutsche Absprache abzublocken. A u f Vorschlag des Justizministers zu Rhein wurde eine Punktation aufgesetzt, die als Verhandlungsgrundlage für eine Übereinkunft zwischen Bayern, Württemberg, den beiden hessischen Staaten und Baden dienen sollte. Absicht der Regierung war es, einer Bundesmaßnahme zuvorzukommen, eine Ausdehnung der Bundesgewalt abzuwehren und zugleich die Führung i m konstitutionellen Deutschland zu übernehmen 2 7 4 . So wenig freisinnig der Entwurf war, er hatte den Vorteil, daß die Regierung damit Herr i m eigenen Hause blieb und nicht dem Bund weitere Eingriffsmöglichkeiten einräumen mußte 2 7 5 . Diese Absicht und die Tatsache, daß Bayern nur aus eigener Zwangslage zu der Kooperationsbereitschaft neigte, die es vorher nie aufgebracht hatte, blieb den Partnerstaaten nicht verborgen. Dennoch erhielt Gise auf seine Schreiben 276 bald die Zustimmung der hessischen Regierungen und Württembergs 2 7 7 . Baden dagegen erteilte i h m eine glatte Abfuhr, indem es jede Sondervereinbarung ab272 p B V y 7 > J u n i 1 8 3 2 j Bd. 17 a, S. 795 - 98 (§ 1) Separatprotokoll. Bei dieser Sitzung wurde das Hambacher Fest sofort m i t der Pressefrage i n Verbindung gebracht u n d die Pressekommission erneut m i t der Überprüfung der rheinbayerischen Zeitungen betraut. 273

Dies nach Valentin, Hambacher Fest, bes. S. 67 - 71. Ministerrat v. 5. J u n i 1832 (zit. nach Bühler, Hambacher Fest, S. 145). 275 GStA M A I I 1632 (Punktation v. 5. J u n i 1832). Bühlers Analyse i n : Hambacher Fest, S. 187, A n m . 250, nicht haltbar; richtige Interpretation bei Valentin, Hambacher Fest, S. 65 ff. und Sahrmann, Beiträge, S. 89. 276 GStA M A I I 1632 (Konzept v. 5. J u n i 1832). 277 Ebd. (Antworten v. 13., 14. u n d 17. J u n i 1832). 274

V . K a p . : Das E n t s c h e i d n g s j a h r 1832

lehnte und eine gemeinsame Bundesregelung forderte 2 7 8 . Doch damit nicht genug! A m 17. Juni regte Baden am Bundestag eine Übereinkunft an und legte als Diskussionsgrundlage eine Punktation vor, die es m i t den hessischen Staaten und Württemberg abgesprochen hatte. So war Bayern nicht nur hintergangen worden, sondern zudem am Bundestag mit seinen sonderbündischen Bestrebungen bloßgestellt 279 und zu erneuter Rechtfertigung und Beschwichtigung gezwungen 280 . Der letzte Versuch, die einzelstaatliche Souveränität gegenüber den Kompetenzwünschen des Bundes abzuschirmen und i n einem süddeutschen Bündnis das politische Eigenleben der Verfassungsstaaten zu erhalten, war an der traditionellen Rivalität und Eifersucht, an der Bayern den größten Teil der Schuld trug, gescheitert. Metternichs Ausgangslage war günstiger denn je: Bayern befand sich i n der deutlichen Verlegenheit, sich vom Vorwurf des Separatismus reinigen zu müssen, und Baden schuf freiwillig die Grundlage für einen Bundesbeschluß, der Österreichs Vorstellungen voll entsprach. Die Wirkung der zahlreichen Beschwerdenoten, i n denen immer wieder m i t Nachdruck ein Einschreiten gegen die bayerische Presse gefordert w a r 2 8 1 , verdoppelte sich und schlug voll durch, als der König das Regiment wieder übernahm. A u f seinen Befehl errichtete Wrede die D i k tatur i m Rheinkreis. Wallerstein warb inzwischen mit „Erfolgsmeldungen" über harte Gerichtsurteile gegen Redakteure und m i t strengen Verordnungen bei den Bundesstaaten um Sympathie. I n der Tat überschwemmte er die Kreisregierungen m i t Befehlen, die nachlässige Zensoren rügten oder versetzen ließen und den Bereich der zensurfreien Presse noch mehr einengten 282 . Die Häufung von Repressalien begründete der Innenminister m i t außenpolitischen Notwendigkeiten, er übersah aber dabei, daß Souveränität nicht nur der Form nach, sondern auch i n ihrem Inhalt auf Entscheidungsfreiheit gegründet sein mußte. Der Minister war i m Irrtum, wenn er glaubte, daß „offenbar nur durch strenge Handhabung der bestehenden Landesgesetze Einmischungen der Bundesversammlung vorgebeugt, und das höchste Gut Bayerns für National-Selbständigkeit und der unabhängige Standpunkt seines Monarchen, seiner Stände und seiner Verfassung i m Bunde m i t der politischen Stimme des Moments gerettet werden k a n n " 2 8 3 . Bayerns 278

Ebd. (Türkheim an Gise v. 16. J u n i 1832). Ebd. (Lerchenfeld an Gise v. 17. J u n i 1832). 280 Ebd. (Gise an Lerchenfeld v. 22. J u n i 1832). 281 Valentin, Hambacher Fest, S. 146 - 51, Gutachten des Preußischen Staatsministeriums zum Hambacher Fest u n d S. 154 - 60, Preußische Note v. 11. J u n i 1832. 282 Diese Maßnahmen sind zusammengefaßt i n Listen, die seit M a i 1832 i n regelmäßigen Abständen von vier bis sechs Wochen erschienen u n d sämtlichen bayerischen Gesandtschaften übersandt wurden. 283 1874 ( M I n n an M Ä u ß v. 10. J u l i 1832). 279

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Souveränität wurde mehr und mehr zur schönen Täuschung. Aus der Schaukelpolitik von 1830/31 führte der Weg über die taktische Bundeskonformität geradlinig i n die Reaktionsära Abels, unter dessen Ägide Bayern Österreichs Musterschüler wurde. Die „kategorischen Maßregeln", die Metternich vorgesehen hatte 2 8 4 , und m i t denen er der liberalen Bewegung den vernichtenden Schlag erteilte, beschloß der Bundestag schon am 28. Juni und am 5. Juli. 2. Die Bundesbeschlüsse vom 28. Juni und 5. Juli 1832

A m 28. Juni beschloß der Bundestag die erste einer Reihe von „kategorischen Maßregeln" 2 8 4 , die nicht nur die liberale Presse, sondern die konstitutionale Staatsform überhaupt trafen 2 8 5 . Bayern hatte seine Zustimmung i n Vorgesprächen 286 teilweise — i m Tausch gegen Konzessionen gegenüber seiner Pressepolitik — erteilt, war aber bis zuletzt immer noch u m einen Ausweg bemüht. L u d w i g I. aber war nach dem Hambacher Fest entschlossener denn je, einen Bundesbeschluß auch gegen den Willen seiner Minister Gise und Wallerstein anzunehmen. Die Presse war zwar i n den „Sechs A r t i k e l n " nicht direkt angesprochen, aber ein Vortrag der Pressekommission während dieser Sitzung wies nur zu deutlich auf diesen Zusammenhang hin. Zudem war i n der Präsidialproposition 287 , die als Bestandteil der Beschlüsse galt und von Bayern auch als solcher zustimmend aufgenommen wurde, die Gültigkeit der Beschlüsse von 1819 u n d 1824 als Voraussetzung jeder Pressepolitik postuliert und als verbindlich erklärt, bis die Pressekommission ein neues Gesetz vorgelegt habe und dieses beschlossen sei. Aus der Zustimmung Bayerns zu den „Sechs Artikeln", die seine Verfassung verletzten und m i t dem Gedanken der Souveränität unvereinbar waren, ergaben sich noch weitere Konsequenzen für die Pressepolitik. Denn A r t i k e l 3 bestimmte: „Die innere Gesetzgebung der Bundesstaaten darf dem Bundeszweck und der Bundesakte keinen Eintrag tun." M i t dieser Formulierung waren die Auslegungsdifferenzen zwischen Bayern und dem Bund i n der Pressefrage zugunsten der Vorrangigkeit der Bundesgesetze entschieden. Eine auf sechs Jahre eingesetzte Kommission hatte überdies „ein besonderes Augenmerk auf die Landtagsverhandlungen i n den einzelnen Bundesstaaten zu richten". Auch die Landtagsberichterstattung sollte nun end284

Bibl, Mett.-Wrede, S. 173 (Vortrag Metternichs an Kaiser v. 12. J u n i

1832). 285

P B V Bd. 17 a, S. 852 ff.; Text bei Huber, Quellen, S. 50 f. Leitfäden i n H H S t A Wien Ges. F r a n k f u r t 28; Spezialakt zu den V o r verhandlungen GStA M A I I 1655/A; vgl. ÖGB 2, 395 - 9 8 ; s.a. Bibl, Mett.Wrede, S. 140 ff.; Böck, Wrede, S. 174. 287 P B V Bd. 17 a, S. 859. 286

V. Kap. : Das Entscheidüngsjahr 1832

22â

lieh, so eingeengt werden, wie es die Wiener Schlußakte vorgesehen hatte. „Den wahren Sinn der Bundesakte festzustellen", war weiterhin nur die Bundesversammlung berechtigt. Wohin diese Bestimmung zielte, wurde schon i m nächsten Satz klar, der die Ausarbeitung gleichförmiger Vorschriften gegen den Mißbrauch der Presse einer besonderen Kommission zuwies. „Nunmehr hatten die deutschen Regierungen eine gemeinsame verbindliche Richtschnur; die bisher noch zwischen liberaler Konzession und dem Streben nach unbedingter regierungsmäßiger Autorität geschwankt, haben nun das Ende ihres Schwankens gefunden; denen, welche eine halbwegs liberale Handlungsweise für Ehrensache hielten, hat die gemeinsame Übereinkunft darüber gehen müssen. A u f dem Hambacher Fest hat man am 27. und 28. M a i gesprochen, i n Frankfurt hat man dekretiert 2 8 8 ." Der Proteststurm, der sich i n Bayern bald erhob, ängstigte L u d w i g I. nun, da er festen Rückhalt i m Bunde hatte, nicht mehr. A u f eine Adresse der Bürger Würzburgs 2 8 9 , die er m i t dem „Ausdruck allerhöchsten Mißfallens" zurücksandte, ließ er antworten: „S. M. sind diesen Beschlüssen beigetreten, weil die selben der beschworenen Verfassung nicht zuwiderlaufen, und würden, verhielte es sich anders, ihrem Eide getreu, die Zustimmung verweigert haben. Aber dieser Eid verbindet Allerhöchstdieselben, die Rechte ihrer Krone festzuhalten und keine Einmischung i n die äußeren Verhältnisse Bayerns, deren Leitung Allerhöchstihnen ausschließlich zusteht, wem immer zu gestatten 2 9 0 ." Das waren Argumente auf schwachen Beinen, Halbwahrheiten, die einmal mehr beweisen, daß Verfassungen nicht schon durch ihre bloße Existenz Fortschritt bringen, sondern erst i n der Bewährungsprobe des politischen Alltags Inhalt gewinnen und Substanz erhalten. Eine weitere Masche i m „System der Bevormundung" 2 9 1 Schloß das „Maßregel-Gesetz" vom 5. J u l i 2 9 2 . M i t i h m wurde die Versammlungsund Vereinsfreiheit für alle politischen Gruppierungen aufgehoben. Gegen politische Parteien erging ein bedingungsloses Verbot. Staatsbürger, die „durch öffentliche Reden, Schriften oder Handlungen ihre Teilnahme an aufwieglerischen Plänen" vermuten ließen, waren genau zu überwachen. Die Regierungen verpflichteten sich, zur gegenseitigen 288

Bauer, Geschichte der rev. Bewegungen 3, 27. Leininger, i n : Lebensläufe aus Franken, Bd. 4, S. 51; Ruckhäberle, F l u g schriftenliteratur, S. 88 f. 290 Günther, Würzburger Chronik, S. 645. 291 Zimmermann, W., Deutsche Geschichte v o n 1830 - 48, S. 172. 292 p B v Bd. 17 a, S. 946 - 53 (§ 231); dazu Huber, V G 2, 162 ff.; Koszyk, Dt. Presse 2, 77; Schneider, Pressefreiheit, S. 263. Z u m Verbot des badischen Pressegesetzes am gleichen Tage s. A n m . 144 u n d 145. 289

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Berichterstattung über geheime Verbindungen und zur Auslieferung politischer Flüchtlinge. Besondere Aufmerksamkeit sollte durch verschärfte Paßvorschriften allen Landesfremden gelten. Eine einschneidende pressepolitische Entscheidung enthielten diese „Zehn A r t i k e l " ebenfalls: A l l e i m Ausland erscheinenden deutschsprachigen Schriften unter 20 Bogen unterlagen fortan den Bestimmungen des Bundespressegesetzes. M i t diesem Gesetz waren die zentralen Bereiche der bürgerlichen Öffentlichkeit erfaßt und ausgeschaltet: Neben der Presse des Inlandes die Emigrationspresse, die m i t dem Jahre 1832 einsetzte und i n den folgenden Jahren gewaltigen Aufschwung nahm, Versammlungen, Reden und politische Feste, ja selbst das Tragen von Bändern, Farben und Fahnen, kurzum, alle Möglichkeiten verbaler und nichtverbaler politischer Kommunikation sollten systematisch unterbunden werden. Und noch einen weiteren Triumph konnte Metternich an diesem 5. J u l i feiern: das Verbot des heißumkämpften badischen Pressegesetzes durch die Bundesversammlung. Deutlicher war die Warnung an liberale Abweichler unter den Mitgliedsstaaten nicht auszudrücken als durch diese rigorose Entscheidung, die den süddeutschen Staaten endgültig die Lust nahm, eigene Pressegesetze zu verabschieden. I n Bayern bestimmte die Richtlinien der Bundes- und Pressepolitik energischer und starrsinniger als je zuvor der König. Gegensätze und Spannungen i m Ministerium erleichterten i h m die unangefochtene Durchsetzung seines Willens. So ist der Weg i n die Reaktion i m Jahre 1832 und i n die zunehmende Bundeskonformität dem Monarchen zuzuschreiben, der i n vielen seiner Äußerungen bekundete, wie wenig i h m die staatliche Souveränität neben der seines Herrschertums bedeutete. Bestärkt von Wrede und Lerchenfeld nahm L u d w i g I. i n der Debatte über A r t und Wortlaut der Veröffentlichung der „Sechs A r t i k e l " i n einer Eindeutigkeit für den Kurs der Großmächte Stellung, die den Widerspruch der Minister erstickte 293 . Da er jede Schwächung der Bundesbeschlüsse vermeiden w o l l t e 2 9 4 verfaßte man eine Publikationsformel, die i n unauffälliger Form den bisherigen Verfassungsvorbehalt entkräftete und Bayerns Verhältnis zum Bunde grundlegend änderte 2 9 5 . Die beigefügte Formel 2 9 6 enthielt zum erstenmal i n der Verfas293

GStA M A I I 1655/B; S A k (v. 6. u n d 9. August 1832). GStA M A I I 1655/B (Signât ν. 15. August auf A n t r a g M Ä u ß v. 9. August 1832; Signât ν. 2. Sept. auf A n t r a g M Ä u ß v. 20. August 1832). Bezeichnend die Wendung i m Signât ν. 15. August: „Der deutsche B u n d bildet ein Ganzes. Einigkeit rettet. Die Montgelas'sche Absonderungspolitik, die undeutsch war, ist nicht die Meinige." Wie sehr diese Betonung der deutschen Einheit politischer Defensive entsprang, zeigt ein Signât ν. 12. J u l i (bei Bibl, Mett.Wrede, S. 183): „Gegen große Verschwörung muß gewirkt werden. Ein Teutschland muß sein, auch die Demagogen wollen's, aber i n anderem Sinne." 295 GStA M A I I 1655/B (Wallerstein an Gise ν. 1. August 1832): dort fol294

V . K a p . : Das Entscheidungsjahr 1832

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sungsgeschichte Bayerns seit 1818 keinen Vorbehalt mehr, sondern stellte die Übereinstimmung zwischen Landes- und Bundesverfassung fest. Dies war mehr als eine Modifikation der früheren Klauseln, dies signalisierte dem geschulten Zeitgenossen die Abkehr Bayerns vom bisherigen System der souveränen konstitutionellen Monarchie 2 9 7 . Hart prallten die Meinungen wegen des 1. Artikels des Bundesgesetzes vom 5. J u l i aufeinander. Gise und Wallerstein reklamierten sofort die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung und versuchten diese Schwierigkeit durch einen verklausulierten Vorbehalt zu umgehen, i n dem die bayerische Verfassung nicht ausdrücklich genannt wurde. K r i t i k am Bundestagsgesandten erhob sich, der einmal mehr seine Kompetenz überschritten hatte, als er ohne Widerspruch eine Beschlußfassung des Bundestages geduldet hatte 2 9 8 . Der König war i m Gegensatz zu seinen Ministern gewillt, den Beschluß zu akzeptieren. Bei den periodischen Schriften trug er ohnehin keine Bedenken, für die unperiodischen ordnete er eine Überprüfung an. Die Verfassung war ihm, wie ein Signât i n diesem Zusammenhang zeigt, inzwischen zum lästigen Anhängsel geworden, eine offene Übertretung ihrer Normen aber wagte er aus Furcht vor der unberechenbaren Reaktion der Öffentlichkeit nicht 2 9 9 . U m den Widerstand seiner Minister zu umgehen, trat der König nun i n direkten Kontakt m i t Lerchenfeld. Zugleich verzögerte er durch eine Reise nach Bad Brückenau die Absendung einer Weisung an den Bundestagsgesandten, die den Auftrag enthielt, den bayerischen Standpunkt i n der Pressefrage am Bundestag klarzustellen 3 0 0 . Zudem entzündete sich zwischen Innen- und Außenminister ein K o n f l i k t wegen der Rolle Lerchenfelds. Wallerstein verlangte dessen Abberufung, Gise bemühte sich um eine Ehrenrettung m i t dem Hinweis auf die prekäre Lage Bayerns am Bundestag. Als Wallerstein i n einer Weisung an die Kreisregierungen erklärte, die Regierung habe das falsche Verhalten gende aufschlußreiche Begründung Wallersteins f ü r seinen Widerstand u n d indirekte K r i t i k an Lerchenfeld: „Nicht ungefährlicher als das wahnsinige Treiben eines W i r t h ist das Streben jener, die, w e n n auch i n redlicher A b sicht, dem Absolutismus zusteuern. Auch i h r Treiben ist Revolution, denn auch sie kämpfen gegen legal Bestehendes, und zwar gegen den letzten H o r t des konservatorischen Prinzips, gegen den Glauben der Völker an ihre H e r r scher." ; s. a. Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 53 - 66. 296 R B I v. 17. Okt. 1832, Nr. 39, Sp. 657 ff. 297 ÖGB 2, 495 (Schönburg an Metternich v. 20. Okt. 1832); Weiden spricht gar v o m „ A n f a n g einer neuen Epoche bayerischen Staatsrechts, w e i l damit sämtliche früheren Vorbehalte u n d Zugeständnisse an die Stände w i r k u n g s los geworden seien". (ÖGB 2, 497). Vgl. auch Baumann, Appellationsgericht, S. 37. 298 GStA M A I I 1633 (MÄuß an M I n n v. 28. Okt. 1832, Konzept; M Ä u ß an K ö n i g v. 14. Sept. 1832; M Ä u ß an Lerchenfeld v. 25. Sept. 1832). 299 Ebd. (v. 29. J u l i 1832). 300 Ebd. (MÄuß an K ö n i g v. 4. August 1832). 15 Tremi

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

des Bundestagsgesandten mißbilligt, beschwerte sich Gise beim König über diese „voreilige Verlautbarung", die er als Kompetenzverletzung auffaßte 301 . Doch dieser Mißton i n den Beziehungen der Minister reichte nicht aus, sie i n ihrer gemeinsamen Opposition gegen eine bundeskonforme Vollziehung des Pressebeschlusses zu beirren. Denn während die „Sechs A r t i k e l " gegen die Legislative, die Ständeversammlung, gerichtet waren, beeinträchtigte der A r t i k e l 1 des Beschlusses vom 5. J u l i die Entscheidungsfreiheit der Exekutive. Die Unterdrückung der Presse war, das hatten die vergangenen Monate zur Genüge bewiesen, auch ohne eine förmliche Aufgabe der bisherigen presserechtlichen Sonderstellung möglich. Der Appell an sein Souveränitätsbewußtsein 302 stimmte den König schließlich um. Die gewählte Lösung war typisch für die bayerische Regierungspolitik, die eine hilflose Kombination aus vermeintlicher völkerrechtlicher Bauernschläue und ängstlicher Rundumverteidigung darstellte: Man verzichtete auf einen offiziellen Widerspruch, unterließ aber auch die Verkündigung des Beschlusses. Trotz dieser scheinbaren Distanzierung blieb der Bundesbeschluß nicht ohne Rückwirkung. Denn i n einer Weisung an die Mittelbehörden 3 0 3 entschied Wallerstein die bisher strittige Frage der Stellung ausländischer Zeitungen dahin, daß sie i n Zukunft wie die inländischen dem I I I . Edikt unterliegen sollten. Die Amtshilfe der Postbehörden gewährleistete den angestrebten Erfolg; nach der Entpolitisierung der inländischen Presse versiegte auch das Rinnsal der Emigrationspresse, das einen letzten Restbestand liberaler Publikation gewährleistet hatte. Mochte Bayern stolz auf seiner Souveränität beharren, mochte es seine Verfassungstreue beständig wiederholen, es befand sich trotz allem auf Reaktionskurs und damit i m Schlepptau der Politik Metternichs. Bayerns Selbständigkeit bestand nur darin, eigene Methoden der Unterdrückung zu praktizieren, die man krampfhaft aus dem Buchstaben der Verfassung ableitete. Ja häufiger die Verfassungsmäßigkeit der pressepolitischen Maßnahmen beschworen wurde, desto tiefer war das Prinzip der Pressefreiheit durch eine Vielzahl von Verwaltungsanordnungen bereits ausgehöhlt. Der Geist des fürstlichen Absolutismus feierte Auferstehung. Alle rechtsstaatlichen Garantien, deren Festigung und Ausbau die Regierung Ludwigs I. hatte erhoffen lassen, waren gefährdeter denn je. M i t der bedingungslosen Zuwendung des Königs 301

Ebd. (MÄuß an M I n n v. 9. August 1832; M Ä u ß an K ö n i g v. 14. August

1832). 302

Ebd. (MÄuß an M I n n v. 28. Okt. 1832). Als Beilage zu diesem Schreiben findet sich ein Memoire, i n dem Gise erstaunlich offene Feststellungen zur Souveränitätsproblematik t r i f f t . K e r n p u n k t seiner Bemerkungen ist die Aussage, daß der B u n d an seiner inneren Inhomogenität leide u n d Bayern deshalb m i t Hilfe seiner Verfassung jede Ausdehnung der Bundeskompetenz abwehren müsse. 303 Ebd. (v. 4. Okt. 1832); s. P B V v. 31. J u l i 1832, Bd. 17 b, S. 1055 (§ 281).

V . K a p . : Das Entscheidungsjahr 1832

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zur monarchischen Souveränität erhoben sich auch die reaktionären Kräfte wieder, die L u d w i g I. i m Bündnis m i t dem Liberalismus zurückgedrängt hatte. Die pfälzischen Institutionen wurden i n Frage gestellt 3 0 4 , auch Bestrebungen nach einer Ausdehnung der Zensur 3 0 5 blieben nicht aus, und die Unabhängigkeit der Gerichte wurde zur bloßen Fiktion306. Soweit keine innerstaatlichen Belange unmittelbar berührt waren, akzeptierte die bayerische Regierung alle Bundesbeschlüsse unbesehen. Bei der Unterdrückung der Zeitungen anderer Bundesstaaten pflegt sie eifriger als zuvor zuzustimmen, um Bundestreue zu demonstrieren und von den eigenen Problemen abzulenken 307 . Die freie öffentliche Kommunikation fand i n Deutschland mit dem Jahre 1832 weitgehend ihr Ende. A l l e Lücken, durch die kritische Meinungen hätten dringen können, wurden i n den folgenden Jahren Zug um Zug verstopft, bis 1834 die endgültige Systematisierung und Kodifizierung durch ein Geheimabkommen erfolgte. Daß Bayern nach 1832 keine Bundesbeschlüsse zur Presse mehr veröffentlichte, hatte nur noch den Wert eines harmlosen Formalismus. I n der Praxis jagte es seine „Demagogen" ebenso eifrig wie Österreich und Preußen. M i t Verboten und erzwungenem Schweigen glaubte L u d w i g I. Bewegungen aufhalten zu können, deren radikale Spitzen i n Wahrheit das Fundament eines Eisberges besaßen. Der Versuch eines Ausgleiches der Interessen fiel einem schrankenlosen Neoabsolutismus zum Opfer. So lassen sich auch Bayerns Regierende nicht von dem harten Urteil ausnehmen, das der zeitgenössische Historiker fällte: „Es ist . . . die gänzliche Abwesenheit jedes schöpferischen Gedankens, jedes Versuches, an den unhaltbaren Zuständen des Bundes etwas zu bessern, es ist die politische Öde i n den herrschenden Kreisen, die uns unheimlich angähnt 3 0 8 ."

304 Bibl, Mett.-Wrede, S. 338 (Wrede an Metternich v. 31. J u l i 1832); s.a. Baumann, Probleme der pfälz. Gesch., S. 256 f. 805 Dies w a r ebenfalls ein Vorschlag Wredes (so Sahrmann, Beiträge, S. 210); über ähnliche Bestrebungen i n der Ministerialbürokratie s. ÖGB 2, 496 f. u n d 472. 306 Heigel i n H Z 111, S. 8 4 - 8 6 ; Baumann, Appellationsgericht, S. 23 ff. 307 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 8/10 (Gise an Lerchenfeld v. 21. Sept. 1832); M A 1920 (Lerchenfeld v. 19. Sept. 1832). 308 Lerchenfeld, Papiere, S. 187.

15*

Sechstes Kapitel:

Die Perfektionierung des Reaktionssystems I. Die Wiener Konferenzen von 18341 1. Das bayerische Verhandlungskonzept

Das Ziel, alle Mitgliedsstaaten des Bundes unter ein einheitliches pressepolitisches System zu zwingen, gab Metternich auch nach 1832 nicht auf. M i t dem alten Revolutionsgespenst, den gleichen abgedroschenen Floskeln und Phrasen bearbeitete er weiterhin seine Vertrauten Wittgenstein 2 und Wrede 3 . Die Unruhen i m Rheinkreise, die zum Jahrestag des Hambacher Festes ausbrachen, und der Frankfurter Wachensturm schienen seine Verschwörertheorien zu bestätigen 4 . I n einer Denkschrift „Über die Gefahren der Zeit" legte Metternich den Regierungen der größeren deutschen Staaten dar, m i t welchen „Reformen" er der Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen und dem letzten Rest an Pressefreiheit zu Leibe rücken wollte 5 . A u f seinem Programm stand, selbst bis i n die organisatorischen und technischen Details, eine Wiederholung von Karlsbad. I n Teplitz einigte der Staatskanzler sich m i t dem preußischen König und seinen Ministern Wittgenstein und Ancillon über Inhalt und Termin der geplanten Ministerkonferenzen. Da von Bayerns Haltung die Zustimmung der übrigen konstitutionellen Staaten abhing, widmete i h m Metternich besondere Aufmerksamkeit 6 . Der vermittelnden Mithilfe Wredes w a r er sich ohnehin 1 GStA M A I I 1105-1110 (im folgenden n u r m i t Faszikelnummer zitiert); Fr. Weech, Aktenstücke, S. 142 ff.; T e x t der 60 A r t i k e l bei Huber, Quellen, S. 5 1 - 6 4 ; Bibl, Mett.-Wrede, S. 190 ff.; Böck, Wrede, S. 185 ff.; Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 108 ff.; Huber, V G 2, 177 ff. 2 Vgl. Schoeps, Metternichs K a m p f gegen die Revolution, i n : H Z 205/1967, S. 529 ff. 3 Dazu zahlreiche Belege bei Bibl, Mett.-Wrede, passim. 4 Diese Verschwörertheorie bot die ideologische Grundlage u n d Rechtfertigung für die scharfen Gegenmaßnahmen der Regierung. 5 Auszüge bei Bibl, Mett.-Wrede, S. 194 ff. 6 Die hohe Einschätzung der Bedeutung Bayerns bestätigt Metternich i n einem Schreiben an Trautmansdorff v o m 2. Sept. 1833, i n dem er betont, keiner der Höfe „werde sich von der Maßregel ausschließen w o l l e n oder können, sobald der als vorzugsweise angesehene Bayerns sie sich anzueignen

V I . Kap.: Die Perfektionierung des Reaktionssystems

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sicher und auch der König schien einer Übereinkunft nicht abgeneigt. Schönburg reiste mit Spezialauftrag nach München, um eine österreichische Zirkulardepesche und ein persönliches Schreiben Metternichs zu überreichen. Auch dem Feldmarschall ging ein Brief zu, i n dem eine Konferenz angeregt wurde, auf der Maßnahmen gegen die „Verschwörung zwischen Gerichten, Kammern und Presse" beraten werden sollten 7 . Daß keine Einzelheiten über die geplanten Beschlüsse mitgeteilt und auch bei einer österreichisch-bayerischen Besprechung i n Linz nur allgemeine Hinweise gegeben wurden, beunruhigte den bayerischen Außenminister. Dankbar nahm er daher eine Anregung Württembergs zu vertraulichen Vorgesprächen auf, i n denen ein gemeinsamer Standpunkt skizziert werden sollte. Als wenige Tage später der sächsische Minister Lindenau, der i n Zollvereinsangelegenheiten München aufsuchte, mit detaillierten Informationen aufwartete, war Bayern nicht nur verstimmt, sondern zu unnachgiebiger Opposition entschlossen. Gise beharrte auf dem Souveränitätsvorrang und gab keinerlei Konzessionsbereitschaft zu erkennen 8 . Von einem Bundespressegesetz wollte er nur dann etwas wissen, wenn dadurch die „Anomalie des Beschlusses vom 20. September 1819" abgeändert würde, mit dem sich der Bund richterliche Gewalt und somit unmittelbare Einwirkung i n die innere Verwaltung der Einzelstaaten eingeräumt hatte. Jede weitere Vollzugskompetenz für den Bund lehnte Gise strikt ab. Die Besprechungen mit Lindenau bestärkten ihn vielmehr i n der Überlegung, Bayerns Aufgabe bestehe nun i n der Organisation einer konstitutionellen Trias 9 . Tatsächlich trafen Württemberg, Sachsen und Bayern eine Ubereinkunft, nach der gleichmäßige Bestimmungen zur Presse nur auf verfassungsmäßigem Wege getroffen werden sollten und Bundesbeschlüssen vorzuziehen seien. Eine weitere Einschränkung der Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen lehnten die Gesprächspartner übereinstimmend ab 10 . Gises Vorstellungen hätten bei einer konsequenten Politik Aussicht auf Erfolg geboten. Doch i n der naiven Annahme, Metternich werde einem süddeutschen konstitutionellen Staatenbund nicht nur sein Placet erteilen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen sich sogar anschließen, schlug Gise den falschen Weg ein. Der Staatskanzler ließ ihm seine Abneigung offen spüren und erteilte den erweiterten Triasplänen eine unmißverständliche Abfuhr 1 1 . Die Gegenposinicht Anstand n i m m t " . (Zit. nach Bibl, Mett.-Wrede, S. 199.) Ebenso PGB 2, 295 (Weisung an Dönhoff v. 22. Nov. 1833). Über die Vorverhandlungen GStA M A I I 1104 u n d H H S t A Wien S t K D A 37 a. 7 Bibl, Mett.-Wrede, S. 386 (Mett. an Wrede v. 25. August 1833). 8 1104 (Gise an K ö n i g v. 23. Okt. 1833). 9 Ebd. (Gise an K ö n i g v. 7. Nov. 1833). 10 Ebd. (Resumé ν. 11. Nov. 1833).

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2. T e i l : Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

tion i m Ministerium nahm Wrede ein, der gegen Metternichs Vorschläge keinerlei Einwände erhob. Der König selbst war noch unentschlossen. Er sympathisierte einerseits mit den Grundprinzipien der reaktionären Politik Metternichs, wollte aber andererseits i n eine weitere Einschränkung seiner souveränen Entscheidungsfreiheit nicht einwilligen 1 2 . Der Ministerrat vom 25. Dezember 183313, der die Richtlinien für die Verhandlungsführung i n Wien festlegte, stand denn auch ganz unter den Vorzeichen des Souveränitätserhalts. Grundsätzlich Schloß man jede Unterordnung der Landesgesetzgebung unter den Bund aus. I n der Pressefrage sollte nach Möglichkeit der Status quo erhalten bleiben. Beschlüssen zur Zügelung der Presse wollte man allenfalls zustimmen, wenn sie auf verfassungsmäßigem Wege herzustellen waren. Da Bayern sich möglicherweise gemeinsamen Bundesverabredungen nicht entziehen könne, so führte die Instruktion aus, müsse darauf geachtet werden, daß nicht wieder ähnliche Widersprüche aufträten wie beim Provisorischen Bundespreßgesetz. Anregungen zu einer gemeinsamen Beratung der konstitutionellen Staaten solle der Beauftragte — entgegen den Plänen Gises und i m Widerspruch zu den Münchner Vereinbarungen — „ad referendum", d. h. zur Kenntnis nehmen, aber nicht ausdrücklich unterstützen. E i n Pressegesetz werde Bayerns Zustimmung nur erhalten, wenn es allgemeine Grundsätze ausspreche, die administrativen Verfügungen von 1819 aber weglasse. I n jedem Falle aber müsse die jetzige Kollision beseitigt werden. Der Ministerrat sprach sich auch gegen eine erneute Einschränkung der Publizität der Ständeverhandlungen aus, erklärte sich aber zu einer strengen Auslegung der Geschäftsordnung bereit. A n diesen Richtlinien für den bayerischen Vertreter i n Wien hat sich das Urteil über Erfolg oder Mißerfolg der bayerischen Politik bei den Wiener Konferenzen zu orientieren, nicht an den weitgesteckten Zielen Metternichs, der auf die endgültige Revision des konstitutionellen Lebens i n Deutschland bedacht war. Dieses Programm konnte er zwar nicht i n vollem Umfange verwirklichen, aber einen Schritt weiter i m System der Reaktion brachten i h n die Konferenzen dennoch. Bayern integrierte sich, wie die Verhandlungsakten und Berichte zeigen, weitgehend. Wohl setzte die bayerische Regierung, angetrieben vom Souveränitätswillen des Königs und der Bundesskepsis Wallersteins und anfangs auch Gises, verschiedene Modifikationen durch und entschärfte wesentliche Bestimmungen. Die Substanz und die Grundtendenz der Beschlüsse, die sie noch i n der ersten Aufwallung von Oppositionsgeist i n Bausch und Bogen ablehnte, vermochte sie nicht zu verändern. 11 12 13

Böck, Wrede, S. 189; Bibl, Mett.-Wrede, S. 202. ÖGB 2, 548 - 56 (Berichte Schönburgs v. 28. August u n d 1. Sept. 1833). 1104.

V I . Kap.: Die Perfektionierung des Reaktionssystems 2. Die Verhandlungen in Wien und ihre Ergebnisse

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14

A m 13. Januar eröffnete Metternich die Konferenz m i t einer Rede 15 , deren verlogene Phraseologie alle Übel der Zeit den modernen Verfassungen und ihren gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen anlastete. Die Zielrichtung gegen das konstitutionelle System und seine Hauptkomponenten, Ständekammern und freie Presse, war damit angegeben. M i t der Pressefrage beschäftigte sich die 4. Kommission, der kein bayerischer Vertreter angehörte. Wie 1819 leitete die erste Sitzung Metternich mit einem Grundsatzreferat ein 1 6 , dessen Inhalt er vorher bereits Gise mitgeteilt hatte. Über weitere Einzelheiten jedoch blieb der bayerische Minister nur auf Vermutungen und Gerüchte angewiesen. Konsequent entwickelte Metternich i n seiner Rede die Grundthesen reaktionärer Pressetheorie: Der Pressefreiheit sprach er den Charakter eines Menschenrechtes ab, weil dieses Postulat auf der irrtümlichen Verwechslung von Denken, Schreiben und Drucken beruhe. Als einziges wirksames M i t t e l gegen die Presse galt i h m das Präventivsystem. Deshalb sollte das Bundespressegesetz i n Zukunft vorbehaltlos angewendet werden. U m die Zensurpraxis i n Deutschland zu vereinheitlichen, schlug er eine gemeinsame Zensurinstruktion und die Einrichtung eines Zensurkollegiums i n allen Bundesstaaten vor 1 7 . Metternichs Plan erhielt sofort die Zustimmung des preußischen Vertreters Graf Alvensleben. Widerspruch dagegen erhob der badische Minister von Reitzenstein, der sich vor allem auf den abweichenden Instanzenweg i n Baden und i n anderen konstitutionellen Staaten berief. Graf Reventlov erhielt schließlich den Auftrag, das Bundespressegesetz zu sichten, zu ergänzen und modifizieren, und i n 13 A r t i k e l n einen Vorschlag vorzulegen. Doch es dauerte volle zwei Monate, ehe die Kommission zur Beratung dieses Entwurfes erneut zusammentreten konnte. Inzwischen tagte i n Bayern der Landtag, vor dem die Regierung die Wiener Verhandlungen streng geheim hielt, um seine Ergebnisse nicht negativ zu beeinflussen 18 . Metternich sicherte daher Wrede zu, die Ergebnisse von Wien würden als Protokolle m i t verbindlicher K r a f t i m geheimen Archiv des Bundes niedergelegt und nicht veröffentlicht 14 Der folgende Abschnitt befaßt sich ausschließlich m i t dem pressepolitischen Aspekt der Wiener Konferenzen. 15 Weech, Korrespondenzen, S. 142 - 46. 16 1105 (Gise an K ö n i g v. 30. Jan. 1834 m i t Beilage "Allgemeine Bemerkungen . . . " v. 31. Jan. 1834); Weech, Korrespondenzen, S. 201 - 204. 17 Metternichs Pläne einer einheitlichen Zensurorganisation i n Deutschland gingen bis i n das Jahr 1818 zurück u n d erhielten erneut A u f t r i e b nach der Julirevolution von 1830. (HHStA Wien S t K D A 147 u n d 148). 18 E i n A n t r a g von zehn Abgeordneten auf Pressefreiheit wurde nicht behandelt (so Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 17).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

werden 1 9 . Doch dieses scheinbare Zugeständnis machte wenig Eindruck auf den König. Denn als die Ständekammern i h m einen seiner sehnlichsten Wünsche, die lebenslange Zivilliste, erfüllten, begann sich bei ihm neue Liebe zum konstitutionellen System zu regen, das alle Schrecken verloren hatte, nachdem die Presse gezähmt war und die Kammern sich willfährig zeigten. Der Bund sollte nach Ludwigs Willen nun wieder i n Grenzen zurückverwiesen werden, die i h m vor der engen Allianz von 1832 gesetzt waren. Doch i n der Außenpolitik ließen sich Bündnisse und Verpflichtungen nicht mit der gleichen Selbstherrlichkeit und W i l l k ü r ändern und umwerfen, wie der König dies i n der Innenpolitik zu praktizieren gewohnt war. Der Sog des Jahres 1832 zog i h n wider Willen nun tiefer i n das System Metternichs, als es seinem Souveränitätsdenken genehm war. Sofort nach der Bewilligung der Zivilliste gab der König zu verstehen, daß er seine Zustimmung nur für einen befristeten Zeitraum erteilen werde und sich die Ratifikation vorbehalte. „ I n bezug auf Öffentlichkeit und Presse soll nichts verlangt werden, was mit der Verfassung i n Widerspruch 2 0 ." So stand Mieg 2 1 , der inzwischen Gise abgelöst hatte, vor der schier unlösbaren Aufgabe, zwischen dem Programm Metternichs und dem königlichen Befehl zur Verfassungstreue einen tragbaren Kompromiß zu erzielen. Konflikte waren unausweichlich, weil es Metternich gerade darum ging, die Positionen von 1832, die der bayerische Monarch nicht nur befürwortet, sondern aus eigener Intitiative sogar angeregt hatte, abzusichern und zu erweitern. Daß der Staatskanzler niemals eine Revision der Bundespolitik i n konstitutionelle Richtung zulassen würde, und daher jede weitere Übereinkunft auf Kosten der Verfassungen i n den Einzelstaaten gehen mußte, w a r auch der bayerischen Regierung bewußt. M i t der Annahme der Einladung hatte sie daher schon stillschweigend Vorleistungen erbracht, hinter die sie i n Wien nicht mehr zurückgehen konnte. Als am 4. A p r i l die Pressekommission sich zu ihrer zweiten Sitzung traf und ihre Entwürfe vorlegte, war Mieg vom Detailcharakter der A r t i k e l sichtlich überrascht. Wegen der unangenehmen Wirkung bei seinen Kollegen wagte er es jedoch nicht, Vorbehalte anzumelden. Stattdessen bat er dringend um eine neue, beschleunigt verfaßte Instruktion, weil man i n Wien schon allgemein auf Beschluß des Kongresses drängte 2 2 . 19

Bibl, Mett.-Wrede, S. 415 ff. (Metternich an Wrede v. 17. März 1834). SAk (Signât ν. 24. März 1834); Bibl, Mett.-Wrede, S. 212 f. 21 ÖGB 2, 572 f. (Kreß an Metternich v. 14. Dez. 1833). Mieg stand den K o n ferenten i n Wien zunächst sehr ablehnend gegenüber u n d erblickte i n ihnen „ein schreiendes Unrecht gegen die Repräsentanten der deutschen Höfe, w e l che für die Bundeszwecke i n F r a n k f u r t versammelt sind". 22 1107 (Mieg an K ö n i g v. 10. A p r i l 1834). 20

V I . Kap. : Die Perfektionierung des Reaktionssystems

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Die vorgeschlagenen 13 A r t i k e l enthielten brisante Bestimmungen, die mit der bayerischen Verfassung nicht i n Übereinstimmung zu bringen waren 2 3 . I n den beiden ersten A r t i k e l n war das Bundespressegesetz i n seiner fortdauernden Wirksamkeit bestätigt und seine Anwendung als verpflichtend eingeschärft. Der A r t i k e l 3 sah genaue Anweisungen zur Zensur vor: Es sollten nur geeignete, sorgfältig ausgewählte Männer das Zensuramt ausüben. Dem A m t war entsprechendes Ansehen und angemessene Dotation zu verleihen, eine unsinnige Bestimmung, wenn man berücksichtigt, daß Ansehen ja nicht staatlich zu verordnen war, sondern gesellschaftlichen Bedingungsfaktoren unterlag. Die Zensur war nach genauen Instruktionen auszuüben und durch eine Oberzensurbehörde zu überwachen. A r t i k e l 4 deklarierte die Verminderung der politischen Tagesblätter zum gemeinsamen pressepolitischen Ziel. Neue politische Blätter seien, so A r t i k e l 5, nur i n Form eines P r i v i legs oder einer Konzession zuzulassen. Wo i n Verfassungsstaaten abweichende Vorschriften bestanden, waren diese auf konstitutionellem Wege abzuändern. Zensurlücken waren zu beseitigen (Art. 6). Bei allen Druckschriften sollte neben dem Namen des Verlegers auch der des Druckers genannt sein (Art. 7). Flugschriften bedurften einer besonderen Genehmigung, wenn sie i n einem anderen Bundesstaat zum Verkauf gelangten. Dies galt auch dann, wenn sie i m Herstellungsland bereits der Zensur unterlagen, A r t . 8). Nach A r t i k e l 9 war durch ein „ I m primatur" der Zensurbehörde lediglich der Drucker von weiterer Verantwortlichkeit frei. Verfasser und Redakteur dagegen konnten strafrechtlicher Verfolgung unterzogen werden. Der Abdruck von landständischen Verhandlungen i n Schriften unter 20 Bogen durfte nur m i t obrigkeitlicher Genehmigung erfolgen (Art. 10). Berichte über die Verhandlungen anderer deutscher Landtage sollten nur aus einem dafür genehmigten offiziösen Blatt des jeweiligen Bundesstaates entnommen werden (Art. 11). Die Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 5. J u l i 1832 wegen deutschsprachiger Zeitungen, die i m Ausland erschienen, schärfte der A r t i k e l 12 ein. Neben einer strengen Vollzugsanweisung schrieb er vor, daß Abonnements auf derartige Blätter nur nach einem von der Regierung genehmigten Verzeichnis von den Postämtern anzunehmen waren. Die Stellungnahme des Königs und seiner Minister auf diese Vorschläge war unmißverständlich 24 . Die Instruktion an Mieg drückte klar aus, daß der Zustand der Presse i n Bayern völlig befriedige und die Landesgesetze ausreichten, so daß jeder Neuerung entgegenzutreten sei. Wenig Freude konnte Metternich die Bemerkung bereiten, das 23 GStA Ges. Wien 1617/8; Text des 1. Entwurfes Metternichs bei Weech, Korrespondenzen, S. 206 - 209. 24 1107 (Ministerrat v. 16. A p r i l 1834); ebd. (Instruktion an Mieg v. 18. A p r i l 1834).

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Provisorische Preßgesetz reiche aus, um der Pressefreiheit die nötigen Schranken zu setzen, „wenn es von den Bundesregierungen mit Nachdruck i n Vollzug gesetzt wird, sowie dies dermalen von der bayerischen Regierung geschieht". Mieg stieß, wie nicht anders zu erwarten, m i t dieser Instruktion auf den heftigsten Widerspruch seiner Kollegen, als die Pressefrage am 30. A p r i l i m Plenum beraten wurde 2 5 . Der Gesandte hatte vorher bereits versucht, eine eigene Redaktion durchzusetzen und dabei nur mäßige Teilerfolge erzielt. I m revidierten Entwurf waren die A r t i k e l 1 - 8 nur geringfügig verändert, die A r t i k e l 9 - 1 1 wurden der Kommission für Ständeangelegenheiten übertragen. Allerdings hatten die Großmächte i m Gegenzug ihren Willen durchgesetzt, aus dem A r t i k e l 5 die salvatorische Klausel, den Verfassungsvorbehalt also zugunsten der Verfassungsstaaten, zu entfernen. Trotz dieser Konzessionen mußte Mieg, der die bayerische Verfassung ohnehin i n großzügigster Manier auslegte, zugestehen, daß der Entwurf unannehmbare A r t i k e l enthalte. Besonders gegen die Verbindlichkeit des Konzessionssystems nach A r t i k e l 5 erhob er Einwände. Sein Hinweis auf die i m Entwurf eines bayerischen Pressegesetzes vorgesehenen Kautionen genügten der Versammlung jedoch nicht. M i t Unterstützung des badischen Vertreters erreichte er lediglich die erneute Aufnahme der salvatorischen Klausel, nach der das Konzessionssystem auf verfassungsmäßigem Weg einzuführen war. Obwohl der Verhandlungserfolg bescheiden war, riet Mieg nun m i t Nachdruck dem König zur Annahme dieser Fassung, weil er bei einem erneuten Widerspruch die Isolierung Bayerns befürchtete. Es ist erstaunlich zu beobachten, wie schnell auch Mieg dem Wiener K l i m a erlegen ist und wie sehr seine Bereitschaft geschwunden war, dem Druck der Großmächte standzuhalten. Der überarbeitete Entwurf, der i n der Sitzung vom 3. Mai vorgelegt wurde, enthielt denn auch wenige Verbesserungen, dafür aber i n einer A r t Ausführungsverordnung zum A r t i k e l 3 eine „Bundeszensurinstruktion", die die rechtlichen Prinzipien des Bundes Verhältnisses nun w i r k lich auf den Kopf stellte 2 6 . Denn sie schrieb m i t Detailbestimmungen den Bürokratien der Einzelstaaten die Zensurpraxis vor, ein für einen Staatenbund undenkbares Verfahren. Metternich kopierte damit allerdings nur die Taktik der konstitutionellen Staaten: Was auf gesetzlichem oder gesetzesgleichem Wege nicht zu erreichen war, sollten Verordnungen bewirken, die bei konsequenter Anwendung des monarchischen Prinzips der ausschließlichen Prärogative der Krone angehörten. Wie immer, wenn Bayern unter starkem außenpolitischen Druck stand, brachen nun auch verstärkt die Spannungen i m Ministerium 25 26

Ebd. (Mieg an K ö n i g v. 1. M a i 1834). Text bei Weech, Korrespondenzen, S. 216 - 18.

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auf 2 7 . Zunächst blieb der König hartnäckig. Nur den verfassungsmäßigen Teilen der Beschlüsse war er bereit zuzustimmen und auch diesen nur für einen Zeitraum von sechs Jahren 2 8 . Weit entgegenkommender zeigte sich inzwischen Gise, der von Miegs flehendem Bericht sichtlich beeindruckt war. So bemühte er sich, durch kleinere, aber rechtserhebliche Textänderungen die Vorlage zu entschärfen, um einem offenen K o n f l i k t aus dem Wege zu gehen 29 . Kritischer fiel die Stellungnahme Lerchenfelds 30 aus, dessen Argumentation Gise weitgehend i n seinen Instruktionsentwurf an Mieg übernahm. Der König jedoch verwarf diese Vorschläge und ließ sich auch von den eindringlichen Warnungen seines Außenministers nicht beeindrucken. Die Instruktion an Mieg 3 1 stellte fest, daß Bayern dem Mißbrauch der Presse ein Ende gemacht habe und dies Metternich und das preußische Kabinett selbst bestätigt hätten. Dieses System werde weiter verfolgt. Änderungen verursachten nur unnötige Unruhe und Aufregung, besonders wenn sich die Stände mit Einzelheiten dieser Gesetze befassen müßten. Daher werde keine Zustimmung zu A r t i k e l n erteilt, „die nur m i t künstlicher Deutung i n Bayern anwendbar würden". Das Provisorische Preßgesetz werde i n Bayern „ w i e bisher" auf weitere sechs Jahre i n Gültigkeit bleiben und auf gleiche Weise gehandhabt werden. Auch ein weiteres Schreiben Gises, i n dem dieser die erheblich m i l dere Fassung der Schlußredaktion betonte, die fakultative Verwendung der Zensurinstruktion hervorhob und eine Zustimmung unter Verfassungsvorbehalt vorschlug 32 , vermochte den König nicht umzustimmen. Erst Wrede, der i n diesen Monaten wieder besonders regen Briefverkehr m i t Metternich pflegte 33 , gelang das Kunststück, den Herrscher zu einer bundeskonformen Haltung zu bewegen 34 . Doch sollte er sich an seinem Erfolg nur kurze Zeit erfreuen. Denn nun trat Wallerstein auf den Plan, der schon i m A p r i l heimlich vom König informiert worden w a r 3 5 und seit Mai sogar Einblick i n die Verhandlungsakten erhalten hatte 3 6 . M i t einem eindrucksvollen Schreiben 37 , das außeror27

Vgl. GStA M A I I 1875 ( M I n n an M Ä u ß v. 19. Febr. 1834). 1107 (Signât ν. 6. M a i 1834 auf A n t r a g M Ä u ß v. 5. M a i 1834). 29 Ebd. (Bemerkungen v. 10. M a i (?)). 30 Ebd., Bemerkungen. 31 1109 (v. 17. M a i 1834). 32 Ebd. (Giese an K ö n i g v. 19. M a i 1834). 33 Vgl. Bibl, Mett.-Wrede, S. 423 ff. (Metternich an Wrede ν. 1. M a i 1834). 34 Ebd., S. 426 (Wrede an Metternich v. 30. M a i 1834); ÖGB 2, 585 f. (Spiegel an Metternich v. 29. M a i 1834). 35 S A k (Signât ν. 24. A p r i l 1834). 36 1109 (nach 19. M a i 1834). 37 Ebd. (Wallerstein an K ö n i g v. 26. M a i 1834); s.a. Dcsacsovszky, Wallerstein, S. 108 ff. 28

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dentlich klug auf die Persönlichkeit des Königs abgestimmt war und die Taktik Metternichs schonungslos offenlegte, gelang es ihm, den Herrscher erneut unsicher zu machen. Daß er seinen Ministerkollegen I n t r i gen vorwarf, schuf allerdings eine Front nicht nur gegen seine politische Haltung, sondern auch gegen seine Person 38 . Außer dem Innenminister erhob niemand i n der Umgebung des Königs seine Stimme gegen die Wiener Verhandlungsergebnisse. Metternich wandte sich m i t Schreiben an den König und seine Minister Wrede und Gise 39 . Auch der Gesandte Spiegel bot alle Diplomatie auf, u m die bayerische Entscheidung zu beeinflussen 40 . Vermutungen und Gerüchte über den Urheber des königlichen Gesinnungswandels gingen um. Während die eigenen Kollegen gerne Wallerstein vorschoben, kam Ancillon der Sache näher, wenn er den wahren Grund i m Charakter des Königs suchte 41 . I n den Chor der besorgten Befürworter der Beschlüsse stimmte auch Mieg ein 4 2 . I n seinem Eifer übernahm er sogar Teile aus der Metternichschen Beweisführung und sah an keiner Stelle mehr Widersprüche zur bayerischen Verfassung. Beschwerden zu fürchten, hielt er angesichts der strengen Geheimhaltung für überflüssig. Gise unterstützte ihn und wies den König darauf hin, daß eine Verwerfung der A r t i k e l über Öffentlichkeit und Presse einer Vernichtung der Kompromißarbeit des Kongresses gleichkam. Wiederum reagierte der König gereizt 43 . Erneut wurden die Ansichten aller Minister eingeholt und ein Beratungstermin anberaumt. Die Meinungsäußerungen jedoch zeigten, daß man sich einmal mehr vor einer Entscheidung drücken wollte und mit Begriff s juris ter ei und schwächlichen Vorbehalten das eigentliche politische Problem überdecken zu können glaubte 44 , ein Irrtum, dem die bayerische Politik seit mehr als 15 Jahren aufsaß. Über die Gegensätze i m Ministerium, die Gegnerschaft der Minister gegen Wallerstein und die Unentschlossenheit des Königs war Metter38 Ob gegen den Innenminister tatsächlich I n t r i g e n seiner Kollegen i m Gange waren, läßt sich nicht schlüssig feststellen. I n den Briefen zwischen Metternich u n d Wrede finden sich vereinzelt Hinweise, die für derartige A k t i v i t ä t e n sprechen. 39 1109 (an Gise v. 25. M a i 1834); ÖGB 2, 585 (an K ö n i g v. 25. M a i 1834); Bibl, Mett.-Wrede, S. 425 f. (an Wrede v. 25. M a i 1834). 40 ÖGB 2, 585 f. (Spiegel an Metternich v. 29. M a i 1834). 41 Ebd. (Trautmansdorff an Metternich v. 31. M a i 1834). 42 1109 (v. 24. M a i 1834 an König). 43 Ebd. (Gise an K ö n i g v. 28. M a i 1834 u n d Signât des Königs v o m 28. Mai): „Ministerrat über Ministerrat mag ich gehalten u n d Beschlüsse gefaßt, I n struktionen geschickt haben, das ist alles so gut w i e nichts, w e n n es Mieg u n d den anderen Herren i n Wien nicht gefällt." I n ähnlichem Sinne ebd. (Signate v. 27., 28. u n d 29. M a i 1834). 44 Ebd. (v. 28. M a i 1834).

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nich durch Wrede gut genug informiert, u m i n Wien „vermittelnd" tätig zu werden. I n München aber kam Wrede das Hauptverdienst zu, den König beim Ministerrat vom 1. Juni zum Einlenken bewegt zu haben 45 . A m 3. Juni erging an Mieg, der inzwischen i n Wien i n fürchterlicher Bedrängnis war 4 6 , die sehnlich erwartete Instruktion, aus der jedoch hervorging, daß der König, was die Presseartikel betraf, sich nicht hatte umstimmen lassen 47 . Zwar betonte L u d w i g I., daß er Opfer gebracht habe und den anderen Staaten weit entgegengekommen sei, an der Verfassung aber sei auch i h m eine Grenze gesetzt. Dementsprechend war Mieg die Beibehaltung des bayerischen Vorbehaltes, des „wie bisher" von 1824, und die befristete Zustimmung auf sechs Jahre aufgetragen. Überdies waren die meisten A r t i k e l entweder Änderungen ihres Wortlauts unterzogen oder m i t dem A r t i k e l 59 verknüpft worden. Damit war freilich der Konflikt nicht gelöst, die Auseinandersetzung um das Verhältnis zwischen Bund und Einzelstaaten erneut nur aufgeschoben, getreu der Devise der bayerischen Politik, unangenehme Diskussionen möglichst zu vermeiden und jede Veränderung abzuwehren. Die Gefahr allerdings, daß das Gespinst Metternichscher D i plomatie für Bayerns Regierungsweisheit fein gesponnen war, zeichnete sich bald ab. Wohl war L u d w i g I. sogar zur direkten Konfrontation entschlossen, wenn man seinen Änderungs- und Vorbehaltswünschen nicht nachgeben sollte 4 8 . Zugleich aber baten der bayerische König und sein Außenminister Metternich um Verständnis. L u d w i g I. zeigte, obgleich er als Schutzherr der Konstitution auftrat, deutlich ein verändertes VerfassungsVerständnis: Er habe die Verfassung zwar nicht beschlossen und auch an ihren Beratungen keinen Anteil, aber nach dem Willen seines Vaters habe er sie beschworen und an diesen Eid fühle er sich gebunden. Wie der Richter an das Gesetz, gleichviel ob er damit einverstanden sei oder nicht, so sei er an diesen Eid und an die Verfassung gebunden 49 . I n Wien atmete man trotz der Vorbehalte des Königs auf. Metternich schlüpfte i n die geliebte Rolle des Vermittlers zwischen den Parteien und diente dabei kräftig den Interessen der Habsburger Monarchie. A m 13. Juni wurde endlich das Schlußprotokoll unterzeichnet. Mieg hatte die Instruktion des Königs nicht wörtlich ausgelegt, aber „ i n ihrer vollen Wesenheit" 5 0 befolgt. Verschiedene Änderungen konnte er 45

Ebd. (Protokoll); Böck, Wrede, S. 191. Ebd. (v. 29. M a i 1834). 47 Ebd. (V. 3. J u n i 1834). 48 I n diesem Falle hatte der Gesandte eine E r k l ä r u n g zu verlesen, nach der die Unterzeichnung n u r für einen T e i l der A r t i k e l Gültigkeit erlangen sollte. Falls man dem nicht zustimmte, sollte er sofort abreisen. 49 ÖGB 2, 586 f., A n m . 2 (König an Metternich v. 4. J u n i 1834). 50 1109 (an K ö n i g v. 13. J u n i 1834). 46

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tatsächlich durchsetzen 51 . Der A r t i k e l 1 über die unbegrenzte Verlängerung des Preßgesetzes fiel völlig weg, w e i l man über die bayerische Forderung nach Befristung auf sechs Jahre keine Einigkeit erzielte. I n der Frage der Oberzensurbehörden war die Entscheidung zugunsten der Verfassungsstaaten getroffen, indem der Verfassungsvorbehalt i n den Text aufgenommen wurde. Auch die Forderung nach Angabe des Druckers fehlte i m Schlußprotokoll. Ansonsten hatte man kleinere redaktionelle Verbesserungen erzielt, einen A r t i k e l an den Bundestag verwiesen 52 , drei A r t i k e l m i t dem A r t i k e l 59 verknüpft 5 3 und die Verbindlichkeit der Zensurinstruktion verhindert, diese aber als Material für weitere Beratungen dem Bundestag übergeben. A m bedeutendsten jedoch schien der Regierung die Tatsache, daß die A r t i k e l 2 6 - 3 6 nur auf sechs Jahre befristet waren 5 4 , ein verfrühter Optimismus allerdings; denn nach Ablauf dieses Zeitraumes erfolgte eine Verlängerung, diesmal aber ohne jede Frist. 50 blieben trotz der Milderung einiger besonders verfänglicher A r t i kel „genug Verpflichtungen übrig, die wortgetreu ausgeführt zur Durchlöcherung beschworener Verfassungen führen mußten" 5 5 . Von der ursprünglichen Konzeption Bayerns zu Beginn der Verhandlungen wichen die Ergebnisse erheblich ab. I n einem Schreiben an den König gesteht Gise 56 selbst das Scheitern der bayerischen Absichten ein. „Bald nach Eröffnung des Congresses bewährte sich, was ehrerbietigst Unterzeichneter schon früher befürchtete, daß es m i t diesem Zusammentritte eigentlich gegen Bayern abgesehen war, welches m i t den Netzen der Bundesgewalt mehr und mehr umstrickt werden sollte." Eine Sprengung des Kongresses, auf die das Reskript vom 3. Juni hinausgelaufen wäre, habe sich Bayern jedoch nicht leisten können, so daß man sich auf Kompromißlösungen habe einigen müssen. I m Interesse Bayerns allerdings konnte dieser „ K o m promiß" von Wien nicht liegen. Denn es waren gemeinsame Richtlinien anerkannt, die auf dem Pressegesetz des Bundes basierten, das Bayern noch bis zum Jahre 1832 nur m i t deutlichem Vorbehalt anerkannt hatte. 51 Die Endfassung der A r t i k e l zur Presse (28 - 32), zur Öffentlichkeit der Ständeverhandlungen (33 - 34) u n d zum Druck gerichtlicher Protokolle (35) bei Huber, Quellen, S. 56 ff.; 1110 (Gise an K ö n i g v. 25. J u n i 1834, Konzept). 52 Frage der Nachzensur von Berichten über Ständeversammlungen anderer Bundesstaaten. 53 A r t . 30, 33 u n d 34. 54 1110 (Gutachten Finks o. D., Konzept, i n dem diese Frist als „unschätzbar" bezeichnet w i r d ) : „Die constitutionellen Regierungen werden den L a u f der Ereignisse gezwungen werden, sich an Bayern anzuschließen, u m die Fesseln des Preßzwanges zu sprengen." 55 Stern, Geschichte Europas 4, 333; Treitschke, Dt. Geschichte 4, 347, spricht bei den Einschränkungen Bayerns gar v o n „Armseligkeiten". 56 1110 (Gise an K ö n i g v. 25. J u n i 1834, Konzept).

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Nun jedoch buchte man es schon als Erfolg, zusätzliche Vereinbarungen abgewehrt zu haben. Immerhin waren über die Zensurpraxis Aussagen getroffen, die die innere Souveränität einengten und eine Diskussion um ein bayerisches Pressegesetz ausschlossen. Das Zensursystem, das noch i m Jahre 1831 von vielen Seiten, nicht nur liberalen Abgeordneten, sondern auch hohen Beamten und sogar Ministern, i n Frage gestellt worden war, schrieben diese Beschlüsse fest, Metternichs Präventivsystem blieb bis 1848 presserechtliche Norm des Deutschen Bundes 57 . Das reaktionäre Potential, das die 60 A r t i k e l enthielten, war gewaltig und nötigte Bayern, seine konstitutionellen Grundlagen noch gründlicher abzubauen, als dies L u d w i g I. aus eigenem Antrieb bereits bewerkstelligt hatte. „Über die repräsentative Verfassungsform war vor allem entschieden der Stab gebrochen . . . Diese ganze Staatsform mußte zu einem Scheinbilde, zu einem Kinderspiel werden 5 8 ." Neben den eigentlichen Pressebestimmungen enthielten die 60 A r t i kel eine Reihe weiterer Einschränkungen, die die Pressepolitik unmittelbar berührten. Die landständischen Rechte wurden erheblich zugunsten des Bundes beschnitten. Die Stände durften weder über die Gültigkeit von Bundesbeschlüssen beraten noch beschließen (Art. 17). Falls die Ständeversammlungen sich gegen eine Durchführung der „Sechs A r t i k e l " sperrten, waren sie aufzulösen (Art. 18). Auch die Gerichte, besondere Sorgenkinder Metternichs, hatten nun, wenn sie sich Kompetenzübergriffe gegen Regierungsverordnungen zuschulden kommen ließen, m i t harten Gegenmaßnahmen der Regierungen zu rechnen (Art. 16). Damit waren Beratungen der Ständekammern über Pressefragen ebenso ausgeschaltet wie der Rechtsweg als letzte konstitutionelle Bastion angeklagter Redakteure. Für die Veröffentlichung von Gerichtsverhandlungen galt die höchst dehnbare Richtschnur einer „nachteilige(n) Einwirkung auf öffentliche Ruhe und Ordnung" (Art. 35). I n A r t i k e l 59 war m i t deutlichem Seitenblick auf Bayern bestimmt, daß bestehende Gesetze und Verfassungen kein Hindernis zur Erfüllung der beschlossenen A r t i k e l darstellten. Vielmehr hatten die betreffenden Regierungen auf Beseitigung dieser Hindernisse hinzuwirken. I n A r t i k e l 60 legitimierte sich die Versammlung, indem sie kurzerhand die Gleichstellung der A r t i k e l m i t förmlichen Bundesbeschlüssen deklarierte, ein Verfahren, das allen Grundsätzen der Rechtmäßigkeit ins Gesicht schlug 59 . 57 Dies bestätigt eine Weisung Metternichs an sämtliche österreichische Gesandtschaften, i n der er das Fortbestehen des Preßgesetzes u n d des Präventivsystems als besonderen Erfolg hervorhebt. (In: H H S t A W i e n S t K D A 38 a v. 22. J u n i 1834.) 58 „Der deutsche B u n d . . . " , i n : „Die Gegenwart" 2/1849, S. 379. 59 Huber, V G 2, 179; interessant die eingehende K r i t i k bei K l ü b e r / W e l cker, Wichtige Urkunden, S. 420 ff.

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

Diese geheimen Vereinbarungen ließen keinen Raum mehr für offene Opposition. Wer nicht bereit war zu schweigen, konnte bestenfalls den Weg i n die Emigration wählen, wenn er zermürbenden Untersuchungen, demütigenden Strafen und jahrelanger Haft entgehen wollte. Auch i n Bayern kehrte, obwohl es i n den Formen des Vollzuges eigene Wege ging, die vielgepriesene „Ruhe und Ordnung" ein. Die Erfahrungen m i t der Vorbehaltspolitik i n Karlsbad hatten die Herrschenden i n Bayern nicht klüger gemacht. Denn alle Fragen, die ausgeklammert oder aufgeschoben worden waren, standen weiter zur Entscheidung an und boten ständigen Konfliktstoff. Wie schnell Vorbehalte umstritten waren, vor allem wenn sie so dezent gefaßt und i n Geheimprotokollen niedergelegt waren, hatte man 1819 und 1824 erleben müssen. Daß Metternich vorzüglich i n seinem Sinne zu deuten verstand, war den bayerischen Politikern und dem König wohlbekannt. Daher war diese Politik nicht nur der eigenen Souveränität gegenüber fahrlässig, sondern auch verantwortungslos unter bundesrechtlichem Aspekt. Bayern hatte nicht nur das indiskutable Verfahren akzeptiert, sondern die Geheimhaltung sogar selbst angeregt und auch der Erklärung zur Gleichstellung m i t Bundesrecht keinen Widerstand entgegengesetzt. Noch härter fällt das Urteil aus, wenn man die 60 A r t i k e l i n ihrer gesamtpolitischen Bedeutung wertet und Bayerns Politik an den gegebenen Alternativen mißt. Wrede spielte i n der Tat, ohne es zu ahnen und das politische Format zu besitzen, eine historische Rolle. Denn er verhinderte, daß die Wiener Konferenzen gesprengt wurden. Damit ersparte er Metternich, der hier zum entscheidenden Schlag gegen die fortschrittliche Verfassungsentwicklung ausholte, eine vernichtende Niederlage, die möglicherweise den Gang der deutschen Geschichte stark verändert hätte. Die Politik Metternichs stand und fiel m i t ihrer einheitlichen und umfassenden Verwirklichung i m Deutschen Bund. Sie konnte keine Ausnahme dulden, besonders keine von der Größe und Bedeutung Bayerns. Bei energischem Widerstand Bayerns wären vermutlich auch andere konstitutionelle Staaten umgeschwenkt, die hegemoniale Bundespolitik der Großmächte wäre zerbrochen und die konstitutionelle Trias i n greifbare Nähe gerückt 60 . Doch die Wiener Wirklichkeit war weniger zukunftsweisend. Als man das „große Werk" mühsam vollendet hatte, wurden salbungsvolle Schlußreden gehalten, der obligatorische Ordenssegen prasselte auf die tüchtige Diplomatenschar hernieder, und Mieg erhielt auf Gises Anregung eine königliche Belobigung. Wrede und Mieg 6 1 setzten nochmals ihre ganze K r a f t für eine schnelle und unveränderte Ratifikation ein. Metternich, der seine Verärgerung 60

Böck, Wrede, S. 191 f.; Weech, Korrespondenzen, S. 279 f.

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über den Teilerfolg nicht verbergen und sein selbstloses Verdienst zur Rettung dieses bedeutenden Unternehmens nicht genug herausstreichen konnte, assistierte m i t Briefen an Wrede und den Außenminister 6 2 . Auch Gise, beglückt darüber, daß die außenpolitischen Gewitterwolken aufgelöst waren, stieß i n das gleiche Horn. A m 1. J u l i unterzeichnete der König die Ratifikationsurkunde 6 3 . Dennoch hinterließen die Konferenzen bei allen Beteiligten einen bitteren Nachgeschmack. Für Bayern war der Widerspruch zwischen Verfassungsnormen und Bundesverpflichtungen i n einem Maße angewachsen, daß nur noch plumper Scheinkonstitutionalismus die innerstaatliche Reaktion notdürftig verdecken konnte. Österreich und Preußen aber äußerten sich unzufrieden, weil sie ihr eigentliches Ziel, Bayern auch den Schein eines Verfassungsstaates zu rauben, nicht erreicht hatten 6 4 . Alle wichtigen öffentlichkeitsfeindlichen Beschlüsse des Bundestages kamen nach 1832 aber auch i n Bayern zur Anwendung. Daß die Durchführung m i t eigenen M i t t e l n und nach den Landesgesetzen erfolgte, änderte nichts am Ergebnis des Prozesses. Bayern wurde voll i n das Metternichsche Reaktionssystem integriert, nicht wider Willen, sondern aus freier Entscheidung seines Königs. Die Distanzierung, die L u d w i g I. nach den Wiener Konferenzen von 1834 unternahm, um die Reste seiner bedrohten fürstlichen Souveränität zu retten, waren nicht erfolgreich, weil die Verklammerung Bayerns m i t der Reaktion i m Deutschen Bund bereits zu eng war. Seit 1832 gab es i n der Pressepolitik keine selbständige Position eines deutschen Einzelstaates mehr. Jeder weitere Beschluß höhlte die Verfassung Bayerns mehr aus. Hinter der Fassade verbaler Verfassungsmäßigkeit bildete sich ein Scheinkonstitutionalismus aus, dessen Unehrlichkeit und Doppelzüngigkeit dem Ansehen der Monarchie ebenso Schaden zufügte wie er den friedlichen Ausgleich zwischen Staat und Gesellschaft versperrte. Bayern erreichte die A n passung an das Bundessystem auf Kosten seiner inneren konstitutionellen Entwicklung, es bezahlte seine Bundestreue m i t dem zunehmenden Verlust seines Charakters als Verfassungsstaat. Es fügte sich bereitw i l l i g allen Einschränkungen der bürgerlichen Öffentlichkeit, es unterdrückte die liberale Presse m i t gleicher Perfektion wie die absolutistischen Großmächte, ohne Rücksicht auf den Grundsatz der Pressefreiheit, dessen Beachtung die Verfassung gebot 65 . Die Jahre nach 1832 lie61

H H S t A Wien S t K D A 38 a (Mieg an Metternich v. 1. J u l i 1834); ÖGB 2, 588. 62 H H S t A Wien S t K D A 38 a (Metternich an Wrede v. 16. J u n i 1834); Bibl, Mett.-Wrede, S. 429. 63 1110; ÖGB 2, 587 f. u. A n m . 64 H H S t A Wien S t K D A 38 a (Trautmansdorff an Metternich v. 23. J u n i 1834 berichtet über die Verärgerung Ancillons). 16 Tremi

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fern reichlich Beweise für die Ausformung eines neoabsolutistischen Systems i n Bayern, dessen bewegende Kraft der König und dessen zuverlässigste Stütze die Bürokratie war. Königliche Autokratie und bürokratische W i l l k ü r sprechen nur zu deutlich aus der Reihe der pressepolitischen Verordnungen und Weisungen, die der bayerischen Presse ein hartes Schicksal bescherten. I I . Bayerns Presse unter dem Druck innerer und äußerer Reaktionspolitik (1832 - 37) Nur eine sehr oberflächliche Betrachtung der bayerischen Verfassungswirklichkeit kann zu dem Schluß verführen, die von Metternich inspirierte Politik des Bundes seit 1832 sei i n Bayern ohne Folgen geblieben 6 6 . Form und äußerer Schein einer konstitutionellen Regierung blieben i n Bayern zwar aufrechterhalten, i n der täglichen Verwaltungspraxis jedoch vollzog sich stillschweigend die Aushöhlung und stufenweise Aufhebung der Verfassung. So gilt es wiederum, wie nach den Karlsbader Beschlüssen, die unmittelbaren Wirkungen auf die Presse zu untersuchen, einzelne Maßnahmen der Regierung und der Bürokratie zu durchleuchten, um damit das reaktionäre politische K l i m a auf der Ebene seiner konkreten Umsetzung zu erfassen. 1. Die Folgen der Märzbeschlüsse

A u f die Märzbeschlüsse folgten schwere Monate für die bayerische Journalistik. Aber auch Beamte und Richter, die i n ihren Anordnungen und Urteilen nicht die geforderte Linientreue an den Tag legten, spürten die Folgen der Reaktion am eigenen Leib. Das A m t des Zensors entwickelte sich mehr und mehr zum Strafposten; denn der Zensor stand bald vor der Wahl, sich entweder der Zufriedenheit seiner Vorgesetzten zu versichern und dafür die gesellschaftliche Ächtung i n Kauf zu nehmen oder bei großzügigerer Einstellung m i t Verweisen und Geldbußen überhäuft zu werden. I n die bayerische Verwaltung drang ein Gesinnungsterror ein, wie er auch nach 1819 nicht schlimmer war. Die große Zeit der Schnüffler und Denunzianten brach an. Versetzungen, Pensionierungen und dauernder politischer Druck führten besonders i m Rheinkreis zu einer grundlegenden Umgestaltung des Beamtenapparates. M i t sehr subtilen M i t t e l n hielt man neueingesetzte Beamte bei der Stange. Man kürzte ihre Anfangsbezüge und stellte ihnen volle Besoldung erst dann i n Aussicht, wenn sie sich einige Zeit i m Sinne der 85

Dazu ausführlich Kap. V I I . So Böck, Wrede, S. 176; ähnlich Bayrle, Presse, S. 77 ff.; anders schon Franz, Verfassungskämpfe, S. 233, der betont, daß durch die Teplitzer K o n ferenzen von 1834 „der Presse das Todesurteil" gesprochen wurde. 66

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Regierung bewährt hatten 6 7 . Den Weg zur Disziplinierung der „unabhängigen" Gerichtsbarkeit i m Rheinkreis wies der Justizminister zu Rhein, der schon als Regierungspräsident größtes Geschick i m gezielten Einsatz von Verwaltungsschikanen bewiesen hatte. M i t den M i t t e l n einer anpassungsfähigen Zweckjurisprudenz wohl vertraut, sah er i m Rahmen der Verfassung genug Möglichkeiten, u m Entscheidungen bei Presseprozessen i n die gewünschte Richtung zu lenken 6 8 . Dies erschien als dringende Notwendigkeit, nachdem die Zweibrückener Anklagekammer kurz vorher W i r t h freigesprochen hatte, weil sie i n keinem seiner A r t i k e l eine direkte Aufreizung oder den Vorschlag zur Verschwörung gegen die Staatsregierung gegeben sah 69 . Daher gedachte das Justizministerium i n Zukunft sein Oberaufsichtsrecht voll auszuschöpfen, u m derartige, auch außenpolitisch peinliche Freisprüche zu verhindern. Z u diesem Zwecke hatten die Gerichte alle A k t e n i n politischen Strafsachen an das Ministerium einzusenden, die Appellationsgerichte mußten ein monatliches Verzeichnis ihrer Verhandlungen abliefern, u m Verzögerungen und Verschleppung von Verfahren auszuschließen. Dieses Material bot zugleich die Grundlage, um die Gesinnung der Richter kennenzulernen, und lieferte eine Sammlung von Presseurteilen. Bei Verstößen gegen geltende Gesetze waren Pensionierungen, Versetzungen und schärfere dienstrechtliche M i t t e l anzuwenden. Vorläufig wollte das Ministerium nur die Vorstände der Gerichte m i t Männern von erprobter Gesinnung besetzen, später sollten besonders tüchtige Richter befördert und ausgezeichnet, unliebsame dagegen entfernt werden, u m das Gerichtswesen endgültig zu reinigen. Gegenüber der liberalen Presse war man noch rigoroser. Die Hauptopponenten der Regierung und des Bundes, W i r t h 7 0 und Siebenpfeiffer 7 1 , waren schon i m März ausgeschaltet worden, so daß Wallerstein i m M a i dem Außenminister versichern konnte, keiner der beiden Redakteure gebe i n Bayern mehr ein Blatt heraus. Gegen die übrigen liberalen Organe, die überwiegend i n den größeren Städten Neubayerns angesiedelt waren, vor allem i n den beiden großen Zeitungsstädten Augsburg und Würzburg, setzte die Regierung ein vielfältiges I n strumentarium der Repression ein. 87

M i l l e r , Ereignisse, S. 105 f. GStA M A 99503 (Vortrag zu Rheins v. 19. M a i 1832); Baumann, A p p e l lationsgericht, S. 23 ff. 69 Bauer, Geschichte der rev. Bewegungen 2, 201. 70 Der letzte A r t i k e l der „Deutschen Tribüne" erschien am 20. März aus der Feder des Redakteurs Fein (so Koszyk, Deutsche Presse 2, 76 ff.). 71 I m Laufe des Jahres 1832 erschienen unter der Leitung Siebenpfeiffers noch die Zeitschriften „Deutschland" u n d „Der Hausfreund", die ebenfalls zu Diskussionen am Bunde führten (vgl. GStA M A I I 1874 u n d 1887; H S t A M I n n 45 298). 68

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Die konkreten Folgen der zahlreichen Verwaltungsverordnungen waren für die Presse gravierend: Die verschärfte Zensur und die Ausdehnung des zensiblen Bereiches äußerer Politik versperrte den Zeitungen alle interessanten Stoffe deutscher und europäischer Politik und drückte die Abonnentenzahlen. Die Großmächte beaufsichtigten argwöhnisch jede Äußerung der bayerischen Presse und prüften sie auf eine Überschreitung der vom Bunde gezogenen Grenzen. Diese Rücksichtnahme nötigte Gise zu harten Forderungen an Wallerstein, der sich auch unter den direkten Befehlen des Königs, zu beugen hatte und seinerseits die Regierungspräsidenten für strengen Vollzug verantwortlich machte. Diese wieder griffen bei Beschwerden auf die Zensurbeamten zurück, die unter der Last dieser drückenden Hierarchie bald durch Übereifer jeden Anstoß zu vermeiden bedacht waren. Nach der „Deutschen Tribüne" und dem „Westboten" bekam als erste die „Augsburger Allgemeine Zeitung" den politischen Wettersturz zu spüren, vor allem als der ehemalige Burschenschaftler Gustav Kolb i n der Redaktion an Bedeutung gewann. Die Zensur für die Zeitung wurde verschärft. Zugleich holte die bayerische Regierung wieder österreichische Unterstüzung ein, die auch bereitwillig gewährt wurde. Die Androhung eines Verbotes i n der Habsburger Monarchie zeigte wie schon früher mehrmals ihre Wirkung 7 2 . Auch Eisenmann kämpfte mit seinem „Volksblatt" einen aussichtslosen Kampf gegen die Übermacht der Bürokratie, die Anfeindungen Metternichs und den reaktionären Willen des Königs, der noch vor seiner Abreise von Schönburg gegen das liberale Blatt scharf gemacht wurde 7 3 und selbst von Italien aus den Innenminister zu strengster Zensur ermahnte 7 4 . Die deutschen Themen, um die Eisenmanns politisches Denken kreiste, waren bald durch den harten Zensurdruck tabuisiert. Als politisch und damit der Zensur unterworfen galten seit Ende März alle Artikel, die auch nur i m entferntesten eine Beziehung zu den beiden deutschen Großmächten oder dem Bund vermuten ließen 75 . Eindrucksvoll klagt Eisenmann selbst die Zensurschikanen i n seiner Flugschrift „Berufung des Dr. Eisenmann an die öffentliche Meinung . . . " an, i n der er nach bewährtem Verfahren mehrere gestrichene A r t i k e l dem Urteil der Öffentlichkeit übergab 76 . 72

GStA M A 25009 ( M I n n an M Ä u ß v. 9. A p r i l 1832); ebd. (Münch an Wrede (?) v. 3. M a i 1832); ÖGB 2, 452, A n m . 1; vgl. dazu auch Schlesier, Schriften Gentz, Bd. 5, S. 211-21. 73 ÖGB 2, 437 (Schönburg an Metternich v. 26. März 1832). 74 S A k (Signât ν. 27. A p r i l 1832). 75 Verschiedene Belege dazu i n H S t A M I n n 45268; s. a. Hof mann, Eisenmann, S. 27 f.; Borngässer, Eisenmann, passim. 76 GStA M A I I 1887 (Stengel an M I n n v. 24. M a i 1832, Beilage).

V I . Kap. : Die Perfektionierung des Reaktionssystems

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Einer der beanstandeten Aufsätze beschäftigt sich i n ausgewogener Form mit den Konsequenzen, die der Zollverein i n wirtschaftlicher und politischer Hinsicht erwarten ließ, ein Thema, das alle Liberalen zutiefst bewegte und i n seinen Folgen alles andere als außenpolitischer Natur war. Ein zweiter Aufsatz, „Unser Glaubensbekenntnis", der Gedanken über die staatliche Ordnung Deutschlands formulierte, lehnte die staatenbündische Verfassung und die hegemoniale Herrschaft der Großmächte ab und empfahl einen Bundesstaat m i t monarchischer Spitze. Auch dies war ein Problem der Alltagsdiskussion. Den Einheitsgedanken als Außenpolitik einzustufen und seine Erörterung durch Zensur zu unterbinden, war barer Unsinn und darüberhinaus unredlich. Denn gerade die Politik des Bundes schuf eine reaktionäre Einheit unter dem monarchischen Prinzip, die der deutschen Frage i n der öffentlichen Meinung Auftrieb verlieh. I n scharfer Form stellte Eisenmann diesen Zusammenhang i n einem dritten, ebenfalls gestrichenen A r t i k e l „Teutschlands nächste Zukunft" dar, i n dem er am Beispiel des badischen Pressegesetzes die Unausweichlichkeit eines Entscheidungskampfes zwischen der absolutistischen Koalition i m Bunde und dem süddeutschen Liberalismus prophezeite. Daß auch der schmale Bereich der inneren Politik arg beschnitten wurde, demonstrierte Eisenmann an zwei Artikeln, die der Beschlagnahme verfallen waren: I n satirischer Verkleidung wandte sich der eine gegen die Einschränkung der Pressefreiheit, der andere setzte sich m i t einer polemischen Behauptung der Staatszeitung auseinander. Z u den direkten Zensur- und Beschlagnahmeakten trat eine Reihe gravierender Verwaltungsschikanen, die den Zeitungen das Leben erschwerten und ihr Erscheinen häufig verzögerten. So war dem Drucker des „Volksblattes" unter Strafandrohung verboten, ein Blatt auszugeben, ehe der Stadtkommissar Einsicht genommen hatte. Das Verfahren der Einlieferung, Überprüfung und Rückgabe dauerte nicht selten drei Stunden, so daß die Auslieferung der Zeitung durch die Post nicht mehr möglich war. Die Kombination aller dieser Maßregeln war durchaus geeignet, den Charakter eines politischen Blattes zu verändern und ihm seine Publikumswirkung zu nehmen. Ähnlichen Pressionen waren alle anderen liberalen Organe ausgesetzt 77 . Unter den Beschüß des Bundes geriet auch der Rechtsreferendar Widmann m i t seinem „Volkstribun", als er i n einem A r t i k e l mit dem Titel „Das Märzveilchen" die Schale seines Spottes über die Gesandtenversammlung ausgoß 78 und eine Philippika gegen die Verhaftung Wirths r i t t 7 9 . Gise machte, als er die Beschwerde Spiegels wegen dieser A r t i k e l an den Innenminister wei77 78 79

Einzelbelege i n GStA M A I I 1874 u n d M A 1931. Nr. 14 v. A p r i l 1832. Zit. nach Franz, Verfassungskämpfe, S. 222 f. (Nr. 13. v. 31. März 1832).

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2. T e i l : Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

tergab, deutlich, wie notwendig i h m die Unterdrückung aller Publizistik über den Bund und die Großmächte erschien, um weiteren Zwangsmaßnahmen wie der vom 2. März vorzubeugen 80 . Österreich war m i t den strengen Anordnungen, die Wallerstein schon vorher erlassen hatte, noch längst nicht Genüge getan. Widmann mußte ohnehin seit Ende März jede Nummer seiner Zeitung dem Zensor vorlegen, gleichgültig ob er über äußere oder innere Politik schrieb. I m Falle einer Übertretung stand i h m die fortgesetzte Beschlagnahme — dasselbe fragwürdige Verfahren wie bei der „Tribüne" und dem „Westboten" — bevor. Zudem überprüfte man die fertige Zeitung i m Postamt nochmals nach abgedruckten zensierten Stellen 8 1 . Daß dennoch so heftige Angriffe i m „Volkstribun" erscheinen konnten, läßt sich nur m i t der Nachlässigkeit oder der geheimen Sympathie der zuständigen Zensurbeamten erklären. I n die Mühlen der bundespolitischen Reaktion geriet auch „Die Zeit", die kurzlebige, aber qualitativ hochstehende Zeitschrift des jungen Privatdozenten Heinrich K u r z 8 2 . Konstitution und Gesetz, Freiheit, Deutschland lauteten die politischen Schlagworte, unter denen Kurz seinen publizistischen Kampf von Augsburg aus führte. Seinen politischen Standpunkt bekannte er offen und ohne Furcht vor Repressalien 83 . Besonders deutlich war die Kommentierung der Bundespolitik. Seine heftigsten Angriffe richtete er gegen die Märzbeschlüsse. Einer seiner A r t i k e l gipfelte i n der kompromißlosen Forderung, die ohne Umschweife die Notwendigkeit einer Entscheidung zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht aussprach: „Eines i n Bayern muß fallen, der Bundesbeschluß oder die Verfassung 84 ." I n den wenigen Monaten ihres Erscheinens — von A p r i l bis September 1832 — stellte sich die „Zeit" vorbehaltlos i n den Dienst des Kampfes um die Pressefreiheit und erregte damit bald auch Aufsehen bei der österreichischen Gesandtschaft, zumal sich die Zeitschrift auch m i t Interna der österreichischen Politik befaßte 85 . M i t scharfem analytischen Blick ging Kurz als überzeugter Liberaler auch den gesellschaftlichen und politischen H i n tergründen nach, denen die reaktionäre Pressepolitik i n Deutschland zu verdanken war. „Die sich immer kräftiger entwickelnde Preßfreiheit, die immer reger werdende Teilnahme des Volkes an seinen Angelegenheiten hat die 80

GStA M A 1931 (MÄuß an M I n n v. 12. A p r i l Ebd. ( M I n n an M Ä u ß v. 15. A p r i l 1832, m i t kommissariat Würzburg v. 30. März u n d 5. A p r i l 82 W. Haacke, Die politische Zeitschrift, S. Presse, S. 239 ff. 83 Haacke, Die politische Zeitschrift, S. 46. 84 Lauerer, Augsburger Presse, S. 240. 85 Beispiele i n GStA M A I I 1874. 81

1832). Beilage: Weisungen an Stadt1832). 156 ff.; Lauerer, Augsburger

V I . Kap. : Die Perfektionierung des Reaktionssystems

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Aristokratie Deutschlands aus ihrem Schlafe geweckt. Sie kann es nicht dulden, daß die Wahrheit siege — ihre Privilegien wären ja sonst gefährdet; sie kann es nicht zugeben, daß Gerechtigkeit herrsche, — ihrem Dasein würde dadurch ja der Todesstoß beigebracht werden. Daher muß mit Kraft gegen die Freiheit zu Felde gezogen, dieselbe m i t Bajonetten und Kanonen zu Paaren getrieben werden 8 0 ." Wo er die eigentlichen Drahtzieher vermutete, sprach er wenig später i n einem, von Zensurstrichen schwer verstümmelten A r t i k e l „Der Haß gegen Österreich" aus, der die österreichische Aristokratie und das Pfaffentum als die wahren Zentren der geistigen Unterdrückung i n Deutschland anklagte 8 7 . Eine geharnischte Beschwerde des österreichischen Gesandten 8 8 brachte der Zeitschrift nun schärfste Aufsicht ein. I n der Druckerei selbst wurden Zensur und Beschlagnahme vorgenommen, so daß Kurz kaum mehr Anstoß erregen konnte 8 9 . Die „Kurze Übersicht", die Wallerstein Ende Mai vorlegte, nahm sich bereits recht stattlich aus 90 und verweist die Behauptung von der m i l den Behandlung der Presse i n den Bereich der historischen Legende. Für die äußere Politik erfüllte die Zensurinstruktion vom 16. März v o l l die Anforderungen des Bundespressegesetzes. Von der ergänzenden Verordnung, nach der auch gemischte Blätter ganz der Zensur unterlagen 91 , ging zusätzlich „eine gedeihliche Wirkung" aus. Zwei nachlässige Stadtkommissare hatten ihre Versetzung erhalten. Außerdem war eine Einrichtung getroffen, „alle erscheinenden Blätter durch ein geeignetes Individuum revidieren, und jeden etwa von der Zensur übersehenen A r t i k e l bezeichnen zu lassen, damit alsbald eingeschritten werden könne". Gegen innenpolitische A r t i k e l verfuhr man nicht weniger scharf, wie 142 Beschlagnahmeverfügungen innerhalb von vier Wochen belegen. I n den meisten dieser Fälle wurde zudem ein Strafverfahren eingeleitet. Widerstandswillige Redakteure i n einer Prozeßlawine zu ersticken, war überhaupt eine bevorzugte Methode, die i n Kombination mit der „Reinigung" der Gerichte der liberalen Presse das Lebenslicht ausblies. W i r t h befand sich, nachdem der Zweibrückener Gerichtshof i h n freigesprochen und das Landshuter Gericht i h n wegen eines anderen Deliktes zu sechs Wochen Festungshaft verurteilt hatte, erneut unter der Anklage des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung und der Aufforderung zum Sturz der bestehenden Ordnung. Widmann und Kurz saßen i n Untersuchungshaft. Eisenmann, dessen 86 GStA M A 1932 (Spiegel an Gise v. 15. M a i 1832, Beilage, Nr. 35 v. 7. M a i 1832). 87 Ebd. (Nr. 38 v. 10. M a i 1832). 88 Ebd. (MÄuß an M I n n v. 12. M a i 1832). 89 GStA M A I I 1874 ( M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 26. M a i 1832). 90 GStA M A I I 1632. 91 Vgl. Kap. V / I I , 5.

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Blatt schon über ein D r i t t e l seiner Abonnenten verloren hatte, wartete ebenfalls auf seinen Prozeß. Gegen mehrere Buchhandlungen und Druckereien lief ein Verfahren zum Entzug der Konzession oder stand kurz bevor 9 2 . Dieses Instrumentarium der Repression war ohne Zweifel ausreichend, um die Publizistik zu entpolitisieren. 2. Das Schicksal der bayerischen Presse nach dem Hambacher Fest

Die kräftigen Ansätze zu repressiver Pressepolitik, die seit den Märzbeschlüssen spürbar waren, wurden nach dem Hambacher Fest entschieden verstärkt und ausgeweitet. Wallerstein ging, vom König angetrieben und unablässig gemahnt, weit über sein ursprüngliches Programm einer gemäßigten und gesetzesorientierten Pressepolitik hinaus. Die Grenze der berechtigten Staatsschutzinteressen war bald überschritten, wenngleich der Innenminister jeder seiner Maßnahmen den Schein der Legalität zu verleihen verstand. Doch alle Interpretationskünste und Begriffsumdeutungen vermochten nicht über den W i l l k ü r charakter des Zensurregiments hinwegzutäuschen, das den Geist eines Despotismus atmete, den man längst i n der Vergangenheit versunken glaubte. Die Versicherungen der bayerischen Regierung, die Presse ihres Landes sei gezügelt 93 , waren bald keine Beruhigungspillen für aufgebrachte Gesandte mehr, sondern gaben die wirkliche Lage korrekt wieder. I m Bemühen, m i t fortlaufenden Erfolgsmeldungen Bundestreue zu demonstrieren, überboten sich die Minister gegenseitig 94 , so daß sie sogar Lob aus österreichischem Munde erfuhren 9 5 . Seit dem Juni 1832 hagelte es Verfügungen und Weisungen übelster A r t auf die bayerische Presse. Wallersteins Verfahren, ohne grundsätzliche Instruktionen i n einer Vielzahl von Einzelentscheidungen wohldosierte und beliebig austauschbare „Generalien" zu erlassen, war heimtückisch, weil es die Publizisten über ihre wirklichen Rechte und Pflichten i m unklaren ließ, und widersprach damit zutiefst den rechtsstaatlichen Forderungen der Liberalen. Die flankierenden Maßnahmen der „Epuration" der Gerichtshöfe und Verwaltungsbehörden zeigte erste Wirkungen. Bis i n die letzten Winkel durchstöberte man die Verwaltungsverordnungen nach einschränkenden Möglichkeiten. So wußte Wallerstein die Bestimmungen der Botenordnung der neuen 92 Vgl. dazu Κ . H. Schuler / F. Kastner, Der Zweibrücker Drucker G. Ritter, Bibliographie der Ritter-Drucke, Speyer 1957. 93 ÖGB 2, 439 ff. (Schönburg an Metternich v. 20. Okt. 1832) u n d 470 (Weißenberg an Metternich v. 21. J u l i 1832). 94 GStA M A I I 1874 (Gise an Lerchenfeld v. 27. J u l i u n d 21. Sept. 1832); vgl. auch die Übersichtslisten i n GStA M A I I 1874/1875. 95 ÖGB 2, 487 (Weißenberg an Metternich v. 19. Sept. 1833).

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politischen Tendenz anzupassen 06 . M i t der Anwendung napoleonischer Dekrete beschwor man den Geist des französischen Diktators herauf, dessen Herrschaft man einst um der deutschen Freiheit willen bekämpft hatte 9 7 . Konfiskationen ganzer Zeitungsnummern waren an der Tagesordnung — zwischen Mai und J u l i wurden allein 50 periodische Schriften beschlagnahmt 98 , die Zahl der unperiodischen lag wesentlich höher —, allzu zaghafte Zensoren wurden gerügt, bestraft oder versetzt, landfremde Journalisten ausgewiesen 99 . Bald setzte auch eine Welle von Prozessen ein, die, wie i m Falle Eisenmanns oder Behrs, mit dem entwürdigenden Verfahren der Abbitte vor dem Bilde des Königs und unglaublich harten Urteilen endeten. I m Herbst des Jahres 1832 begann daher das große Sterben i m liberalen Blätterwald Bayerns. Die Reaktion wütete i n Bayern so gründlich, daß für die Mehrzahl der engagierten liberalen Publizisten Emigration oder Gefängnis zur Alternative wurden. Die Zensurpraxis veränderte eine Reihe von SpezialVerordnungen zum Teil gravierend, eine Tatsache, die weder den zeitgenössischen Lehrbüchern des Verwaltungsrechts noch den einschlägigen Verordnungensammlungen zu entnehmen ist, weil viele dieser Regierungsweisungen nur verwaltungsintern verwendet wurden. Typisch für dieses Verfahren war ein Reskript an die Regierung des Oberdonaukreises 100 , nach dem alle A r t i k e l streng zensiert werden sollten, die Prinzipien aufstellten, welche das Interesse aller Staaten berührten. Gemeint war damit i m Klartext, daß ein anderes als das monarchische Prinzip weder wohlwollend behandelt noch gar befürwortet werden durfte, unabhängig davon, m i t welchem Land sich der jeweilige A r t i k e l befaßte. Nicht weniger fragwürdig war eine Verordnung 1 0 1 , die Redakteure dazu verpflichtete, bei gemischten Blättern das gesamte Manuskript der Zensur vorzulegen, da „nicht i h m (erg. dem Redakteur) allein die Befugnis zustehen (kann), ob und inwieferne ein A r t i k e l bloß die innere Politik berühre". Da aber nach demselben Reskript „alles nicht ausschließlich die inneren Angelegenheiten des bayerischen Staats berührende" zur Außenpolitik zählte, blieb kaum ein Thema von poli96

GStA M A I I 1899 ( M I n n an Kreisregierungen v. 5. Nov. 1832). GStA M A I I 1878 ( M I n n an M Ä u ß v. 20. J u l i 1832). 98 GStA M A I I 1874 ( M I n n an M Ä u ß v. 10. J u l i 1832). 99 Bei Coremans bediente man sich eines besonders schäbigen Tricks. M a n erklärte seine Einbürgerung aus dem Jahre 1826 rückwirkend wegen eines angeblichen Formfehlers für u n w i r k s a m u n d konnte i h n so nach einjährigem Gefängnisaufenthalt i m Oktober 1833 nach Baden abschieben (so Koeppen, Arbeiter- u n d Gesellenbewegung, S. 27; vgl. auch Franz, Verfassungskämpfe, S. 219 ff. u n d 241 ff.). 100 GStA M A I I 1874 ( M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 17. J u n i 1832). 101 Ebd. ( M I n n an Reg. Untermainkreis v. 27. J u n i 1832); Döllinger, Slg. 3, 1498. 97

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tischer Aktualität und allgemeinem Interesse, das den Redakteur nicht i n die Gefahr einer Grenzüberschreitung und damit der dauernden Zensurüberwachung brachte 102 . Um definitorische Kunstgriffe war die bayerische Regierung nicht verlegen. Den Begriff der „Periodizität" dehnte sie, wie die Ablehnung einer Beschwerde Widmanns ergab 1 0 3 , auch auf Hefte aus, die i n loser Folge und ohne festen Zeitabstand erschienen. Die semantische Unlogik dieser Argumentation fiel zwar ins Auge, hinderte aber die Bürokratie nicht daran auch unperiodische Nachfolgeorgane periodischer Schriften der Zensur zu unterstellen. Doppelte Zensur ordnete eine Verfügung an 1 0 4 , nach der der Zensor unabhängig von der angegebenen Quelle nur nach eigener Überzeugung zu urteilen hatte und daher auch A r t i k e l aus bereits zensierten Blättern durchaus streichen durfte. Diese Anordnung war besonders unglücklich, nicht nur für die Presse, sondern auch für die Regierung, weil sie die Widersprüche und Willkürlichkeit des Zensursystems offenkundig machte. Neben diesen Generalien standen häufig Entscheidungen, die auf Einzelfälle zugeschnitten waren. Nach königlichem Wunsch 1 0 5 sollte etwa eine Erörterung der „Sechs A r t i k e l " i n der Presse unterbunden werden. Da ein offenes Verbot nach der Verfassung unmöglich war, legte man i n einem gesonderten Schreiben zunächst den Regierungspräsidenten die prekäre Lage Bayerns dar, wenn über diese Bundesbeschlüsse kritische A r t i k e l erschienen 106 . Der Wunsch der Regierung, dieses Thema ganz aus den Zeitungen zu zensieren, war nicht nur zwischen den Zeilen zu lesen. I n der offiziellen Anordnung, die wenige Tage später erging, reichte es aus, nur zu äußerster Strenge anzuhalten, nachdem die wirkliche Absicht bereits an den Mann gebracht war. Aus der Zahl der weniger schwerwiegenden, aber keineswegs bedeutungslosen Zensurschikanen seien einige Beispiele herausgegriffen. Die Polizei erschien nun i n den Druckereien selbst, um dort sofort die Beschlagnahme zu vollziehen und Blätter zurückzuhalten, denen die obrigkeitliche Genehmigung i n irgendeiner Form fehlte 1 0 7 . Die Zensoren wurden verpflichtet, den Redakteur auf A r t i k e l aufmerksam zu machen, die Unruhe veranlassen konnten oder gesetzliche Vorschriften überschritten, und hatten, „falls dieser ihren Rat nicht befolgte, die Polizei rechtzeitig zu verständigen, damit diese mit Beschlagnahme einschreiten konnte" 1 0 8 . Bei gestrichenen A r t i k e l n mußten die Zensur102 GStA M A I I 1874 ( M I n n an M Ä u ß v. 10. J u l i 1832; M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 26. M a i 1832). 103 Ebd. ( M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 18. J u n i 1832). 104 Ebd. ( M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 19. J u l i 1832). 105 S A k (Signât ν. 2. August 1832). 106 H S t A M I n n 45582 (Entwurf 4.-7. August 1832; M I n n an Regierungspräsidenten v. 8. August 1832; M I n n an Kreisregierungen v. 11. August 1832). 107 GStA M A I I 1874 (VO v. 27. J u n i 1832).

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stellen ausdrücklich darauf achten, daß auch die Titel wegfielen, weil sie oft den Zweck der Zensur zunichte machten, wenn sie stehen blieben 1 0 9 . Dieses reichhaltige Instrumentarium repressiver Pressepolitik genügte, um die oppositionelle Presse i n den Zentren des Liberalismus unter die Kontrolle der Regierung zu bringen. Die fränkische Opposition, die sich vor allem i n Würzburg gesammelt hatte war durch die Verhaftung ihrer Führung gelähmt. Die A A Z ließ man nach altbewährtem Verfahren durch eine bestellte österreichische Drohung einschüchtern 110 . Gegen den zweiten Mann i n der Redaktion, G. E. Kolb, waren die österreichischen Einwände so heftig 1 1 1 , daß dieser 1833 um ein Haar seinen Posten verloren hätte 1 1 2 . Besonders unerträglich wurde der Zensurdruck i m Juni und J u l i 1832, den Monaten der Reaktionsbeschlüsse. A n Heine, der bis zum Herbst des Jahres der Zeitung als Korrespondent Berichte aus Frankreich lieferte, schrieb Kolb i m September 1832: „Bei uns steht es schlecht, so schlecht, daß ich kein Wort über die Misere verlieren mag 1 1 3 ." So w a r schon i m Herbst der Rheinkreis das einzige Widerstandszent r u m i n Bayern, auf das sich die besondere Aufmerksamkeit des Bundes und der Regierung richtete 1 1 4 . Den Geist der Pfalz unter Kuratel zu bekommen, war für die bayerische Regierung dadurch erschwert, daß der Liberalismus auch i n die Beamtenschaft eingedrungen war und folglich auch viele Zensoren zu milder, nachsichtiger Amtsführung neigten. Daher zog man von München aus die Schrauben der Zensur enger, verlangte „rücksichtslose Strenge", ordnete nachdrückliche Maßregeln gegen säumige Zensoren und energische Tätigkeit der Behörden an 1 1 5 , um die sich häufenden Beschwerden des Bundes zu befriedigen und einem erneuten Bundesbeschluß zuvorzukommen. I m Mittelpunkt der K r i t i k standen zwei Organe, das eine Sprachrohr des gemäßigten, das andere des entschiedenen Liberalismus, die „Neue Speyerer Zeit u n g " 1 1 6 und die „Zweibrücker Zeitung" 1 1 7 . I n Schwierigkeiten geriet 108

Ebd. ( M I n n an Reg. Isarkreis v. 10. Okt. 1832). GStA M A 1915 ( M I n n an Kreisregierungen v. 15. Nov. 1832). 110 Valentin, Hambacher Fest, S. 137. 111 ÖGB 2, 467 (Spiegel an Metternich v. 9. J u l i 1832) u n d S. 452, A n m . 1. 112 Th. Lethmair, i n : Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben, Bd. 7, S. 390 ff., bes. S. 397 - 99. 113 w i n d f u h r / Hermand, Z u r L i t e r a t u r der Restaurationsepoche, S. 474. 109

114 115 116

sim.

Silbernagel, Pfalz, S. 40 (Wallerstein an Stengel ν. 28. Okt. 1832). GStA M A 1874 ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 18. August 1832). Z u r Neuen Speyerer Zeitung s. A n m . 69; dazu M i l l e r , Ereignisse, pas-

117 Z u r Zweibrücker Zeitung sind aus der verwendeten Sekundärliteratur keine näheren Aufschlüsse zu gewinnen.

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die „Neue Speyerer Zeitung", als sie über einen Beschluß mehrerer Gemeinden berichtete, „ihren i m Militärdienst stehenden Söhnen und Verwandten i m Ernste zu bedeuten, daß sie nicht nur i n dem diesseitigen, sondern auch i n dem jenseitigen Bayern, sowie i n allen Teilen Deutschlands aller ungerechten Gewalttat gegen die Bürger sich strengstens zurückzuhalten haben .. ," 1 1 8 . Andernfalls wollte man sie nicht mehr i n ihre Geburtsorte zurückkehren lassen und sie überall mit Verachtung strafen. Das Innenministerium war erregt darüber, daß dieser A r t i k e l die Zensur passiert hatte und forderte strengste Maßnahmen. Selbstverständlich gehöre der A r t i k e l der äußeren Politik an, so argumentierte man unbesorgt, w e i l von ganz Deutschland gesprochen werde. Außerdem sei der Tatbestand einer Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung erfüllt 1 1 9 . Der König selbst nahm diese Veröffentlichung zum Anlaß, um rigoroses Einschreiten zu fordern 1 2 0 . Als G. Fr. Kolb, der Herausgeber und Redakteur der „Neuen Speyerer Zeitung", gegen Jahresende eine eigene innenpolitische Zeitung ankündigte, standen daher die Chancen für sie von vorneherein schlecht 121 . Denn die Regierung ordnete nicht nur schärfste Aufsicht und sofortiges Einschreiten bei der geringfügigsten Übertretung an, sondern gab auch den verfassungswidrigen Befehl, vorläufig die Zeitung der Zensur zu unterstellen. Etwa zur gleichen Zeit wurde Kolb unter Anklage wegen Aufrufs zum Umsturz der Verfassung gestellt, i m folgenden Jahr aber — eine außergewöhnliche Ausnahme — freigesprochen. So konnte er sich und seine Zeitung über die schlimmsten Jahre der Reaktion retten, ohne sie ganz opfern zu müssen. Freilich hatte er erhebliche Beschwernisse zu ertragen 1 2 2 und seinerseits der veränderten politischen Lage Konzessionen zu machen, insbesondere durch Verlagerung seiner Themen auf konfessionelle und wirtschaftliche Probleme 1 2 3 . Der gute „Stern der NSZ", so äußerte er einmal später, habe diese aus dem allgemeinen Zeitungsschiffbruch gerettet 1 2 4 . Die unmittelbare Einwirkung des Bundes wurde zum Schicksal der „Zweibrücker Zeitung". Dieses liberale Kampfblatt wetterte gegen die Großmächte, ließ kein gutes Haar am Deutschen Bund, stimmte i n die allgemeine Polenbegeisterung ein und unterstützte offen den Preßver118

GStA M A I I 1874 ( M I n n an Kreisregierungen v. 9. J u l i 1832, Beilage). Ebd. 120 S A k (Signât ν. 11. J u l i 1832). 121 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 ( M I n n an Reg, Rheinkreis v. 31. Dez. 1832, Abschrift). 122 So wurde etwa anläßlich einer Reise nach München sein gesamter Reiseweg von den Behörden überwacht, sämtliche Kontakte wurden registriert u n d bei den Kontaktpersonen Nachforschungen angestellt (so H S t A M I n n 45293 v. 29. Jan. 1833). 123 K r a u t k r ä m e r , Kolb, S. 57 ff. und 72 ff. 124 W. M a r x , Die pfälzischen Abgeordneten, S. 148. 119

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ein. Die Zensur hinderte die Redaktion nicht, gestrichene A r t i k e l einige Nummern später dennoch erscheinen zu lassen. Sprache und Tendenz dieser Zeitung bedeuteten, so begründet ihre Anklagen waren, für die bayerische Regierung eine unerträgliche Provokation und eine außenpolitische Belastung ersten Ranges. Dennoch wäre das Vorgehen der Regierung sicher weniger streng gewesen, zumal der Regierungspräsident von Stengel selbst nicht ohne Verständnis für die Beschwerden des Blattes war und sich gegen auffällige Maßnahmen aussprach 125 , wenn nicht die tiefe Empörung des Königs 1 2 6 und die Drohung der Großmächte, einen erneuten Unterdrückungsbeschluß am Bundestag durchzusetzen 127 , kräftige Aktionen erfordert hätten. Auch Lerchenfeld, von seinem österreichischen und preußischen Kollegen mit heftigen Beschwerden konfrontiert, drängte auf ein Verbot der Zeitung 1 2 8 . I n direktem Kontakt m i t dem König u n d der Regierung des Rheinkreises versuchte er, einem Bundesbeschluß vorzubeugen, den Münch i h m schon offen angedroht hatte 1 2 9 . Die antibayerische Stimmung am Bundestag wuchs, als die Zweibrücker Zeitung die „Sechs A r t i k e l " als D i k tat Österreichs und Preußens verurteilte und alle deutschen Volksvertreter zum Widerstand aufrief 1 3 0 . Da auch der König, von Lerchenfelds Bericht beeindruckt, diese Veröffentlichung empörend fand 1 3 1 , erging am 18. August eine Weisung an die Kreisregierung, i n der die Bedrohung Bayerns durch den Bund hervorgehoben wurde, u m rücksichtsloseste Strenge zu begründen 1 3 2 . Wenig später nahm Lerchenfeld ein Spottgedicht über den Zaren zum Anlaß, um die völlige Sistierung der Zweibrücker und einer Reihe anderer rheinbayerischen Zeitungen zu fordern 1 3 3 . Zwei Tage darauf empfahl der Bundestag der Pressekommission die Überwachung der rheinbayerischen Zeitungen, ein Beschluß, der nur zu deutlich an das Verfahren gegen die „Tribüne" und den „Westboten" erinnerte 1 3 4 . Erneut ordnete die bayerische Regierung eine Verschärfung der Zensur an und drohte mit Unterdrückung 1 3 5 . Eine 125

GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (Stengel an Lerchenfeld v. 24. August

1832). 126

H H S t A Wien S t K D A 148 (Münch an Metternich v. 1. Sept. 1832); S A k (Signât v. 12. Sept. 1832). 127 p B v y. 23. August 1832, Bd. 17 b, S. 1127 (§ 327). 128

Belege i n GStA M A 1932 u n d Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20. GStA M A 1932 (Bericht Lerchenfelds v. 10. August 1832); Lerchenfeld, Papiere, S. 444. 130 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (Beilage: Zweibrücker Zeitung, Nr. 16 v. 31. J u l i 1832). 131 Lerchenfeld, Papiere, S. 445 (König an Lerchenfeld v. 12. August 1832). 132 GStA M A 1932 ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 18. August 1832). 133 Ebd. (Bericht Lerchenfelds v. 21. August 1832); GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (Bericht Lerchenfelds v. 10. August). 134 s. A n m . 165. 129

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

weitere Beschwerde über einen Aufsatz, der unter dem ironischen Titel „Preußische Liberalität" Angriffe auf das preußische M i l i t ä r enthielt 1 3 6 , veranlaßte den König sogar, den Bundestagsgesandten i n seiner pressefeindlichen Haltung zu bestärken 1 3 7 und ein Vorgehen des Bundes anzuregen 138 . Wallerstein und Gise, die m i t Lerchenfelds Ratschlägen keineswegs einverstanden waren 1 3 9 , schritten nun zur Aktion. A m 14. September wurde die Zweibrücker Zeitung erstmals für 14 Tage unterdrückt 1 4 0 . Zensurstriche und Beschlagnahmen häuften sich nun. A u f preußische Beschwerden h i n wurden alle Berichte über den Preßverein untersagt 1 4 1 . M i t diesen M i t t e l n war schon gegen Ende des Jahres auch aus diesem Organ der Opposition der politische Geist vertrieben. Ein ähnliches Schicksal hatte schon vorher den „Rheinbayerischen Volksfreund" 1 4 2 des Pfarrers Hochdörfer und den „Rheinbayerischen Anzeiger" getroffen, dessen Redakteur und Drucker Kohlhepp man durch Konzessionsentzug unschädlich machte 143 . A m Ende des Jahres 1832, das den Höhepunkt und die Entscheidung des Kampfes zwischen der liberalen Bewegung und dem bewahrenden Machtwillen der traditionellen Herrschaftsträger brachte, war auch Bayern „Terra paccata" 1 4 4 . Aber wo gegen Überzeugungen m i t Waffen und gegen das freie Wort m i t Gewalt vorgegangen werden mußte, da waren auch die überlieferten Gesellschaftsstrukturen ins Wanken geraten. Der Erfolg der Monarchen und ihrer Regierungen war nur ein 135 GStA M A 1932 ( M I n n an Regierungspräsidenten v. 8. Sept. 1832; M I n n an Kreisregierungen v. 9. Sept. 1832). 136 GStA M A 1932 (Lerchenfeld an Gise v. 27. August 1832 m i t Beilage: Beschwerde Naglers v. 8. September 1832). 137 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (König an Lerchenfeld v. 12. Sept. 1832 138 ^ i e i m März befürwortete Lerchenfeld eine volle Zustimmung zu allen gegen bayerische Organe gerichteten Bundesbeschlüssen. Es hat sogar den Anschein, daß Lerchenfeld das D r u c k m i t t e l der Bundeseinschreitung gezielt eingesetzt hat, u m dem K ö n i g damit gegenüber den Ministern den Rücken zu stärken. 139 V g l e GStA M A I I 1879 (Lerchenfeld an Gise v. 9. Nov. 1832). Dieser Bericht Lerchenfelds, i n dem dieser sich zu den V o r w ü r f e n Gises zu äußern hatte, w e i l er von den beruhigenden Mitteilungen der bayerischen Regierung über i h r strenges Vorgehen gegen die Presse nicht genügend Gebrauch gemacht habe, ist m i t zahlreichen Anstreichungen u n d kritischen Randbemerkungen Gises versehen. Vgl. ebd. (Wallerstein an Gise v. 4. Jan. 1833) ebenfalls m i t harter K r i t i k an Lerchenfeld. 140 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 (Gise an Lerchenfeld v. 17. Okt. 1832); P B V v. 27. Sept. 1832, Bd. 17 b, S. 1280 (§ 404). 141 GStA M A 1932 (Beschwerden Küsters v. 3. u. 21. Okt. 1832); ebd. ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 2. u n d 8. Okt. 1832). 142 Franz, Verfassungskämpfe, S. 191. 143 GStA M A I I 1879 (MJustiz an M I n n v. 8. Sept. 1832); P B V v. 13. Sept. 1832, Bd. 17 b, S. 1205 f. (§ 374). 144 Bibl, Mett.-Wrede, S. 361 (Wrede an Metternich v. 16. Februar 1833).

V I . Kap. : Die Perfektionierung des Reaktionssystems

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vorläufiger, ihre Zufriedenheit kurzsichtig 1 4 5 . Denn die Entscheidung zwischen den gegensätzlichen Staats- und Gesellschaftsformen der Monarchie und der Demokratie war nur hinausgeschoben, die Spannung nicht aufgehoben, sondern nur verdrängt. I n einem der letzten A r t i k e l der „Deutschen Tribüne" hatte Fein eine Prophezeiung gewagt, deren Treffsicherheit für den Wirklichkeitssinn dieser „liberalen Schwärmer" des Vormärz spricht: „Es w i r d ein Druck auf dem deutschen Volke lasten, wie w i r i h n von 1819 bis jetzt noch nicht gekannt haben. Aber gerade m i t Hilfe dieses Druckes werden die neuen Ideen desto tiefere Wurzeln i n den Herzen schlagen. Und wenn dann i n etwa zehn bis zwanzig Jahren bei einer günstigen Gelegenheit, die niemals fehlt, der Kampf zwischen Aristokrantie und Liberalismus aufs neue ausbricht, dann w i r d die Reaktion nicht mehr durchdringen. 1819: untätiges M u r ren; 1832: Widerstand; 1840 oder 1850: Sieg. So w i r d es kommen 1 4 6 ." 3. Die Vollendung des Unterdrückungssystems (1833 - 1837)

Bayerns Pressepolitik bekam nach 1832 ein neues Gesicht. Sie richtete ihr Augenmerk i n erster Linie auf die Abwehr ausländischer Einflüsse und kämpfte Hand i n Hand m i t Metternich gegen liberalere Tendenzen i n einzelnen deutschen Bundesstaaten. Aus dem unbotmäßigen und eigenwilligen Zögling war ein Musterschüler der Metternichschen Reaktion geworden. Schon gegen Ende des Jahres 1832 war außer i m Rheinkreis die bayerische oppositionelle Publizistik unter Kontrolle der Regierung. Daher traten neue, weniger gefährdete Gattungen an die Stelle der periodischen Presse. Flugblätter und Flugschriften dominierten, weil sie zumindest zensurfrei erscheinen konnten, wenngleich ihnen Beschlagnahme und strenge Aufsicht über die Buchhandlungen wenig Verbreitungschancen ließen. Der Hauptstoß der Regierung richtete sich daneben gegen die stark anwachsende Emigrationspresse, die aus der Schweiz und aus Frankreich eingeschleust wurde 1 4 7 . Die letzten Reste freier Meinungsäußerung i m Landesinneren beseitigten verschiedene Verordnungen, deren Verfassungsmäßigkeit stark anzuzweifeln ist. Der Hauptantrieb dazu ging vom König aus, der seine Minister m i t einer Fülle von fragwürdigen Reskripten überschwemmte und häufig i n äußerste Verlegenheit brachte 148 . 145 ÖGB 2, 513 f. (Spiegel an Metternich v. 28. Febr. 1833); Kombst, B u n destag (Nagler an A n c i l l o n v. 27. Dez. 1832), S. 185 - 88. 146 Zit. nach Bühler, Hambacher Fest, S. 160 („Deutsche Tribüne", Nr. 68 v. 18. März 1832). 147 Dies geht deutlich aus einer Übersichtsliste i n GStA M A I I 1875 v. 8. Jan. 1833 hervor; dazu auch Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur; bes. W. Schieder, Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung. Die Auslandsvereine i m Jahrzehnt nach der Julirevoltuion von 1830, Stuttgart 1963.

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U m die Beschlagnahme- und Zensurmaßnahmen zu beschleunigen und wirksamer zu machen, wurde seit 1831 die Post den Zielen der reaktionären Pressepolitik zunehmend verpflichtet 1 4 9 . Das ging zwar nicht ohne Ressortstreitigkeiten ab und stieß auf den Widerstand der Postbehörden, bewährte sich aber bald als effizientes Mittel, vor allem gegen ausländische Produkte. Das Anliegen blieb bei wechselndem Verfahren — zunächst überprüften die Zensurbeamten die Zeitungssendungen noch i n den Postämtern, später wurden die ganzen Sendungen sofort der Polizeibehörde überstellt 1 5 0 — immer gleich: die totale Kontrolle über die publizistische Produktion. Zusätzliche Überwachung galt den Lesern, deren Gesinnung man aus der A r t ihrer Lektüre erschließen zu können glaubte. Eine erste Anfrage i n dieser Richtung unternahm Wallerstein schon i m Mai 1832 151 . M i t der Überprüfung und Auswertung der Abonnementslisten bot sich eine unauffällige Überwachungsmöglichkeit an, derer man sich bald bei den Studierenden der Universitäten München, Würzburg und Erlangen bediente 152 . Auch die Tarifgestaltung der Speditionspreise ließ eine indirekte Einflußnahme der Regierung zu. M i t diesem Druckmittel waren selbst mächtige Organe wie die A A Z zur Nachgiebigkeit zu bewegen 153 . Als unauffällig und dennoch wirksam bewährten sich wieder die Kunstgriffe juristischer Interpretation. Ganze Themenbereiche wurden durch Pauschalverbot der öffentlichen Diskussion entzogen. Über die Saint-Simonisten und die neueren Theorien des französischen Agrarsozialismus durfte nicht berichtet werden, weil sie Anlaß zur Beunruhigung boten 1 5 4 , die Ordnungsmaßnahmen der Regierungen Süddeutschlands mußten verschwiegen werden, w e i l sie Aufregung provoziert hätten. Wirtschaftliche Probleme gerieten, während der geheimen Verhandlungen zum Zollverein, ebenfalls i n den Arkanbereich 1 5 5 . Jede A r t von Gesellschaftskritik, besonders wenn sie die herrschende Aristo148

ÖGB 2, 535 - 40 (Kreß an Metternich v. 16. J u l i 1833). Bäuml, Staatspolitik, Presse u n d Post, S. 11 ff. 150 GStA M A I I 1875 (Gise an K ö n i g v. 8. A p r i l 1834 und Signât des K ö nigs v. 10. A p r i l 1834). 151 GStA M A I I 1887 (Wallerstein an Gise v. 25. M a i 1832). 152 Bäuml, Staatspolitik, Presse u n d Post, S. 12 (VO v. 10. Jan. u n d 9. A p r i l 1833). 153 GStA M A I 408 (König an Gise v. 3. Sept. 1833); GStA M A 25009 ( M I n n an Reg. Oberdonaukreis v. 29. Nov. 1832); dieselbe Weisung m i t ausführlicher I n s t r u k t i o n i n H S t A M I n n 25 097 a I I . Z u r wirtschaftlichen Seite vgl. allgemein Meier, Zeitungspreise; Brunner, Postzeitungsdienst, S. 63, zeigt, daß die Post ihre Einnahmen aus den Zeitungsgebühren i m Jahre 1832/33 sogar u m 22 °/o erhöhte. 154 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 7. Febr. 1833). 155 GStA M A I I 1875; dazu Hamann, Die Berichterstattung über den Z o l l verein. 149

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kratie betraf, fiel unter Verdikt und konnte bei der Ähnlichkeit der Herrschaftsstrukturen i n den deutschen Bundesländern leicht mit dem Etikett der äußeren Politik versehen werden. Denn die Mehrzahl der politischen A k t e der Einzelstaaten war durch eine übergeordnete Bundesbestimmung oder ihre Abhängigkeit von der politischen Zielsetzung der Großmächte tabuisiert. Diese Methode der fortschreitenden Entpolitisierung traf die liberale Presse an ihrem Lebensnerv. I m Laufe des Jahres 1833 strichen auch eine Reihe kleinerer liberaler Blätter, die vorher i m Schatten ihrer namhafteren Vorbilder relativ unangefochten existierten, die Segel. Nach längerer Untersuchungshaft und einem monatelangen Prozeß kapitulierte der Redakteur des „Augsburger Tagblattes", Vanoni. Er entsagte jeder politischen Tendenz und versprach, sich i n Zukunft „rein auf den Standpunkt der Mitteilungen über Industrien, über L a n d w i r t schaft und über örtliche Verhältnisse" zurückzuziehen. Der König begrüßte diesen Entschluß ganz besonders, verlangte aber weiterhin unausgesetzte Wachsamkeit, um erneute Übertretungen auszuschließen 156 . I n dieser Selbstbeschränkung Vanonis war jener Freiraum exakt umschrieben, den Bayern seiner Presse noch zu gewähren bereit war. Politisches Räsonnement war ausgeschlossen, K r i t i k und oppositionelles Denken verbannt. Die Presse wurde ihrer Kommentarfunktion entkleidet, sie sollte, frei von Bekenntnissen und Appellen, nicht Meinungen wiedergeben, sondern ähnlich wie die Intelligenzblätter, die ein K i n d der absolutistischen Staatsverwaltung waren, bloße Sachinformationen über Gebiete verbreiten, die dem engeren Lebensbereich der Untertanen angehörten. Bei weniger nachgiebigen Redakteuren genügte der Druck bürokratischer Schikanen und wirtschaftlicher Repressalien, um die Aufgabe ihres Blattes zu erzwingen. Erfolgreich praktizierte die bayerische Regierung dieses Verfahren beim „Münchner Konversationsblatt" dessen Redakteur Bruckbräu sich schließlich zum Verkauf bereitfand 1 5 7 . Gegen Ende des Jahres 1833 konnte Bayern m i t seinen Erfolgen bei der Unterdrückung der freien Presse voll zufrieden sein. Auch die innerbayerische Flugschriftenliteratur, die zunächst stark anschwoll, bekam man allmählich i n den Griff. Die Kombination von polizeilicher Aufsicht und Beschlagnahme m i t der unmittelbaren Kooperation zwischen Post und Verwaltung schränkten die Verbreitungschancen so erheblich ein, daß angesichts des finanziellen Risikos kaum mehr Druckereien und Verlage für derartige Unternehmungen zu finden waren. 156 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/20 ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 23. Febr. 1833, Abschrift); H S t A M I n n 25097 ( M I n n an K ö n i g v. 22. März 1833 u n d Signât ν. 23. März 1833). 157 Vgl. J. Müller, Saphir, S. 23 f.; ÖGB 2, 574, A n m . 2.

17 Tremi

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Lediglich Rost und Ritter i n Zweibrücken nahmen das Wagnis noch für einige Zeit auf sich. Bei den Schriften, die i n Bayern erschienen, ist auffällig, daß sie, wie die Publizistik nach 1819, auf Ersatzthemen auswichen oder scheinbar harmlose literarische Formen wählten: Die Einkleidung i n historisches Gewand, die Form der Predigt oder der Liedersammlung lösten das direkte politische Schreiben ab. Eine A r t kodierter Kommunikation bildete sich heraus, gestützt nicht zuletzt auf jene augenzwinkernde Solidarität zwischen Teilen der Beamtenschaft und dem liberalen Journalismus, der die Regierung durch eine gezielte Versetzungspolitik und die Ausschöpfung des Disziplinarrechtes bald ein Ende bereitete. Hauptproblem blieb über Jahre hinweg der Import ausländischer Publizistik, die i n den Beschlagnahmelisten seit 1834 das größte Kontingent stellt 1 5 8 . Diese Emigrationspublizistik 1 5 9 , überwiegend durch unperiodische Erzeugnisse vertreten, wurde nicht nur ein Faktor des politischen Widerstandes gegen das Unterdrückungssystem i n Deutschland, um die großen Zentren i n der Schweiz und i n Frankreich bildeten sich auch organisatorische Zellen revolutionärer Vereinigungen, deren weitreichende Verbindungen den Internationalismus der Revolutionsbewegung des 19. Jahrhunderts begründeten. Diese kleinen Gruppen hielten den Willen zu Reform und Revolution, der sich 1830 erstmals auch i n Deutschland artikuliert hatte, aufrecht und suchten i h n immer wieder ins inzwischen zwangsbefriedete Vaterland zu tragen. Sie waren das eigentliche revolutionäre Kontinuitätselement, aus dessen Existenz auch die Ereignisse von 1848 verständlich werden. Bayern war von der französischen und schweizerischen Emigrationspublizistik i n besonderem Maße gefährdet. Die Pfalz, die durch geistige Verwandtschaft und durch räumliche Nähe als Einfallstor für die Publizistik der französischen Emigration prädestiniert war, blieb daher auch nach der Unterdrückung der inneren Opposition Sorgenkind der bayerischen Regierung. Zweifelsohne bestanden schon vor den Reaktionsbeschlüssen enge Beziehungen zwischen pfälzischen und französischen Publizisten 160 . Seit 1832 setzte sich die Mehrzahl der rheinbayerischen Oppositionellen i n die Emigrationszentren Straßburg und Paris ab. Von dort aus schleusten sie, mitunter sehr trickreich, ihre Schriften nach Bayern ein. Trotz schärfster Verwaltungsmaßnahmen gelang der Regierung die vollständige Abschirmung nicht, w e i l ihre Anordnungen i n immer wieder neuen Varianten umgangen wurden 1 6 1 . Anfangs verschickte man die 158

GStA M A I I (Überblicksliste v. 5. Jan. 1834). Z u r Emigrationspresse allgmein: J. Godechot, L a Presse ouvrière 1819 1850; J. Grandjonc, La Presse de l'émigration Allemande en France (1795 48), i n : Archiv f. Sozialgesch. 10/1970, S. 95 ff. u n d Koszyk, Dt. Presse 2, 78 ff. 160 Näheres dazu bei Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, S. 69 ff. 161 GStA M A I I 1887 (Ges. Paris an K ö n i g v. 8. Febr. 1837). 159

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Zeitungen unter Kreuzband, um sie unter den Schutz des Briefgeheimnisses zu stellen. Später brachten Fußboten die Schriften, die zum Teil sogar unter Mithilfe französischer Beamter an die Grenze gelangt waren, an ihren Bestimmungsort i m bayerischen Land. So bildeten sich i n Grenznähe illegale Verteilungszentren heraus, wie etwa das fränkische Weißenburg. Beliebt war auch das Verfahren, die publizistischen Erzeugnisse als Verpackungsmaterial oder Polsterung beizulegen. Der direkte Import durch wandernde Handwerksburschen spielte ebenfalls eine, wenn auch untergeordnete Rolle 1 6 2 . Die A k t e n geben einen Beleg dafür, daß auf diesem Wege bereits frühsozialistisches Gedankengut nach Bayern gelangte. Angesichts der Gefährdung der inneren Reaktionspolitik durch unkontrollierte ausländische Einflüsse tendierte Bayern schon 1832 zu einer Verschärfung der Unterdrückungsmaßnahmen gegen ausländische Presseerzeugnisse. Gegenüber dem Bundesbeschluß vom J u l i 1832 beharrte man zwar noch auf den Verfassungsgrundsätzen, bald aber tauchten Bestrebungen auf, eine Nachzensur einzurichten. Bei politischen Zeitungen und Zeitschriften entschied man sich schnell; sie w u r den den Zensurbestimmungen des I I I . Edikts unterstellt 1 6 3 , die Nachzensur wurde nur fakultativ, je nach der Gesinnung des entsprechenden Blattes, angewandt 1 6 4 . Wenig später mußten auch politische Schriften des Auslandes erst das Genehmigungsverfahren der Zensur durchlaufen, ehe sie i n Bayern erscheinen konnten 1 6 5 . Die Praxis der Nachzensur war i n jedem Falle verfassungswidrig, weil sie dem Zensurbegriff des I I I . Ediktes einen völlig neuen, vom ursprünglichen Sinn abweichenden Bedeutungsinhalt unterschob, ohne diese Interpretation von den Ständen billigen zu lassen. Das gesetzliche Verfahren der Beschlagnahme war freilich für die Regierung umständlicher, weniger zuverlässig und stieß bei den anderen Bundesstaaten immer wieder auf Widerspruch. So „vereinfachte" man das i n der Verfassung vorgesehene Verfahren durch Verwaltungsverordnungen 1 6 6 . Von der gesetzlich verankerten Beschlagnahme ging man zur Nachzensur über. Dazu stellte man den äußerst fragwürdigen Grundsatz der fakultativen Anwendung der Zensur auf, d. h. der Regierung sollte es überlassen bleiben, welche ausländischen Zeitungen sie der Zensur unterwerfen wollte. 162 GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 8/10 (Gise an Mieg v. 11. J u n i 1835 m i t Beilage: Untersuchungsbericht). lea Bayrle, Presse, S. 77 (Ministerialerlaß v. 27. Jan. 1833); GStA Ges. F r a n k f u r t K g r ü n 14/19 ( M I n n an Kreisregierungen v. 4. Okt. 1832, A b schrift). 184 Ebd. ( M I n n an Kreisregierungen v. 27. Febr. 1833, Abschrift). iss Bayrle, Presse, S. 77. lee v g l Trautz, Hambacher Fest, S. 29 u n d A n m . 76.

17*

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Die intensive Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Bundesstaaten auf diplomatischem Wege und über die zentrale Institution des Bundestages vervollständigten das System der Unterdrückung. Durch gegenseitige Benachrichtigungen und Vorwarnungen, durch gezielte Beschwerden und Absprachen wurde eine Vielzahl publizistischer Produkte auf unauffällige Weise schon aus dem Verkehr gezogen, ehe sie zur Wirkung kommen konnten. Bayerns Pressepolitik fügte sich harmonisch i n dieses antiliberale System, obwohl sie weiterhin auf der unveränderten Beibehaltung des presserechtlichen Status quo beharrte und formal die Verfassung wahrte. M i t den A r t i k e l n der Konstitution freilich ging man nicht zimperlich um, aber man suchte und fand doch zumeist eine Bestimmung, mit der sich zumindest der Schein rechtmäßigen staatlichen Handelns aufrecht erhalten ließ. A u f diese Weise konnte Bayern dem bundespolitischen Kurs ohne Schwierigkeiten folgen, so daß nach 1834 i n der Pressefrage kaum mehr Konfliktstoff zwischen dem Königreich und dem Bund bestand. Das große Aufräumen unter der liberalen Publizistik hatte i n den Jahren 1832 und 1833 stattgefunden und war 1834 weitgehend erfolgreich abgeschlossen worden. Außer der recht friedlich gewordenen „Speyerer Zeitung" und der A A Z , die mehr Konzessionen machte, als ihrer Glaubwürdigkeit guttat, existierten nur noch harmlose Regionalblätter. Die inländische Flugschriftenproduktion verlor ihre letzte bedeutende Bastion, als 1834 auch die Rostsche Druckerei ihr Schicksal ereilte 1 6 7 . Das Verbotssystem erfaßte nun auch andere publizistische Gattungen. Wissenschaftliche Abhandlungen verfielen der Beschlagnahme, wenn sie nicht streng den Standpunkt des monarchischen Prinzips einnahmen 1 6 8 . Neue Medien der Massenbeeinflussung, wie sie das „Bauer-Konversationslexikon" anstrebte, dessen populäre Ausdrucksweise und dessen verständliche Darstellung die Regierungen besonders beunruhigte, wurden bereits m i t Debitverbot belegt, noch ehe sie i n Bayern überhaupt aufgetaucht waren 1 6 9 . Das wahre Ausmaß der geistigen Enge spiegeln nur noch kleinere Organe wider 1 7 0 . Aus ihnen w i r d deutlich, daß auch der „kleine Mann" das herrschende System als bedrückend empfand. Die soziale Frage gewann i n diesen Blättchen erste, wenn auch nur umrißhafte Konturen. Pauperismus und königliche Bautätigkeit wurden i n Kontrast ge167

GStA M A 1880 ( M I n n an Reg. Rheinkreis v. 3. M a i 1834). GStA M A 1916. 169 Ebd. 170 Eine eingehende Untersuchung dieser publizistischen Ebene, der Regionalzeitungen, der Unterhaltungsblätter, der landwirtschaftlichen Beratungsblätter, aber auch publizierter Flugblätter u n d Schriften, des veröffentlichten Liedgutes u. a. m., steht für den bayerischen Vormärz leider noch aus. 168

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setzt, die bedrückte Stimmung der Bevölkerung geschildert 171 . Nicht ohne Grund sah sich daher der Innenminister zu einem Reskript an die Kreisregierungen veranlaßt, sie sollten gegen das Bestreben ankämpfen, „die minder bemittelten Klassen gegen die bemittelten, die m i t minderen Rechten begabten gegen die verfassungsmäßig m i t höheren Rechten ausgestatteten aufzuregen" 172 . So tauchte, kaum daß die herrschende Schicht sich m i t Erfolg gegen die Ansprüche des Bürgertums gestemmt hatte, ein neuer politischer Faktor auf, die Unterschichten. Die Freiheit der Presse aber blieb nach wie vor Gegenstand des Kampfes zwischen herrschender Aristokratie, übermächtiger Bürokratie und einem wirtschaftlich und intellektuell überlegenen Bürgertum. Der König seinerseits forcierte m i t reaktionären Detailweisungen diesen Prozeß. So wollte er, i n Parallele zu seinem bekannten Signât von 1836 173 , die Ausdrücke „Staatsbürger" und „Staatsregierung" i n der Presse nicht mehr lesen 174 . Den Umfang der Zensur, so argumentierte L u d w i g I. sorglos, bestimme der König und da die Zeitungsblätter ohnehin der Zensur unterlägen, so sei es keine Schwierigkeit, die beanstandeten Stellen zu entfernen. Selbst als er über die rechtliche Unhaltbarkeit dieses Verfahrens aufgeklärt war, bestand er darauf, daß, wenn direkte Entfernung nicht möglich war, darauf geachtet werden müsse, „daß auf andere Weise es unterlassen bleibe" 1 7 5 . A m 1. November 1837 erging — gleichsam Vorbote der Abelschen Ära — eine Ministerialentschließung, i n der das Verbot aller Ausdrücke ausgesprochen war, die die Begriffe „Regierung" und „Monarch" gegenüberstellten 176 . Von diesem reaktionären Geist w a r i n der Zusammenstellung der seit 1832 ergangenen Spezialentscheidungen zur Presse 177 , die Wallerstein i m März 1836 anfertigen ließ, nichts zu spüren. Sie täuschte vielmehr einen intakten Verfassungsstaat vor und erweckte den Eindruck, als sei i n Bayern das Presserecht zwar streng, aber bis i n alle Einzelheiten des Vollzuges gerecht geregelt. I n der Tat konnte ein konstitutioneller Staat nur existieren, wenn Monarch und Regierung ihr politisches Handeln an der Verfassung orientierten. I n Bayern aber bestimmten die Pressepolitik längst andere, der Verfassung entgegengesetzte Faktoren, der monarchische Absolutismus, bürokratische W i l l 171

Zit. bei Schrott, Biedermeier, S. 174 f. Ebd., S. 175. 173 Franz, Verfassungskämpfe, S. 253 f. 174 S A k (Signât ν. 18. Dez. 1836). 175 H S t A M I n n 25097 a I I (Wallerstein an K ö n i g v. 22. März 1837 und Signât v. 22. März 1837). 176 Bayrle, Presse, S. 87. 177 Schletter, Hb., S. 230 ff. 172

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kür und reaktionärer Bundeseinfluß. Daher ist die Ministerialentschließung von 1836 eine höchst suspekte Quelle, wie überhaupt eine bloß rechtsgeschichtlich orientierte Betrachtungsweise i n die Irre führt, weil sie die ungeheuere Differenz zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, die gerade die Vormärz jähre kennzeichnet, übersehen muß 1 7 8 . Mochte das Verfahren der Zensur und Beschlagnahme auch geregelt sein, mochte man i n den veröffentlichten Verordnungen Rechtssicherheit vortäuschen, so spielten sich die entscheidenden Vorgänge doch nicht i m Lichte der Öffentlichkeit ab, sondern i m unzugänglichen Arkanbereich der königlichen Verwaltung. Dort wurden die Interpretationen zurechtgeschneidert, die der freien Presse das Lebenslicht ausbliesen, dort vollzog sich die Umkehr des ursprünglichen pressepolitischen Systems i n sein Gegenteil, ohne daß Öffentlichkeit und Stände Gelegenheit zur Äußerung erhielten. Die Zusammenfassung von 1836 mag als pressepolitisches Vermächtnis Wallersteins interessant sein, sie gibt aber nur den Zustand von 1832 wieder, und auch davon nur Absichten und Konzept des Ministers, nicht aber die W i r k lichkeit des Zensurregiments. Vielmehr verschweigt sie alles, was die Regierung ihrem Ermessensspielraum zuschrieb: die willkürliche Definition des Begriffes „politisch" und die davon abhängige Eingrenzung der Zensurpflichtigkeit, die ständige Einengung der publizierbaren Stoffe und Themen, gar nicht zu sprechen von den zahllosen Repressalien i n der Verwaltungspraxis. Aus dieser Sicht ist Wallersteins Zusammenstellung nicht nur ein Dokument von höchst beschränkter Aussagekraft, ja sie gerät sogar i n den Verdacht propagandistischer Absicht, weil sie durch Verschweigen und Ausklammern einen Zustand geregelter Verfassungsmäßigkeit vortäuschte, der i n Wahrheit nicht mehr bestand.

178 Diesem I r r t u m erliegt auch die sonst wertvolle u n d gründliche A r b e i t von Bayrle. Z u warnen ist auch vor einer unkritischen Orientierung an der Verordnungssammlung Döllingers, die für die den Zeitraum v o m 5. J u l i 1832 bis zur Zusammenfassung von 1836 keine neuen Verordnungen angibt u n d damit einen unveränderten presserechtlichen Zustand vortäuscht.

Zusammenfassung: Phasen bayerischer Pressepolitik im Mod eil verglei ch (1819:1832) I n enger Bindung an die Metternichsche Bundespolitik durchlief Bayerns Pressepolitik mehrere Phasen wechselnder Orientierung. Dem freiheitlichen Aufschwung nach 1815, der i n der Verfassungsgebung seinen vorläufigen Abschluß und Höhepunkt erfuhr, folgte mit den Karlsbader Beschlüssen ein jäher Absturz i n vorrevolutionäre Reglementierungspolitik. Trotz formeller Vorbehalte stand Bayern völlig i m Sog des Provisorischen Bundespreßgesetzes, so daß die letzten Regierungsjahre M a x i . Joseph von der innerstaatlichen Wirkung der bundespolitischen Reaktion gekennzeichnet waren. Eine bewußte Neuorientierung der bayerischen Pressepolitik setzte m i t L u d w i g I. ein, dessen antiösterreichisches Souveränitätskonezpt der Presse i m Lande ungeahnte Freiheit versprach. Doch diese Scheinliberale Phase fand nach der französischen Julirevolution ihr Ende und wich einem reaktionären Zweckbündnis, i n dessen Konsequenz die Bundesbeschlüsse von 1832 und die 60 A r t i k e l von 1834 gefaßt wurden. So sind die Höhepunkte der antiliberalen bayerischen Pressepolitik ohne Zweifel i n den Jahren 1819 und 1832 zu suchen. Aus dem Vergleich dieser beiden Wendepunkte lassen sich eine Reihe paralleler Vorgänge erkennen, Elemente der politischen Kontinuität werden deutlich, aber auch die Unterschiede sind unübersehbar, aus denen der Verlauf der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung abzulesen ist. Beide Ereignisse standen unter dem Einfluß französischen Revolutionsgeschehens, Karlsbad unter der Fernwirkung der Großen Revolution von 1789, die Beschlüsse von 1832 unter dem unmittelbaren Eindruck der Julirevolution. A u f diesem Hintergrund fand die gegenrevolutionäre Propaganda Metternichs leicht Gehör, zumal er es geschickt verstand, für seine Verschwörertheorie den aktuellen Nachweis zu liefern. 1819 bot Sands Mordtat den äußeren Anlaß, 1832 beschleunigte das Hambacher Fest den Prozeß der reaktionären Einigung. Daß Metternich beide Vorfälle gezielt propagandistisch auswertete, u m längst vorbereitete Konzepte der Bundespolitik durchzusetzen, bestätigen die A k t e n vollauf. Und es war nicht unerwünscht, daß jeweils Bayern, der eigenwillige und souveränitätssüchtige Nachbarstaat, besonders kompromittiert war: Sand war bayerischer Staatsangehöriger und hatte i n Erlangen studiert, das Hambacher Fest fand auf bayerischem Terri-

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

torium statt. So gelang es Metternich ohne Schwierigkeiten, m i t einfachen politischen Denkmustern und gleichbleibend simplen Verfahren den süddeutschen Konstitutionalismus zum Erliegen zu bringen. Fast schablonenhaft liefen 1819 und 1832 ähnliche Prozesse ab: A n die internationale Absicherung der geplanten Schritte Schloß sich eine intensive diplomatische Vorbereitung i m deutschen Bundesgebiet an, die eine aktive Beschwerde- und Einschüchterungspolitik flankierend ergänzte. Der Vorabsprache m i t Preußen folgte regelmäßig die Übereinkunft m i t Bayern, die erst mit Hilfe einer intensiven Reisediplomatie zustandekam. Während der Vorbereitungsphase kamen Metternich 1819 wie 1832 die inneren Spannungen i m bayerischen Regierungslager zugute, die Spaltung des Ministeriums i n eine liberale und eine reaktionäre Partei, ein Gegensatz, der nur die gesamtgesellschaftliche Polarisierung wiederspiegelte. Der eigentliche abschließende politische A k t , ein Kongreß, eine Konferenz oder ein formeller Bundesbeschluß, hatte aufgrund der intensiven Vorbereitung nur noch formalen Charakter. Dem Bundestag kam i n allen Fällen nur der Rang einer politischen Statisterie zu, die Metternich nach seinem Gutdünken, fernab aller verfassungsrechtlichen Skrupel, einsetzte. Die einschneidenden Beschlüsse wurden zunächst nicht i n Frankfurt gefaßt. 1819 tagte i n Karlsbad der Kongreß, dessen Ergebnisse der Bundestag nur noch zu bestätigen hatte. 1820 beschloß eine Ministerialversammlung i n Wien eine Ergänzung der Bundesakte, die mehr Revision als Interpretation darstellte. Erst nach der Epuration des Bundestages, mit der das Gesandtengremium jede Eigenständigkeit verlor und zum willfährigen Instrument der Reaktion wurde, verlagerte Metternich das Schwergewicht seiner Politik stärker nach Frankfurt. M i t dem demonstrativen Verbot des „Teutschen Beobachters" leitete er 1823 die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse ein, dasselbe Mittel, die Unterdrückung der „Deutschen Tribüne" und des „Westboten" bereitete 1832 die Reaktionsbeschlüsse vor. Die Zusammenfassung aller „Errungenschaften" seiner Politik aber vertraute Metternich 1834 nicht dem Bundestag an, sondern wiederum einer Ministerialkonferenz, die i n 60 Geheimartikeln die Verfassungsgrundlagen des Bundes vollkommen veränderte. Die Wechselwirkungen zwischen innerer und äußerer Politik waren 1819 und 1832 gleichermaßen augenfällig. Beide Male verschärfte ein Landtag i n Bayern das innere K l i m a und verunsicherte die Regierung und den König. Gegen die Forderungen einer innerstaatlichen Opposition, zu denen m i t an erster Stelle die Pressefreiheit zählte, entschied sich die bayerische Regierung jeweils für die bundespolitische Reaktion. Zugleich aber griffen die Bundesgesetze tiefer i n die innerbayerische Entwicklung ein, als es Bayerns Herrscher und seine Minister wahr-

Zusammenfassung

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haben wollten. Das permanente Schwanken der bayerischen Pressepolitik, das nicht zuletzt ein Ergebnis der unklaren Rechtslage war, schwächte Bayerns Position erheblich. Ein formaler Zweckkonstitutionalismus, der mit zunehmend kläglicheren Vorbehalten Souveränität zu wahren versuchte, die Dogmatisierung des Vorranges des Landesrechts vor dem Bundesrecht, die die gesellschaftspolitische Problematik ausklammerte, und die Fiktion einer theoretischen und praktischen Scheidung von Innen- und Außenpolitik, konzentriert i n der Diskussion um den Begriff „politisch" i m I I I . Edikt, wurden zu stets wiederkehrenden Mustern der bayerischen Pressepolitik i m Vormärz. Das Betrübliche an der bayerischen Vormärzpolitik war ihre dauernde Defensivhaltung, Abwehr gegen die innere Opposition m i t dem Bundesrecht, Grenzziehung gegenüber dem Bund mit der Verfassung. Dem engen Souveränitätsverständnis, dem diese Verteidigungshaltung entsprang, brachte Bayern freiwillig keine Opfer. Es war unfähig, einem „Dritten Deutschland", einem Block der süddeutschen Verfassungsstaaten, den Weg zu weisen und damit der Dominanz der absolutistischen Großmächte i m Bunde ein Ende zu setzen. Obwohl vor 1819 und 1832 sich praktikable Ansätze zu wirkungsvoller Triaspolitik anboten, und die Ähnlichkeiten der gesellschaftlichen und politischen Strukturen i n den süddeutschen Staaten für eine Identität der Interessen sprachen, verharrte Bayern auf einer Position vermeintlicher Unabhängigkeit, die i h m weit mehr Souveränitätseinbußen kostete als freiwillige Bindungen. Denn die bundespolitische Reaktion zeigte ihre unmittelbaren Wirkungen i n der innerbayerischen Politik, wenngleich dies die Regierung durch unauffällige Verwaltungsmaßnahmen und gequälte Interpretationskünste zu verschleiern versuchte. Doch der Stolz auf die eigene Durchführung änderte nichts an der Tatsache, daß 1819 wie 1832 Bayern die Bundesbeschlüsse der Substanz nach vollzog. Der Buchstabe der Verfassung blieb dabei unangetastet; denn der Vorgang der Anpassung an die Bundespolitik vollzog sich ausschließlich auf der Verwaltungsebene, die dem Verordnungsrecht des Königs unterstand. Statt von den Ständen ein Pressegesetz beschließen zu lassen, betrieben Max I. und L u d w i g I. m i t wechselnden Instruktionen Pressepolitik. A r t und Ausmaß der Zensur bestimmte der König, wobei er sich auf das Kronrecht zur Führung der äußeren Politik berief. Situationsbedingte, meist außenpolitisch motivierte Einzelverordnungen ergänzten und verfeinerten das Instrumentarium der Presseunterdrückung, dessen Wirksamkeit sich an den Erfolgen nach 1819 und 1832 ablesen läßt. M i t Einschränkung der Themenbereiche und schikanöser Zensurverschärfung setzte ein Abonnentenverlust ein, der die liberalen Oppositionsblätter bald zur Anpassung zwang. Wo dies nicht schnell genug

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

geschah, halfen Bestimmungen der Gewerbeordnung, dehnbare Strafrechtstatbestände und halblegale M i t t e l der Versetzung, Pensionierung oder Beförderung weiter. Das Faktum des Pressesterbens und der Unterdrückung jeglicher oppositioneller Meinungsäußerung, nach 1832 gründlicher und endgültiger als nach den Karlsbader Beschlüssen, ist nicht wegzudiskutieren. So steht auch die Wirksamkeit der Bundespressepolitik i n Bayern außer Zweifel, wenn man sie nicht an der Elle vordergründiger juristischer Argumentation, sondern an ihren konkreten Ergebnissen mißt. Der starren Politik der Regierungen und des Bundes, der die Parallelität der Ereignisse zuzuschreiben ist, steht eine Wandlung der liberalen Bewegung und ihrer Publizistik gegenüber. Aus der veränderten historischen Situation und einem beschleunigten sozialen Wandel sind tiefgreifende Unterschiede zwischen den pressepolitischen Ereignissen von 1819 u n d 1832 zu erklären, die das Handeln der Regierungen nur noch fragwürdiger erscheinen lassen. Völlig unterschiedlich waren schon die historischen Voraussetzungen. I m Enthusiasmus der Befreiungskriege hatte die liberale Publizistik zwar A u f w i n d bekommen, die Montgelassche „Revolution von oben" wies ihr aber einen bescheidenen Platz i m System der Staatssouveränität und des bürokratischen Absolutismus zu. Die Förderung bestimmter Organe i m Staatsinteresse wurzelte zwar i m Aufklärungsdenken und wies Züge liberalen Denkens auf, hielt sich aber i n zu engen Grenzen, um der Presse i n diesem Frühstadium nennenswerte Breitenwirkung zu verleihen. Auch die Verfassung von 1818 und der erste Landtag brachten nur eine kurze Blüte des Pressewesens hervor, deren Entwicklung durch Karlsbad jäh unterbrochen wurde. Die bayerische Publizistik hatte vor den Karlsbader Beschlüssen noch zu keiner eigenständigen theoretischen Formulierung ihres Anspruches gefunden, die Pressefreiheit galt als eines unter vielen liberalen Anliegen. Den Reaktionsbeschlüssen des Jahres 1832 dagegen war eine Phase des Scheinliberalismus vorangegangen, die eine vollkommen veränderte publizistische Szene geschaffen hatte. Die Regierung selbst betrieb positive Pressepolitik, unterhielt ein eigenes Pressereferat unter Hormayr und förderte eine Regierungspresse, die i n die Meinungskämpfe der „Parteien"-Presse eingriff und die Öffentlichkeit i m Sinne der Regierung zu beeinflussen suchte. Damit hatte L u d w i g I., dessen Willen diese Politik entsprang, das liberale Postulat vom Nutzen des publizistischen Meinungskampfes bestätigt und einer rasanten Entwicklung der politischen Presse den Weg geebnet. Anders als 1818 fand dieser junge Journalismus nun auch ein breites Publikum i n der bürgerlichen Bildungsschicht. Aus dem Anspruch, die öffentliche Meinung zu repräsentieren, entstand bald auch die konsequente Forderung nach Mitsprache i m

Zusammenfassung

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staatlichen Raum. I m engen Zusammenwirken zwischen Landtag und Presse zeigten sich erste Formen loser Parteibildung und organisierter Opposition. Aus der Enttäuschung über den Landtag von 1831 und die restriktive Politik der Regierung erhob sich die Pressefreiheit zum Schlagwort, i n dem sich stellvertretend alle liberalen Forderungen konzentrierten. So war 1832 eine Auseinandersetzung von anderen Dimensionen zu erwarten. 1819 wurden die Auseinandersetzungen i n der Pressefrage i n der Form von Verfassungskämpfen geführt. Die Liberalen argumentierten aus dem Geist eines konstruktiven pragmatischen Reformismus, der das bestehende politische System der konstitutionellen Monarchie nicht grundsätzlich verändern, sondern i n Details verbessern wollte. Nach 1831 jedoch setzte ein Radikalisierungsprozeß innerhalb der liberalen Publizistik ein, der nicht nur die liberale Bewegung spaltete, sondern die Auseinandersetzung zum existenziellen Kampf um eine neue Staatsform steigerte. Der Radikalismus eines W i r t h und Siebenpfeiffer, der eine A n t w o r t auf die Unnachgiebigkeit der Herrschenden und die Zeichen der beginnenden Reaktion war, lieferte Metternich und L u d w i g I. nun die Argumente zum Gegenschlag. Der revolutionäre Aufschrei der bedrängten Presse riß Gräben auf, die keine Kompromißformel mehr überbrücken konnte. Zugleich setzte eine zunehmende Abwendung des Liberalismus vom konstitutionellen Einzelstaat ein. Der nebulose nationale Gedanke hatte i n Süddeutschland schon bald nach den Befreiungskriegen eine Konkretisierung i n der konstitutionellen Bewegung erfahren, die den Verfassungsstaaten Deutschlands die Sympathie der Liberalen einbrachte. Vor allem auf die „Politik der moralischen Eroberungen", die Bayern 1818 für wenige Monate betrieb, richteten sich die Hoffnungen. Trotz der Enttäuschung über den plötzlichen Richtungswechsel nach Karlsbad blieben die Erwartungen der bayerischen Liberalen weitgehend an den Einzelstaat gebunden, von dem sie sich zunächst Freiheit und i n ihrem Gefolge auch die Einheit erhofften. Dieser „liberale Partikularismus" konstitutioneller Prägung erhielt vor allem i n den ersten Regierungs jähren L u d w i g I. neue Nahrung und lebte, wie an der Person und den publizistischen Aussagen Eisenmanns dargelegt wurde, bis zum Ende des Jahres 1831 fort. Erst i m folgenden Jahre zeichnete sich die Abwendung des Liberalismus vom fürstlichen Einzelstaat ab. Die beiden Wege führten zur nationalliberalen Überbetonung des Einheitsideals und zum revolutionären Internationalismus, der gegenüber dem konservativen Internationalismus die einzig konsequente Organisationsform fand. Zugleich stellte sich für Bayern das Problem des innerstaatlichen Regionalismus weitaus heftiger als nach 1819. Der Graben zwischen dem konservativen Altbayern und den l i beralen fränkischen und pfälzischen Regionen war nur vorläufig und

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2. Teil: Zwischen Konstitutionalismus u n d Absolutismus

m i t Gewalt einzuebnen. Während die liberale Presse 1819 ohne bedeutenden Widerstand und ohne Unruhen m i t einigen Verwaltungsmaßnahmen zu lähmen war, nahm der Kampf der Regierung 1832 gewalttätige Formen an. Der hohe Organisationsgrad der Opposition und die staatenübergreifenden Kontakte, wie sie der „Preß- und Vaterlandsverein" begründete, die mobilisierbare öffentliche Meinung und das Ausweichen auf neue Kommunikationsformen, wie Feste, Versammlungen und politische Symbole aller A r t stellten die Regierung vor Probleme, die sie letztlich nur mit den Machtmitteln des Heereseinsatzes zu lösen vermochte. Die Liquidierung der liberalen Publizistik, deren Anhänger seit 1832 nur zwischen stummer Anpassung oder Emigration zu wählen hatten, gelang wie 1819 auch nach 1832, diesmal sogar gründlicher als je zuvor. Unter Führung Metternichs und m i t dem Bund als Instrument ihrer Interessenpolitik konnte die Unterdrückungspolitik um so erfolgreicher sein, als L u d w i g I. nicht nur Bereitschaft zur Reaktion gezeigt, sondern sie sogar angeregt und gefördert hatte, während 1819 der äußere Druck stärker und die politischen Alternativen geringer waren. Die Hoffnung, Bayern nach 1832 völlig i n den Bannkreis des Bundes führen zu können, erfüllten sich jedoch für Metternich ebenfalls nicht. Denn Ludw i g hatte auch diese Allianz mit der Reaktion nur aus opportunistischen Erwägungen geschlossen. Die monarchische Souveränität stand als Leitstern über allen seinen politischen Entscheidungen. Ihr zuliebe hatte Ludwig I. die konstitutionelle Entwicklung i n Bayern abrupt unterbrochen, sein eigenes Programm einer evolutionären Verfassungsentwicklung über Bord geworfen und alle Ansätze zum liberalen Rechtsstaat zunichte gemacht. Seit 1832 erlebte Bayern den anachronistischen Versuch einer konsequenten Umsetzung des monarchischen Prinzips i n die politische Wirklichkeit. Doch persönliches Regiment und Kabinettsregierung waren überholte Instrumente, der Neoabsolutismus K i n d einer vergangenen Epoche und Gewalt kein tragfähiges Bindemittel, um den Riß zwischen staatlichen Herrschaftsträgern und gesellschaftlichen Emanzipationsbewegungen dauerhaft zu kitten.

Dritter

Teil:

Strukturelemente bayerischer Pressepolitik im Vormärz Der folgende Teil versteht sich als vorläufiger Systematisierungsversuch, der die Vielfalt pressepolitischer Vorgänge modellhaft erfassen und i n den umfassenderen Zusammenhang politischer, gesellschaftlicher und ideologischer Prozesse des Vormärz einordnen w i l l . Dabei gilt das Augenmerk vorzüglich den typischen Erscheinungsmerkmalen, den Parallelen und zentralen Kontinuitätselementen ebenso wie den Bestimmungsfaktoren der dynamischen Entwicklung i n Staat und Gesellschaft. Die Ergebnisse der chronologischen-ereignisgeschichtlich angelegten ersten beiden Teile werden i n einem Strukturmodell zusammengefaßt und vertieft, das die Grundelemente, die Abhängigkeiten und die Ergbnisse der bayerischen Pressepolitik zu erhellen versucht. Eine eingehende Betrachtung widmet sich daher dem politischen Koordinatensystem, das i n der Themenstellung als Spannungsfeld zwischen Bundespflicht und Verfassungstreue angegeben ist. Zwischen Konstitutionalismus und Neoabsolutismus, zwischen Souveränitätsdogma und Föderativbindung oder, auf die institutionelle Ebene bezogen, zwischen Landtag und Bundestag schwang das unstete Pendel der bayerischen Pressepolitik h i n und her. Eine Erörterung dieses Alternativengeflechtes führt auf die Grundprobleme des frühkonstitutionellen bayerischen Staates und beleuchtet das Verhältnis von Presse und Staat näher. Zugleich sind damit die gesellschaftlichen Spannungen angesprochen, i n denen der K o n f l i k t zwischen Presse und Staat seine Wurzeln hatte. Beim Blick hinter die Ereignisse lassen sich K o n f l i k t muster erkennen, die auf gesellschaftlich bedingten Gruppen- oder schichtenspezifischen Interessengegensätzen basieren. Progressismus und Konservatismus beeinflußten mit kontroversen Ideologien die Pressepolitik, so daß nicht nur eine begriffliche Abgrenzung, sondern auch eine inhaltliche Klärung der theoretischen Konzeptionen angezeigt schien.

Siebentes Kapitel:

Das politische Koordinatensystem Das Verhältnis zwischen Presse und Staat war entgegen den Bekundungen völliger Souveränität, die Bayerns Herrscher und i m Gefolge weite Kreise der Geschichtsschreibung postulierten, niemals rein innenpolitischer Natur. Die souveräne politische Entscheidung des Monarchen beschränkten i m Inneren Verfassungsbestimmungen, denen eine liberale Opposition größere Wirksamkeit zu geben bemüht war, nach außen Bundesgesetze, die seit 1819 den konstitutionellen Bindungen tendenziell entgegenliefen. Dieser permanente K o n f l i k t zwischen Bundespflicht und Verfassungstreue belastete die bayerische Pressepolitik, engte ihren Spielraum erheblich ein und förderte ein Schaukelsystem innerhalb eines umgrenzten politischen Raumes, i n dem allein sich Bayerns König einen Rest von Selbständigkeit zu wahren vermochte. Zugleich erhielt die Pressepolitik den Rang einer zentralen Kategorie i n den Augen der Führungsschicht ebenso wie i n denen der liberalen Opposition. Denn i n den pressepolitischen Entscheidungen konzentrierten sich die Widersprüche zwischen traditioneller Herrschaft und konstitutioneller Bewegung, zwischen föderativer Bindung und einzelstaatlicher Souveränität. 1. Bundespflicht

Die Geschichte des Deutschen Bundes ist noch nicht geschrieben, wohl aber finden sich an zahlreichen Stellen ausführliche Erörterungen über seine historische Bedeutung und seine rechtliche Konstruktion 1 . Dabei nimmt es nicht wunder, daß angesichts der rechtspositivistischen Tradition der deutschen Verfassungsgeschichtsschreibung die dogmatische Trennung von Staatenbund und Bundesstaat den Blick auf die Verfassungswirklichkeit versperrt 2 . Aber auch die Geschichtswissen1

Vgl. Einl., A n m . 32. Dazu die K r i t i k v o n G. Schnorr, Die Stellung der Ländervertretungen, i n : Archiv für öffentliches Recht 76/1950, S. 263, Anm. 8, der an dieser dogmatischen Trennung bemängelt, daß sie „der D y n a m i k der w i r k l i c h e n Verfassungsentwicklung i n keiner Weise entspricht u n d daher mannigfachen Übergangsstadien Platz machen muß". Neuansatz der verfassungsgeschichtlichen Forschung bei Böckenförde, M o derne deutsche Verfassungsgeschichte. 2

V I I . Kap. : Das politische Koordinatensystem

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schaft leidet bis heute unter den Nachwirkungen einer nationalstaatlichen Optik, die den Bund entweder als schwachen, aber dennoch w i r k samen Vorbereiter der deutschen Einheit würdigt oder i h n als Hemmschuh gegen die nationalen Kräfte verdammt 3 . Seine Bedeutung unter dem Aspekt der Freiheit zu betrachten und zu beurteilen, haben bisher nur wenige Historiker unternommen 4 . So ist es erklärbar, daß das Verhältnis der einzelnen Staaten innerhalb der Föderation meist verschämt umgangen oder unter Berufung auf die Bundesakte als gleichberechtigt dargestellt wird. Die hegemoniale Dominanz Österreichs und Preußens 5 , die dem föderativen Prinzip geradezu entgegenstand 6 , geriet damit aus dem Blickfeld oder wurde durch eine Überbewertung der europäischen Dimensionen der Bundespolitik, ihrer Bedeutung als Instrument der internationalen Stabilität und Friedenssicherung 7 , i n den Hintergrund gedrängt. Die außenpolitische Defensive des Bundes aber korrespondierte mit einer antiliberalen Reaktionspolitik i m Binnenraum; dem labilen Frieden zwischen den europäischen Mächten, der gegenüber liberalen Experimenten m i t den Waffen der Pentarchie der Großmächte gesichert wurde, entsprach i m Inneren die gewaltsame Erhaltung der traditionellen Herrschaftsform. Eine weitere Zwiespältigkeit i n der Entwicklung des Bundes blieb ebenfalls meist verborgen: I m Bereich der inneren „Sicherheit und Ordnung" kam der Bund seiner Aufgabe mehr nach, als die Bundesakte vorgesehen hatte und den Mittelstaaten lieb war. So war die Föderation ohne Zweifel nahe bei der Form des Bundesstaates angesiedelt, wo es galt, die Stabilität einer alten Gesellschafts- und Staatsordnung zu erhalten und zu verteidigen, staatenbündisch i n losester Form dagegen i n allen Bereichen, i n denen nationale Einheits- oder liberale Wirtschaftsforderungen anklangen. Bezeichnenderweise ist gerade der Zollverein nicht als Ergebnis bundespolitischer Bemühungen entstanden, sondern gegen Metternichs Bundeskonzept. Diese widersprüchliche Politik, die sich primär an den Interessen der Habsburger Monarchie orientierte, raubte dem Bund 3

Vgl. Spencer, Thoughts, S. 68 ff. Bezeichnenderweise sind es gerade landesgeschichtliche Arbeiten, die diesen Aspekt betonen. Vgl. Einl., A n m . 8. 5 V o n der Schwäche des Bundes sprechen: Deuerlein, Föderalismus, S. 73; Puttkamer, Föderative Elemente, S. 9; Schnabel, Deutsche Geschichte 3, 94 ff.; Spindler, Hb. I V , 1, S. 158 ff.; Srbik, Metternich 1, 579 u. 617. β Vgl. die Definition von Gasteyger, Die politische Homogenität, S. 2; w i dersprüchlich zu diesem Problem Huber, V G 1, 659 ff. 7 Bes. Srbik, Deutsche Einheit, S. 210 ff.; ebenso Huber, V G 3, 311 ff.; anders Mommsen, Bürgertum, der sich (S. 29) gegen jede Idealisierung des Bundes als föderalistische Lösung ausspricht u n d die Erhaltung des europäischen Friedens einer günstigen außenpolitischen Konstellation zuschreibt. 4

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

sein Ansehen und belastete den föderativen Gedanken i n Deutschland auch für die spätere Zukunft 8 . Der Föderalismus nahm ideologisches Gepräge an. Die liberale Seite verteidigte ihn als Schutz gegen zentrale oder hegemoniale Despotie, die Konservativen begrüßten i h n als Damm gegen unerwünschte Reformen und revolutionäre Ideen. Der Deutsche Bund wurde zum Instrument der Metternichschen Reaktionspolitik, deren Auswirkungen auf den jungen süddeutschen Konstitutionalismus verheerend waren und deren negative Ausstrahlungen bis i n den Parlamentarismus des 20. Jahrhunderts zu verfolgen sind. Die schrittweise Ausweitung der Kompetenzen veränderte die Struktur des Bundes und griff entscheidend i n die innere Entwicklung der Einzelstaaten ein. Als die Beschlüsse von Karlsbad i m September 1819 zu förmlichen Bundesgesetzen erklärt wurden, auf deren Grundlage alle Reaktionsbeschlüsse der Folgezeit erlassen werden konnten, und i n der Wiener Schlußakte von 1820 die „authentische Interpretation" der Bundesakte vorlag, hatte die ursprüngliche Funktion des Bundes erhebliche Modifikationen erfahren. Ohne direkten Zugriff auf die Verfassungen der Einzelstaaten — der A r t i k e l 13 war nicht i m Sinne der Metternich-Gentzschen Deutung geregelt worden — übernahm der Bund doch wichtige Teilgebiete des innerstaatlichen Verfassungslebens i n seine Kompetenz 9 . Daß diese Vereinheitlichung aber nur unter negativen Vorzeichen, einer gemeinsamen reaktionären Unterdrückungspolitik, zustandekam, belastete dieses Bündnis Zeit seines Bestehens. Was an der Pressefrage und der gesetzlichen Ausführung des A r t . 18 der Bundesakte besonders eindringlich nachzuweisen ist, gilt i n gleicher Weise für eine Reihe anderer grundlegender Verfassungselemente des süddeutschen Konstitutionalismus. Der Eingriff des Provisorischen Bundespreßgesetzes, das sich unter Umdeutung der ursprünglichen Intention des A r t i k e l 18 d auf die Kompetenz des Bundes zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit stützte, war besonders gravierend. Denn es gestand dem Bunde nicht nur die dauernde Kontrolle und das Eingriffsrecht i n die Pressepolitik der Einzelstaaten zu, sondern räumte i h m auch das Entscheidungsrecht i n Beschwerdefällen und ein selbständiges Verbotsrecht ein, das er notfalls m i t dem M i t t e l der Bundesexekution durchsetzen konnte 1 0 . Der Deutsche Bund l i t t zu Beginn seiner Gründung, besonders aber nach dem Erlaß von Verfassungen i n einer Reihe von Mittelstaaten, an einem Mangel an Interessen- und Verfassungshomogenität, der seinen 8

Z u m Gesamtproblem Deuerlein, Föderalismus. Staatsrechtlich drückte sich dies i m Vorrang der Bundesgesetze vor den Landesgesetzen aus. 10 Huber, V G 1, 745; Rudhart, Recht des Deutschen Bundes, S. 25 ff. u. 237 ff. 9

V I I . Kap. : Das politische Koordinatensystem

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Bestand i n Frage stellte 1 1 . Daher warf Metternich das ganze Gewicht Österreichs als Präsidialmacht und europäischen Führungsstaat ins Spiel, um eine labile Homogenität aus reaktionären Kampfzielen herzustellen, die notwendigerweise auf Kosten der Verfassungsstaaten gehen mußte, da Österreich und Preußen jede Konzession gegenüber der konstitutionellen Bewegung strikt ablehnten 12 . Diesen Minimalkonsensus zwischen den Herrschern der Einzelstaaten konnte Metternich m i t Diplomatie und politischem Druck bis zum Ende der 30er Jahre aufrechterhalten, über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren also, i n dem m i t wechselnder Intensität zwar, aber insgesamt dennoch m i t zunehmender Stärke die Bundespolitik das Verfassungsleben der Einzelstaaten reaktionär überformte. Das Verfahren von 1819 demonstrierte zudem einer schockierten Öffentlichkeit die Entmachtung der Bundesversammlung, die nun wirklich zu einem unselbständigen Ausführungsorgan „polizeilicher Notmaßregeln" 1 3 absank. So wurde der Bundestag, vornehmlich i n den Kampf jähren nach 1830, bevorzugtes Objekt publizistischer Angriffe, weil er als Symbol der Reaktion und als ihr wichtigstes Koordinierungsinstrument galt. Der ungeheuere Verlust an Ansehen, den der Bundestag und m i t i h m der gesamte Bund als Staatsform hinnehmen mußten, entsprang der tiefen Enttäuschung des Jahres 1819. So war die totale Entfremdung zwischen Bund und liberaler Bewegung, die i m Jahre 1832 bis zum systemverändernden revolutionären Kampfaufruf führte, schon frühzeitig vorbereitet. U m seiner eigenen Erhaltung w i l l e n war der Bund gezwungen, die Opposition gegen seine Maßnahmen und gegen seine Existenz als reine Fürstenallianz zu ersticken. I n der verhängnisvollen politischen Entscheidung von 1819 lag daher schon der Zwang zu weiterer, verschärfter Repression. Karlsbad begründete die systembedingte Notwendigkeit ständiger Kompetenzerweiterung, um eine i m letzten aussichtslose Pol i t i k der Unterdrückung geistiger Bewegungen und der Revidierung gesellschaftlicher Prozesse durchführen zu können. M i t dieser selbstgewählten Isolierung entzog sich die Bundesversammlung zwar zeitweise der Diskussion über ihre Rolle i m politischen Leben Deutschlands, die Verachtung der Liberalen jedoch, die von die11 Z u m Problem allgemein: Gasteyger, Die politische Homogenität; Reißfelder, Verfassungsautonomie u n d -homogenität: s. auch Rudhart, Politische Stellung Bayerns, S. 26 f. : „ A b e r was Bündnisse allein zusammenhält, ihnen von selbst das Dasein u n d die moralische Einheit gibt, — das gleiche Bedürfnis der Sicherheit u n d die Einheit des Interesses — fehlt dem teutschen Bunde." 12 Polemisch, aber zutreffend die zeitgenössische Analyse i n „Die Gegenw a r t " 1/1848, bes. S. 748 ff. und ebd., 2/1849, S. 369 ff.; Treitschke, Deutsche Geschichte 1, 711. 13 Treitschke, Deutsche Geschichte 2, 556; ähnlich „Die Gegenwart" 1/1848, S. 761.

1 Tremi

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

sem Gremium einst die Verwirklichung ihrer Einheits- und Freiheitsideale erhofft hatten, wuchs ins Ungemessene 14 . Zugleich setzte ein Prozeß zunehmender Distanzierung zwischen gesellschaftlichen Kräften und staatlicher Sphäre ein. Die vielzitierte Entfremdung zwischen Staat und Gesellschaft erfaßte auch Bayern u m so stärker, je mehr seine Herrscher das stärkste integrierende Element, die Verfassung, unter bundespolitischem Einfluß seiner liberalen Elemente beraubten 15 . Dieser Prozeß w i r d am deutlichsten faßbar i n der Pressepolitik, w e i l gerade die Presse sich als autorisiertes Organ gesellschaftlicher Ansprüche gegenüber der staatlichen Gewalt verstand. Der enttäuschte Liberalismus, der i m Bund anstelle eines staatlichen Integrationsmittels ein Instrument reaktionärer Kabinettspolitik erkannte, zog sich mehr und mehr i n die Grenzen seines Einzelstaates zurück 16 , und traf dort auf eben jene Schranken, die der Bund kraft seiner erweiterten Kompetenz errichtet hatte. Gerade gegen diese Dominanz des Bundes bildeten sich i n den süddeutschen Staaten Allianzen zwischen den verschiedensten gesellschaftlichen und politischen Gruppen, die nur eine sehr oberflächliche Identität der Interessen zusammengeführt hatte und deren verbindendes Schlagwort die „Souveränität" darstellte. Liberaler Partikularismus, konservativer Patriotismus und bürokratischer Absolutismus gingen zeitweise gemeinsam gegen die Übermacht des Bundes an und tangierten damit auch die Position des Regenten, der seine fürstliche Souveränität i m „Monarchischen Prinzip" gewährleistet sah, das i h m das Bundes Verhältnis garantierte. 2. Monarchisches Prinzip und Souveränität 17

Das „Monarchische Prinzip" stellte die wichtigste und zugleich fragwürdigste staatsrechtliche Klammer zwischen Bund und Einzelstaaten 14 Darmstadt, Bund, S. 162 ff., weist diesen totalen Meinungsumschwung zwischen 1815 u n d 1820 an der zeitgenössischen Publizistik nach. 15 Ilse, B V 2, 282 und 286 f. betont vor allem die Trennung von Fürst und Volk, die dieser Allianz zwischen Herrschern u n d Feudalaristokratie und der widerrechtlichen Umgestaltung des Bundes entsprang. Ausführlich zum Gesamtproblem Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 218 ff.; vgl. auch Brandt, Landständische Repräsentation, S. 5 ff. 16 Treitschke, Deutsche Geschichte 2, 555 beklagt diese Entwicklung aus nationalliberaler Perspektive. 17 Grundlegend immer noch H. O. Meisner, Das monarchische Prinzip; neuere Zusammenfassungen m i t Literaturangaben bei Huber, V G 1, 646 ff. u n d Brandt, Landständische Repräsentation, S. 36, A n m . 9; H. Boldt, Deutsche Staatslehre, S. 15 ff.; wichtige Beiträge i n dem Sammelband von H. H. Hofmann, Die Entstehung des modernen souveränen Staates (bes. Aufsätze von Raumer, Brunner, L. Doeberl, Conze u n d Meisner); zur neueren rechtsgeschichtlichen u n d -theoretischen Diskussion: Kurz, Volks- u n d Staatssouveränität; grundlegend f ü r Bayern Quint, Souveränitätspolitik; interessante Hinweise auch bei Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 427 ff.

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dar. Es war zwar „kein tragfähiges politisches Formprinzip mehr, das seine Legitimität i n sich t r u g " 1 8 , blieb aber i n der Verfassungsrealität des 19. Jahrhunderts wirksam. Aus der Defensive gegen die revolutionären Forderungen nach Volkssouveränität geboren und mühsam gestützt durch eine restaurative Wiederbelegung des Gottesgnadentums bedeutete es eine verhängnisvolle Rückwendung für die deutsche Verfassungsgeschichte 19. Daß der König alleiniger Träger der Staatsgewalt sein sollte, legte die bayerische Verfassung i n Titel I I § 1 fest, wobei über Ausmaß und Reichweite dieser monarchischen Souveränität wie über viele Teile der Verfassung ein Dissens bestand, den erst die politische Praxis der Zukunft klären mußte. Diese Entscheidung fiel jedoch nicht i m innerstaatlichen Kompromiß, sondern wurde durch den Bund i n eindeutig restaurativer Weise gefällt. Hatte die Bundesakte nur die äußere Souveränität der Fürsten angesprochen, so forderte der A r t i k e l 57 der Wiener Schlußakte auch die Souveränität nach innen. Diese „bundesrechtliche Gewährleistung des monarchischen Prinzips war ein M i t t e l dauernder Verfassungskontrolle und öffnete die Möglichkeit zu ständigen Verfassungsinterventionen des Bundes gegenüber seiner Gliedstaaten" 2 0 . U m die Sicherung seiner fürstlichen Souveränität willen büßte so auch der bayerische König ein Teil seiner innerstaatlichen Selbständigkeit ein. Zugleich aber baute er, und das war der wahre Grund für seine Zustimmung, gegenüber den Abgeordneten und den oppositionellen Gruppen der Gesellschaft eine Barriere auf, deren Überschreitung notfalls auch der Bund verhindern half. Insbesondere sollte das monarchische Prinzip eine Teilung der legislativen Gewalt und eine Ausweitung des Zustimmungsrechts der Stände verhindern 2 1 . Schon die Verfassung von 1818, die oktroyiert und nur sehr eingeschränkt zum Kompromiß bereit war, ließ keinen Zweifel an der vollen Wahrung der königlichen ,plenitudo potestatis'. So war auch die durch das I I I . Edikt weitgehend eingeschränkte Freiheit der Presse von Anfang an als Konzession des Königs verstanden worden. Bescheidene Darstellung, Zustimmung und Linientreue hatte man i n Verkennung des liberalen Öffentlichkeitspostulats dafür erwartet, K r i t i k und Opposition dagegen fand man. Weder der König noch seine konservative Umgebung entwickelten Verständnis für die konstruktive Funktion dieser öffentlichen Diskussion. Ihnen galt sie vielmehr als Störung, ja als Anfechtung einer politischen und gesell18 Böckenförde, i n : Conze, Beiträge zur deutschen und belgischen Verfassungsgeschichte, S. 90. 19 Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 224. 20 Huber, V G 1, 656. 21 Meisner, Monarchisches Prinzip, S. 199 (Äußerung Rechbergs i n K a r l s bad).

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

schaftlichen Ordnung, die sie i m wohlverstandenen Eigeninteresse nicht i n Frage stellen ließen. Angesichts dieser Gegensätze hatte die theoretische Grundlegung des monarchischen Prinzips i n der Verfassung des Bundes und Bayerns für die Pressepolitik entscheidende Konsequenzen. Sie band Bayern i m Außenverhältnis stärker an den B u n d 2 2 und gewährte dem König uneingeschränkte exekutive Verfügungsgewalt über die Presse. Die Erklärung der Fürstensouveränität war das Wollen, das den Absolutismus wenigstens i n einem Kernbestand i n das 19. Jahrhundert hinüberzuretten sich bemühte. Dieses Ziel wurde durch die Plazierung der Exekutive i n der Verfassungsstruktur erreicht. Sie spiegelt sich wider i n dem viel berufenen Gegensatz von Staat (d. h. Exekutive) und Gesellschaft und seiner juristischen Entsprechung, der Theorie vom rechtsfreien Innenraum des Staates und der dem Recht zugehörigen Außensphäre 23 ." Zwischen beiden Bereichen zu vermitteln, setzte sich die Presse zum Ziel. Sie verstand sich als Medium gesellschaftlicher Meinungs- und Willensbildung und versuchte Einfluß auf staatliche Entscheidungen zu gewinnen. Daher drängte der Liberalismus, der die Pressefreiheit als Menschenrecht und als grundlegendes konstitutionelles Freiheitsrecht verstand, auf gesetzliche Regelungen, um die Verfügungsgewalt über die Presse dem unbeschränkten Recht der königlichen Exekutive zu entziehen. Denn „nur das von der Gesellschaft eroberte Terrain war vom Recht beschienen; i m übrigen herrschte das ,Nicht-Recht' des A b solutismus" 24 . A u f diesem Hintergrund werden die Verfassungskämpfe von 1819 und 1831 um gesetzliche Regelungen und gegen die Zensur verständlich. Denn der Monarch beharrte auf seinem unbeschränkten exekutiven Recht, das i h m gegenüber der politischen Presse freie Hand ließ. M i t Instruktionen und Ver waltungs ver Ordnungen konnte der bayerische König seine Pressepolitik unangefochten durch Ansprüche des Landtags der jeweiligen außen- und innenpolitischen Lage anpassen und jede politische Kehrtwendung vollziehen, ohne rechtlich dafür einstehen zu müssen. Dazu trat ergänzend das traditionelle Kronrecht zur Führung der Außenpolitik, i n dem die Stände von der Mitsprache ausgeschlossen waren. Da innerhalb des Deutschen Bundes aber wenige Themenbereiche rein innenpolitischer Natur und damit nach der De22

Den Versuch, aus dem monarchischen Prinzip eine pressepolitische B u n deseinheit abzuleiten, also eine Harmonisierung zwischen Landes- u n d B u n desrecht i n der Pressefrage, u n t e r n i m m t Chr. v. A r e t i n i n seiner Schrift „Wie darf man i n den deutschen Bundesstaaten über politische Gegenstände schreiben?". 23 Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 79; Friauf, Staatshaushalt, S. 208 ff. („parlamentsfreier ,Innenraum 4 " des Staates). 24 Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 90.

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finition des Begriffes „politisch" zensurfrei waren und der Bund zudem seine Kompetenzen ständig erweiterte, hing das Schicksal der Presse nicht nur von der mehr oder weniger großen Liberalität des Monarchen, sondern gleichermaßen von der jeweiligen bundespolitischen Richtung der Pressepolitik ab 2 5 . Dazu kam, daß eine konservative Internationale 2 6 diese Fürstensouveränität und ihre verfassungsrechtlichen Auswirkungen bewußt stützte, um ihre Machtposition zu erhalten und die M i t wirkungsansprüche des aufsteigenden Bürgertums abzuwehren. Die Folge war das organisierte Zusammenspiel dieser Kräfte i n einer bundespolitischen Reaktion, bei der Max Joseph eher wie ein Statist wirkte, während L u d w i g I. einen Hauptpart spielte. Der Versuch, diese fürstliche Souveränität, die dem Geist des A b solutismus angehörte und den Regenten zur innen- und außenpolitischen Defensive verurteilte, i n einem konstitutionellen Staat konsequent durchzusetzen, war vor allem nach 1830 ein reaktionäres Verfahren, das weder der eigenen staatlichen Tradition gerecht wurde noch von besonderem politischen Weitblick zeugte 27 . Denn das eigentlich zukunftsweisende moderne Souveränitätskonzept, das das deutsche Staatsleben i n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausschließlich bestimmte, hatte Bayern bereits unter Montgelas praktiziert. Freilich brachte diese Staatssouveränität 28 , nach der der Herrscher nur der Ausübung, nicht mehr der Substanz nach die oberste Staatsgewalt verkörperte und nur noch als Organ des Staates souverän war, letztlich den Sieg der Bürokratie über die alte Adelsgesellschaft. Dafür aber bot sie als einzige Theorie die Chance den Dualismus zwischen Monarch und Volksvertretung flexibel zu lösen und die innerstaatliche Entwicklung durch Abgrenzung gegenüber dem Bund offen zu halten. Die Wirksamkeit des Ministeriums Montgelas 20 ist i n dieser Hinsicht bis weit i n die dreißiger Jahre spürbar. Gerade i n der höheren Bürokratie lebte ein staatskonservativer Reichspatriotismus fort, der auch i n der Pressepolitik deutliche Widerstände gegen den Bund anmeldete, ohne deshalb der Pressefreiheit das Wort zu reden. Denn nicht die Presse war das Anliegen, sondern die 25 Schütz, Deutschlands Preßgesetze, S. 44, stellt zurecht fest, daß nahezu alle Schriften i n irgendeiner Richtung als politische zu deuten seien. 26 Z u m Begriff vgl. Hippel, Blittersdorff, S. 2. 27 Aufschlußreich der Brief des Fürsten von Leiningen an Prinz A l b e r t v o m 8. Januar 1848 (zit. nach V. Valentin, Fs. K a r l v. Leiningen, S. 212f.): „Durch die Verwechslung des monarchischen Prinzips m i t dem Absolutismus u n d dem Selbstregieren w i r d dem Prinzip selbst eine harte Wunde geschlagen. . . . Unter solchen Umständen trägt der Radikalismus, der schlechte Liberalismus, die gewaltsame Revolution endlich n u n so leichter den Sieg davon, w e i l ihre Gegner den Rechtsboden verlassen . . . " 28 Dazu L. Doberl, Staatssouveränität. 29 Vgl. Kap. I, 2.

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staatliche Selbständigkeit Bayerns. Dennoch wurde gerade diese Gruppe mehrmals zum Retter der bayerischen liberalen Presse vor völliger Unterdrückung durch den Bund. Für Herrscher, Regierung und Teile des Beamtenliberalismus 80 lieferte der Patriotismus ein innerstaatliches Integrationsmittel, nach außen eine ideologische Basis, um an die Stelle früherer Machtpolitik eine Politik der moralischen Eroberungen i n Deutschland zu setzen. Dieser Anspruch auf Führung Bayerns als größter rein deutscher und mächtigster konstitutioneller Staat fand bis i n die Regierung hinein Fürsprecher und spielte bei den verschiedenen Versuchen zur Begründung einer konstitutionellen Trias 8 1 eine Rolle, deren Scheitern durchwegs dem engen Souveränitätsverständnis der bayerischen Herrscher zuzuschreiben war. Die ersten, auch für die Pressepolitik bedeutsamen Entscheidungen hatte Montgelas bereits beim Wiener Kongreß getroffen, als aufgrund der bayerischen Unnachgiebigkeit der Begriff „souverän" i n die Bundesakte aufgenommen wurde. Außerdem gab der König die Zustimmung zur Ratifizierung der A r t i k e l 11 und 20 nur m i t einer einschränkenden Erklärung, die auf entsprechende landesgesetzliche Regelungen verwies 3 2 . Die Nachfolger Montgelas' jedoch waren weder willens noch i n der Lage, auf dieser politischen Basis konsequent aufzubauen, um Bayerns konstitutionelle Entwicklung i n fortschrittlichere Bahnen zu lenken und eine Pressepolitik der schrittweisen Reform zu betreiben. So war das bayerische Souveränitätsbewußtsein ein Produkt aus vielen verschiedenen Faktoren, ein Konglomerat aber auch aus Wünschen und Absichtserklärungen, oft mehr verbaler Schutzschild als v e r w i r k lichte politische Praxis, sicher aber ideologischer Überbau der herrschenden Schicht zur Sicherung des bestehenden gesellschaftlichen Zustandes und der politischen Machtverteilung 8 3 . I m Denken M a x i , und mehr noch Ludwigs I. dominierte die monarchische Souveränität über alle anderen Spielarten, auch über die Verfassungstreue, wenn es galt, die Pienipotenz des Königs gegenüber Anfechtungen und Ansprüchen zu bewahren. Sobald die innerstaatliche Opposition übermächtig zu 30 So etwa die Aussage Rudharts, Politische Stellung Bayerns, S. 33: „ B e i Beharrlichkeit darin w i r d Bayern bald von selbst an moralischer K r a f t u n d an Ansehen gewinnen, u n d an der Spitze der teutschen Staaten stehen. Das Nationalgefühl w i r d sich Bayern zuwenden u n d seine moralische Hegemonie begründen." 31 Z u r Trias Aretin, i n : Schindler, Bayerische Symphonie 1, 404 ff.; Herre, Nation, S. 90 ff.; Hippel, Blittersdorff, S. 24 ff. 32 Vgl. Kap. I., A n m . 7. 33 Quint, Souveränitätspolitik, S. 38 - 52 u n d 507 ff., stellt i n der U n t e r suchung des zeitgenössischen Staatsrechts fest, daß die Frage der Souveränität als delikates aktuelles Problem überwiegend rechtspositivistisch abgehandelt w u r d e u n d man politische Gesichtspunkte aus Angst vor Sanktionen aussparte. Diese Charakterisierung t r i f f t allerdings auf Behr u n d Rudhart, die Quint bedauerlicherweise nicht miteinbezieht, nicht zu.

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werden drohte, benützten der König und seine konservativen Ratgeber das überstaatliche Bündnis ohne Bedenken um den Verlust der bayerischen Souveränität, u m i m Inneren ohne Gesichtsverlust bestehen zu können 34 . Gegenüber dem Bunde zeigte man sich, wie die Darstellung der Pressepolitik zur Genüge demonstrierte, entgegenkommend, nach innen verteidigte man sich m i t der Berufung auf das Bundesverhältnis und gab sich den Anstrich von Liberalität, indem man durch Vorbehalte den Willen zur Verfassungsmäßigkeit vorspiegelte. Souveränität und Verfassungstreue aber wurden zur schönen Täuschung, wenn sie i n der Hand einer bundesweiten Herrschaftselite aristokratischer Provenienz zur Formel politischen Kalküls abgewertet wurden, deren Einsatz nach jeweiliger außen- oder innenpolitischer Opportunität gepflegt wurde. Verstärkt noch durch innere Gegensätze i m Ministerium, die nicht zuletzt auf divergierende Souveränitätsvorstellungen zurückgingen, bildete sich nach 1819 jene unsichere und zwiespältige Schaukelpolitik heraus, die Metternich letztlich trotz aller bayerischen Vorbehalte die Durchsetzung seiner Ziele ermöglichte. Die bayerische Pressepolitik aber nahm den Charakter des Schwankenden an, „jene schimpfliche Schwäche" 35 , die ein Resultat der ständigen Zweifrontendefensive des fürstlichen Souveräns gegen den Bund nach außen und die liberale Bewegung i m Inneren war. Bis 1837 blieb das unentschiedene Pendeln zwischen konstitutioneller und absolutistischer Pressetheorie, zwischen Repressiv- und Präventivsystem, zwischen Pressefreiheit und Zensur, zwischen negativer und positiver Pressepolitik typisch für das Verhalten der bayerischen Regierung. Der Versuch, Bundespflicht und Verfassungsbindung gegeneinander auszuspielen 36 , um der Fürstensouveränität größten Entscheidungsrahmen zu erhalten, scheiterte letztlich und engte nicht nur die Handlungsfreiheit der Opposition ein, sondern auch die des Königs selbst. Indem sie eine gesetzliche Regelung verhinderten und sich die freie Interpretation des Begriffes „politisch" i m § 2 des I I I . Ediktes vorbe34 So ergab sich nach 1819 die geradezu paradoxe Situation, daß die k o n servativen Bundesgegner n u n gerade beim B u n d Zuflucht suchten, u m den Liberalismus einzudämmen, während sich die Liberalen, die ursprünglich auf den B u n d gezählt hatten, enttäuscht hinter der einzelstaatlichen Verfassung verschanzten. So Huber, V G 1, 736; Schneider, Pressepolitik, S. 254; diese Feststellung bereits bei Zeitgenossen: Schmitz-Grollenburg an Cotta v. 26. Okt. 1819 (in Schiller, Cotta 2, 142). 35 Treitschke, Deutsche Geschichte 1, 583. 36 Treffend dazu ÖGB 1, 56 f. (Trautmansdorff an Metternich v o m 8. März 1825); den gleichen politischen Vorgang stellt Hippel, Blittersdorf, S. 2 f., auch für Baden fest. Aufschlußreich für die bayerische P o l i t i k u n d die Konsequenzen, die M e t ternich daraus zog, ist ÖGB 2, 650 ff. (Weisung Metternichs an den neuen Gesandten Graf Colloredo v. 30. März 1837).

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

hielten, gelang es M a x i , und L u d w i g I . , über Jahrzehnte hinweg das Prinzip der Verfassungsmäßigkeit i n der Pressepolitik aufrechtzuerhalten, zugleich aber dem Konstitutionalismus auf dem Verwaltungswege die Zügel anzulegen. Damit behielt die königliche Exekutive die Hand auf der politischen Presse und konnte, soweit es ihr erwünscht war, eine bundeskonforme Zensur durchführen. Allerdings gelang es den Liberalen nach dem Regierungsantritt Ludwigs I., durch Aufspaltung des Begriffes „politisch" den innenpolitischen Bereich der Zensur zu entziehen. Doch die Argumentation der liberalen Anhänger der Pressefreiheit war nur eine juristische Hilfskonstruktion, die ihre Stütze freilich i n Teilen des zeitgenössischen Staatsrechts fand. Die strenge Scheidung nach außen- und innenpolitischen Themen war i n der journalistischen Praxis tatsächlich kaum möglich und angesichts der engen politischen und ideologischen Verflechtung Bayerns m i t anderen Bundesstaaten ebenfalls nicht durchführbar. So hatte man den Streit nur auf eine andere Ebene verlagert, die Entscheidung darüber, was politisch war und damit der Zensur unterlag, traf wiederum die Verwaltung. Deshalb forderte die Opposition schon auf dem Landtag von 1831 die endgültige Aufhebung der Zensur, die Regierung beharrte dagegen auf außenpolitischen Rücksichten. I n Wahrheit ging es Ludwig I. u m die ungeschmälerte Wahrung seiner Kronrechte 37 . Diese Regelung blieb zwar bis zum Ministerium Abel erhalten, weil die Reaktion auf das Januaredikt keinen weiteren derartigen Versuch ratsam erscheinen ließ, der Bereich der inneren Politik wurde aber auf dem Verwaltungswege derart eingeengt, daß der Berichterstattung nur noch ein minimaler Raum ohne jede politische Brisanz verblieb. Gegenüber dem Bund ließ sich diese Interpretation ebenfalls vertreten, weil die Innenpolitik i n jedem Fall, zumindest nach den Buchstaben des Bundesrechtes, der inneren Souveränität angehörte und damit frei von äußeren Einflüssen bleiben mußte. Diese innere Souveränität war jedoch schon erstmals i n Karlsbad untergraben worden, wie die konkreten Folgen für die Presse beweisen 38 . Der österreichische Einfluß wirkte, sei es auf direktem Wege, sei es über den Bund, unmittelbar bis i n die Verwaltungspraxis und ist an einer Reihe von Einzelverordnungen — besonders für das Jahr 183239 — klar nachzuweisen. Je stärker Bayern seine Unabhängigkeit verbal betonte, desto geringer war sie i n der politischen Realität. 1819 und 1832 scheute die Regierung nur die Konsequenzen eines offenen A n schlusses an das Bundespressegesetz und wehrte dieses Ansinnen unter Berufung auf die Souveränität ab. Den Zweck des Bundes, die totale 37 38 39

s. Kap. I V , 3. s. Kap. I I I . s. Kap. V I / I I .

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Reglementierung der Meinungsfreiheit, jedoch erfüllte auch Bayern gewissenhaft. So entsprang auch die Berufung auf die verfassungsmäßig zugesicherte Pressefreiheit gegenüber dem Bund nicht wirklich konstitutionellem Denken oder Verständnis für die Funktion der Presse, sondern einzig dem Wunsch des Monarchen, seine Souveränität auch vom Bunde nicht zu sehr beengen zu lassen. Die Anpassung an die Bundespolitik erfolgte daher i n Bayern nicht auf der staatsrechtlichen Ebene, nicht durch verbindliche Bundesgesetze. Hier vermitteln die A k t e n bei oberflächlicher Betrachtung vielmehr den Eindruck dauernden Widerstandes und betonter Eigenständigkeit. Ihren Niederschlag fand die bundespolitische Reaktion allerdings i m Bereich der innerstaatlichen Verwaltung, die der König ungeteilt zu beherrschen bemüht war. Von einer Wirkungslosigkeit der Karlsbader Beschlüsse zu sprechen, ist deshalb nur bei naivem Glauben an Regierungsaussagen und Rechtsnormen oder mangelndem Quellenstudium möglich 40 . Das Gegenteil bezeugen der maßlose Druck auf die Presse nach 1819 41 und die Zerschlagung der liberalen Publizistik nach 1832, beides Vorgänge, die i n unmittelbarer Beziehung zur bundespolitischen Reaktion stehen. Eine fortschreitende Entwicklung der Verfassung, die allmähliche Realisierung politischer Versprechungen und die Erfüllung liberaler Hoffnungen, alles Erwartungen, die gerade L u d w i g I. i n seinen ersten Regierungs jähren ausdrücklich geweckt hatte, waren mit dem Jahre 1832 endgültig als Ziele königlicher Politik ad A k t a gelegt worden. Um die tiefgreifende Wirkung dieses Systemwandels richtig einzuschätzen, ist es unumgänglich, sich Möglichkeiten und Wirklichkeit des bayerischen Konstitutionalismus vor Augen zu halten, die Alternativen vor Karlsbad und während der Scheinliberalen Phase L u d w i g I. zu überprüfen, die Inhalte der liberalen Forderungen zu analysieren und den Stellenwert der Pressefreiheit i m Gesamtsystem zu erfassen. 3. Liberalismus und Konstitutionalismus

Träger der konstitutionellen Bewegung i n Bayern war ein spezifisch süddeutscher Liberalismus 4 2 , der i n den Ideen der französischen A u f 40 Auffällige Beispiele dafür: Adalbert v. Bayern, M a x I. Josef, S. 79; Zimmermann, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 110, k o m m t zu dem erstaunlichen Ergebnis, Karlsbad sei für Metternich „ e i n einziger Mißerfolg" gewesen; vgl. auch Kap. I I , A n m . 1 u n d Kap. I I I . 41 Dies bekundete Zentner selbst einige Jahre später, als er äußerte, die Strenge gegen die Presse habe unter äußerem Druck zugenommen u n d die Aufsicht über die übrigen Schriften sei einer Zensur gleichgekommen (nach Bitterauf, Zensur, S. 340). 42 Eine moderne zusammenfassende Geschichte des Liberalismus fehlt. Wichtige Hinweise bei Huber, V G 2, 374 ff.; Geschichte des deutschen Liberalismus (Aufsatzsammlung); Schnabel, Deutsche Geschichte 3, 121 ff.; Gall (Hrsg.), Liberalismus.

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klärung wurzelte, zugleich aber Elemente der landständischen Tradition beinhaltete 43 . Der Montgelas-Staat kam i n einem Teilbereich der Forderungen der liberalen Verfassungsbewegung entgegen, ohne ihr mit seinem System des bürokratischen Absolutismus voll zu entsprechen 44 . Zugleich erfuhr der Liberalismus unter dem Eindruck der R e volution von oben4 eine Prägung, die i h n von der norddeutschen, nach England orientierten liberalen Bewegung unterschied. Der Schwerpunkt des bayerischen Liberalismus lag auf der vernunftrechtlichen Komponente, wie sie vor und während der Französischen Revolution entwikkelt wurde. A u f dieser Grundlage entstanden ein am Staat orientierter Beamtenliberalismus, der i m modernen Verwaltungsstaat ein Ideal sah, und ein fortschrittlich konstitutioneller Liberalismus, dessen oberstes Ziel die Fortbildung der Verfassung war. Eine dritte nur bedingt liberale Gruppe, die einem romantischen Organismusdenken anhing, Schloß sich i m Verlauf des Vormärz mehr und mehr den restaurativen Kräften an. Unbestritten war bei allen Richtungen die Staatsform der Monarchie, i n der innerstaatlichen Machtverteilung dagegen setzte jede Gruppierung andere Schwerpunkte 45 . Die Breitenwirkung dieses Frühliberalismus war i n seiner Entstehungsphase gering. Z u sehr dominierte das akademisch gebildete Bürgertum; die Reichweite dieser „literarisch-publizistischen Freiheitsbewegung" 4 6 war beschränkt, weil sie sich auf keine echte Volksbewegung stützen konnte und noch über kein präzises politisches Programm verfügte 4 7 . Eine Differenzierung der liberalen konstitutionellen Bewegung fand erst nach der Julirevolution von 1830 als Antwort auf die Reaktionspolitik der deutschen Fürsten und des Bundes statt. I n dieser „Epoche der existenziellen Verfassungskämpfe" 48 formierten sich ver43 R. v. Dülmen, S t r u k t u r w a n d e l der A u f k l ä r u n g i n Bayern, i n : Festschrift f. K . Bosl z. 65. Geb., hrsg. v. Fr. Prinz / Fr. J. Schmale / F. Seibt, M ü n chen 1973, S. 672 f; zur landständischen Tradition: K . Bosl, Geschichte der Repräsentation; H. Rausch, Grundlagen der modernen Volksvertretung, Bd. 2 (dort bes. Aufsätze von Schubert u n d Carstens); K . Bosl, Der moderne Parlamentarismus u n d seine Grundlagen i n der ständischen Repräsentation, München 1977. 44 Spindler, Hb. I V , 1, S. 38 ff. 45 Diese Gruppierung nach Brandt, Landständische Repräsentation, S. 163; dazu auch Böckenförde, i n : Moderne deutsche Verfassungsgeschichte, S. 27 39; besonders ergiebig H. Boldt, Deutsche Staatslehre, S. 263 ff. (Zur Theorie des monarchisch-konstitutionellen Systems) u n d S. 282 ff. (Konstitutionelle Verfassungsmodelle). 46 Brandt, Landständische Repräsentation, S. 161. 47 Gall, Der Liberalismus als regierende Partei, bes. S. 23 ff., liefert nicht n u r einen überzeugenden Beitrag zum süddeutschen Liberalismus, sondern demonstriert m i t seinem landesgeschichtlichen Ansatz auch die Tatsache, daß die Geschichte des 19. Jahrhunderts vor der Reichsgründung als Geschichte einzelstaatlicher P o l i t i k und Gesellschaft geschrieben werden muß. 48 Huber, V G 2, 32.

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schiedene liberale ,Parteien' 49 , ein gemäßigter Liberalismus, der die konstitutionelle Monarchie als Kompromißlösung akzeptierte, und ein demokratischer Liberalismus, der Volkssouveränität und Republik auf seine Fahnen schrieb. Diese radikale Bewegung, die eines ihrer Hauptzentren i n Rheinbayern hatte 5 0 , stellte dem Anpassungsmodell der Gemäßigten ein eigenständiges revolutionäres Konzept entgegen, das dem nationalen Einheitsstaat und der politischen und gesellschaftlichen Gleichheit den Vorrang einräumte. Sie begnügte sich auch nicht mehr m i t den beschränkten Rechten der Ständekammern, sondern forderte ein parlamentarisches System, i n dem die Repräsentanten des ganzen Volkes über die Politik der Regierung entschieden. Vor 1830 allerdings scheint es nicht sinnvoll, angesichts der Vermischung liberalen und demokratischen Gedankengutes, den Begriff des Radikalismus zu verwenden 5 1 . Daß der Radikalismus von 1832, der sich vorwiegend publizistisch äußerte, erst i n der Folge einer immer einschränkenderen Pressepolitik des Königs und des Bundes sich voll entfaltete, hat auch das historische Urteil über seine Anhänger zu bestimmen. I n jedem Falle stellt es eine Umkehrung des Kausalzusammenhanges dar, die radikale Bewegung i n Bayern für die politische Reaktion des Jahres 1832 verantwortlich zu machen 52 . Trotz aller individuellen Abweichungen waren die verbindenden Elemente innerhalb des bayerischen Frühliberalismus zunächst stärker als die trennenden. Dazu trug nicht zuletzt die gemeinsame Gegnerschaft gegen den Deutschen Bund bei. Von der Verfassung erhofften sich die Liberalen die allmähliche Verwirklichung des Rechtsstaates, von der Souveränität Bayerns Schutz vor dem Rückfall i n den Absolutismus und vom Monarchen die Bereitschaft, einen Kompromiß zur Abgrenzung von Krön- und Volksrechten einzugehen. Der Stolz auf die Verfassung und ein modernes Staatsgebilde einte zeitweise sogar die verschiedensten Gruppen der Gesellschaft i n einer Politik der ,moralischen Eroberungen' Bayerns. Der süddeutsche Frühliberalismus 49 50

Vgl. dazu ebd., Bd. 2, 317 ff. (mit Lit.). Ebd., Bd. 2, 403 ff.; ausführlich Loewenstein, Les débuts, i n : Historica 6/

1962. 51 Z u m Problem der theoretischen Abgrenzung u n d zur Frage der E n t stehung des demokratischen Gedankengutes P. Wende, Radikalismus i m Vormärz, bes. S. 1 ff. u n d passim. 52 So Doeberl, E G 3, 108; Franz, Verfassungskämpfe, S. 237 f.; neuerdings Spindler, Hb. I V , 1, S. 182 ff. Richtig sehen den ursächlichen Zusammenhang: Bergsträßer, i n : Parlamentarismus, hrsg. v. K l u x e n , S. 140; Faber, Rheinlande, S. 319; G. Pölnitz, Einheits- u n d Freiheitsbewegung, S. 45 ff., weist nach, daß sich die Studentenschaft Bayerns erst nach der Zensurordonnanz von 1831 u n d endgültig nach den Bundesbeschlüssen von 1832 radikalisierte.

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

stellte, bedingt durch die bundespolitische Situation, die Freiheit innerhalb des Einzelstaates weit über die Einheit Deutschlands 53 . Daher galten seine Bemühungen primär dem konstitutionellen Fortschritt, der gesetzlichen Sicherung der Individual- und Freiheitsrechte. Bei diesem Bemühen jedoch stießen die Liberalen stets auf die Grenzen, die der Bund m i t der Festschreibung des monarchischen Prinzips und durch seine reaktionären Beschlüsse auch innerhalb der Einzelstaaten aufrichtete. Erst aus dieser Bedingung erklären sich auch viele Züge der liberalen Bewegung, die ihr i n der Geschichtsschreibung zum Vorwurf gemacht wurden und werden 5 4 . Daß sie „das Problem der Freiheit an den Kategorien der Staatlichkeit und Souveränität" erörterte 55 , hatte seinen Grund nicht nur i n der Tradition des süddeutschen Beamtenliberalismus, sondern i n der Defensive gegen die Bedrohung durch den Bund. Auch die starre Oppositionshaltung und die Verfassungs- und Rechtsgläubigkeit stellen nur zwei Seiten ein- und derselben Grundhaltung dar, der Abwehr eines verstärkten Bundeseinflusses auf die innere Entwicklung der Einzelstaaten. Unberechtigt ist auch der böse Spott über die angebliche Enge des Horizonts und die partikularistischen Bestrebungen der Liberalen Süddeutschlands, ein Vorwurf, der seit Treitschke die Geschichtsschreibung wie ein roter Faden durchzieht 5 6 . Denn die liberale Bewegung i n Süddeutschland zog sich erst nach den Karlsbader Beschlüssen hinter den Schutzmantel der einzelstaatlichen Souveränität zurück und pochte verstärkt auf ihre verfassungsmäßigen Rechte. Noch stärkeren Aufschwung nahm dieser „liberale Partikularismus" 5 7 nach dem Regierungsantritt L u d w i g I., gefördert vom König selbst, der damit zunächst eine Allianz der Abwehr gegen den Bund schuf. Die integrierende K r a f t dieses Liberalismus, den der konstitutionelle Fortschritt und die Weite der Meinungsfreiheit an den Staat banden, seine letztlich stabilisierende Funktion für die monarchische Herrschaft hat L u d w i g I. jedoch sehr bald aus Angst um seine monarchische Souveränität völlig verkannt. Die süddeutschen Verfassungsstaaten galten trotz aller Anpassung an die Politik des Bundes als Hort des Konstitutionalismus und waren es gemessen an 53

So auch Herre, Nation, S. 103 ff. 54 y g L Trautz, Hambacher Fest, S. 20 ff.

55 Nipperdey, i n : Böckenförde, Moderne deutsche Verfassungsgeschichte, S. 248 f. 56 So bei Forsthoff, Verfassungsgeschichte der Neuzeit, S. 105 ff.; dazu die K r i t i k an der „preußischen Kernthese" von Trautz, Hambacher Fest, S. 49 ff. 57 A n diesem Begriff halte ich m i t Angermann, Deutsche Frage, S. 16, fest, der mehrere „Partikularismen" aufzeigt: anders Schieder, i n : Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 23 ff., der den Partikularismus-Begriff zu einseitig auf die restaurative Ideologie festlegt; Nipperdey, Grundprobleme, S. 157 ff., w i r d der eigenständigen Tradition des süddeutschen Raumes zu wenig gerecht.

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d e n A b s i c h t e n M e t t e r n i c h s tatsächlich. Selbst der enge F r e i h e i t s r a u m , d e n B a y e r n i n d e n 20er J a h r e n bot, gab w e n i g s t e n s m i n i m a l e M ö g l i c h k e i t e n , v e r s t e c k t e n P r o t e s t gegen d i e B u n d e s b e s t r e b u n g e n z u a r t i k u l i e r e n . D i e Skepsis der l i b e r a l e n K r e i s e gegen die bestehende F o r m des F ö d e r a l i s m u s u n d seine Z i e l e k o n n t e n u r eine spätere n a t i o n a l e G e schichtsschreibung als p a r t i k u l a r i s t i s c h v e r u r t e i l e n , die d e r E i n h e i t f r e i w i l l i g d i e F r e i h e i t g e o p f e r t h a t t e . A u s u n s e r e r Sicht stehen d i e l i b e r a len Bestrebungen i n Bayern i n positiverem Licht. D i e süddeutschen L i b e r a l e n h a b e n d i e F u n k t i o n des B u n d e s n ä m l i c h k l a r e r e r k a n n t u n d r i c h t i g e r b e u r t e i l t als m a n c h e r spätere H i s t o r i k e r . U n d selbst i n d e n bescheidensten D e b a t t e n d e r S t ä n d e v e r s a m m l u n g e n 5 8 oder i n p u b l i z i s t i s c h e n E i n t a g s f l i e g e n t r u g e n sie d a z u bei, V o l k s v e r t r e t u n g u n d b ü r g e r l i c h e Ö f f e n t l i c h k e i t z u m i n d e s t als k o n k r e t e Z u k u n f t s f o r d e r u n g z u e r h a l t e n 5 9 . D a m i t s t e l l e n sie e i n T r a d i t i o n s e l e m e n t der deutschen Geschichte dar, das n e b e n d e n s p e k t a k u l ä r e n T a t e n eines B i s m a r c k sehr w o h l bestehen k a n n . I n d e r g e m e i n s a m e n O p p o s i t i o n gegen d e n B u n d e n t w i c k e l t e sich schon b a l d nach d e n K a r l s b a d e r Beschlüssen e i n bayerischer Reichsn a t i o n a l i s m u s , d e r 1825 i n v e r s t ä r k t e r F o r m a u f l e b t e u n d a l l e i n n e r e n Gegensätze z u ü b e r b r ü c k e n schien 6 0 . A l l e r d i n g s b a s i e r t e n d i e v e r 58 Z u m V o r w u r f mangelnder Qualifikation der Abgeordneten s. Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 224 ff.; vgl. auch Kap. I, 3, A n m . 118. 59 Darmstadt, Bund, S. 179. 60 Das Begriffspaar Patriotismus-Nationalismus w i r d i n der Forschung nicht einheitlich abgegrenzt. Schieder, i n : Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 29, spricht von „ p a r t i k u l a ristischem Nationalismus" u n d „Spezial-Patriotismus" und gibt eine Reihe publizistischer Belege dazu. Hauptanliegen dieses „Patriotismus" w a r nach Schieder der Nachweis einer historischen K o n t i n u i t ä t , die i n Dynastie, Stamm oder Verfassung liegen konnte, die Integration neuer Territorien u n d die Beziehung zum allgemeinen deutschen Geschichtsbild (S. 32); vgl. dazu Seibt, Reichshistoriographie, i n : Z B L G 28/1965; Conze, i n : Staat u n d Gesellschaft, S. 266 f., sieht ein Nebeneinander von altem Landes- u n d neuem Staatspatriotismus; vgl. dazu auch Hof mann, Adelige Herrschaft, S. 365 f.; Abgrenzung durch K . Bosl, i n : Jahresbericht des Maximilians-Gymnasiums 1964/65, S. 50: „Patriotismus entspringt also einer ständischen u n d konservativen Wurzel, Nationalismus einer bürgerlichen, liberalen u n d f o r t schrittlichen. Beide Bewußtseins- u n d Begriffsinhalte leben i m 19. u n d 20. Jahrhundert nebeneinander fort." Gut auch die Kurzformel Blessings, i n : Z B L G 34/1971, S. 778 f., A n m . 26, der Patriotismus als „politische Solidarität des vormodernen Europas" u m schreibt. Seibt, i n : Jahresbericht des Maximilians-Gymnasiums 1964/65, S. 63 f., nennt ein Kennzeichen des Nationalismus seine Zielrichtung gegen die fürstliche Oberschicht u n d deren Gottesgnadentum, dem er die Souveränität der Nation entgegenstellt. Bemerkenswert ist die Anwendung des NationalismusBegriffes auch auf den Einzelstaat: „ F ü r zwei Generationen lang, für eine Zeit, die w i r i n unserem Geschichtsb i l d beinahe vergessen haben, w e i l sie der späteren Staatsbildung Bismarcks

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schiedenen Patriotismen und Nationalismen trotz der gemeinsamen Beschwörung von Souveränität und Verfassung auf völlig unterschiedlichen Voraussetzungen. Der liberale bayerische Nationalismus legte sein Schwergewicht auf die innere Politik. M i t dem Stolz auf die Verfassung war stets auch die Hoffnung auf ihre Vervollkommnung verbunden, dem Lob der Souveränität gesellte sich stets die Forderung auf Schutz vor dem Bunde bei. Diese innerstaatlich ausgerichtete, defensive Form der Bindung an den Staat unterschied sich erheblich vom Zweckpatriotismus der Regierungskreise, hinter dem reines Machtkalk ü l stand. Wollte die liberale Seite die freiheitliche Bewegung i m Einzelstaat erhalten und vorantreiben, um auf dieser Basis später ein konstitutionelles Gesamtdeutschland zu errichten, so ging es den herrschenden Patrioten um Erhaltung und Sicherung der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Ordnung und u m Erweiterung ihres außenpolitischen Spielraums und ihrer Einflußsphäre, ein Ziel, das trotz veränderter Methode ganz i n der Tradition bayerischer Großmachtträume des 18. Jahrhunderts stand. Der Punkt, an dem sich die Geister schieden und der zum Prüfstein für das Selbstverständnis dieser patriotischen oder nationalen Gesinnung wurde, war stets das Verhältnis zur Verfassung. I n Phasen reduzierter Verfassungsentwicklung oder deutlicher Abwendung des Herrschers von der integrierenden konstitutionellen Grundlage schlug das liberale Nationalgefühl i n einen nicht weniger kräftigen Regionalismus 61 um, der besonders 1832 die nur oberflächlich verdeckten Spannungen zwischen A l t - und Neubayern zu neuem Leben erweckte. Es ist kein Zufall, daß sich die Zentren der publizistischen und parlamentarischen Opposition gerade i n Franken und Rheinbayern befanden. Die Vorstellungen von Wesen und Aufgabe einer Verfassung aber ließen sich nicht auf einen Nenner bringen: Wollte Gentz eine für den gesamten Bund verbindliche Rückinterpretation auf Landstände durchsetzen, so verstand der bayerische König sie als monarchische Konzession und freiwillige Selbstbeschränkung, die der Substanz seiner königlichen Rechte keinen Abbruch tat. Die Liberalen dagegen akzeptierten sie als bescheidenen, aber entwicklungsfähigen Ausgangspunkt für einen lebendigen Konstitutionalismus, dessen stärkste Stützen Landtag und Presse sein sollten 62 . Die Kompromißbereitschaft des südentgegengesetzt gewesen ist, gab es ein bayerisches, sächsisches, preußisches, österreichisches und württembergisches Nationalgefühl in Deutschland." Neuerdings zum Gesamtproblem umfassend Blessing, W. K., Der mentale Einfluß des Staates u n d der Kirche auf die „kleinen Leute" i n Bayern . . . , Diss. München 1975. 61 Angermann, Deutsche Frage, S. 16; Gollwitzer, i n : Z B L G 27/1964, S. 535 f.; Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 347 ff., 364 f. u n d 432 ff.; Beispiele aus der Publizistik bei Franz, Verfassungskämpfe, S. 218 ff. u n d S. 170; vgl. Kap. I, 2. A n m . 120.

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deutschen Frühliberalismus war groß genug und der Reformwille des Königtums zunächst ausreichend, um einen tragfähigen Ausgleich zwischen den staatlich-monarchischen Interessen und den bürgerlich-liberalen Ansprüchen zu ermöglichen 63 . Zwar waren die grundlegenden Gegensätze der verschiedenen Souveränitätsvorstellungen nicht aufgehoben, aber i m Landtag war eine Institution geschaffen, i n der sich Staat und Gesllschaft unmittelbar begegneten. Ihrem Motto „Freiheit" vom Staat durch Teilhabe am Staat" 6 4 gemäß ging das Bestreben der liberalen Opposition i n der Kammer der Abgeordneten dahin, den Bereich der vor der Exekutive geschützten Individualsphäre, ausgedrückt durch das Begriffspaar F r e i heit und Eigentum 4 , zu erweitern. Den Zugriff der Exekutive unter gesellschaftliche Kontrolle zu bringen, war nur über gesetzliche Normierung möglich. Daraus erklärt sich die unablässige Paragraphendiskussion auf den Landtagen des Vormärz, die dauernde Polemik gegen bürokratische W i l l k ü r und die wiederholte Forderung nach einem Gesetz i n der Pressefrage. I n diesem legislativen Konkurrenzbereich kam allerdings dem König die Initiative und das Bestätigungsrecht zu. A u ßerdem sprach i n Konfliktfällen nach dem monarchischen Prinzip die Vermutung für den Monarchen. Die eigentliche Machtposition jedoch stellte die Exekutive dar, innerhalb der dem König ein selbständiges Verordnungsrecht zukam 6 5 . Weigerte sich der Herrscher, für einen Bereich — wie die Behandlung der politischen Presse — dem Landtag ein Gesetz vorzulegen, so bestand für die Abgeordneten keine Möglichkeit, eine Regelung zu erzwingen. A u f dieser Grundlage betrieb L u d w i g I. seine Pressepolitik zwischen Liberalismus und Absolutismus, ohne den Buchstaben der Verfassung anzutasten. Die Schwäche ihrer Position versuchte die Landtagsopposition 66 wettzumachen, indem sie gesellschaftliche Kräfte mobilisierte. Die Macht der öffentlichen Meinung, auf die der Liberalismus i n geradezu naiver Gläubigkeit alle Hoffnung setzte, wurde — besonders nach dem liberalen Zwischenspiel von 1825 bis 1830 — zum wirksamen Faktor i n der politischen Auseinandersetzung. Die Presse, die sich als Sprachrohr dieser öffentlichen Meinung verstand und die bürgerliche Gesellschaft zu repräsentieren 67 bean62

Z u stark unter nationalstaatlichem Aspekt Huber, V G , 381 ff. Böckenförde, Moderne deutsche Verfassungsgeschichte, S. 17 f. 64 Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 108 f.; Böckenförde, i n : Conze, Beiträge zur deutschen u n d belgischen Verfassungsgeschichte, S. 77 ff. 85 Spindler, Hb. I V , 1, S. 178, A n m . 5 u n d S. 114 (mit Lit.). 68 Gall, Das Problem der parlamentarischen Opposition i m deutschen F r ü h liberalismus, i n : Politische Ideologie u n d nationalstaatliche Ordnung. Festschrift für Th. Schieder z. 60. Geb., hrsg. v. K . K l u x e n und W. J. Mommsen, M ü n c h e n / W i e n 1968, S. 153 - 170; neuerdings G. Ritter, Gesellschaft, Parlament u n d Regierung. 67 Dazu allgemein Brandt, Landständische Repräsentation; Rausch, Zur Ge63

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spruchte, unterstützte ihre liberalen Gesinnungsgenossen i m Landtag, um deren Position m i t dem Gewicht einer breiteren Öffentlichkeit zu stützen. Umgekehrt stimulierte die Diskussion i n der Abgeordnetenkammer das politische Interesse der Bevölkerung, und die Presse verhalf den Abgeordneten zu weitreichender Resonanz. I m Jahre 1832 formierte sich ohne Zweifel eine oppositionelle Bewegung, die einen höheren Organisationsgrad und größere Schlagkraft als je zuvor aufwies, deren Forderungen aber das für die Monarchie akzeptable Maß zunächst noch nicht überschritten. Erst als die Widerstände übergroß wurden und die königliche Politik auf Reaktion wies, trat eine weitere Frucht dieser bürgerlichen Öffentlichkeit auf den Plan, der politische Verein 6 8 , der als Vorstufe zu einer liberalen Partei 6 9 den organisierten Kampf für die gemeinsamen politischen Ziele aufnehmen sollte. I n der Pressefrage spitzten sich die Gegensätze am deutlichsten zu, weil hier die liberalen Öffentlichkeitsforderungen unmittelbar auf das Arkanprinzip einer unkontrollierten königlichen Exekutive trafen. Der Widerspruch war i m Grunde schon i n der Verfassung selbst angelegt; denn das Edikt, „reinster Ausdruck des aufgeklärten Absolutismus" 7 0 stand nach seiner politischen Tradition dem konstitutionellen Denken entgegen und hob tatsächlich für den wichtigsten Teilbereich, die politische Presse, auf, was die Verfassungsbestimmung versprach 71 . So war von Anfang an der Konfliktstoff i n die rechtliche Grundlage selbst gelegt: Die Liberalen beriefen sich dementsprechend auf die Prinzipien der Verfassung und i h r Freiheitsversprechen, j a sie erhoben die Freiheit der Presse zum vorstaatlichen Menschenrecht 72 , der König beharrte auf seinem i m Edikt begründeten Recht auf Zensur der politischen Presse. Die Bayerische Verfassung enthielt i n Tit. V I I § 2 einen allgemeinen Eingriff s vorbehält, unter den auch die Freiheit der Presse fiel 7 3 . schichte u n d Theorie der Repräsentation, der zurecht eine Ausweitung des Repräsentationsbegriffes gegenüber der engen doktrinären Festlegung der Forschung auf die liberale Nationalrepräsentation fordert (S. X). 68 Z u m „Preß- u n d Vaterlandsverein" s. Kap. V., I I , 3, A n m . 190; allgemein dazu Fr. Müller, Korporation und Assoziation; vgl. auch Nipperdey, Verein als soziale S t r u k t u r i m späten 18. u n d frühen 19. Jahrundert, i n : Geschichtswissenschaft u n d Vereinswesen i m 19. Jahrhundert, Göttingen 1972, S. 1 - 44. 89 Huber, V G 2, 322; speziell für Bayern: Glashauser, Das Entstehen der politischen Parteien; Renner, i n : Bayerland 57/1955, S. 438 ff. 70 Gall, Liberalismus, S. 8. 71 s. Kap. I, 3; vgl. Zorn, i n : Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 126 ff. 72 Ausführlich behandelt bei Rimscha, Grundrechte, S. 39 ff. u n d 83 ff.; dazu auch U. Scheuner, Die rechtliche Tragweite der Grundrechte i n der deutschen Verfassungsentwicklung des 19. Jahrhunderts, i n : Festschrift f. E. R. Huber z. 70. Geb., S. 139 - 65, Göttingen 1973. 73 Das Folgende nach Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 111 -150; eingehend auch Fremuth, Vorbehalt, S. 89 ff., 125 ff. u n d 180 ff.; ebenso Rimscha, Grundrechte, S. 165 ff.; Text bei Huber, Dokumente, S. 151.

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Damit war eine endgültige Regelung der Pressefrage an die M i t w i r kung der Stände gebunden. Da aber weder unter M a x i , noch unter L u d w i g I. ein Pressegesetz verabschiedet wurde, blieben vorkonstitutionelle und gewohnheitsrechtliche Ermächtigungen weiter i n Kraft. Wie lange dieser Übergangszustand dauern durfte, war ungeklärt. Neues, die Freiheitssphäre beschränkendes Gewohnheitsrecht konnte sich — ausgenommen i m Bereiche des Verwaltungsrechts — nicht mehr bilden. Aus diesem Grunde hat L u d w i g I. die umstrittene Definition des Begriffes „politisch" i n § 2 des I I I . Ediktes nie entsprechend der Forderung der Abgeordneten i m Sinne einer authentischen Interpretation durch Rechtsverordnung oder Gesetz geregelt, sondern als reine verwaltungsinterne Ausführungsverordnung seiner jeweiligen politischen Entscheidung vorbehalten. Das gleiche System wandte er bei den wechselnden Instruktionen und Einzelverordnungen an, die ebenfalls als interne Anordnungen der Polizeihoheit galten und nach 1832 den Betroffenen meist nicht einmal mehr bekanntgegeben wurden. Diese Ausweitung des Verordnungsrechtes, das eindeutig ein Erbstück der absolutistischen Zeit war, entsprach der politischen Tendenz Ludwigs I., lief aber dem übergeordneten Grundsatz der Pressefreiheit völlig zuwider 7 4 . So konnte der Geist der Verfassung ständig verletzt werden, ohne ihre Buchstaben nur i m geringsten zu ändern. Ein „Scheinkonstitutionalismus" 7 5 hielt i n Bayern Einzug, der die Glaubwürdigkeit des Königs erschütterte und selbst die monarchisch gesinnten Liberalen dem Herrscher entfremdete, w e i l der Widerspruch „zwischen Gesetz und Praxis, zwischen Buchstaben und Geist der Gesetze, zwischen öffentlichen liberalen Erklärungen und heimlichen Verfolgungen" 7 6 zu offensichtlich wurde. Obwohl die Abgeordnetenkammer weder 1819 m i t ihrer Petition auf Erlaß einer detaillierten Instruktion zur Pressezensur 77 noch m i t der Forderung nach Aufhebung der Zensur von 1831 Unbilliges oder Unmögliches verlangt hatte, war die Reaktion der Monarchen i n beiden Fällen von stereotyper Hartnäckigkeit. Aus Sorge um ihre geheiligten Rechte gaben sie einer Bundespolitik nach, die ihnen mehr Souveränitätseinbußen abverlangte als ein Kompromiß m i t den Ständen und deren gesellschaftspolitische Sprengkraft den Prozeß der bürgerlichen Emanzipation zwar kurzfristig aufhielt, i h n zugleich aber i n gewalttätige Bahnen des Radikalismus lenkte und explosiv verschärfte. 74

So schon Baum, Briefwechsel, S. 69 f. i n bezug auf die Zensurverordnung v o n 1831. 75 „Die Gegenwart" 6/1851, S. 676. 76 Baum, Briefwechsel, S. 61. 77 s. Kap. I, 3, A n m . 36; Rimscha, Grundrechte, S. 110, A n m . 22. 19 Tremi

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So rollten auch 1832 nach einem gescheiterten Presselandtag i n Bayern geradezu modellhaft jene A k t e wechselseitiger Eskalation ab, an deren Ende die Unterdrückung der liberalen Bewegung stand. M i t seiner Entscheidung gegen die konstitutionelle Entwicklung, die er i n seinen ersten Regier ungs jähr en als politisches Ziel nicht nur i m Munde geführt, sondern i n die Tat umgesetzt hatte, machte L u d w i g I. weit über die bayerischen Grenzen hinaus Geschichte. Denn von Bayerns Haltung hing letztlich auch die Entscheidung der übrigen süddeutschen Verfassungsstaaten ab 7 8 . Vermutlich hätte der deutsche Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts den Weg einer kontinuierlichen Entwicklung genommen, wenn Bayerns König i m Jahre 1832, dem Knotenpunkt der Entscheidungen, weniger einem überholten Selbstherrschertum gehuldigt und stattdessen die zukunftsweisenden Alternativen des liberalen Konzepts erkannt hätte. 4. Staat und Presse in Bayern

Obwohl die Machtmittel des Staates stärker waren als die der Journalisten, strapazierten Argumentationskraft, Anpassungsfähigkeit und Einfallsreichtum der Publizistik die Nerven der bayerischen Regierung erheblich 79 . Dominierend, vor allem i m gemäßigten Beamtenliberalismus, war die juristische Argumentation, deren Räsonnement i n erster Linie darin bestand, den Widerspruch zwischen A r t i k e l 18 der Bundesakte und dem Provisorischen Preßgesetz und die verfassungsrechtliche Sonderstellung Bayerns zu betonen. Die ausgeprägte Vorliebe für umfangreiche Zitation, die Berufung auf eine Vielzahl von Gesetzen und Autoritäten und die ständige Erinnerung an das Fürstenversprechen während der Freiheitskriege waren die Grundelemente dieser frühen rechtspositivistischen Versuche, deren sich so grundverschiedene Männer wie Behr, Rudhart und A r e t i n gleichermaßen bedienten 80 . Dennoch war diese Form der Auseinandersetzung, auf Landtagen wie i n Universitäten, i n staatsrechtlichen Publikationen wie i n Festreden geübt, wenig erfolgversprechend. Denn auf der juristischen Ebene gab es stets mehrere Interpretationsmöglichkeiten, die den eigentlichen Interessengegensatz eher verschleierten. Zudem versagte die Macht des Gesetzes gerade i m entscheidenden Bereich, dem der königlichen Exekutive, so daß Landtag und größere Öffentlichkeit von den zentralen pressepolitischen Entscheidungen ausgeschlossen waren. Mehr Möglichkeiten bot dagegen ein 78 Dies auch deutlich i n PGB 2, 295 f. (Weisung an den Gesandten Dönhoff V. 22. Nov. 1833). 79 Der folgende Abschnitt weitgehend nach Schneider, Pressefreiheit, S. 289 ff. u n d Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, passim. 80 Vgl. deren Werke i m Literaturverzeichnis.

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allgemeines Freiheitspathos, das Emotionen, besonders gegen die Zensur, freisetzte, und m i t dem sich breitere Bevölkerungsschichten mobilisieren ließen. Je stärker die Bedrängnis der Presse wurde, desto lauter erklang der Ruf nach ihrer Freiheit. Der Landtag von 1831 führte seinen Kampf gegen die Zensurverordnung nur noch zum Teil m i t juristischen Begründungen, völlig fehlten sie i m informellen Kommunikationsbereich, bei politischen Festen aller A r t . Der gesellschaftliche Protest artikulierte sich besonders 1832 i n einer Reihe von Bürgeradressen und Petitionen an den König, zugleich startete W i r t h im,, Preßund Vaterlandsverein" den ersten Versuch einer Institutionalisierung der publizistischen und politischen Opposition. Unter dem Druck der staatlichen Reaktion jedoch brachen alle diese Versuche zusammen. Der gemäßigte Liberalismus und seine Presse übten sich i n Anpassung und Schweigen oder leisteten bestenfalls passiven Widerstand. Beliebt wurden die Anspielung und das Ausweichen auf scheinbar unverfängliche Themen der Außenpolitik, Formen die vor allem die A A Z gerne praktizierte. Politik wurde ins Gewand des Märchens oder der Fabel versteckt. Persiflage und Satire gewannen an Boden. Zensurlücken signalisierten, solange sie nicht verboten waren, den Lesern Umfang und Intensität des staatlichen Eingriffes. Von besonderer Wirksamkeit allerdings waren diese Formen des Widerstandes nicht. Sie schufen der Regierung Unannehmlichkeiten und bereiteten manchem Zensor Kopfzerbrechen, das System der Reaktion aber brachten sie damit kaum aus dem Gleichgewicht. Anders die radikale Publizistik, die seit 1832 die Regierungen m i t aggressiven Tönen herausforderte. Dabei war sie nicht nur i n ihren Äußerungen heftiger, sondern auch i n der Auswahl ihrer Zielgruppen weitblickender. Denn sie registrierte als erste die Enge des bildungsbürgerlichen Volksbegriffes und versuchte m i t neuen publizistischen Formen und volkstümlicher D i k t i o n Schichten anzusprechen, deren Interessen der Liberalismus der Bildungsbürger überhaupt nicht ins Blickfeld bekommen hatte. Rechtsnormen spielten i n der Argumentation der radikalen Presse keine Rolle. Sie schob juristische Begründungen ohne Hemmungen beiseite und gab damit auf die Politik der Regierungen, denen Gesetz und konstitutionelle Freiheiten ein lästiges Übel waren, eine konsequente Antwort. Damit traf sie häufig den K e r n der Gegensätze deutlicher als gemäßigte Blätter und sprach für die Herrschenden unangenehme Wahrheiten ohne jede vornehme Zurückhaltung aus. Die Umgehung staatlicher Verordnungen gehörte zur selbstverständlichen Praxis, zensierte Stellen wurden abgedruckt oder als Flugschriften veröffentlicht, die Titel von Zeitungen wechselten, aus periodischen wurden plötzlich unperiodische Blätter, i n unverfänglichen Umschlägen, als Verpackungsmaterial oder i n Schachteln mit doppeltem Boden gelangten die Schriften aus dem Ausland nach Bayern 19*

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

und manche Lesegesellschaft hatte über Wochen verbotene Literatur aufliegen, ehe die Polizei zugriff. Boten verteilten die Broschüren und Zeitungen, wo die Versendung i n Briefen oder Päckchen aufgrund der Postzensur zu unsicher wurde. Vollkommen gelang die Überwachung und Kontrolle auch dem Obrigkeitsstaat nicht. Dennoch waren die Folgen des Zensurregimes der 30er Jahre auch i n Bayern gravierend genug. Die Reduzierung der Öffentlichkeit und die Entpolitisierung der Presse leistete jenem spießbürgerlichen Biedermeier Vorschub, das mehr als ein Stil, das eine fortdauernde Lebenshaltung anpassungsfähigen Bürgertums wurde, i n der sich Stolz auf wirtschaftliche Prosperität mit politischer Enthaltsamkeit und Untertanenmentalität mischten. Das obrigkeitliche Bevormundungs- und Überwachungssystem 81 schöpfte auch i n Bayern alle Möglichkeiten zur Einschränkung der Pressefreiheit aus, die exekutive Ermächtigungen und Gesetzesinterpretation boten. A n nachträglichen M i t t e l n waren Androhung des Privileg- oder Konzessionsentzuges und die Behinderung der Postbeförderung, das Postdebit, von besonderer Wirksamkeit. Das verfassungswidrige permanente Verbot von Periodika führte Wallerstein 1832 ein, allerdings eingeschränkt auf den Fall, daß eine Zeitung die Zensur umging. Für die unperiodische Publizistik, den Bereich, i n dem die konstitutionelle Pressefreiheit am stärksten verwirklicht war, boten eine immer strengere Beschlagnahmepraxis und das wirtschaftliche Risiko bei Konfiskation und Vernichtung von Schriften genügend Hemmnisse, um dem Regierungswillen Nachdruck zu verleihen. Seit 1832 zog man die außerordentlich unbestimmten strafrechtlichen Bestimmungen verstärkt heran, um i n einer Serie von politischen Prozessen den publizistischen Widerstand zu ersticken. Daneben liefen eine Reihe informeller Maßnahmen, Versuche der Überredung, Bestechung oder Bedrohung, von denen die A k t e n zahllose Beispiele liefern. Daß die Regierung direkt auf die Redaktionen Einfluß nahm, indem sie entweder bei der Besetzung eines Redakteurpostens politischen Druck ausübte oder einen unliebsamen Redakteur zu entfernen versuchte, ist an einer Reihe oppositioneller Presseorgane nachzuweisen. Auch an Angeboten gegenüber liberalen Publizisten, die Redaktionsleitung einer Regierungszeitung zu übernehmen, fehlte es nicht, wie die Beispiele W i r t h und Eisenmann belegen. Die Hoffnung allerdings, Regierungskritiker auf diese Weise auszuschalten, j a sich ihrer journalistischen Fähigkeiten i m Sinne der Regierung zu bedienen, war naiv und zeugte von einer völligen Fehleinschätzung des liberalen Gesinnungsjournalismus. 81

Systematik bei Groth, K u l t u r m a c h t 5, 381 ff.

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Einschneidend w i r k t e n sich auch wirtschaftliche Druckmittel aus. Regierungsfreundliche Zeitungen erfuhren Zuwendungen und Vergünstigungen aller A r t 8 2 . Die Regierung garantierte, wie beim „Inland" sogar einen Mindestbestand an Abonnements, gab staatliche Anzeigen und Inserate an die Blätter, unterstützte m i t Zuschüssen und Krediten, setzte günstigere Besteuerungs- und Beförderungsbedingungen fest und erleichterte die Nachrichtenübermittlung- und -beschaffung. Das Scheitern der offiziösen und offiziellen Presse jedoch zeigt deutlich, wie wenig eine öffentliche Meinung machbar war, wie sinnlos es ohne eine Änderung der gesellschaftlichen und politischen Bedingungen sein mußte, von einer staatlich gelenkten Meinungsbildung systemerhaltende Wirkungen zu erhoffen. So kehrte die staatliche Macht nach einigen vergeblichen Versuchen, i n der öffentlichen Diskussion ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, stets wieder zu den Methoden obrigkeitsstaatlichen Zwanges zurück, m i t denen allein sie die Interessengegensätze zumindest überdecken konnte. I m Zentrum der Differenzen standen die präventiven Maßnahmen, denen Metternich und Gentz die stärkste Durschlagskraft zuschrieben, nicht zu Unrecht, denn sie verhinderten schon die Entstehung oder doch die Verbreitung des publizistischen Produktes. Der Deutsche Bund hatte seine pressegeschichtliche Bedeutung auch darin, daß er das Präventivsystem, das heftig angegriffen und i n den konstitutionellen Staaten auch systemwidrig war, nicht nur stützte, sondern den Mitgliedstaaten auch zum Teil aufzwang. I m Bereich der Distribution war vor allem die Botenordnung m i t ihrem Kolportageverbot von Belang. Nach 1819 und 1832 verfielen zahlreiche ausländische Zeitungen einem Einfuhrverbot. Diese Maßnahmen der Nachzensur, die vom Bundestag beschlossen und i n den Wiener Konferenzen von 1834 bestätigt wurden, vollzog Bayern ohne jeden Einwand, obwohl verfassungsrechtliche Bedenken nie ganz ausgeräumt werden konnten. Die Institution, gegen die die Liberalen auch i n Bayern Sturm liefen, war die Vorzensur. Sie war Bestandteil absolutistischen Denkens 83 . Gegen die Zensur waren leicht Emotionen wachzurufen, ihr schrieb man den Qualitätsverlust der deutschen Publizistik zu 8 4 , i n ihr sah man den vorrevolutionären bürokratisch-monarchischen Zwangsstaat verkörpert 8 5 , an dessen reformischer Überwindung die liberale Bewegung seit den Freiheitskriegen 82

Beispiele bei Brunner, Postzeitungsdienst, S. 62 f. Auffallend ist, daß sämtliche K r i t e r i e n absolutistischer Pressepolitik, die Groth als typisch herausstellt, i m vormärzlidien Bayern nachzuweisen sind. Trotz Verfassung bestand also eine K o n t i n u i t ä t m i t dem Absolutismus, u n d zwar i m Raum der königlichen Exekutive, der auch die Presse ausgeliefert war. 84 „Germania" 2/1852, S. 517. 85 Vgl. P L V Bd. 5, S. 72 (Rede Rotenhans v. 5. M a i 1831). 83

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arbeitete. „ M i t jedem Schnitt, den die Schere des Zensors tätigte, w u r den auch die Fäden zerrissen, die die Gesellschaft an den Staat banden 8 6 ." I m Rollenbild des häufig karikierten und nicht selten gesellschaftlich geächteten Zensurbeamten 87 , dessen A m t unter doppeltem Druck, dem Mißfallen der Öffentlichkeit und den Erwartungen der Regierung, stand, verlor die Bürokratie als Ganzes an Ansehen. Zugleich verstärkten sich die Widerstände innerhalb der eigenen Reihen, so daß sich auch die ideologische Spaltung, die i n Bayern durch den Gegensatz zwischen A l t - und Neubayern zusätzlich verschärft wurde, i n aristokratisch-konservative und bürgerlich-liberale Beamtenschaft vertiefte und damit die königliche Exekutive, besonders deutlich i m Rheinkreis, erheblich an Schlagkraft verlor. Besonders heftig gestaltete sich der Widerstand, wenn wie 1831 m i t der Zensurverordnung, die königliche W i l l k ü r die Gesetze politischer Klugheit völlig außer acht ließen. I n dem publizistischen und parlamentarischen Kampf gegen diese „Ordonnanz" konzentrierte und steigerte sich der gesellschaftspolitische Konflikt, i n seinem Verlauf tauchten gerafft alle Argumentationsmuster 8 8 auf, die der Vormärzliberalismus dem Zensursystem entgegenstellte, und es wurden die kontroversen Ideologien schärfer als je zuvor greifbar, auf denen der pressepolitische Gegensatz beruhte. Dabei stellte der Versuch der Regierung, Staatsrücksichten und den Schutz der guten Sitten als Motiv ihres Handelns anzugeben, nur einen „pseudologischen Rechtfertigungsversuch" 89 dar. Tatsächlich ging es um die Unterdrückung unerwünschter Äußerungen, die eine aufsteigende, wirtschaftlich bereits führende Klasse zur Erweiterung ihrer politischen Rechte veröffentlichte 90 . Die Zensur war, das hat die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zur Genüge bewiesen, ein denkbar schlechtes Instrument, den Vorgang beschleunigten gesellschaftlichen Wandels zu hemmen oder gar rückgängig zu machen. I n der Tendenz zunehmender Publizität und wachsender Pressefreiheit 91 konnte auch Bayern nur retardierend eingreifen, aufhalten ließ sich dieser Prozeß der Verbürgerlichung von Staat und Gesellschaft auch mit den Machtmitteln des neoabsolutistischen Staates nicht.

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Koselleck, Preußen, S. 422. Radik, i n : Hermand / Windfuhr, Z u r L i t e r a t u r der Restaurationsepoche, S. 480 ff. 88 Eine Vielzahl von Belegen bei Lempfrid, Landtag, passim. 89 U. Otto, i n : Publizistik 13/1968, S. 12; ausführliche Darstellung der Gesamtproblematik: dies., Die literarische Zensur; dazu auch H.-D. Fischer, Deutsche Kommunikationskontrolle. 90 U. Otto, Literarische Zensur, S. 146. 91 Entwicklungsgesetze der Presse nach Groth, K u l t u r m a c h t 5, 630 ff. 87

Achtes Kapitel:

Gesellschaftliche und ideologische Faktoren Innerhalb eines neuen Öffentlichkeitsverständnisses, das seinerseits Resultat gesellschaftlichen Wandels war, nahm die Pressefreiheit den höchsten Stellenwert ein. Sie wurde zum Symbol und Schlagwort zugleich. Der damit eintretende „Verschleißvorgang" zog „ i m semantischen Bereich einen Bedeutungsverlust, eine Reduktion der Bedeutung und der spezifischen Verwendung nach sich. Das führte zur allgemeinen Verwendbarkeit i n verschiedenen Sinnzusammenhängen" 1 . Diese begriffliche Unschärfe und Vieldeutigkeit, der auch die zentralen politischen Termini Souveränität und Konstitution unterlagen, förderten irrationale Begründungen und öffneten einer Ideologisierung 2 Tür und Tor. M i t griffigen Formeln wurden von beiden Seiten, den Kräften der Beharrung und denen der Bewegung, komplexe Zusammenhänge vereinfacht, verfälscht und entstellt. Diese Tatsache erschwert auch dem Historiker die Analyse und führt zu Fehlurteilen, wenn er, ohne den ideologischen Gehalt i n Rechnung zu stellen, die zeitgenössische Terminologie unkritisch übernimmt oder einen modernen Begriffsapparat undifferenziert auf die Vergangenheit anwendet. Der Gegensatz zwischen den grundlegenden Ideologien, der „ A u f stiegsideologie" des Liberalismus und der „Machtsicherungsideologie" 3 1 Prakke, Kommunikation, S. 88; s. auch Otto, Literarische Zensur, S. 92; Schneider, Pressefreiheit, S. 232 ff. 2 Blessing hat i n Anlehnung an O. Brunner einen sehr brauchbaren Definitionsversuch des Ideologiebegriffes unternommen, dessen Elemente gerade die Vormärzepoche richtig erfassen. Ideologie soll, zurecht enger als die von M a n n h e i m initiierte totale A u s weitung durch die Wissenssoziologie, „verstanden werden als Verbindung irrational entstandener — progressiver oder konservativer — Ordnungsentw ü r f e m i t der modernen Wissenschaft. Die Ideologie f ü l l t pseudowissenschaftlich einen metalogisch gewonnenen Rahmen m i t immanenter L o g i k u n d verifiziert i h n scheinbar i n d u k t i v , indem sie gezielt ausgewählte E i n zelteile der W i r k l i c h k e i t häuft u n d als schlüssige Beweiskette ausgibt. Z u gleich überhöht sie ihre Zentralbegriffe metaphysisch, u m sie gegen wissenschaftliche K r i t i k zu sichern. Sie ist damit die spezifische geistigseelische Einstellung einer Epoche, i n der sich säkularisierte theologische u n d metaphysische Traditionen m i t dem Rationalismus u n d einem auf den gesellschaftlichen und politischen Bereich gerichteten Voluntarismus überschichten." (Nach Z B L G 34/1971, S. 777.) 3 K ü h n l , Formen bürgerlicher Herrschaft, S. 55.

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

des Konservatismus, trennte Staat und Gesellschaft i n Bayern, belastete das Föderativsystem des Deutschen Bundes und strahlte aus bis i n die europäische Mächtekonstellation 4 . Der Konservatismus bediente sich des Restaurations- und Reaktionssystems der Heiligen Allianz und des Deutschen Bundes, der Liberalismus stellte durch „literarische und publizistische Kommunikation . . . internationale Solidaritätszonen" 5 her. Dabei fehlte es nicht an Versuchen, die Methoden des Gegners zu übernehmen: Die liberale Opposition bemühte sich, i n den politischen Raum einzudringen und die einzelstaatliche und Bundespolitik mitzubeeinflussen, die Regierungen versuchten über offiziöse und offizielle publizistische Medien die öffentliche Meinung i n ihre Richtung zu drängen. I n der Frage der Gestaltung der Pressepolitik trafen daher die ideologischen Gegensätze unvermittelt aufeinander. Theoretische Modelle und politische Wirklichkeit einer zusammenfassenden Betrachtung zu unterziehen, scheint trotz der umfassenden Darstellung Schneiders sinnvoll. Den Rahmen, das Spannungsfeld zwischen bürgerlicher Öffentlichkeit und absolutistischem Staat, hat Schneider für den deutschen Raum voll gültig erarbeitet. Das folgende Kapitel kann sich daher ausschließlich den Parallelen, aber auch Abweichungen i n Bayern widmen. Aus der Überfülle der Quellen wurden nur einige typische Aussagen ausgewählt, die stellvertretend für viele andere Belege die ideologischen Grundpositionen verdeutlichen und das Wesen des Konfliktes um die Pressefreiheit veranschaulichen sollen. I n diesem „Kampf des Vormärz um die Pressefreiheit, wurden fast alle jene Argumente vorweggenommen, m i t denen w i r heute operieren. Diese damaligen Diskussionen machen uns Heutige, die w i r über die Probleme reden, häufig zu Epigonen, teilweise sogar zu sehr vergeßlichen Epigonen" 6 . 1. Bürgerliche Öffentlichkeit und absolutistisches Arkanprinzip

Der Kampf um die bürgerliche Öffentlichkeit war mehr als die Forderung einzelner Unruhestifter, er war ein säkularer Vorgang, — Symptom eines fortschreitenden Emanzipationsprozesses, i n dessen Verlauf sich die endgültige Abkehr und Überwindung der mittelalterlichen Feudalordnung vollzog und der moderne Demokratiegedanke zum Durchbruch gelangte. Die Öffentlichkeit wurde zum Forum, „auf dem die zum Publikum versammelten Privatleute sich anschickten, die öffentliche Gewalt zur 4 5 6

I n H Z 201/1965, S. 316 ff. Ebd., S. 313 u n d 320. Schneider, P o l i t i k u n d K o m m u n i k a t i o n , S. 103.

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Legitimation vor der öffentlichen Meinung zu zwingen. Das publicum entwickelte sich zum Publikum, das subjectum zum Subjekt, der Adressat der Obrigkeit zu deren Kontrahenten" 7 . Voraussetzung jedoch für einen Erfolg der politischen Forderungen des Bürgertums war ungehinderte Kommunikation, uneingeschränkte Mitteilung, durch die erst Gemeinsamkeit i m Wissen und Meinen herzustellen war 8 . Dieser Aufgabe widmete sich die Publizistik, die sich bis heute als „öffentliche Kommunikation" 9 versteht. Da Öffentlichkeit aber eine Herrschaftsfunktion 10 darstellte, war journalistisches Engagement i m Vormärz stets Räsonnement, politischer Anspruch und nicht zuletzt Meinungsbildung. M i t der Ausformung von Kommunikationskreisen 1 1 , die den ausschließlichen Herrschaftsanspruch des absoluten Herrschers i n Frage stellten und die Öffentlichkeit als Medium und Instrument staatlicher Machtbeschränkung einsetzen, reifte auch der K o n f l i k t zwischen traditionellen Herrschaftsträgern und aufsteigenden bürgerlichen Schichten. Wären die oppositionellen Journalisten nur verworrene Einzelgänger und Psychopathen gewesen, wie es i n Anlehnung an die zeitgenössischen Verleumdungen Teile der Geschichtsschreibung bis heute behaupten, die Unterdrückungspolitik der Regierungen müßte noch sinnloser und unbegründeter erscheinen. I n Wahrheit jedoch waren und sind die Zusammenhänge weitaus komplizierter 1 2 . Auch der Vormärz steht i n einer Trendlinie, die Prakke als „Geschichte wachsender Publikumserwartungen" 1 3 bezeichnet. Nicht der Publizist also war der Macher und Verführer, sondern die neuen Kommunikationssysteme, insbesondere die ausgedehnte Medienpublizistik, standen i n Abhängigkeit von den Veränderungen i n der Gesellschaftsstruktur. I n den neubayerischen Zentren hochentwickelter städtischer K u l t u r , Augsburg, Nürnberg, Würzburg, i n denen ein erster Ansatz zur I n dustrialisierung stattgefunden hatte, relativ hohes Bildungsniveau herrschte und das bürgerliche Selbstbewußtsein kräftig entwickelt war, und i n der Rheinpfalz, die als Insel des französisch-revolutionären Geistes eine Sonderstellung einnahm 1 4 , erhielt die Publizistik stärksten 7

Habermas, Strukturwandel, S. 36. So Schneider, Pressefreiheit, S. 55; vgl. ebd., S. 12. 9 Haacke, Publizistik u n d Gesellschaft, S. 57. 10 Dazu H. Pross, Publizistik, S. 104 ff. 11 Blessing, i n : Z B L G 34/1971, S. 773 u. 775, zeigt interessante Aspekte gesellschaftsgeschichtlicher Forschung an Kommunikationskreisen, insbesondere die Möglichkeit des Rückschlusses auf soziale Schichten u n d ihre Mentalité. Umfassend ders., Der mentale Einfluß. 12 Vgl. dazu Prakke u. a., K o m m u n i k a t i o n der Gesellschaft, Münster 1968, S. 70 ff. 13 Ebd., S. 72; J. J. Sheehan, Liberalism and Society. 14 Kap. V., I, 2. 8

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

Aufschwung; dort fanden die liberalen Meinungsführer ein Publikum, das unter dem Zwang obrigkeitlicher Repression sich auch auf Ersatzmedien verweisen ließ. A n die Stelle der bedeutendsten Foren der öffentlichen Kommunikation, Landtag und Presse, traten nach 1830 informelle Formen, Volksfeste, Festessen, Verfassungsfeiern oder Gerichtsreden, bis schließlich auf dem Höhepunkt der Unterdrückung nur noch die nichtverbale Kommunikation, der Einsatz politischer Symbole 1 5 , wie Abzeichen und Fahnen, wirksam war. Gerade dieses Ausweichen unter staatlichem Zwang weist deutlich auf das gesellschaftliche Bedürfnis nach Kommunikation hin. Die Tatsache der „Funktionalität der Publizistik" 1 6 , die sich i n den Phänomenen von Spiegelung und Prägung ausdrückt, sollte daher auch bei historischen Untersuchungen mehr Beachtung finden, weil sie vorschnelle moralische Urteile verhindert und die Diffamierung oppositioneller Publizistik als Gewächs machtbesessenen Außenseitertums endgültig widerlegt. Sie bringt stattdessen den gesellschaftlichen K o n f l i k t ins Blickfeld und bietet Instrumente zu einer nüchternen Analyse 1 7 . Die Vorwürfe der „Preßfrechheit" und der „schlechten Presse" sind daher nur als ideologiehaltige Vokabeln zu werten, m i t denen die I n haber der staatlichen Macht ihren Eingriffen rechtfertigende Begründungen zu unterschieben versuchten, tatsächlich aber war es gerade die steigende Bedeutung der Publizistik i n einer gesellschaftlichen Krisensituation, die die politische Führungsschicht erkannt und fürchten gelernt hatte 1 8 . Der Kampf um die konstitutionelle Entwicklung und, als eines ihrer wichtigsten Elemente, die Pressefreiheit war nur politischer Reflex auf einen fortgeschrittenen gesellschaftlichen Umschichtungsprozeß, i n dessen Verlauf sich aus der alten ständischen Feudalgesellschaft die bürgerliche Gesellschaft entwickelte 1 9 . Obwohl Bayern während des gesamten Vormärz und darüber hinaus überwiegend agrarische Struktur aufwies und die Träger der liberalen Bewegung zahlen15

H. Pross, Politische Symbolik. Prakke u. a., K o m m u n i k a t i o n , S. 93. Unter Spiegelung versteht Prakke die „Adäquanz v o n Aussagestruktur u n d rezeptiver Motivation", „Prägung" meint die Beeinflussung „sozialer u n d k u l t u r e l l e r Trends, die sich als objektivierbare Faktoren i m Zeitgeist u n d i m W e l t b i l d einer Kulturepoche beobachten lassen". 17 Vgl. Grohall, i n : Zeitschrift für Journalistik 3/1962, S. 26. 18 Die Gesellschaftsgeschichte des Vormärz ist ein Desiderat der Forschung, das gerade durch landesgeschichtliche Strukturanalysen geschlossen werden müßte. Conze, Spannungsfeld, i n : ders., Staat u n d Gesellschaft, bietet n u r einen groben Uberblick; Zorn, Gesellschaft u n d Staat, i n : ebd., S. 113 ff., spart die gesellschaftliche D y n a m i k u n d die ideologischen K o n f l i k t e zu sehr aus; v ö l l i g unzureichend Giebel, Strukturanalyse; gut brauchbar, aber schwer zugänglich Shorter, Social change. 19 Böckenförde, Moderne deutsche Verfassungsgeschichte, S. 19, prägt daf ü r den Terminus „soziale Verfassungsbewegung"; Huber, V G 2, 309 ff. 16

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mäßig weit i n der Minderheit waren 2 0 , ist es dennoch zu rechtfertigen, auch hier von einer „bürgerlichen Gesellschaft" zu sprechen, deren Selbstverständnis sich deutlich artikulierte und deren politischer A n spruch i n Publizistik und Landtag klar faßbar ist 2 1 . Denn diese bürgerliche Mittelschicht hatte sich i n Wissenschaft, K u l t u r , Wirtschaft und Bürokratie Positionen erworben, die ihre Führungsrolle innerhalb der Sozialordnung begründeten. Aus dem Selbstverständnis als „ M i t t e der gesellschaftlichen Ordnung" 2 2 erwuchs konsequent der Anspruch auf Mitsprache i m politischen Raum, bei dessen Durchsetzung der Presse eine entscheidende Rolle zukam. Dennoch wäre m i t der Formel „Bürgertum gegen Adel" der Kampf u m die Pressefreiheit zu pauschal, wenn nicht gar falsch umschrieben. Die Faktoren, die das Feld der Auseinandersetzung bestimmten, hat H. H. Hof mann treffend bezeichnet: „Zwischen den um die Kräftigung seines Herrscherrechts kämpfenden König, den um seinen Thron gescharten und doch zugleich seine Prärogativen gegen König und Staat zäh verteidigenden Adel, den auf ein immer weitergehendes Mitregiment drängenden Abgeordneten als Trägern der liberalen und bald auch demokratischen Kräfte i m Volke und endlich der ihre Schlüsselposition behauptenden Bürokratie sollte sich fortan das Kräftefeld der bayerischen Politik bewegen 23 ." Träger des Kampfes u m Öffentlichkeit war eine liberale Opposition, die sich fast ausschließlich aus dem B i l dungsbürgertum rekrutierte. Trotz ihres Gegensatzes zur privilegierten Aristokratie fand sie dort auch Verbündete, nämlich i m mediatisierten Adel, der nach seiner Entmachtung entweder die Restauration der Ständegesellschaft betrieb oder, wie Wallerstein und Schönborn, sich den liberalen Ideen zuwandte, u m das Königtum zu schwächen und die eigene Führungsposition zu wahren 2 4 . M i t der fortschreitenden Verbürgerlichung der Verwaltung drang das liberale Denken verstärkt i n die Bürokratie 2 5 selbst ein. Das Ergebnis war die Ausbildung eines spezifisch süddeutschen Beamtenliberalismus, m i t dem nur der gesellschaftliche K o n f l i k t bis i n das zentrale Instrument monarchischer 20 Zorn, Gesellschaft u n d Staat, S. 115: 6 7 % der Bevölkerung i n L a n d u n d Forstwirtschaft tätig, n u r 5,4 % Bildungsbürgertum i m weiteren Sinn. 21 Gegen Giebel, Strukturanalyse, S. 10 u n d 263; s.a. Bentin, Das Bürgert u m als Gesellschaftsstand i m 19. Jahrhundert. 22 Huber, V G 2, 310. 23 Adelige Herrschaft, S. 364. 24 Gollwitzer, Standesherren, bes. S. 105, 108 u n d 190 ff. 25 Gesellschaftsgeschichtlich orientierte Untersuchungen zur Bürokratie fehlen vollständig, obwohl die Quellenlage nicht ungünstig wäre. Die F o r schungsproblematik sieht Ronneberger, Die Bedeutung der Verwaltung, i n : Z u r soziologischen Theorie des 19. Jahrhunderts, S. 98, A n m . 1, i n der U n gewohntheit der sozialwissenschaftlichen Fragestellung f ü r Juristen u n d Historiker, die n u r i n interdisziplinärer Zusammenarbeit zu lösen sei.

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

Herrschaft reichte 26 . Die Opposition des liberalen Beamtentums war bereits nach 1819, stärker aber noch nach 1830 spürbar, nachdem Ludw i g I. den liberalen Geist geweckt hatte. Insbesondere i n den Kreisbehörden und auf Gemeindeebene der neubayerischen Gebiete war der Anteil bürgerlicher Liberaler erheblich 27 . Das erklärt nicht nur die auffallenden Unterschiede i n der Zensurpraxis, die Behr schon auf dem ersten Landtag monierte, sondern auch die Schwierigkeiten, die sich für den König bei der Durchführung seiner reaktionären Pressepolitik nach 1830 ergaben. Dieser Beamtenliberalismus, der zwischen 1825 und 1830 seine einflußreichste Periode erlebte und unmittelbar die königliche Politik trug, stand i n Gegensatz und Konkurrenz zu zwei anderen Gruppen, aus denen sich die Bürokratie rekrutierte, der alten Aristokratie und der staatsabsolutistischen Beamtenschaft aus der MontgelasÄra. Beide Gruppen waren entschieden pressefeindlich, letztere weil die Presse ihre unkontrollierte Machtausübung erheblich beschnitt und Öffentlichkeit und Mitsprache i n Fragen forderte, die bisher als unangefochtene Domäne der königlichen Verwaltung gegolten hatte, die erstere, w e i l sie um ihre immer noch privilegierte Stellung fürchten mußte, wenn die hinter der Presse stehende bürgerliche Bewegung weiter an Einfluß gewann. Dem Zusammenspiel zwischen König und reaktionären Adelspolitikern ist letztlich die Unterdrückung der liberalen Presse und die Annäherung an die Bundespressepolitik zuzuschreiben. Denn „ihrer Herkunft wie ihrer Gesinnung nach gehörten sie i n dem europaweiten Kampf zwischen Monarchie und Volkssouveränität zur konservativen Internationale; i n ihrer Machtposition am Hofe, i n ihren weitreichenden diplomatischen Beziehungen und i n der Bundesgesetzgebung fanden sie die nötigen Mittel, um Fortschritte des Liberalismus zu hemmen und zeitweise ganz aufzuhalten" 2 8 . Diese starke Stellung, die der Altadel vor allem i n der Zentralverwaltung und i n der Diplomatie innehatte — von 30 Ministern zwischen 1818 und 1848 waren immerhin 18 Adelige 2 9 — und die i h m besonders i n außenpolitischen Fragen den Einfluß auf den König sicherte 30 , versuchten die Kräfte des bürokratischen Staatsabsolutismus, überwiegend nobilitierte Bürgerliche, zu schwächen, wo immer sie konnten. Dieser politische und gesellschaftliche Gegensatz w i r k t e sich weniger i n der inneren Pressepolitik aus, die beide Gruppen restriktiv zu handhaben wünschten, er kam aber deutlich zum Tragen, wenn es galt, Bayerns Verhältnis zum Bund zu bestimmen. 26

Dazu Heintz, Beamtenabgeordnete, passim. Schieder, i n : Conze, Staat u n d Gesellschaft, S. 18. 28 Hippel, Blittersdorff, S. 2. 29 Zorn, Gesellschaft u n d Staat, S. 116. 30 Bezeichnend dafür sind die Kontakte zwischen Hechberg, Gravenreuth, Weiden u n d B r a y vor u n d nach 1819. 27

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L u d w i g I. hat dieses labile Gleichgewicht innerhalb der Bürokratie geschickt ausgenützt, indem er bis i n die Besetzung des Ministeriums hinein diesen Gegensatz erhielt, um sich selbst die größtmögliche Entscheidungsfreiheit zu erhalten. I n der inneren Pressepolitik allerdings übertraf die gemeinsame Abneigung gegen die liberale Publizistik die gegenseitige Konkurrenz, so daß die Meinung Coremans, es habe sich die Priesterpartei m i t der alten Adels- und letztere m i t der Beamtenpartei verbündet 3 1 , nicht von der Hand zu weisen ist, wenn man die seit 1832 erneut hervortretenden Aktivitäten des Görres-Kreises miteinbezieht. Unter der Phalanx der pressefeindlichen Kräfte brach zwischen 1832 und 1834 die publizistische Bewegung i n Bayern zusammen. Der Beamtenliberalismus, der, abgesehen von einigen entschiedenen Liberalen wie Behr und Hornthal, die gemäßigte Richtung repräsentierte, wurde mit allen Mitteln, die sich boten, Versetzungen, Quieszierungen, Disziplinarstrafen und Strafverfahren schließlich völlig zurückgedrängt. Die virulenteste Gruppe der bürgerlich-liberalen Bewegung, die ihre Meinung am offensten kundtun konnte, w e i l sie unabhängig vom Staat war, entwickelte stärkeres Eigengewicht, jene Schicht bürgerlicher Privatleute, Ärzte, Rechtsanwälte und Wissenschaftler, die nach einer Übergangszeit der Nebentätigkeit die ersten berufsmäßigen Journalisten stellte. Dieser Journalismus, der sich als Repräsentant des Volkswillens und seine Produkte als Organ der öffentlichen Meinung verstand, war geistig und gesellschaftlich ein K i n d des Bildungsbürgertums und schrieb auch, von wenigen Ausnahmen abgesehen 32 , zunächst ausschließlich für Mitglieder seiner eigenen Gesellschaftsschicht 33 . L i berale Gesinnung zu wecken und zu verbreiten, sah er, „der Adel der Bildung", wie Görres i h n i n seiner Frühzeit nannte 3 4 , als seine Aufgabe an. War die ältere Gruppe von Publizisten noch einem bürgerlichen Beruf verpflichtet und i n ihrer Grundhaltung dem Kompromiß geneigt, so bestand die jüngere Generation, die i n den 40er Jahren bestimmend wurde, schon überwiegend aus Berufspublizisten, die ihre journalistische Tätigkeit als politisches Kampfmittel einsetzten. Gemeinsam aber war beiden Generationen die soziale Herkunft und der gesellschaftliche 31 Zit. nach Franz, Verfassungskämpfe, S. 221 f.; K r i t i k an dieser Aussage bei Hofmann, Adelige Herrschaft, S. 329. 32 So die „Bauernzeitung" oder das „Bauern-Conversations-Lexikon". Die Wirkungsforschung ist ein methodisch problematischer, aber durchaus ergiebiger Forschungszweig, w i e die verschiedenen Veröffentlichungen Engeisings u n d Schendas (s. Literaturverzeichnis) beweisen. Methodisches Neuland betreten Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur u n d Blessing, Der mentale Einfluß. 33 Dies geht, abgesehen v o m Inhalt, schon aus der Höhe der Preise hervor, die f ü r den Großteil des Kleinbürgertums, geschweige denn für die U n terschichten nicht erschwinglich waren (vgl. Meyer, Zeitungspreise, S. 312 f.). 34 Dies u n d das Folgende nach Faber, Rheinlande, S. 407 ff.

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

Status 35 . Überwiegend stammten die bayerischen Vormärzpublizisten aus Beamten- oder Kaufmannsfamilien, nur eine Minderheit war bäuerlicher oder kleinbürgerlicher Herkunft. Der Großteil war akademisch vorgebildet und stand i n einem bürgerlichen Beruf, ehe er sich ganz dem Journalismus verschrieb. A m häufigsten war juristische Vorbildung zu finden. Höchstes Ansehen i n der Bevölkerung genossen die Advokaten, die auch den aktivsten K e r n der liberalen Publizistik stellten. Erheblich war auch der A n t e i l ehemaliger Verwaltungsbeamter. Dazu kamen als dritte große Gruppe die Intellektuellen, vor allem Wissenschaftler und Literaten. Den repräsentierten Berufen gestanden die Zeitgenossen hohen sozialen Status zu, so daß die häufig geübte Verketzerung dieser Männer als gescheiterte Existenzen oder vagabundierende Nichtsnutze, die der Verleumdungstaktik Metternichs entsprang und bis heute allzu oft wiederholt wurde, der historischen Wahrheit widerspricht. Gerade ihre exponierte Stellung, die sie erst aufgrund qualifizierter Vorbildung erworben hatten, und ihre politische A k t i v i tät, die überholten Strukturen i m Staatsleben den Kampf ansagte und sich vehement gegen das Metternichsche System i n Deutschland ins Zeug legte, machten sie zur Gefahr für den Staatskanzler und seine reaktionäre Politik. I n der geistigen Auseinandersetzung, die diese Männer m i t M u t und aus Überzeugung betrieben, waren die Regierungen unterlegen, weil ihnen die K r a f t zeitgemäßer Argumente und die Einsicht i n die gesellschaftlichen Bewegungen fehlte. Nicht zuletzt deshalb ließen sie, nach einigen gescheiterten Versuchen, wie sie Ludw i g I. zwischen 1825 und 1832 unternahm, die Macht sprechen. 2. Die Pressetheorie des Progressismus

Der Begriff des Progressismus steht für alle auf gesellschaftliche und politische Veränderung drängenden Bewegungen reformerischer und revolutionärer Prävenienz. I n unserem Zusammenhang umfaßt er alle Spielarten des Liberalismus, die i m bayerischen Vormärz wirksam waren, den Beamtenliberalismus eines Ignaz von Rudhart, der eine M i t t lerposition zwischen Regierung und Öffentlichkeit einnahm, den bildungsbürgerlich-intellektualistischen Liberalismus des frühen Berufsjournalismus, wie i h n Eisenmann, Hornthal oder Coremanns repräsentierten, und den radikal-demokratischen Liberalismus eines W i r t h und Siebenpfeiffer, der trotz seines revolutionären Charakters und eines erweiterten Volksbegriffes bürgerlich bleibt. Die Grundtheoreme 35 Der Journalismus dieser Frühphase ist noch wenig untersucht; ein älterer systematischer Versuch von Baumert, Die Entstehung des deutschen Journalismus, ist für unseren Zusammenhang nicht sehr ergiebig; B r u n öhler, Redakteure, k a n n aus methodischen Gründen n u r sehr beschränkt verwendet werden; beste neuere Zusammenfassung bei Faber, Rheinlande, S. 406 ff.

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zur öffentlichen Meinung und zur Pressefreiheit sind beim reformerischen und beim revolutionären Liberalismus ähnlich, die Unterschiede liegen i n der Methode, das erstrebte politische Ziel zu verwirklichen. Spürbar ist insbesondere, am stärksten bei Rudhart, der Einfluß der Pressetheorie Benjamin Constants, dessen Thesen zum Teil wörtlich i m Programm bayerischer Liberaler auftauchen 36 . Gemeinsam war allen liberalen Gruppen die Verwendung des Begriffes „Preßfreiheit" als Schlag wort m i t starkem Gefühlsgehalt und Symbolwert für die Gesamtheit liberaler Forderungen 37 . Vereinzelt tauchen i n der Diskussion noch Zweckmäßigkeitserwägungen auf, u m der Regierung das neue Medium der Presse schmackhafter zu machen. Die Vorteile die der Regierung aus der Kenntnis der Volksstimmung und der Zufriedenheit der Bevölkerung erwachsen, werden m i t Vorliebe beschworen 38 . Häufiger und i n seinen Konsequenzen schwerwiegender jedoch war der Anspruch, die Pressefreiheit als vorstaatliches Recht, als Menschenrecht 39 anzuerkennen, der sich unmittelbar gegen das königliche Oktroy i n den süddeutschen Verfassungsstaaten und die konservative Theorie von Freiheit der Presse als Geschenk oder Gnadenerweis des Fürsten richtete. Spaun hat diesen Anspruch klar formuliert und auch eine unmißverständliche Begründung dafür gegeben: „Die Preßfreiheit soll kein Gnadengeschenk, keine Concession, sondern ein Recht sein, was so wenig, um nicht zu sagen noch weniger, als irgend ein anderes Recht nach Belieben ausgedehnt oder eingeschränkt werden darf. Sonst ist der Regent, wie immer er auch gesinnt sein mag, nie sicher, ob er auch so, oder anders verstanden w i r d : und die Bürger haben keine Gewähr, ob ihnen nicht das morgen auf allerlei A r t wieder weggezaubert oder verkümmert wird, was man einem oder dem andern heute vielleicht überschwänglich bewilligt, oder vielmehr nachgesehen hat 4 0 ." Nach dem Staatsrecht von A r e t i n / Rotteck gilt die Pressefreiheit, die der Redefreiheit gleichgestellt wird, als Menschenrecht und positives Verfassungsrecht: „ I n erster Beziehung ist die Freiheit der Mitteilung, also auch der Presse, ein ursprüngliches, absolutes Recht aller Menschen, daher wie alle andern Rechte, eigens dem Schutze des Staates anvertraut, und also der Beeinträchtigung durch denselben um so weiter entrückt. . . . I n der zweiten Rücksicht ist sie ein Gegenstand schon des Verfassungsgesetzes; sie gehört zur Konstitution als unentbehrlicher Bestandteil derselben und als kostbarste Gewährlei36

Gall, Constant, S. 81 ff. Schneider, Pressefreiheit, S. 233 ff. 38 GStA M A 25002 (Gutachten Rudharts von 1819); Bruckbräu, Politisches Glaubensbekenntnis, S. 144 (Nr. 130); „Die Volksstimme", Nr. 5 v. Anfang Februar 1831, hrsg. v. Coremans. 39 Z u m philosophischen H i n t e r g r u n d Schlumbohm, Freiheit, bes. S. 112 ff. 40 Eisenmann, Spauns politisches Testament, S. 265. 37

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Sterin des Ganzen 41 ." Klöcker, ein evangelischer Pfarrer i m Rheinkreis, steigerte die freie Presse i n den Rang der Heiligkeit. Seiner Predigt, die später als Flugschrift verbreitet wurde, gab er den Titel „Die freie Presse als Wort und Ruf Gottes zu ihrer Erleuchtung und Beglückung" 4 2 . Und Fein hob sie i n der letzten Nummer der „Deutschen Tribüne" i n den Rang eines existenziellen Widerstandsrechtes: „Preßfreiheit ist das Recht, zu schreien, wenn man geprügelt w i r d 4 3 . " Die Legitimation für diesen hohen Anspruch sahen alle Verfechter der Pressefreiheit i m besonderen Verhältnis des Publizisten zur „öffentlichen Meinung", einem Begriff, der bis heute umstritten und problematisch geblieben ist 4 4 . Wohl gibt und gab es keinen Gegensatz zwischen wahrer und unwahrer öffentlicher Meinung, wie i h n Metternich konstruierte, sondern nur wirkliche oder angebliche öffentliche Meinungen 45 . Aber auch die öffentliche Meinung, als deren Sprachrohr und Förderer sich der liberale Publizist betrachtete, bestand i n Wahrheit nie, sie war eine ideologische Konstruktion, um der Presse i m Kampf gegen monarchisches Prinzip und Gottesgnadentum eine eigenständige Legitimation zu verschaffen. Der reale K e r n dieser ideologischen Organ· und Orakeltheorie 46 lag i n der unbestrittenen Führungsrolle der liberalen Publizisten innerhalb des oppositionellen Bürgertums. „Die propagandistische Formulierung und praktische Vorbereitung der demokratischen Forderungen i m Vormärz wurde Sache des Journalismus, und so wurde er der Advokat, der Wortführer, Macher und Beherrscher der öffentlichen Meinung 4 7 ." Niemals aber repräsentierte die veröffentlichte Meinung innerhalb der liberalen Publizistik den Gesamtwillen des Volkes; ihre Forderungen fanden nur bei einem Teil der bürgerlichen Opposition Unterstützung, die Wünsche der Unterschichten und des Vierten Standes waren, außer i n Teilen der radikalen Publizistik, nicht aufgenommen. Auch der Ruf nach Pressefreiheit stützte sich auf ideologische Begründungen, i n denen man als Gesamtwohl ausgab, was nur dem Emanzipationsprozeß eines gegebildeten, wirtschaftlich erstarkten Bürgertums förderlich w a r 4 8 . Idealistischer Enthusiasmus und aufklärerischer Zukunftsoptimismus formulierten die folgende These 41

A r e t i n / Rotteck, Staatsrecht, Bd. 3, S. 235 f. Zweibrücken 1832. 43 V o m 19. März 1832 (zit. nach Koszyk, Dt. Presse 2, 78). 44 Dazu W. Bauer, Die öffentliche Meinung u n d ihre geschichtlichen Grundlagen; Groth, K u l t u r m a c h t 5, 81 ff.; Hölzer, Wandel u n d Begriff der öffentlichen Meinung; Lenz, Wesen u n d Werden der öffentlichen Meinung; Zusammenfassung der Diskussion durch U. Otto, i n : Publizistik 11/1966, S. 99 ff. 45 So Groth, K u l t u r m a c h t 5, 95. 46 Ebd., S. 119. 47 Ebd., S. 120. 48 Otto, i n : Publizistik 11/1966, S. 109. 42

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Coremans, deren ideologisches A x i o m die naive Gleichsetzung von Volk und Presse war. „Die Presse ist selbst Volk geworden; sie schreitet vorwärts, begleitet von jenen großen Ideen, die sich täglich erweiternd und verstärkend, das Veraltete, Verhaßte und Zweckwidrige früher oder später stürzen 49 ." Zeitungen, so meinte auch die „München-Augsburger Postzeitung" i n Überschätzung ihrer eigenen Funktion, „sind die einzig wahren Organe, i n welchen sich die öffentliche Meinung kundtut und wahr und wahrhaft ausspricht, wie sie i n der Nation lebt" 5 0 . Differenzierter und zutreffender sah Eisenmann das Verhältnis von Publizist und Publikum: „Wenn die Mitteilungen der freien Presse bei der öffentlichen Meinung Anklang finden, so hat der Journalist bloß seine Zeit erkannt, nicht geschaffen." Und nicht nur seine Bescheidenheit ehrt den Redakteur und Herausgeber des „Bayerischen Volksblattes", sondern auch sein Weitblick, wenn er feststellt, „daß Völker, die m i t ihrer Regierung zufrieden sind, sich durch öffentliche Blätter w o h l belehren, nimmermehr aber revoltieren lassen" 51 . Typisch für den gemäßigten Liberalismus, den die folgende Aussage der A A Z treffend charakterisiert, war die Kombination von Offensive und Defensive, der Anspruch der Organtheorie einerseits und die Abwehr des Radikalismus andererseits. Daneben bereichert die A A Z das Spektrum der ideologischen Begründungen noch um die Rolle des Journalisten als objektiven Berichterstatters über den Zeitgeist. „ V o n dieser zur Volksstimme erhobenen Ansicht behaupten w i r zuvörderst, daß sie keineswegs von einem usurpierenden Journalismus vorgespiegelt, oder gar künstlich von i h m erzeugt, sondern eine wirkliche und wahrhafte, aus der Natur der Zeitereignisse und der Nationalvernunft hervorgegangene ist. Der deutsche Journalismus findet diese öffentliche Stimmung vor, und so liegt i h m einzig das Geschäft ob, von ihr, als von einer h i storischen Tatsache, Bericht zu erstatten und der Nation das Urteil zu überlassen, ob er die Wahrheit v e r k ü n d e t . . . . Die öffentliche Meinung, die Nationalvernunft, verdammt das Prinzip der Auflösung, . . . sie w i l l keine Revolution, sie verlangt Reformation. Die Ultra-Liberalen, die Pöbel-Schmeichler täuschten sich über die Stimmung, die sie i n Deutschland vorzufinden hoffen; aber auch die Zurückdränger und Finsterlinge täuschen sich, wenn sie die Siegesbeute zu erhäschen wähnen . . . 5 2 ." Die A A Z liefert m i t diesem A r t i k e l ein geradezu klassisches Dokument für die elitäre Abgrenzung einer großbürgerlichen Ideologie, die bereits die Ansprüche der Unterschicht ab49

„Freie Presse,, Nr. 51 v. 16. Dez. 1830. Nr. 54 v. 1828. 51 „Bayerisches Volksblatt", Nr. 2 v. 5. Jan. 1832; ebenso Bruckbräu, Politisches Glaubensbekenntnis, S. 109 (Nr. 60). 52 A A Z , Beilage Nr. 110/111 v. 1831 (zit. nach Lauerer, Augsburger Presse, S. 175 ff.). 50

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wehrte und ihre Wortführer abqualifizierte, noch ehe sie selbst ihren Führungsanspruch durchgesetzt hatte. A n Versuchen, die „niederen Volksklassen" zu mobilisieren und ihre Wünsche i m Katalog der liberalen Forderungen zu berücksichtigen, fehlte es, wie Ruckhäberle gezeigt hat 5 3 , i n Bayern vor 1832 noch weitgehend. Erst auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung und m i t zunehmender Radikalisierung weitete sich bei einigen Publizisten, so etwa dem Rechtsreferendar Widmann, der Volksbegriff aus. Zugleich entstanden neue publizistische Formen, Stilmittel und Themenbereiche wandelten sich. Zum Tragen allerdings kam diese Publizistik i n Deutschland nicht, w e i l sie nach 1832 überwiegend unterdrückt wurde oder ihre Produzenten i n die Emigration gingen. So repräsentierte die liberale Presse letztlich nur eine „bürgerliche Öffentlichkeit", ihr Kampf galt der Emanzipation des Bürgertums, ihr Volksbegriff war ideologisch verengt. Unter dieser Einschränkung sind alle Aussagen zu sehen, die i m folgenden zur Aufgabe der Presse zitiert werden. Hervorgehoben w i r d immer wieder die Bildungs- und Aufklärungsfunktion der Presse. Daher steht „die Bildung der Einzelnen i m Staat, jene ganzer Völker, die Moralität dieser, wie jener" 5 4 i n engster Verbindung m i t der Pressefreiheit, sie erst bedeutet die „Mündigkeitserklärung des Volkes" 5 5 . Die freie Presse trägt damit zur Meinungsbildung i m Sinne des liberalen Reformprogrammes bei, sie zeigt Mißstände auf und bringt Besserungsvorschläge i n die Diskussion, sie kontrolliert und tadelt die Regierung, sie informiert über die Verhandlungen des Landtages und unterstützt die liberalen Abgeordneten 56 . I n dieser Funktion eines Meinungsbarometers bringt sie auch der Regierung Nutzen, weil sie ihr über die Volksstimmung Auskunft gibt und es ihr ermöglicht, bestehende Mängel frühzeitig zu beheben 57 . Zugleich fördert die Freiheit der Presse auch das Vertrauen zwischen Volk und König, sie w i r d zur „sichersten Stütze seines Thrones . . . Die Preßfreiheit besteht eben sowohl zum Vorteil des Regierenden als zum Nutzen der Regierten, und das endliche Bestreben einer freien Presse, für gesetzliche Freiheit und Ordnung, w i r d immer nur der Wiederhall der Stimmen aller Freisinnigen der Nation sein und dartun, daß die öffentliche Meinung eines Freisinnigen das Gesetz achtenden Volkes stärker, als die einer Regierung anvertraute Macht ist" 5 8 . 53

Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, bes. S. 126 ff. u n d 153 ff. Hornthal, Z u m bayerischen Landtag 1831, Nr. 5, Nürnberg 1831, S. 5. 55 „Deutschland, was es ist . . S . 144; Bruckbräu, Politisches Glaubensbekenntnis, S. 165 (Nr. 145). 56 I n diesem Sinne Siebenpfeiffer (bei Braun, S. 154). 57 GStA M A 25002 (Gutachten Rudharts von 1819); Rede Rudharts i n P L V v. 6. M a i 1831, Bd. 5, S. 76. 54

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I n einem konstitutionellen Staat steigt die Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips und der Pressefreiheit. „Jeder, welcher einen Begriff von repräsentativer Verfassung hat, weiß, daß die Öffentlichkeit zu ihrem Wesen gehöre, und ohne Öffentlichkeit die Verfassung selbst i n sich zerfalle 59 ." Die Pressefreiheit w i r d so zur Conditio sine qua non des konstitutionellen Lebens erhoben, zur „Seele der konstitutionellen I n stitutionen" 6 0 , ohne die die „Ausbildung einer volkstümlichen Verfassung" 6 1 ebenso unmöglich w i r d wie eine rechtsstaatliche Entwicklung 6 2 . Letztlich bietet damit „der größere oder geringere Grad von politischer Pressefreiheit" den „sichersten Maßstab der Güte oder Schlechtigkeit einer Regierimg" 6 3 . Daß die Aufrechterhaltung und gar die Verschärfung der Zensur i m Jahre 1831 diesem rechtsstaatlichen Verfassungsideal ins Gesicht schlug, bedarf keiner weiteren Begründung. Verständlich aber w i r d doch die Härte der Auseinandersetzung, das Prinzipielle an der Frontenbildung, das hinter den zahllosen Einzelgefechten nicht vergessen werden darf. Ideologische Gegensätze diesen Ausmaßes sind jedenfalls nicht als Verstoß gegen Anstandsregeln zu entpolitisieren oder als chronisches Nörglertum vom gesellschaftlichen Hintergrund zu isolieren. Auch die enge Verbindung zwischen Landtagsopposition und liberaler Presse, wie sie 1831 zur Ausformung kam, hatte ihre Wurzeln i n der liberalen Öffentlichkeitstheorie. Landtag und Presse verstanden sich „als kommunikative Repräsentation, d. h. als institutionelle Meinungsmanifestation zum Zwecke der Kommunikation. Hier t r i f f t die so verstandene Aufgabe der Zeitung m i t dem Ziel der ständischen Vertretung des Konstitutionalismus unmittelbar zusammen. Das Verlangen nach ständischer Repräsentation und zugleich nach Pressefreiheit i m Liberalismus der nachnapoleonischen Ä r a hat hier den gemeinsamen Ansatzpunkt" 6 4 . Die Verknüpfung zwischen beiden Formen öffentlicher Kommunikation stellte die Parlamentsberichterstattung her, die deshalb von den Regierungen besonders mißtrauisch beobachtet 65 , von den Liberalen dagegen als K e r n konstitutioneller Pressefreiheit ge58

„Die Volksstimme", w i e A n m . 38. Bruckbräu, Politisches Glaubensbekenntnis, S. 70; ähnlich Siebenpfeiffer, „Rheinbaiern", 2. Jg., Nr. 3, S. 129 (zit. bei Franz, Verfassungskämpfe, S. 194), 60 W i r t h i m „ I n l a n d " v. 17. März 1831 (zit. bei Steuer, Cotta, S. 76). 61 So Henle, Einige Betrachtungen, S. 11. 62 Hornthal, Z u m bayerischen Landtag, Nr. 5, S. 8: „ F ü r jeden Staat, w o nicht W i l l k ü r , sondern das Gesetz herrscht, . . . ist es heilige Pflicht, w i r k l i c h e Preßfreiheit, . . . , zu handhaben, w i d e r jeden A n griff u n d Verletzung kräftigst zu schützen." 63 Hundt-Radowsky, Gewaltstreiche, S. 19. 64 Schneider, Pressefreiheit, S. 221 f. 65 Ebd., S. 247; Habermas, Strukturwandel, S. 96; Raubold, Landtagsberichterstattung, passim. 59

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rühmt wurde 6 6 . Die Aufgabe der freien Presse bestand zunächst darin, den Verhandlungen der Abgeordnetenkammer Publizität zu geben, ihnen ein erweitertes Publikum zu verschaffen, „zu verbreiten, was auf diesen für das Land und für den Bürger Bedeutungsvolles gesprochen wird, damit lichtvollsten Gedanken bald gemeinsames Eigentum werden" 6 7 . Zugleich sollte sie Einfluß auf die Abgeordneten nehmen, ihr Abstimmungsverhalten überwachen und i m Namen der Öffentlichkeit von ihnen Rechenschaft verlangen. Trotz der Selbstüberschätzung seiner Person ist die Aussage Coremans' daher tendenziell richtig, seine Flugblätter hätten als Organe der konstitutionellen Opposition i n der Ständeversammlung gegolten 68 . Darüber hinaus hatte die Presse eine wichtige Aufgabe zwischen den einzelnen Landtagen und i n allen Situationen, i n denen sich die Abgeordneten als zu schwach erwiesen 69 , liberale Forderungen durchzusetzen. Diese Stellvertretungsfunktion hat ebenfalls Coremans — i n wörtlicher Anlehnung an Constant 70 — klar formuliert: „Die Rednerbühne und die Presse sind i n konstitutionellen Staaten die zwei großen Verbündeten. Bei uns, wo die Rednerbühne i n der Regel drei Jahre stumm bleibt, muß die Presse wirken, diese furchtbare Gegnerin des Schlechten, diese mächtige Beschützerin des Guten 7 1 !" Trotz der weitgehenden Übereinstimmung i n den theoretischen Ausgangspunkten schieden sich unter dem Druck der staatlichen Reaktion die Geister über der Frage, m i t welchen M i t t e l n Widerstand geleistet und wie die Herausforderung durch die Regierungen beantwortet werden sollte. Die gemeinsame K r i t i k am Zensurregime konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Schlußfolgerungen sehr verschieden lauteten, Reform hier, Revolution dort. Rudhart griff i n seinen beiden großen Landtagsreden von 183172 die Institution der Zensur heftig an und w a r f die Frage ihrer gänzlichen Aufhebung i n die Diskussion. Dennoch blieb er m i t seinem ausführlichen historischen Rückblick und seiner juristischen Argumentation weitgehend i m Rahmen dessen, was er schon 1819 i n seinem Gutachten niedergelegt und i n leicht veränderter Form 1826 i n einer Broschüre veröffentlicht hatte. Die Zensur führe, so äußerte er, zur Lethargie und ββ

Bruckbräu, Politisches Glaubensbekenntnis, S. 147 (Nr. 136). „Freie Presse", Nr. 51 v. 16. Dez. 1830. 88 Bauer, Geschichte der konst. u. rev. Bewegungen 1, 283. 89 G. H. Schneider, Preß u n d Vaterlandsverein, S. 165 f., Rede Schülers: „ B e i dieser Ohnmacht der Volksabgeordneten muß die Abhülfe von den Bürgern selbst ausgehen." 70 Gall, Constant, S. 98: „ L a tribune et la presse sont les deux grands bienfaits de notre gouvernement constitutionel." 71 Coremans, Freiheitsblitze, S. 40. 72 P L V v. 6. M a i 1831, Bd. 5, S. 38 ff. u n d v. 22. J u l i 1831, Bd. 12, S. 15 ff. 67

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zur Schweigsamkeit der Zeitungen, so daß sie keine Abwehr gegen A n griffe ausländischer Blätter auf Bayern übernehmen könnten. Die W i l l kür der Zensoren schränke die Pressefreiheit i m Inland so ein, daß die Bürger gezwungen seien, auf ausländische, anonyme und unperiodische Schriften zurückzugreifen. Dadurch verliere die Regierung aber jede Möglichkeit, die öffentliche Meinung zu leiten und schade sich damit selbst am meisten. Bei aller K r i t i k jedoch argumentierte Rudhart, der bedeutendste Vertreter des bayerischen Beamtenliberalismus, stets aus dem Blickwinkel des Staatsinteresses und orientierte sich streng an den bestehenden gesetzlichen Normen, eine Tendenz, die auch andere, weniger gemäßigte Vertreter des Liberalismus zeigten 73 . Siebenpfeiffer dagegen formulierte schon 1830 apodiktisch die polemische Alternative: „Wo aber eine Zensur ist, ist keine Verfassung, wie prunkreich die Preßfreiheit i n der Charte stehen mag; die Zensur ist der Tod der Preßfreiheit, somit der Verfassung, welche m i t dieser steht und fällt 7 4 ." Die verfassungsrechtliche Konstruktion der konstitutionellen Monarchie, die den König jeder Verantwortlichkeit entzog, zwang die K r i tiker zunächst i n ein Muster der Polemik, das der politischen Wirklichkeit nicht entsprach. Der König sei getäuscht, beherrscht vom „ministeriellen Zwergdespotismus", der i h n vom Volk trennen wolle und i h n über den Volkswillen i m unklaren lasse 75 . „Der konstitutionelle Monarch", schreibt Coremans, „wie er vor einigen Jahren zu dem Volke sprach, wie w i r ihn i n seinen Gedichten kennen lernten, hat keinen Feind i m Rezatkreise, dagegen die ministerielle W i l l k ü r , der Absolutismus, der Jesuitismus usw. deren Hunderttausende" 76 . Von diesem Punkt aus war der Schritt zur grundsätzlichen Systemveränderung, zur antifeudalen Pfaffen- und Adelskritik 7 7 , die den König nun nicht mehr ausnahm, nur noch sehr kurz. Siebenpfeiffer vollzog i h n i m Jahre 1832 m i t klassenkämpferischen Parolen, die über den Rahmen des Einzelstaates hinauswiesen, die Fürstenallianz i m Deutschen Bunde angriffen und die revolutionäre Lösung einer deutschen Einheit unter republikanischen Vorzeichen propagierten 78 . „Das M i t t e l zur Wiedervereinigung Deutschlands i m Geiste" 7 9 sollte wiederum die freie Presse sein, eine zwar verständliche, aber ebenso unrealistische Hoffnung wie 73

„Bayerisches Volksblatt", N r r . 17 ff. (v. 9. M a i bis 18. J u l i 1829).

74

„Rheinbaiern" 1, 292 (nach Braun, S. 82). 75 So Siebenpfeiffer i n seiner Schrift „Freie W a h l u n d freie Presse" (nach Braun, S. 116 ff.). 76 Coremans „Der Späher i m Ständesaal", S. 28 (Jg. 1831). 77

Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur, S. 43. Braun, Siebenpfeiffer, S. 167. 79 W i r t h , i n : „Deutschlands Pflichten. Erster T e i l " (zit. nach Schneider: Preß- u n d Vaterlandsverein, S. 166). 78

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die Rudharts auf die ausgleichende Wirkung des föderativen Systems i n Deutschland 80 . Dieser Glaube an den Sieg der besseren Argumente und der Vernunft erlitt 1832 eine schwere Niederlage, nicht weil der Konservatismus mit den überzeugenderen Theorien aufwarten konnte, sondern weil er i m Bunde mit der Reaktion Herrschaft und Macht auf seiner Seite wußte und mit Gewalt eine Bewegung zurückdrängen konnte, der er i n der offenen Diskussion sehr bald hätte das Feld räumen müssen. 3. Die „Pressetheorie" des Konservatismus

U m Begriff und Wesen des Konservatismus w i r d seit einigen Jahren eine zum Teil heftige Diskussion geführt 8 1 , die historische und theoretische Grundlagen einerseits geklärt, andererseits aber erneut i n Frage gestellt hat. Historischer Ausgangspunkt des modernen abendländischen Konservatismus ist die Französische Revolution 8 2 . Die Voraussetzungen für die Entstehung einer konservativen Ideologie hat Mannheim zurecht darin gesehen, „daß die moderne Welt dynamisch geworden ist; daß diese Dynamik auf Grund einer sozialen Differenzierung zustande kommt; daß diese soziale Differenzierung auch die Gesamtgehalte des geistigen Kosmos i n ,Mitleidenschaft' zieht" 8 3 . Von ihrem historischen Ursprung, der Defensive gegen Rationalismus und Revolution, bleibt auch die konservative Theorie während des ganzen 19. Jahrhunderts geprägt. Sie gibt meist nur Antwort, reagiert nur auf progressive Entwürfe und Forderungen, wehrt ab, verteidigt und versucht zu erhalten. Z u einem geschlossenen System gelangen nur wenige konservative Denker, die Mehrzahl der Repliken sind essayistisch oder fragmentarisch. 80

P L V v. 6. M a i 1831, Bd. 5, S. 84; dieselbe Argumentation bereits 1816 i n der Schrift „Uber die Souveränität der deutschen Bundesstaaten" (GStA M A 24558). 81 Greiffenhagen, Das Dilemma des Konservatismus; Grebing, Konservat i v e gegen die Demokratie, F r a n k f u r t 1971; Kaltenbrunner, Rekonstruktion des Konservatismus; Grebing / Greif fenhagen / Krockow / Müller, Konservatismus; Schumann (Hrsg.), Konservatismus; Ribhegge, i n : aus p o l i t i k u n d Zeitgeschichte Β 30/1970; Hockerts, i n : ebd. Β 4/1974 (Lit.bericht); K a l t e n brunner, i n : ebd. Β 42/1974. M i t Mannheim, Konservatives Denken, S. 76, w i r d Konservatismus i n unserem Zusammenhang als „objektiver, geschichtlich eingebetteter, dynamisch sich abwandelnder Strukturzusammenhang" verstanden. Die B i n dung an den jeweiligen historischen K o n t e x t schließt eine Definition als anthropologische Konstante oder typisches Verhalten i m sozialpsychologischem Sinn aus. 82 Epstein, Die Ursprünge des Konservatismus i n Deutschland. 83 Mannheim, Konservatives Denken, S. 82 f.

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Dennoch sind gemeinsame Grundinhalte feststellbar 84 : die antirevolutionäre Einstellung, ja die Revolutionsangst, die nicht selten als M i t tel der politischen Taktik und der ideologischen Verteufelung eingesetzt wurde und keineswegs m i t dem Prinzip der Gewaltlosigkeit i n der Politik gleichzusetzen ist 8 5 ; ein ausgeprägter Antirationalismus 8 6 , der statt Zweifel und kritischer Analyse natürliches Denken, instinktives Wissen, Vertrauen i n die göttliche Offenbarung, ontologische Vorgegebenheiten oder die Weisheit der A l t e n propagierte. Aus dieser gemeinsamen Basis entwickelten sich verschiedene Grundmuster konservativen Denkens und konservativer Politik, für die — schon unter den Zeitgenossen und bis heute umstritten — die Bezeichnungen Reaktion 8 7 , Restauration 88 und Reform 8 9 verwendet wurden. I m Zweifrontenkrieg gegen bürokratischen Rationalismus und Liberalismus bekam nicht der Reformkonservatismus, sondern die Reaktion die Oberhand, der Konservatismus wurde „eine Angelegenheit der Diplomatie fürstlicher Kabinette oder von Theoretikern, die oft, . . . , i m Dienste der Regierungen standen" 90 . Zum taktischen Bündnis m i t dem monarchischen Staat kam die Wirksamkeit eines romantisch-restaurativen Katholizismus. Das Bündnis von Thron und A l t a r stabilisierte die traditionelle monarchische Herrschaft und verteidigte sie allen gesellschaftlichen Veränderungen zum Trotz, indem es i n monarchischem Prinzip und Gottesgnadentum die vorrevolutionäre politische Ideologie restaurierte. „Die Erhaltung des Bestehenden war deshalb manchem Konservativen gleichbedeutend mit der Erhaltung des absoluten Staates 91 ." 84 Ubersichten i n Mannheim, Konservatives Denken, S. 84ff.; G r e b i n g / Greiffenhagen u. a., Konservatismus, S. 7 ff. 85 So Kann, i n : Kaltenbrunner, Rekonstruktion, S. 59. Das Gegenteil ist unschwer an der Metternichschen Interventionspolitik nachzuweisen. 86 Grundthese Greiffenhagens, Dilemma. 87 Kann, i n : Kaltenbrunner, Rekonstruktion, S. 62 f., stellt richtig fest, daß die „Reaktion" „ein bestimmtes Element i m konservativen Spektrum" darstellt, nämlich das der Bewegung entgegengesetzte, dessen Charakteristikum es ist, die Notwendigkeit u n d die Tatsache gesellschaftlicher Veränderungen zu leugnen; vgl. Gablentz, i n : Festgabe f. Herzfeld, S. 66 ff. 88 Der Begriff der Restauration ist dem der Reaktion zwar verwandt, aber trotz häufiger synonymer Verwendung nicht m i t i h m identisch. Die Restauration bezeichnet nach Kann, i n : Kaltenbrunner, Rekonstruktion, S. 65, „die modifizierte Wiederherstellung einer auf gewaltsamem Wege zerstörten Gesellschaftsordnung bestimmter A r t " , bezieht sich also auf einen fixierbaren politischen Vorgang innerhalb eines Landes. Umfassend dazu Kann, Die Restauration als Phänomen i n der Geschichte. Vgl. auch Gablentz, i n : Festgabe f. Herzfeld, S. 66. 89 Der Begriff der Reform spielt i m Frühkonservatismus noch eine erhebliche Rolle. Reformkonservative haben i n Bayern u n d Preußen entscheidend an der Entwicklung zum modernen Staat m i t g e w i r k t . Dazu Gablentz, i n : Festgabe f. Herzfeld, S. 62 u n d 68 f. 90 Kaltenbrunner, in: aus polik u n d Zeitgeschichte, Β 42/1974, S. 8. 91 Grebing / Greiffenhagen, Konservatismus, S. 10.

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Diese politischen und ideologischen Voraussetzungen kamen i m publizistischen und pressepolitischen Bereich unmittelbar zur Auswirkung 9 2 . Das „Dilemma des Konservatismus" bestand darin, daß er sich i n der Auseinandersetzung m i t dem Liberalismus entweder der Methoden und Medien bedienen mußte, die er eigentlich verachtete und bekämpfte, oder m i t Hilfe der staatlichen Macht den Gegner gewaltsam zum Schweigen bringen mußte. Die dynamischen Elemente der frühkonservativen Publizistik, i n denen rationale Argumentation und Reformwille Raum fanden, wurden m i t den Karlsbader Beschlüssen eliminiert, so daß bereits seit 1820 eine veränderte konservative Publizistik, die unter starkem staatlichen und kirchlichen Einfluß stand, ihren Aufschwung nahm 9 3 . Damit wuchsen die Probleme; denn die publizistischen Produkte erreichten nur eine Minderheit, die für restaurative Gedanken aufgrund ihrer Interessenlage aufgeschlossen war. Zudem haftete den konservativen Veröffentlichungen stets das Odium der Bindung an die staatliche Reaktion an, so daß man gezwungen war, jede Regierungsabhängigkeit nach Möglichkeit geheim zu halten. Dennoch übertrug sich das Mißtrauen gegenüber den Regierungen sehr bald auch auf die konservative Publizistik 9 4 . Das Eintreten des Konservatismus i n den Meinungskampf stempelte auch seine Aussagen zu Gruppenmeinungen. Der Gefahr, als Interessenvertretung der Herrschaftsträger entlarvt zu werden, versuchte er zu entgehen, indem er der liberalen Ideologie occasionalistische Gegenpositionen entgegensetzte. A n der Spitze stand das Postulat der eigenen Unfehlbarkeit und der Anspruch, Wahrheit und Gemeinwohl ausschließlich selbst zu vertreten. Demzufolge konnten andere Ansichten nur Forderungen einer schädlichen, staatszersetzenden „Faktion" sein. Die Pressetheorie des Liberalismus wurde nicht rational widerlegt, sondern m i t einem moralischen Unwerturteil belegt. Liberale Schlagworte deutete man i n konservativem Sinne um. Daß dabei nicht immer besonderer Einfallsreicht u m waltete, zeigt die Verballhornung des liberalen Schlagwortes „Preßfreiheit" i n „Preßfrechheit". Gegen die eigentliche problematische Konstruktion der liberalen Doktrin, nämlich das Verhältnis zwischen Presse und öffentlicher Meinung, polemisierte der Konservatismus mit derart moralisierenden Übertreibungen, daß seine Glaubwürdigkeit 92

Nach Schoeller, Konservative Publizistik. E i n Lehrbeispiel f ü r die Verwobenheit, aber auch die Widersprüche von staatlicher Reaktion u n d kirchlicher Restauration stellt die Lebensgeschichte Pfeilschifters dar, der zunächst Liberaler, dann Publizist i m Dienste Metternichs u n d zuletzt Redakteur eines katholischen Blattes war. Dazu ausführlich Rumpel, i n : Festgabe f. A . Ernstberger. Jahrbuch f. fränk. Landesforschung 14/1954; vgl. auch Pesch, Kirchl.-pol. Presse, S. 151 f. 94 Vgl. Schiller, Cotta 2, 61, A n m . 29 (Cotta an Pilat v. 8. Okt. 1828). 93

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darunter litt. Die Presse als „selbsternannte Volkspräsentation" 9 5 abzutun, vereinfachte den wirklichen Zusammenhang. Die Metternichsche Angstideologie propagierte vor allem Pfeilschifter i m „Staatsmann" 9 6 , einem von der österreichischen Staatskanzlei gestützten und finanzierten Organ. Die Unfähigkeit zu rationaler Auseinandersetzung zeigte sich besonders deutlich i n dem Schlag wort von der „schlechten Presse", das zur antiliberalen und antisozialistischen Kampfparole des Katholizismus bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde 9 7 . Indem man den politischen Gegner und seine Publikationen von vorneherein moralisch diskreditierte, umging man die Auseinandersetzung m i t den Inhalten. Die gesellschaftspolitischen Konflikte blieben damit außerhalb der Diskussion, wurden verschleiert, aber nicht aufgehoben. M i t elitärem Hochmut, der gegenüber dem Gros der politischen Journalisten des liberalen Lagers nicht gerechtfertigt war, und m i t der Verachtung des Volkes, dessen Vertrauen gerade erhalten werden sollte, ließ sich weder das Phänomen der öffentlichen Meinung erfassen noch die liberale Organtheorie wiederlegen. So war die blindwütige Verketzerung, zu der Pfeilschifter griff, eigentlich schon Symptom einer Schwäche, die i m Angriff letzte Rettung suchte: „Die Usurpation einer einzigen Meinung, der flachsten und gemeinsten eben darum schon, weil sie die gemeine oder sogenannte öffentliche ist, hervorgegangen aus der jämmerlichen Halbbildung des vorigen Jahrhunderts und darum freilich der stets nur halbgebildeten Menge am meisten zusagend, hat es bis zu einem wahrhaft merkwürdigen Terrorismus gebracht 98 ." Dieser Vorwurf der Demagogie, ja des geistigen Terrorismus der liberalen Presse über die ungebildete Masse verband sich eng m i t der Behauptung, die Presse sei nichts anderes als „ein Tummelplatz der Subj e k t i v i t ä t " 9 9 , die veröffentlichte Meinung gebe nur die Ansicht einer schriftstellerischen Persönlichkeit wieder und könne keinen Anspruch auf Volksverbundenheit erheben. Daraus ließ sich die Verpflichtung ableiten, zum Schutz des Volkes und des Staates die Presse zu überwachen, zu lenken und i m äußersten Fall auch zu unterdrücken. Diese Theorien 1 0 0 , wenn auch aus der Defensive geboren, beeinflußten die Pressepolitik und lieferten den Regierungen zwar schwache, aber doch brauchbare Begründungen für ihre Zensurpolitik. 95

I n : „Historisch-politische Zeitschrift", Bd. 1/1831, S. 101. Schoeller, Konservative Publizistik, S. 58 u n d 174. 97 Schmolke, Schlechte Presse, bes. S. 305 ff. 98 Zit. nach Schoeller, Konservative Publizistik, S. 53. 99 Groth, K u l t u r m a c h t 5, 124; der Subjektivismus-Vorwurf findet bis heute i n der Geschichtswissenschaft Anhänger: so Koeppel, Rudhart, S. 111 f., u n d G. Franz, Liberalismus, S. 178 f. 100 Z u den Ansätzen konservativer Pressetheorie s. Groth, K u l t u r m a c h t 5, 123 ff.; speziell zu A d a m Löffler s. Schneider, Pressefreiheit, S. 275 ff. 96

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

Trotz des gemeinsamen Argumentationspotentials und der Übereinstimmung i n den Grundelementen führte doch verschiedenartige Schwerpunktsetzung zu einer Gruppenbildung innerhalb des konservativen Lagers, die i n Theorie und Praxis für die liberale Presse Bayerns Bedeutung gewann. Für den bayerischen Vormärz lassen sich Mischformen aus drei theoretischen Grundrichtungen des Konservatismus unterscheiden, deren Stellung zur Presse unterschiedlich war und deren pressepolitische Konzeptionen daher voneinander abwichen: die Pressetheorie der politischen Reaktion, des romantisch-restaurativen Katholizismus und des Reformkonservatismus. Eine publizierte und ausgeformte reaktionäre Pressetheorie ist i n Bayern nicht verfaßt worden, um so wirksamer aber wurden auf der staatlichen Ebene die Konzeptionen von Metternich und Gentz. Die Auswirkungen der österreichischen Reaktion sind besonders bei Rechberg i m politischen und ideologischen Bereich spürbar. I n der Verteidigung der Zensur als zentrales M i t t e l staatlicher Pressepolitik vermengen sich, durch konstitutionelle Bekenntnisse verbrämt, staatsabsolutistisches und legitimistisches Denken. Die „Bemerkungen" Rechbergs 1 0 1 über die Möglichkeiten einer Liberalisierung der Zensur bewegen sich nur scheinbar auf konstitutionellem Boden. Schon i n der Einleitung wartet er gegenüber der liberalen Pressetheorie m i t einem typisch konservativen Argument auf, dem Vorwurf der Praxisferne und übertriebener Theoretisierung. Ohne auf die Frage der Öffentlichkeit i m konstitutionellen System und die Nachteile der Zensur einzugehen, beruft er sich auf die Autorität der Väter der Verfassung. M i t der Begründung, i n Bayern sei die Verfassung i m Volk noch nicht lebendig und es mangle am „Nationalgeist", lehnt er den Vergleich m i t England und Frankreich ab 1 0 2 . Außenpolitische Rücksichten und die Schwierigkeiten bei gerichtlicher und strafrechtlicher Ahndung von Presse vergehen dienen i h m als weiterer Beleg für die Notwendigkeit der Zensur. Den gesetzesfreien Raum des Staates w i l l er möglichst weit ausdehnen: Über die Gefährlichkeit einer Schrift haben nur die Polizeibehörden, der Staatsminister und i n letzter Instanz der Staatsrat zu entscheiden. Zudem mißt er der Regierung ein 101 GStA M A 25002; Bitterauf, Zensur, S. 337 f., behandelt dieses Gutachten i n subjektiver A u s w a h l u n d m i t deutlicher Sympathie. 102 Dazu „Fränkischer M e r k u r " (v. 17. März 1819, Nr. 76) i n einer Polemik gegen die „Landtagszeitung" (zit. nach Wittichen, Gentz 3, 2, S. 367, A n m . 1): „Es w i r d da das gewöhnliche Steckenpferd der geistigen I n v a l i d e n geritten; w i r sind noch nicht reif für volle Preßfreiheit, bei uns läßt sich noch der Nationalgeist nicht voraussetzen, wie er i n England u n d Frankreich herrscht etc. Beim Himmel, woher soll uns aber auch die politische Reife u n d der N a tionalgeist kommen, w e n n man uns nicht die Freiheit gibt, unsere K r a f t zu gebrauchen."

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letztes Entscheidungsrecht zu. Strafwürdiges darf sie nicht aufnehmen, aber nicht alles, was nicht strafwürdig ist, muß sie aufnehmen. Eine positive Bestimmung darüber, was sie aufnehmen kann, lehnt er mit der Begründung ab, dies sei abhängig von den Umständen der Zeit und vom Publikum. Z u dieser absolutistischen Verteidigung exekutiver Dominanz t r i t t das typische Vorurteil gegenüber dem Journalismus. Das Recht einer K r i t i k an der Verwaltung betrachtet er, selbst wenn der König davon unberührt bliebe, als „Aufforderung an alle halbgelehrten Schreier und unruhigen Köpfe". Die Zeitungen würden damit zum „Tummelplatz für ihre kleinlichen und gemeinen Leidenschaften, für ihre unverständige Besserwisserei, für ihre platte Tadel- und Klatschsucht". Eine Milderung der Zensur macht er von der fortschreitenden Erziehung der Bevölkerung und der Entwicklung eines gefestigten Nationalinteresses abhängig. Diese Erziehungsaufgabe des Staates durch Zensur begründet Rechberg m i t einem Satz, aus dem deutlich der Demagogievorwurf gegenüber der liberalen Presse spricht: „(Das Volk) hat noch nicht Sinn für politisches Räsonnement und w i r d sich daher vor der Hand an scandalose Ansichten halten 1 0 3 ." M i t einem blumigen Vergleich, der dem Organismusdenken des Konservatismus entstammt, würzt er den Anspruch auf Erziehung des Volkes: „Die Natur tut keinen Sprung; das K i n d muß erst gehen lernen, ehe es tanzen soll, und ein schwaches Auge w i r d sich nur langsam an das Licht gewöhnen. Soll was die Natur, was der physische Erzieher tut, die Regierung bei der politischen Erziehung ihres Volkes vernachlässigen?" Geheuchelte „väterliche" Sorge und vorgetäuschtes Verantwortungsgefühl bieten den ideologischen Überbau zu einer aristokratischen Interessenpolitik i m österreichischen Schlepptau, die Rechberg i n den folgenden Jahren praktiziert hat und i n deren Verlauf er mehr als einmal und vielfach noch deutlicher als i n diesem Gutachten seine weltanschauliche Position klarstellte. Noch kräftigere Töne findet eine publizistische Stimme des altbayerisch-patriotischen Konservatismus, i n der das gleiche Argument vom Bildungsdefizit des Volkes auftaucht 1 0 4 . Nachdem der „Preßfrechheit" gehörig die Leviten gelesen waren, dem Pöbel das Recht zur K r i t i k abgesprochen und stattdessen Vertrauen i n Regierung und Monarchen verlangt wurde, stellt Ellenrieder zwölf Jahre nach Rechbergs „Bemerkungen" erneut fest: „Ja, wenn w i r uns die Nation aus durchgängig gebildeten Individuen denken könnten, wenn w i r dem Volke vollkommene K r a f t der Unterscheidung zutrauen dürften, wenn w i r nicht so große Abstufungen selbst unter der gebildeteren Klasse von Staats-Bewohnern antreffen würden, dann könnte ein anderes Verhältnis der unbeschränkten Freiheit der Presse gedacht werden . . . ; 103 M i t demselben Argument hatte Gravenreuth schon 20 Jahre früher die Notwendigkeit der Zensur begründet (bei Bitterauf, Zensur, S. 307). 104 Ellenrieder, „Über die Freiheit der Presse".

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

allein hiezu ist die Möglichkeit nicht gegeben, und es kann durch kein Mittel gegeben werden 1 0 5 ." Der Konservatismus fand i n Bayern schon früh seine stärkste Stütze i m Katholizismus. A u f dem Boden einer gemeinsamen restaurativen Ideologie, die Ständestaat und patriarchalische Herrschaft zum politischen Leitbild erhob, fanden Staat und Kirche zu einer zeitweiligen Verbindung, die von Frankreich ihre geistigen und von Wien ihre politischen Impulse erhielt 1 0 6 . Der „Eos-Kreis", der sich unter der Führung von Görres i n doppelte Frontstellung zum Liberalismus und zum bürokratischen Rationalismus begab und daher zunächst i n K o n f l i k t m i t dem König geriet, hat der Ideologie der katholischen Restauration die greifbarsten publizistischen Konturen gegeben und dem politischen Katholizismus i n Deutschland den Weg gewiesen. Der ursprüngliche Ausgangspunkt war, wie bei der übrigen katholischen Presse, das „Bedürfnis und der Wille zur Gegenwehr gegen die Übermacht der kirchenfeindlichen Presse" 107 . M i t ihrem antiliberalen Engagement jedoch geriet die Kirchenpresse weit mehr ins Gefolge der politischen Restauration und Reaktion, als ihrer Breitenwirkung zuträglich und der katholischen Laienbewegung angenehm w a r 1 0 8 . Schon i n der A n kündigung 1 0 9 der „Eos" gab Görres i n seiner bilderreichen Sprache das antiliberale Programm seiner Zeitschrift bekannt, i n dem der Vorwurf der zersetzenden und unterwühlenden Kräfte des Liberalismus breiten Raum einnimmt. Das hohe Berufsethos, das Görres, w o h l i n Erinnerung an seine frühen Jahre, dem Journalisten zumißt, entspricht wenig dem meist polemischen Ton, den Haßtiraden und der demagogischen Hetze gegen seinen weltanschaulichen Gegner. Dennoch weist er seiner Zeitschrift eine Erziehungsaufgabe zu. „Das Volk soll nicht Pöbel bleiben; es soll nicht i n der Gemeinschaft festgehalten und ersäuft, sondern aus derselben emporgehoben, einer edlen Denk- und Sprechweise fähig und somit einer immer höheren K u l t u r teilhaft gemacht werden 1 1 0 ." Dazu allerdings hält er die staatliche Überwachung für erforderlich, die zügellosen Schriftstellern „das Handwerk entweder ganz zu legen, oder sie doch i n die gebührenden Schranken zu weisen" 1 1 1 habe. Die Warnung vor der öffentlichen Meinung und ihren Gefahren, die Klage über die Mißbräuche i m deutschen Pressewesen und die Verurteilung der „schlechten Presse" ergeben den altbekannten Dreiklang konservativer Pressekritik. Die enge Bindung an die Monarchie und die Furcht vor 105 106 107 108 109 110 111

Ebd., S. 19. Deuerlein, i n : Goerres, Werke, Bd. 15, S. 40 - 43 u n d A n m . Pesch, Kirchl.-pol. Presse, S. 5. Ebd., S. 6. Text ebd., S. 235 f. Kapfinger, Eoskreis, S. 78. Ebd., S. 79.

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der Revolution, als deren Wegbereiterin die Presse immer wieder beschuldigt wird, t r i t t besonders i n der zweiten Phase der „Eos" von 1832 i n den Vordergrund. Das „verderbliche Treiben der Journalistik", das i n Frankreich die Julirevolution vorbereitet hat, verletzt auch i n Bayern „täglich den öffentlichen Anstand, die gute Sitte, die Ruhe des Staates, die Heiligkeit des Glaubens und die Ehre des Fürsten und des Einzelnen" 1 1 2 . Das Konzept eines reformerischen Konservatismus 113 , der die Abwehr des Radikalismus und die Bindung des gemäßigten Liberalismus an den monarchischen Staat bezweckte, vertrat vor allem Öttingen-Wallerstein, ohne allerdings angesichts des verstärkten reaktionären Einflusses der Bundespolitik und des Gesinnungswandels des Königs zum Erfolg zu gelangen. Die von Görres und Metternich gleichermaßen heftig befehdete „Bayerische Staatszeitung" legte i n ihrer Ankündigung 1 1 4 ein liberal-konservatives Programm vor, das von einer positiven Wertung der Presse ausging und sich damit von reaktionären und restaurativen Positionen deutlich abhob. Die Entwicklung der Presse und ihre Politisierung i n der jüngsten Vergangenheit w i r d nüchtern festgestellt und ohne Polemik als geschichtliches Faktum anerkannt. Ohne die liberale Öffentlichkeitsforderung völlig zu akzeptieren, gesteht die Zeitung doch offen einen Zusammenhang nicht nur m i t dem Zeitgeist, sondern auch mit dem bayerischen Konstitutionalismus zu; ja sie begrüßt sogar das steigende Interesse des Volkes am Staat. „ M i t der Öffentlichkeit, die unseren inneren Angelegenheiten geworden, m i t dem durch die ständischen Verhandlungen angeregten Forschungssinne, entwickelte sich auch eine aufgeklärte Teilnahme Aller an Allem, was das innere Wesen des Staates berührt." War die öffentliche Meinung als politischer Faktor anerkannt, so mußte auch der Staat versuchen, seinen Einfluß ins Spiel zu bringen. Nicht durch Zwang und Ausdehnung der Zensur, sondern durch Beteiligung an der Meinungsbildung des Volkes glaubte Wallerstein dieses Ziel zu erreichen. „ . . . denn nur durch Kundwerden der die Staatsgeschäfte leitenden Ideen und Ansichten erhält der äußere Beamte einen bestimmten Richtpunkt seines Wirkens; durch Bekanntmachung der Motive, die den Regierungshandlungen zugrunde liegen, werden diese verständlich, indem sie zugleich i n den Kreis der Öffentlichkeit eintreten; und bei dieser Öffentlichkeit gewinnt die große leidenschaftslose Mehrheit der Nation die Möglichkeit einer Prüfung der Gründe 112 Goerres, Werke, Bd. 15, S. 424 f. („Eos" v. 18. Febr. 1832, Nr. 28) und 427 ff. („Eos" v. 29. Febr. 1832, Nr. 34). 113 Kaltenbrunner, i n : aus p o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Β 42/1974, S. 6, spricht von „liberalem Konservatismus". 114 H S t A M I n n 45201 (Ankündigung v. 29. Febr. 1832 i n der „Münchner Politischen Zeitung").

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3. Teil: Strukturelemente bayerischer Pressepolitik i m Vormärz

und Gegengründe bei den allseitigen Verhandlungen über die allgemeinen Interessen, endlich wird, durch alle diese Vorteile, der wahren öffentlichen Meinung die Basis einer selbständigen, echt nationalen Ausbildung gesichert." Liberale Diskussionsbereitschaft, modernes Öffentlichkeitsverständnis, das den Arkanbereich des Staates erheblich einengte, ohne den Gedanken des Staatsschutzes aus dem Auge zu verlieren, und eine realistische Einschätzung der Kompromißbereitschaft i n weiten Teilen der Bevölkerung zeichnete diese Position aus. Dem Aufklärungsdenken entstammten der Glaube an die Macht der Überzeugung. Die Regierung wollte ihre Überlegenheit nicht mehr durch das kindlich-naive Vertrauen der Beherrschten i n den väterlichen Monarchen sichern, sondern durch rationale Argumentation. Die enge Verbindung von Volk und König erwartete Wallerstein gerade von einem liberalen System der Pressefreiheit und der konstitutionellen Entwicklung. „(Bayern) muß einhertreten vor der Welt i n der innigsten Vereinigung von Fürst und Volk . . . Seine ministerielle Presse muß siegen über jene der Opposition durch die Waffen der wohl wollenden bitterkeitfreien Diskussion 1 1 5 ." Diese theoretischen Prinzipien versuchte Wallerstein auch als Minister i n die politische Realität umzusetzen. Das Ambivalente des Reformkonservatismus, sein Schwanken zwischen Liberalität und Absolutismus findet jedoch gerade i n seiner Pol i t i k bezeichnenden Ausdruck. Wie der Liberalismus so erfuhr auch dieser zukunftsträchtigste, lebendigste Zweig des Konservatismus unter dem Einfluß der Metternichschen Bundespolitkk eine bedeutende Veränderung. Er wurde umgeformt, lernte die Anpassung an die Staatsmacht und verlor die k r i tische Distanz zur Herrschaft, eine Entwicklung, die nicht nur die pressepolitische Zukunft Deutschlands bestimmen sollte.

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G H A L I X V 460 (Wallerstein an K ö n i g v. 10. August 1830).

Schluß und Ausblick: Grundzüge bayerischer Pressepolitik zwischen 1837 und 1848 — Konfessionalismus und Nationalgedanke1 Unter dem Vorzeichen des erwachenden aggressiven Konfessionalismus erhielt Bayerns Pressepolitik eine neue Orientierung, ohne daß dadurch das bürokratisch-monarchische Zensurregiment grundsätzlich verändert worden wäre. I n engster Beziehung dazu stand die neue Schwerpunktsetzung i m außenpolitischen Bereich. Das Verhältnis zu den beiden deutschen Großmächten kehrte sich seit der Mitte der 30er Jahre allmählich um. Die Bereitschaft, der politischen Richtung Österreichs zu folgen, und eine entsprechende Zensurpolitik beseitigten nahezu alle Konfliktstoffe. Die Beziehungen zu Preußen dagegen waren steigenden Belastungen ausgesetzt, seit der reaktionären Einheitsfront der Regierungen der gemeinsame liberale Gegner fehlte und Bayern sich durch den Zollverein zu eng an ein kleindeutsches Wirtschaftsgebiet gebunden fühlte. Zunächst stand die Souveränitätsfrage noch i m Zentrum der politischen Überlegungen. Der Dualismus der Großmächte, der nach der letzten reaktionären Gemeinschaftsleistung von 1834 verstärkt hervortrat, wurde zum Exerzierfeld bayerischer Außenpolitik. Man wollte Preußen durch Österreich i n Schach halten. Diese innerdeutsche Machtbalance diente ausschließlich der Bewahrung einer vermeintlichen Selbständigkeit, deren Grundlagen schon nach 1830 beseitigt worden waren. Die Absicht, die österreichische Dominanz i m Bunde zu unterlaufen, bestand i n Preußen offensichtlich. Bayern stellte i m preußischen K a l k ü l einen wesentlichen Faktor dar, entzog sich aber durch gezielte politische Gegensteuerung diesem Einfluß. So avancierte die preußische Regierung seit 1833/34 zum Hauptbeschwerdeführer i n Presseangelegenheiten. Diesen Prozeß der politischen Entfremdung forcierte der latente konfessionelle Gegensatz, der das konservative Lager spaltete, den Nord-Süd-Gegensatz zu neuem Leben erweckte und schließlich zur direkten pressepolitischen Konfrontation eskalierte. Aus Vorwürfen und Beschwerden über die Publizistik des politischen Katholizismus i n Bayern führte der Weg unmittelbar i n die Pressefehde zwischen Preußen und Bayern, die sich an den Vorgängen 1 Die folgenden Aussagen stützen sich auf Ergebnisse der vorliegenden L i teratur u n d auf Teilstudien i m Quellenbereich.

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Schluß u n d Ausblick

u m die Absetzung und Verhaftung des Kölner Erzbischofs entzündete 2 . Die Zuspitzung der Auseinandersetzung lag i n der politischen Absicht des Königs. Nicht anders ist der offene Systemwechsel zu deuten, den Ludwig m i t der Entlassung Wallersteins, der die Wogen der konfessionellen Erregung zu dämpfen versucht hatte, und der Ernennung Abels, dessen doktrinärer Katholizismus keinen Ausgleich erwarten ließ, vollzog. Die neue Koalition des Königs m i t den Kräften des katholischen Konservatismus, leitete auch eine weitere Phase bayerischer Pressepolitik ein, die sich i n ihrer politischen Zielsetzung auch von der Reaktion nach 1832 erheblich unterschied, obwohl die Instrumente und Methoden i m wesentlichen gleich blieben. Dem Wunsch des Königs gemäß und i m Sinne seines neuen Innenministers erhielt die innere Pressepolitik ein doppeltes Gesicht: Großzügiger Förderung der Presse des politischen Katholizismus stand die schärfste Unterdrückung aller übrigen publizistischen Richtungen gegenüber. Z u keiner Zeit wurde i m bayerischen „Verfassungsstaat" des 19. Jahrhunderts die Pressefreiheit willkürlicher zugeteilt oder entzogen, niemals ist die Konstitution hemmungsloser manipuliert worden. Dennoch war der Eigenanteil Abels geringer, als dies die häufig verwendete Bezeichnung „System Abel" suggeriert. Der eigentliche Antreiber und Beweger des politischen Geschehens war nach wie vor der König selbst, dessen romantische Katholizität den Weg i n das neue Bündnis gewiesen hatte. Freilich steckte i m publizistischen Kampf gegen Preußen auch wieder die alte Idee von den „moralischen Eroberungen" Bayerns, der alte Wunschtraum von der bayerischen Vorrangstellung. Aber anders als i n der Scheinliberalen Phase waren es jetzt nicht mehr konstitutionelles Wesen und Freiheitsversprechungen, m i t denen man die öffentliche Meinung Deutschlands für sich einzunehmen gedachte, sondern der Anspruch einer Vormacht des Katholizismus i n Deutschland. Aus der historischen Tradition der bayerischen Gegenreformation leitete L u d w i g I. sein Mandat als Defensor Ecclesiae ab, ohne deswegen das System des Staatskirchentums aufzugeben. Publizistische Werkzeuge für sein politisches Wollen zu finden, wurde dem Monarchen nicht schwer, besonders als der Kölner Kirchenstreit wie ein Fanal i n der explosiven Atmosphäre des deutschen Konfessionalismus zündete. Der alte Görres griff wortgewaltig ins politische Geschehen ein und schleuderte dem deutschen Protestantismus seinen „Athanasius" entgegen. Die „Neue Würzburger Zeitung" stieg unter dem begabten Polemiker Zander 3 zum protegierten Vorposten der antipreußischen und antiprotestanti2

R. L i l l , Die Beilegung der Kölner W i r r e n 1840-42, Düsseldorf 1962; O. Splett, Die großen Mächte u n d das Kölner Ereignis, Diss. phil. München 1939. 3 E. Roeder, Der konservative Journalist Ernst Zander u n d die Kämpfe seines „Volksboten", München 1972.

Schluß u n d Ausblick

sehen Publizistik auf. Ihre gezielte Provokation löste den K o n f l i k t m i t Preußen aus, dessen Auswirkungen nicht nur den Bund zu sprengen drohten, sondern auch die innenpolitische Landschaft i n Bayern veränderte 4 . Trotz heftiger preußischer Beschwerden weigerte sich die bayerische Regierung zunächst, der Zeitung Zügel anzulegen. Erst als Preußen den Bund anzurufen und den Zollverein aufzukündigen drohte und die erwartete österreichische Fürsprache ausblieb, sah Bayern sich zum Einlenken gezwungen. A m 23. A p r i l 1838 revidierte Abel die bisherige Zensurpraxis, indem er i n einer geheimen Weisung A r t i k e l über innere Angelegenheiten, also auch Religionsprobleme, der Zensur unterstellte 5 . Gleichzeitig führte der Minister das umstrittene Postdebit ein, das — i n eindeutig verfassungswidriger Weise — den Vertrieb einer Zeitung durch die Post von der Genehmigung der Regierung abhängig machte 6 . Der preußisch-bayerische Konflikt, der erst nach dem Regierungswechsel i n Preußen und unter Einfluß des antifranzösischen Nationalismus von 1840 endgültig beigelegt wurde, hatte die bundespolitische Isolierung Bayerns offenbart. Daran war nicht nur das Übergewicht des Protestantismus i n Deutschland schuld, sondern dies war das Resultat einer betonten Politik staatlicher Selbständigkeit gegenüber den Großmächten. Die Mittel- und Kleinstaaten hatte Bayern sich mehr und mehr entfremdet, als es — ganz reaktionärer Musterschüler — nach 1834 verstärkt zu aggressiver Beschwerdepolitik i n Presseangelegenheiten griff und die schwächeren Staaten m i t denselben M i t t e l n unter Druck setzte, wie sie Österreich und Preußen i h m gegenüber anwandten. Zugleich war i m Verlauf der Pressefehde klar geworden, daß der innenpolitische Systemwechsel des Königs bundes- und außenpolitische Konsequenzen nach sich zog, die ihrerseits wieder auf die innerbayerische Szene Rückwirkungen zeitigten. So demonstrierte auch dieser K o n f l i k t unter konfessionellen Vorzeichen, wie unauflösbar eng das Geflecht aus innerer und äußerer Politik bereits geworden war, und daß Bayern m i t seiner Souveränitätspolitik längst auf verlorenem Posten kämpfte. Dennoch war L u d w i g I. weiterhin bemüht, Bayerns Selbständigkeit, die er m i t seiner monarchischen Souveränität identifizierte, zu demonstrieren. Wie er i n seinen ersten Regierungs jähren um Popularität bei den Liberalen Deutschlands warb, so lag i h m nun an der Gefolgschaft des politischen Katholizismus. München wuchs m i t königlicher Unterstützung zur Hochburg der katholischen und ultramontanen Publizistik heran, deren bedeutendster und langlebigster Repräsentant die „Historisch-Politischen Blätter" des Görreskreises wurden 7 . Enge ideologische Bindung zwischen Thron und A l t a r kenn4 Ausführlich auf Quellenbasis J. Grisar, Bayern u n d Preußen zur Zeit der Kölner Wirren, Diss. phil. München 1923 (masch.). 5 Bayrle, Presse, S. 88. 6 Ebd., S. 90. 2

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Schluß u n d Ausblick

zeichnete das innenpolitische System seit 1838. Ohne Zweifel waren die kirchlich-konservativen Kräfte die stärkste Stütze des autoritätsbetonten monarchischen Selbstherrschertums Ludwigs I. Andererseits aber gestand der König auch der Kirche nur eine legitime Funktion zu, soweit sie sein System patrimonialer Herrschaft ideologisch rechtfertigte und gesellschaftlich stabilisierte. Die Kirche war i h m willkommener Koalitionspartner, m i t dem ihn gleichgelagerte Interessen verbanden, niemals jedoch gestand er ihr Eigengewicht und partnerschaftliche Selbständigkeit i m Verhältnis zum Staat zu. Die Pressepolitik gegenüber dem publizistischen Exponenten des bayerischen Katholizismus beweist dies deutlich. Die Konfessionalisierung des öffentlichen Lebens, die aus diesem Bündnis erwuchs, entwickelte allmählich eine Eigengesetzlichkeit, die die politisch-ideologischen Fronten i n Bayern und i m Bunde veränderten und neue Konstellationen schuf. Der Graben zwischen katholischem A l t - und protestantischem Neubayern vertiefte sich. Protestantismus und Liberalismus näherten sich i m Widerstand gegen die katholische Restauration stark an. Die Einseitigkeit des Abelschen Zensurregiments, das die Restbestände liberalen Denkens ebenso scharf der Publizität entzog wie protestantische Meinungsäußerungen, führte einen Solidarisierungseffekt herbei und ließ die Zahl der kirchenpolitischen Streitschriften sprunghaft ansteigen 8 . So verband sich der innerstaatliche Gegensatz zwischen Erhaltungsideologie und Fortschrittswillen mit dem konfessionellen Streit zwischen Protestantismus und Katholizismus. Der Revolutionsvorwurf, den der geeinigte Konservatismus als Verketzerungsformel gegenüber der liberalen Bewegung gebraucht hatte, tauchte nun i n der Publizistik i n neuer Anwendung auf. Ultramontane Blätter und protestantisch-liberale Presse belegten sich gegenseitig m i t dem Verdikt revolutionären Denkens. Dieses polemische Schlagwort von der Revolutionierung des bestehenden Gesellschaftsund Staatensystems fand nicht selten sogar Anwendung auf die beiden exponiertesten Staaten i n ihrer Gesamtheit, auf Bayern und Preußen. Damit war die Einheit des Bundes entschiedener denn je i n Frage gestellt. Der Dualismus der Großmächte erhielt zu seiner machtpolitischen Basis zusätzliche konfessionelle Nahrung. Aber während Metternich das katholische Österreich nicht an die vorderste Front der Auseinandersetzung führte, sondern u m des Einflusses i m Bunde w i l l e n um Ausgleich bemüht blieb, nahmen L u d w i g I. und Abel Zuflucht zu einer 7 Sehr gründlich G. Frh. v. Pölnitz, Joseph Görres und die Pressepolitik der deutschen Reaktion, K ö l n 1936; Fr. Rhein, Zehn Jahre „Historisch-Politische B l ä t t e r " 1838- 1848, Diss. phil. Bonn 1916; M . Staudinger, Die katholische Bewegung i n der Zeit des Frankfurter Parlaments, Diss. phil. München 1925. 8 Ο. v. Dauberschmidt, Kirchenpolitische Kämpfe i n Bayern i n den Jahren 1845 u n d 1846, Diss. phil. München 1924 (masch.).

Schluß u n d Ausblick

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Politik des Konfliktes, i n der der Bund wiederum das letzte Wort — zuungunsten Bayerns — sprach. Nach der Beilegung des Konfliktes m i t Preußen, die mehr aus bundes- und außenpolitischen Rücksichten als aus politischer Überzeugung erfolgte, lenkte die bayerische Regierung die überschüssigen konfessionellen Energien, die i m Inneren des Staates eine unerwünschte Polarisierung schufen, auf einen schwächeren Bundesstaat um, auf das benachbarte Württemberg. I n einer jahrelangen Pressefehde, die ebenfalls erst ihr Ende fand, als sie i n die Ebene der Bundespolitik aufzusteigen drohte, zerstörte Bayern die letzten Reste süddeutscher Interessenidentität 9 . Pressepolitischer Beweglichkeit i m konfessionellen Rahmen standen unverändert harte Unterdrückungsmethoden und bundespolitische Enthaltsamkeit gegenüber. A l l e n Initiativen zur Änderung der Bundespressepolitik, der liberalen Preußens von 1841 und den reaktionären Preußens von 1843 und Österreichs von 1845/46, zeigte Bayern die kalte Schulter. M i t dem Beharren auf einen unbefriedigenden Status quo setzte die bayerische Regierung ihre traditionelle Politik des Nichthandeins fort, die sie innerhalb des Bundes isolierte, ohne ihr ein Quentchen mehr an Selbständigkeit einzubringen. Erst 1846 kam i n Bayern und i m Bunde allgemeine Bewegung i n die pressepolitische Front. I n Erwartung des Landtags schwoll die Zahl der kirchenpolitischen Schriften an, der Ton i n der Presse wurde polemischer. Die Appelle der kirchlich-klerikalen Publizistik an den König nahmen ein Ausmaß und eine Deutlichkeit an, die dem Souverän das Bündnis allmählich lästig machten. Schon 1845 zeigten sich i m pressepolitischen Bereich erste Anzeichen zu einer Überwindung der betont konfessionellen Regentschaftsphase Ludwigs I. L u d w i g I. führte die größte Zeitung seines Territoriums, die A A Z , i n der Schleswig-Holstein-Frage gezielt i n eine heftige Fehde m i t Dänemark. Dabei ließ er es an direkter Aufmunterung und staatlichem Schutz nicht fehlen und gab erst nach, als wiederum der Bundestag einen Kompromiß erzwang. Mag das engagierte Eintreten des bayerischen Herrschers für die Rechte Schleswigs zu einem guten Teil aus seinem romantischen Verständnis von „Teutschheit" erwachsen sein, so verfolgte L u d w i g damit zweifellos auch eine weitergehende politische Absicht. Bayern sollte als deutscher Staat i n der öffentlichen Meinung neues Ansehen erlangen und der preußische Führungsanspruch auf dem Weg zur deutschen Einheit eingeschränkt werden. Dies schien u m so nötiger, als Preußen i n Verbindung m i t Baden und Sachsen der reaktionären österreichischen Presseinitiative von 1846 einen eigenen liberalen Entwurf entgegen9

21*

Ergiebiges, bisher ungenutztes Material i m GStA München.

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Schluß u n d Ausblick

stellte, der i h m die Sympathien der Nationalliberalen Deutschlands eintrug. A u f eben diese Kräfte des dezimierten und umgeformten L i beralismus richtete auch L u d w i g I. sein Augenmerk, als i h m die Koal i t i o n m i t der klerikalen Partei zunehmend beschwerlicher wurde. Tatsächlich übernahmen nach dem Sturz Abels Männer des alten anpassungsfähigen Beamtenliberalismus u n d Reformkonservatismus die Ministerien. Doch die Krise des königlichen Herrschaftssystems aufzuhalten waren sie allesamt, weder „Ministerium der Morgenröte" noch die Neuauflage eines Wallersteinschen Ministeriums, nicht mehr i n der Lage. Die Koalitionsmöglichkeiten des Herrschers waren endgültig erschöpft, so sehr, daß er zuletzt sogar auf Personen zurückgreifen mußte, die auf allgemeine gesellschaftliche Ablehnung stießen. Auch pressepolitische Konzessionen vermochten die Isolierung, i n die Ludw i g I. sich durch eine jahrelange verfehlte Politik und eine lächerliche Alterstorheit manövriert hatte, nicht mehr zu revidieren. Nachdem schon auf dem Landtag von 1847 mehrere Redner die volle Pressefreiheit gefordert hatten, wurde während der kurzen Regierungszeit Wallersteins am 1. Januar 1848 die Zensur für innere Angelegenheiten wieder aufgehoben und der rechtliche Zustand von 1832 wiederhergestellt. Doch auch damit waren die Gemüter nicht mehr zu beruhigen. I m März zerbrach das System Metternich und m i t i h m fielen alle Bastionen reaktionärer Herrschaft i n Deutschland. Schon vorher hatten Münchens Bürger ihre Forderungen formuliert, darunter an hervorragender Stelle die Freiheit der Presse 10 . A m 6. März fielen auch i n Bayern die Fesseln der Zensur, nachdem der Bundestag bereits drei Tage früher den Bundesstaaten freie Hand gelassen hatte. Was Abel als liberaler Minsterialrat auf dem Landtag von 1831 ausgesprochen hatte, wurde trotz zahlreicher Anfechtungen 11 i n Bayern nun rechtliche und politische Wirklichkeit: „Die Preßfreiheit ist von nun an ein Dogma unserer politischen Glaubenslehre geworden. Und wer, meine Herren, könnte und möchte wohl jetzt noch der Zensur das Wort reden, der Zensur, dieser morschen Krücke einer schwachen, dieser lähmenden Fessel einer starken, i n sich einigen Regierung. Die Zeit ist vorübergegangen, wo man dem Wahne sich hingeben konnte, die Dauer und Festigkeit eines Staates auf die Unwissenheit seiner Bürger und auf eine geistige Diätik zu gründen 1 2 ."

10

1939.

Dazu F. Pfundtner, Die Münchener politische Presse 1848, Diss. B e r l i n

11 Vgl. Hofmann, K., S t u r m u n d Drang i n der politischen Presse Bayerns 1848 - 50, i n : Z B L G 3/1930, S. 205 ff. 12 Bauer, Gesch. d. rev. Bewegungen 1, 112.

Quellen u n d Literatur I. Benutzte Archivalienbestände Hauptstaatsarchiv München (HStA) : MInn 25097 - 9 9 ; 25102; 25104b; 25104h; 25105; 25107 M I I ; 25113W; 2511b; 25114Z; 25118; 43370; 43853; 44559; 44734; 44815; 45176; 45180; 45185; 45188; 45189; 45191; 45192; 45201; 45202; 45206; 45254; 45285; 45286; 45298; 45306; 45313 - 315; 45330; 45582. Staatsrat: Protokolle 473; 479; 645; 665; 672; 674; 687; 688; 690; A k t e n 2831 - 36. Geheimes Staatsarchiv München (GStA) : MA 7738; 7755; 9534; 9545; 9552; 9579; 24558; 24574; 25001 - 5 8 ; 2800509; 28014; 74013 - 15; 74019; 74020; 74023; 74026; 74035; 74038; MAI 32; 224; 241; 247; 258; 264; 349; 350; 353; 354; 408; 411; 430; 453; M A I I 1050-64; 1085; 1104-10; 1329; 1332; 1333; 1336-38; 1377/b, d; 1631 - 3 3 ; 1 6 5 5 / A - C ; 1705; 1872-91; 1915-32; M A I I I 2404; Gesandtschaft B e r l i n 684 - 88; Gesandtschaft F r a n k f u r t 8/10-12; 1 3 / 1 - 3 ; 14/19-20; I, B20; I, P7; I, P9; I, PIO; I, V6; I, W2 2 (Kgrün); Gesandtschaft Stuttgart G 18/98; Kschwarz 619 (61, 64). Geheimes Hausarchiv München (GHA) : Nachlaß M a x I. Joseph M l ; Nachlaß L u d w i g I. (L I) A R O 17; 21/1; 21/2; 26; 27; A 22; I / A 2 2 ; I I , A 1 5 ; I I / A 1 6 ; I I / A 2 1 ; I I , 73; VII/73; VII/309; V I I I / 7 3 ; Χ/73; X I , 73; VIV/73; XV/460; XVI/73; X I X ; X X I I ; 2/73; 7/73; 12/73; 21/586; 85/3/VII; 90/1/II; 49-4-42-7. Haus-, H o f - u n d Staatsarchiv Wien (HHStA): Gesandtschaftsarchiv F r a n k f u r t 28; Staatskanzlei, Deutsche A k t e n (StK, DA) 37, a - b ; 38 a; 147-51; 182; 183. Geheimes Hausarchiv B e r l i n : Nachlaß Wittgenstein (Rep. 192) V/1/20; V/1/22; VI/3/1; VI/3/10; VI/3/11; VI/3/12; VI/4/11; V I I / K l (a). Bayerische Staatsbibliothek München, Handschriftenabtlg., Abeliana, Fase. 11 (Varia) Nr. 3. Bayerische Akademie der Wissenschaften, Kommission f ü r Bayerische L a n desgeschichte: Signate K ö n i g Ludwigs I. (SAk) (gesammelt von M. Spindler).

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Personenregister

Abel, K a r l v. (1788- 1859), Staatsminister d. Inneren 68, 114, 128, 177, 190, 215, 222, 261, 280, 320322, 324 Alvensleben, Gf. v., preußischer D i plomat Ancillon, Friedrich, preußischer Staatsminister 198, 216, 217, 220, 228, 236, 241, 255 Aretin, Johann A d a m Frhr. v. (1769 1822), Bundestagsgesandter in F r a n k f u r t 38, 40 — Christoph Frhr. v. (1772 - 1824), Leiter d. Hofbibliothek, Gerichtspräsident 30, 37, 38, 42, 52, 54, 57, 58, 68, 73, 106, 276, 278, 290, 303, 304 Armansperg, Josef L u d w i g Gf. v. (1787 - 1853), Staatsminister d. Äußeren, Staatskanzler Ottos v. Griechenland 21, 115, 117, 124, 126, 127, 133, 134, 136, 138, 140, 141, 150, 152 - 156, 158, 159, 162 - 165, 188 A r n d t , Ernst Moritz (1769 - 1860), Dichter, Publizist, Politiker 37 Baader, Clemens Alois (1762 -1838), Kanonikus, Schriftsteller 119, 121 Behr, W i l h e l m Joseph (1775 - 1851), Staatsrechtslehrer 22, 53 - 60, 122, 131, 249, 278, 290, 300, 301 Berstett, W i l h e l m Frhr. v. (1769 1837), badischer Minister 75 Belli de Pino, A n t o n (1765 - 1835), Ministerialrat 38 Bentzel-Sternau, Heinrich Gf .v., A b geordneter 122 Berg, Günther Heinrich v., Bevollmächtigter v. Oldenburg, H o l stein, A n h a l t usw. beim Bundestag

Bernstorff, Christian Günther Gf. v., Diplomat, preußischer Minister 64, 76, 78, 80, 88, 112, 159, 160, 197, 198, 204, 216 Beroldingen, Joseph Ignaz Gf., w ü r t tembergischer Außenminister 198 Bismarck, Otto Fst. v., preußischer Ministerpräsident, deutscher Reichskanzler 285 Blittersdorff, Friedrich K a r l L. Frhr. v. (1792 -1861), badischer Staatsmann u n d Bundestagsgesandter 20, 77, 82, 159, 162, 199, 277, 279, 300 Bray, Franz Gabriel Gf. de (1765 1832), bayerischer Gesandter i n B e r l i n u n d Wien 137, 139, 207, 214, 217 Brendel, Sebald, Professor an der Universität Würzburg 122 Bruckbräu, Journalist, Hg. d. „Münchner Konversationsblattes" 257, 303, 305 - 308 Buol-Schauenstein, Johann Rudolf Gf. v. (1763- 1834), österreichischer Bundestagsgesandter 29 Butenschoen, Johann Friedrich, Kreisschulrat i n Speyer, Verleger, Schriftsteller 22, 105 - 107 Clam-Martinitz, österreichischer Oberst, dann General 116 Closen, Carl Frhr. v. (1786- 1850), Politiker, M i t g l i e d d. Frankfurter Parlaments, Staatsrat 147,148,154 Colloredo-Wallsee, Franz Gf. v., österreichischer Gesandter in München, Botschafter i n Petersburg 279 Constant, Benjamin, französischer Politiker u. Schriftsteller 303, 308

Personenregister Coremans, Victor Amadeus, Hg. d. „Freien Presse" i n Nürnberg 142, 187, 249, 301 - 303, 305, 308, 309 Cotta, Johann Friedrich Frhr. v. (1764-1832), Verleger 18, 25, 41, 42, 82, 93 - 9 5 , 97 - 105, 121, 126129, 152, 188, 189, 191, 205, 279 Dalberg, K a r l Theodor v. (1744 1817), Fürstprimas, Kurerzkanzler v. Mainz 142 Döllinger, Ignaz v. (1770 - 1841), Theologe, Kirchenhistoriker 119121, 139, 162, 205 Drais, Frhr. v. 29 Drauseneck, Hg. d. „Fränkischen M e r k u r " 107 Drechsel, Carl Josef (1778 - 1838), Generaldirektor d. königlich-bayerischen Posten, Generalkommissär d. Rezatkreises, später d. Oberdonaukreises 83, 108 Eisenmann, Gottfried (1795 - 1867), Arzt, Politiker, Redakteur u. Hg. d. „Bayerischen Volksblatts" 22, 122 - 126, 187, 188, 244, 245, 247, 249, 267, 292, 302, 305 Fahnenberg auf Burkheim, F r i e d rich Frhr. v., badischer Gesandter i n München 159 Fein, Publizist u. Redakteur d. „Deutschen Tribüne" 206, 243, 255, 304 Fink, Joseph v. (1770 - 1843), M i n i sterialrat u. Staatsarchivar i m Außenministerium 66 Flad, P h i l i p p v. (1778 - 1865), M i n i sterialrat u. Geheimer Legationsrat i m Außenministerium 103, 116, 117, 126 Friedrich W i l h e l m I I I . (1797 - 1840), K ö n i g v. Preußen 34, 41, 64, 67, 70, 76, 85, 90, 96, 97, 101, 217 Gasser, Carl Frhr. v. (1783- 1855), bayerischer Diplomat, Legationssekretär i n Wien 137 Gentz, Friedrich v. (1764 - 1832), P u blizist, Politiker 11, 18, 27, 29, 30, 32, 42, 52, 54, 55, 58, 60-64, 67, 69, 71, 77, 79, 81, 82, 88, 91, 94, 97, 99, 101, 105, 106, 110, 160, 191, 197, 200, 272, 286, 293, 314 23*

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Gise, August Frhr. v., A u ß e n m i n i ster 22, 172, 173, 175, 178, 199, 200-204, 207-210, 212-214, 216218, 220-222, 224-227, 229 -232, 235, 236, 238, 240, 241, 244, 245, 248, 254, 256, 259 Görres, Joseph v. (1776 - 1848), P u blizist, Professor 22, 37, 38, 53, 119 - 121, 131, 301, 316, 317, 320, 321 Grandaur, Bernhard (1776 - 1838), Kabinettssekretär 120, 123, 124, 146, 150, 152, 180 Gravenreuth, K a r l Ernst Frhr. v. (1771 - 1826), Generalkommissär i n Schwaben, Staatsrat, Reichsrat 42, 45, 47, 54-56, 70, 83, 95 -97, 102, 103, 315 Grosse, Ernst, Journalist 142 Haller, K a r l L u d w i g v. (1768 - 1854), Staatsrechtler 145 Häcker, Franz Joseph, Landrichter, Abgeordneter, Professor 56 - 58 Haenlein, Louis v., Vertreter Preußens beim Bundestag 198 Hardenberg, K a r l August Fst. v. (1750 - 1822), preußischer Staatskanzler 29 Hatzfeld, preußischer Gesandter i n W i e n 87 Hazzi, Josef v. (1768 - 1845), Generallandesdirektionsrat 46 Heine, Heinrich (1797 - 1856), Dichter 251 Hochdörfer, Johann Heinrich, Pfarrer i m Rheinkreis, Hg. d. „Rheinbayerischen Volksfreunds" 254 Hohn, Redakteur d. A A Z 107 Hormayr v. Hortenburg, Josef, Frhr. v. (1781 - 1848), Ministerialrat i m Außen- u n d Innenministerium, bayerischer Ministerresident in Hannover 121, 127, 128, 131, 133, 266 Hornthal, Johann Peter, A d v o k a t i n Bamberg, Schriftsteller, Abgeordneter 59, 83, 122, 301, 302, 306, 307 Hruby-Gélénie, K a r l Eduard F r h r . v., österreichischer Gesandter i n München, dann i n Karlsruhe Hundt-Radowsky, Publizist 307

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Personenregister

Klöcker, K a r l , Pfarrer i m Rheinkreis 304 Koch-Sternfeld, Joseph Ernst R i t ter v. (1778 - 1866), Topograph, Historiker 38 Kohlhepp, Redakteur, Hg. d. „Rheinbayerischen Anzeigers" 254 Kolb, W i l h e l m Gustav, Hauptschriftleiter d. A A Z 22, 105, 106, 187, 244, 251, 252 Kolowrat, Franz A n t o n Gf. v., österreichischer Staatsminister 161 Kotzebue, August Friedrich v., Schriftsteller 29, 60, 64, 96 Kreß v. Kressenstein, Friedrich Frhr. v., Hof rat i n d. österreichischen Staatskanzlei 232, 256 Küster, Johann Emanuel d. Ä . v., preußischer Gesandter i n M ü n chen 34, 41, 85, 88, 90, 210, 254 Kurz, Heinrich, Schriftleiter d. „ Z e i t " i n Augsburg 246, 247 Lang, K a r l Heinrich R i t t e r v. (1764 1835), Historiker 38, 44, 46 Lerchenfeld, F r h r . M a x i m i l i a n v. (1778 - 1843), I n n e n - u n d Finanzminister, Bundestagsgesandter 17, 22, 40, 43, 47, 48, 50, 66, 68 - 70, 75, 78-80, 90, 91, 97, 114, 125, 137 140, 162-164, 169 - 175, 178, 190, 198 -204, 207 -209, 213, 217, 218, 221, 224, 225, 227, 235, 248, 253, 254 Leyden, Clemens Gf. v. (1771 - 1830), Präsident d. Appellationsgerichtes, Staatsrat 133 Lindenau, Bernhard August v., Staatsminister d. Königreichs Sachsen 229 Lindner, Friedrich L u d w i g (1772 1845), Publizist 99, 205 Lips, Professor i n Erlangen 34 L u d w i g I. (1786 - 1868) K ö n i g v. B a y ern, 17, 20, 21, 24, 25, 39, 48, 53, 55, 57, 58, 69, 75, 78-80, 85, 90, 112- 117, 119 - 121, 123- 132, 134142, 144- 152, 154- 163, 165, 167, 168, 170, 172 - 176, 178- 184, 186192, 193 - 195, 197 -203, 205-207, 209 -217, 220-227, 229-242, 244, 249, 252 -258, 261, 263 -268, 270, 274-281, 283, 284, 286, 287, 289, 290, 299 - 302, 306, 309, 316 -318, 320 - 324

Luxburg, Friedrich Gf. (1783 - 1856), bayerischer Diplomat 112, 161,197, 199, 207, 211, 213 Maltzan, Boguslaw H e l m u t Frhr. v., preußischer Gesandter i n Wien 160, 216, 217 Maurer, Georg L u d w i g Ritter v. (1790 - 1872), Rechtshistoriker, M i nister 75, 129, 142 M a x I. Joseph (1756- 1825), K ö n i g v. Bayern 20, 21, 35, 53, 63-65, 68, 70, 73, 75, 76, 79, 80, 84, 104, 111, 118, 126, 263, 265, 277, 278, 280, 281, 286, 289 Metternich, Klemens Lothar Wenzel Fst. v. (1773 -1859), österreichischer Außenminister, Staatskanzler 13, 15, 17, 18, 27, 29, 30-32, 36, 39-43, 45, 50, 52, 60-65, 67, 69 - 71, 74 - 83, 85 - 91, 94 - 106, 108, 110- 112, 115- 117, 127, 128, 134-136, 139, 142, 144, 152 - 154, 157 - 163, 165, 167- 169, 171, 174, 177, 181, 190, 191, 194, 197 -200, 209, 211 -217, 219 -222, 224-237, 239 -242, 244, 248, 251, 253 -256, 263, 264, 267, 268, 271 -273, 279, 281, 285, 293, 302, 304, 312-314, 317, 318, 322, 324 Mieg, A r n o l d v. (1778- 1842), Generalkommissär d. Rezatkreises, M i nisterverweser d. Finanzministeriums, Staatsrat 232 - 237, 240, 241, 259 Montgelas, M a x i m i l i a n Joseph Gf. v. (1759- 1838), Minister 21, 32-39, 42, 44, 54, 132, 144, 167, 209, 214, 224, 266, 277, 278, 282, 300 Müller, A d a m v. (1779 - 1829), Staatstheoretiker 30 Münch-Bellinghausen, Eduard Joachim Gf., österreichischer Präsidialgesandter beim Bundestag 82, 87, 89, 91, 102, 103, 135, 159, 160, 162, 164, 190, 197, 199, 200, 214, 244, 253 Nagler, K a r l Ferdinand v., Vertreter Preußens beim Bundestag, Staatsminister und General-Postmeister 138, 159, 162, 198, 199, 204, 254, 255

Personenregister Oberkamp, K a r l August v. (1788 1850), bayerischer Diplomat, Gesandter beim Bundestag 119, 225 Öttingen-Wallerstein, L u d w i g Fst. v. (1791 - 1870), Generalkommissär d. Oberdonaukreises, Innenminister, Reichsrat 21, 48, 67, 121, 126, 136, 155, 168, 173-178, 190, 200- 202, 205-207, 209, 211 -213, 218, 221, 222, 224-226, 230, 235, 236, 243, 244, 246-248, 251, 254, 256, 261, 262, 292, 299, 317, 318, 320, 324 Otterstett, Georg Ulrich Frhr., preußischer Gesandter i n Karlsruhe 159 Pechlin, Friedrich Christian Ferdinand, holsteinischer Gesandter beim Bundestag 200, 207 Pfeffel, Hubert Frhr. v. (1765 - 1843), bayerischer Gesandter beim B u n destag, Gesandter i n Paris, Staatsrat 83, 89, 102, 103, 108 Pfeilschifter, J. B. v., Schriftsteller i n München 104, 312, 313 Pilat, Joseph v., österreichischer H o f sekretär, dann Hofrat, Schriftsteller 18, 41, 82, 91, 84, 99 - 101 Plessen, Leopold v. (1769 - 1837), preußischer Beamter 80 Polignac, Jules Fst. v. (1780 - 1847), französischer Staatsmann 135, 148 Prokesch-Osten, A n t o n v., österreichischer Diplomat 161, 197 Puchta, Georg Friedrich (1798 - 1846), Jurist, Redakteur d. „ T h r o n - und Volksfreunds" 128, 129 Räß, Andreas (1794- 1887), Bischof v. Straßburg 120 Rechberg, Alois Gf. v. (1766- 1849), Außenminister, Diplomat 21, 32, 39, 40, 42-45, 49, 50, 54, 59, 61, 63-66, 70, 71, 73 - 81, 83, 85, 8 8 91, 9 5 - 108, 110, 116, 161, 170, 275, 314, 315 Reitzenstein, Sigismund v. (1766 1847), badischer Minister 231 Reventlov, Gf., Diplomat 231 Ringseis, Johann Nepomuk (1785 1880), Mediziner 119 Ritter, G., Drucker u n d Verleger i n Zweibrücken 206, 248, 258

Rost, Drucker u n d Verleger i n Z w e i brücken 258, 260 Rotenhan, H e r r m a n n Frhr. v. (1800 1858), Abgeordneter 148, 157 Rothschild, Bankier i n F r a n k f u r t / M a i n 101 Rotteck, K a r l v. (1775 -1840), Historiker, Politiker 303, 304 Rudhart, Ignaz v. (1790 - 1838), bayerischer Staatsminister, Abgeordneter (1825 - 1834) 22, 58, 66, 68, 71, 80, 118, 127, 137, 147, 148, 154, 180, 272, 273, 278, 290, 302, 303, 306, 308 - 310, 313 Rumigny Gf. v., französischer Gesandter i n München, dann Bern 154 Rupprecht, österreichischer Bücherzensor 103, 104 Sailer, Johann Michael (1751 -1832), Pädagoge, Theologe, Bischof v. Regensburg 131 Sand, K a r l L u d w i g (1795 - 1820), Student, Mörder Kotzebues 62, 263 Saphir, Moritz Gottlieb (1795 - 1858), Journalist 142, 161, 200, 257 Schenk, Eduard v. (1788 - 1841), Dichter, Innenminister, Regierungspräsident d. Oberpfalz 18, 120, 121, 123, 124, 127 - 130, 132- 134, 136, 137, 141, 142, 146-150, 165, 188, 193 Schilcher, Franz Sales ν. (1766 - 1843), Präsident d. Obersten Rechnungshofes, Staatsrat 132 Schmitz-Grollenburg, Philipp Moritz Frhr. v., württembergischer Gesandter i n München 198, 199, 204, 205, 279 Schönborn-Wiesentheid, Damian E r w e i n Gf. v., Reichsrat 299 Schönburg-Hartenstein, A l f r e d F r i e d rich Fst. v., österreichischer Gesandter i n Stuttgart 168, 169, 172, 174, 183, 209 -211, 213, 214, 225, 229, 230, 244, 248 Schönlein, Johann Lukas (1793 -1864), Mediziner 122 Schüler, Friedrich (1791 - 1873), A d vokat i n Zweibrücken 153, 308 Sedlnitzky, österreichischer Beamter 97, 103, 104

358

Personenregister

Seida, bayerischer Beamter 34, 98 Seinsheim, K a r l Gf. v. (1784- 1864), Generalkommissar und Regierungspräsident d. Isarkreises, Staatsrat, Staatsminister d. F i nanzen 119 Sendtner, Jakob Ignaz (1784 - 1833), Bibliothekar, Redakteur der „Münchner Politischen Zeitung" 126 Seuffert, Johann A d a m (1794- 1857), Jurist. Politiker, Abgeordneter 56, 57, 122, 150 Siebenpfeiffer, P h i l i p p Jakob (17891845), Publizist 22, 142, 157, 186, 187, 191 - 194, 196, 197, 200, 206, 219, 243, 267, 302, 306, 307, 309 Soden, Julius Reichsgraf v. (17541831), Geheimer Rat u n d bayerischer Abgeordneter 50 Spaun, Franz v., politischer Schriftsteller i n München 61, 303 Spazier, Richard Otto, Journalist 142 Spiegel, österreichischer Gesandter i n München 115, 132, 135, 144, 153, 154, 159, 161 - 163, 168, 169, 172, 174, 190, 191, 200, 209, 210, 214, 236, 245, 251, 255 Stägemann, Friedrich August v. (1763- 1840), preußischer Staatsmann, Dichter 115 Stahl, Friedrich Julius (1802 - 1861), Rechtsphilosoph 129, 130 Stainlein, Johann Gottlieb Frhr. v., bayerischer Gesandter i n Wien 36, 41, 61, 63, 64, 75, 78, 79, 83, 89 Stegmann, K a r l Joseph, Schriftleiter d. A A Z 42, 94, 95, 97, 101 - 105 Stein, K a r l Reichsfrhr. v o m (1757 1831), Staatsmann 37, 50 Stengel, K a r l Frhr. v. (1784-1856), Generalkommissär d. U n t e r m a i n kreises, später d. Reheinkreises, Regierungspräsident v. Schwaben u. Neuburg 244, 251, 253 Stichaner, Joseph v. (1769 - 1856), Generalkommissär d. Unterdonaukreises, Regenkreises, I l l e r kreises, Rheinkreises, Rezatkreises, Staatsrat 106, 185, 193 Stürmer, Johann Baptist (1777 -1856), Ministerialverweser i m Staatsministerium d. Inneren, Staatsrat

124, 125, 133, 137, 149, 150, 153, 154, 162, 165 Stumpf, Sebastian, Direktor bei d. Kreisregierung i n Würzburg 38 Sutner, Georg (1763- 1837), Ministerialrat im Finanzministerium, Staatsrat 133 Tann, Heinrich Frhr. v. der, bayerischer Abgeordneter 123, 134 Thiersch, Friedrich W i l h e l m (17841860), klassischer Philologe 100, 101, 152 Thürheim, Friedrich Gf. v. (1763 1832), Generalkommissär, Innenminister 50, 65, 84, 88, 113, 116, 117 Trautmannsdorff-Weinsberg, Joseph Gf. v., österreichischer Gesandter i n Karlsruhe, München, B e r l i n 76, 78, 80, 100- 103, 116, 117, 181, 198, 216, 217, 228, 236, 241, 279 Trott zu Solz, August Heinrich Frhr. v., württembergischer Staatsrat 91 Vanoni, Redakteur d. „Augsburger Tagblattes" 257 Vetterlein, Regierungsdirektor in Bayreuth, Abgeordneter 129, 188 Wacquant-Geozelles, Johann Peter Frhr. v., österreichischer General u. Sondergesandter i n München 34 Wangenheim, K a r l August Frhr. v., württembergischer Bevollmächtigter beim Bundestag 40, 71, 82, 171 Weißenberg, Jakob v., österreichischer Legationsrat, Geschäftsträger i n München 41, 248 Weiden, Constantin L u d w i g Frhr. v. (1771 - 1842), Generalkommissär d. Obermainkreises, Präsident d. Oberappellationsgerichts 44, 45, 49, 50, 54, 59, 61, 107, 108, 225 Werner, Frhr. v., Hofrat i n d. österreichischen Staatskanzlei 160 Wetzel, Redakteur d. „Fränkischen M e r k u r " 107 W i d m a n n Gottfried, Rechtspraktikant u. Hg. d. „ V o l k s t r i b u n " i n Würzburg 245 - 247, 250, 306

Personenregister Wiesend, Anton, Stadtkommissar i n Würzburg 122 W i l h e l m I. (1816- 1864), K ö n i g von Württemberg 39 Wintzingerode, Heinrich L e v i n Gf. v., württembergischer Gesandter i n Wien, dann Außenminister 39, 77 Wirschinger, L u d w i g v. (1781 - 1840), Ministerialrat i m I n n e n - u. F i nanzministerium, Staatsminister d. Finanzen 103 W i r t h , Johann Georg August (17981848), Jurist, Publizist 11, 22, 115, 129, 146, 151, 157, 186- 191, 193195, 197, 206, 219, 225, 243, 245, 247, 267, 291, 292, 302, 307, 309 Wittgenstein, W i l h e l m L u d w i g Georg Fst. zu Sayn-W., preußischer Minister 63, 97, 160, 165, 198, 199, 216, 217, 219, 220, 228 Wolff, österreichischer Diplomat 106, 108 Wrede, K a r l P h i l i p p Fst. (1767 1838), Feldmarschall, Diplomat 17, 21, 34, 35, 40, 43, 64, 65, 70, 78 - 80, 88, 89, 137, 138, 140, 146, 148 - 150,

152, 169, 191, 222, 242,

154- 156, 158 - 161, 163, 172, 174- 176, 178, 180, 199, 202, 205, 210-217, 224, 227-232, 235 -237, 244, 254

167, 190, 219240-

Zachariä, Staatswissenschaftler 87 Zander, Ernst (1803 - 1872), Publizist 320 Zastrow, Friedrich W i l h e l m v., preußischer General u. Gesandter i n München 61, 64, 67, 70, 76, 96, 97, 101 Zehler, Mitherausgeber d. „Correspondenten von u n d f ü r Deutschland" 108 Zentner, Georg Friedrich v. (1752 1835), Justizminister, Staatsrat 21, 40, 43, 48, 61, 65, 70, 73, 80, 88, 90, 97, 99, 106, 133, 150, 155, 165, 281 Z u Rhein, M a x i m i l i a n Joseph F r h r . v. (1780 - 1832), Regierungspräsident v. Unterfranken, Justizminister 124 - 126, 220, 243 Zwackh, Franz X a v e r Frhr. v. (1755 1843), Hof rat, Generalkommissär i m Rheinkreis 37

Sach- und Ortsregister Die Begriffe „Bayern" u n d „Presse" erscheinen i m Text so häufig, daß eine Aufnahme ins Register nicht sinnvoll war. Abgeordneter 59, 85, 91, 118, 145, 146, 150, 151, 185, 231, 239, 275, 283, 285, 287 - 289, 299, 306, 308 Absolutismus 13, 26, 27, 33, 36, 40, 41, 46, 51, 54, 62, 73, 81, 84, 110 - 112, 114, 119, 125, 126, 130, 138, 154, 157, 168, 177, 178, 187, 206, 225 -227, 241, 242, 245, 257, 261, 265, 266, 268, 269, 274, 276, 277, 279, 282, 283, 287 -289, 293, 294, 296, 297, 300, 309, 311, 314, 315, 318 Allemannia 37, 38 A l t b a y e r n 183, 184, 192, 267, 268, 294, 315, 322 Anarchie 194, 208, 219 Aristokratie 13, 30, 39, 45, 53, 90, 99, 120, 131, 132, 171, 179, 189, 193, 194, 196, 197, 247, 255, 256, 260, 274, 277, 279, 285, 286, 294, 299, 300, 301, 315 A r t i k e l , Sechs (v. 1832) 209, 216, 217, 220, 222, 224, 226, 239, 250, 253 A r t i k e l , Zehn (v. 1832) 224 A r t i k e l 18 d (Bundesakte) 28-30, 36, 40, 41, 55, 57, 62, 71, 90, 110, 155, 175, 272, 290 A r t i k e l , Sechzig (v. 1834) 264 A u f k l ä r u n g 36, 46, 76, 266 Augsburg 24, 103, 243, 246, 297 Augsburger Allgemeine Zeitung 41, 42, 58, 64, 70, 82, 93 - 105, 111, 115, 126, 137, 161, 191, 244, 251, 256, 260, 291, 305, 323 Augsburger Postzeitung 108, 109, 305 Augsburger Tagblatt 257 Ausführungsverordnung 289 Ausscheidungsgesetz 152 Außenminister 22, 34, 45, 49, 76, 77, 85, 103, 104, 106, 139, 140, 154, 156, 158, 160, 163, 170, 172, 190, 204, 208, 216, 225, 229, 235, 237, 241, 243

Außenministerium 17, 37, 40, 45, 58, 66, 68, 75, 86, 95, 99, 115, 126, 128, 136, 155, 158, 205, 212 Außenpolitik 14, 18, 24, 27, 35, 38, 39, 47-49, 5 5 - 5 8 , 62, 66, 67, 70, 72, 83, 84, 95, 104, 114, 119, 126, 139, 140, 143, 145, 146, 149, 152, 153, 156, 159, 176, 177, 180, 183, 188, 190, 197, 199, 200, 212, 221, 223, 232, 234, 241, 243-247, 249, 252, 253, 257, 264, 265, 271, 276, 277, 279, 280, 286, 300, 314, 319, 321, 323 Autokratie 181, 207, 242, 290, 322 Bad Brückenau (Franken) 225 Baden 20, 46, 85, 87, 97, 117, 158, 159, 197, 199, 218, 220, 221, 234, 249, 279, 323 Bamberg 24 Bamberger Zeitung 107 Bauern-Konversationslexikon 260, 301 Bauernzeitung 108, 109, 301 Bayerische Staatszeitung 123, 187, 204, 245, 317 Bayerisches Volksblatt 118, 122, 129, 131, 305, 309 Bayreuther Zeitung 64 Bazar (Zeitschrift) 134 Beamtenschaft, Beamter 22, 42, 85, 86, 110, 128, 129, 149, 158, 176, 184, 185, 192, 206, 219, 239, 242, 251, 258, 259, 278, 282, 294, 301 -302, 317 Beamtenliberalismus 284, 290, 299302, 309, 324 Befreiungskriege 26, 29, 266, 293 Behörde 251 B e r l i n 196, 199, 211, 213, 220 Beschlagnahme 49, 146, 176, 245 - 247, 249, 250, 254 - 260, 262, 292 Biedermeier 18, 292

Sach- u n d Ortsregister Blätter f. literarische Unterhaltung 131 Bote aus Westen s. Westbote Bote 259, 292 Botenordnung 248, 293 Braunschweig 201 Budgetrecht 150 Bürgertum, Bürger 26, 94, 99, 130, 131, 145, 149, 152, 168, 174, 181, 184, 194, 223, 261, 266, 277, 282, 287, 289, 291, 292, 297 -302, 304306, 308, 309, 324 Bürokratie 15, 22, 39, 40, 45, 54, 60, 62, 76, 90, 108, 111, 117, 126, 132, 177, 182, 202, 227, 234, 242, 244, 250, 257, 261, 266, 274, 277, 282, 287, 293, 294, 299, 300, 301, 311, 316, 319 Bund, Deutscher 11-16, 19-21, 22, 25, 27, 30 - 33, 35, 36, 39, 40, 42, 43, 50, 52, 57, 67 -69, 71, 72, 75, 79, 81, 84, 87, 88, 90, 95, 96, 102, 105, 107, 110, 112 - 116, 122, 125, 126, 132, 134, 135, 137- 140, 153 - 157, 159, 160- 165, 167 - 175, 177- 180, 182, 183, 185 - 187, 189, 191, 193 199, 201 -203, 207-209, 211 -215, 217, 220, 221 - 224, 226-230, 232, 237, 239 -246, 251 -254, 260, 265, 266, 268, 270-286, 293, 296, 300, 309, 319, 321 - 323 Bundesakte 12, 28, 30, 40, 57, 62, 67, 69 -71, 88, 90, 110, 140, 155, 170, 171, 176, 198, 212, 213, 222, 223, 264, 271, 272, 275, 278, 290 Bundesarchiv 231 Bundesbeschluß 68, 70, 76, 83, 86, 89, 90, 115, 139 - 142, 152, 156, 157, 160, 162, 171, 183, 191, 196, 202, 203, 207 -209, 212, 213, 217, 218, 221, 222, 224, 226, 227, 229, 233, 239, 246, 250, 251, 253, 254, 259, 263 - 265, 283, 284 Bundesbestimmung 28, 168, 257 Bundeseinfluß 262 Bundeseinheit 171 Bundesexekution 73, 197, 210, 211, 272 Bundesgebiet 207 Bundesgesetz 62, 66, 70, 71, 73, 76, 82, 87, 89, 163, 170, 172, 200, 203, 214, 222, 225, 264, 270, 272, 281, 300

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Bundesgewalt 220, 238 Bundesintervention 73 Bundeskompetenz 71, 72, 90, 91, 114, 116, 170, 172, 175, 221, 226, 272274, 277 Bundesmaßnahme 220 Bundesmilitärverfassung 42 Bundespflicht 73, 89, 168, 170, 178, 246, 269, 270, 279 Bundespolitik 11, 28, 40, 45, 50, 51, 62, 63, 66, 74, 76, 80 -82, 92, 95, 96, 105, 110- 112, 116, 125, 128, 135, 140, 156- 158, 160, 164, 167, 168, 171, 180, 182, 194, 197, 199, 220, 224, 232, 240, 245, 246, 260, 263 -265, 271, 273, 274, 277, 281, 284, 289, 296, 317, 318, 321, 323 Bundespressebeschluß 78, 139, 226 Bundespressegesetz 62, 63, 67 - 69, 71, 72, 74, 76, 87, 89, 90, 91, 93, 110, 114, 116, 117, 134- 136, 139, 141, 146, 147, 150- 155, 159, 162- 164, 169 - 172, 176, 189, 191, 196 - 199, 204, 207, 208, 212, 216, 224, 229231, 233, 234, 238, 247, 263, 272, 280, 289 Bundespressekommission 69, 79, 82, 98, 137, 162, 164, 200, 201, 207, 208, 220, 222, 232, 253 Bundesrecht 65, 71, 240, 265, 275, 276, 280 Bundesstaat 14, 27, 65, 68, 69, 72, 73, 81, 84, 87, 88, 101, 135, 137, 155, 170, 178, 190, 208, 213, 221, 222, 227, 231, 233, 238, 245, 255, 259, 260, 270, 271, 280, 310, 323, 324 Bundessystem 241 Bundestag 12, 17, 29 - 3 2 , 41, 42, 55, 65, 67, 69, 78-85, 89, 90, 103, 106, 116, 125, 137, 138, 142, 154, 163, 165, 171, 173, 182, 190, 191, 196, 198 -200, 204, 207, 217, 220-222, 225, 238, 241, 253, 260, 264, 269, 273, 293, 323, 324 Bundestagsprotokolle 84, 102, 103, 162, 163 Bundestreue 76, 83, 114, 116, 172, 227, 241, 248 Bundesverfassung 225 Bundesverhältnis 173 Bundesverpflichtung 55, 169, 186, 241 Bundesversammlung 19, 30, 40, 42, 69, 73, 79, 84, 164, 176, 200, 204,

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Sach- und Ortsregister

208, 217, 221, 223, 224, 273 Bundesvollziehungskommission 217 Bundeszweck 170, 172, 217, 222, 232 Charte (frz. v. 1814) 45 Code pénal 51 Dänemark 323 Dekret 249 Demokratie 125, 192, 255, 283, 296, 299, 302 Deutsche Tribüne (Zeitung) 161, 164, 185, 186, 189 - 191, 194, 195, 200, 201, 204, 206, 207, 211, 212, 243, 244, 246, 253, 255, 264, 304 Deutscher B u n d s. Bund, Deutscher Deutschland (Zeitschrift) 243 Dezemberunruhen (1830) 142, 180 Disziplinarrecht 258 Druckerei 115 Druckschrift 84 Dualismus 112, 277, 319, 322 E d i k t (III.) 45, 46, 48-52, 57, 60, 66, 69, 71, 72, 84, 89, 90, 98, 110, 111, 114, 115, 117, 133, 140, 143, 150, 155, 163, 164, 206, 207, 226, 259, 265, 275, 279, 288, 289 Eingriffsvorbehalt 288 Einheit 71, 97, 122, 186, 188, 191, 218, 219, 224, 245, 267, 271, 274, 284, 285, 309, 323 Einheitsbewegung 45, 184 Einheitsstaat 16 Einzelstaat 11, 1 3 - 16, 19, 23, 69, 72, 82, 84, 91, 95, 135, 171, 173, 186, 191, 193, 197, 198, 207, 218, 221, 229, 232, 234, 237, 241, 257, 267, 270 - 274, 279, 284, 286, 296, 309 Emanzipation 16, 187, 268, 289, 306 Emigration 224, 226, 255, 258, 268 Eos (Zeitschrift) 25, 118- 121, 127 129, 144, 205, 316, 317 Erlangen 88, 256, 263 Exekutive, exekutiv 276, 280, 287, 288, 290, 292 - 294, 315 Feudalismus 182, 296, 298 Finanzminister 22, 80 Flora (Zeitschrift) 84, 116 Flugblatt 14, 34, 174, 189, 255, 308 Flugschrift 14, 65, 83, 118, 144, 206, 233, 244, 255, 257, 258, 260, 291, 304

Föderalismus 12, 13, 15, 16, 33, 3 8 41, 52, 72, 114, 140, 214, 269 -272, 285, 296, 300 Franken 20, 44, 186, 194, 251, 259, 267, 268 F r a n k f u r t 52, 67, 81, 82, 88, 99, 102, 103, 132, 169, 196, 211, 220, 223, 228, 251, 264 Fränkischer M e r k u r 43, 49, 50, 61, 64, 107, 108, 314 Frankreich 54, 75, 135, 136, 142, 143, 158, 185, 189, 249, 255, 256, 258, 259, 263, 281, 282, 297, 309, 314, 316, 317, 321 Freie Presse (Zeitung) 305, 308 Freiheit 11, 46, 47, 52, 60, 63, 71, 72, 97, 121 - 123, 144, 150, 157, 168, 177, 184, 185, 188, 189, 191, 192, 194, 218, 246, 249, 263, 267, 270, 274, 276, 282, 284 - 288, 291, 320 Fürsten 28, 62, 68, 135, 157, 167, 172 174, 184, 186, 191 - 193, 195 - 197, 208, 213, 267, 273-277, 279, 282, 285, 290, 303, 309, 311, 317 Gemeinde 300 Generalkommissär 34, 37, 44, 45, 149, 211 Gericht 185, 227, 239, 243, 247, 248, 298, 314 Gesandter (Bundestag) 22, 29, 40, 65, 89, 91, 102, 106, 138, 160, 162 - 165, 169, 170, 173, 200, 201, 203, 204, 211, 213, 225, 226, 245, 248, 253, 264 — (badischer) 203 — (bayerischer) 220, 234 — (französischer) 149, 154, 165 — (österreichischer) 117, 135, 139, 157, 190, 191, 210, 239, 246, 247 — (preußischer) 132, 160, 164, 199, 214, 218 — (württembergischer) 81, 201, 209 Gesandtschaft 17, 138, 147 Geschäftsordnung (Bundestag) 198, 230; (Landtag) 86 Geschworenengericht 153 Gesellschaft 13- 16, 18-20, 23, 184, 287 Gesetze (Bayern) 70, 175, 182 Gesetzblatt 70 Gesetzesinitiative 54, 60 Gesetzgebungskommission 133 Gewerberecht 49, 115, 185, 266

Sach- und Ortsregister Gleichgewichtssystem 81 Gliedstaat 13 Gottesgnadentum 179, 195, 275, 285, 304, 311 Griechenland 100, 101 Großbritannien 48, 54, 282, 314 Hambacher Fest 165, 169, 183 - 186, 192, 193, 202, 205, 214, 218 -223, 228, 248, 251, 255, 259, 263, 284 Hanauer Zeitschwingen (Zeitung) 207, 208 Handwerksbursche 259 Hannover 97 Hausfreund (Zeitschrift) 243 Haushalt 150 -152 Hegemonie, hegemonial 31, 33, 35, 40, 81, 158, 198, 240, 245, 271, 272, 278 Heilige A l l i a n z 104, 296 Hesperus (Zeitschrift) 131 Hessen 204, 220, 221 Hessen-Darmstadt 20 Historisch-politische Blätter 313, 321 Homburg 191 Homogenität 273 Ideologie 15, 81, 99, 112, 130, 151, 177, 269, 272, 278, 280, 284, 294- 296, 298, 304 - 307, 310 - 316, 321, 322 Industrialisierung 297 I n l a n d (Zeitung) 118, 119, 121, 129131, 134, 146, 177, 188, 189, 293, 307 Innenministerium (bayerisches) 49, 50, 75, 115, 117, 120, 126, 128, 130, 136, 141, 155, 212, 252, 256, 257, 259, 260 Innenminister (bayerischer) 49, 50, 113, 115, 133, 137, 141, 147, 156, 168, 172, 174, 177, 188, 202, 205, 206, 210, 211, 213, 221, 225, 236, 244, 245, 248, 251, 254, 261, 320 Innenpolitik 14, 27, 35, 48, 56 - 58, 64, 72, 77, 113, 114, 125, 132, 133, 137, 139, 141, 143, 147, 161, 176, 178, 180, 194, 204, 210, 212, 218, 227, 232, 245 -247, 249, 252, 264, 265, 270, 276, 277, 279, 280, 286, 321, 322, 324 I n s t i t u t i o n 11, 123, 157, 183, 193, 195, 227, 307 I n s t r u k t i o n 57, 66, 67, 91, 92, 111, 138, 139, 147, 152, 156, 170, 190, 201, 203, 211 -213, 230, 232 -235, 237, 248, 256, 265, 276, 289

363

Integration 184 Intellektueller 302 Intelligenzblatt 176, 257 Italien 98, 106, 217, 220, 244 Journalismus 13, 22, 97, 111, 125, 127, 131, 142, 188, 192, 193, 212, 218, 242, 249, 258, 266, 280, 292, 297, 301, 302, 304, 305, 313, 315 -317, 320 Juliordonnanzen 142 Julirevolution 121, 125, 132, 135, 159, 180, 184, 187, 192, 231, 255, 263, 282, 317 Justiz 51 Justizministerium 243 Justizminister 203, 213, 220, 243 Kabinett 149, 150, 151, 195, 268, 311 Kabinettspolitik 34, 274 Kabinettssekretär 120, 150, 180 Kaisheim (Donauwörth) 193 K a m m e r (Abgeordnete) 60, 85, 86, 115, 143, 145- 149, 150, 152 - 156, 180, 229, 231, 287-289; (Reichsräte) 155 Karlsbader Beschlüsse 21, 26, 29, 31, 32, 58, 61, 62, 64, 65, 67, 69, 70, 72, 74-82, 84-88, 90, 92 -94, 109 111, 118, 138, 139, 155, 158, 160, 162, 170, 176, 184, 186, 197, 198, 228, 240, 242, 263, 264, 266, 267, 272, 273, 280, 281, 284, 285, 312 Katastrophentheorie 180 Katholizismus 25, 109, 117 -122, 131, 132, 178, 179, 181, 311 -314, 316, 319 - 322 K a u t i o n 146, 153, 234 Kirche 48, 119, 121, 122, 143, 178, 286, 312, 316, 322, 323 Kirchenpolitik 133 Kleinstaaten 321 Kölner Kirchenstreit 320 König, bayerischer s. unter M a x I., L u d w i g I. K ö n i g t u m 181, 299 Kolportageverbot 293 K o m m u n i k a t i o n 84, 145, 219, 224, 227, 258, 268, 291, 296 - 298, 307 Konfessionalismus 11, 319, 320, 322, 323 Konfiskation 249, 292 Kongregation 119, 120, 122, 129, 135, 141, 147

364

Sach- u n d Ortsregister

Konservatismus 11, 15, 16, 19, 33, 48, 53 - 55, 57, 59, 70, 71, 81, 83, 88, 90, 109, 110, 112, 113, 118 - 120, 127, 129, 130- 132, 141, 148, 167, 173, 178, 179, 181, 183, 187, 225, 267, 269, 272, 274, 275, 277, 279, 294296, 300, 303, 310-312, 314-316, 318 - 320, 322 Konstitution, Konstitutionalismus 11, 15, 41, 4 4 - 4 7 , 52, 53, 5 5 - 62, 64, 65, 70, 72, 77, 90, 92, 94, 96, 97, 110, 111, 117, 118, 122, 124-126, 137, 148, 150, 151, 154, 155, 157, 162, 167 - 169, 173, 175, 178, 182, 183, 186 - 189, 192, 194, 197, 198, 216, 219, 220, 222, 225, 228-234, 237-242, 246, 260, 261, 264, 265, 267 -270, 272, 273, 276-284, 286, 288 -293, 295, 298, 303, 307 -309, 314, 317, 318, 320 Konstitutionelles Bayern (Zeitschrift) 125 — Deutschland (Zeitung) 162, 164 Konzession 106- 109, 115, 176, 185, 233, 234, 248, 254, 260, 273, 275, 286, 292 Korporation 18 Korrespondent von u n d für Deutschland 35, 41, 43, 64, 108 Kosmopolit 188 Kreisregierung, Kreisverwaltung 22, 45, 47 -49, 54, 75, 98, 111, 114, 124, 126, 133, 147, 163, 189, 190, 201, 211, 212, 221, 225, 226, 249-254, 256, 259, 261, 300 Kronrecht 265, 276, 280, 283 Kurhessen 162, 197, 198 Landbote (Zeitschrift) 127 Landesbehörde 139 Landesgesetzgebung, Landesrecht 28, 62, 65, 71, 87, 89, 91, 116, 163, 170, 230, 233, 241, 265, 272, 276, 278 Landespolitik 92, 110 Landesverfassung 200, 210, 225 Landshut 247 Landstände 115, 233, 282, 286 Landtag s. a. Ständeversammlung 12, 14, 17, 21, 24, 45, 52, 53, 59 - 61, 67, 78, 85, 86, 90, 111, 118, 124, 125, 141 - 146, 150, 154, 156, 159, 160, 165, 180, 182, 188- 194, 199, 222, 231, 233, 264, 266, 267, 269, 276,

280, 286-288, 290, 291, 298 -300, 306 - 308, 323, 324 Landtagsbericht 115, 129, 307 Landtagszeitung 54, 57, 58, 85, 115, 314 Legitimation 297, 304 Legitimismus 62, 112, 195, 196, 275, 314 Lesegesellschaft 292 Liberalismus 11, 12, 14 -16, 18, 26, 30, 32-34, 36, 38, 39, 41, 42, 46, 48, 50-60, 63, 64, 66, 68, 70, 71, 73, 77, 80 -82, 93, 96, 98, 99, 105, 107, 109 - 123, 125, 126, 129 - 132, 135 - 137, 140, 142 - 145, 147 - 159, 164, 165, 169 - 171, 173 - 178, 181 187, 189, 190, 192, 193, 195 - 199, 204, 206, 213-215, 219, 222 -224, 226, 227, 239, 241, 243 - 252, 254, 255, 257, 258, 263 -268, 270-291, 293 -296, 299 -301, 303 - 307, 309, 311 -322, 324 L i n z 229 Manuskript aus Süddeutschland 99 M a u t 151, 184 Meinung, öffentliche 11, 26, 33, 34, 37, 42, 45, 52, 53, 58, 84, 85, 94, 97, 110, 112, 113, 117, 118, 126, 128, 132 144 - 146, 152, 174, 177, 184, 190, 198, 245, 257, 266, 268, 276, 287, 293, 296 -298, 301, 303, 304 306, 309, 312, 313, 316 - 318, 320, 323 Meinungsfreiheit 46, 65, 131, 177, 255, 266, 281, 284, 322 Minister (badischer) 231 — (bayerischer) 22, 35, 37 - 39, 41, 50, 65, 69, 70, 72, 85, 88, 90, 95, 117, 124, 136, 140, 142, 147 - 150, 152, 154, 155, 161, 162, 165, 167- 169, 172- 175, 177, 178, 180, 193, 199, 200, 202, 208, 209, 211, 213 -215, 221, 222, 224-226, 231, 233, 236, 239, 248, 255, 262, 264, 300, 314, 318, 321 — (preußischer) 216 — (sächsischer) 229 — (württembergischer) 198 M i n i s t e r i u m 40, 42, 44, 66, 69, 74 - 76, 79, 80, 83, 85, 91, 96, 110, 111, 126, 139, 148, 150, 152, 161, 167 - 169, 175 - 178, 182, 190, 193, 205, 215,

Sach- und Ortsregister 224, 230, 234, 236, 243, 264, 277, 279, 280, 300, 324 Ministerrat 202, 206, 208, 209, 211214, 217, 220, 230, 233, 236, 237 Minis ter Verantwortlichkeit 152 Mittelstand 184, 299 Mittelstaaten 14, 16, 31 -33, 37, 40, 117, 160, 271, 272, 321 Monarchie, monarchisches Prinzip 15, 45, 62, 71, 73, 79, 81, 112, 114, 122, 130, 131, 137, 139, 141, 143, 145, 150, 151, 163, 168, 169 - 171, 173, 178, 179, 182, 183, 186- 188, 192, 194, 195, 202, 207, 213, 218, 219, 225, 227, 234, 237, 241, 244, 245, 255, 260, 261, 267, 268, 271, 274, 275-278, 282-284, 286-288, 293, 299, 300, 304, 309, 311, 316, 317, 319, 321, 322 M o r n i n g Chronicle (engl. Zeitung) 41 München 41, 49, 52, 63, 64, 76, 78 - 80, 88, 104, 126, 139, 142, 146, 151, 157, 159, 180, 189, 191, 194, 211, 220, 229, 230, 237, 251, 252, 256, 305, 321, 324 Münchner Konversationsblatt 257 Münchner politische Zeitung 86, 115, 126, 127, 144, 317 Münchner Presse 24, 84 Nachzensur 259, 293 Nation, Nationalgedanke 19, 122, 123, 125, 267, 271, 278, 181, 183, 285, 286, 306, 314, 315, 317 -319, 321, 324 Nationalstaat 16, 283 Neckarzeitung 80 Neubayern 122, 186, 243, 286, 294, 297, 300, 322 Neue Speyerer Zeitung s. Speyerer Zeitung, Neue Nürnberg 24, 297 Obrigkeitsstaat 184, 186, 187, 292, 293 Öffentlichkeit 12, 13, 22, 23, 26, 28, 53, 58, 59, 61, 65, 78 - 80, 84, 85, 90, 94, 100, 103, 117 - 122, 123, 125, 128- 132, 134, 136, 138, 142, 144146, 151, 163, 185, 189, 192, 193, 197, 198, 219, 224, 225, 228, 229, 230, 232, 236, 241, 244, 262, 266, 273, 275, 285, 288, 290, 292, 294, 295 - 297, 299, 300, 302, 306 - 308, 314, 317, 318, 322

365

Österreichischer Beobachter (Zeitung) 94, 100, 101 Österreich 229, 241, 244, 246 - 248, 251, 253, 263, 271, 273, 280, 286, 313315, 319, 321 - 323 Oppositionsblatt für Bayern 107, 121, 129 Opposition 11, 12, 21, 24, 51, 55, 59, 64, 69, 80, 88, 99, 111, 116, 119, 125, 136, 140, 143- 147, 149, 150- 152, 159, 169, 171, 177, 179, 180, 182, 184, 185, 188, 189, 192, 196, 206, 215, 216, 226, 229, 230, 240, 251, 254, 255, 257, 258, 264-268, 270, 273, 275, 278-280, 284-288, 291, 296, 297, 299, 300, 304, 307, 308, 318 Paris 184, 258 Parlamentarismus 18, 21, 53, 62, 105, 272, 283, 286, 294 Partei 11, 18, 24, 118, 122, 126, 128, 131, 148, 151, 157, 185, 206, 223, 264, 266, 267, 283, 288, 324 Partikularismus 13, 16, 36, 37, 39, 70, 183, 186, 192, 267, 274, 284, 285 Patrimonialstaat 179, 322 Patriotismus 13, 33, 38, 44, 70, 71, 110, 122, 125, 178, 183, 274, 277, 278, 285, 286, 318 Paulskirche 218 Pauperismus 151, 260 Periodizität 250 Petition 54, 59, 291 Pfalz 37, 53, 105, 151, 153, 164, 173, 183- 186, 192, 194, 227, 251, 258, 267, 297 Philhellenismus 100 Polen 252 P o l i t i k 47, 172, 280 Polizei 34, 48, 49, 51, 100, 116, 142, 146, 212, 250, 256, 257, 273, 292, 314 Polizeigesetz 133, 210, 289 Portugal 98 Post 43, 47, 75, 202, 212, 226, 233, 246, 257, 292, 321 Postdebit 260, 292, 321 Postzeitungsdienst 108, 190, 245, 256, 292, 293 Prärogative (der Krone) 234, 299 Präsidialmacht 273 Präsidialproposition 88, 91, 138, 222

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Sach- und Ortsregister

Präsidium (Abgeordnetenkammer) 146, 150 Präventivsystem, präventiv 91, 231, 239, 279, 293 Presseedikt 51, 83, 171, 205, 212 Pressefreiheit 11, 13, 15, 23, 26, 28 30, 34, 44, 46, 48, 50, 51, 53, 54, 57, 60, 62, 65, 69, 72, 78, 83, 95, 101, 105, 110, 118, 119, 125, 132- 137, 140, 141, 143 - 147, 152, 153, 156, 161, 165, 170, 171, 175, 177, 182, 187, 189, 192, 194, 197, 207, 219, 223, 226, 228, 231, 234, 241, 245, 246, 261, 264, 266, 267, 275 -277, 279 -281, 288, 289, 292, 295, 296, 298, 299, 303, 304, 306 -309, 312, 315, 318, 320, 324 Pressegeschichte 23 -25, 37, 51, 93, 204, 293 Pressegesetz (badisches) 198, 199, 203, 204, 216, 217, 223, 224, 239, 245; (bayerisches) 198, 209, 234, 235, 265, 287, 290 Presseprozeß 185, 243 Presserecht 14, 27, 35, 47, 57, 65, 110, 185, 226, 239, 260, 261 Pressereferat 266 Pressetheorie 231, 279, 302, 303, 310, 312, 314 Pressevergehen 153, 208, 314 Presseversiegelung 185, 205 Preß- u n d Vaterlandsverein 195, 201, 202, 206, 252 -254, 268, 288, 290, 308 Preußen 31, 33 -36, 41, 52, 61, 75 77, 81, 87, 88, 96, 97, 100, 101, 106, 132, 134, 135, 138, 139, 149, 156, 158 -160, 173, 183, 189, 197, 198, 209, 210, 216, 217, 219, 227, 228, 231, 235, 241, 253, 254, 264, 271, 273, 286, 319 - 323 Privileg 233, 247, 292, 300 Progressismus 15, 269, 295, 302 Protestantismus 320 - 322 Prozeß 247, 249, 292 Publikation 224, 226 P u b l i k u m 11, 94, 109, 118, 137, 144, 298, 305, 308, 315 Publizistik 13, 14, 21, 22, 25, 26, 30, 32-36, 50, 53, 54, 68, 71, 85, 92, 94, 97, 107, 118, 127, 131, 134, 135, 145, 151, 182, 184, 186, 187, 190, 194, 219, 246, 248, 249, 255, 256,

258-260, 266-268, 273, 274, 281, 282, 285, 286, 290-294, 296-299, 301, 302, 304-306, 312, 316, 319 323 Radikalismus 14 - 16, 99, 125, 130, 136, 144, 152, 153, 171, 174, 176, 186, 187, 189, 191, 194, 197, 201, 214, 218, 227, 267, 277, 283, 289, 291, 302, 304 - 306, 317 Ratifikationsurkunde 241 Rationalismus 311, 316 Reaktion 11, 16, 29 -32, 36, 37, 41, 42, 45, 49, 50, 52, 53, 56, 58, 59, 62, 63, 66, 71, 73, 74, 77-81, 83, 92, 9 4 96, 100, 104, 107, 110- 113, 119 122, 125, 126, 128, 130, 132, 145, 152, 157, 158, 165, 169, 171, 173, 174, 177, 178, 181 - 187, 193, 194, 196, 199, 205, 207, 216, 218, 222, 224, 226 -228, 230, 231, 239, 241, 242, 244- 246, 249, 251, 252, 255, 256, 258, 259, 260, 262 -266, 268, 271 - 274, 277, 281, 282 -284, 288, 291, 296, 300, 302, 308, 310 - 312, 314, 316, 317, 319 - 321, 323, 324 Rechtsstaat 46, 54, 60, 111, 137, 173, 174, 226, 248, 268, 283, 307 Rechtsverordnung 289 Redefreiheit 303 Reform 14, 15, 29, 36, 64, 77, 113, 120, 122, 130, 132, 157, 187, 188, 228, 258, 267, 272, 278, 287, 293, 302, 303, 306, 308, 311, 312, 318 Reformkonservatismus 311, 314, 317, 324 Regierung 11, 30, 35, 55, 63, 68, 82, 94, 95, 135, 139, 154, 162, 164, 184, 187, 191, 194, 198, 201, 207, 208, 218, 223, 225, 228, 234, 238, 239, 254, 256, 260, 266, 296, 297, 302, 305, 307, 308, 311 - 313, 319 — (bayerische) 25, 33, 34, 38, 43 - 45, 51, 52, 55-62, 66, 83-86, 90, 96, 97, 101, 103, 107, 108, 110, 112 - 116, 118, 120, 121, 124- 126, 128- 132, 126- 138, 141 - 146, 148, 150, 151, 153, 155, 157, 163, 165, 170, 174, 176, 183- 188, 190, 192, 193, 199 202, 204, 208-211, 213 -215, 217, 220, 226, 227, 230-234, 237, 238, 242-244, 248, 250-253, 255-259, 261, 263-266, 268, 278-281, 283,

Sach- u n d Ortsregister 286, 291 -294, 302, 303, 306, 309, 314, 315, 317, 318, 321, 323 — (Isarkreis) 126, 189, 251 — (Oberdonaukreis) 249, 250, 256 — (Rheinkreis) 106, 193, 219, 253, 254, 256, 257, 260 — (österreichische) 12, 64, 107, 164 — (preußische) 112, 135, 319 Regierungsblatt 117, 121, 123, 128 130, 136, 143, 188, 200, 205 Regierungspräsident 65, 97, 124, 125, 136, 193, 212, 243, 244, 250, 253, 254 Regierungspresse 128, 129, 131, 133, 146, 158, 198, 266, 292 Regiment, persönliches 152, 180, 181, 268 Regionalismus 44, 94, 186, 267, 286 Reichsrat 156, 175 Repräsentation 18, 26, 53, 60, 64, 78, 79, 119, 219, 239, 287, 288, 307 Repressivverfahren 50, 51, 91, 141, 146, 149, 248, 279 Republik 88, 135, 144, 195, 218, 219, 283, 309 Reskript 114, 215, 249, 255, 260 Restauration 12, 18, 24, 29, 50, 77, 109, 119, 120, 122, 131, 132, 179, 181, 275, 282, 284, 296, 299, 311, 312, 314, 316, 317, 322 Revolution 11, 13-15, 24, 27, 31, 33, 38, 43, 44, 52, 53, 56, 60, 63, 64, 66, 68, 77, 81, 88, 96, 97, 100, 101, 106, 108, 122, 136, 137, 144, 171, 174, 177, 181, 183, 184, 192, 206, 208, 214, 215, 219, 225, 228, 258, 263, 266, 267, 272, 273, 275, 277, 282, 283, 293, 297, 302, 303, 305, 308311, 317, 322 Rezatkreis 309 Rheinbayerischer Anzeiger (Zeitung) 254 — Volksfreund (Zeitung) 254 Rheinbund 41 Rheinkreis 44, 51, 106, 144, 162, 164, 183- 186, 192, 193, 199, 201 -203, 205, 209, 210, 218, 219, 221, 228, 242, 243, 251 -254, 255 -257, 258, 260, 283, 286, 294, 304, 307, 309 Rheinischer M e r k u r 37 Rheinland 24, 33, 37 Rheinpreußen 164 Rheinprovinz 24, 106 Richter 242, 243

367

Romantik 39, 181, 311, 314, 320, 323 Rußland 78, 80, 81, 85, 100, 253 Sachsen 33, 35, 229, 286, 323 Salzburg 34, 78 Schleswig-Holstein 323 Schweiz 75, 255, 258 Separatismus 81, 183, 186, 221 Signate (Ludwig I.) 180, 182, 190, 199, 202, 206, 224, 225, 235, 236, 244, 252, 256, 257, 261 Souveränität 13 - 15, 20, 21, 27, 28, 31 - 33, 35, 36, 39, 43, 52, 57, 62, 65, 67 - 72, 82, 84, 86, 90, 92, 102, 104, 110, 112, 115, 117, 132, 135, 139, 140, 144, 145, 151, 154, 157, 158, 162, 165, 167, 169, 171 - 173, 176, 178, 179, 182, 183, 186, 189, 196, 198-200, 205 -208, 213-215, 218, 221, 222, 224-227, 229, 230, 232, 239-241, 263, 265, 266, 268, 269, 270, 274-281, 283 -287, 289, 295, 310, 319, 231 Sozialismus 256, 259 Spanien 98, 108 Speyerer Zeitung, Neue 64, 105 - 107, 251, 252, 260 Süddeutschland 38, 40, 41, 45, 63, 64, 74, 77-79, 81, 82, 89, 94, 99, 122, 158, 159, 169, 198, 218, 220, 221, 224, 229, 245, 256, 264, 265, 267, 272, 274, 281, 284-287, 303, 323 Staat 12, 15, 18 - 20, 23, 24, 33, 34, 92, 128, 143, 148, 149, 177, 184, 192, 194, 196, 197, 277, 278, 307 Staatenbund 69, 73, 130, 173, 213, 229, 234, 245, 270, 271 Staatskirchentum 119, 122, 320 Staatslehre 18 Staatsmann (Zeitschrift) 120, 313 Staatsrat 17, 48, 49, 101, 127, 132134, 136, 137, 141, 146, 147, 149, 314 Staatsrecht (bayerisches) 118, 141, 171, 179, 190, 197, 225, 274, 278, 280, 281, 290, 303, 304 Staatszeitung, Bayerische s. Bayerische Staatszeitung Stadtkommissar 245 - 247 Ständeversammlung, -Verhandlung, s. a. Landtag 60, 62, 67, 68, 71, 72, 78-80, 84, 110, 113, 115, 116, 119,

368 120, 131, 143, 145, 154, 166, 170, 176, 183, 217, 226, 228-233, 234, 235, 259, 262, 265, 275, 276, 289, 299, 307, 308, 317 Ständestaat 316 Strafrecht 51, 66, 133, 143, 210, 265, 292, 314 Strafverfahren 247 Straßburg 258 Stuttgart 103, 201, 209

Sach- und Ortsregister 156, 221, 238, 283,

162, 225, 239, 285,

146, 153,

Tegernsee 78, 88, 89 Teplitz (Böhmen) 160, 228, 242 Teutscher Beobachter (Zeitung) 81 83, 102 - 104, 163, 264 T h r o n - u n d Volksfreund (Zeitschrift) 129, 177 Triaspolitik 38-40, 77, 81, 99, 122, 189, 198, 229, 240, 265, 278 Ultramontanismus 321, 322 Unterdrückung 206-208, 211, 226, 227, 253-255, 257 -260, 264-266, 272, 273, 278, 290, 294, 297, 298, 300, 313, 320, 323 Verein 18, 206, 208, 219, 288 Vereinsfreiheit 223 Verfassung (bayerische) 11-16, 21, 27, 31, 33, 36, 39, 4 0 - 4 3 , 4 5 - 4 8 , 50 -54, 57 - 6 3 , 65 - 7 2 , 75, 78, 83 85, 88 -90, 96, 102, 105, 106, 110, 118- 120, 123, 125, 133, 134, 140, 143, 144, 146, 148, 149, 151, 156158, 164, 167, 168, 170- 175, 177, 179, 182- 185, 190, 192, 193, 203, 205 -210, 212, 213, 216, 218, 221 223, 225, 226, 229 -243, 245, 246, 250, 252, 255, 259 -261, 263, 265, 266, 268, 270, 272, 274-276, 279 284, 286 -289, 298, 307, 309, 314, 321 Verfassungsgeschichte 18, 19, 74, 224, 225, 270, 275 — homogenität 272 — kämpfe 11, 24, 144, 180, 187, 192 194, 242, 245, 249, 261, 267, 276, 282, 283, 286 — recht 262, 277, 293, 303, 309 — Staat 97, 189, 198, 233, 234, 238, 241, 261, 265, 267, 273, 284, 290, 303, 320

— treue 53, 56, 66, 78, 79, 92, 141, 142, 178, 183, 186, 205, 208, 218, 226, 232, 246, 269, 270, 278, 279 — urkunde 210 — vorbehält 70, 72, 92, 162, 163, 224, 234, 235, 238 — Wirklichkeit 262, 270 Verona (Kongreß von 1822) 78 - 8 1 Verordnung 17, 46 - 48, 55, 58, 60, 75, 84, 104, 110, 111, 113, 114, 116, 133, 142- 144, 147, 185, 190, 193, 221, 234, 239, 242, 247-249, 255, 259, 262, 265, 276, 280, 287, 289 Versammlungsfreiheit 223 Verwaltung 49, 51, 54, 67, 68, 91, 103, 106, 107, 110, 111, 114- 116, 119, 123, 125, 131 -133, 144, 146, 152, 156, 174, 176, 184, 189, 190, 192, 226, 229, 242-245, 248, 257 -259, 262, 265, 268, 276, 280 -282, 289, 300, 302, 315 Verwaltungsrecht 114, 190, 249, 289 — strafe 48, 85, 153 V o l k 44, 62, 68, 70, 142, 144, 145, 157, 177, 179, 184, 186, 192- 196, 209, 218, 219, 225, 274, 283, 298, 301, 303 - 306, 309, 313 - 318 Volksblatt, Bayerisches s. Bayerisches Volksblatt — recht 283 — Souveränität 187, 195, 275, 283, 300 — stimme (Zeitung) 303, 307 — t r i b u n (Flugschrift) 245, 246 — Vertretung 277, 285, 313 Vollzugskompetenz 229 Vorbehalt 169, 171, 172, 176, 203, 204, 208-210, 214, 225, 232, 237, 238, 240, 263, 279 Vormärz 11, 12, 16-20, 24, 25, 51, 72, 93, 109, 114, 145, 186, 187, 204, 218, 255, 260, 261, 265, 269, 282, 283, 287, 293 - 298, 302, 314 Vorzensur 293 Wartburgfest 42, 218 Weimar 12, 20, 57 Weißenburg (Franken) 259 Westbote 164, 185, 186, 193, 200, 204, 206, 207, 211, 212, 244, 246, 253, 264 Wien 34, 37, 41, 52, 71, 78-81, 94, 128, 132, 134, 137, 160, 196, 199, 211, 213, 214, 217, 230 -232, 234, 236 - 238, 240, 264, 316

Sach- u n d Ortsregister Wiener Kongreß 28, 33, 34, 40, 278 — Konferenzen (v. 1820) 80; (v. 1834) 228, 230, 231, 236, 240, 241, 293 — Schlußakte (v. 1820) 72, 73, 88, 89, 143, 164, 170, 176, 203, 210, 223, 237, 238, 272, 275 Württemberg, württembergisch 20, 42, 57, 77 -83, 89, 91, 97, 99, 109, 158- 160, 162, 201, 204, 220, 221, 229, 286, 323 Würzburg 24, 122 - 124, 223, 243, 246, 251, 256, 297 Würzburger Zeitung, Neue 320 Zeit (Zeitschrift) 246 Zeitschrift f ü r Bayern 38 Zeitschrift 14, 37, 38, 69, 75, 84, 93, 113, 119 - 121, 159, 164, 166, 193, 208, 246, 247, 259, 316 Zeitung 11, 14, 23, 24, 31, 33, 37, 41 43, 47 -50, 55, 58, 62, 64, 65, 69, 75 - 77, 82 - 84, 86, 93, 94, 96 - 102, 105 - 108, 111, 115, 117, 123, 125, 126, 129, 134, 136, 139, 140, 143, 144, 153, 162- 164, 171, 185, 186, 188, 190, 191, 199 -203, 205, 209, 215, 226, 227, 233, 244-246, 250252, 253, 259, 260, 291 -293, 305, 307, 309, 315, 317, 321 Zentralismus 130

369

Zentralverwaltung 300 Zivilliste 150, 151, 156, 232 Zollverein 158, 229, 245, 256, 271, 319, 321 Zweibrücken 206, 243, 247, 248, 258 Zweibrücker Zeitung 251 - 254 Zensor 34, 43, 64, 76, 95, 103, 107, 115, 138, 139, 212, 221, 242, 244, 246, 249 - 251, 256, 291, 294, 309 Zensur 11, 12, 14, 17, 23, 24, 29, 34, 35, 37, 41, 42, 45, 47 -51, 54-61, 65-69, 77, 79, 8 2 - 8 4 , 86, 88, 93, 97, 98, 100, 102- 104, 108- 111, 113 - 115, 117, 118, 125, 126, 128, 129, 132, 133, 136 - 138, 140- 148, 150, 152- 157, 159, 161, 164, 171, 175, 176, 184, 186, 188- 190, 193, 195, 201, 204, 205, 207, 210-212, 214, 227, 231, 233, 234, 238, 239, 245, 247 -252, 254-256, 259, 261, 262, 265, 276, 277, 279, 280, 288, 289, 291, 292, 294, 300, 302, 307 309, 313 -315, 317, 319, 321, 322, 324 — behörde 233, 238 — Instruktion 231, 233 - 235, 238, 247 — kollegium 231 — lücke 83, 143, 233, 291 — Verordnung (v. 1831) 143, 280, 283, 294